Oberlandesgericht Hamm Beschluss, 06. Okt. 2016 - 1 Vollz(Ws) 340/16
Tenor
Die Rechtsbeschwerde wird zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen.
Der angefochtene Beschluss wird mit Ausnahme der Festsetzung des Geschäftswertes aufgehoben.
Es wird festgestellt, dass die Ablehnung des Antrags des Betroffenen auf Gewährung einer Ausführung nach § 53 Abs.1, Abs. 2 Nr.1 StVollzG NRW wegen Fluchtgefahr rechtsfehlerhaft erfolgt ist und damit rechtswidrig war.
Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens und des Verfahrens erster Instanz sowie die dem Betroffenen in diesen Verfahren jeweils entstandenen notwendigen Auslagen werden der Landeskasse auferlegt.
1
Gründe:
2I.
3Der Betroffene verbüßt derzeit eine Freiheitsstrafe von acht Jahren und sechs Monaten wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung. Er befindet sich seit dem 03.07.2014 in der Justizvollzugsanstalt Aachen. Das Strafende ist auf den 08.11.2020 notiert.
4Nach den Feststellungen der Strafvollstreckungskammer in dem angefochtenen Beschluss beantragte der Antragsteller am 26.09.2015 für den 04.12.2015 oder 07.12.2015 eine Ausführung zu seiner Mutter in E, da diese aufgrund ihres Gesundheitszustandes nicht mehr in der Lage sei, ihn zu besuchen. In der Vollzugskonferenz am 21.01.2016 entschied die Antragsgegnerin, die beantragte Ausführung abzulehnen, da ein aktuelles Attest zum Gesundheitszustand der Mutter nicht vorgelegt worden sei. Die Ablehnung wurde nach den Feststellungen der Strafvollstreckungskammer auf folgende weitere Erwägungen gestützt:
5„Die beantragte Ausführung sei daher als normale Ausführung zu prüfen, da eine lebensgefährliche Erkrankung naher Angehöriger nach § 55 StVollzG NRW nicht bekannt sei. Der Gefangene sei in einem Einzelhaftraum untergebracht, er sei ein Einzelgänger, der keine Kontakte zu den Mitgefangenen pflege. Auch Gespräche mit dem Bediensteten versuche er zu vermeiden, indem er wegschaue, wenn man ihn anspreche. Die meiste Zeit mache der Gefangene einen verwahrlosten und verwirrten Eindruck auf die Bediensteten, er sei in seiner Art nicht einschätzbar. Er vertrete hinsichtlich der abgeurteilten Straftat eine konsequente Leugnungshaltung. Die Fluchtgefahr sei nicht hinreichend sicher auszuschließen. Im Rahmen einer vorherigen Inhaftierung habe er versucht, aus der JVA Geldern auszubrechen. Darauf angesprochen habe er geäußert, lediglich den Beweis beschaffen zu wollen, dass eine Waffe, die er für die damalige Straftat benutzt habe, nicht „scharf“ gewesen sei. Der Gefangene habe bislang an keinen Behandlungsmaßnahmen in der Anstalt teilgenommen, auch bestehe nur sehr sporadischer Kontakt zu den Angehörigen des Gefangenen, sein soziales Umfeld könne nicht eingeschätzt werden. Es habe bis zum dritten Quartal eine erhöhte Fluchtgefahr bestanden. In der Anstalt sei der Gefangene bisher nicht negativ aufgefallen. Auch in der Voranstalt seien keine Auffälligkeiten festgehalten worden. Die Ausführung könne aufgrund der nicht gegebenen Notwendigkeit – es läge nach den Erkenntnissen keine lebensbedrohliche Erkrankung der Mutter vor – sowie der immer noch zu befürchtenden Fluchtgefahr aufgrund der konsequenten Leugnungshaltung und fehlenden Schuldeinsicht nicht genehmigt werden und werde daher abgelehnt.“
6Dieses Ergebnis der Vollzugskonferenz wurde dem Betroffenen mit einem ihm am 30.01.2016 ausgehändigten Bescheid vom 28.01.2016 mitgeteilt.
7Am 23.02.2016 beantragte der Antragsteller erneut eine Ausführung zu seiner Mutter in das Altenwohnheim in E, da sie zu 100 % schwerbehindert sei und ihn daher seit fast drei Jahren nicht mehr habe besuchen können. Er könne diese Behauptung nicht durch Atteste belegen, da er keine Möglichkeit habe, diese zu erhalten. Die zuständige Abteilungsleitung könne aber den Zustand seiner Mutter telefonisch erfragen. Dieser Antrag wurde am 24.02.2016 unter Bezugnahme auf die Entscheidung vom 28.01.2016 abgelehnt mit der Begründung, dass aufgrund der Kürze der Zeit keine neuen Erkenntnisse gewonnen worden seien.
8Hiergegen wandte sich der Betroffene mit seinem Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 27.02.2016, mit dem er die Ablehnung der beantragten Ausführung als ermessensfehlerhaft beanstandete und ausführte, die besondere Bedeutung der familiären Beziehung zu seiner Mutter sei nicht berücksichtigt worden. Mit jedem Monat, der vergehe, ohne dass er seine Mutter besuchen könne, steige die Gefahr, dass sie sterben werde, bevor er sie nochmals sehen werde.
9Ende März 2016 verstarb die Mutter des Betroffenen.
10Dieser beantragte daraufhin (sinngemäß) festzustellen, dass die Ablehnung der Gewährung der Ausführung rechtswidrig gewesen sei, sowie die Bestimmung eines Ausführungstermins durch das Gericht, da er das Grab seiner Mutter besuchen wolle. Zur Begründung führte er aus, wenn die Anstaltsleitung sich nach seinem Antrag vom 23.02.2016 telefonisch in dem Altenwohnheim nach dem Gesundheitszustand seiner Mutter erkundigt hätte, hätte sie erfahren, dass diese damals im Sterben gelegen habe. Er habe diesen Umstand am 29.03.2016 auch selbst mitgeteilt. Ausführungen aus der Justizvollzugsanstalt seien bereits erfolgt. Denn er sei bereits mehrfach ohne Handfesseln zu ärztlichen Behandlungen in eine Augenklinik und zu einem auswärtigen Arzt ausgeführt worden.
11Die Strafvollstreckungskammer hat mit dem angefochtenen Beschluss den Antrag des Betroffenen, festzustellen, dass die Ablehnung der Gewährung der Ausführung rechtswidrig gewesen sei, als unbegründet verworfen.
12Die Strafvollstreckungskammer ist zu Gunsten des Betroffenen davon ausgegangen, dass er seinen Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Ablehnung seines Antrags auf Ausführung zu seiner kranken Mutter weiterverfolgen wolle. Zwar habe er zusätzlich die Bestimmung eines Termins zur Ausführung an das Grab seiner Mutter beantragt. Ein solcher Antrag sei aber nicht Gegenstand des Antrags vom 23.02.2016 gewesen und mit diesem – allein bereits aufgrund der verschiedenen Modalitäten einer Ausführung in ein Pflegeheim und einer solchen auf einen Friedhof – auch keineswegs deckungsgleich. Ein entsprechender Verpflichtungsantrag mit diesem Inhalt wäre unzulässig, da mangels eines entsprechenden Antrags des Betroffenen gegenüber der Antragsgegnerin eine Entscheidung dieser hierüber, die Gegenstand eines gerichtlichen Überprüfungsverfahrens gemäß § 109 ff. StVollzG sein könnte, noch nicht ergangen sei.
13Die Ablehnung des Antrags des Betroffenen auf Ausführung zu seiner kranken Mutter ist nach Ansicht der Strafvollstreckungskammer durch die Antragsgegnerin ermessensfehlerfrei abgelehnt worden. Der Antrag des Betroffenen auf Gewährung einer Ausführung zu seiner kranken Mutter sei zu Recht nicht nach § 55 Abs. 1 StVollzG beschieden worden. Die Krankheit eines nahen Angehörigen müsse, um einen wichtigen Anlass im Sinne des § 55 Abs. 1 S. 2 StVollzG NRW darzustellen, lebensgefährlich sein. Für sie müsse zudem ein akuter Anlass bestehen. Eine solche lebensgefährliche und akute Erkrankung seiner Mutter habe der Antragsteller in seinem Antrag vom 23.02.2016 aber nicht dargelegt, sondern vielmehr erklärt, dass diese zu 100 % schwerbehindert sei und ihn deshalb seit drei Jahren nicht habe besuchen können. Dem Antragsteller habe es aber oblegen, die Tatsachen für den wichtigen Anlass darzulegen.
14Die Antragsgegnerin habe auch ermessensfehlerfrei eine Ausführung nach § 53 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 StVollzG NRW abgelehnt. Lockerungen hätten keinen Selbstzweck sondern stünden in einem behandlerischen Kontext. Das Ausmaß des Ermessensspielraums der Vollzugsbehörde hänge entscheidend davon ab, wie wichtig die Lockerungsmaßnahmen für die Erreichung des Resozialisierungsziels im konkreten Einzelfall seien. Aus diesem Grund sei nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin in ihrer Entscheidung vom 24.02.2016 davon ausgegangen sei, dass ein solcher behandlerischer Kontext bei dem Betroffenen wegen seiner Leugnungszeitung und der Nichtteilnahme an den in der Anstalt gebotenen Behandlungsmethoden nicht hergestellt werden könne.
15Gegen diese Entscheidung richtet sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen, mit der eine Verletzung formellen und materiellen Rechts gerügt wird.
16Das Justizministerium des Landes Nordrhein-Westfalen hält die Rechtsbeschwerde mangels eines Zulassungsgrundes für unzulässig.
17II.
18Die Rechtsbeschwerde war auf die Sachrüge gemäß § 116 Abs. 1 StVollzG zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen und hat mit der Sachrüge auch Erfolg.
19Zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfolgt die Zulassung der Rechtsbeschwerde, wenn vermieden werden soll, dass schwer erträgliche Unterschiede in der Rechtsprechung entstehen oder fortbestehen, wobei es darauf ankommt, welche Bedeutung die angefochtene Entscheidung für die Rechtsprechung im Ganzen hat.
