Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss, 22. Jan. 2013 - 1 AK 76/12

bei uns veröffentlicht am22.01.2013

Tenor

1. Die Auslieferung des Verfolgten nach Frankreich zur Strafverfolgung aufgrund des Europäischen Haftbefehls der Staatsanwaltschaft beim Landgericht Nancy vom 12. Oktober 2012 (N´Parquet: 1029100014 - N´Instruction; JIRSCC 10/06) wird für zulässig erklärt, soweit dies nicht die Vorwürfe

- der Beihilfe zur unerlaubten Einreise, zum unerlaubten Aufenthalt und Personenverkehr in krimineller Vereinigung (Nr. 1 der rechtlichen Würdigung im Europäischen Haftbefehl der Staatsanwaltschaft beim Landgericht Nancy vom 12. Oktober 2012) und

- des fehlenden Einkommensnachweises (Nr. 2 der rechtlichen Würdigung im Europäischen Haftbefehl der Staatsanwaltschaft beim Landgericht Nancy vom 12. Oktober 2012)

betrifft. Bezüglich dieser beiden Vorwürfe ist die Auslieferung nicht zulässig.

2. Es wird festgestellt, dass die Entschließung der Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe vom 17. Dezember 2012, keine Bewilligungshindernisse geltend machen zu wollen, rechtsfehlerfrei getroffen ist.

3. Die Auslieferungshaft hat fortzudauern.

4. Soweit der Senat die Auslieferung für unzulässig erklärt hat, fallen die ausscheidbaren Kosten des Verfahrens und notwendigen Auslagen des Verfolgten der Staatskasse zur Last.

