Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Beschluss, 19. Nov. 2013 - L 2 AS 355/12 B

ECLI:ECLI:DE:LSGST:2013:1119.L2AS355.12B.0A
19.11.2013

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

I.

1

Die Kläger und Beschwerdeführer wenden sich im Beschwerdeverfahren gegen die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für ein beim Sozialgericht Halle (SG) anhängiges Klageverfahren.

2

In dem anhängigen Klageverfahren begehren die Kläger für den Zeitraum von 1. November 2011 bis 30. April 2012 höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) als sie ihnen für diesen Zeitraum mit Bescheiden vom 22. September 2011 und 17. November 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. November 2011 bewilligt worden sind.

3

Die am ... 1973 geborene Klägerin zu 1. und der am ... 1972 geborene Kläger zu 2. leben in einer Partnerschaft zusammen. Der am 1998 geborene Kläger zu 3. ist der Sohn der Klägerin zu 1. und lebt mit dieser und ihrem Partner zusammen; er ist Schüler. Der Beklagte bewilligte den Klägern mit Bescheid vom 22. September 2011 für den Zeitraum vom 1. November 2011 bis zum 30. April 2012 laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und zwar für die Klägerin zu 1. Arbeitslosengeld II (Alg II) in Höhe von monatlich 435,89 EUR, für den Kläger zu 2. Alg II in Höhe von monatlich 435,90 EUR und für den Kläger zu 3. Sozialgeld in Höhe von monatlich 174,90 EUR. Dabei berücksichtigte der Beklagte bei der Klägerin zu 1. und dem Kläger zu 2. jeweils als Regelbedarf monatlich 328,00 EUR und beim Kläger zu 3. monatlich 251,00 EUR. Als monatlichen Bedarf für Unterkunft und Heizung berücksichtigte der Beklagte entsprechend der tatsächlich anfallenden Aufwendungen bei den Klägern jeweils ein Drittel, wobei rechnerisch auf die Klägerin zu 1. monatlich 107,89 EUR und auf die Kläger zu 2. und 3. monatlich 107,90 EUR entfielen. Bei dem Kläger zu 3. rechnete der Beklagte das für ihn bewilligte Kindergeld in Höhe von monatlich 184,00 EUR als Einkommen an. Gegen den Bewilligungsbescheid erhoben die anwaltlich vertretenen Kläger am 27. Oktober 2011 Widerspruch, der nicht begründet wurde.

4

Der Beklagte teilte mit einem Bescheid vom 17. November 2012 mit, der Kläger zu 3. erhalte die Leistungen zur Ausstattung mit persönlichem Schulbedarf zum 1. Februar 2012 ohne weiteren Antrag rechtzeitig ausgezahlt und wies den Widerspruch bei Übernahme von 1/10 der notwendigen Aufwendungen im Widerspruchsverfahren im Übrigen zurück. Die Kläger haben am 19. Dezember 2011 Klage beim SG erhoben und mit anwaltlichem Schriftsatz vom 20. April 2012 den Antrag gestellt, ihnen PKH für das Klageverfahren zu bewilligen. Zur Begründung der Klage haben sie ausgeführt, die ab dem 1. Januar 2011 geltenden Neuregelungen zur Höhe des Regelbedarfs entsprächen nicht den vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) gemachten Vorgaben. Die den Neuregelungen zugrunde liegende Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) 2008 biete keine taugliche Grundlage für die Ermittlung der Bedarfe.

5

Das SG hat die Bewilligung von PKH mit Beschluss vom 24. Mai 2012 abgelehnt und zur Begründung ausgeführt: Die Klage habe keine hinreichenden Erfolgsaussichten. Es reiche für die Bejahung von Erfolgsaussichten nicht aus, wenn die Verfassungswidrigkeit der anzuwendenden Bestimmungen zur Höhe der Regelbedarfe gerügt werde. Bezüglich der für die Zeit bis Ende 2010 maßgeblichen Regelsätze habe sich die verfassungsrechtliche Kritik gegen das Verfahren zu deren Bestimmung gerichtet. Es sei nicht damit zu rechnen, dass sich bei einer verfassungsrechtlichen Überprüfung der Neuregelungen höhere Ansprüche für die Kläger ergeben könnten.

6

Die Kläger haben gegen den ihnen am 30. Mai 2012 zugestellten Beschluss am 14. Juni 2012 Beschwerde erhoben und zur Begründung vorgetragen: Im Hinblick auf die gerügte Verfassungswidrigkeit der Neuregelungen zur Bestimmung der Regelbedarfe bestünde die gute Möglichkeit eines Obsiegens der Kläger, so dass PKH zu bewilligen sei.

7

Die Kläger beantragen sinngemäß,

8

den Beschluss des Sozialgerichts Halle vom 24. Mai 2012 aufzuheben und ihnen für das vor dem Sozialgericht Halle geführte Klageverfahren Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter Beiordnung von Rechtsanwalt S. zu bewilligen. Der Beklagte hat sich zur Beschwerde nicht geäußert.

9

Für weitere Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten nebst PKH-Heft verwiesen. Die Akten haben vorgelegen und sind vom Senat bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt worden.

II.

10

Die Beschwerde ist form- und fristgerecht eingelegt worden. Ein Beschwerdeausschluss greift nicht ein.

11

Die Beschwerde ist aber nicht begründet. Das SG hat zu Recht die Voraussetzungen für die Bewilligung von PKH verneint.

12

Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung eine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Als hinreichend sind die Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung einzuschätzen, wenn der Erfolg in der Hauptsache zwar nicht gewiss, eine Erfolgschance jedoch nicht unwahrscheinlich ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. März 1990 - 2 BvR 94/88 - NJW 1991, 413). Prozesskostenhilfe kommt dagegen nicht in Betracht, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 17. Februar 1998 - B 13 RJ 83/97 R - SozR 3-1500 § 62 Nr. 19).

13

Für die von den Klägern erhobene Klage kann nur eine entfernte Erfolgschance angenommen werden. Die Kläger haben keine Einwendungen gegen die Berechnung des Beklagten vorgebracht. Solche sind auch für den Senat nicht ersichtlich. Die Unterkunftsbedarfe sind unter Berücksichtigung der tatsächlichen Aufwendungen bewilligt worden. Die Anrechnung des Kindergelds als bedarfsminderndes Einkommen des Klägers zu 3. erfolgt auf der Grundlage des § 11 Abs. 1 Satz 4 SGB II.

14

Es ist auch nicht zu beanstanden, dass der Beklagte für den Kläger zu 3. mit Bescheid vom 17. November 2012 Leistungen zur Ausstattung mit persönlichem Schulbedarf noch nicht betragsmäßig bewilligt, sondern eine Leistungsgewährung zum 1. Februar 2012 ohne weiteren Antrag verbunden mit einer rechtzeitig Auszahlung nur zugesagt hat. Denn nach § 28 Abs. 3 SGB II in der ab dem 1. Januar 2011 geltenden Fassung durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (RBEG) vom 24. März 2011 (BGBl. I S. 453) werden für die Ausstattung mit persönlichem Schulbedarf bei Schülerinnen und Schüler 70 EUR zum 1. August und 30 EUR zum 1. Februar eines jeden Jahres berücksichtigt.

15

Eine hinreichende Erfolgsaussicht der Klage ergibt sich auch nicht im Hinblick auf die Rüge der Verfassungswidrigkeit der Höhe der Regelbedarfe und des Sozialgelds. Es besteht lediglich eine nur theoretische Möglichkeit, dass das BVerfG im Rahmen einer Verfassungsbeschwerde die Höhe der Regelbedarfe seit dem 1. Januar 2011 als "evident unzureichend" und als unvereinbar mit dem Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums gemäß Art. Abs. 1 Grundgesetz (GG) i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG bewerten könnte. Das gleiche gilt für die Frage, ob im Rahmen einer Verfassungsbeschwerde das BVerfG die Neufestsetzung der Regelbedarfe für die Zeit ab dem 1. Januar 2011 als unvereinbar mit dem Grundgesetz wegen methodischer Mängel bei der Ermittlung der Bedarfshöhe feststellen könnte. Der Senat verweist insofern auf die ausführlichen Ausführungen hierzu im Beschluss vom 15. März 2013 - L 2 AS 606/12 B - (zugänglich über juris).

16

Das BVerfG hat im Urteil vom 9. Februar 2010 (1 BvL 1/09 u.a. - BVerfGE 125, 175, hier zitiert nach juris) umfangreiche Ausführungen zur Höhe der Regelsätze und zum Verfahren zu deren Bestimmung gemacht und festgestellt: Der Grundsicherungsanspruch lasse sich nur dem Grunde nach und nicht in der Höhe aus der Verfassung ableiten, so dass es eines Parlamentsgesetzes für die konkrete Festlegung bedürfe. Bei der Bestimmung des Umfangs der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts komme dem Gesetzgeber ein Gestaltungsspielraum zu, der die Beurteilung der tatsächlichen Verhältnisse ebenso wie die wertende Einschätzung des notwendigen Bedarfs umfasse. Mit Rücksicht auf den gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum beschränke sich die materielle Kontrolle des BVerfG darauf, ob die Leistungen evident unzureichend seien (BVerfG, a. a. O., Rdn. 136 ff.). Bezogen auf die konkret zur Überprüfung gestellten Bestimmungen zur Regelsatzhöhe in § 20 Abs. 2 1. Halbsatz und Abs. 3 Satz 2 SGB II in der Fassung durch das Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 (BGBl. I, S. 558) hat das BVerfG ausgeführt, es lasse sich nicht feststellen, dass die festgesetzten Leistungen zur Sicherstellung eines menschenwürdigen Existenzminimums evident unzureichend seien (BVerfG, a. a. O, Rdn. 146). Das BVerfG hat die von ihm zu beurteilenden Regelungen zur Festsetzung des Regelbedarfs aus anderen Gründen für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt: Das vom Gesetzgeber zur Bestimmung der Regelleistung gewählte Verfahren sei (zwar) im Grundsatz geeignet, die zur Sicherung eines menschenwürdigen Existenzminimums notwendigen Leistungen zu bemessen. Der Gesetzgeber sei jedoch bei der Ermittlung von den Strukturprinzipien des selbst gewählten Statistikmodells ohne sachliche Rechtfertigung und damit in verfassungswidriger Weise abgewichen (BVerfG, am oben angegeben Ort, Rdn. 170 ff.). Ausgehend davon hat das BVerfG in seiner Entscheidung mit Gesetzeskraft festgestellt, dass der Gesetzgeber bis spätestens zum 31. Dezember 2010 eine Neuregelung zu treffen habe und die überprüften Regelungen nur bis zu dem genannten Datum weiter anwendbar seien. Der Gesetzgeber hat die erforderliche Neuregelung rückwirkend durch die ab dem 1. Januar 2011 geltende Neuregelung im Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des SGB II und SGB XII (RBEG) vom 24. März 2011 (BGBl. I S. 453) getroffen, wobei die neu festgesetzten Beträge über den alten liegen. Zudem ist rückwirkend zum 1. Januar 2011 eine ergänzende faktische Erhöhung durch die Herausnahme des Bedarfs für die Aufbereitung von Warmwasser aus dem Regelbedarf erfolgt. Denn dieser Bedarf wird nun (zusätzlich) bei einer Versorgung der Wohnung mit Fernwärme im Rahmen des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II beim Heizungsbedarf berücksichtigt bzw. es wird nach § 21 Abs. 7 SGB II ein Mehrbedarf anerkannt, soweit Warmwasser durch in der Unterkunft installierte Vorrichtungen (Durchlauferhitzer, Boiler) erzeugt wird. Daraus kann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gefolgert werden, dass das BVerfG im Falle einer materiellen Überprüfung der Neuregelung wieder zum Ergebnis kommen wird, es lasse sich nicht feststellen, dass die festgesetzten Leistungen zur Sicherstellung eines menschenwürdigen Existenzminimums evident unzureichend seien. Daraus folgt auch, dass es auszuschließen ist, dass das BVerfG selbst für die Zeit bis zum Inkrafttreten einer dem Gesetzgeber aufgegebenen Neuregelung eine Regelung zur Höhe der Regelbedarfe nach dem SGB II treffen wird. Denn dass das BVerfG solche Regelungen selbst für die Höhe der Leistungsberechtigten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) zu gewährenden Leistungen getroffen hatte, beruhte darauf, dass es die Höhe der nach § 3 AsylbLG zu gewährenden Geldleistungen als evident unzureichend beurteilt hat, weil sie seit dem Jahre 1993 nicht verändert worden waren (BVerfG, Urteil vom 18. Juli 2012 - 2 BvL 10/10 u. a., zitiert nach Juris).

17

Die Möglichkeit, dass das BVerfG die durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des SGB II und SGB XII vom 24. März 2011 (BGBl. I, S. 453) getroffenen Regelungen wieder wegen eines methodisch unzureichenden Vorgehens bei der Ermittlung der Regelsatzhöhe als mit der Verfassung unvereinbar beurteilt und dem Gesetzgeber aufgibt, innerhalb einer bestimmten Frist, innerhalb derer die Regelungen weiter gelten, eine Neuregelung zu schaffen, ist allenfalls eine entfernte. Dies gilt auch für die Möglichkeit, dass das BVerfG dann bestimmen würde, dass eine solche Neuregelung rückwirkend zum 1. Januar 2011 in Kraft zu treten habe, weil nach den Vorgaben der zitierten Entscheidung des BVerfG vom 9. Februar 2010 eine solche Regelung schon zu diesem Zeitpunkt hätte vorliegen sollen. Nicht schon allein der Umstand, dass das Verfahren zur Ermittlung der Regelbedarfe selbst komplex und kompliziert ist und dass teilweise die Verfassungswidrigkeit der neuen Ermittlung angenommen wird (vgl. u.a. Prof. Dr. Münder, in: Sonderheft Soziale Sicherheit September 2011, Seite 63 ff.), führt dazu, dass für auf diese Argumentation gestützte Klagen PKH zu bewilligen ist. Nach Auffassung des Senats lässt sich bei einer an dem oben aufgezeigten Prüfungsmaßstab für die Feststellung der hinreichenden Erfolgsaussichten ausgerichteten Beurteilung feststellen, dass die Möglichkeit, dass auch die Neuregelung wegen verfassungsrechtlich relevanter methodischer Mängel als nicht verfassungskonform zu beurteilen ist, eine nur ganz vage und fernliegende ist, so dass die hinreichenden Erfolgsaussichten zu verneinen sind. Die Kritik an der Neuregelung vermag keine durchgreifenden Zweifel zu begründen, weil die von den Kritikern vorgenommene Beurteilung der Neuregelung als verfassungswidrig nicht aus den vom BVerfG formulierten Kriterien abgeleitet wird, sondern sie die Neuregelungen an eigenen Wertungsgesichtspunkten messen. So stellt das SG Berlin, das die Neuregelung für nicht vereinbar mit der Verfassung hält und deshalb dem BVerfG im Wege der konkreten Normenkontrolle zu Überprüfung vorgelegt (Beschluss vom 25. April 2012 - S 55 AS 9238/12 - hier zitiert nach Juris, Rdn. 90 ff) darauf ab, die Heranziehung der Referenzgruppe der unteren 15% der Alleinstehenden-Haushalte für die Ableitung der Bedarfe für Alleinstehende sei fehlerhaft. Diese Feststellung beruht letztlich auf einer die Verfassungswidrigkeit der Neuregelung nicht überzeugend in Frage stellenden Wertung. Die Begrenzung der Basis selbst ist transparent und auch nicht willkürlich. Denn bei der Heranziehung einer Vergleichsgruppe im Rahmen einer statistischen Erhebung ist es stets erforderlich, eine Begrenzung vorzunehmen. Methodisch fehlerhaft wäre die Begrenzung auf die unteren 15% der Alleinstehenden-Haushalte nur, wenn belegt wäre, dass dies als Basis für aussagekräftige Schlüsse nicht ausreichend ist. Dies ist aber nicht belegt. Der Gesetzgeber konnte aufgrund der Menge der ausgewerteten Haushalte von einem ausreichenden Stichprobenumfang ausgehen. (vgl. dazu Siebel-Huffmann in Groth/Luik/Siebel-Huffmann: Das neue Grundsicherungsrecht, 2011, Rdn. 232 ff). Auch der Einwand, die unterbliebene Herausnahme der "verdeckt Armen" aus der herangezogenen Vergleichsgruppe, falle ins Gewicht und führe zu einem verfälschten Ergebnis (vgl. dazu Münder in LPK-SGB II, 4. Auflage, Anhang zu § 20 - § 10 RBEG Rdnr. 7), überzeugt nicht. Das BVerfG hat im Zusammenhang mit seiner Bewertung der Ermittlungsmethode ausdrücklich ausgeführt, es sei vertretbar, dass der Gesetzgeber darauf verzichtet habe, den Anteil "versteckt armer" Haushalte auf empirisch unsicherer Basis zu schätzen und auf diese Weise das monatliche Nettoeinkommen, das den Grenzwert für die Bestimmung der Referenzgruppe bilde, höher festzusetzen (Urteil vom 9. Februar 2010 – a.a.O.) hier zitiert nach juris, Rdnr. 169). Im Hinblick auf die in diesem Zusammenhang vom BVerfG aufgezeigte Pflicht zur Fortentwicklung des Bedarfsermittlungssystems hat der Gesetzgeber dazu Regelungen in § 10 des RBEG geschaffen (vgl. dazu Münder in LPK-SGB II, 4. Auflage, Anhang zu § 20 - § 10 RBEG Rdnr. 1 ff). Zu dem gleichen Ergebnis wie der erkennende Senat kommt auch das BSG, das sich ausführlich mit der Verfassungsmäßigkeit der Neuermittlung des Regelbedarfs für Alleinstehende befasst (Urteil des BSG vom 12. Juli 2012 - B 14 AS 153/11 R, hier zitiert nach Juris) und ausgeführt hat, die Neuregelung führe weder zu einem evident verfassungswidrigen Ergebnis noch sei die zugrundeliegende Ermittlung in methodischer Hinsicht mit den aus der Verfassung abgeleiteten Vorgaben des BVerfG an den Gesetzgeber unvereinbar. Der Gesetzgeber habe den Umfang des konkreten Anspruchs in einem sachgerechten und transparenten Verfahren ermittelt. Das BSG geht wie schon vorher das BVerfG davon aus, dass das Statistikmodell grundsätzlich eine geeignete Grundlage für die Feststellung der Bedarfe ist, die das menschenwürdige Existenzminimum umfassen. Innerhalb dieses Ansatzes habe der Gesetzgeber ausgehend von der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) 2008 die Referenzgruppe anhand der unteren Einkommensgruppen bestimmt, ohne seinen gesetzgeberischen Spielraum zu überschreiten. Die Datengrundlage sei ausreichend valide. Bei Vergrößerung des Referenzgruppenumfangs der Einpersonenhaushalte ließe sich die Zahl der Ausklammerungen mit hohem statistischen Unsicherheitsgrad kaum vermindern. Der Gesetzgeber habe folgerichtig die Haushalte ausgeklammert, in denen Leistungsberechtigte lebten. Im Hinblick auf Personen, die einen Anspruch auf Leistungen zur Grundsicherung oder auf Hilfe zum Lebensunterhalt hätten, ihn aber (als "verdeckt Arme") nicht geltend machten, bestehe keine Verpflichtung zur Entwicklung einer weitergehenden Abgrenzungssystematik. Auch nicht überzeugend seien die methodischen Einwände dagegen, dass bei der neuen Bedarfsfestsetzung im Anschluss an die statistische Bedarfsermittlung Kürzungen einzelner Positionen vorgenommen worden sind (u.a. bei den Ausgaben für Verkehr, alkoholische Getränke, Mahlzeiten in Gaststätten und Kantinen, Schnittblumen). Nach Auffassung des SG Berlin (in der oben zitierten Entscheidung, Rdnr. 112 ff) hat der Gesetzgeber hierbei den Aspekt der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben unzureichend gewürdigt. Die Auffassung des SG Berlin beruht aber letztlich auf einer Wertung. Diese kann nicht an die Stelle der wertenden Entscheidung des Gesetzgebers treten, was für die Sicherstellung des gebotenen Mindestmaßes zur Teilhabe am sozialen Leben erforderlich ist. Der Senat sieht sich auch bezogen auf diesen Komplex in Übereinstimmung mit dem BSG, das in den Gründen des Urteils vom 12. Juli 2012 ausgeführt hat: Die begründete Herausnahme einzelner Positionen bei der Ermittlung des Verbrauchs sei dabei nicht zu beanstanden. Im Ergebnis habe der Gesetzgeber mit dem Ausschluss bzw. der Kürzung einzelner Verbrauchspositionen seinen Spielraum nicht überschritten. Allein das Verbrauchsverhalten der Referenzgruppe könne nicht den absoluten Maßstab für das Existenzminimum bilden. Das BSG hat sich auch mit den Gründen der Entscheidung des SG Berlin (Beschluss vom 25. April 2012 - S 55 AS 9238/12, hier zitiert nach juris) und den Stimmen in der Literatur auseinander gesetzt, die ausführen, der Gesetzgeber habe bei der Neuermittlung der Regelbedarfe seinen Gestaltungsspielraum überschritten und ausgeführt, dass sich die angenommenen Einschränkungen für den Gesetzgeber nicht aus der Verfassung ableiten ließen. Die gegen diese Entscheidung des BSG gerichtete Verfassungsbeschwerde hat das BVerfG nicht zur Entscheidung angenommen und nach § 93d Abs. 1 Satz 3 Bundesverfassungsgerichtsgesetz (BVerfGG) bei einstimmiger Entscheidung von einer Begründung abgesehen (Kammerbeschluss vom 20. November 2012 - 1 BvR 2203/12).

