Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss, 13. Nov. 2007 - 9 W 80/07

bei uns veröffentlicht am13.11.2007

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Landgerichts Konstanz vom 06.09.2007 wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

3. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens beträgt  2.116.372,70 EUR.

4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

 
1. Die Klägerin macht aus abgeleitetem Recht bei der 4. Zivilkammer des LG Konstanz Schadensersatzansprüche geltend wegen eines Zusammenstoßes zweier Flugzeuge bei Überlingen, der sich am 01.07.2002 ereignet hat. Mit Antrag vom 07.06.2007 hat sie die Richter der 4. Zivilkammer VRLG M. und RLG H. wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Die abgelehnten Richter hätten am 21.05.2007 an der vor dem Schweizer Bezirksgericht in Bülach durchgeführten mündlichen Hauptverhandlung eines Strafverfahrens gegen acht Mitarbeiter der Versicherungsnehmerin der Klägerin, der Schweizer skyguide, teilgenommen. An jenem Tage sei der Sachverständige Dr. G. vernommen worden. Das Gutachten des Sachverständigen Dr. G. sei in dem von der erkennenden Kammer entschiedenen „Parallelverfahren“ nicht eingeführt worden. Vielmehr habe der Prozessvertreter der (hier) Beklagten auf die Existenz des Gutachtens hingewiesen und ausgeführt, dass ihm eine vollständige Vorlage und Einführung dieses Gutachtens in den Prozess nicht möglich sei, weil ihm die Vorlage von der Auftraggeberin des Gutachtens, der Staatsanwaltschaft Konstanz, ausdrücklich verwehrt worden sei. Der abgelehnte Richter VRLG M. habe sich während der ganztägigen Beweisaufnahme umfangreiche Notizen gemacht. Die Klägerin gehe davon aus, dass die Richter – zumindest teilweise – die Gerichtsakte des hiesigen Rechtstreits (oder eine Kopie derselben) mit in die Verhandlung gebracht hätten. Zudem hätten sich beide Richter während einer Verhandlungspause über einen Zeitraum von fünf bis zehn Minuten angeregt mit dem Prozessvertreter der Beklagten, Herrn Rechtsanwalt Dr. S., der die Vernehmung des Sachverständigen Dr. G. ebenfalls als Zuhörer verfolgt habe, unterhalten. Wie aus mitgehörten Wortfetzen des Gesprächs deutlich geworden sei, sei Gesprächsgegenstand die Aussage des Sachverständigen Dr. G. und die bei skyguide in der Unfallnacht vorgefallenen Fehler gewesen. Zur Glaubhaftmachung dieses Tatbestands hat sich die Klägerin auf eine eidesstattliche Versicherung des Rechtsanwaltes A. F. sowie auf die einzuholenden dienstlichen Äußerungen der abgelehnten Richter bezogen.
Rechtsanwalt F. hat eidesstattlich versichert, dass die abgelehnten Richter als Zuschauer die gesamte Befragung von Dr. G., die sich während mehrerer Stunden bis in den späten Nachmittag erstreckt habe, verfolgt hätten. Er habe gesehen, dass Richter M. während der gesamten Befragung Akten vor sich gehabt habe. Diese Akten hätten maschinengeschriebene Papiere enthalten und hätten sich teilweise in schwarzen Ordnern befunden, wobei er unter dem Eindruck stehe, dass die Ordner einen amtlichen Bundesadler-Rücken hätten. Während der gesamten Befragung von Dr. G. habe sich Richter M. laufend handschriftliche Notizen gemacht. Während einer Verhandlungspause habe er festgestellt, dass sich die Richter M. und H. in der Stadthalle Bülach angeregt mit Dr. S. unterhalten hätten. Aus Wortfetzen dieses Gesprächs habe er erfahren, dass das Gesprächsthema die Befragung von Dr. G. und die bei skyguide in der Unglücksnacht vorgefallenen Fehler gewesen seien. Das Gespräch habe ca. fünf bis zehn Minuten gedauert.
Der abgelehnte Richter VRLG M. hat auszugsweise folgende Stellungnahme abgegeben. RLG H. und er seien sich der Brisanz einer etwaigen Begegnung mit Prozessvertretern von vornherein bewusst gewesen. Sie seien deshalb von Anfang an bei dem Gespräch mit Dr. S. darauf bedacht gewesen, sich jeglicher Äußerung zum Inhalt des Strafverfahrens, vor allem zur gutachterlichen Stellungnahme von Dr. G. oder unfallbezogenem Verhalten von Mitarbeitern von skyguide, zu enthalten. Richtig sei, dass er während der Verhandlung Notizen gemacht habe und einen Ordner mitgeführt habe. Dessen Rücken sei handbeschriftet und trage keinen Bundesadler. Der Ordner habe auch keine Bestandteile oder Kopien von Gerichtsakten enthalten.
Mit der angefochtenen Entscheidung hat das Landgericht das Ablehnungsgesuch der Klägerin zurückgewiesen.
Hiergegen richtet sich die rechtzeitig eingelegte sofortige Beschwerde der Klägerin. Zur Begründung trägt sie vor, das Landgericht habe nicht gewürdigt, dass die abgelehnten Richter auf eigene Faust ausgerechnet diejenigen Informationen einzuholen gesucht hätten, die eine der Parteien in einem anhängigen Parallelverfahren habe einführen wollen, ohne sich dazu jedoch aus Rechtsgründen in der Lage zu sehen. Die abgelehnten Richter hätten sich bewusst, ohne Unterrichtung der Parteien und außerhalb der Verhandlung zu einer ausländischen Gerichtsverhandlung begeben, um sich Sachkunde und später verwendbare Erkenntnisse zu verschaffen. Dies sei eine selbständige Ermittlung, die sich weit außerhalb der gerichtlichen Pflichten zur materiellen Prozessleitung bewege und zumindest den Anschein der Parteilichkeit und Voreingenommenheit erwecke. Der Verhandlungsmaxime entsprechend dürfe das Gericht nur von den Parteien vorgetragene Tatsachen dem Urteil zugrunde legen. Nur soweit das Gesetz Ausnahmen ausdrücklich zulasse, dürfe das Gericht von Amts wegen aus eigenem Antrieb Tatsachenaufklärung betreiben. Solche Ausnahmen seien hier nicht einschlägig. Entgegen der Auffassung des Landgerichts Konstanz gehe es nicht um die Information aus einer jedermann zugänglichen Quelle. Selbst die Verwertung zufälliger Beobachtungen des