Oberlandesgericht München Zwischenurteil, 22. Feb. 2018 - 6 U 2594/17

bei uns veröffentlicht am22.02.2018
vorgehend
Landgericht München I, 7 O 16818/16, 04.05.2017

Gericht

Oberlandesgericht München

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Zwischenurteil des Landgerichts München I vom 04.05.2017 (Az. 7 O 16818/16) in Ziff. 1. aufgehoben.

2. Der Klägerin wird aufgegeben, den Beklagten wegen der Prozesskosten eine Sicherheit in Höhe von 105.000,- € zu leisten.

3. Zur Beibringung der Sicherheit wird der Klägerin eine Frist bis zum 06.04.2018 gesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen behaupteter Verletzung des deutschen Teils des Europäischen Patents 1 206 831 „Modem für ein drahtloses lokales Netzwerk“ in Anspruch, wobei die Parteien im vorliegenden Zwischenstreit darüber streiten, ob die Klägerin gemäß § 110 ZPO zur Leistung einer Prozesskostensicherheit verpflichtet ist.

Die Klägerin ist eine am 03.05.2016 gegründete GmbH mit satzungsmäßigem Sitz in Berlin und dem im Handelsregister eingetragenen Unternehmensgegenstand „Errichtung einer europäischen Präsenz für Vertrieb und Verkauf von drahtlosen Produkten, welche das geistige Eigentum der Gesellschaft nutzen und Lizenztätigkeiten in Europa“ (vgl. Handelsregisterauszug, Anlage FBD BK 5). Die Klägerin wurde am 10.05.2016 zunächst unter dem Namen „S.-A. … GmbH“ im Handelsregister eingetragen. Die Änderung ihres Firmennamens in „P. V. GmbH“ wurde am 09.06.2016 eingetragen. Die Klägerin ist ausschließliche und allein verfügungsberechtigte Inhaberin des deutschen Teils des Klagepatents, nachdem ihr dieses von ihrer amerikanischen Muttergesellschaft, der P.V. Inc., am 01.06.2016 übertragen wurde (die Umschreibung im Register erfolgte am 07.06.2016, Anlage K 8). Das operative Geschäft der Klägerin wird von dem in den USA ansässigen Mitgeschäftsführer der Klägerin, Herrn J. L. P., geführt, wobei nach Behauptung der Klägerin Akte der Geschäftsführung von dem Mitgeschäftsführer Thomas K., der am satzungsmäßigen Sitz der Klägerin in Berlin Wohn- und Geschäftsräume unterhält, in Deutschland umgesetzt werden. Beide Geschäftsführer der Klägerin sind alleinvertretungsberechtigt (vgl. Handelsregisterauszug, Anlage FBD BK 5).

Das Landgericht München I hat mit Zwischenurteil vom 04.05.2017 (Az.: 7 O 16818/16) den Antrag der Beklagten zurückgewiesen, der Klägerin aufzugeben, Prozesskostensicherheit zu leisten.

Zur Begründung führt das Landgericht, auf dessen tatsächliche Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, Folgendes aus:

Die Voraussetzungen des § 110 ZPO lägen nicht vor. Der gewöhnliche Aufenthalt der Klägerin liege nicht außerhalb eines Mitgliedstaates der Europäischen Union. Bei (Kapital-)Gesellschaften trete an die Stelle des gewöhnlichen Aufenthalts im Sinne des § 110 Abs. 1 ZPO der tatsächliche Verwaltungssitz, nicht der satzungsmäßige Sitz. Dies gelte jedenfalls dann, wenn am satzungsmäßen Sitz keine zustellfähige Adresse vorhanden sei. Die Anknüpfung an den tatsächlichen Verwaltungssitz entspreche der Intention des Gesetzgebers, die Prozesskostensicherheit nicht mehr von der Staatsangehörigkeit des Klägers, sondern nur noch von den aus seinem gewöhnlichen Aufenthaltsort folgenden Schwierigkeiten der Anerkennung und Vollstreckung eines Kostentitels abhängig zu machen. Der Beklagte solle lediglich vor den typischen Schwierigkeiten bei der Anerkennung und Vollstreckung geschützt werden, die dadurch entstünden, dass er seinen Anspruch auf Kostenerstattung im Ausland realisieren müsse. Der tatsächliche Verwaltungssitz sei „der Ort, wo die grundlegenden Entscheidungen der Unternehmensleitung effektiv in laufende Geschäftsführungsakte umgesetzt werden“ (BGH GRUR 2016, 1204, 1205 - Prozesskostensicherheit). Dass ein Verwaltungssitz der Klägerin in diesem Sinne nicht in Deutschland vorhanden wäre, hätten die Beklagten nicht nachgewiesen.

Insbesondere stehe nicht fest, dass Zustellungen am registermäßigen Sitz der Klägerin nicht bewirkt werden könnten. Das Vorhandensein eines Briefkastens für die Klägerin und eines Klingelschildes ihres Mitgeschäftsführers Kober spreche vielmehr für eine Erreichbarkeit der Klägerin an ihrem Sitz.

Des Weiteren stehe auch nicht fest, dass die Entscheidungen der Unternehmensleitung effektiv außerhalb der Europäischen Union in laufende Geschäftsführungsakte umgesetzt würden. Der Mitgeschäftsführer der Klägerin K. habe in der mündlichen Verhandlung vielmehr ausgeführt, dass er formale Akte der Geschäftsführung in Deutschland vornehme. Darüber hinaus setze er Entscheidungen in Deutschland um. So habe er den Klägervertreter mit der Klageerhebung beauftragt und bevollmächtigt. Damit seien unwiderlegt Entscheidungen der Unternehmensleitung im Inland in Geschäftsführungsakte umgesetzt worden.

Gegen die den Beklagten am 30.06.2017 zugestellte Entscheidung haben diese mit Schriftsatz vom 31.07.2017 (Bl. 375/376 d. A.) Berufung eingelegt, die sie nach entsprechender Fristverlängerung (vgl. Bl. 383 d. A.) mit Schriftsatz vom 13.09.2017 (Bl. 384/404 d. A.) begründet haben.

Die Beklagten führen zur Begründung ihrer Berufung unter ergänzender Bezugnahme auf ihren erstinstanzlichen Vortrag Folgendes aus:

Der Klägerin sei das Klagepatent durch ihre Muttergesellschaft, der P. V. Inc., lediglich zum Zwecke der Führung des hiesigen Rechtsstreits und eines vorher initiierten Parallelverfahrens gegen LG E. übertragen worden. Die Klägerin besitze außer den beiden ihr zur Führung von Prozessen in Deutschland übertragenen Patenten keine Vermögenswerte. Sie sei ausschließlich zum Zweck der Umgehung des § 110 ZPO gegründet worden. Sie weise weder eine Außenpräsenz, noch eine Geschäftstätigkeit auf. Das operative Geschäft, welches sich seit der Gründung der Klägerin in der Führung von Patentverletzungsverfahren in Deutschland zum Zwecke der Erzwingung von Lizenzzahlungen erschöpfe, werde ausschließlich durch den in Florida, USA, wohnhaften Herrn J. L. P., gleichzeitig CEO und Mitgründer der P. Vision Inc., geleitet, der alleine die unternehmerischen Entscheidungen fälle. Der weitere „Mit-Geschäftsführer“, Herr Thomas K., erfülle lediglich untergeordnete formale Aufgaben, stelle seine Wohnung als Satzungssitz der Klägerin zur Verfügung und diene insgesamt als Strohmann, um der Klägerin den Anschein eines in Deutschland tätigen (Übergangs-)Geschäftsführers zu verleihen.

Die Klägerin habe keinen gewöhnlichen Aufenthalt in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum im Sinne des § 110 ZPO. Das Landgericht habe insbesondere die Anforderungen an den tatsächlichen Verwaltungssitz als „gewöhnlicher Aufenthalt“ juristischer Personen verkannt. Unter dem tatsächlichen Verwaltungssitz, auf den bei der Bestimmung des gewöhnlichen Aufenthalts einer juristischen Person im Sinne von § 110 ZPO nach ganz herrschender Meinung abzustellen sei, sei letztlich der Ort zu verstehen, an dem die tatsächlich maßgeblich tätigen Organe einer Gesellschaft ihre Entscheidungen träfen. Zwar habe der Bundesgerichtshof selbst das Abstellen auf den tatsächlichen Verwaltungssitz bisher - mangels Entscheidungserheblichkeit - offen gelassen (vgl. BGH GRUR 2016, 1205 - Prozesskostensicherheit). Die Ratio des § 110 ZPO, nämlich die Überlegung, dass mit dem Aufenthaltsort des der Zwangsvollstreckung unterliegenden Klägers typischerweise Vermögenswerte verbunden seien, die als Objekte einer Vollstreckung in Betracht kommen könnten, zwinge jedoch zu einem solchen Verständnis. Entgegen den Ausführungen des Landgerichts komme es zur Bestimmung des tatsächlichen Verwaltungssitzes nicht allein darauf an, ob an der entsprechenden Adresse Zustellungen bewirkt werden könnten. Zwar sei die Zustellmöglichkeit ein notwendiges, aber gerade kein hinreichendes Kriterium. Der tatsächliche Verwaltungssitz werde definiert als der Tätigkeitsort der Geschäftsführung und der dazu berufenen Vertretungsorgane, also der Ort, wo die grundlegenden Entscheidungen der Unternehmensleitung effektiv in laufende Geschäftsführungsakte umgesetzt würden. Es sei daher der Schwerpunkt der effektiven Verwaltungstätigkeit zu ermitteln. Der Ort, an dem gänzlich untergeordnete reine Verwaltungsaufgaben wie Buchführung und Steuerangelegenheiten bearbeitet würden, sei hingegen unerheblich. Im Falle einer GmbH sei ausgehend von diesen Grundsätzen, solange auch eine inländische Zustellmöglichkeit gegeben sei, auf den Tätigkeitsort der Geschäftsführung als Schwerpunkt der effektiven Verwaltungstätigkeit abzustellen. Der Tätigkeitsort der Geschäftsführung befinde sich dort, wo diese die operative Tätigkeit der Gesellschaft entfalte, also die Verwaltungsorgane überwiegend tätig würden, indem sie dort ihre Entscheidungen träfen und die Geschäfte der juristischen Person bestimmten. Dieses Verständnis werde bestätigt durch die Auslegung des Begriffs des Verwaltungssitzes in anderen Normen wie §§ 17 Abs. 1 S. 2, 24 BGB, Art. 54 AEUV, 64 EuGVVO und Art. 3 EuInsVO.