18

Auch gegen die Höhe des für den Kläger zu 3. im Rahmen des Sozialgeldes berücksichtigten Regelbedarfs in Höhe von 251,00 EUR ergeben sich keine durchgreifenden Bedenken. Das BVerfG hatte im Urteil vom 9. Februar 2010 den damals einheitlichen Betrag für Kinder bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres i.H.v. 207 EUR/Monat ebenfalls nicht als offensichtlich unzureichend angesehen (BVerfG, Urteil vom 9. Februar 2010, a.a.O., Rdnr. 155). In methodischer Hinsicht hatte das BVerfG bemängelt, dass der Gesetzgeber für die Festsetzung der bis Ende des Jahres 2010 maßgeblichen Regelsätze für Kinder bis zu 18. Jahren ohne empirische und methodische Fundierung die Regelleistung für Alleinstehende mit einem Abschlag zugrunde gelegt hatte (BVerfG, a.a.O., Rdnr. 155). Die Ermittlung der grundsicherungsrelevanten Bedarfe für Kinder bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres ist nun im Rahmen der Neuregelung durch das RBEG auf anderer Grundlage erfolgt. Das Statistische Bundesamt hat auf der Grundlage der von einer hierfür eingesetzten Arbeitsgruppe ermittelten und festgelegten Verteilungsschlüssel modellhaft für alle Haushalte mit Kindern auf Basis der EVS 1998 und 2003 eine Verteilung der Haushaltsaufgaben auf Kinder und Erwachsene vorgenommen und die entsprechenden Werte ermittelt (BT-Drs. 17/3404, S. 64 ff.). Der Senat schließt sich der Auffassung des BSG (Urteil vom 28. März 2013 - B 4 AS 12/12 R, zitiert nach juris Rdnr. 38 ff.) an, wonach es sich bei der Methode des Verteilungsschlüssels nach den vorliegenden Erkenntnissen um ein transparentes und nachvollziehbares Verfahren auf wissenschaftlicher Grundlage handelt und im einzelnen erhobene Einwände gegen die Bedarfsermittlung nicht durchgreifen. Das BSG hatte sich in seiner Entscheidung, bei der der Bedarf für ein Kind unter sechs Jahren zu beurteilen war, nicht mit der Frage auseinanderzusetzen, ob die Herausnahme von "sonstigen Verbrauchsgütern" (u.a. Schreibwaren und Zeichenmaterial) in der Abteilung 09 der EVS für Kinder von 6 bis 17 Jahren Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Neuregelung für Kinder dieser Altersgruppe begründet. Die Nichtberücksichtigung dieser Positionen bei der Ermittlung des Regelbedarfs erfolgte vor dem Hintergrund, dass mit Wirkung zum 1. Januar 2011 Ansprüche auf Leistungen für Bildung und Teilhabe nach § 28 SGB II eingeführt worden waren. Gegen diese Regelung wird der Einwand vorgebracht, der Schulausstattungsbedarf nach § 28 Abs. 3 SGB II - wie ihn der Beklagte für den Kläger dem Grunde nach anerkannt hat – sei lediglich freihändig geschätzt und empirisch nicht nachgewiesen. Nach Auffassung des Senats vermag auch dies aber keine durchgreifenden Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Neuregelung zu begründen. Es ist zu beachten, dass nach der Auswertung der EVS 2008 die wegen der Berücksichtigung im neuen § 28 Abs. 3 SGB II nicht beim Regelbedarf berücksichtigten Positionen für Kinder von 6 bis 17 Jahren je nach Altersstufe monatlich zwischen 1,19 EUR und 2,86 EUR liegen (siehe BT-Drs. 17/304, S. 105; BT-Drs. 17/3982, S. 3 f.). Mit dem nach § 28 Abs. 3 SGB II im Jahr berücksichtigten Betrag von insgesamt 100,00 EUR für den Schulbedarf ergibt sich somit eine Leistung, die über dem empirisch ermittelten Bedarf liegt. Deshalb ist die Neuregelung insgesamt als verfassungsrechtlich unproblematisch zu beurteilen (so auch Luik in Eicher, SGB II, 3. Aufl., § 28 Rdnr. 28).

19

Die zur Verneinung der hinreichenden Erfolgsaussichten führenden Gesichtspunkte waren so auch schon vor der hier zitierten Entscheidung des BSG vom 28. März 2013 - B 4 AS 12/12 R - bekannt bzw. erkennbar. Deshalb kam die PKH-Bewilligung auch schon zum Zeitpunkt der Entscheidung des SG nicht in Betracht. Im Übrigen kann im Hinblick auf die alleinige Kompetenz der BVerfG zur verbindlichen Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit von Bundesgesetzen in dieser Hinsicht eine Entscheidung des BSG auch keine Zäsur darstellen, weil dadurch keine Klärung der Rechtsfrage eintritt.

20

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nach § 202 SGG in Verbindung mit § 127 Abs. 4 ZPO nicht zu erstatten.

21

Dieser Beschluss ist nach § 177 SGG unanfechtbar.


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(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

(1) Als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen in Geld abzüglich der nach § 11b abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a genannten Einnahmen sowie Einnahmen, die nach anderen Vorschriften des Bundesrechts nicht als Einkommen im Sinne dieses Buches zu berücksichtigen sind. Dies gilt auch für Einnahmen in Geldeswert, die im Rahmen einer Erwerbstätigkeit, des Bundesfreiwilligendienstes oder eines Jugendfreiwilligendienstes zufließen. Als Einkommen zu berücksichtigen sind auch Zuflüsse aus darlehensweise gewährten Sozialleistungen, soweit sie dem Lebensunterhalt dienen. Der Kinderzuschlag nach § 6a des Bundeskindergeldgesetzes ist als Einkommen dem jeweiligen Kind zuzurechnen. Dies gilt auch für das Kindergeld für zur Bedarfsgemeinschaft gehörende Kinder, soweit es bei dem jeweiligen Kind zur Sicherung des Lebensunterhalts, mit Ausnahme der Bedarfe nach § 28, benötigt wird.

(2) Einnahmen sind für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Dies gilt auch für Einnahmen, die an einzelnen Tagen eines Monats aufgrund von kurzzeitigen Beschäftigungsverhältnissen erzielt werden.

(3) Würde der Leistungsanspruch durch die Berücksichtigung einer als Nachzahlung zufließenden Einnahme, die nicht für den Monat des Zuflusses erbracht wird, in diesem Monat entfallen, so ist diese Einnahme auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig aufzuteilen und monatlich ab dem Monat des Zuflusses mit einem entsprechenden monatlichen Teilbetrag zu berücksichtigen.

(1) Bedarfe für Bildung und Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft werden bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen neben dem Regelbedarf nach Maßgabe der Absätze 2 bis 7 gesondert berücksichtigt. Bedarfe für Bildung werden nur bei Personen berücksichtigt, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, eine allgemein- oder berufsbildende Schule besuchen und keine Ausbildungsvergütung erhalten (Schülerinnen und Schüler).

(2) Bei Schülerinnen und Schülern werden die tatsächlichen Aufwendungen anerkannt für

1.
Schulausflüge und
2.
mehrtägige Klassenfahrten im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen.
Für Kinder, die eine Tageseinrichtung besuchen oder für die Kindertagespflege geleistet wird, gilt Satz 1 entsprechend.

(3) Für die Ausstattung von Schülerinnen und Schülern mit persönlichem Schulbedarf ist § 34 Absatz 3 und 3a des Zwölften Buches mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass der nach § 34 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 3a des Zwölften Buches anzuerkennende Bedarf für das erste Schulhalbjahr regelmäßig zum 1. August und für das zweite Schulhalbjahr regelmäßig zum 1. Februar zu berücksichtigen ist.

(4) Bei Schülerinnen und Schülern, die für den Besuch der nächstgelegenen Schule des gewählten Bildungsgangs auf Schülerbeförderung angewiesen sind, werden die dafür erforderlichen tatsächlichen Aufwendungen berücksichtigt, soweit sie nicht von Dritten übernommen werden. Als nächstgelegene Schule des gewählten Bildungsgangs gilt auch eine Schule, die aufgrund ihres Profils gewählt wurde, soweit aus diesem Profil eine besondere inhaltliche oder organisatorische Ausgestaltung des Unterrichts folgt; dies sind insbesondere Schulen mit naturwissenschaftlichem, musischem, sportlichem oder sprachlichem Profil sowie bilinguale Schulen, und Schulen mit ganztägiger Ausrichtung.

(5) Bei Schülerinnen und Schülern wird eine schulische Angebote ergänzende angemessene Lernförderung berücksichtigt, soweit diese geeignet und zusätzlich erforderlich ist, um die nach den schulrechtlichen Bestimmungen festgelegten wesentlichen Lernziele zu erreichen. Auf eine bestehende Versetzungsgefährdung kommt es dabei nicht an.

(6) Bei Teilnahme an einer gemeinschaftlichen Mittagsverpflegung werden die entstehenden Aufwendungen berücksichtigt für

1.
Schülerinnen und Schüler und
2.
Kinder, die eine Tageseinrichtung besuchen oder für die Kindertagespflege geleistet wird.
Für Schülerinnen und Schüler gilt dies unter der Voraussetzung, dass die Mittagsverpflegung in schulischer Verantwortung angeboten wird oder durch einen Kooperationsvertrag zwischen Schule und Tageseinrichtung vereinbart ist. In den Fällen des Satzes 2 ist für die Ermittlung des monatlichen Bedarfs die Anzahl der Schultage in dem Land zugrunde zu legen, in dem der Schulbesuch stattfindet.

(7) Für die Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft werden pauschal 15 Euro monatlich berücksichtigt, sofern bei Leistungsberechtigten, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, tatsächliche Aufwendungen entstehen im Zusammenhang mit der Teilnahme an

1.
Aktivitäten in den Bereichen Sport, Spiel, Kultur und Geselligkeit,
2.
Unterricht in künstlerischen Fächern (zum Beispiel Musikunterricht) und vergleichbare angeleitete Aktivitäten der kulturellen Bildung und
3.
Freizeiten.
Neben der Berücksichtigung von Bedarfen nach Satz 1 können auch weitere tatsächliche Aufwendungen berücksichtigt werden, wenn sie im Zusammenhang mit der Teilnahme an Aktivitäten nach Satz 1 Nummer 1 bis 3 entstehen und es den Leistungsberechtigten im Einzelfall nicht zugemutet werden kann, diese aus den Leistungen nach Satz 1 und aus dem Regelbedarf zu bestreiten.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

I.

1

Die Klägerin wendet sich gegen die Ablehnung ihres Antrages auf Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) für eine Klage auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II).

2

Die am ... 1958 geborene Klägerin bezieht Arbeitslosengeld II (Alg II) als laufende Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Der Beklagte ist der örtlich und sachlich zuständige Träger zur Erbringung dieser Leistungen.

3

Für den Zeitraum vom 1. Juni 2011 bis zum 30. November 2011 bewilligte der Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 4. Mai 2011 für die Monate Juni, Juli, August, September und Oktober 2011 jeweils Arbeitslosengeld II (Alg II) in Höhe von monatlich 685,65 EUR und für den Monat November 2011 nur in Höhe von 588,65 EUR. Ausweislich der dem Bescheid beigefügten Berechnungsbögen berücksichtigte der Beklagte für die Monate Juni, Juli, August, September und Oktober 2011 jeweils die Regelleistung in Höhe von 364,00 EUR und die monatlichen Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlich anfallenden Aufwendungen von 321,65 EUR (200,00 EUR Grundmiete, 22,65 EUR Nebenkostenpauschale, 36,00 EUR Abschlagszahlung für Kaltwasser und Abwasser sowie 61,00 EUR Abschlagzahlung für die Versorgung mit Fernwärme und Heißwasser). Der geringere Leistungsbetrag für den Monat November 2011 ergab sich daraus, dass der Beklagte für diesen Monat bei den Aufwendungen für Unterkunft und Heizung keine Abschlagzahlungen berücksichtigte. Nach den vorgelegten Unterlagen waren die Abschlagszahlungen von zusammen monatlich 97,00 EUR mit Ausnahme für den Monat November 2011 von der Klägerin an das Versorgungsunternehmen Stadtwerke M. GmbH zu zahlen. Für den Monat November 2011 waren keine Abschlagszahlungen vereinbart worden, weil das Versorgungsunternehmen jeweils im November eines Jahres die Endabrechnung vornimmt und in diesem Monat dann den sich daraus ergebenden Nachzahlungs- oder Guthabensbetrag ausweist. Bei der für das Jahr 2011 später im November 2011 vom Versorgungsunternehmen dann erstellten Abrechnung ergab sich dabei für die Klägerin ein Guthabensbetrag von 12,09 EUR, den der Beklagte leistungsmindernd bei den von ihm berücksichtigten Leistungen für Unterkunft und Heizung für den Monat Dezember 2011, den Anfangsmonat des hier nicht streitigen folgenden Bewilligungsabschnitts, berücksichtigte. Der Bewilligungszeitraum von Dezember 2011 bis Mai 2012 ist Gegenstand des Klageverfahrens S 5 AS 7182/11. Die Gerichtsakte nebst PKH-Heft zu diesem Verfahren ist vom Senat in dem Beschwerdeverfahren L 2 AS 616/12 B beigezogen worden.

4

Die Klägerin erhob gegen die Leistungsbewilligung Widerspruch, den der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19. September 2011 zurückwies.

