Oberlandesgericht München Endurteil, 12. Nov. 2015 - 14 U 103/13

bei uns veröffentlicht am12.11.2015

Gericht

Oberlandesgericht München

Gründe

Oberlandesgericht München

Az.: 14 U 103/13

IM NAMEN DES VOLKES

Verkündet am 12.11.2015

21 O 868/12 LG Kempten (Allgäu)

... Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

Nichtamtlicher Leitsatz:

In dem Rechtsstreit

- Klägerin und Berufungsbeklagte -

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte …

gegen

- Beklagte und Berufungsklägerin -

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte …

wegen Forderung

erlässt das Oberlandesgericht München - 14. Zivilsenat - durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht …, den Richter am Oberlandesgericht … und die Richterin am Oberlandesgericht … aufgrund des Sachstands vom 08.10.2015 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 128 Abs. 2 ZPO folgendes

Endurteil

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Kempten vom 21.11.2012, Az. 21 O 868/12, über die durch den Bundesgerichtshof mit Revisionsurteil vom 13.5.2015, Az. IV ZR 260/13, ausgesprochene Abweisung der Klage hinaus wie folgt abgeändert:

1. Die Klägerin und Widerbeklagte wird verurteilt, an die Beklagte und Widerklägerin 3.065,18 € zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 1.5.2012 zu zahlen.

2. Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen und die Berufung gegen die Abweisung der Widerklage zurückgewiesen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin und Widerbeklagte 34%, die Beklagte und Widerklägerin 66%.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Jede Partei kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

I. Die Beklagte, die von der Klägerin auf Zahlung rückständiger Versicherungsprämien aus einem im Februar 2002 geschlossenen Rentenversicherungsvertrag für den Zeitraum 1.5.2010 bis 30.6.2010 in Anspruch genommen wird, macht widerklagend Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung geltend. Sie beruft sich auf ihren mit anwaltlichem Schreiben vom 31.5.2010 erklärten Widerruf des Vertrages (Anlage B 6) und verlangt die Differenz zwischen dem Rückkaufswert, der ihr von der Klägerin auf ihre - ebenfalls mit Schreiben vom 31.5.2010 hilfsweise erklärte - Kündigung hin ausbezahlt wurde, und dem Gesamtbetrag der geleisteten Prämien (655,82 €) sowie Verzinsung der geleisteten Beträge als Nutzungsentschädigung (8.022,28 €) und schließlich Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten im Wege des Schadensersatzes (1.737,64 €). Die Beklagte und Widerklägerin macht vor allem geltend, dass § 5a Abs. 2 S. 4 VVG a. F. gegen unionsrechtliche Richtlinienvorgaben verstoße und deshalb in richtlinienkonformer Auslegung teleologisch zu reduzieren sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Die Klägerin und Widerbeklagte stellte erstinstanzlich folgenden Antrag:

1. Die beklagte Partei zu verurteilen, an die Klägerin 390,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz des BGB jeweils aus 195,00 Euro seit dem 2.5.2010, 2.6.2010 sowie 10,00 Euro vorgerichtlicher Mahnkosten und als weitere Nebenforderung 64,26 Euro Rechtsanwaltsgebühren (Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG) zu zahlen.

2. Gemäß § 108 Abs. 1 S. 2 ZPO eine von Kläger zu erbringende Sicherheit durch eine schriftliche, unwiderrufliche, unbedingte und unbefristete Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts leisten zu können.

3. Ferner beantragt sie die Abweisung nachstehender Widerklageanträge.

Die Beklagte und Widerklägerin beantragte erstinstanzlich:

Klageabweisung und darüber hinaus,

1. die Klägerin wird verurteilt, an die Beklagte 8.678,10 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

2. Die Klägerin wird verurteilt, an die Beklagte Rechtsanwaltskosten für die außergerichtliche Tätigkeit in Höhe von 1.737,64 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über den jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Das Landgericht Kempten gab mit Endurteil vom 21.11.2012 der Klage statt und wies die Widerklage ab.

