Oberlandesgericht Bamberg Urteil, 20. Aug. 2015 - 1 U 106/14
vorgehend
nachgehend
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des Landgerichts Würzburg vom 15.09.2014, Az. 94 O 2494/13 Ver, aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Berufung, an das Landgericht zurückverwiesen.
2. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
3. Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I.
„Widerspruchsrecht gemäß § 8 Abs. 5 VVG Wurden Ihnen bei Antragstellung die Versicherungsbedingungen oder die gesetzlichen Verbraucherinformationen nicht übergeben, so gilt der Vertrag auf der Grundlage des Versicherungsscheines (der Police), den Versicherungsbedingungen und den für den Vertrag maßgeblichen Verbraucherinformationen als abgeschlossen, wenn Sie nicht innerhalb von 14 Tagen nach Vorliegen (Erhalt) des Versicherungsscheines (der Police), der Versicherungsbedingungen und der gesetzlichen Verbraucherinformationen schriftlich widersprechen.“
"§ 22. Wo ist der Gerichtsstand?
(1) Ansprüche aus Ihrem Versicherungsvertrag können gegen uns bei dem für unseren Geschäftssitz örtlich zuständigen Gericht geltend gemacht werden. Ist Ihre Versicherung durch Vermittlung eines Versicherungsvertreters zustande gekommen, kann auch das Gericht des Ortes angerufen werden, an dem der Vertreter zur Zeit der Vermittlung seine gewerbliche Niederlassung oder, wenn er eine solche nicht unterhielt, seinen Wohnsitz hatte."
den Rechtsstreit unter Aufhebung des angefochtenen Urteils (Az.: 94 O 2494/13) an das Landgericht Würzburg zurückzuverweisen.
Hilfsweise beantragt er:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 20.000,-- nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen Zug um Zug gegen Übertragung sämtlicher Rechte und Ansprüche des Klägers an der streitgegenständlichen Lebensversicherung mit Vermögensverwaltung an die Beklagte.
2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte im Annahmeverzug befindet. Wiederum hilfsweise beantragt der Kläger, den Rechtsstreit an das örtlich zuständige Landgericht Frankfurt a.M. zu verweisen.
die Berufung zurückzuweisen.
„Artikel 17 des Übereinkommens (ist) nicht auf eine Klausel anwendbar die als zuständiges Gericht ein Gericht eines Drittstaats bezeichnet. Wird ein Gericht im Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats einer solchen Vereinbarung zum Trotz angerufen, so muss es die Wirkung der Abrede nach dem Recht - einschließlich dem Kollisionsrecht -beurteilen, das an seinem Sitz gilt …“
III.
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(1) Für Klagen aus dem Versicherungsvertrag oder der Versicherungsvermittlung ist auch das Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Versicherungsnehmer zur Zeit der Klageerhebung seinen Wohnsitz, in Ermangelung eines solchen seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Für Klagen gegen den Versicherungsnehmer ist dieses Gericht ausschließlich zuständig.
(2) § 33 Abs. 2 der Zivilprozessordnung ist auf Widerklagen der anderen Partei nicht anzuwenden.
(3) Eine von Absatz 1 abweichende Vereinbarung ist zulässig für den Fall, dass der Versicherungsnehmer nach Vertragsschluss seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt aus dem Geltungsbereich dieses Gesetzes verlegt oder sein Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt im Zeitpunkt der Klageerhebung nicht bekannt ist.
(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil
- 1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen, - 2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
(1) Für Klagen aus dem Versicherungsvertrag oder der Versicherungsvermittlung ist auch das Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Versicherungsnehmer zur Zeit der Klageerhebung seinen Wohnsitz, in Ermangelung eines solchen seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Für Klagen gegen den Versicherungsnehmer ist dieses Gericht ausschließlich zuständig.
(2) § 33 Abs. 2 der Zivilprozessordnung ist auf Widerklagen der anderen Partei nicht anzuwenden.
(3) Eine von Absatz 1 abweichende Vereinbarung ist zulässig für den Fall, dass der Versicherungsnehmer nach Vertragsschluss seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt aus dem Geltungsbereich dieses Gesetzes verlegt oder sein Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt im Zeitpunkt der Klageerhebung nicht bekannt ist.
(1) Die Berufung kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546) beruht oder nach § 529 zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.
(2) Die Berufung kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat.
(1) Für Klagen aus dem Versicherungsvertrag oder der Versicherungsvermittlung ist auch das Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Versicherungsnehmer zur Zeit der Klageerhebung seinen Wohnsitz, in Ermangelung eines solchen seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Für Klagen gegen den Versicherungsnehmer ist dieses Gericht ausschließlich zuständig.
(2) § 33 Abs. 2 der Zivilprozessordnung ist auf Widerklagen der anderen Partei nicht anzuwenden.
(3) Eine von Absatz 1 abweichende Vereinbarung ist zulässig für den Fall, dass der Versicherungsnehmer nach Vertragsschluss seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt aus dem Geltungsbereich dieses Gesetzes verlegt oder sein Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt im Zeitpunkt der Klageerhebung nicht bekannt ist.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger verlangt von der beklagten Aktiengesellschaft mit Sitz in Zürich Schadensersatz im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Vermögensverwaltungsvertrags.
- 2
- Anfang 2003 rief ein Vertriebsbeauftragter der Beklagten den in Deutschland ansässigen Kläger unaufgefordert an und traf sich mit ihm am 20. März 2003 in Moosburg in Bayern. Der Kläger unterschrieb einen Anlageauftrag in Form einer Einmalanlage über 70.000 CHF "unter Anerkennung der AGB" der Beklagten "aufgrund des erteilten Vermögensverwaltungsauftrags". Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten sehen Zürich als Gerichtsstand und Schweizer Recht als anwendbares Recht vor. Mit Schreiben vom 27. März 2003 teilte die Beklagte mit, dass sie sich freue, für den Kläger als schweizerische Vermögensverwaltung tätig zu sein. Sie lud den Kläger "für die Realisierung der Vermögensanlage" nach Zürich ein, um die Anlage auf seine "persönlichen Bedürfnisse und Möglichkeiten" abzustimmen.
- 3
- Am 7. April 2003 unterzeichneten der Kläger und ein Vertreter der Beklagten bei einem Gespräch in Zürich, bei dem auch die Anlagestrategie festgelegt wurde, einen Vermögensverwaltungsauftrag sowie einen Anlageauftrag über 248.000 CHF, auf dem vermerkt ist: "ersetzt Anlageauftrag vom 20. März 2003". In dem Vermögensverwaltungsauftrag ist erneut als Gerichtsstand Zürich und die Anwendbarkeit schweizerischen Rechts vorgesehen. Am 16. Mai 2003 erteilte der Kläger einen weiteren Auftrag für eine Einmalanlage von 50.000 CHF.
- 4
- Im Jahr 2006 ließ sich der Kläger von der Beklagten sein Kapital auszahlen. Er wäre keine vertraglichen Beziehungen zur Beklagten eingegangen, wenn er gewusst hätte, dass die Beklagte keine Erlaubnis zur Vermögensverwaltung nach § 32 KWG besitzt. Er hätte stattdessen sein Kapital anderweitig angelegt und hierfür einen Zinssatz von jährlich 5 % erlöst.
- 5
- Mit Verfügung vom 11. Oktober 2010 gewährte das Bezirksgericht Zürich der Beklagten eine definitive Nachlassstundung, die es zuletzt bis zum 12. Dezember 2011 verlängerte. Die Gläubigerversammlung nahm einen Nachlassvertrag an. Das Bezirksgericht Zürich hat Termin zur Verhandlung über die Bestätigung des Nachlassvertrages bestimmt auf den 11. Januar 2012.
- 6
- Der Kläger hat von der Beklagten zunächst 36.019,94 € Schadensersatz verlangt. Das Landgericht hat sich als international nicht zuständig angesehen und die Klage deshalb als unzulässig abgewiesen. Der Kläger hat im Berufungsrechtszug die Klage teilweise zurückgenommen und noch 34.812,44 € verlangt. Das Berufungsgericht hat durch Zwischenurteil festgestellt, dass der Rechtsstreit seit 11. Oktober 2010 unterbrochen sei. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren aus der Berufungsinstanz weiter; hilfsweise beantragt er festzustellen, dass der Rechtsstreit nicht unterbrochen ist.
Entscheidungsgründe:
I.
