Hanseatisches Oberlandesgericht Urteil, 08. Nov. 2018 - 6 U 222/16

bei uns veröffentlicht am08.11.2018

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin und die Anschlussberufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 11.10.2016, Az. 415 HKO 42/13, abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Euro zu zahlen, der 326.000 SZR (Sonderziehungsrechte des Internationalen Währungsfonds) mit Stand 08.11.2018 entspricht, abzüglich € 28.753,32, zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.04.2013.

Die weitergehende Klage und die Widerklage werden abgewiesen.

Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin und die Anschlussberufung der Beklagten zurückgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz haben die Klägerin 82 Prozent und die Beklagte 18 Prozent zu tragen; die Kosten der Nebenintervention trägt die Klägerin zu 82 Prozent; im Übrigen tragen die Nebenintervenientinnen ihre außergerichtlichen Kosten jeweils selbst.

Die Kosten des Rechtsstreits in zweiter Instanz haben die Klägerin zu 63 Prozent und die Beklagte zu 37 Prozent zu tragen; die Kosten der Nebenintervention trägt die Klägerin zu 63 Prozent, im Übrigen tragen die Nebenintervenientinnen ihre außergerichtlichen Kosten jeweils selbst.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 1.166.627,39 € festgesetzt.

Der Betrag setzt sich wie folgt zusammen:

-       

Berufungsantrag der Klägerin:

€ 912.117,10

-       

Anschlussberufung der Beklagten zum Klageantrag:

€ 188.781,51

-       

Anschlussberufung der Beklagten zur Widerklage:

€ 65.728,78

Gründe

A.

1

Die Klägerin macht als Versicherer der L. GmbH aus abgetretenem Recht gegen die Beklagte Ansprüche wegen des Verlustes zweier Krantürme und eines Kranauslegers bei einem Seetransport Ende 2009 von Rostock nach Illichevsk (Ukraine) geltend. Die von der Versicherungsnehmerin der Klägerin mit dem Transport beauftragte Beklagte hatte die Nebenintervenientin zu 1) (die M. GmbH) eingeschaltet, die ihrerseits die Nebenintervenientin zu 2) (die A. C.V.) mit der Durchführung des Transportes beauftragte. Die Beklagte verlangt widerklagend von der Klägerin den Ersatz des Schadens, der den Nebenintervenientinnen durch eine unzureichende Sicherung der Ladung entstanden sein soll. Das Landgericht hat mit Urteil vom 11.10.2016 (veröffentlicht in juris mit Anmerkung Vyvers, jurisPR-VersR 8/2017 Anm. 4 = RdTW 2016, 422, beck-online) die Beklagte teilweise zur Zahlung verurteilt und im Übrigen die Klage und Widerklage abgewiesen. Hiergegen wenden sich die Berufung der Klägerin und die Anschlussberufung der Beklagten.

2

Die L. GmbH und die Beklagte standen schon vor dem streitgegenständlichen Transport in Geschäftsbeziehung zueinander. Die Beklagte hatte für die Versicherungsnehmerin der Klägerin mehrere Transporte beschädigungsfrei durchgeführt. Wenige Monate vor dem streitgegenständlichen Transport im Dezember 2009 kam es allerdings zu einem Schadenfall. Im Oktober 2009 hatte die L. GmbH die Beklagte mit dem Transport eines Hafenmobilkrans von Rostock in die Türkei beauftragt. Die Ware wurde auf der „A... C...“ verschifft. Bei schwerer See wurden Turm und Ausleger beschädigt. Der Transportschaden war Gegenstand des Verfahrens zum Az. 6 U 24/13 (Urteil des Landgerichts vom 11.02.2013 in Anlage K 4), das vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht durch Vergleich beendet wurde.

3

Dem streitgegenständlichen Ereignis liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

4

- Die L. GmbH hatte zwei mobile Hafenkräne an einen Käufer in der Ukraine, die I. LLC, für je € 2.900.000,- veräußert (Anlagen K 1.1 und 1.2). Die Endmontage erfolgte in Rostock durch die L. Rostock GmbH.

5

- Den Transportauftrag erteilte die L. GmbH der Beklagten für € 192.500,- pauschal. In dem Auftragsschreiben vom 16.11.2009 (Anlage K 2) hieß es u.a.: „Lashing/securing/dunnage in R., sowie unlashing im Empfangshafen zu Lasten der Reederei“. Außerdem heißt es in dem Schreiben: „Lediglich die Türme, die Auslegersektionen sowie der 20 ft Container dürfen an Deck verladen werden, der Rest der Ware muss unter Deck gestaut werden. Die Decksladung muss mit Ketten gesichert werden.“

6

- Die Beklagte beauftragte die Nebenintervenientin zu 1) (die M. GmbH) mit der Durchführung des Transports, die ihrerseits die Nebenintervenientin zu 2) (die A. C.V.) einschaltete.

7

- Die Verladung der Kräne auf die M/S „Ara Z...“ erfolgte am 16.12.2009 durch die L. Rostock im Zusammenwirken mit der K. GmbH. Die Krantürme und der Ausleger wurden an Deck auf Holzunterkonstruktionen der K. GmbH verstaut und mit Ketten gesichert. Die Ketten legten Mitglieder der Schiffscrew an; Zurrpunkte waren dabei an den Türmen nicht gekennzeichnet.

8

- Am 17.12.2009 trat die „Ara Z...“ die Fahrt an. Die Beklagte teilte am 24.12.2009 mit, dass das Schiff beide Türme und den Ausleger bei schwerer See verloren habe. Am 28.12.2009 hielt die L. GmbH die Beklagte für haftbar.

9

- Das Schiff kehrte von Cadiz nach Rostock zurück und übernahm 2 neue Krantürme und einem neuen Kranausleger.

10

Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben. Des Weiteren hat sie hilfsweise mit von ihr behaupteten Schadensersatzansprüchen aufgerechnet.

11

Die Klägerin hat ihre Aktivlegitimation damit begründet, dass die L. GmbH die ihr gegen die Beklagte zustehenden Ansprüche (einschließlich der für die Empfängerin begründeten Ansprüche) ausdrücklich und durch Überlassung der Schadenunterlagen konkludent abgetreten habe (siehe Anlagen K 8 und K 9). Zuvor habe die I. LLC ihre Ansprüche aus dem Schadensfall an die L. GmbH abgetreten (Anlage K 6).

12

Die Klägerin hat vorgetragen, dass die Beklagte für die Schäden zu haften habe, der durch den Verlust der Türme und des Auslegers entstanden sei. Das Verladen und Stauen sei ordnungsgemäß durch die L. Rostock ... und die K. GmbH erfolgt. Das „Lashing/securing/dunnaging“ (lsd) der ursprünglichen Ladung sei Aufgabe der Beklagten gewesen und durch ihre Erfüllungsgehilfen (die Schiffsbesatzung) vorgenommen worden. Der Ladungsverlust sei Folge der mangelhaften Sicherung (siehe auch S. 14 in Anlage K 3). Die Holzunterkonstruktionen seien nicht ursächlich geworden.

13

Die Klägerin hat weiter vorgetragen, dass keine Haftungsbegrenzung zugunsten der Beklagten eingreife. Den Organen der Beklagten sei ein qualifiziertes Verschulden anzulasten. Dies folge aus dem Umstand, dass es nur 2 Monate zuvor schon einmal während eines Seetransports zu einem Ladungsverlust mit einem großen Schaden gekommen sei.

14

Die Klägerin hat die Erstattung folgender Positionen verlangt:

15

-       

Kosten der Ersatzlieferung:

€ 2.030.338,96

(Seite 8 in Anlage K 3);

-       

Kosten für die Verladung der Ersatzlieferung:

€ 7.708,92

(Seite 9 in Anlage K 3);

-       

Kosten für die Rückholung des Schiffes:

€ 192.000,-

(Seite 9 in Anlage K 3);

-       

Kosten des Sachverständigen:

€ 12.825,52

(Anlage K 5).

16

Etwaige Gegenansprüche der Beklagten seien verjährt.

17

Die Klägerin hat beantragt,

18

die Beklagte zu verurteilen, an sie (die Klägerin) € 2.242.873,40 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

19

Die Beklagte und die Nebenintervenientinnen haben beantragt,

20

die Klage abzuweisen.

21

Die Beklagte hat zunächst - unter Bezugnahme auf die Anlagen B 15 und B 16 - widerklagend beantragt,

22

festzustellen, dass die Klägerin verpflichtet ist, sie (die Beklagte) von sämtlichen Ansprüchen der Nebenintervenientinnen aus dem streitgegenständlichen Schadensereignis freizustellen.

23

Mit Schriftsatz vom 02.12.2015 hat die Beklagte dann einen Zahlungsanspruch geltend gemacht und mit Schriftsatz vom 12.01.2016 beantragt,

24

die Klägerin zu verurteilen, an sie (die Beklagte) € 65.728,78 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 03.06.2013 zu bezahlen.

25

Die Nebenintervenientinnen haben sich dem Antrag angeschlossen.

26

Die Klägerin hat beantragt,

27

die Widerklage abzuweisen.

28

Die Beklagte hat vorgetragen, sie sei für den Schaden nicht verantwortlich. Sie habe die Nebenintervenientin zu 1) (die M. GmbH) nicht im eigenen Namen, sondern im Namen und in Vollmacht der L. GmbH beauftragt.

29

Eine Verpflichtung der Beklagten zur Stauung und Laschung habe nicht bestanden. Die Verladung und Ladungssicherung sei durch die L. GmbH (nach deren eigenen Vorgaben) und ihre Subunternehmer erfolgt. Die Mitglieder der Schiffsbesatzung seien lediglich Hilfspersonen der Klägerin gewesen.

30

Die Beklagte hat weiterhin - unter Vorlage der Anlagen B 6 bis B 9 - vorgetragen, dass die Sicherung mit Ketten ordnungsgemäß erfolgt sei. Die Ursache des Ladungsverlusts sei - ausweislich der Gutachten in den Anlagen B 10 bis B 12 - darin zu sehen, dass das von der K. GmbH gelieferte Stauholz nicht geeignet und mangelhaft montiert gewesen sei sowie die Güter über keine zureichenden und ausreichend gekennzeichneten Zurr- und Laschpunkte verfügt hätten. Im Übrigen habe sich die Seegefahr verwirklicht.

31

Ein Haftungsausschluss folge aus Konnossement (Anlage B1).

32

Des Weiteren hat die Beklagte vorgetragen, ihre Haftung sei jedenfalls auf € 320.000,- beschränkt, da kein qualifiziertes Verschulden angenommen werden könne.

33

Die Nebenintervenientin zu 2) (die A. C.V.) könne Ersatz für die Schäden am Schiff (Reparatur), die Kosten für das Anlaufen des Nothafens Cadiz, die Agenturdienstleistungen und die erneute Stauung und das Löschen der restlichen Kranpartien in Cadiz verlangen.

34

Das Landgericht hat gemäß Beschluss vom 30.10.2014 Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Der Sachverständige Herr K. hat sein schriftliches Gutachten am 04.03.2015 erstellt und in der mündlichen Verhandlung vom 01.09.2015 erläutert.

35

Mit Urteil vom 11.10.2016 hat das Landgericht Hamburg

36

1. die Beklagte (unter Abweisung der Klage im Übrigen) verurteilt, an die Klägerin € 188.781,51 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.04.2013 zu zahlen;

37

2. die Widerklage abgewiesen.

38

Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt:

39

Der Klägerin stehe ein Zahlungsanspruch in Höhe von € 188.781, 51 aus übergegangenem Recht zu. Die Beklagte hafte nach § 606 Satz 2 HGB (a.F.). Allerdings greife zugunsten der Beklagten eine Haftungsbegrenzung ein. Des Weiteren sei eine Schadenteilung vorzunehmen:

40

- Gemäß dem eingeholten Sachverständigengutachten hätten dem Ladungsverlust zwei gleichwertige Ursachen zugrunde gelegen, nämlich die nicht fachgerechte Verstauung der Kransegmente auf Holzblöcken und die nicht fachgerechte Sicherung der Ladung. Dagegen sei der Ladungsverlust nicht auf das schwere Wetter zurückzuführen.

41

- Es liege somit ein Verschulden des Verfrachters (§ 607 Abs. 1 HGB a.F.) und ein Verschulden des Befrachters vor (§ 608 Nr. 5 HGB a.F.): Die Sicherung der Ladung an Deck sei von der Beklagten geschuldet. Dagegen sei der Holzunterbau für die Lagerung der Kransegmente nicht von der Beklagten geschuldet und angefertigt gewesen, sondern von der K. GmbH.

42

- Bei einem Zusammentreffen von § 606 Satz 2 HGB und 608 Abs. 1 Nr. 5 HGB sei § 254 BGB heranzuziehen, so dass eine hälftige Schadenteilung vorzunehmen sei.

43

- Die Schadenteilung sei nach dem Höchstbetrag gemäß § 660 Abs. 1 Satz 2 HGB a.F. und nicht nach dem tatsächlichen Schaden vorzunehmen, so dass sich ein Betrag von € 209.319,60 errechne.

44

Die Aufrechnung der Beklagten greife in Höhe von € 20.538,09 durch. Im Übrigen seien die geltend gemachten Gegenforderungen unsubstantiiert vorgetragen. Weiterhin sei ein Mitverschulden der Beklagten anzunehmen.

45

Die Widerklage sei unbegründet. Es bestünde kein Anspruch, der über den Aufrechnungsbetrag hinausgehe.

46

Die Klägerin hat gegen das ihr am 13.10.2016 zugestellte Urteil am 08.11.2016 Berufung eingelegt und diese - innerhalb der verlängerten Frist - am 09.01.2017 begründet.

47

Die Klägerin akzeptiert zwar eine Schadenteilung und die Hilfsaufrechnung. Das Landgericht habe zutreffend eine Gleichwertigkeit der Ursachen „Auflager“ und „Zurrung“ angenommen. Es sei aber falsch, eine gewichtsabhängige Begrenzung der Schadensersatzpflicht der Beklagten anzunehmen. Vielmehr sei § 660 Abs. 3 HGB a.F. anzuwenden. Danach ergebe sich folgender Anspruch der Klägerin:

48

-       

Tatsächlicher Schaden:

€ 2.242.873,40

-       

davon 50 %:

€ 1.121.436,70

-       

abzüglich Hilfsaufrechnung:

€ 20.538,09

-       

abzüglich Zahlungsbetrag gemäß Landgericht:

€ 188.781,51

        

Forderungsbetrag:

€ 912.117,10

49

Sollte die Haftungsbegrenzung durchgreifen, müsse zumindest die Schadenquotelung am Betrag in tatsächlicher Höhe (€ 2.242.873,40) ansetzen, so dass die hilfsweise aufgerechnete Gegenforderung (€ 20.538,09) vom Höchsthaftungsbetrag (€ 418.639,20) abzuziehen sei. Es ergebe sich dann folgende Berechnung:

50

-       

Tatsächlicher Schaden:

€ 2.242.873,40

-       

davon 50 %:

€ 1.121.436,70

-       

Höchsthaftung:

€ 418.639,20

-       

abzüglich Hilfsaufrechnung:

€ 20.538,09

        

Forderungsbetrag:

€ 398.101,11

51

Die Klägerin beantragt,

52

die Beklagte unter Abänderung des am 11.10.2016 verkündeten Urteils des Landgerichts Hamburg (Az.: 415 HKO 42/13) zu verurteilen, an sie (die Klägerin) weitere € 912.117,10 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über den Basiszinssatz seit dem 30.04.2013 zu zahlen.

53

Die Beklagte beantragt im Wege der Anschlussberufung,

54

die Klage - unter Aufhebung des der Beklagten am 14.10.2016 zugestellten Urteils des Landgerichts Hamburg vom 11.10.2016, Aktenzeichen 415 HKO 42/13 - abzuweisen, sowie

55

die Klägerin zu verurteilen, an die Beklagte € 65.728,78 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.06.2013 zu bezahlen

56

hilfsweise,

57

die Berufung zurückzuweisen,

58

und äußerst hilfsweise,

59

die Revision zuzulassen.

60

Die Nebenintervenientinnen

61

schließen sich den Anträgen der Beklagten an.

62

Die Klägerin beantragt,

63

die Anschlussberufung zurückzuweisen.

64

Die Beklagte trägt vor:

65

Der Schaden sei allein durch die von der K. GmbH ge- und hergestellten mangelhaften Unterbauten verursacht worden. Anderes habe der Sachverständige nicht festgestellt. Jedenfalls habe das Landgericht es unterlassen, den Beweisangeboten der Beklagten nachzugehen:

66

- Der von der Versicherungsnehmerin der Klägerin beauftragten K. GmbH sei auch die mangelhafte Zurrung vorzuwerfen; denn die K. GmbH habe Vorgaben zur Verwendung von Ketten sowie zur Stauung, Laschung und Sicherung der Güter gemacht. Das Landgericht habe unberücksichtigt gelassen, dass die gegenständlichen Bauteile über keine Zurr- und Anschlagpunkte verfügt hätten, an denen die von der Klägerin zwingend vorgeschriebenen Ketten hätten angebracht werden können. Die Schiffscrew habe als Hilfsperson der K. GmbH agiert. Allenfalls beschränke sich der Ursachenbeitrag der Schiffscrew auf das unterlassene Anschweißen der sog. D-Ringe und die unterlassene Verwendung sog. Spannschrauben. Dieser trete aber hinter dem überwiegenden Verschulden der K. GmbH zurück.

67

- Ein qualifiziertes Verschulden treffe die Organe der Beklagten nicht. Der Schadenfall in der beigezogenen Akte sei mit dem vorliegenden nicht zu vergleichen. Es hätte an der Klägerin bzw. der K. GmbH gelegen, Maßnahmen zur Verbesserung der Zurrung/Stauung zu ergreifen. Im Übrigen habe die Beklagte aufgrund der Vielzahl der zuvor schadenfrei durchgeführten Transporte darauf vertrauen dürfen, dass auch dieser Transport schadenfrei von statten gehen würde. Insbesondere die hohen Kreuzseen hätten ohnehin nicht von den Organen der Beklagten vorhergesehen werden können.

68

Zur Widerklage/Hilfsaufrechnung hätte das Landgericht den Beweisangeboten nachgehen müssen.

69

Die Nebenintervenientin zu 1) trägt vor, dass es nur eine Schadenursache gegeben habe, nämlich den Ladungsverlust durch mangelhafte Auflager aus Weichholz; eine weitere schadenauslösende und gleichwertige Ursache habe der Sachverständige nicht festgestellt.

B.

