Oberlandesgericht Koblenz Beschluss, 13. Feb. 2017 - 2 Ws 56/17, 2 Ws 57/17

ECLI:ECLI:DE:OLGKOBL:2017:0213.2WS56.57.17.00
13.02.2017

Tenor

1. Auf die Beschwerde des Verurteilten wird der Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Koblenz in Diez vom 6. Januar 2017 aufgehoben, soweit der Verurteilte unter Ziff. 5 lit. g angewiesen worden ist, zu minderjährigen Mädchen keinen Kontakt aufzunehmen, mit ihnen nicht zu verkehren, sie zu beschäftigen, auszubilden oder zu beherbergen.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Entscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Koblenz in Diez zurückverwiesen.

2. Im Übrigen werden die sofortige und zugleich einfache Beschwerde des Verurteilten gegen den vorbezeichneten Beschluss als unbegründet verworfen.

Gründe

I.

1

Der Beschwerdeführer wurde durch Urteil des Landgerichts Koblenz vom 22. Februar 2013, rechtskräftig seit dem 2. März 2013, wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in vier Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Vergewaltigung, sexuellen Missbrauchs von Kindern in vier (weiteren) Fällen, davon in einem Fall ebenfalls in Tateinheit mit Vergewaltigung, eines weiteren Falles der Vergewaltigung und wegen sexueller Nötigung zu einer Einheitsjugendstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Er hatte die Taten in einem 15 Jahre umfassenden Zeitraum teils als Jugendlicher seit seinem 15. Lebensjahr, teils als Heranwachsender zum Nachteil seiner anfangs sechs Jahre alten Schwester und nach einer zeitlichen Zäsur von mehr als sieben Jahren in zwei Fällen als Erwachsener zum Nachteil einer erwachsenen Frau begangen.

2

Durch Beschluss des Amtsgerichts St. Goar vom 2. April 2013 wurde er gemäß § 89b JGG vom Jugendstrafvollzug ausgenommen (VH Bl. 11). In der Folge wurde durch dasselbe Gericht die Vollstreckung gemäß § 85 Abs. 6 JGG an die Staatsanwaltschaft abgegeben (vgl. VH Bl. 6, 36; SA 2070 Js 31027/12 StA Koblenz Mainz Bl. 488). Die Einheitsjugendstrafe wird am 9. März 2017 vollständig verbüßt sein.

3

Nach ablehnender Zweidrittelentscheidung mangels Einwilligung des Verurteilten (§ 57 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StGB), der sich weiterhin der Therapie in der sozialtherapeutischen Abteilung der Justizvollzugsanstalt stellen wollte, hat die Strafvollstreckungskammer durch Beschluss vom 6. Januar 2017 den Antrag des Verurteilten auf Aussetzung des Strafrestes zur Bewährung abgelehnt, Führungsaufsicht nicht entfallen lassen (§ 68f Abs. 2 StGB), den Verurteilten der Aufsicht und Leitung eines Bewährungshelfers unterstellt (§ 68a Abs. 1 StGB) und die Führungsaufsicht mit Weisungen näher ausgestaltet (§ 68b Abs. 1 und 2 StGB). Unter Ziff. 5 lit. g hat die Strafvollstreckungskammer dem Verurteilten insbesondere die auf § 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StGB gestützte Weisung erteilt, zu minderjährigen Mädchen keinen Kontakt aufzunehmen, sie nicht zu beschäftigen, auszubilden oder zu beherbergen.

4

Gegen die dem beigeordneten Verteidiger am 16. Januar 2017 zugestellte Entscheidung hat der Verurteilte durch Verteidigerschriftsatz am 17. Januar 2017 „sofortige Beschwerde“ eingelegt, die er mit weiterem Verteidigerschriftsatz vom 20. Januar 2017 begründet hat. Ohne das Rechtsmittel darauf zu beschränken, beanstandet er das zu Ziff. 5 lit. g erteilte Kontaktverbot zu minderjährigen Mädchen. Er beantragt, die Weisung dahingehend abzuändern, dass sie sich nicht auf seine eigenen Kinder bezieht, für die er das Sorge- und Umgangsrecht habe. Bereits jetzt habe er kaum Kontakt zu seinen Kindern; die Weisung bedeute nunmehr ein vollständiges Kontaktverbot.

II.

5

Das Rechtsmittel des Verurteilten, das sich gegen den Beschluss der Strafvollstreckungskammer in seiner Gesamtheit richtet, hat lediglich im tenorierten Umfang zumindest vorläufigen Erfolg. Es ist teils als sofortige Beschwerde, soweit es sich gegen die Ablehnung der Reststrafaussetzung (§§ 85 Abs. 6 Satz 2 JGG, 454 Abs. 3 Satz 1StPO) und die Anordnung des Nichtentfallens der kraft Gesetzes eingetretenen Führungsaufsicht (§§ 85 Abs. 6 Satz 2 JGG, 463 Abs. 3 Satz 1, 454 Abs. 3 Satz 1 StPO, 68f Abs. 2 StGB) richtet, teils als einfache, nicht fristgebundene Beschwerde gegen die unbestimmte Dauer der Führungsaufsicht sowie die Anordnung von Bewährungshilfe und Weisungen gemäß §§ 85 Abs. 6 Satz 2 JGG, 463 Abs. 2, 453 Abs. 2 Satz 1 StPO anzusehen (vgl. OLG Koblenz, 2 Ws 416/15 v. 01.09.2015; 2 Ws 116, 117/12 v. 07.03.2013; 1 Ws 205, 206/14 v. 12.05.2014).

6

1. Mit Ausnahme der zu Ziff. 5 lit. g erteilten Weisung entspricht der angefochtene Beschluss der Sach- und Rechtslage. Ergänzend wird auf die Ausführungen der Generalstaatsanwaltschaft in ihrer dem Verteidiger bekannt gegebenen Stellungnahme vom 27. Januar 2017 Bezug genommen.

7

Anzumerken ist insoweit lediglich folgendes: Die nach der Vollstreckungsabgabe sachlich und örtlich zuständige Strafvollstreckungskammer (§ 85 Abs. 6 JGG, § 462a Abs. 1 StPO) hat bei ihrer ablehnenden Entscheidung über die Aussetzung des Restes der Einheitsjugendstrafe zutreffend den Prüfungsmaßstab des § 57 Abs. 1 StGB und nicht denjenigen des § 88 Abs. 1 JGG angelegt (vgl. Senat, 2 Ws 148/12 v. 10.04.2012; OLG Nürnberg, 2 Ws 410/09 v. 17.11.2009, juris Rn. 17 ff., NStZ-RR 2010, 156; OLG München StraFo 2009, 125; OLG Düsseldorf StV 1998, 348; 1 Ws 62/12 v. 05.03.2012, juris Rn. 3, StraFo 2012, 470; a.A. OLG Koblenz, 1. Strafsenat, 1 Ws 393-395/03 v. 26.06.2003, 1 Ws 1165/01 v. 02.10.2001; ThürOLG, 1 Ws 566/11 v. 03.01.2012, juris Rn. 17 mwN). Die Strafvollstreckungskammer ist auch zu Recht davon ausgegangen, dass die vollständige Verbüßung einer Einheitsjugendstrafe von mindestens zwei Jahren wegen vorsätzlicher Straftaten kraft Gesetzes zum Eintritt von Führungsaufsicht führt (§ 7 Abs. 1 JGG, § 68f Abs. 1 Satz 1 StGB; BVerfG, 2 BvR 2143/07 v. 26.02.2008, juris Rn. 5, NStZ-RR 2008, 217 f.; OLG Hamm 3 Ws 389/13 v. 18.12.2013, juris Rn. 5 mwN).

8

2. Das auf § 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StGB gestützte, strafbewehrte (§ 145a StGB) Kontaktverbot ist aufzuheben.

9

Gemäß §§ 463 Abs. 2, 453 Abs. 2 Satz 2 StPO überprüft das Beschwerdegericht nur die Gesetzmäßigkeit der erteilten Weisung. Gesetzwidrig ist eine Weisung nur dann, wenn sie im Gesetz nicht vorgesehen, wenn sie unverhältnismäßig oder unzumutbar ist, ansonsten die Grenzen des dem erstinstanzlich zuständigen Gericht eingeräumten Ermessen überschreitet oder gemessen am Rechtsstaatsprinzip dem Bestimmtheitsgebot nicht entspricht (vgl. Senat, 2 Ws 660/15 v. 16.12.2015, juris Rn. 18 mwN, StV 2016, 665 f.; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 59. Aufl., § 453 Rn. 12 mwN).

10

Daran gemessen kann die dem Verurteilten unter der Ziffer 5 lit. g erteilte Weisung keinen Bestand haben:

11

Sie ist ermessensfehlerhaft, weil die angefochtene Entscheidung keine Begründung für die erteilte Weisung enthält. Der Senat kann deshalb nicht prüfen kann, ob die Strafvollstreckungskammer die Grenzen des Ermessens überschritten hat. Zwar müssen offensichtlich gebotene Weisungen über die Mitteilung der gesetzlichen Grundlage hinaus nicht begründet werden, wenn sich keine Anhaltspunkt für ihre Unverhältnismäßigkeit, Unzumutbarkeit oder sonstige Ermessensfehler ergeben (OLG Köln, 2 Ws 581/11 v. 24.10.2011, juris Rn. 8, NStZ-RR 2012, 94 f.; s.a. OLG Koblenz, 1 Ws 427/16 v. 22.09.2016; für eine weitergehende Begründungspflicht: OLG Nürnberg, 1 Ws 713/10 v. 21.01.2011, juris Rn. 9; 1 Ws 253/11 v. 15.06.2011, juris Rn. 6; OLG Hamm, 2 Ws 40/09 v. 19.03.2009, juris Rn. 7, NStZ-RR 2009, 260; OLG Dresden, 2 Ws 147/08 v. 27.03.2008, juris Rn. 9). Bei der hier in Betracht stehenden Weisung, die den Verurteilten in besonderer Weise in seiner Lebensführung einschränkt, bestand aber Anlass zu eingehender Begründung, weil sich die Erforderlichkeit des Kontaktverbots aufgrund der Umstände des Falles jedenfalls nicht ohne weiteres erschließt. Denn der Verurteilte hat die Taten zum Nachteil eines Kindes begangen, als er selbst erst 14 bis höchstens 20 Jahre alt war. Seit mindestens 14 Jahren, von denen er zehn in Freiheit und in einem gemeinsamen Haushalt mit seiner damaligen Ehefrau und den zur Zeit seiner Festnahme 8 und 5 Jahre alten leiblichen Töchtern verbracht hat, ist es zu keinen Missbrauchstaten zum Nachteil von Kindern mehr gekommen. Die Sachverständige Dipl.-Psychologin K. hat in ihrem gemäß § 454 Abs. 2 StPO erstatteten Gutachten vom 26. September 2015 ein pädosexuelles Erregungsmuster bei dem Verurteilten für unwahrscheinlich erachtet (Gutachten S. 51, VH Bl. 112, 162). Nach ihrer Einschätzung sind die Sexualpartnerinnen des Verurteilten mit diesem gealtert. Sie hat ausgeführt, dass das junge Alter des Tatopfers aus dem jungen Alter des Verurteilten zur Tatzeit in Verbindung mit der Gelegenheit resultiert, innerhalb einer grenz- und haltlosen Familie die eigene Schwester zur Bedürfnisbefriedigung benutzen zu können. Die spontane Äußerung des Verurteilten im Explorationsgespräch, bei den ersten sexuellen Kontakten mit der Schwester die Brüste vermisst zu haben, mache seine sexuelle Orientierung auf erwachsene Frauen deutlich. Glaubhaft seien auch seine Angaben, die eigenen Töchter niemals als Sexualobjekt gesehen zu haben (aaO). Auch die Sachverständige Dr. Ku. hat in ihrem Gutachten vom 29. Juni 2016 eine gestörte Sexualpräferenz des Verurteilten im engeren Sinne verneint (SB Gutachten S. 37). Die Strafvollstreckungskammer hätte deshalb darlegen müssen, aus welchen Gründen sie ein generelles Kontaktverbot zu minderjährigen Mädchen dennoch für erforderlich hält. Aufgrund der fehlenden Begründung ist dem Senat eine Überprüfung auf Ermessensfehler nicht möglich.