Die gesamte „Geschäftstätigkeit“ der Klägerin (die sich auf die Führung von Patentverletzungsklagen auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland beschränke) werde aus den USA heraus geführt, indem Herr J. L. P. dort die maßgeblichen Entscheidungen treffe. Ein Verwaltungssitz in Deutschland sei nicht gegeben. Die Klägerin weise keinerlei Außenpräsenz oder Geschäftstätigkeit außer dem Führen der Patentstreitverfahren auf. Ihren ersten Satzungssitz habe die Klägerin zunächst in der B. Straße 28, c/o N. LLP, . München, mithin in den Kanzleiräumen ihrer Prozessbevollmächtigten gehabt. Eigene Geschäftsräume unterhalte sie aber auch an ihrem jetzigen Satzungssitz weiterhin nicht. Die Wohnung des Herrn Thomas K., in der er mit mindestens zwei weiteren Personen wohne, diene allenfalls als Zustellungsadresse für mindestens fünf unterschiedliche Gesellschaften. Die Klägerin habe auch keinen Mietvertrag über Räume abgeschlossen, die ihr als Büro dienen könnten. In der mündlichen Verhandlung habe Herr K. entsprechend beschrieben, dass sich „sein“ Büro in Berlin befinde. Auch die fehlende geschäftliche (Außen-)Präsenz der formellen Klägerin halte weiterhin an. Es sei bezeichnend, dass sich für diese auch nach nunmehr über einem Jahr nach Gründung weder eine Webseite noch Einträge in Telefonbüchern finden ließen. Über die üblichen Quellen ließen sich weder eine Telefonnummer, noch eine Faxnummer oder eine E-Mail-Adresse ausfindig machen, unter der sie oder Herr Thomas K. in seiner Eigenschaft als „Geschäftsführer“ zu erreichen wären (vgl. Anlagenkonvolut FBD 2). Auch halte die P. Vision Inc. weiterhin auf ihrer Webseite keinerlei Hinweise auf ihre deutsche Tochtergesellschaft bereit. Vielmehr verweise sie für Lizenzfragen ausschließlich auf eine amerikanische Telefonnummer und ein englisches Kontaktformular (vgl. Anlage FBD 3). Für Lizenzfragen sei damit offenkundig ausschließlich die Muttergesellschaft der Klägerin zuständig, auch wenn Herr K. in der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung behauptet habe, dass er zum Abschluss von Lizenzverträgen bevollmächtigt sei. Dieses könne nur dahingehend verstanden werden, dass er nicht kraft Stellung originär berechtigt sei, sondern einer Bevollmächtigung durch Dritte, d. h. des tatsächlichen Geschäftsführers, Jeffrey P., bedürfe.

Die Klägerin weise auch weiterhin keinerlei eigene Geschäftstätigkeit auf. Sie stelle weder in Deutschland Produkte her, noch importiere oder vertreibe sie solche in Deutschland oder anderswo. Sie habe auch keine Angestellten. Hinsichtlich der erhobenen Klagen führe die Muttergesellschaft und faktische Klägerin, die P. Vision Inc., die Geschäfte und halte die Fäden fest in der Hand. Auch die Bezahlung der hiesigen Prozessbevollmächtigten erfolge durch die P. Vision Inc., denn die Klägerin besitze hierzu schon nicht die finanziellen Mittel.

Dass die einzige „Geschäftstätigkeit“ inklusive der Prozesstaktik von der P. Vision Inc. vorgegeben und implementiert werde und sämtliche (Lenkungs)-Entscheidungen durch den eigentlichen Geschäftsführer der Klägerin, den in den USA wohnhaften J. L. P., getroffen würden, sei auch durch die Einlassung des Herrn K. in der mündlichen Verhandlung eindeutig bestätigt worden. Dies belegten auch die Abläufe des Parallelverfahrens gegen LG Electronics vor dem Landgericht München I (Az.: 7 O 9376/16) und der Klageerweiterung vom 10.02.2017 (nach Abtrennung nunmehr anhängig vor dem Landgericht München I unter dem Az.: 7 O 2147/17) sowie die von der P. Vision Inc. zu den Rechtsstreitigkeiten veröffentlichen Pressemitteilungen (vgl. Anlagen FBD 33, FBD 4), die eine Nennung der Klägerin oder des Herrn Thomas K. vermissen ließen. So würden auch die Schriftsätze der Klägerin in sämtlichen Verfahren mit Herrn J. L. P., dem faktisch einzigen und damit maßgeblichen Geschäftsführer der Klägerin, vor der Einreichung abgestimmt. Da es derzeit die alleinige Geschäftstätigkeit der Klägerin darstelle, mit den ihr durch P. Vision Inc. übertragenen Patenten durch Klageeinreichungen den Abschluss von Lizenzverträgen zu erzwingen, werde die einzige tatsächliche Geschäftstätigkeit aus den USA heraus gesteuert. Die tatsächliche Funktion des Herrn K. hingegen sei die eines Angestellten, der entsprechend den Weisungen von Herrn P. bzw. der P. Vision Inc. die formalen Dokumente unterschreibe, um den Anschein einer Geschäftstätigkeit in Deutschland zu erwecken. Er sei in keinerlei geschäftliche Entscheidungen eingebunden oder dürfe diese gar alleine treffen. Seine Tätigkeit sei die einer reinen Ausführungsperson, ohne irgendeine tatsächliche geschäftliche Aufgabe oder Entscheidungsbefugnis.

Der tatsächliche Verwaltungsort der Klägerin liege damit am Tätigkeitsort des Herrn J. L. P., mithin am Sitz der Muttergesellschaft, der P.Vision Inc. in Florida, USA, und nicht am satzungsgemäßen Sitz der hier vorgeschobenen Zweckgesellschaft der Klägerin.

Somit stehe fest, dass die Klägerin zur Leistung einer Prozesskostensicherheit verpflichtet sei. Bei der Bemessung der Höhe der Sicherheitsleistung seien die gerichtlichen Kosten der Beklagten bis zur Entscheidung über eine etwaige Nichtzulassungsbeschwerde zu berücksichtigen. Bei Zugrundelegung des auf 750.000,- € festgesetzten Streitwerts ergebe sich eine Sicherheitsleistung in Höhe von mindestens 102.248,40 €.

Selbst wenn man zu dem Ergebnis kommen würde, dass der Wohnort des Strohmann „Geschäftsführers“ Herrn Thomas K. einen tatsächlichen Verwaltungssitz der Klägerin darstelle, weil Herr K. in seiner Wohnung ihm vorgegebene Aufträge erfülle und Schriftstücke unterschreibe, so wäre diese Konstruktion jedenfalls rechtsmissbräuchlich. Denn es könne nach dem vorliegenden Sachverhalt kein Zweifel daran bestehen, dass die Gründung der Klägerin und die Übertragung des Klagepatents an dieselbe lediglich dem Zweck dienten, § 110 ZPO zu umgehen. Durch das Vorschieben der Klägerin handele die P. Vision Inc. rechtsmissbräuchlich im Sinne von § 242 BGB, was der Klägerin zuzurechnen sei. Im Ergebnis sei die Klägerin nichts anderes als eine gewillkürte Prozessstandschafterin der P.Vision Inc.. Für solche Fälle sei es allgemein anerkannt, dass dies nicht zu einem Entfallen der Verpflichtung zur Leistung einer Prozesskostensicherheit führen könne. Es sei ferner in Fällen wie dem hiesigen, in dem statt einer Prozessstandschaft eine andere Gesellschaft zur Prozessführung vorgeschoben werde, anerkannt, dass dann ein Kläger aufgrund des Gedankens der Unbeachtlichkeit absichtlicher Gesetzesumgehung dennoch auf Antrag der Beklagten zur Leistung einer Sicherheit verpflichtet sei. Die rechtsmissbräuchliche Nutzung einer formellen Rechtsposition durch die hinter der Klägerin stehende eigentlich wirtschaftlich interessierte ausländische Person gebiete zumindest eine analoge Anwendung des § 110 ZPO.

Die Beklagten beantragen,

Das am 4. Mai 2017 verkündete Zwischenurteil des Landgerichts München I (Az.: 7 O 16818/16) wird abgeändert und der Klägerin gemäß § 110 ZPO aufgegeben, der Beklagten innerhalb einer vom erkennenden Gericht zu bestimmenden Frist die Prozesskostensicherheit in Höhe von jedenfalls € 102.248,40 zu leisten.

Die Klägerin beantragt,

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Klägerin führt hierzu Folgendes aus:

Die Berufung sei bereits unzulässig, denn das Zwischenurteil des Landgerichts sei nicht separat anfechtbar. Die separate Anfechtbarkeit von Zwischenurteilen gemäß § 280 Abs. 2 Satz 1 ZPO sei eine Ausnahme für solche Zwischenurteile, welche eine Entscheidung über die Zulässigkeit der Klage enthielten. Die allgemein vertretene Auffassung, dass ein Kläger, der im Wege eines Zwischenurteils zur Leistung von Prozesskostensicherheit gemäß § 110 Abs. 1 ZPO verurteilt werde, dieses Zwischenurteil nicht separat anfechten könne, werde damit begründet, dass ein solches Zwischenurteil keine Entscheidung über die Zulässigkeit der Klage enthalte. Für ein Zwischenurteil, das eine Pflicht des Klägers zur Leistung von Prozesskostensicherheit verneine, könne nichts anderes gelten. Weder die Anordnung, noch die Ablehnung einer Prozesskostensicherheit enthalte eine implizierte Entscheidung über die Zulässigkeit der Klage. Es bleibe richtigerweise bei dem Grundsatz, dass Zwischenurteile, für die § 280 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht gelte, nur gemeinsam mit der Schlussentscheidung angegriffen werden könnten.

Die Berufung sei in jedem Falle unbegründet. Das Landgericht sei zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin an ihrem Satzungssitz eine zustellungsfähige Adresse unterhalte, an der ihr Geschäftsführer zu normalen Geschäftszeiten üblicherweise anzutreffen sei. Das Landgericht habe auch zu Recht festgestellt, dass der tatsächliche Verwaltungssitz der Klägerin im Inland liege. Die mündliche Verhandlung habe ergeben, dass der Geschäftsführer der Klägerin, Herr K., in Deutschland Entscheidungen der Geschäftsleitung umsetze (vgl. LGU, Seite 5). Die Beklagten hätten unstreitig gestellt, dass Herr K. die Erhebung der vorliegenden Klage in Auftrag gegeben habe.

Es entspreche herrschender Meinung, dass das Merkmal des gewöhnlichen Aufenthalts im europäischen Inland im Sinne des § 110 Abs. 1 ZPO für eine juristische Person erfüllt sei, wenn sie im europäischen Inland eine zustellungsfähige Adresse und Geschäftsräume unterhalte. Dies sei überzeugend, denn anders als § 17 Abs. 1 ZPO, der ohnehin nur Inlandssachverhalte betreffe und zugunsten eines Klägers einen einfach zu bestimmenden Gerichtsstand festlege, solle § 110 ZPO einen Beklagten vor den Schwierigkeiten der Einleitung einer Auslandsvollstreckung bewahren. Ob ein Kläger Vermögen im europäischen Inland besitze und wo er welchen Anteil seiner Geschäftstätigkeit entfalte, sei für § 110 Abs. 1 ZPO zunächst einmal gleichgültig. Wichtig sei die formale Möglichkeit der Einleitung einer Zwangsvollstreckung durch Zustellung, nicht deren wirtschaftlicher Erfolg. Das Landgericht habe zutreffend angenommen, dass die darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten das Fehlen einer zustellungsfähigen Adresse der Klägerin nicht substantiiert hätten. Das Landgericht habe zu Recht nicht darauf abgestellt, welche Aufgaben Herr K. in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der Klägerin im Einzelnen übernehme und wie die Beiträge der beiden Geschäftsführer der Klägerin im Verhältnis zueinander zu bewerten seien. Dies sei nach der eindeutigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unerheblich (BGH GRUR 2016, 1204, Rn. 19 - Prozesskostensicherheit).

Das Landgericht habe darüber hinaus rechtsfehlerfrei festgehalten, dass jedenfalls dann, wenn - wie hier nicht - am satzungsgemäßen Sitz keine zustellungsfähige Adresse vorhanden wäre, auf den Verwaltungssitz der Klägerin abzustellen wäre. In seiner jüngsten Rechtsprechung vertrete der Bundesgerichtshof die Auffassung, dass die Anwendung des § 110 Abs. 1 ZPO jedenfalls bei einem Verwaltungssitz innerhalb der Europäischen Union ausscheide (BGH, Beschluss vom 23.08.2017, IV ZR 93/17, BeckRS 2017, 126173 Rn. 8, 10). Notwendige Voraussetzung der Ablehnung einer Prozesskostensicherheitspflicht sei ein Verwaltungssitz im europäischen Inland nach wie vor aber nicht, wie auch die Instanz-Rechtsprechung anerkenne.