70

Die Berufung der Klägerin und die Anschlussberufung der Beklagten sind jeweils zulässig und zum Teil begründet. Der von der Klägerin geltend gemachte Zahlungsanspruch ist in Höhe der Haftungshöchstsumme des § 660 Abs. 1 HGB a.F. gegeben abzüglich eines Betrages von € 28.753,32 €, mit dem die Beklagte aufgerechnet hat.

I.

71

Die zulässige Berufung der Klägerin ist insofern begründet, als sie von der Beklagten nicht nur - wie vom Landgericht Hamburg angenommen - die Hälfte der Haftungshöchstsumme, sondern den vollen Betrag gemäß § 660 Abs. 1 HGB a.F. (zuzüglich Verzugszinsen) verlangen kann. Ein weitergehender Anspruch steht der Klägerin gegenüber der Beklagten dagegen nicht zu; sie kann keine Zahlung von € 1.121.436,70 (= 1/2 der in erster Instanz geltend gemachten Klageforderung von € 2.242.873,40) für den Verlust der zwei Krantürme und des Kranauslegers während des Seetransports von Rostock in die Ukraine im Dezember 2009 beanspruchen.

1.

72

Die in erster Instanz streitige Anspruchsberechtigung der Klägerin aus übergegangenem Recht ist in der Anschlussberufung durch die Beklagte nicht mehr angegriffen worden. Das Landgericht hat die Aktivlegitimation der Klägerin rechtsfehlerfrei aus den Anlagen K 6 bis K 9 hergeleitet.

2.

73

Die Beklagte trifft eine Obhutshaftung. Nach § 606 Satz 2 HGB a.F. haftet der Verfrachter für den Schaden, der durch Verlust oder Beschädigung der Güter in der Zeit von der Annahme bis zur Ablieferung entsteht, es sei denn, dass der Verlust oder die Beschädigung auf Umständen beruht, die durch die Sorgfalt eines ordentlichen Verfrachters nicht abgewendet werden konnten. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 606 Satz 2 HGB a.F. sind hier erfüllt.

a)

74

Unstreitig wurde die Beklagte als Verfrachter tätig. Sie hat gemäß § 278 BGB ein Verschulden der beiden Nebenintervenientinnen und der Schiffsbesatzung der MS AVA Z... in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden.

b)

75

Nach § 606 Satz 1 HGB a. F. war die Beklagte grundsätzlich dazu verpflichtet, beim Einladen, Stauen, Befördern, Behandeln und Ausladen der Güter mit der Sorgfalt eines ordentlichen Verfrachters zu verfahren.

aa)

76

Aus der „Bill of Lading“ vom 17.12.2009 (Anlage B 1) kann nicht abgeleitet werden, dass die Stauung und Sicherung des Gutes der Versicherungsnehmerin der Klägerin als Befrachter oblag. Zwar heißt es in der “Bill of Lading”:

77

„SHIPPED ON DECK AT CHARTERERS SHIPPERS AND RECEIVERS RISK EXPENSE AND RESPONSIBILITY WITHOUT LIABILITY ON THE PART OF THE VESSEL OR HER OWNERS FOR ANY LOSS DAMAGE EXPENSE OR DELAY HOWEVER CAUSED”

78

Jedoch ist Aussteller der Anlage B1 nicht die Beklagte, sondern die Nebenintervenientin zu 1) (die M. GmbH).

bb)

79

Wer welche Pflichten zu erfüllen hatte, ist durch Auslegung des Auftrags vom 16.11.2009 (Anlage K 2) unter Berücksichtigung der weiteren Umstände zu ermitteln. Danach hatte die Versicherungsnehmerin der Klägerin als Befrachter bzw. die von ihr eingeschaltete K. GmbH (insofern unstreitig) die Aufgabe, die Packstücke in Rostock zu laden und zu stauen. Dagegen oblag es der Beklagten als Verfrachter bzw. ihren Hilfspersonen, die Ladung (mit Ketten) zu sichern.

80

Im Auftrag vom 16.11.2009 heißt es u.a. in Fettdruck:

81

„... Basis: fios, sshex uu, lsd durch die Schiffsbesatzung ...“

82

Ferner wird ausgeführt:

83

„Lashing/securing/dunnage in Rostock, sowie unlashing im Empfangshafen zu Lasten der Reederei“.

84

Außerdem heißt es in dem Schreiben:

85

„Lediglich die Türme, die Auslegersektionen sowie der 20 ft Container dürfen an Deck verladen werden, der Rest der Ware muss unter Deck gestaut werden. Die Decksladung muss mit Ketten gesichert werden“.

86

Die Abrede „fios“ bedeutet zunächst, dass nicht der Verfrachter, sondern der Befrachter die Stauung und Sicherung des Guts übernimmt (Bahnsen, in Rabe/Bahnsen, Seehandelsrecht, 5. Aufl. [2018], § 498 HGB Rn. 90). Die Parteien haben aber die „fios“-Abrede sogleich wieder eingeschränkt, indem sie vereinbarten: „lsd durch die Schiffsbesatzung“. Damit machten sie deutlich, dass es Sache der Beklagten sein sollte, die Sicherung der Ladung durch die Schiffsbesatzung zu übernehmen. Dass dies dem Willen der Vertragsparteien entsprach, wird bestätigt durch die im weiteren Text aufgenommene Formulierung „Lashing/securing/dunnage in Rostock, sowie unlashing im Empfangshafen zu Lasten der Reederei“. Zwar wird in der Anlage K 2 das „lsd“ nicht ausdrücklich der Beklagten, sondern der „Schiffsbesatzung“ bzw. der „Reederei“ zugewiesen, jedoch sollte dadurch (nach dem unbestrittenen Vortrag der Klägerin) zum Ausdruck gebracht werden, dass die Beklagte die Befugnis erlangen sollte, ihre Verpflichtung weiterzugeben. Dass die Beklagte selbst davon ausging, dass sie zur Sicherung der Ladung verpflichtet war, ergibt sich im Übrigen aus dem Umstand, dass sie am 12.11.2009 (im eigenen Namen) ihre Buchung bei der Nebenintervenientin zu 1) (der M. GmbH) u.a. mit den Worten bestätigte: „Decksladung ist mit Ketten zu laschen/sichern“ (Anlage K 10). Ein Hinweis darauf, dass die Versicherungsnehmerin der Klägerin die Sicherung übernimmt, enthält die Bestätigung nicht.

87

Der vorstehenden Auslegung durch das Landgericht Hamburg ist die Beklagte in ihrer Berufungserwiderung nicht entgegengetreten. Sie trägt zwar vor, die K. GmbH habe die Ausführung der Stauung und Sicherung der Ware tatsächlich vorgegeben. Jedoch stellt die Beklagte damit nicht in Abrede, dass für sie eine Sicherungspflicht vertraglich vorgesehen war.

c)

88

Nach der Annahme und vor Ablieferung der Kranelemente ist es zu einem Güterverlust gekommen. Beide Türme und der Ausleger gingen auf dem Transportweg von Rostock in die Ukraine über Bord. Der Verlust hätte durch Wahrung der Sorgfalt eines ordentlichen Verfrachters abgewendet werden können. Eine Unvermeidbarkeit und Unabwendbarkeit kann nicht angenommen werden. Vielmehr hätten die Kranelemente so gesichert werden können, dass sie auch bei schwerer See nicht verloren gehen.

3.

89

Die Obhutshaftung der Beklagten als Verfrachter nach § 606 Abs. 1 Satz 2 HGB a.F. trifft mit der Nichthaftung der Beklagten gemäß § 608 Abs. 1 Nr. 5 HGB zusammen. Nach dieser Vorschrift haftet die Beklagte als Verfrachter nicht für Schäden, die aus Handlungen oder Unterlassungen des Abladers oder Eigentümers des Gutes, seiner Agenten oder Vertreter herrühren. Inzwischen stimmen die Parteien darin überein, dass der Güterverlust jedenfalls nicht allein von der Beklagten bzw. „ihren Leuten“ herbeigeführt wurde, sondern ein der Versicherungsnehmerin der Klägerin zurechenbares Verhalten der K. GmbH beim Schadeneintritt zumindest mitgewirkt hat. Unabhängig davon, dass sich die Beklagte auf die Vermutung des § 608 Abs. 2 HGB a.F. stützen kann, steht nach der Beweisaufnahme fest, dass der Ladungsverlust jedenfalls auch auf den von der K. GmbH gestellten Unterbau zurückzuführen ist.

a)

90

Nach den fachlichen Feststellungen des Sachverständigen K., die die Parteien nicht angegriffen haben, kommen für das Schadenereignis zwei Ursachen in Betracht, nämlich (1.) die nicht fachgerechte Verstauung der Kransegmente auf Holzblöcken als Unterbau, die von der K. GmbH her- und gestellt worden waren, und (2.) die nicht fachgerechte Sicherung der Ladung an Deck durch die Schiffsmannschaft:

91

- Die Auflager für die Kransegmente waren nicht ordnungsgemäß ausgeführt. Es wurde Weich- statt Hartholz verwendet. Des Weiteren hätten die Hölzer richtigerweise untereinander mit Winkeleisen verbunden, auf Kante gesetzt und unten gestoppt werden müssen.

92

- Die Sicherung der Decksladung bzw. die Zurrung der Ladung erfolgte nicht fachgerecht. Zum einen wurden die Ketten in unzulässiger Weise über Rundungen und Kanten geführt. Zum anderen hätten bei Nutzung der Ketten an Deck Zurrpunkte oder Gurte sowie Spannschrauben und nicht Kettenspanner eingesetzt werden müssen. Der gebotene gerade Zug wurde nicht geschaffen. Darüber hinaus wurde die Ladung auf dem Lukendeckel gelagert.

b)

93

In der Berufungsinstanz ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die von der K. GmbH gelieferten Auflader maßgeblichen Anteil am Ladungsverlust hatten.

94

So hat der Sachverständige u.a. in seinem schriftlichen Gutachten vom 04.03.2015 ausgeführt:

95

- „Ursächlich für den Verlust der beiden Turmsektionen und des Mastoberteiles war letztendlich das Fehlen von geeigneten Transportblöcken an dem zwischen den beiden Türmen gestauten Mastoberteil.“

96

- „... war ... hauptsächlich die mangelhafte Verarbeitung des Bockes unter dem Auslegeroberteil zwischen den beiden Turmsektionen auf Luke 3 und die zu geringe Anzahl von Auflagerhölzern unter den beiden Längsholmen der Sektion ursächlich für den Verlust der Decksladung.“

97

Handlungen oder Unterlassungen der K. GmbH muss sich die Versicherungsnehmerin der Klägerin (ebenfalls unstreitig) zurechnen lassen. Im Ergebnis akzeptiert die Klägerin es im streitgegenständlichen Verfahren, dass ihre Versicherungsnehmerin bzw. die von ihr eingeschalteten Subunternehmen für den Unterbau verantwortlich waren.

4.

98

Trifft die Haftung des Verfrachters aus § 606 Satz 2 HGB a.F. mit der Nichthaftung des Verfrachters gemäß § 608 Abs. 1 Nr. 5 a.F. zusammen, ist die Haftungsverteilung unter Heranziehung des Rechtsgedankens aus § 254 BGB vorzunehmen (Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Urteil vom 15. Oktober 1992 - 6 U 229/91 -, juris = TranspR 1993, 111; Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Urteil vom 04. August 2000 - 6 U 184/98 -, Rn. 40, juris). Dies führt vorliegend dazu, die Verursachungs- und Verschuldensbeiträge für den Ladungsverlust zwischen der Versicherungsnehmerin der Klägerin einerseits und der Beklagten andererseits mit einem Verhältnis von 70 zu 30 Prozent zu bewerten. Weder ist es gerechtfertigt, die Verantwortung ausschließlich bzw. zu 100 Prozent bei der Versicherungsnehmerin der Klägerin oder der Beklagten bzw. den Nebenintervenientinnen zu sehen, noch hält es der Senat für gerechtfertigt, die vom Landgericht vorgenommene Haftungsteilung mit jeweils 50 Prozent vorzunehmen. Die Hauptverantwortlichkeit für den Güterverlust liegt unter Berücksichtigung der Gesamtumstände bei wertender Betrachtung bei der Versicherungsnehmerin der Klägerin.

a)

99

Das Verhalten der Beklagten bzw. der ihr zurechenbaren Personen hat Anteil an dem Güterverlust. Eine Alleinverantwortlichkeit der Versicherungsnehmerin der Klägerin bzw. der von ihr eingeschalteten Unternehmen besteht nicht; denn für die mangelhafte Zurrung, die sich auf den konkreten Schadeneintritt ausgewirkt hat, hat die Beklagte einzustehen.

aa)

100

Die Sicherung der Ladung oblag - wie oben ausgeführt - der Beklagten als Verfrachter. Zwar trägt die Beklagte vor, die K. GmbH (und damit die L. GmbH) habe nicht nur für die Aufleger, sondern auch für die mangelhafte Zurrung einzustehen. Der dahingehende Vortrag der Beklagten ist indes unsubstantiiert und damit unbeachtlich. Die beantragte Beweisaufnahme durch Vernehmung diverser Zeugen zum Verladevorgang vom 16.12.2009 liefe auf eine unzulässige Ausforschung hinaus.

101

Die Beklagte hat erstinstanzlich - unter Bezugnahme auf die Anlagen B 2 bis B 6 - behauptet, sie sei mit der Verladung, Stauung und Ladungssicherung nicht befasst gewesen (Beweis: Zeugnis Herr K. von der L. Rostock). Vielmehr sei die Verladung/Ladungssicherung, Berechnung der Lastenverteilung und die Vorgabe der Stauplätze durch die Versicherungsnehmerin der Klägerin bzw. deren Subunternehmen selbst erfolgt (Beweis: Zeugnis Herren K., S., F., K.; ferner Zeugnis Herr K., Frau B.). Die Lieferung des Stauholzes und dessen Positionierung habe die K. GmbH geleistet. Sie habe auch die Stauung und Sicherung der gegenständlichen Güter auf dem Seeschiff vorgenommen (Beweis: Zeugnis Herren K., S. und F.). Die Beklagte bzw. deren Erfüllungsgehilfen hätten dagegen keine Vorgaben dazu gemacht, auf welchen Stellplätzen die Güter abgesetzt werden sollten. Die Durchführung, Überwachung und Abnahme der Ladungssicherung sei durch die Versicherungsnehmerin der Klägerin eigenverantwortlich durchgeführt worden.

102

Der Vortrag der Beklagten genügt nicht, um die von der Beklagten vertraglich übernommene Verantwortlichkeit für die Ladungssicherung der Versicherungsnehmerin der Klägerin zurück zu übertragen. Nicht dargelegt ist, wer in einer der L. GmbH zurechenbaren Weise wann wem welche konkreten Weisungen (fehlerhaft) gegeben haben soll. Unstreitig ist nur, dass die Beklagte die Vorgabe erhalten hat, Ketten zu verwenden. Ob und welche Anweisungen es dazu gegeben haben soll, wo und wie welche Ketten im Einzelnen anzubringen sind, ist dagegen ungewiss und von der Beklagten nicht näher ausgeführt. Anlass für die Versicherungsnehmerin der Klägerin, die Beklagte aus der vertraglich übernommenen Verantwortung zu entlassen, ist nicht ersichtlich. Des Weiteren ist nicht dargelegt, wer wann wie die am 16.12.2009 vorgenommene (fachwidrige) Sicherung der Ladung mit Wirkung für die Versicherungsnehmerin der Klägerin abgenommen haben soll.

103

Das Landgericht hat mit Verfügung vom 07.03.2014 folgerichtig darauf hingewiesen, dass unklar ist, welche konkreten Anweisungen hinsichtlich der Art der Sicherung gegeben worden sein sollen. Des Weiteren hat es deutlich gemacht, dass für die Beklagte eine Hinweispflicht bestanden haben könnte, wenn die dem Verfrachter vom Befrachter gemachten Vorgaben zur Ladungssicherung nicht den Anforderungen genügen sollten, die an den bevorstehenden Seetransport mit den zu erwartenden Wetterverhältnissen zu stellen sind. Daraufhin hat die Beklagte lediglich ihren Sachvortrag wiederholt. Welcher der benannten Zeugen welche konkrete Tatsache bekunden soll, hat die Beklagte dabei nicht aufgezeigt. Auch in der Berufungserwiderung verbleibt es bei der allgemein gehaltenen Darstellung mit einem nicht weiter ausgeführten Verweis auf die Anlagen B 2 bis B 5, dass die Schiffsbesatzung (nicht näher bezeichnete) Anweisungen der K. GmbH zur Laschung und Sicherung befolgt habe.

bb)

104

Der konkrete Schadeneintritt ist mit auf die unzureichende Sicherung der Ladung bzw. eine fehlerhafte Zurrung zurückzuführen. Es wurde ungeeignetes Material verwendet. Darüber hinaus wurden die Ketten nicht sachgerecht angebracht.

105

(1) Der Sachverständige K. hat in seinem Gutachten vom 04.03.2015 (S. 3 f. = Bl. 182 f. d. A.) u.a. ausgeführt, dass die Verwendung von Kettenspannern problematisch ist, weil diese beim Nachspannen zunächst gelöst, nachgesetzt und dann wieder gespannt werden müssen. Da sich die auf Holz gebettete Ladung durch Vibrationen und Bewegungen des Schiffes im Seegang in Bewegung setzte, bekämen die Zurrungen „Lose“ und müssten nachgespannt werden. Dies sei gerade bei schlechtem Wetter besonders problematisch und mit erheblichen Risiken für die Besatzung verbunden. Besser seien daher Spannschrauben, da diese bei einem Nachspannen nicht vorher gelöst werden müssten.

106

Die durch die falsche Wahl des Verzurrsystems geschaffene Gefahr hat sich unmittelbar vor dem Verlust der Ladung realisiert. Nachdem sich herausgestellt hatte, dass die Ketten lose waren, wurde die Schiffsbesatzung an Deck geordert, um die Ladung zu sichern. Dies gelang nicht. Vielmehr verlor ein Matrose beim Sicherungsversuch 2 Finger. Daraufhin wurde von einem Nachspannen abgesehen; der Kapitän beorderte alle Leute von Deck (S. 10 des Gutachtens vom 04.03.2015 = Bl. 189 d. A.).

