Oberlandesgericht Koblenz Beschluss, 14. Feb. 2017 - 13 UF 32/17

ECLI:ECLI:DE:OLGKOBL:2017:0214.13UF32.17.0A
14.02.2017

1. Die Beschwerde des Jugendamts der Stadtverwaltung Koblenz gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Koblenz vom 20.12.2016 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Der Verfahrenswert wird für das Beschwerdeverfahren auf 3.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Das beteiligte Jugendamt begehrt die Feststellung des Ruhens der elterlichen Sorge sowie die Anordnung der Vormundschaft für einen, nach seinen Angaben am 04.11.2016 nach Deutschland eingereisten gambischen Staatsangehörigen, der am ...12.1998 geboren sein soll. Durchgeführte erkennungsdienstliche Maßnahmen der Bundespolizei … sind negativ verlaufen. Das angegebene Alter des Betroffenen hat sich in einer vom Jugendamt vorgenommene Alterseinschätzung bestätigt.

2

Der Betroffene wurde vom Familiengericht am 19.12.2016 im Beisein eines Dolmetschers und des Jugendamts sowie einer Betreuerin der Einrichtung, in welcher er sich derzeit aufhält, angehört. Er, so der Betroffene, sei ein uneheliches Kind. Seine Mutter sei verstorben und zu seinem Vater habe er keinen engeren Kontakt gehabt. In Gambia habe er bei seinem Onkel gelebt. Dieser habe sich um ihn gekümmert, ohne dass eine offizielle Vormundschaft angeordnet worden sei.

3

Der Betroffene führt keinerlei Unterlagen oder Dokumente bei sich mit Ausnahme eines Schreibens, welches von der Polizei in Gambia ausgestellt worden sein und den Nachweis einer Kaution beinhalten soll. Er gibt in diesem Zusammenhang an, in Gambia fälschlicherweise einer Straftat bezichtigt zu werden, nämlich die Werkstatt seines Arbeitgebers ausgeraubt zu haben bzw. daran beteiligt gewesen zu sein. In Anbetracht der ihm, so der Betroffene, in Gambia drohenden Gefängnisstrafe sei er zusammen mit seinem Onkel aus Gambia geflohen; dieser halte sich momentan in Libyen auf. Einen Asylantrag hat der Betroffene noch nicht gestellt.

4

Aufgrund des Umstands, dass die Minderjährigkeit in Gambia erst mit der Vollendung des 21. Lebensjahres ende, hält das Jugendamt die beantragten familiengerichtlichen Maßnahmen für erforderlich. Mangels geeigneter Einzelpersonen sei es bereit, die Vormundschaft zu übernehmen.

5

Das Familiengericht hat den Antrag zurückgewiesen. Zur Begründung führt es aus, dass es zwar international und örtlich zuständig sei. Auch betrage das Volljährigkeitsalter in Gambia 21 Jahre. Jedoch richte sich die Frage, ob hier die elterliche Sorge ruhe und eine Vormundschaft einzurichten sei, gemäß Art. 13 Abs. 1 Haager Übereinkommen über den internationalen Schutz von Erwachsenen vom 13.01.2000 (ErwSÜ) nach deutschem Recht. Danach stehe der Betroffene bereits deshalb nicht mehr unter elterliche Sorge, weil er nach deutschem Recht volljährig sei. Anhaltspunkte für ein Vorliegen der Voraussetzungen einer rechtlichen Betreuung seien ebenfalls nicht gegeben.

6

Gegen diesen, ihm am 04.01.2017 zugestellten Beschluss hat das Jugendamt der Stadtverwaltung …[Z] am 13.01.2017 Beschwerde eingelegt. Es sieht die Einrichtung der Vormundschaft als notwendig an, da sich die allgemeine Geschäftsfähigkeit hier gemäß Art. 7 EGBGB nach der Staatsangehörigkeit des Betroffenen richte.

7

Der Senat hat gegenüber dem beschwerdeführenden Jugendamt unter Erteilung eines rechtlichen Hinweises die Rücknahme der Beschwerde angeregt. Hierauf ist keine Reaktion erfolgt.

II.

8

Das zulässige Rechtsmittel war zurückzuweisen, da es in der Sache keinen Erfolg hat.

1.

9

Die Beschwerde des Jugendamt der Stadtverwaltung …[Z] ist gemäß §§ 58 ff. FamFG statthaft und auch sonst zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt.

10

Das Jugendamt ist hier auch gemäß § 59 Abs. 1 FamFG beschwerdebefugt. Denn die Beschwerdebefugnis nach dieser Vorschrift erfasst alle Fälle, in denen das Jugendamt als Antragsteller durch eine seinem Antrag widersprechende Entscheidung des Gerichts beschwert ist, etwa wenn einem Antrag auf Bestellung zum Vormund oder Pfleger nicht (voll) entsprochen wird (vgl. MünchKomm-ZPO/Schumann 2. Auflage 2013 § 162 FamFG Rn. 23).

11

Daneben besteht die Beschwerdebefugnis des Jugendamts vorliegend aber auch nach §§ 59 Abs. 3, 162 Abs. 3 Satz 2 FamFG unabhängig von der ansonsten nach § 59 Abs. 1 FamFG erforderlichen Beeinträchtigung eigener Rechte. Das gilt dann, wenn das Jugendamt die Wahrnehmung öffentlicher Interessen unter Kindeswohlgefährdungsgesichtspunkten geltend macht. Letzteres ist hier der Fall. Denn die Beschwerde wendet ein, dass der Betroffene als Minderjähriger eines Vormunds bedarf. Die Frage nach der Minderjährigkeit des Betroffenen stellt sich dabei auch im Rahmen der Begründetheitsprüfung, so dass es sich um einen sog. doppelt-relevanten Aspekt handelt. Für die Frage nach der Zulässigkeit des Rechtsmittels ist die Minderjährigkeit folglich als gegeben zu unterstellen.

2.

12

Die Beschwerde ist aber unbegründet.

a)

13

Bedenken bestehen bereits, ob die deutschen Gerichte hier für den Antrag des beteiligten Jugendamts überhaupt zuständig sind.

aa)

14

Die Zuständigkeit ergibt sich vorliegend nicht aus Art. 8 Abs. 1 EuEheVO (sog. Brüssel IIa VO).

15

Denn danach sind für Entscheidungen, die die elterliche Verantwortung betreffen, die Gerichte eines Mitgliedstaats nur zuständig, wenn das Kind zum Zeitpunkt der Antragstellung in diesem seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.

