Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht Urteil, 10. Mai 2017 - L 8 U 28/14

bei uns veröffentlicht am10.05.2017

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 14. März 2014 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Klägers sind für beide Rechtszüge nicht zu

erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens eine höhere Verletztenrente auf der Grundlage eines höheren zu berücksichtigenden Jahresarbeitsverdienstes (JAV).

2

Der am … 1968 geborene Kläger spielte seit 1986 als Amateur Handball in der 2. Bundesliga. Seit Juli 1989 war er Vertragshandballspieler in der 1. Bundesliga, bis Juni 1994 bei der SG F… und von Juli 1994 bis Juni 2000 beim THW K…. Im Februar 2000 wurde er letztmalig als Spieler aufgestellt.

3

Die Beteiligten stritten um die Anerkennung eines Meniskusschadens des Klägers – am 12. August 1994 war eine erste Arthroskopie erfolgt – als Berufskrankheit. Das Sozialgericht Kiel verurteilte die Beklagte mit Urteil vom 29. November 2005 dazu, dem Kläger unter Anerkennung eines Meniskusschadens als Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren (S 5 U 102/03). Das Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht wies mit Urteil vom 21. Februar 2007 die hiergegen eingelegte Berufung der Beklagten zurück und änderte auf die Anschlussberufung des Klägers das Urteil des Sozialgerichts Kiel dahin ab, dass die Beklagte verurteilt wurde, dem Kläger die gesetzlichen Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung, insbesondere eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 20 vom Hundert (v.H.) ab dem 1. April 2004 bis zum 30. Juni 2005 zu gewähren (L 8 U 115/05).

4

In Ausführung des Urteils des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 21. Februar 2007 erkannte die Beklagte mit Bescheid vom 17. September 2007 die Meniskuserkrankung des Klägers als Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage 1 zur BKV und als Folge einen Anspruch auf eine Rente für den Zeitraum vom 1. April 2004 bis zum 30. Juni 2005 an, wobei für die Berechnung ein JAV von 28.671,86 Euro im Zeitraum vom 1. April 2003 bis zum 31. März 2004 und eine MdE von 20 v.H. zu Grunde gelegt wurde.

5

Mit Schreiben vom 9. Februar 2010 beantragte der Kläger die Neufeststellung des JAV gemäß § 44 Sozialgesetzbuch, Zehntes Buch (SGB X), in Verbindung mit § 84 Sozialgesetzbuch, Siebtes Buch (SGB VII). Es sei § 84 SGB VII anzuwenden. Er habe nachweislich seine Tätigkeit als Berufshandballspieler am 13. Februar 2000 aufgegeben, so dass als Versicherungsfall der 13. Februar 2000 festzustellen sei. Hieraus ergebe sich ein Zeitraum für die Berechnung des JAV von Februar 1999 bis Januar 2000.

6

Durch Bescheid vom 13. April 2011 lehnte es die Beklagte ab, den JAV nach § 84 SGB VII neu festzustellen. Die Voraussetzungen des § 9 Abs. 5 SGB VII träten nicht selten erst ein, nachdem der Versicherte die für seine Krankheit ursächliche Tätigkeit bereits aufgegeben habe. § 84 SGB VII trage der Besonderheit einer sich nur allmählich entwickelnden Berufskrankheit und einer häufig damit einhergehenden Einkommenseinbuße dadurch Rechnung, dass in Ergänzung zu § 9 Abs. 5 SGB VII und wiederum nur nach dem Günstigkeitsprinzip für die Berechnung des JAV der Eintritt des „Leistungsfalls“ zurückverlegt werde. Dadurch werde verhindert, dass eine bereits durch die Berufskrankheit bedingte Einkommenseinbuße vor den in § 9 Abs. 5 SGB VII vorgesehenen Zeitpunkten ungleich der Entschädigung von Arbeitsunfallverletzten bei der Berechnung der Höhe der Entschädigung unberücksichtigt bleibe. Voraussetzung für eine Anwendung des § 84 SGB VII sei, dass der „letzte Tag“ stets vor dem Eintritt des „Leistungsfalls“ (= rentenberechtigende MdE oder Behandlungsbedürftigkeit) liegen müsse. § 84 SGB VII sei daher nicht anzuwenden, wenn der Versicherte im Zeitpunkt der entschädigungspflichtigen Berufskrankheit noch die ursächliche Tätigkeit ausübe und diese erst nach dem „Leistungsfall“ aufgegeben werde. Voraussetzung sei weiter, dass diese Berechnung in der Regel auf Berufskrankheiten beschränkt sei, bei denen sich das Krankheitsgeschehen trotz Aufgabe der schädigenden Tätigkeit fortentwickele und zum Leistungsfall führe. Der „Leistungsfall“ sei beim Kläger mit der ersten Arthroskopie am 12. August 1994 eingetreten. Eine Aufgabe der gefährdenden Tätigkeit sei ab dem 11. Februar 2000 erfolgt. Der „letzte Tag“ nach § 84 SGB VII liege somit weit nach dem „Leistungsfall“.

7

Den gegen den Bescheid vom 13. April 2011 am 4. Mai 2011 erhobenen Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 29. September 2011 zurück. Die Beklagte wiederholte ihre Auffassung, dass die Vorschrift des § 84 SGB VII nur den Fällen Rechnung trage, in denen die Aufgabe der Tätigkeit bereits vor dem „Leistungsfall“ erfolge. Auch wenn in der Vorschrift selbst nicht erläutert sei, dass für eine Anwendung der Vorschrift der „Leistungsfall“ stets nach der Aufgabe der Tätigkeit liegen müsse, ergebe sich diese Notwendigkeit aus dem Gesetzeszweck. § 84 SGB VII verhindere, dass Versicherte, die nach Aufgabe einer gefährdenden Tätigkeit keiner Erwerbstätigkeit nachgingen oder ein geringes Arbeitsentgelt erzielten, beim späteren Eintritt der Berufskrankheit eine nach diesem niedrigen Entgelt bemessene Rente erhielten (BSGE 28, 274). Dieser Sachverhalt liege im vorliegenden Fall nicht vor, so dass § 84 SGB VII nicht anwendbar sei. Die Anwendung von § 9 Abs. 5 SGB VII ergebe, dass beim Vergleich der JAV-Zeitpunkte (Beginn der rentenberechtigenden MdE und Beginn der Behandlungsbedürftigkeit) der auf Basis des Beginns der rentenrelevanten MdE errechnete JAV günstiger sei. Dabei könne eine MdE von 10 v.H. nicht herangezogen werden, da die Vorschrift nur auf eine rentenberechtigende MdE abstelle. Im vorliegenden Fall bestehe nach Auskunft des Klägers kein weiterer Versicherungsfall, der zusammen mit der vorliegenden Berufskrankheit wenigstens eine MdE von 20 v.H. erreiche (Stützrente, § 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Es könne somit nur der Beginn einer MdE von 20 v.H. und somit der 1. April 2004 für die Berechnung herangezogen werden. Die Anwendung der Vorschrift des § 87 SGB VII komme nicht in Betracht, da kein in erheblichem Maße unbilliger JAV vorliege. Zum Zeitpunkt des Versicherungsfalls im Jahre 1994 (erstmaliger Nachweis eines Meniskusschadens) sei der Kläger bereits mehrere Jahre als Profihandballspieler tätig gewesen. Der nach diesem Zeitpunkt aus dieser Tätigkeit berechnete und angepasste JAV habe weit unter dem JAV gelegen, der sich aus dem Vergleich mit der Berechnung nach dem Beginn der rentenrelevanten MdE ergeben habe. Auch wenn vor dem Zeitpunkt des Vorliegens einer rentenberechtigenden MdE bereits erheblich höhere Einkünfte vom Kläger bezogen worden seien, könnten diese nicht in die Berechnung einfließen, da nach dem Versicherungsfall zu erwartende höhere Entgelte grundsätzlich nicht zu berücksichtigen seien (BSG, SozR 2200, § 571 Nr. 1).