107

Wären Spannschrauben vorhanden gewesen, hätten die Zurrungen weniger gefahrträchtig nachgespannt werden können. Ein Lösen der Ketten wäre nicht notwendig gewesen. Es ist davon auszugehen, dass bei einem erfolgreichen Nachspannen die Kranteile jedenfalls nicht zum gleichen Zeitpunkt über Bord gegangen wären. Die Möglichkeit, dass es auch bei Verwendung von Spannschrauben (später) zu einem Ladungsverlust hätte kommen können, ändert nichts an der Kausalität des falschen Zurrsystems am konkreten Geschehen. Zum einen fehlt es an Feststellungen dazu, ob auch bei Verwendung von Spannschrauben der Ladungsverlust eingetreten wäre. Dies ist u.a. von der weiteren Entwicklung des Wetters in der Schadensnacht abhängig. Zum anderen beseitigt eine etwaige Reserveursache nicht die haftungsbegründende Kausalität. Dass der durch das haftungsbegründende Ereignis real bewirkte Schaden später durch einen anderen Umstand (die Reserveursache) ebenfalls herbeigeführt worden wäre, kann an der Kausalität der realen Ursache nichts ändern (siehe u.a. BGH, Urteil vom 07. Juni 1988 - IX ZR 144/87 -, BGHZ 104, 355-363, Rn. 12).

108

(2) Des Weiteren hat der Sachverständige festgestellt, dass die Laschung unzureichend war (S. 13 des Gutachtens, Bl. 192 d. A.):

109

„Ferner war das Auslegeroberteil nur an dem oberen Längsholm gelascht. Hierdurch konnte es zu Relativbewegungen im unteren Bereich kommen, welche sich auf die Auflagerhölzer der unteren Holme übertrug.“

110

Darüber hinaus hat der Sachverständige in seiner Anhörung vor dem Landgericht am 01.09.2015 ausgeführt, dass die Ketten nicht richtig angebracht worden waren. Sie sind nicht in geradem Zug verlaufen, sondern in unzulässiger Weise über Rundungen und Kanten geführt worden.

111

Diese Versäumnisse und Fehler sind ebenfalls für den konkreten Schadeneintritt (mit-) ursächlich geworden. Es ist davon auszugehen, dass bei richtiger Auswahl der Zurrpunkte, Verwendung einer ausreichenden Zahl von Ketten und fachgerechter Kettenführung die Ladung bis zum konkreten Ladungsverlust weniger stark und schnell „lose“ gegangen wäre.

b)

112

Die jeweiligen Verursachungs- und Verschuldensbeiträge für den Ladungsverlust bewertet der Senat gemäß § 287 ZPO im Verhältnis der Parteien mit 70 Prozent (Klägerin) zu 30 Prozent (Beklagte). Unter Auswertung des schriftlichen Gutachtens vom 04.03.2015 und den Angaben des Sachverständigen in seiner Anhörung 01.09.2016 ist davon auszugehen, dass zwar sowohl die mangelhaften Auflager als auch die mangelhafte Zurrung für den konkreten Ladungsverlust mitursächlich geworden sind. So hat der Sachverständige zusammenfassend festgestellt, dass die Mängel im Unterbau und an der Zurrung nicht voneinander getrennt werden können (S. 7 des Protokolls vom 01.09.2015, Bl. 287 d. A.). Jedoch kann nicht von einer Gleichwertigkeit der Ursachen ausgegangen werden. Die Hauptursache für den Ladungsverlust liegt in den von der K. GmbH gelieferten Auflagern.

aa)

113

Der Sachverständige hat in seinem Gutachten (S. 13 f. = Bl. 192 f. d. A.) anschaulich dargestellt, dass die Ausgangsursache für die Lockerung der Ladung die Verwendung von ungeeigneten Material war. So führt der Sachverständige aus:

114

- „Ursächlich für den Verlust der beiden Turmsektoren und des Mastoberteils ... war letztendlich das Fehlen von geeigneten Transportböcken ... Die nicht sach- und fachgerechte Holzunterfütterung löste und / oder zerrieb sich in dem extremen Wetter.“

115

- „Im vorliegenden Falle und besonders unter Bedingungen „Winter Nordatlantik“ mit einem verhältnismäßig kleinen Schiff waren besondere Vorkehrungen zur Sicherung und Bettung der Ladung angezeigt. Eine Lagerung auf Hartholz hätte den Vorrang vor einer Lagerung auf Weichholz haben müssen.“

116

In seiner Anhörung hat der Sachverständige klargestellt:

117

„Vom Ablauf her war es so, dass die Auflagen nachgegeben haben, dadurch ist Lose in die Ketten gekommen.“

118

Aufgrund der fehlerhaften Auswahl des verwendeten Materials, aber auch aufgrund von Verarbeitungs- und Konstruktionsfehlern hat der Sachverständige die Hauptursache für den Verlust der Decksladung bei der K. GmbH angesiedelt:

119

„Im vorliegenden Fall war ... jedoch hauptsächlich die mangelhafte Verarbeitung des Bockes ... und die zu geringe Anzahl von Auflagerhölzern ... ursächlich für den Verlust der Decksladung.“

bb)

120

Lediglich begünstigt wurde der Ladungsverlust durch den Umstand, dass ein gefahrloses Nachzurren der verwendeten Ketten nicht möglich war und die Laschung fehlerhaft ausgeführt war (siehe oben).

cc)

121

Grundlegende Planungs-, Konstruktions- und Materialfehler im Aufbau wiegen nach Auffassung des Senats schwerer als situationsbedingte Fehler bei der Befestigung der Ladung auf einem vorgegeben System.

122

Es wäre Sache der K. GmbH gewesen, der Schiffsmannschaft ein geeignetes Gesamtkonzept an die Hand zu geben, z.B. besondere Anweisungen zu erteilen, wenn Schwächen der Konstruktion infolge des Einsatzes von ungeeignetem Weichholz durch spezielle Zurrsysteme oder andere Ladungssicherungen ausgeglichen werden müssen. Die K. GmbH konnte sich nicht darauf verlassen, dass die Schiffsbesatzung die Eignung des vorgegebenen Stauholzes in Frage stellt.

123

Umgekehrt hätte es der Mannschaft oblegen, etwaige Bedenken am Zurrsystem rechtzeitig zu äußern oder bei Zweifeln zur geeigneten und sicheren Anbringung der Ketten nachzufragen.

5.

124

Die Haftung der Beklagten ist der Höhe nach beschränkt.

a)

125

Grundsätzlich bestimmt sich der Umfang des vom Verfrachter gemäß § 606 Satz 2 HGB a.F. zu leistenden Schadensersatzes nach § 658 HGB a.F. Danach ist er insbesondere zum Ersatz des aufgrund des Verlustes der Kräne nebst Aufleger (bei schwerer See) entstandenen Schadens verpflichtet. Allerdings sieht 660 Abs. 1 HGB a.F. einen Haftungshöchstbetrag vor, der hier 326.000 SZR (= 2 Rechnungseinheiten * 163.000 kg, wobei auf jeden Kranturm [Nr. 3 und Nr. 5] jeweils 74.500 kg und auf das Headpiece 14.000 kg entfallen) entspricht.

b)

126

Die Beklagte hat ihr Recht auf Haftungsbeschränkung nach 660 Abs. 1 HGB a.F. nicht gemäß § 660 Abs. 3 HGB a.F. verloren. Der Schaden ist nicht auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen, die die Beklagte als Verfrachter leichtfertig und in dem Bewusstsein begangen hat, dass ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde. Dies hat das Landgericht mit zutreffenden Erwägungen festgestellt.

aa)

127

§ 660 Abs. 3 HGB a.F. verlangt - ebenso wie z.B. § 435 HGB - das Vorliegen von Leichtfertigkeit und das Bewusstsein von der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts. Erforderlich ist eine sich dem Handelnden aus seinem leichtfertigen Verhalten aufdrängende Erkenntnis, es werde wahrscheinlich ein Schaden entstehen. „Dabei reicht die Erfüllung des Tatbestandsmerkmals der Leichtfertigkeit für sich allein nicht aus, um auf das Bewusstsein von der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts schließen zu können. Eine solche Erkenntnis als innere Tatsache ist vielmehr erst dann anzunehmen, wenn das leichtfertige Verhalten nach seinem Inhalt und nach den Umständen, unter denen es aufgetreten ist, diese Folgerung rechtfertigt“ (BGH, Urteil vom 12. Januar 2012 - I ZR 214/10 -, Rn. 27, juris, m.w.N.). „Wer ... elementare Sorgfaltsvorkehrungen unterlässt, handelt in dem Bewusstsein, dass es wegen des Fehlens solcher Vorkehrungen zu einem Schadenseintritt kommen kann“ (BGH, Urteil vom 11. November 2004 - I ZR 120/02 -, Rn. 32, juris; ferner etwa BGH, Urteil vom 25. März 2004 - I ZR 205/01 -, BGHZ 158, 322-334, Rn. 38).

bb)

128

Die Voraussetzungen für den Wegfall der zugunsten des Frachtführers (hier des Verfrachters) bestehenden gesetzlichen oder vertraglichen Haftungsbegrenzungen hat die Klägerin darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen (BGH, Urteil vom 22. November 2007 - I ZR 74/05, BGHZ 174, 244 Rn. 25; Urteil vom 13. Januar 2011 - I ZR 188/08, TranspR 2011, 218 Rn. 15 = VersR 2011, 1161). Dies ist ihr nicht gelungen.

129

(1) Zunächst ist zu berücksichtigen, dass nach § 660 Abs. 3 HGB (anders als bei §§ 435, 428 HGB) nur ein qualifiziertes Verschulen des Verfrachters bzw. seiner Organe selbst zum Wegfall der Haftungsbeschränkung nach § 660 Abs. 1 HGB a.F. führt (BGH, Urteil vom 18. Juni 2009 - I ZR 140/06 -, BGHZ 181, 292-303, Rn. 34 ff.; ferner BGH, Urteil vom 29. Juli 2009 - I ZR 212/06 -, Rn. 29, juris). Der Beklagten kann deshalb nur ein etwaiges (eigenes) Organisationsverschulden angelastet werden, wenn sie zum einen sich selbst leichtsinnig der Erkenntnis verschlossen haben sollte, dass die Verladung und Sicherung der Kranelemente wie durchgeführt nicht den zu erwartenden Anforderungen genügt, und zum anderen selbst das Bewusstsein einer Schadenwahrscheinlichkeit hatte. Ob und ggf. welche Kenntnisse, Versäumnisse oder Schadenprognosen bei anderen Personen (Hilfspersonen) vorlagen, ist dagegen irrelevant. Auf Leichtfertigkeit oder Einschätzungen zu einem möglichen Schadeneintritt durch Mitarbeiter der L. Rostock, der K. GmbH oder der Schiffsbesatzung kommt es nicht an. Abzustellen ist nicht auf Fehler oder Versäumnisse beim Verladevorgang am 16.12.2009, mit dem die Organe der Beklagten nicht befasst waren, sondern auf die Frage, ob die Beklagte gebotene Weisungen oder Überwachungen unterlassen hat.

130

(2) Ein leichtfertiges Handeln der Organe der Beklagten kann nicht angenommen werden.

131

(a) Zwar hat der BGH entschieden, dass es für ein grobes Organisationsverschulden spricht, wenn ein Schiff den Hafen mit unzureichend gesicherter Ladung verlässt. Der Verfrachter muss dann im Einzelnen vortragen, was er zur Vermeidung des konkret eingetretenen Schadens unternommen hat. Erheblich ist etwa, welche organisatorischen Maßnahmen er selbst bzw. die für ihn handelnden Organe ergriffen haben, um Verladungsfehler zu verhindern. Kommt der Verfrachter der ihm obliegenden Darlegungslast nicht nach, erstreckt sich die Vermutung eines groben Organisationsverschuldens auch auf das Verhalten seiner Organe (BGH, Urteil vom 29. Juli 2009 - I ZR 212/06 -, Rn. 40, juris BGH, Urteil vom 08. Mai 2002 - I ZR 34/00 -, Rn. 24 ff., juris).

132

So liegt der Fall hier jedoch nicht. Die Beklagte ist ihrer sekundären Darlegungslast nachgekommen, auch wenn sie nicht im Einzelnen vorgetragen hat, wie der Verladetermin am 16.12.2009 ablief und welche Maßnahmen wer konkret veranlasst bzw. angewiesen, ausgeführt und abgenommen hat. Zunächst hatte die Beklagte gegenüber der Klägerin keinen Informationsvorsprung. Einzelheiten zur Verladung konnte die Versicherungsnehmerin der Klägerin bei der L. Rostock bzw. K.-GmbH selbst abfragen. Weiterhin hat die Beklagte zum Schadenhergang Recherchen angestellt und der Klägerin die erlangten Informationen zugänglich gemacht.

133

(b) Leichtfertigkeit kann nur bei besonders schweren Pflichtverstößen bejahrt werden. Die Beklagte müsste sich in krasser Weise über die (Sicherheits-)Interessen der Versicherungsnehmerin der Klägerin hinweggesetzt haben, etwa weil sie „elementare Schutzvorkehrungen“ unterlassen hat (siehe etwa Koller, Transportrecht, 9. Aufl. [2016], § 435 HGB Rn. 6 m.w.N.). Dies ist hier nicht der Fall.

134

(aa) Unstreitig hat die Beklagte schon mehrere Fahrten mit vergleichbarer Ladung und Sicherung vorgenommen, ohne dass es zu einem Schadeneintritt gekommen ist.

135

(bb) Allein der Umstand, dass es zwei Monate vor dem streitgegenständlichen Ladungsverlust bereits einen Schadenfall beim Seetransport eines Krans gegeben hat, genügt nicht, ein qualifiziertes Organisationsverschulden der Beklagten zu begründen.

136

Zunächst sind die beiden Seetransporte nicht vergleichbar. Beim Schadenfall im Oktober 2009 (Gegenstand des Verfahrens zur beigezogenen Gerichtsakte 6 U 24/13) war nicht die A. CV, sondern eine andere Reederei beauftragt. Das streitgegenständliche Verfahren betrifft darüber hinaus sowohl ein anderes Schiff als auch eine andere Schiffsbesatzung als im Parallelfall. Anhaltspunkte für die Annahme, dass die Organe der Beklagten eine Wiederholung etwaiger Fehler der Besatzung der „A... C...“ (Schiff aus dem Parallelverfahren) und der Besatzung der „ARA Z...“ befürchten mussten, sind nicht dargelegt.

137

Fernerhin ist für die Beurteilung des Pflichtenverstoßes nicht der heutige Kenntnisstand („ex post“) aufgrund zwischenzeitlich eingeholter Sachverständigengutachten maßgebend. Vielmehr ist auf den Zeitpunkt der Handlung oder Unterlassung abzustellen. Nicht ersichtlich ist, dass die Beklagte sich vor der Verladung am 16.12.2009 leichtfertig der Erkenntnis verschlossen hat, dass die zum Schadensereignis im Oktober 2009 führenden Ursachen beim streitgegenständlichen Transport erneut vorliegen könnten. Anhaltspunkte dafür, dass bereits kurze Zeit nach dem ersten Schadenereignis

138

- konkreter und ernsthafter Anlass bestand, das Sicherungskonzept nicht nur innerhalb der eigenen Organisation, sondern auch mit Wirkung für die Nebenintervenientinnen grundsätzlich neu zu gestalten bzw. wenigstens anzupassen, und

139

- ausreichend Zeit für die ggf. erforderliche Planung und Umsetzung vorhanden war, die ggf. zu ergreifenden Maßnahmen umzusetzen,

140

hat die Klägerin nicht vorgetragen.

141

Das Landgericht hat am 22.07.2014 (Bl. 132 d. A.) dementsprechend darauf hingewiesen, dass konkret dargelegt werden müsste, welche Erkenntnisse zu welchem Zeitpunkt vorlagen und von der Beklagten hätten berücksichtigt werden müssen. Daraufhin hat die Klägerin nur pauschal vorgetragen, es hätte eine Prüfungspflicht der Beklagten bestanden, weil der Transport im Schadensfall „A...“ in derselben Art und Weise vorgenommen worden sei. Aus diesem Vortrag ergibt sich aber nicht, aufgrund welcher konkreten Tatsachen ein Rückschluss auf Leichtfertigkeit der Organe der Beklagten gezogen werden soll. So ist bereits nicht dargelegt, woraus sich im Einzelnen eine Vergleichbarkeit der beiden Transporte mit ihren jeweiligen Schadenereignissen herleiten soll. Nicht vorgetragen ist z.B., welche Erkenntnisse bei der Beklagten zur Schadenursache vorlagen, insbesondere ob bei ihr Zweifel zur praktizierten Sicherung der Ladung durch Ketten hätten aufkommen müssen. Der Schadenfall im Oktober war vielmehr im Dezember 2009 noch nicht aufgeklärt:

142

- Offenbar wurde der Schaden im Oktober 2009 zunächst den schwierigen Wetterbedingungen (Sturm auf der Nordsee) und Versäumnissen der Schiffscrew (des Kapitäns) zugeordnet (siehe auch Gutachten von Herrn K. vom 14.11.2011, Bl. 213 d. BA).

143

- Beanstandungen zur Ladungssicherung wurden durch den Sachverständigen St. erst im Bericht vom 17.03.2010 erhoben (Bl. 6 ff. d. BA). Die Kausalität einer etwaigen unzureichenden Stauung / Laschung der Sendung war genauso streitig (Bl. 82 d. BA) wie die Beantwortung der Frage, wer - auch aufgrund der Einschaltung der K. GmbH - für die Ladungssicherung (etwa die Anbringung von Zurrpunkten) verantwortlich war.

144

- Es gab Stellungnahmen, die zu dem Ergebnis gelangten, dass die Laschung ordnungsgemäß erfolgt und das von der K. GmbH gestellte Stauholz unzureichend war (Bl. 104 d. BA).

145

- Erst im Laufe des Rechtsstreits zu 419 HKO 89/10 (lange nach dem hier streitgegenständlichen Ereignis) erhärtete sich der Verdacht, dass die auf dem Schiff „A...“ vorgenommene Ladungssicherung nicht fachgerecht erfolgt sein könnte (siehe etwa Anhörung von Herrn K. am 16.04.2012, Bl. 209 ff. d. BA).

146

(3) Zumindest ungewiss ist, ob die Organe der Beklagten erkannt haben, dass wahrscheinlich ein Schaden eintreten kann. Aus welchen Umständen ein entsprechendes Bewusstsein aufgrund des Schadensereignisses aus dem Oktober 2009 abgeleitet werden soll, ist nicht dargelegt. Wenn eine Vielzahl von Transporten zuvor reibungslos verliefen und kurz nach dem ersten Schadenereignis noch keine gesicherten Erkenntnisse zu notwendigen Organisationsanpassungen bestanden, kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich die Organe der Beklagten im Dezember 2009 noch keine Gedanken über die Möglichkeit eines weiteren Schadeneintritts gemacht haben.

6.

