Oberlandesgericht Düsseldorf Urteil, 19. Mai 2016 - I-6 U 116/15
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 10.07.2015 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Das landgerichtliche Urteil und dieses Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
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G r ü n d e:
2I.
3Der Kläger begehrt von der Beklagten wegen des Widerrufs zweier Darlehensverträge, den er zeitgleich mit Abschluss eines Vertrags über die vorzeitige Aufhebung dieser Darlehensverträge erklärt hat, die Rückzahlung der von ihm gezahlten Vorfälligkeitsentschädigungen in Höhe von insgesamt 60.144,24, der Wertschätzungsgebühren in Höhe von € 1.000,- und der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von € 1.954,46.
4Der Kläger schloss mit der Beklagten 18.06.2008 mit einer Laufzeit von jeweils 30 Jahren zwei tilgungsfreie Darlehen über nominal € 168.000,- und € 162.000,- ab, für die bis zum 30.06.2018 eine Festverzinsung von nominal 5,33 % p.a. (= anfänglich effektiv 5,46 %) vereinbart wurde. Die Auszahlung beider Darlehen war u.a. von der Bestellung einer Grundschuld in Höhe von € 330.000,- zu Gunsten der Beklagten zu Lasten des im Eigentum des Klägers stehenden Grundstücks … in Ratingen abhängig. Wegen des Inhalts der Verträge und dem Wortlaut der von dem Kläger bei Vertragsschluss unterschriebenen Widerrufsbelehrung wird auf die Anlagenkonvolute K1 und K2 verwiesen. Im Juni 2008 lag der durchschnittliche Effektivzinssatz für Wohnungsbaukredite von mehr als 10 Jahren bei 5,09 % p.a.
5Im Juni 2014 verkaufte der Kläger die vorbezeichnete Immobilie. Mit Schreiben vom 20.06.2014 bot die Beklagte dem Kläger die vorzeitige Aufhebung beider Darlehensverträge an. Auf den Inhalt der Anlage H3 wird diesbezüglich verwiesen. Mit Schreiben vom 03.07.2014 übersandte der Kläger das vorbezeichnete Vertragsangebot unterschrieben an die Beklagte zurück. Zugleich erklärte der Kläger in diesem Schreiben den Widerruf beider Darlehensverträge. Wegen des Inhalts des Schreibens vom 03.07.2014 wird auf die Anlage K4 verwiesen. Im Juli 2014 betrug das marktübliche Zinsniveau für Wohnungsbaukredite mit einer Festzinsdauer von mehr als 10 Jahren 2,1 %. Mit Schreiben vom 15.07.2014 wies die Beklagte den Widerruf zurück. Als am 22.07.2014 der Kaufpreis auf dem Konto des Klägers bei der Beklagten eingegangen war, fand eine Verrechnung mit den vorläufigen Vorfälligkeitskeitsentschädigungen gemäß dem Aufhebungsvertrag statt. Unter dem 25.07.2014 nahm die Beklagte noch eine Nachbelastung in Höhe von € 189,70 vor (s. Anlage K3).
6Die beim Landgericht am 22.08.2014 eingegangene Klage ist der Beklagten am 23.09.2014 zugestellt worden.
7Gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO wird ergänzend auf die tatsächlichen Feststellungen des landgerichtlichen Urteils insoweit Bezug genommen, als diese den Feststellungen des Senats nicht widersprechen.
8Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Der Kläger habe zwar der Beklagten die streitgegenständlichen Vorfälligkeitsentschädigungen im Sinne des § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB ohne Rechtsgrund geleistet, weil der Kläger von dem Aufhebungsvertrag vom 20.06.2014 durch den von ihm am 03.07.2014 erklärten Widerruf der beiden Darlehensverträge gemäß § 313 Abs. 3 BGB zurückgetreten sei. Da eine Vertragsanpassung nicht möglich gewesen sei, habe infolge des Widerrufs eine Geschäftsgrundlage für den Aufhebungsvertrag von Anfang gefehlt. Der von dem Kläger erklärte Widerruf sei auch nicht verfristet gewesen, da die Widerrufsbelehrung über den Fristenbeginn wegen der Formulierung „frühestens“ nicht ordnungsgemäß aufkläre und die Beklagte sich auch nicht auf die Gesetzlichkeitsfiktion des § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV berufen könne, da sie durch die Einfügung der beiden Fußnoten den Widerrufstext nicht nur inhaltlich verändert, sondern sogar weiter verschlechtert habe. Der von dem Kläger erklärte Widerruf sei auch weder verwirkt noch rechtsmissbräuchlich. Dem Rückzahlungsanspruch des Klägers stehe jedoch § 814 BGB entgegen. Diese Vorschrift sei anwendbar, da der Kläger die Vorfälligkeitsentschädigungen an die Beklagte geleistet habe, indem die Vorfälligkeitsentschädigungen mit dem auf seinem Konto am 22.07.2014 eingegangenen Ablösebetrag verrechnet worden seien. Zu diesem Zeitpunkt der Leistung habe der Kläger im Sinne des § 814 BGB bereits gewusst, dass der Rechtsgrund für die Vorfälligkeitsentschädigungen wegen seines zwischenzeitlich erklärten Widerrufs entfallen sei. Sollte man dies anders sehen, wäre die Rückforderung der Vorfälligkeitsentschädigungen gemäß § 242 BGB ausgeschlossen, da es der Kläger verabsäumt habe, nach Erhalt des Schreibens der Beklagten vom 15.07.2014, mit dem diese den Widerruf zurückgewiesen habe, zu erklären, dass er die Vorfälligkeitsentschädigungen nur unter Vorbehalt zahlen werde. Die Wertschätzungskosten könne der Kläger ohnehin nicht zurückverlangen, da diese Kosten nicht auf den streitgegenständlichen Darlehensverträgen beruhten. Der Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten sei von der Beklagten auch nicht geschuldet, da sie sich nicht im Verzug befunden habe.
9Diese rechtliche Würdigung greift der Kläger mit dem Rechtsmittel der Berufung an. § 814 BGB sei schon nicht anwendbar, da die Ablösung der Grundpfandrechte durch den Käufer keine Leistung von ihm, dem Verkäufer, darstelle. Sollte man dies anders sehen, dann er hätte die Leistung jedenfalls unter Vorbehalt erbracht, da er die Darlehensverträge unter dem ausdrücklichen Hinweis darauf, dass er die Vorfälligkeitsentschädigungen nicht anerkenne, widerrufen habe. Schließlich habe er sich nicht sicher sein können, gar nichts zu schulden, da die Rechtslage wegen des von ihm erklärten Widerrufs nur schwer zu beurteilen gewesen sei.
10Der Kläger beantragt abändernd,
11die Beklagte zu verurteilen, an ihn € 63.098,70 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz für € 60.144,24 seit dem 22.07.2014 und für € 1.946,46 seit dem 01.08.2014 zu zahlen.
12Die Beklagte beantragt,
13die Berufung zurückzuweisen.
14Die Beklagte verteidigt die rechtliche Würdigung des Landgerichts, dass die Rückforderung der Vorfälligkeitsentschädigungen gemäß § 814 BGB ausgeschlossen sei, vor den Angriffen der Berufung des Klägers. Abweichend von der rechtlichen Würdigung des Landgerichts vertritt zudem die Beklagte den Standpunkt, dass der von dem Kläger erklärte Widerruf ohnehin verfristet gewesen sei, weil für die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung die Gesetzlichkeitsfiktion des § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV gelten müsse, da die von ihr eingefügten Fußnoten allenfalls marginale Abweichungen von der Musterbelehrung gemäß der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV darstellten.
15Ergänzend wird auf die in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
16Der Senat hat den Parteien durch den Hinweisbeschluss des Berichterstatters vom 18. März 2016 und in der mündlichen Verhandlung Hinweise zur Sach- und Rechtslage erteilt.
17II.
18Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.
19Allein entscheidend ist die Frage, ob durch den von dem Kläger erklärten Widerruf die Darlehensverträge in Rückabwicklungsverhältnisse umgewandelt worden sind oder nicht. Weder der Aufhebungsvertrag (s. hierzu Nr. 1.), noch das Bereicherungsrecht (s. hierzu Nr. 2.) stünden nämlich einer Rückabwicklung der Darlehensverträge entgegen. Auch wenn der Senat wie das Landgericht den von dem Kläger erklärten Widerruf nicht als verfristet ansieht (s. hierzu Nr. 3.), bleibt die Klage gleichwohl ohne Erfolg, da der Kläger den Widerruf rechtsmissbräuchlich erklärt hat (s. hierzu Nr. 4.).
20- 21
1. Der Aufhebungsvertrag vom 20.06.2014/03.07.2014 steht einer Rückabwicklung der Darlehensverträge mit Nrn. … und … nicht entgegen. In der Regel erschöpft sich ein Aufhebungsvertrag in der Beseitigung der vertraglichen - zeitlich begrenzten – Erfüllungssperre, d.h. in der Vorverlegung des Erfüllungszeitpunkts (BGH, Urteil vom 01.07.1997 – XI ZR 267/96, NJW 1997, S. 2875, 2876). Auch aus den Umständen des Vertragsschlusses kann der Abschluss des Aufhebungsvertrags nicht mit einem Schuldanerkenntnisvertrag gleichgesetzt werden. Zwar ist ein Schuldanerkenntnisvertrag nicht kondizierbar, wenn die Parteien mit ihm einen Streit oder eine Unsicherheit über den Inhalt des zwischen ihnen bestehenden Rechtsverhältnisses beenden und ohne Rücksicht auf das Bestehen oder Nichtbestehen des anerkannten Anspruchs eine klare Rechtslage schaffen wollten (BGH, Urteil vom 18.05.2000 –IX ZR 43/99, NJW 2000, 2501, 2502). Der Kläger hat jedoch mit seinem Schreiben vom 03.07.2014, mit dem er der Beklagten erst den von ihm unter den 20.06.2014 unterzeichneten Aufhebungsvertrag zurückgesandt hat, gerade klargestellt, dass er den Aufhebungsvertrag unter der Wahrung seines Rechtsstandpunkts abgeschlossen hat, zum Widerruf der vorgenannten Darlehensverträge berechtigt zu sein. Außerdem hat der Kläger in diesem Schreiben den Widerruf dieser Darlehensverträge erklärt. Wenn unter diesen Umständen die Beklagte aufgrund der Aufhebungsvereinbarung den von dem Kläger aus der Weiterveräußerung erzielten Kaufpreis in Höhe der Vorfälligkeitsentschädigungen einzieht und mit den Darlehenskonten verrechnet, muss sie nach Treu und Glauben und mit Rücksicht auf die Verkehrssitte davon ausgehen, dass der Kläger diese Belastungsbuchungen nur unter dem Vorbehalt der Rückforderung akzeptiert.
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2. Hat sich der Kläger aus den vorgenannten Gründen trotz des Abschlusses des Aufhebungsvertrags das Recht zum Widerruf der Darlehensverträge vorbehalten, kommt es auf bereicherungsrechtliche Fragen nicht an. Entweder der Kläger hat ein Widerrufsrecht wirksam und zulässig ausgeübt. Dann führte dies gemäß §§ 357 Abs. 1 Satz 1, 346 Abs. 1 BGB in der Gültigkeit vom 08.12.2004 bis zum 10.06.2010, das ist die gemäß Art. 229 §§ 9 Abs. 1 Nr. 2, 22 Abs. 2, 31 Abs. 1 EGBGB maßgebliche Fassung (im Folgenden: „a.F.“), dazu, dass sich die streitgegenständlichen Darlehensverträge in Rückabwicklungsverhältnisse umgewandelt hätten. Oder der von dem Kläger erklärte Widerruf ist unwirksam oder unzulässig. Dann stünden der Beklagten wegen der vorzeitigen Beendigung der Darlehensverträge Vorfälligkeitsentschädigungen zu. Weder trägt der Kläger vor, noch ist etwas dafür ersichtlich, dass die Beklagte die Vorfälligkeitsentschädigungen falsch berechnet hätte.
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3. Entgegen der Meinung der Beklagten ist der von dem Kläger erklärte Widerruf der streitgegenständlichen Darlehensverträge nicht verfristet, da die von dem Kläger am 18.06.2008 unterzeichnete Widerrufsbelehrung nicht gemäß § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. geeignet gewesen ist, die gemäß § 355 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. zweiwöchige Widerrufsfrist in Gang zu setzen. Gemäß § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. setzt der Beginn der Widerrufsfrist voraus, dass der Verbraucher eine deutlich gestaltete Widerrufserklärung erhält, die ihm seine Rechte deutlich macht und ihn u.a. auf den Beginn der Widerrufsfrist (s. a)) sowie auf die Regelung des § 355 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. (s. b)) hinweist. Diesen Anforderungen wird die von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung nicht gerecht.
a) Verwendet der Unternehmer in der Widerrufsbelehrung für die Information über den Beginn der Widerrufsfrist nur die Formulierung, „Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung“, informiert er den Verbraucher nicht richtig über den nach § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. maßgeblichen Beginn der Widerrufsfrist, weil der Verbraucher darüber im Unklaren gelassen wird, von welchen weiteren Voraussetzungen der Fristbeginn noch abhängen solle (BGH, Urteil vom 28.06.2011 – XI ZR 349/10, Rz. 34). Das von der Beklagten für die Widerrufsbelehrung verwendete Formular „Widerrufsbelehrung“ enthält mit dem zweiten Satz des ersten, mit „Widerrufsrecht“ überschriebenen Absatzes exakt die von dem Bundesgerichtshof beanstandete Formulierung, ohne im Nachfolgenden die dadurch hervorgerufene Unklarheit über den Fristbeginn noch durch erklärende Zusätze zu beseitigen.
27b) Gemäß § 355 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. ist u.a. der Widerruf binnen zwei Wochen zu erklären. Hierüber informiert das von der Beklagten für die Widerrufsbelehrung verwendete Formular nicht in der gemäß § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. geforderten Deutlichkeit, weil die Beklagte in dem ersten Satz der Widerrufsbelehrung, „Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen ohne Angaben von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, E-Mail) widerrufen.“, hinter „zwei Wochen“ die Fußnote „2“ mit dem Fußnotentext „Bitte Frist im Einzelfall prüfen.“ eingefügt hat. Dadurch werden bei dem Leser Zweifel geweckt, ob in seinem Einzelfall überhaupt die angegebene Frist von 2 Wochen gilt (vgl. OLG München, Urteil vom 21.10.2013 - 19 U 1208/13, Rz. 37). Da dem Leser der Widerrufsbelehrung auch keine Kriterien genannt werden, anhand derer er überprüfen kann, ob die genannte Frist für seinen Einzelfall tatsächlich zutreffend ist, wird er nicht mit der gemäß § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. verlangten Deutlichkeit über die für ihn geltende Widerrufsfrist informiert. Entgegen der Meinung der Berufung wird dem Leser durch die Positionierung des Fußnotentexts unterhalb des markierten Rahmens nicht verdeutlicht, dass sich der Fußnotentext nur an Mitarbeiter der Beklagten wenden soll. Es gehört zu dem Wesen der Fußnote, dass sich deren Text entweder am unteren Ende der Seite oder aber am Ende des gesamten Haupttextes befindet. Gleichwohl ist dieser Fußnotentext Teil der Gesamttextaussage, weil die im Haupttext befindliche Fußnotenziffer den Leser auf den Fußnotentext verweist und ihm ergänzende Informationen zu dem Passus des Haupttextes gibt, der mit der Fußnotenziffer abschließt. Auch die Fußnote „1“ verdeutlicht dem Leser nicht, dass sich die Fußnote „2“ nur an Mitarbeiter der Beklagten wenden soll. Nach den allgemein üblichen Lesegewohnheiten besteht zwischen zwei Fußnotentexten, auch wenn sie unmittelbar nebeneinander abgedruckt sind, kein Zusammenhang. Dies liegt daran, dass nach dem Vorhergesagten der Kontext eines Fußnotentextes durch die Passage des Haupttextes bestimmt wird, an deren Ende sich die zugehörige Fußnotenziffer befindet.
28c) Entgegen der Meinung der Beklagten kann sie sich auch nicht gemäß § 14 Abs. 1 BGB-InfoV a.F. darauf berufen, dass sie die Musterbelehrung gemäß Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV a.F. verwandt habe. Zum einen hilft die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV a.F. der Beklagten nicht weiter. Aufgrund der in § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV a.F. angeordneten Gesetzlichkeitsfiktion stehen nur etwaige in dem Muster vorhandene Fehler, die eigentlich den Anforderungen des § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. nicht genügen, dem Beginn der Widerrufsfrist nicht entgegen (BGH, Urteil vom 18.03.2014 – II ZR 109/13, Rz. 15). Das von der Beklagten für die Widerrufsbelehrung verwandte Formular genügt jedoch nicht nur wegen der in dem Muster enthaltenen fehlerhaften Belehrung über den Fristenbeginn, sondern auch wegen der Fußnote „2“ nicht den Anforderungen des § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. an eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung, da durch diese Fußnote, wie oben ausgeführt worden ist, die Belehrung über die Dauer der Widerrufsfrist undeutlich geworden ist. Die Fußnote „2“ hat die Beklagte selbst in den Belehrungstext eingefügt. Zum anderen setzt die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV a.F. grundsätzlich voraus, dass der Verwender ein Formular verwendet, das dem Muster sowohl inhaltlich als auch in der äußeren Gestaltung vollständig entspricht (BGH, a.a.O.). Offenbleiben kann dabei, ob mit Rücksicht auf die Vielgestaltigkeit möglicher individueller Veränderungen schon allein die Tatsache, dass der Verwender die Musterbelehrung einer eigenen inhaltlichen Bearbeitung unterzogen hat, der Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV a.F. entgegensteht (BGH, Urteil vom 28.06.2011 – XI ZR 349/10, Rz. 39) oder ob gewisse inhaltliche Korrekturen, die sich darin erschöpfen, die Musterbelehrung an die Gesetzeslage anzupassen, noch unschädlich sind (in diesem Sinne wohl BGH, Urteil vom 18.03.2014 – II ZR 109/13, Rz. 18 f). Die Grenze einer unschädlichen Abweichung wird jedenfalls dann überschritten, wenn im Hinblick auf die Änderung die verwendete Widerrufsbelehrung anders als die Musterbelehrung dem Deutlichkeitsgebot des § 355 Abs. 2 BGB a.F. nicht mehr genügt (BGH, Urteil vom 01.12.2010 – VIII ZR 82/10, Rz. 17). Genau dies ist bei dem von der Beklagten verwendeten Formular für die Widerrufsbelehrung der Fall, weil durch die von der Beklagten eingefügte Fußnote „2“ die Widerrufsbelehrung anders als das Muster nicht mehr deutlich genug über die Länge der Widerrufsfrist aufklärt.
29- 30
4. Zu Recht hat allerdings die Beklagte eingewandt, der Kläger habe sein Widerrufsrecht rechtsmissbräuchlich ausgeübt. Gemäß § 242 BGB steht jede Rechtsausübung unter dem Gebot von Treu und Glauben. Unzulässig ist daher die Ausübung eines Rechts dann, wenn ihr kein schutzwürdiges Eigeninteresse zugrunde liegt, weil die Ausübung des Rechts nur der Erreichung vertragsfremder oder unlauterer Zwecke dient (Grüneberg in Palandt, BGB, 75. Auflage, § 242 Rz. 50). So ist z.B. die Wandlung [heute: der Rücktritt] eines Kaufvertrags unzulässig, wenn im Zeitpunkt der Erklärung der Wandlung die Kaufsache gar nicht mehr mangelbehaftet ist (BGH, Urteil vom 22.02.1984 – VIII ZR 316/82, NJW 1984, S. 2287, 2288). Da nicht der Vorwurf eines bewusst unredlichen Verhaltens erhoben wird, kommt es auf die Kenntnis und Motivation desjenigen, der das Recht ausübt, nicht an, entscheidend ist vielmehr allein, dass aufgrund der objektiven Umstände die Rechtsausübung nicht mehr einer sachgerechten Interessenwahrnehmung entspricht (BGH, a.a.O.).
Mit dem gemäß § 495 Abs. 1 BGB a.F. dem Verbraucher eingeräumten Widerrufsrecht soll seine auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Vertragsentscheidung insoweit geschützt werden, als ihm wegen der erheblichen wirtschaftlichen Bedeutung und Tragweite des Darlehensvertrags die Gelegenheit gegeben wird, dass Darlehensangebot noch einmal zu überdenken (BGH, Urteil vom 28.05.2013 – XI ZR 6/12, Rz. 21). Wie auch die grundsätzlich nur zweiwöchige Widerrufsfrist zeigt, geht es bei dem Widerrufsrecht gemäß §§ 495 Abs. 1, 355 BGB a.F. nicht darum, dem Verbraucher durch in der Zwischenzeit neu eingetretene Umstände oder neu erworbene Kenntnisse die Möglichkeit zu verschaffen, gleichsam von höherer Warte aus die Sinnhaftigkeit seines Vertragsschluss besser beurteilen zu können, sondern nur darum, seine Willensentschließung nach Abschluss der Vertragsverhandlungen nochmals in Kenntnis der Vertragspflichtangaben zu überprüfen und kurzfristig revidieren zu können (vgl. BT-Drucks. 11/5462, S. 21). Folglich entspricht der Widerruf eines nicht in einer Haustürsituation vor mehreren Jahren abgeschlossenen, festverzinslichen und durch ein Grundpfandrecht besicherten Darlehensvertrags, der die gemäß § 492 Abs. 1, Abs. 1a) Satz 1 BGB a.F. notwendigen Vertragsangaben enthält, nicht der sachgerechten Interessenwahrnehmung, wenn der Verbraucher ihn erst widerruft, nachdem das marktübliche Zinsniveau für solche Darlehen um mehr als 30 % unter den Vertragszins gefallen war und er das mit dem Darlehen beliehene Grundeigentum bereits wirtschaftlich verwertet hatte, obwohl sich der von ihm mit der Bank vereinbarte Festzins im Rahmen des seinerzeit marktüblichen Zinsniveaus bewegt hat. Bei dieser Sachlage dient der Widerruf nicht dem Schutz des Verbrauchers vor einer übereilten Entscheidung in der Vertragsabschlusssituation, sondern der vertragstreuwidrigen Verlagerung des Risikos fallender Zinsen auf die Bank. Es ist nicht erkennbar, dass der Verbraucher gemäß seiner damaligen Interessenlage „bereut“, das Darlehen zu den ihm angebotenen Darlehenskonditionen angenommen zu haben, da einerseits er den Vertrag erst in einem Zeitpunkt widerruft, zu dem er ihn wegen der Weiterveräußerung der beliehenen Immobilie ohnehin nicht hätte weiterführen wollen und andererseits sich der vereinbarte Zinssatz im Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch im Rahmen des Marktüblichen bewegt hat und der Verbraucher den Darlehensvertrag auch jahrelang bedient hat, ohne über die damit verbundenen Kosten einem Informationsdefizit zu unterliegen, da der von ihm unterschriebene Vertrag die Pflichtangaben gemäß § 492 Abs. 1, Abs. 1a) Satz 1 BGB a.F. enthält. Seiner damaligen Interessenlage hat auch die Festzinsvereinbarung entsprochen, da im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses die zukünftige Zinsentwicklung unbekannt war und folglich die Bank das Risiko steigender Zinsen und er das Risiko fallender Zinsen für den Zeitraum der Festzinsvereinbarung übernommen hat.
32Dem vorgenannten Einwand der unzulässigen Rechtsausübung stehen auch weder die Vorgaben des Europarechts noch des nationalen Verbraucherschutzrechts entgegen (s. Urteil des Senats vom 21.01.2016 – I-6 U 296/14, veröffentlicht in Juris, Rz. 23 f).
33Entgegen der nochmals in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 16.04.2016 geäußerten Meinung des Klägers widerspricht das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 16.03.2016 – VIII ZR 146/15, Rz. 16, nicht dem vorgenannten Einwand der unzulässigen Rechtsausübung. Zum einen haben diese Entscheidung wie auch das von ihr in Bezug genommene Urteil des Bundesgerichtshofs vom 25.11.2009 – VIII ZR 318/08 Fernabsatzgeschäfte betroffen, bei denen die Verbraucher kurze Zeit nach dem Vertragsschluss kaufreuig geworden waren und jeweils mit der Erklärung des Widerrufs auch die Kaufsache an den Unternehmer zurückgesandt haben. Da in beiden Fällen der Widerruf nach den objektiven Gegebenheiten funktionsgerecht, d. h. zum Schutz vor einer übereilten Entscheidung, erklärt worden war, hätte auch der Senat, wenn er diese Fälle zu entscheiden gehabt hätte, keinen Grund gehabt, von einer unzulässigen Rechtsausübung auszugehen. Zum anderen ist von dem Gesetzgeber anerkannt worden, dass die Banken bei der Ausübung eines unbefristeten Widerrufs eines Immobiliendarlehensvertrags besonders schutzbedürftig sind. Wie in dem Urteil vom 21.01.2016 – I-6 U 296/14, Rz. 24, näher ausgeführt worden ist, hat der Deutsche Gesetzgeber die Banken dann als besonders schutzbedürftig angesehen, wenn der Verbraucher bei einen Immobiliendarlehensvertrag ein unbefristetes Widerrufsrecht ausübt. Deswegen ist im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens als Ausgleich für das auch auf Immobiliendarlehensverträge ausgedehnte unbefristete Widerrufsrecht die Fassung des § 358 Abs. 3 BGB dahin geändert worden, dass bei einem Immobiliendarlehensvertrag ein verbundenes Geschäft nur unter eng umgrenzten Voraussetzungen gegeben ist, in denen der Darlehensgeber über seine Kreditrolle hinausgeht und sich das finanzierte Geschäft zu eigen macht (BT-Dr 14/9633). Diese nach dem Willen des Gesetzgebers zum Schutz der Banken geänderte Bestimmung des § 358 Abs. 3 BGB kann jedoch, was der Gesetzgeber nicht bedacht hat, auch das Gegenteil bewirken, weil sie dem Verbraucher erst die „Freiheit“ verschafft, den Darlehensvertrag unabhängig von dem Immobiliengeschäft, dessen Abschluss er gar nicht bereut hat, nach jahrelanger Vertragsdurchführung aus rein formalen Gründen zu widerrufen, um das von ihm bei Vertragsschluss bewusst übernommene Risiko fallender Marktzinsen vertragswidrig auf die Bank zu verlagern, obwohl er aufgrund der hinreichenden Angaben in dem Darlehensvertrag über den Umfang seiner Verpflichtungen bei Vertragsabschluss nicht im Unklaren gewesen ist.
34Der nach den vorstehenden Erwägungen gegenüber einem Widerruf eines Immobiliendarlehensvertrags gemäß § 242 BGB statthafte Einwand der unzulässigen Rechtsausübung ist hinsichtlich des von dem Kläger erklärten Widerrufs der streitgegenständlichen Darlehensverträge mit den Nrn. … und … auch begründet. Diese Verträge wurden nicht im Sinne des Art. 1 RL 85/577/EWG außerhalb der Geschäftsräume der Beklagten geschlossen. In beiden Verträgen wird jeweils in dem einleitenden Satz die Höhe des jeweiligen Gesamtnettodarlehensbetrags angegeben, d.h. mit € 168.000,- bzw. € 162.000,- beziffert. Da die Auszahlung des jeweiligen Darlehens gemäß Nr. 3 des jeweiligen Vertrags von der Bestellung einer Grundschuld in Höhe von € 330.000,- zu Lasten des Grundstücks …, Ratingen, abhängig gemacht worden ist, handelt es sich bei den beiden Darlehen um Immobiliendarlehen. Aus Nr. 1.7. des jeweiligen Darlehensvertrags folgt des Weiteren, dass die Darlehen jeweils am 30.06.2038 zurückzuzahlen sind. Gemäß Nr. 1. des jeweiligen Darlehensvertrags haben die Parteien ferner jeweils befristete Festzinsvereinbarungen über nominale 5,33 % p.a. getroffen. Ferner wurde in beiden Darlehensverträgen jeweils unter Nr. 1.3 der Effektivzinssatz mit 5,46 % p.a. beziffert. Dieser Effektivzinssatz hat sich unter Berücksichtigung der Tatsache, dass beide Darlehen eine Gesamtlaufzeit von 30 Jahren aufwiesen, im Rahmen des seinerzeit marktüblichen Zinsniveaus bewegt. Ausweislich der Zinsstatistik der Deutschen Bundesbank vom 30.10.2015 betrug im Juni 2008 der durchschnittliche Effektivzinssatz für Wohnungsbaukredite mit einer Laufzeit von über 10 Jahren 5,09 %. Wie die vorstehenden Ausführungen zeigen, enthält die Vertragsurkunde auch alle gemäß § 492 Abs. 1 und 1a) BGB a.F. erforderlichen Angaben zum Vertragsinhalt. Der Kläger hat unstreitig 6 Jahre die Darlehen ordnungsgemäß bedient, bevor er die Darlehensverträge widerrufen hat. Im Zeitpunkt seiner Widerrufserklärung am 03.07.2014 war die marktübliche Verzinsung für Wohnungsbaukredite von über 10 Jahren auf 2,1 % p.a., d.h. gegenüber dem vertraglich vereinbarten Zinssatz um 62 % abgesunken. Schließlich hat der Kläger die Darlehensverträge erst widerrufen, als ihm von der Beklagten hinsichtlich beider Darlehensverträge wegen der von ihm vorgenommenen Weiterveräußerung der beliehenen Immobilie das Angebot eines Aufhebungsvertrags vorlag.
355. Der Anspruch auf Rückzahlung der Wertermittlungsgebühren ist unbegründet. Aus dem Klägervortrag ergibt sich schon nicht, aus welchen Gründen er sich für berechtigt hält, diese zurückzufordern. Darauf hat ihn das Landgericht mit dem angefochtenen Urteil hingewiesen. Hiergegen hat der Kläger mit seiner Berufung nichts erinnert.
366. Dem Kläger steht gemäß §§ 280 Abs. 1, 2, 286, 249 BGB auch kein Anspruch auf Ersatz seiner vorgerichtlichen Kosten zu, da nach den obigen Ausführungen zu Nr. 4. die Beklagte zu Recht den Widerruf des Klägers als unberechtigt zurückgewiesen hat.
37III.
38Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
39Der Ausspruch der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
40Die Revision wird gemäß § 543 Abs. 2 ZPO zugelassen. Es ist noch nicht höchstrich-terlich entschieden, ob es eine unzulässige Rechtsausübung im Sinne des § 242 BGB darstellt, wenn der Verbraucher einen vor mehreren Jahren nicht in einer Haustürsituation abgeschlossenen, festverzinslichen und durch ein Grundpfandrecht besicherten Annuitätendarlehensvertrag, der die gemäß § 492 Abs. 1, Abs. 1a) Satz 1 BGB a.F. notwendigen Vertragsangaben enthält, erst widerruft, nachdem das marktübliche Zinsniveau für solche Darlehen um mehr als 30 % unter den Vertragszins gefallen war und er das beliehene Grundeigentum bereits wirtschaftlich verwertet hatte, obwohl sich der von ihm mit der Bank vereinbarte Festzins im Rahmen des seinerzeit marktüblichen Zinsniveaus bewegt hat. Diese Rechtsfrage ist entscheidungserheblich und hat schon wegen der Vielzahl ähnlich gelagerter Rechtsstreite auch grundsätzliche Bedeutung. Zudem ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts auch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. So hat das Oberlandesgericht Stuttgart mit Urteil vom 06.10.2015 – 6 U 148/14, Rz. 45, bei einem vergleichbaren Sachverhalt den gegenteiligen Rechtsstandpunkt vertreten.
41Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird gemäß §§ 43, 47, 48 GKG, 3 ZPO auf € 63.098,70 festgelegt.
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(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil
- 1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen, - 2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.
(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.
(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.
(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.
(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.
(1) Unternehmer ist eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt.
(2) Eine rechtsfähige Personengesellschaft ist eine Personengesellschaft, die mit der Fähigkeit ausgestattet ist, Rechte zu erwerben und Verbindlichkeiten einzugehen.
Das zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit Geleistete kann nicht zurückgefordert werden, wenn der Leistende gewusst hat, dass er zur Leistung nicht verpflichtet war, oder wenn die Leistung einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprach.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
Das zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit Geleistete kann nicht zurückgefordert werden, wenn der Leistende gewusst hat, dass er zur Leistung nicht verpflichtet war, oder wenn die Leistung einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprach.
(1) Unternehmer ist eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt.
(2) Eine rechtsfähige Personengesellschaft ist eine Personengesellschaft, die mit der Fähigkeit ausgestattet ist, Rechte zu erwerben und Verbindlichkeiten einzugehen.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der klagende Rechtsanwalt betreute die Beklagte über einen längeren Zeitraum in einer Erbschaftsangelegenheit; er vertrat sie gerichtlich und außergerichtlich gegenüber Miterben und Außenstehenden. Zum Nachlaß gehörten unter anderem Grundstücke, Restitutionsansprüche und Gesellschaftsbeteiligungen. Nachdem die Beklagte auf die Honorarrechnungen des Klägers nur verhältnismäßig geringfügige Leistungen erbracht hatte, übersandte dieser ihr mit Schreiben vom 14. März 1995 18 Rechnungen mit dem Bemerken, dies geschehe, "damit unser beider Überblick über die Kostenfolgen der verschie-
denen Verfahren nicht verloren geht". Da die Beklagte aus finanziellen Gründen damals keine weiteren Zahlungen leisten konnte, trafen die Parteien am 13. September 1995 eine vom Kläger formulierte "Abtretungsvereinbarung", die folgenden Wortlaut hatte:
"Im Hinblick auf die verschiedenen Kostenrechnungen von ... (Kläger) im Zusammenhang mit der Nachlaßauseinandersetzung ... erkenne ich, ... (Beklagte) hiermit an, Herrn ... (Kläger) insgesamt aufgrund dieser Rechnungen einen Gesamtbetrag von DM 144.486,- zu schulden. Dieser Betrag ist vom Tag der Unterzeichnung dieser Vereinbarung mit 4 % p.a. zu verzinsen. Erfüllungshalber trete ich, ... (Beklagte), an Herrn ... (Kläger) einen erststelligen Teilbetrag i.H.v. DM 144.486,- nebst 4 % Zinsen meines Anspruchs auf anteilige Auskehrung des Veräußerungserlöses aus dem vollständigen oder teilweisen Verkauf des Nachlasses nach ... gem. dem gerichtlichen Vergleich vom 11. Januar 1995 aus dem Verfahren LG Leipzig ... ab. Diese Abtretung wird von ... (Kläger) angenommen." Mit der Klage hat der Kläger den in der Vereinbarung vom 13. September 1995 genannten Betrag geltend gemacht; in den Rechtsmittelinstanzen streiten die Parteien noch über 116.597,40 DM. Zur Begründung des Klageanspruchs stützt sich der Kläger in erster Linie auf jene Vereinbarung und hilfsweise auf die einzelnen Honorarrechnungen. Die Beklagte hat gegen die hierin enthaltenen Berechnungen zahlreiche Einwendungen erhoben; unter anderem beanstandet sie die vom Kläger angesetzten Gegenstandswerte.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Kammergericht hat die Berufung der Beklagten, mit der sie sich gegen die Verurteilung zur Zahlung von mehr als 27.888,60 DM nebst Rechtshängigkeitszinsen gewandt hat, zurückgewiesen. Insoweit verfolgt die Beklagte mit der Revision ihren Berufungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.
I.
Das Berufungsgericht hat - anders als das Landgericht - die Vereinbarung vom 13. September 1995 nicht als Vergleich gewertet und dies unter anderem damit begründet, daß seinerzeit zwischen den Parteien über die Richtigkeit der vom Kläger ausgestellten Honorarrechnungen weder Streit noch Ungewißheit bestanden habe. Der Vertrag enthalte aber, so hat das Berufungsgericht ausgeführt, ein selbständiges (konstitutives) und nicht ein "bloß deklaratorisches" Schuldanerkenntnis oder gar nur eine Beweiserleichterung. Auf dieses Anerkenntnis könne sich der Kläger zur Begründung seines Anspruchs berufen , ohne auf die "zugrundeliegenden Einzelmandate und die hierüber ausgestellten Rechnungen" zurückgreifen zu müssen. Daraus hat das Berufungsgericht , ohne dies weiter zu begründen, die rechtliche Schlußfolgerung gezogen, die Beklagte sei mit ihren Einwendungen gegen die einzelnen Rechnungen des Klägers ausgeschlossen.
Diese rechtliche Beurteilung greift die Revision, die die Auslegung der Vereinbarung vom 13. September 1995 als abstraktes Schuldanerkenntnis ausdrücklich nicht in Zweifel zieht, mit Erfolg an.
1. Ein Schuldanerkenntnisvertrag im Sinne des § 781 BGB begründet ein selbständiges, von den zugrundeliegenden Rechtsbeziehungen losgelöstes Schuldverhältnis, das, wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat, für sich allein eine ausreichende Grundlage für den anerkannten Anspruch bildet. Jene Rechtsbeziehungen, die zur Abgabe des Anerkenntnisses geführt haben, stellen aber dessen Rechtsgrund dar, was zur Folge hat, daß, wenn sie den anerkannten Leistungsanspruch nicht rechtfertigen, das Anerkenntnis gemäß § 812 Abs. 2 BGB wegen ungerechtfertigter Bereicherung zurückgefordert werden kann (BGH, Urt. v. 30. November 1998 - II ZR 238/97, NJW-RR 1999, 573, 574). Ein solcher Bereicherungsanspruch kommt lediglich dann nicht in Betracht , wenn die Parteien mit dem Anerkenntnisvertrag einen Streit oder eine Unsicherheit über den Inhalt des zwischen ihnen bestehenden Rechtsverhältnisses beenden und ohne Rücksicht auf das Bestehen oder Nichtbestehen des anerkannten Anspruchs eine klare Rechtslage schaffen wollten (BGH, Urt. v. 18. September 1970 - IV ZR 1199/68, WM 1970, 1457, 1459; v. 29. September 1975 - III ZR 30/73, WM 1975, 1233 f; v. 24. Oktober 1985 - III ZR 35/85, WM 1986, 50, 51). Ist dies der Fall, dann unterscheidet sich der konstitutive Schuldbestätigungsvertrag vom sogenannten "deklaratorischen" Schuldanerkenntnis nur dadurch, daß er im Gegensatz zu diesem "abstrakt" ist, also einen selbständigen Anspruchsgrund bildet (BGH, Urt. v. 24. Oktober 1985 aaO). Der die Rückforderungsmöglichkeit nach § 812 Abs. 2 BGB beseitigende Einwendungsausschluß setzt wie beim deklaratorischen Schuldanerkenntnis einen Streit oder doch eine subjektive Ungewißheit der Parteien über das Bestehen
der Schuld oder über einzelne rechtlich erhebliche Punkte voraus; insofern wirken solche einwendungsausschließenden Anerkenntnisverträge wie ein Vergleich (BGHZ 66, 250, 253 ff).
2. Ob ein Schuldanerkenntnisvertrag im Sinne des § 781 BGB im konkreten Fall nach dem Willen der Vertragschließenden den endgültigen Ausschluß etwaiger bis dahin begründeter Einwendungen zur Folge haben soll, ist eine Frage der Auslegung, die in erster Linie vom Tatrichter zu beantworten ist. Das Berufungsgericht hat eine solche Auslegung unter dem hier erörterten rechtlichen Gesichtspunkt unterlassen, weil es ersichtlich der - nach dem Gesagten unzutreffenden - Meinung war, ein Schuldanerkenntnisvertrag im Sinne des § 781 BGB schließe ohne weiteres jeden Rückgriff auf das dem Anerkenntnis zugrundeliegende Schuldverhältnis aus. Der Senat kann die Auslegung jedoch selbst vornehmen, weil das Berufungsgericht die dazu erforderlichen tatsächlichen Feststellungen in anderem Zusammenhang getroffen hat. Aus seinen Ausführungen zur Frage, ob es sich bei der Vereinbarung vom 13. September 1995 um einen Vergleich handele, ergibt sich, daß der anerkannte Betrag von 144.486 DM damals zwischen den Parteien unstreitig war. Über die Berechtigung dieses Zahlungsanspruchs des Klägers bestand zwischen ihnen weder ein Streit noch eine Ungewißheit; sie gingen übereinstimmend davon aus, daß die einzelnen Rechnungen die Honorarforderungen des Klägers richtig auswiesen und in ihrer Summe den anerkannten Betrag ergaben.
Die Revisionserwiderung verweist in diesem Zusammenhang zu Unrecht auf die Erwägungen, die für die - von beiden Revisionsparteien hingenommene und aus Rechtsgründen nicht zu beanstandende - Annahme des Berufungsge-
richts maßgebend waren, es handele sich um ein selbständiges (konstitutives) Schuldanerkenntnis. Angesichts der Vielzahl und der Komplexität der einzelnen Angelegenheiten, so heißt es dort, seien spätere Streitigkeiten über den Umfang der Tätigkeiten, die zugrundeliegenden Streit- und Gegenstandswerte und die Höhe der Gebührensätze nicht auszuschließen gewesen. Sie hätten wegen des Zeitablaufs zu Beweisschwierigkeiten führen können; auch gegen die Gefahr der Verjährung vor rechtzeitiger Geltendmachung der Ansprüche habe sich der Kläger schützen müssen. Diesem Anliegen des Klägers war schon durch den Abschluß des den Anspruch selbständig begründenden Anerkenntnisvertrags und die damit bei der Geltendmachung des Bereicherungseinwands verbundene Beweislastumkehr Genüge getan. Das Berufungsgericht hat es schon bei der Prüfung, ob es sich um einen Vergleich gehandelt habe, hierfür nicht genügen lassen, daß Ungewißheit und Streit über diese Fragen - objektiv - "sozusagen vorprogrammiert" gewesen sein und "in der Natur der von der Beklagten geltend gemachten Ansprüche" gelegen haben mögen. Dies reicht auch für die Annahme, die Parteien hätten die Höhe der Vergütungsansprüche jedem Streit entziehen wollen, nicht aus. Der Beklagten hatte sich, wie das Berufungsgericht festgestellt hat, die Möglichkeit der Unrichtigkeit der Abrechnungen damals "noch nicht erschlossen". Daß sie aus einem Streitwertbeschluß des Landgerichts Leipzig vom 22. Februar 1995 vielleicht hätte entnehmen können, daß die in den Rechnungen des Klägers angesetzten Streitwerte teilweise davon abwichen, ist entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung im Hinblick auf jene Feststellung des Berufungsgerichts ohne Bedeutung.
Die Revisionserwiderung weist ferner auf den "zumindest vergleichsähnlichen Gehalt" des Anerkenntnisses hin. Das mag insofern zutreffen, als der Kläger sich im Gegenzug bereit fand, mit der Einziehung seiner Forderungen
weiter zuzuwarten, bis die Beklagte aus den Nachlaßwerten die Mittel zur Begleichung der Ansprüche erhielt. Das macht indessen den Vertrag vom 13. September 1995 nicht insgesamt zu einem Vergleich. Die Stundung der Gebührenforderungen beruhte nicht auf diesem Vertrag. Nach dem eigenen, in der Klageerwiderung enthaltenen Vortrag der Beklagten hatte sie wegen ihrer beschränkten wirtschaftlichen Möglichkeiten bereits bei Auftragserteilung mit dem Kläger vereinbart, daß dessen Dienste erst aus den ihr bei der Erbauseinandersetzung zufallenden Mitteln bezahlt werden sollten. Im übrigen hätte der Vereinbarung, wenn es sich bei ihr um einen Vergleich gehandelt hätte, wenn auch nicht die Wirksamkeit (§ 779 BGB), so doch die Geschäftsgrundlage gefehlt , sofern der anerkannte Betrag nicht der materiellen Rechtslage entsprach; denn die Parteien hätten sich dann bei Abschluß des Vertrages in einem gemeinsamen Irrtum befunden (vgl. dazu BGHZ 46, 268, 272 f; BGH, Urt. v. 18. November 1993 - IX ZR 34/93, WM 1994, 604, 605).
3. Der Beklagten steht danach gegenüber dem Klageanspruch der Einwand der ungerechtfertigen Bereicherung nach § 812 Abs. 2, § 821 BGB zu, wenn und soweit ihre Einwendungen gegen die Honorarrechnungen des Klägers berechtigt sind. Die dafür maßgebenden Tatsachen hat sie zu beweisen. Die auf § 139 BGB gestützte Ansicht der Revision, dem Schuldanerkenntnis fehle insgesamt der rechtliche Grund, wenn es auch nur in einem Punkt von den zugrundeliegenden Honorarforderungen nicht gedeckt sei, ist nicht richtig. Der Bereicherungsanspruch besteht nur in dem Umfang, in dem das Anerkenntnis den Honoraranspruch übersteigt (vgl. BGHZ 51, 346, 348; MünchKomm-BGB/Lieb 3. Aufl. § 812 Rdnr. 315).
II.
Die Sache ist somit unter Aufhebung des angefochtenen Urteils an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Dieses wird sich nunmehr mit den Einwendungen der Beklagten gegen die Honorarrechnungen des Klägers zu befassen haben. Die Revisionserwiderung meint zu Unrecht, das Rechtsmittel müsse in Höhe von 27.888,60 DM zurückgewiesen werden. In diesem Umfang hat die Beklagte bereits die Verurteilung durch das Landgericht nicht angegriffen.
Kreft Stodolkowitz Kirchhof Fischer Ganter
(1) Die empfangenen Leistungen sind spätestens nach 14 Tagen zurückzugewähren.
(2) Der Unternehmer muss auch etwaige Zahlungen des Verbrauchers für die Lieferung zurückgewähren. Dies gilt nicht, soweit dem Verbraucher zusätzliche Kosten entstanden sind, weil er sich für eine andere Art der Lieferung als die vom Unternehmer angebotene günstigste Standardlieferung entschieden hat.
(3) Für die Rückzahlung muss der Unternehmer dasselbe Zahlungsmittel verwenden, das der Verbraucher bei der Zahlung verwendet hat. Satz 1 gilt nicht, wenn ausdrücklich etwas anderes vereinbart worden ist und dem Verbraucher dadurch keine Kosten entstehen.
(4) Bei einem Verbrauchsgüterkauf kann der Unternehmer die Rückzahlung verweigern, bis er die Waren zurückerhalten hat oder der Verbraucher den Nachweis erbracht hat, dass er die Waren abgesandt hat. Dies gilt nicht, wenn der Unternehmer angeboten hat, die Waren abzuholen.
(5) Der Verbraucher trägt die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Waren, wenn der Unternehmer den Verbraucher nach Artikel 246a § 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche von dieser Pflicht unterrichtet hat. Satz 1 gilt nicht, wenn der Unternehmer sich bereit erklärt hat, diese Kosten zu tragen.
(6) Der Verbraucher ist nicht verpflichtet, die Waren zurückzusenden, wenn der Unternehmer angeboten hat, die Waren abzuholen.
(7) Bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen, bei denen die Waren zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses zur Wohnung des Verbrauchers gebracht worden sind, ist der Unternehmer verpflichtet, die Waren auf eigene Kosten abzuholen, wenn die Waren so beschaffen sind, dass sie nicht per Post zurückgesandt werden können.
(8) Für die Rechtsfolgen des Widerrufs von Verträgen über die Bereitstellung digitaler Produkte gilt ferner § 327p entsprechend.
(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher seine Willenserklärung fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer. Aus der Erklärung muss der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgehen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.
(2) Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage. Sie beginnt mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(3) Im Falle des Widerrufs sind die empfangenen Leistungen unverzüglich zurückzugewähren. Bestimmt das Gesetz eine Höchstfrist für die Rückgewähr, so beginnt diese für den Unternehmer mit dem Zugang und für den Verbraucher mit der Abgabe der Widerrufserklärung. Ein Verbraucher wahrt diese Frist durch die rechtzeitige Absendung der Waren. Der Unternehmer trägt bei Widerruf die Gefahr der Rücksendung der Waren.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Kläger begehren die Feststellung, aus einem Darlehen, das ihnen die beklagte Bank zur Finanzierung der Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds gewährt hat, zu keinen Zahlungen mehr verpflichtet zu sein. Darüber hinaus verlangen sie die Rückabtretung von sicherungshalber abgetretenen Ansprüchen aus Lebensversicherungsverträgen sowie die Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten.
- 2
- Die Kläger wurden im Jahre 1994 von einem Vermittler geworben, sich an dem " Immobilien-Fonds Nr. " (G. GbR ) - im Folgenden: Fondsgesellschaft - zu beteiligen. Mit dem Vermittler hatten sie eine vom 3. Dezember 1994 datierende "Wirtschaftsberater-Servicevereinbarung" geschlossen. Mit notariell beurkundeter Beitrittserklärung vom 13. Dezember 1994 erklärten sie den Eintritt in die Fondsgesellschaft mit einer drei Fondsanteilen entsprechenden Kapitalbeteiligung von 91.950 DM. Zur Finanzierung des Fondsbeitritts schlossen sie am 13./20. Dezember 1994 mit der Beklagten einen formularmäßigen Darlehensvertrag über 105.720 DM, der eine Widerrufsbelehrung mit unter anderem folgendem Inhalt enthielt: "Hat der Darlehensnehmer das Darlehen empfangen, gilt der Widerruf als nicht erfolgt, wenn er das Darlehen nicht binnen zweier Wochen entweder nach Erklärung des Widerrufs oder nach Auszahlung des Darlehens zurückzahlt."
- 3
- Zur Sicherung des Darlehensrückzahlungsanspruchs traten die Kläger ihre Rechte aus zwei Lebensversicherungsverträgen an die Beklagte ab und verpfändeten zudem ihre Geschäftsanteile an der Fondsgesellschaft.
- 4
- Nach Ablauf der Zinsbindungsfrist aus dem Darlehensvertrag vom 13./20. Dezember 1994 vereinbarten die Parteien unter dem 12. Oktober/ 15. Dezember 2004 einen geänderten Zinssatz für die Zeit ab dem 1. Januar 2005. Bereits am 16. Dezember 2003 hatten die Kläger eine ihnen von der Beklagten zugeleitete "Nachträgliche Widerrufsbelehrung über das gesetzliche Widerrufsrecht nach §§ 312, 355 BGB" unterzeichnet, die unter anderem lautet: "Widerrufsrecht Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von einem Monat ohne Angabe von Gründen in Textform (z. B. Brief, Fax, E-Mail) widerrufen. Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung in Textform. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs. Der Widerruf ist zu richten an: (…) Widerrufsfolgen (…) Finanzierte Geschäfte Widerrufen Sie diesen Darlehensvertrag, mit dem Sie Ihre Verpflichtungen aus einem anderen Vertrag finanzieren, so sind Sie auch an den anderen Vertrag nicht gebunden, wenn beide Verträge eine wirtschaftliche Einheit bilden. (…). Wird mit diesem Darlehensvertrag die Überlassung einer Sache finanziert , gilt Folgendes: Wenn Sie diese Sache im Falle des Widerrufs ganz oder teilweise nicht zurückgeben können, haben Sie dafür ggf. Wertersatz zu leisten. (…) Nicht paketversandfähige Ware wird bei Ihnen abgeholt. (…)."
- 5
- Mit Anwaltsschreiben vom 20. Juni 2008 widerriefen die Kläger den "Darlehensvertrag" unter anderem nach dem Haustürwiderrufsgesetz.
- 6
- Mit ihrer Klage machen sie geltend, in einer Haustürsituation durch den Vermittler zum kreditfinanzierten Erwerb der Fondsbeteiligung bestimmt worden zu sein. Weder die ursprüngliche Widerrufsbelehrung im Darlehensvertrag vom 13./20. Dezember 1994 noch die von ihnen am 16. Dezember 2003 unterzeichnete nachträgliche Belehrung entsprächen den gesetzlichen Anforderungen, so dass die Widerrufsfrist nicht zu laufen begonnen habe. Ihre Widerrufserklärung sei daher nicht verfristet. Darüber hinaus tragen sie vor, durch evident falsche Angaben zu den Flächen und den Mieterträgen des Fondsobjekts, zur Innenprovision sowie zur Mietgarantiegebühr getäuscht worden zu sein, weshalb ihnen ein Schadensersatzanspruch zustehe, den sie auch der Beklagten entgegen halten könnten.
- 7
- Das Landgericht hat nach Beweisaufnahme durch Vernehmung des Vermittlers, des Zeugen O. , der Klage stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit der - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe:
- 8
- Die Revision ist unbegründet.
I.
- 9
- Das Berufungsgericht, dessen Urteil in juris veröffentlicht ist, hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
- 10
- Die Kläger hätten ihre auf den Abschluss des Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärungen wirksam mit Anwaltsschreiben vom 20. Juni 2008 widerrufen. Zu diesem Widerruf seien sie nach §§ 1 HWiG, 312, 355 BGB berechtigt gewesen, da sie - wie das Landgericht aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme zutreffend und ohne Beweiswürdigungsfehler festgestellt habe - in einer Haustürsituation zum Abschluss des Darlehensvertrages bestimmt worden seien. Insoweit reiche es aus, dass die in der Privatwohnung der Kläger geführten mündlichen Verhandlungen für den späteren Abschluss des Darlehensvertrages mitursächlich gewesen seien, auch wenn der Vertrag selbst nicht in der Wohnung unterzeichnet worden sei und anlässlich des ersten Besuchstermins des Vermittlers in der Wohnung der Kläger auch die Fondsbeteiligung nicht unterzeichnet worden sei. Der geringe zeitliche Abstand von 10 Tagen zwischen der Vorstellung des Fonds Nr. bei den Klägern und dem von ihnen am 13. Dezember 1994 unterzeichneten Darlehensvertrag indiziere das Fortwirken der Haustürsituation für den Abschluss des Darlehensvertrages.
- 11
- Im Ergebnis zutreffend habe das Landgericht darüber hinaus die Widerrufserklärung der Kläger vom 20. Juni 2008 nicht für verfristet erachtet, da mangels ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrung die Widerrufsfrist nicht zu laufen begonnen habe.
- 12
- Die den Klägern am 16. Dezember 2003 erteilte nachträgliche Widerrufsbelehrung sei aus mehreren Gründen fehlerhaft und daher nicht geeignet gewesen, die einmonatige Widerrufsfrist des § 355 Abs. 2 BGB in Lauf zu setzen. Zwar sei gemäß § 355 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 229 § 9 Abs. 2 EGBGB eine Nachbelehrung auch für einen Altvertrag, der - wie vorliegend - aus der Zeit vor Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes stamme, möglich gewesen. Die tatsächlich erteilte Nachbelehrung sei aber aus mehreren Gründen nicht wirksam erfolgt.
- 13
- Bereits das Landgericht habe, wenn auch nur im Ergebnis zutreffend, angenommen, dass die nachträgliche Widerrufsbelehrung hinsichtlich des Frist- beginns fehlerhaft sei. Die Fehlerhaftigkeit folge zwar noch nicht daraus, dass aus der Belehrung die Wirkung des § 187 Abs. 1 BGB nicht hervorgehe, wonach eine Frist, für deren Anfang auf ein Ereignis abzustellen sei, frühestens am folgenden Tage beginne. Wenngleich der Inhalt einer Widerrufsbelehrung nicht nur zutreffend, sondern auch unmissverständlich sein und den Fristbeginn umfassen müsse, dürften an die Belehrung keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden. Als ausreichend sei es anzusehen, wenn die Widerrufsbelehrung zutreffend und unzweideutig das Ereignis benenne, das nach dem Gesetz den Lauf der Frist auslöse, das heißt hier die Aushändigung der Belehrung in Textform. Eine zusätzliche Belehrung über den Inhalt der § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 BGB sei nicht erforderlich.
- 14
- Allerdings sei die Formulierung in der nachträglichen Widerrufsbelehrung vom 16. Dezember 2003 hinsichtlich der notwendigen Belehrung über das den Fristbeginn auslösende Ereignis insoweit zu ungenau, als es dort heiße, die Frist beginne "frühestens" mit Erhalt der Belehrung in Textform. Diese Formulierung sei zu ungenau, um dem Verbraucher den Fristbeginn deutlich vor Augen zu führen, da hieraus nicht entnommen werden könne, dass die Widerrufsfrist hier nicht nur "frühestens" an dem betreffenden Tag zu laufen beginne, sondern der Fristenlauf tatsächlich ausnahmslos mit dem Erhalt der Belehrung in Gang gesetzt werden solle. Soweit die Beklagte sich in diesem Zusammenhang für ihren gegenteiligen Standpunkt auf verschiedene höchst- und obergerichtliche Entscheidungen berufe, stünden diese den dargelegten Bedenken nicht entgegen , weil sie sämtlich mit der vorliegenden Fallgestaltung nicht vergleichbar seien.
- 15
- Die nachträgliche Widerrufsbelehrung vom 16. Dezember 2003 sei aber auch noch aus anderen Gründen unwirksam. So fehle es an dem nach § 355 Abs. 2 Satz 3 BGB bei schriftlichen Verträgen erforderlichen Hinweis, dass die Frist nicht zu laufen beginne, bevor dem Verbraucher auch eine Vertragsurkunde , sein schriftlicher Antrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Antrags zur Verfügung gestellt werde. § 355 Abs. 2 Satz 3 BGB sei gemäß Art. 229 § 9 Abs. 2 EGBGB auf die vom 16. Dezember 2003 datierende Nachbelehrung anwendbar. Außerdem folge die Fehlerhaftigkeit der Nachbelehrung daraus, dass die Kläger darin entgegen § 358 Abs. 5 BGB nicht auf die sich aus § 358 Abs. 1 BGB ergebenden Widerrufsfolgen hingewiesen worden seien. Vorliegend seien die Kläger nur darüber belehrt worden, dass der Widerruf der Darlehensvertragserklärung zu einer Beendigung der Bindung an den Beitrittsvertrag führe, nicht aber auch umgekehrt darüber, dass ein wirksamer Widerruf der Beitrittserklärung die Bindung an das Darlehen beende.
- 16
- Die den Klägern ursprünglich bei Abschluss des Darlehensvertrages vom 13. Dezember 1994 erteilte Widerrufsbelehrung habe ebenfalls keine Widerrufsfrist in Lauf gesetzt. Die darin enthaltene Belehrung, wonach dann, wenn der Darlehensnehmer das Darlehen empfangen habe, der Widerruf als nicht erfolgt gelte, wenn er das Darlehen nicht binnen zwei Wochen nach Erklärung des Widerrufs oder nach Auszahlung des Darlehens zurückzahle, enthalte einen nach § 2 Abs. 1 Satz 3 HWiG unzulässigen und unrichtigen Zusatz.
- 17
- Da es mithin insgesamt an einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung gegenüber den Klägern fehle, sei die Widerrufsfrist niemals wirksam in Lauf gesetzt worden.
- 18
- Dabei werde nicht verkannt, dass die den Klägern am 16. Dezember 2003 erteilte nachträgliche Widerrufsbelehrung wörtlich der unter Anlage 2 zu § 14 BGB-InfoV abgedruckten Musterbelehrung in der im Jahre 2003 geltenden Fassung entsprochen habe und § 14 BGB-InfoV eine Fiktion dahingehend enthalte , dass die Belehrung über das Widerrufsrecht den Anforderungen des § 355 Abs. 2 BGB und den diesen ergänzenden Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs genüge, wenn das Muster der Anlage 2 in Textform verwandt werde. Dies könne aber nicht gelten, wenn die Musterbelehrung, wie auch hier, hinter den Anforderungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs zurückbleibe. Wenngleich der Vertrauensschutz des die Musterbelehrung Verwendenden, hier also der Beklagten, Berücksichtigung verdiene, dürfe sich dies nicht zu Lasten des Verbrauchers auswirken, was aber der Fall sei, wenn eine tatsächlich unzutreffende Widerrufsbelehrung aus Vertrauensschutzgesichtspunkten als zutreffend fingiert werde. Denn auch das - umgekehrte - Vertrauen des Verbrauchers darauf , dass die gesetzlichen Vorgaben nicht durch den Verordnungsgeber herabgesetzt werden könnten, sei gleichermaßen schützenswert. Insoweit sei der auch in anderen Teilen der Rechtsprechung sowie im Schrifttum vertretenen Auffassung zu folgen, dass der Verordnungsgeber keine Ermächtigung zur Abänderung der Vorgaben des Bürgerlichen Gesetzbuchs als höherrangigem Recht besitze. Soweit die Musterbelehrung hinter den Vorgaben des Bürgerlichen Gesetzbuchs zurückbleibe, sei sie deshalb wegen Überschreitens der Ermächtigungsgrundlage nichtig. Vertrauensschutz in Bezug auf eine höherrangiges Recht verletzende Norm könne nicht bestehen.
II.
- 19
- Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Prüfung im Ergebnis stand.
- 20
- 1. Ohne Rechtsfehler ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die Kläger i.S.v. § 1 Abs. 1 Nr. 1 HWiG in der bis zum 30. September 2000 geltenden Fassung (jetzt § 312 Abs. 1 Nr. 1 BGB) in einer Haustürsituation zum Abschluss des Darlehensvertrages bestimmt worden sind. Das angefochtene http://www.juris.de/jportal/portal/t/1vz1/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR001220986BJNE000102305&doc.part=s&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1vz1/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR001220986BJNE000102305&doc.part=s&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1vz1/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR001220986BJNE000102305&doc.part=s&doc.price=0.0#focuspoint - 10 - Urteil beruht insoweit weder auf einer Gehörsverletzung (Art. 103 Abs. 1 GG) noch auf einer unzureichenden Berücksichtigung des Prozessstoffs (§ 286 ZPO).