8

Gegen den am 4. Oktober 2011 zugegangenen Widerspruchsbescheid hat der Kläger am 17. Oktober 2011 Klage erhoben. In § 84 SGB VII werde eindeutig und nicht diskutierbar geregelt, dass – wenn es für den Versicherten günstiger sei als eine Berechnung auf der Grundlage des § 9 Abs. 5 SGB VII – für die Berechnung des JAV auf den Zeitpunkt abzustellen sei, bis zu dem der Versicherte Tätigkeiten ausübe, die ihrer Art nach geeignet gewesen seien, die Berufskrankheit zu verursachen. Die Behauptung der Beklagten, eine MdE von 10 v.H. könne nicht herangezogen werden, da die Vorschrift des § 84 SGB VII nur auf eine rentenberechtigende MdE abstelle, sei unzutreffend, wie bereits dem Kommentar Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, zu entnehmen sei. Dort würde zu § 84 SGB VII festgestellt, dass bereits eine MdE von 10 oder 15 v.H. zu einer veränderten JAV-Berechnung unter Berücksichtigung des letzten Tages der gefährdenden Tätigkeit führe. Diese Regelung entspreche im Übrigen auch dem bei der Feststellung des JAV bei Berufskrankheiten grundsätzlich zu beachtenden und anzuwendenden Günstigkeitsprinzip. Hier sei darauf hinzuweisen, dass er – der Kläger – bis 1994 in der 2. Liga bzw. einem Verein aus der Tabellenregion der 1. Liga als Handballspieler tätig gewesen sei, quasi im Sinne einer Qualifizierung als Handballspieler, die mit dem Wechsel zum THW K… im Juli 1994 abgeschlossen gewesen sei. In den Jahren von 1994 bis 2000 habe er die gefährdende Tätigkeit mit entsprechend hohen Entgeltzahlungen weiterhin ausgeübt. Wie die Beklagte selbst bestätige, sei die Aufgabe der gefährdenden Tätigkeit am 10. Februar 2000 erfolgt. Ab diesem Datum habe bei ihm auch eine MdE von 10 v.H. vorgelegen. Nach Aufgabe der gefährdenden Tätigkeit habe er Tätigkeiten mit deutlich reduzierten Entgeltleistungen ausgeübt, die letztlich dann der JAV-Berechnung zu Grunde gelegt worden seien. Der von der Beklagten gewählte Zeitpunkt für die Berechnung des JAV sei nicht mit dem klar definierten Günstigkeitsprinzip in Einklang zu bringen und widerspräche insbesondere der Regelung gemäß § 84 SGB VII. Unter Berücksichtigung der Vorschrift des § 84 SGB VII sei für die Berechnung des JAV vom Tag der Aufgabe der gefährdenden Tätigkeit auszugehen mit der Folge, dass das im Jahr vor der Aufgabe der gefährdenden Tätigkeit erzielte Entgelt als Jahresarbeitsverdienst zu Grunde zu legen sei. Soweit die Beklagte im Zusammenhang mit § 87 SGB VII ausführe, dass die vor dem Zeitpunkt des Vorliegens einer rentenberechtigenden MdE erzielten Einkünfte nicht in die Berechnung einfließen könnten, da nach dem Versicherungsfall zu erwartende höhere Entgelte grundsätzlich nicht zu berücksichtigen seien, sei dies nicht nachvollziehbar. Es erschließe sich ihm nicht, wie die Beklagte darauf kommen könne, dass er höhere Einkünfte zu erwarten gehabt habe. Er habe höhere Einkünfte nicht lediglich zu erwarten gehabt, sondern diese tatsächlich erzielt. Bei der Anwendung des § 87 SGB VII sei zu beachten, dass der Versicherte der soziale und wirtschaftliche Aufstieg, den dieser erreicht habe, zu Gute kommen solle. Die Korrektur der JAV-Berechnung diene im Wesentlichen dem Zweck, den erreichten Lebensstandard zu sichern, wenn sich der Versicherte hierauf auf Dauer eingerichtet habe. Es sei unbillig, wenn ein vorübergehend niedrigeres, der normalen Lebenshaltung nicht entsprechendes Entgelt der Berechnung zu Grunde gelegt und als Maßstab für die gesamte Laufzeit der Rente gemacht werde. Er habe über Jahre hinweg ein weitaus höheres Einkommen erzielt, auf das er sich eingerichtet und das er der normalen Lebenshaltung zu Grunde gelegt habe. Somit sei die von der Beklagten vorgenommene JAV-Berechnung als unbillig zu bezeichnen.

9

Der Kläger hat beantragt,

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den Bescheid der Beklagten vom 13. April 2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 29. September 2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 17. September 2007 insoweit teilweise zurückzunehmen, als der JAV nach § 9 Abs. 5 SGB VII und nicht nach § 84 SGB VII berechnet worden ist.

11

Die Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Sie hat sich zur Begründung im Wesentlichen auf ihre Ausführungen in den streitigen Bescheiden bezogen.