147

Streitig ist zwischen den Parteien die Beurteilung der Frage, wie die Haftungsquote unter Berücksichtigung des Haftungshöchstbetrages zu berechnen bzw. von welchem Ausgangswert auszugehen ist. Während die Klägerin meint, es sei anhand des tatsächlichen Schadens (€ 2.242.873,40) zuerst die Quote zu bilden und anschließend § 660 Abs. 1 HGB a.F. abzuwenden, so dass hier der Höchstbetrag zu zahlen sei, hat das Landgericht die Quotelung anhand des gemäß § 660 Abs. 1 HGB ermittelten Wertes vorgenommen und unter Annahme einer Haftungsteilung eine Zahlungsverpflichtung der Beklagten lediglich in Höhe des halben Haftungshöchstbetrages bejaht. Der Auffassung des Landgerichts ist nicht zu folgen (so auch Bahnsen, in Rabe/Bahnsen, Seehandelsrecht, 5. Aufl. (2018), § 504 Rn. 49). Es ist vielmehr system- und sachgerecht, den zu ersetzenden Schaden festzustellen, anschließend eine Minderung der Ersatzpflicht über § 254 BGB zu berücksichtigen und erst dann das Korrektiv der Ersatzgrenze heranzuziehen.

a)

148

In vergleichbaren Fällen entspricht es allgemeiner Meinung, dass die Anwendung von § 254 BGB zu einer Quotelung des entstandenen Schadens und nicht der Haftungshöchstsumme führt. So wird die in Art. 23 Abs. 3 CMR genannte Haftungshöchstsumme nicht gequotelt (Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, Urteil vom 16. Juli 2008 - 5 U 34/08 - 3 -, Rn. 42 ff., juris; OLG Koblenz, Urteil vom 20. Mai 2010 - 5 U 1443/09 -, Rn. 13, juris; Koller, Transportrecht, 9. Aufl. [2016], Art. 23 CMR Rn. 8; Reuschle in: Staub, HGB, 5. Aufl. 2017, Artikel 23 Rn. 73; EBJS/Boesche, CMR Art. 23 Rn. 21, beck-online; Jesser-Uß in Münchener Kommentar: Handelsgesetzbuch - Transportrecht, 3. Aufl. [2014], Art. 23 CMR Rn. 18). Des Weiteren wird die Haftungsbeschränkung nach § 504 HGB erst berücksichtigt, wenn die von dem Verfrachter zu leistende Entschädigung - unter Berücksichtigung eines anspruchskürzenden Mitverschuldens - ermittelt wurde (Bahnsen, in Rabe/Bahnsen, Seehandelsrecht, 5. Aufl. (2018), § 504 Rn. 49).

b)

149

Es besteht keine Veranlassung bei einem Zusammentreffen von §§ 606 Satz 2 und 608 Abs. 1 Nr. 5 HGB a.F. den Haftungsbetrag nach § 660 Abs. 1 HGB a.F. in entsprechender Anwendung des § 254 BGB zu reduzieren.

aa)

150

§ 254 BGB knüpft nach seinem Wortlaut an den (tatsächlichen) Schaden an. Dies gilt auch für §§ 606 Satz 2 und 608 Abs. 1 Nr. 5 HGB (a.F.). Mit dem Wort „Schaden“ ist in diesen Vorschriften - genauso wie in den ähnlich formulierten Art. 17 Abs. 1 und 5 CMR - der (Gesamt-)Schaden angesprochen, der bei einem vollständigen oder teilweisen Verlust der Ware entsteht.

bb)

151

Der Sinn und Zweck von § 660 Abs. 1 HGB a.F. gebietet es (insbesondere bei großen Schadensereignissen) nicht, den allgemeinen zivilrechtlichen Grundsatz einer unbeschränkten Haftung zugunsten des Verfrachters weiter einzuschränken und - vorbehaltlich einer Anwendung von § 660 Abs. 3 HGB a.F. - nicht nur eine Höchstbetragshaftung anzunehmen, sondern darüber hinaus die Höchstbetragshaftung noch weiter unter Anwendung von § 254 BGB zu reduzieren.

152

Die Höchsthaftungssumme gemäß § 660 Abs. 1 HGB a.F. enthält bereits eine Privilegierung; der Verfrachter soll vor einer wirtschaftlich unzumutbaren Inanspruchnahme geschützt werden (BGH, Urteil vom 30. Januar 1981 - I ZR 18/79 -, BGHZ 79, 302 - 307, Rn. 12 zu Art. 23 Abs. 3 CMR).

153

Würde nun der schon reduzierte Haftungsumfang Grundlage für die Quotelung nach § 254 BGB sein, so würde der ohnehin schon begünstigte Verfrachter eine weitere - nicht gerechtfertigte - Haftungserleichterung erfahren (Bahnsen, in Rabe/Bahnsen, Seehandelsrecht, 5. Aufl. (2018), § 504 Rn. 49).

154

Eine solche widerspricht indes der im Regelfall herrschenden unbeschränkten Haftung des Schädigers. Eine Haftungsbegrenzung kann nur angenommen werden, wenn sie gesetzlich oder vertraglich (wirksam) vorgesehen ist. Fehlt es an einer hinreichend deutlichen Regelung, kann nicht über eine entsprechende Anwendung von § 254 BGB der Verfrachter über die Haftungshöchstsumme einseitig zu Lasten des Geschädigten begünstigt werden.

c)

155

Bei Zugrundelegung der Haftungsquote von „70 Prozent zu 30 Prozent“ (siehe oben) bleibt es damit bei der Haftung der Beklagten auf den Höchstsummenbetrag im Sinne von § 660 Abs. 1 HGB (a.F.). Wird als Ausgangswert der von der Klägerin angegebene tatsächliche Schaden mit € 2.242.873,40 zugrunde gelegt, ergibt sich bei einem Haftungsanteil der Beklagten von 30 Prozent ein Schadenbetrag von € 672.862,02 €, der deutlich über der von der Beklagten zu zahlenden Haftungshöchstsumme liegt.

II.

156

Die zulässige Anschlussberufung der Beklagten ist insofern begründet, als von dem der Klägerin zustehenden Haftungshöchstbetrag nicht nur ein Betrag von € 20.538,09, sondern ein Betrag von € 28.753,32 in Abzug zu bringen ist.

1.

157

Die von der Beklagten erklärte Hilfsaufrechnung greift in Höhe von € 28.753,32 durch. Über diesen Betrag hinausgehende Gegenforderungen kann die Beklagte nicht geltend machen.

158

Die vom Landgericht angenommenen Gegenforderungen der Beklagten in Höhe von insgesamt € 20.538,09 werden von der Klägerin in ihrer Berufungsbegründung nicht angegriffen. Allerdings meint die Beklagte in ihrer Berufungserwiderung bzw. Anschlussberufung, das Landgericht habe den Vortrag der Beklagten bzw. Nebenintervenientin nicht ausreichend berücksichtigt und Beweisantritte unberücksichtigt gelassen, so dass weitere Forderungspositionen in Abzug zu bringen seien. Dieser knappe Vortrag genügt nicht, Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil zu begründen oder eine erhebliche Rechtsverletzung aufzuzeigen (§ 520 Abs. 3 Nr. 2 und 3 ZPO). Nicht benannt wird, zu welcher der Schadensersatzpositionen bzw. zu welchen konkreten Tatsachen welcher Beweis in erheblicher Weise übergangen worden sein soll. Das Landgericht hat diverse der geltend gemachten Schadenpositionen als nicht substantiiert und schlüssig angesehen. Hierauf geht die Anschlussberufung nicht (näher) ein.

159

Allerdings ist eine Korrektur der vom Landgericht vorgenommenen Berechnung vorzunehmen. Während das Landgericht die berechtigten Gegenforderungen der Beklagten (€ 41.076,17) aufgrund einer Haftungsquote von 50 zu 50 Prozent auf einen Betrag in Höhe von € 20.538,09 halbiert hat, nimmt der Senat eine Haftungsquote von 70 zu 30 Prozent an (siehe oben), so dass sich ein Aufrechnungsbetrag von € 28.753,32 ergibt (= € 41.076,17 * 70/100).

2.

160

Der in der Anschlussberufung geltend gemachte Anspruch auf Zahlung von € 65.728,78 nebst Zinsen ist nicht gegeben. Die von der Beklagten geltend gemachten Gegenforderungen sind - wenn und soweit sie berechtigt sind - durch Aufrechnung erloschen.

III.

161

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97, 92 Abs. 1, 101 ZPO.

162

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708, 711 ZPO.

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(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit e

Zivilprozessordnung - ZPO | § 520 Berufungsbegründung


(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen. (2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 254 Mitverschulden


(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 278 Verantwortlichkeit des Schuldners für Dritte


Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwen

Handelsgesetzbuch - HGB | § 435 Wegfall der Haftungsbefreiungen und -begrenzungen


Die in diesem Unterabschnitt und im Frachtvertrag vorgesehenen Haftungsbefreiungen und Haftungsbegrenzungen gelten nicht, wenn der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen ist, die der Frachtführer oder eine in § 428 genannte Person

Handelsgesetzbuch - HGB | § 428 Haftung für andere


Der Frachtführer hat Handlungen und Unterlassungen seiner Leute in gleichem Umfange zu vertreten wie eigene Handlungen und Unterlassungen, wenn die Leute in Ausübung ihrer Verrichtungen handeln. Gleiches gilt für Handlungen und Unterlassungen anderer

Handelsgesetzbuch - HGB | § 606 Zweijährige Verjährungsfrist


Folgende Ansprüche verjähren in zwei Jahren:1.Schadensersatzansprüche wegen Tod oder Körperverletzung eines Fahrgasts oder wegen Verlust, Beschädigung oder verspäteter Aushändigung von Gepäck, soweit die Ansprüche den Vorschriften dieses Buches unter

Handelsgesetzbuch - HGB | § 607 Beginn der Verjährungsfristen


(1) Die Verjährungsfrist für die in § 605 Nummer 1 genannten Ansprüche beginnt mit dem Tag, an dem das Gut abgeliefert wurde, oder, wenn das Gut nicht abgeliefert wurde, mit dem Tag, an dem das Gut hätte abgeliefert werden müssen. Handelt es sich um

Handelsgesetzbuch - HGB | § 504 Haftungshöchstbetrag bei Güterschäden


(1) Die nach den §§ 502 und 503 zu leistende Entschädigung wegen Verlust oder Beschädigung ist auf einen Betrag von 666,67 Rechnungseinheiten für das Stück oder die Einheit oder einen Betrag von 2 Rechnungseinheiten für das Kilogramm des Rohgewichts

Handelsgesetzbuch - HGB | § 608 Hemmung der Verjährung


Die Verjährung der in den §§ 605 und 606 genannten Ansprüche wird auch durch eine Erklärung des Gläubigers, mit der dieser Ersatzansprüche erhebt, bis zu dem Zeitpunkt gehemmt, in dem der Schuldner die Erfüllung des Anspruchs ablehnt. Die Erhebung de

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Referenzen

Folgende Ansprüche verjähren in zwei Jahren:

1.
Schadensersatzansprüche wegen Tod oder Körperverletzung eines Fahrgasts oder wegen Verlust, Beschädigung oder verspäteter Aushändigung von Gepäck, soweit die Ansprüche den Vorschriften dieses Buches unterworfen sind;
2.
Schadensersatzansprüche aus dem Zusammenstoß von Schiffen oder aus einem unter § 572 fallenden Ereignis;
3.
Ansprüche auf Bergelohn, auf Sondervergütung und auf Bergungskosten;
4.
Ansprüche wegen der Beseitigung eines Wracks.

(1) Die Verjährungsfrist für die in § 605 Nummer 1 genannten Ansprüche beginnt mit dem Tag, an dem das Gut abgeliefert wurde, oder, wenn das Gut nicht abgeliefert wurde, mit dem Tag, an dem das Gut hätte abgeliefert werden müssen. Handelt es sich um Ansprüche aus einem Reisefrachtvertrag, ist auf das Gut abzustellen, das am Ende der letzten Reise abgeliefert wurde oder hätte abgeliefert werden müssen.

(2) Abweichend von Absatz 1 beginnt die Verjährungsfrist für Rückgriffsansprüche des Schuldners eines in § 605 Nummer 1 genannten Anspruchs mit dem Tag des Eintritts der Rechtskraft des Urteils gegen den Rückgriffsgläubiger oder, wenn kein rechtskräftiges Urteil vorliegt, mit dem Tag, an dem der Rückgriffsgläubiger den Anspruch befriedigt hat. Satz 1 gilt nicht, wenn der Rückgriffsschuldner innerhalb von drei Monaten, nachdem der Rückgriffsgläubiger Kenntnis von dem Schaden und der Person des Rückgriffsschuldners erlangt hat, nicht über diesen Schaden unterrichtet wurde.

(3) Die Verjährungsfrist für die in § 605 Nummer 2 genannten Ansprüche aus Schiffsüberlassungsverträgen beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Auf die Verjährung von Rückgriffsansprüchen des Schuldners eines Anspruchs aus einem Zeitchartervertrag ist Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(4) Die Verjährungsfrist für die in § 605 Nummer 3 und 4 genannten Ansprüche beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist.

(5) Die Verjährungsfrist für die in § 606 Nummer 1 genannten Schadensersatzansprüche beginnt wie folgt:

1.
für Ansprüche wegen Körperverletzung eines Fahrgasts mit dem Tag der Ausschiffung des Fahrgasts;
2.
für Ansprüche wegen des Todes eines Fahrgasts mit dem Tag, an dem der Fahrgast hätte ausgeschifft werden sollen, oder, wenn der Tod nach der Ausschiffung eingetreten ist, mit dem Tag des Todes, spätestens jedoch ein Jahr nach der Ausschiffung des Fahrgasts;
3.
für Ansprüche wegen Verlust, Beschädigung oder verspäteter Auslieferung von Gepäck mit dem Tag der Ausschiffung oder mit dem Tag, an dem die Ausschiffung hätte erfolgen sollen, je nachdem, welches der spätere Zeitpunkt ist.

(6) Die Verjährungsfrist für die in § 606 Nummer 2 genannten Schadensersatzansprüche aus einem Zusammenstoß von Schiffen oder aus einem unter § 572 fallenden Ereignis beginnt mit dem den Schaden auslösenden Ereignis.

(7) Die Verjährungsfrist für die in § 606 Nummer 3 und 4 genannten Ansprüche beginnt mit Beendigung der Bergungs- oder Wrackbeseitigungsmaßnahmen. Auf die Verjährung von Rückgriffsansprüchen des Schuldners dieser Ansprüche ist Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

Die Verjährung der in den §§ 605 und 606 genannten Ansprüche wird auch durch eine Erklärung des Gläubigers, mit der dieser Ersatzansprüche erhebt, bis zu dem Zeitpunkt gehemmt, in dem der Schuldner die Erfüllung des Anspruchs ablehnt. Die Erhebung der Ansprüche sowie die Ablehnung bedürfen der Textform. Eine weitere Erklärung, die denselben Ersatzanspruch zum Gegenstand hat, hemmt die Verjährung nicht erneut.

Folgende Ansprüche verjähren in zwei Jahren:

1.
Schadensersatzansprüche wegen Tod oder Körperverletzung eines Fahrgasts oder wegen Verlust, Beschädigung oder verspäteter Aushändigung von Gepäck, soweit die Ansprüche den Vorschriften dieses Buches unterworfen sind;
2.
Schadensersatzansprüche aus dem Zusammenstoß von Schiffen oder aus einem unter § 572 fallenden Ereignis;
3.
Ansprüche auf Bergelohn, auf Sondervergütung und auf Bergungskosten;
4.
Ansprüche wegen der Beseitigung eines Wracks.

(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.

Folgende Ansprüche verjähren in zwei Jahren:

1.
Schadensersatzansprüche wegen Tod oder Körperverletzung eines Fahrgasts oder wegen Verlust, Beschädigung oder verspäteter Aushändigung von Gepäck, soweit die Ansprüche den Vorschriften dieses Buches unterworfen sind;
2.
Schadensersatzansprüche aus dem Zusammenstoß von Schiffen oder aus einem unter § 572 fallenden Ereignis;
3.
Ansprüche auf Bergelohn, auf Sondervergütung und auf Bergungskosten;
4.
Ansprüche wegen der Beseitigung eines Wracks.

Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.

Folgende Ansprüche verjähren in zwei Jahren:

1.
Schadensersatzansprüche wegen Tod oder Körperverletzung eines Fahrgasts oder wegen Verlust, Beschädigung oder verspäteter Aushändigung von Gepäck, soweit die Ansprüche den Vorschriften dieses Buches unterworfen sind;
2.
Schadensersatzansprüche aus dem Zusammenstoß von Schiffen oder aus einem unter § 572 fallenden Ereignis;
3.
Ansprüche auf Bergelohn, auf Sondervergütung und auf Bergungskosten;
4.
Ansprüche wegen der Beseitigung eines Wracks.

Die Verjährung der in den §§ 605 und 606 genannten Ansprüche wird auch durch eine Erklärung des Gläubigers, mit der dieser Ersatzansprüche erhebt, bis zu dem Zeitpunkt gehemmt, in dem der Schuldner die Erfüllung des Anspruchs ablehnt. Die Erhebung der Ansprüche sowie die Ablehnung bedürfen der Textform. Eine weitere Erklärung, die denselben Ersatzanspruch zum Gegenstand hat, hemmt die Verjährung nicht erneut.

Folgende Ansprüche verjähren in zwei Jahren:

1.
Schadensersatzansprüche wegen Tod oder Körperverletzung eines Fahrgasts oder wegen Verlust, Beschädigung oder verspäteter Aushändigung von Gepäck, soweit die Ansprüche den Vorschriften dieses Buches unterworfen sind;
2.
Schadensersatzansprüche aus dem Zusammenstoß von Schiffen oder aus einem unter § 572 fallenden Ereignis;
3.
Ansprüche auf Bergelohn, auf Sondervergütung und auf Bergungskosten;
4.
Ansprüche wegen der Beseitigung eines Wracks.

(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

Folgende Ansprüche verjähren in zwei Jahren:

1.
Schadensersatzansprüche wegen Tod oder Körperverletzung eines Fahrgasts oder wegen Verlust, Beschädigung oder verspäteter Aushändigung von Gepäck, soweit die Ansprüche den Vorschriften dieses Buches unterworfen sind;
2.
Schadensersatzansprüche aus dem Zusammenstoß von Schiffen oder aus einem unter § 572 fallenden Ereignis;
3.
Ansprüche auf Bergelohn, auf Sondervergütung und auf Bergungskosten;
4.
Ansprüche wegen der Beseitigung eines Wracks.

Die in diesem Unterabschnitt und im Frachtvertrag vorgesehenen Haftungsbefreiungen und Haftungsbegrenzungen gelten nicht, wenn der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen ist, die der Frachtführer oder eine in § 428 genannte Person vorsätzlich oder leichtfertig und in dem Bewußtsein, daß ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde, begangen hat.