Jedenfalls gehe der Berufungsangriff der Beklagten deshalb ins Leere, weil das Landgericht einen Verwaltungssitz der Klägerin im europäischen Inland geprüft und rechtsfehlerfrei bejaht habe. Das Landgericht habe rechtsfehlerfrei angenommen, dass ein tatsächlicher Verwaltungssitz an dem Ort gegeben sei, an dem grundlegende Entscheidungen der Unternehmensleitung effektiv in laufende Geschäftsführungsakte umgesetzt würden. Dass die umgesetzten Entscheidungen der Unternehmensleitung auch in Deutschland getroffen würden, sei nicht notwendig. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verlange ausdrücklich lediglich die Umsetzung von grundlegenden Entscheidungen der Unternehmensleitung, nicht auch deren Fassung. Herr K. als Geschäftsführer der Klägerin setze am satzungsmäßigen Sitz der Klägerin in Berlin Entscheidungen der Unternehmensleitung effektiv in laufende Geschäftsführungsakte um. Die mündliche Verhandlung habe ergeben, dass Herr K. Akte der Geschäftsführung in Deutschland vornehme und darüber hinaus Entscheidungen der Unternehmensleitung in Deutschland umsetze (vgl. LGU, Seite 5). Insbesondere habe Herr K. in seiner Funktion als Geschäftsführer der Klägerin die Erhebung der vorliegenden Klage in Auftrag gegeben. Dem seien die Beklagten nicht substantiiert entgegengetreten. Dass Herr K. die Entscheidung, das Klagepatent in Deutschland durchzusetzen, in konkrete Geschäftsführungsakte in Deutschland umsetze, sei deshalb unstreitig. Mehr sei für die Annahme eines Verwaltungssitzes in Deutschland im Rahmen des § 110 Abs. 1 ZPO gemäß der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht erforderlich. Das Landgericht habe deshalb -streng genommen obiter - ohne Rechtsfehler angenommen, dass sich der Verwaltungssitz der Klägerin im europäischen Inland befinde.

Ergänzend werde darauf hingewiesen, dass Herr K. nicht nur die Durchsetzung des Klagepatents, sondern auch den weltweiten Produktstart eines WLAN-Repeaters der Klägerin für Deutschland betreue, was der Beklagten aus der mündlichen Verhandlung vom 04.05.2017 in dem anhängigen Parallelverfahren vor dem Landgericht München I (7 O 2141/17) bekannt sei.

Die weiteren von der Beklagten angeführten Umstände hätten gemein, dass sie in § 110 Abs. 1 ZPO weder ausdrücklich noch impliziert Niederschlag fänden und nicht geeignet seien, eine Prozesskostensicherheitspflicht der Klägerin zu begründen.

Die seitens der Beklagten angeführten Vorschriften des § 24 BGB, des Art. 54 AEUV, 64 EuGVVO und Art. 3 EuInsVO habe das Landgericht rechtsfehlerfrei nicht erwähnt. Es handele sich bei der Klägerin nicht um einen Verein, Insolvenzrecht sei nicht berührt und es handele sich bei § 110 Abs. 1 ZPO weder um unionsrechtlich harmonisiertes Recht, noch sei ersichtlich, dass die Einheit der Rechtsordnung es angesichts der angeführten Normen verlange, von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Prozesskostensicherheitspflicht nach deutschem Zivilprozessrecht abzuweichen.

Den Beklagten stehe auch kein Rechtsmissbrauchseinwand zu, aus dem eine Pflicht der Klägerin zur Leistung von Prozesskostensicherheit hergeleitet werden könne. Die Klägerin sei die Inhaberin des Klagepatents und setze dieses im eigenen Namen durch. Dass sie eine USamerikanische Muttergesellschaft habe, begründe keinen Missbrauchsvorwurf. Dies gelte insbesondere, nachdem das Klagepatent in Deutschland verwertet werden solle, weil eine Patentverletzung in Deutschland durch eine inländische Beklagte vorliege. Die Klägerin verfüge sowohl über Geschäftsräume als auch über Mitarbeiter in Deutschland und sie sei auch nicht anlässlich des hiesigen Verfahrens gegründet worden. Die Klägerin setze das Klagepatent erstens im Rahmen weiterer Verfahren gegen Dritte durch und betreue zweitens den Produktstart des WLAN-Repeaters der Klägerin in Deutschland.

Die Beklagten erwidern hierauf, das Zwischenurteil des Landgerichts, welches die gem. § 110 ZPO erhobene Einrede verwerfe, sei gem. § 280 Abs. 2 S. 2 ZPO selbstständig anfechtbar, da zugleich auf die Zulässigkeit der Klage erkannt werde, nachdem § 110 ZPO eine die Zulässigkeit der Klage betreffende Rüge i.S.d. § 282 Abs. 3 ZPO begründe.

Anders als die Klägerin es versuche darzustellen, vertrete die absolut herrschende Meinung in Literatur und Rechtsprechung, so jüngst auch der BGH (vgl. Beschluss vom 23.08.2017, Az. IV ZR 93/17, NJW-RR 2017, 1320), die Ansicht, dass maßgeblich für die Verpflichtung zur Prozesskostensicherheit der tatsächliche Verwaltungssitz sein müsse. Auch habe der BGH mit Urteil vom 21.06.2016 (Az. X ZR 41/15, GRUR 2016, 1204) lediglich festgestellt, dass es nicht auf das Verhältnis der Beiträge von an unterschiedlichen Orten tätigen Geschäftsführern ankomme, wenn sich sämtliche Tätigkeitsorte - wie vorliegend nicht - in der Europäischen Union oder innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums befänden. Da sich vorliegend der Tätigkeitsort des tatsächlichen Geschäftsführers der Klägerin in den USA befinde, sei aber entscheidend, in welchem Verhältnis beide Geschäftsführer mit Blick auf die grundlegenden Entscheidungen der Unternehmensleitung und deren Umsetzung zueinander stünden. Die Klägerin habe weder substantiierten Vortrag geliefert, der eine geschäftsführende Tätigkeit des Herrn K. belegen könne, noch hätte sie die von den Beklagten vorgebrachten Anhaltspunkte für deren Fehlen widerlegt. Der erstmalige verspätete Versuch der Klägerin in der Berufungserwiderung, Herrn K. eine Rolle bei dem Produktstart eines WLAN-Repeaters der Klägerin in Deutschland zuzuschreiben, gehe ebenso fehl. Es sei bezeichnend, dass sie keine konkreten Aufgaben, Tätigkeiten, Entscheidungen oder Maßnahmen des Herrn K. vortragen könne, was nur den Schluss zulasse, dass es sich - wenn überhaupt - um untergeordnete verwaltende Tätigkeiten handele, während die maßgeblichen Entscheidungen weiterhin durch Herrn P. getroffen und veranlasst würden. Dies erkläre auch, weshalb die Klägerin von „ihrem“ Produkt spreche, obwohl Hersteller die P. Vision Inc. sei und der WLAN-Repeater weder in Deutschland erhältlich sei, noch eine Markteinführung soweit ersichtlich kurzfristig bevorstehe. Es werde bestritten, dass Herr K. für die vorliegende Beurteilung relevante Tätigkeiten und/oder Entscheidungen vornehme.

Ergänzend wird auf die von den Prozessbevollmächtigten eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Sitzungsprotokoll vom 22.02.2018 (Bl. 444/ 449 d. A.) Bezug genommen.

II.

Die gemäß §§ 511 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, 280 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere gemäß §§ 519 Abs. 1, Abs. 2, 517 ZPO form- und fristgerecht eingelegte und gemäß § 520 Abs. 2, Abs. 3 ZPO begründete Berufung der Beklagten hat Erfolg. Die Klägerin ist gem. § 110 Abs. 1 ZPO zur Leistung einer Prozesskostensicherheit verpflichtet.

1. Die Statthaftigkeit der Berufung gegen das den Antrag auf Prozesskostensicherheitsleistung zurückweisende Zwischenurteil des Landgerichts folgt aus § 280 Abs. 2 S. 1 ZPO. Denn ein die Prozesskostensicherheitseinrede nach § 110 ZPO verwerfendes Zwischenurteil stellt - anders als ein Zwischenurteil, durch das der Einrede stattgegeben und die Sicherheitsleistung angeordnet wird (vgl. BGH NJW 1988, 1733; BGH NJW-RR 2006, 710 Rn. 6) - eine selbständig anfechtbare Entscheidung über die Zulässigkeit der Klage dar im Sinne von § 280 Abs. 1, S. 1 Abs. 2 S. 1 ZPO (vgl. BGH NJW 1988, 1733; BGH NJW-RR 2006, 710 Rn. 6; Musielak/Voit/Foerste, 14. Aufl. 2017, ZPO § 110 Rn. 9; BeckOK ZPO/Jaspersen, 26. Ed. 15.9.2017, ZPO § 110 Rn. 35; Zöller/Greger, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 110 Rn. 5; MüKoZPO/Schulz, 5. Aufl. 2016, ZPO § 113 Rn. 10; Kühnen, 10. Aufl., E. II. 2 Rn. 19; Thomas/Putzo, ZPO, 38. Aufl. 2017, § 113 Rn. 4).

2. Die Voraussetzungen für eine Verpflichtung der Klägerin, den Beklagten auf ihre Einrede hin Prozesskostensicherheit zu leisten, sind gem. § 110 Abs. 1 ZPO vorliegend gegeben.

a) Nach § 110 Abs. 1 ZPO (ein Ausnahmetatbestand nach § 110 Abs. 2 ZPO greift hier nicht ein) muss eine Klagepartei, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum hat, auf Verlangen des Beklagten wegen der Prozesskosten Sicherheit leisten.

Als Ort des gewöhnlichen Aufenthalts im Sinne von § 110 Abs. 1 ZPO ist bei Kapitalgesellschaften deren Sitz anzusehen (BGH NJW-RR 2017, 1320; BGH GRUR 2016, 1204 Rn. 11 - Prozesskostensicherheit). Die Klägerin hat ihren satzungsmäßigen Sitz in Deutschland (Berlin), streitig ist zwischen den Parteien, ob ihr Verwaltungssitz ebenfalls in Deutschland oder in den USA liegt. Die Frage, ob im Rahmen des § 110 Abs. 1 ZPO auf den satzungsmäßigen Sitz oder auf den tatsächlichen Verwaltungssitz abzustellen ist, wenn der Kläger als juristische Person des Privatrechts innerhalb der Europäischen Union oder eines Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum nur einen satzungsmäßigen Sitz, aber keinen Verwaltungssitz unterhält, ist umstritten und höchstrichterlich noch nicht abschließend geklärt. Teilweise wird hierzu vertreten, es komme auf den tatsächlichen Verwaltungssitz an, jedenfalls wenn am satzungsmäßigen Sitz im Inland weder Geschäftsräume noch eine zustellungsfähige Anschrift unterhalten werden (OLG Karlsruhe NJW-RR 2008, 944, 945; OLG Düsseldorf, Teilurteil vom 20.12.2012, Az. I-2 U 34/10, BeckRS 2013, 10184; Zöller/Greger, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 110 Rn. 2; MüKoZPO/Schulz, ZPO, 5. Aufl. 2016, § 110 Rn. 13; Musielak/Voit/Foerste, 14. Aufl. 2017, ZPO § 110 Rn. 4). Weitergehender sind das OLG München (Urt. v. 24.6.2010 - 29 U 3381/09, BeckRS 2010, 18320) und das OLG Düsseldorf (Urt. vom 25.02.2015, Az. 2 U 57/14, BeckRS 2015, 06726) davon ausgegangen, dass bei (Kapital-)Gesellschaften an die Stelle des gewöhnlichen Aufenthalts im Sinne des § 110 Abs. 1 ZPO der tatsächliche Verwaltungssitz und nicht der satzungsmäßige Sitz tritt (ebenso Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 10. Aufl. 2018, E. II. 2 Rn. 16).

