Hanseatisches Oberlandesgericht Beschluss, 12. Nov. 2018 - 2 Rev 92/18

bei uns veröffentlicht am12.11.2018

Tenor

Das Verfahren wird, soweit es die zu dem führenden Verfahren 3111 Js 86/17 hinzuverbundene Anklage gemäß Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Hamburg vom 15. September 2017 (Az.: 2109 Js 627/17) betrifft, auf Kosten der Staatskasse, die auch die notwendigen Auslagen des Angeklagten trägt, eingestellt.

Gründe

I.

1

Mit gemäß Anklageschrift vom 16. August 2017 zum Amtsgericht Hamburg-Blankenese erhobener Anklage ist dem Angeklagten zur Last gelegt worden, in Hamburg in der Zeit vom 25. Mai bis 20. Juni 2017 entweder einen Diebstahl oder eine Hehlerei begangen zu haben, indem er das im Bereich der Julius-Brecht-Straße auf Höhe der Hausnummer ... abgestellte Kraftrad Suzuki, Modell GSX 750 (FIN: …) des Geschädigten H. mit dem amtlichen Kennzeichen HH-... auf bislang ungeklärte Weise unter Überwindung der Wegfahrsperre in Gang setzte und sich in der Absicht, das Fahrzeug für sich zu verwenden oder zu verwerten, mit dem Kraftrad vom Tatort entfernte, oder das vorgenannte Kraftrad von einem bislang unbekannten Vortäter, der es vor der Wohnanschrift des Geschädigten in der Julius-Brecht-Straße ... entwendet hatte, in Kenntnis der deliktischen Herkunft übernahm, um das Fahrzeug für sich zu verwenden oder zu verwerten.

2

Mit weiterer, zum Amtsgericht Hamburg erhobener Anklage ist dem Angeklagten gemäß Anklageschrift vom 15. September 2017 zur Last gelegt worden, in Hamburg am 20. Juni 2017 durch dieselbe Handlung fahrlässig im Verkehr ein Fahrzeug geführt zu haben, obwohl er in Folge Genusses alkoholischer Getränke nicht zu sicherem Führen in der Lage war, und vorsätzlich ein Kraftfahrzeug ohne die dazu erforderliche Fahrerlaubnis geführt zu haben, indem er ohne, wie er wusste, im Besitz der erforderlichen Fahrerlaubnis zu sein, unter Alkoholeinfluss (BAK zur Tatzeit um 00:32 Uhr 0,9 – 1,0 ‰) mit dem Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen HH-... die Talstraße ... befuhr sowie in Folge alkoholbedingter Fahrunsicherheit das Lichtzeichen einer Lichtzeichenwechselanlage nicht beachtete und das Kraftrad während der Fahrt stark schwankte, wobei er bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt hätte erkennen können, dass er in Folge des Genusses alkoholischer Getränke fahruntüchtig war.

3

Bezüglich der Anklageschrift vom 16. August 2017 hat das Amtsgericht Hamburg-Blankenese mit Beschluss vom 12. Oktober 2017 das Hauptverfahren eröffnet und die Anklage zur Hauptverhandlung zugelassen sowie dem Angeklagten seine Verteidigerin beigeordnet. Am 26. Oktober 2017 hat das Amtsgericht Hamburg-Blankenese in dieser Sache Termin zur Hauptverhandlung für den 10. Januar 2018 anberaumt.

4

In dem Verfahren betreffend die Anklageschrift vom 15. September 2017 hat das Amtsgericht Hamburg nach Anordnung der Zustellung der Anklageschrift die Akten dem Amtsgericht Hamburg-Blankenese mit der Bitte um Übernahme zugeleitet. Das Amtsgericht Hamburg-Blankenese hat das beim Amtsgericht Hamburg angeklagte Verfahren übernommen und mit Beschluss vom 26. Oktober 2017 zu dem beim Amtsgericht Hamburg-Blankenese anhängigen führenden Verfahren hinzu verbunden.

5

Nachdem die Verteidigerin mit Schriftsatz vom 16. November 2017 gebeten hatte, ihre Beiordnung auf das hinzu verbundene Verfahren zu erstrecken, hat das Amtsgericht Hamburg-Blankenese dies mit Beschluss vom 11. Dezember 2017 ausgesprochen.

6

Am 10. Januar 2018 hat vor dem Amtsgericht Hamburg-Blankenese die Hauptverhandlung stattgefunden, in der die Staatsanwaltschaft ihre Anklageschriften vom 16. August 2017 und 15. September 2017 verlesen und das Amtsgericht den Angeklagten unter Freisprechung im Übrigen wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr in Tateinheit mit vorsätzlichem Führen eines Kraftfahrzeugs ohne Fahrerlaubnis zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten unter Vollstreckungsaussetzung zur Bewährung verurteilt sowie eine Sperre für die Erteilung einer Fahrerlaubnis von zwei Jahren angeordnet hat.

7

Eine ausdrückliche und als solche bezeichnete Eröffnungsentscheidung ist nach den Akten und dem Protokoll der amtsgerichtlichen Hauptverhandlung vom 10. Januar 2018 hinsichtlich der Anklageschrift vom 15. September 2017 weder vor der Hauptverhandlung noch in der Hauptverhandlung vom 10. Januar 2018 ergangen.

8

Gegen das amtsgerichtliche Urteil vom 10. Januar 2018 hat die Staatsanwaltschaft am 15. Januar 2018 Berufung eingelegt, die sie unter dem 1. Februar 2018 auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt hat. In ihrer Berufungsrechtfertigung vom 1. Februar 2018 hat die Staatsanwaltschaft ausgeführt, dass angesichts auch einschlägiger Vorstrafen des Angeklagten und eines Handelns während mehrerer laufender Bewährungszeiten eine Strafaussetzung zur Bewährung nicht mehr in Betracht komme. Der Angeklagte hatte in der Hauptverhandlung erklärt, auf Rechtsmittel zu verzichten.