27
aa) Das Tatbestandsmerkmal der Leichtfertigkeit erfordert einen besonders schweren Pflichtenverstoß, bei dem sich der Frachtführer oder seine Leute im Sinne von § 428 Abs. 2 HGB in krasser Weise über die Sicherheitsinteressen des Vertragspartners hinwegsetzen. Das subjektive Erfordernis des Bewusstseins von der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts ist eine sich dem Handelnden aus seinem leichtfertigen Verhalten aufdrängende Erkenntnis, es werde wahrscheinlich ein Schaden entstehen. Dabei reicht die Erfüllung des Tatbestandsmerkmals der Leichtfertigkeit für sich allein nicht aus, um auf das Bewusstsein von der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts schließen zu können. Eine solche Erkenntnis als innere Tatsache ist vielmehr erst dann anzunehmen , wenn das leichtfertige Verhalten nach seinem Inhalt und nach den Umständen, unter denen es aufgetreten ist, diese Folgerung rechtfertigt (BGH, Urteil vom 6. Juni 2007 - I ZR 121/04, TranspR 2007, 423 Rn. 17 = VersR 2008, 1134; BGH, TranspR 2011, 218 Rn. 19).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 120/02 Verkündet am:
11. November 2004
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 11. November 2004 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann
und die Richter Prof. Dr. Bornkamm, Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Bergmann

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 12. Zivilsenats in Darmstadt des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 14. März 2002 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin ist Transportversicherer der m. AG (im folgenden : Versicherungsnehmerin). Sie nimmt die Beklagte, die einen Paketbeförderungsdienst betreibt, aus übergegangenem und abgetretenem Recht ihrer Versicherungsnehmerin wegen des Verlusts von Transportgut in 28 Fällen auf Schadensersatz in Anspruch.

Die Versicherungsnehmerin beauftragte die Beklagte seit 1991 in großem Umfang mit der Besorgung des Transports hochwertiger Elektronikartikel. Die im Streitfall in Rede stehenden Aufträge betrafen die Beförderung von Paketsendungen innerhalb Deutschlands in der Zeit von November 1997 bis Dezember 1998. Sie erfolgten auf der Grundlage eines an die Versicherungsnehmerin übersandten, mit "Preisvereinbarung" überschriebenen und von der Versicherungsnehmerin unterzeichneten Schreibens der Beklagten vom 3. Februar 1997, in dem die Beklagte der Versicherungsnehmerin die Einräumung eines Einheitstarifs für Sendungen im nationalen "U. Standard Service" bestätigte. Die Ziffer 6 des Schreibens hatte folgenden Wortlaut:
"Der Kunde erklärt sein ausdrückliches Einverständnis damit, daß eine Kontrolle des Transportweges durch schriftliche Ein- und Ausgangsdokumentation an den einzelnen Umschlagstellen von U. nicht durchgeführt wird."
Allen Verträgen lagen die Beförderungsbedingungen der Beklagten - zuletzt : Stand 2/98 - zugrunde, die die ADSp (a.F.) einschlossen und Regelungen zum Haftungsumfang unter anderem für den Fall enthielten, daß der Versender keine Wertangabe gemacht hatte. Gemäß der Ziffer 10 der Beförderungsbedingungen galten die vorgesehenen Haftungsbeschränkungen nicht bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit.
Die Versicherungsnehmerin hatte in allen Schadensfällen den Wert der Sendung nicht angegeben. Die Beklagte hat daher ihre Ersatzleistung unter Berufung auf ihre Beförderungsbedingungen auf 1.000 DM je Sendung beschränkt.
Die Klägerin hat die Beklagte auf Zahlung von 127.976,69 DM in Anspruch genommen. Sie hat hierzu behauptet, sie habe in dieser Höhe den durch die Zahlungen der Beklagten nicht abgedeckten Restschaden ihrer Versicherungsnehmerin reguliert, und die Auffassung vertreten, die Beklagte hafte für die eingetretenen Verluste unbeschränkt. Ihr falle ein grobes Organisationsverschulden zur Last, da sie an den Umschlagstellen der Pakete keine Ein- und Ausgangskontrollen durchgeführt habe.
Die Beklagte hat demgegenüber die Auffassung vertreten, die Geltendmachung vollen Schadensersatzes verstoße im Hinblick auf das Unterlassen einer Wertangabe und den erklärten Verzicht auf eine Kontrolle des Transportweges durch schriftliche Ein- und Ausgangsdokumentation sowie deshalb gegen Treu und Glauben, weil die Versicherungsnehmerin die Geschäftsbeziehung mit der Beklagten fortgesetzt habe, obwohl sie die in deren Betrieb bestehende Organisationsstruktur gekannt habe. Jedenfalls aber stelle das Unterlassen einer Wertangabe ein Mitverschulden dar, weil die Beklagte dadurch bedingt keine besonderen Sicherungsmaßnahmen für die Pakete habe treffen können.
Das Berufungsgericht hat die vor dem Landgericht i.H. von 99.157,83 DM nebst Zinsen erfolgreiche Klage für i.H. von 45.151,99 € (= 88.309,62 DM) nebst Zinsen begründet erachtet.
Hiergegen richtet sich die (vom Berufungsgericht zugelassene) Revision der Beklagten, mit der diese ihren Antrag auf vollständige Abweisung der Klage weiterverfolgt. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat der Klägerin in den 21 Schadensfällen, in denen es einen Verlust des Transportguts im Obhutsbereich der Beklagten bejaht hat, aus gemäß § 67 VVG übergegangenem Recht der Versicherungsnehmerin einen Anspruch auf Schadensersatz aus § 429 Abs. 1, § 430 Abs. 3, § 413 Abs. 1 Satz 1 HGB (in der bis zum 30. Juni 1998 geltenden Fassung, im folgenden : HGB a.F.), § 461 Abs. 1, § 435 HGB i.V. mit Ziffer 10 der Beförderungsbedingungen der Beklagten zuerkannt. Hierzu hat es ausgeführt:
Die Beklagte könne sich nicht mit Erfolg auf die Haftungsbeschränkungen in ihren Beförderungsbedingungen berufen, weil der Verlust der Pakete auf ihrem als grob fahrlässig anzusehenden pflichtwidrigen Unterlassen von Ein- und Ausgangskontrollen an den Schnittstellen beruhe. Die Verpflichtung zur Durchführung solcher Kontrollen sei auch nicht durch den von der Versicherungsnehmerin erklärten Verzicht auf eine Kontrolle des Transportweges durch schriftliche Ein- und Ausgangsdokumentation an den einzelnen Schnittstellen entfallen. Die von der Beklagten verwendete Klausel bedeute nach der kundenfeindlichsten Auslegung nicht nur einen Verzicht auf die schriftliche Dokumentation durchgeführter Kontrollen, sondern einen Verzicht auf diese selbst. Damit sei die Klausel unwirksam, weil sie den Kunden unangemessen benachteilige. Eine Haftungsbegrenzung lasse sich auch nicht aus den Zwängen der Massenbeförderung herleiten. Gegen die Schadensursächlichkeit des Organisationsmangels sprechende Umstände habe die Beklagte nicht dargelegt.
Ein haftungsminderndes Mitverschulden der Klägerin, weil diese die Versicherungsnehmerin nicht auf die mangelhafte Organisation der Beklagten hingewiesen habe, komme nicht in Betracht. Ein Mitverschulden der Versiche-
rungsnehmerin wegen der unterlassenen Wertdeklaration habe das Landgericht zu Recht verneint. Allerdings liege ein schadensursächliches Mitverschulden der Versicherungsnehmerin darin, daß diese der Beklagten einen Teil der in Rede stehenden Beförderungsaufträge erteilt habe, obwohl sie gewußt habe oder hätte wissen müssen, daß es aufgrund grober Organisationsmängel im Betrieb der Beklagten zu Verlusten gekommen sei. Aus diesem Grund sei der Schadensersatzanspruch der Klägerin in fünf der im Obhutsbereich der Beklagten eingetretenen Verlustfälle um einen Mitverursachungsanteil von 50 % zu kürzen.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Beklagten hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1. Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, daß sich die Voraussetzungen einer vertraglichen Haftung der Beklagten für diejenigen Verlustfälle , die vor dem 1. Juli 1998 eingetreten sind oder zu denen es im Rahmen von vor diesem Stichtag begründeten Schuldverhältnissen gekommen ist, nach § 429 Abs. 1 HGB a.F. richten (vgl. BGH, Urt. v. 16.7.1998 - I ZR 44/96, TranspR 1999, 19, 21 = VersR 1999, 254; BGHZ 149, 337, 344 f.; BGH, Urt. v. 13.2.2003 - I ZR 128/00, TranspR 2003, 255, 256 f. = VersR 2003, 1017). Es ist dabei - ohne dies näher auszuführen - mit Recht und von der Revision auch unbeanstandet davon ausgegangen, daß die Beklagte von der Versicherungsnehmerin als Fixkostenspediteurin i.S. von § 413 Abs. 1 HGB a.F. beauftragt worden ist und daß sich ihre Haftung daher grundsätzlich nach den Bestimmungen über die Haftung des Frachtführers (§ 429 HGB a.F.) und - aufgrund vertraglicher Einbeziehung - ihren Beförderungsbedingungen sowie den Bestimmungen der ADSp a.F. beurteilt. Aber auch in den Fällen, in denen die Versicherungsnehmerin die Transportaufträge der Beklagten nach dem 1. Juli 1998
erteilt hat, an dem das Gesetz zur Neuregelung des Fracht-, Speditions- und Lagerrechts (Transportrechtsreformgesetz - TRG) vom 25. Juni 1998 (BGBl. I S. 1588) in Kraft getreten ist, bestimmt sich die Haftung der Beklagten - anders als das Berufungsgericht angenommen hat - grundsätzlich nach den nunmehr geltenden Bestimmungen über die Haftung des Frachtführers (§§ 425 ff. HGB) und den Beförderungsbedingungen der Beklagten. Diese ist von der Versicherungsnehmerin auch hier als Fixkostenspediteurin (§ 459 HGB) beauftragt worden.
2. Im Ergebnis ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte hafte in allen im Revisionsverfahren noch in Rede stehenden Verlustfällen für den eingetretenen Schaden unbeschränkt.

a) Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, daß die Beklagte unbeschränkt hafte, weil der Verlust der Pakete auf grober Fahrlässigkeit der Beklagten beruhe. Das Landgericht habe überzeugend begründet, daß die Beklagte ein grobes Organisationsverschulden treffe, weil sie auf Ein- und Ausgangskontrollen an den Schnittstellen generell verzichte. Es fehle damit nämlich an einem ausreichenden Überblick über den Lauf und den Verbleib der auf der Umschlagstation ein- und abgehenden Sendungen und es könne daher nach einer außer Kontrolle geratenen Sendung nicht gezielt gesucht werden. Das pflichtwidrige Unterlassen von Ein- und Ausgangskontrollen sei eine besonders grobe Verletzung der einem Spediteur obliegenden Pflicht zu sorgfältiger Behandlung des ihm anvertrauten Eigentums.

b) Diese Beurteilung hält den Angriffen der Revision stand, soweit sie sich auf Verlustfälle bezieht, auf die das bis zum 30. Juni 1998 geltende Transportrecht zur Anwendung kommt.
Nach § 430 Abs. 3 HGB a.F. kann Ersatz des vollen Schadens gefordert werden, wenn dieser durch grobe Fahrlässigkeit des Frachtführers herbeigeführt worden ist. Dementsprechend bestimmt auch Ziffer 10 Abs. 5 der Beförderungsbedingungen der Beklagten, daß die vertraglichen Haftungsbegrenzungen im Falle einer von dieser zu vertretenden groben Fahrlässigkeit nicht gelten.
aa) Grobe Fahrlässigkeit liegt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vor, wenn die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt worden und unbeachtet geblieben ist, was im gegebenen Fall jedem einleuchten mußte (BGHZ 149, 337, 344 m.w.N.; BGH, Urt. v. 6.5.2004 - I ZR 262/01, Umdr. S. 6). Davon ist auch das Berufungsgericht zutreffend ausgegangen.
bb) Die Erwägungen, mit denen das Berufungsgericht im Streitfall das Vorliegen einer groben Fahrlässigkeit bejaht hat, halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand. Die tatrichterliche Beurteilung der Frage, ob grobe Fahrlässigkeit vorliegt, kann vom Revisionsgericht nur in beschränktem Umfang überprüft werden. Die Prüfung ist darauf beschränkt, ob das Berufungsgericht den Rechtsbegriff der groben Fahrlässigkeit verkannt hat oder Verstöße gegen das Verfahrensrecht, gegen die Denkgesetze oder gegen Erfahrungssätze vorliegen (vgl. BGHZ 149, 337, 345 m.w.N.). Solche Rechtsfehler läßt das Berufungsurteil nicht erkennen.
(1) Die Revision rügt ohne Erfolg, das Berufungsgericht habe, soweit es von einem generellen Verzicht der Beklagten auf Ein- und Ausgangskontrollen an den Schnittstellen ausgegangen sei, deren nicht bestrittenen Vortrag, alle Pakete würden bei ihrer Ankunft in der Zentrale der Beklagten mit einem Eingangscan versehen, sowie deren Vorbringen zu Ein- und Ausgangskontrollen in der vorgelegten Darstellung der Betriebsorganisation übergangen.

Die Formulierung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe auf Ein- und Ausgangskontrollen an den Schnittstellen generell verzichtet, mag für sich allein gesehen allerdings mißverständlich sein. Aus dem Gesamtzusammenhang der Entscheidungsgründe wird jedoch hinreichend deutlich, daß das Berufungsgericht den Vorwurf eines groben Organisationsverschuldens nicht auf das Fehlen jeglicher Schnittstellenkontrolle im gesamten Transportablauf, sondern darauf gestützt hat, daß die Beklagte es unterlassen hat, bei der Übergabe der Sendungen an die U. GmbH (Schnittstelle 2) und bei deren erneuter Übernahme durch die Beklagte (Schnittstelle 3) Ein- und Ausgangskontrollen durchzuführen.
Das folgt schon daraus, daß in den weiteren Ausführungen des Berufungsgerichts nur von fehlenden Ein- und Ausgangskontrollen "auf der Umschlagstation" die Rede ist, nicht dagegen auch von einem Unterlassen von Schnittstellenkontrollen bei der Übernahme der Sendungen vom Versender (Schnittstelle 1) oder bei deren Übergabe an den Empfänger (Schnittstelle 4). Vor allem aber wollte das Berufungsgericht mit seinen - knappen - Ausführungen ersichtlich auf die ausführlichere Darstellung zum Transportablauf im Betrieb der Beklagten und die umfangreichere Begründung fehlender Schnittstellenkontrollen in dem von ihm insoweit bestätigten Urteil des Landgerichts Bezug nehmen. Dieses hatte festgestellt, daß lediglich eine Eingangserfassung des Transportguts und eine erneute Erfassung bei dem ausliefernden Depot stattgefunden hätten. Dagegen hätten nach der von der Beklagten vorgelegten Darstellung ihrer Betriebsorganisation Ein- und Ausgangskontrollen bei der Übergabe der Sendungen an die U. GmbH (Schnittstelle 2) und bei deren erneuter Übernahme durch die Beklagte (Schnittstelle 3) gefehlt. An der Schnittstelle 2 sei nicht kontrolliert worden, welche Waren auf die LKW geladen bzw. entladen worden seien, sondern lediglich eine Verplombung der zu beför-
dernden Container erfolgt. An der Schnittstelle 3 sei allein die Unversehrtheit der Plomben, nicht dagegen der Inhalt der Container anhand einer Ladeliste überprüft worden. Daher könnten Güter im Bereich der Schnittstelle 2 gestohlen worden sein, ohne daß der Verlust dieser Schnittstelle habe zugeordnet werden können, da die auszuliefernden Sendungen erst bei der Übergabe an den Paketzusteller in dem vorgesehenen Zustellverzeichnis einzutragen gewesen seien. Bei einer derartigen Organisation des Transportablaufs falle der Verlust einer Sendung erst auf, wenn der Empfänger ihr Ausbleiben rüge.
(2) Die auf diesen, von der Beklagten mit ihrer Berufung nicht angegriffenen Feststellungen beruhende Annahme des Berufungsgerichts, der Beklagten sei hinsichtlich der Beförderung nicht wertdeklarierter Standardsendungen ein grob fahrlässiges Organisationsverschulden vorzuwerfen, verstößt auch nicht gegen die Denkgesetze oder gegen Erfahrungssätze. Der Senat geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, daß es sich beim Umschlag von Transportgütern , wie er hier in Rede steht, um einen besonders schadensanfälligen Bereich handelt, der deshalb so organisiert werden muß, daß in der Regel Ein- und Ausgang der Güter kontrolliert werden, damit Fehlbestände frühzeitig festgehalten werden können. Denn ohne ausreichende Ein- und Ausgangskontrollen, die im Regelfall einen körperlichen Abgleich der papier- bzw. EDV-mäßig erfaßten Ware erfordern, kann ein verläßlicher Überblick über Lauf und Verbleib der in den einzelnen Umschlagstationen ein- und abgehenden Güter nicht gewonnen und daher weder der Eintritt eines Schadens noch der Schadensbereich in zeitlicher , räumlicher und personeller Hinsicht eingegrenzt werden. Die Durchführung von Schnittstellenkontrollen ist zumal dann geboten, wenn - wie im Streitfall - rechtlich selbständige Drittunternehmen in die Erbringung der Transportleistung eingebunden sind. Aus diesem Grund ist regelmäßig von einem grob fahrlässigen Verschulden auszugehen, wenn der Spediteur den schadensanfälligen Umschlag ohne ausreichende Ein- und Ausgangskontrollen organisiert
(vgl. BGHZ 149, 337, 347 f.; BGH, Urt. v. 25.3.2004 - I ZR 205/01, TranspR 2004, 309, 311 [insoweit in BGHZ 158, 322 nicht abgedruckt], jeweils m.w.N.). Entgegen der Auffassung der Revision stellt der bei Ankunft in der Zentrale der Beklagten an den einzelnen Paketen angebrachte Eingangscan keine ausreichende Ein- und Ausgangskontrolle in diesem Sinne dar.
(3) Das Berufungsgericht ist im übrigen im Ergebnis zu Recht und von der Revision auch unbeanstandet davon ausgegangen, daß der in Ziffer 6 des Preisvereinbarungsschreibens der Beklagten vom 3. Februar 1997 mit der Versicherungsnehmerin vereinbarte Verzicht auf eine Kontrolle des Transportweges durch schriftliche Ein- und Ausgangsdokumentation an den einzelnen Umschlagstellen die Beklagte nicht von der Verpflichtung zur Durchführung von Schnittstellenkontrollen befreit hat. Der Senat hat in seinem Urteil vom 15. November 2001 (I ZR 284/99, TranspR 2002, 306, 308 f. = VersR 2003, 1012) ausgesprochen, daß diese in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten enthaltene und daher uneingeschränkt der revisionsmäßigen Nachprüfung unterliegende Verzichtsklausel unklar gefaßt ist und ihr daher nur entnommen werden kann, daß der Kunde des Paketdienstunternehmens auf die schriftliche Dokumentation, nicht jedoch auf die Durchführung der Schnittstellenkontrollen selbst verzichtet.