Der Bundesgerichtshof hatte diese Konstellation bisher nicht zu entscheiden und hat sie daher offen gelassen (vgl. BGH GRUR 2016, 1204 Rn. 12-14 - Prozesskostensicherheit; BGH NJW-RR 2017, 1320, 1321). Er hat bislang nur festgestellt, dass die Anwendbarkeit des § 110 ZPO jedenfalls bei Vorhandensein eines Verwaltungssitzes innerhalb der Europäischen Union ausscheidet (BGH NJW-RR 2017, 1320; BGH NZG 2002, 1009, 1010).

b) Auf diese Frage kommt es im Streitfall an, denn die Klägerin hat nach den zugrundeliegenden Feststellungen zwar ihren statutarischen Sitz in Deutschland, ihr Verwaltungssitz liegt aber nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum.

(1.)

Maßgebend dafür, wo eine Gesellschaft ihren Verwaltungssitz hat, ist der Tätigkeitsort der Geschäftsführung und der dazu berufenen Vertretungsorgane, also der Ort, wo die grundlegenden Entscheidungen der Unternehmensleitung effektiv in laufende Geschäftsführungsakte umgesetzt werden (BGH NJW-RR 2017, 1320, 1321; BGH GRUR 2016, 1204 Rn. 15 - Prozesskostensicherheit). Dies setzt eine gewisse organisatorische Verfestigung einschließlich des Vorhandenseins von Räumlichkeiten voraus, in denen die Geschäftsführungsorgane ihre Tätigkeit für das Unternehmen tatsächlich ausüben und sich an die Gesellschaft gerichtete Postsendungen wirksam zustellen lassen (vgl. OLG Düsseldorf Urt. v. 25.2.2015 - 2 U 56/14, BeckRS 2016, 09830 Rn. 17; Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 10. Aufl. 2018, E. II. 2 Rn. 17). Eine „effektive Umsetzung der grundlegenden Entscheidungen der Unternehmensleitung in laufende Geschäftsführungsakte“ im Sinne der Definition des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH NJW-RR 2017, 1320, 1321; BGH GRUR 2016, 1204 Rn. 15 - Prozesskostensicherheit) erfordert dabei die Vornahme von Handlungen, die den Geschäftszweck und die Tätigkeit des Unternehmens inhaltlich beeinflussen und typischerweise auf der Ebene der Unternehmensleitung erfolgen. Eine bloß formale Ausführung von Entscheidungen, die anderenorts getroffen werden, stellt sich nicht als „effektive Umsetzung“ grundlegender Entscheidungen der Unternehmensleitung dar.

Wird die Geschäftsführung von mehreren Geschäftsführern an unterschiedlichen Orten wahrgenommen, kommt es nicht darauf an, in welchem Verhältnis diese zueinander stehen, solange sich sämtliche Tätigkeitsorte der Geschäftsführer in der Europäischen Union oder innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums befinden (BGH GRUR 2016, 1204 Rn. 20 - Prozesskostensicherheit). Umgekehrt bedeutet das -übertragen auf den vorliegenden Fall -, wenn sich der Tätigkeitsort eines der zwei Geschäftsführer nicht in der Europäischen Union oder innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums befindet, kommt es darauf an, in welchem Verhältnis beide Geschäftsführer mit Blick auf die grundlegenden Entscheidungen der Unternehmensleitung und deren Umsetzung zueinander stehen.

(3.)

Darlegungs- und beweisbelastet dafür, dass die Klägerin in der Europäischen Union und im Europäischen Wirtschaftsraum ohne gewöhnlichen Aufenthalt ist im Sinne von § 110 Abs. 1 ZPO, sind die Beklagten (MüKoZPO/Schulz, ZPO, 5. Aufl. 2016, § 110 Rn. 42; Zöller/Greger, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 110 Rn. 7; Thomas/Putzo, ZPO, 38. Aufl. 2017 § 110 Rn. 2). An die Vortragslast der Beklagten dürfen allerdings keine überspannten Anforderungen gestellt werden, denn sie haben keine eigenen Kenntnisse über die interne Organisationsstruktur der Klägerin und können diese auch allenfalls indiziell ermitteln. Der Klägerin ist die erforderliche Aufklärung hingegen ohne weiteres möglich und auch zumutbar. Es genügt deshalb, dass die Beklagten plausible Anhaltspunkte aufzeigen, aus denen sich ergibt, dass die Klägerin ihren tatsächlichen Verwaltungssitz nicht in der Europäischen Union oder dem Europäischen Wirtschaftsraum hat (vgl. auch OLG Düsseldorf, Urteil vom 16.03.2017, Az. I-15 U 67/16, BeckRS 2017, 113388 Rn. 42). Anschließend trifft die Klägerin eine sekundäre Darlegungslast, im Rahmen des Zumutbaren die behaupteten Tatsachen unter Darlegung der für das Gegenteil sprechenden Tatsachen und Umstände substantiiert zu bestreiten. Kommt sie dieser Obliegenheit nach, hat die Beklagte als beweisbelasteten Partei den Nachweis ihrer Behauptung zu führen (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 16.03.2017, Az. I-15 U 67/16, BeckRS 2017, 113388 Rn. 42).

Die Beklagten haben als Anhaltspunkt für einen fehlenden Verwaltungssitz der Klägerin in der Europäischen Union oder dem Europäischen Wirtschaftsraum vorgetragen: Die Klägerin besitze außer den beiden ihr zur Führung von Prozessen in Deutschland übertragenen Patenten keine Vermögenswerte. Sie weise weder eine Außenpräsenz, noch eine Geschäftstätigkeit auf. Über die üblichen Quellen ließen sich weder eine Webseite, noch eine Telefonnummer, noch eine Faxnummer oder eine E-Mail-Adresse ausfindig machen, unter der sie oder Herr Thomas K. in seiner Eigenschaft als „Geschäftsführer“ zu erreichen wären (vgl. Anlagenkonvolut FBD 2). Auch halte die P. Vision Inc. weiterhin auf ihrer Webseite keinerlei Hinweise auf die Klägerin als ihre deutsche Tochtergesellschaft bereit. Vielmehr verweise sie für Lizenzfragen ausschließlich auf eine amerikanische Telefonnummer und ein englischsprachiges Kontaktformular (vgl. Anlage FBD 3). Das operative Geschäft, welches sich seit der Gründung der Klägerin auf die Führung von Patentverletzungsverfahren in Deutschland zum Zwecke der Erzwingung von Lizenzzahlungen erschöpfe, werde ausschließlich durch den in Florida, USA, wohnhaften Herrn J. L. P., gleichzeitig CEO und Mitgründer der Muttergesellschaft P.Vision Inc., geleitet, der alleine die unternehmerischen Entscheidungen fälle. Die Wohnung des Herrn Thomas K., in der er mit mindestens zwei weiteren Personen wohne, diene allenfalls als Zustellungsadresse für mindestens fünf unterschiedliche Gesellschaften.

(5.)

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass das operative Geschäft der Klägerin von den USA aus durch den weiteren Mitgeschäftsführer J. L. P. geführt wird (vgl. auch LGU, Seite 3). Ebenfalls unstreitig ist zwischen den Parteien, dass die Entscheidung, dass wegen des Klagepatents (und des weiteren der Klägerin zustehenden Patents) in Deutschland Verletzungsklagen erhoben wurden, nicht von dem in Deutschland ansässigen Geschäftsführer der Klägerin Thomas K., sondern von dem weiteren Geschäftsführer und zugleich CEO der Muttergesellschaft P.Vision Inc. in den USA getroffen wurde. Soweit das Landgericht es hat ausreichen lassen, dass die Klägerin in Deutschland eine Zustellanschrift besitzt und dass Herr Kober formale Akte der Geschäftsführung in Deutschland vornimmt und den Klägervertreter mit der Klageerhebung beauftragt hat (vgl. LGU, Seite 5), kann dem nicht gefolgt werden. Zwar mag es nicht darauf ankommen, ob und in welchem Maße ein innerhalb der EU/des EWR residierender Geschäftsführer seine geschäftlichen Entscheidungen und Handlungen für den Kläger eigenverantwortlich trifft oder aber in Absprache, ggf. sogar nach konkreten Weisungen einer auswärtigen Muttergesellschaft vorzunehmen hat, sofern die Unternehmensverwaltung durch den Aufenthaltsort seiner Entscheidungen bestimmt wird (vgl. Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 10. Aufl., E. II. 2 Rn. 19). Vorliegend handelt der Mitgeschäftsführer K. aber auf die Weisungen des für das operative Geschäft verantwortlichen weiteren Geschäftsführers P., der von den USA aus agiert. Das Handeln des Herrn K. in Deutschland, der nach dem Vortrag des Klägervertreters im Termin zur mündlichen Verhandlung als „berufsmäßiger Geschäftsführer“ für verschiedene Gesellschaften agiert, bezieht sich demgegenüber nach dem festgestellten Sachverhalt auf rein formale Tätigkeiten. Dazu gehören auch die von Herrn Kober im Rahmen seiner erstinstanzlichen Anhörung angeführten Dienstleistungen wie die Erstellung des Jahresabschlusses oder der Steuererklärung (vgl. Sitzungsprotokoll vom 04.05.2017, Seite 3, Bl. 343 d. A.). Dass damit in Bezug auf die klägerische Tätigkeit maßgebliche strukturelle Entscheidungen verbunden gewesen wären, hat die Klägerin nicht dargelegt. Auch das lediglich pauschale Vorbringen der Klägerin, wonach Herr K. auch den weltweiten Produktstart eines WLAN-Repeaters der Klägerin für Deutschland betreue, genügt insoweit nicht. Es fehlen jegliche Ausführungen dazu, welche Handlungen Herr K. diesbezüglich wann und gegenüber wem mit welchem Ergebnis vorgenommen haben soll. Dass der benannte WLAN-Repeater in Deutschland bislang nicht angeboten wird, hat die Klägerin ebenso wenig in Abrede gestellt, wie den Vortrag der Beklagten, wonach die Klägerin in Deutschland über keinerlei Außenauftritt verfügt, der es Dritten ermöglichen würde, diese zu kontaktieren. Jegliche Verlautbarungen über die gegenständlichen Patente oder etwaige Produkte erfolgten bisher allein durch die Muttergesellschaft der Klägerin, ohne dass die Klägerin dabei in Erscheinung treten würde. Auch soweit Herrn K. im Rahmen der erstinstanzlichen Anhörung ausgeführt hat (vgl. Sitzungsprotokoll vom 04.05.2017, Seite 3, Bl. 343 d. A.), er sei bevollmächtigt und bereit, Lizenzverträge abzuschließen, fehlt jeglicher substantiierter Sachvortrag dazu, dass derartige Lizenzvertragsabschlüsse konkret erfolgt sind oder auch nur im Raum stünden und diesbezügliche Tätigkeiten entfaltet worden wären.

Insgesamt hat die Klägerin keinen substantiierten Sachvortrag erbracht, der geeignet wäre, die von Beklagtenseite vorgetragenen und unstreitigen Tatsachen, die das Fehlen eines Verwaltungssitzes der Klägerin in Deutschland nahe legen, zu entkräften.

c) Das Vorhandensein eines bloßen satzungsmäßigen Sitzes der Klägerin in Deutschland (Berlin) genügt nicht, um die Voraussetzungen des § 110 Abs. 1 ZPO zu verneinen.