20Im vorliegenden Verfahren hat die Strafvollstreckungskammer verkannt, dass nach ständiger Rechtsprechung des Senats für die Versagung von Lockerungen das Bestehen einer Flucht- oder Missbrauchsgefahr im Sinne des § 53 Abs. 1 StVollzG NRW bzw. des § 11 Abs. 2 positiv festgestellt werden muss (vgl. Senatsbeschluss vom 29.09.2015 - III -1 Vollz (Ws) 411/15, betreffend das Vorliegen einer Missbrauchsgefahr, juris; Senatsbeschluss vom 04.11.2014 - III-1 Vollz (Ws) 475/15, betreffend das Vorliegen von Fluchtgefahr, juris). Eine Leugnungshaltung des Betroffenen sowie eine mangelnde Bereitschaft zur Mitarbeit bei seiner Behandlung reichen für sich allein zur Feststellung einer Fluchtgefahr nicht aus. Ebenso wenig genügt es, dass eine Fluchtgefahr nicht hinreichend sicher auszuschließen ist, wie in dem Bescheid der Antragsgegnerin vom 21.01.2016 ausgeführt worden ist. Die Erwähnung eines Ausbruchsversuches des Betroffenen während einer früheren Inhaftierung ermöglicht schon mangels einer konkreten zeitlichen Angabe, wann dieser erfolgt sein soll, keine Überprüfung dahingehend, ob hieraus ermessensfehlerfrei Rückschlüsse auf eine heute noch bestehende Fluchtgefahr gezogen werden können. Die Antragsgegnerin hat jedenfalls letztlich im Ergebnis die Ablehnung der Ausführung auf die „immer noch zu befürchtende Fluchtgefahr aufgrund der konsequenten Leugnungshaltung und fehlenden Schuldeinsicht“ gestützt.
21Hinzu kommt, dass der Antragsteller ausschließlich die Gewährung einer Ausführung und damit einer unselbstständigen Lockerung beantragt hat. Angesichts dessen hätte es, was hier aber nicht der Fall ist, der positiven Feststellung einer bestehenden Fluchtgefahr gerade in Bezug auf diese Lockerungsform bedurft.
22Hierzu hat der Senat mit Beschluss vom 25.02.2016 (III-1 Vollz (Ws) 28/16) folgendes ausgeführt:
23„Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass die Versagung von Lockerungen in der Vollzugsplanfortschreibung nur dann frei von Ermessensfehlern und verhältnismäßig ist, wenn die Gründe hierfür nicht pauschal, sondern lockerungsbezogen abgefasst sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 04.05.2015 - 2 BvR 1753/14 -, juris; OLG Koblenz, Beschluss vom 31.01.2014 – 2 Ws 689/13 (Vollz), BeckRS 19279, jeweils m.w.N.). Die Kammer wird zu prüfen haben, ob die Vollzugsbehörde auch nachvollziehbare Ausführungen dazu gemacht hat, inwiefern negative Umstände in der Persönlichkeit und Entwicklung des Betroffenen jegliche Lockerungsformen, also auch Begleitausgänge bis zu 24 Stunden im Sinne des § 53 Abs. 2 Nr. 1 StVollzG NRW, ausschließen. Denn die bei dieser Lockerungsform vorgesehene Aufsicht einer begleitenden Person hat gerade den Sinn, Flucht- und Missbrauchsgefahren entgegenzuwirken (vgl. OLG Koblenz a.a.O. unter Verweis auf: BVerfG, 2 BvR 865/11 vom 20.06.2012, NStZ-RR 2012, 387 für Ausführungen nach § 11 Abs. 1 Nr. 2 StVollzG).“
24Die Strafvollstreckungskammer hat die unzureichende Begründung der Fluchtgefahr durch die Antragsgegnerin, die im Widerspruch zu der oben zitierten ständigen Senatsrechtsprechung steht, nicht beanstandet. Dieser Umstand birgt angesichts der erheblichen Bedeutung der Sache für den Betroffenen die Gefahr schwer erträglicher Abweichungen innerhalb der Rechtsprechung.
25Die Einheitlichkeit der Rechtsprechung ist zudem dadurch gefährdet, dass das Landgericht im Rahmen seiner Entscheidungsfindung die Grenzen des § 115 Abs. 5 StVollzG nicht hinreichend beachtet hat, indem es die fehlerhaften Ermessenserwägungen der Antragsgegnerin nicht nur nicht beanstandet, sondern zudem durch eigene ersetzt hat. Denn die Strafvollstreckungskammer hat sich mit dem von der Antragsgegnerin als maßgeblich angeführten Ablehnungsgrund der Fluchtgefahr überhaupt nicht befasst, sondern allein auf abgestellt, dass die Ablehnung des Antrags des Betroffenen deshalb nicht zu beanstanden sei, weil die Antragsgegnerin bei ihrer Entscheidung davon ausgegangen sei, dass der erforderliche behandlerische Kontext zwischen der von dem Betroffenen beantragten Lockerung und dem angestrebten konkreten Resozialisierungsziel wegen der Leugnungshaltung und Nichtteilnahme des Betroffenen an den in der Anstalt angebotenen Behandlungsmethoden nicht hergestellt werden könne. Das Gericht darf sein Ermessen aber nicht an die Stelle des der Anstalt zustehenden Ermessens setzen (vgl. Senatsbeschluss vom 13.11.1990, 1 Vollz(Ws) 70/90 – juris; Kamann/Spaniol in Feest/Lesting, Strafvollzugsgesetz, 6. Aufl., § 115 Rn 42 m.w.N.).
26Unter Zugrundelegung der obigen Ausführungen beruhte die Ablehnung des Antrags des Betroffenen auf Gewährung einer Ausführung zu seiner Mutter auf rechtsfehlerhaften Erwägungen und war somit rechtswidrig. Der angefochtene Beschluss war daher aufzuheben. Weil die Sache in Ansehung der von der Strafvollstreckungskammer zu treffenden Entscheidung gemäß § 119 Abs. 4 S. 2 StVollzG spruchreif ist und für eine (erneute) Entscheidung der Antragsgegnerin aufgrund des Todes der Mutter des Betroffenen und der dadurch eingetretenen Erledigung des Antrags des Betroffenen kein Raum mehr ist, konnte der Senat außerdem in der Sache selbst entscheiden und hat dem Feststellungsantrag des Betroffenen stattgegeben.
27III.
28Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 4 StVollzG i. V. m. einer entsprechenden Anwendung des § 476 Abs. 1 StPO.
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(1) Dem Gefangenen darf religiöse Betreuung durch einen Seelsorger seiner Religionsgemeinschaft nicht versagt werden. Auf seinen Wunsch ist ihm zu helfen, mit einem Seelsorger seiner Religionsgemeinschaft in Verbindung zu treten.
(2) Der Gefangene darf grundlegende religiöse Schriften besitzen. Sie dürfen ihm nur bei grobem Mißbrauch entzogen werden.
(3) Dem Gefangenen sind Gegenstände des religiösen Gebrauchs in angemessenem Umfang zu belassen.
(1) Dem Gefangenen darf religiöse Betreuung durch einen Seelsorger seiner Religionsgemeinschaft nicht versagt werden. Auf seinen Wunsch ist ihm zu helfen, mit einem Seelsorger seiner Religionsgemeinschaft in Verbindung zu treten.
(2) Der Gefangene darf grundlegende religiöse Schriften besitzen. Sie dürfen ihm nur bei grobem Mißbrauch entzogen werden.
(3) Dem Gefangenen sind Gegenstände des religiösen Gebrauchs in angemessenem Umfang zu belassen.
(1) Gegen die gerichtliche Entscheidung der Strafvollstreckungskammer ist die Rechtsbeschwerde zulässig, wenn es geboten ist, die Nachprüfung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen.
(2) Die Rechtsbeschwerde kann nur darauf gestützt werden, daß die Entscheidung auf einer Verletzung des Gesetzes beruhe. Das Gesetz ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.
(3) Die Rechtsbeschwerde hat keine aufschiebende Wirkung. § 114 Abs. 2 gilt entsprechend.
(4) Für die Rechtsbeschwerde gelten die Vorschriften der Strafprozeßordnung über die Beschwerde entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt.
(1) Dem Gefangenen darf religiöse Betreuung durch einen Seelsorger seiner Religionsgemeinschaft nicht versagt werden. Auf seinen Wunsch ist ihm zu helfen, mit einem Seelsorger seiner Religionsgemeinschaft in Verbindung zu treten.
(2) Der Gefangene darf grundlegende religiöse Schriften besitzen. Sie dürfen ihm nur bei grobem Mißbrauch entzogen werden.
(3) Dem Gefangenen sind Gegenstände des religiösen Gebrauchs in angemessenem Umfang zu belassen.
Tenor
Die Rechtsbeschwerde wird zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen
Der angefochtene Beschluss wird mit Ausnahme der Festsetzung des Geschäftswertes aufgehoben.
Die Regelungen der Antragsgegenerin über die Nichtgewährung von Vollzugslockerungen in der Vollzugsplanfortschreibung vom 21. April 2015 werden aufgehoben. Die Vollzugsbehörde wird angewiesen, die Regelungen über die eventuelle Gewährung von Vollzugslockerungen unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats neu zu fassen.
Soweit die weitergehende Rechtsbeschwerde auf die unmittelbare Gewährung von Lockerungen gerichtet ist, wird sie als unbegründet zurückgewiesen; im Übrigen ist sie gegenstandslos.
Die Kosten des Verfahrens in erster Instanz sowie des Rechtsbeschwerdeverfahrens hat der Betroffene zu tragen, jedoch wird die gerichtliche Gebühr jeweils um die Hälfte ermäßigt. Die Landeskasse hat insgesamt die notwendigen Auslagen des Betroffenen zu 1/2 zu tragen.
1
Gründe:
2I.