c) Im Ergebnis ebenfalls ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte hafte für den eingetretenen Schaden gemäß § 435 HGB auch in den Verlustfällen uneingeschränkt, in denen das seit dem 1. Juli 1998 geltende Transportrecht zur Anwendung komme.
Nach § 435 HGB gelten die im Frachtvertrag vorgesehenen Haftungsbefreiungen und -begrenzungen nicht, wenn der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen ist, die der Frachtführer oder eine der in § 428
HGB genannten Personen vorsätzlich oder leichtfertig und in dem Bewußtsein begangen hat, daß ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde.
aa) Mit Recht wendet sich die Revision allerdings dagegen, daß das Berufungsgericht eine unbeschränkte Haftung der Beklagten auch insoweit darauf gestützt hat, daß die Beklagte grob fahrlässig gehandelt habe. Das Berufungsgericht hätte vielmehr prüfen müssen, ob die unterbliebene Durchführung ausreichender Ein- und Ausgangskontrollen an den Umschlagstellen auch die Annahme eines bewußt leichtfertigen Verschuldens i.S. des § 435 HGB rechtfertigte. Diese Prüfung war nicht deshalb entbehrlich, weil der Wegfall der Haftungsbegrenzungen nach dem Wortlaut der Ziffer 10 Abs. 5 der zuletzt im Februar 1998 und damit noch unter der Geltung des § 430 Abs. 3 HGB a.F. überarbeiteten Beförderungsbedingungen der Beklagten neben dem vorsätzlichen an ein (lediglich) grob fahrlässiges Verhalten der Beklagten geknüpft war. Denn die Klausel ist, soweit sie in nach dem Inkrafttreten des Transportrechtsreformgesetzes geschlossene Speditionsverträge einbezogen worden ist, dahin auszulegen , daß die vorgesehenen Haftungsbegrenzungen nur dann nicht gelten, wenn die - im Verhältnis zur groben Fahrlässigkeit engeren - Voraussetzungen des neugefaßten § 435 HGB vorliegen (vgl. BGH, Urt. v. 17.6.2004 - I ZR 263/01, TranspR 2004, 399, 400).
bb) Das verhilft der Revision jedoch deshalb nicht zum Erfolg, weil der Senat auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen und nicht zu beanstandenden Feststellung, die Beklagte habe bei der Beförderung von Standardsendungen an den Umschlagstellen keine ausreichenden Ein- und Ausgangskontrollen durchgeführt (vgl. hierzu vorstehend unter II. 2. a) bb) (1)), selbst entscheiden kann, daß der Beklagten in bezug auf die in Rede stehenden Verlustfälle ein qualifiziertes Verschulden i.S. von § 435 HGB anzulasten ist.

(1) Die in § 435 HGB für den Wegfall der Haftungsbegrenzungen bei nicht vorsätzlichem Verhalten geforderte Leichtfertigkeit setzt einen besonders schweren Pflichtverstoß voraus, bei dem sich der Frachtführer oder seine "Leute" in krasser Weise über die Sicherheitsinteressen der Vertragspartner hinwegsetzen (BGHZ 158, 322, 328 m.w.N.; BGH TranspR 2004, 399, 401). Das subjektive Erfordernis des Bewußtseins von der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts ist eine sich dem Handelnden aus seinem leichtfertigen Verhalten aufdrängende Erkenntnis, es werde wahrscheinlich ein Schaden entstehen. Dabei reicht die Erfüllung des Tatbestandsmerkmals der Leichtfertigkeit für sich allein allerdings nicht aus, um auf das Bewußtsein von der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts schließen zu können. Eine solche Erkenntnis als innere Tatsache ist vielmehr erst dann anzunehmen, wenn das leichtfertige Verhalten nach seinem Inhalt und nach den Umständen, unter denen es aufgetreten ist, diese Folgerung rechtfertigt (BGHZ 158, 322, 328 f.; BGH TranspR 2004, 399, 401). Danach ist im vorliegenden Fall von einem qualifizierten Verschulden der Beklagten i.S. von § 435 HGB auszugehen.
(2) Wie der Senat bereits entschieden hat, ist bei einer Betriebsorganisation des Spediteurs/Frachtführers, die Ein- und Ausgangskontrollen beim Umschlag von Transportgütern nicht durchgängig vorsieht, im Regelfall der Vorwurf eines leichtfertigen Verhaltens gerechtfertigt, weil es sich hierbei um elementare Vorkehrungen gegen den Verlust von Ware handelt (vgl. BGHZ 158, 322, 330 f.; BGH TranspR 2004, 399, 401).
(3) Entgegen der Ansicht der Revision kann aus der Organisation des Warenumschlags durch die Beklagte auch auf deren Bewußtsein geschlossen werden, ein Schaden werde mit Wahrscheinlichkeit eintreten. Wer - wie die Beklagte im Streitfall - elementare Sorgfaltsvorkehrungen unterläßt, handelt in
dem Bewußtsein, daß es wegen des Fehlens solcher Vorkehrungen zu einem Schadenseintritt kommen kann. Dementsprechend hat, wer Schnittstellenkontrollen unterläßt, obwohl er weiß oder wissen mußte, daß es darauf entscheidend ankommt, das Bewußtsein, es werde mit Wahrscheinlichkeit ein Schaden an dem anvertrauten Gut entstehen, ohne daß dabei das Verhältnis der Schadensfälle zur Anzahl der umgeschlagenen Sendungen von Bedeutung ist (vgl. BGHZ 158, 322, 333 f.; BGH TranspR 2004, 399, 401, jeweils m.w.N.).

d) Der Revision kann auch insofern nicht zugestimmt werden, als sie meint, geringere Anforderungen sowohl an ein grob fahrlässiges Organisationsverschulden nach dem alten Transportrecht als auch an ein bewußt leichtfertiges Organisationsverschulden nach dem neuen Transportrecht ließen sich aus einem Vergleich mit den die postalische Paketbeförderung betreffenden Regelungen herleiten.
aa) Der Senat hat bereits entschieden, daß sich ein Absenken der für die Paketbeförderung geltenden Sorgfaltsanforderungen nicht im Blick auf die in der Vergangenheit gültigen Haftungsbeschränkungen bei postalischer Briefbeförderung im Postgesetz von 1969 und auf die nunmehr - gegenüber sonstigen Beförderungsfällen in stärkerem Umfang - mögliche Haftungsfreizeichnung zugunsten des Frachtführers/Spediteurs bei der Beförderung von Briefen und briefähnlichen Sendungen nach §§ 449, 466 HGB rechtfertigen läßt (vgl. BGHZ 149, 337, 349 f.). Dagegen wendet sich die Revision auch nicht.
bb) Nichts anderes gilt aber auch für die früher gültig gewesenen gesetzlichen Regelungen für die postalische Paketbeförderung und das nunmehr für die Paketbeförderung geltende Recht.
(1) Bis zur Neufassung des Postgesetzes vom 22. Dezember 1997 (BGBl I S. 3294) war - worauf die Revision zutreffend hinweist - die Haftung der Deutschen Bundespost (später der Deutschen Bundespost POSTDIENST und noch später des Nachfolgeunternehmens der Deutschen Bundespost POSTDIENST ) für Schäden durch den Verlust oder die Beschädigung von gewöhnlichen Paketen auf einen Höchstbetrag und für Schäden durch den Verlust oder die Beschädigung von Sendungen mit Wertangabe auf den Betrag der Wertangabe beschränkt (vgl. zuletzt § 12 Abs. 3 und 4 PostG in der Fassung vom 14. September 1994, BGBl. I S. 2325). Seit der Privatisierung der Postdienste bestimmt sich die Haftung des Erbringers postalischer Dienste gegenüber dem Kunden und damit auch die Haftung der Post AG bei der Beförderung von Paketen nach dem im Handelsgesetzbuch geregelten allgemeinen Transportrecht, da das geltende Postgesetz keine eigenen vertraglichen Haftungsvorschriften mehr enthält und der Verordnungsgeber von der in § 18 Abs. 1 PostG enthaltenen Ermächtigung, Haftungsbeschränkungen in einer Rechtsverordnung zu regeln, bislang keinen Gebrauch gemacht hat (vgl. BGHZ 149, 337, 350; Beck’scher Kommentar zum PostG/Stern, 2. Aufl., § 18 Rdn. 24 f., § 38 Rdn. 26).
(2) Entgegen der Auffassung der Revision läßt sich aus dem Umstand, daß die Post AG bei der Beförderung von Paketen seit dem Inkrafttreten des Transportrechtsreformgesetzes am 1. Juli 1998 nur unter den Voraussetzungen des § 435 HGB unbeschränkt haftet, jedoch nicht herleiten, daß die Organisation der Post AG das Maß der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt vorgibt. Für eine solche Annahme fehlt es ebenso wie für die Ansicht der Revision, die Post AG führe an den Umschlagstellen keine (aufgezeichneten) Ein- und Ausgangskontrollen durch, schon mangels tatrichterlicher Feststellungen an einer tragfähigen Grundlage. Die von der Revision erhobene Verfahrensrüge aus § 286
ZPO greift nicht durch. Den von ihr in Bezug genommenen vorinstanzlichen Schriftsätzen läßt sich ein entsprechender Tatsachenvortrag nicht entnehmen.
3. Mit Erfolg wendet sich die Revision aber gegen die Annahme des Berufungsgerichts , die Klägerin müsse sich das Unterlassen der Wertdeklaration bei den in Verlust geratenen Sendungen nicht als Mitverschulden der Versicherungsnehmerin anrechnen lassen.

a) Das Berufungsgericht hat hinsichtlich der Frage des Mitverschuldens wegen unterlassener Wertdeklaration ausschließlich auf die Ausführungen in dem landgerichtlichen Urteil Bezug genommen, die es für zutreffend erachtet hat. Das Landgericht hat seine Beurteilung darauf gestützt, daß die Beklagte in ihren Beförderungsbedingungen für den Fall des Fehlens einer Wertdeklaration eine auf 1.000 DM begrenzte Haftung nur bei einem Fehlverhalten im Bereich einfacher Fahrlässigkeit vorsehe, hingegen eine unbeschränkte Haftung bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit. Es sei daher weder treuwidrig noch als Mitverschulden zu berücksichtigen, wenn ein Kunde eine Wertdeklaration, zu der er nicht verpflichtet sei, unterlasse und im nachhinein bei grobem Verschulden der Beklagten einen höheren Wert offen lege. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.

b) Ein Versender gerät in einen nach § 254 Abs. 1 BGB bzw. - unter der Geltung des neuen Transportrechts - § 425 Abs. 2 HGB beachtlichen Selbstwiderspruch , wenn er trotz Kenntnis, daß der Spediteur die Sendung bei zutreffender Wertangabe mit größerer Sorgfalt behandelt, von einer Wertdeklaration absieht und gleichwohl vollen Schadensersatz verlangt. Mit seinem Verzicht auf die vom Spediteur angebotenen weitergehenden Schutzvorkehrungen setzt er das Transportgut bewußt einem erhöhten Verlustrisiko aus mit der Folge, daß ihm der eingetretene Schaden bei wertender Betrachtung gemäß § 254 Abs. 1
BGB, § 425 Abs. 2 HGB anteilig zuzurechnen ist (vgl. BGHZ 149, 337, 353; BGH, Urt. v. 5.6.2003 - I ZR 234/00, TranspR 2003, 467, 471 m.w.N.; BGH TranspR 2004, 399, 401). Ein anspruchsminderndes Mitverschulden kann sich gemäß § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB, § 425 Abs. 2 HGB auch daraus ergeben, daß der Geschädigte es unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen mußte (vgl. BGHZ 149, 337, 353; BGH TranspR 2003, 467, 471; TranspR 2004, 399, 401). Auch gegenüber einem qualifizierten Verschulden des Schädigers kann der Einwand des Mitverschuldens des Geschädigten gerechtfertigt sein. Die Vorschrift des § 435 HGB zur verschärften Haftung des Frachtführers schließt eine Mithaftung des Versenders oder Empfängers gemäß § 425 Abs. 2 HGB aufgrund von schadensursächlichen Umständen aus deren Bereich nicht aus (vgl. BGH TranspR 2003, 467, 471; TranspR 2004, 399, 401).

c) Das Berufungsgericht hat - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - bislang keine Feststellungen zu der Frage getroffen, ob die unterlassene Wertangabe auf den in Verlust geratenen Sendungen den Schaden mitverursacht hat, weil die Beklagte bei richtiger Wertangabe ihre Sorgfaltspflichten besser erfüllt hätte und es dann nicht zu den Verlusten gekommen wäre. Die Beklagte hat unter Vorlage eines Auszugs ihrer internen Arbeitsanweisung für Wertpakete vorgetragen, der Transportweg einer dem Wert nach deklarierten Sendung unterliege in Abhängigkeit von der Höhe dieses Werts weiterreichenden Kontrollen als der Weg einer nicht wertdeklarierten Sendung. Diesem Vorbringen wird das Berufungsgericht im wiedereröffneten Berufungsverfahren nachzugehen haben.

d) Auch die Haftungsabwägung nach § 254 BGB, § 425 Abs. 2 HGB obliegt grundsätzlich dem Tatrichter (vgl. BGHZ 149, 337, 355 m.w.N.; BGH TranspR 2004, 399, 402).
III. Danach konnte das angefochtene Urteil keinen Bestand haben. Es war daher auf die Revision der Beklagten aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Im Rahmen der neuen Verhandlung und Entscheidung wird das Berufungsgericht weiter auch folgendes zu berücksichtigen haben:
Der Einwand des Mitverschuldens wegen unterlassener Wertdeklaration scheitert nicht bereits dann an der fehlenden Kausalität, wenn auch bei wertdeklarierten Sendungen ein Verlust nicht vollständig ausgeschlossen werden kann (vgl. BGH TranspR 2004, 399, 401). Ein bei der Entstehung des Schadens mitwirkendes Verschulden der Versicherungsnehmerin der Klägerin kommt vielmehr auch dann in Betracht, wenn bei wertdeklarierten Sendungen ebenfalls Lücken in der Schnittstellenkontrolle verbleiben und nicht ausgeschlossen werden kann, daß die Sendungen gerade in diesem Bereich verlorengegangen sind und die Angabe des Werts der Waren daher deren Verlust nicht verhindert hätte (vgl. BGH, Urt. v. 8.5.2003 - I ZR 234/02, TranspR 2003, 317, 318 = VersR 2003, 1596).
Im vorliegenden Fall ist ungeklärt, in welcher Phase des Transports die Verluste eingetreten sind. Sie können also auch in einem Bereich eingetreten sein, in dem die Beklagte ihre Sorgfalt bei dem Transport von wertdeklarierter Ware nicht oder nicht in grob fahrlässiger bzw. bewußt leichtfertiger Weise verletzt hat. Die Haftung wegen qualifizierten Verschuldens beruht auf dem Vor-
wurf unzureichender Kontrolle der Schnittstellen und der daraus folgenden Vermutung, daß die Ware in diesem besonders gefährdeten Bereich verlorengegangen ist (vgl. BGHZ 149, 337, 345 f.; BGH TranspR 2003, 317, 318; TranspR 2004, 309, 312 [insoweit in BGHZ 158, 322 nicht abgedruckt]; TranspR 2004, 399, 401). Das damit auf einer Vermutung beruhende Haftungsrisiko wird aber eingeschränkt, wenn der Weg der Ware - wie die Beklagte behauptet hat - im Falle einer Wertdeklaration weitergehend kontrolliert wird und sich daher bei einem Verlust genauer nachvollziehen läßt als bei einer nicht deklarierten Sendung. Denn dann erhöhen sich die Möglichkeiten der Beklagten , die Vermutung, daß ihr grob fahrlässiges bzw. bewußt leichtfertiges Verhalten für den Eintritt des Schadens ursächlich gewesen ist, durch den Nachweis zu widerlegen, daß die Ware in einem gesicherten Bereich verlorengegangen ist (vgl. BGH TranspR 2003, 317, 318; TranspR 2004, 399, 402).
Im Rahmen der Haftungsabwägung stellt dabei die Reichweite des bei wertdeklarierten Sendungen gesicherten Bereichs einen für die Bemessung des Mitverschuldensanteils relevanten Gesichtspunkt dar: Je größer der gesicherte Bereich ist, desto größer ist auch der Anteil des Mitverschuldens des Versenders , der durch das Unterlassen der Wertangabe den Transport der Ware außerhalb des gesicherten Bereichs veranlaßt (vgl. BGH TranspR 2003, 317, 318).
Auch wenn der Beklagten aber der Nachweis gelingen sollte, daß bei wertdeklarierten Sendungen eine Kontrolle des Versandweges stattfindet, der den Vorwurf grober Organisationsmängel in diesem Bereich nicht rechtfertigte, kann der Versicherungsnehmerin der Klägerin allerdings aus dem Unterlassen der Wertdeklaration im Verhältnis zum festgestellten groben Organisationsverschulden der Beklagten bei der Beförderung der nicht mit ihrem Wert deklarierten Sendungen kein mehr als eine die hälftige Mithaftung der Klägerin begrün-
dender oder gar - wie die Revision meint - ein die Haftung der Beklagten vollständig ausschließender Verursachungsbeitrag angelastet werden. Angesichts des der Beklagten bei der von dieser gewählten Beförderungsart vorzuwerfenden grob fahrlässigen bzw. leichtfertigen Handelns kann der der Klägerin anzurechnende Mitverursachungsbeitrag ihrer Versicherungsnehmerin daher nicht höher als 50 % angesetzt werden.
Ullmann Bornkamm Büscher
Schaffert Bergmann

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 205/01 Verkündet am:
25. März 2004
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Das Tatbestandsmerkmal der Leichtfertigkeit in § 435 HGB erfordert einen
besonders schweren Pflichtenverstoß, bei dem sich der Frachtführer oder
seine "Leute" in krasser Weise über die Sicherheitsinteressen der Vertragspartner
hinwegsetzen.

b) Bei einer Betriebsorganisation des Spediteurs/Frachtführers, die Ein- und
Ausgangskontrollen beim Umschlag von Transportgütern nicht durchgängig
vorsieht, ist im Regelfall der Vorwurf eines leichtfertigen Verhaltens gerechtfertigt
, weil es sich bei diesen Kontrollen um elementare Vorkehrungen gegen
Verlust von Ware handelt.