Mit der Berufung begehrt die Beklagte und Widerklägerin Aufhebung des Ausgangsurteils und verfolgt weiterhin ihre erstinstanzlichen Klageabweisungs- und Widerklageanträge, während die Klägerin und Widerbeklagte Zurückweisung der Berufung beantragt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Der Senat hat die Berufung mit Urteil vom 20.6.2013 zurückgewiesen. Die dagegen gerichtete Revision der Beklagten war insoweit erfolgreich, als der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 13.5.2015, Az. IV ZR 260/13, das Urteil des Landgerichts Kempten vom 21.11.202 dahin geändert hat, dass er die Klage abgewiesen und die Sache hinsichtlich der Widerklage sowie im Kostenpunkt zur neuen Verhandlung und Entscheidung (auch über die Kosten des Revisionsverfahrens) an das Berufungsgericht zurückverwiesen hat.

II. Die Widerklage ist zulässig und teilweise begründet. Das Urteil des Landgerichts Kempten war deshalb insoweit wie aus dem Tenor ersichtlich abzuändern.

1. Der Bundesgerichtshof hat in seinem Revisionsurteil vom 13.5.2015, Az. IV ZR 260/13 festgestellt, dass die Beklagte und Widerklägerin ihr Widerspruchsrecht für den streitgegenständlichen Versicherungsvertrag aufgrund richtlinienkonformer Rechtsfortbildung des § 5a Abs. 2 S. 4 VVG a. F. auch nach Ablauf der Jahresfrist noch wirksam ausüben konnte, so dass ihr ein Bereicherungsanspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB zusteht.

2. Der Bereicherungsanspruch umfasst der Höhe nach allerdings nicht uneingeschränkt alle geleisteten Prämien.

a. Von den in casu unstreitig geleisteten Prämienzahlungen in Höhe von insgesamt 19.110,- € war der ebenfalls unstreitig nach Kündigung an die Beklagte und Widerklägerin ausgekehrte Rückkaufswert von 18.454,18 € in Abzug zu bringen.

b. Die Beklagte und Widerklägerin muss sich allerdings nach der jüngsten Rechtsprechung des BGH (BGH VersR 2015, 1104, zit. nach juris Rn. 39 ff., 41, 44) die von der Klägerin und Widerbeklagten abgeführte Kapitalertragssteuer nebst Solidaritätszuschlag anrechnen lassen, weil die Versicherung insoweit eine Steuerschuld des Versicherungsnehmers erfüllt hat.

aa. Dementsprechend waren auch diese Beträge in Höhe von 818,12 € bzw. 44,99 € (s. Anlage B 8) von dem Gesamtbetrag geleisteter Prämien in Abzug zu bringen.

bb. Eine Einschränkung dahin, dass dies nur dann gelte, wenn der Versicherungsnehmer die abgeführten Steuern von den Finanzbehörden zurückverlangen könne, enthält die Entscheidung entgegen der Auffassung der Beklagten und Widerklägerin (s. Schriftsatz vom 3.9.2015, S. 2, Bl. 219 d. A.) nicht. Dies ist bedeutsam, weil es sich auch bei dem vom BGH entschiedenen Streitfall um ein solchen handelte, in dem der Versicherer die Rückabwicklung aufgrund einer von ihm allein für zulässig erachteten Kündigung durchgeführt hatte. Im Übrigen gilt Folgendes: Selbst wenn es zutreffend sein sollte - was hier keiner abschließenden Klärung bedarf -, dass, wie von der Beklagten und Widerklägerin behauptet, eine Steuerschuld wegen Rückwirkung des Widerspruchs gar nicht bestanden habe, so ändert dies die Betrachtung nicht. Denn in diesem Fall hätte die Beklagte und Widerklägerin zwar als Vorteil nicht Erfüllung einer Steuerschuld erlangt, jedoch einen Rückzahlungsanspruch gegen die Finanzbehörden. Warum das vorliegende Verfahren sie gehindert haben soll, diesen Anspruch rechtzeitig durchzusetzen, ist nicht ersichtlich.