(1)

16

Allerdings dürfte der Anwendungsbereich des Art. 8 Abs. 1 EuEheVO nicht bereits deshalb verschlossen sein, weil es dem Betroffenen an der Eigenschaft eines Kindes fehlt.

17

Der Begriff des Kindes ist in Art. 2 EuEheVO nicht definiert. Auch sonst fehlt im europäischen Recht eine solche Definition. Das bedeutet indes nicht etwa, dass nach Art. 12 MSA zu verfahren ist. Auch Art. 2 KSÜ und Art. 1 UN-KRK (Kind als Person unter 18 Jahren) helfen als völkervertragsrechtliche Vorschriften nicht weiter. Es bleibt im Rahmen der EuEheVO also jedem Mitgliedstaat überlassen, selbst zu bestimmen, wer noch ein Kind ist und für wen deshalb noch Verfahren über die elterliche Verantwortung beantragt werden können (vgl. MünchKomm- BGB/Siehr 6. Auflage 2015 Art. 8 EuEheVO Rn. 3; a.A., nämlich dass Kind nur eine Person unter 18 Jahren sein kann: MünchKomm-ZPO/Gottwald 2. Auflage 2013 Art. 8 EuEheVO Rn. 3).

18

Nach Art. 7 Abs. 1 S. 1 EGBGB bestimmt sich gemäß deutschem Internationalem Privatrecht die Geschäftsfähigkeit nach der Staatsangehörigkeit. Insofern könnte hier ausreichen, dass das Jugendamt anführt, der Betroffene werde nach seinem Heimatrecht erst mit 21 Jahren volljährig.

(2)

19

Jedenfalls aber fehlt es am gewöhnlichen Aufenthalt des Betroffenen in Deutschland.

20

Der Betroffene hat sich zwar bei Antragstellung seit einem Monat in Deutschland aufgehalten; einen gewöhnlichen Aufenthalt hat er dadurch und auch in der Folgezeit (vgl. MünchKomm- ZPO/Gottwald 2. Auflage 2013 Art. 8 EuEheVO Rn. 6) jedoch hier (noch) nicht begründet.

21

Der Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts wird in der EuEheVO ebenfalls nicht definiert. Was unter einem gewöhnlichem Aufenthalt zu verstehen ist, ist somit autonom zu bestimmen (vgl. MünchKomm-ZPO/Gottwald 2. Auflage 2013 Art. 8 EuEheVO Rn. 4). Danach liegt der gewöhnlichen Aufenthalt eines Kindes an dem Ort, wo es seinen Lebensmittelpunkt aufgrund einer gewissen Integration in ein soziales und familiäres Umfeld hat. Zu berücksichtigen sind alle Umstände des Einzelfalles, aus denen diese abgeleitet werden kann: die Dauer und die Umstände des Aufenthalts, der Umzug der Familie, die Staatsangehörigkeit des Kindes, seine Sprachkenntnisse, Ort und Umstände seines Schulbesuchs sowie seine familiären und sozialen Bindungen (vgl. MünchKomm-ZPO/Gottwald 2. Auflage 2013 Art. 8 EuEheVO Rn. 4).

22

Der Betroffene hielt sich bei Antragstellung erst einen Monat und hält sich aktuell erst seit rund drei Monaten in der Bundesrepublik auf. Grundsätzlich kann zwar auch ein Asylsuchender in der Bundesrepublik einen gewöhnlichen Aufenthalt im vorgenannten Sinne haben. Abgesehen davon, dass der Betroffene überhaupt noch keinen Asylantrag gestellt hat, besteht ein gewöhnlicher Aufenthalt im Inland bei einem Asylsuchenden jedoch erst dann, wenn er sich bereits längere Zeit in der Bundesrepublik aufhält und eine gewisse Einbindung in das soziale Umfeld besteht (vgl. Senat FamRZ 2016, 995 und OLG Koblenz [11. ZivS.] FamRZ 1990, 536 sowie Musielak/Borth/Grandel FamFG 5. Aufl. 2015 § 122 Rn. 5; Johannsen/Henrich Familienrecht 5. Aufl. 2010 § 98 FamFG Rn. 17). Das ist bei dem Betroffenen (noch) nicht der Fall.

bb)

23

Zutreffend hat das Familiengericht sodann die Voraussetzungen des Art. 13 EuEheVO geprüft.

(1)

24

Die Auffangzuständigkeit des Gerichts am Aufenthaltsort nach Art. 13 Abs. 1 EuEheVO setzt dabei allerdings voraus, dass ein gewöhnlicher Aufenthalt nicht festgestellt werden kann. Hierzu trifft die angefochtene Entscheidung keine Aussage. Als gewöhnlicher Aufenthalt kämen je nach zeitlichem Ablauf der Reise des Betroffenen durchaus Gambia oder Libyen in Betracht.

(2)

25

Art. 13 Abs. 2 EuEheVO wiederum begründet eine Auffangzuständigkeit u.a. für Flüchtlinge.

26

Zu Recht hat das Familiengericht allerdings - in anderem Zusammenhang - ausgeführt, dass der Betroffene kein Flüchtling i.S. Art. 1 der Genfer Flüchtlingskonvention [GFK] ist. Denn er ist nicht aus den dort genannten Gründen (wohlbegründete Furcht vor Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung) nach Deutschland gekommen, sondern aus Angst vor Strafverfolgung. In diesem Zusammenhang ist im Rahmen von Art. 13 Abs. 2 EuEheVO umstritten, ob der Flüchtlingsbegriff auf Flüchtlinge nach der Genfer Flüchtlingskonvention zu begrenzen ist (dafür: MünchKomm-ZPO/Gottwald 2. Auflage 2013 Art. 13 EuEheVO Rn. 8; dagegen: MünchKomm-BGB/Siehr 6. Auflage 2015 Art. 13 EuEheVO Rn. 3).

cc)

27

Scheidet eine internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte nach Art. 8, 13 EuEheVO aus, dürfte sich eine solche auch nicht nach dem Haager Übereinkommen über den internationalen Schutz von Erwachsenen vom 13.01.2000 (ErwSÜ) ergeben.