Richters sei an die Voraussetzung geknüpft, dass der Richter den Parteien diese mitteile und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gebe. Das Gericht habe sich eigenmächtig und ohne jeglichen Antrag der Parteien das Gutachten Dr. G. übermitteln lassen und bisher weder die Anfrage auf Übermittlung des Gutachtens noch die Nachricht über dessen erfolgte Übersendung der Klägerin mitgeteilt. Die Informationsbeschaffung der abgelehnten Richter sei selektiv gewesen. Die Richter hätten nur eine Seite, nämlich den Gutachter der Staatsanwaltschaft mit angehört. Über die umfassenden sachlichen Kritikpunkte an dessen Auffassung, welche an späteren Prozesstagen von der Verteidigung vorgebracht worden seien, hätten sich die abgelehnten Richter nicht informiert. Entgegen der Auffassung des Landgerichts handele es sich um Amtshandlungen, da diese während der Dienstzeit mit Bezug auf einen bestimmten Fall vorgenommen worden seien. Besorgnis der Befangenheit sei auch gegeben, weil die abgelehnten Richter sich einseitig in Kontakt mit dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten begeben und sich zumindest auch über Gegenstände des hiesigen Rechtstreits ausgetauscht hätten.
2. Das Rechtsmittel der Klägerin ist zulässig, jedoch nicht begründet.
a) Der Senat muss im Rahmen des vorliegenden Verfahrens nicht entscheiden, welchen Einfluss der Umstand hat, dass über das Vermögen der Beklagten das Insolvenzverfahren in Russland eröffnet worden ist, und ob die Klägerin befugt ist, das vorliegende Verfahren aufzunehmen. Ebensowenig sind die in den Verfügungen des Vorsitzenden der Kammer des Landgerichts vom 10.05.2007 unter II Nr. 2 (I 411) und vom 16.05.2007 unter Nr. 2 3. Absatz (I 421) mit Recht aufgeworfenen Fragen für die vorliegende Entscheidung von Bedeutung. Diese Fragen berühren nicht die Befugnis der Klägerin, nach von ihr erklärter Wiederaufnahme des Verfahrens die erkennenden Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen. Sie hat Anspruch darauf, dass über die Wiederaufnahme des Verfahrens der gesetzliche Richter entscheidet.
b) Nach § 42 Abs. 2 ZPO findet die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Erforderlich sind objektive Gründe, die auch vom Standpunkt einer vernünftigen und besonnenen Partei die Befürchtung wecken können, der Richter stehe der Sache nicht unvoreingenommen gegenüber. Solche Gründe können sich insbesondere daraus ergeben, dass der Grundsatz der Parteiöffentlichkeit missachtet (vgl. hierzu § 357 ZPO), dadurch die Partei in der Ausübung ihrer Rechte verletzt und das richterliche Vertrauensverhältnis beeinträchtigt wird (vgl. OLGR Frankfurt 2001, 169). Eine derartige Beeinträchtigung des richterlichen Vertrauensverhältnisses wird nach überwiegender Auffassung insbesondere dann angenommen, wenn der Richter auf eigene Initiative formlose Ermittlungen aufnimmt.
c) Entgegen der Auffassung der Klägerin haben die abgelehnten Richter im vorliegenden Falle keine derartigen formlosen Ermittlungen vorgenommen. Richterliche Ermittlungen sind hoheitliche Maßnahmen, die in Ausübung eines Richteramtes wahrgenommen werden, die diese Qualität auch nicht dadurch verlieren, dass die Art und Weise der Ermittlungen nicht den Vorschriften der einschlägigen Verfahrensordnung entspricht. Damit ist jedoch nicht der Fall vergleichbar, dass der abgelehnte Richter der von einem ausländischen Gericht durchgeführten Beweisaufnahme wie jeder beliebige Zuhörer beiwohnt, ohne dass er das Recht beansprucht oder in anderer Weise dafür sorgt, auf die Befragung des Sachverständigen Einfluss zu nehmen. Der Richter trägt für die von dem fremden staatlichen Gericht durchgeführte Beweisaufnahme naturgemäß keinerlei Verantwortung. Er bestimmt weder den Inhalt noch die Art und Weise der Vernehmung des Sachverständigen. Unter diesen Umständen liegt eine Sachverhaltsermittlung durch den abgelehnten Richter unter Verletzung der Grundsätze der Parteiöffentlichkeit nicht vor. Die Tätigkeit des Richters hat dann keine andere rechtliche Qualität als die Lektüre einschlägiger Fachliteratur oder allgemeininformierender Zeitungen oder Internetrecherche. Auch insoweit steht den Parteien kein Anwesenheitsrecht zu. Hiervon zu unterscheiden ist die prozessuale Verwertbarkeit etwaigen dadurch erlangten Fachwissens. Darum geht es vorliegend nicht.
10 
Dass die abgelehnten Richter die Befragung des Sachverständigen in irgendeiner Weise beeinflusst hätten, ist weder ersichtlich noch dargetan.
11 
d) Der Vorwurf der Klägerin einer einseitigen Informationsbeschaffung der abgelehnten Richter, sie hätten nur den Gutachter der Staatsanwaltschaft angehört, sie hätten sich nicht über die umfassenden sachlichen Kritikpunkte an dessen Auffassung, welche an späteren Prozesstagen von der Verteidigung vorgebracht worden seien, informiert, geht fehl. Die Klägerin verkennt, dass es nicht um eine, wenn auch verfahrensfehlerhafte, Beweisaufnahme geht. Dem Richter kann, wenn er sich ohne Hinzuziehung der Parteien aus den vorgenannten Quellen informiert, nicht vorgeschrieben werden, welche Quellen er heranzieht. Die Rechte der Parteien, die im Verfahren selbst umfassende Befugnisse und Möglichkeiten haben, die Rechtsfindung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zu beeinflussen, werden hierdurch nicht berührt.
12 