Gründe

 
I.
Gegen den Verfolgten besteht ein Europäischer Haftbefehl der Staatsanwaltschaft beim Landgericht Nancy vom 12.10.2012 (N´Parquet: 1029100014 - N´Instruction; JIRSCC 10/06), aus welchem sich ergibt, dass gegen den Verfolgten unter dem mit Höchststrafen von bis zu 30 Jahren strafbewehrten Vorwurf unter anderem des Rauschgifthandels, der illegalen Einfuhr von Suchtstoffen in krimineller Vereinigung und der Geldwäsche ein national gültiger Haftbefehl des Gerichts in Nancy vom 11.10.2012 (N´Parquet: 1029100014 - N´Instruction; JIRSCC 10/06) besteht. Der gegen den Verfolgten erhobene Vorwurf wird dort nebst rechtlicher Würdigung wie folgt umschrieben:
Der Verfolgte hat bei seiner richterlichen Anhörungen am 16.10.2012 und 12.11.2012 einer vereinfachten Auslieferung nicht zugestimmt und über seinen Rechtsbeistand mit Schriftsätzen vom 05.11.2012 und 13.01.2013 Einwendungen gegen seine Auslieferung erhoben. So hat er geltend gemacht, der Europäische Haftbefehl entspreche nicht den Anforderungen des § 83 a Abs.1 Nr. 4 IRG (richtig § 83 a Abs.1 Nr. 5 IRG) und die von den französischen Justizbehörden vorgelegten Beweismittel würden weder die Annahme eines dringenden Tatverdachts rechtfertigen noch eine zureichende Beschreibung der dem Verfolgten vorgeworfenen Beteiligung an der kriminellen Vereinigung enthalten.
Die Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe hat am 17.12.2012 beantragt, die Auslieferung des Verfolgten im nachgesuchten Umfang für zulässig zu erklären. Zugleich hat sie entschieden, dass nicht beabsichtigt sei, Bewilligungshindernis geltend zu machen. Auf Veranlassung der Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe hat das Landgericht Nancy mit Schreiben vom 23.11.2012 eine ausführliche ergänzende Stellungnahme zum Europäischen Haftbefehl der Staatsanwaltschaft beim Landgericht Nancy vom 12.10.2012 (N´Parquet: 1029100014 - N´Instruction; JIRSCC 10/06) vorgelegt, auf welche wegen der Einzelheiten verwiesen wird und zu welcher dem Rechtsbeistand des Verfolgten am 27.12.2012 rechtliches Gehör gewährt wurde. Außerdem befinden sich in den dem Senat vorliegenden Akten Ermittlungsberichte der Staatsanwaltschaft Freiburg und ihr nachgeordneter Polizeidienststellen, welche vor allem das durch die deutsch-französische Ermittlungsgruppe (JIT - Joint Investigation Team) koordinierte und am 16.10.2012 in Frankreich, Deutschland und der Schweiz gegen den Verfolgten und weitere Tatverdächtige durchgeführte Durchsuchungs- und Festnahmemaßnahmen betreffen.
II.
Die Auslieferung des Verfolgten nach Frankreich aufgrund des Europäischen Haftbefehls der Staatsanwaltschaft beim Landgericht Nancy vom 12.10.2012 (N´Parquet: 1029100014 - N´Instruction; JIRSCC 10/06) ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zulässig, da die Auslieferungsvoraussetzungen vorliegen und Auslieferungshindernisse nicht bestehen. Insoweit nimmt der Senat zunächst auf seine Beschlüsse vom 22.10.2012 und 09.11.2012 Bezug.
1. Dabei genügt der Europäische Haftbefehl der Staatsanwaltschaft beim Landgericht Nancy vom 12.10.2012 (N´Parquet: 1029100014 - N´Instruction; JIRSCC 10/06) den Anforderungen des § 83a Abs. 1 IRG. Nach § 83a Abs. 1 Nr. 5 IRG muss ein Europäischer Haftbefehl eine Beschreibung der Umstände enthalten, unter welchen die Straftat begangen wurde, einschließlich der Tatzeit, des Tatortes und der Tatbeteiligung der gesuchten Person. Hierzu ist es notwendig, dass die Haftanordnung eine ausreichende Konkretisierung des Tatvorwurfs enthält, welche einen zureichenden Rückschluss auf das dem Verfolgten vorgeworfene Geschehen ermöglicht (Senat StV 2007, 650; 2005, 232). Auch wenn - wie vorliegend der Fall - der ersuchende Staat ein Verhalten als Katalogtat nach Art. 2 Abs. 2 RbEuHb i.V.m. § 81 Nr.4 IRG bezeichnet, muss die Ausschreibung eine Schlüssigkeitsprüfung dahingehend ermöglichen, ob die Sachdarstellung einen nachvollziehbaren Rückschluss hierauf zulässt (Senat StV 2007, 139). Dabei kann - wie hier erfolgt - im Zulässigkeitsverfahren eine weitere Konkretisierung geboten sein, wenn aufgrund konkreter und rechtlich erheblicher Einwendungen des Verfolgten hierzu Anlass besteht (Senat StV 2008, 429).
Eine Einschränkung der Anforderungen an die Konkretheit der im Europäischen Haftbefehl beschriebenen Taten ist jedoch auch und vor allem dann veranlasst, wenn dem Verfolgten nicht die Begehung einer einzelnen oder mehrerer individualisierbarer Straftaten zur Last liegt, sondern ihm über längere Zeit andauernde organisiert durchgeführte Serienstraftaten vorgeworfen werden, insbesondere dann, wenn der ersuchende Staat dem Verfolgten neben der Begehung von Einzelstraftaten auch die gleichzeitige Begehung eines Organisationsdelikts vorwirft. Insoweit reicht es aus, wenn sich aus dem Europäischen Haftbefehl und ggf. den weiteren Auslieferungsunterlagen neben den in Betracht kommenden Tatzeiten und Tatörtlichkeiten eine hinreichende Schilderung der Strukturen der Organisation sowie der Art und des Umfangs der Einbindung des Verfolgten in diese sowie eine nähere Schilderung des Ablaufs der Serienstraftaten ergibt. Die Auslieferungsunterlagen müssen dabei jedoch so konkretisiert sein, dass sie überhaupt einen zureichenden Rückschluss auf das dem Verfolgten vorgeworfene Geschehen ermöglichen, so dass dieses von anderen Tatvorwürfen abgrenzbar ist. Weiter ist erforderlich, dass für den Verfolgten Art und Ausmaß der gegen ihn erhobenen Vorwürfe so hinreichend deutlich erkennbar wird, dass er sich hierauf einrichten und hiergegen verteidigen kann (vgl. hierzu Senat, Beschlüsse vom 08.11.2012, 1 AK 19/12, und vom 10.06.2011, 1 AK 23/11; zur Einschränkung der Anforderungen an eine Tatbeschreibung bei einer Mehrzahl gleichgelagerter oder ähnlicher Straftaten auch im deutschen Recht vgl. Meyer-Goßner, StPO, 55. Auflage 2012, § 264 Rn. 7b).
Diesen Anforderungen wird der Europäische Haftbefehl der Staatsanwaltschaft beim Landgericht Nancy vom 12.10.2012 (N´Parquet: 1029100014 - N´Instruction; JIRSCC 10/06) in Verbindung mit den weiter nachgereichten Auslieferungsunterlagen sowie den ergänzend berücksichtigbaren Erkenntnissen deutscher Justiz- und Polizeibehörden gerecht. Hiernach ist davon auszugehen, dass der Verfolgte verdächtig ist, seit 2010 Mitglied oder Unterstützer einer albanischen Tätergruppierung gewesen zu sein, welche im Dreiländereck Deutschland-Frankreich-Schweiz einen schwunghaften illegalen Handel mit Drogen, insbesondere mit Heroin organisiert hat. Allein bei den am 16.10.2012 durchgeführten Ermittlungs- und Durchsuchungsmaßnahmen, bei welchen in Deutschland, Frankreich und der Schweiz insgesamt 55 Haftbefehle vollstreckt wurden, konnten unter anderem neun Kilogramm Heroin und drei Kilogramm Kokain sichergestellt werden. Während die Organisation durch die albanischen Staatsangehörigen A. P. und A. G. geleitet worden und vor allem in Frankreich tätig geworden sei, sei der in der Bundesrepublik Deutschland wohnhafte Verfolgte - so der im Europäischen Haftbefehl erhobene Vorwurf - vor allem für die Besorgung von Streckmitteln, die Bereitstellung von Fahrzeugen zum Rauschgifttransport und für den Transport von Finanzmitteln zuständig und eingesetzt gewesen.