14

Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 14. März 2014 den Bescheid vom 13. April 2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 29. September 2011 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, ihren Bescheid vom 17. September 2007 insoweit zurückzunehmen, als der JAV nach § 9 Abs. 5 SGB VII und nicht nach § 84 SGB VII berechnet worden sei. Zur Begründung hat das Sozialgericht im Wesentlichen Folgendes ausgeführt: Nach dem Günstigkeitsprinzip finde § 84 SGB VII Anwendung, so dass der Rentenberechnung der JAV-Zeitraum vom 1. Februar 1999 bis zum 31. Januar 2000 zu Grunde zulegen sei. Soweit die Beklagte auf § 87 SGB VII verweise, der atypische Fallgestaltungen erfasse und entsprechenden Einzelfällen Rechnung tragen solle, und insoweit offenbar vorliegend von einer erheblichen Unbilligkeit eines nach der Regelberechnung, nach den Vorschriften bei Berufskrankheiten usw. festgesetzten JAV ausgegangen werde, sei festzustellen, dass bei der im Bescheid vom 17. September 2007 erfolgten Festsetzung des als Berechnungszeitpunkt des JAV maßgebenden 1. April 2004 Ermessen im Sinne von § 87 SGB VII nicht ausgeübt worden sei.

15

Gegen das der Beklagten am 7. Mai 2014 zugestellte Urteil hat diese am 27. Mai 2014 Berufung eingelegt. Bei einer Berufskrankheit ließe sich im Gegensatz zum Arbeitsunfall ein bestimmter Zeitpunkt für den Eintritt des schädigenden Ereignisses regelmäßig schwer bestimmen. Deshalb würden in § 9 Abs. 5 SGB VII als Tag des Versicherungsfalls alternativ nach dem Günstigkeitsprinzip zwei Ereignisse fingiert, die dadurch gekennzeichnet seien, dass die die Berufskrankheit verursachenden schädigenden Einwirkungen bereits Gesundheitsstörungen vom Ausmaß eines „Leistungsfalls“ hervorgerufen hätten. § 84 SGB VII setze voraus, dass der letzte Tag der gefährdenden Tätigkeit vor dem „Leistungsfall“ nach § 9 Abs. 5 SGB VII liege. Denn nur dann könne die Vorschrift ihren Zweck erfüllen zu verhindern, dass eine bereits vor diesem Zeitpunkt (also vor dem „Leistungsfall“) eingetretene Einkommenseinbuße die Höhe der Entschädigung mindere. Der „Leistungsfall“ gemäß § 9 Abs. 5 SGB VII (1. Alternative = Behandlungsbedürftigkeit bzw. Arbeitsunfähigkeit) sei vorliegend mit der ersten Arthroskopie am 12. August 1994 eingetreten. Dass dem so sei, werde schon dadurch deutlich, dass dem Kläger unter Berücksichtigung der Verjährungseinrede rückwirkend für die Zeit ab 1998 Verletztengeld gewährt worden sei. Den letzten Tag einer gefährdenden Tätigkeit gemäß § 84 SGB VII habe der Kläger am 10. Februar 2000 ausgeübt, also viel später als die mit dem Vollbeweis nachgewiesene und den „Leistungsfall“ gemäß § 9 Abs. 5 SGB VII auslösende Meniskospathie im Sinne der Berufskrankheit nach Nr. 2102 in 1994. Das Sozialgericht habe somit den Zweck der Vorschrift des § 84 SGB VII nicht beachtet.

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Die Beklagte beantragt,

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das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 14. März 2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

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Der Kläger beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

20

Er hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend.

21

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie des beigezogenen Verwaltungsvorgangs der Beklagten verwiesen. Diese sind zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden.

Entscheidungsgründe

22

Die Berufung ist zulässig. Insbesondere fehlt es der Beklagten hierfür nicht an der erforderlichen Beschwer. Zwar hat das Sozialgericht die Beklagte lediglich – unter Aufhebung des Bescheids vom 13. April 2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 29. September 2011 – dazu verurteilt, ihren Bescheid vom 17. September 2007 insoweit zurückzunehmen, als der JAV nach § 9 Abs. 5 SGB VII und nicht nach § 84 SGB VII berechnet worden ist. Mit der teilweisen Aufhebung eines den Kläger begünstigenden – weil rentengewährenden – Bescheids ist für sich genommen für den Kläger kein Vorteil verbunden und umgekehrt für die Beklagte kein Rechtsnachteil. Aus dem Vortrag des Klägers ergibt sich allerdings, dass sein Begehren auf die Zahlung einer höheren Rente auf der Grundlage eines anderen, für ihn günstigeren JAVs gerichtet war. Es ist auch davon auszugehen, dass das Sozialgericht, wie sich aus den Entscheidungsgründen seines Urteils ergibt, dem Kläger einen solchen Anspruch zusprechen wollte, ohne dass dies im Tenor des Urteils jedoch zum Ausdruck gekommen ist. Vor diesem Hintergrund spricht viel dafür, dass das Sozialgericht einem Antrag auf Berichtigung des Tenors nach § 138 Sozialgerichtsgesetz (SGG) stattgeben würde. Dies ist ausreichend, um der Beklagten die Möglichkeit zu eröffnen, die erstinstanzliche Entscheidung im Wege der Berufung anzugreifen.

23

Die Berufung ist auch begründet. Das Sozialgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Der Bescheid der Beklagten vom 13. April 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. September 2011 erweist sich als rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte ihren Bescheid vom 17. September 2007 ändert und ihm eine höhere Rente gewährt.

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Der Kläger begehrt im Zugunstenverfahren nach § 44 Abs. 1 SGB X die Verpflichtung der Beklagten zur Bewilligung einer höheren Verletztenrente nach § 56 Abs. 1 Satz 1, § 82 Abs. 1 Satz 1, § 84 bzw. § 87 SGB VII für die Zeit vom 1. April 2004 bis zum 30. Juni 2005. Statthafte Klageart ist insofern die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage sowie Leistungsklage nach § 54 Abs. 1, Abs. 4 SGG, wobei die Anfechtungsklage sich auf die Aufhebung der Überprüfungsbescheide, die Verpflichtungsklage auf die Abänderung des bestandskräftigen Bescheids vom 17. September 2007 und die Leistungsklage auf Zahlung einer höheren Rente richtet (vgl. BSG, Urteil vom 26. April 2016 – B 2 U 14/14 R –, Rn. 15 m.w.N., juris). Die Festsetzung des JAV als solches stellt dagegen keinen abtrennbaren Streitgegenstand dar (vgl. BSG, Urteil vom 23. Juli 2015 – B 2 U 9/14 R –, Rn. 11, juris).

25

Der Bescheid vom 17. September 2007 war durch die Beklagte nicht nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X teilweise zurückzunehmen. Nach dieser Vorschrift ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind. Die Beklagte hat bei Erlass des Bescheids vom 17. September 2007 das Recht nicht unrichtig angewandt. Die hier vorgenommene Festsetzung des JAV entspricht den Regelungen der §§ 82 ff. SGB VII.