5

Die Klägerin hat sodann am 18. Oktober 2011 Klage beim Sozialgericht Halle (SG) erhoben und den sinngemäßen Klageantrag angekündigt, den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 4. Mai 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. September 2011 zu verurteilen, für die Zeit vom 1. Juni 2011 bis zum 30. November 2011 Alg II in gesetzlicher Höhe zu zahlen. Zur Begründung hat sie zunächst sinngemäß vorgetragen, auch für November 2011 hätten Abschlagszahlungen berücksichtigt werden müssen, weil ein Verbrauch angefallen und die Wohnung ohne Beheizung nicht nutzbar sei. Zugleich mit der Klageerhebung hat die Klägerin den Antrag gestellt, ihr für das Klageverfahren PKH ohne Ratenzahlung unter Beiordnung von Rechtsanwältin R.-K. zu bewilligen. Die ausgefüllte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Kläger ist am 16. November 2011 bei Gericht eingegangen. Der Beklagte hat in seiner Erwiderung darauf verwiesen, dass die für November 2011 nicht berücksichtigten Abschlagszahlungen in diesem Monat auch nicht angefallen seien. Auf die daraufhin erfolgte schriftliche Anregung der Kammervorsitzenden, die Klage und den PKH-Antrag zurückzunehmen, hat die Klägerin vortragen lassen: Die für die Zeit ab dem 1. Januar 2011 neu vorgenommene Festsetzung der Regelsätze sei verfassungswidrig und ihr stünden höhere Leistungen zu. Sie hat nunmehr den Antrag angekündigt, ihr Leistungen in verfassungsgemäßer Höhe zu gewähren. Die der neuen Festsetzung der Regelleistung zugrunde liegende Ermittlung des Regelbedarfs genüge nicht den Vorgaben, die das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) dem Gesetzgeber gemacht habe. So seien bei der Erhebung zur Feststellung der Verbrauchsausgaben Haushalte von "verdeckten Armen" nicht herausgerechnet worden. Es sei auch zu bemängeln, dass von den Einzelpersonenhaushalten nur die "unteren 15%" und von den Familienhaushalten "die unteren 20%" herangezogen worden seien. Es sei nicht mehr gewährleistet, dass die relevanten sozialen Gruppen angemessen in der ermittelten Datenbasis vertreten seien. Bei dem zugrunde gelegten Statistikmodell sei dieses mit einem Warenkorbmodell vermischt worden. Aus dem Bedarf seien eine Vielzahl von Positionen herausgestrichen worden. Wegen der weitergehenden umfangreichen Ausführungen wird auf den Inhalt des Schriftsatzes der Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 7. März 2012 (Blatt 23 bis 67 der Klageakte) Bezug genommen.

6

Das SG hat die Bewilligung von PKH mit Beschluss vom 17. Juli 2012 abgelehnt und in den Gründen ausgeführt: Es fehlten die für die Bewilligung von PKH erforderlichen hinreichenden Erfolgsaussichten. Gegen die vom Gesetzgeber vorgenommene Neufestsetzung der Regelsätze bestünden keine Bedenken, die die Kammer veranlassen könnten, das BVerfG im Wege der konkreten Normenkontrolle anzurufen. Wegen der genauen Begründung wird auf die Ausführungen in dem Beschluss (Blatt 68 bis 70 der Klageakte) verwiesen.

7

Die Klägerin hat gegen den ihr am 20. Juli 2012 zugestellten Beschluss am 20. August 2012 Beschwerde erhoben und ausgeführt: Das BVerfG habe in einer neuen Entscheidung festgestellt, dass das Asylbewerberleistungsgesetz verfassungswidrig sei und zugleich angeordnet, dass höhere Leistungen zu erbringen seien. Es habe somit – was nicht erwartet worden sei – eine eigene Entscheidung zur Leistungshöhe getroffen. Dass eine solche Entscheidung auch bezogen auf die Höhe der Regelsätze nach dem SGB II nicht ausgeschlossen werden könne, genüge für die Bejahung der für die Bewilligung von PKH erforderlichen hinreichenden Erfolgsaussichten. Es bestehe kein Anspruch bzw. keine Verpflichtung dahingehend, dass sie ihr Verfahren ruhen lasse. Sie wolle ihr Verfahren gegebenenfalls selbst "bis zum Bundesverfassungsgericht durchziehen".

8

Die Klägerin beantragt sinngemäß, den Beschluss des Sozialgerichts Halle vom 17. Juli 2012 aufzuheben und ihr für das Klageverfahren rückwirkend Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin R.-K zu bewilligen.

9

Der Beklagte hat sich zu der Beschwerde nicht geäußert.

10

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und das PKH-Heft verwiesen.

II.

11

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Sie ist fristgerecht im Sinne des § 173 S. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) erhoben und auch im Übrigen zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat die Erfolgsaussichten der Klage im Ergebnis zu Recht verneint.

12

Gemäß § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit den §§ 114 ff. der Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Als hinreichend sind die Erfolgsaussichten einzuschätzen, wenn der Erfolg in der Hauptsache zwar nicht gewiss, eine Erfolgschance jedoch nicht unwahrscheinlich ist (vgl. Bundesverfassungsgericht – BVerfG – v. 13. März 1990 - 2 BvR 94/88, hier zitiert nach juris). Prozesskostenhilfe kommt jedoch nicht in Betracht, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht gänzlich ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist (Bundessozialgericht – BSG – Urteil vom 17. Februar 1989 - B 13 RJ 83/97 R, SozR 1500, § 72 Nr. 19). Die Entscheidung, ob Erfolgsaussichten bestehen, trifft mithin das Gericht auf Grundlage einer objektiven Prüfung.

13

Nach diesen Maßstäben sind hinreichende Erfolgsaussichten für das von der Klägerin mit ihrer Klage verfolgte Begehren zu verneinen. Die Klage ist zwar zulässig, aber ihr Erfolg unwahrscheinlich. Die Prüfung der Erfolgsaussichten richtet sich nach dem Gegenstand der Klage. Die Klage umfasst hier die Anfechtung des Bewilligungsbescheides des Beklagten vom 4. Mai 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. September 2011 verbunden mit dem Leistungsbegehren, der Klägerin für den Zeitraum vom 1. Juni 2011 bis zum 30. November 2011 höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu bewilligen. Es liegt somit eine Anfechtungs- und Leistungsklage i.S.d. § 54 Abs. 1 und 4 SGG vor.

14

Der angefochtene Verwaltungsakt ist nach den im Streitfall anzuwendenden Normen des einfachen Rechts nicht zu beanstanden. Die Klägerin hat für den streitigen Zeitraum Anspruch auf Alg II nur in der bewilligten Höhe. Dabei ist für die hilfebedürftige, erwerbsfähige Klägerin, die allein in ihrem Haushalt lebt, nach § 20 Abs. 2 SGB II in der ab dem 1. Januar 2011 anzuwendenden Fassung durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des SGB II und SGB XII (Regelbedarfs-ermittlungs-Gesetz) vom 24. März 2011 (BGBl. I, S. 453) ein monatlicher Regelbedarf in Höhe von 364,00 EUR zu berücksichtigen. Dass die Klägerin Anspruch auf die Berücksichtigung eines Mehrbedarfs nach § 21 SGB II haben könnte, ist von ihr weder vorgetragen worden noch sind sonst Anhaltspunkte dafür ersichtlich. Die Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden gem. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Hiervon ausgehend kann nach § 22 SGB II als Bedarf niemals mehr anerkannt werden, als tatsächlich an Aufwendungen dafür angefallen ist. Der Beklagte hat Leistungen in dieser Höhe bewilligt und erbracht. Das Vorbringen der Klägerin, für den Monat November 2011 seien von ihr zu zahlende Abschläge nicht berücksichtigt worden, beruhte offensichtlich auf einem Irrtum und wird von ihr nicht weiterverfolgt.

15

Ein höherer Regelleistungsbedarf ergibt sich für die Klägerin auch nicht aus der Verfassung. Der Senat verkennt hierbei nicht, dass in der Regel Erfolgsaussichten zu bejahen sind, wenn sich in dem Rechtsstreit rechtliche und speziell verfassungsrechtliche Fragen von erheblicher Tragweite stellen (vgl. BVerfG v. 10.12.2001 - 1 BvR 1803/97 – zitiert nach Juris Rn. 11). Dies gilt aber dann nicht, wenn sich die Fragen schon aus bereits ergangener Rechtsprechung des BVerfG beantworten lassen und sich anhand dieser Rechtssprechung feststellen lässt, dass hinreichende Erfolgsaussichten zu verneinen sind. Dies ist hier – bezogen auf die Festsetzung des Regelleistungsbedarfs für erwachsene Leistungsberechtigte – nach der Auffassung des Senats der Fall. Ob die Neuregelung auch der speziellen Bedarfsproblematik bei Kindern und Jugendlichen gerecht wird, bedarf einer gesonderten, eingehenden Prüfung.

16

Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit von Bewilligungsentscheidungen bzw. Rückforderungen von Leistungen nach dem SGB II ist die Höhe der Regelleistungen von zentraler Bedeutung, weil die Regelleistungen das soziokulturelle Existenzminimum abbilden und den Leistungsberechtigten durch dessen Sicherstellung ein Leben unter menschenwürdigen Bedingungen sichern sollen. Das BVerfG hat ausgeführt (Urteil vom 9. Februar 2010 – 1 BvL 1/09 u.a. – BVerfGE 125, 175, hier zitiert nach juris), dass das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG) in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG jedem Hilfebedürftigen diejenigen materiellen Voraussetzungen zusichert, die für eine physische Existenz und ein Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen und politischen Leben unerlässlich sind. In dieser Entscheidung hat das BVerfG aber auch festgestellt, dass sich der Grundsicherungsanspruch nur dem Grunde nach und nicht in der Höhe aus der Verfassung ableiten lasse und dass es eines Parlamentsgesetzes für die konkrete Festlegung bedürfe. Bei der Bestimmung des Umfangs der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts komme dem Gesetzgeber ein Gestaltungsspielraum zu, der die Beurteilung der tatsächlichen Verhältnisse ebenso wie die wertende Einschätzung des notwendigen Bedarfs umfasse. Mit Rücksicht auf den gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum beschränke sich die materielle Kontrolle des BVerfG darauf, ob die Leistungen evident unzureichend seien (BVerfG, am oben angegeben Ort, Rdn. 136 ff.). Bezogen auf die konkret zur Überprüfung gestellten Bestimmungen zur Regelsatzhöhe in § 20 Abs. 2 1. Halbsatz und Abs. 3 Satz 2 SGB II in der Fassung durch das Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 (BGBl. I, S. 558) hat das BVerfG ausgeführt, es lasse sich nicht feststellen, dass die festgesetzten Leistungen zur Sicherstellung eines menschenwürdigen Existenzminimums evident unzureichend seien (BVerfG, am oben angegebenen Ort, Rdn. 146). Das BVerfG hat die von ihm zu beurteilenden Regelungen zur Festsetzung des Regelbedarfs aus anderen Gründen für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt: Das vom Gesetzgeber zur Bestimmung der Regelleistung gewählte Verfahren sei (zwar) im Grundsatz geeignet, die zur Sicherung eines menschenwürdigen Existenzminimums notwendigen Leistungen zu bemessen. Der Gesetzgeber sei jedoch bei der Ermittlung von den Strukturprinzipien des selbst gewählten Statistikmodells ohne sachliche Rechtfertigung und damit in verfassungswidriger Weise abgewichen (BVerfG, am oben angegeben Ort, Rdn. 170 ff.). Ausgehend davon hat das BVerfG in seiner Entscheidung mit Gesetzeskraft festgestellt, dass der Gesetzgeber bis spätestens zum 31. Dezember 2010 eine Neuregelung zu treffen habe und die überprüften Regelungen nur bis zu dem genannten Datum weiter anwendbar seien. Der Gesetzgeber hat die rückwirkend ab dem 1. Januar 2011 geltende Neuregelung im Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des SGB II und SGB XII vom 24. März 2011 (BGBl. I, S. 453) getroffen. Daraus ergibt sich die für die Klägerin maßgebliche Festsetzung der Höhe der Regelleistung mit monatlich 364,00 EUR. Dieser Betrag liegt deutlich über der vom BVerfG überprüften Regelsatzfestlegung für alleinstehende erwerbsfähige erwachsene Hilfebedürftige mit monatlich 345,00 EUR. Darüber hinaus ist rückwirkend zum 1. Januar 2011 eine ergänzende faktische Erhöhung durch die Herausnahme des Bedarfs für die Aufbereitung von Warmwasser aus dem Regelbedarf erfolgt; dieser Bedarf wird nun bei einer Versorgung der Wohnung mit Fernwärme im Rahmen des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II mit beim Heizungsbedarf berücksichtigt bzw. es wird nach § 21 Abs. 7 SGB II ein Mehrbedarf anerkannt, soweit Warmwasser durch in der Unterkunft installierte Vorrichtungen (Durchlauferhitzer, Boiler) erzeugt wird. Es kann hier auch ohne genaue Erhebung zur zwischenzeitlichen Entwicklung der allgemeinen Lebenskosten angenommen werden, dass die ab dem 1. Januar 2011 wirksamen Neureglungen eine Besserstellung der Leistungsberechtigten bewirken. Daraus kann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gefolgert werden, dass das BVerfG im Falle einer materiellen Überprüfung der Neuregelung wieder zum Ergebnis kommen wird, es lasse sich nicht feststellen, dass die festgesetzten Leistungen zur Sicherstellung eines menschenwürdigen Existenzminimums evident unzureichend seien. Daraus folgt auch, dass es auszuschließen ist, dass das BVerfG selbst für die Zeit bis zum Inkrafttreten einer dem Gesetzgeber aufgegebenen Neuregelung eine Regelung zur Höhe der Regelleistungen nach dem SGB II treffen wird. Denn dass das BVerfG solche Regelungen selbst für die Höhe der Asylbewerbern nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu gewährenden Leistungen getroffen hatte, beruhte darauf, dass es die Höhe der nach § 3 Asylbewerberleistungsgesetz zu gewährenden Geldleistungen als evident unzureichend beurteilt hat, weil sie seit dem Jahre 1993 nicht verändert worden waren (BVerfG, Urteil vom 18. Juli 2012 - 2 BvL 10/10 und 1 BvL 2/11, zitiert nach Juris).

17

Die Möglichkeit, dass das BVerfG die durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des SGB II und SGB XII vom 24. März 2011 (BGBl. I, S. 453) getroffenen Regelungen wieder wegen eines methodisch unzureichenden Vorgehens bei der Ermittlung der Regelsatzhöhe als mit der Verfassung unvereinbar beurteilt und dem Gesetzgeber aufgibt, innerhalb einer bestimmten Frist, innerhalb derer die Regelungen weiter gelten, eine Neuregelung zu schaffen, ist allenfalls eine entfernte. Dies gilt auch für die Möglichkeit, dass das BVerfG dann bestimmen würde, dass eine solche Neuregelung rückwirkend zum 1. Januar 2011 in Kraft zu treten habe, weil nach den Vorgaben der zitierten Entscheidung des BVerfG vom 9. Februar 2010 eine solche Regelung schon zu diesem Zeitpunkt hätte vorliegen sollen. Nicht schon allein der Umstand, dass das Verfahren zur Ermittlung der Regelsatzhöhe selbst komplex und kompliziert ist und dass teilweise die Verfassungswidrigkeit der neuen Ermittlung angenommen wird (vgl. u.a. Prof. Dr. Münder, in: Sonderheft Soziale Sicherheit September 2011, Seite 63 ff.), führt dazu, dass für auf diese Argumentation gestützte Klagen PKH zu bewilligen ist. Nach Auffassung des Senats lässt sich bei einer an dem oben aufgezeigten Prüfungsmaßstab für die Feststellung der hinreichenden Erfolgsaussichten ausgerichteten Beurteilung feststellen, dass die Möglichkeit, dass auch die Neuregelung wegen verfassungsrechtlich relevanter methodischer Mängel als nicht verfassungskonform zu beurteilen ist, eine nur ganz vage und fernliegende ist, so dass die hinreichenden Erfolgsaussichten zu verneinen sind. Die Kritik an der Neuregelung vermag keine durchgreifenden Zweifel zu begründen, weil die von den Kritikern vorgenommene Beurteilung der Neuregelung als verfassungswidrig nicht aus den vom BVerfG formulierten Kriterien abgeleitet wird, sondern sie die Neuregelungen an eigenen Wertungsgesichtspunkten messen.

18

So stellt das Sozialgericht Berlin, das die Neuregelung für nicht vereinbar mit der Verfassung hält und deshalb dem BVerfG im Wege der konkreten Normenkontrolle zu Überprüfung vorgelegt (Beschluss vom 25. April 2012 – S 55 AS 9238/12, hier zitiert nach Juris, Rdn. 90 ff) darauf ab, die Heranziehung der Referenzgruppe der unteren 15% der Alleinstehenden-Haushalte für die Ableitung der Bedarfe für Alleinstehende sei fehlerhaft. Diese Feststellung beruht letztlich auf einer die Verfassungswidrigkeit der Neuregelung nicht überzeugend in Frage stellenden Wertung. Die Begrenzung der Basis selbst ist transparent und auch nicht willkürlich. Denn bei der Heranziehung einer Vergleichsgruppe im Rahmen einer statistischen Erhebung ist es stets erforderlich, eine Begrenzung vorzunehmen. Methodisch fehlerhaft wäre die Begrenzung auf die unteren 15% der Alleinstehenden-Haushalte nur, wenn belegt wäre, dass dies als Basis für aussagekräftige Schlüsse nicht ausreichend ist. Dies ist aber nicht belegt. Der Gesetzgeber konnte aufgrund der Menge der ausgewerteten Haushalte von einem ausreichenden Stichprobenumfang ausgehen. (vgl. dazu Siebel-Huffmann in Groth/Luik/Siebel-Huffmann: Das neue Grundsicherungsrecht, 2011, Rdn. 232 ff). Auch der Einwand, die unterbliebene Herausnahme der "verdeckt Armen" aus der herangezogenen Vergleichsgruppe, falle ins Gewicht und führe zu einem verfälschten Ergebnis (vgl. dazu Münder in LPK-SGB II, 4. Auflage, Anhang zu § 20 - § 10 RBEG Rdnr. 7), überzeugt nicht. Das BVerfG hat im Zusammenhang mit seiner Bewertung der Ermittlungsmethode ausdrücklich ausgeführt, es sei vertretbar, dass der Gesetzgeber darauf verzichtet habe, den Anteil "versteckt armer" Haushalte auf empirisch unsicherer Basis zu schätzen und auf diese Weise das monatliche Nettoeinkommen, das den Grenzwert für die Bestimmung der Referenzgruppe bilde, höher festzusetzen (Urteil vom 9. Februar 2010 – 1 BvL 1/09 u.a. – BVerfGE 125, 175, hier zitiert nach juris, Rdnr. 169). Im Hinblick auf die in diesem Zusammenhang vom BVerfG aufgezeigte Pflicht zur Fortentwicklung des Bedarfsermittlungssystems hat der Gesetzgeber dazu Regelungen in § 10 des Regelbedarfs-Ermittlungsgesetzes geschaffen (vgl. dazu Münder in LPK-SGB II, 4. Auflage, Anhang zu § 20 - § 10 RBEG Rdnr. 1 ff).