e) Die Auffassung der Klägerin, die abgelehnten Richter hätten durch den Besuch der Strafverhandlung vor dem Bezirksgericht Bülach einseitig zugunsten der Beklagten Beweismittel beschafft, die aufgrund eines Schweizer Spezialitätsvorbehaltes sowie wegen der rechtlich unzureichenden Methoden der Informationsbeschaffung in einem deutschen Zivilverfahren nicht als Beweismittel verwandt oder sonst in den Prozess eingeführt werden könnten, trifft nicht zu. Bei verständiger Würdigung besteht auch aus Sicht der Klägerin nicht einmal der berechtigte Verdacht eines solchen Vorgangs. Die Klägerin selbst trägt vor, dass sich die Parteien des vorliegenden Verfahrens nicht auf das schriftliche Gutachten Dr. G. berufen hätten. Dass das Gutachten, so es denn überhaupt in das Verfahren eingeführt wird, im Wege des Urkundenbeweises verwertbar ist, hat der Senat im "Parallelverfahren" 9 U 177/06 entschieden. Der Spezialitätsvorbehalt nach Art. 67,63 des schweizerischen Rechtshilfegesetzes oder der schweizerische Vorbehalt zu Art 2 EuRhÜbk sind nicht berührt, da diese lediglich die Rechtshilfe "in Verfahren hinsichtlich strafbarer Handlungen" bzw. in "Strafsachen" betreffen.
13 
Auch im Übrigen sind bei verständiger Würdigung keinerlei Anhaltspunkte für die Annahme gegeben, die abgelehnten Richter hätten "übereifrig" und damit unter Missachtung der gebotenen Distanz zu dem von ihnen zu entscheidenden Sachverhalt gehandelt.
14 
f) Die abgelehnten Richter waren auch nicht gehalten, den Eingang des schriftlichen Gutachtens Dr. G. in einem anderen Verfahren mit teilweise anderen Parteien den Parteien des vorliegenden Verfahrens mitzuteilen, es sei denn, die Kammer hätte beabsichtigt, jenes Gutachten – in welcher Form auch immer – als gerichtsbekannt zu verwerten. Vorliegend ist nicht ersichtlich, dass eine Verwertung überhaupt angestanden hätte.
15 
Die Wertung der Klägerin, die abgelehnten Richter würden ihre in Bülach gewonnenen Erkenntnisse in nicht - verfahrenskonformer Weise in den Prozess einführen, geht im Ansatz fehl, weil sie darauf beruht, dass das Gutachten Dr. G. im vorliegenden Verfahren zu den Akten gelangt wäre. Letzteres ist, wie dargestellt, unrichtig.
16 
g) Entgegen der Auffassung der Klägerin haben die abgelehnten Richter den Grundsatz der Verhandlungsmaxime nicht verkannt. Der Verhandlungsgrundsatz betrifft die Beschaffung des Prozessstoffs. Hiernach darf das Gericht grundsätzlich seiner Entscheidung nur das Tatsachenmaterial zugrunde legen, das von den Parteien vorgetragen ist (vgl. Zöller/Greger ZPO 26. Auflage vor § 128 Rdnr. 10). Dass die abgelehnten Richter den von den Parteien zur Entscheidung unterbreiteten Prozessstoffs verkannt hätten, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Entgegen der Auffassung der Klägerin geht es auch nicht um die Frage, welche Beweise das Gericht von Amts wegen erheben darf. Tatsächlich hat, wie dargelegt, keinerlei Beweiserhebung stattgefunden.
17 
h) Es fehlen jegliche Anhaltspunkte dafür, dass die abgelehnten Richter beabsichtigt hätten, mit Hilfe der durch die Teilnahme an der Strafverhandlung gewonnenen Erkenntnisse die Prozesschancen der Parteien in prozessordnungswidriger Weise zu beeinflussen. Soweit der abgelehnte Richter VRLG M. mitgeteilt hat, er habe durch seine Anwesenheit in der Strafverhandlung die Möglichkeit gesehen, aus einer jedermann zugänglichen Informationsquelle ggf. weiteres Fachwissen zu erlangen, insbesondere um die Frage der Erforderlichkeit eines Sachverständigengutachtens auch unter dem Aspekt von § 144 ZPO erneut zu überdenken, ist dies nicht zu beanstanden. Die Anordnung der Erhebung eines Gutachtens steht nach der zitierten Vorschrift im Ermessen des Gerichts. Eine fundierte Entscheidung darüber, in welcher Weise das Ermessen ausgeübt wird, kann auch auf die dargestellte Weise vorbereitet werden, unabhängig davon, dass es den Parteien freisteht, Beweisanträge zu stellen.
18 
i) Das richterliche Vertrauensverhältnis kann auch dadurch beeinträchtigt werden, dass der Richter einseitig hinter dem Rücken der einen Partei zu der anderen Kontakt aufnimmt. Voraussetzung hierfür ist, dass das Verhalten des abgelehnten Richters vom Standpunkt des Ablehnenden aus bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung wecken kann, der Richter stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber. Rein subjektive, unvernünftige Vorstellungen des Ablehnenden reichen demgegenüber nicht aus (vgl. Zöller/Vollkommer ZPO 26. Auflage § 42 Rdnr. 9). Die Darstellung des Gespräches durch den Beklagtenvertreter im Schriftsatz vom 29.06.2007 Seite 5 – 7, auf welche die Klägerin Bezug nimmt, betrifft lediglich den äußeren Ablauf des Verfahrens. Soweit der abgelehnte Richter VRLG M. in der dienstlichen Stellungnahme vom 04.07.2007 darüber hinausgehend weitere Gespräche berichtet hat, ist eine erhebliche Abweichung von der Darstellung durch den Prozessbevollmächtigten der Beklagten nicht gegeben. Diese Gespräche sind ohne jegliche inhaltliche Bedeutung und bei vernünftiger Betrachtung nicht geeignet, die Besorgnis der Befangenheit zu begründen.
19 
j) Entgegen der Auffassung der Klägerin ist auch die Zusammenschau der vorgetragenen Ablehnungsgründe nicht geeignet, die Besorgnisse der Befangenheit zu begründen. Richtig ist zwar, dass die Häufung von Unzulänglichkeiten den Anschein einer unsachgemäßen Verfahrensleitung zugunsten einer Partei begründen und damit unter Umständen die Besorgnisse der Befangenheit begründen kann. Derartige Unzulänglichkeiten sind vorliegend jedoch nicht gegeben.
20 
3. Wird ein Richter abgelehnt, so ist der Streitwert des Beschwerdeverfahrens mit dem Hauptsachestreitwert gleich zu setzen (vgl. zuletzt BGH, B.v.6.4.2006 - V ZB 194/05). Nachdem die Klägerin bislang trotz Insolvenz der Beklagten von den Zahlungsanträgen nicht abgegangen ist, sind diese maßgeblich. Allerdings ist der Umrechnungskurs, soweit eine Verurteilung in USD beantragt wird, nach § 40 GKG mit dem am 01.10.2007 maßgeblichen Kurs zu bewerten. Damals waren USD 2.550.000,- EUR 1.787.918,-.
21 
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde sind nicht gegeben.