c. Umgekehrt darf die Klägerin und Widerbeklagte gemäß der Rspr. des BGH ihre Abschluss- und Verwaltungskosten nicht abziehen (s. BGH VersR 2015, 1101, 1103 Rn. 40 ff., 43; BGH VersR 2015, 1104, zit. nach juris Rn. 37, 46 ff.). Danach sind Verwaltungskosten bereits deshalb nicht bereicherungsmindernd zu berücksichtigen, weil sie nicht adäquat-kausal durch die Prämienzahlungen der Kl. entstanden, sondern unabhängig von den streitgegenständlichen Versicherungsverträgen angefallen und beglichen worden sind. Und auch die Verwendung der Verwaltungskostenanteile der gezahlten Prämien für die Bestreitung von Aufwendungen für den Versicherungsbetrieb wirkt nicht bereicherungsreduzierend, da der Versicherer auf diese Weise den Einsatz sonstiger Finanzmittel erspart hat (s. BGH VersR 2015, 1101, 1103 Rn. 42; BGH VersR 2015, 1104, zit. nach juris Rn. 47). Was die Abschlusskosten anbelangt, so gebietet es der mit der richtlinienkonformen Auslegung bezweckte Schutz des Versicherungsnehmers, dass der Versicherer in Fällen des wirksamen Widerspruchs das Entreicherungsrisiko hinsichtlich der Abschlusskosten trägt (s. BGH VersR 2015, 1101, 1103 Rn. 43; BGH VersR 2015, 1104, zit. nach juris Rn. 48).

3. Darüber hinaus hat die Klägerin und Widerbeklagte die tatsächlich gezogenen Nutzungen herauszugeben, wobei insoweit die Darlegungs- und Beweislast grundsätzlich beim Versicherungsnehmer liegt.

a. Die Klägerin und Widerbeklagte hat insoweit einen rechnerisch schlüssigen und auch sonst an sich plausiblen Ansatz vorgetragen (s. Schriftsatz vom 22.7.2015, Bl. 208 f. d. A.), bei dem sich für die tatsächlich gezogenen Nutzungen ein Betrag von 3.067, 26 € ergibt . Die Beklagte und Widerklägerin macht dagegen (s. Schriftsatz v. 6.8.2015, S. 2, Bl. 213 und zuletzt Schriftsatz vom 5.10.2015, S. 2, Bl. 227 d. A.) jedoch unter Verweis auf die Angaben der Klägerin und Widerbeklagten zur abgeführten Kapitalertragsteuer zutreffend geltend, dass es nicht plausibel sei, dass die Klägerin und Widerbeklagte aus den erhaltenen Prämien eine Rendite erzielt habe, die geringer sei, als diejenige, welche sie für den Sparanteil der Beklagten und Widerklägerin als Kapitalerträge ausgewiesen habe. Ausweislich des als Anlage von der Klägerin und Widerbeklagten vorgelegten Steuerbescheids ergibt sich damit ein Betrag von 3.272,47 €, der in Anwendung von § 287 ZPO als Mindestrendite, welche die Klägerin und Widerbeklagte aus den Prämienzahlungen tatsächlich erzielt hat, zugrunde gelegt werden kann.

b. Davon abgesehen versäumt die Beklagte und Widerklägerin es allerdings, einen konkreten Berechnungsansatz zu den von der Gegenseite erzielten Verzinsung vorzulegen, der berücksichtigt, dass die Prämien von 195,- € über die ganze Zeit monatlich einbezahlt wurden und daher nicht von Anfang an in voller Höhe zur Verfügung standen. Mit Rücksicht auf die Darlegungs- und Beweislast der Beklagten und Widerklägerin konnte daher nur der geschätzte Mindestbetrag in Ansatz gebracht werden.