12

Darüber hinaus liegt ein Ermessensfehlgebrauch vor, soweit auch die leiblichen Töchter des Verurteilten, die am ... Dezember 2003 geborene S. und die am ... März 2007 geborene K.-A., von dem Kontaktverbot erfasst werden. Die Strafvollstreckungskammer hat nicht berücksichtigt, dass von Kontaktverboten zu Minderjährigen leibliche Kinder dieser Altersklasse jedenfalls insoweit auszunehmen sind, als dies die familiengerichtliche Zuständigkeit gemäß § 1666 Abs. 1 BGB, Art. 6 Abs. 3 GG unterlaufen würde (vgl. ThürOLG, 1 Ws 66/06 v. 02.03.2006, juris Rn. 34; Schönke/Schröder/Stree/Kinzig, StGB, 29. Aufl., § 68b Rn. 7 mwN; SK-StGB/Sinn, 9. Aufl., § 68b Rn. 9 mwN; LK/Schneider, StGB, 12. Aufl., § 68b Rn. 22). Nur wenn eine entsprechende familiengerichtliche Regelung bestünde, dürfte sie von der Strafvollstreckungskammer durch ein auch die leiblichen Kinder umfassendes Kontaktverbot nach § 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StGB aufgegriffen werden. Ob eine familiengerichtliche Regelung besteht, hat die Strafvollstreckungskammer bisher nicht aufgeklärt. Mithin wurden entscheidungserhebliche Tatsachen nicht in die Entscheidung einbezogen.

13

Dem Senat ist es als Folge des § 453 Abs. 2 Satz 2 StPO aus Rechtsgründen verwehrt, sein Ermessen an die Stelle desjenigen der Strafvollstreckungskammer zu setzen; er kann daher entgegen § 309 Abs. 2 StPO nicht in der Sache selbst entscheiden. Die Sache ist deshalb im Umfang der Aufhebung an die Strafvollstreckungskammer zurückzuverweisen, welche unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats insoweit neu zu entscheiden hat.

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Oberlandesgericht Koblenz Beschluss, 16. Dez. 2015 - 2 Ws 660/15

bei uns veröffentlicht am 16.12.2015

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(1) An einem Verurteilten, der das 18. Lebensjahr vollendet hat und sich nicht für den Jugendstrafvollzug eignet, kann die Jugendstrafe statt nach den Vorschriften für den Jugendstrafvollzug nach den Vorschriften des Strafvollzuges für Erwachsene vollzogen werden. Hat der Verurteilte das 24. Lebensjahr vollendet, so soll Jugendstrafe nach den Vorschriften des Strafvollzuges für Erwachsene vollzogen werden.

(2) Über die Ausnahme vom Jugendstrafvollzug entscheidet der Vollstreckungsleiter.

(1) Ist Jugendarrest zu vollstrecken, so gibt der zunächst zuständige Jugendrichter die Vollstreckung an den Jugendrichter ab, der nach § 90 Abs. 2 Satz 2 als Vollzugsleiter zuständig ist.

(2) Ist Jugendstrafe zu vollstrecken, so geht nach der Aufnahme des Verurteilten in die Einrichtung für den Vollzug der Jugendstrafe die Vollstreckung auf den Jugendrichter des Amtsgerichts über, in dessen Bezirk die Einrichtung für den Vollzug der Jugendstrafe liegt. Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung zu bestimmen, daß die Vollstreckung auf den Jugendrichter eines anderen Amtsgerichts übergeht, wenn dies aus verkehrsmäßigen Gründen günstiger erscheint. Die Landesregierungen können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen.

(3) Unterhält ein Land eine Einrichtung für den Vollzug der Jugendstrafe auf dem Gebiet eines anderen Landes, so können die beteiligten Länder vereinbaren, daß der Jugendrichter eines Amtsgerichts des Landes, das die Einrichtung für den Vollzug der Jugendstrafe unterhält, zuständig sein soll. Wird eine solche Vereinbarung getroffen, so geht die Vollstreckung auf den Jugendrichter des Amtsgerichts über, in dessen Bezirk die für die Einrichtung für den Vollzug der Jugendstrafe zuständige Aufsichtsbehörde ihren Sitz hat. Die Regierung des Landes, das die Einrichtung für den Vollzug der Jugendstrafe unterhält, wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung zu bestimmen, daß der Jugendrichter eines anderen Amtsgerichts zuständig wird, wenn dies aus verkehrsmäßigen Gründen günstiger erscheint. Die Landesregierung kann die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltung übertragen.

(4) Absatz 2 gilt entsprechend bei der Vollstreckung einer Maßregel der Besserung und Sicherung nach § 61 Nr. 1 oder 2 des Strafgesetzbuches.

(5) Aus wichtigen Gründen kann der Vollstreckungsleiter die Vollstreckung widerruflich an einen sonst nicht oder nicht mehr zuständigen Jugendrichter abgeben.

(6) Hat der Verurteilte das vierundzwanzigste Lebensjahr vollendet, so kann der nach den Absätzen 2 bis 4 zuständige Vollstreckungsleiter die Vollstreckung einer nach den Vorschriften des Strafvollzugs für Erwachsene vollzogenen Jugendstrafe oder einer Maßregel der Besserung und Sicherung an die nach den allgemeinen Vorschriften zuständige Vollstreckungsbehörde abgeben, wenn der Straf- oder Maßregelvollzug voraussichtlich noch länger dauern wird und die besonderen Grundgedanken des Jugendstrafrechts unter Berücksichtigung der Persönlichkeit des Verurteilten für die weiteren Entscheidungen nicht mehr maßgebend sind; die Abgabe ist bindend. Mit der Abgabe sind die Vorschriften der Strafprozeßordnung und des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Strafvollstreckung anzuwenden.

(7) Für die Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft im Vollstreckungsverfahren gilt § 451 Abs. 3 der Strafprozeßordnung entsprechend.

(1) Das Gericht setzt die Vollstreckung des Restes einer zeitigen Freiheitsstrafe zur Bewährung aus, wenn

1.
zwei Drittel der verhängten Strafe, mindestens jedoch zwei Monate, verbüßt sind,
2.
dies unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit verantwortet werden kann, und
3.
die verurteilte Person einwilligt.
Bei der Entscheidung sind insbesondere die Persönlichkeit der verurteilten Person, ihr Vorleben, die Umstände ihrer Tat, das Gewicht des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsguts, das Verhalten der verurteilten Person im Vollzug, ihre Lebensverhältnisse und die Wirkungen zu berücksichtigen, die von der Aussetzung für sie zu erwarten sind.

(2) Schon nach Verbüßung der Hälfte einer zeitigen Freiheitsstrafe, mindestens jedoch von sechs Monaten, kann das Gericht die Vollstreckung des Restes zur Bewährung aussetzen, wenn

1.
die verurteilte Person erstmals eine Freiheitsstrafe verbüßt und diese zwei Jahre nicht übersteigt oder
2.
die Gesamtwürdigung von Tat, Persönlichkeit der verurteilten Person und ihrer Entwicklung während des Strafvollzugs ergibt, daß besondere Umstände vorliegen,
und die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllt sind.

(3) Die §§ 56a bis 56e gelten entsprechend; die Bewährungszeit darf, auch wenn sie nachträglich verkürzt wird, die Dauer des Strafrestes nicht unterschreiten. Hat die verurteilte Person mindestens ein Jahr ihrer Strafe verbüßt, bevor deren Rest zur Bewährung ausgesetzt wird, unterstellt sie das Gericht in der Regel für die Dauer oder einen Teil der Bewährungszeit der Aufsicht und Leitung einer Bewährungshelferin oder eines Bewährungshelfers.

(4) Soweit eine Freiheitsstrafe durch Anrechnung erledigt ist, gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne der Absätze 1 bis 3.

(5) Die §§ 56f und 56g gelten entsprechend. Das Gericht widerruft die Strafaussetzung auch dann, wenn die verurteilte Person in der Zeit zwischen der Verurteilung und der Entscheidung über die Strafaussetzung eine Straftat begangen hat, die von dem Gericht bei der Entscheidung über die Strafaussetzung aus tatsächlichen Gründen nicht berücksichtigt werden konnte und die im Fall ihrer Berücksichtigung zur Versagung der Strafaussetzung geführt hätte; als Verurteilung gilt das Urteil, in dem die zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(6) Das Gericht kann davon absehen, die Vollstreckung des Restes einer zeitigen Freiheitsstrafe zur Bewährung auszusetzen, wenn die verurteilte Person unzureichende oder falsche Angaben über den Verbleib von Gegenständen macht, die der Einziehung von Taterträgen unterliegen.

(7) Das Gericht kann Fristen von höchstens sechs Monaten festsetzen, vor deren Ablauf ein Antrag der verurteilten Person, den Strafrest zur Bewährung auszusetzen, unzulässig ist.

(1) Ist eine Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen vorsätzlicher Straftaten oder eine Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe von mindestens einem Jahr wegen Straftaten der in § 181b genannten Art vollständig vollstreckt worden, tritt mit der Entlassung der verurteilten Person aus dem Strafvollzug Führungsaufsicht ein. Dies gilt nicht, wenn im Anschluss an die Strafverbüßung eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung vollzogen wird.

(2) Ist zu erwarten, dass die verurteilte Person auch ohne die Führungsaufsicht keine Straftaten mehr begehen wird, ordnet das Gericht an, dass die Maßregel entfällt.

(1) Die verurteilte Person untersteht einer Aufsichtsstelle; das Gericht bestellt ihr für die Dauer der Führungsaufsicht eine Bewährungshelferin oder einen Bewährungshelfer.

(2) Die Bewährungshelferin oder der Bewährungshelfer und die Aufsichtsstelle stehen im Einvernehmen miteinander der verurteilten Person helfend und betreuend zur Seite.

(3) Die Aufsichtsstelle überwacht im Einvernehmen mit dem Gericht und mit Unterstützung der Bewährungshelferin oder des Bewährungshelfers das Verhalten der verurteilten Person und die Erfüllung der Weisungen.

(4) Besteht zwischen der Aufsichtsstelle und der Bewährungshelferin oder dem Bewährungshelfer in Fragen, welche die Hilfe für die verurteilte Person und ihre Betreuung berühren, kein Einvernehmen, entscheidet das Gericht.

(5) Das Gericht kann der Aufsichtsstelle und der Bewährungshelferin oder dem Bewährungshelfer für ihre Tätigkeit Anweisungen erteilen.

(6) Vor Stellung eines Antrags nach § 145a Satz 2 hört die Aufsichtsstelle die Bewährungshelferin oder den Bewährungshelfer; Absatz 4 ist nicht anzuwenden.

(7) Wird eine Weisung nach § 68b Abs. 2 Satz 2 und 3 erteilt, steht im Einvernehmen mit den in Absatz 2 Genannten auch die forensische Ambulanz der verurteilten Person helfend und betreuend zur Seite. Im Übrigen gelten die Absätze 3 und 6, soweit sie die Stellung der Bewährungshelferin oder des Bewährungshelfers betreffen, auch für die forensische Ambulanz.