- 21
- a) Erfolglos rügt die Revision, das Berufungsgericht habe im Rahmen seiner Kausalitätserwägungen außer Acht gelassen, dass auf der Grundlage der Bekundungen des vom Landgericht vernommenen Zeugen O. bereits vor dem 3. Dezember 1994 ein (erster) Hausbesuch des Vermittlers erfolgt sein müsse, auf den hinsichtlich des Fortwirkens der Haustürsituation abzustellen sei, zu dessen Zeitpunkt indes die insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Kläger nicht näher vorgetragen hätten.
- 22
- aa) Ein Widerrufsrecht im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 HWiG setzt voraus, dass der Kunde durch mündliche Verhandlungen im Bereich seiner Privatwohnung zu seiner späteren Vertragserklärung bestimmt worden ist. Dabei genügt eine Haustürsituation bei der Vertragsanbahnung, die für den späteren Vertragsschluss jedenfalls mit ursächlich ist. Es reicht aus, dass der Kunde durch die Kontaktaufnahme in der Privatwohnung in eine Lage gebracht worden ist, in der er in seiner Entschließungsfreiheit, den ihm später angebotenen Vertrag zu schließen oder davon Abstand zu nehmen, beeinträchtigt war. Ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen der mündlichen Verhandlung gemäß § 1 Abs. 1 HWiG und der Vertragserklärung ist nicht erforderlich, indiziert aber die Ursächlichkeit der Haustürsituation für den späteren Vertragsschluss. Die Indizwirkung für die Kausalität nimmt allerdings mit zunehmendem zeitlichem Abstand ab und kann nach einer gewissen Zeit ganz entfallen. Welcher Zeitraum hierfür erforderlich ist und welche Bedeutung möglicherweise auch anderen Umständen , insbesondere dem nicht erfolgten Widerruf der auf den Fondsbeitritt gerichteten Willenserklärung im Rahmen der Kausalitätsprüfung zukommt, ist Sache der tatrichterlichen Würdigung des konkreten Einzelfalls, die in der Revisi- onsinstanz grundsätzlich nur beschränkt überprüft werden kann (Senatsurteile vom 24. März 2009 - XI ZR 456/07, WM 2009, 1028 Rn. 17 und vom 26. Oktober 2010 - XI ZR 367/07, WM 2011, 23 Rn. 18).
- 23
- bb) Das Berufungsgericht ist danach mit Recht davon ausgegangen, dass für die Frage des Fortwirkens der Haustürsituation auf den - geringen - zeitlichen Abstand von lediglich zehn Tagen zwischen dem 3. Dezember 1994 einerseits und der Unterzeichnung des Darlehensantrags durch die Kläger am 13. Dezember 1994 andererseits abzustellen sei. Diese tatrichterliche Würdigung beruht insbesondere nicht auf verfahrenswidriger Tatsachenfeststellung.
- 24
- (a) Allerdings hatte nach dem Vortrag in der Klageschrift der Kläger den ihm persönlich bekannten Zeugen O. im November 1994 bei einem Volksfest in Ge. zufällig getroffen. Der Zeuge habe bei dieser Gelegenheit erklärt, er berate "auch zum Steuern sparen", und vorgeschlagen, anlässlich eines Hausbesuchs bei den Klägern zu überprüfen, ob bei den bestehenden Anlagen und Versicherungen vielleicht Verbesserungen möglich seien. Während des kurz darauf telefonisch für den 3. Dezember 1994 vereinbarten Termins bei den Klägern zu Hause sei die Wirtschaftsberater-Servicevereinbarung unterzeichnet sowie unter anderem auf Vorschlag des Vermittlers ein Antrag auf Abschluss einer fondsgebundenen Lebensversicherung unterzeichnet worden, über die später die Rückzahlung des Darlehens habe erfolgen sollen. Nach Prüfung der Einkommensverhältnisse sei der Zeuge O. zum Thema "Steuern sparen" zu dem Ergebnis gekommen, dass man da "etwas machen" könne; unvermittelt habe er die Beteiligung an der Fondsgesellschaft durch Erwerb von drei Anteilen noch im Jahre 1994 vorgeschlagen. Am 13. Dezember 1994 sei zunächst der Darlehensvertrag nebst Abtretungserklärungen hinsichtlich der Lebensversicherungen in den Geschäftsräumen des Vermittlers unterzeichnet worden; hieran habe sich der Notartermin angeschlossen.
- 25
- (b) Abweichend hiervon hat der Zeuge O. , worauf die Revision im Ausgangspunkt zu Recht hinweist, anlässlich seiner Vernehmung durch das Landgericht auf Vorhalt des vom 3. Dezember 1994 datierenden Antrags des Klägers auf Abschluss der fondsgebundenen Lebensversicherung bekundet, der betreffende Antrag sei zwar in der Tat an diesem Tage aufgenommen worden. Dann aber könne der 3. Dezember 1994 nicht der erste Termin bei den Klägern gewesen sein, da die Aufnahme solcher Anträge nicht anlässlich eines Ersttermins erfolgt sei. Vielmehr müsse der 3. Dezember 1994 der zweite Termin gewesen sein, dem ein erster Termin vorangegangen sein müsse, bei dem er eine Finanzdiagnose erstellt habe. Insgesamt habe es vor Abschluss des Darlehensvertrages in seinen - des Zeugen - Geschäftsräumen zwei Termine bei den Klägern zu Hause gegeben.
- 26
- (c) Aus dieser Abweichung im Tatsächlichen gegenüber der Sachdarstellung der Kläger folgt jedoch entgegen der Auffassung der Revision nicht, dass für das Fortwirken der Haustürsituation auf den Abstand zwischen dem Darlehensvertragsschluss am 13. Dezember 1994 und dem in zeitlicher Hinsicht nicht weiter konkretisierten Ersttermin abzustellen ist.
- 27
- Selbst wenn nämlich mit dem Zeugen O. davon auszugehen sein sollte , dass dem Termin vom 3. Dezember 1994 ein früherer Hausbesuch vorausgegangen war, so verbleibt es doch auch auf der Grundlage seiner Bekundungen dabei, dass er den streitgegenständlichen Fonds erstmals anlässlich des Hausbesuchs am 3. Dezember 1994 angesprochen hat. Der Zeuge hat ausdrücklich ausgeschlossen, bei dem ersten Termin den Klägern den Erwerb von Anteilen am Fonds vorgeschlagen zu haben; dies sei erst im zweiten Termin, der ebenfalls bei den Klägern zu Hause stattgefunden habe, geschehen. Beim ersten Termin habe er sich lediglich "alles Finanzielle angeschaut" und eine sogenannte Finanzdiagnose erstellt. Diesem ersten Termin sei keine konkrete Abrede, um was es hierbei detailliert gehen solle, vorausgegangen. Von der Firma Op. , für die er - der Zeuge - seinerzeit tätig gewesen sei und an die er die Finanzdiagnose weitergeleitet habe, sei dann die Mitteilung gekommen, dass ein Erwerb von Fondsanteilen durch die Kläger "machbar" sei, um ihnen Steuervorteile bzw. Mieteinnahmen zu verschaffen. Ausgehend hiervon hat das Berufungsgericht mit Recht für die Kausalität der Haustürsituation nicht auf einen etwaigen früheren Termin, sondern auf den Hausbesuch am 3. Dezember 1994 abgestellt, weil auch nach der Aussage des Zeugen O. - im Anschluss an noch völlig vage Erörterungen anlässlich des Ersttermins - erstmals bei dieser Gelegenheit konkrete Verhandlungen in Bezug auf eine bestimmte Beteiligung, nämlich den Fonds , stattfanden (vgl. Senatsurteil vom 24. März 2009 - XI ZR 456/07, WM 2009, 1028 Rn. 23).
- 28
- b) Entgegen der Auffassung der Revision bietet die Aussage des Zeugen O. auch keine Grundlage anzunehmen, dass dem Hausbesuch am 3. Dezember 1994 eine vorangehende Bestellung des Vermittlers i.S.v. § 1 Abs. 2 Nr. 1 HWiG (jetzt § 312 Abs. 3 Nr. 1 BGB) durch die Kläger zugrunde lag, die zum Ausschluss des Widerrufsrechts führt. Eine vorhergehende Bestellung im Sinne dieser Vorschrift liegt nur dann vor, wenn sie den Gegenstand der Verhandlung hinreichend konkret bezeichnet und sich auf eine bestimmte Art von Leistungen bezieht, damit der Verbraucher in der Lage ist, sich auf das Angebot des Unternehmers vorzubereiten und nicht der für "Haustürsituationen" typischen "Überrumpelungsgefahr" ausgesetzt wird (Senatsurteil vom 10. Juni 2008 - XI ZR 348/07, WM 2008, 1593 Rn. 19; BGH, Urteil vom 15. April 2010 - III ZR 218/09, WM 2010, 980 Rn. 15; jeweils mwN). Dass der Termin vom 3. Dezember 1994 "in dem Wissen, dass es nunmehr um eine Fondsanlageberatung gehen sollte" erfolgte, ist entgegen der Darstellung der Revision der Zeugenaussage gerade nicht zu entnehmen. Nach der Bekundung des Zeugen O. gab es vor dem von ihm geschilderten ersten Termin bei den Klägern http://www.juris.de/jportal/portal/t/1div/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=64&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR001220986BJNE000102305&doc.part=s&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1div/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=64&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR001220986BJNE000102305&doc.part=s&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1dye/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=64&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR128400990BJNE001302305&doc.part=s&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1dye/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=64&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR128400990BJNE001302305&doc.part=s&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1dye/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=64&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR128400990BJNE001104305&doc.part=s&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1dye/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=64&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR128400990BJNE001302305&doc.part=s&doc.price=0.0#focuspoint - 14 - - wenn überhaupt - eine allgemeine Abrede, dass "eine Steuerersparnis … untersucht" werden solle. Im ersten Termin hat der Zeuge sich seiner Aussage zufolge "alles Finanzielle angeschaut" und eine sogenannte Finanzdiagnose erstellt. Die Anregung, den Klägern den Erwerb von Anteilenam Fonds vorzuschlagen, wurde erst anschließend aufgrund der "Finanzdiagnose" von der Firma Op. gegenüber dem Zeugen ausgesprochen und von diesem sodann in dem Termin vom 3. Dezember 1994 in die Tat umgesetzt. Die Annahme, die Kläger hätten sich mit diesem Hausbesuch in der Gewissheit einverstanden erklärt, dass dabei der Erwerb von Anteilen an einem geschlossenen Immobilienfonds, geschweige denn an dem konkret betroffenen Fonds , erörtert werden würde, liegt auf dieser Tatsachengrundlage fern.
- 29
- 2. Zutreffend und von der Revision unangegriffen hat das Berufungsgericht ferner angenommen, dass die einwöchige Widerrufsfrist des § 1 Abs. 1 HWiG nicht mit Unterzeichnung der im Darlehensvertrag vom 13./20. Dezember 1994 enthaltenen Widerrufsbelehrung durch die Kläger am 13. Dezember 1994 in Gang gesetzt wurde und deshalb zum Zeitpunkt der Widerrufserklärung am 20. Juni 2008 nicht abgelaufen war. Denn diese Widerrufsbelehrung enthielt insoweit einen unzulässigen Zusatz i.S.v. § 2 Abs. 1 Satz 3 HWiG, als danach der Widerruf des Darlehensvertrags als nicht erfolgt gilt, wenn der Darlehensnehmer das Darlehen nicht binnen zwei Wochen nach Erklärung des Widerrufs oder nach Auszahlung des Darlehens zurückzahlt (st. Rspr., vgl. zuletzt Senatsurteil vom 26. Oktober 2010 - XI ZR 367/07, WM 2011, 23 Rn. 24 mwN). Ob der Fondsbeitritt der Kläger, wozu entgegen der Darstellung der Revisionserwiderung keine Feststellungen vorliegen, mit dem seiner Finanzierung dienenden Darlehensvertrag ein verbundenes Geschäft im Sinne des § 9 Abs. 1 VerbrKrG in der bis zum 30. September 2000 geltenden Fassung bildete und der Zusatz gemäß § 7 Abs. 3 VerbrKrG deshalb auch § 9 Abs. 2 Satz 3 VerbrKrG widersprach, kann hiernach dahinstehen. http://www.juris.de/jportal/portal/t/ft2/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=5&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR001950896BJNE261804140&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/ft2/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=5&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR001950896BJNE261804140&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/ft2/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=5&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR006049896BJNE230901377&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/ft2/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=5&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR006049896BJNE230901377&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 15 -
- 30
- 3. Schließlich ist, wie das Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht angenommen hat, durch die den Klägern nachträglich erteilte, von ihnen am 16. Dezember 2003 unterzeichnete Widerrufsbelehrung auch nicht die einmonatige Widerrufsfrist gemäß § 355 Abs. 2 Satz 2 BGB in der vom 1. August 2002 bis zum 7. Dezember 2004 geltenden Fassung in Gang gesetzt worden. Denn diese Nachbelehrung genügte nicht dem Deutlichkeitsgebot des § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB.
- 31
- a) Allerdings ist gemäß § 355 Abs. 2 Satz 2 BGB i.V.m. Art. 229 § 9 Abs. 2 EGBGB eine nachträgliche Widerrufsbelehrung auch in Bezug auf - wie hier - vor dem Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) geschlossene Altverträge möglich (Senatsurteile vom 13. Juni 2006 - XI ZR 94/05, WM 2006, 1995 Rn. 13 und vom 26. Oktober 2010 - XI ZR 367/07, WM 2011, 23 Rn. 25 mwN). Die Nachbelehrung unterliegt dabei denselben gesetzlichen Anforderungen wie eine rechtzeitige Belehrung. Sie muss umfassend, inhaltlich richtig, unmissverständlich und für den Verbraucher eindeutig sein. Der Verbraucher soll dadurch nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses auszuüben (Senatsurteil vom 26. Oktober 2010 - XI ZR 367/07, WM 2011, 23 Rn. 26; Senatsbeschluss vom 15. Februar 2011 - XI ZR 148/10, WM 2011, 655 Rn. 10).
- 32
- b) Eine diesen Maßgaben entsprechende Nachbelehrung hat die Beklagte , wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, nicht erteilt. Aufgrund dessen konnten die Kläger ihr Widerrufsrecht am 20. Juni 2008 nochwirksam ausüben.
- 33
- aa) Hierbei kann dahinstehen, ob der - von der Revision unter Hinweis darauf, dass vorliegend nicht eine beim Vertragsschluss erfolgende Erstbeleh- http://www.juris.de/jportal/portal/t/f6z/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=5&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR001950896BJNE261804140&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 16 - rung in Rede steht, bekämpften - Auffassung des Berufungsgerichts zu folgen ist, die den Klägern erteilte Nachbelehrung habe den nach § 355 Abs. 2 Satz 3 BGB bei schriftlichen Verträgen erforderlichen Hinweis enthalten müssen, dass die Widerrufsfrist nicht zu laufen beginne, bevor dem Verbraucher auch eine Vertragsurkunde, sein schriftlicher Antrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Antrags zur Verfügung gestellt werde. Keiner Entscheidung bedarf ferner, ob sich die Fehlerhaftigkeit der Nachbelehrung - wie das Berufungsgericht gemeint hat - auch aus einem entgegen § 358 Abs. 5 BGB fehlenden Hinweis auf die Widerrufsfolgen nach § 358 Abs. 1 BGB ergibt oder aber der vom Berufungsgericht vermisste Hinweis - wie die Revision meint - mit Rücksicht auf die unstreitig erfolgte notarielle Beurkundung des Fondsbeitritts (vgl. § 312 Abs. 3 Nr. 3 BGB) entbehrlich war.
- 34
- bb) Unzureichend war die den Klägern erteilte Nachbelehrung jedenfalls hinsichtlich des Beginns der Widerrufsfrist, über den der Verbraucher gemäß § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB ebenfalls eindeutig zu informieren ist (vgl. Senatsurteil vom 10. März 2009 - XI ZR 33/08, BGHZ 180, 123 Rn. 14 mwN). Die von der Beklagten verwendete Formulierung, die Frist beginne "frühestens mit Erhalt dieser Belehrung", belehrt den Verbraucher, wie der Bundesgerichtshof bereits wiederholt entschieden hat, nicht richtig über den nach § 355 Abs. 2 BGB maßgeblichen Beginn der Widerrufsfrist, weil sie nicht umfassend und zudem irreführend ist. Die Verwendung des Wortes "frühestens" ermöglicht es dem Verbraucher nicht, den Fristbeginn ohne Weiteres zu erkennen. Er vermag ihr lediglich zu entnehmen, dass die Widerrufsfrist "jetzt oder später" (Marx/Bäuml, WRP 2004, 162, 164; s. auch Dörrie, ZfIR 2002, 685, 690) beginnen, der Beginn des Fristlaufs also ggf. noch von weiteren Voraussetzungen abhängen soll. Der Verbraucher wird jedoch darüber im Unklaren gelassen, welche - etwaigen - weiteren Umstände dies sind (BGH, Urteile vom 9. Dezember 2009 - VIII ZR 219/08, WM 2010, 721 Rn. 13, 15, vom 29. April 2010 - I ZR 66/08, http://www.juris.de/jportal/portal/t/v8u/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=3&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR034200002BJNE001801377&doc.part=s&doc.price=0.0#focuspoint - 17 - WM 2010, 2126 Rn. 21, vom 1. Dezember 2010 - VIII ZR 82/10, WM 2011, 86 Rn. 12 und vom 2. Februar 2011 - VIII ZR 103/10, WM 2011, 474 Rn. 14).
- 35
- Entgegen der Auffassung der Revision ergibt sich aus den Senatsurteilen vom 13. Januar 2009 (XI ZR 118/08, WM 2009, 350 Rn. 19, XI ZR 508/07, juris Rn. 17) nichts anderes. Soweit der erkennende Senat dort in der Verwendung des Formulierungszusatzes "frühestens" in einer Widerrufsbelehrung keinen Verstoß gegen das Deutlichkeitsgebot gesehen hat, enthielten die betreffenden Belehrungstexte jeweils weitere klarstellende Zusätze über einen hinausgeschobenen Beginn der Widerrufsfrist ("jedoch nicht bevor …"). Um einen solchen Fall handelt es sich vorliegend jedoch nicht (vgl. auch BGH, Urteil vom 2. Februar 2011 - VIII ZR 103/10, WM 2011, 474 Rn. 15).
- 36
- c) Eine Berufung auf § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV und das Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der hier maßgeblichen Fassung der Zweiten Verordnung zur Änderung der BGB-Informationspflichten-Verordnung vom 1. August 2002 (BGBl. I S. 2958, 2959) ist der Beklagten schon deshalb verwehrt, weil sie - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts sowie der Darstellung der Revision - gegenüber den Klägern für die Nachbelehrung kein Formular verwendet hat, das dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der damaligen Fassung in jeder Hinsicht vollständig entspricht. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob die Ansicht der Revision zutrifft, die vollständige Verwendung des in Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV geregelten Musters für die Widerrufsbelehrung in der hier geltenden ursprünglichen Fassung begründe einen Vertrauensschutz zu Gunsten des Verwenders mit der Folge, dass der Verbraucher sich nicht mit Erfolg darauf berufen könne, die Widerrufsfrist sei nicht wirksam in Gang gesetzt worden. http://www.juris.de/jportal/portal/t/v8u/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=3&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR034200002BJNE001801377&doc.part=s&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/v8u/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=3&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR034200002BJNE001801377&doc.part=s&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/v8u/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=3&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR034200002BJNE001801377&doc.part=s&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/v8u/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=3&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE302572010&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/v8u/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=3&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE306522010&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/v8u/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=3&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE306522010&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint - 18 -
- 37
- aa) Nach § 14 Abs. 1 BGB-InfoV genügt eine Widerrufsbelehrung den Anforderungen des § 355 Abs. 2 und den diesen ergänzenden Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs, wenn das Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV in Textform verwandt wird. Wie der Bundesgerichtshof wiederholt ausgeführt hat, kann ein Unternehmer sich auf die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV von vornherein nur dann berufen, wenn er gegenüber dem Verbraucher ein Formular verwendet hat, das dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV in der jeweils maßgeblichen Fassung sowohl inhaltlich als auch in der äußeren Gestaltung vollständig entspricht (BGH, Urteile vom 12. April 2007 - VII ZR 122/06, BGHZ 172, 58 Rn. 12, vom 9. Dezember 2009 - VIII ZR 219/08, WM 2010, 721 Rn. 20, vom 1. Dezember 2010 - VIII ZR 82/10, WM 2011, 86 Rn. 14 f. und vom 2. Februar 2011 - VIII ZR 103/10, WM 2011, 474 Rn. 21; Senatsurteil vom 23. Juni 2009 - XI ZR 156/08, WM 2009, 1497 Rn. 15). Ob das in Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV geregelte Muster für die Widerrufsbelehrung nichtig ist, weil die Musterbelehrung den Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs nicht in jeder Hinsicht entspricht, hat der Bundesgerichtshof in diesem Zusammenhang bislang offen gelassen (BGH, Urteile vom 1. Dezember 2010 - VIII ZR 82/10, WM 2011, 86 Rn. 14 f. und vom 2. Februar 2011 - VIII ZR 103/10, WM 2011, 474 Rn. 21). Diese Frage bedarf auch hier keiner Entscheidung.
- 38
- bb) Die den Klägern erteilte formularmäßige Nachbelehrung der Beklagten entspricht, wie der Senat durch einen Vergleich beider Texte ohne Weiteres selbst feststellen kann, ihrem Wortlaut nach nicht in jeder Hinsicht dem Muster in Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der seinerzeit geltenden Fassung der Zweiten Verordnung zur Änderung der BGB-InformationspflichtenVerordnung vom 1. August 2002 (BGBl. I S. 2958, 2959). Zum einen enthält Satz 2 des mit "Widerrufsrecht" überschriebenen ersten Abschnitts der Nachbelehrung am Ende - nach den Worten "mit Erhalt dieser Belehrung" - den Zusatz "in Textform", der in der hier maßgeblichen Ursprungsfassung der Musterbelehrung noch nicht vorhanden war; Satz 2 endete dort vielmehr mit den Worten "mit Erhalt dieser Belehrung". Den zusätzlichen Passus "in Textform" enthielt die Musterbelehrung erstmals in der Fassung der Dritten Verordnung zur Änderung der BGB-Informationspflichten-Verordnung vom 4. März 2008 (BGBl. I S. 292, 293). Zum anderen befinden sich, worauf die Revisionserwiderung zu Recht hinweist, zwei weitere textliche Abweichungen gegenüber der Musterbelehrung in dem mit "Finanzierte Geschäfte" überschriebenen Teil der Nachbelehrung. So fehlt im zweiten Satz des zweiten Absatzes dieses Abschnitts in der Nachbelehrung der Beklagten nach den Worten "im Falle des Widerrufs ganz oder teilweise nicht" die - im Gestaltungshinweis (8) der Musterbelehrung des Verordnungsgebers enthaltene - Passage "oder nur in verschlechtertem Zustand". Darüber hinaus weicht auch der vorletzte Satz des betreffenden Absatzes der Nachbelehrung vom Mustertext in Gestaltungshinweis (8) - "Nicht paketversandfähige Sachen werden bei Ihnen abgeholt." - ab.
- 39
- cc) Dass es sich bei den ergänzenden Worten "in Textform" in der Nachbelehrung der Beklagten um einen Zusatz handelt, den der Verordnungsgeber mehrere Jahre später an der betreffenden Stelle selbst aufgenommen hat, ist in diesem Zusammenhang ebenso unerheblich wie der Umstand, dass mit dem streitgegenständlichen Darlehen nicht die Überlassung einer Sache, sondern der Erwerb von Fondsanteilen finanziert wurde. Ohne Belang ist auch, ob es sich bei dem von den Klägern aufgenommenen Darlehen um ein verbundenes Geschäft handelt, bei dessen Nichtvorliegen der Gestaltungshinweis (8) der Musterbelehrung in ihrer hier maßgeblichen ursprünglichen Fassung dem Unternehmer anheim gibt, die Hinweise für finanzierte Geschäfte wegzulassen. Entscheidend ist vielmehr allein, dass die Beklagte den vom Verordnungsgeber entworfenen Text der Musterbelehrung bei der Abfassung der Nachbelehrung ersichtlich einer eigenen inhaltlichen Bearbeitung unterzogen hat. Greift der Unternehmer aber in den ihm zur Verfügung gestellten Mustertext selbst ein, kann er sich schon deshalb auf eine etwa mit der unveränderten Übernahme der Musterbelehrung verbundene Schutzwirkung nicht berufen. Das muss unabhängig vom konkreten Umfang der von ihm vorgenommenen Änderungen gelten, zumal sich schon mit Rücksicht auf die Vielgestaltigkeit möglicher individueller Veränderungen des Musters keine verallgemeinerungsfähige bestimmte Grenze ziehen lässt, bei deren Einhaltung eine Schutzwirkung noch gelten und ab deren Überschreitung sie bereits entfallen soll.
- 40
- dd) An die - unzutreffende - Auffassung des Berufungsgerichts sowie der Revision, die Nachbelehrung der Beklagten entspreche vollständig der Musterbelehrung , ist der erkennende Senat nicht gebunden. Ob zwischen der in einem Streitfall vom Unternehmer dem Verbraucher konkret erteilten Widerrufsbelehrung und der Musterbelehrung nach der BGB-Informationspflichten-Verordnung in ihrer jeweils maßgeblichen Fassung eine vollständige inhaltliche und äußere Übereinstimmung besteht, an die die Fiktionswirkung des § 14 Abs. 1 BGBInfoV anknüpft, ist eine (Rechts-)Frage, bei deren Beantwortung - entsprechend den allgemeinen Grundsätzen zur Revisibilität der Auslegung allgemeiner Geschäftsbedingungen (vgl. nur BGH, Urteil vom 5. Juli 2005 - X ZR 60/04, NJW 2005, 2919, 2921) - der Revisionsrichter an das tatrichterliche Verständnis nicht gebunden ist und deren Beantwortung ihm durch einen Vergleich der jeweiligen Belehrungen ohne weiteres selbst möglich ist.
- 41
- 4. Da die Kläger ihre auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung hiernach wirksam widerrufen haben, hat ihr Klagebegehren schon aus diesem Grunde Erfolg, ohne dass es auf das weitere Klagevorbringen zu etwaigen Schadensersatzansprüchen gegenüber der Beklagten ankommt.
Vorinstanzen:
LG Gera, Entscheidung vom 14.12.2009 - 2 O 1780/08 -
OLG Jena, Entscheidung vom 28.09.2010 - 5 U 57/10 -
(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher seine Willenserklärung fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer. Aus der Erklärung muss der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgehen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.
(2) Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage. Sie beginnt mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(3) Im Falle des Widerrufs sind die empfangenen Leistungen unverzüglich zurückzugewähren. Bestimmt das Gesetz eine Höchstfrist für die Rückgewähr, so beginnt diese für den Unternehmer mit dem Zugang und für den Verbraucher mit der Abgabe der Widerrufserklärung. Ein Verbraucher wahrt diese Frist durch die rechtzeitige Absendung der Waren. Der Unternehmer trägt bei Widerruf die Gefahr der Rücksendung der Waren.
(1) Unternehmer ist eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt.
(2) Eine rechtsfähige Personengesellschaft ist eine Personengesellschaft, die mit der Fähigkeit ausgestattet ist, Rechte zu erwerben und Verbindlichkeiten einzugehen.
(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher seine Willenserklärung fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer. Aus der Erklärung muss der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgehen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.
(2) Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage. Sie beginnt mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(3) Im Falle des Widerrufs sind die empfangenen Leistungen unverzüglich zurückzugewähren. Bestimmt das Gesetz eine Höchstfrist für die Rückgewähr, so beginnt diese für den Unternehmer mit dem Zugang und für den Verbraucher mit der Abgabe der Widerrufserklärung. Ein Verbraucher wahrt diese Frist durch die rechtzeitige Absendung der Waren. Der Unternehmer trägt bei Widerruf die Gefahr der Rücksendung der Waren.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Kläger beteiligten sich mit Beitrittserklärung (Zeichnungsschein) vom 20. März 2004 in Höhe von 18.000 € als atypische stille Gesellschafter an der A. AG & Co. KG, deren Rechtsnachfolgerin die Beklagte ist, und zwar im Rahmen des Beteiligungsprogramms „Sprint“, bei dem die Einlage durch eine Anzahlung von 3.000 € und monatliche Raten von 100 € bezahlt werden sollte. Die Kläger leisteten auf ihre Beteiligung insgesamt 7.820 € zuzüglich eines Agios in Höhe von 1.080 €.
- 2
- In dem Zeichnungsschein der Beklagten sind die Kläger unter der Über- schrift „Widerrufsbelehrung“ wie folgt auf ihr Widerrufsrecht hingewiesen wor- den: „Widerrufsrecht. Sie können Ihre Beitrittserklärung inner- halb von zwei Wochen ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, Email) widerrufen. Die Frist beginnt einen Tag, nachdem Sie diese Belehrung, eine Abschrift Ihrer Beitrittserklärung sowie den atypisch stillen Gesellschaftsvertrag (im Emissionsprospekt enthalten) erhalten haben. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs. Der Widerruf ist zu rich- ten an: … [Beklagte]. Widerrufsfolgen: Im Falle eines wirksamen Widerrufs sind die beiderseits empfangenen Leistungen zurückzugewähren und ggf. gezogene Nutzungen (z.B. Zinsen) herauszugeben. Können Sie uns die empfangene Leistung ganz oder teilweise nicht oder nur in verschlechtertem Zustand zurückgewähren, müssen Sie uns insoweit ggf. Wertersatz leisten.“
- 3
- Nachdem die Beklagte die Kläger mit Schreiben vom 7. Juli 2009 über eine Schieflage der Gesellschaft informiert und unter Hinweis auf die Verpflichtung zur Weiterzahlung der Raten um die Zustimmung zu einer beabsichtigten Liquidation gebeten hatte, erklärten die Kläger durch Anwaltsschreiben vom 11. September 2009 die außerordentliche Kündigung sowie die Anfechtung ihrer Beteiligungen und die Geltendmachung von Schadensersatz.
- 4
- Die Kläger haben von der Beklagten in erster Linie Rückzahlung ihrer ge- leisteten Einlage in Höhe von 7.820 € Zug um Zug gegen Übertragung aller Rechte aus der stillen Beteiligung sowie die Feststellung begehrt, dass der Beklagten keine weiteren Rechte aus der Beteiligung zustehen. Hilfsweise haben sie die Feststellung beantragt, dass sie ihre Beteiligung wirksam zum 11. September 2009 außerordentlich gekündigt haben, und die Berechnung und Auszahlung ihres Auseinandersetzungsguthabens begehrt. Zur Begründung haben sie die Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten geltend gemacht. Ferner haben sie die Widerrufsbelehrung in der Beitrittserklärung als fehlerhaft beanstandet und sich auf einen Widerruf ihrer in einer Haustürsituation abgeschlossenen Beteiligung berufen, der mangels ordnungsgemäßer Belehrung über ihr Widerrufsrecht auch noch im Jahr 2009 habe erfolgen können.