Bei dieser Sachlage sieht der Senat - auch wenn im Europäischen Haftbefehl nicht alle der Organisation und dem Verfolgten zurechenbaren Tathandlungen im Einzelnen aufgeführt werden - den Grundsatz der Spezialität als gewahrt an, denn es ist ersichtlich, dass sich das Auslieferungsersuchen nur auf solche Taten bezieht, welche dem Verfolgten seit 2010 im Zusammenhang mit bzw. in Unterstützung der albanischen Tätergruppierung im Bereich des Rauschgifthandels vorgeworfen werden.
2. Die dem Verfolgten vorgeworfenen Straftaten sind nach § 81 Nr. 1 und Nr. 4 i.V.m. § 3 IRG auch auslieferungsfähig. Da die französischen Justizbehörden die dem Verfolgten vorgeworfenen Straftaten nachvollziehbar als den Deliktsgruppen des Art. 2 Abs. 2 RbEuHb zugehörig bezeichnet haben (Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung; Illegaler Handel mit Drogen und psychotropen Stoffen), ist das Vorliegen der beiderseitigen Strafbarkeit nicht zu prüfen (§ 81 Nr. 4 IRG). Soweit es die Tatvorwürfe der illegalen Einfuhr von verbotenen Waren und des Schmuggelhandels mit verbotenen Waren, jeweils in krimineller Vereinigung (Nr. 5 und Nr. 6 des Europäischen Haftbefehls der Staatsanwaltschaft beim Landgericht Nancy vom 12.10.2012) betrifft, geht der Senat davon aus, dass sich diese rechtlichen Bewertungen auf den Vorwurf des illegalen Handels mit Drogen beziehen und auch insoweit das Merkmal der beiderseitige Strafbarkeit nicht zu prüfen ist. Im Übrigen wurden diese Straftatbestände im Rahmen eines den Tatzeitraum umfassenden „Dauerdelikts“ der Zugehörigkeit zu einer kriminellen Vereinigung begangen, so dass eine Aufgliederung in Einzelhandlungen eine unnatürliche Aufspaltung eines einheitlichen geschichtlichen Lebensvorganges darstellen würde (Senat, Beschluss 08.11.2012,1 AK 19/12; vgl. auch OLG Dresden NStZ-RR 2011, 181), es sich mithin um eine einheitliche Tat handelt. Dies gilt - unbeschadet der strafrechtlichen Bewertung nach § 261 StGB - auch für den Vorwurf der Geldwäsche (Nr. 8 des Europäischen Haftbefehls der Staatsanwaltschaft beim Landgericht Nancy vom 12.10.2012). Zudem wäre das Verhalten des Verfolgten auch nach deutschem Recht jedenfalls nach den Grundsätzen des uneigentlichen Organisationsdelikts als strafbar anzusehen (vgl. hierzu Senat, Beschluss 08.11.2012,1 AK 19/12; BGHSt 49, 177; BGH wistra 2008, 261; StraFo 2012, 72).
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3. Soweit der Verfolgte im Schriftsatz seines Verteidigers vom 13.01.2013 ausführt, die von den französischen Justizbehörden vorgelegten Auslieferungsunterlagen könnten die Annahme eines dringenden Tatverdachts nicht begründen, kann er hiermit im Auslieferungsverfahren nicht gehört werden. Insoweit beanstandet der Rechtsbeistand das Vorliegen des Tatverdachts, welcher nach dem formellen Prüfungsprinzip im Auslieferungsverkehr nur bei Vorliegen besonderer Umstände vom ersuchten Staat nachgeprüft wird. Solche besonderen Umstände vermag der Senat hier nicht zu erkennen(vgl. § 10 Abs. 2 IRG; Senat NStZ 1990, 241; Schomburg/Lagodny/Gleß/Hackner, Internationale Rechtshilfe in Strafsachen, § 10 IRG Rn. 32, 36 ff. m.w.N.).
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4. Auslieferungshindernisse nach § 73 Satz 2 IRG liegen nicht vor und wurden im Übrigen auch nicht geltend gemacht. Ein solches Hindernis ergibt sich auch nicht daraus, dass der Verfolgte durch Urteil des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 26.01.2011 wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Marihuana) zu einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt wurde, weil er am 25.02.2010 als Beifahrer eines Pkw in der Bremer Straße in Frankfurt a.M. 79,94 Gramm Marihuana bei sich geführt hatte. Insoweit handelt es sich nicht um dieselbe Tat im Sinne von § 83 Nr.1 IRG, weil ausweislich der gerichtlichen Feststellung das Marihuana zum Eigenverbrauch des Verfolgten bestimmt war und damit schon deshalb kein Komplex konkreter, unlösbar miteinander verbundener Umstände zwischen der vom Amtsgericht Frankfurt abgeurteilten und den dem Verfolgten von den französischen Justizbehörden vorgeworfenen Straftaten besteht (vgl. EuGH EuGRZ 2006, 572 van Esbroeck; siehe hierzu auch Senat, Beschl. vom 10.01.2013, 1 AK 91/12).
III.
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Soweit die französischen Justizbehörden dem Verfolgten im Europäischen Haftbefehl der Staatsanwaltschaft beim Landgericht Nancy vom 12.10.2012 (N´Parquet: 1029100014 - N´Instruction; JIRSCC 10/06) in rechtlicher Hinsicht auch Beihilfe zur unerlaubten Einreise, zum unerlaubten Aufenthalt und Personenverkehr in krimineller Vereinigung (Nr. 1 der rechtlichen Würdigung im Europäischen Haftbefehl) und fehlenden Einkommensnachweis (Nr. 2 der rechtlichen Würdigung im Europäischen Haftbefehl) vorwerfen, erweist sich die Auslieferung des Verfolgten schon aus formalen Gründen als nicht zulässig (§ 83a Abs.1 IRG). Insoweit hat auch die von der Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe angeforderte ergänzende Erklärung der französischen Justizbehörden vom 23.11.2012 keine nachvollziehbaren Erkenntnisse darüber ergeben, ob und ggf. durch welche Tathandlungen der Verfolgte diese Tatbestände entweder selbst verwirklicht oder die vor allem in Frankreich tätige albanische Tätergruppierung hierbei vorsätzlich und wissentlich unterstützt haben soll.
IV.
13 
Die vom Senat nach § 79 Abs. 2 Satz 3 IRG zu überprüfende Entschließung der Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe vom 17.12.2012, keine Bewilligungs-hindernisse geltend machen zu wollen, ist rechtsfehlerfrei getroffen. Sie ermöglicht dem Senat die gebotene Überprüfung, ob die Bewilligungsbehörde die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 83b IRG zutreffend beurteilt hat und sich bei Vorliegen von Bewilligungshindernissen des ihr eingeräumten Ermessens unter Berücksichtigung aller in Betracht kommender Umstände des Einzelfalles bewusst war. In die Ermessensabwägung wurden keine die Entscheidung maßgeblich beeinflussenden unzulässigen Erwägungen eingestellt. Die wesentlichen Gesichtspunkte wurden ausdrücklich bedacht und die in dem Bescheid aufgeführten und erkannten Gesichtspunkte abwägend gegenübergestellt (Senat NJW 2007, 2567 ff. und Beschluss vom 13.3.2007,1 AK 28/06).