- 7
- Das Berufungsgericht bejaht die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte. Es bestehe der internationale Gerichtsstand für Verbrauchersachen nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b, Art. 14 Abs. 1 Fall 2 des Luganer Übereinkommens vom 16. September 1988 (BGBl. II 1994, S. 2658, im Folgenden : LugÜ I). Der Kläger habe im Inland die zum Abschluss des Vertrages erforderlichen Rechtshandlungen vorgenommen, indem er beim Besuch des Vertriebsbeauftragten am 20. März 2003 in Moosburg alles getan habe, um den Vertragsschluss sowie die getätigte Anlage herbeizuführen. Der Kläger habe einen Vermögensverwaltungsauftrag, der Grundlage des Anlageauftrags sein sollte, zumindest mündlich erteilt. Der am 7. April 2003 in Zürich unterschriebene Vermögensverwaltungsvertrag sei eine Konkretisierung des Vermögensverwaltungsvertrages vom 20. März 2003 und keine Neubegründung des Schuldverhältnisses. Ebenso sei der am 7. April 2003 in Zürich erteilte Anlageauftrag, der den Anlageauftrag vom 20. März 2003 "ersetzen" sollte, eine Änderung des früheren Anlageauftrags, die ihre Grundlage im Vermögensverwaltungsvertrag habe, und keine Novation. Auch soweit der Kläger seinen Schadensersatzanspruch auf § 823 Abs. 2 BGB, § 32 Abs. 1 KWG stützte, mache er einen Anspruch "aus einem Vertrag" im Sinne von Art. 13 Abs. 1 LugÜ I geltend. Es reiche aus, dass sich der Schadensersatzanspruch allgemein auf einen Vertrag beziehe und die auf einer gesetzlichen Grundlage beruhende Klage eine so enge Verbindung zu dem Vertrag aufweise, dass sie von ihm nicht getrennt werden könne. Dies sei bei dem hier geltend gemachten Schadensersatzanspruch wegen Verstoßes gegen die Erlaubnispflicht des § 32 KWG, die sich an den Finanzdienstleister als Vertragsschließenden richte, der Fall. Der Gerichtsstand für Verbrauchersachen sei nicht wirksam durch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten abbedungen worden, weil Art. 15 Nr. 1 LugÜ I Gerichtsstandvereinbarungen erst nach Entstehung der Streitigkeit zulasse.
- 8
- Das Berufungsgericht hält den Rechtsstreit durch die definitive Nachlassstundung gemäß § 352 Abs. 1 Satz 1 InsO für unterbrochen. Das Nachlassverfahren nach Art. 293 ff. des Schweizerischen Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) sei als Insolvenzverfahren im Sinne von § 352 Abs. 1, § 343 Abs. 1 InsO zu qualifizieren. Die Unterbrechungswirkung trete unabhängig davon ein, dass der Insolvenzschuldner nach dem Recht des Insolvenzeröffnungsstaats seine Verfügungs- und Prozessführungsbefugnis verliere. Auch der Umstand, dass die Gewährung der Nachlassstundung nach schweizerischem Recht zu keiner Unterbrechung von Prozessen führe, sei unerheblich. Der Wortlaut der §§ 352, 343 InsO lasse nicht erkennen, dass die Unterbrechungswirkung im Inland davon abhänge, dass eine solche Wirkung auch im Staat der Insolvenzeröffnung eintrete. Die Bedeutung des § 352 InsO bestehe gerade darin, dass die Unterbrechungswirkung eines inländischen Rechtsstreits unabhängig vom Recht des Insolvenzeröffnungsstaats eintrete. Die Unterbrechung diene - ebenso wie die Unterbrechung nach § 240 ZPO im Fall der Eigenverwaltung nach § 270 InsO - auch bei ausländischen Insolvenzverfahren der Ermöglichung eines störungsfreien Ablaufs des Verfahrens. So habe auch im Streitfall die Unterbrechung den Sinn, im Nachlassverfahren dem Schuldner unter Aufsicht und eventuell Mitwirkung des Sachwalters eine Prüfungs - und Überlegungsfrist einzuräumen, wie er sich im betroffenen Rechtsstreit verhält.
II.
- 9
- Über die Revision des Klägers ist, da die Beklagte trotz ordnungsgemäßer Ladung im Termin nicht vertreten war, durch Versäumnisurteil zu entscheiden , das aber inhaltlich nicht auf der Säumnis, sondern auf einer sachlichen Prüfung des Antrags beruht (vgl. BGH, Urteil vom 4. April 1962 - V ZR 110/60, BGHZ 37, 79, 81).
- 10
- Die Revision ist statthaft und auch ansonsten zulässig. Ein Zwischenurteil , das die Unterbrechung des Rechtsstreits feststellt, hat die Wirkung, dass der Kläger auf unbestimmte Zeit - während der Dauer der Nachlassstundung in der Schweiz - seine Ansprüche gegen die Beklagte in dem anhängigen Rechtsstreit nicht weiterverfolgen kann. Ein solches Urteil ist wie ein Endurteil anfechtbar , da es die rechtssuchende Partei in vergleichbarer Weise beschwert (vgl. BGH, Beschlüsse vom 8. Juni 2004 - IX ZR 281/03, ZIP 2004, 2024; vom 21. Oktober 2004 - IX ZB 205/03, ZIP 2004, 2399, 2400 und vom 10. November 2005 - IX ZB 204/04, WM 2006, 202, 203; Zöller/Greger, ZPO, 29. Aufl., § 240 Rn. 3).
- 11
- Die Beurteilung des Berufungsgerichts hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht Stand.
- 12
- 1. Es ist allerdings nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht die Unterbrechungswirkung durch Zwischenurteil festgestellt hat. Entgegen der Auffassung der Revision steht der Umstand, dass die Parteien zuletzt übereinstimmend der Ansicht waren, dass keine Unterbrechung eingetreten sei und deshalb kein Zwischenstreit, wie ihn § 303 ZPO voraussetzt, bestanden habe, einer solchen Entscheidung nicht entgegen. Denn die Frage der Unterbrechung eines Rechtsstreits betrifft eine von Amts wegen zu prüfende Prozessvoraussetzung (vgl. Roth in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., vor § 239 Rn. 5). Sie wirkt unabhängig vom Vortrag der Parteien und den von ihnen geäußerten Rechtsansichten. Anderenfalls wäre es den Parteien verwehrt, die Auffassung des Gerichts , ein Rechtsstreit sei unterbrochen, zur Überprüfung durch die höhere Instanz zu stellen.
- 13
- Das von der Revision herangezogene Urteil des Bundesgerichtshofs vom 28. Oktober 1981 - II ZR 129/80, BGHZ 82, 209 vermag keine abweichende Beurteilung zu rechtfertigen. Dort wurde die Zulässigkeit des Zwischenurteils bejaht, weil die Frage der Unterbrechung unter den dortigen Parteien im Streit stand (BGH, Urteil vom 28. Oktober 1981 - II ZR 129/80, BGHZ 82, 209, 218). Daraus lässt sich jedoch nicht der Umkehrschluss ziehen, dass ein Zwischenurteil unzulässig ist, wenn die Parteien über eine Unterbrechung nicht streiten.
- 14
- 2. Die Revision wendet sich nicht gegen die zutreffende Annahme des Berufungsgerichts, dass die deutschen Gerichte international zuständig seien, was auch im Revisionsrechtszug von Amts wegen zu prüfen ist (vgl. Senatsurteil vom 2. März 2010 - VI ZR 23/09, BGHZ 184, 313 Rn. 7).
- 15
- a) Zwar bestimmt sich die internationale Zuständigkeit nicht nach dem Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung in Zivil- und Handelssachen, geschlossen in Lugano am 16. September 1988 (LugÜ I). Vielmehr ist bereits das Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivilund Handelssachen, geschlossen in Lugano am 30. Oktober 2007 (LugÜ II), anwendbar. Gemäß Art. 63 Abs. 1 LugÜ II sind die Vorschriften dieses Übereinkommens auf Klagen anzuwenden, die erhoben worden sind, nachdem dieses Übereinkommen im Ursprungsstaat in Kraft getreten ist. Das Übereinkommen ist für die Europäische Gemeinschaft am 1. Januar 2010 in Kraft getreten (BGBl. I 2009 S. 2862; vgl. Senatsurteil vom 31. Mai 2011 - VI ZR 154/10, NJW 2011, 2809 Rn. 16). Im Streitfall wurde Klage am 17. Januar 2010 erhoben.
- 16
- Das Übereinkommen findet gemäß Art. 64 Abs. 2 Buchst. a LugÜ II mit Vorrang vor dem nationalen Prozessrecht Anwendung (vgl. zu Art. 54b Abs. 2 Buchst. a LugÜ I Senatsurteile vom 5. Oktober 2010 - VI ZR 159/09, BGHZ 187, 156 Rn. 9; vom 31. Mai 2011 - VI ZR 154/10, NJW 2011, 2809 Rn. 16; BGH, Urteil vom 21. November 1996 - IX ZR 264/95, BGHZ 134, 127, 133).