3Der Antragsteller verbüßt eine lebenslange Freiheitsstrafe in der JVA H. 15 Jahre der Freiheitsstrafe waren am 20. Juni 2014 verbüßt. Unter dem 21. April 2015 erfolgte seitens der JVA H die Vollzugsplanfortschreibung, welche sich unter Punkt 9 zu Lockerungen des Vollzuges dahin verhielt, dass „dazu weiterhin keine konkrete planerische Aussage möglich sei. Weiterhin bestehe aber die Möglichkeit von max. 4 Ausführungen zur Erhaltung der Lebenstüchtigkeit“.
4Hiergegen wandte sich der Betroffene zunächst mit seinem eigenen Antrag vom 25. April 2015, später konkretisiert durch einen Antrag mit Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom 15. Juni 2015 dahingehend, „die Regelungen über die (Nicht-)Gewährung von Vollzugslockerungen in der Vollzugsplanfortschreibung aufzuheben und den Antragsgegner zu verpflichten, dem Antragsteller weitergehende Vollzugslockerungen (als max. 4 Ausführungen pro Jahr zur Erhaltung der Lebenstüchtigkeit) mindestens in Form von (begleiteten) Ausgängen zu gewähren“ sowie darüber hinaus „die unter Ziffer 11 des Vollzugsplans festgelegte Frist bis April 2016 bis zur nächsten Vollzugsplanüberprüfung aufzuheben und den Antragsgegner zu verpflichten, die Frist bis zur nächsten Vollzugsplanüberprüfung auf Oktober 2015, hilfsweise auf einen früheren Zeitpunkt als April 2016 festzusetzen“.
5Der Betroffene hat vorgebracht, der derzeitige Vollzugsplan enthalte keinerlei Perspektive zu vollzugsöffnenden Maßnahmen. Er habe die bisherigen gefesselten Ausführungen beanstandungsfrei absolviert und damit seine Zuverlässigkeit und Absprachefähigkeit unter Beweis gestellt. Das seitens der JVA angenommene Flucht- und Missbrauchsrisiko entbehre jeglicher Grundlage, zumal es nicht allein auf gestützt werden dürfe, dass er die Tatbegehung weiterhin leugne.
6Dem ist die JVA mit der Begründung entgegengetreten, für die Prüfung und Einleitung von Vollzugsöffnungen bedürfe es einer selbstkritischen Auseinandersetzung des Betroffenen mit sich selbst, damit Flucht- und Missbrauchsrisiko mit ausreichender Sicherheit ausgeschlossen werden könnten. Der Antragsteller sei aber nicht bereit, an sich selbst irgendetwas zu verändern; die Situation sei mittlerweile gänzlich festgefahren. Eine Perspektive ergebe sich erst dann, wenn bei ihm eine Veränderungsbereitschaft bestehe und darüber hinaus er von der bestehenden Leugnungshaltung Abstand nehme.
7Durch den angefochtenen Beschluss hat das Landgericht den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückgewiesen. Die Bewertung der Vollzugsanstalt, die Leugnungshaltung des Betroffenen sowie die mangelnde Veränderungsbereitschaft stünden der Gewährung von weitergehenden Vollzugslockerungen entgegen, sei nicht zu beanstanden.
8Hiergegen wendet sich der Betroffene mit seiner Rechtsbeschwerde, mit der er einerseits die allgemeine Sachrüge erhebt, vornehmlich jedoch die Verletzung rechtlichen Gehörs rügt, da die Strafvollstreckungskammer einerseits eine Stellungnahme der JVA vom 03. Juli 2015 im Rahmen der Entscheidung verwertet habe, ohne diese dem Betroffenen und seinem Verfahrensbevollmächtigten zuvor zur Kenntnis zu bringen, sowie darüber hinaus auch das Protokoll einer Anhörung des Betroffenen vom 03. Juni 2015 im Rahmen des Aussetzungsverfahrens gemäß § 57 a StGB vor der großen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Kleve zur Begründung herangezogen habe, ohne die entsprechende Verwertungsabsicht vor Erlass des angefochtenen Beschlusses mitzuteilen.
9Das Justizministerium Nordrhein-Westfalen hat ohne näheren Sachantrag ausgeführt, dass die Rechtsbeschwerde für zulässig erachtet werde.
10II.
11Das zulässige Rechtsmittel hat teilweise Erfolg.
121.
13Soweit der Betroffene mit seiner Rechtsbeschwerde vornehmlich die Verletzung formellen Rechts in der Form einer Verletzung rechtlichen Gehörs rügt, vermag er allerdings mit seinem Vorbringen nicht durchzudringen.
14Der Betroffene hat die entsprechende Verfahrensrüge nicht in zulässiger Weise gemäß der §§ 120 Abs. 1 StVollzG, 344 Abs. 2 StPO erhoben. Er hat lediglich - zutreffend - ausgeführt, dass die Strafvollstreckungskammer ihm keine Gelegenheit zur Stellungnahme zu dem Schreiben des Leiters der JVA H vom 03. Juli 2015 gegeben habe.
15Damit hat die Strafvollstreckungskammer das rechtliche Gehör des Betroffenen gemäß Art. 103 GG verletzt, zumal sie ihrer Würdigung den Inhalt dieser Stellungnahme der JVA zu Grunde gelegt hat. Die Verfahrensbeteiligten müssen grundsätzlich Gelegenheit haben, sich zu Stellungnahmen der Gegenseite in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zu äußern (vgl. nur BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 06. Juni 2011 – 2 BvR 2076/08 –, juris). Gleiches gilt für die erfolgte Verwertung der in einem anderen Verfahren erfolgten Anhörung des Betroffenen.
16Andererseits führt der Gehörsverstoß jedoch nur dann zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung, wenn diese auf dem Verstoß beruht (vgl. BVerfG a.a.O.).
17Der Betroffene hat insoweit mit seiner Rechtsbeschwerde vorliegend allerdings nichts Konkretes dazu ausgeführt, was er im Falle seiner Anhörung in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht vorgetragen hätte. Die revisionsähnliche Ausgestaltung der Rechtsbeschwerde gemäß der §§ 120 Abs. 1 StVollzG, 344 Abs. 2 StPO erfordert grundsätzlich, dass das Rechtsbeschwerdegericht allein durch die Begründung der Rechtsbeschwerde in die Lage versetzt werden muss, zu überprüfen, ob ein verfahrensrelevanter Rechtsverstoß gegeben ist. Auch nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts besteht grundsätzlich das Erfordernis, die Rüge eines Gehörsverstoßes zu substantiieren (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24.07.2008 – 2 BvR 610/08). Diese Vorgaben entsprechen inzwischen der gefestigten Senatsrechtsprechung (vgl. Senat, Beschluss vom 16. Juli 2013 – III-1 Vollz(Ws) 256/13, juris).
182.
19Die auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde war jedoch auf die allgemeine Sachrüge bezüglich des Verpflichtungsantrags zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen.
20Zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfolgt die Zulassung der Rechtsbeschwerde, wenn vermieden werden soll, dass schwer erträgliche Unterschiede in der Rechtsprechung entstehen oder fortbestehen, wobei es darauf ankommt, welche Bedeutung die angefochtene Entscheidung für die Rechtsprechung im Ganzen hat.
21Vorliegend hat die Justizvollzugsanstalt und ihr nachfolgend die Strafvollstreckungskammer die Verweigerung von Lockerungen für den Betroffenen letztlich ausschließlich bzw. zumindest vornehmlich damit begründet, eine Perspektive ergebe sich insoweit erst dann, wenn bei dem Betroffenen eine Veränderungsbereitschaft bestehe und er darüber hinaus von der bestehenden Leugnungshaltung Abstand nehme. Da der Antragsteller sich nicht öffne und relevante Persönlichkeitsdefizite nicht bearbeite, könne die Flucht- und Missbrauchsgefahr nicht mit der notwendigen Sicherheit ausgeschlossen werden.
22Diese Begründung steht im Widerspruch zur ständigen Senatsrechtsprechung und birgt angesichts der erheblichen Bedeutung der Sache für den Betroffenen dementsprechend die Gefahr schwer erträglicher Abweichungen innerhalb der Rechtsprechung.
23Zur Frage der Berücksichtigung einer Leugnungshaltung des Betroffenen im Rahmen der Gewährung von Lockerungen hat der Senat mit Beschluss vom 27. November 2008 (– 1 Vollz (WS) 1007/08 – juris) bezogen auf die seinerzeit geltenden Regelungen des Strafvollzugsgesetzes unter anderem folgendes ausgeführt:
24„Gemäß § 11 Abs. 2 StVollzG dürfen Lockerungen des Strafvollzuges gewährt werden, wenn nicht zu befürchten ist, dass der Gefangene sich dem Vollzug der Freiheitsstrafe entzieht oder Lockerungen des Vollzuges durch Straftaten missbrauchen wird. Das Gesetz räumt der Vollzugsbehörde damit bei der Gewährung von Lockerungen ein Ermessen ein, macht dessen Ausübung aber zunächst davon abhängig, dass der zwingende Versagungsgrund der Flucht- oder Missbrauchsgefahr fehlt. Hinsichtlich dieser Versagungsgründe ist der Vollzugsbehörde ein Beurteilungsspielraum eröffnet, in dessen Rahmen sie mehrere Entscheidungen treffen kann, die gleichermaßen rechtlich vertretbar sind (BGHSt 30, S. 320). Damit soll vor allem dem Umstand Rechnung getragen werden, dass die Vollzugsbehörde wegen ihrer Nähe zu dem Gefangenen besser als die Gerichte in der Lage ist, diese Prognoseentscheidung unter Berücksichtigung aller Umstände zu treffen. Versagt deshalb die Vollzugsbehörde die Gewährung von Lockerungen, so hat die Strafvollstreckungskammer nur zu prüfen, ob die Vollzugsbehörde bei ihrer Entscheidung von einem zutreffenden und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen ist, ob sie ihrer Entscheidung den richtigen Begriff des Versagungsgrundes zugrunde gelegt hat und ob sie dabei die Grenzen des ihr zustehenden Beurteilungsspielraums eingehalten hat (BGH a.a.O.).