28

Dieses Übereinkommen ist von Deutschland zwar ratifiziert worden und mit Erreichen der erforderlichen Mindestanzahl von Ratifikationen am 01.01.2009 in Kraft getreten. Auch enthält es in Art. 5 ff. ErwSÜ Regelungen über die behördlichen Zuständigkeiten, wozu auch jene der Gerichte zählen. Erwachsener im Sinne dieses Übereinkommens ist gemäß Art. 2 Abs. 1 ErwSÜ schließlich eine Person, die - wie der Betroffene vorliegend ausgibt - das 18. Lebensjahr vollendet hat. Aber auch Art. 5 ErwSÜ knüpft an den gewöhnlichen Aufenthalt an und Art. 6 ErwSÜ enthält Auffangzuständigkeiten des Gerichts am Aufenthaltsort lediglich für Personen, bei denen ein gewöhnlicher Aufenthalt nicht festgestellt werden kann oder die u.a. Flüchtlinge sind.

29

Insofern stellen sich im Rahmen von Art. 5 f. ErwSÜ mithin die gleichen Fragen und Probleme wie bei Art. 8, 13 EuEheVO (vgl. MünchKomm-BGB/Lipp 6. Auflage 2015 Art. 5 ErwSÜ Rn. 3 und Art. 6 ErwSÜ Rn. 3).

dd)

30

Ergibt sich hier weder nach völkerrechtlichen Vereinbarungen noch nach dem Europarecht eine internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte, kommt eine solche schließlich noch nach §§ 97 Abs. 1, 99 Abs. 1 Satz 2 FamFG in Betracht. Danach sind die deutschen Gerichte ferner international zuständig, wenn hier ein Fürsorgebedürfnis besteht. Ein solches macht das antragstellende Jugendamt geltend.

ee)

31

Sollten die deutschen Gerichte daher international zuständig sein, ergeben sich örtliche und sachliche Zuständigkeit des angerufenen Familiengerichts zumindest aus §§ 151 Nr. 1, 4, 152 Abs. 3 FamFG und § 23a Abs. 1 Nr. 1 GVG. Ist die internationale Zuständigkeit hingegen zu verneinen, wäre der Beschwerde schon deswegen der Erfolg zu versagen.

b)

32

Auch im Falle gegebener Zuständigkeit der deutschen Gerichte besteht vorliegend jedoch kein rechtliches Erfordernis für eine Feststellung des Ruhens der elterlichen Sorge und die Anordnung einer Vormundschaft für den Betroffenen.

aa)

33

Vom Ansatz her zutreffend macht die Beschwerde allerdings geltend, dass sich die Geschäftsfähigkeit und damit auch die Frage nach der Volljährigkeit grundsätzlich gemäß Art. 7 Art. 1 Satz 1 EGBGB nach dem Recht des Staates richten, dem die Person angehört.

34

Art. 7 Art. 1 Satz 1 EGBGB kommt jedoch nur zur Anwendung, wenn er nicht durch vorrangig anwendbare internationale Ab- und Übereinkommen sowie europäisches Recht verdrängt wird.

(1)

35

Nach Art. 12 der GFK, der zunächst zu prüfen ist, bestimmt sich das Personalstatut eines Flüchtlings nach dem Recht seines Aufenthaltsstaates. Das wäre hier das deutsche Recht - danach wäre der Betroffene volljährig, § 2 BGB.

36

Wie jedoch bereits ausgeführt, ist dem Familiengericht zuzustimmen, dass der Betroffene kein Flüchtling i.S. dieser Konvention ist.

(2)

37

Ebenso keine Anwendung findet das Haager Kinderschutzübereinkommen [KSÜ]. Denn nach Art. 2 KSÜ gilt es nur für Kinder bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres.

(3)

38

Nicht zu beanstanden sind auch die Ausführungen des Familiengerichts, wonach die EuEheVO keine Regelungen zur Frage des anwendbaren materiellen Rechts enthält, mit Ausnahme des hier nicht eingreifenden Art. 20 EuEheVO.

(4)

39

Dahinstehen kann sodann, ob vorliegend - wie vom Familiengericht angenommen - der Anwendungsbereich des ErwSÜ eröffnet ist.

40

Neben Zuständigkeitsfragen (Art. 5 ff. ErwSÜ) regelt es zwar auch das anzuwendende materielle Sachrecht (Art. 13 ff. ErwSÜ). Gemäß Art. 13 Abs. 1 ErwSÜ wenden die Behörden der Vertragsstaaten danach bei der Ausübung ihrer Zuständigkeit ihr eigenes Recht an. Wie bereits ausgeführt, fallen gemäß Art. 5 Abs. 1 ErwSÜ unter den Begriff der Behörde nach diesem Übereinkommen auch Gerichte. Damit wäre der nach seinen vom Jugendamt als plausibel eingeschätzten Angaben 18-jährige Betroffene hier, wie das Familiengericht angenommen hat, in Deutschland gemäß § 2 BGB als volljährig anzusehen.

41

Auch die Herleitung des anwendbaren materiellen Sachrechts aus dem ErwSÜ erfordert jedoch, dass der Betroffene seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat (Art. 5, 13 ff. ErwSÜ) oder ein gewöhnlicher Aufenthalt nicht festgestellt werden kann (Art. 6 Abs. 2, 5, 13 ff. ErwSÜ) bzw. er Flüchtling im Sinne dieses Gesetzes ist (Art. 6 Abs. 1, 5, 13 ff. ErwSÜ). Wie bereits aufgezeigt, ist ersteres nicht der Fall und das Vorliegen einer der beiden letztgenannten Voraussetzungen erscheint zumindest zweifelhaft. Insoweit kann auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen werden. Insbesondere zur Auffangzuständigkeit des Art. 6 Abs. 2 ErwSÜ, da subsidiär gegenüber Art. 5 ErwSÜ, wird dabei vertreten, dass diese nach ihrem Regelungszweck nicht für den normalen Fall eines Wechsels des gewöhnlichen Aufenthalts gedacht sei. Solange der Betroffene noch keinen neuen gewöhnlichen Aufenthalt begründet hat, soll er danach seinen bisherigen gewöhnlichen Aufenthalt grundsätzlich beibehalten (vgl. MünchKomm-BGB/Lipp 6. Auflage 2015 Art. 6 ErwSÜ Rn. 7).

bb)

42

Verbliebe es hier bei der Anwendung des Art. 7 Art. 1 Satz 1 EGBGB und unterstellt man, der Betroffene sei - wie er bislang ohne Nachweis behauptet - gambischer Staatsbürger, geht der Senat jedoch ebenfalls von einer Volljährigkeit aus.

43

Die Frage nach der Volljährigkeit (Geschäftsfähigkeit) richtet sich dann nach dem Recht der Republik Gambia.

(1)

44

Nach Bergmann/Ferid/Henrich/v. Plötz/Cieslar, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Länderteil Gambia, soll Volljährigkeit nach gambischem Recht gemäß Sec. 2 Adoption Act erst mit der Vollendung des 21. Lebensjahres eintreten.