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1. Nach § 83 b Abs. 2 Satz 1 lit. a IRG kann die Bewilligung der Auslieferung eines Ausländers, der im Inland seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, abgelehnt werden, wenn bei einer Auslieferung zum Zwecke der Strafverfolgung die Auslieferung eines Deutschen gemäß § 80 Abs. 1 und 2 IRG nicht zulässig wäre. Vorliegend sind - wie die Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Entschließung rechtsfehlerfrei ausgeführt hat - bereits die tatbestandlichen Voraussetzungen diese möglichen Bewilligungshindernisses nicht erfüllt.
15 
Zutreffend geht die Generalstaatsanwaltschaft dabei zunächst davon aus, dass der in G.-W. wohnhafte Verfolgte über einen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland im Sinne des § 83 b Abs. 2 Satz 1 IRG verfügt, zumal er seit 1990 in der Bundesrepublik Deutschland lebt und ordnungsgemäß gemeldet ist. Auch ihre Bewertung, dass die Auslieferung eines Deutschen gemäß § 80 IRG nicht unzulässig wäre, ist rechtlich zutreffend, denn die dem Verfolgten vorgeworfene Handlung weist bereits einen maßgeblichen Auslandsbezug im Sinne des § 80 Abs.1 Satz 1 Nr. 2 IRG auf. Dieser ergibt sich vorliegend daraus, dass dem Verfolgten nach § 80 Abs. 1 Satz 2 2. Hs IRG die Begehung einer schweren Tat mit typischerweise grenzüberschreitendem Charakter vorgeworfen wird, welche - wie in der Entschließung vom 17.12.2012 zutreffend dargelegt ist -zumindest teilweise auch auf dem Hoheitsgebiet des ersuchenden Staates begangen wurde. Einen typischerweise grenzüberschreitenden Charakter weisen nicht nur die im Rahmen des organisierten Drogenhandels begangenen Einzelstraftaten auf (so BVerfGE 113, 273, 303), sondern bereits der Zusammenschluss zu einer solchen Organisation, wenn dieser - wie hier - auf die dauerhaft angelegte Durchführung schwerer grenzüberschreitender Drogendelikte angelegt ist (vgl. hierzu Senat, Beschluss vom 12.07.2011, 1 AK 21/11).
16 
Nachdem die Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe zu Recht von dem Vorliegen einer Tat mit maßgeblichem Auslandsbezug nach §§ 83 b Abs.2 Satz 1 lit. a i.V.m. § 80 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 IRG ausgegangen ist und in ihrer Entschließung vom 17.12.2012 ausgeführt hat, es sei beabsichtigt, die Bewilligung der Auslieferung mit einem Rücküberstellungsvorbehalt zu versehen, durfte sie die Bewilligung der Auslieferung aus diesem Grund nicht mehr versagen. Denn bei einem Deutschen ist bei Taten mit maßgeblichem Auslandsbezug eine Auslieferung dann zulässig, wenn - wie hier - seine Rücküberstellung gesichert ist, § 80 Abs.1 Nr.1 IRG (vgl. hierzu Senat NJW 2007, 2567). In welcher Form die Generalstaatsanwaltschaft im Rahmen der ihr obliegenden Bewilligung der Auslieferung die nach §§ 83 b Abs. 2 Satz 1 lit. a, 80 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 IRG gebotene Sicherung der Rücküberstellung bewirkt, obliegt ihrer Entscheidung. Neben der Einholung einer vorherigen ausdrücklichen Zusicherung des ersuchenden Staates reicht es auch aus, wenn die Bewilligungsbehörde - wie hier beabsichtigt - in einem Begleit- oder Bewilligungsschreiben die Überstellung des Verfolgten mit dieser Maßgabe erklärt und die Übernahme des Verfolgten daraufhin erfolgt (Senat StV 2005, 32; vgl. OLG Celle StV 2005, 231; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 6.11.2006, III-4 Ausl (A) 80/06; OLG Frankfurt, Beschluss vom 14.12.2004, 2 Ausl (A) 69/04; Böse in: Grützner/Pötz/Kress, Internationale Rechtshilfe in Strafsachen, 3. Aufl., § 80 IRG Rn. 5; vgl. auch BT-Drucks. 16/1024 S. 14 und 15/1718 S. 16).
17 
2. Auch soweit die Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe beabsichtigt, die Bewilligung der Auslieferung des Verfolgten nicht deshalb zu versagen, weil die dem Verfolgten vorgeworfenen Straftaten auch der deutschen Strafgewalt unterfallen, sei es wegen sich aus § 6 Nr. 5 StGB ergebenden internationalen Zuständigkeit, sei es, weil sie jedenfalls teilweise auch in der Bundesrepublik Deutschland begangen worden sein dürften, ist ihre Entschließung ebenfalls rechtsfehlerfrei getroffen.
18 
Nach § 83b Abs. 1 Satz 1 lit. a IRG kann die Bewilligung der Auslieferung abgelehnt werden, wenn gegen den Verfolgten wegen derselben Tat, die dem Auslieferungsersuchen zugrunde liegt, im Geltungsbereich dieses Gesetzes ein strafrechtliches Verfahren geführt wird. Eine solche Ablehnungsmöglichkeit besteht auch dann, wenn gegen den Verfolgten die Einleitung eines strafrechtlichen Verfahrens wegen derselben Tat, die dem Auslieferungsverfahren zugrunde liegt, abgelehnt oder ein bereits eingeleitetes Verfahren eingestellt wurde, § 83 b Abs. 1 Satz 1 lit. b IRG. Gleiches gilt schließlich, wenn aufgrund des Legalitätsprinzip ein solches Verfahren an sich durch die zuständige Staatsanwaltschaft eingeleitet werden müsste, dies bislang jedoch nicht veranlasst ist. Insoweit reicht es aus, wenn die Generalstaatsanwaltschaft - wie hier - nur hypothetische Erwägungen anstellt, aus welchem Grund sie ein diesbezügliches Bewilligungshindernis nicht geltend machen wird.
19 
Dabei hat die Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe rechtsfehlerfrei bedacht (zu den Kriterien vgl. BT-Drucks. 16/10/24 S.13; Böse, a.a.O, § 83 b IRG Rn. 4), dass die dem Verfolgten von den französischen Justizbehörden vorgeworfenen Straftaten Gegenstand eines größeren und sich gegen eine Vielzahl von Personen richtenden Ermittlungskomplexes sind und eine gemeinsame Verfahrensbehandlung und ggf. Aburteilung sachgerecht ist. Hinzu kommt, dass sich die maßgeblichen sachlichen Beweismittel bezüglich der albanischen Tätergruppierung in Frankreich befinden und ein isoliertes Verfahren in Deutschland deshalb unter Wahrung des Strafverfolgungsinteresses nicht sachgerecht durchführbar wäre.
20 
Den familiären und sozialen Belangen sowie dem Resozialisierungsinteresse des Verfolgten wird im Übrigen - was die Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe ebenfalls bedacht hat - durch den beabsichtigten Rücküberstellungsvorbehalt ausreichend Rechnung getragen.
V.
21 
Die Auslieferungshaft hat fortzudauern. Es besteht auch weiterhin die erhebliche und anderweitig nicht abwendbare Gefahr, dass der Verfolgte versuchen würde, sich der Auslieferung oder der Durchführung der Auslieferung zu entziehen. In Anbetracht der erheblichen Tatvorwürfe, insbesondere auch der Einbindung des Verfolgten in die im Europäischen Haftbefehl bezeichnete kriminelle Organisation, scheiden mildere Mittel zur Sicherung der Haftzwecke derzeit aus.