- 17
- Für die Auslegung gelten dieselben Auslegungsgrundsätze wie für die Auslegung des Brüsseler Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27. September 1968 (EuGVÜ), der EuGVVO und des LugÜ I, da sich die Unterzeichnerstaaten zu einer möglichst einheitlichen Auslegung der Bestimmungen verpflichtet haben (vgl. Art. 1 Protokoll 2 nach Art. 75 LugÜ II über die einheitliche Auslegung des Übereinkommens und den ständigen Ausschuss; vgl. zum LugÜ I Senatsurteile vom 5. Oktober 2010 - VI ZR 159/09, BGHZ 187, 156 Rn. 10; vgl. EuGH, Gutachten vom 7. Februar 2006 - 1/03, Slg. 2006 S. I-1145 Rn. 19). Dabei ist zu beachten, dass die im Übereinkommen verwendeten Begriffe grundsätzlich autonom, d.h. ohne Rückgriff auf die lex fori oder lex causae auszulegen sind, wobei in erster Linie die Systematik und die Zielsetzung des Übereinkommens zu berücksichtigen sind, um die einheitliche Anwendung des Übereinkommens in allen Vertragsstaaten zu gewährleisten (vgl. Senatsurteile vom 27. Mai 2008 - VI ZR 69/07, BGHZ 176, 342 Rn. 11; vom 5. Oktober 2010 - VI ZR 159/09, BGHZ 187, 156 Rn. 10; vom 31. Mai 2011 - VI ZR 154/10 Rn. 17; vgl. zum EuGVÜ: EuGH, Urteile vom 11. Juli 2002 - Rs. C-96/00, Slg. 2002 S. I-6367, Gabriel Rn. 37; vom 20. Januar 2005 - Rs. C-27/02, Slg. 2005 S. I-499, Engler, Rn. 33; zur EuGVVO: EuGH, Urteil vom 7. Dezember 2010 - Rs. C-585/08, NJW 2011, 505 Rn. 55).
- 18
- b) Für das vom Kläger verfolgte Schadensersatzbegehren aus § 823 Abs. 2 BGB, § 32 KWG ergibt sich die internationale Zuständigkeit der deut- schen Gerichte aus Art. 15 Abs. 1 Buchst. c, Art. 16 Abs. 1 Fall 2 LugÜ II (Zuständigkeit für Verbrauchersachen).
- 19
- aa) Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte ist nicht durch eine Gerichtsstandsvereinbarung ausgeschlossen. Dass die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten Zürich als Gerichtsstand vorsehen, schließt die internationale Zuständigkeit der Gerichte im Wohnsitzstaat des Verbrauchs hier nicht wirksam aus. Denn gemäß Art. 17 LugÜ II (früher Art. 15 LugÜ I) kann von den Vorschriften über die Zuständigkeit bei Verbrauchersachen im Wege der Vereinbarung nur dann abgewichen werden, wenn die Vereinbarung nach der Entstehung der Streitigkeit getroffen wird, dem Verbraucher lediglich zusätzliche Klagemöglichkeiten eröffnet oder die Gerichte des Staats für zuständig erklärt, in dem beide Parteien zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben. So liegt der Streitfall nicht.
- 20
- bb) Die Voraussetzungen der Art. 15 Abs. 1 Buchst. c, Art. 16 Abs. 1 Fall 2 LugÜ II sind hier erfüllt. Danach kann ein Verbraucher eine Klage vor den Gerichten des Vertragsstaats erheben, in dessen Hoheitsgebiet er seinen Wohnsitz hat, wenn der andere Vertragspartner im Wohnsitzstaat des Verbrauchers eine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit ausübt oder eine solche auf irgend einem Wege auf diesen Staat ausrichtet und der Vertrag in den Bereich dieser Tätigkeit fällt.
- 21
- (1) Der Kläger schloss den Vermögensverwaltungsvertrag mit der Beklagten als Verbraucher im Sinne von Art. 15 Abs. 1 LugÜ II ab. Unter einem Verbraucher ist dabei eine Person zu verstehen, die zu einem Zweck tätig wird, der nicht ihrer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit zugerechnet werden kann. Der Vertrag diente der Anlage und Verwaltung des privaten Vermögens des Klägers und kann deshalb nicht seiner gewerblichen oder beruflichen Tä- tigkeit zugerechnet werden (vgl. Senatsurteil vom 31. Mai 2011 - VI ZR 154/10, NJW 2011, 2809 Rn. 22).
- 22
- (2) Der auf § 823 Abs. 2 BGB, § 32 KWG gestützte Anspruch ist als Anspruch aus einem solchen Vertrag zwischen Verbraucher und seinem Vertragspartner zu qualifizieren. Art. 15 Abs. 1 LugÜ II, der Art. 15 Abs. 1 EuGVVO nachgebildet ist, ist anwendbar, wenn der mit der Klage geltend gemachte Anspruch mit einem Verbrauchervertrag in Verbindung steht; der Vertrag muss im Gegensatz zur Rechtslage nach Art. 13 Abs. 1 EuGVÜ bzw. Art. 13 Abs. 1 LugÜ I keine synallagmatischen Verpflichtungen mehr begründen (EuGH, Urteil vom 14. Mai 2009 - Rs. C-180/06, Slg. 2009 S. I-3961, Ilsinger, Rn. 51 f.). Für die Begründung des Verbrauchergerichtsstands gemäß Art. 15 Abs. 1 LugÜ II ist nicht die Geltendmachung eines vertraglichen Anspruchs im engeren Sinn erforderlich. Vielmehr genügt es, dass sich die Klage allgemein auf einen Vertrag bezieht und eine so enge Verbindung zu diesem Vertrag aufweist, dass sie von ihm nicht getrennt werden kann (vgl. zu Art. 13 LugÜ I Senatsurteile vom 5. Oktober 2010 - VI ZR 159/09, BGHZ 187, 156 Rn. 23; vom 31. Mai 2011 - VI ZR 154/10, NJW 2011, 2809 Rn. 32).
- 23
- Im Streitfall weist der geltend gemachte Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB, § 32 KWG die für die Begründung des Verbrauchergerichtsstands erforderliche enge Verbindung zu dem mit der Beklagten geschlossenen Vertrag auf. Der Kläger macht geltend, ihm sei dadurch ein Vermögensschaden entstanden, dass er sich auf einen Vertrag mit der Beklagten eingelassen habe, den er nicht geschlossen hätte, wenn er gewusst hätte, dass der Vertrag gegen ein ihn schützendes gesetzliches Verbot verstoße. Das Klagebegehren kann vom Vertrag nicht getrennt werden.
- 24
- (3) Ob die Beklagte ihre berufliche oder gewerbliche Tätigkeit in Deutschland ausgeübt hat, kann offen bleiben, denn sie hat ihre Tätigkeit zumindest auf irgendeinem Wege auf Deutschland ausgerichtet. Kernstück der Neuregelung in Art. 15 Abs. 1 Buchst. c EuGVVO, dem Art. 15 Abs. 1 Buchst. c LugÜ II nachgebildet ist, ist der Begriff des Ausrichtens einer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit auf den Wohnsitzstaat des Verbrauchers. Der Gewerbetreibende richtet seine Tätigkeit auf den Wohnsitzstaat des Verbrauchers aus, wenn er seinen Willen zum Ausdruck bringt, Geschäftsbeziehungen zu Verbrauchern in diesem Staat herzustellen (vgl. EuGH, Urteil vom 7. Dezember 2010 - Rs. C-585/08, NJW 2011, 505 Rn. 75; BGH, Urteil vom 29. November 2011 - XI ZR 172/11, z.V.b. WM 2012, 36, Rn. 21, zu Art. 15 EuGVVO). Erfasst werden sollte unter anderem die gezielt auf den Wohnsitzstaat des Verbrauchers gerichtete Werbung. Deshalb kommt es - anders als nach bisherigem Recht (Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b EuGVÜ bzw. Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b LugÜ I) - auf den Ort des Vertragsschlusses oder der Vornahme der dafür erforderlichen Rechtshandlungen nicht an (vgl. EuGH, Urteil vom 7. Dezember 2010 - Rs. C-585/08, NJW 2011, 505 Rn. 60; Geimer in Geimer/Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht , 3. Aufl., Art. 15 Rn. 35). Denn nach Art. 15 Abs. 1 Buchst. c EuGVVO bzw. Art. 15 Abs. 1 Buchst. c LugÜ II wird die notwendige Verbindung zum Staat des Verbrauchers schon dadurch geschaffen, dass dessen Vertragspartner seine Tätigkeit auf diesen Staat ausrichtet (BGH, Beschluss vom 17. September 2008 - III ZR 71/08, NJW 2009, 298 Rn. 8). Weiter setzt das "Ausrichten" der gewerblichen Tätigkeit auf den Wohnsitzstaat des Verbrauchers voraus, dass der Verbraucher dort zum Vertragsschluss zumindest motiviert worden ist, auch wenn der Vertragsschluss selbst nicht in dem Wohnsitzstaat erfolgt (BGH, Beschluss vom 17. September 2008 - III ZR 71/08, NJW 2009, 298 Rn. 11).
- 25
- Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts rief ein Vertriebsbeauftragter der Beklagten den Kläger unaufgefordert an und besuchte ihn am 20. März 2003 in Deutschland. Hierin kommt der Wille der Beklagten, Kunden in Deutschland zu gewinnen, zum Ausdruck. Diese Tätigkeit war auch die entscheidende Ursache für den Entschluss des Klägers, vertragliche Beziehungen mit der Beklagten einzugehen. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob am 7. April 2004 in Zürich ein neuer Vertrag geschlossen wurde. Jedenfalls war die vorangegangene Tätigkeit des Vertriebsbeauftragten der Beklagten in Deutschland ursächlich dafür, dass sich der Beklagte am 7. April 2004 in die Schweiz begab und dort einen Vertrag mit der Beklagten unterzeichnete.