Der Bundesgerichtshof hat zur Begründung seiner Beurteilung, wonach die Anwendbarkeit des § 110 Abs. 1 ZPO jedenfalls bei Vorhandensein eines Verwaltungssitzes innerhalb der Europäischen Union ausscheidet (BGH NJW-RR 2017, 1320), ausgeführt, für die Anknüpfung an den Verwaltungssitz spreche bereits die Parallele zwischen dem Verwaltungssitz und dem „gewöhnlichen Aufenthalt“, auf den der Wortlaut des § 110 Abs. 1 ZPO für natürliche Personen abstelle. Darüber hinaus bestehe der Sinn und Zweck der Vorschrift darin, den obsiegenden Beklagten vor Schwierigkeiten bei der Durchsetzung seines Kostenerstattungsanspruchs zu bewahren, die typischerweise bei einer Vollstreckung außerhalb der Europäischen Union oder des Gebietes der Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum auftreten. Für die Durchsetzbarkeit des Kostenerstattungsanspruchs komme es aber eher auf den Verwaltungssitz als auf den Gründungs- oder satzungsmäßigen Sitz einer Gesellschaft an, weil sich das Betriebsvermögen der Gesellschaft regelmäßig an ihrem Verwaltungssitz befinde, wo die Geschäfte geführt werden; der statutarische Sitz könne eine „leere Hülle“ sein. Darauf, dass im Einzelfall auch eine Vollstreckung am Verwaltungssitz gefährdet sein kann, komme es nicht an, weil dieses Risiko nicht höher als bei inländischen Klägern sei (BGH NJW-RR 2017, 1320, 1321).

Vor dem Hintergrund dieser vom Bundesgerichtshof ausgeführten Argumentation muss aber umgekehrt, wenn die Klägerin innerhalb der Europäischen Union bzw. dem Europäischen Wirtschaftsraum keinen Verwaltungssitz vorweisen kann, § 110 Abs. 1 ZPO zur Anwendung gelangen. Denn dann greift unter Zugrundelegung der Ausführungen des Bundesgerichtshofs der Normzweck des § 110 Abs. 1 ZPO ein, wonach der obsiegende Beklagte vor Schwierigkeiten bei der Durchsetzung seines Kostenerstattungsanspruchs zu bewahren ist, die typischerweise bei einer Vollstreckung außerhalb der Europäischen Union oder des Gebietes der Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum auftreten, wobei sich das Betriebsvermögen der Gesellschaft regelmäßig an ihrem Verwaltungssitz befindet und der statutarische Sitz nur eine „leere Hülle“ sein kann. Der Verwaltungssitz einer juristischen Person - also der Ort, wo die grundlegenden Entscheidungen der Unternehmensleitung effektiv in laufende Geschäftsführungsakte umgesetzt werden - entspricht auch in tatsächlicher Hinsicht dem bei natürlichen Personen maßgeblichen „gewöhnlichen Aufenthalt“ im Sinne des Ortes, wo eine Person ihren faktischen Lebensmittelpunkt hat. Die Regelung des § 17 Abs. 1 Satz 1 ZPO, wonach der allgemeine Gerichtsstand einer juristischen Person grundsätzlich durch den satzungsmäßigen und nicht durch ihren tatsächlichen Verwaltungssitz bestimmt wird, steht dem nicht entgegen. § 17 ZPO regelt nur Inlandssachverhalte im Rahmen der Frage des allgemeinen Gerichtsstandes und hat einen gänzlich anderen Normzweck als § 110 ZPO. Während § 17 ZPO dazu dienen soll, einer klagenden Partei einen möglichst einfach zu bestimmenden Gerichtsstand zu verschaffen, liegt die Ratio des § 110 ZPO darin, die beklagte Partei, die ihren Kostenerstattungsanspruch durchsetzen möchte, vor Schwierigkeiten der Auslandsvollstreckung zu bewahren (vgl. auch OLG Düsseldorf Teilurteil v. 20.12.2012 - I-2 U 34/10, BeckRS 2013, 10184).

3. Die Höhe der Sicherheitsleistung richtet sich gem. § 112 Abs. 2 Satz 1 ZPO grundsätzlich nach den bereits aufgewendeten und den voraussichtlich noch aufzuwendenden gerichtlichen und außergerichtlichen Prozesskosten, die der beklagten Partei in allen Instanzen voraussichtlich erwachsen. Die Beklagtenseite hat diese voraussichtlich anfallenden Kosten auf 102.248,40 EUR beziffert (vgl. Berufungsbegründung Seite 18), was der Größenordnung nach angemessen, jedenfalls nicht überhöht erscheint und von Klageseite auch nicht in Zweifel gezogen wurde.

Die Fristbestimmung folgt aus § 113 S. 1 ZPO.

5. Eine Zulassung der Revision kommt nicht in Betracht, da mit dem die Prozesskostensicherheitsleistung anordnenden Zwischenurteil nicht über die Zulässigkeit der Klage i.S.v. § 280 Abs. 1 Satz 1 ZPO entschieden wird, so dass § 280 Abs. 2 S. 1 ZPO insoweit nicht einschlägig ist (vgl. BGH NJW-RR 2006, 710 Tz. 6; BGH NJW 1988, 1733).

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Oberlandesgericht München Zwischenurteil, 22. Feb. 2018 - 6 U 2594/17 zitiert 14 §§.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 520 Berufungsbegründung


(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen. (2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der

Zivilprozessordnung - ZPO | § 540 Inhalt des Berufungsurteils


(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil1.die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,2.eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufh

Zivilprozessordnung - ZPO | § 519 Berufungsschrift


(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt. (2) Die Berufungsschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;2.die Erklärung, dass gegen dieses Urtei

Zivilprozessordnung - ZPO | § 511 Statthaftigkeit der Berufung


(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt. (2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn1.der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder2.das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zu

Zivilprozessordnung - ZPO | § 282 Rechtzeitigkeit des Vorbringens


(1) Jede Partei hat in der mündlichen Verhandlung ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel, insbesondere Behauptungen, Bestreiten, Einwendungen, Einreden, Beweismittel und Beweiseinreden, so zeitig vorzubringen, wie es nach der Prozesslage einer sorgfä

Zivilprozessordnung - ZPO | § 17 Allgemeiner Gerichtsstand juristischer Personen


(1) Der allgemeine Gerichtsstand der Gemeinden, der Korporationen sowie derjenigen Gesellschaften, Genossenschaften oder anderen Vereine und derjenigen Stiftungen, Anstalten und Vermögensmassen, die als solche verklagt werden können, wird durch ihren

Zivilprozessordnung - ZPO | § 280 Abgesonderte Verhandlung über Zulässigkeit der Klage


(1) Das Gericht kann anordnen, dass über die Zulässigkeit der Klage abgesondert verhandelt wird. (2) Ergeht ein Zwischenurteil, so ist es in Betreff der Rechtsmittel als Endurteil anzusehen. Das Gericht kann jedoch auf Antrag anordnen, dass zur H

Zivilprozessordnung - ZPO | § 110 Prozesskostensicherheit


(1) Kläger, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum haben, leisten auf Verlangen des Beklagten wegen der Prozesskosten Sicherhe

Zivilprozessordnung - ZPO | § 112 Höhe der Prozesskostensicherheit


(1) Die Höhe der zu leistenden Sicherheit wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt. (2) Bei der Festsetzung ist derjenige Betrag der Prozesskosten zugrunde zu legen, den der Beklagte wahrscheinlich aufzuwenden haben wird. Die dem Bek

Zivilprozessordnung - ZPO | § 113 Fristbestimmung für Prozesskostensicherheit


Das Gericht hat dem Kläger bei Anordnung der Sicherheitsleistung eine Frist zu bestimmen, binnen der die Sicherheit zu leisten ist. Nach Ablauf der Frist ist auf Antrag des Beklagten, wenn die Sicherheit bis zur Entscheidung nicht geleistet ist, die

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 24 Sitz


Als Sitz eines Vereins gilt, wenn nicht ein anderes bestimmt ist, der Ort, an welchem die Verwaltung geführt wird.

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Bundesgerichtshof Urteil, 21. Juni 2016 - X ZR 41/15

bei uns veröffentlicht am 21.06.2016

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 41/15 Verkündet am: 21. Juni 2016 Anderer Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

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(1) Kläger, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum haben, leisten auf Verlangen des Beklagten wegen der Prozesskosten Sicherheit.

(2) Diese Verpflichtung tritt nicht ein:

1.
wenn auf Grund völkerrechtlicher Verträge keine Sicherheit verlangt werden kann;
2.
wenn die Entscheidung über die Erstattung der Prozesskosten an den Beklagten auf Grund völkerrechtlicher Verträge vollstreckt würde;
3.
wenn der Kläger im Inland ein zur Deckung der Prozesskosten hinreichendes Grundvermögen oder dinglich gesicherte Forderungen besitzt;
4.
bei Widerklagen;
5.
bei Klagen, die auf Grund einer öffentlichen Aufforderung erhoben werden.

(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil

1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,
2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so können die nach Satz 1 erforderlichen Darlegungen auch in das Protokoll aufgenommen werden.

(2) Die §§ 313a, 313b gelten entsprechend.

(1) Kläger, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum haben, leisten auf Verlangen des Beklagten wegen der Prozesskosten Sicherheit.

(2) Diese Verpflichtung tritt nicht ein:

1.
wenn auf Grund völkerrechtlicher Verträge keine Sicherheit verlangt werden kann;
2.
wenn die Entscheidung über die Erstattung der Prozesskosten an den Beklagten auf Grund völkerrechtlicher Verträge vollstreckt würde;
3.
wenn der Kläger im Inland ein zur Deckung der Prozesskosten hinreichendes Grundvermögen oder dinglich gesicherte Forderungen besitzt;
4.
bei Widerklagen;
5.
bei Klagen, die auf Grund einer öffentlichen Aufforderung erhoben werden.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Kläger, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum haben, leisten auf Verlangen des Beklagten wegen der Prozesskosten Sicherheit.

(2) Diese Verpflichtung tritt nicht ein:

1.
wenn auf Grund völkerrechtlicher Verträge keine Sicherheit verlangt werden kann;
2.
wenn die Entscheidung über die Erstattung der Prozesskosten an den Beklagten auf Grund völkerrechtlicher Verträge vollstreckt würde;
3.
wenn der Kläger im Inland ein zur Deckung der Prozesskosten hinreichendes Grundvermögen oder dinglich gesicherte Forderungen besitzt;
4.
bei Widerklagen;
5.
bei Klagen, die auf Grund einer öffentlichen Aufforderung erhoben werden.

(1) Das Gericht kann anordnen, dass über die Zulässigkeit der Klage abgesondert verhandelt wird.

(2) Ergeht ein Zwischenurteil, so ist es in Betreff der Rechtsmittel als Endurteil anzusehen. Das Gericht kann jedoch auf Antrag anordnen, dass zur Hauptsache zu verhandeln ist.

(1) Kläger, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum haben, leisten auf Verlangen des Beklagten wegen der Prozesskosten Sicherheit.

(2) Diese Verpflichtung tritt nicht ein:

1.
wenn auf Grund völkerrechtlicher Verträge keine Sicherheit verlangt werden kann;
2.
wenn die Entscheidung über die Erstattung der Prozesskosten an den Beklagten auf Grund völkerrechtlicher Verträge vollstreckt würde;
3.
wenn der Kläger im Inland ein zur Deckung der Prozesskosten hinreichendes Grundvermögen oder dinglich gesicherte Forderungen besitzt;
4.
bei Widerklagen;
5.
bei Klagen, die auf Grund einer öffentlichen Aufforderung erhoben werden.

(1) Das Gericht kann anordnen, dass über die Zulässigkeit der Klage abgesondert verhandelt wird.

(2) Ergeht ein Zwischenurteil, so ist es in Betreff der Rechtsmittel als Endurteil anzusehen. Das Gericht kann jedoch auf Antrag anordnen, dass zur Hauptsache zu verhandeln ist.

(1) Kläger, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum haben, leisten auf Verlangen des Beklagten wegen der Prozesskosten Sicherheit.