25Dass die Entscheidung der Vollzugsbehörde diesen Anforderungen genügt, ist im vorliegenden Fall nicht festzustellen. Die Vollzugsbehörde hat ihre Entscheidung ersichtlich allein darauf gestützt, dass der Betroffene seine Taten inzwischen bestreitet und deshalb therapeutischen Maßnahmen nicht zugänglich sei. Aus diesem Verhalten haben die in der Justizvollzugsanstalt bislang mit dem Betroffenen befassten Psychologen den Schluss gezogen, dass Art und Umfang der sexuellen Fehlentwicklung des Betroffenen nicht festgestellt werden könnten und das Risiko weiterer sexueller Auffälligkeiten mit strafrechtlicher Relevanz sich möglicherweise nicht verringert habe.
26Diese Begründung der Ablehnung von Lockerungen jeder Art hält rechtlicher Überprüfung durch den Senat nicht Stand. Die Vollzugsbehörde hat ihrer Entscheidung ersichtlich – nur – den Versagungsgrund der Missbrauchsgefahr zugrunde gelegt. Zwar stellt in diesem Fall - insbesondere wenn es die Gewährung von Lockerungen für einen rechtskräftig verurteilten Sexualstraftäter betrifft - die nachhaltige Tatleugnung stets ein ungünstiges prognostisches Kriterium für die Beurteilung der Missbrauchsgefahr dar. Die Tatleugnung allein begründet aber eine solche Annahme dann nicht, wenn andere - gewichtige - Umstände dem entgegenstehen. Um das Gewicht der Tatleugnung für die Missbrauchsgefahr beurteilen zu können, müssen deshalb im konkreten Fall weitere Prognosegesichtspunkte herangezogen werden, die die aus der Tatleugnung hergeleitete fehlende Unrechtseinsicht und mangelnde Tataufarbeitung zu stützen vermögen. In diesem Zusammenhang sind insbesondere die Persönlichkeit des Strafgefangenen und seine Entwicklung bis zur Tat, die Art und Weise sowie Motive der Tatbegehung, mögliche oder erkennbare Motive für das Leugnen der Tat sowie die Entwicklung und das Verhalten im Vollzug und die Eignung für eine Therapie bei der Beurteilung der Missbrauchsgefahr zu beachten (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 14. Dezember 2004 - 1 Vollz (Ws) 153/04 -; OLG Frankfurt, NStZ-RR 2000, S. 251).
27Im vorliegenden Fall ist von besonderem Gewicht, dass sich die Straffälligkeit des Betroffenen, die zu seiner bisher einzigen Verurteilung geführt hat, in einem familiären Umfeld ereignet hat, das in dieser Form nicht mehr besteht. Die damaligen Tatopfer, die inzwischen volljährigen ehelichen Töchter des Betroffenen, stehen in keinem Kontakt mehr zu ihm. Ihnen droht deshalb im Falle einer Bewilligung des beantragten Begleitausgangs - jedenfalls soweit ersichtlich - keine von dem Betroffenen ausgehende Gefahr. Für eine Gefährdung Dritter lässt aber weder das gegen den Betroffenen ergangene Strafurteil noch sein Vorleben oder sein Vollzugsverhalten irgendwelche Anhaltspunkte erkennen. Unter diesen Umständen vermag der Senat – jedenfalls nach den bisher getroffenen Feststellungen - nicht zu erkennen, warum der Betroffene den von ihm beantragten Begleitausgang zum Grab der Schwiegermutter im Beisein des Anstaltsgeistlichen und seiner körperbehinderten Ehefrau zur Begehung zu Straftaten missbrauchen könnte.
28An einer ausreichenden Auseinandersetzung mit diesen für die Prognoseentscheidung maßgeblichen Gesichtspunkten fehlt es. Deshalb waren sowohl die Entscheidung der Strafvollstreckungskammer als auch der Bescheid der Vollzugsbehörde aufzuheben. Auf eine Zurückverweisung an die Strafvollstreckungskammer war nicht zu erkennen, da die Sache in Ansehung der von ihr zu treffenden Entscheidung gemäß § 119 Abs. 4 S. 2 StVollzG spruchreif ist. Insoweit kommt nämlich wegen der Fehlerhaftigkeit des Bescheides der Vollzugsbehörde allein dessen Aufhebung in Betracht. Spruchreife bezüglich der Entscheidung der Vollzugsbehörde liegt allerdings nicht vor. Diese war deshalb anzuweisen, den Betroffenen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu bescheiden (§ 115 Abs. 4 S. 2 StVollzG).“
29Im Rahmen einer weiteren Entscheidung vom 16. Juli 2015 (III - 1 Vollz(Ws) 247/15) hat der Senat u.a. folgendes ausgeführt:
30„Für das weitere Verfahren wird die Kammer zu prüfen haben, ob sich alleine aus der Umstand der Tatleugnung die Annahme einer Missbrauchsgefahr im Sinne des § 10 Abs. 1 StVollzG bzw. nunmehr § 12 Abs. 1 StVollzG NRW begründen lässt. Nach beiden Vorschriften ist Voraussetzung für eine Versagung, dass zu befürchten ist, der Verurteilte werde sich dem Vollzug der Freiheitsstrafe entziehen oder die besonderen Verhältnisse des offenen Vollzuges zur Begehung von Straftaten missbrauchen. Die Ermessensentscheidung der JVA muss sich also auch damit befassen. Es erscheint zweifelhaft, ob die bisher mitgeteilte und eher pauschal gehaltene Begründung der JVA diesem Erfordernis hirneichend genügt. Bei der Entscheidung über die Frage, ob die Vollzugsbehörde von einem zutreffenden und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen ist und die Grenzen des Beurteilungsspielraums eingehalten hat, wird zu berücksichtigen sein, dass abwägungsrelevante Umstände im Rahmen der Prüfung einer Missbrauchsgefahr (§§ 10, 11 StVollzG bzw. §§ 12, 53 StVollzG NRW) vor allem die Persönlichkeit des Verurteilten, sein Vorleben, etwaige frühere Straftaten, die Umstände und das Gewicht der Tat sowie die Tatmotivation, sein Verhalten und seine Persönlichkeitsentwicklung im Vollzug sind (OLG Hamburg, Beschl. v. 13.07.2007 – 3 Vollz (Ws) 26-28/07 zit. nach Juris; OLG Frankfurt NStZ-RR 2004, 1278; OLG Brandenburg, Beschl. v. 25.09.2013 - 2 Ws (Vollz) 148/13, BeckRS 2014, 07702). Tatmotivation und Persönlichkeitsentwicklung im Vollzug sind also hierbei nicht die allein maßgebenden Umstände.
31Zudem muss eine Missbrauchsgefahr positiv festgestellt werden, so dass es nicht genügt, wenn sie nicht sicher auszuschließen ist; fehlende Mitarbeit an der Behandlung reicht für sich allein zur positiven Feststellung der Missbrauchsgefahr grundsätzlich ebenso wenig aus wie das Fehlen einer günstigen Sozialprognose (OLG Brandenburg, Beschl. v. 25.09.2013 - 2 Ws (Vollz) 148/13, BeckRS 2014, 07702, m.w.N.). Soweit der angefochtene Beschluss ausführt, es sei nicht „einschätzbar, ob eine Missbrauchsgefahr zu befürchten ist“, deutet dies darauf hin, dass dieser Maßstab verkannt worden ist.“
32Im vorliegenden Fall lässt die Begründung der JVA H sowohl eine hinreichend über die bloße Berufung auf die Leugnungshaltung des Betroffenen hinausgehende Auseinandersetzung mit weiteren Umständen vermissen, die zudem geeignet sein müssten, die auch für die Verweigerung vollzugsöffnender Maßnahmen gemäß § 53 StVollzGNW erforderliche Annahme einer Flucht- und/oder Missbrauchsgefahrpositiv zu begründen. Die bloße Bezugnahme auf nicht näher mitgeteilte Persönlichkeitsdefizite ist hierfür nicht hinreichend, zumal nicht für die erfolgte Ablehnung auch jeglicher unselbstständiger Lockerungen. Insoweit weist der Senat klarstellend darauf hin, dass es sich gemäß § 53 Abs. Abs. 2 Nr. 1 StVollzGNW entgegen der Ansicht der JVA auch bei Ausführungen um vollzugsöffnende Maßnahmen handelt.
33Im Hinblick auf das der Strafvollstreckung zu Grunde liegende und vom Betroffenen geleugnete Tatgeschehen ist nach Auffassung des Senats zudem zu beachten, dass dieses nicht etwa aus einem impulsiven Durchbruch oder einer spontan aggressiven Reaktionen heraus erfolgt ist, sondern sich in einer konstellierend zuspitzenden Situation über längere Zeit mit einer durchaus länger dauernden Tatplanung und Tatausführung entwickelt hat. Aus welchem Grund im Rahmen der Gewährung weiterer Lockerungen – zumal angesichts der bisher unbestritten vielfachen beanstandungsfreien erfolgten Ausführungen zur Erhaltung der Lebenstüchtigkeit eine Flucht- und/oder Missbrauchsgefahr positiv begründet sein sollte, lässt sich den bisherigen Erwägungen nicht entnehmen. Dies führt zur Fehlerhaftigkeit der angegriffenen Vollzugsplanfortschreibung.
34Da im vorliegenden Fall Entscheidungsreife im Sinne des § 119 Abs. 4 S. 2 StVollzG gegeben war, bedurfte es keiner Zurückverweisung der Sache an die Strafvollstreckungskammer. Vielmehr war insoweit über den angefochtenen Beschluss hinausgehend der angegriffene Teil der Vollzugsplanfortschreibung unmittelbar aufzuheben und die Justizvollzugsanstalt zur Neubescheidung zu verpflichten. Dass der Rechtsbeschwerdeantrag demgegenüber lediglich auf eine Zurückverweisung der Sache an die Strafvollstreckungskammer gerichtet war, steht einer entsprechenden Entscheidung des Senats nicht entgegen, da insoweit ersichtlich ist, dass der Betroffene auch mit der Rechtsbeschwerde eine Aufhebung der die Lockerungen betreffende Vollzugsplanfortschreibung begehrt.