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Der JAV bestimmt sich im Ausgangspunkt nach der Regelberechnung des § 82 SGB VII. Nach § 82 Abs. 1 Satz 1 SGB VII ist der JAV der Gesamtbetrag der Arbeitsentgelte (§ 14 Sozialgesetzbuch, Viertes Buch – SGB IV) und Arbeitseinkommen (§ 15 SGB IV) des Versicherten in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat, in dem der Versicherungsfall eingetreten ist.Bei Berufskrankheiten ist für den Zeitpunkt des Versicherungsfalls gemäß § 9 Abs. 5 SGB VII auf den Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder der Behandlungsbedürftigkeit oder, wenn dies für den Versicherten günstiger ist, auf den Beginn der rentenberechtigenden MdE abzustellen.

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Dies zu Grunde gelegt, ergibt sich bei einer erstmaligen Behandlungsbedürftigkeit am 12. August 1994 (erstmalige Arthroskopie) ein JAV-Zeitraum vom 1. August 1993 bis zum 31. Juli 1994. Der hierzu seitens der Beklagten ermittelte Arbeitsverdienst von 15.849,98 Euro ist einem JAV-Zeitraum in Bezug auf den Beginn der rentenberechtigenden MdE am 1. April 2004 – wie im rechtskräftigen Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 21. Februar 2007 (L 8 U 115/05) bestimmt – vom 1. April 2003 bis zum 31. März 2004 und dem hierfür ermittelten Betrag von 28.671,86 Euro gegenüberzustellen. Da sich letzterer als für den Kläger günstiger erweist, hat die Beklagte diesen nach § 9 Abs. 5 SGB VII in ihrem Bescheid vom 17. September 2007 berücksichtigt. Die Berechnung der Höhe des JAV als solches für den JAV-Zeitraum vom 1. April 2003 bis zum 31. März 2004 wurde seitens des Klägers – auch nicht hilfeweise – beanstandet; Fehler sind insoweit auch nicht erkennbar.

28

Entgegen der Auffassung des Klägers ist der Versicherungsfall nicht abweichend von § 9 Abs. 5 SGB VII nach § 84 SGB VII zu bestimmen.Gemäß § 84 Satz 1 SGB VII gilt bei Berufskrankheiten für die Berechnung des JAV als Zeitpunkt des Versicherungsfalls der letzte Tag, an dem die Versicherten versicherte Tätigkeiten verrichtet haben, die ihrer Art nach geeignet waren, die Berufskrankheit zu verursachen, wenn diese Berechnung für die Versicherten günstiger ist als eine Berechnung auf der Grundlage des in § 9 Abs. 5 SGB VII genannten Zeitpunktes. Dies gilt ohne Rücksicht darauf, aus welchen Gründen die schädigende versicherte Tätigkeit aufgegeben worden ist (§ 84 Satz 2 SGB VII).

29

§ 84 SGB VII findet einschränkend nur dann Anwendung, wenn der „letzte Tag“ der verrichteten Tätigkeit vor dem Eintritt eines Versicherungsfalls im Sinne des § 9 Abs. 5 SGB VII – d.h. vor dem Beginn der Arbeitsunfähigkeit/Behandlungsbedürftigkeit und vor dem Beginn der rentenberechtigenden MdE – liegt (so das ganz überwiegende Schrifttum, vgl. etwa Keller, in: Hauck/Noftz, SGB VII, § 84 Rn. 4; Schudmann, jurisPK-SGB VII, § 84 Rn. 10, 16; Mehrtens/Bereiter-Hahn, Gesetzliche Unfallversicherung, Siebtes Buch Sozialgesetzbuch, Handkommentar, § 84 Rn. 3; Burchardt, in: Becker/Burchardt/Krasney/Kruschinsky, Gesetzliche Unfallversicherung [SGB VII], Kommentar, § 84 Rn. 8, 9). Dies folgt aus einer an Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Sinn und Zweck und Systematik orientierten Auslegung der Vorschrift.

30

Der Wortlaut der Regelung des § 84 SGB VII scheint zunächst keine einschränkende Auslegung zuzulassen. Wenn es in § 84 Satz 1 SGB VII heißt, bei Berufskrankheiten gelte für die Berechnung des JAV als Zeitpunkt des Versicherungsfalls der letzte Tag, an dem die Versicherten ihre – „verursachungsgeeignete“ – versicherte Tätigkeit verrichtet hätten, so wird damit allein auf den Zeitpunkt der Beendigung der Tätigkeit abgestellt, die ihrer Art nach geeignet war, die Berufskrankheit zu verursachen. Andererseits wird in der Vorschrift Bezug genommen auf verrichtete Tätigkeiten, die ihrer Art nach geeignet „waren“, die Berufskrankheit zu verursachen. Damit könnte zum Ausdruck kommen, dass diese Tätigkeiten als in der Vergangenheit liegend anzusehen sind, was wiederum nahelegen könnte, dass die Aufgabe dieser Tätigkeit regelmäßig vor den Zeitpunkten des § 9 Abs. 5 SGB VII liegt.

31

Die Entstehungsgeschichte der Norm und – damit verbunden – ihr Zweck hingegen streiten maßgeblich für die Auffassung, dass der „letzte Tag“ vor den Zeitpunkten des § 9 Abs. 5 SGB VII liegen muss. Die Vorgängerregelung zu § 84 SGB VII in der Reichsversicherungsordnung (RVO) war § 572 RVO. Die Vorschrift lautete inhaltlich ähnlich wie § 84 Satz 1 SGB VII: „Bei Berufskrankheiten gilt für die Berechnung des Jahresarbeitsverdiensts, wenn es für den Berechtigten günstiger ist, als Zeitpunkt des Arbeitsunfalls der letzte Tag, an dem der Versicherte in einem Unternehmen Arbeiten verrichtet hat, die ihrer Art nach geeignet sind, die Berufskrankheit zu verursachen.“ Diese Regelung sollte der Besonderheit einer sich nur allmählich entwickelnden Berufskrankheit und einer häufig damit einhergehenden Einkommenseinbuße dadurch Rechnung tragen, dass sie in Ergänzung zu § 551 Abs. 3 Satz 2 RVO und wiederum nur nach dem Günstigkeitsprinzip für die Berechnung des JAV den Eintritt des Versicherungsfalls zurückverlegte (so BSG, Urteil vom 25. Februar 1993 – 2 RU 22/92 –, Rn. 19; Urteil vom 30. Juni 1993 – 2 RU 42/92 –, Rn. 20; jeweils juris). Dadurch wurde verhindert – so das BSG in den zitierten Entscheidungen weiter –, dass eine bereits durch die Berufskrankheit bedingte Einkommenseinbuße vor den in § 551 Abs. 3 RVO vorgesehenen Zeitpunkten (Beginn der Krankheit im Sinne der Krankenversicherung oder Beginn der MdE) ungleich der Entschädigung von Arbeitsunfallverletzten bei der Berechnung der Höhe der Berufskrankeits-Entschädigung unberücksichtigt bleibt. Die Vorschrift des § 572 RVO verhinderte – so formulierte es das BSG in seinem Urteil vom 26. November 1987 zum Aktenzeichen 2 RU 20/87 (Rn. 21, juris) –, dass Versicherte, die nach Aufgabe einer gefährdenden Tätigkeit entweder keine Erwerbstätigkeit ausübten oder aus einer anderen Erwerbstätigkeit ein geringeres Arbeitsentgelt erzielten, beim späteren Eintritt der Berufskrankheit eine nach einem geringeren JAV bemessene Rente erhielten.