9

Das Landgericht Hamburg hat mit in der Berufungshauptverhandlung ergangenem Urteil vom 15. Mai 2018 auf die Berufung der Staatsanwaltschaft das Urteil des Amtsgerichts Hamburg-Blankenese vom 10. Januar 2018 dahin gehend abgeändert, dass die erkannte Freiheitsstrafe von sechs Monaten nicht zur Bewährung ausgesetzt wird. Zugleich hat es die zweijährige Sperrfrist für die Erteilung einer Fahrerlaubnis bestätigt.

10

Gegen das Berufungsurteil vom 15. Mai 2018 hat der Angeklagte mit am 17. Mai 2018 eingegangenem Verteidigerschriftsatz Revision eingelegt, die nach am 14. Juni 2018 erfolgter Urteilszustellung an die Verteidigerin von dieser mit am 6. Juli 2018 eingegangenem Verteidigerschriftsatz mit dem Antrag auf Urteilsaufhebung und Zurückverweisung der Sache sowie der allgemeinen Rüge der Verletzung materiellen Rechts begründet worden ist. Die Generalstaatsanwaltschaft hat darauf angetragen, die Revision des Angeklagten gemäß § 349 Abs. 2 StPO zu verwerfen. Die Antragschrift der Generalstaatsanwaltschaft ist der Verteidigerin am 6. September 2018 zugegangen. Eine Stellungnahme dazu ist nicht erfolgt.

II.

11

Das Verfahren wird wegen Verfahrenshindernisses gem. § 206 a Abs. 1 StPO eingestellt, weil es in dem nach rechtkräftigem Teilfreispruch hinsichtlich der der Anklageschrift vom 16. August 2017 zu Grunde liegenden Tat allein noch anhängigen Verfahren bezüglich der dem Angeklagten mit der Anklageschrift vom 15. September 2017 zur Last gelegten Tat an einem Eröffnungsbeschluss fehlt.

12

1. Die Entscheidung des erstinstanzlichen Gerichts über die Eröffnung des Hauptverfahrens wird grundsätzlich ausdrücklich und schriftlich getroffen. Das ergibt sich bereits aus § 207 Abs. 1 und 2 StPO, wonach das Gericht in dem Eröffnungsbeschluss anzugeben hat, vor welchem Gericht die Hauptverhandlung stattfinden soll und mit welchen Änderungen es eine Anklage zur Hauptverhandlung zulässt, sowie aus § 215 StPO, wonach der Eröffnungsbeschluss dem Angeklagten spätestens mit der Ladung zur Hauptverhandlung zuzustellen ist.

13

An Stelle einer ausdrücklichen Eröffnungsentscheidung genügt eine zwar nicht ausdrücklich als Eröffnungsentscheidung bezeichnete, aber schlüssige eindeutige schriftliche oder mündlich verkündete sowie protokollierte Willenserklärung des Gerichts, eine bestimmte Anklage zur Hauptverhandlung zuzulassen (BGH in NStZ 2000, 442, 443; Meyer-Goßner/Schmitt § 207 Rn. 8; MüKoStGB- Wenske § 207 Rn. 26, jeweils m.w.N.). Das betreffende Schriftstück muss aus sich heraus oder in Verbindung mit den Akten eindeutig erkennen lassen, dass das Gericht die Eröffnung tatsächlich gewollt hat (vgl. OLG Düsseldorf in NStZ-RR 2000, 114). Das kann bei einer Haftfortdauerentscheidung mit anschließender Terminbestimmung zur Hauptverhandlung der Fall sein (vgl. OLG Hamm in NStZ 1990, 146), weil eine Bejahung dringenden Tatverdachts im Sinne des § 112 Abs. 1 S. 1 StPO im selben Verfahrensstadium die Bejahung hinreichenden Tatverdachts im Sinne des § 203 StPO einschließt. Ein eindeutiger Wille zur Eröffnung des Hauptverfahrens bezüglich einer bestimmten Anklage ergibt sich regelmäßig nicht allein aus einer Terminierungs- und Ladungsverfügung (vgl. BayObLG in NStZ-RR 2001, 139, 140; OLG Zweibrücken in NStZ-RR 1998, 74 f.; Wenske, a.a.O., Rn. 28) oder einem Verbindungsbeschluss (vgl. BGH, Beschluss vom 4. August 2016, Az.: 4 StR 230/16; Wenske, a.a.O., Rn. 29, jeweils m.w.N.).

14

Eine Nachholung der dem erstinstanzlich tätigen Gericht vorbehaltenen Eröffnungsentscheidung im Berufungsverfahren vor dem Landgericht oder sogar im Revisionsverfahren vor dem Oberlandesgericht ist nicht möglich (Schmitt, a.a.O., § 203 Rn. 4 m.w.N.). Bei der Entscheidung über die Revision zwingt das Fehlen eines Eröffnungsbeschlusses zur Einstellung des Verfahrens; eine Zurückverweisung zur Nachholung kommt nicht in Betracht (vgl. Schmitt, a.a.O., m.w.N.).

15

2. Nach diesen Maßstäben fehlt es hier hinsichtlich der Anklageschrift vom 15. September 2017 an einer Eröffnungsentscheidung. Weder das zunächst zuständig gewesene Amtsgericht Hamburg, noch das Amtsgericht Hamburg-Blankenese haben insoweit ausdrücklich oder schlüssig eindeutig eine Eröffnungsentscheidung getroffen.

16

Eine ausdrückliche Eröffnungsentscheidung hat zu der Anklageschrift vom 15. September 2017 weder das zunächst zuständig gewesene Amtsgericht Hamburg, bei dem die Anklage erhoben worden ist, noch das später in Folge Verfahrensverbindung zuständig gewordene Amtsgericht Hamburg-Blankenese getroffen.

17

An einer jedenfalls schlüssigen Willenserklärung, der die Bejahung hinreichenden Tatverdachtes im Sinne des § 203 StPO sowie ein Wille zu einer das Zwischenverfahren abschließenden Entscheidung über die Anklage gemäß der Anklageschrift vom 15. September 2017 im Sinne des § 207 StPO eindeutig zu entnehmen wäre, fehlt es ebenfalls. Weder hat das Amtsgericht Hamburg eine solche schlüssige Entscheidung getroffen, noch ist eine solche nach Abgabe des Verfahrens an das Amtsgericht Hamburg-Blankenese dort getroffen worden.