(2) Diese Verpflichtung tritt nicht ein:

1.
wenn auf Grund völkerrechtlicher Verträge keine Sicherheit verlangt werden kann;
2.
wenn die Entscheidung über die Erstattung der Prozesskosten an den Beklagten auf Grund völkerrechtlicher Verträge vollstreckt würde;
3.
wenn der Kläger im Inland ein zur Deckung der Prozesskosten hinreichendes Grundvermögen oder dinglich gesicherte Forderungen besitzt;
4.
bei Widerklagen;
5.
bei Klagen, die auf Grund einer öffentlichen Aufforderung erhoben werden.

(1) Der allgemeine Gerichtsstand der Gemeinden, der Korporationen sowie derjenigen Gesellschaften, Genossenschaften oder anderen Vereine und derjenigen Stiftungen, Anstalten und Vermögensmassen, die als solche verklagt werden können, wird durch ihren Sitz bestimmt. Als Sitz gilt, wenn sich nichts anderes ergibt, der Ort, wo die Verwaltung geführt wird.

(2) Gewerkschaften haben den allgemeinen Gerichtsstand bei dem Gericht, in dessen Bezirk das Bergwerk liegt, Behörden, wenn sie als solche verklagt werden können, bei dem Gericht ihres Amtssitzes.

(3) Neben dem durch die Vorschriften dieses Paragraphen bestimmten Gerichtsstand ist ein durch Statut oder in anderer Weise besonders geregelter Gerichtsstand zulässig.

(1) Kläger, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum haben, leisten auf Verlangen des Beklagten wegen der Prozesskosten Sicherheit.

(2) Diese Verpflichtung tritt nicht ein:

1.
wenn auf Grund völkerrechtlicher Verträge keine Sicherheit verlangt werden kann;
2.
wenn die Entscheidung über die Erstattung der Prozesskosten an den Beklagten auf Grund völkerrechtlicher Verträge vollstreckt würde;
3.
wenn der Kläger im Inland ein zur Deckung der Prozesskosten hinreichendes Grundvermögen oder dinglich gesicherte Forderungen besitzt;
4.
bei Widerklagen;
5.
bei Klagen, die auf Grund einer öffentlichen Aufforderung erhoben werden.

8
aa) In einem früheren Urteil hatte der Bundesgerichtshof allerdings bereits ausgeführt, dass die Anwendbarkeit des § 110 ZPO jedenfalls bei einem Verwaltungssitz innerhalb der Europäischen Union ausscheide (Urteil vom 1. Juli 2002 - II ZR 380/00, BGHZ 151, 204 unter III, juris Rn. 12). Auch die herrschende Auffassung in der Rechtsprechung der Instanzgerichte (OLG Düsseldorf, Urteil vom 25. Februar 2015 - 2 U 57/14, juris Rn. 20; OLG München IPrax 2011, 267; OLG Karlsruhe NJW-RR 2008, 944; LG Berlin ZIP 2010, 903 f. juris Rn. 19) und in der Literatur (Stein/Jonas/Muthorst, ZPO 23. Aufl. § 110 Rn. 9; Baumbach/ Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO 75. Aufl. § 110 Rn. 4; Zöller/Herget, ZPO 31. Aufl. § 110 Rn. 2; Musielak/Voit/Foerste, ZPO 14. Aufl. § 110 Rn. 4; MünchKomm-ZPO/Schulz, 5. Aufl. § 110 Rn. 13; Geimer, Internationales Zivilprozessrecht 7. Aufl. Rn. 2004 d; Schütze, IPrax 2014, 272, 273 m.w.N. in Fn. 9; ders. IPrax 2011, 245, 246) stellt generell auf den tatsächlichen Verwaltungssitz ab.

(1) Kläger, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum haben, leisten auf Verlangen des Beklagten wegen der Prozesskosten Sicherheit.

(2) Diese Verpflichtung tritt nicht ein:

1.
wenn auf Grund völkerrechtlicher Verträge keine Sicherheit verlangt werden kann;
2.
wenn die Entscheidung über die Erstattung der Prozesskosten an den Beklagten auf Grund völkerrechtlicher Verträge vollstreckt würde;
3.
wenn der Kläger im Inland ein zur Deckung der Prozesskosten hinreichendes Grundvermögen oder dinglich gesicherte Forderungen besitzt;
4.
bei Widerklagen;
5.
bei Klagen, die auf Grund einer öffentlichen Aufforderung erhoben werden.

Als Sitz eines Vereins gilt, wenn nicht ein anderes bestimmt ist, der Ort, an welchem die Verwaltung geführt wird.

(1) Kläger, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum haben, leisten auf Verlangen des Beklagten wegen der Prozesskosten Sicherheit.

(2) Diese Verpflichtung tritt nicht ein:

1.
wenn auf Grund völkerrechtlicher Verträge keine Sicherheit verlangt werden kann;
2.
wenn die Entscheidung über die Erstattung der Prozesskosten an den Beklagten auf Grund völkerrechtlicher Verträge vollstreckt würde;
3.
wenn der Kläger im Inland ein zur Deckung der Prozesskosten hinreichendes Grundvermögen oder dinglich gesicherte Forderungen besitzt;
4.
bei Widerklagen;
5.
bei Klagen, die auf Grund einer öffentlichen Aufforderung erhoben werden.

(1) Das Gericht kann anordnen, dass über die Zulässigkeit der Klage abgesondert verhandelt wird.

(2) Ergeht ein Zwischenurteil, so ist es in Betreff der Rechtsmittel als Endurteil anzusehen. Das Gericht kann jedoch auf Antrag anordnen, dass zur Hauptsache zu verhandeln ist.

(1) Kläger, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum haben, leisten auf Verlangen des Beklagten wegen der Prozesskosten Sicherheit.

(2) Diese Verpflichtung tritt nicht ein:

1.
wenn auf Grund völkerrechtlicher Verträge keine Sicherheit verlangt werden kann;
2.
wenn die Entscheidung über die Erstattung der Prozesskosten an den Beklagten auf Grund völkerrechtlicher Verträge vollstreckt würde;
3.
wenn der Kläger im Inland ein zur Deckung der Prozesskosten hinreichendes Grundvermögen oder dinglich gesicherte Forderungen besitzt;
4.
bei Widerklagen;
5.
bei Klagen, die auf Grund einer öffentlichen Aufforderung erhoben werden.

(1) Jede Partei hat in der mündlichen Verhandlung ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel, insbesondere Behauptungen, Bestreiten, Einwendungen, Einreden, Beweismittel und Beweiseinreden, so zeitig vorzubringen, wie es nach der Prozesslage einer sorgfältigen und auf Förderung des Verfahrens bedachten Prozessführung entspricht.

(2) Anträge sowie Angriffs- und Verteidigungsmittel, auf die der Gegner voraussichtlich ohne vorhergehende Erkundigung keine Erklärung abgeben kann, sind vor der mündlichen Verhandlung durch vorbereitenden Schriftsatz so zeitig mitzuteilen, dass der Gegner die erforderliche Erkundigung noch einzuziehen vermag.

(3) Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen, hat der Beklagte gleichzeitig und vor seiner Verhandlung zur Hauptsache vorzubringen. Ist ihm vor der mündlichen Verhandlung eine Frist zur Klageerwiderung gesetzt, so hat er die Rügen schon innerhalb der Frist geltend zu machen.

8
aa) In einem früheren Urteil hatte der Bundesgerichtshof allerdings bereits ausgeführt, dass die Anwendbarkeit des § 110 ZPO jedenfalls bei einem Verwaltungssitz innerhalb der Europäischen Union ausscheide (Urteil vom 1. Juli 2002 - II ZR 380/00, BGHZ 151, 204 unter III, juris Rn. 12). Auch die herrschende Auffassung in der Rechtsprechung der Instanzgerichte (OLG Düsseldorf, Urteil vom 25. Februar 2015 - 2 U 57/14, juris Rn. 20; OLG München IPrax 2011, 267; OLG Karlsruhe NJW-RR 2008, 944; LG Berlin ZIP 2010, 903 f. juris Rn. 19) und in der Literatur (Stein/Jonas/Muthorst, ZPO 23. Aufl. § 110 Rn. 9; Baumbach/ Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO 75. Aufl. § 110 Rn. 4; Zöller/Herget, ZPO 31. Aufl. § 110 Rn. 2; Musielak/Voit/Foerste, ZPO 14. Aufl. § 110 Rn. 4; MünchKomm-ZPO/Schulz, 5. Aufl. § 110 Rn. 13; Geimer, Internationales Zivilprozessrecht 7. Aufl. Rn. 2004 d; Schütze, IPrax 2014, 272, 273 m.w.N. in Fn. 9; ders. IPrax 2011, 245, 246) stellt generell auf den tatsächlichen Verwaltungssitz ab.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 41/15 Verkündet am:
21. Juni 2016
Anderer
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Prozesskostensicherheit

a) Hat eine nach dem Recht eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder
eines Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum
errichtete Gesellschaft ihren satzungsmäßigen Sitz in diesem Mitgliedoder
Vertragsstaat, ist sie jedenfalls dann nicht verpflichtet, auf Verlangen
des Beklagten wegen der Prozesskosten Sicherheit zu leisten, wenn sämtliche
Orte, an die zur Bestimmung des tatsächlichen Verwaltungssitzes angeknüpft
werden könnte, ebenfalls in der Europäischen Union oder dem Europäischen
Wirtschaftsraum liegen.

b) Der aufgrund neuer, in ihrem Einflussbereich eingetretener tatsächlicher Umstände
obsiegenden Partei können Kosten des Rechtsmittelverfahrens nur
dann auferlegt werden, wenn sie dadurch gegen ihre Prozessförderungspflicht
verstoßen hat, dass sie diese Umstände nicht bereits in einem früheren
Rechtszug herbeigeführt hat.
BGH, Urteil vom 21. Juni 2016 - X ZR 41/15 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
ECLI:DE:BGH:2016:210616UXZR41.15.0

Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 21. Juni 2016 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck, den Richter Dr. Bacher, die Richterin Schuster, den Richter Dr. Deichfuß sowie die Richterin Dr. Kober-Dehm

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 25. Februar 2015 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin, die die Beklagte wegen Patentverletzung in Anspruch nimmt, Sicherheit wegen der Prozesskosten zu leisten hat.
2
Die Klägerin ist Tochter einer US-amerikanischen Muttergesellschaft mit Sitz in Reno (Nevada) und im irischen Handelsregister als Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach irischem Recht eingetragen. Im Jahr 2012 verkaufte die Muttergesellschaft das operative Geschäft der Klägerin. Im Jahr darauf erwarb sie ein etwa 1000 Schutzrechte umfassendes Patentportfolio, das sie im Februar 2014 auf die Klägerin übertrug. Diese ist seither mit der Verwaltung, Lizenzierung und - soweit erforderlich - klageweisen Durchsetzung des Patentportfolios , zu dem auch das Klagepatent gehört, in Europa und Korea betraut.
3
Als satzungsmäßiger Sitz der Klägerin ist die Adresse einer Rechtsanwaltskanzlei in Dublin registriert. Als Geschäftssitz hat die Klägerin vor dem Landgericht eine hiervon abweichende Adresse in Dublin angegeben, wo sie ein Büro bei einem Office-Dienstleister angemietet hatte, der für die Mieter Lieferungen und Postsendungen annimmt. Im Laufe des Berufungsverfahrens hat die Klägerin einen Mietvertrag über Geschäftsräume unter der im Urteilsrubrum angegebenen Adresse in Dublin abgeschlossen.
4
Das vertretungsberechtigte Organ der Klägerin (board of directors) besteht aus den Geschäftsführern S. S. und P. R. . Der Geschäftsführer S. arbeitet hauptsächlich in einem in seiner Privatwohnung in Turku (Finnland) eingerichteten Büro. Er ist gleichzeitig Vizepräsident der Muttergesellschaft der Klägerin und bei dieser für den Bereich Lizenzen und Standards zuständig. Der Geschäftsführer R. , der seinen Wohnsitz in Dublin hat und seit dem 24. Juni 2014 bei der Klägerin beschäftigt ist, war für diese zunächst als unternehmensinterner Rechtsberater (legal counsel) tätig. Ende 2014 wurde er anstelle des bisherigen zweiten Geschäftsführers der Klägerin E. V. , der als in Reno ansässiges Mitglied des Vorstands der Muttergesellschaft bei der Klägerin tatsächlich keine Geschäftsführungsaufgaben wahrgenommen hatte , zum Geschäftsführer (director) der Klägerin bestellt. Seit August 2014 beschäftigt die Klägerin in Dublin außerdem eine Buchhalterin.
5
Das Landgericht hat den Antrag der Beklagten, der Klägerin die Leistung einer Prozesskostensicherheit aufzugeben, mit Zwischenurteil zurückgewiesen. Die Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag weiter. Die Klägerin tritt dem Rechtsmittel entgegen.