- 5
- Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Kläger zurückgewiesen und die Revision im Hinblick darauf zugelassen , dass es die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV (in der hier maßgeblichen Fassung vom 5. August 2002, BGBl. I 2002, 3009; im Folgenden : aF) auf den Fall erstreckt hat, dass die verwendete Belehrung von dem maßgeblichen Muster - wenn auch nur hinsichtlich weiter erteilter zutreffender Informationen - abweicht. Mit ihrer Revision verfolgen die Kläger ihr auf Feststellung der Wirksamkeit der Kündigung ihrer Beteiligung sowie der Auszahlung des von der Beklagten zu berechnenden Auseinandersetzungsguthabens gerichtetes Hilfsbegehren mit der Begründung weiter, sie hätten ihr Widerrufsrecht wirksam ausgeübt.
Entscheidungsgründe:
- 6
- Die Revision der Kläger hat Erfolg und führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache, soweit das Berufungsgericht die Abweisung der Klage mit den auf die Feststellung der Wirksamkeit der Kündigung und Auszahlung eines von der Beklagten zu berechnenden Auseinandersetzungsguthabens gerichteten Hilfsanträgen bestätigt hat.
- 7
- I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung insoweit im Wesentlichen ausgeführt:
- 8
- Die Kläger hätten ihre Beteiligung nicht wirksam widerrufen. Nach ihrem unwidersprochen gebliebenen Vortrag hätten sie ihre Beitrittserklärung zwar in einer sogenannten Haustürsituation abgegeben. Das Widerrufsrecht habe im Jahr 2009 aber nicht mehr ausgeübt werden können, weil die zweiwöchige Widerrufsfrist nach § 355 BGB (in der hier maßgeblichen Fassung vom 23. Juli 2002; im Folgenden: aF) lange verstrichen gewesen sei. Die von der Beklagten erteilte Widerrufsbelehrung folge im Wesentlichen dem Muster in der Anlage 2 zu § 14 BGB-InfoV aF. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs könne sich der Verwender der Widerrufsbelehrung auf die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV aF allerdings nur berufen, wenn er ein Formular verwendet habe, das dem in der Anlage 2 geregelten Muster vollständig entspreche. Dem sei für Fälle zu folgen, in denen die verwendete Widerrufsbelehrung zuungunsten des Vertragspartners des Verwenders von dem Muster abweiche. Im vorliegenden Fall sei es jedoch anders. Die einzige Abweichung liege darin, dass es in der Musterbelehrung in der Fassung von 2002 heiße: „Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung“, während es in der hier verwendeten Belehrung heiße: „Die Frist beginnt einen Tag, nachdem Sie diese Belehrung, eine Abschrift Ihrer Beitrittserklärung sowie den atypisch stillen Gesellschaftsvertrag erhalten haben“. Damit behebe sie Mängel, die dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV aF angehaftet hätten, weil die Musterbelehrung den zu Belehrenden nicht ausreichend über den Fristbeginn informiert habe. Es erscheine deshalb nicht angemessen, dass derjenige, der zugunsten des Belehrungsempfängers von dem Muster abweiche, indem er ihm weite-re - zutreffende - Informationen erteile, sich wegen dieser Zusatzinformationen nicht auf die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV aF solle berufen können.
- 9
- II. Die Revision der Kläger ist begründet. Die Frist für die Ausübung des Widerrufsrechts der Kläger gem. § 312 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 (in der ab dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung, im Folgenden: aF), § 355 BGB aF war im Jahr 2009 nicht abgelaufen, weil die Widerrufsbelehrung der Beklagten entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts weder den Anforderungen der §§ 312 Abs.1 Satz 1 und Abs. 2, § 355 Abs. 2 BGB aF noch den Voraussetzungen genügt, unter denen sich der Verwender einer Widerrufsbelehrung auf die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV aF berufen kann.
- 10
- 1. Das Berufungsgericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass die Vorschrift des § 312 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB aF auf Verträge über den Beitritt zu einer Gesellschaft, die wie die Beklagte der Kapitalanlage dienen soll, nach der vom Gerichtshof der Europäischen Union bestätigten (Urteil vom 15. April 2010 - C 215/08, ZIP 2010, 772) ständigen Rechtsprechung des Senats Anwendung findet (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 2010 - II ZR 292/06, BGHZ 186, 167 Rn.12 - FRIZ II; Urteil vom 2. Mai 2012 - II ZR 14/10, ZIP 2012, 1504 Rn. 18). Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts haben bei dem Beitritt der Kläger die Voraussetzungen eines Haustürgeschäfts gem. § 312 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB aF vorgelegen.
- 11
- 2. Das Berufungsgericht hat es dahinstehen lassen, ob die von der Beklagten erteilte Widerrufsbelehrung - unabhängig von der Anwendbarkeit des § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV aF - grundsätzlich ordnungsgemäß war. Die Belehrung genügte, wie der Senat selbst feststellen kann, schon deshalb nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil ein wirksamer Widerruf nach dem Vollzug des Beitritts gemäß der ständigen Rechtsprechung des Senats zur Anwendung der Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft und damit allenfalls zu einem etwaigen Abfindungsanspruch des fehlerhaft beigetretenen Gesellschafters entsprechend dem Wert seines Gesellschaftsanteils im Zeitpunkt seines Ausscheidens führt (vgl. BGH, Urteil vom 2. Mai 2012 - II ZR 14/10, ZIP 2012, 1504 Rn. 46 mwN), die Widerrufsbelehrung aber keinen Hinweis auf diese rechtlichen Folgen des Widerrufs enthält (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 21. Januar 2013 - 8 U 281/11, juris Rn. 53). Ein solcher Hinweis war nicht deshalb entbehrlich , weil die Kläger nach der konkreten Vertragsgestaltung Zahlungen erst nach Ablauf der Widerrufsfrist leisten mussten. Es kommt nicht darauf an, ob vertragliche Leistungen nach der von der Beklagten beabsichtigten Vertragsgestaltung ausgeschlossen sein sollten, sondern ob sie nach der tatsächlichen Vertragsgestaltung auch ausgeschlossen waren. Das war vorliegend nicht der Fall, weil die Kläger berechtigt waren, Zahlungen bereits vor dem festgelegten Fälligkeitstermin und damit auch vor Ablauf der Widerrufsfrist zu entrichten (§ 271 Abs. 2 BGB) und damit ihren Beitritt zu vollziehen. Ob ein solches Verhalten der Kläger nahelag, ist unerheblich (vgl. BGH, Urteil vom 2. Februar 2011 - VIII ZR 103/10, ZIP 2011, 572 Rn. 18). Im Übrigen geht die von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung selbst davon aus, dass Leistungen vor Ablauf der Widerrufsfrist in Betracht kamen; andernfalls hätte es nicht des in der Belehrung enthaltenen Hinweises bedurft, dass im Falle eines wirksamen Widerrufs bereits empfangene Leistungen zurückzugewähren seien. Wegen Fehlens einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung ist die Widerrufsfrist von zwei Wochen (§ 355 Abs. 1 Satz 2 BGB aF) nicht nach § 355 Abs. 2 BGB aF in Gang gesetzt worden.
- 12
- 3. Die Belehrung genügt auch nicht gem. § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV aF den gesetzlichen Anforderungen.
- 13
- a) Nach § 14 Abs. 1 BGB-InfoV aF genügte eine Belehrung über das Widerrufsrecht den Anforderungen des § 355 Abs. 2 BGB aF und den diesen ergänzenden Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs, wenn das Muster der Anlage 2 in Textform verwandt wurde; dabei durfte der Unternehmer in Format und Schriftgröße von dem Muster abweichen und Zusätze wie die Firma oder ein Kennzeichen des Unternehmers anbringen, § 14 Abs. 3 BGB-InfoV aF.
- 14
- b) Das als Anlage 2 zu § 14 BGB-InfoV aF im Bundesgesetzblatt veröffentlichte Muster wies zum Widerrufsrecht und zu den Widerrufsfolgen folgenden Text auf: Widerrufsrecht Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von [zwei Wochen] ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, E-Mail) [oder durch Rücksendung der Sache] widerrufen. Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs [oder der Sache]. Der Widerruf ist zu richten an: Widerrufsfolgen Im Falle eines wirksamen Widerrufs sind die beiderseits empfangenen Leistungen zurückzugewähren [und ggf. gezogene Nutzungen (z.B. Zinsen) herauszugeben]. Können Sie uns die empfangene Leistung ganz oder teilweise nicht oder nur in verschlechtertem Zustand zurückgewähren , müssen Sie uns insoweit ggf. Wertersatz leisten. [Bei der Überlassung von Sachen gilt dies nicht, wenn die Ver- schlechterung der Sache ausschließlich auf deren Prüfung - wie sie Ihnen etwa im Ladengeschäft möglich gewesen wäre - zurückzuführen ist. Im Übrigen können Sie die Wertersatzpflicht vermeiden, indem Sie die Sache nicht wie ein Eigentümer in Gebrauch nehmen und alles unterlassen , was deren Wert beeinträchtigt. Paketversandfähige Sachen sind [auf unsere Kosten und Gefahr] zurückzusenden. Nicht paketversandfähige Sachen werden bei Ihnen abgeholt.]
- 15
- c) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs greift die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV aF grundsätzlich nur ein, wenn der Verwender ein Formular verwendet, das dem Muster sowohl inhaltlich als auch in der äußeren Gestaltung vollständig entspricht (BGH, Urteil vom 23. Juni 2009 - XI ZR 156/08, ZIP 2009, 1512 Rn. 15; Urteil vom 9. Dezember 2009 - VIII ZR 219/08, ZIP 2010, 734 Rn. 20; Urteil vom 1. Dezember 2010 - VIII ZR 82/10, ZIP 2011, 178 Rn. 15 f.; Urteil vom 2. Februar 2011 - VIII ZR 103/10, ZIP 2011, 572 Rn. 21; Urteil vom 1. März 2012 - III ZR 83/11, NZG 2012, 427 Rn. 17). Bei vollständiger Verwendung kann sich der Verwender auf die in § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV aF geregelte Gesetzlichkeitsfiktion auch dann berufen, wenn das Muster fehlerhaft ist und den gesetzlichen Anforderungen des § 355 Abs. 2 BGB aF an eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung nicht genügt (BGH, Urteil vom 15. August 2012 - VIII ZR 378/11, BGHZ 194, 238 Rn. 14; Beschluss vom 20. November 2012 - II ZR 264/10, juris Rn.
6).
- 16
- d) Die von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung entspricht dem Muster nicht vollständig. Zwar ist es entgegen der Ansicht der Revision unschädlich , dass in der Widerrufsbelehrung der Hinweis auf die Widerrufsfolgen bei der Überlassung von Sachen fehlt, weil dieser Zusatz nach den mit dem Muster veröffentlichten Gestaltungshinweisen bei Leistungen, die wie hier nicht in der Überlassung von Sachen bestehen, entfallen kann. Die Widerrufsbelehrung weicht jedoch in dem über den Fristbeginn belehrenden Teil von dem Muster ab, indem anstelle des Fristbeginns nach dem Muster („frühestens mit Erhalt dieser Belehrung“) über einen Fristbeginn „einen Tag, nachdem Sie diese Be- lehrung, eine Abschrift Ihrer Beitrittserklärung sowie den atypisch stillen Gesell- schaftsvertrag (im Emissionsprospekt enthalten) erhalten haben“ belehrt wird.
- 17
- e) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts steht diese Abweichung einer Anwendung des § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV aF entgegen. Sie ist nicht deshalb unerheblich, weil die Beklagte damit nur weitere zutreffende Zusatzinformationen aufgenommen habe und daher, wie das Berufungsgericht meint, nur zugunsten des Belehrungsempfängers vom Muster abgewichen sei.
- 18
- Der Senat hat es zwar als unschädlich angesehen, wenn der Verwender den in dem Muster fehlerhaft wiedergegebenen Fristbeginn (BGH, Urteil vom 15. August 2012 - VIII ZR 378/11, BGHZ 194, 238 Rn. 9 mwN) dem Gesetz (§ 187 BGB) angepasst hat (BGH, Beschluss vom 20. November 2012 - II ZR 264/10, juris Rn. 6). Die von der Beklagten vorgenommenen Änderungen erschöpfen sich jedoch nicht in der Anpassung der Belehrung über den Fristbeginn an die gesetzliche Regelung des § 187 BGB. Die Widerrufsbelehrung der Beklagten enthält darüber hinausgehend inhaltliche Änderungen der Belehrung nach dem Muster, indem der Fristbeginn nicht nur mit dem Tag nach Zugang der Belehrung angegeben, sondern zusätzlich von weiteren Voraussetzungen abhängig gemacht wird, nämlich von dem Zugang einer Abschrift der Beitrittserklärung und des Gesellschaftsvertrags. Unterzieht der Verwender, wie hier die Beklagte, den Text der Musterbelehrung aber einer eigenen inhaltlichen Bearbeitung , so kann er sich schon deshalb nicht auf eine mit der unveränderten Übernahme der Musterbelehrung verbundene Schutzwirkung berufen (BGH, Urteil vom 28. Juni 2011 - XI ZR 349/10, ZIP 2011, 1858 Rn. 39; Urteil vom 1.
- 19
- Eine der Anwendung des § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV aF entgegenstehende inhaltliche Bearbeitung der Musterbelehrung ist daher im vorliegenden Fall unabhängig davon gegeben, ob mit dem zusätzlich in die Belehrung aufgenommenen Hinweis, dass die Widerrufsfrist erst mit Zugang einer Abschrift der Vertragsurkunde und des Antrags beginnt, möglicherweise der Regelung des § 355 Abs. 2 Satz 3 BGB aF (= § 355 Abs. 3 Satz 2 BGB nF) Rechnung getragen werden sollte, nach der die Widerrufsfrist bei schriftlich abzuschließenden Verträgen nicht beginnt, bevor dem Verbraucher auch eine Vertragsurkunde, sein schriftlicher Antrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Antrags zur Verfügung gestellt wird. Der Abschluss eines stillen Gesellschaftsvertrags bedarf ebenso wie der Beitritt zu einer schon bestehenden stillen Gesellschaft nicht von Gesetzes wegen der Schriftform, sondern kann formfrei und sogar stillschweigend vereinbart werden (vgl. Gehrlein in Ebenroth/ Boujong/Joost/ Strohn, HGB, 2. Aufl., § 230 Rn. 20, 22; Roth in Baumbach/ Hopt, HGB, 36. Aufl., § 230 Rn. 10 und § 105 Rn. 68 zur OHG). Den Fragen, ob die Regelung des § 355 Abs. 2 Satz 3 BGB aF nur die gesetzliche Schriftform betrifft (Palandt/Grüneberg, BGB, 73. Aufl., § 355 Rn. 15; Masuch in Münch/ KommBGB, 6. Aufl., § 355 Rn. 60) oder ob sie auch bei vereinbarter Schriftform eingreift (Erman/Saenger, BGB, 13. Aufl., § 355 Rn. 13) und ob der Beitrittsvertrag im vorliegenden Fall aufgrund vertraglicher Vereinbarung der Schriftform bedurfte, braucht nicht nachgegangen zu werden. Denn mangels eines gesetzlichen Schriftformerfordernisses beschränkte sich die Ergänzung der Musterbelehrung insoweit jedenfalls nicht auf die Vornahme einer bloßen Korrektur durch Übernahme einer für alle Fallgestaltungen gesetzlich vorgegebenen Fristberechnung , sondern es handelte sich allenfalls um eine aufgrund der konkreten Fallgestaltung (vertraglich vereinbarte Schriftform) für erforderlich erachtete individuelle Anpassung der Widerrufsbelehrung. Ein Verwender, der die Musterbelehrung in dieser Weise abändert und dessen Widerrufsbelehrung in der abgeänderten Form den gesetzlichen Anforderungen - hier: weil sie nicht darauf hinweist, dass sich die rechtlichen Folgen des Widerrufs nach den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft richten können - nicht genügt, ist nicht nach § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV aF schutzwürdig.
- 20
- 4. War die Widerrufsfrist somit noch nicht abgelaufen, konnten die Kläger im Jahr 2009 ihre Beitrittserklärung noch widerrufen. Für den Widerruf genügt es, wenn der Erklärende deutlich zum Ausdruck bringt, dass er den Vertragsschluss nicht mehr gegen sich gelten lassen will (BGH, Urteil vom 24. April 1996 - X ZR 139/94, ZIP 1996, 1138; Palandt/Grüneberg, BGB, 73. Aufl., § 355 Rn. 6 mwN).
- 21
- III. Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben, soweit das Berufungsgericht die Berufung der Kläger mit den Hilfsanträgen (Berufungsanträge zu 3 und
4) zurückgewiesen hat (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist insoweit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 07.02.2012 - 304 O 499/09 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 19.02.2013 - 9 U 35/12 -
(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher seine Willenserklärung fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer. Aus der Erklärung muss der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgehen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.
(2) Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage. Sie beginnt mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(3) Im Falle des Widerrufs sind die empfangenen Leistungen unverzüglich zurückzugewähren. Bestimmt das Gesetz eine Höchstfrist für die Rückgewähr, so beginnt diese für den Unternehmer mit dem Zugang und für den Verbraucher mit der Abgabe der Widerrufserklärung. Ein Verbraucher wahrt diese Frist durch die rechtzeitige Absendung der Waren. Der Unternehmer trägt bei Widerruf die Gefahr der Rücksendung der Waren.
(1) Unternehmer ist eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt.
(2) Eine rechtsfähige Personengesellschaft ist eine Personengesellschaft, die mit der Fähigkeit ausgestattet ist, Rechte zu erwerben und Verbindlichkeiten einzugehen.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Kläger begehren die Feststellung, aus einem Darlehen, das ihnen die beklagte Bank zur Finanzierung der Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds gewährt hat, zu keinen Zahlungen mehr verpflichtet zu sein. Darüber hinaus verlangen sie die Rückabtretung von sicherungshalber abgetretenen Ansprüchen aus Lebensversicherungsverträgen sowie die Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten.
- 2
- Die Kläger wurden im Jahre 1994 von einem Vermittler geworben, sich an dem " Immobilien-Fonds Nr. " (G. GbR ) - im Folgenden: Fondsgesellschaft - zu beteiligen. Mit dem Vermittler hatten sie eine vom 3. Dezember 1994 datierende "Wirtschaftsberater-Servicevereinbarung" geschlossen. Mit notariell beurkundeter Beitrittserklärung vom 13. Dezember 1994 erklärten sie den Eintritt in die Fondsgesellschaft mit einer drei Fondsanteilen entsprechenden Kapitalbeteiligung von 91.950 DM. Zur Finanzierung des Fondsbeitritts schlossen sie am 13./20. Dezember 1994 mit der Beklagten einen formularmäßigen Darlehensvertrag über 105.720 DM, der eine Widerrufsbelehrung mit unter anderem folgendem Inhalt enthielt: "Hat der Darlehensnehmer das Darlehen empfangen, gilt der Widerruf als nicht erfolgt, wenn er das Darlehen nicht binnen zweier Wochen entweder nach Erklärung des Widerrufs oder nach Auszahlung des Darlehens zurückzahlt."
- 3
- Zur Sicherung des Darlehensrückzahlungsanspruchs traten die Kläger ihre Rechte aus zwei Lebensversicherungsverträgen an die Beklagte ab und verpfändeten zudem ihre Geschäftsanteile an der Fondsgesellschaft.
- 4
- Nach Ablauf der Zinsbindungsfrist aus dem Darlehensvertrag vom 13./20. Dezember 1994 vereinbarten die Parteien unter dem 12. Oktober/ 15. Dezember 2004 einen geänderten Zinssatz für die Zeit ab dem 1. Januar 2005. Bereits am 16. Dezember 2003 hatten die Kläger eine ihnen von der Beklagten zugeleitete "Nachträgliche Widerrufsbelehrung über das gesetzliche Widerrufsrecht nach §§ 312, 355 BGB" unterzeichnet, die unter anderem lautet: "Widerrufsrecht Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von einem Monat ohne Angabe von Gründen in Textform (z. B. Brief, Fax, E-Mail) widerrufen. Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung in Textform. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs. Der Widerruf ist zu richten an: (…) Widerrufsfolgen (…) Finanzierte Geschäfte Widerrufen Sie diesen Darlehensvertrag, mit dem Sie Ihre Verpflichtungen aus einem anderen Vertrag finanzieren, so sind Sie auch an den anderen Vertrag nicht gebunden, wenn beide Verträge eine wirtschaftliche Einheit bilden. (…). Wird mit diesem Darlehensvertrag die Überlassung einer Sache finanziert , gilt Folgendes: Wenn Sie diese Sache im Falle des Widerrufs ganz oder teilweise nicht zurückgeben können, haben Sie dafür ggf. Wertersatz zu leisten. (…) Nicht paketversandfähige Ware wird bei Ihnen abgeholt. (…)."
- 5
- Mit Anwaltsschreiben vom 20. Juni 2008 widerriefen die Kläger den "Darlehensvertrag" unter anderem nach dem Haustürwiderrufsgesetz.
- 6
- Mit ihrer Klage machen sie geltend, in einer Haustürsituation durch den Vermittler zum kreditfinanzierten Erwerb der Fondsbeteiligung bestimmt worden zu sein. Weder die ursprüngliche Widerrufsbelehrung im Darlehensvertrag vom 13./20. Dezember 1994 noch die von ihnen am 16. Dezember 2003 unterzeichnete nachträgliche Belehrung entsprächen den gesetzlichen Anforderungen, so dass die Widerrufsfrist nicht zu laufen begonnen habe. Ihre Widerrufserklärung sei daher nicht verfristet. Darüber hinaus tragen sie vor, durch evident falsche Angaben zu den Flächen und den Mieterträgen des Fondsobjekts, zur Innenprovision sowie zur Mietgarantiegebühr getäuscht worden zu sein, weshalb ihnen ein Schadensersatzanspruch zustehe, den sie auch der Beklagten entgegen halten könnten.
- 7
- Das Landgericht hat nach Beweisaufnahme durch Vernehmung des Vermittlers, des Zeugen O. , der Klage stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit der - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe:
- 8
- Die Revision ist unbegründet.
I.
- 9
- Das Berufungsgericht, dessen Urteil in juris veröffentlicht ist, hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
- 10
- Die Kläger hätten ihre auf den Abschluss des Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärungen wirksam mit Anwaltsschreiben vom 20. Juni 2008 widerrufen. Zu diesem Widerruf seien sie nach §§ 1 HWiG, 312, 355 BGB berechtigt gewesen, da sie - wie das Landgericht aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme zutreffend und ohne Beweiswürdigungsfehler festgestellt habe - in einer Haustürsituation zum Abschluss des Darlehensvertrages bestimmt worden seien. Insoweit reiche es aus, dass die in der Privatwohnung der Kläger geführten mündlichen Verhandlungen für den späteren Abschluss des Darlehensvertrages mitursächlich gewesen seien, auch wenn der Vertrag selbst nicht in der Wohnung unterzeichnet worden sei und anlässlich des ersten Besuchstermins des Vermittlers in der Wohnung der Kläger auch die Fondsbeteiligung nicht unterzeichnet worden sei. Der geringe zeitliche Abstand von 10 Tagen zwischen der Vorstellung des Fonds Nr. bei den Klägern und dem von ihnen am 13. Dezember 1994 unterzeichneten Darlehensvertrag indiziere das Fortwirken der Haustürsituation für den Abschluss des Darlehensvertrages.
- 11
- Im Ergebnis zutreffend habe das Landgericht darüber hinaus die Widerrufserklärung der Kläger vom 20. Juni 2008 nicht für verfristet erachtet, da mangels ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrung die Widerrufsfrist nicht zu laufen begonnen habe.
- 12
- Die den Klägern am 16. Dezember 2003 erteilte nachträgliche Widerrufsbelehrung sei aus mehreren Gründen fehlerhaft und daher nicht geeignet gewesen, die einmonatige Widerrufsfrist des § 355 Abs. 2 BGB in Lauf zu setzen. Zwar sei gemäß § 355 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 229 § 9 Abs. 2 EGBGB eine Nachbelehrung auch für einen Altvertrag, der - wie vorliegend - aus der Zeit vor Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes stamme, möglich gewesen. Die tatsächlich erteilte Nachbelehrung sei aber aus mehreren Gründen nicht wirksam erfolgt.
- 13
- Bereits das Landgericht habe, wenn auch nur im Ergebnis zutreffend, angenommen, dass die nachträgliche Widerrufsbelehrung hinsichtlich des Frist- beginns fehlerhaft sei. Die Fehlerhaftigkeit folge zwar noch nicht daraus, dass aus der Belehrung die Wirkung des § 187 Abs. 1 BGB nicht hervorgehe, wonach eine Frist, für deren Anfang auf ein Ereignis abzustellen sei, frühestens am folgenden Tage beginne. Wenngleich der Inhalt einer Widerrufsbelehrung nicht nur zutreffend, sondern auch unmissverständlich sein und den Fristbeginn umfassen müsse, dürften an die Belehrung keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden. Als ausreichend sei es anzusehen, wenn die Widerrufsbelehrung zutreffend und unzweideutig das Ereignis benenne, das nach dem Gesetz den Lauf der Frist auslöse, das heißt hier die Aushändigung der Belehrung in Textform. Eine zusätzliche Belehrung über den Inhalt der § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 BGB sei nicht erforderlich.
- 14
- Allerdings sei die Formulierung in der nachträglichen Widerrufsbelehrung vom 16. Dezember 2003 hinsichtlich der notwendigen Belehrung über das den Fristbeginn auslösende Ereignis insoweit zu ungenau, als es dort heiße, die Frist beginne "frühestens" mit Erhalt der Belehrung in Textform. Diese Formulierung sei zu ungenau, um dem Verbraucher den Fristbeginn deutlich vor Augen zu führen, da hieraus nicht entnommen werden könne, dass die Widerrufsfrist hier nicht nur "frühestens" an dem betreffenden Tag zu laufen beginne, sondern der Fristenlauf tatsächlich ausnahmslos mit dem Erhalt der Belehrung in Gang gesetzt werden solle. Soweit die Beklagte sich in diesem Zusammenhang für ihren gegenteiligen Standpunkt auf verschiedene höchst- und obergerichtliche Entscheidungen berufe, stünden diese den dargelegten Bedenken nicht entgegen , weil sie sämtlich mit der vorliegenden Fallgestaltung nicht vergleichbar seien.
- 15
- Die nachträgliche Widerrufsbelehrung vom 16. Dezember 2003 sei aber auch noch aus anderen Gründen unwirksam. So fehle es an dem nach § 355 Abs. 2 Satz 3 BGB bei schriftlichen Verträgen erforderlichen Hinweis, dass die Frist nicht zu laufen beginne, bevor dem Verbraucher auch eine Vertragsurkunde , sein schriftlicher Antrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Antrags zur Verfügung gestellt werde. § 355 Abs. 2 Satz 3 BGB sei gemäß Art. 229 § 9 Abs. 2 EGBGB auf die vom 16. Dezember 2003 datierende Nachbelehrung anwendbar. Außerdem folge die Fehlerhaftigkeit der Nachbelehrung daraus, dass die Kläger darin entgegen § 358 Abs. 5 BGB nicht auf die sich aus § 358 Abs. 1 BGB ergebenden Widerrufsfolgen hingewiesen worden seien. Vorliegend seien die Kläger nur darüber belehrt worden, dass der Widerruf der Darlehensvertragserklärung zu einer Beendigung der Bindung an den Beitrittsvertrag führe, nicht aber auch umgekehrt darüber, dass ein wirksamer Widerruf der Beitrittserklärung die Bindung an das Darlehen beende.
- 16
- Die den Klägern ursprünglich bei Abschluss des Darlehensvertrages vom 13. Dezember 1994 erteilte Widerrufsbelehrung habe ebenfalls keine Widerrufsfrist in Lauf gesetzt. Die darin enthaltene Belehrung, wonach dann, wenn der Darlehensnehmer das Darlehen empfangen habe, der Widerruf als nicht erfolgt gelte, wenn er das Darlehen nicht binnen zwei Wochen nach Erklärung des Widerrufs oder nach Auszahlung des Darlehens zurückzahle, enthalte einen nach § 2 Abs. 1 Satz 3 HWiG unzulässigen und unrichtigen Zusatz.
- 17
- Da es mithin insgesamt an einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung gegenüber den Klägern fehle, sei die Widerrufsfrist niemals wirksam in Lauf gesetzt worden.
- 18
- Dabei werde nicht verkannt, dass die den Klägern am 16. Dezember 2003 erteilte nachträgliche Widerrufsbelehrung wörtlich der unter Anlage 2 zu § 14 BGB-InfoV abgedruckten Musterbelehrung in der im Jahre 2003 geltenden Fassung entsprochen habe und § 14 BGB-InfoV eine Fiktion dahingehend enthalte , dass die Belehrung über das Widerrufsrecht den Anforderungen des § 355 Abs. 2 BGB und den diesen ergänzenden Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs genüge, wenn das Muster der Anlage 2 in Textform verwandt werde. Dies könne aber nicht gelten, wenn die Musterbelehrung, wie auch hier, hinter den Anforderungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs zurückbleibe. Wenngleich der Vertrauensschutz des die Musterbelehrung Verwendenden, hier also der Beklagten, Berücksichtigung verdiene, dürfe sich dies nicht zu Lasten des Verbrauchers auswirken, was aber der Fall sei, wenn eine tatsächlich unzutreffende Widerrufsbelehrung aus Vertrauensschutzgesichtspunkten als zutreffend fingiert werde. Denn auch das - umgekehrte - Vertrauen des Verbrauchers darauf , dass die gesetzlichen Vorgaben nicht durch den Verordnungsgeber herabgesetzt werden könnten, sei gleichermaßen schützenswert. Insoweit sei der auch in anderen Teilen der Rechtsprechung sowie im Schrifttum vertretenen Auffassung zu folgen, dass der Verordnungsgeber keine Ermächtigung zur Abänderung der Vorgaben des Bürgerlichen Gesetzbuchs als höherrangigem Recht besitze. Soweit die Musterbelehrung hinter den Vorgaben des Bürgerlichen Gesetzbuchs zurückbleibe, sei sie deshalb wegen Überschreitens der Ermächtigungsgrundlage nichtig. Vertrauensschutz in Bezug auf eine höherrangiges Recht verletzende Norm könne nicht bestehen.
II.
- 19
- Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Prüfung im Ergebnis stand.
- 20
- 1. Ohne Rechtsfehler ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die Kläger i.S.v. § 1 Abs. 1 Nr. 1 HWiG in der bis zum 30. September 2000 geltenden Fassung (jetzt § 312 Abs. 1 Nr. 1 BGB) in einer Haustürsituation zum Abschluss des Darlehensvertrages bestimmt worden sind. Das angefochtene http://www.juris.de/jportal/portal/t/1vz1/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR001220986BJNE000102305&doc.part=s&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1vz1/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR001220986BJNE000102305&doc.part=s&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1vz1/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR001220986BJNE000102305&doc.part=s&doc.price=0.0#focuspoint - 10 - Urteil beruht insoweit weder auf einer Gehörsverletzung (Art. 103 Abs. 1 GG) noch auf einer unzureichenden Berücksichtigung des Prozessstoffs (§ 286 ZPO).