(8) Die in Absatz 1 Genannten und die in § 203 Absatz 1 Nummer 1, 2 und 6 genannten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der forensischen Ambulanz haben fremde Geheimnisse, die ihnen im Rahmen des durch § 203 geschützten Verhältnisses anvertraut oder sonst bekannt geworden sind, einander zu offenbaren, soweit dies notwendig ist, um der verurteilten Person zu helfen, nicht wieder straffällig zu werden. Darüber hinaus haben die in § 203 Absatz 1 Nummer 1, 2 und 6 genannten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der forensischen Ambulanz solche Geheimnisse gegenüber der Aufsichtsstelle und dem Gericht zu offenbaren, soweit aus ihrer Sicht

1.
dies notwendig ist, um zu überwachen, ob die verurteilte Person einer Vorstellungsweisung nach § 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 nachkommt oder im Rahmen einer Weisung nach § 68b Abs. 2 Satz 2 und 3 an einer Behandlung teilnimmt,
2.
das Verhalten oder der Zustand der verurteilten Person Maßnahmen nach § 67g, § 67h oder § 68c Abs. 2 oder Abs. 3 erforderlich erscheinen lässt oder
3.
dies zur Abwehr einer erheblichen gegenwärtigen Gefahr für das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung Dritter erforderlich ist.
In den Fällen der Sätze 1 und 2 Nr. 2 und 3 dürfen Tatsachen im Sinne von § 203 Abs. 1, die von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der forensischen Ambulanz offenbart wurden, nur zu den dort genannten Zwecken verwendet werden.

(1) Das Gericht kann die verurteilte Person für die Dauer der Führungsaufsicht oder für eine kürzere Zeit anweisen,

1.
den Wohn- oder Aufenthaltsort oder einen bestimmten Bereich nicht ohne Erlaubnis der Aufsichtsstelle zu verlassen,
2.
sich nicht an bestimmten Orten aufzuhalten, die ihr Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können,
3.
zu der verletzten Person oder bestimmten Personen oder Personen einer bestimmten Gruppe, die ihr Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können, keinen Kontakt aufzunehmen, mit ihnen nicht zu verkehren, sie nicht zu beschäftigen, auszubilden oder zu beherbergen,
4.
bestimmte Tätigkeiten nicht auszuüben, die sie nach den Umständen zu Straftaten missbrauchen kann,
5.
bestimmte Gegenstände, die ihr Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können, nicht zu besitzen, bei sich zu führen oder verwahren zu lassen,
6.
Kraftfahrzeuge oder bestimmte Arten von Kraftfahrzeugen oder von anderen Fahrzeugen nicht zu halten oder zu führen, die sie nach den Umständen zu Straftaten missbrauchen kann,
7.
sich zu bestimmten Zeiten bei der Aufsichtsstelle, einer bestimmten Dienststelle oder der Bewährungshelferin oder dem Bewährungshelfer zu melden,
8.
jeden Wechsel der Wohnung oder des Arbeitsplatzes unverzüglich der Aufsichtsstelle zu melden,
9.
sich im Fall der Erwerbslosigkeit bei der zuständigen Agentur für Arbeit oder einer anderen zur Arbeitsvermittlung zugelassenen Stelle zu melden,
10.
keine alkoholischen Getränke oder andere berauschende Mittel zu sich zu nehmen, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen Gründe für die Annahme bestehen, dass der Konsum solcher Mittel zur Begehung weiterer Straftaten beitragen wird, und sich Alkohol- oder Suchtmittelkontrollen zu unterziehen, die nicht mit einem körperlichen Eingriff verbunden sind,
11.
sich zu bestimmten Zeiten oder in bestimmten Abständen bei einer Ärztin oder einem Arzt, einer Psychotherapeutin oder einem Psychotherapeuten oder einer forensischen Ambulanz vorzustellen oder
12.
die für eine elektronische Überwachung ihres Aufenthaltsortes erforderlichen technischen Mittel ständig in betriebsbereitem Zustand bei sich zu führen und deren Funktionsfähigkeit nicht zu beeinträchtigen.
Das Gericht hat in seiner Weisung das verbotene oder verlangte Verhalten genau zu bestimmen. Eine Weisung nach Satz 1 Nummer 12 ist, unbeschadet des Satzes 5, nur zulässig, wenn
1.
die Führungsaufsicht auf Grund der vollständigen Vollstreckung einer Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe von mindestens drei Jahren oder auf Grund einer erledigten Maßregel eingetreten ist,
2.
die Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe oder die Unterbringung wegen einer oder mehrerer Straftaten der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Art verhängt oder angeordnet wurde,
3.
die Gefahr besteht, dass die verurteilte Person weitere Straftaten der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Art begehen wird, und
4.
die Weisung erforderlich erscheint, um die verurteilte Person durch die Möglichkeit der Datenverwendung nach § 463a Absatz 4 Satz 2 der Strafprozessordnung, insbesondere durch die Überwachung der Erfüllung einer nach Satz 1 Nummer 1 oder 2 auferlegten Weisung, von der Begehung weiterer Straftaten der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Art abzuhalten.
Die Voraussetzungen von Satz 3 Nummer 1 in Verbindung mit Nummer 2 liegen unabhängig davon vor, ob die dort genannte Führungsaufsicht nach § 68e Absatz 1 Satz 1 beendet ist. Abweichend von Satz 3 Nummer 1 genügt eine Freiheits- oder Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren, wenn diese wegen einer oder mehrerer Straftaten verhängt worden ist, die unter den Ersten oder Siebenten Abschnitt des Besonderen Teils fallen; zu den in Satz 3 Nummer 2 bis 4 genannten Straftaten gehört auch eine Straftat nach § 129a Absatz 5 Satz 2, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1.

(2) Das Gericht kann der verurteilten Person für die Dauer der Führungsaufsicht oder für eine kürzere Zeit weitere Weisungen erteilen, insbesondere solche, die sich auf Ausbildung, Arbeit, Freizeit, die Ordnung der wirtschaftlichen Verhältnisse oder die Erfüllung von Unterhaltspflichten beziehen. Das Gericht kann die verurteilte Person insbesondere anweisen, sich psychiatrisch, psycho- oder sozialtherapeutisch betreuen und behandeln zu lassen (Therapieweisung). Die Betreuung und Behandlung kann durch eine forensische Ambulanz erfolgen. § 56c Abs. 3 gilt entsprechend, auch für die Weisung, sich Alkohol- oder Suchtmittelkontrollen zu unterziehen, die mit körperlichen Eingriffen verbunden sind.

(3) Bei den Weisungen dürfen an die Lebensführung der verurteilten Person keine unzumutbaren Anforderungen gestellt werden.

(4) Wenn mit Eintritt der Führungsaufsicht eine bereits bestehende Führungsaufsicht nach § 68e Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 endet, muss das Gericht auch die Weisungen in seine Entscheidung einbeziehen, die im Rahmen der früheren Führungsaufsicht erteilt worden sind.

(5) Soweit die Betreuung der verurteilten Person in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 11 oder ihre Behandlung in den Fällen des Absatzes 2 nicht durch eine forensische Ambulanz erfolgt, gilt § 68a Abs. 8 entsprechend.

(1) Ist Jugendarrest zu vollstrecken, so gibt der zunächst zuständige Jugendrichter die Vollstreckung an den Jugendrichter ab, der nach § 90 Abs. 2 Satz 2 als Vollzugsleiter zuständig ist.

(2) Ist Jugendstrafe zu vollstrecken, so geht nach der Aufnahme des Verurteilten in die Einrichtung für den Vollzug der Jugendstrafe die Vollstreckung auf den Jugendrichter des Amtsgerichts über, in dessen Bezirk die Einrichtung für den Vollzug der Jugendstrafe liegt. Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung zu bestimmen, daß die Vollstreckung auf den Jugendrichter eines anderen Amtsgerichts übergeht, wenn dies aus verkehrsmäßigen Gründen günstiger erscheint. Die Landesregierungen können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen.

(3) Unterhält ein Land eine Einrichtung für den Vollzug der Jugendstrafe auf dem Gebiet eines anderen Landes, so können die beteiligten Länder vereinbaren, daß der Jugendrichter eines Amtsgerichts des Landes, das die Einrichtung für den Vollzug der Jugendstrafe unterhält, zuständig sein soll. Wird eine solche Vereinbarung getroffen, so geht die Vollstreckung auf den Jugendrichter des Amtsgerichts über, in dessen Bezirk die für die Einrichtung für den Vollzug der Jugendstrafe zuständige Aufsichtsbehörde ihren Sitz hat. Die Regierung des Landes, das die Einrichtung für den Vollzug der Jugendstrafe unterhält, wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung zu bestimmen, daß der Jugendrichter eines anderen Amtsgerichts zuständig wird, wenn dies aus verkehrsmäßigen Gründen günstiger erscheint. Die Landesregierung kann die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltung übertragen.

(4) Absatz 2 gilt entsprechend bei der Vollstreckung einer Maßregel der Besserung und Sicherung nach § 61 Nr. 1 oder 2 des Strafgesetzbuches.

(5) Aus wichtigen Gründen kann der Vollstreckungsleiter die Vollstreckung widerruflich an einen sonst nicht oder nicht mehr zuständigen Jugendrichter abgeben.

(6) Hat der Verurteilte das vierundzwanzigste Lebensjahr vollendet, so kann der nach den Absätzen 2 bis 4 zuständige Vollstreckungsleiter die Vollstreckung einer nach den Vorschriften des Strafvollzugs für Erwachsene vollzogenen Jugendstrafe oder einer Maßregel der Besserung und Sicherung an die nach den allgemeinen Vorschriften zuständige Vollstreckungsbehörde abgeben, wenn der Straf- oder Maßregelvollzug voraussichtlich noch länger dauern wird und die besonderen Grundgedanken des Jugendstrafrechts unter Berücksichtigung der Persönlichkeit des Verurteilten für die weiteren Entscheidungen nicht mehr maßgebend sind; die Abgabe ist bindend. Mit der Abgabe sind die Vorschriften der Strafprozeßordnung und des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Strafvollstreckung anzuwenden.

(7) Für die Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft im Vollstreckungsverfahren gilt § 451 Abs. 3 der Strafprozeßordnung entsprechend.

(1) Wird gegen den Verurteilten eine Freiheitsstrafe vollstreckt, so ist für die nach den §§ 453, 454, 454a und 462 zu treffenden Entscheidungen die Strafvollstreckungskammer zuständig, in deren Bezirk die Strafanstalt liegt, in die der Verurteilte zu dem Zeitpunkt, in dem das Gericht mit der Sache befaßt wird, aufgenommen ist. Diese Strafvollstreckungskammer bleibt auch zuständig für Entscheidungen, die zu treffen sind, nachdem die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe unterbrochen oder die Vollstreckung des Restes der Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die Strafvollstreckungskammer kann einzelne Entscheidungen nach § 462 in Verbindung mit § 458 Abs. 1 an das Gericht des ersten Rechtszuges abgeben; die Abgabe ist bindend.

(2) In anderen als den in Absatz 1 bezeichneten Fällen ist das Gericht des ersten Rechtszuges zuständig. Das Gericht kann die nach § 453 zu treffenden Entscheidungen ganz oder zum Teil an das Amtsgericht abgeben, in dessen Bezirk der Verurteilte seinen Wohnsitz oder in Ermangelung eines Wohnsitzes seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hat; die Abgabe ist bindend. Abweichend von Absatz 1 ist in den dort bezeichneten Fällen das Gericht des ersten Rechtszuges zuständig, wenn es die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten hat und eine Entscheidung darüber gemäß § 66a Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches noch möglich ist.

(3) In den Fällen des § 460 entscheidet das Gericht des ersten Rechtszuges. Waren die verschiedenen Urteile von verschiedenen Gerichten erlassen, so steht die Entscheidung dem Gericht zu, das auf die schwerste Strafart oder bei Strafen gleicher Art auf die höchste Strafe erkannt hat, und falls hiernach mehrere Gerichte zuständig sein würden, dem Gericht, dessen Urteil zuletzt ergangen ist. War das hiernach maßgebende Urteil von einem Gericht eines höheren Rechtszuges erlassen, so setzt das Gericht des ersten Rechtszuges die Gesamtstrafe fest; war eines der Urteile von einem Oberlandesgericht im ersten Rechtszuge erlassen, so setzt das Oberlandesgericht die Gesamtstrafe fest. Wäre ein Amtsgericht zur Bildung der Gesamtstrafe zuständig und reicht seine Strafgewalt nicht aus, so entscheidet die Strafkammer des ihm übergeordneten Landgerichts.