19

Zu dem gleichen Ergebnis wie der erkennende Senat kommt auch das BSG, das sich ausführlich mit der Verfassungsmäßigkeit der Neuermittlung des Regelbedarfs für Alleinstehende befasst (Urteil des BSG vom 12. Juli 2012 – B 14 AS 153/11 R, hier zitiert nach Juris) und ausgeführt hat, die Neuregelung führe weder zu einem evident verfassungswidrigen Ergebnis noch sei die zugrundeliegende Ermittlung in methodischer Hinsicht mit den aus der Verfassung abgeleiteten Vorgaben des BVerfG an den Gesetzgeber unvereinbar. Der Gesetzgeber habe den Umfang des konkreten Anspruchs in einem sachgerechten und transparenten Verfahren ermittelt. Das BSG geht wie schon vorher das BVerfG davon aus, dass das Statistikmodell grundsätzlich eine geeignete Grundlage für die Feststellung der Bedarfe ist, die das menschenwürdige Existenzminimum umfassen. Innerhalb dieses Ansatzes habe der Gesetzgeber ausgehend von der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) 2008 die Referenzgruppe anhand der unteren Einkommensgruppen bestimmt, ohne seinen gesetzgeberischen Spielraum zu überschreiten. Die Datengrundlage sei ausreichend valide. Bei Vergrößerung des Referenzgruppenumfangs der Einpersonenhaushalte ließe sich die Zahl der Ausklammerungen mit hohem statistischen Unsicherheitsgrad kaum vermindern. Der Gesetzgeber habe folgerichtig die Haushalte ausgeklammert, in denen Leistungsberechtigte lebten. Im Hinblick auf Personen, die einen Anspruch auf Leistungen zur Grundsicherung oder auf Hilfe zum Lebensunterhalt hätten, ihn aber (als "verdeckt Arme") nicht geltend machten, bestehe keine Verpflichtung zur Entwicklung einer weitergehenden Abgrenzungssystematik.

20

Auch nicht überzeugend sind die methodischen Einwände dagegen, dass bei der neuen Bedarfsfestsetzung im Anschluss an die statistische Bedarfsermittlung Kürzungen einzelner Positionen vorgenommen worden sind (u.a. bei den Ausgaben für Verkehr, alkoholische Getränke, Mahlzeiten in Gaststätten und Kantinen, Schnittblumen). Nach Auffassung des SG Berlin (in der oben zitierten Entscheidung, Rdnr. 112 ff) habe der Gesetzgeber hierbei den Aspekt der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben unzureichend gewürdigt. Die Auffassung des SG Berlin beruht aber letztlich auf einer Wertung. Diese kann nicht an die Stelle der wertenden Entscheidung des Gesetzgebers treten, was für die Sicherstellung des gebotenen Mindestmaßes zur Teilhabe am sozialen Leben erforderlich ist. Der Senat sieht sich auch bezogen auf diesen Komplex in Übereinstimmung mit dem BSG, das in den Gründen des Urteils vom 12. Juli 2012 ausgeführt hat: Die begründete Herausnahme einzelner Positionen bei der Ermittlung des Verbrauchs sei dabei nicht zu beanstanden. Im Ergebnis habe der Gesetzgeber mit dem Ausschluss bzw. der Kürzung einzelner Verbrauchspositionen seinen Spielraum nicht überschritten. Allein das Verbrauchsverhalten der Referenzgruppe könne nicht den absoluten Maßstab für das Existenzminimum bilden. Das BSG hat sich auch mit den Gründen der Entscheidung des Sozialgerichts Berlin (Beschluss vom 25. April 2012 – S 55 AS 9238/12, hier zitiert nach juris) und den Stimmen in der Literatur auseinander gesetzt, die ausführen, der Gesetzgeber habe bei der Neuermittlung der Regelbedarfe seinen Gestaltungsspielraum überschritten und ausgeführt, dass sich die angenommenen Einschränkungen für den Gesetzgeber nicht aus der Verfassung ableiten ließen. Die gegen diese Entscheidung des BSG gerichtete Verfassungsbeschwerde hat das BVerfG nicht zur Entscheidung angenommen und nach § 93d Abs. 1 Satz 3 Bundesverfassungsgerichtsgesetz (BVerfGG) bei einstimmiger Entscheidung von einer Begründung abgesehen (Kammerbeschluss vom 20. November 2012 – 1 BvR 2203/12 u. a.).

21

Nach alledem sind hinreichende Erfolgsaussichten für das Klagebegehren zu verneinen. Die gilt auch schon bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidungsreife des PKH-Antrags mit Eingang der Erklärung über die wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse der Klägerin nebst Anlagen beim SG am 16. November 2011, denn seither hat sich weder die Sach- noch die Rechtslage verändert.

22

Die Kostenentscheidung beruht auf § 73a SGG i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO.

23

Der Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.


(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

(1) Mehrbedarfe umfassen Bedarfe nach den Absätzen 2 bis 7, die nicht durch den Regelbedarf abgedeckt sind.

(2) Bei werdenden Müttern wird nach der zwölften Schwangerschaftswoche bis zum Ende des Monats, in welchen die Entbindung fällt, ein Mehrbedarf von 17 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt.

(3) Bei Personen, die mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern zusammenleben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen, ist ein Mehrbedarf anzuerkennen

1.
in Höhe von 36 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Bedarfs, wenn sie mit einem Kind unter sieben Jahren oder mit zwei oder drei Kindern unter 16 Jahren zusammenleben, oder
2.
in Höhe von 12 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Bedarfs für jedes Kind, wenn sich dadurch ein höherer Prozentsatz als nach der Nummer 1 ergibt, höchstens jedoch in Höhe von 60 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Regelbedarfs.

(4) Bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten mit Behinderungen, denen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 49 des Neunten Buches mit Ausnahme der Leistungen nach § 49 Absatz 3 Nummer 2 und 5 des Neunten Buches sowie sonstige Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben oder Eingliederungshilfen nach § 112 des Neunten Buches erbracht werden, wird ein Mehrbedarf von 35 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt. Satz 1 kann auch nach Beendigung der dort genannten Maßnahmen während einer angemessenen Übergangszeit, vor allem einer Einarbeitungszeit, angewendet werden.

(5) Bei Leistungsberechtigten, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, wird ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt.

(6) Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht; bei einmaligen Bedarfen ist weitere Voraussetzung, dass ein Darlehen nach § 24 Absatz 1 ausnahmsweise nicht zumutbar oder wegen der Art des Bedarfs nicht möglich ist. Der Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht.

(6a) Soweit eine Schülerin oder ein Schüler aufgrund der jeweiligen schulrechtlichen Bestimmungen oder schulischen Vorgaben Aufwendungen zur Anschaffung oder Ausleihe von Schulbüchern oder gleichstehenden Arbeitsheften hat, sind sie als Mehrbedarf anzuerkennen.

(7) Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit Warmwasser durch in der Unterkunft installierte Vorrichtungen erzeugt wird (dezentrale Warmwassererzeugung) und deshalb keine Bedarfe für zentral bereitgestelltes Warmwasser nach § 22 anerkannt werden. Der Mehrbedarf beträgt für jede im Haushalt lebende leistungsberechtigte Person jeweils

1.
2,3 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs nach § 20 Absatz 2 Satz 1 oder Satz 2 Nummer 2, Absatz 3 oder 4,
2.
1,4 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs nach § 20 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 oder § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten im 15. Lebensjahr,
3.
1,2 Prozent des Regelbedarfs nach § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten vom Beginn des siebten bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres oder
4.
0,8 Prozent des Regelbedarfs nach § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres.
Höhere Aufwendungen sind abweichend von Satz 2 nur zu berücksichtigen, soweit sie durch eine separate Messeinrichtung nachgewiesen werden.

(8) Die Summe des insgesamt anerkannten Mehrbedarfs nach den Absätzen 2 bis 5 darf die Höhe des für erwerbsfähige Leistungsberechtigte maßgebenden Regelbedarfs nicht übersteigen.

(1) Leistungsberechtigte nach § 1 erhalten Leistungen zur Deckung des Bedarfs an Ernährung, Unterkunft, Heizung, Kleidung, Gesundheitspflege und Gebrauchs- und Verbrauchsgütern des Haushalts (notwendiger Bedarf). Zusätzlich werden ihnen Leistungen zur Deckung persönlicher Bedürfnisse des täglichen Lebens gewährt (notwendiger persönlicher Bedarf).

(2) Bei einer Unterbringung in Aufnahmeeinrichtungen im Sinne von § 44 Absatz 1 des Asylgesetzes wird der notwendige Bedarf durch Sachleistungen gedeckt. Kann Kleidung nicht geleistet werden, so kann sie in Form von Wertgutscheinen oder anderen vergleichbaren unbaren Abrechnungen gewährt werden. Gebrauchsgüter des Haushalts können leihweise zur Verfügung gestellt werden. Der notwendige persönliche Bedarf soll durch Sachleistungen gedeckt werden, soweit dies mit vertretbarem Verwaltungsaufwand möglich ist. Sind Sachleistungen für den notwendigen persönlichen Bedarf nicht mit vertretbarem Verwaltungsaufwand möglich, können auch Leistungen in Form von Wertgutscheinen, von anderen vergleichbaren unbaren Abrechnungen oder von Geldleistungen gewährt werden.

(3) Bei einer Unterbringung außerhalb von Aufnahmeeinrichtungen im Sinne des § 44 Absatz 1 des Asylgesetzes sind vorbehaltlich des Satzes 3 vorrangig Geldleistungen zur Deckung des notwendigen Bedarfs zu gewähren. Anstelle der Geldleistungen können, soweit es nach den Umständen erforderlich ist, zur Deckung des notwendigen Bedarfs Leistungen in Form von unbaren Abrechnungen, von Wertgutscheinen oder von Sachleistungen gewährt werden. Der Bedarf für Unterkunft, Heizung und Hausrat sowie für Wohnungsinstandhaltung und Haushaltsenergie wird, soweit notwendig und angemessen, gesondert als Geld- oder Sachleistung erbracht. Absatz 2 Satz 3 ist entsprechend anzuwenden. Der notwendige persönliche Bedarf ist vorbehaltlich des Satzes 6 durch Geldleistungen zu decken. In Gemeinschaftsunterkünften im Sinne von § 53 des Asylgesetzes kann der notwendige persönliche Bedarf soweit wie möglich auch durch Sachleistungen gedeckt werden.

(4) Bedarfe für Bildung und Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft werden bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen neben den Leistungen nach den Absätzen 1 bis 3 entsprechend den §§ 34, 34a und 34b des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch gesondert berücksichtigt. Die Regelung des § 141 Absatz 5 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch gilt entsprechend.

(5) Leistungen in Geld oder Geldeswert sollen der oder dem Leistungsberechtigten oder einem volljährigen berechtigten Mitglied des Haushalts persönlich ausgehändigt werden. Stehen die Leistungen nicht für einen vollen Monat zu, wird die Leistung anteilig erbracht; dabei wird der Monat mit 30 Tagen berechnet. Geldleistungen dürfen längstens einen Monat im Voraus erbracht werden. Von Satz 3 kann nicht durch Landesrecht abgewichen werden.

(6) (weggefallen)

Tenor

Die Sprungrevision der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 10. Januar 2012 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander auch für das Revisionsverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Gewährung höherer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Zeitraum vom 1.5. bis zum 31.10.2011, insbesondere darüber, ob die Höhe des Regelbedarfs verfassungsgemäß bestimmt worden ist.

2

Der Kläger zu 1 lebt mit der Klägerin zu 2 und dem am 15.10.2009 geborenen gemeinsamen Sohn, dem Kläger zu 3, in einer Mietwohnung in D. Für diese Unterkunft fallen Kosten in Höhe von monatlich 285 Euro Grundmiete zuzüglich Nebenkosten in Höhe von monatlich 110 Euro sowie Kosten für Heizung in Höhe von monatlich 100 Euro als Vorauszahlung an. Zudem sind nach dem Mietvertrag monatlich 40 Euro für Strom an den Vermieter zu überweisen.

3

Mit begünstigendem Änderungsbescheid vom 12.5.2011 bewilligte der Beklagte den Klägern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe von monatlich 1182 Euro unter Berücksichtigung eines monatlichen Regelbedarfs der Kläger zu 1 und zu 2 in Höhe von je 328 Euro sowie für den Kläger zu 3 in Höhe von 215 Euro abzüglich des gezahlten Kindergelds in Höhe von 184 Euro als Einkommen (= 31 Euro). Leistungen für Unterkunft und Heizung erbrachte er in Höhe von insgesamt 495 Euro monatlich, nach Köpfen aufgeteilt. Daneben verfügte der Beklagte die direkte Überweisung der Unterkunftsaufwendungen sowie von 40 Euro für Stromkosten - aus dem Regelbedarf - an den Vermieter. Den Widerspruch der Kläger gegen die Höhe der bewilligten Leistungen wies der Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 24.6.2011 zurück.

4

Die am 5.7.2011 erhobene Klage ist erfolglos geblieben (Urteil vom 10.1.2012). Zur Begründung hat das SG ausgeführt, dass den Klägern keine höheren Ansprüche auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II zustünden. Der im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung erst zweijährige Kläger zu 3, der weder eine Schule noch einen Kindergarten besuche, beanspruche keine Leistungen aus dem "Bildungspaket" der Abs 2 bis 7 des § 28 SGB II. Ein Anspruch auf Leistungen für Mehrbedarfe sei ebenfalls nicht gegeben. Die Kosten für Unterkunft und Heizung übernehme der Beklagte in tatsächlicher Höhe. Das vom Kläger zu 1 erzielte Einkommen in Höhe von 56,35 Euro sei vom Beklagten zutreffend nicht berücksichtigt worden. Die Kläger zu 1 und zu 2 seien gesetzlich krankenversichert, der Kläger zu 3 familienversichert. Grundrechte seien durch die Höhe der gewährten Leistungen nicht verletzt, insbesondere nicht Art 1 Abs 1 GG iVm Art 20 Abs 1 GG. Nach Wegfall eines Abzugs für die Warmwasserpauschale und der Berücksichtigung von Bedarfen der Kinder und Jugendlichen sei eine Verfassungswidrigkeit der Leistungshöhe nicht festzustellen. Das SG hat in seinem Urteil die Sprungrevision zugelassen.

5

Mit ihrer Revision rügen die Kläger die Verfassungswidrigkeit der Neuregelung der Regelbedarfe durch das zum 1.1.2011 in Kraft getretene Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des SGB II und SGB XII (vom 24.3.2011, BGBl I 453 - im Weiteren RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG). Die Regelungen genügten nicht den Anforderungen, welche sich aus Art 1 Abs 1 GG iVm Art 20 Abs 1 GG und dem hierzu ergangenen Urteil des BVerfG vom 9.2.2010 ergäben. Für die Bemessung der Regelbedarfsstufe 1 nach § 8 Abs 1 Nr 1 RBEG seien teilweise unzutreffende Referenzgruppen ("verdeckt Arme") in die Berechnung der Bedarfshöhe einbezogen worden bzw relevante Referenzgruppen ("Aufstockerhaushalte", Leistungsberechtigte nach AsylbLG, BAföG) außer Betracht geblieben. Entgegen den Vorgaben des BVerfG seien die Referenzgruppen auch in quantitativer Hinsicht unzutreffend bestimmt worden. Das Verfahren zur Ableitung des Regelbedarfs aus der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe sei nicht in transparenter Art und Weise durchgeführt worden. Die von der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe vorgenommenen Abschläge zB für alkoholische Getränke und Tabakwaren, Gaststättenbesuche sowie weiterer Positionen führten zu einer übermäßigen Kürzung des statistisch ermittelten Bedarfs. Die Zurechnung der Stromkosten zum Regelbedarf anstatt zu den Kosten der Unterkunft sei ebenfalls zu missbilligen. Hinsichtlich der Festlegung der Regelbedarfsstufen 4 bis 6 gemäß § 8 Abs 1 Nr 4 bis 6 RBEG sei der Gesetzgeber seiner Begründungspflicht nicht nachgekommen. Das lebensnotwendige physische Existenzminimum von Kindern und Jugendlichen sei nicht ausreichend und nicht realitätsgerecht ermittelt worden. Zum Beispiel seien die Ausgabepositionen für bestimmte Waren, wie insbesondere Kinderschuhe, nicht altersgerecht bzw unzutreffend festgesetzt worden. Auch seien Leistungen für Kosten eines Mobiltelefons nicht im Regelbedarf enthalten. In Bezug auf die Bildungsbedarfe fehle es gänzlich an Ermittlungen. Der Betrag in Höhe von 100 Euro für Schulausstattung sei freihändig geschätzt, zudem fehle dem Gesetz eine Fortschreibungsregel. Da aufgrund der Berücksichtigung eines Schulausstattungsbedarfs der Regelbedarf für Kinder für Schreibwaren, Zeichenmaterial und Ähnliches gekürzt worden sei, sei auch der Regelbedarf inkorrekt bestimmt. Dies gelte auch für den Bereich der Teilhabeleistungen. Hier seien wichtige Teilbereiche unberücksichtigt gelassen worden, wie zB Kinobesuche. Das Verfahren zur Ermittlung der Bedarfe sei auch insoweit intransparent und nicht nachvollziehbar oder sachgerecht. Da die Ermittlung des Regelbedarfs mit einer Vielzahl von Fehlern behaftet sei, die den Vorgaben des BVerfG widersprächen, sei die Höhe des Regelbedarfs zu niedrig festgesetzt.