c) Ein Spediteur/Frachtführer, der elementare Sorgfaltspflichten vernachlässigt
(hier: die Durchführung von ausreichenden Ausgangskontrollen), handelt im
allgemeinen in dem Bewußtsein, daß es aufgrund des Mangels dieser Vorkehrungen
zu einem Schadenseintritt kommen kann.
BGH, Urt. v. 25. März 2004 - I ZR 205/01 - OLG Köln
LG Köln
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 25. März 2004 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und
die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Pokrant, Dr. Büscher und Dr. Bergmann

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 19. Juni 2001 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin ist Transportversicherer der B. GmbH (im folgenden: Versicherungsnehmerin) in Achern. Sie nimmt das beklagte Speditionsunternehmen aus übergegangenem Recht ihrer Versicherungsnehmerin wegen Verlustes von Transportgut auf Schadensersatz in Anspruch.
Die Versicherungsnehmerin beauftragte die Beklagte Ende Februar 1999 zu festen Kosten mit der Besorgung des Transports einer Computeranlage im Wert von 66.000 DM von Achern nach Hannover. Die Sendung wurde einem
von der Beklagten beauftragten Nahverkehrsunternehmer am 1. März 1999 übergeben. Dieser sollte das Gut zunächst im Depot der Beklagten in Herbolzheim abliefern. Von dort sollte es zum Zentrallager der Beklagten in Dietzenbach gebracht und anschließend über ihr Depot in Hannover an die Empfängerin ausgeliefert werden. Die Sendung hat die Empfängerin nicht erreicht. Wo sie abhanden gekommen ist, konnte nicht geklärt werden.
Die Klägerin hat an ihre Versicherungsnehmerin für den Verlust eine Entschädigung in Höhe von 66.000 DM gezahlt. Von diesem Betrag hat die Beklagte der Klägerin lediglich 729 DM erstattet.
Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagte hafte für den eingetretenen Verlust unbeschränkt. Die Beklagte könne sich weder auf eine gesetzliche noch auf die in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen vorgesehene Haftungsbeschränkung berufen, da sie den Geschehensablauf nicht ausreichend habe darlegen können. Die Beklagte habe leichtfertig gehandelt.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 65.271 DM nebst Zinsen zu zahlen.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten und hat zur Handhabung ihrer Betriebsorganisation bei der Abwicklung von Versandaufträgen insbesondere folgendes vorgetragen:
Ein Nahverkehrsunternehmer hole die Sendung beim Kunden ab und bringe sie zum jeweiligen Abgangsdepot. Nach der Entladung würden die Sen-
dungsdaten erfaßt und über ihren Zentralrechner an das jeweilige Empfangsdepot bzw. Umschlagzentrum übermittelt. Anschließend erfolge die Verladung der Packstücke für die Fernverkehrsbeförderung in Kofferwechselbrücken, die dann verschlossen und verplombt würden. Dabei werde nicht positiv anhand einer Packliste geprüft, ob eine Sendung in eine bestimmte Kofferwechselbrücke verbracht worden sei. Der Umschlag werde vielmehr nach dem sogenannten Negativsystem durchgeführt. Danach sei für jeden Arbeitstag vorgeschrieben , daß kein Packstück zurückbleiben dürfe. Dementsprechend führten ihre Mitarbeiter nach Abschluß der Nahverkehrsentladung und der Beladung der Kofferwechselbrücken für die Fernverkehrsbeförderung täglich einen "Lagersturz" durch, bei dem die gesamte Umschlaghalle planmäßig nach liegengebliebenen Sendungen abgesucht werde. Gefundene Sendungen würden in das EDV-System eingegeben und deren Absender und Empfänger unterrichtet.
Ihr organisatorisch geschlossenes System, das durch weitere Sicherheitseinrichtungen (Umzäunung des Depots, strikte Eingangskontrollen von betriebsfremden Personen, Ausweispflicht, stichprobenartige Überprüfung der Nahverkehrsfahrzeuge) ergänzt werde, führe dazu, daß nahezu 100 % aller ihr, der Beklagten, übergebenen Sendungen ordnungsgemäß an den Empfänger ausgeliefert würden.
Die streitgegenständliche in Verlust geratene Sendung sei in ihrem Depot in Herbolzheim abgeliefert worden. Ein Verlust der Sendung auf der Fernverkehrsstrecke könne ausgeschlossen werden, da sie schon nicht in ihrem Umschlagsdepot in Dietzenbach eingetroffen sei. Auch in anderen Depots habe die Sendung nicht aufgefunden werden können. Der Verlust sei daher wahrscheinlich bereits in ihrem Depot in Herbolzheim eingetreten. Als Ursache für eine Fehlleitung der Sendung komme ein der Versicherungsnehmerin zuzu-
rechnender Markierungsfehler in Betracht, da die Versenderin den vorgedruckten Versandauftrag umgeschrieben habe. Denkbar sei aber auch eine kriminelle Umgehung ihres Systems durch den Fahrer des Nah- oder Fernverkehrsunternehmens , ohne daß sie, die Beklagte, dies behaupten könne oder wolle.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, sie habe ihrer Einlassungsobliegenheit genügt. Ihr Vortrag zum Ablauf ihrer Betriebsorganisation rechtfertige nicht den Vorwurf eines qualifizierten Verschuldens i.S. von § 435 HGB.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben (OLG Köln TranspR 2001, 407 ff.).
Mit der Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter.

Entscheidungsgründe:


A. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Klägerin stehe aus übergegangenem Recht (§ 67 VVG) ihrer Versicherungsnehmerin gemäß § 425 Abs. 1, § 429 Abs. 1, §§ 435, 459 HGB ein Anspruch auf Schadensersatz gegen die Beklagte zu, ohne daß sich die Beklagte auf gesetzliche oder vertraglich vereinbarte Haftungsbegrenzungen berufen könne. Die Beklagte hafte gemäß § 435 HGB für den Verlust der Ware unbeschränkt, weil dieser - wie das Berufungsgericht näher ausgeführt hat - leichtfertig und in dem Bewußtsein, daß ein Schaden wahrscheinlich eintreten werde, herbeigeführt worden sei. Für das Verhalten ihrer Leute und anderer Personen, deren sich die Beklagte bei
der Ausführung der Beförderung bedient habe, habe die Beklagte gemäß § 428 HGB in gleichem Umfang wie für eigenes Verschulden einzustehen.
B. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.
I. Ohne Rechtsverstoß hat das Berufungsgericht die Voraussetzungen einer vertraglichen Haftung der Beklagten nach § 425 HGB bejaht.
Es ist dabei zutreffend und von der Revision auch unbeanstandet davon ausgegangen, daß die Beklagte von der Versicherungsnehmerin der Klägerin als Fixkostenspediteurin i.S. von § 459 HGB beauftragt worden ist und daß sich ihre Haftung daher grundsätzlich nach den Bestimmungen über die Haftung des Frachtführers (§§ 425 ff. HGB) und - bei wirksamer vertraglicher Einbeziehung - ihren Allgemeinen Beförderungsbedingungen beurteilt, soweit diese mit den in § 449 Abs. 2 HGB enthaltenen Regelungen in Einklang stehen (vgl. dazu BGHZ 153, 308, 310 f.).
II. Die Revision wendet sich ohne Erfolg gegen die Annahme des Berufungsgerichts , die Beklagte hafte für den streitgegenständlichen Schaden gemäß § 435 HGB unbeschränkt.
Nach § 435 HGB gelten die in diesem Unterabschnitt und im Frachtvertrag vorgesehenen Haftungsbefreiungen und Haftungsbegrenzungen nicht, wenn der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen ist, die der Frachtführer oder eine der in § 428 HGB genannten Personen vorsätzlich oder leichtfertig und in dem Bewußtsein begangen hat, daß ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde.

1. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Gesetzgeber habe mit der Neufassung des § 435 HGB einen gegenüber der groben Fahrlässigkeit strengeren Haftungsmaßstab in die gesetzliche Regelung einführen wollen, so daß nicht jede grobe Fahrlässigkeit auch ein leichtfertiges Verhalten darstelle. Ein solcher besonders schwerer Fall der groben Fahrlässigkeit sei im Streitfall gegeben. Die Beklagte gehe selbst davon aus, daß die in ihrer Obhut abhanden gekommene Sendung in ihrem Lager in Herbolzheim in Verlust geraten sein müsse. Die Beklagte habe es pflichtwidrig unterlassen, in diesem Lager für ein lückenloses Kontrollsystem zu sorgen, das den Verbleib der Sendung hätte aufklären können. Das angewandte "Negativsystem" verhindere es gerade nicht, daß ein Verlust von Sendungen zunächst unentdeckt bleibe. Die Beklagte habe keinen ausreichenden Überblick über den Inhalt der beladenen Wechselbrücken sowie den Lauf und Verbleib der ein- und ausgehenden Sendungen gehabt mit der Folge, daß nach einer außer Kontrolle geratenen Sendung nicht systematisch habe gesucht werden können. Erst eine wirksame Ein- und Ausgangskontrolle hätte die gebotenen Nachforschungen ermöglicht. Dieses hohe Risiko sei die Beklagte bewußt eingegangen.
Die Beklagte bzw. die für sie tätigen Personen hätten auch in dem Bewußtsein gehandelt, daß ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde. Dieses subjektive Tatbestandsmerkmal setze voraus, daß das Risiko eines Schadenseintritts bei der gehandhabten Betriebsorganisation hoch oder naheliegend sei. Es komme darauf an, ob ein Geschehen vorliege, bei dem ein unbeteiligter Beobachter zu der Entscheidung gelange, daß es "noch einmal gutgegangen" sei. Das Bewußtsein der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts könne schon dann festgestellt werden, wenn das leichtfertige Verhalten nach seinem Inhalt und nach den Umständen, unter denen es aufgetreten sei, diese
Folgerung rechtfertige. Ausgehend von dem besonders schwerwiegenden Organisationsverschulden der Beklagten stehe zur Überzeugung des Senats fest, daß bei der Beklagten das Bewußtsein der Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts vorgelegen habe. Die Beklagte habe - wie sie selbst vortrage - zur Vermeidung von Kosten bewußt auf eine lückenlose Kontrolle verzichtet.
Umstände, die gegen die Schadensursächlichkeit des Organisationsmangels sprechen könnten, habe die Beklagte nicht dargelegt.
2. Diese Beurteilung hält den Angriffen der Revision stand.
Die tatrichterliche Beurteilung der Frage, ob eine bewußte Leichtfertigkeit i.S. von § 435 HGB vorliegt, ist durch das Revisionsgericht nur in eingeschränktem Maße nachprüfbar. Die Prüfung muß sich darauf beschränken, ob das Berufungsgericht den Rechtsbegriff der bewußten Leichtfertigkeit verkannt hat oder ob Verstöße gegen § 286 ZPO, gegen die Denkgesetze oder gegen Erfahrungssätze vorliegen (vgl. zur groben Fahrlässigkeit: BGHZ 149, 337, 345; BGH, Urt. v. 13.2.2003 - I ZR 128/00, TranspR 2003, 255, 257 = VersR 2003, 1017). Solche Rechtsfehler läßt das Berufungsurteil nicht erkennen.

a) Die aufgrund des Transportrechtsreformgesetzes vom 25. Juni 1998 (BGBl. I S. 1588) mit Wirkung vom 1. Juli 1998 in Kraft getretene Neufassung des § 435 HGB ist Ausdruck des schon bis dahin im gesamten Transportrecht geltenden Prinzips, daß dem Frachtführer die ihm wegen vertragstypischer Risiken eingeräumten Haftungsprivilegien nicht zugute kommen sollen, wenn ihn oder eine Person, deren er sich bei der Ausführung der Beförderung bedient, ein qualifiziertes Verschulden, also ein über die einfache Fahrlässigkeit hinausgehender Verschuldensvorwurf, trifft (vgl. § 430 Abs. 3 HGB a.F.; § 607a
Abs. 4, § 660 Abs. 3 HGB, Art. 29 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 CMR, Art. 44 CIM, Art. 25 WA 1955; s. auch die Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung , BT-Drucks. 13/8445, S. 71).

b) Der Verschuldensmaßstab des § 435 HGB, der - wenn nicht Vorsatz gegeben ist - neben der Leichtfertigkeit das Bewußtsein voraussetzt, daß ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde, ist an den Wortlaut deutscher Übersetzungen internationaler Transportrechtsübereinkommen (u.a. Art. 25 WA 1955) angelehnt. Der Begriff der Leichtfertigkeit bezweckt einen möglichst weitgehenden Einklang des deutschen Transportrechts mit dem internationalen Recht (vgl. Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung, BTDrucks. 13/8445, S. 72). Der Gesetzgeber ist dabei von dem Bedeutungsgehalt ausgegangen, der dem Begriff schon bisher in der deutschen Rechtsprechung zu Art. 25 WA 1955 zukam (vgl. BT-Drucks. 13/8445, S. 72). Dem entsprechend muß die Auslegung des neuen Verschuldensbegriffs in erster Linie diesem Verständnis entnommen werden (vgl. Fremuth in: Fremuth/Thume, Transportrecht , § 435 HGB Rdn. 12; Thume, TranspR 2002, 1, 2; Starck in Festgabe für Herber, 2000, S. 128, 131 f.; a.A. Koller, Transportrecht, 5. Aufl., § 435 HGB Rdn. 6, 12).
Das Tatbestandsmerkmal der Leichtfertigkeit erfordert einen besonders schweren Pflichtenverstoß, bei dem sich der Frachtführer oder seine "Leute" in krasser Weise über die Sicherheitsinteressen der Vertragspartner hinwegsetzen (vgl. BGH, Urt. v. 12.1.1982 - VI ZR 286/80, TranspR 1982, 100, 101 = VersR 1982, 369; BGHZ 145, 170, 183). Das subjektive Erfordernis des Bewußtseins von der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts ist eine sich dem Handelnden aus seinem leichtfertigen Verhalten aufdrängende Erkenntnis, es werde wahrscheinlich ein Schaden entstehen. Dabei reicht die Erfüllung des Tatbestands-
merkmals der Leichtfertigkeit für sich allein allerdings nicht aus, um auf das Bewußtsein von der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts schließen zu können. Eine solche Erkenntnis als innere Tatsache ist vielmehr erst dann anzunehmen , wenn das leichtfertige Verhalten nach seinem Inhalt und nach den Umständen, unter denen es aufgetreten ist, diese Folgerung rechtfertigt. Es bleibt der tatrichterlichen Würdigung vorbehalten, ob das Handeln nach dem äußeren Ablauf des zu beurteilenden Geschehens vom Bewußtsein getragen wurde, daß der Eintritt eines Schadens mit Wahrscheinlichkeit drohe (vgl. BGHZ 74, 162, 168 f.; 145, 170, 186). Dabei sind in erster Linie Erfahrungssätze heranzuziehen. Zudem kann der Schluß auf das Bewußtsein der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts auch im Rahmen typischer Geschehensabläufe naheliegen (vgl. BGH, Urt. v. 5.6.2003 - I ZR 234/00, TranspR 2003, 467, 470 f.; Urt. v. 9.10.2003 - I ZR 275/00, TranspR 2004, 175, 177; Urt. v. 23.10.2003 - I ZR 55/01, Umdr. S. 11).
Von diesem Verständnis des Verschuldensmaßstabs der bewußten Leichtfertigkeit ist - wie die Revision nicht verkennt - auch das Berufungsgericht ausgegangen.

c) Die Ausführungen, mit denen das Berufungsgericht im Streitfall das Vorliegen einer bewußten Leichtfertigkeit i.S. von § 435 HGB bejaht hat, halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.
Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht den Vorwurf qualifizierten Verschuldens nicht aus einer unzureichenden Erfüllung der Einlassungsobliegenheit der Beklagten hergeleitet. Fehl geht daher die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe die Anforderungen an die (sekundäre) Darlegungslast der Beklagten überspannt. Das Berufungsgericht hat den Vor-
wurf eines qualifizierten Verschuldens ersichtlich nur aus der eigenen Darstellung der Organisation im Betrieb der Beklagten hergeleitet, wonach es jedenfalls in ihrem Lager in Herbolzheim an einer wirksamen Ausgangskontrolle fehle. Die Formulierungen des Berufungsgerichts, die Beklagte habe ihrer Einlassungspflicht nicht genügt und ihr allgemein gehaltener Vortrag reiche nicht aus, um den Schluß auf ein leichtfertiges Organisationsverschulden auszuräumen, mögen für sich allein genommen zwar mißverständlich sein. Aus dem Gesamtzusammenhang der Entscheidungsgründe wird jedoch hinreichend deutlich, daß nicht der fehlende Sachvortrag der Beklagten zu ihrer Betriebsorganisation der tragende Grund für das vom Berufungsgericht angenommene bewußt leichtfertige Organisationsverschulden gewesen ist, sondern das sich aus dem Vortrag der Beklagten selbst ergebende Fehlen einer wirksamen Ausgangskontrolle im Lager Herbolzheim.