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1.
die Identität, wie sie im Anhang zum Rahmenbeschluss Europäischer Haftbefehl näher beschrieben wird, und die Staatsangehörigkeit des Verfolgten,
2.
die Bezeichnung und die Anschrift der ausstellenden Justizbehörde,
3.
die Angabe, ob ein vollstreckbares Urteil, ein Haftbefehl oder eine andere vollstreckbare justitielle Entscheidung mit gleicher Rechtswirkung vorliegt,
4.
die Art und rechtliche Würdigung der Straftat, einschließlich der gesetzlichen Bestimmungen,
5.
die Beschreibung der Umstände, unter denen die Straftat begangen wurde, einschließlich der Tatzeit, des Tatortes und der Tatbeteiligung der gesuchten Person, und
6.
die für die betreffende Straftat im Ausstellungsmitgliedstaat gesetzlich vorgesehene Höchststrafe oder im Fall des Vorliegens eines rechtskräftigen Urteils die verhängte Strafe.

(2) Die Ausschreibung zur Festnahme zwecks Überstellung oder Auslieferung nach der Verordnung (EU) 2018/1862 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. November 2018 über die Einrichtung, den Betrieb und die Nutzung des Schengener Informationssystems (SIS) im Bereich der polizeilichen Zusammenarbeit und der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen, zur Änderung und Aufhebung des Beschlusses 2007/533/JI des Rates und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1986/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates und des Beschlusses 2010/261/EU der Kommission (ABl. L 312 vom 7.12.2018, S. 56), die die unter Absatz 1 Nr. 1 bis 6 bezeichneten Angaben enthält oder der diese Angaben nachgereicht wurden, gilt als Europäischer Haftbefehl.

§ 3 findet mit den Maßgaben Anwendung, dass

1.
die Auslieferung zur Verfolgung nur zulässig ist, wenn die Tat nach dem Recht des ersuchenden Mitgliedstaates mit einer Freiheitsstrafe oder sonstigen Sanktion im Höchstmaß von mindestens zwölf Monaten bedroht ist,
2.
die Auslieferung zur Vollstreckung nur zulässig ist, wenn nach dem Recht des ersuchenden Mitgliedstaates eine freiheitsentziehende Sanktion zu vollstrecken ist, deren Maß mindestens vier Monate beträgt,
3.
die Auslieferung in Steuer-, Zoll- und Währungsangelegenheiten auch zulässig ist, wenn das deutsche Recht keine gleichartigen Steuern vorschreibt oder keine gleichartigen Steuer-, Zoll- und Währungsbestimmungen enthält wie das Recht des ersuchenden Mitgliedstaates,
4.
die beiderseitige Strafbarkeit nicht zu prüfen ist, wenn die dem Ersuchen zugrunde liegende Tat nach dem Recht des ersuchenden Staates mit einer freiheitsentziehenden Sanktion im Höchstmaß von mindestens drei Jahren bedroht ist und den in Artikel 2 Absatz 2 des Rahmenbeschlusses 2002/584/JI des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten (ABl. L 190 vom 18. 7. 2002, S. 1), der durch den Rahmenbeschluss 2009/299/JI (ABl. L 81 vom 27.3.2009, S. 24) geändert worden ist, (Rahmenbeschluss Europäischer Haftbefehl) aufgeführten Deliktsgruppen zugehörig ist.

(1) Die Auslieferung ist nur zulässig, wenn die Tat auch nach deutschem Recht eine rechtswidrige Tat ist, die den Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklicht, oder wenn sie bei sinngemäßer Umstellung des Sachverhalts auch nach deutschem Recht eine solche Tat wäre.

(2) Die Auslieferung zur Verfolgung ist nur zulässig, wenn die Tat nach deutschem Recht im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr bedroht ist oder wenn sie bei sinngemäßer Umstellung des Sachverhalts nach deutschem Recht mit einer solchen Strafe bedroht wäre.

(3) Die Auslieferung zur Vollstreckung ist nur zulässig, wenn wegen der Tat die Auslieferung zur Verfolgung zulässig wäre und wenn eine freiheitsentziehende Sanktion zu vollstrecken ist. Sie ist ferner nur zulässig, wenn zu erwarten ist, daß die noch zu vollstreckende freiheitsentziehende Sanktion oder die Summe der noch zu vollstreckenden freiheitsentziehenden Sanktionen mindestens vier Monate beträgt.

§ 3 findet mit den Maßgaben Anwendung, dass

1.
die Auslieferung zur Verfolgung nur zulässig ist, wenn die Tat nach dem Recht des ersuchenden Mitgliedstaates mit einer Freiheitsstrafe oder sonstigen Sanktion im Höchstmaß von mindestens zwölf Monaten bedroht ist,
2.
die Auslieferung zur Vollstreckung nur zulässig ist, wenn nach dem Recht des ersuchenden Mitgliedstaates eine freiheitsentziehende Sanktion zu vollstrecken ist, deren Maß mindestens vier Monate beträgt,
3.
die Auslieferung in Steuer-, Zoll- und Währungsangelegenheiten auch zulässig ist, wenn das deutsche Recht keine gleichartigen Steuern vorschreibt oder keine gleichartigen Steuer-, Zoll- und Währungsbestimmungen enthält wie das Recht des ersuchenden Mitgliedstaates,
4.
die beiderseitige Strafbarkeit nicht zu prüfen ist, wenn die dem Ersuchen zugrunde liegende Tat nach dem Recht des ersuchenden Staates mit einer freiheitsentziehenden Sanktion im Höchstmaß von mindestens drei Jahren bedroht ist und den in Artikel 2 Absatz 2 des Rahmenbeschlusses 2002/584/JI des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten (ABl. L 190 vom 18. 7. 2002, S. 1), der durch den Rahmenbeschluss 2009/299/JI (ABl. L 81 vom 27.3.2009, S. 24) geändert worden ist, (Rahmenbeschluss Europäischer Haftbefehl) aufgeführten Deliktsgruppen zugehörig ist.

(1) Wer einen Gegenstand, der aus einer rechtswidrigen Tat herrührt,

1.
verbirgt,
2.
in der Absicht, dessen Auffinden, dessen Einziehung oder die Ermittlung von dessen Herkunft zu vereiteln, umtauscht, überträgt oder verbringt,
3.
sich oder einem Dritten verschafft oder
4.
verwahrt oder für sich oder einen Dritten verwendet, wenn er dessen Herkunft zu dem Zeitpunkt gekannt hat, zu dem er ihn erlangt hat,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 und 4 gilt dies nicht in Bezug auf einen Gegenstand, den ein Dritter zuvor erlangt hat, ohne hierdurch eine rechtswidrige Tat zu begehen. Wer als Strafverteidiger ein Honorar für seine Tätigkeit annimmt, handelt in den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 und 4 nur dann vorsätzlich, wenn er zu dem Zeitpunkt der Annahme des Honorars sichere Kenntnis von dessen Herkunft hatte.

(2) Ebenso wird bestraft, wer Tatsachen, die für das Auffinden, die Einziehung oder die Ermittlung der Herkunft eines Gegenstands nach Absatz 1 von Bedeutung sein können, verheimlicht oder verschleiert.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Wer eine Tat nach Absatz 1 oder Absatz 2 als Verpflichteter nach § 2 des Geldwäschegesetzes begeht, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(5) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter gewerbsmäßig handelt oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Geldwäsche verbunden hat.