(4) Haben verschiedene Gerichte den Verurteilten in anderen als den in § 460 bezeichneten Fällen rechtskräftig zu Strafe verurteilt oder unter Strafvorbehalt verwarnt, so ist nur eines von ihnen für die nach den §§ 453, 454, 454a und 462 zu treffenden Entscheidungen zuständig. Absatz 3 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. In den Fällen des Absatzes 1 entscheidet die Strafvollstreckungskammer; Absatz 1 Satz 3 bleibt unberührt.

(5) An Stelle der Strafvollstreckungskammer entscheidet das Gericht des ersten Rechtszuges, wenn das Urteil von einem Oberlandesgericht im ersten Rechtszuge erlassen ist. Das Oberlandesgericht kann die nach den Absätzen 1 und 3 zu treffenden Entscheidungen ganz oder zum Teil an die Strafvollstreckungskammer abgeben. Die Abgabe ist bindend; sie kann jedoch vom Oberlandesgericht widerrufen werden.

(6) Gericht des ersten Rechtszuges ist in den Fällen des § 354 Abs. 2 und des § 355 das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen worden ist, und in den Fällen, in denen im Wiederaufnahmeverfahren eine Entscheidung nach § 373 ergangen ist, das Gericht, das diese Entscheidung getroffen hat.

(1) Das Gericht setzt die Vollstreckung des Restes einer zeitigen Freiheitsstrafe zur Bewährung aus, wenn

1.
zwei Drittel der verhängten Strafe, mindestens jedoch zwei Monate, verbüßt sind,
2.
dies unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit verantwortet werden kann, und
3.
die verurteilte Person einwilligt.
Bei der Entscheidung sind insbesondere die Persönlichkeit der verurteilten Person, ihr Vorleben, die Umstände ihrer Tat, das Gewicht des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsguts, das Verhalten der verurteilten Person im Vollzug, ihre Lebensverhältnisse und die Wirkungen zu berücksichtigen, die von der Aussetzung für sie zu erwarten sind.

(2) Schon nach Verbüßung der Hälfte einer zeitigen Freiheitsstrafe, mindestens jedoch von sechs Monaten, kann das Gericht die Vollstreckung des Restes zur Bewährung aussetzen, wenn

1.
die verurteilte Person erstmals eine Freiheitsstrafe verbüßt und diese zwei Jahre nicht übersteigt oder
2.
die Gesamtwürdigung von Tat, Persönlichkeit der verurteilten Person und ihrer Entwicklung während des Strafvollzugs ergibt, daß besondere Umstände vorliegen,
und die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllt sind.

(3) Die §§ 56a bis 56e gelten entsprechend; die Bewährungszeit darf, auch wenn sie nachträglich verkürzt wird, die Dauer des Strafrestes nicht unterschreiten. Hat die verurteilte Person mindestens ein Jahr ihrer Strafe verbüßt, bevor deren Rest zur Bewährung ausgesetzt wird, unterstellt sie das Gericht in der Regel für die Dauer oder einen Teil der Bewährungszeit der Aufsicht und Leitung einer Bewährungshelferin oder eines Bewährungshelfers.

(4) Soweit eine Freiheitsstrafe durch Anrechnung erledigt ist, gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne der Absätze 1 bis 3.

(5) Die §§ 56f und 56g gelten entsprechend. Das Gericht widerruft die Strafaussetzung auch dann, wenn die verurteilte Person in der Zeit zwischen der Verurteilung und der Entscheidung über die Strafaussetzung eine Straftat begangen hat, die von dem Gericht bei der Entscheidung über die Strafaussetzung aus tatsächlichen Gründen nicht berücksichtigt werden konnte und die im Fall ihrer Berücksichtigung zur Versagung der Strafaussetzung geführt hätte; als Verurteilung gilt das Urteil, in dem die zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(6) Das Gericht kann davon absehen, die Vollstreckung des Restes einer zeitigen Freiheitsstrafe zur Bewährung auszusetzen, wenn die verurteilte Person unzureichende oder falsche Angaben über den Verbleib von Gegenständen macht, die der Einziehung von Taterträgen unterliegen.

(7) Das Gericht kann Fristen von höchstens sechs Monaten festsetzen, vor deren Ablauf ein Antrag der verurteilten Person, den Strafrest zur Bewährung auszusetzen, unzulässig ist.

(1) Der Vollstreckungsleiter kann die Vollstreckung des Restes der Jugendstrafe zur Bewährung aussetzen, wenn der Verurteilte einen Teil der Strafe verbüßt hat und dies im Hinblick auf die Entwicklung des Jugendlichen, auch unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit, verantwortet werden kann.

(2) Vor Verbüßung von sechs Monaten darf die Aussetzung der Vollstreckung des Restes nur aus besonders wichtigen Gründen angeordnet werden. Sie ist bei einer Jugendstrafe von mehr als einem Jahr nur zulässig, wenn der Verurteilte mindestens ein Drittel der Strafe verbüßt hat.

(3) Der Vollstreckungsleiter soll in den Fällen der Absätze 1 und 2 seine Entscheidung so frühzeitig treffen, daß die erforderlichen Maßnahmen zur Vorbereitung des Verurteilten auf sein Leben nach der Entlassung durchgeführt werden können. Er kann seine Entscheidung bis zur Entlassung des Verurteilten wieder aufheben, wenn die Aussetzung aufgrund neu eingetretener oder bekanntgewordener Tatsachen im Hinblick auf die Entwicklung des Jugendlichen, auch unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit, nicht mehr verantwortet werden kann.

(4) Der Vollstreckungsleiter entscheidet nach Anhören des Staatsanwalts und des Vollzugsleiters. Dem Verurteilten ist Gelegenheit zur mündlichen Äußerung zu geben.

(5) Der Vollstreckungsleiter kann Fristen von höchstens sechs Monaten festsetzen, vor deren Ablauf ein Antrag des Verurteilten, den Strafrest zur Bewährung auszusetzen, unzulässig ist.

(6) Ordnet der Vollstreckungsleiter die Aussetzung der Vollstreckung des Restes der Jugendstrafe an, so gelten § 22 Abs. 1, 2 Satz 1 und 2 sowie die §§ 23 bis 26a sinngemäß. An die Stelle des erkennenden Richters tritt der Vollstreckungsleiter. Auf das Verfahren und die Anfechtung von Entscheidungen sind die §§ 58, 59 Abs. 2 bis 4 und § 60 entsprechend anzuwenden. Die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluß, der die Aussetzung des Strafrestes anordnet, hat aufschiebende Wirkung.

(1) Als Maßregeln der Besserung und Sicherung im Sinne des allgemeinen Strafrechts können die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt, die Führungsaufsicht oder die Entziehung der Fahrerlaubnis angeordnet werden (§ 61 Nr. 1, 2, 4 und 5 des Strafgesetzbuches).

(2) Das Gericht kann im Urteil die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten, wenn

1.
der Jugendliche zu einer Jugendstrafe von mindestens sieben Jahren verurteilt wird wegen oder auch wegen eines Verbrechens
a)
gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit oder die sexuelle Selbstbestimmung oder
b)
nach § 251 des Strafgesetzbuches, auch in Verbindung mit § 252 oder § 255 des Strafgesetzbuches,
durch welches das Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt oder einer solchen Gefahr ausgesetzt worden ist, und
2.
die Gesamtwürdigung des Jugendlichen und seiner Tat oder seiner Taten ergibt, dass er mit hoher Wahrscheinlichkeit erneut Straftaten der in Nummer 1 bezeichneten Art begehen wird.
Das Gericht ordnet die Sicherungsverwahrung an, wenn die Gesamtwürdigung des Verurteilten, seiner Tat oder seiner Taten und ergänzend seiner Entwicklung bis zum Zeitpunkt der Entscheidung ergibt, dass von ihm Straftaten der in Satz 1 Nummer 1 bezeichneten Art zu erwarten sind; § 66a Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches gilt entsprechend. Für die Prüfung, ob die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung am Ende des Vollzugs der Jugendstrafe auszusetzen ist, und für den Eintritt der Führungsaufsicht gilt § 67c Absatz 1 des Strafgesetzbuches entsprechend.

(3) Wird neben der Jugendstrafe die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten und hat der Verurteilte das siebenundzwanzigste Lebensjahr noch nicht vollendet, so ordnet das Gericht an, dass bereits die Jugendstrafe in einer sozialtherapeutischen Einrichtung zu vollziehen ist, es sei denn, dass die Resozialisierung des Verurteilten dadurch nicht besser gefördert werden kann. Diese Anordnung kann auch nachträglich erfolgen. Solange der Vollzug in einer sozialtherapeutischen Einrichtung noch nicht angeordnet oder der Gefangene noch nicht in eine sozialtherapeutische Einrichtung verlegt worden ist, ist darüber jeweils nach sechs Monaten neu zu entscheiden. Für die nachträgliche Anordnung nach Satz 2 ist die Strafvollstreckungskammer zuständig, wenn der Betroffene das vierundzwanzigste Lebensjahr vollendet hat, sonst die für die Entscheidung über Vollzugsmaßnahmen nach § 92 Absatz 2 zuständige Jugendkammer. Im Übrigen gelten zum Vollzug der Jugendstrafe § 66c Absatz 2 und § 67a Absatz 2 bis 4 des Strafgesetzbuches entsprechend.

(4) Ist die wegen einer Tat der in Absatz 2 bezeichneten Art angeordnete Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 67d Abs. 6 des Strafgesetzbuches für erledigt erklärt worden, weil der die Schuldfähigkeit ausschließende oder vermindernde Zustand, auf dem die Unterbringung beruhte, im Zeitpunkt der Erledigungsentscheidung nicht bestanden hat, so kann das Gericht nachträglich die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung anordnen, wenn

1.
die Unterbringung des Betroffenen nach § 63 des Strafgesetzbuches wegen mehrerer solcher Taten angeordnet wurde oder wenn der Betroffene wegen einer oder mehrerer solcher Taten, die er vor der zur Unterbringung nach § 63 des Strafgesetzbuches führenden Tat begangen hat, schon einmal zu einer Jugendstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt oder in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht worden war und
2.
die Gesamtwürdigung des Betroffenen, seiner Taten und ergänzend seiner Entwicklung bis zum Zeitpunkt der Entscheidung ergibt, dass er mit hoher Wahrscheinlichkeit erneut Straftaten der in Absatz 2 bezeichneten Art begehen wird.

(5) Die regelmäßige Frist zur Prüfung, ob die weitere Vollstreckung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung zur Bewährung auszusetzen oder für erledigt zu erklären ist (§ 67e des Strafgesetzbuches), beträgt in den Fällen der Absätze 2 und 4 sechs Monate, wenn die untergebrachte Person bei Beginn des Fristlaufs das vierundzwanzigste Lebensjahr noch nicht vollendet hat.

(1) Ist eine Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen vorsätzlicher Straftaten oder eine Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe von mindestens einem Jahr wegen Straftaten der in § 181b genannten Art vollständig vollstreckt worden, tritt mit der Entlassung der verurteilten Person aus dem Strafvollzug Führungsaufsicht ein. Dies gilt nicht, wenn im Anschluss an die Strafverbüßung eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung vollzogen wird.

(2) Ist zu erwarten, dass die verurteilte Person auch ohne die Führungsaufsicht keine Straftaten mehr begehen wird, ordnet das Gericht an, dass die Maßregel entfällt.