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 40 Zeitpunkt der Wertberechnung


Für die Wertberechnung ist der Zeitpunkt der den jeweiligen Streitgegenstand betreffenden Antragstellung maßgebend, die den Rechtszug einleitet.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 42 Ablehnung eines Richters


(1) Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden. (2) Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt

Zivilprozessordnung - ZPO | § 144 Augenschein; Sachverständige


(1) Das Gericht kann die Einnahme des Augenscheins sowie die Hinzuziehung von Sachverständigen anordnen. Es kann zu diesem Zweck einer Partei oder einem Dritten die Vorlegung eines in ihrem oder seinem Besitz befindlichen Gegenstandes aufgeben und hi

Zivilprozessordnung - ZPO | § 357 Parteiöffentlichkeit


(1) Den Parteien ist gestattet, der Beweisaufnahme beizuwohnen. (2) Wird die Beweisaufnahme einem Mitglied des Prozessgerichts oder einem anderen Gericht übertragen, so ist die Terminsbestimmung den Parteien ohne besondere Form mitzuteilen, sofer

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Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Apr. 2006 - V ZB 194/05

bei uns veröffentlicht am 06.04.2006

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS V ZB 194/05 vom 6. April 2006 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO §§ 45 Abs. 1, 348, 348a Über ein Ablehnungsgesuch gegen den nach § 348 oder § 348a ZPO zuständigen Einzelrichte
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Finanzgericht Hamburg Beschluss, 28. Nov. 2016 - 3 K 24/16

bei uns veröffentlicht am 28.11.2016

Gründe 1 Ungeachtet der Frage der Zulässigkeit ist der Befangenheitsantrag gemäß § 51 FGO i. V. m. § 42 ZPO zumindest unbegründet. I. 2 Die beanstandete Hinweisverfügung der Einzelrichterin vom 7. November 2016 lässt keinen Grund im Si

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(1) Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden.

(2) Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen.

(3) Das Ablehnungsrecht steht in jedem Fall beiden Parteien zu.

(1) Den Parteien ist gestattet, der Beweisaufnahme beizuwohnen.

(2) Wird die Beweisaufnahme einem Mitglied des Prozessgerichts oder einem anderen Gericht übertragen, so ist die Terminsbestimmung den Parteien ohne besondere Form mitzuteilen, sofern nicht das Gericht die Zustellung anordnet. Bei Übersendung durch die Post gilt die Mitteilung, wenn die Wohnung der Partei im Bereich des Ortsbestellverkehrs liegt, an dem folgenden, im Übrigen an dem zweiten Werktage nach der Aufgabe zur Post als bewirkt, sofern nicht die Partei glaubhaft macht, dass ihr die Mitteilung nicht oder erst in einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist.

(1) Das Gericht kann die Einnahme des Augenscheins sowie die Hinzuziehung von Sachverständigen anordnen. Es kann zu diesem Zweck einer Partei oder einem Dritten die Vorlegung eines in ihrem oder seinem Besitz befindlichen Gegenstandes aufgeben und hierfür eine Frist setzen. Es kann auch die Duldung der Maßnahme nach Satz 1 aufgeben, sofern nicht eine Wohnung betroffen ist.

(2) Dritte sind zur Vorlegung oder Duldung nicht verpflichtet, soweit ihnen diese nicht zumutbar ist oder sie zur Zeugnisverweigerung gemäß den §§ 383 bis 385 berechtigt sind. Die §§ 386 bis 390 gelten entsprechend.