6

Die Kläger beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 10. Januar 2012 aufzuheben und den Beklagten unter Änderung des Bescheids vom 12. Mai 2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 24. Juni 2011 zu verurteilen, ihnen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II unter Berücksichtigung eines höheren Regelbedarfs für die Zeit vom 1. Mai 2011 bis zum 31. Oktober 2011 zu gewähren.

7

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Er ist der Auffassung, dass die bewilligten Regelbedarfe verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden seien. Die vom BVerfG aufgestellten Grundsätze der Transparenz, der Systemeinhaltung, der sachlichen Rechtfertigung von Systemabweichungen sowie von Schätzungen und Vermeidung von Zirkelschlüssen seien beachtet worden. Der Rückgriff auf die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe werde vom BVerfG ausdrücklich gebilligt. Auch das Statistikmodell sei für verfassungsgemäß erachtet worden. Die Bestimmung der Referenzgruppen sei in verfassungskonformer Weise erfolgt. Ebenso seien die vorgenommenen Abschläge nicht zu beanstanden, da der Gesetzgeber lediglich das soziokulturelle Existenzminimum zu sichern habe.

Entscheidungsgründe

9

Die Sprungrevision ist unbegründet.

10

1. Streitgegenstand sind höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Zeitraum vom 1.5. bis 31.10.2011, als durch den Bescheid des Beklagten vom 12.5.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.6.2011 bewilligt. Maßgebend für die Bestimmung des Streitgegenstands ist der geltend gemachte prozessuale Anspruch, dh Klageantrag und Klagegrund im Hinblick auf einen bestimmten Sachverhalt (BSG SozR 4-5425 § 24 Nr 11 RdNr 11; BSG SozR 4-1500 § 51 Nr 4 RdNr 26 mwN). Der Beklagte hat mit dem angefochtenen Bescheid über den Anspruch der Kläger auf Alg II und Sozialgeld insgesamt entschieden. Damit stehen Regel- sowie Unterkunfts- und Heizbedarf und ggf Mehrbedarfs- sowie Bildungs- und Teilhabeleistungen im Streit. Diesen Bescheid haben die Kläger - nach dem Antrag, den sie im Revisionsverfahren gestellt haben - insgesamt mit ihrer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage angegriffen.

11

Die Kläger haben danach ihr Klagebegehren nicht auf den Regelbedarf beschränkt. Soweit sie sich argumentativ ausschließlich mit den ihrer Ansicht nach verfassungswidrig zu niedrig festgesetzten Regelbedarfen auseinandersetzen, folgt hieraus ebenso wenig, wie aus der Ergänzung des Antrags um die Worte "unter Berücksichtigung eines höheren Regelbedarfs", eine Beschränkung des Streitgegenstands. Die Beschränkung des Streitgegenstands auf die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Höhe der Regelbedarfe nach dem SGB II wäre zudem auch eine nicht zulässige Begrenzung (BSG vom 25.1.2012 - B 14 AS 131/11 R - RdNr 8 mwN; vgl auch zum Teilanerkenntnis BSGE 103, 153 = SozR 4-4200 § 12 Nr 13, RdNr 12; zum Teilvergleich SozR 4-4200 § 11 Nr 43 RdNr 16).

12

Ausgehend von dem objektiven Regelungsgehalt des angefochtenen Bescheids und dem Klageantrag ist Streitgegenstand hingegen nicht die direkte Auszahlung der bewilligten Leistungen für Unterkunft und Heizung sowie von 40 Euro für Stromkosten aus dem Regelbedarf an den Vermieter der Kläger. Der Beklagte hat mit der Bestimmung eines anderen Empfängers der den Klägern bewilligten Leistungen lediglich die Auszahlungsmodalitäten modifiziert, nicht jedoch die Bewilligung der Leistungen dem Grunde und der Höhe nach verändert. Das zuvor behandelte Begehren der Kläger auf höhere Leistungen umfasst mithin nicht die Auszahlung der gesamten Leistungen an sie. Der Beklagte hat die Bestimmung eines anderen Empfängers als die Kläger zudem im Bescheid vom 12.5.2011 in einem selbstständigen Verfügungssatz geregelt. Insoweit haben die Kläger den Bescheid jedoch nicht angefochten.

13

2. Die Kläger haben mit ihrem Begehren jedoch keinen Erfolg. Der Bescheid vom 12.5.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.6.2011 ist rechtmäßig. Die Höhe der den Klägern bewilligten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ist nicht zu beanstanden. Sie haben einfachgesetzlich keinen Anspruch auf höhere Leistungen im Zeitraum vom 1.5. bis 31.10.2011. Die Höhe ihres Regelbedarfs ist auch nicht verfassungswidrig zu niedrig bemessen.

14

Der Senat konnte in der Sache selbst entscheiden. Das erstinstanzliche Urteil ist noch nicht verfahrensfehlerhaft nicht mit Gründen iS des § 136 Abs 1 Nr 6 SGG versehen(s auch BSG vom 25.1.2012 - B 14 AS 131/11 R - RdNr 10). Es lassen sich gerade noch eine eigenständige Auseinandersetzung mit der Frage der Verfassungsmäßigkeit der Regelbedarfe und damit hinreichende Entscheidungsgründe iS des § 136 Abs 1 Nr 6 SGG erkennen.

15

Aus den vom SG festgestellten Tatsachen folgt, dass die Voraussetzungen des § 7 Abs 1 SGB II gegeben sind. Die Kläger haben einen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II, jedoch nur in dem von dem Beklagten bewilligten Umfang. Sie haben weder Anspruch auf höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung (3.), noch auf eine Mehrbedarfsleistung nach § 21 SGB II (6.) oder Leistungen zur Teilhabe und Bildung nach § 28 SGB II (5.). Der erkennende Senat ist darüber hinaus von der Verfassungsmäßigkeit der Höhe der Regelbedarfe nach dem SGB II in der Fassung des RBEG überzeugt (4.), soweit es den Regelbedarf für Alleinstehende (a.) und erwachsene Ehepartner, die zusammenleben (b.) sowie für Erwachsene in einem Paarhaushalt mit Kind (c.) und ein Kind bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres (d.) betrifft.

16

3. Der Bescheid vom 12.5.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.6.2011 ist im Hinblick auf die Bestimmung der Höhe der Leistungen für Unterkunft und Heizung nicht zu beanstanden. Nach § 22 Abs 1 S 1 SGB II werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Der Beklagte hat hier der Leistungsbewilligung die sich aus dem Mietvertrag ergebenden tatsächlichen Aufwendungen zugrunde gelegt. Danach hatten die Kläger im streitigen Zeitraum einen Bedarf in Höhe von monatlich 495 Euro, der sich aus einer Grundmiete in Höhe von 285 Euro zuzüglich einer Nebenkostenvorauszahlung in Höhe von 110 Euro sowie einer Heizkostenvorauszahlung in Höhe von 100 Euro monatlich ergibt.

17

4. Die Kläger haben nach den bindenden Feststellungen des SG (§ 163 SGG) keinen Anspruch auf Leistungen für Mehrbedarfe, insbesondere nicht nach § 21 Abs 7 SGB II. Es fehlt insoweit an den tatsächlichen Voraussetzungen für die Gewährung eines solchen Bedarfs. Denn es liegt kein Hinweis auf eine dezentrale Warmwassererzeugung in der Wohnung der Kläger vor. Vielmehr haben die Kläger monatlich einen Betrag in Höhe von 100 Euro für Heiz- und Warmwasserkosten zu zahlen.

18

5. Leistungen zur Deckung von Bedarfen für Bildung und Teilhabe kann der Kläger zu 3 für den hier in Betracht kommenden Zeitraum nicht beanspruchen. Er hat sie nach den Feststellungen des SG nicht beantragt. Leistungen für Bildung und Teilhabe bedürfen jedoch nach § 37 Abs 1 S 2 SGB II - mit Ausnahme der hier aufgrund des Alters des Klägers zu 3 ohnehin nicht in Betracht kommenden Leistungen für den persönlichen Schulbedarf(§ 28 Abs 3 SGB II)- des gesonderten Antrags. Für Zeiten vor der Antragstellung werden nach § 37 Abs 2 SGB II Leistungen nicht erbracht.

19

6. Es bestand für den Senat auch kein Anlass, das Verfahren nach Art 100 Abs 1 S 1 GG auszusetzen und eine Entscheidung des BVerfG zur Vereinbarkeit von § 19 Abs 1 S 1, § 20 Abs 1 und Abs 2 S 1 SGB II in der Fassung des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG mit Art 1 Abs 1 GG iVm Art 20 Abs 1 GG einzuholen. Der erkennende Senat konnte sich nicht davon überzeugen, dass der Gesetzgeber durch das RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG die ab dem 1.1.2011 neu festgesetzte Höhe der Regelbedarfe für Alleinstehende (a.), Ehepartner, die zusammenleben (b.), Erwachsene in einem Paarhaushalt mit Kind (c.) und Kindern bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres (d.) in verfassungswidriger Weise zu niedrig bemessen hat.

20

Verfassungsrechtlicher Maßstab für die Prüfung ist wegen des Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers eine zurückhaltende materielle Kontrolle der einfachgesetzlichen Regelung dahingehend, ob die Leistungen evident unzureichend sind. Da eine Ergebniskontrolle am Maßstab des Grundrechts auf Gewährung eines menschenwürdigen Existenzminimums (Art 1 Abs 1 iVm Art 20 Abs 1 GG) nur begrenzt möglich ist, muss jenseits der Evidenzkontrolle überprüft werden, ob die Leistungen auf der Grundlage verlässlicher Zahlen und schlüssiger Berechnungsverfahren zu rechtfertigen sind (BVerfG Urteil vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09 ua - BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12 = BGBl I 2010, 193, RdNr 141 ff, im Weiteren BVerfG aaO).

21

a) Der Regelbedarf der Kläger zu 1 und 2 leitet sich nach § 20 Abs 4 SGB II in der Fassung des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG iVm § 8 Abs 1 Nr 2 RBEG von dem eines Alleinstehenden in einem Einpersonenhaushalt ab. Der Regelbedarf eines solchen alleinstehenden Erwachsenen ist durch das RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG nicht in verfassungswidriger Weise zu niedrig festgesetzt worden. Der erkennende Senat schließt sich insoweit dem 14. Senat des BSG an, der dies im Juli 2012 in zwei Entscheidungen im Einzelnen dargelegt hat (SozR 4-4200 § 20 Nr 17 RdNr 19 ff; vom 12.7.2012 - B 14 AS 189/11 R - RdNr 14). Das BVerfG hat die Verfassungsbeschwerden gegen die benannten Urteile nicht zur Entscheidung angenommen (BVerfG Beschluss vom 20.11.2012 - 1 BvR 2203/12 - unveröffentlicht; BVerfG Beschluss vom 27.12.2012 - 1 BvR 2471/12 - unveröffentlicht; zur Bedeutung dessen s Rixen, SozSich 2013, 73 ff).

22

Der Gesetzgeber hat insoweit den ihm zugewiesenen Auftrag, das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum zu gewährleisten, erfüllt. Der 14. Senat hat hierzu ausgeführt, dass bei der verfassungsrechtlichen Überprüfung der Neuermittlung der Regelbedarfe der Entscheidungsprozess des Gesetzgebers bei der Neuordnung der §§ 28 ff SGB XII auf die Bemessung des Regelbedarfs in § 20 Abs 2 S 1 SGB II in der Fassung des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG zu übertragen sei. Der Gesetzgeber habe den Umfang des konkreten gesetzlichen Anspruchs auch in einem transparenten und sachgerechten Verfahren ermittelt, das den Vorgaben des BVerfG im Urteil vom 9.2.2010 (BVerfGE, aaO) nach realitätsgerechten sowie nachvollziehbaren Festsetzungen auf der Grundlage verlässlicher Zahlen und schlüssiger Berechnungsverfahren entspreche. Dabei habe sich der Gesetzgeber des vom BVerfG gebilligten Statistikmodells bedienen können. Innerhalb dieses Ansatzes habe er, ausgehend von der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) 2008, die Referenzgruppe anhand der unteren Einkommensgruppen bestimmt, ohne seinen gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum zu überschreiten.

23

Dies gilt auch, soweit in der Literatur vorgebracht wird, der Gesetzgeber sei seinem Auftrag, auch die "versteckt Armen" aus der Regelbedarfsberechnung auszunehmen, nicht hinreichend nachgekommen (s nur Irene Becker, SozSich, Sonderheft September 2011, 20 ff). Es überzeugt den Senat nicht, wenn unter Bezugnahme auf die Entscheidung des BVerfG deswegen die Höhe des Regelbedarfs als nicht mit Art 1 Abs 1 iVm Art 20 Abs 1 GG vereinbar bewertet wird (so Münder, SozSich Sonderheft September 2011, 70 ff). Das BVerfG hatte den Verzicht auf eine Schätzung des Anteils der "verdeckt Armen" durch den Gesetzgeber in Ermangelung hinreichend sicherer empirischer Grundlagen durch die EVS 2003 für die Vergangenheit für vertretbar gehalten (BVerfG aaO, RdNr 169). An dem Mangel der Möglichkeit, methodisch unzweifelhaft und ohne Setzungen die "verdeckt Armen" aus den Referenzhaushalten auszuschließen, hat sich auch bei der Auswertung der EVS 2008 nichts geändert. Dies gilt zumindest für den hier zur Verfügung stehenden zeitlichen Rahmen. Durch diesen wird der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers mitbestimmt. Aufgrund der an den Gesetzgeber gerichteten Umsetzungsverpflichtung der Entscheidung des BVerfG bis zum 31.12.2010 (BVerfGE aaO, RdNr 216) stand ein Zeitraum von nicht einmal einem Jahr für die Neufestsetzung der Regelbedarfe zur Verfügung und die Ergebnisse der EVS 2008 lagen erst im Herbst 2010 vollständig vor. In der Begründung zum RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG wird daher eine Korrektur der Referenzgruppen um die "verdeckt Armen" ua mit der Begründung abgelehnt, aufgrund der Vielgestaltigkeit der Einkünfte von Haushalten hätte eine Einzelfallauswertung der Haushalte erfolgen müssen. Diese wäre jedoch weder durch die Wissenschaft noch durch das Statistische Bundesamt zu leisten gewesen (BT-Drucks 17/3404, S 88). Auch insoweit wird zwar in der Literatur Kritik angebracht, insbesondere an dem über "das Notwendige hinausgehende Anforderungsprofil" des Gesetzgebers. Dadurch würden die Grenzen des Datensatzes der EVS zwangsläufig erreicht. Es werden daher Vorschläge zur methodischen Identifizierung der "verdeckten Armut" gemacht (s zusammenfassend Irene Becker, SozSich, Sonderheft September 2011, 24), die einen weniger großen Genauigkeitsgrad aufweisen (Irene Becker, SozSich, Sonderheft September 2011, 22). Ob der Gesetzgeber sich jedoch entschließt, angesichts der Vorgaben des BVerfG derartige offene "Ungenauigkeiten" in seine Berechnung einzubeziehen, muss seiner Entscheidung im Rahmen seines Gestaltungsspielraums vorbehalten bleiben. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass es sich bei den Vorschlägen um wissenschaftlich noch nicht abschließend diskutierte Ansätze handelt, ein sachgerechtes Verfahren zu entwickeln oder weiterzuentwickeln, um so eine statistisch zuverlässig über der Sozialhilfeschwelle liegende Referenzgruppe zu ermitteln (Irene Becker, SozSich, Sonderheft September 2011, 21). Dies ändert allerdings nichts daran, dass der Gesetzgeber bei der Auswertung der EVS 2013 der ihm vom BVerfG auferlegten Pflicht zur Fortentwicklung des Bedarfsermittlungssystems nachkommen muss und darauf zu achten haben wird, dass Haushalte, deren Nettoeinkommen unter dem Niveau der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts von SGB II und SGB XII liegt, aus der Referenzgruppe ausgeschieden werden (BVerfGE, aaO, RdNr 169). Dies hat der Gesetzgeber jedoch auch selbst erkannt. Er hat in § 10 Abs 1 iVm § 10 Abs 2 Nr 1 RBEG eine Verpflichtung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) bestimmt, dem Bundestag ua für die Weiterentwicklung der Methoden zur Abgrenzung der Referenzhaushalte nach § 3 Abs 1 RBEG hinsichtlich der Bestimmung von Haushalten der EVS Vorschläge zu unterbreiten, die nicht als Referenzhaushalte zu berücksichtigen sind, weil deren eigene Mittel nicht zur Deckung des jeweils zu unterstellenden Bedarfs nach dem SGB II und SGB XII ausreichen.