- 21
- a) Erfolglos rügt die Revision, das Berufungsgericht habe im Rahmen seiner Kausalitätserwägungen außer Acht gelassen, dass auf der Grundlage der Bekundungen des vom Landgericht vernommenen Zeugen O. bereits vor dem 3. Dezember 1994 ein (erster) Hausbesuch des Vermittlers erfolgt sein müsse, auf den hinsichtlich des Fortwirkens der Haustürsituation abzustellen sei, zu dessen Zeitpunkt indes die insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Kläger nicht näher vorgetragen hätten.
- 22
- aa) Ein Widerrufsrecht im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 HWiG setzt voraus, dass der Kunde durch mündliche Verhandlungen im Bereich seiner Privatwohnung zu seiner späteren Vertragserklärung bestimmt worden ist. Dabei genügt eine Haustürsituation bei der Vertragsanbahnung, die für den späteren Vertragsschluss jedenfalls mit ursächlich ist. Es reicht aus, dass der Kunde durch die Kontaktaufnahme in der Privatwohnung in eine Lage gebracht worden ist, in der er in seiner Entschließungsfreiheit, den ihm später angebotenen Vertrag zu schließen oder davon Abstand zu nehmen, beeinträchtigt war. Ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen der mündlichen Verhandlung gemäß § 1 Abs. 1 HWiG und der Vertragserklärung ist nicht erforderlich, indiziert aber die Ursächlichkeit der Haustürsituation für den späteren Vertragsschluss. Die Indizwirkung für die Kausalität nimmt allerdings mit zunehmendem zeitlichem Abstand ab und kann nach einer gewissen Zeit ganz entfallen. Welcher Zeitraum hierfür erforderlich ist und welche Bedeutung möglicherweise auch anderen Umständen , insbesondere dem nicht erfolgten Widerruf der auf den Fondsbeitritt gerichteten Willenserklärung im Rahmen der Kausalitätsprüfung zukommt, ist Sache der tatrichterlichen Würdigung des konkreten Einzelfalls, die in der Revisi- onsinstanz grundsätzlich nur beschränkt überprüft werden kann (Senatsurteile vom 24. März 2009 - XI ZR 456/07, WM 2009, 1028 Rn. 17 und vom 26. Oktober 2010 - XI ZR 367/07, WM 2011, 23 Rn. 18).
- 23
- bb) Das Berufungsgericht ist danach mit Recht davon ausgegangen, dass für die Frage des Fortwirkens der Haustürsituation auf den - geringen - zeitlichen Abstand von lediglich zehn Tagen zwischen dem 3. Dezember 1994 einerseits und der Unterzeichnung des Darlehensantrags durch die Kläger am 13. Dezember 1994 andererseits abzustellen sei. Diese tatrichterliche Würdigung beruht insbesondere nicht auf verfahrenswidriger Tatsachenfeststellung.
- 24
- (a) Allerdings hatte nach dem Vortrag in der Klageschrift der Kläger den ihm persönlich bekannten Zeugen O. im November 1994 bei einem Volksfest in Ge. zufällig getroffen. Der Zeuge habe bei dieser Gelegenheit erklärt, er berate "auch zum Steuern sparen", und vorgeschlagen, anlässlich eines Hausbesuchs bei den Klägern zu überprüfen, ob bei den bestehenden Anlagen und Versicherungen vielleicht Verbesserungen möglich seien. Während des kurz darauf telefonisch für den 3. Dezember 1994 vereinbarten Termins bei den Klägern zu Hause sei die Wirtschaftsberater-Servicevereinbarung unterzeichnet sowie unter anderem auf Vorschlag des Vermittlers ein Antrag auf Abschluss einer fondsgebundenen Lebensversicherung unterzeichnet worden, über die später die Rückzahlung des Darlehens habe erfolgen sollen. Nach Prüfung der Einkommensverhältnisse sei der Zeuge O. zum Thema "Steuern sparen" zu dem Ergebnis gekommen, dass man da "etwas machen" könne; unvermittelt habe er die Beteiligung an der Fondsgesellschaft durch Erwerb von drei Anteilen noch im Jahre 1994 vorgeschlagen. Am 13. Dezember 1994 sei zunächst der Darlehensvertrag nebst Abtretungserklärungen hinsichtlich der Lebensversicherungen in den Geschäftsräumen des Vermittlers unterzeichnet worden; hieran habe sich der Notartermin angeschlossen.
- 25
- (b) Abweichend hiervon hat der Zeuge O. , worauf die Revision im Ausgangspunkt zu Recht hinweist, anlässlich seiner Vernehmung durch das Landgericht auf Vorhalt des vom 3. Dezember 1994 datierenden Antrags des Klägers auf Abschluss der fondsgebundenen Lebensversicherung bekundet, der betreffende Antrag sei zwar in der Tat an diesem Tage aufgenommen worden. Dann aber könne der 3. Dezember 1994 nicht der erste Termin bei den Klägern gewesen sein, da die Aufnahme solcher Anträge nicht anlässlich eines Ersttermins erfolgt sei. Vielmehr müsse der 3. Dezember 1994 der zweite Termin gewesen sein, dem ein erster Termin vorangegangen sein müsse, bei dem er eine Finanzdiagnose erstellt habe. Insgesamt habe es vor Abschluss des Darlehensvertrages in seinen - des Zeugen - Geschäftsräumen zwei Termine bei den Klägern zu Hause gegeben.
- 26
- (c) Aus dieser Abweichung im Tatsächlichen gegenüber der Sachdarstellung der Kläger folgt jedoch entgegen der Auffassung der Revision nicht, dass für das Fortwirken der Haustürsituation auf den Abstand zwischen dem Darlehensvertragsschluss am 13. Dezember 1994 und dem in zeitlicher Hinsicht nicht weiter konkretisierten Ersttermin abzustellen ist.
- 27
- Selbst wenn nämlich mit dem Zeugen O. davon auszugehen sein sollte , dass dem Termin vom 3. Dezember 1994 ein früherer Hausbesuch vorausgegangen war, so verbleibt es doch auch auf der Grundlage seiner Bekundungen dabei, dass er den streitgegenständlichen Fonds erstmals anlässlich des Hausbesuchs am 3. Dezember 1994 angesprochen hat. Der Zeuge hat ausdrücklich ausgeschlossen, bei dem ersten Termin den Klägern den Erwerb von Anteilen am Fonds vorgeschlagen zu haben; dies sei erst im zweiten Termin, der ebenfalls bei den Klägern zu Hause stattgefunden habe, geschehen. Beim ersten Termin habe er sich lediglich "alles Finanzielle angeschaut" und eine sogenannte Finanzdiagnose erstellt. Diesem ersten Termin sei keine konkrete Abrede, um was es hierbei detailliert gehen solle, vorausgegangen. Von der Firma Op. , für die er - der Zeuge - seinerzeit tätig gewesen sei und an die er die Finanzdiagnose weitergeleitet habe, sei dann die Mitteilung gekommen, dass ein Erwerb von Fondsanteilen durch die Kläger "machbar" sei, um ihnen Steuervorteile bzw. Mieteinnahmen zu verschaffen. Ausgehend hiervon hat das Berufungsgericht mit Recht für die Kausalität der Haustürsituation nicht auf einen etwaigen früheren Termin, sondern auf den Hausbesuch am 3. Dezember 1994 abgestellt, weil auch nach der Aussage des Zeugen O. - im Anschluss an noch völlig vage Erörterungen anlässlich des Ersttermins - erstmals bei dieser Gelegenheit konkrete Verhandlungen in Bezug auf eine bestimmte Beteiligung, nämlich den Fonds , stattfanden (vgl. Senatsurteil vom 24. März 2009 - XI ZR 456/07, WM 2009, 1028 Rn. 23).
- 28
- b) Entgegen der Auffassung der Revision bietet die Aussage des Zeugen O. auch keine Grundlage anzunehmen, dass dem Hausbesuch am 3. Dezember 1994 eine vorangehende Bestellung des Vermittlers i.S.v. § 1 Abs. 2 Nr. 1 HWiG (jetzt § 312 Abs. 3 Nr. 1 BGB) durch die Kläger zugrunde lag, die zum Ausschluss des Widerrufsrechts führt. Eine vorhergehende Bestellung im Sinne dieser Vorschrift liegt nur dann vor, wenn sie den Gegenstand der Verhandlung hinreichend konkret bezeichnet und sich auf eine bestimmte Art von Leistungen bezieht, damit der Verbraucher in der Lage ist, sich auf das Angebot des Unternehmers vorzubereiten und nicht der für "Haustürsituationen" typischen "Überrumpelungsgefahr" ausgesetzt wird (Senatsurteil vom 10. Juni 2008 - XI ZR 348/07, WM 2008, 1593 Rn. 19; BGH, Urteil vom 15. April 2010 - III ZR 218/09, WM 2010, 980 Rn. 15; jeweils mwN). Dass der Termin vom 3. Dezember 1994 "in dem Wissen, dass es nunmehr um eine Fondsanlageberatung gehen sollte" erfolgte, ist entgegen der Darstellung der Revision der Zeugenaussage gerade nicht zu entnehmen. Nach der Bekundung des Zeugen O. gab es vor dem von ihm geschilderten ersten Termin bei den Klägern http://www.juris.de/jportal/portal/t/1div/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=64&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR001220986BJNE000102305&doc.part=s&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1div/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=64&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR001220986BJNE000102305&doc.part=s&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1dye/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=64&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR128400990BJNE001302305&doc.part=s&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1dye/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=64&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR128400990BJNE001302305&doc.part=s&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1dye/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=64&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR128400990BJNE001104305&doc.part=s&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1dye/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=64&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR128400990BJNE001302305&doc.part=s&doc.price=0.0#focuspoint - 14 - - wenn überhaupt - eine allgemeine Abrede, dass "eine Steuerersparnis … untersucht" werden solle. Im ersten Termin hat der Zeuge sich seiner Aussage zufolge "alles Finanzielle angeschaut" und eine sogenannte Finanzdiagnose erstellt. Die Anregung, den Klägern den Erwerb von Anteilenam Fonds vorzuschlagen, wurde erst anschließend aufgrund der "Finanzdiagnose" von der Firma Op. gegenüber dem Zeugen ausgesprochen und von diesem sodann in dem Termin vom 3. Dezember 1994 in die Tat umgesetzt. Die Annahme, die Kläger hätten sich mit diesem Hausbesuch in der Gewissheit einverstanden erklärt, dass dabei der Erwerb von Anteilen an einem geschlossenen Immobilienfonds, geschweige denn an dem konkret betroffenen Fonds , erörtert werden würde, liegt auf dieser Tatsachengrundlage fern.
- 29
- 2. Zutreffend und von der Revision unangegriffen hat das Berufungsgericht ferner angenommen, dass die einwöchige Widerrufsfrist des § 1 Abs. 1 HWiG nicht mit Unterzeichnung der im Darlehensvertrag vom 13./20. Dezember 1994 enthaltenen Widerrufsbelehrung durch die Kläger am 13. Dezember 1994 in Gang gesetzt wurde und deshalb zum Zeitpunkt der Widerrufserklärung am 20. Juni 2008 nicht abgelaufen war. Denn diese Widerrufsbelehrung enthielt insoweit einen unzulässigen Zusatz i.S.v. § 2 Abs. 1 Satz 3 HWiG, als danach der Widerruf des Darlehensvertrags als nicht erfolgt gilt, wenn der Darlehensnehmer das Darlehen nicht binnen zwei Wochen nach Erklärung des Widerrufs oder nach Auszahlung des Darlehens zurückzahlt (st. Rspr., vgl. zuletzt Senatsurteil vom 26. Oktober 2010 - XI ZR 367/07, WM 2011, 23 Rn. 24 mwN). Ob der Fondsbeitritt der Kläger, wozu entgegen der Darstellung der Revisionserwiderung keine Feststellungen vorliegen, mit dem seiner Finanzierung dienenden Darlehensvertrag ein verbundenes Geschäft im Sinne des § 9 Abs. 1 VerbrKrG in der bis zum 30. September 2000 geltenden Fassung bildete und der Zusatz gemäß § 7 Abs. 3 VerbrKrG deshalb auch § 9 Abs. 2 Satz 3 VerbrKrG widersprach, kann hiernach dahinstehen. http://www.juris.de/jportal/portal/t/ft2/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=5&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR001950896BJNE261804140&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/ft2/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=5&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR001950896BJNE261804140&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/ft2/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=5&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR006049896BJNE230901377&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/ft2/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=5&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR006049896BJNE230901377&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 15 -
- 30
- 3. Schließlich ist, wie das Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht angenommen hat, durch die den Klägern nachträglich erteilte, von ihnen am 16. Dezember 2003 unterzeichnete Widerrufsbelehrung auch nicht die einmonatige Widerrufsfrist gemäß § 355 Abs. 2 Satz 2 BGB in der vom 1. August 2002 bis zum 7. Dezember 2004 geltenden Fassung in Gang gesetzt worden. Denn diese Nachbelehrung genügte nicht dem Deutlichkeitsgebot des § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB.
- 31
- a) Allerdings ist gemäß § 355 Abs. 2 Satz 2 BGB i.V.m. Art. 229 § 9 Abs. 2 EGBGB eine nachträgliche Widerrufsbelehrung auch in Bezug auf - wie hier - vor dem Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) geschlossene Altverträge möglich (Senatsurteile vom 13. Juni 2006 - XI ZR 94/05, WM 2006, 1995 Rn. 13 und vom 26. Oktober 2010 - XI ZR 367/07, WM 2011, 23 Rn. 25 mwN). Die Nachbelehrung unterliegt dabei denselben gesetzlichen Anforderungen wie eine rechtzeitige Belehrung. Sie muss umfassend, inhaltlich richtig, unmissverständlich und für den Verbraucher eindeutig sein. Der Verbraucher soll dadurch nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses auszuüben (Senatsurteil vom 26. Oktober 2010 - XI ZR 367/07, WM 2011, 23 Rn. 26; Senatsbeschluss vom 15. Februar 2011 - XI ZR 148/10, WM 2011, 655 Rn. 10).
- 32
- b) Eine diesen Maßgaben entsprechende Nachbelehrung hat die Beklagte , wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, nicht erteilt. Aufgrund dessen konnten die Kläger ihr Widerrufsrecht am 20. Juni 2008 nochwirksam ausüben.
- 33
- aa) Hierbei kann dahinstehen, ob der - von der Revision unter Hinweis darauf, dass vorliegend nicht eine beim Vertragsschluss erfolgende Erstbeleh- http://www.juris.de/jportal/portal/t/f6z/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=5&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR001950896BJNE261804140&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 16 - rung in Rede steht, bekämpften - Auffassung des Berufungsgerichts zu folgen ist, die den Klägern erteilte Nachbelehrung habe den nach § 355 Abs. 2 Satz 3 BGB bei schriftlichen Verträgen erforderlichen Hinweis enthalten müssen, dass die Widerrufsfrist nicht zu laufen beginne, bevor dem Verbraucher auch eine Vertragsurkunde, sein schriftlicher Antrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Antrags zur Verfügung gestellt werde. Keiner Entscheidung bedarf ferner, ob sich die Fehlerhaftigkeit der Nachbelehrung - wie das Berufungsgericht gemeint hat - auch aus einem entgegen § 358 Abs. 5 BGB fehlenden Hinweis auf die Widerrufsfolgen nach § 358 Abs. 1 BGB ergibt oder aber der vom Berufungsgericht vermisste Hinweis - wie die Revision meint - mit Rücksicht auf die unstreitig erfolgte notarielle Beurkundung des Fondsbeitritts (vgl. § 312 Abs. 3 Nr. 3 BGB) entbehrlich war.
- 34
- bb) Unzureichend war die den Klägern erteilte Nachbelehrung jedenfalls hinsichtlich des Beginns der Widerrufsfrist, über den der Verbraucher gemäß § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB ebenfalls eindeutig zu informieren ist (vgl. Senatsurteil vom 10. März 2009 - XI ZR 33/08, BGHZ 180, 123 Rn. 14 mwN). Die von der Beklagten verwendete Formulierung, die Frist beginne "frühestens mit Erhalt dieser Belehrung", belehrt den Verbraucher, wie der Bundesgerichtshof bereits wiederholt entschieden hat, nicht richtig über den nach § 355 Abs. 2 BGB maßgeblichen Beginn der Widerrufsfrist, weil sie nicht umfassend und zudem irreführend ist. Die Verwendung des Wortes "frühestens" ermöglicht es dem Verbraucher nicht, den Fristbeginn ohne Weiteres zu erkennen. Er vermag ihr lediglich zu entnehmen, dass die Widerrufsfrist "jetzt oder später" (Marx/Bäuml, WRP 2004, 162, 164; s. auch Dörrie, ZfIR 2002, 685, 690) beginnen, der Beginn des Fristlaufs also ggf. noch von weiteren Voraussetzungen abhängen soll. Der Verbraucher wird jedoch darüber im Unklaren gelassen, welche - etwaigen - weiteren Umstände dies sind (BGH, Urteile vom 9. Dezember 2009 - VIII ZR 219/08, WM 2010, 721 Rn. 13, 15, vom 29. April 2010 - I ZR 66/08, http://www.juris.de/jportal/portal/t/v8u/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=3&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR034200002BJNE001801377&doc.part=s&doc.price=0.0#focuspoint - 17 - WM 2010, 2126 Rn. 21, vom 1. Dezember 2010 - VIII ZR 82/10, WM 2011, 86 Rn. 12 und vom 2. Februar 2011 - VIII ZR 103/10, WM 2011, 474 Rn. 14).
- 35
- Entgegen der Auffassung der Revision ergibt sich aus den Senatsurteilen vom 13. Januar 2009 (XI ZR 118/08, WM 2009, 350 Rn. 19, XI ZR 508/07, juris Rn. 17) nichts anderes. Soweit der erkennende Senat dort in der Verwendung des Formulierungszusatzes "frühestens" in einer Widerrufsbelehrung keinen Verstoß gegen das Deutlichkeitsgebot gesehen hat, enthielten die betreffenden Belehrungstexte jeweils weitere klarstellende Zusätze über einen hinausgeschobenen Beginn der Widerrufsfrist ("jedoch nicht bevor …"). Um einen solchen Fall handelt es sich vorliegend jedoch nicht (vgl. auch BGH, Urteil vom 2. Februar 2011 - VIII ZR 103/10, WM 2011, 474 Rn. 15).
- 36
- c) Eine Berufung auf § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV und das Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der hier maßgeblichen Fassung der Zweiten Verordnung zur Änderung der BGB-Informationspflichten-Verordnung vom 1. August 2002 (BGBl. I S. 2958, 2959) ist der Beklagten schon deshalb verwehrt, weil sie - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts sowie der Darstellung der Revision - gegenüber den Klägern für die Nachbelehrung kein Formular verwendet hat, das dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der damaligen Fassung in jeder Hinsicht vollständig entspricht. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob die Ansicht der Revision zutrifft, die vollständige Verwendung des in Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV geregelten Musters für die Widerrufsbelehrung in der hier geltenden ursprünglichen Fassung begründe einen Vertrauensschutz zu Gunsten des Verwenders mit der Folge, dass der Verbraucher sich nicht mit Erfolg darauf berufen könne, die Widerrufsfrist sei nicht wirksam in Gang gesetzt worden. http://www.juris.de/jportal/portal/t/v8u/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=3&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR034200002BJNE001801377&doc.part=s&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/v8u/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=3&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR034200002BJNE001801377&doc.part=s&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/v8u/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=3&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR034200002BJNE001801377&doc.part=s&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/v8u/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=3&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE302572010&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/v8u/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=3&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE306522010&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/v8u/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=3&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE306522010&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint - 18 -
- 37
- aa) Nach § 14 Abs. 1 BGB-InfoV genügt eine Widerrufsbelehrung den Anforderungen des § 355 Abs. 2 und den diesen ergänzenden Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs, wenn das Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV in Textform verwandt wird. Wie der Bundesgerichtshof wiederholt ausgeführt hat, kann ein Unternehmer sich auf die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV von vornherein nur dann berufen, wenn er gegenüber dem Verbraucher ein Formular verwendet hat, das dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV in der jeweils maßgeblichen Fassung sowohl inhaltlich als auch in der äußeren Gestaltung vollständig entspricht (BGH, Urteile vom 12. April 2007 - VII ZR 122/06, BGHZ 172, 58 Rn. 12, vom 9. Dezember 2009 - VIII ZR 219/08, WM 2010, 721 Rn. 20, vom 1. Dezember 2010 - VIII ZR 82/10, WM 2011, 86 Rn. 14 f. und vom 2. Februar 2011 - VIII ZR 103/10, WM 2011, 474 Rn. 21; Senatsurteil vom 23. Juni 2009 - XI ZR 156/08, WM 2009, 1497 Rn. 15). Ob das in Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV geregelte Muster für die Widerrufsbelehrung nichtig ist, weil die Musterbelehrung den Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs nicht in jeder Hinsicht entspricht, hat der Bundesgerichtshof in diesem Zusammenhang bislang offen gelassen (BGH, Urteile vom 1. Dezember 2010 - VIII ZR 82/10, WM 2011, 86 Rn. 14 f. und vom 2. Februar 2011 - VIII ZR 103/10, WM 2011, 474 Rn. 21). Diese Frage bedarf auch hier keiner Entscheidung.
- 38
- bb) Die den Klägern erteilte formularmäßige Nachbelehrung der Beklagten entspricht, wie der Senat durch einen Vergleich beider Texte ohne Weiteres selbst feststellen kann, ihrem Wortlaut nach nicht in jeder Hinsicht dem Muster in Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der seinerzeit geltenden Fassung der Zweiten Verordnung zur Änderung der BGB-InformationspflichtenVerordnung vom 1. August 2002 (BGBl. I S. 2958, 2959). Zum einen enthält Satz 2 des mit "Widerrufsrecht" überschriebenen ersten Abschnitts der Nachbelehrung am Ende - nach den Worten "mit Erhalt dieser Belehrung" - den Zusatz "in Textform", der in der hier maßgeblichen Ursprungsfassung der Musterbelehrung noch nicht vorhanden war; Satz 2 endete dort vielmehr mit den Worten "mit Erhalt dieser Belehrung". Den zusätzlichen Passus "in Textform" enthielt die Musterbelehrung erstmals in der Fassung der Dritten Verordnung zur Änderung der BGB-Informationspflichten-Verordnung vom 4. März 2008 (BGBl. I S. 292, 293). Zum anderen befinden sich, worauf die Revisionserwiderung zu Recht hinweist, zwei weitere textliche Abweichungen gegenüber der Musterbelehrung in dem mit "Finanzierte Geschäfte" überschriebenen Teil der Nachbelehrung. So fehlt im zweiten Satz des zweiten Absatzes dieses Abschnitts in der Nachbelehrung der Beklagten nach den Worten "im Falle des Widerrufs ganz oder teilweise nicht" die - im Gestaltungshinweis (8) der Musterbelehrung des Verordnungsgebers enthaltene - Passage "oder nur in verschlechtertem Zustand". Darüber hinaus weicht auch der vorletzte Satz des betreffenden Absatzes der Nachbelehrung vom Mustertext in Gestaltungshinweis (8) - "Nicht paketversandfähige Sachen werden bei Ihnen abgeholt." - ab.
- 39
- cc) Dass es sich bei den ergänzenden Worten "in Textform" in der Nachbelehrung der Beklagten um einen Zusatz handelt, den der Verordnungsgeber mehrere Jahre später an der betreffenden Stelle selbst aufgenommen hat, ist in diesem Zusammenhang ebenso unerheblich wie der Umstand, dass mit dem streitgegenständlichen Darlehen nicht die Überlassung einer Sache, sondern der Erwerb von Fondsanteilen finanziert wurde. Ohne Belang ist auch, ob es sich bei dem von den Klägern aufgenommenen Darlehen um ein verbundenes Geschäft handelt, bei dessen Nichtvorliegen der Gestaltungshinweis (8) der Musterbelehrung in ihrer hier maßgeblichen ursprünglichen Fassung dem Unternehmer anheim gibt, die Hinweise für finanzierte Geschäfte wegzulassen. Entscheidend ist vielmehr allein, dass die Beklagte den vom Verordnungsgeber entworfenen Text der Musterbelehrung bei der Abfassung der Nachbelehrung ersichtlich einer eigenen inhaltlichen Bearbeitung unterzogen hat. Greift der Unternehmer aber in den ihm zur Verfügung gestellten Mustertext selbst ein, kann er sich schon deshalb auf eine etwa mit der unveränderten Übernahme der Musterbelehrung verbundene Schutzwirkung nicht berufen. Das muss unabhängig vom konkreten Umfang der von ihm vorgenommenen Änderungen gelten, zumal sich schon mit Rücksicht auf die Vielgestaltigkeit möglicher individueller Veränderungen des Musters keine verallgemeinerungsfähige bestimmte Grenze ziehen lässt, bei deren Einhaltung eine Schutzwirkung noch gelten und ab deren Überschreitung sie bereits entfallen soll.
- 40
- dd) An die - unzutreffende - Auffassung des Berufungsgerichts sowie der Revision, die Nachbelehrung der Beklagten entspreche vollständig der Musterbelehrung , ist der erkennende Senat nicht gebunden. Ob zwischen der in einem Streitfall vom Unternehmer dem Verbraucher konkret erteilten Widerrufsbelehrung und der Musterbelehrung nach der BGB-Informationspflichten-Verordnung in ihrer jeweils maßgeblichen Fassung eine vollständige inhaltliche und äußere Übereinstimmung besteht, an die die Fiktionswirkung des § 14 Abs. 1 BGBInfoV anknüpft, ist eine (Rechts-)Frage, bei deren Beantwortung - entsprechend den allgemeinen Grundsätzen zur Revisibilität der Auslegung allgemeiner Geschäftsbedingungen (vgl. nur BGH, Urteil vom 5. Juli 2005 - X ZR 60/04, NJW 2005, 2919, 2921) - der Revisionsrichter an das tatrichterliche Verständnis nicht gebunden ist und deren Beantwortung ihm durch einen Vergleich der jeweiligen Belehrungen ohne weiteres selbst möglich ist.
- 41
- 4. Da die Kläger ihre auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung hiernach wirksam widerrufen haben, hat ihr Klagebegehren schon aus diesem Grunde Erfolg, ohne dass es auf das weitere Klagevorbringen zu etwaigen Schadensersatzansprüchen gegenüber der Beklagten ankommt.
Vorinstanzen:
LG Gera, Entscheidung vom 14.12.2009 - 2 O 1780/08 -
OLG Jena, Entscheidung vom 28.09.2010 - 5 U 57/10 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Kläger beteiligten sich mit Beitrittserklärung (Zeichnungsschein) vom 20. März 2004 in Höhe von 18.000 € als atypische stille Gesellschafter an der A. AG & Co. KG, deren Rechtsnachfolgerin die Beklagte ist, und zwar im Rahmen des Beteiligungsprogramms „Sprint“, bei dem die Einlage durch eine Anzahlung von 3.000 € und monatliche Raten von 100 € bezahlt werden sollte. Die Kläger leisteten auf ihre Beteiligung insgesamt 7.820 € zuzüglich eines Agios in Höhe von 1.080 €.
- 2
- In dem Zeichnungsschein der Beklagten sind die Kläger unter der Über- schrift „Widerrufsbelehrung“ wie folgt auf ihr Widerrufsrecht hingewiesen wor- den: „Widerrufsrecht. Sie können Ihre Beitrittserklärung inner- halb von zwei Wochen ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, Email) widerrufen. Die Frist beginnt einen Tag, nachdem Sie diese Belehrung, eine Abschrift Ihrer Beitrittserklärung sowie den atypisch stillen Gesellschaftsvertrag (im Emissionsprospekt enthalten) erhalten haben. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs. Der Widerruf ist zu rich- ten an: … [Beklagte]. Widerrufsfolgen: Im Falle eines wirksamen Widerrufs sind die beiderseits empfangenen Leistungen zurückzugewähren und ggf. gezogene Nutzungen (z.B. Zinsen) herauszugeben. Können Sie uns die empfangene Leistung ganz oder teilweise nicht oder nur in verschlechtertem Zustand zurückgewähren, müssen Sie uns insoweit ggf. Wertersatz leisten.“
- 3
- Nachdem die Beklagte die Kläger mit Schreiben vom 7. Juli 2009 über eine Schieflage der Gesellschaft informiert und unter Hinweis auf die Verpflichtung zur Weiterzahlung der Raten um die Zustimmung zu einer beabsichtigten Liquidation gebeten hatte, erklärten die Kläger durch Anwaltsschreiben vom 11. September 2009 die außerordentliche Kündigung sowie die Anfechtung ihrer Beteiligungen und die Geltendmachung von Schadensersatz.
- 4
- Die Kläger haben von der Beklagten in erster Linie Rückzahlung ihrer ge- leisteten Einlage in Höhe von 7.820 € Zug um Zug gegen Übertragung aller Rechte aus der stillen Beteiligung sowie die Feststellung begehrt, dass der Beklagten keine weiteren Rechte aus der Beteiligung zustehen. Hilfsweise haben sie die Feststellung beantragt, dass sie ihre Beteiligung wirksam zum 11. September 2009 außerordentlich gekündigt haben, und die Berechnung und Auszahlung ihres Auseinandersetzungsguthabens begehrt. Zur Begründung haben sie die Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten geltend gemacht. Ferner haben sie die Widerrufsbelehrung in der Beitrittserklärung als fehlerhaft beanstandet und sich auf einen Widerruf ihrer in einer Haustürsituation abgeschlossenen Beteiligung berufen, der mangels ordnungsgemäßer Belehrung über ihr Widerrufsrecht auch noch im Jahr 2009 habe erfolgen können.
- 5
- Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Kläger zurückgewiesen und die Revision im Hinblick darauf zugelassen , dass es die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV (in der hier maßgeblichen Fassung vom 5. August 2002, BGBl. I 2002, 3009; im Folgenden : aF) auf den Fall erstreckt hat, dass die verwendete Belehrung von dem maßgeblichen Muster - wenn auch nur hinsichtlich weiter erteilter zutreffender Informationen - abweicht. Mit ihrer Revision verfolgen die Kläger ihr auf Feststellung der Wirksamkeit der Kündigung ihrer Beteiligung sowie der Auszahlung des von der Beklagten zu berechnenden Auseinandersetzungsguthabens gerichtetes Hilfsbegehren mit der Begründung weiter, sie hätten ihr Widerrufsrecht wirksam ausgeübt.
Entscheidungsgründe:
- 6
- Die Revision der Kläger hat Erfolg und führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache, soweit das Berufungsgericht die Abweisung der Klage mit den auf die Feststellung der Wirksamkeit der Kündigung und Auszahlung eines von der Beklagten zu berechnenden Auseinandersetzungsguthabens gerichteten Hilfsanträgen bestätigt hat.