- 26
- (4) Der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag fällt in den Bereich der von der Beklagten auf Deutschland ausgerichteten Tätigkeit. Art. 15 Abs. 1 Buchst. c LugÜ II kommt nur zur Anwendung, wenn der konkret geschlossene Vertrag in den Bereich der Tätigkeit fällt, die der Vertragspartner in dem Wohnsitzstaat des Verbrauchers ausübt oder auf diesen ausrichtet (Geimer in Geimer /Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht, 3. Aufl., Art. 15 Rn. 39).
- 27
- Davon ist im Streitfall auszugehen. Die Beklagte wurde in Deutschland aktiv, um Vermögensverwaltungsverträge zu schließen oder zumindest anzubahnen.
- 28
- c) Für das Luganer Übereinkommen II besteht - im Gegensatz zum Luganer Übereinkommen I (vgl. dazu Senatsurteile vom 27. Mai 2008 - VI ZR 69/07, BGHZ 176, 342 Rn. 9; vom 31. Mai 2011 - VI ZR 154/10 Rn. 17; EuGH, Gutachten vom 7. Februar 2006 - 1/03, Slg. 2006 S. I-1145 Rn. 19) - eine Auslegungszuständigkeit des Europäischen Gerichtshofs (Präambel zum Protokoll 2 nach Art. 75 LugÜ II über die einheitliche Auslegung des Übereinkommens und den ständigen Ausschuss, ABl. EU 2007, L 339, S. 27; Rauscher /Staudinger, 2011, Einl. LugÜ II Rn. 29; Zöller/Geimer, ZPO, 29. Aufl., Art. 1 EUGVVO Rn. 17). Eine Vorlage an diesen nach Art. 267 Abs. 2, 3 AEUV ist aber hier nicht geboten, weil die richtige Anwendung des Art. 15 Abs. 1 Buchst. c, Art. 16 Abs. 1 Fall 2 LugÜ II, das Teil des Gemeinschaftsrechts ist, derart offenkundig ist, dass für einen vernünftigen Zweifel kein Raum mehr bleibt (vgl. BGH, Beschluss vom 26. November 2007 - NotZ 23/07, BGHZ 174, 273 Rn. 34; Urteil vom 13. Januar 2011 - III ZR 146/10, NJW 2011, 1509 Rn. 35).
- 29
- 3. Mit Erfolg wendet sich die Revision gegen die Auffassung des Berufungsgerichts , der Rechtsstreit sei infolge der Nachlassstundung unterbrochen. Denn die Annahme einer Unterbrechungswirkung im Inland ist nicht gerechtfertigt , wenn das ausländische Insolvenzverfahren, wie hier, nach dem Recht des Insolvenzeröffnungsstaates keinerlei Wirkungen auf einen anhängigen Rechtsstreit entfaltet.
- 30
- Für die Entscheidung des Zwischenstreits über die Unterbrechung sind die prozessualen Verhältnisse im Zeitpunkt der Entscheidung über das eingelegte Rechtsmittel maßgeblich (vgl. BAG, Urteil vom 27. Februar 2007 - 3 AZR 618/06, ZIP 2007, 2047 Rn. 8). Die Nachlassstundung dauert derzeit noch an. Mit Verfügung vom 11. Oktober 2010 hat das Bezirksgericht Zürich der Beklagten eine definitive Nachlassstundung gewährt, die es zuletzt bis zum 12. Dezember 2011 verlängert hat. Die Gläubigerversammlung hat einen Nachlassvertrag angenommen. Das Bezirksgericht Zürich hat Termin zur Verhandlung über die Bestätigung des Nachlassvertrages auf den 11. Januar 2012 bestimmt. Auch nach Ablauf der Frist wirkt die Nachlassstundung noch bis zur Publikation des Entscheids über die Bestätigung des Nachlassvertrages fort (Art. 308 Abs. 2 SchKG), wenn der Sachwalter vor Ablauf der Frist die Akten mit seinem Gutachten dem Nachlassgericht vorlegt (Schweizerisches Bundesgericht, Urteil vom 25. Oktober 1958, BGE 84 III 117, 118 f.; Hunkeler/Hardmeier, SchKG, 2008, Art. 295 Rn. 11; Jaeger, SchKG, 4. Aufl., Art. 295 Rn. 6; Vollmar in Staehelin/Bauer/Staehelin, SchKG, 1998, Art. 297 Rn. 4).
- 31
- a) Die Frage, ob eine Nachlassstundung nach schweizerischem Recht zur Unterbrechung eines inländischen Rechtsstreits führt, bestimmt sich nach §§ 343, 352 Abs. 1 Satz 1 InsO und nicht nach der Übereinkunft zwischen dem schweizerischen Kanton Zürich u. a. und dem Königreich Bayern über gleich- mäßige Behandlung der gegenseitigen Staatsangehörigen in Konkursfällen vom 11. Mai / 27. Juni 1834. Diese Übereinkunft gilt zwar für das Gebiet des heutigen Freistaats Bayern und der beteiligten Kantone bis heute (vgl. Blaschczok, ZIP 1983, 141; Bürgi, Festschrift 100 Jahre SchKG, 1989, S. 175, 181 f.; Graf, Die Anerkennung ausländischer Insolvenzentscheidungen, 2003, S. 171 f.; Wenner in Mohrbutter/Ringstmeier, Handbuch der Insolvenzverwaltung, 8. Aufl., § 20 Rn. 19). Die Übereinkunft enthält aber keine für die Entscheidung der Streitfrage maßgeblichen Regelungen. Die im Übereinkommen geregelten Konkursfälle umfassen nicht die hier in Rede stehende Nachlassstundung.
- 32
- b) Zutreffend hat das Berufungsgericht das Nachlassverfahren als Insolvenzverfahren im Sinne von §§ 343, 352 Abs. 1 Satz 1 InsO qualifiziert.
- 33
- aa) Der Eintritt der Unterbrechung (§ 352 Abs. 1 Satz 1 InsO) bzw. die Anerkennung des ausländischen Verfahrens nach § 343 InsO setzen voraus, dass ein "Insolvenzverfahren" vorliegt. Als ein solches Verfahren werden Auslandsverfahren nicht völlig schrankenlos anerkannt, sondern nur, wenn damit in etwa die gleichen Ziele verfolgt werden wie mit den in der Insolvenzordnung vorgesehenen Verfahren (BGH, Urteil vom 13. Oktober 2009 - X ZR 79/06, ZIP 2009, 2217 Rn. 8; vgl. BAG, Urteil vom 27. Februar 2007 - 3 AZR 618/06, ZIP 2007, 2047 Rn. 19; BT-Drucks. 15/16, S. 21). Den in § 1 InsO formulierten Zielen des Insolvenzverfahrens dienen neben Verfahren, die in erster Linie auf alsbaldige Liquidation des Schuldnervermögens angelegt sind, auch solche, durch die - wie bereits im früheren deutschen Vergleichsverfahren - der Bestand eines Unternehmens trotz bestehender Insolvenzgründe erhalten werden soll, sofern mit diesem Verfahren auch das Ziel der Befriedigung der Gläubiger verfolgt wird (BGH, Urteil vom 13. Oktober 2009 - X ZR 79/06, ZIP 2009, 2217 Rn. 8; BAG, Urteil vom 27. Februar 2007 - 3 AZR 618/06, ZIP 2007, 2047 Rn. 20; Anders in Prütting/Gehrlein, ZPO, 3. Aufl., § 240 Rn. 4; vgl. BT-Drucks. 12/2443, S. 236; vgl. BGH, Urteil vom 14. November 1996 - IX ZR 339/95, BGHZ 134, 79, 82 ff.).
- 34
- bb) Das in Art. 293 ff. des Schweizerischen Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) geregelte Nachlassverfahren bezweckt die gleichmäßige Befriedigung der Gläubiger und entfaltet Wirkungen, wie sie für ein Insolvenzverfahren typisch sind.
- 35
- Das Nachlassverfahren ist in der schweizerischen Rechtsordnung ein Sanierungsverfahren, das darauf abzielt, das Vermögen des Schuldners bestmöglich zu erhalten und dadurch die Gläubiger besser zu stellen als im Konkursverfahren (vgl. Hunkeler/Hardmeier, SchKG, 2008, Art. 293 Rn. 2; Vollmar in Staehelin/Bauer/Staehelin, SchKG, 1998, Art. 293 Rn. 1).