(1) Das Gericht kann die verurteilte Person für die Dauer der Führungsaufsicht oder für eine kürzere Zeit anweisen,

1.
den Wohn- oder Aufenthaltsort oder einen bestimmten Bereich nicht ohne Erlaubnis der Aufsichtsstelle zu verlassen,
2.
sich nicht an bestimmten Orten aufzuhalten, die ihr Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können,
3.
zu der verletzten Person oder bestimmten Personen oder Personen einer bestimmten Gruppe, die ihr Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können, keinen Kontakt aufzunehmen, mit ihnen nicht zu verkehren, sie nicht zu beschäftigen, auszubilden oder zu beherbergen,
4.
bestimmte Tätigkeiten nicht auszuüben, die sie nach den Umständen zu Straftaten missbrauchen kann,
5.
bestimmte Gegenstände, die ihr Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können, nicht zu besitzen, bei sich zu führen oder verwahren zu lassen,
6.
Kraftfahrzeuge oder bestimmte Arten von Kraftfahrzeugen oder von anderen Fahrzeugen nicht zu halten oder zu führen, die sie nach den Umständen zu Straftaten missbrauchen kann,
7.
sich zu bestimmten Zeiten bei der Aufsichtsstelle, einer bestimmten Dienststelle oder der Bewährungshelferin oder dem Bewährungshelfer zu melden,
8.
jeden Wechsel der Wohnung oder des Arbeitsplatzes unverzüglich der Aufsichtsstelle zu melden,
9.
sich im Fall der Erwerbslosigkeit bei der zuständigen Agentur für Arbeit oder einer anderen zur Arbeitsvermittlung zugelassenen Stelle zu melden,
10.
keine alkoholischen Getränke oder andere berauschende Mittel zu sich zu nehmen, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen Gründe für die Annahme bestehen, dass der Konsum solcher Mittel zur Begehung weiterer Straftaten beitragen wird, und sich Alkohol- oder Suchtmittelkontrollen zu unterziehen, die nicht mit einem körperlichen Eingriff verbunden sind,
11.
sich zu bestimmten Zeiten oder in bestimmten Abständen bei einer Ärztin oder einem Arzt, einer Psychotherapeutin oder einem Psychotherapeuten oder einer forensischen Ambulanz vorzustellen oder
12.
die für eine elektronische Überwachung ihres Aufenthaltsortes erforderlichen technischen Mittel ständig in betriebsbereitem Zustand bei sich zu führen und deren Funktionsfähigkeit nicht zu beeinträchtigen.
Das Gericht hat in seiner Weisung das verbotene oder verlangte Verhalten genau zu bestimmen. Eine Weisung nach Satz 1 Nummer 12 ist, unbeschadet des Satzes 5, nur zulässig, wenn
1.
die Führungsaufsicht auf Grund der vollständigen Vollstreckung einer Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe von mindestens drei Jahren oder auf Grund einer erledigten Maßregel eingetreten ist,
2.
die Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe oder die Unterbringung wegen einer oder mehrerer Straftaten der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Art verhängt oder angeordnet wurde,
3.
die Gefahr besteht, dass die verurteilte Person weitere Straftaten der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Art begehen wird, und
4.
die Weisung erforderlich erscheint, um die verurteilte Person durch die Möglichkeit der Datenverwendung nach § 463a Absatz 4 Satz 2 der Strafprozessordnung, insbesondere durch die Überwachung der Erfüllung einer nach Satz 1 Nummer 1 oder 2 auferlegten Weisung, von der Begehung weiterer Straftaten der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Art abzuhalten.
Die Voraussetzungen von Satz 3 Nummer 1 in Verbindung mit Nummer 2 liegen unabhängig davon vor, ob die dort genannte Führungsaufsicht nach § 68e Absatz 1 Satz 1 beendet ist. Abweichend von Satz 3 Nummer 1 genügt eine Freiheits- oder Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren, wenn diese wegen einer oder mehrerer Straftaten verhängt worden ist, die unter den Ersten oder Siebenten Abschnitt des Besonderen Teils fallen; zu den in Satz 3 Nummer 2 bis 4 genannten Straftaten gehört auch eine Straftat nach § 129a Absatz 5 Satz 2, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1.

(2) Das Gericht kann der verurteilten Person für die Dauer der Führungsaufsicht oder für eine kürzere Zeit weitere Weisungen erteilen, insbesondere solche, die sich auf Ausbildung, Arbeit, Freizeit, die Ordnung der wirtschaftlichen Verhältnisse oder die Erfüllung von Unterhaltspflichten beziehen. Das Gericht kann die verurteilte Person insbesondere anweisen, sich psychiatrisch, psycho- oder sozialtherapeutisch betreuen und behandeln zu lassen (Therapieweisung). Die Betreuung und Behandlung kann durch eine forensische Ambulanz erfolgen. § 56c Abs. 3 gilt entsprechend, auch für die Weisung, sich Alkohol- oder Suchtmittelkontrollen zu unterziehen, die mit körperlichen Eingriffen verbunden sind.

(3) Bei den Weisungen dürfen an die Lebensführung der verurteilten Person keine unzumutbaren Anforderungen gestellt werden.

(4) Wenn mit Eintritt der Führungsaufsicht eine bereits bestehende Führungsaufsicht nach § 68e Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 endet, muss das Gericht auch die Weisungen in seine Entscheidung einbeziehen, die im Rahmen der früheren Führungsaufsicht erteilt worden sind.

(5) Soweit die Betreuung der verurteilten Person in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 11 oder ihre Behandlung in den Fällen des Absatzes 2 nicht durch eine forensische Ambulanz erfolgt, gilt § 68a Abs. 8 entsprechend.

Wer während der Führungsaufsicht gegen eine bestimmte Weisung der in § 68b Abs. 1 bezeichneten Art verstößt und dadurch den Zweck der Maßregel gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Die Tat wird nur auf Antrag der Aufsichtsstelle (§ 68a) verfolgt.

(1) Die Vorschriften über die Strafvollstreckung gelten für die Vollstreckung von Maßregeln der Besserung und Sicherung sinngemäß, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) § 453 gilt auch für die nach den §§ 68a bis 68d des Strafgesetzbuches zu treffenden Entscheidungen.

(3) § 454 Abs. 1, 3 und 4 gilt auch für die nach § 67c Abs. 1, § 67d Abs. 2 und 3, § 67e Abs. 3, den §§ 68e, 68f Abs. 2 und § 72 Abs. 3 des Strafgesetzbuches zu treffenden Entscheidungen. In den Fällen des § 68e des Strafgesetzbuches bedarf es einer mündlichen Anhörung des Verurteilten nicht. § 454 Abs. 2 findet in den Fällen des § 67d Absatz 2 und 3 und des § 72 Absatz 3 des Strafgesetzbuches unabhängig von den dort genannten Straftaten sowie bei Prüfung der Voraussetzungen des § 67c Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Strafgesetzbuches auch unabhängig davon, ob das Gericht eine Aussetzung erwägt, entsprechende Anwendung, soweit das Gericht über die Vollstreckung der Sicherungsverwahrung zu entscheiden hat; im Übrigen findet § 454 Abs. 2 bei den dort genannten Straftaten Anwendung. Zur Vorbereitung der Entscheidung nach § 67d Abs. 3 des Strafgesetzbuches sowie der nachfolgenden Entscheidungen nach § 67d Abs. 2 des Strafgesetzbuches hat das Gericht das Gutachten eines Sachverständigen namentlich zu der Frage einzuholen, ob von dem Verurteilten weiterhin erhebliche rechtswidrige Taten zu erwarten sind. Ist die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet worden, bestellt das Gericht dem Verurteilten, der keinen Verteidiger hat, rechtzeitig vor einer Entscheidung nach § 67c Absatz 1 des Strafgesetzbuches einen Verteidiger.

(4) Im Rahmen der Überprüfung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 des Strafgesetzbuches) nach § 67e des Strafgesetzbuches ist eine gutachterliche Stellungnahme der Maßregelvollzugseinrichtung einzuholen, in der der Verurteilte untergebracht ist. Das Gericht soll nach jeweils drei Jahren, ab einer Dauer der Unterbringung von sechs Jahren nach jeweils zwei Jahren vollzogener Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus das Gutachten eines Sachverständigen einholen. Der Sachverständige darf weder im Rahmen des Vollzugs der Unterbringung mit der Behandlung der untergebrachten Person befasst gewesen sein noch in dem psychiatrischen Krankenhaus arbeiten, in dem sich die untergebrachte Person befindet, noch soll er das letzte Gutachten bei einer vorangegangenen Überprüfung erstellt haben. Der Sachverständige, der für das erste Gutachten im Rahmen einer Überprüfung der Unterbringung herangezogen wird, soll auch nicht das Gutachten in dem Verfahren erstellt haben, in dem die Unterbringung oder deren späterer Vollzug angeordnet worden ist. Mit der Begutachtung sollen nur ärztliche oder psychologische Sachverständige beauftragt werden, die über forensisch-psychiatrische Sachkunde und Erfahrung verfügen. Dem Sachverständigen ist Einsicht in die Patientendaten des Krankenhauses über die untergebrachte Person zu gewähren. § 454 Abs. 2 gilt entsprechend. Der untergebrachten Person, die keinen Verteidiger hat, bestellt das Gericht für die Überprüfung der Unterbringung, bei der nach Satz 2 das Gutachten eines Sachverständigen eingeholt werden soll, einen Verteidiger.

(5) § 455 Abs. 1 ist nicht anzuwenden, wenn die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet ist. Ist die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt oder in der Sicherungsverwahrung angeordnet worden und verfällt der Verurteilte in Geisteskrankheit, so kann die Vollstreckung der Maßregel aufgeschoben werden. § 456 ist nicht anzuwenden, wenn die Unterbringung des Verurteilten in der Sicherungsverwahrung angeordnet ist.

(6) § 462 gilt auch für die nach § 67 Absatz 3, 5 Satz 2 und Absatz 6, den §§ 67a und 67c Abs. 2, § 67d Abs. 5 und 6, den §§ 67g, 67h und 69a Abs. 7 sowie den §§ 70a und 70b des Strafgesetzbuches zu treffenden Entscheidungen. In den Fällen des § 67d Absatz 6 des Strafgesetzbuches ist der Verurteilte mündlich zu hören. Das Gericht erklärt die Anordnung von Maßnahmen nach § 67h Abs. 1 Satz 1 und 2 des Strafgesetzbuchs für sofort vollziehbar, wenn erhebliche rechtswidrige Taten des Verurteilten drohen.

(7) Für die Anwendung des § 462a Abs. 1 steht die Führungsaufsicht in den Fällen des § 67c Abs. 1, des § 67d Abs. 2 bis 6 und des § 68f des Strafgesetzbuches der Aussetzung eines Strafrestes gleich.

(8) Wird die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung vollstreckt, bestellt das Gericht dem Verurteilten, der keinen Verteidiger hat, für die Verfahren über die auf dem Gebiet der Vollstreckung zu treffenden gerichtlichen Entscheidungen einen Verteidiger. Die Bestellung hat rechtzeitig vor der ersten gerichtlichen Entscheidung zu erfolgen und gilt auch für jedes weitere Verfahren, solange die Bestellung nicht aufgehoben wird.

Auf die Beschwerde der früheren Untergebrachten wird der Beschluss der großen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Koblenz vom 7. Oktober 2015 zu Ziffern 1. und 5. der Entscheidungsformel vollständig und zu Ziffer 3. insoweit aufgehoben, als die Beschwerdeführerin angewiesen worden ist, ihre Drogenfreiheit auf Weisung des Gerichts oder der Führungsaufsichtsstelle durch die Abgabe einer Urin- oder Haarprobe pro Quartal, demnach viermal im Jahr, für die Dauer der Führungsaufsichtszeit nachzuweisen.

Die weitergehende Beschwerde wird, soweit sie sich gegen die Unterstellung unter die Aufsicht und Leitung der Bewährungshilfe richtet, als unzulässig und im Übrigen als unbegründet verworfen.

Die Sache wird zur erneuten Entscheidung über Weisungen zur Durchführung von Drogenscreenings und zur Teilnahme an Suchtberatungsgesprächen an die Strafvollstreckungskammer zurückverwiesen, die auch über die Kosten der Beschwerde zu entscheiden hat.

Gründe

I.