(3) Die Vorschriften, die eine auf Antrag angeordnete Einnahme des Augenscheins oder Begutachtung durch Sachverständige zum Gegenstand haben, sind entsprechend anzuwenden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 194/05
vom
6. April 2006
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Über ein Ablehnungsgesuch gegen den nach § 348 oder § 348a ZPO zuständigen
Einzelrichter hat nach § 45 Abs. 1 ZPO die Zivilkammer ohne Mitwirkung des abgelehnten
Richters zu entscheiden.
BGH, Beschl. v. 6. April 2006 - V ZB 194/05 - OLG Zweibrücken
LG Landau i.d. Pfalz
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 6. April 2006 durch den Vorsitzenden
Richter Prof. Dr. Krüger, die Richter Dr. Lemke und Dr. SchmidtRäntsch
, die Richterin Dr. Stresemann und den Richter Dr. Czub

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten wird der Beschluss des 3. Zivilsenats des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 18. November 2005 unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen aufgehoben. Die Beschwerde gegen den Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Landau i.d. Pfalz vom 26. September 1995 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren. Der Geschäftswert wird für das Beschwerdeverfahren und für das Rechtsbeschwerdeverfahren auf 31.378,00 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Der Kläger verlangt von der Beklagten Ersatz von Feuchtigkeitsschäden, die nach seinem Vortrag durch Bauarbeiten an dem Haus der Beklagten auf dem benachbarten Grundstück entstanden sein sollen. Der Kläger hat gegen die Beklagte Klage auf Zahlung von Schadensersatz erhoben. Die Beklagte hat in dem Rechtsstreit Beweiseinreden gegen das Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen unter Vorlage einer Stellungnahme eines von ihr eingeholten Gutachtens erhoben.
2
Das Landgericht hat durch den Einzelrichter nach mündlicher Verhandlung Termin zur Anhörung des Sachverständigen anberaumt. Dieser ist auf Anträge der Parteien mehrfach verlegt worden. Dem vierten Antrag der Beklagten auf erneute Verlegung des Termins zur Anhörung des gerichtlichen Sachverständigen wegen Verhinderung des von ihr beauftragten Sachverständigen hat das Gericht nicht stattgegeben.
3
Die Beklagte hat ein Ablehnungsgesuch wegen Besorgnis der Befangenheit des Einzelrichters gestellt, das sie mit Äußerungen des Richters über strafgerichtliche Verurteilungen der Beklagten in einem anderen Zivilrechtsstreit sowie mit der Ablehnung des Antrags auf Terminsverlegung begründet hat.
4
Das Landgericht hat mit Entscheidung der Kammer das Ablehnungsgesuch für unbegründet erklärt. Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Entscheidung des Landgerichts aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung durch den Einzelrichter an das Landgericht zurückverwiesen. Mit der von dem Oberlandesgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde beantragt die Beklagte, das Ablehnungsgesuch unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses für begründet zu erklären.

II.

5
Das Beschwerdegericht meint, nach der Neuregelung der funktionellen Zuständigkeit des Einzelrichters in §§ 348, 348a ZPO durch das Zivilprozessreformgesetz vom 27. Juli 2001 (BGBl. I 2001, 1881, 1887) habe über ein Ablehnungsgesuch gegen einen Einzelrichter nicht mehr die Kammer, sondern der durch deren Geschäftsverteilungsplan nach § 21g Abs. 4 GVG zu dessen Vertreter bestimmte Richter als Einzelrichter zu entscheiden.
6
Eine eigene Entscheidung in der Sache hält das Beschwerdegericht nicht für sachdienlich, weil bei prozessordnungsgemäßer Behandlung die Sache nicht bei dem Senat, sondern nach § 568 Satz 1 ZPO bei dem zuständigen Senatsmitglied als Einzelrichter angefallen wäre.

III.