32

An diesem Sinn und Zweck hat sich mit der Übernahme der Regelung in § 84 SGB VII nichts geändert. Denn in der Gesetzesbegründung zu § 84 SGB VII (BT-Drucks. 13/2204, S. 95) heißt es zunächst: „Die Vorschrift über den Jahresarbeitsverdienst bei Berufskrankheiten entspricht dem geltenden Recht (§ 572 RVO).“ Tatsächlich sind die Formulierungen in § 572 RVO einerseits sowie § 84 Satz 1 SGB VII andererseits im Wesentlichen vergleichbar. Angefügt wurde in § 84 SGB VII lediglich ein zweiter Satz, wonach es unerheblich ist, aus welchen Gründen die schädigende Tätigkeit aufgegeben worden ist. Hierzu die Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 13/2204, S. 95): „Die Günstigkeitsregelung wird nicht davon abhängig gemacht, da[ss] die Tätigkeit wegen der gesundheitlichen Gefährdung aufgegeben worden ist.“ Wenn dies aber die einzige Änderung ist, die Vorgängerregelung sonst übernommen werden sollte, so muss auch der damals verfolgte Zweck weiterhin gelten. Eine andere Schutzrichtung als die, bei sich entwickelnden Berufskrankheiten mit Aufgabe der gefährdenden Tätigkeit aus gesundheitlichen Gründen und dem erst späteren Eintritt des Versicherungsfalls nach § 9 Abs. 5 SGB VII dem JAV wenigstens das Erwerbseinkommen zu Grunde zu legen, das der Betroffene während der gefährdenden Tätigkeit erzielt hat (vgl. hierzu etwa Schudmann, a.a.O., Rn. 9 ff.), ist für den Senat auch nicht erkennbar.

33

Aus systematischen Erwägungen folgt kein anderes Verständnis der Vorschrift des § 84 SGB VII. Es handelt sich um eine Sondervorschrift für Berufskrankheiten, die nur in dem vorstehend beschriebenen Zweck ihre Berechtigung findet.

34

Unter Zugrundelegung eines solchen Normverständnisses wäre § 84 SGB VII mit einem Versicherungsfall im Februar 2000 nur dann anzuwenden, wenn dieser vor dem Eintritt des Versicherungsfalls im Sinne des § 9 Abs. 5 SGB VII lägen. Das ist hier nicht der Fall. Zwar lag der zweite bzw. – je nach Lesart – dritte in § 9 Abs. 5 SGB VII bestimmte Versicherungsfall, der Beginn der rentenberechtigenden MdE, mit dem 1. April 2004 deutlich nach dem Versicherungsfall des § 84 SGB VII im Februar 2000. Der Beginn der Behandlungsbedürftigkeit datiert mit dem 12. August 1994 aber erheblich früher.

35

Dass die Beklagte in ihrem Bescheid vom 17. September 2007 selbst ausdrücklich für die Berechnung des JAV auf den 1. April 2004 abgestellt hat, ändert daran nichts. Dies war nach § 9 Abs. 5 SGB VII und dem dort bestimmten Günstigkeitsvergleich geboten.

36

Der Kläger kann sich weiterhin nicht auf § 87 SGB VII berufen. § 87 SGB VII lautet: „Ist ein nach der Regelberechnung, nach den Vorschriften bei Berufskrankheiten, den Vorschriften für Kinder oder nach der Regelung über den Mindestjahresarbeitsverdienst festgesetzter Jahresarbeitsverdienst in erheblichem Maße unbillig, wird er nach billigem Ermessen im Rahmen von Mindest- und Höchstjahresarbeitsverdienst festgesetzt. Hierbei werden insbesondere die Fähigkeiten, die Ausbildung, die Lebensstellung und die Tätigkeit der Versicherten im Zeitpunkt des Versicherungsfalls berücksichtigt.“

37

Die Vorschrift soll atypische Fallgestaltungen erfassen und – ausgerichtet u.a. am Lebensstandard des Versicherten – für diesen zu einem billigen Ergebnis führen. Ziel der Regelung ist es, den JAV als Grundlage der Rente so zu bemessen, dass der Lebensstandard gesichert wird, den der Versicherte zeitnah vor dem Versicherungsfall erreicht und auf den er sich eingerichtet hat. Die Anwendung des § 87 SGB VII kann deshalb im Einzelfall sowohl eine Erhöhung als auch eine Reduzierung des nach §§ 82 bis 86 SGB VII berechneten JAV bewirken (vgl. BSG, Urteil vom 15. September 2011 – B 2 U 24/10 R –, Rn. 24, juris, mit Verweis auf Schudmann, in: jurisPK-SGB VII, § 87 SGB VII, Rn. 6). Es wird geprüft, welche Einkünfte der Versicherte innerhalb der Jahresfrist vor dem Versicherungsfall erzielt hat. Seine Einnahmen aus Erwerbstätigkeit im maßgeblichen Jahreszeitraum sind mit dem Ergebnis der gesetzlichen Berechnung zu vergleichen. Durch diesen Vergleich ergibt sich, ob der nach gesetzlichen Vorgaben festgesetzte Betrag des JAV außerhalb jeder Beziehung zu den Einnahmen steht, die für den Versicherten zum Zeitpunkt des Versicherungsfalls oder innerhalb der Jahresfrist vor diesem Zeitpunkt die finanzielle Lebensgrundlage gebildet haben (BSG, a.a.O., Rn. 25 m.w.N.). Die Festsetzung des JAV stellt sich danach nicht in erheblichem Maße unbillig dar, wenn der nach den §§ 82 bis 86 SGB VII ermittelte JAV den Fähigkeiten, der Ausbildung, Lebensstellung und Tätigkeit der Versicherten in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat des Versicherungsfalls entspricht (BSG, a.a.O.).