18

a) Die einzige ausdrückliche Eröffnungsentscheidung des Amtsgerichts Hamburg-Blankenese vom 12. Oktober 2017 bezieht sich allein auf die Anklageschrift vom 16. August 2017. Die Akten erbringen keinen abweichenden Erklärungsgehalt. Die zeitlichen Zusammenhänge belegen vielmehr, dass die Eröffnungsentscheidung des Amtsgerichts Hamburg-Blankenese vom 12. Oktober 2017 allein die Anklage gemäß der Anklageschrift vom 16. August 2017 betraf, indem der Verbindungsbeschluss des Amtsgerichts Hamburg-Blankenese erst nachfolgend am 26. Oktober 2017 ergangen ist.

19

b) Der Verbindungsbeschluss des Amtsgerichts Hamburg-Blankenese vom 26. Oktober 2017 beschränkt sich auf die Feststellung der Übernahme und die Verbindung des die Anklageschrift vom 15. September 2017 betreffenden Verfahrens zu dem beim Amtsgericht Hamburg-Blankenese bezüglich der Anklageschrift vom 16. August 2017 anhängigen führenden Verfahren. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass damit zugleich eine Eröffnungsentscheidung im ausgeführten Sinne bezüglich der Anklageschrift vom 15. September 2017 getroffen werden sollte, sind dem Beschluss nicht zu entnehmen. Der Beschlusstext „Das Verfahren der Abt. 200 des Amtsgerichts Hamburg wird übernommen und unter dem obigen Aktenzeichen geführt. Die Sache wird zu dem Verfahren 513 Ds 123/ 17 = 3111 Js 86/17, welches führt, verbunden“ spricht vielmehr dagegen, dass das Amtsgericht Hamburg-Blankenese damit zugleich eine Prüfung der Eröffnung in der hinzu verbundenen Sache abgeschlossen und im Sinne unveränderter Zulassung der Anklage die Eröffnung des Hauptverfahrens insoweit schlüssig mitbeschieden hat, denn danach ist nur allgemein die Verbindung der beiden Verfahren, jedoch – noch – keine Verbindung zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung beschlossen worden. Jedenfalls fehlt es an hinreichender Eindeutigkeit für die Annahme auch einer schlüssigen Eröffnungsentscheidung.

20

c) Die Terminierungsverfügung des Amtsgerichts Hamburg-Blankenese vom 26. Oktober 2017 erbringt Anhaltspunkte für eine schlüssige Eröffnungsentscheidung hinsichtlich der am selben Tag zu dem beim Amtsgericht Hamburg-Blankenese bereits anhängig gewesenen Verfahren hinzu verbundenen Verfahren betreffend die Anklageschrift vom 15. September 2017 ebenfalls nicht (allgemein dazu Schmitt, a.a.O., § 204 Rn. 5 m.w.N.). Gegenteilig indizieren der Betreff der Terminierungsverfügung „wegen besonders schweren Fall des Diebstahls“ und die Anordnung von Zeugenladungen allein bezüglich der in der Anklageschrift vom 16. August 2017 aufgeführten Zeugen, dass damit nicht schlüssig eine Eröffnungsentscheidung bezüglich der Anklageschrift vom 15. September 2018 getroffen werden sollte.

21

d) Entsprechendes gilt auch für den Beschluss des Amtsgerichts Hamburg-Blankenese vom 11. Dezember 2017 betreffend die Erstreckung der gerichtlichen Bestellung der Verteidigerin auf das hinzu verbundene Verfahren. Die Beschlussformel beschränkt sich auf den Satz „Die Beiordnung als Pflichtverteidiger wird auf das verbundene Verfahren (2109 Js 627/17) erstreckt“. Gründe enthält der Beschluss nicht. Nach Aktenlage stellt dieser Beschluss sich als Reaktion auf einen am 20. November 2017 eingegangenen entsprechenden Antrag der Verteidigerin dar, mit dem diese zugleich mit Zurückreichung der ihr auf Antrag überlassenen Akten des hinzu verbundenen Verfahrens „darum gebeten“ hat, „festzustellen, dass sich die Beiordnung auch auf das verbundene Verfahren 513 Ds 153/17 erstreckt (§ 48 Abs. 5 Satz 3 RVG)“. Anhaltspunkte für eine schlüssige Eröffnungsentscheidung in der hinzu verbundenen Sache ergeben sich aus der Erstreckung der Verteidigerbestellung nicht, da eine solche vielmehr zunächst auch der Verteidigung des Angeklagten im Zwischenverfahren dienen kann. Jedenfalls fehlt es auch insoweit an der erforderlichen Eindeutigkeit.

22

e) Eine Haftfortdauerentscheidung mit Bejahung sogar eines dringenden Tatverdachts ist weder beim Amtsgericht Hamburg noch durch das Amtsgericht Hamburg-Blankenese getroffen worden.

23

3. Da das Fehlen eines Eröffnungsbeschlusses ein schon in der Berufungshauptverhandlung (vgl. BGHSt 33, 167, 168; Schmitt, a.a.O., § 203 Rn. 4) und erst recht im Revisionsverfahren nicht mehr behebbares, in jeder Verfahrenslage ungeachtet der Berufungsbeschränkung von Amts wegen zu berücksichtigendes Verfahrenshindernis darstellt, ist das wegen zulässiger Revision nicht rechtskräftig abgeschlossene Verfahren einzustellen. Die Einstellung erfolgt im Beschlussverfahren nach § 206a StPO, das nach ständiger Senatsrechtsprechung auch nach Revisionseinlegung uneingeschränkt anwendbar ist (vgl. BGHSt 24, 208, 212; a.A. Schmitt, a.a.O., § 206a Rn. 6).

III.

24

Die Kostenentscheidung beruht auf § 467 Abs. 1 StPO.

25

Eine Ausnahmeentscheidung nach § 467 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StPO ist nicht geboten, da das Verfahrenshindernis auf einem Verfahrensfehler des Amtsgerichts beruht.