1

Durch Urteil des Landgerichts Mainz vom 31. Januar 2002, rechtskräftig seit dem 25. April 2002, wurde die Unterbringung der Beschwerdeführerin in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB angeordnet. Die Beschwerdeführerin hatte nach zahlreichen Vorstrafen wegen Diebstählen, Erschleichens von Leistungen und Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz sowie einer im Jahr 1998 erfolgten Verurteilung wegen schweren räuberischen Diebstahls (unter Einsatz eines Klappmessers als Drohmittel) und Diebstahls weitere Straftaten im Zustand zumindest erheblich verminderter, nicht ausschließbar völlig aufgehobener Steuerungsfähigkeit begangen. Anschließend hatte die an einer Borderline-Persönlichkeitsstörung und Politoxikomanie leidende Beschwerdeführerin neben Bedrohungen, Diebstählen und Urkundenfälschungen im Jahr 2001 einen räuberischen und erneut unter Einsatz eines Klappmessers als Drohmittel einen schweren räuberischen Diebstahl begangen, bei dem sie von dem Kaufhausdetektiv überwältigt werden konnte, ohne dass es zu einem weitergehenden Einsatz des Messers kam. Nach Überweisung in den Vollzug der Maßregel nach § 64 StGB befand sich die Beschwerdeführerin ab dem 25. Juli 2014 wieder im Maßregelvollzug nach § 63 StGB in der Klinik...[A] für forensische Psychiatrie in ...[Z].

2

Mit Beschluss vom 24. April 2015 hat die große Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Koblenz die Fortdauer der Unterbringung der Beschwerdeführerin in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Auf ihre dagegen gerichtete sofortige Beschwerde hat der Senat durch Beschluss vom 17. Juli 2015 (Az. 2 Ws 339/15) unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung (Ziffer 1) die Unterbringung der Beschwerdeführerin in einem psychiatrischen Krankenhaus wegen Unverhältnismäßigkeit für erledigt erklärt (Ziffer 2), ihre Entlassung aus dem Maßregelvollzug angeordnet (Ziffer 2), die kraft Gesetzes eintretende Führungsaufsicht nicht entfallen lassen (Ziffer 4), die Beschwerdeführerin der Aufsicht und Leitung eines Bewährungshelfers unterstellt (Ziffer 5) und die weitere Ausgestaltung der Führungsaufsicht der Strafvollstreckungskammer vorbehalten (Ziffer 6). Seither lebt die Beschwerdeführerin in einem psychiatrischen Wohnheim der …[B]-Fachklinik …[Y].

3

Nach Einholung einer sachverständigen Stellungnahme der Klinik ...[A] hat die Staatsanwaltschaft Mainz bei der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Koblenz beantragt, die Führungsaufsicht nicht entfallen zu lassen, die Dauer der Führungsaufsicht auf fünf Jahre festzusetzen, die Unterstellung unter Bewährungsaufsicht anzuordnen und der früheren Untergebrachten verschiedene Weisungen in der Führungsaufsicht zu erteilen. Nachdem die stellvertretende Vorsitzende der großen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Koblenz der früheren Untergebrachten unter Beteiligung ihres Verteidigers rechtliches Gehör zu den von der Staatsanwaltschaft beantragten Weisungen gewährt hatte, hat die große Strafvollstreckungskammer am 7. Oktober 2015 folgenden Beschluss gefasst:

4

1. Die gemäß § 67d Absatz 6 Satz 2 StGB eingetretene Führungsaufsicht dauert 5 Jahre.

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2. Die Verurteilte wird für die Dauer der Führungsaufsicht der Aufsicht und Leitung der für ihren Wohnsitz zuständigen Bewährungshilfe und Führungsaufsichtsstelle unterstellt.

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3. Die Verurteilte wird angewiesen, für die Dauer der gesamten Führungsaufsichtszeit keine vom BtMG erfassten Substanzen ohne schriftliche Erlaubnis zu konsumieren und ihre Drogenfreiheit auf Weisung des Gerichts oder der Führungsaufsichtsstelle durch die Abgabe einer Urin- oder Haarprobe pro Quartal, demnach viermal im Jahr, für die Dauer der Führungsaufsichtszeit nachzuweisen, § 68b Absatz 1 Nr. 10 StGB.

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4. Die Verurteilte wird angewiesen, unverzüglich nach der Entlassung ihren Wohnsitz in …[X] zu begründen, sich dort unverzüglich polizeilich anzumelden, ihre Anschrift unverzüglich der Führungsaufsichtsstelle mitzuteilen und ihre Wohnung in der Einrichtung nicht ohne Rücksprache mit dem Bewährungshelfer aufzugeben bzw. zu wechseln, § 68b Absatz 2 StGB.

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5. Die Verurteilte wird angewiesen, regelmäßig an Gesprächen bei der Suchtberatungsstelle („Narcotic Anonymus“) teilzunehmen und die Teilnahme durch Vorlage einer schriftlichen Bestätigung der durchführenden Stelle gegenüber dem Bewährungshelfer nachzuweisen, § 68b Absatz 2 StGB.

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6. Die Verurteilte wird angewiesen, sich unmittelbar nach der Entlassung - spätestens binnen einer Frist von einem Monat - bei der Institutsambulanz der ...[B]-Fachklinik vorzustellen und sich dort im Hinblick auf die in dem Urteil festgestellten Taten und die dadurch zu Tage getretene Problematik betreuen und behandeln zu lassen. Die Verurteilte darf die Behandlung nicht ohne ärztliche Bescheinigung beenden, § 68b Absatz 2 Nr. 11 StGB.

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Die unter Ziffern 3. - 6. erteilten Weisungen entsprechen dem Antrag der Staatsanwaltschaft, die allerdings zusätzlich hinsichtlich der Weisung zu Ziffer 3. beantragt hatte, dass die Drogenscreenings „auf eigene Kosten“ durchgeführt werden sollen.

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Gegen die der früheren Untergebrachten am 20. Oktober 2015 zugestellte Entscheidung hat sie durch Schriftsatz ihres bestellten Verteidigers am 22. Oktober 2015 Beschwerde eingelegt. Mit Verteidigerschriftsatz vom 4. Dezember 2015 hat sie klargestellt, dass sich das Rechtsmittel nur gegen die Ausgestaltung der Führungsaufsicht richtet. Sie wendet sich sowohl gegen die angeordnete Dauer der Führungsaufsicht als auch gegen die fehlende Konkretisierung des Bewährungshelfers und die erteilten Weisungen.

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Die Generalstaatsanwaltschaft beantragt, unter Verwerfung des weitergehenden Rechtsmittels die zu Ziffern 3. und 5. erteilten Weisungen aufzuheben.

II.

13

1. Entgegen der Auffassung der Generalstaatsanwaltschaft handelt es sich bei dem Rechtsmittel nicht zusätzlich zur einfachen, nicht fristgebundenen Beschwerde gegen den Beschluss der Strafvollstreckungskammer vom 7. Oktober 2015 um eine sofortige Beschwerde. Von einer nach §§ 463 Abs. 6 Satz 1, 462 Abs. 3 Satz 1 StPO statthaften, gegen das Nichtentfallen der Führungsaufsicht nach § 67d Abs. 6 Satz 3 StGB gerichteten sofortigen Beschwerde ist nicht auszugehen. Denn der Beschluss enthält keine insoweit inzident getroffene Entscheidung. Eine solche war von der Strafvollstreckungskammer auch nicht zu treffen, weil bereits durch den gemäß § 310 StPO unanfechtbaren Senatsbeschluss vom 17. Juli 2015 das Nichtentfallen der kraft Gesetzes eingetretenen Führungsaufsicht angeordnet worden war (§ 67d Abs. 6 Satz 2 und 3 StGB).

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Gegeben ist mithin nur eine gegen die Dauer der Führungsaufsicht, die Unterstellung unter die Aufsicht und Leitung der Bewährungshilfe und Führungsaufsichtsstelle sowie die erteilten Weisungen gerichtete, gemäß §§ 463 Abs. 2, 453 Abs. 2 Satz 1 StPO statthafte einfache Beschwerde. Sie ist in zulässiger Weise eingelegt (§ 306 Abs. 1 StPO), erweist sich aber mangels Beschwer als unzulässig, soweit sie sich gegen die Unterstellung unter die Aufsicht und Leitung des für den Wohnsitz der Beschwerdeführerin zuständigen Bewährungshelfers richtet. Der Beschluss der Strafvollstreckungskammer ist insoweit nur deklaratorischer Natur. Denn er wiederholt lediglich die Unterstellung der früheren Untergebrachten unter die Aufsicht und Leitung eines Bewährungshelfers, die der Senat bereits in seiner unanfechtbaren Entscheidung vom 17. Juli 2015 unter Ziffer 5. des Entscheidungstenors angeordnet hatte.

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2. In der Sache hat die Beschwerde Erfolg, soweit sie sich gegen die Bestimmung der Dauer der Führungsaufsicht wendet (Ziffer 1.), und einen zumindest vorläufigen Erfolg, soweit sie sich gegen die gesamte unter Ziffer 5. erteilte Weisung und die unter Ziffer 3. erteilte Weisung zur Durchführung von Drogenscreenings richtet; im Übrigen ist sie unbegründet.

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a) Die Bestimmung der Dauer der Führungsaufsicht auf fünf Jahre (Ziffer 1.) hat keinen Bestand. Gemäß § 68c Abs. 1 Satz 1 StGB dauert die Führungsaufsicht mindestens zwei und höchstens fünf Jahre; innerhalb dieses Rahmens ist sie kraft Gesetzes von unbestimmter Dauer. Satz 2 dieser Vorschrift gibt dem Gericht nur die Möglichkeit, ausnahmsweise eine von Anfang an als unangemessen erscheinende Höchstdauer abzukürzen. Macht das Gericht davon - wie vorliegend - keinen Gebrauch, so bleibt es bei dem gesetzlichen Regelfall (ständige Rechtsprechung des OLG Koblenz, vgl. z.B. Beschlüsse 2 Ws 568/15 vom 26.11.2015, 2 Ws 416/15 vom 01.09.2015, 2 Ws 488/12 vom 01.08.2012 und 1 Ws 391/02 vom 27.05.2002). Es hängt dann vom weiteren Verlauf der Führungsaufsicht ab, ob nach Ablauf der gesetzlichen Mindestdauer deren vorzeitige Aufhebung (§ 68e Abs. 2 StGB) oder eine nachträgliche Verkürzung der Höchstdauer (§ 68d Abs. 1 StGB i.V.m. § 68c Abs. 1 Satz 2 StGB) in Betracht kommt. Aus denselben Gründen bedarf es keiner Befristung der erteilten Weisungen. Sie gelten grundsätzlich für die Dauer der Führungsaufsicht.

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b) Nicht zu beanstanden ist demgegenüber Ziffer 2. des angefochtenen Beschlusses, soweit sie über den Inhalt des Senatsbeschlusses vom 17. Juli 2015 hinausgeht und die Beschwerde deshalb nicht bereits mangels Beschwer unzulässig ist. Dass die unter Führungsaufsicht stehende Person der Führungsaufsichtsstelle untersteht, folgt unmittelbar aus § 68a Abs. 1 Halbs. 1 StGB. Der entsprechende Ausspruch der Strafvollstreckungskammer ist mithin nur deklaratorisch. Entgegen der Auffassung des Verteidigers ist es auch nicht zu beanstanden, dass die für den Wohnsitz der Beschwerdeführerin zuständige Bewährungshilfe und Führungssaufsichtstelle in der angefochtenen Entscheidung nicht näher bezeichnet worden sind. Denn aus § 1 des Landesgesetzes über den Sozialdienst in der Justiz vom 26. September 2000 (GVBl. 2000, 397) ergibt sich unmittelbar, dass beide Stellen bei dem Landgericht eingerichtet sind. Wo sich das für den Wohnsitz zuständige Landgericht befindet, geht unmittelbar aus §§ 5 und 6 des Landesgesetzes über die Gliederung und die Bezirke der Gerichte vom 5. Oktober 1977 (GVBl. 1977, 333) hervor. Ob eine namentliche Benennung des Bewährungshelfers erforderlich ist (so BGH NStZ 2008, 472; OLG Köln NStZ 1991, 453; Fischer, StGB, 62. Aufl., § 56d Rn. 3; a.A. Trüg in: Leipold/Tsambikakis/Zöller, Anwaltkommentar StGB, 2. Aufl., § 56d Rn. 6 m.w.N.), bedarf hier keiner Entscheidung. Denn die namentliche Bestellung des Bewährungshelfers oder Bewährungshelferin bleibt üblicherweise einem gesonderten Beschluss vorbehalten (vgl. OLG Celle, Beschluss 2 Ws 34/15 vom 15.04.2015, juris vor Rn. 1).