38

Eine Unbilligkeit in diesem Sinne ist nicht gegeben. Die Beklagte hat für die Bestimmung des JAV im hier maßgeblichen Zeitraum vom 1. April 2003 bis 31. März 2004 das tatsächliche Einkommen, das der damaligen Lebensstellung und Tätigkeit des Klägers entsprach, zugrunde gelegt. Etwas anders wurde von Seiten des Klägers auch nicht vorgetragen. Entgegen der Auffassung des Klägers können in diesem Rahmen die bis zum Jahr 2000 beim THW K… erzielten höheren Einkünfte nicht berücksichtigt werden, da maßgeblich allein die Einkünfte im Jahreszeitraum vor Eintritt des Versicherungsfalls – 1. April 2003 bis 31. März 2004 – sind.

39

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

40

Gründe, die Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.


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Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 29. November 2005 wird zurückgewiesen.

Auf die Anschlussberufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 29. November 2005 dahingehend abgeändert, dass die Beklagte verurteilt wird, dem Kläger die gesetzlichen Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung, insbesondere eine Verletztenrente nach einer MdE um 20 v. H. ab dem 1. April 2004 bis zum 30. Juni 2005 zu gewähren.

Die Beklagte hat dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Anerkennung eines Meniskusschadens des linken Knies als Berufskrankheit.

2

Der 1968 geborene Kläger erlernte von September 1984 bis Juni 1986 den Beruf des Berg- und Maschinenmanns und war anschließend als Hauer bei der Bergbau W. AG bis Juni 1989 beschäftigt. Nach seinen Angaben übte er nach der Lehre eine Tätigkeit als Reparaturschlosser ohne kniebelastende Tätigkeiten aus. Seit 1986 spielte der Kläger als Amateur Handball in der 2. Bundesliga. Seit Juli 1989 war er Vertragshandballspieler in der 1. Bundesliga, und zwar bis Juni 1994 bei der SG F. H. und ab Juli 1994 bis Juni 2000 bei dem T. K.. Sein letztes Spiel bestritt er im Februar 2000.

3

Am 19. März 2002 stellte er den Antrag auf Anerkennung eines Meniskusschadens des linken Knies als Berufskrankheit.

4

Vorausgegangen waren Verwaltungsverfahren, in denen die Beklagte es abgelehnt hatte, diesen Meniskusschaden als Folge zweier Ereignisse während der sportlichen Tätigkeit des Klägers in den Jahren 1994 und 1998, nach denen jeweils linksseitige Kniebeschwerden aufgetreten waren und operative Teilresektionen des linken Außenmeniskus erfolgt waren, anzuerkennen. Die anschließenden Rechtsstreitigkeiten vor dem Sozialgericht Kiel und dem Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht blieben ohne Erfolg für den Kläger, weil diese Gerichte nach Würdigung der Gutachten und Aussagen der von ihnen herangezogenen Sachverständigen zu dem Ergebnis gelangt waren, dass die Ereignisse der Jahre 1994 und 1998 nicht geeignet gewesen seien, zu einer traumatischen Meniskusschädigung zu führen.

5

Der Technischen Aufsichtsdienst der Beklagten bejahte in einer Stellungnahme vom 1.Oktober 2002 das Vorliegen der arbeits-technischen Voraussetzungen für das Entstehen einer Berufskrankheit nach der Ziffer 2102 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) bei einem Vertragshandballspieler wegen der mit der Spielweise beim Handball verbundenen überdurchschnittlichen Belastung durch häufig wiederkehrende erhebliche Bewegungsbeanspruchungen, insbesondere beim Laufen oder Springen mit häufigen Knick-, Scher- und Drehbewegungen.

6

Die Beklagte holte ein am 22. Januar 2003 nach Aktenlage erstattetes Gutachten des Arztes für Chirurgie Prof. Dr. B. ein. Er sah die medizinischen Voraussetzungen für eine Berufskrankheit als gegeben an und schätzte die dadurch bedingte MdE mit 20 v.H. auf Dauer seit Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit nach einer 2. Operation des linken Knies am 11. Juni 1998 ein. Alsdann holte die Beklagte ein weiteres ebenfalls nach Aktenlage am 19. Februar 2003 erstattetes Gutachten des Arztes für Chirurgie und Unfallchirurgie Dr. L. ein. Dieser gelangte darin zu der Beurteilung, dass eine Außenmeniskusschädigung bei einem Berufhandballspieler berufsbedingt möglich sei, aber weil den Unterlagen über die Operation im Jahre 1994, keine hinreichenden, insbesondere feingeweblichen, Befunde zu entnehmen seien, die eine degenerative Genese des Außenmeniskusschadendes stützen würden, dieser nicht als Berufskrankheit anzusehen sei.

7

Mit Bescheid vom 27.02.2003 lehnte die Beklagte alsdann die Anerkennung des Meniskusschadens des linken Knies als Berufskrankheit im Wesentlichen mit der Begründung ab, weil sich 1994 der Innenmeniskus als unauffällig dargestellt habe und bereits im März 1990 anlässlich einer Arthroskopie des rechten Kniegelenks dort eine Auffaserung des Außenmeniskushinterhorns diagnostiziert worden sei, sprächen die Befunde dafür, dass bei dem Kläger eine anlagebedingte Erkrankung beider Kniegelenke vorliege, die nicht durch berufliche Einwirkungen hervorgerufen worden sei.

8

Auf den Widerspruch des Klägers hin holte die Beklagte eine weitere gutachtliche Stellungnahme nach Aktenlage des Arztes für Chirurgie und Unfallchirurgie M. vom 23. Juni 2003 ein. Dieser kam zu dem Ergebnis, dass ein isolierter Außenmeniskusschaden bei völlig intaktem Innenmeniskus aus biomechanischer Sicht keine Berufskrankheit darstelle. Dem folgend wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 26.06.2003 zurück.

9

Am 22.07.2003 hat der Kläger Klage bei dem Sozialgericht Kiel erhoben mit dem Begehren, ihm unter Anerkennung eines Meniskusschadens des linken Knies als Berufskrankheit nach der Ziffer 2102 der Anlage zur BKV die gesetzlichen Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren.