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 467 Kosten und notwendige Auslagen bei Freispruch, Nichteröffnung und Einstellung


(1) Soweit der Angeschuldigte freigesprochen, die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen ihn abgelehnt oder das Verfahren gegen ihn eingestellt wird, fallen die Auslagen der Staatskasse und die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse zu

Strafprozeßordnung - StPO | § 112 Voraussetzungen der Untersuchungshaft; Haftgründe


(1) Die Untersuchungshaft darf gegen den Beschuldigten angeordnet werden, wenn er der Tat dringend verdächtig ist und ein Haftgrund besteht. Sie darf nicht angeordnet werden, wenn sie zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßr

Strafprozeßordnung - StPO | § 206a Einstellung des Verfahrens bei Verfahrenshindernis


(1) Stellt sich nach Eröffnung des Hauptverfahrens ein Verfahrenshindernis heraus, so kann das Gericht außerhalb der Hauptverhandlung das Verfahren durch Beschluß einstellen. (2) Der Beschluß ist mit sofortiger Beschwerde anfechtbar.

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 48 Umfang des Anspruchs und der Beiordnung


(1) Der Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse ist auf die gesetzliche Vergütung gerichtet und bestimmt sich nach den Beschlüssen, durch die die Prozesskostenhilfe bewilligt und der Rechtsanwalt beigeordnet oder bestellt worden ist, soweit nichts a

Strafprozeßordnung - StPO | § 203 Eröffnungsbeschluss


Das Gericht beschließt die Eröffnung des Hauptverfahrens, wenn nach den Ergebnissen des vorbereitenden Verfahrens der Angeschuldigte einer Straftat hinreichend verdächtig erscheint.

Strafprozeßordnung - StPO | § 207 Inhalt des Eröffnungsbeschlusses


(1) In dem Beschluß, durch den das Hauptverfahren eröffnet wird, läßt das Gericht die Anklage zur Hauptverhandlung zu und bezeichnet das Gericht, vor dem die Hauptverhandlung stattfinden soll. (2) Das Gericht legt in dem Beschluß dar, mit welchen

Strafprozeßordnung - StPO | § 215 Zustellung des Eröffnungsbeschlusses


Der Beschluß über die Eröffnung des Hauptverfahrens ist dem Angeklagten spätestens mit der Ladung zuzustellen. Entsprechendes gilt in den Fällen des § 207 Abs. 3 für die nachgereichte Anklageschrift.

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Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Aug. 2016 - 4 StR 230/16

bei uns veröffentlicht am 04.08.2016

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 230/16 vom 4. August 2016 in der Strafsache gegen wegen gefährlicher Körperverletzung u.a. ECLI:DE:BGH:2016:040816B4STR230.16.0 Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalt

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) In dem Beschluß, durch den das Hauptverfahren eröffnet wird, läßt das Gericht die Anklage zur Hauptverhandlung zu und bezeichnet das Gericht, vor dem die Hauptverhandlung stattfinden soll.

(2) Das Gericht legt in dem Beschluß dar, mit welchen Änderungen es die Anklage zur Hauptverhandlung zuläßt, wenn

1.
wegen mehrerer Taten Anklage erhoben ist und wegen einzelner von ihnen die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt wird,
2.
die Verfolgung nach § 154a auf einzelne abtrennbare Teile einer Tat beschränkt wird oder solche Teile in das Verfahren wieder einbezogen werden,
3.
die Tat rechtlich abweichend von der Anklageschrift gewürdigt wird oder
4.
die Verfolgung nach § 154a auf einzelne von mehreren Gesetzesverletzungen, die durch dieselbe Straftat begangen worden sind, beschränkt wird oder solche Gesetzesverletzungen in das Verfahren wieder einbezogen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1 und 2 reicht die Staatsanwaltschaft eine dem Beschluß entsprechende neue Anklageschrift ein. Von der Darstellung des wesentlichen Ergebnisses der Ermittlungen kann abgesehen werden.

(4) Das Gericht beschließt zugleich von Amts wegen über die Anordnung oder Fortdauer der Untersuchungshaft oder der einstweiligen Unterbringung.

Der Beschluß über die Eröffnung des Hauptverfahrens ist dem Angeklagten spätestens mit der Ladung zuzustellen. Entsprechendes gilt in den Fällen des § 207 Abs. 3 für die nachgereichte Anklageschrift.

(1) Die Untersuchungshaft darf gegen den Beschuldigten angeordnet werden, wenn er der Tat dringend verdächtig ist und ein Haftgrund besteht. Sie darf nicht angeordnet werden, wenn sie zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung außer Verhältnis steht.

(2) Ein Haftgrund besteht, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen

1.
festgestellt wird, daß der Beschuldigte flüchtig ist oder sich verborgen hält,
2.
bei Würdigung der Umstände des Einzelfalles die Gefahr besteht, daß der Beschuldigte sich dem Strafverfahren entziehen werde (Fluchtgefahr), oder
3.
das Verhalten des Beschuldigten den dringenden Verdacht begründet, er werde
a)
Beweismittel vernichten, verändern, beiseite schaffen, unterdrücken oder fälschen oder
b)
auf Mitbeschuldigte, Zeugen oder Sachverständige in unlauterer Weise einwirken oder
c)
andere zu solchem Verhalten veranlassen,
und wenn deshalb die Gefahr droht, daß die Ermittlung der Wahrheit erschwert werde (Verdunkelungsgefahr).

(3) Gegen den Beschuldigten, der einer Straftat nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 oder § 13 Absatz 1 des Völkerstrafgesetzbuches oder § 129a Abs. 1 oder Abs. 2, auch in Verbindung mit § 129b Abs. 1, oder nach den §§ 176c, 176d, 211, 212, 226, 306b oder 306c des Strafgesetzbuches oder, soweit durch die Tat Leib oder Leben eines anderen gefährdet worden ist, nach § 308 Abs. 1 bis 3 des Strafgesetzbuches dringend verdächtig ist, darf die Untersuchungshaft auch angeordnet werden, wenn ein Haftgrund nach Absatz 2 nicht besteht.