45

Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass aus dieser Quelle nicht nur nicht ersichtlich ist, ob das gambische Recht eine Rückverweisung kennt. Vielmehr gibt sie lediglich den Rechtszustand per 31.3.1999 wieder. Gerade um die Jahrtausendwende herum bzw. in den ersten Jahren des 21. Jahrhunderts haben aber viele afrikanische Staaten, dem allgemeinen Trend folgend, das Volljährigkeitsalter von 21 Jahre auf 18 Jahre herabgesetzt (vgl. OLG München Beschluss vom 12.04.2010, Az. 31 Wx 106/09).

46

Das Oberlandesgericht München konnte in der vorgenannten Entscheidung, unter anderem weil auch behördliche Anfragen nicht beantwortet wurden, letztlich aber keine erfolgreiche Recherche durchführen. Aus diesem Grund gelangte es zu dem Ergebnis, dass - mangels anderweitiger Erkenntnisse - bei einem gambischen Staatsangehörigen vom Eintritt der Volljährigkeit wohl mit Vollendung des 21. Lebensjahres ausgegangen werden müsse. Demgegenüber ist der Senat aufgrund seiner Ermittlungen ausreichend davon überzeugt, dass jedenfalls jetzt die Volljährigkeit nach gambischem Recht wie nach deutschem Recht mit der Vollendung des 18. Lebensjahres erreicht ist.

(2)

47

Zutreffend hat das Oberlandesgericht München zwar ausgeführt, dass im geschriebenen gambischen Recht keine allgemeine Bestimmung über das Volljährigkeitsalter zu finden war. Denn Sec. 2 Adoption Act enthielt (bzw. enthält) nur eine Definition des Kindes, nämlich als eine Person bis zu deren 21. Lebensjahr. Ebenso definiert Sec. 2 des gambischen Staatsangehörigkeitsgesetzes als Minderjährigen eine Person, die noch nicht 21 Jahre alt ist (vgl. OLG München Beschluss vom 12.04.2010, Az. 31 Wx 106/09 und Quelle: http://www.africanchildforum. org/clr/Pages_EN/Gambia.html).

48

Im Children´s Act vom 21.07.2005 wird ein Kind nunmehr aber in PART I - PRELIMINARY Ziff. 2. (1) als eine Person unter 18 Jahren („child“ means a person under the age of eighteen years) definiert (Quelle: http://www.africanchildforum.org/clr/Pages_EN/Gambia.html).

49

Die Grundrechtecharta der Verfassung von Gambia (CHAPTER IV PROTECTION OF FUNDAMENTAL RIGHTS AND FREEDOM) vom 8.8.1996, zuletzt geändert im Jahr 2001, gewährt in Art. 26 jedem volljährigen gambischen Staatsangehörigen (Every citizen of The Gambia of full age) das uneingeschränkte aktive und passive Wahlrecht (shall have the right, without unreasonable restrictions - … (a) to take part in the conduct of public affairs, directly or through freely chosen representatives; (b) to vote and stand for elections at genuine periodic elections for public office, which elections shall be by universal and equal suffrage and be held by secret ballot; …). Das Wahlrecht ist anschließend u.a. in Art. 39 der Verfassung näher geregelt. Danach beträgt das Wahlalter 18 Jahre ((1) Every citizen of The Gambia being eighteen years or older and of sound mind shall have the right to vote for the purpose of elections of a President and members of the National Assembly and shall be entitled to be registered as a voter in a National Assembly constituency for that purpose. (2) Every citizen of The Gambia who is a registered voter shall be entitled to vote in a referendum held in accordance with this Constitution or any other law. (3) Every citizen of The Gambia being of the age of eighteen years or older and of sound mind shall be entitled, in accordance with the provisions of this Chapter and any Act of the National Assembly providing for such elections, to vote in elections for local government authorities and traditional rulers in the area in which he or she is ordinarily resident.). Auch hieraus lässt sich schließen, dass jedenfalls heute in Gambia volljährig (full of age) ist, wer das 18. Lebensjahr vollendet (being eighteen years or older) hat (Quelle: http://www.wipo.int/wipolex/ en/text.jsp?file_id=221243#LinkTarget_2371 und http://www.africanchildforum.org/clr/Pages_ EN/Gambia.html).

50

Bestätigt in dieser Auffassung wird der Senat durch die Ausführungen der aus Vertretern des Sozial- und Justizministeriums sowie des Statistikamts der Republik Gambia bestehenden Delegation gegenüber dem Hohen Kommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte im Zusammenhang mit der Überprüfung der Umsetzung der Kinderrechtskonvention im Jahr 2005 (Quelle: http://www.ohchr.org/EN/NewsEvents/Pages/DisplayNews.aspx?NewsID=15491&LangID=E). Dabei hat die gambische Delegation auf Nachfrage mitgeteilt, dass die Verfassung Gambias das Volljährigkeits- und das Wahlalter auf 18 Jahre festschreibe (The Constitution stated that the age of majority and voting rights was 18 years of age and so recognized that a child was a person under the age of 18).

51

Auch weitere Quellen geben das Volljährigkeitsalter für Gambia (nun) mit 18 Jahren an (vgl. https://www.google.de/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=2&cad=rja&uact=8&ved=0ahUKEwjCzuGRk4nSAhVSb5oKHTrLCkgQFggrMAE&url=http%3A%2F%2Fwww.africanchildfo- rum.org%2Fclr%2FHarmonisation%2520of%2520Laws%2520in%2520Africa%2Fother-documents-harmonisation_2_en.pdf&usg=AFQjCNG2OlBF5TnM9I5x3Bc5eAbgvG-mTA und http://www.youthpolicy.org/factsheets/country/gambia/).

cc)

52

Selbst aber falls der Betroffene in Deutschland erst mit Vollendung des 21. Lebensjahres als volljährig gelten würde, bedürfte es für die beantragte Entscheidung eines entsprechenden Fürsorgebedürfnisses. Ein solches fehlt (derzeit).

(1)

53

Der Betroffene ist gemäß § 14 AufenthG illegal, also ohne Visum oder sonstigen Aufenthaltstitel, nach Deutschland eingereist. Ein Aufenthalt in Deutschland ist ihm somit allenfalls nach § 55 Abs. 1 AsylG gestattet. Unabhängig davon, dass der Betroffene noch keinen Asylantrag gestellt hat und damit regelmäßig ausreispflichtig ist, dürfte bei ihm ein Asylgrund nicht vorliegen. Denn Angst vor Strafverfolgung im Heimatland wegen eines bezichtigten Raubs stellt keinen Asylgrund dar. Bei entsprechender Anwendung der geltenden Gesetze wäre damit mit einem zeitlich überschaubaren Aufenthalt des Betroffenen in Deutschland zu rechnen.