10

Das Sozialgericht hat ein schriftliches Gutachten des Arztes für Chirurgie Dr. A. vom 20. 0ktober 2004, welches dieser nach Untersuchung des Klägers erstattet hat, eingeholt. Weiterhin hat es in einem Termin zur mündlichen Verhandlung vom 25. Mai 2005 den Arzt für Chirurgie Dr. S. als Sachverständigen auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG gehört. Die Beklagte hat sodann eine weitere Stellungnahme des genannten Herrn M. eingereicht. Alsdann hat das Sozialgericht eine schriftliche Stellungnahme Dr. S. eingeholt. In einem weiteren Termin zur mündlichen Verhandlung vom 29. November 2005 hat das Sozialgericht Dr. S. zur Erläuterung seines Gutachtens gehört. Mit Urteil von diesem Tage hat es die Beklagte unter Aufhebung ihrer o.g. Bescheide verurteilt, den Meniskusschaden des Klägers am linken Knie als Berufskrankheit nach der Ziffer 2102 der Anlage zur BKV anzuerkennen und ihm die gesetzlichen Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren. Zur Begründung dessen hat es sich im Wesentlichen auf das Gutachten Dr. S. gestützt.

11

Gegen dieses der Beklagten am 7. Dezember 2005 zugestellte Urteil richtet sich die am 27. Dezember 2005 bei dem Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingelegte Berufung. Zu deren Begründung macht die Beklagte, sich dazu auf ein von ihr während des Berufungsverfahrens eingeholtes „orthopädisches Zusammenhangsgutachten“ des Arztes für Orthopädie Dr. Sa. vom 3. März 2006 berufend, geltend, der nach dem Operationsprotokoll vom 12. August 1994 bei dieser ersten Operation am linken Knie des Klägers festgestellte Riss in der pars intermedia des Außenmeniskus mit fischmaulartiger Rissfortführung in das Vorderhorn stehe dem entgegen, eine BK der Nr. 2102 zu bejahen. Denn bei beruflichen Belastungen unterliege weit vordergründig das Meniskushinterhorn übermäßigen Beanspruchungen. Es sei deshalb unlogisch, diese BK zu bejahen, wenn der besonders beanspruchte Hinterhornanteil frei bleibe von Veränderungen und sich lediglich ein Schadensbild an den minderbelasteten Teilen des Außenmeniskus entwickele. Zudem sei nach epidemologischen Erkenntnissen von einer BK der Nr. 2102 weit überwiegend der Innen- und nicht der Außenmeniskus betroffen, der Außenmeniskus dagegen nur selten und auch nur begleitend zum Innenmeniskus. Die von dem Sachverständigen Dr. S. angeführte Literatur, wonach bei Sportlern zu einem Drittel der Außenmeniskus und nicht der Innenmeniskus betroffen sei, beziehe sich auf traumatische Meniskusschäden durch Unfälle und sei deshalb für die Frage, ob eine BK der Nr. 2102 vorliege, ohne jede Bedeutung. Mit seiner in der Berufungsverhandlung eingelegten Anschlussberufung hat der Kläger einen Anspruch auf Gewährung von Verletztenrente wegen der Folgen der BK 2102 für den Zeitraum vom 1. April 2004 bis 30. Juni 2005 geltend gemacht.

12

Die Beklagte beantragt,

13

das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 29. November 2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen sowie die Anschlussberufung des Klägers zurückzuweisen.

14

Der Kläger beantragt,

15

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen und das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 29. November 2005 auf seine, des Klägers, Anschlussberufung hin abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm insbesondere eine Verletztenrente nach einer MdE um 20 v. H. ab dem 1. April 2004 bis einschließlich 30. Juni 2005 zu gewähren.

16

Seitens des Klägers ist eine Stellungnahme des ihn behandelnden Arztes für Chirurgie Dr. P. zu dem von der Beklagten eingereichtem o.g. Gutachten Dr. Sa.s eingereicht worden. In der Berufungsverhandlung ist als medizinischer Sachverständiger der Arzt für Orthopädie Dr. N. gehört worden. Dieser hat seine schriftlich vorbereitete Aussage am 2. Februar 2007 zu den Gerichtsakten gereicht. Zu dieser hat die Beklagte eine Stellungnahme des o.g. Herrn M. am 16. Februar 2007 zu den Gerichtsakten gereicht.

17

Neben den Gerichtsakten haben in der Berufungsverhandlung die den Kläger betreffenden Verwaltungsakten hinsichtlich der Feststellung einer Berufskrankheit vorgelegen. Auf diese Akten wird wegen weiterer Einzelheiten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

18

Die Berufung der Beklagten ist unbegründet.

19

Zu Recht hat das Sozialgericht die mit der Klage angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verurteilt, den Meniskusschaden am linken Knie als Berufskrankheit der Nr. 2102 der Anlage 1 zur BKV (BK 2102) anzuerkennen.

20

Zutreffend ist es hierbei auch davon ausgegangen, dass dafür, ob dieser Meniskusschaden als eine solche Berufskrankheit anzuerkennen ist, nach § 212 des Sozialgesetzbuchs, 7. Buch (SGB VII) noch § 551 Abs. 1 der Reichsversicherungsordnung gilt, weil als Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalls hier die Feststellung des Meniskusschadens im Jahre 1994 in Betracht kommt.

21

Für die Anerkennung einer Erkrankung als BK Nr. 2102 müssen folgende Tatbestandsmerkmale gegeben sein: Der Versicherte muss infolge seiner versicherten Tätigkeit mehrjährig andauernde oder häufig wiederkehrende, die Kniegelenke überdurchschnittlich belastenden Tätigkeiten, verrichtet haben. Bei ihm muss ein Meniskusschaden vorliegen, der aufgrund dieser versicherten Tätigkeit entstanden ist.

22

Bei dem Kläger liegt ein Meniskusschaden im linken Kniegelenk vor. Dieser wurde erstmals bei einer ersten Arthroskopie (Kniegelenkspiegelung) am 12. August 1994 festgestellt und in dem Bericht des Chirurgen Dr. Ma. beschrieben als „lappenbildender Riss in der pars intermedia und fischmaulartiger Rissfortführung in das Vorderhorn“. Anhand des bei dieser Operation gefertigten Videobandes haben die vom Sozialgericht herangezogenen Sachverständigen Dr. A. und Dr. S. unabhängig von einander übereinstimmend die Schädigung dieses Außenmeniskus beschrieben als einen vom Hinterhorn des Außenmeniskus ausgehenden großen lappenförmigen Riss, der sich fischmaulartig bis in das Vorderhorn fortsetzte. Dr. A. hat weiterhin eine insbesondere im Hinterhornbereich zu erkennende gelbliche myxoid-fibrillär wirkende Degenerationszone in der Nachbarschaft zu dem Lappenriss beschrieben. Die Befunde hat er als ausreichend dafür bewertet, auch ohne feingewebliche Untersuchung des entfernten Meniskusgewebes eine erhebliche degenerative Destruktion des Meniskus, welche sich im Verlauf mehrerer Monate, vielleicht Jahre abgespielt haben müsse, zu dokumentieren. Ebenso hat Dr. S. sowohl in seinem im vorangegangenen Rechtsstreit, der die Anerkennung des Meniskusschadens als Folge eines am 10. August 1994 erlittenen Arbeitsunfalls betraf, am 14. März 2002 erstatteten Gutachten, welches sich in den beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten befindet, als auch in seinem im nunmehrigen Rechtsstreit am 25. Mai 2005 erstatteten Gutachten diesen Meniskusschaden als trotz fehlender histologischer Untersuchung als eindeutig degenerativen, verschleißbedingten Schaden bezeichnet. In gleichem Sinne hatte im Übrigen bereits der beratende Arzt der Beklagten Dr. S. in einer sich in den Akten der Beklagten befindenden Stellungnahme anhand des genannten Operationsvideos den Meniskusschaden „als Außenmeniskuszerrüttung, vornehmlich im Hinterhornbereich und im Bereich der Pars intermedia… mit einer Quer- und Horizontalrissbildung sowie Ausfransungen im vorderen Abschnitt des Außenmeniskus“ beschrieben.