Das Gericht beschließt die Eröffnung des Hauptverfahrens, wenn nach den Ergebnissen des vorbereitenden Verfahrens der Angeschuldigte einer Straftat hinreichend verdächtig erscheint.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 230/16
vom
4. August 2016
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:040816B4STR230.16.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 4. August 2016 gemäß § 206a Abs. 1, § 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bochum vom 18. Januar 2016 mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Hinsichtlich der Tat II.1 der Urteilsgründe wird das Verfahren eingestellt; im Umfang der Einstellung trägt die Staatskasse die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten. 3. Im Übrigen wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung , auch über die verbleibenden Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten vom Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung und des Diebstahls mit Waffen freigesprochen und seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Hiergegen richtet sich die auf die nicht näher ausgeführte Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat Erfolg.

I.

2
Nach den Feststellungen leidet der Angeklagte spätestens seit 2010 an einer paranoid-halluzinatorischen Psychose. Er interpretiert tatsächlich in seinem Bauchraum vorhandene Lipome als mit einem Seil verbundene, von äußeren Einflüssen und seinen Gedanken abhängige Krebsgeschwüre. Infolge seiner Erkrankung und des damit verbundenen Beeinflussungserlebens hat der Angeklagte Beeinträchtigungsideen und fühlt sich verfolgt. Des Weiteren besteht beim Angeklagten eine Polytoxikomanie mit schwerer Opiatabhängigkeit.
3
Im Sommer 2013 hatte der Angeklagte ein Fahrrad entwendet, ohne zu wissen, dass dieses der Mutter eines Bekannten gehörte. Als der Bekannte von dem Diebstahl Kenntnis erlangte, stellte er den Angeklagten zur Rede und forderte ihn zur Rückgabe auf. Nachdem das Angebot des Angeklagten, für das nicht mehr vorhandene gestohlene ein anderes Fahrrad zu übergeben, von der Mutter des Bekannten abgelehnt worden war, riefen die Mutter und der Bekannte selbst zuletzt am Vorabend des Tattags bei dem Angeklagten an und verlangten die Rückgabe des gestohlenen Fahrrads. Der Angeklagte fühlte sich durch die Anrufe unter Druck gesetzt und befand sich in der Vorstellung, er werde von seinem Bekannten und dessen Mutter regelrecht verfolgt.
4
Am 27. Juli 2013 gegen 20.20 Uhr verließ der Bekannte mit einem Begleiter seine Wohnung und begab sich auf die Straße. Als der Angeklagte, der sich zufällig an einem Kiosk in Sichtweite aufhielt, den Bekannten erblickte, erkannte er ihn und fühlte sich von diesem verfolgt. Noch unter dem Eindruck des vorabendlichen Anrufs meinte der Angeklagte, der Bekannte wolle ihn stellen und angreifen. Deshalb ergriff er einen auf dem Boden liegenden etwa 60 bis 80 cm langen dicken Ast und verbarg diesen unter der Jacke. Obwohl die beiden Männer sich ihm nicht näherten, wollte er die Sache nicht auf sich beruhen lassen und ging schnellen Schrittes aggressiv auf beide zu. Er schrie den Bekannten auf Russisch an, zog, als dieser ihm auf Russisch antwortete, unvermittelt den unter seiner Jacke verborgenen Ast hervor und schlug damit heftig mindestens zweimal auf den Kopf und in das Gesicht des Bekannten. Dabei zerbrach der Ast, der womöglich etwas morsch war, unter der Kraft der wuchtig geführten Schläge. Der Geschädigte, der infolge der Schläge kurz zu Boden ging, erlitt eine Platzwunde an der Lippe sowie eine Verletzung im Zahnbereich, die zum Verlust von drei Schneidezähnen führte. Der Angeklagte ließ sodann von dem Geschädigten ab und entfernte sich. Bei der Tat war der Angeklagte aufgrund der paranoid-halluzinatorischen Psychose nicht mehr in der Lage, sein Verhalten entsprechend der noch vorhandenen Unrechtseinsicht zu steuern (Tat II.1 der Urteilsgründe).
5
Am 31. August 2013 suchte der Angeklagte die Verkaufsräumlichkeiten der Firma K. in W. auf, entnahm der Auslage fünf Flaschen Wodka im Gesamtwert von 62,45 Euro, steckte sie in seine mitgeführte Tasche und passierte den Kassenbereich, ohne die Waren zu bezahlen. Dabei trug er in seinem Rucksack ein Einhandmesser mit 8,5 cm langer Klinge und in seiner Hosentasche ein Taschenmesser bei sich. Er hatte unter Suchtdruck nach Heroin vor, die Waren ohne Bezahlung für sich zu behalten und sie später gegen 1 g Heroin einzutauschen. Der Angeklagte war aufgrund des wegen seiner Polytoxikomanie und Opiatabhängigkeit bestehenden schweren Suchtdrucks im Zusammenwirken mit der fortbestehenden paranoid-halluzinatorischen Psychose – bei sicher erheblich beeinträchtigtem Hemmungsvermögen – nicht ausschließbar nicht in der Lage, sein Verhalten entgegen der Einsicht in das Unrecht zu steuern (Tat II.2 der Urteilsgründe).

II.