54

Sowohl im Asylverfahren, nämlich gemäß § 12 AsylG, als auch nach § 80 ist der Betroffene mit seinen angegebenen 18 Jahren vollumfänglich handlungs-, verfahrens- und prozessfähig. Denn gemäß §§ 12 Abs. 2 Satz 1 AsylG, 80 Abs. 3 Satz 1 AufenthG bestimmt sich im Rahmen der Anwendung dieser beiden Gesetze nach den Vorschriften des deutschen Bürgerlichen Gesetzbuches, ob ein Ausländer als minderjährig oder volljährig anzusehen ist.

(2)

55

Bargeschäfte des täglichen Lebens könnte der Betroffene auch im Falle einer nach seinem Heimatrecht bestehenden Minderjährigkeit gemäß einer großzügigen Auslegung des § 110 BGB, jedenfalls aber aufgrund des kollisionsrechtlichen Verkehrsschutzes der Art. 13 Rom I VO bzw. Art. 12 EGBGB wirksam vornehmen. Dabei dürfte der Betroffene als künftiger Asylbewerber seinen Lebensbedarf ohnehin weitgehend von staatlicher Seite zur Verfügung gestellt erhalten. Ein Bedürfnis, Rechtsgeschäfte von größerem Umfang abzuschießen, ist damit bei dem Betroffenen nicht ersichtlich; überdies dürften ihm hierzu auch die finanziellen Mittel fehlen.

56

Der Senat mag daher selbst bei noch bestehender Minderjährigkeit des Betroffenen kein Fürsorgebedürfnis erkennen. Andernfalls müsste im Ergebnis bei jedem ohne seine gesetzlichen Vertreter einreisenden Touristen, der nach seinem Heimatland noch minderjährig ist, die Anordnung einer Vormundschaft geprüft werden.

(3)

57

Ein Fürsorgebedürfnis ergibt sich schließlich auch nicht im Hinblick auf eine dem Betroffenen drohende Strafverfolgung und einer in diesem Zusammenhang ggfls. erforderlich werdenden Mandatierung eines Rechtsanwalts, soweit der Betroffene hierzu nicht bereits ebenfalls nach § 80 AufenthG handlungsfähig ist.

58

Zwar hat sich der Betroffene durch seine unerlaubte Einreise in die Bundesrepublik nach §§ 95 Abs. 1 Nr. 3, 14 Abs. 1 Nr. 1, 2 AufenthG strafbar gemacht. Denn er kann sich weder auf § 15 Abs. 4 Satz 2 AufenthG noch auf § 95 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 31 Abs. 1 GFK berufen. Die rechtsstaatliche Ordnung in der Bundesrepublik ist in diesem Bereich jedoch seit rund eineinhalb Jahren außer Kraft gesetzt und die illegale Einreise ins Bundesgebiet wird momentan de facto nicht mehr strafrechtlich verfolgt.

3.

59

Nach alledem war die Beschwerde mit den sich aus §§ 84 FamFG, 40, 45 FamGKG ergebenden Nebenentscheidungen zurückzuweisen. Der Senat entscheidet dabei gemäß § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG ohne erneute persönliche Anhörung der Beteiligten, da hierdurch keine neuen entscheidungserheblichen Erkenntnisse zu erwarten sind.

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(1) Das Gericht hat in Verfahren, die die Person des Kindes betreffen, das Jugendamt anzuhören. Unterbleibt die Anhörung wegen Gefahr im Verzug, ist sie unverzüglich nachzuholen.

(2) In Verfahren nach den §§ 1666 und 1666a des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist das Jugendamt zu beteiligen. Im Übrigen ist das Jugendamt auf seinen Antrag am Verfahren zu beteiligen.

(3) In Verfahren, die die Person des Kindes betreffen, ist das Jugendamt von Terminen zu benachrichtigen und ihm sind alle Entscheidungen des Gerichts bekannt zu machen. Gegen den Beschluss steht dem Jugendamt die Beschwerde zu.

(1) Die Beschwerde steht demjenigen zu, der durch den Beschluss in seinen Rechten beeinträchtigt ist.

(2) Wenn ein Beschluss nur auf Antrag erlassen werden kann und der Antrag zurückgewiesen worden ist, steht die Beschwerde nur dem Antragsteller zu.

(3) Die Beschwerdeberechtigung von Behörden bestimmt sich nach den besonderen Vorschriften dieses oder eines anderen Gesetzes.

(1) Regelungen in völkerrechtlichen Vereinbarungen gehen, soweit sie unmittelbar anwendbares innerstaatliches Recht geworden sind, den Vorschriften dieses Gesetzes vor. Regelungen in Rechtsakten der Europäischen Union bleiben unberührt.

(2) Die zur Umsetzung und Ausführung von Vereinbarungen und Rechtsakten im Sinne des Absatzes 1 erlassenen Bestimmungen bleiben unberührt.

Kindschaftssachen sind die dem Familiengericht zugewiesenen Verfahren, die

1.
die elterliche Sorge,
2.
das Umgangsrecht und das Recht auf Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes,
3.
die Kindesherausgabe,
4.
die Vormundschaft,
5.
die Pflegschaft oder die gerichtliche Bestellung eines sonstigen Vertreters für einen Minderjährigen oder für ein bereits gezeugtes Kind,
6.
die Genehmigung von freiheitsentziehender Unterbringung und freiheitsentziehenden Maßnahmen nach § 1631b des Bürgerlichen Gesetzbuchs, auch in Verbindung mit § 1795 Absatz 1 Satz 3 und § 1813 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
7.
die Genehmigung oder Anordnung einer freiheitsentziehenden Unterbringung, freiheitsentziehenden Maßnahme oder ärztlichen Zwangsmaßnahme bei einem Minderjährigen nach den Landesgesetzen über die Unterbringung psychisch Kranker oder
8.
die Aufgaben nach dem Jugendgerichtsgesetz
betreffen.

(1) Die Amtsgerichte sind ferner zuständig für

1.
Familiensachen;
2.
Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, soweit nicht durch gesetzliche Vorschriften eine anderweitige Zuständigkeit begründet ist.
Die Zuständigkeit nach Satz 1 Nummer 1 ist eine ausschließliche.