(6) Wer in den Fällen des Absatzes 1 oder 2 leichtfertig nicht erkennt, dass es sich um einen Gegenstand nach Absatz 1 handelt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Satz 1 gilt in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 nicht für einen Strafverteidiger, der ein Honorar für seine Tätigkeit annimmt.

(7) Wer wegen Beteiligung an der Vortat strafbar ist, wird nach den Absätzen 1 bis 6 nur dann bestraft, wenn er den Gegenstand in den Verkehr bringt und dabei dessen rechtswidrige Herkunft verschleiert.

(8) Nach den Absätzen 1 bis 6 wird nicht bestraft,

1.
wer die Tat freiwillig bei der zuständigen Behörde anzeigt oder freiwillig eine solche Anzeige veranlasst, wenn nicht die Tat zu diesem Zeitpunkt bereits ganz oder zum Teil entdeckt war und der Täter dies wusste oder bei verständiger Würdigung der Sachlage damit rechnen musste, und
2.
in den Fällen des Absatzes 1 oder des Absatzes 2 unter den in Nummer 1 genannten Voraussetzungen die Sicherstellung des Gegenstandes bewirkt.

(9) Einem Gegenstand im Sinne des Absatzes 1 stehen Gegenstände, die aus einer im Ausland begangenen Tat herrühren, gleich, wenn die Tat nach deutschem Strafrecht eine rechtswidrige Tat wäre und

1.
am Tatort mit Strafe bedroht ist oder
2.
nach einer der folgenden Vorschriften und Übereinkommen der Europäischen Union mit Strafe zu bedrohen ist:
a)
Artikel 2 oder Artikel 3 des Übereinkommens vom 26. Mai 1997 aufgrund von Artikel K.3 Absatz 2 Buchstabe c des Vertrags über die Europäische Union über die Bekämpfung der Bestechung, an der Beamte der Europäischen Gemeinschaften oder der Mitgliedstaaten der Europäischen Union beteiligt sind (BGBl. 2002 II S. 2727, 2729),
b)
Artikel 1 des Rahmenbeschlusses 2002/946/JI des Rates vom 28. November 2002 betreffend die Verstärkung des strafrechtlichen Rahmens für die Bekämpfung der Beihilfe zur unerlaubten Ein- und Durchreise und zum unerlaubten Aufenthalt (ABl. L 328 vom 5.12.2002, S. 1),
c)
Artikel 2 oder Artikel 3 des Rahmenbeschlusses 2003/568/JI des Rates vom 22. Juli 2003 zur Bekämpfung der Bestechung im privaten Sektor (ABl. L 192 vom 31.7.2003, S. 54),
d)
Artikel 2 oder Artikel 3 des Rahmenbeschlusses 2004/757/JI des Rates vom 25. Oktober 2004 zur Festlegung von Mindestvorschriften über die Tatbestandsmerkmale strafbarer Handlungen und die Strafen im Bereich des illegalen Drogenhandels (ABl. L 335 vom 11.11.2004, S. 8), der zuletzt durch die Delegierte Richtlinie (EU) 2019/369 (ABl. L 66 vom 7.3.2019, S. 3) geändert worden ist,
e)
Artikel 2 Buchstabe a des Rahmenbeschlusses 2008/841/JI des Rates vom 24. Oktober 2008 zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität (ABl. L 300 vom 11.11.2008, S. 42),
f)
Artikel 2 oder Artikel 3 der Richtlinie2011/36/EUdes Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz seiner Opfer sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2002/629/JI des Rates (ABl. L 101 vom 15.4.2011, S. 1),
g)
den Artikeln 3 bis 8 der Richtlinie 2011/93/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern sowie der Kinderpornografie sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2004/68/JI des Rates (ABl. L 335 vom 17.12.2011, S. 1; L 18 vom 21.1.2012, S. 7) oder
h)
den Artikeln 4 bis 9 Absatz 1 und 2 Buchstabe b oder den Artikeln 10 bis 14 der Richtlinie (EU) 2017/541 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2017 zur Terrorismusbekämpfung und zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2002/475/JI des Rates und zur Änderung des Beschlusses 2005/671/JI des Rates (ABl. L 88 vom 31.3.2017, S. 6).

(10) Gegenstände, auf die sich die Straftat bezieht, können eingezogen werden. § 74a ist anzuwenden. Die §§ 73 bis 73e bleiben unberührt und gehen einer Einziehung nach § 74 Absatz 2, auch in Verbindung mit den §§ 74a und 74c, vor.

(1) Die Auslieferung ist nur zulässig, wenn wegen der Tat ein Haftbefehl, eine Urkunde mit entsprechender Rechtswirkung oder ein vollstreckbares, eine Freiheitsentziehung anordnendes Erkenntnis einer zuständigen Stelle des ersuchenden Staates und eine Darstellung der anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen vorgelegt worden sind. Wird um Auslieferung zur Verfolgung mehrerer Taten ersucht, so genügt hinsichtlich der weiteren Taten anstelle eines Haftbefehls oder einer Urkunde mit entsprechender Rechtswirkung die Urkunde einer zuständigen Stelle des ersuchenden Staates, aus der sich die dem Verfolgten zur Last gelegte Tat ergibt.

(2) Geben besondere Umstände des Falles Anlaß zu der Prüfung, ob der Verfolgte der ihm zur Last gelegten Tat hinreichend verdächtig erscheint, so ist die Auslieferung ferner nur zulässig, wenn eine Darstellung der Tatsachen vorgelegt worden ist, aus denen sich der hinreichende Tatverdacht ergibt.

(3) Die Auslieferung zur Vollstreckung einer Strafe oder einer sonstigen Sanktion, die in einem dritten Staat verhängt wurde, ist nur zulässig, wenn

1.
das vollstreckbare, eine Freiheitsentziehung anordnende Erkenntnis und eine Urkunde des dritten Staates, aus der sich sein Einverständnis mit der Vollstreckung durch den Staat ergibt, der die Vollstreckung übernommen hat,
2.
eine Urkunde einer zuständigen Stelle des Staates, der die Vollstreckung übernommen hat, nach der die Strafe oder sonstige Sanktion dort vollstreckbar ist,
3.
eine Darstellung der anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen sowie
4.
im Fall des Absatzes 2 eine Darstellung im Sinne dieser Vorschrift
vorgelegt worden sind.