7
1. a) Die Rechtsbeschwerde ist auf Grund der Zulassung im Beschluss des Beschwerdegerichts statthaft (§ 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO).
8
b) Die Rechtsbeschwerde ist auch im Übrigen nach § 575 ZPO zulässig. Die Beklagte ist durch den Beschluss des Beschwerdegerichts beschwert, obwohl das Beschwerdegericht den das Ablehnungsgesuch zurückweisenden Beschluss des Landgerichts vom 26. September 2005 aufgehoben hat. Die Beschwer wird hier durch die Nichtbescheidung des Antrags in der Sache begründet (vgl. zum Berufungsverfahren: BGHZ 18, 107, 108; 31, 358, 361).
9
2. Die Rechtsbeschwerde bleibt indes im Ergebnis ohne Erfolg.
10
a) Zu Recht wendet sich die Rechtsbeschwerde allerdings gegen die Bestimmung des für die Entscheidung über das Ablehnungsgesuch nach § 45 Abs. 1 ZPO zuständigen Richters durch das Beschwerdegericht.
11
aa) Die Frage, ob die Kammer, ohne den abgelehnten Einzelrichter, oder der Vertreter des abgelehnten Einzelrichters, für die Entscheidung über das Ablehnungsgesuch zuständig ist, ist in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte streitig.
12
Die Oberlandesgerichte Köln (OLGR 2005, 481, 482), Frankfurt (OLGR 2004, 271), Schleswig (OLGR 2005, 10, 11) sowie der 14. Zivilsenat (NJW-RR 2005, 1660) und der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg (OLGR 2005, 82) vertreten die Auffassung, dass auch nach den Änderungen durch das Zivilprozessrechtsreformgesetz weiterhin die Kammer nach § 45 Abs. 1 ZPO zur Entscheidung berufen sei. Demgegenüber sind die Oberlandesgerichte Karlsruhe (OLGR 2003, 523 und OLGR 2004, 490), Naumburg (OLGR 2005, 789, 791 und 830, 832), der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg (OLGR 2005, 592), das Kammergericht (NJW 2004, 2104, 2105) sowie das Beschwerdegericht der Ansicht, dass der Vertreter eines abgelehnten Einzelrichters als Einzelrichter für die Entscheidung über das Ablehnungsgesuch zuständig sei.
13
Im Schrifttum wird überwiegend die Ansicht vertreten, dass die Kammer für diese Entscheidung zuständig sei (Hartmann in Baumbach /Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 64. Aufl., § 45 Rdn. 4; HKZPO /Kayser, § 45 Rdn. 2; Musielak/Smid, ZPO, 4. Aufl., § 45 Rdn. 2; SteinJonas /Bork, ZPO, 22. Aufl., § 45 Rdn. 1; Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 27. Aufl., § 45 Rdn. 1; Zimmermann, ZPO, 7. Aufl., § 45 Rdn. 1; Zöller /Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., § 45 Rdn. 2; a.A. Fölsch, SchlHAnz 2004, 137 ff).
14
bb) Der Senat teilt die Auffassung des Beschwerdegerichts nicht. Die Zuständigkeit für die Entscheidung über das Ablehnungsgesuch gegen einen Einzelrichter an einem Kollegialgericht wird auch nach der Neuregelung der Zuständigkeit des Einzelrichters in §§ 348, 348a ZPO allein durch § 45 Abs. 1 ZPO bestimmt. Danach ist hier die Kammer unter Ausschluss des abgelehnten Richters zuständig.
15
(1) § 45 Abs. 1 und 2 ZPO enthalten Vorschriften zur Bestimmung des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG). Der zuständige Richter für die Entscheidung über ein Ablehnungsgesuch gegen einen Richter an einem Kollegialgericht wird durch § 45 Abs. 1 ZPO, derjenige für ein Ablehnungsgesuch gegen einen Richter des Amtsgerichts durch § 45 Abs. 2 ZPO festgelegt.
16
(a) Für die Zuständigkeit der Kammer spricht bereits der Wortlaut des § 45 Abs. 1 ZPO. Danach entscheidet über das Ablehnungsgesuch das Gericht, dem der Abgelehnte angehört, ohne dessen Mitwirkung. Der Rechtsbeschwerde ist darin zuzustimmen, dass diese Regelung nur dann einen Sinn ergibt, wenn man bei dem Landgericht unter dem Gericht im Sinne der Vorschrift die nach § 60 GVG zu bildende und nach § 72 GVG mit drei Richtern unter Einschluss des Vorsitzenden besetzte Kammer versteht (so auch OLG Schleswig OLGR 2005, 10 f.), während bei einer Zuständigkeit des Einzelrichters der letzte Satzteil „ohne dessen Mitwirkung“ nicht passte, weil ein Einzelrichter nicht an der Entscheidung mitwirkt, sondern diese trifft und der abgelehnte Einzelrichter über ein gegen ihn gerichtetes Ablehnungsgesuch nicht selbst entscheiden darf.
17
(b) Ein anderer Wille des Gesetzgebers lässt sich der Entstehungsgeschichte des Zivilprozessrechtsreformgesetzes nicht entnehmen. Diese weist vielmehr darauf hin, dass es - wie zuvor - bei der Zuständigkeit der Kammer bleiben sollte. Mit dem Reformgesetz wurde der Wortlaut des § 45 Abs. 1 ZPO dahin geändert, dass der nicht zur Zuständigkeit des Einzelrichters passende Nachsatz „ohne dessen Mitwirkung“ eingefügt wurde. Die Begründung dazu lässt erkennen, dass insoweit eine Klarstellung entsprechend der bisherigen Rechtsprechung gewollt war und die Vorschrift damit § 27 StPO angepasst werden sollte (BT-Drucks. 14/3750, S. 189). Eine Absicht des Gesetzgebers dahin, nunmehr entsprechend den für die Hauptsache geltenden Anordnungen in §§ 348, 348a ZPO eine Zuständigkeit des Vertreters des Einzelrichters auch für die Entscheidung über ein Ablehnungsgesuch zu bestimmen, lässt sich hieraus nicht entnehmen. Im Gegenteil; der aus der Begründung ersichtliche Wille des Gesetzgebers ging dahin, die bisherige, sich auf die Zuständigkeit der Kammer beziehende Rechtsprechung zu bestätigen und fortzuführen.
18