4. Soweit die Beklagte und Widerklägerin vorgerichtliche Anwaltskosten geltend, macht, ist die Widerklage unbegründet.

Indem die Klägerin und Widerbeklagte die Beklagte und Widerklägerin nur unzureichend über ihr Widerspruchsrecht belehrte, verletzte sie zwar eine vorvertragliche Aufklärungspflicht i. S.v. §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB, wobei das Vertretenmüssen dieser Pflichtverletzung gem. § 280 Abs. 1 S. 2 BGB zu vermuten ist. Jedoch ist nicht ersichtlich, dass diese Pflichtverletzung für die geltend gemachten Rechtsanwaltskosten kausal geworden wäre. Dies würde voraussetzen, dass die Beklagte und Widerklägerin bei hypothetischem Ausbleiben der Pflichtverletzung dem Versicherungsvertrag schon damals und zwar ohne anwaltliche Hilfe fristgerecht widersprochen und dass sie deshalb Jahre später keine Veranlassung mehr gehabt hätte, einen Rechtsanwalt zu betrauen, um die Möglichkeiten zu prüfen, vom Vertrag loszukommen. Für einen solchen hypothetischen Kausalverlauf, den die Beklagte und Widerklägerin konkret nachzuweisen hätte (s. BGH, 19.6. 2006 - XI ZR 204/04, NJW 2007, 54, zit. nach juris Rn. 43), fehlen jedoch schon hinreichende Anhaltspunkte. Auf die so genannte Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens kann die Beklagte und Widerklägerin sich nicht stützen. Denn diese Vermutung setzt voraus, dass es bei korrekter Belehrung über das Widerspruchsrecht damals nur eine bestimmte Möglichkeit der Reaktion gegeben hätte (s. BGH, 19.6. 2006 - XI ZR 204/04, NJW 2007, 54, zit. nach juris Rn. 43 m.w.Nachw.). Davon kann hier indes nicht ausgegangen werden, da nichts dafür ersichtlich ist, dass die Beklagte und Widerklägerin sich innerhalb der regulären Widerspruchsfrist gegen den Versicherungsvertrag entschieden und deshalb fristgerecht widersprochen hätte.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97, 92 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 108 Art und Höhe der Sicherheit


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(1) Die Parteien verhandeln über den Rechtsstreit vor dem erkennenden Gericht mündlich.

(2) Mit Zustimmung der Parteien, die nur bei einer wesentlichen Änderung der Prozesslage widerruflich ist, kann das Gericht eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung treffen. Es bestimmt alsbald den Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können, und den Termin zur Verkündung der Entscheidung. Eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ist unzulässig, wenn seit der Zustimmung der Parteien mehr als drei Monate verstrichen sind.

(3) Ist nur noch über die Kosten oder Nebenforderungen zu entscheiden, kann die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ergehen.

(4) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR260/13 Verkündet am:
13. Mai 2015
Schick
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende
Richterin Mayen, die Richterin Harsdorf-Gebhardt, die Richter
Dr. Karczewski, Lehmann und die Richterin Dr. Brockmöller im schriftlichen
Verfahren, bei dem Schriftsätze bis zum 22. April 2015 eingereicht
werden konnten,

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Beklagtenseite wird das Urteil des Oberlandesgerichts München - 14. Zivilsenat - vom 20. Juni 2013 aufgehoben und das Urteil des Landgerichts Kempten vom 21. November 2012 dahin geändert, dass die Klage abgewiesen wird. Hinsichtlich der Widerklage sowie im Kostenpunkt wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Der Streitwert wird auf 9.068,10 € festgesetzt.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der klagende Versicherer (im Folgenden: Versicherer) nimmt die Beklagtenseite (Versicherungsnehmerin, im Folgenden: d. VN) auf Zahlung von Versicherungsprämien für eine Rentenversicherung in An- spruch. D. VN begehrt im Wege der Widerklage von dem Versicherer Rückzahlung geleisteter Versicherungsbeiträge.
2
Die Rentenversicherung wurde aufgrund eines Antrags d. VN mit Vertragsbeginn zum 1. März 2002 nach dem so genannten Policenmodell des § 5a VVG in der bei Antragstellung gültigen Fassung (im Folgenden § 5a VVG a.F.) abgeschlossen. Mit Schreiben vom 31. Mai 2010 erklärte d. VN den "Widerspruch gem. § 5a VVG a.F. bzw. nach § 8 VVG, bzw. den Widerruf nach § 355 BGB, höchstvorsorglich die Anfechtung nach § 119 I BGB, hilfsweise die Kündigung". Der Versicherer behandelte das Schreiben als Kündigung und zahlte den Rückkaufswert aus.
3
Mit der Klage verlangt der Versicherer Zahlung der Versicherungsbeiträge für die Monate Mai und Juni 2010 in Höhe von insgesamt 390 €. D. VN begehrt widerklagend Rückzahlung aller auf den Vertrag geleisteten Beiträge nebst Zinsen abzüglich des bereits gezahlten Rückkaufswerts , insgesamt 8.678,10 €.
4
Nach Auffassung d. VN ist der Versicherungsvertrag nicht wirksam zustande gekommen. Auch nach Ablauf der Frist des - gegen Gemeinschaftsrecht verstoßenden - § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. habe der Widerspruch noch erklärt werden können.
5
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen, das Oberlandesgericht die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt d. VN den Klageabweisungsantrag und das Widerklagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