24

Der erkennende Senat ist ebenso wie der 14. Senat des BSG ferner davon überzeugt, dass die im Rahmen des Statistikmodells begründete Herausnahme einzelner Positionen durch den Gesetzgeber nicht zu beanstanden ist. Er folgt dem 14. Senat, wenn dieser ausführt, die regelbedarfsrelevanten Ausgabenpositionen und -beträge seien so bestimmt, dass ein interner Ausgleich möglich bleibe. Auch bei der Kennzeichnung einzelner Verbrauchspositionen als bedarfsrelevant und dem Ausschluss bzw der Kürzung anderer Verbrauchspositionen hat der Gesetzgeber seinen Gestaltungsspielraum nicht überschritten. Zutreffend hat er sich schließlich bei der Regelung eines Fortschreibungsmechanismus an seiner Entscheidung für das Statistikmodell orientiert. Um Wiederholungen zu vermeiden sieht der erkennende Senat von einer Darstellung der Ausführungen im Einzelnen ab.

25

b) Die Festsetzung eines - im Vergleich zu alleinstehenden Erwachsenen - niedrigeren Regelbedarfs für die Kläger zu 1 und zu 2 gemäß § 20 Abs 4 SGB II in der Fassung des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG, § 8 Abs 1 Nr 2 RBEG aufgrund des Bestehens einer Bedarfsgemeinschaft - hier: aufgrund einer Ehe zwischen dem Kläger zu 1 und der Klägerin zu 2 - ist ebenso wenig verfassungswidrig. Der Gesetzgeber durfte davon ausgehen, dass durch das gemeinsame Wirtschaften Aufwendungen erspart werden und deshalb zwei zusammenlebende Partner einen finanziellen Mindestbedarf haben, der unter dem Doppelten des Bedarfs eines Alleinwirtschaftenden liegt. Da aufgrund des Zusammenlebens anzunehmen ist, dass beide Partner "aus einem Topf" wirtschaften, ist es auch nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber für beide Partner einen gleich hohen Bedarf in Ansatz bringt (vgl BVerfG, aaO, RdNr 154; s auch Kohte in Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 2. Aufl 2011, § 20 SGB II RdNr 54).

26

c) Auch soweit es den Regelbedarf für zwei zusammenlebende Erwachsene betrifft, in deren Haushalt mindestens ein Kind lebt, kann nicht angenommen werden, dass dieser evident zu niedrig bestimmt worden ist, obwohl der Bedarf der beiden Erwachsenen nur auf einer Ableitung dessen von einem alleinstehenden Erwachsenen beruht. Eine gesonderte Bedarfserhebung ist insoweit nicht erfolgt. Die Sonderauswertung "Paarhaushalt mit einem Kind" diente nur dazu, die "Kinderausgaben" in diesem Paarhaushalt zu bestimmen (BT-Drucks 17/3404, S 64 f). Zwar mangelt es an einer näheren Begründung für die konkrete Bemessung des grundsicherungsrechtlich relevanten Bedarfs für Erwachsene, die mit Kindern zusammenleben. Aus dem bloßen Fehlen einer Begründung für die Ableitung des Regelbedarfs der Erwachsenen in einem Paarhaushalt ausschließlich von dem eines Alleinstehenden kann im Gegensatz zu Münder (in Soziale Sicherheit - Sonderheft September 2011, S 80) jedoch noch nicht auf eine Unvereinbarkeit mit Art 1 Abs 1 GG iVm Art 20 Abs 1 GG geschlossen werden.

27

Der gesetzliche Leistungsanspruch muss stets den gesamten existenznotwendigen Bedarf decken (BVerfG, aaO, RdNr 137). Dabei darf der Gesetzgeber in Erfüllung seines Gewährleistungsauftrags jedoch auch wertende Entscheidungen treffen, um die soziale Wirklichkeit zeit- und realitätsgerecht zu erfassen. Der Umfang des Anspruchs auf ein menschenwürdiges Existenzminimum hängt von den gesellschaftlichen Anschauungen über das für ein menschenwürdiges Dasein Erforderliche, der konkreten Lebenssituation des Hilfebedürftigen sowie den jeweiligen wirtschaftlichen und technischen Gegebenheiten ab und ist danach vom Gesetzgeber konkret zu bestimmen. Hierbei steht dem Gesetzgeber ein Gestaltungsspielraum zu, der enger ist, soweit er das zur Sicherung der physischen Existenz eines Menschen Notwendige konkretisiert, und weiter, wo es um Art und Umfang der Möglichkeit zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben geht (BVerfG, aaO, RdNr 138; BVerfGE 126, 331 RdNr 103). Aus dem Erfordernis, alle existenznotwendigen Aufwendungen in einem transparenten und sachgerechten Verfahren realitätsgerecht sowie nachvollziehbar auf der Grundlage verlässlicher Zahlen und schlüssiger Berechnungsverfahren zu bemessen, folgt jedoch nicht, dass die Höhe des existenznotwendigen Lebensunterhalts durch den Einsatz einer allein richtigen Berechnungsmethode punktgenau ermittelt werden kann und jede Abweichung als Verfassungsverstoß anzusehen ist (vgl Spellbrink, DVBl 2011, 661). Weder sind normative Setzungen grundsätzlich ausgeschlossen, noch ist es für die verfassungsrechtliche Prüfung von Bedeutung, ob die maßgeblichen Gründe für die gesetzliche Neuregelung im Gesetzgebungsverfahren ausdrücklich als solche genannt wurden oder gar den Gesetzesmaterialien zu entnehmen sind (BVerfG, NVwZ-RR 2012, 257). Inhaltlicher Maßstab der einfachgesetzlichen Festschreibung des Leistungsanspruchs sind Sachgerechtigkeit und Vertretbarkeit (BVerfG, aaO, RdNr 171). Gemessen an diesem Maßstab führt die Ableitung des Bedarfs der Erwachsenen in einem Paarhaushalt mit einem Kind von dem eines Alleinstehenden derzeit nicht zu einer evident zu niedrig bemessenen existenzsichernden Leistung.

28

Genaue Datengrundlagen zur Ermittlung des Bedarfs von zwei Erwachsenen in einem Paarhaushalt mit Kind liegen nicht vor. Ebenso wie für die Bestimmung des Existenzminimums des Kindes gilt auch hier, dass bei Haushalten mit Kindern der überwiegende Teil der Verbrauchsausgaben nicht direkt und unmittelbar auf Erwachsene und Kinder aufgeteilt werden konnte (BT-Drucks 17/3404, S 64; s zu den Einzelheiten unter 6 d cc). Es ist insoweit zwar eine Sonderauswertung für Familienhaushalte durchgeführt worden. Gleichwohl konnten im Rahmen der zur Verfügung stehenden Umsetzungszeit (s hierzu unter 6 a) nur die Verbrauchsausgaben für den gesamten Haushalt erfasst werden. Die Ableitung des Bedarfs der beiden Erwachsenen in einem Paarhaushalt mit Kind von dem eines Alleinstehenden ist daher zurzeit methodisch noch sachgerecht und vertretbar. Dies gilt umso mehr, als der erkennende Senat davon ausgeht, dass höhere Bedarfe wegen des Kindes im Wesentlichen durch erhöhte Aufwendungen im Teilhabebereich entstehen, etwa dadurch, dass das Kind - zumindest das kleinere - im Rahmen seines Anspruchs nach § 28 Abs 7 SGB II noch nicht allein am sozialen und kulturellen Leben teilnehmen kann, also der Begleitung bedarf(s hierzu auch Irene Becker in SozSich, Sonderheft September 2011, 17). Im Bereich der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ist der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, ausgehend von der Vorgabe, dass hier nur das Minimum gewährleistet werden muss (BVerfG, aaO, RdNr 166), jedoch, wie schon dargelegt, weiter. Den Rahmen für seinen Gestaltungsspielraum bei Rückgriff auf das Statistikmodell bildet die Überlegung, dass die Summe der für die Gewährleistung des Existenzminimums erforderlichen Verbrauchsausgaben ein monatliches Budget bilden, über dessen konkrete Verwendung der Leistungsberechtigte selbst entscheidet. Maßgebend ist, dass der Gesamtbetrag des Budgets ausreicht, die Existenz zu sichern (BT-Drucks 17/3404 S 51). Dem Umstand möglicher erhöhter Bedarfe der Erwachsenen durch ein Kind in einem Paarhaushalt kann daher zum einen allgemein durch Rückgriff auf den internen Ausgleich innerhalb der Pauschale Rechnung getragen werden. Zum anderen hat der Gesetzgeber im Rahmen der Bestimmung der Höhe des Regelbedarfs für Erwachsene wegen der Einführung des Bildungs- und Teilhabepakets für Kinder und Jugendliche, für Eltern eine Mitgliedschaft in Organisationen ohne Erwerbscharakter erstmals in voller Höhe als regelbedarfsrelevant definiert (vgl BT-Drucks 17/3404, S 64). Insoweit ist mithin der erhöhte Bedarf durch die Teilhabe des Kindes in die Bestimmung der Höhe des Regelbedarfs eines Alleinstehenden eingerechnet worden.

29

Die Berücksichtigung bei der Bemessung der Pauschale hat auch hier zur Folge, dass die Entscheidung, wofür der Betrag genutzt wird, dem einzelnen Bedarfsgemeinschaftsmitglied obliegt, er also auch für andere Aufwendungen durch die Teilhabe des Kindes genutzt werden kann. Gleichwohl wird der Gesetzgeber die Bedarfe von zwei Erwachsenen in einem Paarhaushalt mit Kind bei der Auswertung der EVS 2013 unter Beachtung der sich aus § 10 Abs 2 Nr 3 RBEG ergebenden Verpflichtung zu berücksichtigen haben. Danach hat das BMAS dem Bundestag bis Juli 2013 für die Ermittlung von regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben von Erwachsenen Vorschläge zu unterbreiten, die in einem Mehrpersonenhaushalt leben. Diese bilden sodann die Grundlage für die Ermittlung von Regelbedarfen und die danach vorzunehmende Bestimmung von Regelbedarfsstufen für Erwachsene, die nicht in einem Einpersonenhaushalt leben.

30

Soweit Münder in seine Überlegungen auch die "Haushaltsgemeinkosten" einbezieht, wird zwar schon nicht hinreichend deutlich, welche Kosten er hier betrachtet (Münder, SozSich, Sonderheft September 2011, 85). Unbestritten steigen nach allgemeiner Lebenserfahrung durch ein Kind in einem Haushalt allerdings die Aufwendungen etwa in den Abteilungen 04 (Wohnen, Energie und Wohnungsinstandhaltung), 05 (Innenausstattung, Haushaltsgeräte und -gegenstände), 08 (Nachrichtenübermittlung) und 12 (andere Waren und Dienstleistungen). Derartige Aufwendungen sind jedoch in die Bemessung der Regelbedarfe der Kinder in Abhängigkeit von den Aufwendungen des Haushalts, als deren eigene Bedarfe eingeflossen (zur verfassungsrechtlichen Bewertung der Kinderregelbedarfe s unten unter 6 d, cc). Inwieweit darüber hinaus den Erwachsenen selbst durch das Zusammenleben mit dem Kind weitere Bedarfe als die durch die bereits erörterten der Teilhabe entstehen, ist nicht ersichtlich.

31

Daraus, dass der Gesetzgeber für Alleinerziehende einen zusätzlichen Bedarf bei Pflege und Erziehung von Kindern (§ 21 Abs 3 SGB II) erkannt hat, folgt keine Verengung seines Gestaltungsspielraums derart, dass von der Annahme der Verfassungswidrigkeit der Ableitung der Höhe des Regelbedarfs für zwei Erwachsene in einem Paarhaushalt mit einem Kind ausschließlich von dem Regelbedarf eines Alleinstehenden ausgegangen werden müsste. Dies folgt zwar nicht bereits daraus, dass der Gesetzgeber bei den Alleinerziehenden nicht den Regelbedarf an sich höher bemessen hat, sondern ihnen eine zusätzliche Mehrbedarfsleistung zubilligt. Er braucht die Existenz nicht allein durch die Regelleistung zu sichern. Es obliegt seinem Gestaltungsspielraum, ob er sich insoweit ergänzender Leistungen bedient oder den erkannten Bedarf in die Bemessung des Regelbedarfs einbezieht. Entscheidend insoweit ist nur, dass das verfassungsrechtlich gebotene Existenzminimum sichergestellt wird (BVerfG, aaO, RdNr 170). Soweit mithin aus dem für Alleinerziehende ermittelten verfassungsrechtlich relevant zu deckenden Bedarf folgen sollte, dass sich dieser mit dem von zwei Erwachsenen in einem Paarhaushalt mit Kind deckt, jedoch entweder nicht in der Höhe deren Regelbedarfs niederschlägt oder nicht über eine gesonderte Leistung gedeckt wird, kann dies auch bedeuten, dass das verfassungsrechtlich zu gewährleistende Existenzminimum der Erwachsenen im Paarhaushalt mit Kindern unterschritten wird. Dies ist jedoch nicht der Fall.

32

Es mangelt den Erwachsenen in einem Paarhaushalt mit Kind bereits an einem verfassungsrechtlich relevanten Bedarf durch die Erziehung und Pflege der Kinder, wie er für "Alleinerziehende" erkannt worden ist. Bei dem Personenkreis der Alleinerziehenden ist von einer besonderen Bedarfssituation auszugehen, bei der typischerweise ein zusätzlicher Bedarf zu bejahen ist (BSG vom 23.8.2012 - B 4 AS 167/11 R - RdNr 14 ff; BSGE 102, 290 = SozR 4-4200 § 21 Nr 5, RdNr 15). Solche besonderen Lebensumstände sind ausgehend von den Gesetzesmaterialien zur Einführung und zum Zweck der entsprechenden Regelung im BSHG (vgl den Gesetzentwurf des Bundesrates vom 26.3.1985, BT-Drucks 10/3079 S 5) exemplarisch darin gesehen worden, dass Alleinerziehende wegen der Sorge für ihre Kinder typischerweise weniger Zeit haben, preisbewusst einzukaufen sowie zugleich höhere Aufwendungen zur Kontaktpflege und zur Unterrichtung in Erziehungsfragen tragen müssen bzw externen Rat in Betreuungs-, Gesundheits- und Erziehungsfragen benötigen. Auch der Zweck des § 21 Abs 3 SGB II liegt darin, den höheren Aufwand von Alleinerziehenden für die Versorgung und Pflege bzw Erziehung der Kinder etwa wegen geringerer Beweglichkeit und zusätzlicher Aufwendungen für die Kontaktpflege oder Inanspruchnahme von Dienstleistungen Dritter in pauschalierter Form auszugleichen(BSG vom 23.8.2012 - B 4 AS 167/11 R - RdNr 14; BSGE 102, 290 = SozR 4-4200 § 21 Nr 5, RdNr 1). Zwar ist an diesen Gründen die Kritik geäußert worden, der Mehrbedarf für Alleinerziehende sei wegen des gesellschaftlichen Wandels überholt (Düring in Gagel, SGB II/SGB III, Stand XI/2010, § 21 RdNr 19 und Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, K, Stand V/2011, § 21 RdNr 36). Abgesehen davon, dass sich die Gruppe der Alleinerziehenden gegenüber allen anderen Haushaltsformen nach wie vor besonders oft unterhalb der relativen Einkommensschwelle befindet und auch als Erwerbstätige signifikant niedrigere Einkommen als Paarhaushalte erzielt (vgl den 4. Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung 2012, S 324, 329), ändert ein Wandel der gesellschaftlichen Anschauungen nichts an der oben dargelegten verfassungsrechtlichen Wertung im Hinblick auf die Bemessung des Regelbedarfs eines Paares mit Kind. Sozialpolitische Entscheidungen des Gesetzgebers sind verfassungsrechtlich anzuerkennen, solange seine Erwägungen weder offensichtlich fehlsam, noch mit der Wertordnung des Grundgesetzes unvereinbar sind (BVerfGE 113, 167 ff, 215 = SozR 4-2500 § 266 Nr 6). Zumindest können diese Wertungen nicht umgekehrt dazu führen, dass Bedarfe durch Kindererziehung in dem gleiche Maße wie bei Alleinstehenden auch bei zwei Erwachsenen in einem Paarhaushalt mit Kind bedarfserhöhend berücksichtigt werden müssten, ohne dass das Existenzminimum Letzterer evident zu niedrig bemessen wäre.

33

d) Auch die Festsetzung des Regelbedarfs für den Kläger zu 3 ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Der für Kinder, die, wie der Kläger zu 3, unter sechs Jahre alt sind, gesetzlich in § 23 Nr 1 SGB II in der Fassung des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG, § 8 Abs 1 Nr 6 RBEG vorgesehene Bedarf ist, zumindest soweit er Kinder bis zur Vollendung des 2. Lebensjahres betrifft, nicht in verfassungswidriger Weise zu niedrig festgesetzt worden. Der Gesetzgeber hat den ihm insoweit zustehenden Gestaltungsspielraum nicht evident unter- bzw überschritten.

34

aa) Soweit es die Fragen der grundsätzlichen Eignung der EVS zur Bestimmung des Umfangs des existenznotwendigen Bedarfs, die Wahl der Referenzhaushalte, die Tragfähigkeit der Auswertung und die grundsätzliche Bestimmung des regelsatzrelevanten Bedarfs angeht, gilt dasselbe, wie für die Bemessung des Regelbedarfs für die Alleinstehenden ausgeführt (6 a). Um Wiederholungen zu vermeiden, wird darauf verwiesen.

35

bb) Eine Problematisierung der Altersstufungen in den Regelbedarfsstufen des § 28 Abs 4 SGB XII iVm § 8 Abs 1 Nr 4 bis 6, Abs 2 RBEG, § 23 Nr 1 SGB II in der Fassung des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG erübrigt sich im vorliegenden Fall. Selbst mit der von Margot Münnich und Thomas Krebs verwendeten Stufung in der Studie "Ausgaben für Kinder in Deutschland" (in Wirtschaft und Statistik 2002, S 1080 ff), auf die das BVerfG verwiesen hat (BVerfG aaO, RdNr 194, 198), würde sich hier kein anderes Ergebnis ergeben. Auch bei ihnen umfasst die unterste Altersstufe Kinder im Alter von 0 bis unter 6 Jahren. Da der Kläger zu 3 im hier streitigen Zeitraum erst das zweite Lebensjahr vollendet hat, sind weitere Differenzierungen nach anderen Altersgruppen nicht entscheidungserheblich.