35Soweit die Rechtsbeschwerde darüber hinausgehend entsprechend dem ursprünglichen Antragsbegehren das Ziel einer unmittelbaren Gewährung von Lockerungen verfolgt, ist sie unbegründet, da der Anspruch des Betroffenen lediglich auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung gerichtet ist und ein Fall der Ermessensreduzierung auf Null ersichtlich nicht vorliegt.
363.
37Im Hinblick auf die begehrte Korrektur des festgesetzten Zeitpunktes für die Fortschreibung des Vollzugsplans sind die Rechtsbeschwerde und das Begehren des Betroffenen angesichts der nunmehr ohnehin unmittelbaren Verpflichtung der JVA H zur Neubescheidung gegenstandslos. Bei sachgerechter Auslegung des entsprechenden Antrages war davon auszugehen, dass dieser sich ausschließlich auf die begehrten Lockerungen bezog.
38III.
39Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 und 4 StVollzG i.V.m. § 473 Abs. 4 StPO. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung und das ihm nachfolgend uneingeschränkt eingelegte Rechtsmittel und haben ungeachtet der antragsgemäß erfolgten Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und der über den Rechtsbeschwerdeantrag hinausgehenden Zurückverweisung der Sache unmittelbar an die JVA H lediglich einen Teilerfolg, da mit dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung die unmittelbare Gewährung von Lockerungen begehrt worden ist, mit der vorliegenden Senatsentscheidung die Justizvollzugsanstalt demgegenüber jedoch lediglich zu einer erneuten – nunmehr ermessensfehlerfreien – Entscheidung verpflichtet wird.
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen vom 21.12.2015 gegen den Beschluss der 2. Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Wuppertal vom 30.11.2015 hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 25.02.2016 durch
nach Anhörung des Justizministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen sowie des Betroffenen bzw. seines Verfahrensbevollmächtigten einstimmig beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung – auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens – an die Strafvollstreckungskammer beim Landgericht Wuppertal zurückverwiesen.
1
Gründe:
2I.
3Der Betroffene verbüßt seit dem 18.09.2000 eine lebenslange Freiheitsstrafe wegen Mordes in Tateinheit mit Schwangerschaftsabbruch aus einem Urteil des Landgerichts Augsburg vom 22.11.2001. Darin ist die besondere Schwere der Schuld festgestellt. Der Ablauf einer Haftzeit von 15 Jahren war auf den 18.09.2015 notiert. Der Betroffene wurde am 10.07.2007 aus C nach O überstellt und wurde über die Vollzugsanstalten I und X am 06.09.2013 der JVA S zugeführt.
4Ein Verfahren zur Frage der Festlegung der Dauer der Mindestverbüßungszeit sowie zur Frage der Aussetzung der lebenslangen Freiheitsstrafe zur Bewährung war zumindest zum Zeitpunkt der angefochtenen Entscheidung noch nicht eingeleitet.
5Nach den Feststellungen des angegriffenen Beschlusses vermerkte die JVA in der Vollzugsplanfortschreibung unter dem Punkt „Vollzugsöffnende Maßnahmen:
6„Eine Zulassung zu vollzugsöffnenden Maßnahmen scheidet aus. Es kann nicht verantwortet werden, den Gefangenen in vollzugsöffnenden Maßnahmen zu erproben. Es besteht Flucht- und Missbrauchsgefahr. Die erweiterte interne Prüfung wurde am 25.06.2015 zum Abschluss gebracht. Auf den Inhalt der Niederschrift vom 30.06.2015, welche auch dem Gefangenen ausgehändigt wurde, wird Bezug genommen.“
7Die genannte Niederschrift, auf die der angefochtene Beschluss ergänzend Bezug nimmt, verhält sich zu einer Entscheidung der JVA vom 30.06.2015, mit der diese einen Antrag des Betroffenen auf Gewährung vollzugsöffnender Maßnahmen und Verlegung in den offenen Vollzug ablehnte. Hierzu heißt es im angefochtenen Beschluss:
8„Die Konferenzteilnehmer sprechen sich unter Abwägung von Sicherheits- und Behandlungsaspekten zzt. gegen die Gewährung von vollzugsöffnenden Maßnahmen und gegen eine Verlegung des Gefangenen in den offenen Vollzug aus.
9Eine Zulassung zu vollzugsöffnenden Maßnahmen scheidet aus, der Gefangene wird nicht in eine Einrichtung des offenen Vollzuges verlegt. Es kann nicht verantwortet werden, den Gefangenen in vollzugsöffnenden Maßnahmen zu erproben, es besteht Flucht- und Missbrauchsgefahr.“
10Ferner teilt der angefochtene Beschluss als Gründe für die im Vollzugsplan unter dem Punkt „Vollzugsöffnende Maßnahmen“ getroffene Entscheidung mit:
11„Als günstig erachte sie insbesondere folgende Punkte: eine unauffällige Persönlichkeitsentwicklung, soziale Kompetenz, gute Leistungsfähigkeit, stabile berufliche Sozialisation, familiäre und freundschaftliche Beziehungen, stützender sozialer Empfangsraum, gute Anpassungsfähigkeit im Vollzug, keine strafrechtliche Vorbelastung, unauffällige testpsychologische Befunde.
12Als ungünstig werte sie dagegen Folgendes: besonders grausame Tat ohne affektive Beteiligung, Tatleugnung, Bezugspersonen stützten ihn in der Leugnungshaltung, hohe kriminelle Energie und Skrupellosigkeit, keine Auseinandersetzung mit der Tat, Therapiewunsch ausschließlich extrinsisch, Defizite in der Persönlichkeit (Distanziertheit, emotionale Kälte, Unfähigkeit langfristige, enge, vertrauensvolle Beziehungen einzugehen), ausgeprägter Wille aktiv und ohne Rücksicht auf die Gefühle und Bedürfnisse anderer zu handeln, keine Hinweise auf eine positive postdeliktische Entwicklung, Tätertyp: Hinderniselimination und Profitakquisitation.
13Die Antragsgegnerin kommt unter Berücksichtigung dieser Faktoren zu dem Ergebnis, die in der Tat zum Ausdruck gekommene Gefährlichkeit bestünde fort. Der Antragsteller träfe Entscheidungen ausschließlich nach Kosten-Nutzen-Erwägungen, mache rücksichtslos von seiner „Gestaltungshoheit“ Gebrauch, wenn es den eigenen Zielen diene, unabhängig davon, ob es sich um eine legalkonforme oder legalinkonforme Lösung handele. Fluchtgefahr könne gegenwärtig selbst für Ausführungen nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden. Die gegenwärtige Perspektivlosigkeit (bzgl. vollzugsöffnenden Maßnahmen und der Dauer der Strafvollstreckung) mache die egozentrisch bestimmte Persönlichkeit anfällig für derartige Überlegungen (Kosten-Nutzen-Erwägungen).“
14Seinen Antrag auf gerichtliche Entscheidung, die Vollzugsplanfortschreibung vom 16.07.2015 insoweit aufzuheben, als dass darin jegliche Gewährung von vollzugsöffnenden Maßnahmen abgelehnt wurde, hat die Strafvollstreckungskammer mit dem angefochtenen Beschluss als unbegründet zurückgewiesen.
15Die Strafvollstreckungskammer teilt mit, die Vollzugsbehörde habe den ihr im Rahmen des § 53 Abs. 1 StVollzG NRW zustehenden Beurteilungsspielraum bei der Einschätzung, ob vollzugsöffnende Maßnahmen gewährt werden, oder ob die Eignung hierzu aufgrund Flucht- oder Mißbrauchsgefahr entfallen ist, in nicht zu beanstandender Weise ausgeübt. Insbesondere sei sie von einem zutreffenden und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen und auch habe ihrer Entscheidung die richtigen Begrifflichkeiten der Versagungsgründe zugrunde gelegt.
16Gegen den Beschluss wendet sich der Betroffene mit der Rechtsbeschwerde.
17Das Justizministerium des Landes Nordrhein-Westfalen hält die Rechtsbeschwerde in Ansehung des Senatsbeschlusses vom 29.09.2015 – III-1 Vollz (Ws) 411/15 - zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung für zulässig.
18II.
19Die – auch im Übrigen zulässige – Rechtsbeschwerde ist zuzulassen.
20Anerkanntermaßen ist die Rechtsbeschwerde über die Zulassungsgründe des § 116 StVollzG hinaus auch dann zuzulassen, wenn die tatsächlichen Feststellungen oder rechtlichen Erwägungen der angefochtenen Entscheidung so unzureichend sind, dass das Rechtsbeschwerdegericht das Vorliegen der Voraussetzungen des § 116 Abs. 1 StVollzG nicht überprüfen kann (Senatsbeschluss vom 12.11.2013 – III – 1 Vollz (Ws) 517/13 – juris).
21So liegt der Fall hier.
22Mangels hinreichender Feststellungen zur Anlasstat kann der Senat nicht nachprüfen, ob es sich vorliegend tatsächlich um eine „besonders grausame Tat ohne affektive Beteiligung“ handelt und ob in der Tat ein „hohe kriminelle Energie und Skrupellosigkeit“ zum Ausdruck kommt. Im Rahmen der eingeschränkten Überprüfbarkeit der durch § 53 Abs. 1 S.1 StVollzG eröffneten Beurteilungsspielräume ist für den Senat daher nicht überprüfbar, ob maßgebliche Umstände zu Recht berücksichtigt werden durften. Die Umstände der Tat werden nicht näher mitgeteilt, wiedergegeben ist letztlich nur der Tenor der Anlassverurteilung.
23III.
24Da dem Senat eine hinreichende Überprüfung der angefochtenen Entscheidung schon mangels hinreichender Tatsachenfeststellungen nicht möglich ist, war der angefochtene Beschluss aufgrund der erhobenen Sachrüge aufzuheben und die Sache zurückzuverweisen (§ 119 Abs. 4 S. 3 StVollzG).
25Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass die Versagung von Lockerungen in der Vollzugsplanfortschreibung nur dann frei von Ermessensfehlern und verhältnismäßig ist, wenn die Gründe hierfür nicht pauschal, sondern lockerungsbezogen abgefasst sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 04.05.2015 - 2 BvR 1753/14 -, juris; OLG Koblenz, Beschluss vom 31.01.2014 – 2 Ws 689/13 (Vollz), BeckRS 19279, jeweils m.w.N.). Die Kammer wird zu prüfen haben, ob die Vollzugsbehörde auch nachvollziehbare Ausführungen dazu gemacht hat, inwiefern negative Umstände in der Persönlichkeit und Entwicklung des Betroffenen jegliche Lockerungsformen, also auch Begleitausgänge bis zu 24 Stunden im Sinne des § 53 Abs. 2 Nr. 1 StVollzG NRW, ausschließen. Denn die bei dieser Lockerungsform vorgesehene Aufsicht einer begleitenden Person hat gerade den Sinn, Flucht- und Missbrauchsgefahren entgegenzuwirken (vgl. OLG Koblenz a.a.O. unter Verweis auf: BVerfG, 2 BvR 865/11 vom 20.06.2012, NStZ-RR 2012, 387 für Ausführungen nach § 11 Abs. 1 Nr. 2 StVollzG).
(1) Dem Gefangenen darf religiöse Betreuung durch einen Seelsorger seiner Religionsgemeinschaft nicht versagt werden. Auf seinen Wunsch ist ihm zu helfen, mit einem Seelsorger seiner Religionsgemeinschaft in Verbindung zu treten.
(2) Der Gefangene darf grundlegende religiöse Schriften besitzen. Sie dürfen ihm nur bei grobem Mißbrauch entzogen werden.
(3) Dem Gefangenen sind Gegenstände des religiösen Gebrauchs in angemessenem Umfang zu belassen.
Tenor
-
Der Beschluss des Landgerichts Düsseldorf vom 3. Dezember 2010 - 055 StVK 486/10 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes. Der Beschluss des Oberlandesgerichts vom 10. März 2011 - 1 Vollz (Ws) 53/11 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes.
-
Die Beschlüsse werden aufgehoben. Die Sache wird an das Landgericht zurückverwiesen.
-
...
Gründe
-
A.
- 1
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Die Verfassungsbeschwerde des im Maßregelvollzug untergebrachten Beschwerdeführers betrifft die Versagung von Vollzugslockerungen.
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I.
- 2
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1. Der wegen sexuellen Kindesmissbrauchs seit 1999 gemäß § 63 StGB untergebrachte Beschwerdeführer beantragte bei der Klinik die Gewährung nicht näher bezeichneter Lockerungen, da er dem Leben in Freiheit nicht völlig entfremdet werden dürfe und angesichts der Dauer seiner Unterbringung sein Anspruch auf Lockerungen in den Vordergrund trete.
- 3
-
Die Klinik lehnte den Antrag ab. Der Beschwerdeführer habe zu Beginn seiner Unterbringung wenige Gespräche mit dem therapeutischen Personal geführt und darin zu verstehen gegeben, dass er sich im Maßregelvollzug nicht richtig untergebracht fühle. Sobald seiner Argumentation nicht gefolgt worden sei, habe er die Gespräche abgebrochen. Mit Ausnahme einer Begutachtung habe er an gutachterlichen Untersuchungen nicht teilgenommen. Seit 2004 bestehe kein therapeutischer Kontakt mehr. Er schlafe tagsüber, sei nachts aktiv und weiche Gesprächen mit dem therapeutischen Personal aus. Zum pflegerischen Personal halte er den organisatorisch notwendigen Kontakt aufrecht und habe in den vergangenen Jahren sporadisch einige Gespräche mit diesem geführt. Aufgrund dieses Verhaltens lasse sich die Gefährlichkeit des Beschwerdeführers nicht einschätzen. Weil er aufgrund seiner Weigerung nicht behandelt worden sei, könne nur von einem Fortbestehen seiner Gefährlichkeit ausgegangen werden.
- 4
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2. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies der Landesbeauftragte für den Maßregelvollzug Nordrhein-Westfalen zurück. Angesichts des Vollzugsverhaltens des Beschwerdeführers fehle es an einem Therapiebündnis. Die Klinik könne aufgrund der Verweigerungshaltung des Beschwerdeführers nur von seiner Gefährlichkeit ausgehen. Die Entscheidung über die Gewährung von Lockerungen hänge unter anderem von einem Therapieerfolg ab, an dem es bislang fehle. Die Verweigerung von Lockerungen sei auch angemessen, überwiege doch der Schutz der Allgemeinheit das Interesse des Beschwerdeführers an Lockerungen. Der Beschwerdeführer könne das Behandlungsangebot der Klinik in Anspruch nehmen, um sich im Wege einer Therapie zu bewähren und bei Erfolg entsprechende Lockerungen zu erhalten.
- 5
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3. Der Beschwerdeführer stellte Antrag auf gerichtliche Entscheidung (§ 109 StVollzG), gerichtet auf Gewährung von Lockerungen unter Aufhebung des Widerspruchsbescheids. Ein begleiteter Ausgang mit zwei Bediensteten, "hilfsweise sogar mit justizüblicher Fesselung", sei vertretbar. Die Klinik habe angesichts seiner inzwischen über elf Jahre andauernden Unterbringung durchaus die Gefährlichkeit des Beschwerdeführers einschätzen können. Zudem sei nicht nachvollziehbar, wie der als gefährlich eingestufte Beschwerdeführer auf einer Therapiestation und nicht auf der Krisen- oder Zugangsstation untergebracht sein könne. Ohne Lockerungen, auf die der Beschwerdeführer angesichts der Dauer seiner Unterbringung einen Anspruch habe, werde er dem Leben in Freiheit völlig entfremdet. Die Vollzugseinrichtung dürfe sich nicht auf pauschale Wertungen oder den Hinweis auf eine Uneinschätzbarkeit des Untergebrachten beschränken.
- 6
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Das Landgericht wies den Antrag zurück. Da sich der Beschwerdeführer, bei dem eine sonstige spezifische Persönlichkeitsstörung, eine Neigung zur Pädophilie und eine Störung durch Cannabinoide festgestellt worden seien, seit 2004 jeglicher Therapie entziehe, keinen Kontakt zum therapeutischen Personal halte, tagsüber schlafe und nur nachts aktiv sei, seien therapeutische Gespräche mit ihm seit sechs Jahren nicht mehr möglich. Zum pflegerischen Personal halte er nur einen organisatorisch notwendigen Kontakt. Vereinzelte Gespräche stellten sich als Monolog des Beschwerdeführers dar. Mangels Behandlung fehle es aktuell an erkennbaren Therapieerfolgen, weswegen sich eine verringerte Gefährlichkeit des Beschwerdeführers nicht beurteilen lasse. Lockerungen ließen sich nicht als weiteres Mittel zur Erzielung von Behandlungserfolgen einsetzen, da sie unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit vom Erreichen erster Erfolge im Behandlungsverlauf abhingen. Es sei auch nicht erkennbar, dass der Beschwerdeführer über weitere Erkenntnismöglichkeiten verfüge, welche seine weitere Gefährlichkeit ausschlössen. Die Lockerungsversagung sei verhältnismäßig, da aufgrund der bislang unbehandelten Erkrankung des Beschwerdeführers auch weiterhin die Begehung von Straftaten im Sinne des Anlassdeliktes zu befürchten sei. Dem stehe nicht entgegen, dass der Beschwerdeführer sich seit über zehn Jahren im Maßregelvollzug befinde. Denn die Dauer der Unterbringung allein könne ohne therapeutischen Fortschritt keine positive Entscheidung über die Lockerung begründen. Es sei zwar Ziel der Unterbringung, den Betroffenen zu resozialisieren; dies erfolge jedoch nicht durch "kalte" Erprobung im Wege der Gewährung von Lockerungen, sondern durch therapeutische Vorbereitung, Begleitung und Nachsorge. Soweit Untergebrachte keine Lockerungen erhalten könnten, hätten sie im Fall wichtiger Gründe einen Anspruch auf Ausführung durch die Vollzugsbehörde. Entsprechende Gründe habe der Beschwerdeführer aber nicht vorgetragen. Zudem sei insoweit das Vorschaltverfahren nicht durchgeführt worden.
- 7
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4. Hiergegen erhob der Beschwerdeführer Rechtsbeschwerde mit der Sach- und der Verfahrensrüge. Das Landgericht mache sich unter Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz die Ausführungen in der Stellungnahme der Klinik und im Widerspruchsbescheid zu eigen. Die vom Landgericht aufgeführten Persönlichkeitsstörungen lägen beim Beschwerdeführer nicht vor. Er gehe dem therapeutischen Personal auch nicht aus dem Weg. Die Behauptung, der Beschwerdeführer führe mit dem Personal nur sporadische und monologartige Gespräche, sei unzutreffend. Die Ablehnung von Lockerungen beruhe auf einer Verkennung des Resozialisierungsgebots. Das Landgericht habe nicht beachtet, dass die Gewährung von Lockerungen unabhängig davon geboten sein könne, ob der Untergebrachte Therapieangebote annimmt. Der Gutachter im Erkenntnisverfahren habe keine zu behandelnde Störung oder Erkrankung des Beschwerdeführers festgestellt, sondern dass die kriminelle Energie des Beschwerdeführers eher abnehme, weswegen eine Unterbringung des Beschwerdeführers nach § 63 StGB unverhältnismäßig sei. Der Beschwerdeführer sei nicht therapieresistent, sondern verweigere eine Therapie, weil er sicher wisse, dass er an keiner im Maßregelvollzug zu behandelnden Erkrankung oder Störung leide. Einem therapeutischen Konzept, das ihn befähigte, in Freiheit nicht erneut rückfällig zu werden, verweigere er sich nicht. Hierzu seien vielmehr die beantragten Vollzugslockerungen erforderlich.
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Das Oberlandesgericht verwarf mit angegriffenem Beschluss die Rechtsbeschwerde mit Tenorbegründung und ergänzte, dass die Klinikleitung, soweit der Beschwerdeführer künftig nicht näher spezifizierte Lockerungen beantrage, auf eine Konkretisierung der Lockerungswünsche hinzuwirken haben dürfte, damit die gemäß § 18 Abs. 4 des nordrhein-westfälischen Maßregelvollzugsgesetzes (im Folgenden: MRVG NRW) erforderliche Prüfung erfolgen könne.