6
Die Revision führt zur Klageabweisung und im Übrigen zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
7
I. Dieses hat einen Anspruch des Versicherers auf Zahlung weiterer Prämien bejaht und einen Prämienrückerstattungsanspruch d. VN aus ungerechtfertigter Bereicherung verneint. Der Vertrag sei nicht schon wegen Ablaufs der Widerspruchsfrist gemäß § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. wirksam geworden. Die nach § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. vorgeschriebene Belehrung über das Widerspruchsrecht bei Aushändigung des Versicherungsscheins sei nicht in drucktechnisch deutlicher Form erfolgt und inhaltlich fehlerhaft, da auf ein Recht zum schriftlichen Widerspruch hingewiesen worden sei, obwohl nach § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. in der ab dem 1. August 2001 gültigen Fassung ein Widerspruch in Textform genüge. Der Vertrag sei aber gemäß § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie rückwirkend endgültig wirksam geworden.
8
II. Die Revision ist begründet.
9
1. Der Versicherer hat keinen Anspruch auf Zahlung weiterer Prämien. Der - mit der Widerklage allein weiterverfolgte - Anspruch auf Prämienrückzahlung folgt dem Grunde nach aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB.

10
a) Der zwischen den Parteien geschlossene Versicherungsvertrag schafft keinen Rechtsgrund für die Prämienzahlung. Er ist infolge des Widerspruchs d. VN nicht wirksam zustande gekommen. Der Widerspruch war - ungeachtet des Ablaufs der in § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. normierten Jahresfrist - rechtzeitig.
11
aa) Nach den revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Feststellungen des Berufungsgerichts belehrte der Versicherer d. VN nicht ordnungsgemäß i.S. von § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. über das Widerspruchsrecht. Für einen solchen Fall bestimmte § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. zwar, dass das Widerspruchsrecht ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie erlischt.
12
Das Widerspruchsrecht bestand hier aber nach Ablauf der Jahresfrist und noch im Zeitpunkt der Widerspruchserklärung fort. Das ergibt die richtlinienkonforme Auslegung des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. auf der Grundlage der Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 19. Dezember 2013 (VersR 2014, 225). Der Senat hat mit Urteil vom 7. Mai 2014 (IV ZR 76/11, BGHZ 201, 101 Rn. 17-34) entschieden und im Einzelnen begründet, die Regelung müsse richtlinienkonform teleologisch dergestalt reduziert werden, dass sie im Anwendungsbereich der Zweiten und der Dritten Richtlinie Lebensversicherung keine Anwendung findet und für davon erfasste Lebens- und Rentenversicherungen sowie Zusatzversicherungen zur Lebensversicherung grundsätzlich ein Widerspruchsrecht fortbesteht, wenn d. VN - wie hier - nicht ordnungsgemäß über das Recht zum Widerspruch belehrt worden ist und/oder die Verbraucherinformation oder die Versicherungsbedingungen nicht erhalten hat.