36

Die generelle Bemessung des kindlichen Regelbedarfs nach Altersstufen ist nicht zu beanstanden. Das BVerfG hat insoweit auch lediglich darauf hingewiesen, dass nach der oben benannten Studie von Münnich/Krebs, die bis zum 1.12.2010 geltenden Altersstufen nach § 28 Abs 1 S 3 Nr 1 SGB II nicht abbildeten, dass sich die Ausgaben für den privaten Konsum eines Kindes generell mit steigendem Lebensalter erhöhten und dass sie im Vergleich zwischen Kindern unter 6 Jahren (1. Altersgruppe) und Kindern zwischen 12 und 18 Jahren (3. Altersgruppe) bei Alleinerziehenden mit einem Kind um mehr als ein Drittel und bei Paaren mit einem Kind fast um die Hälfte wachsen würden (BVerfG, aaO, RdNr 194 unter Verweis auf Münnich/Krebs, aaO, S 1089, 1091).

37

cc) Auch die Bestimmung des Regelbedarfs von Kindern mittels des Verteilungsschlüssels in Ableitung vom Bedarf des Haushalts ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

38

Der Gesetzgeber hatte bis zum RBEG Ermittlungen zum Bedarf von Kindern unterlassen. Der Abschlag von 40 % gegenüber der Regelleistung für einen Alleinstehenden beruhte - so das BVerfG - auf einer freihändigen Setzung ohne empirische und methodische Fundierung (BVerfG, aaO, RdNr 191). Da der Gesetzgeber des RBEG sich zur Bedarfsermittlung der vom BVerfG gebilligten Methode der EVS bedient hat, in der EVS die Ausgaben für den privaten Verbrauch jedoch nur für den Haushalt insgesamt erfasst werden, sind ausschließlich beim Einpersonenhaushalt alle Verbrauchsausgaben eindeutig der im Haushalt lebenden Person zuzuordnen. Bei Mehrpersonenhaushalten, so die Begründung zum Entwurf des RBEG, sei dies dagegen nur bei wenigen Verbrauchsausgaben möglich. Dies bedeute aber auch, dass bei Haushalten mit Kindern der überwiegende Teil der Verbrauchsausgaben nicht direkt und unmittelbar auf Erwachsene und Kinder aufgeteilt werden könne (BT-Drucks 17/3404, S 64 ff). Die Zuordnung der Verbrauchsausgaben der Familienhaushalte auf die im Haushalt lebenden Personen - zwei erwachsene Personen und ein Kind - erfolgte deswegen nunmehr auf der Grundlage der Studie "Kosten eines Kindes", die im Auftrag des BMFSFJ erstellt wurde. Für die Ermittlung der Anteile sind gesonderte Berechnungen vorgenommen worden. Diese Festlegungen sind - so die Begründung zum Entwurf des RBEG - in einer hierzu vom BMFSFJ eingerichteten Arbeitsgruppe unter Einbeziehung von Wissenschaftlern getroffen worden. Die Verteilung erfolgt entweder auf Grundlage von Gutachten (bei den Bedarfen für Ernährung, Getränke, Verpflegungsdienstleistungen, Strom und Wohnungsinstandsetzung), nach Köpfen (bei den Bedarfen für Gesundheitspflege, Telefon und Zeitungen/Bücher, Bekleidung und Schuhe), nach der neuen OECD-Skala (bei den Bedarfen für Kühlschränke, Waschmaschinen, Haushaltsgeräte, Diensten und Gütern für Körperpflege) oder allein auf Erwachsene bzw Kinder (bei den Bedarfen für Praxisgebühren, Post- und Kurierdienste, Finanzdienstleistungen und Mitgliedsbeiträge für Organisationen ohne Erwerbszweck). Das Statistische Bundesamt hat alsdann aufgrund der in dieser Arbeitsgruppe ermittelten und festgelegten Verteilungsschlüssel modellhaft für alle Haushalte mit Kindern auf Basis der EVS 1998 und 2003 eine Verteilung der Haushaltsausgaben auf Kinder und Erwachsene ermittelt (BT-Drucks 17/3404, S 64 ff). Zwar ist damit im Ergebnis eine normative Festlegung für die Verteilung der Haushaltsausgaben auf Erwachsene und Kinder im Haushalt erfolgt. Auch wird die nunmehr gewählte Methode zur Feststellung des existenzsichernden kindlichen Bedarfs in der Literatur als zwischenzeitlich durch neue Erkenntnisse überholt bezeichnet (vgl Irene Becker SozSich, Sonderheft September 2011, S 17 ff). Die Methode des Verteilungsschlüssels ist jedoch gleichwohl eine verfassungsrechtlich zulässige Methode zur Bestimmung des existenzsichernden kindlichen Bedarfs.

39

Die Methode des Verteilungsschlüssels stellt ein transparentes und nachvollziehbares Verfahren zur Bemessung des Kinderregelbedarfs dar. Ihr liegt eine wissenschaftlich begründete Methode zugrunde. Das BVerfG selbst hat auf die Möglichkeit der Wahl dieser Methode hingewiesen (BVerfG, aaO, RdNr 198). Es hatte die Verfassungswidrigkeit des Sozialgeldes für Kinder nach § 28 Abs 1 S 3 Nr 1 1. Alt SGB II in Höhe von 207 Euro auch in erster Linie damit begründet, dass die Ableitung des Regelbedarfs für Kinder bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres mit 60 % von der Regelleistung für einen alleinstehenden Erwachsenen auf keiner vertretbaren Methode zur Bestimmung des Existenzminimums beruht und festgestellt, dass schon die Alltagserfahrungen auf das Vorhandensein eines besonderen kinder- und alterspezifischen Bedarfs hindeuten, den es in dem Satz "Kinder sind keine kleinen Erwachsenen" zusammengefasst hat. Ihr Bedarf, der zur Sicherstellung eines menschenwürdigen Existenzminimums gedeckt werden müsse, habe sich an kindlichen Entwicklungsphasen auszurichten und an dem, was für die Persönlichkeitsentfaltung eines Kindes erforderlich sei (BVerfG, aaO, RdNr 195). Dies gewährleistet die Bestimmung des kindlichen Bedarfs durch Verteilung der Aufwendungen des Familienhaushalts auf die Haushaltsmitglieder. Die Wahl der "besten" Methode ist verfassungsrechtlich nicht geboten, solange die gewählte Methode vertretbar und geeignet ist. Dies gilt für die Methode des "Verteilungsschlüssels". Sie wird daher auch in der juristischen Literatur überwiegend als eine verfassungsrechtlich zulässige Möglichkeit bewertet, den kindlichen Bedarf zu messen und zuzuordnen (vgl Hörrmann, Rechtsprobleme des Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums, 1. Aufl 2013, S 113; Münder, SozSich - Sonderheft September 2011, 85).

40

Soweit Kritik an dem hinterlegten Zahlenmaterial geübt und hieraus abgeleitet wird, dass es deswegen an einem qualitativ validen Ergebnis mangele (Hörrmann, Rechtsprobleme des Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums, 1. Aufl 2013, S 116) und das Transparenzgebot missachtet worden sei (ders, aaO, S 18; Lenze, WSi-Mitteilungen 2011, 534, 537), vermag der Senat hieraus keine Verfassungswidrigkeit der Höhe des Regelbedarfs für ein Kind bis zur Vollendung des 3. Lebensjahres abzuleiten. Dass zum Teil keine konkret bezifferten Aufwendungen in die Bemessung eingeflossen sind, ist dem Umstand geschuldet, dass insoweit nicht genügend Haushalte Angaben zu ihrem Verbrauchsverhalten gemacht haben (weniger als 25 Haushalte; s auch BT-Drucks 17/3404, S 65; zur Kritik hieran vgl Irene Becker in SozSich, Sonderheft September 2011, 33, die zu dem Ergebnis gelangt, dass die für Kinder unter 6 Jahren durchgeführte Regelbedarfsberechnung statistisch nicht hinreichend signifikant sei). Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot kann hierin deswegen jedoch nicht erkannt werden (so auch Mogwitz, ZfSH/SGB 2011, 323, 333). Die Bedarfe sind gleichwohl zu jeweils 100 % als regelsatzrelevanter Anteil des Kindes in die Bemessung des Regelbedarfs eingeflossen (BT-Drucks 17/3404, S 52). Da die Methode des "Verteilungsschlüssels" an sich, wie schon dargelegt, nicht zu beanstanden ist, kann angesichts der engen zeitlichen Vorgaben des BVerfG zur Umsetzung der Neuregelung (s bereits unter 6 a) allein aufgrund nicht hinreichender Befragungsergebnisse noch kein evident zu niedrig bemessener Regelbedarf für den Kläger zu 3 festgestellt werden (Mogwitz, ZfSH/SGB 2011, 323, 333; vgl auch Irene Becker in SozSich, Sonderheft September 2011, 18 f). Nach § 10 Abs 2 Nr 2 RBEG hat das BMAS den Auftrag, dem Deutschen Bundestag bis zum 1.7.2013 Vorschläge für die Überprüfung und Weiterentwicklung der Verteilungsschlüssel hinsichtlich der Verteilung der Verbrauchsausgaben von Familienhaushalten nach § 2 Nr 2 RBEG auf Kinder und Jugendliche als Grundlage für die Ermittlung von regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben nach § 6 RBEG vorzulegen. Auf dieser Grundlage muss der Gesetzgeber bei der Auswertung der EVS 2013, um dem verfassungsrechtlichen Maßstab der Ermittlung des Anspruchsumfangs in einem transparenten und sachgerechten Verfahren, realitätsgerecht sowie nachvollziehbar auf der Grundlage verlässlicher Zahlen und schlüssiger Berechnungsverfahren zu entsprechen (BVerfGE aaO, Leitsatz 3), auf aussagekräftige Daten zurückgreifen können.

41

dd) Das Vorbringen der Kläger zu der Bedarfsposition "Kinderschuhe", die ihrer Ansicht nach in verfassungswidriger Art zu niedrig bemessen worden sind, vermag nicht zu überzeugen. Dass dieser Bedarf für Kinder unter 6 Jahren (Abteilung 03, laufende Nr 8) um 2,58 Euro niedriger ist als für Kinder zwischen 6 und 14 Jahren, kann zumindest bei einem bis zu zweijährigen Kind keine fehlerhafte Bemessung nach sich ziehen. Es ist nicht ersichtlich, dass für die hier zu betrachtende Altersgruppe bis zu 2 Jahren der eingestellte monatliche Bedarf von 7,02 Euro evident zu niedrig bemessen ist. Zur Begründung führen die Kläger an, Kinderfüße seien in den ersten Lebensjahren besonders leicht deformierbar, wüchsen in den ersten drei Lebensjahren 1,5 mm pro Monat und Kinder unter 6 Jahren benötigten besonders häufig neue Schuhe. Kinder laufen jedoch nicht vom ersten Tag ihres Lebens an, sondern in der Regel erst mit einem Jahr. Gleichwohl ist in dem Regelbedarf auch zwischen der Geburt und der Vollendung des ersten Lebensjahres ein Bedarf für Schuhe von monatlich 7,02 Euro berücksichtigt worden.

42

Wenig überzeugend erscheint auch die in der Literatur vorgebrachte Kritik an der Höhe des Regelbedarfs für Kinder bis zu 2 Jahren in der Abteilung 12 (andere Waren und Dienstleistungen). Es wird darauf hingewiesen, dass für "sonstige Verbrauchsgüter für die Körperpflege" (laufende Nr 74) nur 2,19 Euro als regelbedarfsrelevante Verbrauchsausgabe pro Kind eingestellt seien. Von diesem Betrag könne beispielsweise ein Vorrat an Babywindeln nur für ein paar Tage gekauft werden (Rothkegel, ZfSH/SGB 2011, 79). Insoweit wird jedoch verkannt, dass auch der Regelbedarf für Kinder in pauschalierter Form gewährt wird. Dies bedeutet, dass ein erhöhter Bedarf für eine bestimmte Position durch einen verminderten Bedarf bei einer anderen Position ausgeglichen werden kann. Dies zeigt sich bei der Abteilung 08 besonders deutlich. Dort sind "sonstige Verbrauchsgüter für die Körperpflege" für alle Kinder im Alter von 0 bis 5 Jahren als regelbedarfsrelevant berücksichtigt. Im Normalfall sind für ein fünfjähriges Kind keine Aufwendungen für Windeln mehr erforderlich, hingegen jedoch möglicherweise aus den Positionen 69 (Uhren) oder 73 (Toilettenpapier). Umgekehrt wird ein Kind im Alter des Klägers zu 3 keinen Bedarf für Uhren, elektrische Geräte zur Körperpflege, Haarpflege, Rasiermittel (laufende Nr 72) oder Toilettenpapier (laufende Nummer 73) haben.

43

ee) Auch die Aufspaltung der Grundsicherungsleistungen für Kinder in der Altersstufe des Klägers zu 3 in Regelbedarf und Bildungs- sowie Teilhabebedarfe nach § 28 SGB II in der Fassung des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG führt nicht zu einer Verletzung von Art 1 Abs 1 GG iVm Art 20 Abs 1 GG durch Unterschreitung des ihnen zu sichernden Existenzminimums.

44

(1) Alg II bzw Sozialgeld und Leistungen zur Bildung und Teilhabe dienen in ihrer Kombination der Sicherung des soziokulturellen Existenzminimums iS des Art 1 Abs 1 GG iVm Art 20 Abs 1 GG. Das BVerfG hat den grundsicherungsrelevanten Bedarf von Kindern und Jugendlichen aus einer Zusammenschau der für das Alg II/Sozialgeld bedeutsamen Bedarfe und denen zur Bildung und Teilhabe bestimmt (BVerfGE, aaO, RdNr 197). Die Bedarfe für Bildung und Teilhabe stellen also nicht lediglich über den grundsicherungsrechtlich relevanten Bedarf hinausgehende Leistungen an Kinder und Jugendliche dar, sondern sind gerade Teil des grundsicherungsrelevanten Bedarfs, den der Gesetzgeber zu decken hat (BVerfG, aaO, RdNr 192). Dem hat der Gesetzgeber durch die einfachgesetzliche Ausgestaltung der passiven Leistungen des SGB II durch § 19 Abs 1 und 2 SGB II in der Fassung des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG Rechnung getragen. Nunmehr können auch die in §§ 19, 28 SGB II in der Fassung des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG genannten Bedarfe die Leistungsberechtigung insgesamt auslösen(vgl § 7 Abs 2 S 3, § 9 Abs 2 S 3, § 13 Abs 1 Nr 4 SGB II; vgl Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, § 28 Rz 23, Stand XI/12).

45

(2) Auch wenn für den Kläger zu 3 keine Leistungen für Bildung und Teilhabe beantragt worden sind, sind diese gleichwohl bei der Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Höhe der existenzsichernden Leistungen zu berücksichtigen. Der gesetzliche Leistungsanspruch muss zwar so ausgestaltet sein, dass er stets den gesamten existenznotwendigen Bedarf jedes individuellen Grundrechtsträgers deckt (BVerfGE, aaO, RdNr 137 unter Hinweis auf BVerfGE 87, 153, 172; BVerfGE 91, 93, 112; BVerfGE 99, 246, 261; BVerfGE 120, 125, 155 und 166). Der gesetzgeberische Gestaltungsspielraum umfasst jedoch die Beurteilung der tatsächlichen Verhältnisse ebenso wie die wertende Einschätzung des notwendigen Bedarfs (BVerfGE, aaO, RdNr 138). Insoweit kommt es, wenn der Gesetzgeber - wie im Teilhabe- und Bildungsbereich - Sach- oder Dienstleistungen zur Existenzsicherung anbietet, nicht darauf an, ob diese Leistungen tatsächlich in Anspruch genommen werden. Entscheidend ist vielmehr, dass sie zur Verfügung stehen. Dies ist bei Kindern bis zur Vollendung des 3. Lebensjahres durch die Zusammenschau von Regelbedarf und Leistungen für Bildung und Teilhabe der Fall. Soweit wie hier, die Gewährung von Grundsicherungsleistungen jedoch von der Antragstellung abhängig ist, obliegt es dem einzelnen Leistungsberechtigten, seinen Bedarf gegenüber dem Leistungsträger geltend zu machen.