(2) Die Zuständigkeit des (Vertreters des) Einzelrichters lässt sich auch nicht unter Verweis auf die Regelung der Zuständigkeit für die Hauptsache in §§ 348, 348a ZPO damit begründen, dass diese Anordnung sich auch auf alle Nebenverfahren beziehe (so aber OLG Naumburg OLGR 2005, 789, 790). Das Verfahren in der Hauptsache und das Ablehnungsverfahren sind voneinander zu trennen. Der gesetzliche Richter für das selbständige Zwischenverfahren der Richterablehnung (Zöller/Vollkommer, ZPO, 64. Aufl., § 46 Rdn. 1) ist in § 45 Abs. 1 ZPO abweichend bestimmt worden (OLG Schleswig OLGR 2005, 10, 11). Der dazu berufene Richter soll danach gerade nicht der Richter sein, der anstelle des Abgelehnten für die Entscheidung in der Hauptsache zuständig wäre.
19
b) Die Entscheidung des Beschwerdegerichts ist aus den vorstehenden Gründen rechtsfehlerhaft und deshalb aufzuheben.
20
aa) Eine Zurückverweisung an das Beschwerdegericht kommt indes nicht in Betracht, weil die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 577 Abs. 5 Satz 1 ZPO). Die Beschwerde ist als unbegründet zurückzuweisen.
21
Das Rechtsbeschwerdegericht ist bei einer die Ausgangsentscheidung aufhebenden Entscheidung des Beschwerdegerichts auch gegenüber der Rechtsbeschwerdeführerin zu einer solchen Endentscheidung befugt, ohne damit gegen das Verbot der Verschlechterung (reformatio in peius) zu verstoßen , wenn das Beschwerdegericht auch nach einer Zurückverweisung zu keiner anderen Entscheidung in der Sache gelangen könnte (vgl. für das Revisionsverfahren : BGH, Urt. v. 22. Januar 1997, VIII ZR 339/95, WM 1997, 1713, 1716).
22
bb) So ist es hier. Das Landgericht hat zu Recht das Ablehnungsgesuch der Beklagten für unbegründet erklärt. Die von der Beklagten vorgebrachten Ablehnungsgründe vermögen eine Besorgnis der Befangenheit des abgelehnten Richters nicht zu begründen.
23
(1) Eine solche Besorgnis ist aus dem in anderer Sache erfolgten, in das Protokoll der mündlichen Verhandlung aufgenommenen Hinweis auf strafgerichtliche Verurteilungen der Beklagten nicht gerechtfertigt.
24
(a) Das Landgericht hat die Geltendmachung dieses Ablehnungsgrundes aus einer Äußerung des Richters einem anderen Verfahren schon nach § 43 ZPO als ausgeschlossen angesehen, weil die Beklagte auch nach der jetzt als Ablehnungsgrund vorgetragenen Äußerung des Richters weiter streitig verhandelt und am Schluss jener Sitzung Sachanträge gestellt habe. Für einen solchen verfahrensübergreifenden Ausschluss hat sich das OLG Hamm (NJW 1967, 1864, 1865) ausgesprochen. Demgegenüber vertreten das OLG Karlsruhe (MDR 1992, 409) sowie das Schrifttum (HK-ZPO/Kayser, § 43 Rdn. 4; MünchKomm-ZPO/Felber, 2. Aufl., § 43 Rdn. 8, Stein-Jonas/Bork, ZPO, 22. Aufl., § 43 Rdn. 6; Zimmermann, ZPO, 7. Aufl., § 43 Rdn. 2; Zöller /Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., § 44 Rdn. 7) die Ansicht, dass der Verlust des Ablehnungsrechtes infolge weiterer Verhandlung vor dem Richter nach Kenntnis der Partei von dem Ablehnungsgrund sich nur auf das jeweilige Verfahren beziehe und dessen Geltendmachung in einem anderen Rechtsstreit nicht ausschließe (innerprozessuale Präklusionswirkung). Eine vermittelnde Auffassung (OLG Celle NJW 1960, 1670; OLG Koblenz MDR 1968, 60, 61; MDR 1989, 647) geht schließlich davon aus, dass § 43 ZPO der Geltendmachung des Ab- lehnungsgrundes aus einem anderen Verfahren nur dann entgegenstehe, wenn zwischen den Verfahren ein tatsächlicher oder rechtlicher Zusammenhang besteht oder die Partei in Kenntnis des Ablehnungsgrundes aus einem anderen Verfahren sich in diesem Rechtsstreit in eine Verhandlung eingelassen oder Sachanträge gestellt hat.
25
Die Rechtsbeschwerde hat die Anwendung des § 43 ZPO durch das Landgericht als rechtsfehlerhaft gerügt. Einer Entscheidung dieser Rechtsfrage bedarf es hier indes nicht.
26
(b) Der protokollierte Hinweis des abgelehnten Richters auf strafrechtliche Verurteilungen der Beklagten in einem anderen Verfahren ist kein Ablehnungsgrund nach § 42 Abs. 2 ZPO. Maßgebend dafür ist, ob aus der Sicht der den Richter ablehnenden Partei bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass gegeben ist, an dessen Unvoreingenommenheit und objektiver Einstellung zu zweifeln (st. Rspr., BGHZ 77, 70, 72; Senat, BGHZ 156, 269, 270). Dies ist hier nicht der Fall.
27
Nach dem vorgelegten Protokoll aus dem vorangegangen Rechtsstreit ist der Hinweis des abgelehnten Richters über die strafgerichtlichen Verurteilungen nicht „aus heiterem Himmel“ erfolgt, sondern war eine Reaktion auf das Vorbringen der Parteien. Die Gegenseite hatte der Beklagten (die Klägerin im vorangegangenen Verfahren war) Urkundenfälschung vorgeworfen, was die Beklagte mit dem Hinweis darauf zurückgewiesen hatte, dass sie nicht vorbestraft sei.
28