13
bb) Die hilfsweise erklärte Kündigung des Versicherungsvertrages steht dem Widerspruch nicht entgegen (vgl. Senatsurteil vom 7. Mai 2014 aaO Rn. 36 m.w.N.). Ein Erlöschen des Widerspruchsrechts nach beiderseits vollständiger Leistungserbringung kommt ebenfalls nicht in Betracht (vgl. Senatsurteil vom 7. Mai 2014 aaO Rn. 37 m.w.N.).
14
b) Die bereicherungsrechtlichen Rechtsfolgen der Europarechtswidrigkeit des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. sind nicht auf eine Wirkung ab Zugang des Widerspruchs (ex nunc) zu beschränken, sondern nur eine Rückwirkung entspricht dem Effektivitätsgebot (dazu im Einzelnen Senatsurteil vom 7. Mai 2014 aaO Rn. 42-44).
15
2. Der Höhe nach umfasst der Rückgewähranspruch nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB nicht uneingeschränkt alle gezahlten Prämien. Vielmehr muss sich d. VN bei der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung den jedenfalls bis zur Kündigung des Vertrages genossenen Versicherungsschutz anrechnen lassen. Der Wert des Versicherungsschutzes kann unter Berücksichtigung der Prämienkalkulation bemessen werden; bei Lebensversicherungen kann etwa dem Risikoanteil Bedeutung zukommen (Senatsurteil vom 7. Mai 2014 aaO Rn. 45 m.w.N.).
16
Da es hierzu an Feststellungen fehlt, ist der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Es wird den Parteien Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag zu geben haben (vgl. Senatsurteil vom 7. Mai 2014 aaO Rn. 46).
Mayen Harsdorf-Gebhardt Dr. Karczewski
Lehmann Dr. Brockmöller

Vorinstanzen:
LG Kempten, Entscheidung vom 21.11.2012- 21 O 868/12 -
OLG München in Augsburg, Entscheidung vom 20.06.2013- 14 U 103/13 -

(1) In den Fällen der Bestellung einer prozessualen Sicherheit kann das Gericht nach freiem Ermessen bestimmen, in welcher Art und Höhe die Sicherheit zu leisten ist. Soweit das Gericht eine Bestimmung nicht getroffen hat und die Parteien ein anderes nicht vereinbart haben, ist die Sicherheitsleistung durch die schriftliche, unwiderrufliche, unbedingte und unbefristete Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts oder durch Hinterlegung von Geld oder solchen Wertpapieren zu bewirken, die nach § 234 Abs. 1 und 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zur Sicherheitsleistung geeignet sind.

(2) Die Vorschriften des § 234 Abs. 2 und des § 235 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sind entsprechend anzuwenden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR260/13 Verkündet am:
13. Mai 2015
Schick
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende
Richterin Mayen, die Richterin Harsdorf-Gebhardt, die Richter
Dr. Karczewski, Lehmann und die Richterin Dr. Brockmöller im schriftlichen
Verfahren, bei dem Schriftsätze bis zum 22. April 2015 eingereicht
werden konnten,

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Beklagtenseite wird das Urteil des Oberlandesgerichts München - 14. Zivilsenat - vom 20. Juni 2013 aufgehoben und das Urteil des Landgerichts Kempten vom 21. November 2012 dahin geändert, dass die Klage abgewiesen wird. Hinsichtlich der Widerklage sowie im Kostenpunkt wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Der Streitwert wird auf 9.068,10 € festgesetzt.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der klagende Versicherer (im Folgenden: Versicherer) nimmt die Beklagtenseite (Versicherungsnehmerin, im Folgenden: d. VN) auf Zahlung von Versicherungsprämien für eine Rentenversicherung in An- spruch. D. VN begehrt im Wege der Widerklage von dem Versicherer Rückzahlung geleisteter Versicherungsbeiträge.
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Die Rentenversicherung wurde aufgrund eines Antrags d. VN mit Vertragsbeginn zum 1. März 2002 nach dem so genannten Policenmodell des § 5a VVG in der bei Antragstellung gültigen Fassung (im Folgenden § 5a VVG a.F.) abgeschlossen. Mit Schreiben vom 31. Mai 2010 erklärte d. VN den "Widerspruch gem. § 5a VVG a.F. bzw. nach § 8 VVG, bzw. den Widerruf nach § 355 BGB, höchstvorsorglich die Anfechtung nach § 119 I BGB, hilfsweise die Kündigung". Der Versicherer behandelte das Schreiben als Kündigung und zahlte den Rückkaufswert aus.
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Mit der Klage verlangt der Versicherer Zahlung der Versicherungsbeiträge für die Monate Mai und Juni 2010 in Höhe von insgesamt 390 €. D. VN begehrt widerklagend Rückzahlung aller auf den Vertrag geleisteten Beiträge nebst Zinsen abzüglich des bereits gezahlten Rückkaufswerts , insgesamt 8.678,10 €.
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Nach Auffassung d. VN ist der Versicherungsvertrag nicht wirksam zustande gekommen. Auch nach Ablauf der Frist des - gegen Gemeinschaftsrecht verstoßenden - § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. habe der Widerspruch noch erklärt werden können.
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Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen, das Oberlandesgericht die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt d. VN den Klageabweisungsantrag und das Widerklagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


