Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil, 14. März 2007 - 7 U 62/06
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Heidelberg - Kammer für Handelssachen - vom 31.01.2006 (11 O 157/04 KfH) im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:
1. Unter Aufhebung des Versäumnisurteils des Landgerichts Heidelberg - Kammer für Handelssachen - vom 18.10.2005 wird die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 10.551,09 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 05.04.2003 zu zahlen.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
III. Von den Kosten des ersten Rechtszugs mit Ausnahme der Kosten, die durch die Säumnis der Klägerin entstanden sind, tragen die Klägerin 85 % und die Beklagte 15 %. Die Kosten ihrer Säumnis trägt die Klägerin.
Von den Kosten des zweiten Rechtszug tragen die Klägerin 30 % und die Beklagte 70 %.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Zwangsvollstreckung kann von beiden Parteien durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, sofern nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
V. Die Revision wird zugelassen.
Gründe
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(1) Das Schuldverhältnis erlischt, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird.
(2) Wird an einen Dritten zum Zwecke der Erfüllung geleistet, so finden die Vorschriften des § 185 Anwendung.
(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:
- 1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.
(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.
(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.
(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie
- 1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist, - 2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder - 3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
Der Prüfung und Entscheidung des Berufungsgerichts unterliegen nur die Berufungsanträge. Das Urteil des ersten Rechtszuges darf nur insoweit abgeändert werden, als eine Abänderung beantragt ist.
(1) Wird infolge einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit die Erwerbsfähigkeit des Verletzten aufgehoben oder gemindert oder tritt eine Vermehrung seiner Bedürfnisse ein, so ist dem Verletzten durch Entrichtung einer Geldrente Schadensersatz zu leisten.
(2) Auf die Rente finden die Vorschriften des § 760 Anwendung. Ob, in welcher Art und für welchen Betrag der Ersatzpflichtige Sicherheit zu leisten hat, bestimmt sich nach den Umständen.
(3) Statt der Rente kann der Verletzte eine Abfindung in Kapital verlangen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt.
(4) Der Anspruch wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass ein anderer dem Verletzten Unterhalt zu gewähren hat.
(1) Das Schuldverhältnis erlischt, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird.
(2) Wird an einen Dritten zum Zwecke der Erfüllung geleistet, so finden die Vorschriften des § 185 Anwendung.
(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.
(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin verlangt von dem Beklagten die Zahlung von Verbindungsentgelt in Höhe von 16.654,67 DM nebst Zinsen für Telefongespräche, die nach Behauptung der Klägerin in der Zeit von Oktober 1994 bis Juli 1996 unter Benutzung zweier Telefonanschlüsse des Beklagten geführt wurden.
Landgericht und Oberlandesgericht haben die Klage abgewiesen. Mit der - zugelassenen - Revision verfolgt die Klägerin ihr Zahlungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe
Über die Revision ist gemäß §§ 557 a.F., 331 ZPO durch Versäumnisurteil , jedoch aufgrund sachlicher Prüfung zu entscheiden (vgl. BGHZ 37, 79, 81 ff). Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
1. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet: Die in den Rechnungen der Klägerin aufgeführten eminent hohen Telefongebühren beruhten darauf, daß nach Anwahl von überwiegend 0190-, vereinzelt auch 0180-Sondernummern Sextelefonate geführt worden seien. Eine Abgrenzung zu anderen Telefonaten habe die Klägerin nicht vorgenommen; eine solche lasse sich auch nicht aufgrund der zu den Akten gereichten Unterlagen durchführen.
Hinsichtlich der geführten Sextelefonate stehe der Klägerin ein Entgelt nicht zu, da sie sich in ihrer Eigenschaft als Netzbetreiber in vorwerfbarer Weise an der kommerziellen Ausnutzung eines sittenwidrigen Geschäfts beteiligt habe.
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
2. Wie der erkennende Senat bereits durch das nach Erlaû der Berufungsentscheidung ergangene Urteil vom 22. November 2001 (III ZR 5/01 - NJW 2002, 361) ausgesprochen hat, werden Verbindungsentgelte auch dann geschuldet , wenn die in Rechnung gestellten 0190-Sondernummern zu dem Zweck angewählt worden sind, (sittenwidrige) Telefonsex-Gespräche zu führen.
Das zwischen dem Betreiber eines Fest- oder Mobilfunknetzes und einem Anschluûnehmer bestehende Vertragsverhältnis ist nach seinem aus der Zusammenfassung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu entnehmenden Gesamtcharakter nicht deshalb nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig, weil bereits bei Vertragsschluû objektiv die Möglichkeit bestand, unter Benutzung des Anschlusses Telefonsex zu betreiben. Der Telefondienstvertrag und die bei Durchführung dieses Vertrags erbrachten Leistungen des Netzbetreibers (Herstellen und Aufrechterhalten von Verbindungen) stellen unabhängig davon wertneutrale Hilfsgeschäfte dar, ob die (sittenwidrigen) Telefonsexleistungen unter Verwendung eines normalen Telefonanschlusses oder nach Anwahl einer 0190-Sondernummer erbracht werden. Das ergibt sich daraus, daû auch im letzteren Falle der Netzbetreiber für den Inhalt der angebotenen Sexdienstleistungen nicht verantwortlich ist (vgl. § 5 Abs. 1 und 3 des Teledienstegesetzes ). Die Wertneutralität der vertraglichen Beziehungen zwischen dem Kunden und dem jeweiligen Netzbetreiber erstreckt sich auf die getroffenen Preisabreden , auch wenn dabei - wie dies bei 0190-Sondernummern der Fall ist - die Verbindungsleistung und die weitere Dienstleistung zu deutlich höheren Gesamt - (einheitlichen, d.h. nicht weiter aufgeschlüsselten) Entgelten als Telefon-
oder Sprachmehrwertdienste angeboten und in Anspruch genommen werden (eingehend hierzu Senatsurteil aaO S. 362 f).
II.
Das Berufungsurteil ist aufzuheben.Eine abschlieûende sachliche Entscheidung des Senats (§ 565 Abs. 3 ZPO a.F.) kommt nicht in Betracht. Der Beklagte hat in den Tatsacheninstanzen geltend gemacht, er habe die in den Einzelverbindungsnachweisen der Klägerin aufgeführten 0190-Sondernummer-Gespräche nicht geführt; er könne sich diese Aufstellung nur dadurch erklären, daû er Opfer betrügerischer Manipulationen geworden sei. Das Landgericht hat nach Einholung eines Sachverständigengutachtens und Vernehmung mehrerer Zeugen die Klage mit der Begründung abgewiesen, der für die Klägerin streitende Beweis des ersten Anscheins , daû die durch automatische Gebührenzähler den Telefonanschlüssen des Beklagten zugeordneten Tarifeinheiten tatsächlich durch über diese Anschlüsse geführte Gespräche angefallen seien, sei durch die erhobenen Beweise erschüttert worden. Diese Beweiswürdigung des Landgerichts hat die Klägerin in der Berufungsbegründung angegriffen. Damit hat sich das Berufungsgericht , von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig, nicht befaût. Das ist nachzuholen.
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Sind sexuelle Handlungen gegen ein vorher vereinbartes Entgelt vorgenommen worden, so begründet diese Vereinbarung eine rechtswirksame Forderung. Das Gleiche gilt, wenn sich eine Person, insbesondere im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses, für die Erbringung derartiger Handlungen gegen ein vorher vereinbartes Entgelt für eine bestimmte Zeitdauer bereithält.
(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:
- 1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.
(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.
(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn
- 1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder - 2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.