d) Dem Berufungsgericht sind bei der Anwendung des Verschuldensmaßstabs der bewußten Leichtfertigkeit im Streitfall keine Rechtsfehler unterlaufen.
aa) Der Senat geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, daß es sich beim Umschlag von Transportgütern, wie er hier in Rede steht, um einen besonders schadensanfälligen Bereich handelt, der deshalb so organisiert werden muß, daß in der Regel Ein- und Ausgang der Güter kontrolliert werden, damit Fehlbestände frühzeitig festgehalten werden können. Denn ohne ausreichende Ein- und Ausgangskontrollen, die im Regelfall einen körperlichen Abgleich der papier- bzw. EDV-mäßig erfaßten Ware erfordern, kann ein verläßlicher Überblick über Lauf und Verbleib der in den einzelnen Umschlagstationen ein- und abgehenden Güter nicht gewonnen werden mit der Folge, daß der Eintritt eines Schadens und der Schadensbereich in zeitlicher, räumlicher und personeller
Hinsicht nicht eingegrenzt werden können. Das Erfordernis von Schnittstellenkontrollen wird noch verstärkt, wenn - wie im Streitfall - rechtlich selbständige Drittunternehmen in die Erbringung der Transportleistung eingebunden sind. Deshalb ist in der Rechtsprechung zu § 429 Abs. 1 HGB a.F. von einem grob fahrlässigen Verschulden ausgegangen worden, wenn der Spediteur den schadensanfälligen Umschlag ohne ausreichende Ein- und Ausgangskontrollen organisiert (vgl. BGHZ 129, 345, 351; 149, 337, 347 f. m.w.N.; BGH TranspR 2003, 255, 257).
bb) Auch die in § 435 HGB geforderte Leichtfertigkeit des Frachtführers oder seiner "Leute" kann sich aus einer mangelhaften Organisation des Betriebsablaufs ergeben, die keinen hinreichenden Schutz der zu befördernden Frachtgüter gewährleistet und sich in krasser Weise über die Sicherheitsinteressen der Vertragspartner hinwegsetzt (vgl. BGHZ 145, 170, 183 m.w.N. zu Art. 25 WA 1955). Bei einer Betriebsorganisation, die Ein- und Ausgangskontrollen beim Umschlag von Transportgütern nicht durchgängig vorsieht, ist im Regelfall der Vorwurf eines leichtfertigen Verhaltens gerechtfertigt, weil es sich bei diesen Maßnahmen um elementare Vorkehrungen gegen Verlust von Ware handelt.
cc) Entgegen der Auffassung der Revision besteht keine ausreichende Ausgangskontrolle, wenn die Beklagte - wie sie selbst vorgetragen hat - lediglich eine Eingangskontrolle im Abgangsdepot in Herbolzheim und eine Ausgangskontrolle im Empfangsdepot in Hannover durchführt. Auch die tägliche Durchführung eines "Lagersturzes" (sog. Negativsystem) in allen Depots und Umschlagzentren der Beklagten sowie die Beförderung des Frachtgutes auf der Fernverkehrsstrecke in verplombten Kofferwechselbrücken gewährleisten keine ausreichende Kontrolle des Warenumschlags. Die Beklagte räumt die Möglich-
keit von Fehlverladungen, die erst im Empfangsdepot festgestellt werden, bei ihrem System selbst ein.
Aus der Möglichkeit von Fehlverladungen ergibt sich entgegen der Auffassung der Revision nicht nur eine Verzögerung der Auslieferung, sondern es folgt daraus auch ein erhöhtes Verlustrisiko. Die Beklagte hat selbst vorgetragen , daß eine Fehlverladung zu einer Auslieferung an einen falschen Empfänger führen könne und ein Empfänger, der mehr bekomme, als er nach dem Frachtbrief zu erhalten habe, dies nicht immer reklamiere. Die Ausgangskontrolle im Empfangsdepot kann die Ausgangskontrolle im Abgangsdepot schon deshalb nicht ersetzen, weil die Beklagte bei einer solchen Kontrolle des Warenumschlags den Bereich des Schadenseintritts in zeitlicher, räumlicher und personeller Hinsicht nicht hinreichend eingrenzen und nach einer verlorengegangenen Sendung daher nicht gezielt suchen kann. Dementsprechend hat sie es selbst lediglich für wahrscheinlich gehalten, daß der Verlust der Sendung bereits in ihrem Abgangsdepot in Herbolzheim eingetreten sein müsse. Andererseits konnte sie aber auch nicht ausschließen, daß die Sendung in ihrem Umschlagsdepot in Dietzenbach oder in ihrem Empfangsdepot in Hannover verlorengegangen ist. Hätte die Beklagte in ihrem Abgangsdepot Herbolzheim eine wirksame Ausgangskontrolle durchgeführt, wäre ein in diesem Depot eingetretener Verlust zeitnah entdeckt worden und hätte die Suche nach der abhanden gekommenen Sendung gezielt auf dieses Depot und die im maßgeblichen Zeitraum am Warenumschlag in diesem Depot Beteiligten beschränkt werden können.
Ohne Erfolg macht die Revision auch geltend, daß eine systematische Suche nach außer Kontrolle geratenen Sendungen durch die EDV-mäßige Vernetzung sämtlicher Depots und Umschlagzentren möglich sei. Die Beklagte hat
zu dem streitgegenständlichen Verlustfall lediglich vorgetragen, daß eine zentral gesteuerte Suchmeldung in allen ihren Depots und Umschlagzentren mit negativem Ergebnis durchgeführt worden sei. Da der Eingang der Sendung bereits in ihrem zentralen Umschlagsdepot in Dietzenbach nicht habe festgestellt werden können und ein Verlust von Sendungen auf der Fernverkehrsstrecke mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden könne , sei der Verlust der Sendung "wahrscheinlich" bereits in ihrem Depot in Herbolzheim eingetreten. Damit räumt die Beklagte selbst ein, daß durch ihr EDVSystem nicht mit Sicherheit festgestellt werden konnte, wo genau der Verlust der Sendung eingetreten ist, um dort eine gezielte Suche zu ermöglichen. Vielmehr bleibt ihr bei ihrem System, in dem lediglich eine Eingangskontrolle im Abgangsdepot und eine Ausgangskontrolle im Empfangsdepot durchgeführt wird, nur die Möglichkeit, eine Suche in allen ihren Depots und Umschlagzentren und somit gerade keine gezielte Suche in einem bestimmten Depot oder Umschlagzentrum zu veranlassen.
Der Vortrag der Beklagten, sie habe eine Zertifizierung nach der ISONorm 9002 durchgeführt, steht der Annahme eines leichtfertigen Organisationsverschuldens schon deshalb nicht entgegen, weil diese DIN-Vorschrift keine spezifischen Anforderungen an die Sorgfalt des Spediteurs beim Warenumschlag , sondern lediglich allgemeine Merkmale eines effektiven Qualitätsmanagementsystems regelt, so daß die Erteilung des Zertifikats nicht den Rückschluß auf einen ausreichenden Schutz des Frachtgutes vor Verlust zuläßt.

e) Entgegen der Ansicht der Revision ist es revisionsrechtlich auch nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht aus der Organisation des Warenumschlags durch die Beklagte auf deren Bewußtsein geschlossen hat, daß ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde. Wer wie im Streitfall elemen-
tare Sorgfaltsvorkehrungen unterläßt, handelt in dem Bewußtsein, daß es aufgrund des Mangels dieser Vorkehrungen zu einem Schadenseintritt kommen kann. Wer also eine Ein- oder Ausgangskontrolle unterläßt, obwohl er weiß oder hätte wissen müssen, daß es darauf entscheidend ankommt, hat das Bewußtsein , es werde mit Wahrscheinlichkeit ein Schaden an dem anvertrauten Gut entstehen (vgl. BGHZ 74, 162, 172).
aa) Die von der Beklagten behauptete, im Verhältnis zu der Anzahl der bei ihr umgeschlagenen Sendungen geringe Schadensquote von 0,1 bis 0,2 ‰ sowie die behauptete Aufklärungsquote von 99 % bei Fehlleitungen von Sendungen widerlegen für sich allein nicht die Annahme des Bewußtseins der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts. Dies folgt schon daraus, daß die Beklagte verpflichtet ist, jeglichem Verlust des in ihre Obhut gelangten Gutes durch geeignete und ausreichende Sicherheitsvorkehrungen entgegenzuwirken. Aus der geringen Schadensquote und der hohen Aufklärungsquote ergeben sich im übrigen auch keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Annahme, daß im hier maßgeblichen Zeitraum keine schwerwiegenden Mängel in der theoretischen oder praktischen Durchführung der Organisation der Beklagten vorgelegen haben (vgl. BGH, Urt. v. 25.9.1997 - I ZR 156/95, TranspR 1998, 262, 264 f. = VersR 1998, 657; BGH TranspR 2003, 467, 471; TranspR 2004, 175, 177; BGH, Urt. v. 23.10.2003 - I ZR 55/01, Umdr. S. 11 f.).
bb) In der Rechtsprechung und Literatur wird die Auffassung vertreten, die erforderliche Wahrscheinlichkeit sei ein mittlerer Grad von Gewißheit, der zwischen Möglichkeit und absoluter Gewißheit angesiedelt sei. Das Bewußtsein von der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts sei daher quantitativ in dem Sinne zu bestimmen, daß die Wahrscheinlichkeit erst anzunehmen sei, wenn die Möglichkeit, daß das Schadensereignis eintrete, mehr als 50 % betrage, die
Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts also größer sei als die des Nichteintritts (vgl. OLG Frankfurt VersR 1981, 164, 165; MünchKomm.HGB/Kronke, Art. 25 WA 1955 Rdn. 30; Giemulla in: Giemulla/Schmid, Frankfurter Kommentar zum Luftverkehrsrecht, Art. 25 WA Rdn. 45; Gass in: Ebenroth/Boujong/ Joost, HGB, § 435 Rdn. 3; Fremuth in: Fremuth/Thume, Transportrecht, § 435 HGB Rdn. 16; Thume, TranspR 2002, 1, 3; Neumann, TranspR 2002, 413, 416; vgl. auch: Seyffert, Die Haftung des ausführenden Frachtführers im neuen deutschen Frachtrecht, S. 130).
Dieser Ansicht kann nicht beigetreten werden. Hierauf kommt es im Fall der Verletzung elementarer Sorgfaltsvorkehrungen in der Organisation eines Betriebs aber auch nicht an, weil schon die Kenntnis des grob mangelhaften Betriebsablaufs das Bewußtsein der Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts einschließt.
Es ist daher entgegen der Auffassung der Revision weder erfahrungswidrig noch verstößt es gegen Denkgesetze, wenn das Berufungsgericht trotz der von der Beklagten behaupteten geringen Schadens- und hohen Aufklärungsquote aufgrund der beim Warenumschlag bei der Beklagten bestehenden Kontrollücken auf deren Bewußtsein geschlossen hat, daß ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde.
C. Danach war die Revision der Beklagten mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Ullmann v. Ungern-Sternberg Pokrant
Büscher Bergmann
25
a) Grundsätzlich ist der Anspruchsteller gehalten, die Voraussetzungen für den Wegfall der zugunsten des Frachtführers bestehenden gesetzlichen oder vertraglichen Haftungsbegrenzungen darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen. Danach trägt er die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Frachtführer oder seine Leute vorsätzlich oder leichtfertig und in dem Bewusstsein gehandelt haben, dass ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde (vgl. BGH, Urt. v. 5.6.2003 - I ZR 234/00, TranspR 2003, 467, 469 = NJW 2003, 3626; Urt. v. 4.3.2004 - I ZR 200/01, TranspR 2004, 460, 461; Urt. v. 14.6.2006 - I ZR 136/03, TranspR 2006, 348 = VersR 2007, 273 Tz. 13). Die dem Anspruchsteller obliegende Darlegungs- und Beweislast kann - wovon auch das Berufungsgericht im Ansatz zutreffend ausgegangen ist - jedoch dadurch gemildert werden, dass der Frachtführer angesichts des unterschiedlichen Informationsstands der Vertragsparteien nach Treu und Glauben gehalten ist, soweit möglich und zumutbar zu den näheren Umständen des Schadensfalls eingehend vorzutragen. Insbesondere hat er substantiiert darzulegen, welche Sorgfalt er konkret aufgewendet hat. Kommt er dem nicht nach, kann daraus nach den Umständen des Einzelfalls der Schluss auf ein qualifiziertes Verschulden gerechtfertigt sein (BGHZ 127, 275, 283 ff.; 129, 345, 349 ff.; BGH TranspR 2003, 467, 469; TranspR 2006, 348).
15
a) Gemäß § 435 HGB gelten die gesetzlichen und im Frachtvertrag vorgesehenen Haftungsbefreiungen und Haftungsbegrenzungen nicht, wenn der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen ist, die der Frachtführer oder eine der in § 428 HGB genannten Personen leichtfertig und in dem Bewusstsein begangen hat, dass ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten wird. Nach der Rechtsprechung des Senats hat grundsätzlich der Anspruchsteller die Voraussetzungen für den Wegfall der zugunsten des Frachtführers bestehenden gesetzlichen oder vertraglichen Haftungsbegrenzungen darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen (BGH, Urteil vom 22. November 2007 - I ZR 74/05, BGHZ 174, 244 Rn. 25; Urteil vom 10. Dezember 2009 - I ZR 154/07, TranspR 2010, 78 Rn. 16 = VersR 2010, 648 mwN). Die dem Anspruchsteller obliegende Darlegungs- und Beweislast kann jedoch - wovon auch das Berufungsgericht im Ansatz zutreffend ausgegangen ist - dadurch gemildert werden, dass der Frachtführer angesichts des unterschiedlichen Informationsstands der Vertragsparteien nach Treu und Glauben gehalten ist, soweit möglich und zumutbar zu den näheren Umständen des Schadensfalls eingehend vorzutragen. Eine solche sekundäre Darlegungslast des Anspruchsgegners setzt allerdings voraus, dass der Klagevortrag ein qualifiziertes Verschulden des Anspruchsgegners mit gewisser Wahrscheinlichkeit nahelegt oder sich Anhaltspunkte für ein derartiges Verschulden aus dem unstreitigen Sachverhalt ergeben (BGH, TranspR 2010, 78 Rn. 16).

Die in diesem Unterabschnitt und im Frachtvertrag vorgesehenen Haftungsbefreiungen und Haftungsbegrenzungen gelten nicht, wenn der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen ist, die der Frachtführer oder eine in § 428 genannte Person vorsätzlich oder leichtfertig und in dem Bewußtsein, daß ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde, begangen hat.

Der Frachtführer hat Handlungen und Unterlassungen seiner Leute in gleichem Umfange zu vertreten wie eigene Handlungen und Unterlassungen, wenn die Leute in Ausübung ihrer Verrichtungen handeln. Gleiches gilt für Handlungen und Unterlassungen anderer Personen, deren er sich bei Ausführung der Beförderung bedient.

34
aa) Der Wortlaut der Vorschrift, in der nur vom "Verfrachter" und nicht auch - wie etwa in § 435 HGB - von den in § 428 HGB genannten Personen ("seiner Leute") die Rede ist, könnte darauf hindeuten, dass die Haftungsbeschränkungen nach den §§ 658, 659, 660 Abs. 1 HGB nur bei einem eigenen qualifizierten Verschulden des Verfrachters entfallen. Diese Schlussfolgerung ist jedoch nicht zwingend. Es ist zu berücksichtigen, dass in § 607 Abs. 2 HGB ausdrücklich bestimmt ist, dass der Verfrachter nur sein eigenes Verschulden zu vertreten hat, wenn der Schaden durch ein Verhalten bei der Führung oder der sonstigen Bedienung des Schiffs (sogenanntes nautisches Verschulden, vgl. dazu BGHZ 169, 281 Tz. 38 ff.) oder durch Feuer entstanden ist. Des Weiteren ist in Betracht zu ziehen, dass die Vorschrift des § 660 Abs. 3 HGB eine Ergänzung der Haager Regeln von 1924 durch die sogenannten Visby-Regeln darstellt, die auf einer diplomatischen Seerechtskonferenz in Brüssel am 23. Februar 1968 verabschiedet wurden. Damit sollten die Haager Regeln anderen internationalen transportrechtlichen Übereinkommen wie dem Warschauer Abkommen von 1929 in der in Den Haag im Jahre 1955 beschlossenen Fassung und der CMR gleichgestellt werden (Rabe, TranspR 2004, 142, 144). Sowohl im Warschauer Abkommen (Art. 25) als auch in der CMR (Art. 29 Abs. 2) wird das qualifizierte Verschulden der Leute oder Bediensteten dem qualifizierten Verschulden des Luft-(Land-)frachtführers gleichgestellt.
29
a) Gemäß § 660 Abs. 3 HGB verliert der Verfrachter allerdings sein Recht auf Haftungsbeschränkung nach Abs. 1, wenn der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen ist, die der Verfrachter in der Absicht , einen Schaden herbeizuführen, oder leichtfertig und in dem Bewusstsein begangen hat, dass ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde. Entsprechend dem Wortlaut des § 660 Abs. 3 HGB, in dem nur von dem "Verfrachter" und nicht auch - wie etwa in § 435 HGB - von den in § 428 HGB genannten Personen die Rede ist, ist das Berufungsgericht mit Recht davon ausgegangen, dass nur ein qualifiziertes Verschulden des Verfrachters selbst zum Wegfall der Haftungsbeschränkung nach § 660 Abs. 1 HGB führt (BGH, Urt. v. 18.6.2009 - I ZR 140/06, Tz. 34 ff.; ebenso: Rabe aaO § 660 HGB Rdn. 26; ders., TranspR 2004, 142, 144; Herber, Das neue Haftungsrecht der Schifffahrt, 1989, S. 215 f.; ders., Seehandelsrecht, 1999, S. 332 f.).

(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.

(1) Die nach den §§ 502 und 503 zu leistende Entschädigung wegen Verlust oder Beschädigung ist auf einen Betrag von 666,67 Rechnungseinheiten für das Stück oder die Einheit oder einen Betrag von 2 Rechnungseinheiten für das Kilogramm des Rohgewichts des Gutes begrenzt, je nachdem, welcher Betrag höher ist. Wird ein Container, eine Palette oder ein sonstiges Lademittel verwendet, das zur Zusammenfassung von Frachtstücken verwendet wird, so gilt jedes Stück und jede Einheit, welche in einem Beförderungsdokument als in einem solchen Lademittel enthalten angegeben sind, als Stück oder Einheit im Sinne des Satzes 1. Soweit das Beförderungsdokument solche Angaben nicht enthält, gilt das Lademittel als Stück oder Einheit.

(2) Besteht das Gut aus mehreren Frachtstücken (Ladung) und sind nur einzelne Frachtstücke verloren oder beschädigt worden, so ist der Berechnung der Begrenzung nach Absatz 1

1.
die gesamte Ladung zu Grunde zu legen, wenn die gesamte Ladung entwertet ist, oder
2.
der entwertete Teil der Ladung zu Grunde zu legen, wenn nur ein Teil der Ladung entwertet ist.

Folgende Ansprüche verjähren in zwei Jahren:

1.
Schadensersatzansprüche wegen Tod oder Körperverletzung eines Fahrgasts oder wegen Verlust, Beschädigung oder verspäteter Aushändigung von Gepäck, soweit die Ansprüche den Vorschriften dieses Buches unterworfen sind;
2.
Schadensersatzansprüche aus dem Zusammenstoß von Schiffen oder aus einem unter § 572 fallenden Ereignis;
3.
Ansprüche auf Bergelohn, auf Sondervergütung und auf Bergungskosten;
4.
Ansprüche wegen der Beseitigung eines Wracks.

(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.

Folgende Ansprüche verjähren in zwei Jahren:

1.
Schadensersatzansprüche wegen Tod oder Körperverletzung eines Fahrgasts oder wegen Verlust, Beschädigung oder verspäteter Aushändigung von Gepäck, soweit die Ansprüche den Vorschriften dieses Buches unterworfen sind;
2.
Schadensersatzansprüche aus dem Zusammenstoß von Schiffen oder aus einem unter § 572 fallenden Ereignis;
3.
Ansprüche auf Bergelohn, auf Sondervergütung und auf Bergungskosten;
4.
Ansprüche wegen der Beseitigung eines Wracks.

(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.