(2) Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit sind

1.
Betreuungssachen, Unterbringungssachen sowie betreuungsgerichtliche Zuweisungssachen,
2.
Nachlass- und Teilungssachen,
3.
Registersachen,
4.
unternehmensrechtliche Verfahren nach § 375 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit,
5.
die weiteren Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit nach § 410 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit,
6.
Verfahren in Freiheitsentziehungssachen nach § 415 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit,
7.
Aufgebotsverfahren,
8.
Grundbuchsachen,
9.
Verfahren nach § 1 Nr. 1 und 2 bis 6 des Gesetzes über das gerichtliche Verfahren in Landwirtschaftssachen,
10.
Schiffsregistersachen sowie
11.
sonstige Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, soweit sie durch Bundesgesetz den Gerichten zugewiesen sind.

(3) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 sind für die den Amtsgerichten obliegenden Verrichtungen in Teilungssachen im Sinne von § 342 Absatz 2 Nummer 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit anstelle der Amtsgerichte die Notare zuständig.

Die Volljährigkeit tritt mit der Vollendung des 18. Lebensjahres ein.

(1) Die Einreise eines Ausländers in das Bundesgebiet ist unerlaubt, wenn er

1.
einen erforderlichen Pass oder Passersatz gemäß § 3 Abs. 1 nicht besitzt,
2.
den nach § 4 erforderlichen Aufenthaltstitel nicht besitzt,
2a.
zwar ein nach § 4 erforderliches Visum bei Einreise besitzt, dieses aber durch Drohung, Bestechung oder Kollusion erwirkt oder durch unrichtige oder unvollständige Angaben erschlichen wurde und deshalb mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen oder annulliert wird, oder
3.
nach § 11 Absatz 1, 6 oder 7 nicht einreisen darf, es sei denn, er besitzt eine Betretenserlaubnis nach § 11 Absatz 8.

(2) Die mit der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs beauftragten Behörden können Ausnahme-Visa und Passersatzpapiere ausstellen.

(1) Einem Ausländer, der um Asyl nachsucht, ist zur Durchführung des Asylverfahrens der Aufenthalt im Bundesgebiet ab Ausstellung des Ankunftsnachweises gemäß § 63a Absatz 1 gestattet (Aufenthaltsgestattung). Er hat keinen Anspruch darauf, sich in einem bestimmten Land oder an einem bestimmten Ort aufzuhalten. In den Fällen, in denen kein Ankunftsnachweis ausgestellt wird, entsteht die Aufenthaltsgestattung mit der Stellung des Asylantrags.

(2) Mit der Stellung eines Asylantrags erlöschen eine Befreiung vom Erfordernis eines Aufenthaltstitels und ein Aufenthaltstitel mit einer Gesamtgeltungsdauer bis zu sechs Monaten sowie die in § 81 Abs. 3 und 4 des Aufenthaltsgesetzes bezeichneten Wirkungen eines Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels. § 81 Abs. 4 des Aufenthaltsgesetzes bleibt unberührt, wenn der Ausländer einen Aufenthaltstitel mit einer Gesamtgeltungsdauer von mehr als sechs Monaten besessen und dessen Verlängerung beantragt hat.

(3) Soweit der Erwerb oder die Ausübung eines Rechts oder einer Vergünstigung von der Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet abhängig ist, wird die Zeit eines Aufenthalts nach Absatz 1 nur angerechnet, wenn der Ausländer als Asylberechtigter anerkannt ist oder ihm internationaler Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 zuerkannt wurde.

(1) Fähig zur Vornahme von Verfahrenshandlungen nach diesem Gesetz ist ein volljähriger Ausländer, sofern er nicht nach Maßgabe des Bürgerlichen Gesetzbuches geschäftsunfähig oder in dieser Angelegenheit zu betreuen und einem Einwilligungsvorbehalt zu unterstellen wäre.

(2) Bei der Anwendung dieses Gesetzes sind die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches dafür maßgebend, ob ein Ausländer als minderjährig oder volljährig anzusehen ist. Die Geschäftsfähigkeit und die sonstige rechtliche Handlungsfähigkeit eines nach dem Recht seines Heimatstaates volljährigen Ausländers bleiben davon unberührt.

(3) Im Asylverfahren ist vorbehaltlich einer abweichenden Entscheidung des Familiengerichts jeder Elternteil zur Vertretung eines minderjährigen Kindes befugt, wenn sich der andere Elternteil nicht im Bundesgebiet aufhält oder sein Aufenthaltsort im Bundesgebiet unbekannt ist.

Ein von dem Minderjährigen ohne Zustimmung des gesetzlichen Vertreters geschlossener Vertrag gilt als von Anfang an wirksam, wenn der Minderjährige die vertragsmäßige Leistung mit Mitteln bewirkt, die ihm zu diesem Zweck oder zu freier Verfügung von dem Vertreter oder mit dessen Zustimmung von einem Dritten überlassen worden sind.

(1) Fähig zur Vornahme von Verfahrenshandlungen nach diesem Gesetz ist ein Ausländer, der volljährig ist, sofern er nicht nach Maßgabe des Bürgerlichen Gesetzbuchs geschäftsunfähig oder in dieser Angelegenheit zu betreuen und einem Einwilligungsvorbehalt zu unterstellen wäre.

(2) Die mangelnde Handlungsfähigkeit eines Minderjährigen steht seiner Zurückweisung und Zurückschiebung nicht entgegen. Das Gleiche gilt für die Androhung und Durchführung der Abschiebung in den Herkunftsstaat, wenn sich sein gesetzlicher Vertreter nicht im Bundesgebiet aufhält oder dessen Aufenthaltsort im Bundesgebiet unbekannt ist.

(3) Bei der Anwendung dieses Gesetzes sind die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs dafür maßgebend, ob ein Ausländer als minderjährig oder volljährig anzusehen ist. Die Geschäftsfähigkeit und die sonstige rechtliche Handlungsfähigkeit eines nach dem Recht seines Heimatstaates volljährigen Ausländers bleiben davon unberührt.

(4) Die gesetzlichen Vertreter eines Ausländers, der minderjährig ist, und sonstige Personen, die an Stelle der gesetzlichen Vertreter den Ausländer im Bundesgebiet betreuen, sind verpflichtet, für den Ausländer die erforderlichen Anträge auf Erteilung und Verlängerung des Aufenthaltstitels und auf Erteilung und Verlängerung des Passes, des Passersatzes und des Ausweisersatzes zu stellen.