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II.
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1. Mit der fristgerecht erhobenen Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer die Verletzung seiner Rechte aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1, Art. 1 Abs. 3, Art. 2 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Art. 104 Abs. 2 Satz 1 und Art. 19 Abs. 2 GG und wiederholt sinngemäß die im fachgerichtlichen Verfahren vorgebrachten Beanstandungen. Ergänzend trägt er unter anderem vor, dass er aufgrund einer massiven körperlichen Behinderung selbst ohne Handfesselung außerstande sei, zu fliehen. Im Übrigen trage er keinen dahingehenden Wunsch in sich. Er sei bei mehreren ärztlichen Ausführungen - gemeint wohl: Ausführungen zu Arztterminen - an "unzähligen Personen (hier auch Kindern)" vorbeigeführt worden, ohne dass dies die Sicherheit der Allgemeinheit gefährdet habe. Er könne nicht einmal das Grab seiner Mutter besuchen. Die Rechtsbeschwerde sei entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts zulässig gewesen, um die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen.
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2. Das Justizministerium des Landes Nordrhein-Westfalen hat dahingehend Stellung genommen, dass eine Gewährung von Vollzugslockerungen nicht möglich sei, weil es an jeglichem therapeutischen Kontakt zum Beschwerdeführer fehle und eine Risikoabschätzung im Hinblick auf den Schutz der Allgemeinheit daher nicht möglich sei. Wichtige Gründe im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 5 MRVG NRW seien weder vorgetragen noch ersichtlich. Auch der mit einer Begleitung des Beschwerdeführers verbundene Sicherungsgrad rechtfertige nicht, bei der erforderlichen Abwägung der Rechte des Beschwerdeführers und der Rechte potentiell gefährdeter Personen von einem Überwiegen der Belange des Beschwerdeführers auszugehen.
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B.
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I.
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Die Kammer nimmt die zulässige Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an, weil dies zur Durchsetzung der Grundrechte des Beschwerdeführers angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung (§ 93c Abs. 1 BVerfGG) liegen vor. Die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Grundsätze sind in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geklärt (s. unter II. 1. und 2.). Nach diesen Grundsätzen ist die Verfassungsbeschwerde in einem die Zuständigkeit der Kammer begründenden Sinn offensichtlich begründet.
-
II.
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1. Der Beschluss des Landgerichts verletzt das Grundrecht des Beschwerdeführers aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG.
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a) Das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG verpflichtet den Staat, den Strafvollzug auf das Ziel auszurichten, dem Inhaftierten ein zukünftiges straffreies Leben in Freiheit zu ermöglichen (vgl. BVerfGE 116, 69 <85 f.> m.w.N.; stRspr). Besonders bei langjährig im Vollzug befindlichen Personen erfordert dies, aktiv den schädlichen Auswirkungen des Freiheitsentzuges entgegenzuwirken und ihre Lebenstüchtigkeit zu erhalten und zu festigen (vgl. BVerfGE 45, 187 <238>; 64, 261 <277>; 98, 169 <200>; 109, 133 <150 f.>). Der Gesetzgeber hat dementsprechend im Strafvollzugsgesetz auch dem Vollzug der lebenslangen Freiheitsstrafe ein Behandlungs- und Resozialisierungskonzept zugrundegelegt (BVerfGE 117, 71 <91>). Der Wiedereingliederung des Delinquenten dienen unter anderem die Vorschriften über Vollzugslockerungen (vgl. BVerfG, a.a.O., S. 92).
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Besonders bei langjährig Inhaftierten ist es geboten, aktiv den schädlichen Auswirkungen des Freiheitsentzuges entgegenzuwirken und ihre Lebenstüchtigkeit zu erhalten und zu festigen (vgl. BVerfGE 45, 187 <238>; 64, 261 <277>; 98, 169 <200>; 109, 133 <150 f.>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 13. Dezember 1997 - 2 BvR 1404/96 -, NJW 1998, S. 1133 <1133>; Beschlüsse der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 5. August 2010 - 2 BvR 729/08 -, StV 2011, S. 488 <490>, und vom 29. Februar 2012 - 2 BvR 368/10 -, juris). Hierfür kommt der Möglichkeit, dem Gefangenen Lockerungen zu gewähren, besondere Bedeutung zu. Auch einem zu lebenslanger Haft Verurteilten kann daher nicht jegliche Lockerungsperspektive mit der Begründung versagt werden, eine konkrete Entlassungsperspektive stehe noch aus (vgl. BVerfGK 9, 231 <237>; BVerfG, Beschlüsse der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 5. August 2010 - 2 BvR 729/08 -, StV 2011, S. 488 <490>, und vom 29. Februar 2012 - 2 BvR 368/10 -, juris). Der Erhaltung der Lebenstüchtigkeitdienen nicht nur Urlaub und Ausgänge, sondern - gerade bei Gefangenen, die die Voraussetzungen hierfür noch nicht erfüllen - auch Ausführungen (vgl. BVerfG, Beschlüsse der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 5. August 2010 - 2 BvR 729/08 -, StV 2011, S. 488 <490>, und vom 26. Oktober 2011 - 2 BvR 1539/09 -, juris). Bei langjährig Inhaftierten kann daher, auch wenn eine konkrete Entlassungsperspektive sich noch nicht abzeichnet und weitergehenden Lockerungen eine Flucht- oder Missbrauchsgefahr entgegensteht, zumindest die Gewährung von Lockerungen in Gestalt von Ausführungen geboten (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 10. September 2008 - 2 BvR 719/08 -, FS 2011, S. 252) und der damit verbundene personelle Aufwand hinzunehmen sein (vgl. BVerfG, Beschlüsse der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 5. August 2010 - 2 BvR 729/08 -, StV 2011, S. 488 <490>, und vom 29. Februar 2012 - 2 BvR 368/10 -, juris).
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Für den Vollzug von Maßregeln, der nicht anders als der Strafvollzug im engeren Sinne auf das verfassungsrechtlich vorgegebene Ziel der sozialen Wiedereingliederungausgerichtet sein muss (vgl. BVerfGE 98, 169 <200 f.>; 109, 133 <151>; 128, 326 <377>), kann insoweit nichts anderes gelten. Dementsprechend sieht § 18 Abs. 1 Satz 3 MRVG NRW vor, dass Vollzugslockerungengrundsätzlich der Erreichung des Behandlungszwecksdienen; zu diesem gehört nach § 1 Abs. 1 Satz 1 MRVG NRW die Eingliederung des Untergebrachten in die Gemeinschaft.
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b) Den daraus sich ergebenden Anforderungen an die gerichtliche Überprüfung der vollzugsbehördlichen Entscheidung wird der angegriffene Beschluss des Landgerichts nicht gerecht, soweit er die Versagung von Lockerungen uneingeschränkt, und damit auch hinsichtlich bloßer Ausführungen, als rechtmäßig bestätigt. Der Beschluss des Landgerichts verhält sich mit keinem Wort zu der Frage, weshalb die Lockerungsvoraussetzungen auch bei Ausführungen trotz der damit verbundenen und verbindbaren Sicherungsvorkehrungen nicht gegeben sein sollen.
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Die bei einer Ausführung nach § 18 Abs. 2 Nr. 1 Var. 1 MRVG NRW vorgesehene Begleitung des Untergebrachten (vgl. Landtag Nordrhein-Westfalen, Drucks 12/3728, S. 39) dient gerade dem Zweck, einer von ihm ausgehenden Flucht- und Missbrauchsgefahr entgegenzuwirken, die bei fehlender Begleitung entstünde. Die allgemeine - nicht nach Lockerungsformen differenzierende - Feststellung einer Flucht- oder Missbrauchsgefahr ist daher für sich genommen grundsätzlich ungeeignet, zu begründen, dass die angenommene Gefahr auch im Fall der Ausführung besteht (vgl. zu einer beantragten Ausführung unter Fesselung Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 26. Oktober 2011 - 2 BvR 1539/09 -, juris). Zwar kann im Einzelfall - etwa wenn auf eine bereits zuvor erfolgte Entziehung des betreffenden Untergebrachten aus bestehender Bewachung verwiesen wird - ohne nähere Ausführungen auf der Hand liegen, dass die geltend gemachte Gefahr mit vertretbarem Bewachungsaufwand nicht auszuräumen ist. Die Annahme einer aus solchen Gründen bestehenden Flucht- oder Missbrauchsgefahr mag dann ohne weiteres auch auf den Fall der Ausführung in Begleitung von Bediensteten zu beziehen und geeignet sein, die Versagung von Lockerungen auch insoweit zu rechtfertigen. Ein derartiger Fall unwidersprechlicher, auf nähere Begründung nicht angewiesener Evidenz, dass die angenommene Flucht- und Missbrauchsgefahr auch durch die bei Ausführungen vorgesehene Bewachung nicht auszuschließen sein werde, lag hier jedoch nicht vor. Die von der Klinik für die Versagung jeglicher Lockerungen allein angeführten allgemeinen Gründe drängten eine entsprechende Schlussfolgerung nicht ansatzweise auf.
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2. Die angegriffene Entscheidung des Oberlandesgerichts verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 GG.
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a) Art. 19 Abs. 4 GG gewährleistet effektiven und möglichst lückenlosen richterlichen Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt (vgl. BVerfGE 67, 43 <58>; stRspr). Dabei fordert Art. 19 Abs. 4 GG keinen Instanzenzug. Eröffnet das Prozessrecht aber eine weitere Instanz, so gewährleistet Art. 19 Abs. 4 GG dem Bürger auch insoweit eine wirksame gerichtliche Kontrolle (vgl. BVerfGE 40, 272 <274 f.>; 54, 94 <96 f.>; 122, 248 <271>; stRspr). Die Rechtsmittelgerichte dürfen ein von der jeweiligen Rechtsordnung eröffnetes Rechtsmittel nicht durch die Art und Weise, in der sie die gesetzlichen Voraussetzungen für den Zugang zu einer Sachentscheidung auslegen und anwenden, ineffektiv machen und für den Beschwerdeführer leerlaufen lassen; der Zugang zu den in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanzen darf nicht von unerfüllbaren oder unzumutbaren Voraussetzungen abhängig gemacht oder in einer durch Sachgründe nicht mehr zu rechtfertigenden Weise erschwert werden (vgl. BVerfGE 96, 27 <39>; 117, 244 <268>; 122, 248 <271>; stRspr).