- 7
- I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung insoweit im Wesentlichen ausgeführt:
- 8
- Die Kläger hätten ihre Beteiligung nicht wirksam widerrufen. Nach ihrem unwidersprochen gebliebenen Vortrag hätten sie ihre Beitrittserklärung zwar in einer sogenannten Haustürsituation abgegeben. Das Widerrufsrecht habe im Jahr 2009 aber nicht mehr ausgeübt werden können, weil die zweiwöchige Widerrufsfrist nach § 355 BGB (in der hier maßgeblichen Fassung vom 23. Juli 2002; im Folgenden: aF) lange verstrichen gewesen sei. Die von der Beklagten erteilte Widerrufsbelehrung folge im Wesentlichen dem Muster in der Anlage 2 zu § 14 BGB-InfoV aF. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs könne sich der Verwender der Widerrufsbelehrung auf die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV aF allerdings nur berufen, wenn er ein Formular verwendet habe, das dem in der Anlage 2 geregelten Muster vollständig entspreche. Dem sei für Fälle zu folgen, in denen die verwendete Widerrufsbelehrung zuungunsten des Vertragspartners des Verwenders von dem Muster abweiche. Im vorliegenden Fall sei es jedoch anders. Die einzige Abweichung liege darin, dass es in der Musterbelehrung in der Fassung von 2002 heiße: „Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung“, während es in der hier verwendeten Belehrung heiße: „Die Frist beginnt einen Tag, nachdem Sie diese Belehrung, eine Abschrift Ihrer Beitrittserklärung sowie den atypisch stillen Gesellschaftsvertrag erhalten haben“. Damit behebe sie Mängel, die dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV aF angehaftet hätten, weil die Musterbelehrung den zu Belehrenden nicht ausreichend über den Fristbeginn informiert habe. Es erscheine deshalb nicht angemessen, dass derjenige, der zugunsten des Belehrungsempfängers von dem Muster abweiche, indem er ihm weite-re - zutreffende - Informationen erteile, sich wegen dieser Zusatzinformationen nicht auf die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV aF solle berufen können.
- 9
- II. Die Revision der Kläger ist begründet. Die Frist für die Ausübung des Widerrufsrechts der Kläger gem. § 312 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 (in der ab dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung, im Folgenden: aF), § 355 BGB aF war im Jahr 2009 nicht abgelaufen, weil die Widerrufsbelehrung der Beklagten entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts weder den Anforderungen der §§ 312 Abs.1 Satz 1 und Abs. 2, § 355 Abs. 2 BGB aF noch den Voraussetzungen genügt, unter denen sich der Verwender einer Widerrufsbelehrung auf die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV aF berufen kann.
- 10
- 1. Das Berufungsgericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass die Vorschrift des § 312 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB aF auf Verträge über den Beitritt zu einer Gesellschaft, die wie die Beklagte der Kapitalanlage dienen soll, nach der vom Gerichtshof der Europäischen Union bestätigten (Urteil vom 15. April 2010 - C 215/08, ZIP 2010, 772) ständigen Rechtsprechung des Senats Anwendung findet (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 2010 - II ZR 292/06, BGHZ 186, 167 Rn.12 - FRIZ II; Urteil vom 2. Mai 2012 - II ZR 14/10, ZIP 2012, 1504 Rn. 18). Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts haben bei dem Beitritt der Kläger die Voraussetzungen eines Haustürgeschäfts gem. § 312 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB aF vorgelegen.
- 11
- 2. Das Berufungsgericht hat es dahinstehen lassen, ob die von der Beklagten erteilte Widerrufsbelehrung - unabhängig von der Anwendbarkeit des § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV aF - grundsätzlich ordnungsgemäß war. Die Belehrung genügte, wie der Senat selbst feststellen kann, schon deshalb nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil ein wirksamer Widerruf nach dem Vollzug des Beitritts gemäß der ständigen Rechtsprechung des Senats zur Anwendung der Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft und damit allenfalls zu einem etwaigen Abfindungsanspruch des fehlerhaft beigetretenen Gesellschafters entsprechend dem Wert seines Gesellschaftsanteils im Zeitpunkt seines Ausscheidens führt (vgl. BGH, Urteil vom 2. Mai 2012 - II ZR 14/10, ZIP 2012, 1504 Rn. 46 mwN), die Widerrufsbelehrung aber keinen Hinweis auf diese rechtlichen Folgen des Widerrufs enthält (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 21. Januar 2013 - 8 U 281/11, juris Rn. 53). Ein solcher Hinweis war nicht deshalb entbehrlich , weil die Kläger nach der konkreten Vertragsgestaltung Zahlungen erst nach Ablauf der Widerrufsfrist leisten mussten. Es kommt nicht darauf an, ob vertragliche Leistungen nach der von der Beklagten beabsichtigten Vertragsgestaltung ausgeschlossen sein sollten, sondern ob sie nach der tatsächlichen Vertragsgestaltung auch ausgeschlossen waren. Das war vorliegend nicht der Fall, weil die Kläger berechtigt waren, Zahlungen bereits vor dem festgelegten Fälligkeitstermin und damit auch vor Ablauf der Widerrufsfrist zu entrichten (§ 271 Abs. 2 BGB) und damit ihren Beitritt zu vollziehen. Ob ein solches Verhalten der Kläger nahelag, ist unerheblich (vgl. BGH, Urteil vom 2. Februar 2011 - VIII ZR 103/10, ZIP 2011, 572 Rn. 18). Im Übrigen geht die von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung selbst davon aus, dass Leistungen vor Ablauf der Widerrufsfrist in Betracht kamen; andernfalls hätte es nicht des in der Belehrung enthaltenen Hinweises bedurft, dass im Falle eines wirksamen Widerrufs bereits empfangene Leistungen zurückzugewähren seien. Wegen Fehlens einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung ist die Widerrufsfrist von zwei Wochen (§ 355 Abs. 1 Satz 2 BGB aF) nicht nach § 355 Abs. 2 BGB aF in Gang gesetzt worden.
- 12
- 3. Die Belehrung genügt auch nicht gem. § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV aF den gesetzlichen Anforderungen.
- 13
- a) Nach § 14 Abs. 1 BGB-InfoV aF genügte eine Belehrung über das Widerrufsrecht den Anforderungen des § 355 Abs. 2 BGB aF und den diesen ergänzenden Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs, wenn das Muster der Anlage 2 in Textform verwandt wurde; dabei durfte der Unternehmer in Format und Schriftgröße von dem Muster abweichen und Zusätze wie die Firma oder ein Kennzeichen des Unternehmers anbringen, § 14 Abs. 3 BGB-InfoV aF.
- 14
- b) Das als Anlage 2 zu § 14 BGB-InfoV aF im Bundesgesetzblatt veröffentlichte Muster wies zum Widerrufsrecht und zu den Widerrufsfolgen folgenden Text auf: Widerrufsrecht Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von [zwei Wochen] ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, E-Mail) [oder durch Rücksendung der Sache] widerrufen. Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs [oder der Sache]. Der Widerruf ist zu richten an: Widerrufsfolgen Im Falle eines wirksamen Widerrufs sind die beiderseits empfangenen Leistungen zurückzugewähren [und ggf. gezogene Nutzungen (z.B. Zinsen) herauszugeben]. Können Sie uns die empfangene Leistung ganz oder teilweise nicht oder nur in verschlechtertem Zustand zurückgewähren , müssen Sie uns insoweit ggf. Wertersatz leisten. [Bei der Überlassung von Sachen gilt dies nicht, wenn die Ver- schlechterung der Sache ausschließlich auf deren Prüfung - wie sie Ihnen etwa im Ladengeschäft möglich gewesen wäre - zurückzuführen ist. Im Übrigen können Sie die Wertersatzpflicht vermeiden, indem Sie die Sache nicht wie ein Eigentümer in Gebrauch nehmen und alles unterlassen , was deren Wert beeinträchtigt. Paketversandfähige Sachen sind [auf unsere Kosten und Gefahr] zurückzusenden. Nicht paketversandfähige Sachen werden bei Ihnen abgeholt.]
- 15
- c) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs greift die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV aF grundsätzlich nur ein, wenn der Verwender ein Formular verwendet, das dem Muster sowohl inhaltlich als auch in der äußeren Gestaltung vollständig entspricht (BGH, Urteil vom 23. Juni 2009 - XI ZR 156/08, ZIP 2009, 1512 Rn. 15; Urteil vom 9. Dezember 2009 - VIII ZR 219/08, ZIP 2010, 734 Rn. 20; Urteil vom 1. Dezember 2010 - VIII ZR 82/10, ZIP 2011, 178 Rn. 15 f.; Urteil vom 2. Februar 2011 - VIII ZR 103/10, ZIP 2011, 572 Rn. 21; Urteil vom 1. März 2012 - III ZR 83/11, NZG 2012, 427 Rn. 17). Bei vollständiger Verwendung kann sich der Verwender auf die in § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV aF geregelte Gesetzlichkeitsfiktion auch dann berufen, wenn das Muster fehlerhaft ist und den gesetzlichen Anforderungen des § 355 Abs. 2 BGB aF an eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung nicht genügt (BGH, Urteil vom 15. August 2012 - VIII ZR 378/11, BGHZ 194, 238 Rn. 14; Beschluss vom 20. November 2012 - II ZR 264/10, juris Rn.
6).
- 16
- d) Die von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung entspricht dem Muster nicht vollständig. Zwar ist es entgegen der Ansicht der Revision unschädlich , dass in der Widerrufsbelehrung der Hinweis auf die Widerrufsfolgen bei der Überlassung von Sachen fehlt, weil dieser Zusatz nach den mit dem Muster veröffentlichten Gestaltungshinweisen bei Leistungen, die wie hier nicht in der Überlassung von Sachen bestehen, entfallen kann. Die Widerrufsbelehrung weicht jedoch in dem über den Fristbeginn belehrenden Teil von dem Muster ab, indem anstelle des Fristbeginns nach dem Muster („frühestens mit Erhalt dieser Belehrung“) über einen Fristbeginn „einen Tag, nachdem Sie diese Be- lehrung, eine Abschrift Ihrer Beitrittserklärung sowie den atypisch stillen Gesell- schaftsvertrag (im Emissionsprospekt enthalten) erhalten haben“ belehrt wird.
- 17
- e) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts steht diese Abweichung einer Anwendung des § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV aF entgegen. Sie ist nicht deshalb unerheblich, weil die Beklagte damit nur weitere zutreffende Zusatzinformationen aufgenommen habe und daher, wie das Berufungsgericht meint, nur zugunsten des Belehrungsempfängers vom Muster abgewichen sei.
- 18
- Der Senat hat es zwar als unschädlich angesehen, wenn der Verwender den in dem Muster fehlerhaft wiedergegebenen Fristbeginn (BGH, Urteil vom 15. August 2012 - VIII ZR 378/11, BGHZ 194, 238 Rn. 9 mwN) dem Gesetz (§ 187 BGB) angepasst hat (BGH, Beschluss vom 20. November 2012 - II ZR 264/10, juris Rn. 6). Die von der Beklagten vorgenommenen Änderungen erschöpfen sich jedoch nicht in der Anpassung der Belehrung über den Fristbeginn an die gesetzliche Regelung des § 187 BGB. Die Widerrufsbelehrung der Beklagten enthält darüber hinausgehend inhaltliche Änderungen der Belehrung nach dem Muster, indem der Fristbeginn nicht nur mit dem Tag nach Zugang der Belehrung angegeben, sondern zusätzlich von weiteren Voraussetzungen abhängig gemacht wird, nämlich von dem Zugang einer Abschrift der Beitrittserklärung und des Gesellschaftsvertrags. Unterzieht der Verwender, wie hier die Beklagte, den Text der Musterbelehrung aber einer eigenen inhaltlichen Bearbeitung , so kann er sich schon deshalb nicht auf eine mit der unveränderten Übernahme der Musterbelehrung verbundene Schutzwirkung berufen (BGH, Urteil vom 28. Juni 2011 - XI ZR 349/10, ZIP 2011, 1858 Rn. 39; Urteil vom 1.
- 19
- Eine der Anwendung des § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV aF entgegenstehende inhaltliche Bearbeitung der Musterbelehrung ist daher im vorliegenden Fall unabhängig davon gegeben, ob mit dem zusätzlich in die Belehrung aufgenommenen Hinweis, dass die Widerrufsfrist erst mit Zugang einer Abschrift der Vertragsurkunde und des Antrags beginnt, möglicherweise der Regelung des § 355 Abs. 2 Satz 3 BGB aF (= § 355 Abs. 3 Satz 2 BGB nF) Rechnung getragen werden sollte, nach der die Widerrufsfrist bei schriftlich abzuschließenden Verträgen nicht beginnt, bevor dem Verbraucher auch eine Vertragsurkunde, sein schriftlicher Antrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Antrags zur Verfügung gestellt wird. Der Abschluss eines stillen Gesellschaftsvertrags bedarf ebenso wie der Beitritt zu einer schon bestehenden stillen Gesellschaft nicht von Gesetzes wegen der Schriftform, sondern kann formfrei und sogar stillschweigend vereinbart werden (vgl. Gehrlein in Ebenroth/ Boujong/Joost/ Strohn, HGB, 2. Aufl., § 230 Rn. 20, 22; Roth in Baumbach/ Hopt, HGB, 36. Aufl., § 230 Rn. 10 und § 105 Rn. 68 zur OHG). Den Fragen, ob die Regelung des § 355 Abs. 2 Satz 3 BGB aF nur die gesetzliche Schriftform betrifft (Palandt/Grüneberg, BGB, 73. Aufl., § 355 Rn. 15; Masuch in Münch/ KommBGB, 6. Aufl., § 355 Rn. 60) oder ob sie auch bei vereinbarter Schriftform eingreift (Erman/Saenger, BGB, 13. Aufl., § 355 Rn. 13) und ob der Beitrittsvertrag im vorliegenden Fall aufgrund vertraglicher Vereinbarung der Schriftform bedurfte, braucht nicht nachgegangen zu werden. Denn mangels eines gesetzlichen Schriftformerfordernisses beschränkte sich die Ergänzung der Musterbelehrung insoweit jedenfalls nicht auf die Vornahme einer bloßen Korrektur durch Übernahme einer für alle Fallgestaltungen gesetzlich vorgegebenen Fristberechnung , sondern es handelte sich allenfalls um eine aufgrund der konkreten Fallgestaltung (vertraglich vereinbarte Schriftform) für erforderlich erachtete individuelle Anpassung der Widerrufsbelehrung. Ein Verwender, der die Musterbelehrung in dieser Weise abändert und dessen Widerrufsbelehrung in der abgeänderten Form den gesetzlichen Anforderungen - hier: weil sie nicht darauf hinweist, dass sich die rechtlichen Folgen des Widerrufs nach den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft richten können - nicht genügt, ist nicht nach § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV aF schutzwürdig.
- 20
- 4. War die Widerrufsfrist somit noch nicht abgelaufen, konnten die Kläger im Jahr 2009 ihre Beitrittserklärung noch widerrufen. Für den Widerruf genügt es, wenn der Erklärende deutlich zum Ausdruck bringt, dass er den Vertragsschluss nicht mehr gegen sich gelten lassen will (BGH, Urteil vom 24. April 1996 - X ZR 139/94, ZIP 1996, 1138; Palandt/Grüneberg, BGB, 73. Aufl., § 355 Rn. 6 mwN).
- 21
- III. Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben, soweit das Berufungsgericht die Berufung der Kläger mit den Hilfsanträgen (Berufungsanträge zu 3 und
4) zurückgewiesen hat (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist insoweit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 07.02.2012 - 304 O 499/09 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 19.02.2013 - 9 U 35/12 -
(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher seine Willenserklärung fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer. Aus der Erklärung muss der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgehen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.
(2) Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage. Sie beginnt mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(3) Im Falle des Widerrufs sind die empfangenen Leistungen unverzüglich zurückzugewähren. Bestimmt das Gesetz eine Höchstfrist für die Rückgewähr, so beginnt diese für den Unternehmer mit dem Zugang und für den Verbraucher mit der Abgabe der Widerrufserklärung. Ein Verbraucher wahrt diese Frist durch die rechtzeitige Absendung der Waren. Der Unternehmer trägt bei Widerruf die Gefahr der Rücksendung der Waren.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger bestellte am 26. Januar 2007 bei der Beklagten über deren Website einen Computer zum Gesamtpreis von 1.866,45 €. Nachdem der Kläger Vorkasse geleistet hatte, lieferte die Beklagte den Computer am 14. Februar 2007 an den Kläger aus. Die der Warensendung beigefügte Rechnung enthält unter der Überschrift "Widerrufsrecht" eine Widerrufsbelehrung, in der es unter anderem heißt: "Verbraucher können ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, E-Mail) oder durch Rücksendung der Sache widerrufen. Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung."
- 2
- Nachdem der Kläger Mängelrügen erhoben und den Computer mehrmals an die Beklagte zurückgesandt hatte, trat er am 18. Juli 2007 per E-Mail vom Vertrag zurück. Mit Anwaltsschreiben vom 30. Juli 2007 erklärte er hilfsweise den Widerruf des Vertrages.
- 3
- Mit seiner Klage begehrt der Kläger Rückzahlung des Kaufpreises in Höhe von 1.866,45 € nebst Zinsen sowie Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 229,55 €. Das Amtsgericht hat der Klage zunächst durch Versäumnisurteil stattgegeben. Auf den Einspruch der Beklagten hat das Amtsgericht das Versäumnisurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landgericht das erstinstanzliche Urteil teilweise abgeändert und das Versäumnisurteil des Amtsgerichts in Höhe von 1.866,45 € nebst Zinsen aufrechterhalten. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des die Klage vollständig abweisenden erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
- 4
- Die Revision hat keinen Erfolg.
I.
- 5
- Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
- 6
- Der Kläger habe Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises in Höhe von 1.866,45 €, da er seine auf Abschluss des Kaufvertrags gerichtete Willenserklärung wirksam widerrufen habe. Ihm stehe diesbezüglich ein Widerrufsrecht gemäß § 312d Abs. 1 Satz 1 BGB zu, weil es sich um einen Fernabsatzvertrag im Sinne dieser Vorschrift handele.
- 7
- Der Widerruf sei nicht gemäß § 355 Abs. 1 Satz 2 BGB verfristet. Zwar habe der Kläger den Vertrag nicht innerhalb von zwei Wochen nach Erhalt der Ware widerrufen. Dies sei jedoch unerheblich, da die Widerrufsfrist mangels ordnungsgemäßer Belehrung der Beklagten nicht zu laufen begonnen habe. Die von der Beklagten verwendete Klausel enthalte keinen ausreichenden Hinweis auf den nach § 355 Abs. 2 BGB maßgeblichen Beginn der Widerrufsfrist und trage damit nicht den gesetzlichen Anforderungen Rechnung, die an eine Belehrung gestellt würden. Die Belehrung sei nicht unmissverständlich und auch nicht umfassend. Der Verbraucher könne der Klausel wegen des verwendeten Worts "frühestens" zwar entnehmen, dass der Beginn des Fristlaufs noch von weiteren Voraussetzungen abhänge, werde jedoch darüber im Unklaren gelassen, um welche Voraussetzungen es sich dabei handele.
- 8
- Dass die Widerrufsbelehrung der Beklagten inhaltlich der damals geltenden , inzwischen mit Wirkung vom 1. April 2008 hinsichtlich des Beginns der Widerrufsfrist geänderten Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV entspreche , führe zu keiner anderen Beurteilung. Denn die auf der Ermächtigung in Art. 245 EGBGB beruhende Verordnung alter Fassung halte sich nicht in den Grenzen der Verordnungsermächtigung und sei daher nichtig. Art. 245 EGBGB gestatte keine den Verbraucher benachteiligenden Abweichungen von den Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Die Verordnung müsse daher den Grundanforderungen des § 355 Abs. 2 BGB genügen. Sie entspreche aber nicht diesen gesetzlichen Anforderungen.
II.
- 9
- Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist. Die Beklagte ist gemäß § 312d Abs. 1 Satz 1, § 355 Abs. 1 Satz 1, § 357 Abs. 1 Satz 1, § 346 Abs. 1 BGB verpflichtet, dem Kläger den gezahlten Kaufpreis für den Computer zurückzuzahlen, weil der Kläger seine auf Abschluss des Fernabsatzvertrags gerichtete Willenserklärung wirksam widerrufen hat. Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen , dass der Kläger den Widerruf rechtzeitig erklärt hat, weil die Widerrufsfrist von zwei Wochen mangels ordnungsgemäßer Belehrung des Klägers über deren Beginn noch nicht zu laufen begonnen hatte.
- 10
- Im Revisionsverfahren ist nur noch im Streit, ob die dem Kläger mit der Rechnung erteilte Belehrung über das Widerrufsrecht den Lauf der Frist in Gang gesetzt hat. Das ist nicht der Fall.
- 11
- 1. Durch Art. 1 Nr. 7 - 13 des Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie , des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2355; im Folgenden: VerbrKrRL-UG) sind die Bestimmungen der §§ 355 ff. BGB über das Widerrufs- und Rückgaberecht bei Verbraucherverträgen geändert worden. Diese Änderungen sind am 11. Juni 2010 - nach Erlass des Berufungsurteils - in Kraft getreten (Art. 11 Abs. 1 VerbrKrRL-UG). Darüber hinaus sind zu diesem Zeitpunkt § 14 BGB-InfoV und die in den Anlagen 2 und 3 zu § 14 BGB-InfoV geregelten Muster für die Belehrungen über das Widerrufs- und das Rückgaberecht aufgehoben worden (Art. 9 Nr. 4 VerbrKrRL-UG). Auf das vorliegende Vertragsverhältnis finden das Bürgerliche Gesetzbuch und die BGB-Informationspflichten-Verordnung jedoch noch in der bis zum 11. Juni 2010 geltenden Fassung Anwendung (Art. 229 § 22 Abs. 2 EGBGB). Gemäß § 16 BGB-InfoV ist für die Beurteilung der von der Beklagten am 14. Februar 2007 erteilten Widerrufsbelehrung das bis zum 31. März 2008 geltende Muster für die Belehrung über das Widerrufsrecht maßgebend.
- 12
- 2. Die Revision stellt nicht in Frage, dass diese Belehrung hinsichtlich des Beginns der Frist nach der Rechtsprechung des Senats unzureichend ist und deshalb den Lauf der Frist nicht gemäß § 355 Abs. 2 BGB in Gang setzen konnte. Der Senat hat bereits entschieden, dass die Formulierung "frühestens mit Erhalt dieser Belehrung" den Verbraucher über den nach § 355 Abs. 2 BGB maßgeblichen Beginn der Widerrufsfrist nicht richtig belehrt, weil sie nicht umfassend ist. Der Verbraucher kann der Verwendung des Wortes "frühestens" zwar entnehmen, dass der Beginn des Fristlaufs noch von weiteren Voraussetzungen abhängt, wird jedoch darüber im Unklaren gelassen, um welche Voraussetzungen es sich dabei handelt (Senatsurteil vom 9. Dezember 2009 - VIII ZR 219/08, NJW 2010, 989 Rn. 13, 15). Das gilt auch im vorliegenden Fall.
- 13
- 3. Die Revision meint aber, dass die Widerrufsfrist gleichwohl zu laufen begonnen habe, weil die Belehrung dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Fassung entsprochen habe und sich die Beklagte deshalb auf die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV berufen könne. Das trifft nicht zu.
- 14
- Es kann dahingestellt bleiben, ob die Auffassung des Berufungsgerichts zutrifft, dass das in Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV geregelte Muster für die Widerrufsbelehrung in der bis zum 31. März 2008 geltenden Fassung vom 2. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3102) nichtig sei, weil die damalige Fassung der Musterbelehrung den Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs nicht entsprochen habe. Eine Berufung auf § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV und das Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der bis zum 31. März 2008 geltenden Fassung (BGBl I 2004 S. 3102) ist der Beklagten schon deshalb verwehrt, weil die Beklagte gegenüber dem Kläger für die Widerrufsbelehrung kein Formular verwendet hat, das dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der damaligen Fassung vollständig entspricht (vgl. Senatsurteil vom 9. Dezember 2009 - VIII ZR 219/08, aaO Rn. 20, zur Belehrung über das Rückgaberecht; BGH, Urteil vom 12. April 2007 - VII ZR 122/06, BGHZ 172, 58 Rn. 12).
- 15
- a) Nach § 14 Abs. 1 BGB-InfoV genügt die Belehrung den Anforderungen des § 355 Abs. 2 BGB, wenn das Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGBInfoV in Textform verwandt wird. Dafür reicht es nicht aus, dass die von der Beklagten verwendete Belehrung, wie das Berufungsgericht zutreffend festgestellt hat, hinsichtlich des Beginns der Widerrufsfrist mit der entsprechenden Formulierung in der bis zum 31. März 2008 geltenden Fassung des Musters für die Widerrufsbelehrung in Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV wörtlich übereinstimmt. Auf die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV könnte sich die Beklagte nur berufen, wenn sie ein Formular verwendet hätte, das dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV in der bis zum 31. März 2008 geltenden Fassung vollständig entsprochen hätte (vgl. Senatsurteil vom 9. Dezember 2009 - VIII ZR 219/08, aaO; BGH, Urteil vom 12. April 2007 - VII ZR 122/06, aaO). Das hat das Berufungsgericht nicht festgestellt und ist auch nicht der Fall. Auch die Revision macht dies nicht geltend. Sie meint nur, dass die Widerrufsbelehrung der Beklagten inhaltlich dem Muster in Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses maßgeblichen Fassung entsprochen habe und die Abweichungen in der äußeren Gestaltung der Widerrufsbelehrung vom Muster unerheblich seien. Das trifft nicht zu. Die Widerrufsbelehrung der Beklagten entspricht, wie der Senat durch einen Vergleich selbst feststellen kann, weder inhaltlich noch insbesondere in ihrer äußeren Gestaltung dem Muster in Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der bis zum 31. März 2008 geltenden Fassung.
- 16
- b) Die Widerrufsbelehrung der Beklagten stimmt schon inhaltlich nicht vollständig mit dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV überein. Es fehlen die im Muster vorgeschriebene Überschrift "Widerrufsbelehrung" und die die Belehrung gliedernden Zwischenüberschriften "Widerrufsrecht", "Widerrufsfolgen" und "finanzierte Geschäfte". Stattdessen enthält die Widerrufsbelehrung der Beklagten nur die einzige Überschrift "Widerrufsrecht". Durch diese Überschrift wird verschleiert, dass der Verbraucher nicht nur ein Widerrufsrecht hat, sondern auch erhebliche Pflichten im Falle der Ausübung dieses Rechts. Die Belehrung wendet sich auch nicht, wie es das Muster vorsieht, konkret an den Adressaten der Belehrung ("Sie"), sondern ist abstrakt formuliert ("Verbraucher" ), ohne den Rechtsbegriff "Verbraucher" zu erläutern. Schließlich fehlt in der Belehrung über das Widerrufsrecht für finanzierte Geschäfte der zweite Satz des Gestaltungshinweises 9 der Musterbelehrung.
- 17
- Vor allem aber genügt die Widerrufsbelehrung der Beklagten in ihrer äußeren Gestaltung weder den gesetzlichen Anforderungen noch der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV in der für den Vertragsschluss maßgeblichen Fassung. Zwar darf die vom Unternehmer verwendete Widerrufsbelehrung in Format und Schriftgröße von dem Muster abweichen (§ 14 Abs. 3 BGB-InfoV). Dies ändert aber nichts daran, dass die Widerrufsbelehrung - auch bei Verwendung des Textes der Musterbelehrung - "deutlich gestaltet" sein muss (§ 355 Abs. 2 Satz 1 BGB). Diesem Deutlichkeitsgebot genügt die von der Beklagten erteilte Widerrufsbelehrung - anders als die Musterbelehrung - nicht annähernd.
- 18
- Durch das Fehlen der in der Musterbelehrung vorgeschriebenen Überschrift "Widerrufsbelehrung" wird für den Verbraucher schon nicht hinreichend deutlich, dass die kleingedruckten Ausführungen unter der Überschrift "Widerrufsrecht" eine für den Verbraucher wichtige Belehrung enthalten, und zwar nicht nur über sein Widerrufsrecht, sondern auch über die mit der Ausübung des Rechts verbundenen Pflichten.
- 19
- Darüber hinaus ist die Widerrufsbelehrung der Beklagten für einen durchschnittlichen Verbraucher nur mit großer Mühe lesbar, weil die Schrift extrem klein ist und jegliche Untergliederung des Textes fehlt. Es fehlen nicht nur die in der Musterbelehrung vorgeschriebenen Zwischenüberschriften, sondern auch jegliche Absätze. So wird insbesondere nicht deutlich, dass sich unter der Überschrift "Widerrufsrecht" auch Ausführungen zu den Widerrufsfolgen und zu finanzierten Geschäften verbergen und an welcher Textstelle die betreffenden Ausführungen beginnen und enden. Es kann deshalb keine Rede davon sein, dass die Widerrufsbelehrung insgesamt in einer der Musterbelehrung entsprechenden Weise deutlich gestaltet wäre; diese gilt insbesondere im Hinblick auf die Informationen über die für den Verbraucher nachteiligen Widerrufsfolgen.
- 20
- Damit weicht die Widerrufsbelehrung der Beklagten insbesondere in ihrer äußeren Gestaltung so erheblich von den gesetzlichen Anforderungen und dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der bis zum 31. März 2008 geltenden Fassung ab, dass nicht festgestellt werden kann, die Beklagte hätte ein Formular verwendet, das diesem Muster vollständig entspricht. Ball Dr. Frellesen Dr. Achilles Dr. Schneider Dr. Bünger
AG Gießen, Entscheidung vom 28.04.2009 - 43 C 1798/07 -
LG Gießen, Entscheidung vom 24.02.2010 - 1 S 202/09 -
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Dem Darlehensnehmer steht bei einem Verbraucherdarlehensvertrag ein Widerrufsrecht nach § 355 zu.
(2) Ein Widerrufsrecht besteht nicht bei Darlehensverträgen,
- 1.
die einen Darlehensvertrag, zu dessen Kündigung der Darlehensgeber wegen Zahlungsverzugs des Darlehensnehmers berechtigt ist, durch Rückzahlungsvereinbarungen ergänzen oder ersetzen, wenn dadurch ein gerichtliches Verfahren vermieden wird und wenn der Gesamtbetrag (Artikel 247 § 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche) geringer ist als die Restschuld des ursprünglichen Vertrags, - 2.
die notariell zu beurkunden sind, wenn der Notar bestätigt, dass die Rechte des Darlehensnehmers aus den §§ 491a und 492 gewahrt sind, oder - 3.
die § 504 Abs. 2 oder § 505 entsprechen.
(3) Bei Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen ist dem Darlehensnehmer in den Fällen des Absatzes 2 vor Vertragsschluss eine Bedenkzeit von zumindest sieben Tagen einzuräumen. Während des Laufs der Frist ist der Darlehensgeber an sein Angebot gebunden. Die Bedenkzeit beginnt mit der Aushändigung des Vertragsangebots an den Darlehensnehmer.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Parteien streiten um Feststellungs- und Rückforderungsansprüche im Zusammenhang mit einem Darlehen, das der Finanzierung einer Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds diente.