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Die Revision führt zur Klageabweisung und im Übrigen zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
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I. Dieses hat einen Anspruch des Versicherers auf Zahlung weiterer Prämien bejaht und einen Prämienrückerstattungsanspruch d. VN aus ungerechtfertigter Bereicherung verneint. Der Vertrag sei nicht schon wegen Ablaufs der Widerspruchsfrist gemäß § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. wirksam geworden. Die nach § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. vorgeschriebene Belehrung über das Widerspruchsrecht bei Aushändigung des Versicherungsscheins sei nicht in drucktechnisch deutlicher Form erfolgt und inhaltlich fehlerhaft, da auf ein Recht zum schriftlichen Widerspruch hingewiesen worden sei, obwohl nach § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. in der ab dem 1. August 2001 gültigen Fassung ein Widerspruch in Textform genüge. Der Vertrag sei aber gemäß § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie rückwirkend endgültig wirksam geworden.
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II. Die Revision ist begründet.
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1. Der Versicherer hat keinen Anspruch auf Zahlung weiterer Prämien. Der - mit der Widerklage allein weiterverfolgte - Anspruch auf Prämienrückzahlung folgt dem Grunde nach aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB.

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a) Der zwischen den Parteien geschlossene Versicherungsvertrag schafft keinen Rechtsgrund für die Prämienzahlung. Er ist infolge des Widerspruchs d. VN nicht wirksam zustande gekommen. Der Widerspruch war - ungeachtet des Ablaufs der in § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. normierten Jahresfrist - rechtzeitig.
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aa) Nach den revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Feststellungen des Berufungsgerichts belehrte der Versicherer d. VN nicht ordnungsgemäß i.S. von § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. über das Widerspruchsrecht. Für einen solchen Fall bestimmte § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. zwar, dass das Widerspruchsrecht ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie erlischt.
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Das Widerspruchsrecht bestand hier aber nach Ablauf der Jahresfrist und noch im Zeitpunkt der Widerspruchserklärung fort. Das ergibt die richtlinienkonforme Auslegung des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. auf der Grundlage der Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 19. Dezember 2013 (VersR 2014, 225). Der Senat hat mit Urteil vom 7. Mai 2014 (IV ZR 76/11, BGHZ 201, 101 Rn. 17-34) entschieden und im Einzelnen begründet, die Regelung müsse richtlinienkonform teleologisch dergestalt reduziert werden, dass sie im Anwendungsbereich der Zweiten und der Dritten Richtlinie Lebensversicherung keine Anwendung findet und für davon erfasste Lebens- und Rentenversicherungen sowie Zusatzversicherungen zur Lebensversicherung grundsätzlich ein Widerspruchsrecht fortbesteht, wenn d. VN - wie hier - nicht ordnungsgemäß über das Recht zum Widerspruch belehrt worden ist und/oder die Verbraucherinformation oder die Versicherungsbedingungen nicht erhalten hat.