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b) Nach diesem Maßstab ist der Beschluss des Oberlandesgerichts mit Art. 19 Abs. 4 GG unvereinbar.
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§ 119 Abs. 3 StVollzG erlaubt es dem Strafsenat, von einer Begründung der Rechtsbeschwerdeentscheidung abzusehen, wenn er die Beschwerde für unzulässig oder offensichtlich unbegründet erachtet. Da von dieser Möglichkeit, deren Einräumung verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist (vgl. BVerfGE 50, 287 <289 f.>; 71, 122 <135>; 81, 97 <106>), im vorliegenden Fall Gebrauch gemacht wurde, liegen über die Feststellung im Tenor des Beschlusses des Oberlandesgerichts, dass die in § 116 Abs. 1 StVollzG genannte Voraussetzung der Zulässigkeit einer Rechtsbeschwerde - Erforderlichkeit der Nachprüfung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung - nicht vorliege, Entscheidungsgründe, die das Bundesverfassungsgericht einer verfassungsrechtlichen Prüfung unterziehen könnte, nicht vor. Daraus folgt jedoch nicht, dass der Beschluss selbst sich verfassungsrechtlicher Prüfung entzöge oder die Maßstäbe der Prüfung zu lockern wären. Vielmehr ist in einem solchen Fall die Entscheidung bereits dann aufzuheben, wenn an ihrer Vereinbarkeit mit Grundrechten des Beschwerdeführers erhebliche Zweifel bestehen (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 25. Februar 1993 - 2 BvR 251/93 -, juris; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 12. März 2008 - 2 BvR 378/05 -, juris; Beschlüsse der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 26. Oktober 2011 - 2 BvR 1539/09 -, juris, und vom 29. Februar 2012 - 2 BvR 309/10 und 2 BvR 368/10 -, jeweils juris). Dies ist angesichts der offenkundigen inhaltlichen Abweichung des landgerichtlichen Beschlusses von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (zur Bedeutung einer solchen Abweichung für die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde vgl. OLG Celle, Beschluss vom 7. Juli 2006 - 1 Ws 288/06 (StrVollz) -, juris) hier der Fall.
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3. Da die angegriffenen Entscheidungen auf dem festgestellten Verfassungsverstoßberuhen, sind sie nach § 95 Abs. 2 BVerfGG aufzuheben und die Sache an das Landgericht zurückzuverweisen.
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III.
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Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.
(1) Als Lockerung des Vollzuges kann namentlich angeordnet werden, daß der Gefangene
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außerhalb der Anstalt regelmäßig einer Beschäftigung unter Aufsicht (Außenbeschäftigung) oder ohne Aufsicht eines Vollzugsbediensteten (Freigang) nachgehen darf oder - 2.
für eine bestimmte Tageszeit die Anstalt unter Aufsicht (Ausführung) oder ohne Aufsicht eines Vollzugsbediensteten (Ausgang) verlassen darf.
(2) Diese Lockerungen dürfen mit Zustimmung des Gefangenen angeordnet werden, wenn nicht zu befürchten ist, daß der Gefangene sich dem Vollzug der Freiheitsstrafe entziehen oder die Lockerungen des Vollzuges zu Straftaten mißbrauchen werde.
(1) Das Gericht entscheidet ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. Der Beschluss stellt den Sach- und Streitstand seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt zusammen. Wegen der Einzelheiten kann auf in der Gerichtsakte befindliche Dokumente, die nach Herkunft und Datum genau zu bezeichnen sind, verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt. Das Gericht kann von einer Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.
(1a) Das Gericht kann anordnen, dass eine Anhörung unter Verzicht auf die persönliche Anwesenheit des Gefangenen zeitgleich in Bild und Ton in die Vollzugsanstalt und das Sitzungszimmer übertragen wird. Eine Aufzeichnung findet nicht statt. Die Entscheidung nach Satz 1 ist nicht anfechtbar.
(2) Soweit die Maßnahme rechtswidrig und der Antragsteller dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht die Maßnahme auf. Ist die Maßnahme schon vollzogen, kann das Gericht auch aussprechen, daß und wie die Vollzugsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat, soweit die Sache spruchreif ist.
(3) Hat sich die Maßnahme vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, spricht das Gericht auf Antrag aus, daß die Maßnahme rechtswidrig gewesen ist, wenn der Antragsteller ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(4) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung der Maßnahme rechtswidrig und der Antragsteller dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Vollzugsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Anderenfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Antragsteller unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(5) Soweit die Vollzugsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob die Maßnahme oder ihre Ablehnung oder Unterlassung rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.
(1) Der Strafsenat entscheidet ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß.
(2) Seiner Prüfung unterliegen nur die Beschwerdeanträge und, soweit die Rechtsbeschwerde auf Mängel des Verfahrens gestützt wird, nur die Tatsachen, die in der Begründung der Rechtsbeschwerde bezeichnet worden sind.
(3) Der Beschluß, durch den die Beschwerde verworfen wird, bedarf keiner Begründung, wenn der Strafsenat die Beschwerde einstimmig für unzulässig oder für offensichtlich unbegründet erachtet.
(4) Soweit die Rechtsbeschwerde für begründet erachtet wird, ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben. Der Strafsenat kann an Stelle der Strafvollstreckungskammer entscheiden, wenn die Sache spruchreif ist. Sonst ist die Sache zur neuen Entscheidung an die Strafvollstreckungskammer zurückzuverweisen.
(5) Die Entscheidung des Strafsenats ist endgültig.
(1) In der das Verfahren abschließenden Entscheidung ist zu bestimmen, von wem die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen zu tragen sind.
(2) Soweit der Antragsteller unterliegt oder seinen Antrag zurücknimmt, trägt er die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen. Hat sich die Maßnahme vor einer Entscheidung nach Absatz 1 in anderer Weise als durch Zurücknahme des Antrags erledigt, so entscheidet das Gericht über die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen nach billigem Ermessen.
(3) Bei erstinstanzlichen Entscheidungen des Gerichts nach § 119a fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen der Staatskasse zur Last. Absatz 2 Satz 2 gilt nicht im Falle des § 115 Abs. 3.
(4) Im übrigen gelten die §§ 464 bis 473 der Strafprozeßordnung entsprechend.
(5) Für die Kosten des Verfahrens nach den §§ 109ff. kann auch ein den dreifachen Tagessatz der Eckvergütung nach § 43 Abs. 2 übersteigender Teil des Hausgeldes (§ 47) in Anspruch genommen werden.
(1) Die Übermittlung personenbezogener Daten in Akten an Hochschulen, andere Einrichtungen, die wissenschaftliche Forschung betreiben, und öffentliche Stellen ist zulässig, soweit
- 1.
dies für die Durchführung bestimmter wissenschaftlicher Forschungsarbeiten erforderlich ist, - 2.
eine Nutzung anonymisierter Daten zu diesem Zweck nicht möglich oder die Anonymisierung mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden ist und - 3.
das öffentliche Interesse an der Forschungsarbeit das schutzwürdige Interesse des Betroffenen an dem Ausschluss der Übermittlung erheblich überwiegt.
(2) Die Übermittlung der Daten erfolgt durch Erteilung von Auskünften, wenn hierdurch der Zweck der Forschungsarbeit erreicht werden kann und die Erteilung keinen unverhältnismäßigen Aufwand erfordert. Andernfalls kann auch Akteneinsicht gewährt werden. Die Akten, die in Papierform vorliegen, können zur Einsichtnahme übersandt werden.
(3) Personenbezogene Daten werden nur an solche Personen übermittelt, die Amtsträger oder für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichtete sind oder die zur Geheimhaltung verpflichtet worden sind. § 1 Abs. 2, 3 und 4 Nr. 2 des Verpflichtungsgesetzes findet auf die Verpflichtung zur Geheimhaltung entsprechende Anwendung.
(4) Die personenbezogenen Daten dürfen nur für die Forschungsarbeit verwendet werden, für die sie übermittelt worden sind. Die Verwendung für andere Forschungsarbeiten oder die Weitergabe richtet sich nach den Absätzen 1 bis 3 und bedarf der Zustimmung der Stelle, die die Übermittlung der Daten angeordnet hat.
(5) Die Daten sind gegen unbefugte Kenntnisnahme durch Dritte zu schützen. Die wissenschaftliche Forschung betreibende Stelle hat dafür zu sorgen, dass die Verwendung der personenbezogenen Daten räumlich und organisatorisch getrennt von der Erfüllung solcher Verwaltungsaufgaben oder Geschäftszwecke erfolgt, für die diese Daten gleichfalls von Bedeutung sein können.
(6) Sobald der Forschungszweck es erlaubt, sind die personenbezogenen Daten zu anonymisieren. Solange dies noch nicht möglich ist, sind die Merkmale gesondert aufzubewahren, mit denen Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren Person zugeordnet werden können. Sie dürfen mit den Einzelangaben nur zusammengeführt werden, soweit der Forschungszweck dies erfordert.
(7) Wer nach den Absätzen 1 bis 3 personenbezogene Daten erhalten hat, darf diese nur veröffentlichen, wenn dies für die Darstellung von Forschungsergebnissen über Ereignisse der Zeitgeschichte unerlässlich ist. Die Veröffentlichung bedarf der Zustimmung der Stelle, die die Daten übermittelt hat.
(8) Ist der Empfänger eine nichtöffentliche Stelle, finden die Vorschriften der Verordnung (EU) 2016/679 und des Bundesdatenschutzgesetzes auch dann Anwendung, wenn die personenbezogenen Daten nicht automatisiert verarbeitet werden und nicht in einem Dateisystem gespeichert sind oder gespeichert werden.