6
Hinsichtlich der Tat II.1 der Urteilsgründe ist das Verfahren einzustellen, da es insoweit an der Verfahrensvoraussetzung eines wirksamen Eröffnungsbeschlusses fehlt.
7
1. Wegen der Körperverletzungstat erhob die Staatsanwaltschaft mit Anklageschrift vom 24. Juni 2014 Anklage zum Amtsgericht - Strafrichter - Witten. Nachdem der Strafrichter das Verfahren am 10. September 2014 zur Übernahme vorgelegt hatte, übernahm das Amtsgericht - Schöffengericht - Witten das Verfahren mit Beschluss vom 12. September 2014 und verband es mit dem dort anhängigen Verfahren, welches aufgrund der Anklageschrift vom 29. August 2014 die Tat II.2 der Urteilsgründe zum Gegenstand hatte. Am 12. September und 30. September 2014 ergingen acht weitere Beschlüsse, mit denen das Amtsgericht - Schöffengericht - Witten jeweils die Übernahme von Verfahren hinsichtlich beim Amtsgericht - Strafrichter - Witten erhobener Anklagen und deren Verbindung zu dem beim Amtsgericht - Schöffengericht - Witten anhängigen Verfahren beschloss. Mit Beschluss vom 27. November 2014 ließ das Amtsgericht - Schöffengericht - Witten die Anklage der Staatsanwaltschaft vom 29. August 2014 zur Hauptverhandlung zu und eröffnete das Hauptverfahren. Die weiteren Anklagen, einschließlich der Anklage vom 24. Juni 2014 bezüglich der Tat II.1 der Urteilsgründe, finden in dem Eröffnungsbeschluss vom 27. November 2014 keine Erwähnung. Insoweit sind auch später keine Eröffnungsentscheidungen ergangen.
8
2. Damit fehlt es für die Tat II.1 der Urteilsgründe an einem wirksamen Eröffnungsbeschluss. Die Eröffnungsentscheidung vom 27. November 2014 bezog sich ausdrücklich nur auf die Anklage vom 29. August 2014 und nicht auf die Anklage vom 24. Juni 2014. Ihr kann, bezogen auf die Anklage vom 24. Juni 2014, auch nicht die Bedeutung einer konkludenten Eröffnung des Hauptverfahrens beigemessen werden. Zur Eröffnung des Hauptverfahrens gemäß § 203 StPO genügt zwar eine schlüssige und eindeutige Willenserklärung des Gerichts , die Anklage nach Prüfung und Bejahung der Eröffnungsvoraussetzungen zur Hauptverhandlung zuzulassen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 17. Dezember 1999 - 2 StR 376/99, NStZ 2000, 442, 443 mwN; vom 3. Mai 2001 - 4 StR 59/01, bei Becker, NStZ-RR 2002, 68; vom 5. Februar 1998 - 4 StR 606/97, BGHR StPO § 203 Beschluss 4). Dem Beschluss vom 27. November 2014, der sich nach seinem Wortlaut ausschließlich auf die Anklage vom 29. August 2014 bezieht, ist aber mit der erforderlichen Sicherheit nicht zu entnehmen , dass das Amtsgericht - Schöffengericht - Witten hinsichtlich der Anklage vom 24. Juni 2014 die Eröffnungsvoraussetzungen geprüft und angenommen hat. Anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass in der im Zusammenhang mit dem Beschluss vom 27. November 2014 ergangenen Terminsverfügung die Ladung von zwei Zeugen zu dem mit Anklage vom 24. Juni 2014 erhobenen Tatvorwurf angeordnet wurde (vgl. BGH, Beschluss vom 20. November 1987 - 3 StR 493/87, BGHR StPO § 203 Beschluss 1).
9
Das Fehlen des Eröffnungsbeschlusses stellt ein in diesem Verfahren nicht mehr behebbares Verfahrenshindernis dar, das die Einstellung des Verfahrens zur Folge hat (vgl. BGH, Beschlüsse vom 29. September 2011 - 3 StR 280/11, NStZ 2012, 225, 226; vom 9. Januar 1987 - 3 StR 601/86, NStZ 1987, 239; vom 15. Mai 1984 - 5 StR 283/84, NStZ 1984, 520; vom 9. Juni 1981 - 4 StR 263/81, DRiZ 1981, 343; Meyer-Goßner in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 59. Aufl., § 207 Rn. 12 mwN; Seidl in KMR, § 203 Rn. 11 ff. [Stand Mai 2012]; Stuckenberg in Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 207 Rn. 84 ff.).

III.

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Die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus hat keinen Bestand, weil der von der Strafkammer angenommene symptomatische Zusammenhang zwischen der als Anlasstat verbleibenden Diebstahlstat am 31. August 2013 und der psychotischen Erkrankung des Angeklagten nicht tragfähig begründet ist.
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1. Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 63 StGB darf nur angeordnet werden, wenn zweifelsfrei feststeht, dass der Unterzubringende bei Begehung der Anlasstat aufgrund eines psychischen Defekts schuldunfähig oder vermindert schuldfähig war und die Tatbegehung auf diesem Zustand beruht. Der Defektzustand muss, um eine Gefährlichkeitsprognose tragen zu können, von längerer Dauer sein. Daneben ist eine Wahrscheinlichkeit höheren Grades erforderlich, der Täter werde infolge seines fortdauernden Zustands in Zukunft erhebliche rechtswidrige Taten begehen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird (§ 63 Satz 1 StGB in der am 1. August 2016 in Kraft getretenen Neufassung durch das Gesetz zur Novellierung des Rechts der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 des Strafgesetzbuches und zur Änderung anderer Vorschriften vom 6. Juli 2016, BGBl. I 1610). Der Tatrichter hat die der Unterbringungsanordnung zugrunde liegenden Umstände in den Urteilsgründen so umfassend darzustellen, dass das Revisionsgericht in die Lage versetzt wird, die Entscheidung nachzuvollziehen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 6. Juli 2016 - 4 StR 210/16 Rn. 5; vom 15. Januar 2015 - 4 StR 419/14, NStZ 2015, 394, 395; vom 29. April 2014 - 3 StR 171/14, NStZ-RR 2014, 243, 244).