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bb) Die hilfsweise erklärte Kündigung des Versicherungsvertrages steht dem Widerspruch nicht entgegen (vgl. Senatsurteil vom 7. Mai 2014 aaO Rn. 36 m.w.N.). Ein Erlöschen des Widerspruchsrechts nach beiderseits vollständiger Leistungserbringung kommt ebenfalls nicht in Betracht (vgl. Senatsurteil vom 7. Mai 2014 aaO Rn. 37 m.w.N.).
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b) Die bereicherungsrechtlichen Rechtsfolgen der Europarechtswidrigkeit des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. sind nicht auf eine Wirkung ab Zugang des Widerspruchs (ex nunc) zu beschränken, sondern nur eine Rückwirkung entspricht dem Effektivitätsgebot (dazu im Einzelnen Senatsurteil vom 7. Mai 2014 aaO Rn. 42-44).
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2. Der Höhe nach umfasst der Rückgewähranspruch nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB nicht uneingeschränkt alle gezahlten Prämien. Vielmehr muss sich d. VN bei der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung den jedenfalls bis zur Kündigung des Vertrages genossenen Versicherungsschutz anrechnen lassen. Der Wert des Versicherungsschutzes kann unter Berücksichtigung der Prämienkalkulation bemessen werden; bei Lebensversicherungen kann etwa dem Risikoanteil Bedeutung zukommen (Senatsurteil vom 7. Mai 2014 aaO Rn. 45 m.w.N.).
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Da es hierzu an Feststellungen fehlt, ist der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Es wird den Parteien Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag zu geben haben (vgl. Senatsurteil vom 7. Mai 2014 aaO Rn. 46).
Mayen Harsdorf-Gebhardt Dr. Karczewski
Lehmann Dr. Brockmöller

Vorinstanzen:
LG Kempten, Entscheidung vom 21.11.2012- 21 O 868/12 -
OLG München in Augsburg, Entscheidung vom 20.06.2013- 14 U 103/13 -

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

(1) Zur Begründung eines Schuldverhältnisses durch Rechtsgeschäft sowie zur Änderung des Inhalts eines Schuldverhältnisses ist ein Vertrag zwischen den Beteiligten erforderlich, soweit nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt.

(2) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 entsteht auch durch

1.
die Aufnahme von Vertragsverhandlungen,
2.
die Anbahnung eines Vertrags, bei welcher der eine Teil im Hinblick auf eine etwaige rechtsgeschäftliche Beziehung dem anderen Teil die Möglichkeit zur Einwirkung auf seine Rechte, Rechtsgüter und Interessen gewährt oder ihm diese anvertraut, oder
3.
ähnliche geschäftliche Kontakte.

(3) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 kann auch zu Personen entstehen, die nicht selbst Vertragspartei werden sollen. Ein solches Schuldverhältnis entsteht insbesondere, wenn der Dritte in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch nimmt und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

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Darüber cc) hinaus wären für den Fall der Annahme eines Verschuldens der Beklagten zur Schadensursächlichkeit des Belehrungsverstoßes Feststellungen zu treffen. Es genügt nicht, dass der Kläger und seine Ehefrau bei ordnungsgemäßer Belehrung die Möglichkeit gehabt hätten, mit dem Widerruf des Darlehensvertrages auch Risiken des Anlagegeschäftes zu vermeiden. Dies wäre mit dem Grundprinzip des nationalen Schadensersatzrechts, dass eine Pflichtverletzung nur dann zum Ersatz des Schadens verpflichten kann, wenn er auch auf den Pflichtenverstoß ursächlich zurückzuführen ist, schlechthin unvereinbar (siehe bereits Senatsurteil vom 16. Mai 2006 - XI ZR 6/04, WM 2006, 1194, 1199, für BGHZ vorgesehen). Der Kläger muss vielmehr konkret nachweisen , dass er und seine Ehefrau den Darlehensvertrag bei ordnungsgemäßer Belehrung tatsächlich widerrufen und die Anlage nicht getätigt hätten. Auf die so genannte Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens kann sich der Kläger, anders als etwa das Oberlandesgericht Bremen (WM 2006, 758, 766 f.) gemeint hat, nicht stützen. Diese Vermutung setzt voraus, dass es für ihn bei Belehrung über sein Widerrufsrecht damals nur eine bestimmte Möglichkeit der Reaktion gab (vgl. BGHZ 160, 58, 66 m.w.Nachw.). Davon kann hier indes nicht ausgegangen werden, da nichts dafür ersichtlich ist, dass die Risiken des Vertragswerks vom Kläger innerhalb der einwöchigen Widerrufsfrist erkannt worden wären (vgl. OLG Celle NJW 2006, 1817 f.; OLG München NJW 2006, 1811, 1815; Bungeroth WM 2004, 1505, 1509).

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.