46

(3) Im Gegensatz zur Auffassung des SG ist ein Kind im Alter des Klägers zu 3 auch nicht von den gesetzlich vorgesehenen Leistungen des § 28 SGB II ausgeschlossen. Sie sind Teil auch seiner Existenzsicherung. § 28 Abs 2 S 2 und § 28 Abs 6 S 1 Nr 2 SGB II in der Fassung des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG sehen vor, dass für Kinder, die eine Kindertageseinrichtung besuchen Ausflüge und Mittagsverpflegung förderfähig sind. Dabei handelt es sich nicht lediglich um Kindergärten. Vielmehr ist der Begriff im gleichen Sinn auszulegen wie § 22 Abs 1 S 1 SGB VIII und umfasst damit neben Kindergärten - unabhängig von ihrer Bezeichnung im einzelnen Fall - auch Krabbelgruppen, Kinderhorte, Kleinspielkreise, Kinderkrippen etc(vgl Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, § 28 RdNr 45 [Stand: 11/12]; Leopold in Schlegel/Voelzke/Radüge, JurisPK-SGB II, 3. Aufl 2012, § 28 RdNr 49; Thommes in Gagel, SGB II/III, § 28 SGB II RdNr 13 [Stand: 4/12]; vgl auch Fach in Oestreicher, SGB II/XII, § 28 SGB II RdNr 51 [Stand: 10/12]; aA O. Loose in Hohm, GK-SGB II, § 28 RdNr 29 [Stand: 12/11], der - trotz § 26 SGB VIII methodisch fragwürdig - auf das jeweilige Landesrecht zurückgreifen möchte). Jedenfalls gemeint sind Einrichtungen zur Betreuung von Kindern im Vorschulalter. Ebenso stehen die Leistungen nach § 28 Abs 7 SGB II in der Fassung des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG für den Kläger zu 3 zur Verfügung. Soweit diese auf Mitgliedsbeiträge in den Bereichen Sport, Spiel, Kultur und Geselligkeit, auf Unterricht in künstlerischen Fächern (zum Beispiel Musikunterricht) und vergleichbaren angeleiteten Tätigkeiten der kulturellen Bildung und der Teilnahme an Freizeiten beschränkt sind, folgt auch hieraus keine verfassungswidrige Unterversorgung des Klägers zu 3. Diese Leistungen dienen dem legitimen Ziel der Herstellung von Chancengleichheit zwischen leistungs- und nichtleistungsbeziehenden Kindern, insbesondere durch Integration in bestehende Vereins- und Gemeinschaftsstrukturen (BT-Drucks 17/3404 S 106). Dass der Gesetzgeber dort nicht alle denkbaren Bereiche gemeinschaftlicher Aktivität von Kindern aufgenommen hat, ist dem vom BVerfG (BVerfG, aaO, RdNr 133, 138) ausdrücklich gebilligten Gestaltungsspielraum geschuldet. Dieser Gedanke rechtfertigt es auch, zB Kinobesuche von der Förderfähigkeit zumindest bei Kindern im Alter des Klägers zu 3 auszunehmen. Im Übrigen ist die einfachgesetzliche Regelung des § 28 Abs 7 SGB II in der Fassung des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG, die durch ihre offenen Tatbestände viele Spielräume eröffnet, erforderlichenfalls in verfassungskonformer Weise auszulegen.

47

(4) Unschädlich ist insoweit auch, dass der Gesetzgeber die Bildungs- und Teilhabeleistungen als Sach- oder Dienstleistungen und nicht in einer Pauschale als Geldleistung erbringt. Nach der Rechtsprechung des BVerfG bleibt dem Gesetzgeber die Entscheidung überlassen, ob er das Existenzminimum durch Geld-, Sach- oder Dienstleistungen sichert. Ebenfalls nicht zu beanstanden ist, dass der Gesetzgeber etwa im Rahmen des § 28 Abs 7 SGB II in der Fassung des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG nicht bloß einen monatlichen Geldbetrag in Höhe von 10 Euro an leistungsberechtigte Kinder zur Verfügung stellt, sondern diesen mit bestimmten Verwendungszwecken verknüpft hat. Mit der Zurverfügungstellung des Geldbetrags allein könnte nicht sichergestellt werden, dass die Geldmittel auch dazu verwendet werden, eben den Teilhabeanteil - als kindgerechter Sicherstellung des soziokulturellen Existenzminimums - eines Kindes zu decken. Eine alleinige nachträgliche Kontrolle der zweckentsprechenden Verwendung geleisteter Geldzahlungen (vgl § 29 Abs 4 SGB II in der Fassung des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG) als theoretisch denkbares milderes Mittel reicht nicht aus, um das soziokulturelle Existenzminimum in dem Zeitraum sicherzustellen, für welchen die Leistungen gewährt werden. Vielmehr bedarf es einer gegenwärtigen Sicherstellung im fraglichen Zeitraum (Gegenwärtigkeitsprinzip).

48

(5) Nicht entscheidungserheblich ist ferner, dass das SG keine Feststellungen zu den tatsächlichen Verhältnissen in der Wohnortgemeinde bzw dem sozialen Umfeld des Klägers zu 3 im Hinblick auf das dortige Teilhabeangebot iS des § 28 Abs 7 SGB II in der Fassung des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG getroffen hat. Die Teilhabemöglichkeiten sind zwar abhängig von den örtlichen Verhältnissen. Sie sollen jedoch lediglich gewährleisten, dass den Betroffenen eine Teilhabe im Rahmen der bestehenden örtlichen Infrastruktur ermöglicht wird. Damit reicht es für die Existenzsicherung aus, wenn die Inanspruchnahme entsprechender Angebote durch die Teilhabeleistungen sichergestellt wird.

49

Die Träger der Leistungen für Bildung und Teilhabe (gemäß § 6 Abs 1 S 1 Nr 2 SGB II die kommunalen Träger) trifft nach der nicht zu beanstandenden gesetzgeberischen Konzeption insoweit auch kein Sicherstellungsauftrag. Vielmehr haben sie lediglich die finanziellen Hürden zu beseitigen, die einer Integration von Kindern und Jugendlichen in die Gesellschaft entgegenstehen bzw sie behindern können (vgl BT-Drucks 17/3404 S 107). Zwar wird verschiedentlich gegen eine gutscheinweise Gewährung von Teilhabeleistungen und eine dadurch eintretende Erfüllung des Leistungsanspruchs (vgl § 29 Abs 2 S 1, Abs 3 S 1 SGB II) eingewandt, insbesondere im "ländlichen Bereich" könne es so zu einer Unterdeckung des Teilhabebedarfs von Kindern und Jugendlichen kommen, falls dort keine entsprechenden Angebote bestünden (so zB Münder, SozSich, Sonderheft September 2011, 88 f). Es erscheint indes bei tatsächlicher Betrachtung kaum vorstellbar, dass es Gebiete in der Bundesrepublik Deutschland gibt, in denen es überhaupt keine Angebote für Kinder, insbesondere solcher der Altersstufe 1, gibt, die in Anspruch genommen werden könnten. Dies gilt auch für den hier zu beurteilenden Fall, der zudem den städtischen Bereich betrifft.

50

Das Fehlen eines Sicherstellungsauftrages iS der Bereitstellung eines, womöglich sogar eigenen Angebots der Kommunen ist auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums beinhaltet zwar eine Verpflichtung des Staates zum Schutz der menschlichen Würde dahingehend, dass er es zu unterlassen hat, ua durch öffentlich-rechtliche Vorschriften diese verfassungsrechtliche Garantie zu beeinträchtigen. Dem Gesetzgeber ist hierbei indes ein erheblicher Gestaltungsspielraum zuzugestehen (BVerfG, aaO, RdNr 133, 138; Höfling in Sachs, GG, 6. Aufl 2011, Art 1 RdNr 49; Jarass in Jarass/Pieroth, GG, 12. Aufl 2012, Art 1 RdNr 14). Der Staat ist lediglich verpflichtet, die Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein, erforderlichenfalls auch durch Sozialleistungen zu sichern (vgl BVerfG vom 29.5.1990 - 1 BvL 20/84 - BVerfGE 82, 60, 85 = SozR 3-5870 § 10 Nr 1; Dreier in Dreier, GG, Band I, 2. Aufl 2004, Art 1 Abs 1 RdNr 158 mwN; Höfling in Sachs, GG, 6. Aufl 2011, Art 1 RdNr 31 f, 48; Jarass in Jarass/Pieroth, GG, 12. Aufl 2012, Art 1 RdNr 22). Hieraus lässt sich, wie das BVerfG betont hat (BVerfG, aaO, RdNr 138), indes kein konkreter Leistungsanspruch zugunsten Einzelner ableiten.

51

(6) Auch rechnerisch wird die Herausnahme einzelner vormals regelbedarfsrelevanter Positionen durch das RBEG aus dem Regelbedarf durch die Bildungs- und Teilhabeleistungen in der Altersstufe des Klägers zu 3 ausgeglichen. Der Bedarf für den Bereich "Außerschulischer Unterricht, Hobbykurse" beträgt nach dem zuvor bereits näher erörterten Verteilungsschlüssel bis zu 3,58 Euro pro Kind in einem Paarhaushalt mit Kind. In dem Haushalt fallen jedoch insgesamt Bedarfe in Höhe von maximal 10,74 Euro für die Verbrauchsposition "Außerschulischer Unterricht, Hobbykurse" an. Für "Mitgliedsbeiträge an Organisationen ohne Erwerbszweck" sind es bis zu 2,60 Euro für den gesamten Haushalt, je nach Alter des Kindes (BT-Drucks 17/3404, S 106). Angesichts dessen ist es evident, dass aufgrund des Leistungsbetrags von 10 Euro nach § 28 Abs 7 SGB II in der Fassung des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG die Herausnahme der Bedarfspositionen einen Ausgleich findet(aA wohl Lenze, WSI-Mitteilungen 2011, 534, 537, die allerdings auch die Kürzungen wohl erst für die Altersstufe 2 annimmt; Rothkegel, ZfSH/SGB 2011, 69, 80 f, der eher die zutreffende Höhe der Leistungen nach § 28 Abs 7 SGB II bezweifelt).

52

Soweit gegen die nach § 28 Abs 7 SGB II vorgesehene Berücksichtigung eines Bedarfs an Leistungen zur Teilhabe in Höhe von 10 Euro im Monat vorgebracht wird, dieser Betrag sei "ins Blaue hinein" geschätzt und nicht folgerichtig iS der Rechtsprechung des BVerfG ermittelt, geht dieser Einwand hinsichtlich des Klägers zu 3 als Anspruchsberechtigtem ins Leere. Der vom Gesetzgeber gewählte Wert ist nicht zu beanstanden. Aus der Auswertung der EVS 2008 ergibt sich hinsichtlich der Ausgaben des privaten Konsums von Ehepaaren und sonstigen Paarhaushalten mit einem Kind im Alter von unter sechs Jahren, dass die anteiligen für Kinder in diesem Alter vorgesehenen Bedarfe deutlich unterhalb der gesetzlich vorgesehenen 10 Euro monatlich liegen. Für Freizeit- und Kulturdienstleistungen weist die EVS 2008 für Kinder im Alter unter sechs Jahren insgesamt einen Wert von 5,56 Euro monatlich aus (BT-Drucks 17/3404 S 146, Code 159 094). Davon wurden 1,08 Euro für "Außerschulischen Unterricht und Hobbykurse" (BT-Drucks 17/3404 S 146 Code 160 0941 020), die für den Teilhabebedarf iS des § 28 Abs 7 SGB II relevant sind, aus dem Regelbedarf gestrichen. Letztlich wird auch von Kritikern zugestanden, dass der vom Gesetzgeber veranschlagte Betrag in Höhe von 10 Euro pro Monat nicht evident unzureichend ist, um den Bedarf zu decken (vgl Münder in SozSich, Sonderheft September 2011, 87).

53

Gegen die Berücksichtigung der Auswertung solcher Angaben im Rahmen des § 28 Abs 7 SGB II in der Fassung des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG kann nicht eine mangelnde Datentransparenz eingewendet werden. Der für Kinder im Alter von 0 bis 5 Jahren ermittelte Wert ist offen ausgewiesen (BT-Drucks 17/3404 S 146). Auf die Frage nach der Behandlung von Positionen, die in der EVS 2008 aufgrund der geringen Anzahl auswertbarer Angaben (weniger als 25 Haushalte) durch " / " gekennzeichnet wurden (hierzu zB Mogwitz, ZfSH/SGB 2011, 323, 332 f), kommt es im hier zu beurteilenden Fall nicht an.

54

(7) Die vielfach kritisierten "Kürzungen" des Regelbedarfs von Kindern wegen der Leistungen für den persönlichen Schulbedarf nach § 28 Abs 3 SGB II in der Fassung des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG trifft den Kläger zu 3 nicht. Die Position "sonstige Verbrauchsgüter" (ua Schreibwaren und Zeichenmaterial) in der Abteilung 09 ist für Kinder bis zu 5 Jahren zu 100 % regelbedarfsrelevant. Erst für Kinder ab 6 bis 17 Jahren werden diese Güter aus der Bemessung des Regelbedarfs herausgenommen, weil für diese Leistungen gesondert über das Schulbasispaket gewährt werden (BT-Drucks 17/3404, S 72). Der Einwand, der Schulausstattungsbedarf gemäß § 28 Abs 3 SGB II sei lediglich freihändig geschätzt und empirisch nicht nachgewiesen oder nachvollziehbar, geht bei Betrachtung der Person des Klägers zu 3 daher ebenfalls ins Leere, denn er ist insoweit nicht anspruchsberechtigt. Dies sind nur Schülerinnen und Schüler.

55

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Bedarfe für Bildung und Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft werden bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen neben dem Regelbedarf nach Maßgabe der Absätze 2 bis 7 gesondert berücksichtigt. Bedarfe für Bildung werden nur bei Personen berücksichtigt, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, eine allgemein- oder berufsbildende Schule besuchen und keine Ausbildungsvergütung erhalten (Schülerinnen und Schüler).

(2) Bei Schülerinnen und Schülern werden die tatsächlichen Aufwendungen anerkannt für

1.
Schulausflüge und
2.
mehrtägige Klassenfahrten im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen.
Für Kinder, die eine Tageseinrichtung besuchen oder für die Kindertagespflege geleistet wird, gilt Satz 1 entsprechend.

(3) Für die Ausstattung von Schülerinnen und Schülern mit persönlichem Schulbedarf ist § 34 Absatz 3 und 3a des Zwölften Buches mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass der nach § 34 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 3a des Zwölften Buches anzuerkennende Bedarf für das erste Schulhalbjahr regelmäßig zum 1. August und für das zweite Schulhalbjahr regelmäßig zum 1. Februar zu berücksichtigen ist.

(4) Bei Schülerinnen und Schülern, die für den Besuch der nächstgelegenen Schule des gewählten Bildungsgangs auf Schülerbeförderung angewiesen sind, werden die dafür erforderlichen tatsächlichen Aufwendungen berücksichtigt, soweit sie nicht von Dritten übernommen werden. Als nächstgelegene Schule des gewählten Bildungsgangs gilt auch eine Schule, die aufgrund ihres Profils gewählt wurde, soweit aus diesem Profil eine besondere inhaltliche oder organisatorische Ausgestaltung des Unterrichts folgt; dies sind insbesondere Schulen mit naturwissenschaftlichem, musischem, sportlichem oder sprachlichem Profil sowie bilinguale Schulen, und Schulen mit ganztägiger Ausrichtung.

(5) Bei Schülerinnen und Schülern wird eine schulische Angebote ergänzende angemessene Lernförderung berücksichtigt, soweit diese geeignet und zusätzlich erforderlich ist, um die nach den schulrechtlichen Bestimmungen festgelegten wesentlichen Lernziele zu erreichen. Auf eine bestehende Versetzungsgefährdung kommt es dabei nicht an.

(6) Bei Teilnahme an einer gemeinschaftlichen Mittagsverpflegung werden die entstehenden Aufwendungen berücksichtigt für

1.
Schülerinnen und Schüler und
2.
Kinder, die eine Tageseinrichtung besuchen oder für die Kindertagespflege geleistet wird.
Für Schülerinnen und Schüler gilt dies unter der Voraussetzung, dass die Mittagsverpflegung in schulischer Verantwortung angeboten wird oder durch einen Kooperationsvertrag zwischen Schule und Tageseinrichtung vereinbart ist. In den Fällen des Satzes 2 ist für die Ermittlung des monatlichen Bedarfs die Anzahl der Schultage in dem Land zugrunde zu legen, in dem der Schulbesuch stattfindet.

(7) Für die Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft werden pauschal 15 Euro monatlich berücksichtigt, sofern bei Leistungsberechtigten, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, tatsächliche Aufwendungen entstehen im Zusammenhang mit der Teilnahme an

1.
Aktivitäten in den Bereichen Sport, Spiel, Kultur und Geselligkeit,
2.
Unterricht in künstlerischen Fächern (zum Beispiel Musikunterricht) und vergleichbare angeleitete Aktivitäten der kulturellen Bildung und
3.
Freizeiten.
Neben der Berücksichtigung von Bedarfen nach Satz 1 können auch weitere tatsächliche Aufwendungen berücksichtigt werden, wenn sie im Zusammenhang mit der Teilnahme an Aktivitäten nach Satz 1 Nummer 1 bis 3 entstehen und es den Leistungsberechtigten im Einzelfall nicht zugemutet werden kann, diese aus den Leistungen nach Satz 1 und aus dem Regelbedarf zu bestreiten.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt. In Streitigkeiten über Entscheidungen des Bundeskartellamts, die die freiwillige Vereinigung von Krankenkassen nach § 172a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch betreffen, sind die §§ 63 bis 80 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt.

(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig. Soweit die Gründe der Entscheidung Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei enthalten, dürfen sie dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden.

(2) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe kann nur nach Maßgabe des Absatzes 3 angefochten werden. Im Übrigen findet die sofortige Beschwerde statt; dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt, es sei denn, das Gericht hat ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Die Notfrist beträgt einen Monat.

(3) Gegen die Bewilligung der Prozesskostenhilfe findet die sofortige Beschwerde der Staatskasse statt, wenn weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt worden sind. Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Partei gemäß § 115 Absatz 1 bis 3 nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten oder gemäß § 116 Satz 3 Beträge zu zahlen hat. Die Notfrist beträgt einen Monat und beginnt mit der Bekanntgabe des Beschlusses. Nach Ablauf von drei Monaten seit der Verkündung der Entscheidung ist die Beschwerde unstatthaft. Wird die Entscheidung nicht verkündet, so tritt an die Stelle der Verkündung der Zeitpunkt, in dem die unterschriebene Entscheidung der Geschäftsstelle übermittelt wird. Die Entscheidung wird der Staatskasse nicht von Amts wegen mitgeteilt.

(4) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.