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2. Diesen Anforderungen werden die Ausführungen des angefochtenen Urteils zum Vorliegen eines symptomatischen Zusammenhangs zwischen der psychotischen Erkrankung des Angeklagten und der Diebstahlstat am 31. August 2013 (Tat II.2 der Urteilsgründe) nicht gerecht.
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Die Diagnose einer Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis führt für sich genommen noch nicht zur Feststellung einer generellen oder zumindest längere Zeiträume überdauernden gesicherten erheblichen Beeinträchtigung der Schuldfähigkeit. Erforderlich ist vielmehr stets die konkretisierende Darlegung , in welcher Weise sich die festgestellte psychische Störung bei Begehung der Tat auf die Handlungsmöglichkeiten des Angeklagten in der konkreten Tatsituation und damit auf die Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit ausgewirkt hat (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 17. Juni 2014 - 4 StR 171/14, NStZRR 2014, 305, 306; vom 23. August 2012 - 1 StR 389/12, NStZ 2013, 98; vom 24. April 2012 - 5 StR 150/12, NStZ-RR 2012, 239; vom 29. Mai 2012 - 2 StR 139/12, NStZ-RR 2012, 306, 307). Feststellungen dazu, ob und in welcher Weise die paranoid-halluzinatorische Psychose des Angeklagten Auswirkungen auf die Begehung der Diebstahlstat am 31. August 2013 hatte, hat das Landgericht nicht getroffen. Der Umstand, dass der Angeklagte bei der Tat in Rucksack und Hosentasche zwei Messer mit sich führte, lässt Rückschlüsse auf eine Beeinflussung der Tat durch die psychische Erkrankung des Angeklagten nicht zu. Soweit die Urteilsgründe in diesem Kontext auf psychosebedingte Verfolgungsideen des Angeklagten verweisen, entbehrt dies zudem einer tragfähigen Tatsachengrundlage. Während der psychiatrische Sachverständige für seinen entsprechenden Befund die Bekundungen des sachverständigen Zeugen Dr. G. als Anknüpfungstatsachen herangezogen hat, geben die im Urteil wiedergegebenen Angaben dieses Zeugen in der Hauptverhandlung für ein nachhaltiges Verfolgungserleben des Angeklagten keinen Anhalt.
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Schließlich vermag auch der zeitliche Zusammenhang mit der Tat am 27. Juli 2013 einen Einfluss der Psychose auf die Diebstahlstat nicht zu belegen. Denn das Landgericht hat auch hinsichtlich der Körperverletzungstat nicht hinreichend dargetan, dass die Tat auf die psychische Erkrankung des Angeklagten zurückzuführen ist. Die Annahme einer psychotischen Tatmotivation hat die Strafkammer insbesondere darauf gestützt, dass das gewaltsame Vorgehen des Angeklagten, das nicht unmittelbar im zeitlichen Zusammenhang mit der Auseinandersetzung um das Fahrrad gestanden habe, spontan ohne konkreten Anlass oder Auslöser erfolgt sei. Diese Ausführungen lassen sich indes ohne weitere, von der Strafkammer nicht angestellten Erwägungen mit den Feststellungen und dem weiteren Beweisergebnis nicht in Einklang bringen. Danach gab es im Vorfeld der Tat zwischen dem Angeklagten und dem Geschädigten eine Auseinandersetzung um die Rückgabe des entwendeten Fahrrads, die sich über längere Zeit hinzog und noch am Vorabend des Tattags zu einem Telefonanruf des Geschädigten beim Angeklagten führte. Unmittelbar vor dem Angriff mit dem Ast kam es zu einem lautstarken Wortwechsel, bei welchem es nach der Zeugenaussage des Begleiters des Geschädigten in der Hauptverhandlung um ein Fahrrad ging. Vor diesem Hintergrund hat das Landgericht die Möglichkeit, dass der tätliche Angriff des Angeklagten auf den Geschädigten durch den Streit um die Rückgabe des Fahrrads motiviert und damit auf einen normalpsychologisch erklärbaren Beweggrund zurückzuführen war, nicht nachvollziehbar ausgeschlossen.
15
3. Die Anordnung der Maßregel nach § 63 StGB kann daher nicht bestehen bleiben. Mit Blick auf die Vorschrift des § 358 Abs. 2 Satz 2 StPO ist auch der Freispruch des Angeklagten aufzuheben (vgl. BGH, Beschlüsse vom 5. August 2014 - 3 StR 271/14, BGHR StPO § 358 Abs. 2 Satz 2 Freispruch 1; vom 30. Juli 2013 - 4 StR 275/13 Rn. 18, insoweit in NStZ 2014, 36 nicht abgedruckt

).

Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak Mutzbauer Bender

Das Gericht beschließt die Eröffnung des Hauptverfahrens, wenn nach den Ergebnissen des vorbereitenden Verfahrens der Angeschuldigte einer Straftat hinreichend verdächtig erscheint.

(1) In dem Beschluß, durch den das Hauptverfahren eröffnet wird, läßt das Gericht die Anklage zur Hauptverhandlung zu und bezeichnet das Gericht, vor dem die Hauptverhandlung stattfinden soll.

(2) Das Gericht legt in dem Beschluß dar, mit welchen Änderungen es die Anklage zur Hauptverhandlung zuläßt, wenn

1.
wegen mehrerer Taten Anklage erhoben ist und wegen einzelner von ihnen die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt wird,
2.
die Verfolgung nach § 154a auf einzelne abtrennbare Teile einer Tat beschränkt wird oder solche Teile in das Verfahren wieder einbezogen werden,
3.
die Tat rechtlich abweichend von der Anklageschrift gewürdigt wird oder
4.
die Verfolgung nach § 154a auf einzelne von mehreren Gesetzesverletzungen, die durch dieselbe Straftat begangen worden sind, beschränkt wird oder solche Gesetzesverletzungen in das Verfahren wieder einbezogen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1 und 2 reicht die Staatsanwaltschaft eine dem Beschluß entsprechende neue Anklageschrift ein. Von der Darstellung des wesentlichen Ergebnisses der Ermittlungen kann abgesehen werden.

(4) Das Gericht beschließt zugleich von Amts wegen über die Anordnung oder Fortdauer der Untersuchungshaft oder der einstweiligen Unterbringung.

(1) Der Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse ist auf die gesetzliche Vergütung gerichtet und bestimmt sich nach den Beschlüssen, durch die die Prozesskostenhilfe bewilligt und der Rechtsanwalt beigeordnet oder bestellt worden ist, soweit nichts anderes bestimmt ist. Erstreckt sich die Beiordnung auf den Abschluss eines Vertrags im Sinne der Nummer 1000 des Vergütungsverzeichnisses oder ist die Beiordnung oder die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hierauf beschränkt, so umfasst der Anspruch alle gesetzlichen Gebühren und Auslagen, die durch die Tätigkeiten entstehen, die zur Herbeiführung der Einigung erforderlich sind.