- 36
- Die Bewilligung der Nachlassstundung, durch die das Verfahren eröffnet wird, hat ähnliche Wirkungen wie die Konkurseröffnung und der Pfändungsvollzug (vgl. Spühler/Dolge, Schuldbetreibungs- und Konkursrecht II, 5. Aufl., Rn. 404 ff.): Es sind unverzüglich die zur Erhaltung des schuldnerischen Vermögens notwendigen Anordnungen zu treffen (Art. 293 Abs. 3 SchKG); es muss ein Sachwalter bestimmt werden, der die Handlungen des Schuldners, insbesondere die Fortführung der Geschäftstätigkeit, falls und soweit sie dem Schuldner überhaupt überlassen wird, überwacht (Art. 295 Abs. 1, Abs. 2, Art. 298 Abs. 1 SchKG); eine Betreibung (Zwangsvollstreckung) gegen den Schuldner kann weder eingeleitet noch fortgesetzt werden, Verjährungs- und Verwirkungsfristen stehen still, der Zinsenlauf für alle nicht pfandgesicherten Forderungen hört auf, und für die Verrechnung gelten die Vorschriften des Kon- kursverfahrens, wobei an die Stelle der Konkurseröffnung die Bekanntmachung der Nachlassstundung tritt (Art. 297 SchKG); weder darf Anlagevermögen vom Schuldner veräußert oder belastet, noch dürfen Pfänder bestellt, Bürgschaften eingegangen oder unentgeltliche Verfügungen getroffen werden (Art. 298 Abs. 2 SchKG); für die Berechnung der Frist zur Anfechtung von Rechtshandlungen ist nach Art. 331 Abs. 2 SchKG anstelle der Konkurseröffnung oder der Pfändung die Bewilligung der Nachlassstundung maßgeblich (Schweizerisches Bundesgericht, Urteil vom 15. Dezember 1998, BGE 125 III 154, 157 f.; Jaeger, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, 4. Aufl., Art. 297 Rn. 7).
- 37
- c) Voraussetzung für die Inlandswirkung eines ausländischen Insolvenzverfahrens ist, dass das ausländische Insolvenzverfahren eine extraterritoriale Geltung beansprucht (BT-Drucks. 12/2443, S. 241; Geimer, Internationales Zivilprozessrecht , 6. Aufl., Rn. 3512a; Graf, Anerkennung ausländischer Insolvenzentscheidungen , 2003, S. 286 ff.). Nach schweizerischem Recht hat die Nachlassstundung ebenso wie der Konkurs Auslandswirkung (Spühler/Dolge, Schuldbetreibungs- und Konkursrecht II, 5. Aufl., Rn. 408).
- 38
- d) Die in § 343 Abs. 1 Satz 2 InsO genannten Hindernisse für eine Anerkennung liegen nicht vor.
- 39
- Die schweizerischen Gerichte sind nach deutschem Recht für Insolvenzverfahren über das Vermögen der Beklagten zuständig (vgl. § 343 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 InsO). In Ermangelung vorrangiger Kollisionsnormen ist zu fragen, ob unter gleichsam "spiegelbildlicher" Zugrundelegung deutscher Zuständigkeitsnormen ein Gericht des Staats, in dem die Entscheidung ergangen ist, international zuständig wäre (vgl. BGH, Urteil vom 3. Dezember 1992 - IX ZR 229/91, BGHZ 120, 334, 337 mwN; Kemper/Paulus in Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 343 Rn. 11 (Stand August 2008); Lüer in Uhlenbruck/Hirte/Vallender, InsO, 13. Aufl., § 343 Rn. 7). Grundsätzlich verteilen die Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit nicht nur die Rechtsprechungsaufgaben auf die einzelnen deutschen Gerichte nach örtlichen Gesichtspunkten, sondern legen mittelbar auch den Umfang der internationalen Zuständigkeit fest (vgl. BGH, Urteil vom 13. Oktober 2009 - X ZR 79/06, ZIP 2009, 2217 Rn. 20; BAG, Urteil vom 27. Februar 2007 - 3 AZR 618/06, ZIP 2007, 2047 Rn. 24). Die internationale Zuständigkeit der schweizerischen Gerichte für Insolvenzverfahren über das Vermögen der Beklagten ergibt sich hier entsprechend § 3 InsO, denn sie hat ihren Sitz in der Schweiz.
- 40
- e) Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Unterbrechung des Rechtsstreits sei nicht davon abhängig, dass nach dem ausländischen Recht die Verfügungs- und Prozessführungsbefugnis vom Schuldner auf eine dritte Person übergeht, begegnet keinen durchgreifenden Bedenken. Eine Ansicht macht zwar eine Unterbrechung von einem solchen Übergang der Prozessführungsbefugnis abhängig (FK-InsO/Wenner/Schuster, 5. Aufl., § 352 Rn. 6; Geimer , Internationales Zivilprozessrecht, 6. Aufl., Rn. 3529; MünchKommBGB /Kindler, 5. Aufl., § 352 InsO Rn. 13; MünchKommZPO/Gehrlein, 3. Aufl., § 240 Rn. 11; Saenger/Wöstmann, ZPO, 4. Aufl., § 240 Rn. 5; Wenner in Mohrbutter/Ringstmeier, Handbuch der Insolvenzverwaltung, 8. Aufl., § 20 Rn. 238). Nach überwiegender Ansicht soll aber ein in Deutschland geführter Rechtsstreit auch dann unterbrochen werden, wenn nach dem Recht des Staats der Insolvenzeröffnung ein Wechsel der Prozessführungsbefugnis nicht erfolgt (BT-Drucks. 12/2443, S. 244; BGH, Urteil vom 13. Oktober 2009 - X ZR 79/06, ZIP 2009, 2217 Rn. 13; OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 20. Februar 2007 - 5 U 24/05, ZIP 2007, 932, 934; Dahl in Andres/Leithaus, InsO, 2. Aufl., § 352 Rn. 3; Frege/Keller/Riedel, Insolvenzrecht, 7. Aufl., Rn. 2680; Gottwald /Kolmann, Insolvenzrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 133 Rn. 53; Holzer in Wimmer/Dauernheim/Wagner/Gietl, Handbuch des Fachanwalts Insolvenzrecht , 2010, Kapitel 11 Rn. 96; Kolmann, Kooperationsmodelle im Internationalen Insolvenzrecht, 2001, S. 191 ff.; Kreft/Stephan, InsO, 6. Aufl., § 352 Rn. 5; Ludwig, Neuregelungen des deutschen Internationalen Insolvenzverfahrens- rechts, 2004, S. 102 f.; Musielak/Stadler, ZPO, 8. Aufl., § 240 Rn. 4; Stephan in Heidelberger Kommentar zur InsO, 4. Aufl., § 352 Rn. 5; vgl. OLG Köln, Beschluss vom 17. Oktober 2007 - 16 W 24/07, ZIP 2007, 2287, 2288). Diese Ansicht trifft zu.
- 41
- Schon der Wortlaut des § 352 Abs. 1 Satz 1 InsO setzt einenWechsel der Prozessführungsbefugnis nicht voraus. Auch nach dem Willen des Gesetzgebers erfordert die Unterbrechung nach § 352 Abs. 1 Satz 1 InsO keinen Wechsel der Prozessführungsbefugnis im Insolvenzeröffnungsstaat. Die Vorschrift wurde durch das Gesetz zur Neuregelung des Internationalen Insolvenzrechts vom 14. März 2003 (BGBl. I S. 345) eingeführt. Der Gesetzgeber lehnte sich dabei eng an die im Regierungsentwurf zur Insolvenzordnung vorgesehenen Regelungen zum internationalen Insolvenzrecht an (BT-Drucks. 15/16, S. 13 f.). In der Gesetzesbegründung zu § 391 des Entwurfs, der hinsichtlich der hier relevanten Frage dem geltenden § 352 Abs. 1 Satz 1 InsO entspricht, wird ausdrücklich ausgeführt, dass die Unterbrechung des inländischen Verfahrens auch eintrete, wenn die ausländische Rechtsordnung dem Schuldner die Befugnis zur Fortführung eines anhängigen Prozesses belässt (BT-Drucks. 12/2443, S. 244).
- 42
- Dass es auf einen Wechsel der Prozessführungsbefugnis nicht ankommt, wird weiter dadurch bestätigt, dass eine Unterbrechung nach § 240 ZPO nicht zwingend einen Wechsel der Verfügungs- und Prozessführungsbefugnis voraussetzt. So wird ein Prozess auch im Fall der Eigenverwaltung gemäß § 270 InsO unterbrochen (BGH, Beschluss vom 7. Dezember 2006 - V ZB 93/06, ZIP 2007, 249 Rn. 6 ff.). Die durch die Unterbrechung bewirkte Überlegungsfrist benötigt auch ein Insolvenzschuldner, der sein Vermögen selbst verwaltet. Denn er darf sein bisheriges Prozessverhalten nicht ohne weiteres beibehalten; vielmehr hat er nach der Insolvenzeröffnung ausschließlich die Interessen seiner Gläubiger zu wahren und eigene Interessen zurückzustellen; zudem kann eine Abstimmung mit dem Sachwalter (vgl. § 274 Abs. 2, § 279 InsO) erforderlich werden (BGH, Beschluss vom 7. Dezember 2006 - V ZB 93/06, ZIP 2007, 249 Rn. 8).