(5) Sofern der Ausländer das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, müssen die zur Personensorge berechtigten Personen einem geplanten Aufenthalt nach Kapitel 2 Abschnitt 3 und 4 zustimmen.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
entgegen § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 48 Abs. 2 sich im Bundesgebiet aufhält,
2.
ohne erforderlichen Aufenthaltstitel nach § 4 Absatz 1 Satz 1 sich im Bundesgebiet aufhält, wenn
a)
er vollziehbar ausreisepflichtig ist,
b)
ihm eine Ausreisefrist nicht gewährt wurde oder diese abgelaufen ist und
c)
dessen Abschiebung nicht ausgesetzt ist,
3.
entgegen § 14 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 in das Bundesgebiet einreist,
4.
einer vollziehbaren Anordnung nach § 46 Abs. 2 Satz 1 oder 2 oder § 47 Abs. 1 Satz 2 oder Abs. 2 zuwiderhandelt,
5.
entgegen § 49 Abs. 2 eine Angabe nicht, nicht richtig oder nicht vollständig macht, sofern die Tat nicht in Absatz 2 Nr. 2 mit Strafe bedroht ist,
6.
entgegen § 49 Abs. 10 eine dort genannte Maßnahme nicht duldet,
6a.
entgegen § 56 wiederholt einer Meldepflicht nicht nachkommt, wiederholt gegen räumliche Beschränkungen des Aufenthalts oder sonstige Auflagen verstößt oder trotz wiederholten Hinweises auf die rechtlichen Folgen einer Weigerung der Verpflichtung zur Wohnsitznahme nicht nachkommt oder entgegen § 56 Abs. 4 bestimmte Kommunikationsmittel nutzt oder bestimmte Kontaktverbote nicht beachtet,
7.
wiederholt einer räumlichen Beschränkung nach § 61 Abs. 1 oder Absatz 1c zuwiderhandelt oder
8.
im Bundesgebiet einer überwiegend aus Ausländern bestehenden Vereinigung oder Gruppe angehört, deren Bestehen, Zielsetzung oder Tätigkeit vor den Behörden geheim gehalten wird, um ihr Verbot abzuwenden.

(1a) Ebenso wird bestraft, wer vorsätzlich eine in § 404 Abs. 2 Nr. 4 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch oder in § 98 Abs. 3 Nr. 1 bezeichnete Handlung begeht, für den Aufenthalt im Bundesgebiet nach § 4 Abs. 1 Satz 1 eines Aufenthaltstitels bedarf und als Aufenthaltstitel nur ein Schengen-Visum nach § 6 Abs. 1 Nummer 1 besitzt.

(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
entgegen § 11 Absatz 1 oder in Zuwiderhandlung einer vollziehbaren Anordnung nach § 11 Absatz 6 Satz 1 oder Absatz 7 Satz 1
a)
in das Bundesgebiet einreist oder
b)
sich darin aufhält,
1a.
einer vollstreckbaren gerichtlichen Anordnung nach § 56a Absatz 1 zuwiderhandelt und dadurch die kontinuierliche Feststellung seines Aufenthaltsortes durch eine in § 56a Absatz 3 genannte zuständige Stelle verhindert oder
2.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder benutzt, um für sich oder einen anderen einen Aufenthaltstitel oder eine Duldung zu beschaffen oder das Erlöschen oder die nachträgliche Beschränkung des Aufenthaltstitels oder der Duldung abzuwenden oder eine so beschaffte Urkunde wissentlich zur Täuschung im Rechtsverkehr gebraucht.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3 und der Absätze 1a und 2 Nr. 1 Buchstabe a ist der Versuch strafbar.

(4) Gegenstände, auf die sich eine Straftat nach Absatz 2 Nr. 2 bezieht, können eingezogen werden.

(5) Artikel 31 Abs. 1 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge bleibt unberührt.

(6) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 steht einem Handeln ohne erforderlichen Aufenthaltstitel ein Handeln auf Grund eines durch Drohung, Bestechung oder Kollusion erwirkten oder durch unrichtige oder unvollständige Angaben erschlichenen Aufenthaltstitels gleich.

(7) In Fällen des Absatzes 2 Nummer 1a wird die Tat nur auf Antrag einer dort genannten zuständigen Stelle verfolgt.

(1) Ein Ausländer, der unerlaubt einreisen will, wird an der Grenze zurückgewiesen.

(2) Ein Ausländer kann an der Grenze zurückgewiesen werden, wenn

1.
ein Ausweisungsinteresse besteht,
2.
der begründete Verdacht besteht, dass der Aufenthalt nicht dem angegebenen Zweck dient,
2a.
er nur über ein Schengen-Visum verfügt oder für einen kurzfristigen Aufenthalt von der Visumpflicht befreit ist und beabsichtigt, entgegen § 4a Absatz 1 und 2 eine Erwerbstätigkeit auszuüben oder
3.
er die Voraussetzungen für die Einreise in das Hoheitsgebiet der Vertragsparteien nach Artikel 6 des Schengener Grenzkodex nicht erfüllt.

(3) Ein Ausländer, der für einen vorübergehenden Aufenthalt im Bundesgebiet vom Erfordernis eines Aufenthaltstitels befreit ist, kann zurückgewiesen werden, wenn er nicht die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 und des § 5 Abs. 1 erfüllt.

(4) § 60 Abs. 1 bis 3, 5 und 7 bis 9 ist entsprechend anzuwenden. Ein Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, darf nicht zurückgewiesen werden, solange ihm der Aufenthalt im Bundesgebiet nach den Vorschriften des Asylgesetzes gestattet ist.

(5) Ein Ausländer soll zur Sicherung der Zurückweisung auf richterliche Anordnung in Haft (Zurückweisungshaft) genommen werden, wenn eine Zurückweisungsentscheidung ergangen ist und diese nicht unmittelbar vollzogen werden kann. Im Übrigen ist § 62 Absatz 4 entsprechend anzuwenden. In den Fällen, in denen der Richter die Anordnung oder die Verlängerung der Haft ablehnt, findet Absatz 1 keine Anwendung.