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c) Soweit sich das Rechtsmittel gegen die erteilten Weisungen richtet, ist die Prüfung des Beschwerdegericht gemäß §§ 463 Abs. 2, 453 Abs. 2 Satz 2 StPO darauf beschränkt, ob die getroffenen Anordnungen gesetzwidrig sind. Dies ist nur dann der Fall, wenn sie keine ausreichende Rechtsgrundlage haben, nicht hinreichend bestimmt und unverhältnismäßig sind oder sonst ein Ermessensmissbrauch vorliegt (vgl. OLG Koblenz, Beschlüsse 2 Ws 416/15 vom 01.09.2015, 2 Ws 16/11 vom 12.01.2011, 1 Ws 595/11 vom 16.11.2011; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl. § 453 Rn. 12). Eine Zweckmäßigkeitskontrolle erfolgt durch das Beschwerdegericht hingegen nicht.

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aa) Daran gemessen sind die zu Ziffer 3. Halbs. 1 erteilte Weisung, für die Dauer der gesamten Führungsaufsichtszeit keine vom BtMG erfassten Substanzen ohne schriftliche Erlaubnis zu konsumieren, und die unter Ziffern 4. und 6. erteilten Weisungen zur Wohnsitznahme in einem psychiatrischen Wohnheim der ...[B]-Fachklinik und zur Erstvorstellung und Behandlung in einer näher bezeichneten forensischen Ambulanz nicht zu beanstanden. Die Generalstaatsanwaltschaft hat dazu in ihrer dem Verteidiger zur Kenntnis gebrachten Stellungnahme vom 12. November 2015 folgendes ausgeführt:

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„Rechtsgrundlage für die Weisung, keine vom BtMG erfassten Substanzen ohne schriftliche Erlaubnis zu konsumieren, ist § 68b Abs. 1 S. 1 Nr. 10 StGB. Nach dieser Vorschrift kann das Gericht die verurteilte Person anweisen, keine anderen berauschende Mittel zu sich zu nehmen und sich Konsumkontrollen zu unterziehen, die nicht mit einem körperlichen Eingriff verbunden sind. Die Weisungsmöglichkeit setzt voraus, dass bestimmte Tatsachen die Annahme begründen, dass der Rauschmittelkonsum zur Gefahr weiterer Straftaten beitragen könnte. Diese Voraussetzungen sind in Bezug auf die Verurteilte gegeben. Dem Urteil des Landgerichts Mainz vom 30.01.2002 (Bl. 7 ff d. VH) und den vorliegenden Akten ist hinreichend zu entnehmen, dass die psychische Erkrankung durch den Konsum von Betäubungsmitteln gefördert wird und sich somit die Gefahr der Begehung von Straftaten durch die Verurteilte durch die Einnahme der entsprechenden Rauschmittel erhöht.

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Die auf § 68b Abs. 2 S. 1 StGB gestützte Weisung, unverzüglich nach der Entlassung ihren Wohnsitz in …[X] zu begründen, sich dort unverzüglich polizeilich anzumelden, ihre Anschrift unverzüglich der Führungsaufsichtsstelle mitzuteilen und ihre Wohnung in der Einrichtung nicht ohne Rücksprache mit dem Bewährungshelfer aufzugeben bzw. zu wechseln, erweist sich als zulässig. Bei dem Wohnsitz handelt es sich um die Entlassungsanschrift der Verurteilten (vgl. OLG Hamm, Beschluss v. 21.06.2012 - III-2 Ws 190, 191/12; Anm. des Senats: so dass dem Einwilligungserfordernis nach § 68b Abs. 2 Satz 4 i.V.m. § 56c Abs. 3 Nr. 2 StGB Genüge getan ist). Die Anmeldepflicht und die Pflicht zur Mitteilung der Anschrift sind ebenfalls nicht zu beanstanden (vgl. OLG Koblenz, Beschluss v. 17.09.2012 - 2 Ws 711/12). Das Gebot der Rücksprache mit dem Bewährungshelfer enthält nicht ein Zustimmungsbedürfnis desselben (vgl. OLG Koblenz, Beschluss v. 27.06.2012 - 2 Ws 320/12; Anm. des Senats: s.a. OLG Hamm a.a.O., juris Rn. 46). Die Weisung dient dem mit dem Eintritt der Führungsaufsicht verbundenen Überwachungszweck der Verurteilten und ist weder im Hinblick auf das zu beachtende Bestimmtheitsgebot noch unter Zumutbarkeitsgesichtspunkten betreffend die Lebensführung der Verurteilten (§ 68b Abs. 3 StGB) zu beanstanden.

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Die Weisung, sich unmittelbar nach der Entlassung, spätestens binnen einer Frist von einem Monat bei der Institutsambulanz der ...[B]-Fachklinik vorzustellen und sich dort im Hinblick auf die im Urteil festgestellten Taten und die dadurch zu Tage getretene Problematik betreuen und behandeln zu lassen, ist im Ergebnis nicht zu beanstanden (vgl. OLG Koblenz, Beschluss v. 02.04.2012 - 1 Ws 153/12). Die gesetzliche Grundlage für die Therapieanweisung findet sich indes in § 68b Abs. 2 S. 2, 3 StGB und nicht in § 68b Abs. 1 S. 1 Nr. 11 StGB, da nicht die Kontrolle der Verurteilten im Vordergrund steht. Die inhaltliche Ausgestaltung der Weisung ist noch hinreichend bestimmt, da die Art der Therapie sowie der Zeitraum, innerhalb dessen die Therapie anzutreten ist, festgelegt wird (vgl. OLG Hamm a.a.O. m.w.N.). Soweit teilweise vertreten wird, das Bestimmtheitsgebot erfordere eine noch weitergehende Ausgestaltung der Therapieweisung dahingehend, dass auch die Art und Häufigkeit der Therapiesitzungen festzulegen sind (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss v. 27.08.2008 - 3 Ws 765/08; Schönke/Schröder, a.a.O., 68b, Rn. 22 m.w.N.), vermag dies nicht zu überzeugen. Bei einer zu detaillierten Regelung besteht die Gefahr eines sachwidrigen Eingriffs in die für notwendig erachtete Therapie. Namentlich der Ablauf und die Häufigkeit der Therapiesitzungen sind abhängig vom Behandlungsverlauf, der Mitwirkung der Verurteilten und der aufzuarbeitenden Problematik. Ein Ermessensmissbrauch oder eine Überschreitung des Ermessensspielraumes ist vorliegend ebenfalls nicht feststellbar; insbesondere enthält die Weisung keinen unverhältnismäßigen Eingriff in die Lebensführung der Verurteilten. Auch die Weisung, die Behandlung nicht ohne ärztliche Bescheinigung zu beenden, mithin ordnungsgemäß abzuschließen, begegnet keinen rechtlichen Bedenken (vgl. OLG Nürnberg, Beschluss v. 23.03.2009 - 1 Ws 94/09; Anm. des Senats: s. a. OLG Hamm NStZ 2000, 373; OLG Naumburg NStZ-RR 2010, 324).“

23

Der Senat schließt sich diesen zutreffenden Ausführungen an und bemerkt ergänzend:

24

Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Senats, dass eine Abstinenzweisung auch dann zulässig ist, wenn sie sich an einen bislang nicht erfolgreich behandelten Verurteilten richtet (OLG Koblenz, Beschlüsse 2 Ws 416/15 vom 01.09.2015, 2 Ws 389/11 vom 19.08.2011 und 2 Ws 174-175/14 vom 10.04.2014), was hier zumindest nicht auszuschließen ist.

25

bb) Keinen Bestand haben können hingegen die zu Ziffer 3. Halbs. 2 und Ziffer 5. erteilten Weisungen.

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Die Generalstaatsanwaltschaft hat hierzu wie folgt Stellung genommen:

27

„Die weitere Weisung, wie die Drogenfreiheit nachzuweisen ist, begegnet indes rechtlichen Bedenken. Zwar wird die Höchstzahl der in einem Jahr durchzuführenden und die Art der Kontrollen hinreichend bestimmt (vgl. OLG Koblenz, Beschluss v. 23.03.2011 - 1 Ws 161/11). Es fehlt indes an der Festlegung der durchführenden Stelle und der Regelung der Kostentragungspflicht (OLG Koblenz, a.a.O.; OLG München, Beschluss v. 09.06.2010 - 3 Ws 457/10). Es handelt sich erkennbar um regelmäßige Kontrollen. Zudem sind lediglich Kontrollen erlaubt, die nicht mit einem körperlichen Eingriff verbunden sind. Da jedoch auch die menschlichen Haare zur Körpersubstanz gehören, stellt eine Haarprobe, also das Abschneiden von Haaren, einen - wenn auch nur geringfügigen - körperlichen Eingriff dar (vgl. OLG München a.a.O.; Schönke/Schröder, a.a.O., § 68b, Rn. 14a m.w.N.). Dass Kontrollmaßnahmen, die mit körperlichen Eingriffen - und sei es auch nur geringfügiger Art - verbunden sind, nur mit der Einwilligung des Verurteilten möglich sind, hat der Gesetzgeber in § 68b Abs. 2 S. 4 StGB ausdrücklich klargestellt. Die Weisung kann daher im Lichte der in § 145a StGB enthaltenen Strafandrohung und dem daraus folgenden Bestimmtheitserfordernis in der gegebenen Form keinen Bestand haben.

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Die auf § 68b Abs. 2 StGB gestützte Weisung, regelmäßig an Gesprächen bei einer Suchtberatungsstelle („Narcotics Anonymous“) teilzunehmen und die Teilnahme gegenüber dem Bewährungshelfer nachzuweisen, begegnet rechtlichen Bedenken. Zwar ist grundsätzlich die Weisung, an regelmäßigen Gesprächen in einer Suchtberatungsstelle teilzunehmen, zulässig (vgl. OLG Zweibrücken, Beschluss v. 28.07.2010 - 2 Ws 195/10). Vorliegend fehlt es jedoch an der näheren Ausgestaltung der Weisung hinsichtlich der konkreten Beratungsstelle, zu der der Kontakt hergestellt werden soll, sowie hinsichtlich der Gesamtdauer der Maßnahme (vgl. OLG Hamm a.a.O.). Die Weisung kann daher in der gegebenen Form keinen Bestand haben.“

29

Dem schließt sich der Senat mit folgenden Ergänzungen an:

30

Die Weisung zur Durchführung von Drogenscreenings genügt dem rechtsstaatlichen Gebot der Bestimmtheit auch deshalb nicht, weil unklar bleibt, auf welche Betäubungsmittel die Urin-/Haarproben analysiert werden sollen (vgl. OLG Koblenz, Beschlüsse 1 Ws 243/11 vom 09.05.2011). Eine Kontrolle auf sämtliche dem Betäubungsmittelgesetz unterfallende Substanzen dürfte nicht gewollt sein und wäre auch ermessensfehlerhaft.

31

Bei der Weisung zu Ziffer 5. fehlt außerdem die Bestimmung der Frequenz oder der innerhalb eines bestimmten Zeitraums zu absolvierenden Anzahl der Gespräche in der Suchtberatungsstelle und der Kostentragung.

32

3. Da es dem Senat als Folge seiner nur eingeschränkten Prüfungskompetenz (§ 453 Abs. 2 Satz 2 StGB) verwehrt ist, sein Ermessen an die Stelle desjenigen der Strafvollstreckungskammer zu setzen, war die Sache hinsichtlich der aufgehobenen Weisungen zu Ziffer 3. Halbs. 2 und Ziffer 5. zur erneuten Entscheidung an die Strafvollstreckungskammer zurückzuverweisen (vgl. Senat, Beschlüsse 2 Ws 280, 281/14 vom 12.06.2014; 2 Ws 389/11 vom 19.08.2011).