- 43
- f) Soweit das Berufungsgericht allerdings eine Unterbrechung des vorliegenden Rechtsstreits selbst dann annehmen will, wenn das ausländische Insolvenzverfahren , wie hier, nach dem Recht des Insolvenzeröffnungsstaats weder einen Übergang der Prozessführungsbefugnis vorsieht noch eine Unterbrechungswirkung beansprucht oder sich in sonstiger Weise auf den Fortgang anhängiger Prozesse auswirkt, kann dem nicht gefolgt werden.
- 44
- Die Frage, ob im Inland eine Unterbrechungswirkung angenommen werden kann, wenn das ausländische Insolvenzrecht eine solche nicht kennt, wird unterschiedlich beantwortet. Eine Ansicht lehnt eine Unterbrechung des in Deutschland geführten Rechtsstreits dann ab, wenn das ausländische Recht eine Unterbrechung nicht vorsieht (Hüßtege in Thomas/Putzo, ZPO, 32. Aufl., § 240 Rn. 3a; Musielak/Stadler, ZPO, 8. Aufl., § 240 Rn. 4). Nach der Gegenansicht soll es auf die Frage, ob das ausländische Insolvenzverfahren eine solche Wirkung hat, generell nicht ankommen (Braun/Liersch, InsO, 4. Aufl., § 352 Rn. 2; FK-InsO/Wenner/Schuster, 5. Aufl., § 352 Rn. 6; Gottwald/Kohlmann, Insolvenzrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 133 Rn. 53; Liersch, NZI 2003, 302, 308; Ludwig, Neuregelungen des deutschen Internationalen Insolvenzverfahrensrechts , 2004, S. 101 f.; Pannen in Blersch/Goetsch/Haas, InsO, § 352 Rn. 4 (Stand April 2008); Zöller/Greger, ZPO, 29. Aufl., § 240 Rn. 6).
- 45
- Die Frage kann im Streitfall letztlich offen bleiben. Zwar kann es nicht entscheidend darauf ankommen, ob das ausländische Prozessrecht seinerseits gerade eine automatische Unterbrechungswirkung wie § 240 ZPO vorsieht, denn die Unterbrechung des Verfahrens ist keine Frage des Insolvenzrechts, sondern des Prozessrechts und wird deswegen grundsätzlich durch das Recht des jeweiligen Prozessgerichts beantwortet (BGH, Beschluss vom 26. Novem- ber 1997 - IX ZR 309/96, ZIP 1998, 659, 660; Ludwig, Neuregelungen des deutschen Internationalen Insolvenzverfahrensrechts, 2004, S. 101). So kann eine Unterbrechungswirkung oft die unvermeidliche Folge eines Übergangs der Prozessführungsbefugnis sein, auch wenn das ausländische Insolvenzrecht keine automatische Unterbrechungswirkung vorsieht (BGH, Beschluss vom 26. November 1997 - IX ZR 309/96, ZIP 1998, 659, 660). Im Streitfall liegt nach dem ausländischen Recht jedoch auch kein Übergang der Prozessführungsbefugnis vor. Die Bewilligung der Nachlassstundung hat in der Schweiz keinen Einfluss auf die Fortsetzung von Zivilprozessen (vgl. Hunkeler/Hardmeier, SchKG, 2008, Art. 297 Rn. 7; Jaeger, SchKG, 4. Aufl., Art. 297 Rn. 24; Vollmar in Staehelin/Bauer/Staehelin, SchKG, 1998, Art. 297 Rn. 10). Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass die Schweizer Nachlassstundung im Ausland eine Unterbrechungswirkung beansprucht (vgl. zur Auslandswirkung fremden Insolvenzrechts BGH, Urteil vom 27. Mai 1993 - IX ZR 254/92, BGHZ 122, 373, 376). Jedenfalls in den Fällen, in denen wie hier nach dem Recht des Insolvenzeröffnungsstaats das Insolvenzverfahren keinerlei Einfluss auf anhängige Rechtsstreitigkeiten haben soll, ist die Annahme einer Unterbrechung in Deutschland nicht gerechtfertigt.
- 46
- g) Schließlich erfordern auch die Interessen der Parteien im nationalen Zivilprozess keine Unterbrechung. § 352 Abs. 1 InsO soll wie § 240 ZPO dem infolge der Insolvenzeröffnung eintretenden Wechsel der Prozessführungsbefugnis Rechnung tragen und sowohl dem Insolvenzverwalter als auch den Parteien Gelegenheit geben, sich auf die durch die Insolvenz veränderte rechtliche und wirtschaftliche Lage einzustellen (BGH, Beschluss vom 26. November 1997 - IX ZR 309/96, ZIP 1998, 659, 660, Kempter/Paulus in Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 352 Rn. 1 (Stand August 2008)). Soweit, wie hier, ein Wechsel in der Prozessführungsbefugnis nicht erfolgt, beschränkt sich das Interesse der Parteien darauf, sich auf die infolge der Insolvenz des Schuldners geänderte Situation einzustellen. Diesem Interesse muss aber nicht zwingend durch eine Un- terbrechung, die unabhängig vom Willen der Parteien eintritt, Rechnung getragen werden. Eine ausreichende Überlegungszeit kann regelmäßig auch durch die Gewährung von Fristverlängerungen (§ 224 Abs. 2 ZPO) und Terminsverlegungen (§ 227 Abs. 1 Satz 1 ZPO) erreicht werden. Galke Wellner Pauge Stöhr von Pentz
LG Landshut, Entscheidung vom 31.05.2010 - 23 O 2478/09 -
OLG München, Entscheidung vom 22.12.2010 - 20 U 3526/10 -
(1) Für Klagen aus dem Versicherungsvertrag oder der Versicherungsvermittlung ist auch das Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Versicherungsnehmer zur Zeit der Klageerhebung seinen Wohnsitz, in Ermangelung eines solchen seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Für Klagen gegen den Versicherungsnehmer ist dieses Gericht ausschließlich zuständig.
(2) § 33 Abs. 2 der Zivilprozessordnung ist auf Widerklagen der anderen Partei nicht anzuwenden.
(3) Eine von Absatz 1 abweichende Vereinbarung ist zulässig für den Fall, dass der Versicherungsnehmer nach Vertragsschluss seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt aus dem Geltungsbereich dieses Gesetzes verlegt oder sein Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt im Zeitpunkt der Klageerhebung nicht bekannt ist.
(1) Auf Verfahren, die bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit eingeleitet worden sind oder deren Einleitung bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit beantragt wurde, sind weiter die vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden. Auf Abänderungs-, Verlängerungs- und Aufhebungsverfahren finden die vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften Anwendung, wenn die Abänderungs-, Verlängerungs- und Aufhebungsverfahren bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit eingeleitet worden sind oder deren Einleitung bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit beantragt wurde.
(2) Jedes gerichtliche Verfahren, das mit einer Endentscheidung abgeschlossen wird, ist ein selbständiges Verfahren im Sinne des Absatzes 1 Satz 1.
(3) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind auf Verfahren in Familiensachen, die am 1. September 2009 ausgesetzt sind oder nach dem 1. September 2009 ausgesetzt werden oder deren Ruhen am 1. September 2009 angeordnet ist oder nach dem 1. September 2009 angeordnet wird, die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden.
(4) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind auf Verfahren über den Versorgungsausgleich, die am 1. September 2009 vom Verbund abgetrennt sind oder nach dem 1. September 2009 abgetrennt werden, die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden. Alle vom Verbund abgetrennten Folgesachen werden im Fall des Satzes 1 als selbständige Familiensachen fortgeführt.
(5) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind auf Verfahren über den Versorgungsausgleich, in denen am 31. August 2010 im ersten Rechtszug noch keine Endentscheidung erlassen wurde, sowie auf die mit solchen Verfahren im Verbund stehenden Scheidungs- und Folgesachen ab dem 1. September 2010 die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden.
Tenor
I.
Auf die Berufung der Klägerin wird das Endurteil des Landgerichts Augsburg
II.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
III.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
Der Rechtsstreit wird unter Aufhebung des angefochtenen Urteils (Az.: 22 O 4730/13) an das Landgericht Augsburg zurückverwiesen.
Die Berufung wird zurückgewiesen.
(1) Für Klagen aus dem Versicherungsvertrag oder der Versicherungsvermittlung ist auch das Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Versicherungsnehmer zur Zeit der Klageerhebung seinen Wohnsitz, in Ermangelung eines solchen seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Für Klagen gegen den Versicherungsnehmer ist dieses Gericht ausschließlich zuständig.
(2) § 33 Abs. 2 der Zivilprozessordnung ist auf Widerklagen der anderen Partei nicht anzuwenden.
(3) Eine von Absatz 1 abweichende Vereinbarung ist zulässig für den Fall, dass der Versicherungsnehmer nach Vertragsschluss seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt aus dem Geltungsbereich dieses Gesetzes verlegt oder sein Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt im Zeitpunkt der Klageerhebung nicht bekannt ist.