Entscheidungsgründe:


6
Die zulässige Revision hat keinen Erfolg.
7
I. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
8
Die Voraussetzungen für eine Verpflichtung der Klägerin, Sicherheit wegen der Prozesskosten zu leisten, seien nicht gegeben. Nachdem die gesetzliche Regelung hierfür an den gewöhnlichen Aufenthalt des Klägers anknüpfe, komme es dementsprechend bei einer juristischen Person wie der Klägerin auf den Sitz des Unternehmens an. Prozesskostensicherheit sei danach nur zu leisten , wenn sich der Sitz des klagenden Unternehmens nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) befinde, wobei nicht der satzungsmäßige , sondern der tatsächliche Verwaltungssitz maßgebend sei. Dieser sei an dem Ort anzunehmen, an dem zum einen die Möglichkeit für Zustellungen an den Kläger gegeben sei und zum anderen der geschäftsführende Entscheidungsträger des Klägers tätig werde. Die Existenz einer zustellungsfähigen Anschrift in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Vertragsstaat des EWR-Abkommens sei eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung für die Annahme eines Verwaltungssitzes in einem dieser Staaten. Auch wenn die Prozesskostensicherheit nicht davor schütze, dass der Vollstreckungszugriff mangels werthaltiger Vollstreckungsobjekte des Klägers scheitere, verknüpfe das Gesetz - in einer rein typisierenden Betrachtung - mit dem tatsächlichen Sitz der Hauptverwaltung doch die angenommene Anwesenheit von Vermögenswerten, die dem obsiegenden Beklagten bei der Realisierung seines Kostenerstattungsanspruchs als Vollstreckungsobjekt dienen könnten. Ließe man bereits eine Zustellmöglichkeit für die Annahme eines Ver- waltungssitzes ausreichen, wäre nicht einmal die theoretische Aussicht auf ein Zugriffsobjekt für eine Zwangsvollstreckung in der Europäischen Union oder im Europäischen Wirtschaftsraum gegeben und der Beklagte wäre von vorneherein auf eine Zwangsvollstreckung außerhalb Europas angewiesen. Umgekehrt könne ein Verwaltungssitz auch nicht an der Wirkungsstätte des Geschäftsführers angenommen werden, wenn dort keine Zustellmöglichkeit bestehe, so wenn der Geschäftsführer beispielsweise in seiner privaten Unterkunft ein Büro unterhalte. Fielen der Ort der Zustellmöglichkeit und der Tätigkeitsort des geschäftsführenden Entscheidungsträgers auseinander, lasse sich kein tatsächlicher Verwaltungssitz ausmachen. In diesem Fall sei der Kläger, auch wenn sich beide Orte in der Europäischen Union oder im Europäischen Wirtschaftsraum befänden, ebenso zur Leistung von Prozesskostensicherheit verpflichtet, wie wenn er seinen Verwaltungssitz in einem Drittstaat hätte. Seien mehrere Geschäftsführer vorhanden, die das operative Geschäft gemeinschaftlich oder arbeitsteilig erledigten, genüge es, wenn der Tätigkeitsort nur eines von ihnen mit dem Zustellungsort zusammenfalle. Dadurch sei dem Zweck der Prozesskostensicherheit gedient, weil zu erwarten sei, dass sich dort, wo auch nur einer von mehreren Geschäftsführern residiere und die Voraussetzungen für eine Zustellmöglichkeit gegeben seien, typischerweise Vermögenswerte befänden, die als Vollstreckungsobjekte für den Beklagten taugten. Unerheblich sei, welches Gewicht die Beiträge des am Zustellungsort residierenden Geschäftsführers im Vergleich zu denen eines oder mehrerer weiterer Mitgeschäftsführer hätten; es genüge, dass der Geschäftsführer am Zustellungsort überhaupt in das operative Geschäft des Klägers verantwortlich eingebunden sei.
9
Die Klägerin habe ihren tatsächlichen Verwaltungssitz in Dublin, weil dort Zustellungen an die Klägerin wirksam vorgenommen werden könnten und - nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme - der Mitgeschäftsführer R. an diesem Ort das operative Geschäft der Klägerin verantwortlich und weisungsfrei betreibe.
10
II. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zutreffend angenommen, dass die Voraussetzungen des § 110 Abs. 1 ZPO für eine Verpflichtung der Klägerin zur Leistung von Prozesskostensicherheit nicht vorliegen.
11
1. Nach dieser Bestimmung müssen Kläger, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum haben, auf Verlangen des Beklagten wegen der Prozesskosten Sicherheit leisten. Bei einer juristischen Person wie der Klägerin richtet sich - wovon auch das Berufungsgericht zutreffend ausgegangen ist - die Verpflichtung zur Leistung von Prozesskostensicherheit dementsprechend danach, ob sich der Sitz des Unternehmens in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Vertragsstaat des EWR-Abkommens befindet.
12
2. Es bedarf im Streitfall keiner Entscheidung, ob es für die Verpflichtung zur Prozesskostensicherheit, wie das Berufungsgericht angenommen hat, nicht auf den satzungsmäßigen, sondern auf den tatsächlichen Verwaltungssitz ankommt. Denn sowohl als satzungsmäßiger wie auch als tatsächlicher Verwaltungssitz der Klägerin kommt nur ein Ort in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union in Betracht.
13
a) Ob im Rahmen des § 110 Abs. 1 ZPO auf den satzungsmäßigen Sitz oder auf den tatsächlichen Verwaltungssitz abzustellen ist, ist vom Bundesgerichtshof bisher offen gelassen worden. In den zu beurteilenden Fällen war die Frage nicht entscheidungserheblich, weil sich entweder sowohl der satzungsmäßige Sitz als auch der Verwaltungssitz des Klägers in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union befanden (BGH, Urteil vom 1. Juli 2002 - II ZR 380/00, BGHZ 151, 204, 208 f.) oder die als Unternehmenssitz in Betracht kommenden Orte sämtlich in Drittstaaten belegen waren (BGH, Zwischenurteil vom 30. Juni 2004 - VIII ZR 273/03, NJW-RR 2005, 148, 149).
14
b) Auch im Streitfall kann diese Frage offen bleiben, da die Klägerin in keinem denkbaren Fall zur Leistung von Prozesskostensicherheit verpflichtet ist. Stellt man auf den satzungsmäßigen Sitz ab, kann von der Klägerin Prozesskostensicherheit nicht verlangt werden, weil dieser in Dublin und damit in einem Unionsmitgliedstaat liegt. Sieht man den Verwaltungssitz als maßgeblich an, ist eine Pflicht der Klägerin zur Leistung von Prozesskostensicherheit ebenfalls zu verneinen, da ein Verwaltungssitz außerhalb der Europäischen Union im Streitfall nicht in Betracht kommt.
15
aa) Maßgebend dafür, wo eine Gesellschaft ihren Verwaltungssitz hat, ist der Tätigkeitsort der Geschäftsführung und der dazu berufenen Vertretungsorgane , also der Ort, wo die grundlegenden Entscheidungen der Unternehmensleitung effektiv in laufende Geschäftsführungsakte umgesetzt werden (BGH, Urteil vom 21. März 1986 - V ZR 10/85, BGHZ 97, 269, 272; Beschluss vom 10. März 2009 - VIII ZB 105/07, NJW 2009, 1610).
16
bb) Im Streitfall liegen alle entscheidenden Anknüpfungspunkte für die Bestimmung des Verwaltungssitzes im Bereich der Europäischen Union.
17
(1) Die Klägerin hat die Führung ihrer Geschäfte zweiGeschäftsführern übertragen, wobei der Geschäftsführer S. seine Tätigkeit vornehmlich in Turku ausübt und der Geschäftsführer R. in Dublin tätig ist. Die Geschäftsführertätigkeit für die Klägerin wird danach ausschließlich in Irland und Finnland und damit in Mitgliedstaaten der Europäischen Union wahrgenommen, so dass unabhängig davon, wie das Verhältnis und die Beiträge der Geschäftsführer S.
und R. zueinander zu bewerten sind, die Klägerin jedenfalls keinen Verwaltungssitz außerhalb der Union hat.
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(2) Zustellungen an die Klägerin können zumindest in ihren Büroräumen in Dublin und damit ebenfalls in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union vorgenommen werden.
19
cc) Unter diesen Umständen ist es weder - wie die Revision meint - erforderlich , zunächst den Schwerpunkt der Geschäftsführertätigkeit festzustellen und danach den effektiven Verwaltungssitz der Klägerin zu bestimmen, noch kommt es - wie das Berufungsgericht angenommen hat - darauf an, ob die Zustellungsmöglichkeit gerade an dem Ort besteht, an dem ein geschäftsführender Entscheidungsträger der Klägerin seine Tätigkeit ausübt. Dementsprechend spielt auch weder eine Rolle, wie die Beiträge der beiden Geschäftsführer der Klägerin im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, noch, ob am Tätigkeitsort des Geschäftsführers S. in Turku die Möglichkeit besteht, der Klägerin Schriftstücke zuzustellen.
20
(1) Sinn und Zweck der Prozesskostensicherheit ist es, den obsiegenden Beklagten vor Schwierigkeiten bei der Durchsetzung seines Kostenerstattungsanspruchs zu bewahren, die typischerweise bei einer Vollstreckung außerhalb der Europäischen Union oder des Gebietes der Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum und damit außerhalb der Anwendungsbereiche der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rats vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil - und Handelssachen (Brüssel-Ia-VO) bzw. der für vor dem 10. Januar 2015 eingeleitete Verfahren noch maßgeblichen Verordnung (EG) Nr. 44/2001 (Brüssel -I-VO) und des Luganer Übereinkommens auftreten (vgl. BT-Drucks.
13/10871 S. 17). Dieser Zweck wird nicht gefährdet, wenn Unternehmenssitz und Zustellmöglichkeit nicht an einem Ort zusammenkommen, sondern sich an unterschiedlichen Orten innerhalb der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums befinden, sei es in unterschiedlichen Mitglied- oder Vertragsstaaten oder an unterschiedlichen Orten innerhalb desselben Staates. Dementsprechend kommt es auch dann, wenn - wie im Streitfall - die Geschäftsführung von mehreren Geschäftsführern an unterschiedlichen Orten wahrgenommen wird, nicht darauf an, in welchem Verhältnis diese zueinander stehen, solange sich sämtliche Tätigkeitsorte der Geschäftsführer in der Union oder innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums befinden.
21
(2) Entgegen der Auffassung der Beklagten erfordert der Wortlaut des § 110 Abs. 1 ZPO keine andere Beurteilung. Zwar ist dort vom gewöhnlichen Aufenthalt in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union die Rede. Angesichts des Zwecks des § 110 Abs. 1 ZPO, den Beklagten vor den Schwierigkeiten einer Vollstreckung in einem Drittstaat zu bewahren, ist dies jedoch nicht dahin zu verstehen, dass alle relevanten Anknüpfungspunkte in einem einzigen Mitgliedstaat gegeben sein müssten. Entscheidend ist vielmehr, dass sich Unternehmenssitz und Zustellmöglichkeit auf dem Gebiet der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums befinden und kein Ort in einem Drittstaat als möglicher Unternehmenssitz in Betracht kommt.
22
III. Als in den Rechtsmittelinstanzen unterlegene Partei hat die Beklagte nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer Rechtsmittel zu tragen. Ohne Erfolg wendet sich die Revision dagegen, dass das Berufungsgericht davon abgesehen hat, die Kosten des Berufungsverfahrens in entsprechender Anwendung von § 97 Abs. 2 ZPO der Klägerin aufzuerlegen.
23
1. Nach § 97 Abs. 2 ZPO hat die obsiegende Partei die Kosten der Berufungsinstanz zu tragen, wenn sie aufgrund eines neuen Vorbringens obsiegt hat, das sie schon in der ersten Instanz hätte geltend machen können. Eine unmittelbare Anwendung dieser Vorschrift kommt - wie auch die Revision nicht in Frage stellt - nicht in Betracht, da die Veränderung in der Geschäftsleitung der Klägerin, die dieser nach der Begründung des Berufungsurteils zum Erfolg verholfen hat, erst im Berufungsverfahren eingetreten ist und daher im erstinstanzlichen Verfahren noch nicht vorgetragen werden konnte.
24
2. Aber auch eine entsprechende Anwendung der Vorschrift scheidet entgegen der Auffassung der Revision aus.
25
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bringt § 97 Abs. 2 ZPO einen allgemeinen Grundsatz zum Ausdruck und ist daher entsprechend anwendbar, wenn eine Partei erst in der Rechtsmittelinstanz infolge eines in der Rechtsmittelinstanz eingetretenen Umstands obsiegt, der nicht dem Bereich der Gegenpartei, sondern ihrem Bereich zuzurechnen ist (BGH, Urteil vom 16. Dezember 1959 - IV ZR 103/59, BGHZ 31, 342, 350).
26
b) Für einen Umstand in diesem Sinne genügt jedoch nicht jedes tatsächliche Geschehen, das sich im Einflussbereich einer Partei ereignet. § 97 Abs. 2 ZPO liegt vielmehr der Gedanke zugrunde, dass derjenige mit den Kosten des Rechtsmittelverfahrens belastet werden soll, der ein Angriffs- oder Verteidigungsmittel unter Verstoß gegen seine Prozessförderungspflicht verspätet geltend macht und damit den Prozess nachlässig führt (vgl. BGH, Urteil vom 2. März 2005 - VIII ZR 174/04, NJW-RR 2005, 866, 867). In dem Fall, der dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 16. Dezember 1959 (BGHZ 31, 342) zugrunde lag, konnte der Umstand, der zum Obsiegen des Klägers in der Rechtsmittelinstanz führte (Beitritt des Staatsanwalts als Streitgenosse), nur eintreten, weil der Kläger zuvor die Frist zur Anfechtung der Ehelichkeit des Kindes seiner Frau versäumt hatte und nach der damaligen Rechtslage dadurch erst die Voraussetzung dafür entstanden war, dass der Staatsanwalt dem Verfahren beitreten und seinerseits das Anfechtungsrecht ausüben konnte.
27
c) Im Streitfall kann der Klägerin nicht vorgehalten werden, den Prozess nachlässig geführt zu haben. Aus der Prozessförderungspflicht einer Partei lassen sich keine Anforderungen an die personelle Besetzung ihres Vertretungsorgans ableiten. Im Übrigen wäre es der Beklagten unbenommen gewesen, nach dem Wechsel in der Geschäftsführung der Klägerin den Zwischenstreit über die Prozesskostensicherheit für erledigt zu erklären. Meier-Beck Bacher Schuster Deichfuß Kober-Dehm
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 29.07.2014 - 4b O 54/14 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 25.02.2015 - I-2 U 56/14 -