(1) Die Entscheidung, ob die Vollstreckung des Restes einer Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt werden soll (§§ 57 bis 58 des Strafgesetzbuches) sowie die Entscheidung, daß vor Ablauf einer bestimmten Frist ein solcher Antrag des Verurteilten unzulässig ist, trifft das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. Die Staatsanwaltschaft, der Verurteilte und die Vollzugsanstalt sind zu hören. Der Verurteilte ist mündlich zu hören. Von der mündlichen Anhörung des Verurteilten kann abgesehen werden, wenn

1.
die Staatsanwaltschaft und die Vollzugsanstalt die Aussetzung einer zeitigen Freiheitsstrafe befürworten und das Gericht die Aussetzung beabsichtigt,
2.
der Verurteilte die Aussetzung beantragt hat, zur Zeit der Antragstellung
a)
bei zeitiger Freiheitsstrafe noch nicht die Hälfte oder weniger als zwei Monate,
b)
bei lebenslanger Freiheitsstrafe weniger als dreizehn Jahre
der Strafe verbüßt hat und das Gericht den Antrag wegen verfrühter Antragstellung ablehnt oder
3.
der Antrag des Verurteilten unzulässig ist (§ 57 Abs. 7, § 57a Abs. 4 des Strafgesetzbuches).
Das Gericht entscheidet zugleich, ob eine Anrechnung nach § 43 Abs. 10 Nr. 3 des Strafvollzugsgesetzes ausgeschlossen wird.

(2) Das Gericht holt das Gutachten eines Sachverständigen über den Verurteilten ein, wenn es erwägt, die Vollstreckung des Restes

1.
der lebenslangen Freiheitsstrafe auszusetzen oder
2.
einer zeitigen Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren wegen einer Straftat der in § 66 Abs. 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches bezeichneten Art auszusetzen und nicht auszuschließen ist, daß Gründe der öffentlichen Sicherheit einer vorzeitigen Entlassung des Verurteilten entgegenstehen.
Das Gutachten hat sich namentlich zu der Frage zu äußern, ob bei dem Verurteilten keine Gefahr mehr besteht, daß dessen durch die Tat zutage getretene Gefährlichkeit fortbesteht. Der Sachverständige ist mündlich zu hören, wobei der Staatsanwaltschaft, dem Verurteilten, seinem Verteidiger und der Vollzugsanstalt Gelegenheit zur Mitwirkung zu geben ist. Das Gericht kann von der mündlichen Anhörung des Sachverständigen absehen, wenn der Verurteilte, sein Verteidiger und die Staatsanwaltschaft darauf verzichten.

(3) Gegen die Entscheidungen nach Absatz 1 ist sofortige Beschwerde zulässig. Die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluß, der die Aussetzung des Strafrestes anordnet, hat aufschiebende Wirkung.

(4) Im Übrigen sind § 246a Absatz 2, § 268a Absatz 3, die §§ 268d, 453, 453a Absatz 1 und 3 sowie die §§ 453b und 453c entsprechend anzuwenden. Die Belehrung über die Aussetzung des Strafrestes wird mündlich erteilt; die Belehrung kann auch der Vollzugsanstalt übertragen werden. Die Belehrung soll unmittelbar vor der Entlassung erteilt werden.

(1) Wird das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes oder sein Vermögen gefährdet und sind die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage, die Gefahr abzuwenden, so hat das Familiengericht die Maßnahmen zu treffen, die zur Abwendung der Gefahr erforderlich sind.

(2) In der Regel ist anzunehmen, dass das Vermögen des Kindes gefährdet ist, wenn der Inhaber der Vermögenssorge seine Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind oder seine mit der Vermögenssorge verbundenen Pflichten verletzt oder Anordnungen des Gerichts, die sich auf die Vermögenssorge beziehen, nicht befolgt.

(3) Zu den gerichtlichen Maßnahmen nach Absatz 1 gehören insbesondere

1.
Gebote, öffentliche Hilfen wie zum Beispiel Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe und der Gesundheitsfürsorge in Anspruch zu nehmen,
2.
Gebote, für die Einhaltung der Schulpflicht zu sorgen,
3.
Verbote, vorübergehend oder auf unbestimmte Zeit die Familienwohnung oder eine andere Wohnung zu nutzen, sich in einem bestimmten Umkreis der Wohnung aufzuhalten oder zu bestimmende andere Orte aufzusuchen, an denen sich das Kind regelmäßig aufhält,
4.
Verbote, Verbindung zum Kind aufzunehmen oder ein Zusammentreffen mit dem Kind herbeizuführen,
5.
die Ersetzung von Erklärungen des Inhabers der elterlichen Sorge,
6.
die teilweise oder vollständige Entziehung der elterlichen Sorge.

(4) In Angelegenheiten der Personensorge kann das Gericht auch Maßnahmen mit Wirkung gegen einen Dritten treffen.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Das Gericht kann die verurteilte Person für die Dauer der Führungsaufsicht oder für eine kürzere Zeit anweisen,

1.
den Wohn- oder Aufenthaltsort oder einen bestimmten Bereich nicht ohne Erlaubnis der Aufsichtsstelle zu verlassen,
2.
sich nicht an bestimmten Orten aufzuhalten, die ihr Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können,
3.
zu der verletzten Person oder bestimmten Personen oder Personen einer bestimmten Gruppe, die ihr Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können, keinen Kontakt aufzunehmen, mit ihnen nicht zu verkehren, sie nicht zu beschäftigen, auszubilden oder zu beherbergen,
4.
bestimmte Tätigkeiten nicht auszuüben, die sie nach den Umständen zu Straftaten missbrauchen kann,
5.
bestimmte Gegenstände, die ihr Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können, nicht zu besitzen, bei sich zu führen oder verwahren zu lassen,
6.
Kraftfahrzeuge oder bestimmte Arten von Kraftfahrzeugen oder von anderen Fahrzeugen nicht zu halten oder zu führen, die sie nach den Umständen zu Straftaten missbrauchen kann,
7.
sich zu bestimmten Zeiten bei der Aufsichtsstelle, einer bestimmten Dienststelle oder der Bewährungshelferin oder dem Bewährungshelfer zu melden,
8.
jeden Wechsel der Wohnung oder des Arbeitsplatzes unverzüglich der Aufsichtsstelle zu melden,
9.
sich im Fall der Erwerbslosigkeit bei der zuständigen Agentur für Arbeit oder einer anderen zur Arbeitsvermittlung zugelassenen Stelle zu melden,
10.
keine alkoholischen Getränke oder andere berauschende Mittel zu sich zu nehmen, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen Gründe für die Annahme bestehen, dass der Konsum solcher Mittel zur Begehung weiterer Straftaten beitragen wird, und sich Alkohol- oder Suchtmittelkontrollen zu unterziehen, die nicht mit einem körperlichen Eingriff verbunden sind,
11.
sich zu bestimmten Zeiten oder in bestimmten Abständen bei einer Ärztin oder einem Arzt, einer Psychotherapeutin oder einem Psychotherapeuten oder einer forensischen Ambulanz vorzustellen oder
12.
die für eine elektronische Überwachung ihres Aufenthaltsortes erforderlichen technischen Mittel ständig in betriebsbereitem Zustand bei sich zu führen und deren Funktionsfähigkeit nicht zu beeinträchtigen.
Das Gericht hat in seiner Weisung das verbotene oder verlangte Verhalten genau zu bestimmen. Eine Weisung nach Satz 1 Nummer 12 ist, unbeschadet des Satzes 5, nur zulässig, wenn
1.
die Führungsaufsicht auf Grund der vollständigen Vollstreckung einer Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe von mindestens drei Jahren oder auf Grund einer erledigten Maßregel eingetreten ist,
2.
die Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe oder die Unterbringung wegen einer oder mehrerer Straftaten der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Art verhängt oder angeordnet wurde,
3.
die Gefahr besteht, dass die verurteilte Person weitere Straftaten der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Art begehen wird, und
4.
die Weisung erforderlich erscheint, um die verurteilte Person durch die Möglichkeit der Datenverwendung nach § 463a Absatz 4 Satz 2 der Strafprozessordnung, insbesondere durch die Überwachung der Erfüllung einer nach Satz 1 Nummer 1 oder 2 auferlegten Weisung, von der Begehung weiterer Straftaten der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Art abzuhalten.
Die Voraussetzungen von Satz 3 Nummer 1 in Verbindung mit Nummer 2 liegen unabhängig davon vor, ob die dort genannte Führungsaufsicht nach § 68e Absatz 1 Satz 1 beendet ist. Abweichend von Satz 3 Nummer 1 genügt eine Freiheits- oder Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren, wenn diese wegen einer oder mehrerer Straftaten verhängt worden ist, die unter den Ersten oder Siebenten Abschnitt des Besonderen Teils fallen; zu den in Satz 3 Nummer 2 bis 4 genannten Straftaten gehört auch eine Straftat nach § 129a Absatz 5 Satz 2, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1.

(2) Das Gericht kann der verurteilten Person für die Dauer der Führungsaufsicht oder für eine kürzere Zeit weitere Weisungen erteilen, insbesondere solche, die sich auf Ausbildung, Arbeit, Freizeit, die Ordnung der wirtschaftlichen Verhältnisse oder die Erfüllung von Unterhaltspflichten beziehen. Das Gericht kann die verurteilte Person insbesondere anweisen, sich psychiatrisch, psycho- oder sozialtherapeutisch betreuen und behandeln zu lassen (Therapieweisung). Die Betreuung und Behandlung kann durch eine forensische Ambulanz erfolgen. § 56c Abs. 3 gilt entsprechend, auch für die Weisung, sich Alkohol- oder Suchtmittelkontrollen zu unterziehen, die mit körperlichen Eingriffen verbunden sind.

(3) Bei den Weisungen dürfen an die Lebensführung der verurteilten Person keine unzumutbaren Anforderungen gestellt werden.

(4) Wenn mit Eintritt der Führungsaufsicht eine bereits bestehende Führungsaufsicht nach § 68e Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 endet, muss das Gericht auch die Weisungen in seine Entscheidung einbeziehen, die im Rahmen der früheren Führungsaufsicht erteilt worden sind.

(5) Soweit die Betreuung der verurteilten Person in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 11 oder ihre Behandlung in den Fällen des Absatzes 2 nicht durch eine forensische Ambulanz erfolgt, gilt § 68a Abs. 8 entsprechend.

(1) Die nachträglichen Entscheidungen, die sich auf eine Strafaussetzung zur Bewährung oder eine Verwarnung mit Strafvorbehalt beziehen (§§ 56a bis 56g, 58, 59a, 59b des Strafgesetzbuches), trifft das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. Die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte sind zu hören. § 246a Absatz 2 und § 454 Absatz 2 Satz 4 gelten entsprechend. Hat das Gericht über einen Widerruf der Strafaussetzung wegen Verstoßes gegen Auflagen oder Weisungen zu entscheiden, so soll es dem Verurteilten Gelegenheit zur mündlichen Anhörung geben. Ist ein Bewährungshelfer bestellt, so unterrichtet ihn das Gericht, wenn eine Entscheidung über den Widerruf der Strafaussetzung oder den Straferlaß in Betracht kommt; über Erkenntnisse, die dem Gericht aus anderen Strafverfahren bekannt geworden sind, soll es ihn unterrichten, wenn der Zweck der Bewährungsaufsicht dies angezeigt erscheinen läßt.

(2) Gegen die Entscheidungen nach Absatz 1 ist Beschwerde zulässig. Sie kann nur darauf gestützt werden, daß eine getroffene Anordnung gesetzwidrig ist oder daß die Bewährungszeit nachträglich verlängert worden ist. Der Widerruf der Aussetzung, der Erlaß der Strafe, der Widerruf des Erlasses, die Verurteilung zu der vorbehaltenen Strafe und die Feststellung, daß es bei der Verwarnung sein Bewenden hat (§§ 56f, 56g, 59b des Strafgesetzbuches), können mit sofortiger Beschwerde angefochten werden.

(1) Die Entscheidung über die Beschwerde ergeht ohne mündliche Verhandlung, in geeigneten Fällen nach Anhörung der Staatsanwaltschaft.

(2) Wird die Beschwerde für begründet erachtet, so erläßt das Beschwerdegericht zugleich die in der Sache erforderliche Entscheidung.