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
(1) Zur Begründung eines Schuldverhältnisses durch Rechtsgeschäft sowie zur Änderung des Inhalts eines Schuldverhältnisses ist ein Vertrag zwischen den Beteiligten erforderlich, soweit nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt.
(2) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 entsteht auch durch
- 1.
die Aufnahme von Vertragsverhandlungen, - 2.
die Anbahnung eines Vertrags, bei welcher der eine Teil im Hinblick auf eine etwaige rechtsgeschäftliche Beziehung dem anderen Teil die Möglichkeit zur Einwirkung auf seine Rechte, Rechtsgüter und Interessen gewährt oder ihm diese anvertraut, oder - 3.
ähnliche geschäftliche Kontakte.
(3) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 kann auch zu Personen entstehen, die nicht selbst Vertragspartei werden sollen. Ein solches Schuldverhältnis entsteht insbesondere, wenn der Dritte in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch nimmt und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst.
(1) Für Klagen aus dem Versicherungsvertrag oder der Versicherungsvermittlung ist auch das Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Versicherungsnehmer zur Zeit der Klageerhebung seinen Wohnsitz, in Ermangelung eines solchen seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Für Klagen gegen den Versicherungsnehmer ist dieses Gericht ausschließlich zuständig.
(2) § 33 Abs. 2 der Zivilprozessordnung ist auf Widerklagen der anderen Partei nicht anzuwenden.
(3) Eine von Absatz 1 abweichende Vereinbarung ist zulässig für den Fall, dass der Versicherungsnehmer nach Vertragsschluss seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt aus dem Geltungsbereich dieses Gesetzes verlegt oder sein Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt im Zeitpunkt der Klageerhebung nicht bekannt ist.
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Memmingen
a) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 6.080,10 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.08.2013 zu bezahlen.
b) Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
3. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger 42%, die Beklagte 58%. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger 6%, die Beklagte 94%.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
5. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.
Gründe
I.
II.
(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem
- 1.
der Anspruch entstanden ist und - 2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.
(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren
- 1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und - 2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.
(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.
(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger begehrt von der Beklagten Rückzahlung geleisteter Versicherungsbeiträge einer Leibrentenversicherung.
- 2
- Diese wurde aufgrund eines Antrags des Klägers mit Vertragsbeginn zum 1. April 1998 nach dem so genannten Policenmodell des § 5a VVG in der bei Antragstellung gültigen Fassung (im Folgenden § 5a VVG a.F.) abgeschlossen. Mit dem Versicherungsschein erhielt der Kläger die Versicherungsbedingungen und eine Verbraucherinformation gemäß § 10a VVG a.F. mit Belehrung über das Widerspruchsrecht. Von April 1998 bis Mai 2008 zahlte er monatlich Prämien in Höhe von insgesamt 9.356,18 €. Mit Schreiben vom 5. Juni 2008 erklärte er den "Widerspruch gemäß § 5a VVG/den Widerspruch nach § 8 VVG, vorsorglich die Anfechtung nach § 119 BGB, hilfsweise die Kündigung". Die Beklagte bestätigte die Kündigung und zahlte dem Kläger einen Rückkaufswert von 9.331,60 €. Mit Schreiben vom 11. August 2009 wiederholte der Kläger den Widerspruch.
- 3
- Mit der im April 2011 erhobenen Klage verlangt der Kläger Rückzahlung aller auf den Vertrag geleisteten Beiträge nebst Zinsen abzüglich des bereits gezahlten Rückkaufswerts, insgesamt 4.580,82 €.
- 4
- Nach seiner Auffassung ist der Versicherungsvertrag nicht wirksam zustande gekommen. Die Widerspruchsbelehrung in der Verbraucherinformation sei mangels drucktechnischer Hervorhebung und zudem inhaltlich fehlerhaft. Auch nach Ablauf der Frist des - gegen Gemeinschaftsrecht verstoßenden - § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. habe er den Widerspruch noch erklären können.
- 5
- Die Beklagte hält den Widerspruch für verfristet und erhebt die Einrede der Verjährung.
- 6
- Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landgericht die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger das Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
- 7
- Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
- 8
- I. Dieses hat einen Prämienrückerstattungsanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung verneint. Selbst wenn mit der Übersendung der Unterlagen die 14-tägige Widerspruchsfrist nach § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. mangels ordnungsgemäßer Widerspruchsbelehrung nicht in Lauf gesetzt worden wäre, sei der Vertrag jedenfalls gemäß § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. nach Ablauf eines Jahres nach der ersten Prämienzahlung wirksam geworden.
- 9
- II. Die Revision ist begründet.
- 10
- 1. Ein - mit der Revision allein in der Hauptsacheweiterverfolgter - Anspruch auf Prämienrückzahlung aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB kann dem Kläger mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung nicht versagt werden.
- 11
- a) Nach dem für das Revisionsverfahren maßgeblichen Sachverhalt ist davon auszugehen, dass der von dem Kläger erklärte Widerspruch - ungeachtet des Ablaufs der in § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. normierten Jahresfrist - rechtzeitig war und infolgedessen der zwischen den Parteien geschlossene Versicherungsvertrag nicht wirksam zustande gekommen ist.
- 12
- aa) Das Berufungsgericht hat ebenso wie das Amtsgericht keine Feststellungen dazu getroffen, ob die in der dem Kläger mit dem Versicherungsschein übersandten Verbraucherinformation enthaltene Widerspruchsbelehrung gemäß § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. in drucktechnisch deutlicher Form hervorgehoben war.
- 13
- bb) Wenn die Widerspruchsbelehrung - was für das Revisionsverfahren zu unterstellen ist - nicht ordnungsgemäß war, bestand das Widerspruchsrecht nach Ablauf der Jahresfrist des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. und noch im Zeitpunkt der Widerspruchserklärung fort.
- 14
- Das ergibt die richtlinienkonforme Auslegung des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. auf der Grundlage der Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 19. Dezember 2013 (VersR 2014, 225). Der Senat hat mit Urteil vom 7. Mai 2014 (IV ZR 76/11, BGHZ 201, 101 Rn. 17-34) entschieden und im Einzelnen begründet, die Regelung müsse richtlinienkonform teleologisch dergestalt reduziert werden, dass sie im Anwendungsbereich der Zweiten und der Dritten Richtlinie Lebensversicherung keine Anwendung findet und für davon erfasste Lebens- und Rentenversicherungen sowie Zusatzversicherungen zur Lebensversicherung grundsätzlich ein Widerspruchsrecht fortbesteht, wenn der Versicherungsnehmer - wie hier zu unterstellen - nicht ordnungsgemäß über das Recht zum Widerspruch belehrt worden ist und/oder die Verbraucherinformation oder die Versicherungsbedingungen nicht erhalten hat.
- 15
- b) Die hilfsweise Kündigung des Versicherungsvertrages steht dem Widerspruch nicht entgegen (vgl. Senatsurteil vom 7. Mai 2014 aaO Rn. 36 m.w.N.). Ein Erlöschen des Widerspruchsrechts nach beiderseits vollständiger Leistungserbringung kommt ebenfalls nicht in Betracht (vgl. Senatsurteil vom 7. Mai 2014 aaO Rn. 37 m.w.N.).
- 16
- c) Die bereicherungsrechtlichen Rechtsfolgen der Europarechtswidrigkeit des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. sind nicht auf eine Wirkung ab Zugang des Widerspruchs (ex nunc) zu beschränken, sondern nur eine Rückwirkung entspricht dem Effektivitätsgebot (dazu im Einzelnen Senatsurteil vom 7. Mai 2014 aaO Rn. 42-44).
- 18
- Die Regelverjährung beginnt gemäß § 199 Abs. 1 BGB grundsätzlich mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Hier begann die Verjährung erst Ende 2008.
- 19
- a) Der auf Rückgewähr der Prämien gerichtete Bereicherungsanspruch entstand erst mit dem Widerspruch, den der Kläger mit Schreiben vom 5. Juni 2008 erklärte. Die Widerspruchserklärung ist entscheidend für die Entstehung des Bereicherungsanspruchs im Sinne des § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB.
- 20
- aa) In Rechtsprechung und Literatur ist streitig, ob der nach einem Widerspruch gemäß § 5a VVG a.F. geltend gemachte bereicherungsrechtliche Anspruch bereits mit jeder einzelnen Zahlung entstanden ist (so LG Wiesbaden, Urteil vom 23. Dezember 2014 - 7 S 14/14, nicht veröffentlicht , S. 5 f.; LG Heidelberg, Urteile vom 25. September 2014 - 1 S 15/13, juris Rn. 43; 1 S 8/14, juris Rn. 44; LG Aurich, Urteil vom 5. Juni 2014 - 2 O 1164/12, nicht veröffentlicht, unter III 3; Armbrüster, NJW 2014, 497, 498 und VersR 2012, 513, 522; Heyers, NJW 2014, 2619, 2622; Jacob, jurisPR-VersR 8/2014 Anm. 2 unter D) oder erst mit der Ausübung des Widerspruchsrechts (so OLG Stuttgart, Urteil vom 23. Oktober 2014 - 7 U 54/14, juris Rn. 125; OLG Düsseldorf, Hinweisbeschluss vom 12. September 2014 - I-4 U 116/13, nicht veröffentlicht, unter I 1; OLG Köln, Urteil vom 5. September 2014 - 20 U 88/14, juris Rn. 38; LG Frankfurt (Oder), Urteil vom 1. Dezember 2014 - 16 S 240/12, nicht veröffentlicht , unter II 3; LG Kiel r+s 2014, 446 Rn. 41; Koch, LMK 2014, 359159 unter 2; Reiff, r+s 2015, 105, 114).