(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt.

(2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder
2.
das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

(3) Der Berufungskläger hat den Wert nach Absatz 2 Nr. 1 glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf er nicht zugelassen werden.

(4) Das Gericht des ersten Rechtszuges lässt die Berufung zu, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und
2.
die Partei durch das Urteil mit nicht mehr als 600 Euro beschwert ist.
Das Berufungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Kläger, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum haben, leisten auf Verlangen des Beklagten wegen der Prozesskosten Sicherheit.

(2) Diese Verpflichtung tritt nicht ein:

1.
wenn auf Grund völkerrechtlicher Verträge keine Sicherheit verlangt werden kann;
2.
wenn die Entscheidung über die Erstattung der Prozesskosten an den Beklagten auf Grund völkerrechtlicher Verträge vollstreckt würde;
3.
wenn der Kläger im Inland ein zur Deckung der Prozesskosten hinreichendes Grundvermögen oder dinglich gesicherte Forderungen besitzt;
4.
bei Widerklagen;
5.
bei Klagen, die auf Grund einer öffentlichen Aufforderung erhoben werden.

(1) Das Gericht kann anordnen, dass über die Zulässigkeit der Klage abgesondert verhandelt wird.

(2) Ergeht ein Zwischenurteil, so ist es in Betreff der Rechtsmittel als Endurteil anzusehen. Das Gericht kann jedoch auf Antrag anordnen, dass zur Hauptsache zu verhandeln ist.

(1) Kläger, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum haben, leisten auf Verlangen des Beklagten wegen der Prozesskosten Sicherheit.

(2) Diese Verpflichtung tritt nicht ein:

1.
wenn auf Grund völkerrechtlicher Verträge keine Sicherheit verlangt werden kann;
2.
wenn die Entscheidung über die Erstattung der Prozesskosten an den Beklagten auf Grund völkerrechtlicher Verträge vollstreckt würde;
3.
wenn der Kläger im Inland ein zur Deckung der Prozesskosten hinreichendes Grundvermögen oder dinglich gesicherte Forderungen besitzt;
4.
bei Widerklagen;
5.
bei Klagen, die auf Grund einer öffentlichen Aufforderung erhoben werden.

(1) Das Gericht kann anordnen, dass über die Zulässigkeit der Klage abgesondert verhandelt wird.

(2) Ergeht ein Zwischenurteil, so ist es in Betreff der Rechtsmittel als Endurteil anzusehen. Das Gericht kann jedoch auf Antrag anordnen, dass zur Hauptsache zu verhandeln ist.

(1) Kläger, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum haben, leisten auf Verlangen des Beklagten wegen der Prozesskosten Sicherheit.

(2) Diese Verpflichtung tritt nicht ein:

1.
wenn auf Grund völkerrechtlicher Verträge keine Sicherheit verlangt werden kann;
2.
wenn die Entscheidung über die Erstattung der Prozesskosten an den Beklagten auf Grund völkerrechtlicher Verträge vollstreckt würde;
3.
wenn der Kläger im Inland ein zur Deckung der Prozesskosten hinreichendes Grundvermögen oder dinglich gesicherte Forderungen besitzt;
4.
bei Widerklagen;
5.
bei Klagen, die auf Grund einer öffentlichen Aufforderung erhoben werden.

(1) Der allgemeine Gerichtsstand der Gemeinden, der Korporationen sowie derjenigen Gesellschaften, Genossenschaften oder anderen Vereine und derjenigen Stiftungen, Anstalten und Vermögensmassen, die als solche verklagt werden können, wird durch ihren Sitz bestimmt. Als Sitz gilt, wenn sich nichts anderes ergibt, der Ort, wo die Verwaltung geführt wird.

(2) Gewerkschaften haben den allgemeinen Gerichtsstand bei dem Gericht, in dessen Bezirk das Bergwerk liegt, Behörden, wenn sie als solche verklagt werden können, bei dem Gericht ihres Amtssitzes.

(3) Neben dem durch die Vorschriften dieses Paragraphen bestimmten Gerichtsstand ist ein durch Statut oder in anderer Weise besonders geregelter Gerichtsstand zulässig.

(1) Kläger, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum haben, leisten auf Verlangen des Beklagten wegen der Prozesskosten Sicherheit.

(2) Diese Verpflichtung tritt nicht ein:

1.
wenn auf Grund völkerrechtlicher Verträge keine Sicherheit verlangt werden kann;
2.
wenn die Entscheidung über die Erstattung der Prozesskosten an den Beklagten auf Grund völkerrechtlicher Verträge vollstreckt würde;
3.
wenn der Kläger im Inland ein zur Deckung der Prozesskosten hinreichendes Grundvermögen oder dinglich gesicherte Forderungen besitzt;
4.
bei Widerklagen;
5.
bei Klagen, die auf Grund einer öffentlichen Aufforderung erhoben werden.

(1) Der allgemeine Gerichtsstand der Gemeinden, der Korporationen sowie derjenigen Gesellschaften, Genossenschaften oder anderen Vereine und derjenigen Stiftungen, Anstalten und Vermögensmassen, die als solche verklagt werden können, wird durch ihren Sitz bestimmt. Als Sitz gilt, wenn sich nichts anderes ergibt, der Ort, wo die Verwaltung geführt wird.

(2) Gewerkschaften haben den allgemeinen Gerichtsstand bei dem Gericht, in dessen Bezirk das Bergwerk liegt, Behörden, wenn sie als solche verklagt werden können, bei dem Gericht ihres Amtssitzes.

(3) Neben dem durch die Vorschriften dieses Paragraphen bestimmten Gerichtsstand ist ein durch Statut oder in anderer Weise besonders geregelter Gerichtsstand zulässig.

(1) Kläger, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum haben, leisten auf Verlangen des Beklagten wegen der Prozesskosten Sicherheit.

(2) Diese Verpflichtung tritt nicht ein:

1.
wenn auf Grund völkerrechtlicher Verträge keine Sicherheit verlangt werden kann;
2.
wenn die Entscheidung über die Erstattung der Prozesskosten an den Beklagten auf Grund völkerrechtlicher Verträge vollstreckt würde;
3.
wenn der Kläger im Inland ein zur Deckung der Prozesskosten hinreichendes Grundvermögen oder dinglich gesicherte Forderungen besitzt;
4.
bei Widerklagen;
5.
bei Klagen, die auf Grund einer öffentlichen Aufforderung erhoben werden.

(1) Die Höhe der zu leistenden Sicherheit wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt.

(2) Bei der Festsetzung ist derjenige Betrag der Prozesskosten zugrunde zu legen, den der Beklagte wahrscheinlich aufzuwenden haben wird. Die dem Beklagten durch eine Widerklage erwachsenden Kosten sind hierbei nicht zu berücksichtigen.

(3) Ergibt sich im Laufe des Rechtsstreits, dass die geleistete Sicherheit nicht hinreicht, so kann der Beklagte die Leistung einer weiteren Sicherheit verlangen, sofern nicht ein zur Deckung ausreichender Teil des erhobenen Anspruchs unbestritten ist.

Das Gericht hat dem Kläger bei Anordnung der Sicherheitsleistung eine Frist zu bestimmen, binnen der die Sicherheit zu leisten ist. Nach Ablauf der Frist ist auf Antrag des Beklagten, wenn die Sicherheit bis zur Entscheidung nicht geleistet ist, die Klage für zurückgenommen zu erklären oder, wenn über ein Rechtsmittel des Klägers zu verhandeln ist, dieses zu verwerfen.

(1) Das Gericht kann anordnen, dass über die Zulässigkeit der Klage abgesondert verhandelt wird.

(2) Ergeht ein Zwischenurteil, so ist es in Betreff der Rechtsmittel als Endurteil anzusehen. Das Gericht kann jedoch auf Antrag anordnen, dass zur Hauptsache zu verhandeln ist.