Die Leistung von Rechtshilfe sowie die Datenübermittlung ohne Ersuchen ist unzulässig, wenn sie wesentlichen Grundsätzen der deutschen Rechtsordnung widersprechen würde. Bei Ersuchen nach dem Achten, Neunten, Zehnten und Dreizehnten Teil ist die Leistung von Rechtshilfe unzulässig, wenn die Erledigung zu den in Artikel 6 des Vertrages über die Europäische Union enthaltenen Grundsätzen im Widerspruch stünde.

(1) Die Auslieferung ist nicht zulässig, wenn

1.
der Verfolgte wegen derselben Tat, die dem Ersuchen zugrunde liegt, bereits von einem anderen Mitgliedstaat rechtskräftig abgeurteilt worden ist, vorausgesetzt, dass im Fall der Verurteilung die Sanktion bereits vollstreckt worden ist, gerade vollstreckt wird oder nach dem Recht des Urteilsstaates nicht mehr vollstreckt werden kann,
2.
der Verfolgte zur Tatzeit nach § 19 des Strafgesetzbuchs schuldunfähig war oder
3.
bei Ersuchen zum Zweck der Strafvollstreckung die verurteilte Person zu der dem Urteil zugrunde liegenden Verhandlung nicht persönlich erschienen ist oder
4.
die dem Ersuchen zugrunde liegende Tat nach dem Recht des ersuchenden Mitgliedstaates mit lebenslanger Freiheitsstrafe oder einer sonstigen lebenslangen freiheitsentziehenden Sanktion bedroht ist oder der Verfolgte zu einer solchen Strafe verurteilt worden war und eine Überprüfung der Vollstreckung der verhängten Strafe oder Sanktion auf Antrag oder von Amts wegen nicht spätestens nach 20 Jahren erfolgt.

(2) Die Auslieferung ist abweichend von Absatz 1 Nummer 3 jedoch zulässig, wenn

1.
die verurteilte Person
a)
rechtzeitig
aa)
persönlich zu der Verhandlung, die zu dem Urteil geführt hat, geladen wurde oder
bb)
auf andere Weise tatsächlich offiziell von dem vorgesehenen Termin und Ort der Verhandlung, die zu dem Urteil geführt hat, in Kenntnis gesetzt wurde, sodass zweifelsfrei nachgewiesen wurde, dass die verurteilte Person von der anberaumten Verhandlung Kenntnis hatte, und
b)
dabei darauf hingewiesen wurde, dass ein Urteil auch in ihrer Abwesenheit ergehen kann,
2.
die verurteilte Person in Kenntnis des gegen sie gerichteten Verfahrens, an dem ein Verteidiger beteiligt war, eine persönliche Ladung durch Flucht verhindert hat oder
3.
die verurteilte Person in Kenntnis der anberaumten Verhandlung einen Verteidiger bevollmächtigt hat, sie in der Verhandlung zu verteidigen, und sie durch diesen in der Verhandlung tatsächlich verteidigt wurde.

(3) Die Auslieferung ist abweichend von Absatz 1 Nummer 3 auch zulässig, wenn die verurteilte Person nach Zustellung des Urteils

1.
ausdrücklich erklärt hat, das ergangene Urteil nicht anzufechten, oder
2.
innerhalb geltender Fristen keine Wiederaufnahme des Verfahrens oder kein Berufungsverfahren beantragt hat.
Die verurteilte Person muss zuvor ausdrücklich über ihr Recht auf Wiederaufnahme des Verfahrens oder auf ein Berufungsverfahren, an dem sie teilnehmen kann und bei dem der Sachverhalt, einschließlich neuer Beweismittel, erneut geprüft und das ursprüngliche Urteil aufgehoben werden kann, belehrt worden sein.

(4) Die Auslieferung ist abweichend von Absatz 1 Nummer 3 ferner zulässig, wenn der verurteilten Person unverzüglich nach ihrer Übergabe an den ersuchenden Mitgliedstaat das Urteil persönlich zugestellt werden wird und die verurteilte Person über ihr in Absatz 3 Satz 2 genanntes Recht auf Wiederaufnahme des Verfahrens oder ein Berufungsverfahren sowie über die hierfür geltenden Fristen belehrt werden wird.

(1) Die Auslieferung ist nur zulässig, wenn die in § 10 genannten Unterlagen oder ein Europäischer Haftbefehl übermittelt wurden, der die folgenden Angaben enthält:

1.
die Identität, wie sie im Anhang zum Rahmenbeschluss Europäischer Haftbefehl näher beschrieben wird, und die Staatsangehörigkeit des Verfolgten,
2.
die Bezeichnung und die Anschrift der ausstellenden Justizbehörde,
3.
die Angabe, ob ein vollstreckbares Urteil, ein Haftbefehl oder eine andere vollstreckbare justitielle Entscheidung mit gleicher Rechtswirkung vorliegt,
4.
die Art und rechtliche Würdigung der Straftat, einschließlich der gesetzlichen Bestimmungen,
5.
die Beschreibung der Umstände, unter denen die Straftat begangen wurde, einschließlich der Tatzeit, des Tatortes und der Tatbeteiligung der gesuchten Person, und
6.
die für die betreffende Straftat im Ausstellungsmitgliedstaat gesetzlich vorgesehene Höchststrafe oder im Fall des Vorliegens eines rechtskräftigen Urteils die verhängte Strafe.

(2) Die Ausschreibung zur Festnahme zwecks Überstellung oder Auslieferung nach der Verordnung (EU) 2018/1862 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. November 2018 über die Einrichtung, den Betrieb und die Nutzung des Schengener Informationssystems (SIS) im Bereich der polizeilichen Zusammenarbeit und der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen, zur Änderung und Aufhebung des Beschlusses 2007/533/JI des Rates und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1986/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates und des Beschlusses 2010/261/EU der Kommission (ABl. L 312 vom 7.12.2018, S. 56), die die unter Absatz 1 Nr. 1 bis 6 bezeichneten Angaben enthält oder der diese Angaben nachgereicht wurden, gilt als Europäischer Haftbefehl.

(1) Zulässige Ersuchen eines Mitgliedstaates um Auslieferung oder Durchlieferung können nur abgelehnt werden, soweit dies in diesem Teil vorgesehen ist. Die ablehnende Bewilligungsentscheidung ist zu begründen.

(2) Vor der Zulässigkeitsentscheidung des Oberlandesgerichts entscheidet die für die Bewilligung zuständige Stelle, ob sie beabsichtigt, Bewilligungshindernisse nach § 83b geltend zu machen. Die Entscheidung, keine Bewilligungshindernisse geltend zu machen, ist zu begründen. Sie unterliegt der Überprüfung durch das Oberlandesgericht im Verfahren nach § 29; die Beteiligten sind zu hören. Bei der Belehrung nach § 41 Abs. 4 ist der Verfolgte auch darauf hinzuweisen, dass im Falle der vereinfachten Auslieferung eine gerichtliche Überprüfung nach Satz 3 nicht stattfindet.