- 21
- bb) Der Senat teilt die letztgenannte Auffassung (vgl. Senatsurteil vom 24. April 2013 - IV ZR 23/12, VersR 2013, 899 Rn. 16).
- 22
- (1) Entstanden ist ein Anspruch, sobald er im Wege der Klage geltend gemacht werden kann (BGH, Urteile vom 16. September 2010 - IX ZR 121/09, WM 2010, 2081 Rn. 22 m.w.N.; Beschluss vom 19. Dezember 1990 - VIII ARZ 5/90, BGHZ 113, 188, 191; vom 17. Februar 1971 - VIII ZR 4/70, BGHZ 55, 340, 341 m.w.N.). Voraussetzung dafür ist grundsätzlich die Fälligkeit des Anspruchs, die dem Gläubiger die Möglichkeit der Leistungsklage verschafft (BGH, Beschluss vom 19. Dezember 1990 aaO Rn. 191 f.; MünchKomm-BGB/Grothe, 6. Aufl. § 199 BGB Rn. 4; Palandt/Ellenberger, BGB 74. Aufl. § 199 BGB Rn. 3; Staudinger /Peters/Jacoby [2014], § 199 BGB Rn. 7). Der Bereicherungsanspruch wurde erst fällig, als der Kläger den Widerspruch erklärte und damit dem bis dahin schwebend unwirksamen Versicherungsvertrag (vgl.
- 23
- (2) Auch wenn während der schwebenden Unwirksamkeit (noch) kein Rechtsgrund für die Prämienzahlung des Versicherungsnehmers bestand, wurde erst durch den Widerspruch der Schwebezustand beendet und Klarheit geschaffen, dass dem Versicherer die geleisteten Prämien nicht zustanden. Erst nach der Entscheidung des Versicherungsnehmers , den Widerspruch zu erklären, stand fest, dass der Vertrag, den die Parteien bis dahin wie einen wirksamen Vertrag durchgeführt hatten, endgültig unwirksam war (so auch OLG Stuttgart, Urteil vom 23. Oktober 2014 - 7 U 54/14, juris Rn. 125; OLG Köln, Urteil vom 5. September 2014 - 20 U 88/14, juris Rn. 38; Reiff r+s 2015, 105, 114). Dies gilt auch für ein fortdauerndes Widerspruchsrecht, das demjenigen Versicherungsnehmer zusteht, der nicht oder nicht ordnungsgemäß belehrt wurde und/oder die AVB und/oder die Verbraucherinformation nicht erhalten hat. Auch wenn ihm nach Maßgabe des Senatsurteils vom 7. Mai 2014 (aaO) eine zeitlich unbegrenzte Widerspruchsmöglichkeit zustand, war von ihm spätestens bei Rückforderung der Prämien eine Erklärung abzugeben , dass er den Vertrag nicht wirksam zustande kommen lassen wollte. Ausgehend davon ist der Widerspruch als Voraussetzung für die klageweise Geltendmachung des Bereicherungsanspruchs und damit für die Entstehung des Anspruchs und den daran geknüpften Beginn der Verjährungsfrist anzusehen.
- 24
- (3) Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass der Verjährungsbeginn in das Belieben des Versicherungsnehmers gestellt werde. Insoweit ist die Beurteilung nicht anders als in dem Fall vorzunehmen, in dem die Entstehung des Anspruchs von einer Anfechtung, einem Rücktritt (vgl. hierzu Senatsurteil vom 17. Dezember 2014 - IV ZR 260/11, r+s 2015, 60 Rn. 34) oder einer Kündigung abhängt. Auch da beginnt die Verjährung erst mit der wirksamen Erklärung.
- 25
- b) Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners - der Beklagten - im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB hatte der Kläger jedenfalls im Zeitpunkt der Widerspruchserklärung, so dass die Verjährung mit dem Schluss des Jahres 2008 begann. Vor Ablauf der dreijährigen Verjährungsfrist Ende 2011 erhob der Kläger die Klage im April 2011.
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- 3. Der Höhe nach umfasst der Rückgewähranspruch nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB nicht uneingeschränkt alle gezahlten Prämien. Vielmehr muss sich der Versicherungsnehmer bei der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung den jedenfalls bis zur Kündigung des Vertrages genossenen Versicherungsschutz anrechnen lassen. Der Wert des Versicherungsschutzes kann unter Berücksichtigung der Prämienkalkulation bemessen werden; bei Lebensversicherungen kann etwa dem Risikoanteil Bedeutung zukommen (Senatsurteil vom 7. Mai 2014 aaO Rn. 45 m.w.N.).
- 27
- Da es auch hierzu an Feststellungen fehlt, ist der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Es wird den Parteien Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag zu geben haben (vgl. Senatsurteil vom 7. Mai 2014 aaO Rn. 46).
Lehmann Dr. Brockmöller
Vorinstanzen:
AG Stuttgart, Entscheidung vom 01.07.2011- 3 C 1079/11 -
LG Stuttgart, Entscheidung vom 18.04.2012- 5 S 173/11 -
(1) Für Klagen aus dem Versicherungsvertrag oder der Versicherungsvermittlung ist auch das Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Versicherungsnehmer zur Zeit der Klageerhebung seinen Wohnsitz, in Ermangelung eines solchen seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Für Klagen gegen den Versicherungsnehmer ist dieses Gericht ausschließlich zuständig.
(2) § 33 Abs. 2 der Zivilprozessordnung ist auf Widerklagen der anderen Partei nicht anzuwenden.
(3) Eine von Absatz 1 abweichende Vereinbarung ist zulässig für den Fall, dass der Versicherungsnehmer nach Vertragsschluss seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt aus dem Geltungsbereich dieses Gesetzes verlegt oder sein Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt im Zeitpunkt der Klageerhebung nicht bekannt ist.
(1) Das zuständige Gericht wird durch das im Rechtszug zunächst höhere Gericht bestimmt:
- 1.
wenn das an sich zuständige Gericht in einem einzelnen Fall an der Ausübung des Richteramtes rechtlich oder tatsächlich verhindert ist; - 2.
wenn es mit Rücksicht auf die Grenzen verschiedener Gerichtsbezirke ungewiss ist, welches Gericht für den Rechtsstreit zuständig sei; - 3.
wenn mehrere Personen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, als Streitgenossen im allgemeinen Gerichtsstand verklagt werden sollen und für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begründet ist; - 4.
wenn die Klage in dem dinglichen Gerichtsstand erhoben werden soll und die Sache in den Bezirken verschiedener Gerichte belegen ist; - 5.
wenn in einem Rechtsstreit verschiedene Gerichte sich rechtskräftig für zuständig erklärt haben; - 6.
wenn verschiedene Gerichte, von denen eines für den Rechtsstreit zuständig ist, sich rechtskräftig für unzuständig erklärt haben.
(2) Ist das zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht der Bundesgerichtshof, so wird das zuständige Gericht durch das Oberlandesgericht bestimmt, zu dessen Bezirk das zuerst mit der Sache befasste Gericht gehört.
(3) Will das Oberlandesgericht bei der Bestimmung des zuständigen Gerichts in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen, so hat es die Sache unter Begründung seiner Rechtsauffassung dem Bundesgerichtshof vorzulegen. In diesem Fall entscheidet der Bundesgerichtshof.
(1) Das Berufungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden.
(2) Das Berufungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszuges nur zurückverweisen,
- 1.
soweit das Verfahren im ersten Rechtszuge an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist, - 2.
wenn durch das angefochtene Urteil ein Einspruch als unzulässig verworfen ist, - 3.
wenn durch das angefochtene Urteil nur über die Zulässigkeit der Klage entschieden ist, - 4.
wenn im Falle eines nach Grund und Betrag streitigen Anspruchs durch das angefochtene Urteil über den Grund des Anspruchs vorab entschieden oder die Klage abgewiesen ist, es sei denn, dass der Streit über den Betrag des Anspruchs zur Entscheidung reif ist, - 5.
wenn das angefochtene Urteil im Urkunden- oder Wechselprozess unter Vorbehalt der Rechte erlassen ist, - 6.
wenn das angefochtene Urteil ein Versäumnisurteil ist oder - 7.
wenn das angefochtene Urteil ein entgegen den Voraussetzungen des § 301 erlassenes Teilurteil ist
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.