(aa) Bei dieser Sachlage war ein richterlicher Hinweis auf die Verurteilungen nicht fernliegend. Angesichts dieses Streits im Vorprozess um die Redlichkeit und Glaubwürdigkeit der Beklagten war der jetzt abgelehnte Richter berechtigt , die ihm bekannten Umstände dazu mitzuteilen. Rechtskräftige Verurtei- lungen einer Partei in Strafsachen, von denen der Richter aus seiner dienstlichen Tätigkeit weiß, sind gerichtsbekannte Tatsachen (Musielak/Huber, ZPO, 4. Aufl., § 291 Rdn. 2). Die unbestrittenen rechtskräftigen Verurteilungen der Beklagten wegen Nötigung, übler Nachrede und falscher Verdächtigung gehörten zu den Umständen, die bei der Würdigung des Wahrheitsgehalts des Vortrags der Beklagten nach § 138 Abs. 1 ZPO berücksichtigt werden konnten. Der Richter ist - wenn zwischen den Parteien Streit darüber entstanden ist, ob eine Partei zur Verfolgung ihrer Ziele im Rechtsstreit möglicherweise auch vor der Begehung von Straftaten nicht zurückschreckt - im Hinblick auf das Gebot des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) verpflichtet, diejenigen Tatsachen, die er bei der Würdigung des Vortrages der Parteien zu berücksichtigen gedenkt, den Parteien mitzuteilen, indem er sie zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung macht (vgl. BVerfGE 10, 177, 182). Das ist hier geschehen. Die Beklagte musste insoweit auch die Offenbarung der für sie unangenehmen Tatsache einer vorhergehenden strafgerichtlichen Verurteilung hinnehmen. Für die Prüfung eines vom Gegner vorgehaltenen Verstoßes gegen das Wahrheitsgebot aus § 138 Abs. 1 ZPO war es auch nicht entscheidend, dass das Strafmaß bei der vorangegangenen Verurteilung unter der für die Aufnahme in das Strafregister in § 32 Abs. 2 Nr. 5 Buchstabe a BRZG bestimmten Grenze zurückblieb und die Beklagte sich daher nach § 53 Abs. 1 BRZG als unbestraft bezeichnen durfte.
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(bb) Eine Besorgnis der Befangenheit ergibt sich auch nicht aus dem Vorbringen der Rechtsbeschwerde, dass der abgelehnte Richter den gebotenen Hinweis nicht korrekt erteilt habe. Insoweit rügt die Beklagte zwar zu Recht, dass der Richter nicht nur die einschlägigen Verurteilungen erwähnt, sondern die Klägerin als vorbestraft bezeichnet hat, ohne dabei zu berücksichtigen, dass die Klägerin wegen der geringen Höhe der gegen sie verhängten Strafe sich nach § 53 Abs. 1 Nr. 1 BRZG als unbestraft bezeichnen durfte. Bei vernünftiger Würdigung des Gesamtzusammenhanges der protokollierten Vorgänge stellt sich der richterliche Hinweis jedoch nicht als unsachliches, unangemessenes Verhalten dar, das Misstrauen gegenüber der Unparteilichkeit des Richters begründen könnte. Bei verständiger Würdigung der Umstände war die Äußerung des Richters eine auf Grund des Vortrages der Beklagten veranlasste Reaktion, um den Eindruck zu korrigieren, dass keine strafrechtlichen Verurteilungen vorlägen , die Zweifel an der Beachtung der Wahrheitspflicht begründen könnten.
30
Der Umstand, dass die Äußerung von der Beklagten nicht beanstandet wurde, sondern die Parteien zunächst über eine vergleichsweise Lösung und nach dem Scheitern der Vergleichsbemühungen des Gerichts streitig weiter verhandelt haben, weist darauf hin, dass auch die Beklagte diesen Hinweis des Gerichts damals nicht anders verstanden hat.
31
(2) Das Ablehnungsgesuch ist auch nicht im Hinblick darauf begründet, dass der Richter dem Terminsverlegungsantrag vom 1. Juli 2005 nicht stattgegeben hat. Die Verweigerung einer beantragten Terminsverlegung begründet regelmäßig nicht die Besorgnis der Befangenheit, weil diese nach § 227 ZPO nur beim Vorliegen erheblicher Gründe in Betracht kommt. Anders ist es nur dann, wenn erhebliche Gründe für eine Terminsverlegung offensichtlich vorliegen , die Zurückweisung des Antrags für die betreffende Partei schlechthin unzumutbar wäre und somit deren Grundrecht auf rechtliches Gehör verletzte (BGHZ 27, 163, 167; OLG Brandenburg NJW-RR 1999, 1291, 1292) oder sich aus der Ablehnung der Terminsverlegung der Eindruck einer sachwidrigen Benachteiligung einer Partei aufdrängt (OLG Köln NJW-RR 1997, 828; KG MDR 2005, 708). An beidem fehlt es.
32
Zu Unrecht rügt die Rechtsbeschwerde, dass das Gericht die von der Beklagten geltend gemachte Verhinderung des Dipl. Ing. R. , den diese bei der Vernehmung des gerichtlichen Sachverständigen zuziehen wollte, zwar bei dem Antrag auf Terminsverlegung vom 31. Mai 2005 als erheblichen Grund, bei dem Antrag vom 8. Juli 2005 jedoch als unerheblich bewertet hat. Die Rechtsbeschwerde berücksichtigt nicht, dass der Antrag vom 8. Juli 2005 der vierte Terminsverlegungsantrag der Beklagten für die von ihr beantragte Anhörung des gerichtlichen Sachverständigen war. Den vorhergehenden Anträgen vom 17. Mai, 31. Mai und 8. Juni 2005, die sie mit einer Verhinderung ihres Anwalts oder eines zur Anhörung hinzuzuziehenden Gehilfen begründet hatte, war von dem Richter entsprochen worden. Der Grund, den die Partei für eine Vertagung benennt, kann unterschiedlich zu würdigen sein, wenn er bei mehrfach hintereinander erfolgten Verlegungsanträgen wiederholt vorgebracht wird. Da das Gericht auch das Interesse des Gegners an einer Beendigung des Rechtsstreits berücksichtigen muss (OLG Brandenburg NJW-RR 1999, 1291, 1292), konnte der Richter den Antrag auf Terminsverlegung wegen Verhinderung eines Gehilfen schließlich zurückweisen, ohne das Grundrecht der Beklagten auf rechtliches Gehör zu verletzen oder den Kläger zu bevorzugen.

III.

33
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Festsetzung des Beschwerdewerts, der hier dem Wert der Hauptsache entspricht (vgl. BGH, Beschl. v. 17. Januar 1968, IV ZB 3/68, NJW 1968, 796), aus § 3 ZPO.
Krüger Lemke Schmidt-Räntsch
Stresemann Czub
Vorinstanzen:
LG Landau, Entscheidung vom 26.09.2005 - 2 O 182/04 -
OLG Zweibrücken, Entscheidung vom 18.11.2005 - 3 W 220/05 -

Für die Wertberechnung ist der Zeitpunkt der den jeweiligen Streitgegenstand betreffenden Antragstellung maßgebend, die den Rechtszug einleitet.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)