(3) Führen nach der Entscheidung nach Absatz 2 Satz 1 eingetretene oder bekannt gewordene Umstände, die geeignet sind, Bewilligungshindernisse geltend zu machen, nicht zu einer Ablehnung der Bewilligung, so unterliegt die Entscheidung, keine Bewilligungshindernisse geltend zu machen, der Überprüfung im Verfahren nach § 33.

(1) Die Bewilligung der Auslieferung kann abgelehnt werden, wenn

1.
gegen den Verfolgten wegen derselben Tat, die dem Auslieferungsersuchen zugrunde liegt, im Geltungsbereich dieses Gesetzes ein strafrechtliches Verfahren geführt wird,
2.
die Einleitung eines strafrechtlichen Verfahrens wegen derselben Tat, die dem Auslieferungsersuchen zugrunde liegt, abgelehnt wurde oder ein bereits eingeleitetes Verfahren eingestellt wurde,
3.
dem Auslieferungsersuchen eines dritten Staates Vorrang eingeräumt werden soll,
4.
nicht aufgrund einer Pflicht zur Auslieferung nach dem Rahmenbeschluss Europäischer Haftbefehl, aufgrund einer vom ersuchenden Staat gegebenen Zusicherung oder aus sonstigen Gründen erwartet werden kann, dass dieser einem vergleichbaren deutschen Ersuchen entsprechen würde.

(2) Die Bewilligung der Auslieferung eines Ausländers, der im Inland seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, kann ferner abgelehnt werden, wenn

1.
bei einer Auslieferung zum Zwecke der Strafverfolgung die Auslieferung eines Deutschen gemäß § 80 Abs. 1 und 2 nicht zulässig wäre,
2.
bei einer Auslieferung zum Zwecke der Strafvollstreckung er dieser nach Belehrung zu richterlichem Protokoll nicht zustimmt und sein schutzwürdiges Interesse an der Strafvollstreckung im Inland überwiegt; § 41 Abs. 3 und 4 gelten entsprechend.

(1) Die Auslieferung eines Deutschen zum Zwecke der Strafverfolgung ist nur zulässig, wenn

1.
gesichert ist, dass der ersuchende Mitgliedstaat nach Verhängung einer rechtskräftigen Freiheitsstrafe oder sonstigen Sanktion anbieten wird, den Verfolgten auf seinen Wunsch zur Vollstreckung in den Geltungsbereich dieses Gesetzes zurückzuüberstellen, und
2.
die Tat einen maßgeblichen Bezug zum ersuchenden Mitgliedstaat aufweist.
Ein maßgeblicher Bezug der Tat zum ersuchenden Mitgliedstaat liegt in der Regel vor, wenn die Tathandlung vollständig oder in wesentlichen Teilen auf seinem Hoheitsgebiet begangen wurde und der Erfolg zumindest in wesentlichen Teilen dort eingetreten ist, oder wenn es sich um eine schwere Tat mit typisch grenzüberschreitendem Charakter handelt, die zumindest teilweise auch auf seinem Hoheitsgebiet begangen wurde.

(2) Liegen die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 2 nicht vor, ist die Auslieferung eines Deutschen zum Zwecke der Strafverfolgung nur zulässig, wenn

1.
die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 vorliegen und die Tat
2.
keinen maßgeblichen Bezug zum Inland aufweist und
3.
auch nach deutschem Recht eine rechtswidrige Tat ist, die den Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklicht oder bei sinngemäßer Umstellung des Sachverhalts auch nach deutschem Recht eine solche Tat wäre, und bei konkreter Abwägung der widerstreitenden Interessen das schutzwürdige Vertrauen des Verfolgten in seine Nichtauslieferung nicht überwiegt.
Ein maßgeblicher Bezug der Tat zum Inland liegt in der Regel vor, wenn die Tathandlung vollständig oder in wesentlichen Teilen im Geltungsbereich dieses Gesetzes begangen wurde und der Erfolg zumindest in wesentlichen Teilen dort eingetreten ist. Bei der Abwägung sind insbesondere der Tatvorwurf, die praktischen Erfordernisse und Möglichkeiten einer effektiven Strafverfolgung und die grundrechtlich geschützten Interessen des Verfolgten unter Berücksichtigung der mit der Schaffung eines Europäischen Rechtsraums verbundenen Ziele zu gewichten und zueinander ins Verhältnis zu setzen. Liegt wegen der Tat, die Gegenstand des Auslieferungsersuchens ist, eine Entscheidung einer Staatsanwaltschaft oder eines Gerichts vor, ein deutsches strafrechtliches Verfahren einzustellen oder nicht einzuleiten, so sind diese Entscheidung und ihre Gründe in die Abwägung mit einzubeziehen; Entsprechendes gilt, wenn ein Gericht das Hauptverfahren eröffnet oder einen Strafbefehl erlassen hat.

(3) Die Auslieferung eines Deutschen zum Zwecke der Strafvollstreckung ist nur zulässig, wenn der Verfolgte nach Belehrung zu richterlichem Protokoll zustimmt. § 41 Abs. 3 und 4 gilt entsprechend.

(4) (weggefallen)

Das deutsche Strafrecht gilt weiter, unabhängig vom Recht des Tatorts, für folgende Taten, die im Ausland begangen werden:

1.
(weggefallen)
2.
Kernenergie-, Sprengstoff- und Strahlungsverbrechen in den Fällen der §§ 307 und 308 Abs. 1 bis 4, des § 309 Abs. 2 und des § 310;
3.
Angriffe auf den Luft- und Seeverkehr (§ 316c);
4.
Menschenhandel (§ 232);
5.
unbefugter Vertrieb von Betäubungsmitteln;
6.
Verbreitung pornographischer Inhalte in den Fällen der §§ 184a, 184b Absatz 1 und 2 und § 184c Absatz 1 und 2;
7.
Geld- und Wertpapierfälschung (§§ 146, 151 und 152), Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion (§ 152b Abs. 1 bis 4) sowie deren Vorbereitung (§§ 149, 151, 152 und 152b Abs. 5);
8.
Subventionsbetrug (§ 264);
9.
Taten, die auf Grund eines für die Bundesrepublik Deutschland verbindlichen zwischenstaatlichen Abkommens auch dann zu verfolgen sind, wenn sie im Ausland begangen werden.