- 2
- Die Beklagten wurden im Dezember 1997 von einem Vermittler geworben , eine mittelbare Beteiligung an der V. GbR (im Folgenden: Fonds) in Höhe von 60.000 DM zu zeichnen. Zur Finanzierung des Fondsbeitritts gewährte die Klägerin den Beklagten ein Darlehen in Höhe eines Nettokreditbetrages von 63.000 DM mit anfänglicher Tilgungsaus- setzung und einer Zinsfestschreibung von 5 Jahren. Die Rückzahlung des Darlehens sollte bei Zahlung einer vierteljährlichen, erstmalig am 30. März 1998 fälligen, Zinsrate bis spätestens zum 30. Dezember 2017 erfolgen. Nach Ablauf der Zinsfestschreibungszeit waren die Konditionen mit der Klägerin neu zu vereinbaren. Sofern innerhalb von vier Wochen nach einem entsprechenden Angebot der Klägerin keine Vereinbarung über neue Konditionen zustande kommen sollte, war das Darlehen ohne vorherige Kündigung zur Rückzahlung fällig.
- 3
- Dem Darlehensvertrag, den die Beklagten am 21. Dezember 1997 unterschrieben , war eine "Belehrung über gesetzliches Widerrufsrecht" beigefügt, welche die Beklagten gesondert unterzeichneten. Die Klägerin sandte den von ihr am 30. Dezember 1997 unterschriebenen Darlehensvertrag mit Schreiben vom 30. Januar 1998 an die Beklagten zurück. Diese nahmen in der Folge die Zinszahlung vertragsgemäß auf.
- 4
- Im Jahr 2003 wurde das Darlehen erstmals prolongiert. Mit Schreiben vom 29. August 2007 unterbreitete die Klägerin den Beklagten unter Hinweis darauf, dass die vertraglich vereinbarte Zinsbindungsfrist zum 30. Dezember 2007 auslaufe, ein erneutes Prolongationsangebot. Dem Schreiben waren zwei Widerrufsbelehrungen beigefügt, die als "Widerrufsbelehrung" bzw. als "Widerrufsbelehrung zu Ihrer Vertragserklärung" bezeichnet waren und dieselbe Vertragsnummer wie der ursprünglich geschlossene Darlehensvertrag enthielten. Die "Widerrufsbelehrung", die zusätzlich die Bezeichnung "Anlage zur Prolongation" trug, wies auf ein zweiwöchiges Widerrufsrecht hin. Die nahezu wortgleiche "Widerrufsbelehrung zu Ihrer Vertragserklärung" lautet auszugsweise wie folgt: "Widerrufsrecht Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb eines Monats ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, E-Mail) widerrufen.
Finanzierte Geschäfte Widerrufen Sie diesen Darlehensvertrag, mit dem Sie Ihre Verpflichtungen aus einem anderen Vertrag finanzieren, so sind Sie auch an den anderen Vertrag nicht gebunden, wenn beide Verträge eine wirtschaftliche Einheit bilden."
- 5
- In dem Anschreiben vom 29. August 2007 heißt es unter anderem: "Unterzeichnen Sie bitte das von Ihnen gewählte Prolongationsangebot […] sowie die angeheftete Widerrufsbelehrung an den jeweils hierfür vorgesehenen Stellen und senden Sie es uns bis spätestens zum 20.09.2007 zurück. […] Losgelöst hiervon, erhalten Sie in der Anlage die Widerrufsbelehrung zu Ihrer ursprünglichen Vertragserklärung, verbunden mit der Bitte, diese zur Kenntnis zu nehmen und zu Ihren Akten zu nehmen. Beabsichtigen Sie keines unserer Angebote anzunehmen, so ist das von Ihnen in Anspruch genommene Darlehen zurückzubezahlen. Den unter der Position „Dar- lehensstand per 30.12.2007“ ausgewiesenen Betrag überweisen Sie bitte bis spätestens zum 30.12.2007 auf das oben genannte Darlehenskonto."
- 6
- Die Beklagten nahmen das Prolongationsangebot der Klägerin an und setzten die Zahlung der monatlichen Raten ab dem 1. Januar 2008 zunächst vereinbarungsgemäß fort. Mit Anwaltsschreiben vom 7. Juli 2008 machten sie geltend, der Darlehensvertrag sei in einer Haustürsituation abgeschlossen worden. Er sei "nach wie vor widerrufbar", weil die Widerrufsbelehrungen fehlerhaft seien. Die Beklagten seien nicht zur Rückzahlung der Darlehensvaluta verpflichtet , sondern hätten Anspruch auf Rückzahlung sämtlicher Zahlungen. Dem widersprach die Klägerin.
- 7
- Mit ihrer Klage hat die Klägerin die Feststellung verlangt, dass der geschlossene Darlehensvertrag wirksam sei. Die Beklagten haben "den Darlehensvertrag" daraufhin in der Klageerwiderung vom 22. Januar 2009 unter Hinweis auf ein vertraglich voraussetzungslos eingeräumtes Widerrufsrecht "ausdrücklich" widerrufen. Zugleich haben sie Widerklage mit dem Ziel erhoben, festzustellen, dass sie aus dem Darlehensvertrag zu keinen weiteren Zins- und Tilgungsleistungen gegenüber der Klägerin verpflichtet sind. Außerdem haben sie die Rückzahlung sämtlicher bislang auf den Darlehensvertrag geleisteter Zahlungen, abzüglich erhaltener Fondsausschüttungen in Höhe von 2.530,66 €, mithin 26.403,72 € nebst Zinsen sowie die Rückabtretung einer sicherungshalber abgetretenen Lebensversicherung Zug um Zug gegen Abtretung des Fondsanteils und die Feststellung des Annahmeverzugs der Klägerin verlangt. Die Widerklage haben die Beklagten insbesondere auf den Widerruf ihrer auf den Abschluss des Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärung sowie auf Schadensersatzansprüche wegen arglistiger Täuschung durch den Vermittler über das Anlageobjekt gestützt. Im Wege der Hilfswiderklage haben sie die Verurteilung der Klägerin zur Erstattung überzahlter Zinsen in Höhe von 12.151,19 € zuzüglich Zinsen wegen fehlerhafter Gesamtbetragsangabe beantragt und die Feststellung verlangt, dass sie der Klägerin statt der vertraglich vereinbarten Zinsen lediglich Zinsen in Höhe von 4% schulden.
- 8
- Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Auf die Hilfswiderklage hat es die Klägerin zur Zahlung von 6.242,82 € nebst Zinsen verurteilt und festgestellt, dass die Beklagten bis zur vollständigen Tilgung des Darlehens lediglich zur Zahlung eines Zinssatzes von 4% verpflichtet seien. Die weitergehende Hilfswiderklage hat es abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision.
Entscheidungsgründe:
- 9
- Die Revision der Klägerin hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
- 10
- Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
- 11
- Die Feststellungsklage sei unabhängig davon unbegründet, ob der ursprüngliche Darlehensvertrag, der eine unechte Abschnittsfinanzierung enthalten habe, rechtzeitig widerrufen worden sei. Die Beklagten hätten ihre auf Abschluss der zweiten Prolongationsvereinbarung gerichtete Willenserklärung mit Schriftsatz vom 22. Januar 2009 wirksam widerrufen, wodurch der Darlehensvertrag mangels wirksamer Vereinbarung neuer Konditionen beendet und in ein Abwicklungsverhältnis umgestaltet worden sei.
- 12
- Das Recht zum Widerruf der Prolongationsvereinbarung ergebe sich aus § 492 Abs. 1 Satz 1, § 495 Abs. 1, § 355 BGB in der bei Abschluss der Prolon- gationsvereinbarung geltenden Fassung (im Folgenden: aF). Über das Widerrufsrecht hätten die Beklagten gemäß § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB aF und - da unstreitig ein verbundenes Geschäft vorgelegen habe - gemäß § 358 Abs. 5 BGB aF belehrt werden müssen. Da die von der Klägerin zur Prolongationsvereinbarung erteilte Widerrufsbelehrung diesen Anforderungen nicht entsprochen habe, sei die zweiwöchige Widerrufsfrist im Zeitpunkt des Widerrufs der Prolongationsvereinbarung noch nicht erloschen gewesen.
- 13
- Dementsprechend sei auch der Widerklageantrag, mit dem die Beklagten geltend machten, gegenüber der Klägerin nicht zu weiteren Zins- und Tilgungsleistungen verpflichtet zu sein, schon deshalb begründet, weil die Prolongationsvereinbarung wirksam widerrufen worden sei. Gleiches gelte für den Anspruch auf Feststellung, dass sich die Klägerin mit der Annahme des Angebots auf Abtretung der Rechte aus der Fondsbeteiligung in Verzug befinde. Auch könnten die Beklagten von der Klägerin bereits aus diesem Grund die Rückzahlung der nach Prolongation geleisteten Zahlungen in Höhe von 4.090,06 € sowie die Rückabtretung der sicherungshalber abgetretenen Lebensversicherung Zug um Zug gegen Abtretung des treuhänderisch gehaltenen Fondsanteils beanspruchen. Infolge des Widerrufs der Prolongationsvereinbarung sei das Darlehen mit der weiteren Folge rückabzuwickeln, dass die Klägerin als darlehensgebende Bank im Verhältnis zu den Beklagten in die Rechte und Pflichten der Fondsgesellschaft aus der mit dem Darlehensvertrag verbundenen Fondsbeteiligung eintrete.
- 14
- Der mit der Widerklage außerdem geltend gemachte Anspruch auf Rückzahlung der vor Prolongation des Darlehens in der Zeit von Januar 1998 bis Dezember 2007 geleisteten Zahlungen sei in - gegebenenfalls analoger - Anwendung von § 357 Abs. 1 Satz 1, § 346 Abs. 1 BGB aF begründet, weil die Klägerin den Beklagten mit Schreiben vom 29. August 2007 ein eigenständiges rechtsgeschäftliches Widerrufsrecht in Bezug auf die ursprüngliche Vertragserklärung eingeräumt habe, welches die Beklagten mit ihrer Widerrufserklärung im Schriftsatz vom 22. Januar 2009 rechtzeitig ausgeübt hätten. Nach Treu und Glauben sei unter Berücksichtigung der Verkehrssitte in der Übersendung der Widerrufsbelehrung zur ursprünglichen Vertragserklärung zusammen mit dem Schreiben vom 29. August 2007 die Einräumung eines eigenständigen Widerrufsrechts zu sehen und zwar unabhängig davon, ob den Beklagten hinsichtlich des ursprünglichen Darlehensvertrages ein Widerrufsrecht zugestanden habe. Weder im Begleitschreiben noch in der Widerrufsbelehrung habe die Klägerin klargestellt, dass es sich nur um eine Nachbelehrung im Sinne von § 355 Abs. 2 Satz 2 BGB aF handle, die nur möglichen Unsicherheiten im Hinblick auf die rechtliche Beurteilung der ursprünglichen Belehrung Rechnung tragen solle. Die "Widerrufsbelehrung zu Ihrer Vertragserklärung" sei daher jedenfalls unter Beachtung des Umstands, dass sowohl der Belehrungstext als auch der offensichtlich formularmäßig verwendete Text des Anschreibens vom 29. August 2007 Allgemeine Geschäftsbedingungen seien, nach der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB und dem maßgeblichen Empfängerhorizont der damals nicht anwaltlich vertretenen Beklagten so auszulegen, dass den Beklagten ein Recht zur Abstandnahme vom Vertrag eingeräumt werden solle.
- 15
- Die Beklagten hätten das ihnen nachträglich eingeräumte vertragliche Widerrufsrecht auch rechtzeitig ausgeübt, denn die Widerrufsfrist von einem Monat sei im Zeitpunkt des Widerrufs vom 22. Januar 2009 noch nicht angelaufen gewesen. Dabei könne dahin gestellt bleiben, ob die Widerrufsbelehrung für ein rechtsgeschäftliches Widerrufsrecht ebenfalls den gesetzlichen Anforderungen entsprechen müsse. Jedenfalls müsse sich die Widerrufsbelehrung an ihrem Wortlaut messen lassen. Sie könne daher, sofern sie - wie hier - missverständlich sei, die in ihr enthaltene Frist nicht in Gang setzen. Darauf, ob den Beklagten ursprünglich ein gesetzliches Widerrufsrecht nach dem Haustürwi- derrufsgesetz zugestanden habe, komme es ebenso wenig an wie auf die weiteren Einwendungen der Beklagten.
II.
- 16
- Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung in wesentlichen Punkten nicht stand.
- 17
- 1. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht die Feststellungsklage mit der Begründung abgewiesen, der Darlehensvertrag sei unwirksam, weil die Beklagten ihre auf Abschluss der zweiten Prolongationsvereinbarung gerichtete Willenserklärung gemäß § 495 Abs. 1, § 355 Abs. 1 Satz 1 BGB aF mit Schriftsatz vom 22. Januar 2009 wirksam widerrufen hätten. Durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet zudem die hieran anknüpfende Annahme des Berufungsgerichts , infolge des Widerrufs der Prolongationsvereinbarung sei der Darlehensvertrag nach den Grundsätzen des verbundenen Geschäfts rückabzuwickeln.
- 18
- a) Soweit die Revision allerdings geltend macht, mit Schriftsatz vom 22. Januar 2009 sei nicht die Prolongationsvereinbarung, sondern der ursprüngliche Darlehensvertrag widerrufen worden, stehen dem die Feststellungen des Berufungsgerichts entgegen. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Beklagten hätten ihre Willenserklärung aus dem Jahr 2007, welche auf eine weitere Prolongation des Darlehensvertrages zu veränderten Finanzierungsdaten gerichtet gewesen sei, mit Schriftsatz vom 22. Januar 2009 ausdrücklich widerrufen. An diese tatbestandliche Feststellung ist der Senat gebunden (§ 559 Abs. 2, § 314 ZPO). Der Tatbestand geht selbst bei einem Widerspruch zwischen den tatbestandlichen Feststellungen und dem in Bezug genommenen Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze vor (BGH, Urteil vom 8. Januar 2007 - II ZR 334/04, NJW-RR 2007, 1434 Rn. 11). Ein etwaiger Widerspruch zwischen den tatbestandlichen Feststellungen des Berufungsgerichts und dem Inhalt des Schriftsatzes vom 22. Januar 2009 kann demnach nicht mehr mit der Verfahrensrüge nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO geltend gemacht werden, sondern hätte mit einem Tatbestandsberichtigungsantrag nach § 320 ZPO beseitigt werden müssen (Senatsurteil vom 11. Januar 2011 - XI ZR 220/08, WM 2011, 309 Rn. 13 mwN). Einen solchen Antrag hat die Klägerin aber nicht gestellt.
- 19
- b) Mit Erfolg wendet sich die Revision jedoch gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagten hätten die Prolongationsvereinbarung wirksam widerrufen, wodurch der ursprünglich geschlossene Darlehensvertrag beendet und in ein Rückabwicklungsverhältnis umgestaltet worden sei. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht schon ein Widerrufsrecht der Beklagten nach den Vorschriften des Verbraucherdarlehensrechts bejaht (aa). Zudem halten die Ausführungen des Berufungsgerichts zu den Rechtsfolgen des Widerrufs der Prolongationsvereinbarung revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand (bb).
- 20
- aa) Das Berufungsgericht ist ohne nähere Begründung davon ausgegangen , die Prolongationsvereinbarung sei gemäß § 495 Abs. 1, § 355 Abs. 1 Satz 1 BGB aF widerruflich. Das ist indes nicht der Fall. Zutreffend ist vielmehr, dass einem Verbraucher bei einer unechten Abschnittsfinanzierung kein Widerrufsrecht nach § 495 Abs. 1 BGB aF zusteht, wenn mit der Bank nach Auslaufen der Zinsbindungsfrist lediglich neue Konditionen vereinbart werden.
- 21
- (1) Nach § 495 Abs. 1, § 355 Abs. 1 Satz 1 BGB aF kann nur die auf Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrages gerichtete Willenserklärung widerrufen werden. Kennzeichnend für einen Verbraucherdarlehensvertrag im Sinne des § 491 Abs. 1 BGB aF ist dabei, dass dem Verbraucher ein Kapitalnutzungsrecht eingeräumt wird (Staudinger/Kessal-Wulf, BGB, Neubearbeitung 2012, § 492 Rn. 23). Dem entsprechend finden die Vorschriften der §§ 491, 495 BGB aF auf Änderungen eines Verbraucherdarlehensvertrages nur dann Anwendung , wenn dem Verbraucher infolge der Vertragsänderung zugleich ein neues, im ursprünglichen Darlehensvertrag weder geregeltes noch angelegtes Kapitalnutzungsrecht eingeräumt wird (vgl. Senatsbeschluss vom 6. Dezember 1994 - XI ZR 99/94, WM 1995, 103 und Senatsurteil vom 7. Oktober 1997 - XI ZR 233/96, WM 1997, 2353, 2354; Staudinger/Kessal-Wulf, aaO, § 492 Rn. 23, 30; MünchKommBGB/Schürnbrand, 6. Aufl., § 492 Rn. 11 ff.).
- 22
- Das trifft auf eine unechte Abschnittsfinanzierung nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes jedoch nicht zu. Dabei handelt es sich um Kredite , bei denen dem Verbraucher bereits im Zeitpunkt des Vertragsschlusses ein langfristiges Kapitalnutzungsrecht eingeräumt wird, die Zinsvereinbarung jedoch nicht für den gesamten Zeitraum, sondern zunächst nur für eine bestimmte Festzinsperiode getroffen wird (Senatsurteile vom 7. Oktober 1997 - XI ZR 233/96, WM 1997, 2353, 2354 und vom 8. Juni 2004 - XI ZR 150/03, BGHZ 159, 270, 273). Anders als bei einer echten Abschnittsfinanzierung, einer Novation oder einer Prolongation nach Ablauf der Gesamtlaufzeit wird dem Verbraucher mithin bei einer unechten Abschnittsfinanzierung kein neues Kapitalnutzungsrecht gewährt, wenn nach Ablauf der Zinsbindungsfrist lediglich neue Konditionen für die Zukunft vereinbart werden und die Konditionenvereinbarung entsprechend dem ursprünglichen Darlehensvertrag vollzogen wird (vgl. Senatsbeschluss vom 6. Dezember 1994 - XI ZR 99/94, WM 1995, 103; BGH, Urteile vom 7. Oktober 1997 - XI ZR 233/96, WM 1997, 2353, 2354 und vom 15. November 2004 - II ZR 375/02, WM 2005, 124; Staudinger/Kessal-Wulf, aaO; MünchKommBGB/Schürnbrand, aaO Rn. 11 ff.; Bülow/Artz, Verbraucherkreditrecht , 7. Aufl., § 491 Rn. 142 ff.).
- 23
- Nach den rechtsfehlerfreien und von den Parteien nicht in Zweifel gezogenen Feststellungen des Berufungsgerichts haben die Parteien hier eine unechte Abschnittsfinanzierung vereinbart. Im Zuge der Prolongation haben sie zudem die Finanzierungsdaten an die aktuelle Marktlage angepasst. Danach wurde den Beklagten durch den Abschluss der Prolongationsvereinbarung kein neues Kapitalnutzungsrecht eingeräumt. Vielmehr wurden lediglich die Konditionen der Kapitalnutzung im Rahmen des ursprünglichen Darlehensvertrages geändert und das ursprüngliche Kapitalnutzungsrecht zu veränderten Kreditbedingungen fortgesetzt (vgl. Senatsbeschluss vom 6. Dezember 1994 - XI ZR 99/94, WM 1995, 103 und Senatsurteil vom 7. Oktober 1997 - XI ZR 233/96, WM 1997, 2353, 2354). Ein neuer Verbraucherdarlehensvertrag, der zugleich ein neues Widerrufsrecht begründet hätte, wurde damit nicht geschlossen (vgl. Senatsurteil vom 7. Oktober 1997 - XI ZR 233/96, WM 1997, 2353, 2354 mwN).
- 24
- (2) Nichts anderes ergibt sich aus Sinn und Zweck des in § 495 Abs. 1 BGB aF geregelten Widerrufsrechts. Das Widerrufsrecht will den Verbraucher vor einer übereilten Bindung an seine auf Abschluss des Darlehensvertrages gerichtete Vertragsentscheidung schützen. Dem Verbraucher soll deshalb bei Entscheidungen mit erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung und Tragweite wie dem Abschluss eines Verbraucherdarlehens Gelegenheit gegeben werden, das Darlehensangebot noch einmal zu überdenken (BT-Drucks. 11/5462, S. 21; MünchKommBGB/Schürnbrand, 6. Aufl., § 495 Rn. 1). Bei Abschluss einer Konditionenanpassung, bei der die Entscheidung für die Darlehensaufnahme bereits gefallen ist, befindet sich der Verbraucher aber nicht in einer vergleichbar schutzbedürftigen Entscheidungssituation (vgl. Peters in Schimansky/Bunte/ Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 81 Rn. 137).
- 25
- bb) Rechtsfehlerhaft ist das Berufungsgericht zudem davon ausgegangen , der ursprüngliche Darlehensvertrag sei infolge des Widerrufs der Prolon- gationsvereinbarung beendet und mit der weiteren Folge rückabzuwickeln, dass die Beklagten nicht mehr an ihre auf Abschluss der Fondsbeteiligung gerichtete Vertragserklärung gebunden wären (§ 358 Abs. 4 Satz 3 BGB aF). Dies ist selbst bei Annahme eines Widerrufsrechts nach § 495 Abs. 1 BGB aF rechtlich nicht haltbar.
- 26
- (1) Der Widerruf der Prolongationsvereinbarung ließe gemäß § 355 Abs. 1 Satz 1 BGB aF lediglich die Bindung des Verbrauchers an die auf Abschluss der Prolongationsvereinbarung gerichtete Willenserklärung entfallen (vgl. Bülow/Artz, Verbraucherkreditrecht, 7. Aufl., § 491 Rn. 143 - für die Prolongation nach Ablauf der Vertragslaufzeit). Folge wäre, dass eine Vereinbarung neuer Konditionen nicht zustande gekommen und die Prolongationsvereinbarung gemäß §§ 346 ff. BGB aF rückabzuwickeln wäre. Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts entfiele jedoch nicht zugleich auch die Bindung an den ursprünglich geschlossenen Darlehensvertrag. Vielmehr wäre das Darlehen nach den Bestimmungen des Darlehensvertrages mangels wirksamer Vereinbarung neuer Konditionen sofort zur Rückzahlung fällig (§ 488 Abs. 1 Satz 2 BGB i.V.m. Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB).
- 27
- (2) Eine Rechtswirkung, wie sie das Berufungsgericht dem Widerruf der Prolongationsvereinbarung beimessen will, liefe demgegenüber - worauf die Revision zu Recht hinweist - auf eine Erweiterung der Rechtsstellung der Beklagten hinaus. Damit stünde der Darlehensnehmer, der sich durch Widerruf der Prolongationsvereinbarung von der Konditionenanpassung lösen könnte, besser als derjenige, der das Angebot auf einvernehmliche Anpassung der Konditionen von vorneherein nicht annimmt (vgl. Bülow/Artz, Verbraucherkreditrecht , 7. Aufl., § 491 Rn. 143). Diese unterschiedliche Behandlung ließe sich auch nicht mit Sinn und Zweck eines Widerrufsrechts erklären. Ein Widerrufs- recht zielt lediglich darauf ab, den Verbraucher von der eingegangenen Vertragsbindung zu befreien. Es soll seine Rechtspositionen aber nicht erweitern.
- 28
- (3) Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung führt der Widerruf der Prolongationsvereinbarung auch angesichts des vereinbarten einheitlichen, langfristigen Kapitalnutzungsrechts nicht "zwangsläufig" zur Beendigung und Rückabwicklung des ursprünglichen Darlehensvertrages. Die Revisionserwiderung verkennt, dass aus der Vereinbarung eines einheitlichen Kapitalnutzungsrechts nicht gleichsam umgekehrt folgt, dass der Verbraucher berechtigt sein muss, sich am Ende jeder Zinsfestschreibungsperiode durch Widerruf vom Darlehensvertrag zu lösen. Dies wäre mit der Konzeption der unechten Abschnittsfinanzierung nicht vereinbar. Vielmehr wird der Darlehensbetrag zur Rückzahlung fällig, wenn am Ende einer Zinsfestschreibungsperiode keine neue Vereinbarung über geänderte Konditionen getroffen wird. Die Sichtweise der Revisionserwiderung hätte hingegen zur Folge, dass der Verbraucher - je nach der wirtschaftlichen Entwicklung seiner darlehensfinanzierten Kapitalanlage - frei darüber entscheiden könnte, ob und wann er sich rückwirkend vom Darlehensvertrag löst. Eine solche Steuerungsmöglichkeit verlangt weder der durch § 495 Abs. 1 BGB aF gebotene Verbraucherschutz noch entspräche dies den berechtigten Interessen der darlehensgebenden Bank.
- 29
- (4) Ebenfalls rechtsfehlerhaft ist die Annahme des Berufungsgerichts, der Widerruf der Prolongationsvereinbarung zwinge nach den Regeln über verbundene Geschäfte zur umfassenden Rückabwicklung des Darlehensvertrages mit der Folge, dass die Beklagten auch nicht mehr an den finanzierten Vertrag, hier den Fondsbeitritt, gebunden wären (§ 358 Abs. 2 Satz 3 BGB aF).
- 30
- Ein Verbraucherdarlehensvertrag ist mit einem Vertrag über die Lieferung einer Ware oder die Erbringung einer anderen Leistung verbunden, wenn das Darlehen ganz oder teilweise der Finanzierung des anderen Vertrages dient und beide Verträge eine wirtschaftliche Einheit bilden (§ 358 Abs. 3 Satz 1 BGB aF). Danach stellen hier zwar der ursprünglich geschlossene Darlehensvertrag und der Fondsbeitritt verbundene Verträge dar, so dass bei einem Widerruf des Darlehensvertrages eine bilaterale Rückabwicklung allein zwischen dem Verbraucher und dem Darlehensgeber zu erfolgen hat (vgl. nur Senatsurteil vom 10. März 2009 - XI ZR 33/08, BGHZ 180, 123 Rn. 25 ff. mwN). Eine Prolongationsvereinbarung, die lediglich eine Änderung der Darlehenskonditionen bewirkt, ist jedoch weder ein mit dem Fondserwerb verbundenes Geschäft im Sinne von § 358 Abs. 3 Satz 1 BGB aF noch ist sie diesem gleichzustellen. Die Voraussetzungen eines verbundenen Geschäfts liegen nicht vor. Die Konditionenanpassung ist - wie dargelegt - schon kein Verbraucherdarlehensvertrag im Sinne von § 358 Abs. 3 Satz 1 BGB aF. Auch fehlt es sowohl an dem für die Annahme eines verbundenen Geschäfts erforderlichen Finanzierungszusammenhang als auch an einer wirtschaftlichen Einheit. Die Prolongationsvereinbarung regelt lediglich die Modalitäten der Rückzahlung des Darlehens, ohne mit der Fondsbeteiligung selbst in innerem Zusammenhang zu stehen. Das für verbundene Verträge typische Aufspaltungsrisiko zwischen Bargeschäft und Finanzierungsvertrag , vor dem § 358 BGB aF schützen will, steht bei einer Prolongation mithin nicht in Rede.
- 31
- 2. Das Berufungsurteil kann deshalb auch hinsichtlich der Widerklageanträge keinen Bestand haben, soweit das Berufungsgericht diese auf Grund des wirksamen Widerrufs der Prolongationsvereinbarung für begründet erachtet hat. Das gilt sowohl für die Feststellung, dass die Beklagten keine weiteren Zins- und Tilgungsleistungen an die Klägerin zu erbringen haben, als auch für die Verurteilung der Klägerin zur Rückzahlung der ab Abschluss der Prolongationsvereinbarung geleisteten Zahlungen und zur Rückabtretung der Lebensversicherung sowie für die Feststellung des Annahmeverzuges der Klägerin.
- 32
- 3. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht die Klägerin schließlich mit der gegebenen Begründung zur Rückerstattung der Zins- und Tilgungsleistungen verurteilt, die die Beklagten vor Abschluss der Prolongation im Zeitraum Januar 1998 bis Dezember 2007 an die Klägerin erbracht haben. Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts können die Beklagten den Widerruf ihrer auf Abschluss des Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärungen nicht mit Erfolg auf ein nachträglich eingeräumtes vertragliches Widerrufsrecht stützen. Ein solches Recht ist den Beklagten, wie der Senat nach Erlass des Berufungsurteils für ein gleichlautendes Begleitschreiben mit identischer Widerrufserklärung entschieden und im Einzelnen begründet hat (Senatsurteile vom 6. Dezember 2011 - XI ZR 401/10, WM 2012, 262 Rn. 3 f., 20 ff. und XI ZR 442/10, juris Rn. 3, 31 ff.), mit dem Schreiben der Klägerin vom 29. August 2007 nebst der beigefügten "Widerrufsbelehrung zu Ihrer Vertragserklärung" nicht angeboten worden.
- 33
- Der Senat hat seine Entscheidung in den Urteilen vom 6. Dezember 2011 maßgeblich darauf gestützt, dass das auch hier verwendete Begleitschreiben nebst einer Widerrufsbelehrung zur ursprünglichen Vertragserklärung aus objektiver Kundensicht unter Berücksichtigung des Vertragsverhältnisses der Parteien jedenfalls bei langjähriger, unbeanstandeter Vollziehung des Darlehensvertrages nicht als Angebot auf Vereinbarung eines voraussetzungslosen vertraglichen Widerrufsrechts verstanden werden kann (Senatsurteile vom 6. Dezember 2011 - XI ZR 401/10, WM 2012, 262 Rn. 27 ff. und XI ZR 442/10, juris Rn. 36 ff.). So liegt der Fall auch hier.
- 34
- Das Anschreiben vom 29. August 2007 und die Widerrufserklärung, die der Senat als Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne von § 305 BGB selbst auslegen kann (Senatsurteil vom 6. Dezember 2011 - XI ZR 401/10, WM 2012, 262 Rn. 24), vermögen aus Sicht eines durchschnittlichen Kunden nicht den Eindruck zu vermitteln, die Klägerin habe den Beklagten - ohne ersichtlichen Anlass - die Vereinbarung eines vertraglichen Widerrufsrechts anbieten wollen, das an keinerlei Widerrufsgründe gebunden ist. Die Ausführungen des Berufungsgerichts und die Einwände der Beklagten in der Revisionserwiderung geben keine Veranlassung zu einer anderen rechtlichen Beurteilung.