(2) In Angelegenheiten, in denen sich die Gebühren nach Teil 3 des Vergütungsverzeichnisses bestimmen und die Beiordnung eine Berufung, eine Beschwerde wegen des Hauptgegenstands, eine Revision oder eine Rechtsbeschwerde wegen des Hauptgegenstands betrifft, wird eine Vergütung aus der Staatskasse auch für die Rechtsverteidigung gegen ein Anschlussrechtsmittel und, wenn der Rechtsanwalt für die Erwirkung eines Arrests, einer einstweiligen Verfügung oder einer einstweiligen Anordnung beigeordnet ist, auch für deren Vollziehung oder Vollstreckung gewährt. Dies gilt nicht, wenn der Beiordnungsbeschluss ausdrücklich etwas anderes bestimmt.

(3) Die Beiordnung in einer Ehesache erstreckt sich im Fall des Abschlusses eines Vertrags im Sinne der Nummer 1000 des Vergütungsverzeichnisses auf alle mit der Herbeiführung der Einigung erforderlichen Tätigkeiten, soweit der Vertrag

1.
den gegenseitigen Unterhalt der Ehegatten,
2.
den Unterhalt gegenüber den Kindern im Verhältnis der Ehegatten zueinander,
3.
die Sorge für die Person der gemeinschaftlichen minderjährigen Kinder,
4.
die Regelung des Umgangs mit einem Kind,
5.
die Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung und den Haushaltsgegenständen,
6.
die Ansprüche aus dem ehelichen Güterrecht oder
7.
den Versorgungsausgleich
betrifft. Satz 1 gilt im Fall der Beiordnung in Lebenspartnerschaftssachen nach § 269 Absatz 1 Nummer 1 und 2 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend.

(4) Die Beiordnung in Angelegenheiten, in denen nach § 3 Absatz 1 Betragsrahmengebühren entstehen, erstreckt sich auf Tätigkeiten ab dem Zeitpunkt der Beantragung der Prozesskostenhilfe, wenn vom Gericht nichts anderes bestimmt ist. Die Beiordnung erstreckt sich ferner auf die gesamte Tätigkeit im Verfahren über die Prozesskostenhilfe einschließlich der vorbereitenden Tätigkeit.

(5) In anderen Angelegenheiten, die mit dem Hauptverfahren nur zusammenhängen, erhält der für das Hauptverfahren beigeordnete Rechtsanwalt eine Vergütung aus der Staatskasse nur dann, wenn er ausdrücklich auch hierfür beigeordnet ist. Dies gilt insbesondere für

1.
die Zwangsvollstreckung, die Vollstreckung und den Verwaltungszwang;
2.
das Verfahren über den Arrest, den Europäischen Beschluss zur vorläufigen Kontenpfändung, die einstweilige Verfügung und die einstweilige Anordnung;
3.
das selbstständige Beweisverfahren;
4.
das Verfahren über die Widerklage oder den Widerantrag, ausgenommen die Rechtsverteidigung gegen den Widerantrag in Ehesachen und in Lebenspartnerschaftssachen nach § 269 Absatz 1 Nummer 1 und 2 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit.

(6) Wird der Rechtsanwalt in Angelegenheiten nach den Teilen 4 bis 6 des Vergütungsverzeichnisses im ersten Rechtszug bestellt oder beigeordnet, erhält er die Vergütung auch für seine Tätigkeit vor dem Zeitpunkt seiner Bestellung, in Strafsachen einschließlich seiner Tätigkeit vor Erhebung der öffentlichen Klage und in Bußgeldsachen einschließlich der Tätigkeit vor der Verwaltungsbehörde. Wird der Rechtsanwalt in einem späteren Rechtszug beigeordnet, erhält er seine Vergütung in diesem Rechtszug auch für seine Tätigkeit vor dem Zeitpunkt seiner Bestellung. Werden Verfahren verbunden und ist der Rechtsanwalt nicht in allen Verfahren bestellt oder beigeordnet, kann das Gericht die Wirkungen des Satzes 1 auch auf diejenigen Verfahren erstrecken, in denen vor der Verbindung keine Beiordnung oder Bestellung erfolgt war.

(1) Stellt sich nach Eröffnung des Hauptverfahrens ein Verfahrenshindernis heraus, so kann das Gericht außerhalb der Hauptverhandlung das Verfahren durch Beschluß einstellen.

(2) Der Beschluß ist mit sofortiger Beschwerde anfechtbar.

(1) Soweit der Angeschuldigte freigesprochen, die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen ihn abgelehnt oder das Verfahren gegen ihn eingestellt wird, fallen die Auslagen der Staatskasse und die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse zur Last.

(2) Die Kosten des Verfahrens, die der Angeschuldigte durch eine schuldhafte Säumnis verursacht hat, werden ihm auferlegt. Die ihm insoweit entstandenen Auslagen werden der Staatskasse nicht auferlegt.

(3) Die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten werden der Staatskasse nicht auferlegt, wenn der Angeschuldigte die Erhebung der öffentlichen Klage dadurch veranlaßt hat, daß er in einer Selbstanzeige vorgetäuscht hat, die ihm zur Last gelegte Tat begangen zu haben. Das Gericht kann davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen, wenn er

1.
die Erhebung der öffentlichen Klage dadurch veranlaßt hat, daß er sich selbst in wesentlichen Punkten wahrheitswidrig oder im Widerspruch zu seinen späteren Erklärungen belastet oder wesentliche entlastende Umstände verschwiegen hat, obwohl er sich zur Beschuldigung geäußert hat, oder
2.
wegen einer Straftat nur deshalb nicht verurteilt wird, weil ein Verfahrenshindernis besteht.

(4) Stellt das Gericht das Verfahren nach einer Vorschrift ein, die dies nach seinem Ermessen zuläßt, so kann es davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen.

(5) Die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten werden der Staatskasse nicht auferlegt, wenn das Verfahren nach vorangegangener vorläufiger Einstellung (§ 153a) endgültig eingestellt wird.