(6) Ist der Ausländer auf dem Luftweg in das Bundesgebiet gelangt und nicht nach § 13 Abs. 2 eingereist, sondern zurückgewiesen worden, ist er in den Transitbereich eines Flughafens oder in eine Unterkunft zu verbringen, von wo aus seine Abreise aus dem Bundesgebiet möglich ist, wenn Zurückweisungshaft nicht beantragt wird. Der Aufenthalt des Ausländers im Transitbereich eines Flughafens oder in einer Unterkunft nach Satz 1 bedarf spätestens 30 Tage nach Ankunft am Flughafen oder, sollte deren Zeitpunkt nicht feststellbar sein, nach Kenntnis der zuständigen Behörden von der Ankunft, der richterlichen Anordnung. Die Anordnung ergeht zur Sicherung der Abreise. Sie ist nur zulässig, wenn die Abreise innerhalb der Anordnungsdauer zu erwarten ist. Absatz 5 ist entsprechend anzuwenden.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
entgegen § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 48 Abs. 2 sich im Bundesgebiet aufhält,
2.
ohne erforderlichen Aufenthaltstitel nach § 4 Absatz 1 Satz 1 sich im Bundesgebiet aufhält, wenn
a)
er vollziehbar ausreisepflichtig ist,
b)
ihm eine Ausreisefrist nicht gewährt wurde oder diese abgelaufen ist und
c)
dessen Abschiebung nicht ausgesetzt ist,
3.
entgegen § 14 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 in das Bundesgebiet einreist,
4.
einer vollziehbaren Anordnung nach § 46 Abs. 2 Satz 1 oder 2 oder § 47 Abs. 1 Satz 2 oder Abs. 2 zuwiderhandelt,
5.
entgegen § 49 Abs. 2 eine Angabe nicht, nicht richtig oder nicht vollständig macht, sofern die Tat nicht in Absatz 2 Nr. 2 mit Strafe bedroht ist,
6.
entgegen § 49 Abs. 10 eine dort genannte Maßnahme nicht duldet,
6a.
entgegen § 56 wiederholt einer Meldepflicht nicht nachkommt, wiederholt gegen räumliche Beschränkungen des Aufenthalts oder sonstige Auflagen verstößt oder trotz wiederholten Hinweises auf die rechtlichen Folgen einer Weigerung der Verpflichtung zur Wohnsitznahme nicht nachkommt oder entgegen § 56 Abs. 4 bestimmte Kommunikationsmittel nutzt oder bestimmte Kontaktverbote nicht beachtet,
7.
wiederholt einer räumlichen Beschränkung nach § 61 Abs. 1 oder Absatz 1c zuwiderhandelt oder
8.
im Bundesgebiet einer überwiegend aus Ausländern bestehenden Vereinigung oder Gruppe angehört, deren Bestehen, Zielsetzung oder Tätigkeit vor den Behörden geheim gehalten wird, um ihr Verbot abzuwenden.

(1a) Ebenso wird bestraft, wer vorsätzlich eine in § 404 Abs. 2 Nr. 4 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch oder in § 98 Abs. 3 Nr. 1 bezeichnete Handlung begeht, für den Aufenthalt im Bundesgebiet nach § 4 Abs. 1 Satz 1 eines Aufenthaltstitels bedarf und als Aufenthaltstitel nur ein Schengen-Visum nach § 6 Abs. 1 Nummer 1 besitzt.

(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
entgegen § 11 Absatz 1 oder in Zuwiderhandlung einer vollziehbaren Anordnung nach § 11 Absatz 6 Satz 1 oder Absatz 7 Satz 1
a)
in das Bundesgebiet einreist oder
b)
sich darin aufhält,
1a.
einer vollstreckbaren gerichtlichen Anordnung nach § 56a Absatz 1 zuwiderhandelt und dadurch die kontinuierliche Feststellung seines Aufenthaltsortes durch eine in § 56a Absatz 3 genannte zuständige Stelle verhindert oder
2.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder benutzt, um für sich oder einen anderen einen Aufenthaltstitel oder eine Duldung zu beschaffen oder das Erlöschen oder die nachträgliche Beschränkung des Aufenthaltstitels oder der Duldung abzuwenden oder eine so beschaffte Urkunde wissentlich zur Täuschung im Rechtsverkehr gebraucht.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3 und der Absätze 1a und 2 Nr. 1 Buchstabe a ist der Versuch strafbar.

(4) Gegenstände, auf die sich eine Straftat nach Absatz 2 Nr. 2 bezieht, können eingezogen werden.

(5) Artikel 31 Abs. 1 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge bleibt unberührt.

(6) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 steht einem Handeln ohne erforderlichen Aufenthaltstitel ein Handeln auf Grund eines durch Drohung, Bestechung oder Kollusion erwirkten oder durch unrichtige oder unvollständige Angaben erschlichenen Aufenthaltstitels gleich.

(7) In Fällen des Absatzes 2 Nummer 1a wird die Tat nur auf Antrag einer dort genannten zuständigen Stelle verfolgt.

Das Gericht soll die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels dem Beteiligten auferlegen, der es eingelegt hat.

(1) Hält das Gericht, dessen Beschluss angefochten wird, die Beschwerde für begründet, hat es ihr abzuhelfen; anderenfalls ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Das Gericht ist zur Abhilfe nicht befugt, wenn die Beschwerde sich gegen eine Endentscheidung in einer Familiensache richtet.

(2) Das Beschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Beschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(3) Das Beschwerdeverfahren bestimmt sich im Übrigen nach den Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug. Das Beschwerdegericht kann von der Durchführung eines Termins, einer mündlichen Verhandlung oder einzelner Verfahrenshandlungen absehen, wenn diese bereits im ersten Rechtszug vorgenommen wurden und von einer erneuten Vornahme keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind.

(4) Das Beschwerdegericht kann die Beschwerde durch Beschluss einem seiner Mitglieder zur Entscheidung als Einzelrichter übertragen; § 526 der Zivilprozessordnung gilt mit der Maßgabe entsprechend, dass eine Übertragung auf einen Richter auf Probe ausgeschlossen ist. Zudem kann das Beschwerdegericht die persönliche Anhörung des Kindes durch Beschluss einem seiner Mitglieder als beauftragtem Richter übertragen, wenn es dies aus Gründen des Kindeswohls für sachgerecht hält oder das Kind offensichtlich nicht in der Lage ist, seine Neigungen und seinen Willen kundzutun. Gleiches gilt für die Verschaffung eines persönlichen Eindrucks von dem Kind.

(5) Absatz 3 Satz 2 und Absatz 4 Satz 1 finden keine Anwendung, wenn die Beschwerde ein Hauptsacheverfahren betrifft, in dem eine der folgenden Entscheidungen in Betracht kommt:

1.
die teilweise oder vollständige Entziehung der Personensorge nach den §§ 1666 und 1666a des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
2.
der Ausschluss des Umgangsrechts nach § 1684 des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder
3.
eine Verbleibensanordnung nach § 1632 Absatz 4 oder § 1682 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.