- 35
- a) Das Berufungsgericht hat sein Auslegungsergebnis im Wesentlichen damit begründet, dass weder das Begleitschreiben der Klägerin noch die beigefügte "Widerrufsbelehrung zu Ihrer Vertragserklärung" entsprechende Erläuterungen oder Hinweise enthielten, die unmissverständlich auf eine Nachbelehrung schließen ließen. Ergänzend hat das Berufungsgericht ausgeführt, dass die Beurteilung, ob ein Widerrufsrecht bestehe, nicht auf den Verbraucher abgewälzt werden könne. Vielmehr sei das Offenlassen, ob die Widerrufsbelehrung nötig sei, mit dem Sinn und Zweck einer Widerrufserklärung nicht zu vereinbaren. Erteile die Klägerin folglich eine Widerrufserklärung, ohne entsprechende Klarstellungen vorzunehmen, müsse sie sich hieran festhalten lassen (so auch Lindner, EWiR 2011, 43, 44; Maier, VuR 2012, 142 f.).
- 36
- b) Damit hat das Berufungsgericht weder den maßgeblichen Prozessstoff ausgeschöpft noch die Interessenlage der Klägerin ausreichend gewürdigt. Zwar gehen Unklarheiten gemäß § 305c Abs. 2 BGB zu Lasten des Verwenders , wenn eine Widerrufserklärung irrtümlich und missverständlich ist. Voraussetzung für die Anwendung der Unklarheitenregelung ist aber, dass nach Ausschöpfung aller in Betracht kommenden Verständnismöglichkeiten ein nicht behebbarer Zweifel verbleibt (Senatsurteil vom 6. Dezember 2011 - XI ZR 401/10, WM 2012, 262 Rn. 23 mwN). Aus der maßgeblichen objektiven Kundensicht spricht damit auch hier gegen die Annahme eines selbständigen vertraglichen Widerrufsrechts, dass weder Anhaltspunkte vorgetragen noch ersichtlich sind, die die Annahme begründen könnten, die Klägerin hätte den Beklagten nach nahezu zehnjähriger Vertragsbindung ohne jeden äußeren Anlass ein neues - selbständiges - Recht zur Lösung vom Darlehensvertrag einräumen wollen. Zwar wurde die Widerrufsbelehrung zur Vertragserklärung "losgelöst" von den Prolongationsangeboten erteilt. Hieraus lässt sich aber entgegen der Revisionserwiderung nicht auf einen Willen der Klägerin schließen, den Beklagten ein vertragliches Widerrufsrecht einzuräumen. Die Erteilung eines zusätzlichen voraussetzungslosen Widerrufsrechts stünde in Widerspruch dazu, dass die Klägerin den Beklagten zugleich die Prolongation des Darlehens angeboten hat und den Darlehensvertrag somit gerade nicht beenden, sondern ausdrücklich fortsetzen wollte. Das Berufungsgericht lässt zudem außer Acht, dass die Erteilung einer objektiv nicht erforderlichen, nachträglichen Widerrufsbelehrung auch ohne entsprechenden klarstellenden Hinweis in der Widerrufsbelehrung nicht ohne weiteres zu Lasten des vorsichtigen Unternehmers als Einräumung eines voraussetzungslosen, vertraglichen Widerrufsrechts verstanden werden kann, wenn dieser mangels anderweitiger Anhaltspunkte ersichtlich nur ein Belehrungsdefizit heilen will (vgl. Nobbe/Maihold, Kommentar zum Kreditrecht, 2. Aufl., § 355 Rn. 60). Die Tatsache, dass die hier im Jahr 1997 erteilte ursprüngliche Widerrufsbelehrung den gesetzlichen Anforderungen genügte, verlangt keine andere Entscheidung. Der Senat hat erst mit Urteil vom 13. Januar 2009 (XI ZR 118/08, WM 2009, 350 Rn. 19 f.) entschieden, dass diese Belehrung den gesetzlichen Anforderungen entsprach. Der Klägerin kann daher ein Bedürfnis zur Erteilung der Nachbelehrung im Jahr 2007 nicht abgesprochen werden.
- 37
- c) Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung ergibt sich auch aus dem Rechtsgedanken des § 242 BGB nichts anderes. Ist die Widerrufsbelehrung als Nachbelehrung gedacht, weil Rechtsunklarheit über die Wirksamkeit der Erstbelehrung besteht, verstößt die Erteilung einer Widerrufsbelehrung, selbst wenn sich hieraus möglicherweise keine Rechte für den Darlehensnehmer herleiten lassen, jedenfalls nicht gegen die Gebote von Treu und Glauben.
III.
- 38
- Das Berufungsurteil ist nach alledem aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO); die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Der Senat kann nicht selbst entscheiden, weil die Sache nicht zur Entscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Das Berufungsgericht hat zu der zwischen den Parteien streitigen Frage, ob den Beklagten ein gesetzliches Widerrufsrecht hinsichtlich des ursprünglichen Darlehensvertrages zusteht, das sie möglicherweise noch ausüben können, von seinem Standpunkt aus folgerichtig, keine Feststellungen getroffen. Gleiches gilt für die geltend gemachten Schadensersatzansprüche der Beklagten wegen arglistiger Falschangaben des Vermittlers. Die hierzu erforderlichen Feststellungen wird das Berufungsgericht ggf. nachzuholen haben.
Wiechers Ellenberger Maihold
Matthias Menges
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 06.07.2009 - 37 O 422/08 -
KG Berlin, Entscheidung vom 30.11.2011 - 24 U 128/09 -
(1) Dem Darlehensnehmer steht bei einem Verbraucherdarlehensvertrag ein Widerrufsrecht nach § 355 zu.
(2) Ein Widerrufsrecht besteht nicht bei Darlehensverträgen,
- 1.
die einen Darlehensvertrag, zu dessen Kündigung der Darlehensgeber wegen Zahlungsverzugs des Darlehensnehmers berechtigt ist, durch Rückzahlungsvereinbarungen ergänzen oder ersetzen, wenn dadurch ein gerichtliches Verfahren vermieden wird und wenn der Gesamtbetrag (Artikel 247 § 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche) geringer ist als die Restschuld des ursprünglichen Vertrags, - 2.
die notariell zu beurkunden sind, wenn der Notar bestätigt, dass die Rechte des Darlehensnehmers aus den §§ 491a und 492 gewahrt sind, oder - 3.
die § 504 Abs. 2 oder § 505 entsprechen.
(3) Bei Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen ist dem Darlehensnehmer in den Fällen des Absatzes 2 vor Vertragsschluss eine Bedenkzeit von zumindest sieben Tagen einzuräumen. Während des Laufs der Frist ist der Darlehensgeber an sein Angebot gebunden. Die Bedenkzeit beginnt mit der Aushändigung des Vertragsangebots an den Darlehensnehmer.
(1) Verbraucherdarlehensverträge sind, soweit nicht eine strengere Form vorgeschrieben ist, schriftlich abzuschließen. Der Schriftform ist genügt, wenn Antrag und Annahme durch die Vertragsparteien jeweils getrennt schriftlich erklärt werden. Die Erklärung des Darlehensgebers bedarf keiner Unterzeichnung, wenn sie mit Hilfe einer automatischen Einrichtung erstellt wird.
(2) Der Vertrag muss die für den Verbraucherdarlehensvertrag vorgeschriebenen Angaben nach Artikel 247 §§ 6 bis 13 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche enthalten.
(3) Nach Vertragsschluss stellt der Darlehensgeber dem Darlehensnehmer eine Abschrift des Vertrags zur Verfügung. Ist ein Zeitpunkt für die Rückzahlung des Darlehens bestimmt, kann der Darlehensnehmer vom Darlehensgeber jederzeit einen Tilgungsplan nach Artikel 247 § 14 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche verlangen.
(4) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für die Vollmacht, die ein Darlehensnehmer zum Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags erteilt. Satz 1 gilt nicht für die Prozessvollmacht und eine Vollmacht, die notariell beurkundet ist.
(5) Erklärungen des Darlehensgebers, die dem Darlehensnehmer gegenüber nach Vertragsabschluss abzugeben sind, müssen auf einem dauerhaften Datenträger erfolgen.
(6) Enthält der Vertrag die Angaben nach Absatz 2 nicht oder nicht vollständig, können sie nach wirksamem Vertragsschluss oder in den Fällen des § 494 Absatz 2 Satz 1 nach Gültigwerden des Vertrags auf einem dauerhaften Datenträger nachgeholt werden. Hat das Fehlen von Angaben nach Absatz 2 zu Änderungen der Vertragsbedingungen gemäß § 494 Absatz 2 Satz 2 bis Absatz 6 geführt, kann die Nachholung der Angaben nur dadurch erfolgen, dass der Darlehensnehmer die nach § 494 Absatz 7 erforderliche Abschrift des Vertrags erhält. In den sonstigen Fällen muss der Darlehensnehmer spätestens im Zeitpunkt der Nachholung der Angaben eine der in § 356b Absatz 1 genannten Unterlagen erhalten. Mit der Nachholung der Angaben nach Absatz 2 ist der Darlehensnehmer auf einem dauerhaften Datenträger darauf hinzuweisen, dass die Widerrufsfrist von einem Monat nach Erhalt der nachgeholten Angaben beginnt.
(7) Die Vereinbarung eines veränderlichen Sollzinssatzes, der sich nach einem Index oder Referenzzinssatz richtet, ist nur wirksam, wenn der Index oder Referenzzinssatz objektiv, eindeutig bestimmt und für Darlehensgeber und Darlehensnehmer verfügbar und überprüfbar ist.
BUNDESGERICHTSHOF
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 16. März 2016 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Milger, die Richterin Dr. Hessel sowie die Richter Dr. Schneider, Dr. Bünger und Kosziol
für Recht erkannt:
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger bestellte am 14. Januar 2014 über die Website der Beklagten, die mit einer "Tiefpreisgarantie" warb, zwei Taschenfederkernmatratzen zum Preis von insgesamt 417,10 € (inklusive Lieferung). Die Matratzen wurden am 24. und 27. Januar 2014 ausgeliefert und vom Kläger bezahlt. In der Folgezeit bat der Kläger unter Hinweis auf ein günstigeres Angebot eines anderen Anbieters zum Preis von 192,06 € je Matratze (zuzüglich 10 € Versand) um Erstattung des von ihm errechneten Differenzbetrags in Höhe von 32,98 €, damit er von dem ihm als Verbraucher zustehenden Widerrufsrecht absehe.
- 2
- Zu einer entsprechenden Einigung kam es nicht. Der Kläger widerrief den Kaufvertrag daraufhin mit E-Mail vom 2. Februar 2014 und sandte die Matratzen zurück. Die Beklagte ist der Auffassung, der Kläger habe widerrufen, um (unberechtigt) Forderungen aus der "Tiefpreisgarantie" durchzusetzen und sich damit rechtsmissbräuchlich verhalten.
- 3
- Die auf Rückzahlung des Kaufpreises von 417,10 € nebst Zinsen gerichtete Klage hat in den Vorinstanzen Erfolg gehabt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
- 4
- Die Revision hat keinen Erfolg.
I.
- 5
- Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
- 6
- Der vom Kläger erklärte Widerruf des Kaufvertrags sei wirksam, so dass ihm gegen die Beklagte der Zahlungsanspruch in Höhe von 417,10 € nebst Zinsen zustehe. Auf den Kaufvertrag fänden die §§ 312b, 312d, 355 BGB in der bis zum 12. Juni 2014 geltenden Fassung in Verbindung mit § 346 BGB Anwendung. Es handele sich um einen Fernabsatzvertrag gemäß § 312b Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB aF. Die formellen und materiellen Voraussetzungen des Widerrufs seien, was von den Parteien auch nicht in Zweifel gezogen werde, erfüllt.
- 7
- Die Ausübung des Widerrufsrechts sei nicht aufgrund des mit der Einräumung eines Widerrufsrechts verfolgten Sinns und Zwecks ausgeschlossen.
- 8
- Von diesem Motiv des Gesetzgebers für die Einräumung eines Widerrufsrechts zu trennen sei jedoch die Frage, aus welchen Gründen der Verbraucher von einem ihm zustehenden Widerrufsrecht Gebrauch machen dürfe. Diesbezüglich habe der Gesetzgeber in § 355 BGB aF bewusst davon abgesehen , vom Verbraucher eine Begründung für den Widerruf zu verlangen. Hiermit hätten insbesondere auch spätere Diskussionen darüber vermieden werden sollen, ob eine vom Verbraucher gegebene Begründung für den Widerruf genügend sei oder nicht.
- 9
- Sei der Verbraucher mithin nicht gehalten, vor Ausübung seines Widerrufsrechts eine Begründung anzugeben, so könne es ihm auch nicht zum Nachteil gereichen, wenn aus seinem übrigen Verhalten ein Motiv für die Ausübung des Widerrufs zutage trete, welches mit dem Sinn und Zweck der Einräumung des Widerrufsrechts nicht (vollständig) in Einklang zu bringen sei.
- 10
- Dem vom Kläger erklärten Widerruf stehe auch nicht der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegen. Zwar könne der Einwand des rechtsmissbräuchlichen Verhaltens (§ 242 BGB) grundsätzlich auch bei Ausübung des Widerrufsrechts gemäß § 355 BGB aF erhoben werden; insoweit seien jedoch strenge Anforderungen zu stellen. Unter Abwägung sämtlicher Umstände des Falles erweise sich vorliegend die Ausübung des Widerrufsrechts durch den Kläger (noch) nicht als rechtsmissbräuchlich. Dass der Kläger mögliche Ansprüche aus der "Tiefpreisgarantie" der Beklagten habe durchsetzen wollen, könne für sich genommen nicht den Einwand unzulässiger Rechtsausübung begründen.
- 11
- Etwas anderes folge hier auch nicht daraus, dass der Kläger die gleichen Matratzen nochmals bei einem anderen Anbieter zu einem günstigeren Kaufpreis bestellt habe. Dass der Kläger dann - unter Berufung auf die von der Beklagten abgegebene Tiefpreisgarantie - unter Hinweis auf das ihm zustehende Widerrufsrecht bei der Klägerin um Erstattung der Kaufpreisdifferenz nachgesucht und insoweit nach Ansicht der Beklagten weiter "Druck ausgeübt" habe, sei keine unzulässige Rechtsausübung.
II.
- 12
- Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung stand; die Revision ist daher zurückzuweisen. Die Beklagte hat dem Kläger gemäß § 312d Abs. 1 Satz 1, § 355 Abs. 1 Satz 1, § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB aF in Verbindung mit § 346 Abs. 1 BGB den Kaufpreis für die Matratzen zu erstatten, nachdem dieser den im Wege des Fernabsatzes geschlossenen Vertrag wirksam widerrufen hat. Ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Klägers hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei verneint.
- 13
- 1. Auf den Kaufvertrag der Parteien finden, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, die vorgenannten Regelungen über das Widerrufsrecht bei Fernabsatzverträgen in der bis zum 12. Juni 2014 geltenden Fassung Anwendung. Dass der Kläger von seinem danach bestehenden Widerrufsrecht form- und fristgerecht Gebrauch gemacht hat, steht zwischen den Parteien nicht im Streit. Insbesondere bedurfte der Widerruf keiner Begründung (§ 355 Abs. 1 Satz 2 BGB aF).
- 14
- Aufgrund der Ausübung des Widerrufs ist der Kläger nicht mehr an seine auf Abschluss des Kaufvertrages gerichtete Willenserklärung gebunden (§ 355 Abs. 1 Satz 1 BGB aF). Damit hat er Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises (§ 346 Abs. 1 BGB).
- 15
- 2. Ohne Erfolg rügt die Revision, dem Anspruch des Klägers stehe der Einwand rechtsmissbräuchlichen Verhaltens (§ 242 BGB) entgegen, weil er das Widerrufsrecht in sachfremder Weise zur Durchsetzung vermeintlicher Ansprüche aus einer "Tiefpreisgarantie" der Beklagten eingesetzt habe.
- 16
- a) Der Sinn des Widerrufsrechts beim Fernabsatzvertrag besteht darin, dem Verbraucher ein an keine materiellen Voraussetzungen gebundenes, einfach auszuübendes Recht zur einseitigen Loslösung vom Vertrag in die Hand zu geben (vgl. Senatsurteil vom 25. November 2009 - VIII ZR 318/08, BGHZ 183, 235 Rn. 17 mwN). Nach der Rechtsprechung des Senats kommt ein Ausschluss des Widerrufsrechts wegen Rechtsmissbrauchs beziehungsweise unzulässiger Rechtsausübung (§ 242 BGB) nur ausnahmsweise - unter dem Gesichtspunkt besonderer Schutzbedürftigkeit des Unternehmers - in Betracht, etwa bei arglistigem Verhalten des Verbrauchers gegenüber dem Unternehmer (Senatsurteil vom 25. November 2009 - VIII ZR 318/08, aaO Rn. 20).
- 17
- Aus den Feststellungen des Berufungsgerichts zum Verhalten des Klägers im Zusammenhang mit dem Widerruf ergeben sich aber keine Anhaltspunkte für ein arglistiges Verhalten des Klägers, etwa dass es ihm darauf angekommen wäre, die Beklagte zu schädigen oder zu schikanieren. Im Gegenteil hat der Kläger lediglich versucht, mit Hilfe der ihm zustehenden (Verbraucher-) Rechte für sich selbst günstigere Vertragsbedingungen auszuhandeln. Ein sol- ches Verhalten steht im Einklang mit den vorbezeichneten gesetzlichen Regelungen zum Widerrufsrecht des Verbrauchers.
- 18
- Insbesondere ist es für die rechtliche Beurteilung ohne Bedeutung, ob der Kläger - wie die Revision geltend macht - die Nichtausübung des Widerrufs von der Gewährung eines nach der "Tiefpreisgarantie" der Beklagten nicht in voller Höhe berechtigten Nachlasses abhängig gemacht hat. Ebenso kommt es auch - anders als das Berufungsgericht offenbar meint - nicht darauf an, zu welchem Zeitpunkt der Kläger Matratzen bei einem weiteren Anbieter bestellt und dies zum Anlass von Nachverhandlungen mit der Beklagten genommen hat. Mit einem solchen Verhalten nutzt der Käufer schlicht zu seinem Vorteil das ihm eingeräumte und an keine weiteren Voraussetzungen gebundene Widerrufsrecht. Die Grenze zur Arglist oder Schikane ist dabei - offensichtlich - nicht überschritten.
- 19
- b) Der Einwand der Revision, der Ausübung des Widerrufsrechts im vorliegenden Fall seien mit Rücksicht auf dessen (eingeschränkten) Schutzzweck nach § 242 BGB Schranken gesetzt, geht schon im Ansatz fehl. Entgegen der von der Revision vertretenen Auffassung beschränkt sich der Zweck des bei Fernabsatzgeschäften vorgesehenen Widerrufsrechts nicht darauf, dem Verbraucher die Möglichkeit zu geben, die Ware zu prüfen und bei Nichtgefallen zurückzugeben.
- 20
- Denn das Gesetz knüpft die Ausübung des Widerrufsrechts - wie schon das Fehlen einer Begründungspflicht (§ 355 Abs. 1 Satz 2 BGB aF) zeigt - nicht an ein berechtigtes Interesse des Verbrauchers (etwa an das Nichtgefallen der Ware nach Überprüfung), sondern überlässt es allein seinem freien Willen, ob und aus welchen Gründen er seine Vertragserklärung widerruft. Nur dieses Verständnis wird dem oben genannten Sinn des Widerrufsrechts beim Fernab- satzvertrag, dem Verbraucher ein einfaches und effektives Recht zur Lösung von einem im Fernabsatzgeschäft geschlossenen Vertrag an die Hand zu geben , gerecht.
- 21
- Dass ein Verbraucher - wie hier der Kläger - nach der Bestellung Preise vergleicht und mit dem Verkäufer darüber verhandelt, bei Zahlung einer Preisdifferenz vom Widerruf des Vertrages Abstand zu nehmen, ist lediglich eine Folge der sich aus dem grundsätzlich einschränkungslos gewährten Widerrufsrecht ergebenden Wettbewerbssituation. Diese darf der Verbraucher zu seinen Gunsten nutzen, ohne sich dem Vorwurf rechtsmissbräuchlichen Verhaltens auszusetzen. Dr. Milger Dr. Hessel Dr. Schneider Dr. Bünger Kosziol
AG Rottweil, Entscheidung vom 30.10.2014 - 1 C 194/14 -
LG Rottweil, Entscheidung vom 10.06.2015 - 1 S 124/14 -
(1) Hat der Verbraucher seine auf den Abschluss eines Vertrags über die Lieferung einer Ware oder die Erbringung einer anderen Leistung durch einen Unternehmer gerichtete Willenserklärung wirksam widerrufen, so ist er auch an seine auf den Abschluss eines mit diesem Vertrag verbundenen Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung nicht mehr gebunden.
(2) Hat der Verbraucher seine auf den Abschluss eines Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung auf Grund des § 495 Absatz 1 oder des § 514 Absatz 2 Satz 1 wirksam widerrufen, so ist er auch nicht mehr an diejenige Willenserklärung gebunden, die auf den Abschluss eines mit diesem Darlehensvertrag verbundenen Vertrags über die Lieferung einer Ware oder die Erbringung einer anderen Leistung gerichtet ist.
(3) Ein Vertrag über die Lieferung einer Ware oder über die Erbringung einer anderen Leistung und ein Darlehensvertrag nach den Absätzen 1 oder 2 sind verbunden, wenn das Darlehen ganz oder teilweise der Finanzierung des anderen Vertrags dient und beide Verträge eine wirtschaftliche Einheit bilden. Eine wirtschaftliche Einheit ist insbesondere anzunehmen, wenn der Unternehmer selbst die Gegenleistung des Verbrauchers finanziert, oder im Falle der Finanzierung durch einen Dritten, wenn sich der Darlehensgeber bei der Vorbereitung oder dem Abschluss des Darlehensvertrags der Mitwirkung des Unternehmers bedient. Bei einem finanzierten Erwerb eines Grundstücks oder eines grundstücksgleichen Rechts ist eine wirtschaftliche Einheit nur anzunehmen, wenn der Darlehensgeber selbst dem Verbraucher das Grundstück oder das grundstücksgleiche Recht verschafft oder wenn er über die Zurverfügungstellung von Darlehen hinaus den Erwerb des Grundstücks oder grundstücksgleichen Rechts durch Zusammenwirken mit dem Unternehmer fördert, indem er sich dessen Veräußerungsinteressen ganz oder teilweise zu Eigen macht, bei der Planung, Werbung oder Durchführung des Projekts Funktionen des Veräußerers übernimmt oder den Veräußerer einseitig begünstigt.
(4) Auf die Rückabwicklung des verbundenen Vertrags sind unabhängig von der Vertriebsform § 355 Absatz 3 und, je nach Art des verbundenen Vertrags, die §§ 357 bis 357c entsprechend anzuwenden. Ist der verbundene Vertrag ein Vertrag über die Lieferung von nicht auf einem körperlichen Datenträger befindlichen digitalen Inhalten, hat der Verbraucher abweichend von § 357a Absatz 3 unter den Voraussetzungen des § 356 Absatz 5 Nummer 2 Wertersatz für die bis zum Widerruf gelieferten digitalen Inhalte zu leisten. Ist der verbundene Vertrag ein im Fernabsatz oder außerhalb von Geschäftsräumen geschlossener Ratenlieferungsvertrag, sind neben § 355 Absatz 3 auch die §§ 357 und 357a entsprechend anzuwenden; im Übrigen gelten für verbundene Ratenlieferungsverträge § 355 Absatz 3 und § 357d entsprechend. Im Falle des Absatzes 1 sind jedoch Ansprüche auf Zahlung von Zinsen und Kosten aus der Rückabwicklung des Darlehensvertrags gegen den Verbraucher ausgeschlossen. Der Darlehensgeber tritt im Verhältnis zum Verbraucher hinsichtlich der Rechtsfolgen des Widerrufs in die Rechte und Pflichten des Unternehmers aus dem verbundenen Vertrag ein, wenn das Darlehen dem Unternehmer bei Wirksamwerden des Widerrufs bereits zugeflossen ist.
(5) Die Absätze 2 und 4 sind nicht anzuwenden auf Darlehensverträge, die der Finanzierung des Erwerbs von Finanzinstrumenten dienen.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Verbraucherdarlehensverträge sind, soweit nicht eine strengere Form vorgeschrieben ist, schriftlich abzuschließen. Der Schriftform ist genügt, wenn Antrag und Annahme durch die Vertragsparteien jeweils getrennt schriftlich erklärt werden. Die Erklärung des Darlehensgebers bedarf keiner Unterzeichnung, wenn sie mit Hilfe einer automatischen Einrichtung erstellt wird.
(2) Der Vertrag muss die für den Verbraucherdarlehensvertrag vorgeschriebenen Angaben nach Artikel 247 §§ 6 bis 13 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche enthalten.
(3) Nach Vertragsschluss stellt der Darlehensgeber dem Darlehensnehmer eine Abschrift des Vertrags zur Verfügung. Ist ein Zeitpunkt für die Rückzahlung des Darlehens bestimmt, kann der Darlehensnehmer vom Darlehensgeber jederzeit einen Tilgungsplan nach Artikel 247 § 14 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche verlangen.
(4) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für die Vollmacht, die ein Darlehensnehmer zum Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags erteilt. Satz 1 gilt nicht für die Prozessvollmacht und eine Vollmacht, die notariell beurkundet ist.
(5) Erklärungen des Darlehensgebers, die dem Darlehensnehmer gegenüber nach Vertragsabschluss abzugeben sind, müssen auf einem dauerhaften Datenträger erfolgen.
(6) Enthält der Vertrag die Angaben nach Absatz 2 nicht oder nicht vollständig, können sie nach wirksamem Vertragsschluss oder in den Fällen des § 494 Absatz 2 Satz 1 nach Gültigwerden des Vertrags auf einem dauerhaften Datenträger nachgeholt werden. Hat das Fehlen von Angaben nach Absatz 2 zu Änderungen der Vertragsbedingungen gemäß § 494 Absatz 2 Satz 2 bis Absatz 6 geführt, kann die Nachholung der Angaben nur dadurch erfolgen, dass der Darlehensnehmer die nach § 494 Absatz 7 erforderliche Abschrift des Vertrags erhält. In den sonstigen Fällen muss der Darlehensnehmer spätestens im Zeitpunkt der Nachholung der Angaben eine der in § 356b Absatz 1 genannten Unterlagen erhalten. Mit der Nachholung der Angaben nach Absatz 2 ist der Darlehensnehmer auf einem dauerhaften Datenträger darauf hinzuweisen, dass die Widerrufsfrist von einem Monat nach Erhalt der nachgeholten Angaben beginnt.
(7) Die Vereinbarung eines veränderlichen Sollzinssatzes, der sich nach einem Index oder Referenzzinssatz richtet, ist nur wirksam, wenn der Index oder Referenzzinssatz objektiv, eindeutig bestimmt und für Darlehensgeber und Darlehensnehmer verfügbar und überprüfbar ist.
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Verbraucherdarlehensverträge sind, soweit nicht eine strengere Form vorgeschrieben ist, schriftlich abzuschließen. Der Schriftform ist genügt, wenn Antrag und Annahme durch die Vertragsparteien jeweils getrennt schriftlich erklärt werden. Die Erklärung des Darlehensgebers bedarf keiner Unterzeichnung, wenn sie mit Hilfe einer automatischen Einrichtung erstellt wird.
(2) Der Vertrag muss die für den Verbraucherdarlehensvertrag vorgeschriebenen Angaben nach Artikel 247 §§ 6 bis 13 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche enthalten.
(3) Nach Vertragsschluss stellt der Darlehensgeber dem Darlehensnehmer eine Abschrift des Vertrags zur Verfügung. Ist ein Zeitpunkt für die Rückzahlung des Darlehens bestimmt, kann der Darlehensnehmer vom Darlehensgeber jederzeit einen Tilgungsplan nach Artikel 247 § 14 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche verlangen.
(4) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für die Vollmacht, die ein Darlehensnehmer zum Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags erteilt. Satz 1 gilt nicht für die Prozessvollmacht und eine Vollmacht, die notariell beurkundet ist.
(5) Erklärungen des Darlehensgebers, die dem Darlehensnehmer gegenüber nach Vertragsabschluss abzugeben sind, müssen auf einem dauerhaften Datenträger erfolgen.
(6) Enthält der Vertrag die Angaben nach Absatz 2 nicht oder nicht vollständig, können sie nach wirksamem Vertragsschluss oder in den Fällen des § 494 Absatz 2 Satz 1 nach Gültigwerden des Vertrags auf einem dauerhaften Datenträger nachgeholt werden. Hat das Fehlen von Angaben nach Absatz 2 zu Änderungen der Vertragsbedingungen gemäß § 494 Absatz 2 Satz 2 bis Absatz 6 geführt, kann die Nachholung der Angaben nur dadurch erfolgen, dass der Darlehensnehmer die nach § 494 Absatz 7 erforderliche Abschrift des Vertrags erhält. In den sonstigen Fällen muss der Darlehensnehmer spätestens im Zeitpunkt der Nachholung der Angaben eine der in § 356b Absatz 1 genannten Unterlagen erhalten. Mit der Nachholung der Angaben nach Absatz 2 ist der Darlehensnehmer auf einem dauerhaften Datenträger darauf hinzuweisen, dass die Widerrufsfrist von einem Monat nach Erhalt der nachgeholten Angaben beginnt.
(7) Die Vereinbarung eines veränderlichen Sollzinssatzes, der sich nach einem Index oder Referenzzinssatz richtet, ist nur wirksam, wenn der Index oder Referenzzinssatz objektiv, eindeutig bestimmt und für Darlehensgeber und Darlehensnehmer verfügbar und überprüfbar ist.
(1) Sind außer dem Hauptanspruch auch Früchte, Nutzungen, Zinsen oder Kosten als Nebenforderungen betroffen, wird der Wert der Nebenforderungen nicht berücksichtigt.
(2) Sind Früchte, Nutzungen, Zinsen oder Kosten als Nebenforderungen ohne den Hauptanspruch betroffen, ist der Wert der Nebenforderungen maßgebend, soweit er den Wert des Hauptanspruchs nicht übersteigt.
(3) Sind die Kosten des Rechtsstreits ohne den Hauptanspruch betroffen, ist der Betrag der Kosten maßgebend, soweit er den Wert des Hauptanspruchs nicht übersteigt.
(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.
(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.
(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.
(1) In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten richten sich die Gebühren nach den für die Zuständigkeit des Prozessgerichts oder die Zulässigkeit des Rechtsmittels geltenden Vorschriften über den Wert des Streitgegenstands, soweit nichts anderes bestimmt ist. In Musterfeststellungsklagen nach Buch 6 der Zivilprozessordnung und in Rechtsstreitigkeiten aufgrund des Unterlassungsklagengesetzes darf der Streitwert 250 000 Euro nicht übersteigen.
(2) In nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten ist der Streitwert unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien, nach Ermessen zu bestimmen. Der Wert darf nicht über eine Million Euro angenommen werden.
(3) Ist mit einem nichtvermögensrechtlichen Anspruch ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Anspruch, und zwar der höhere, maßgebend.