23

Dieser Meniskusschaden führte bereits seinerzeit zur vorübergehenden Behandlungsbedürftigkeit. In den folgenden Jahren wurden weitere, insbesondere arthroskopische, Untersuchungen und Behandlungen wegen eines Meniskusschadens nebst begleitender Knorpelschäden am rechten Knie erforderlich.

24

Das Vorliegen eines degenerativen, verschleißbedingten, Meniskusschadens bei dem Kläger steht damit fest. Dies ist auch, abgesehen von der gutachtlichen Stellungnahme Dr. L.s vom 19. Februar 2003, weder von einem der in diesem Rechtsstreit tätig gewordenen medizinischen Sachverständigen, noch in den im Verwaltungsverfahren und während des Rechtsstreits auf Veranlassung der Beklagten erstatteten Gutachten und gutachtlichen Stellungnahmen in Zweifel gezogen worden. Dr. L. hat zwar in der genannten Stellungnahme einen degenerativen Schaden des Außenmeniskus als mangels durchgeführter histologischer Untersuchung nicht hinreichend gesichert bezeichnet. Mit der Auswertung des Operationsvideos durch Dr. S. in dessen Gutachten vom 14. März 2002, welches ihm vorgelegen hatte, hat er sich allerdings ersichtlich nicht befasst.

25

Die versicherte Tätigkeit des Klägers als Berufssportler, Handballspieler in der 1. Bundesliga, vom 1. Juli 1989 bis 30. Juni 2000 war auch mit mehrjährigen andauernden, zumindest aber häufig wiederkehrenden, die Kniegelenke überdurchschnittlich belastenden Tätigkeiten verbunden. Dies ergibt sich nicht nur allgemein aus der Erwähnung auch der Handballspieler im Hochleistungssport unter den i.S. der BK 2102 gefährdeten Personengruppen (z. B. bei Schönberger, Mehrtens, Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Aufl., S. 708), sondern wird auch konkret durch den von der Beklagten eingeholten Ermittlungsbericht des Technischen Aufsichtsbeamten Schadow zu den arbeitstechnischen Voraussetzungen bestätigt. Dort sind als belastende Tätigkeiten das Training (4-5 Stunden täglich) sowie der Spielbetrieb aufgeführt. Weiterhin wird dargelegt, dass die Spielweise beim Handball mit einer überdurchschnittlichen Belastung der Kniegelenke durch häufig wiederkehrende erhebliche Bewegungsbeanspruchungen, insbesondere beim Laufen oder Springen mit häufigen Knick-, Scher- oder Drehbewegungen verbunden sei. Zwar finde der Spielbetrieb nicht auf grob unebener Unterlage statt, der stumpfe Hallenboden stelle aber eine dem mindestens gleichwertige Belastungskomponente dar. Die arbeitstechnischen Voraussetzungen für das Entstehen der BK 2102 hätten deshalb vorgelegen.

26

Das Erfordernis der Mehrjährigkeit der Tätigkeit war auch bereits im August 1994 erfüllt. Der Kläger war zum Zeitpunkt der erstmaligen Feststellung des Meniskusschadens im linken Kniegelenk bereits seit 5 Jahren Handballspieler in der 1. Bundesliga.

27

Daraus folgt allerdings nicht, im Sinne eines Anscheinsbeweises, die widerlegliche tatsächliche Vermutung, dass allein deshalb zunächst von einer Verursachung des bestehenden Meniskusschadens durch diese Tätigkeit auszugehen wäre und diese Kausalität der Widerlegung durch Feststellung einer anderen Ursache des Meniskusschadens bedürfte. Vielmehr gilt für die Beurteilung des Zusammenhangs zwischen versicherter Einwirkung und Erkrankung bei einer BK ebenso wie beim Arbeitsunfall die Theorie der wesentlichen Bedingung, denn der Ursachenbegriff im BK-Recht kann kein anderer sein als im allgemeinen Recht des Arbeitsunfalls (so schon BSGE 2, 178, 181; BSG vom 28. Juni 1991 2 RU 59/90; BSG vom 22. März 1983 2 RU 22/81). Nach der Theorie der wesentlichen Bedingung genügt abweichend von einer naturwissenschaftlich-philosophischen Kausalitätsbetrachtung nach der Bedingungs- oder Äquivalenztheorie („conditio sine qua non“) nicht jedes Glied in einer Ursachenkette, um die Verursachung zu bejahen, weil dies zu einem unendlichen Ursachenzusammenhang führt. Als kausal und im Sozialrecht erheblich werden vielmehr nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zu dem Gesundheitsschaden zu dessen Eintritt „wesentlich“ beigetragen haben. Das heißt, dass nicht jeder Gesundheitsschaden, der durch ein Ereignis naturwissenschaftlich verursacht wird, im Sozialrecht als Folge eines Arbeitsunfalls oder einer BK anerkannt wird, sondern nur derjenige, der „wesentlich“ durch das Ereignis verursacht wurde. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besonderen Beziehungen der Ursache zum Eintritt des Gesundheitsschadens abgeleitet werden. Was den anzuwendenden Beweismaßstab anbelangt, gelten für das Vorliegen des Ursachenzusammenhangs verminderte Anforderungen. Während für die Grundlagen der Ursachenbeurteilung - wie versicherte Tätigkeit, Einwirkung, Erkrankung - eine an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit erforderlich ist, genügt für den Zusammenhang zwischen Einwirkung und Erkrankung aufgrund der mit der zumeist medizinischen Beurteilung dieses Zusammenhangs bestehenden tatsächlichen Schwierigkeiten eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (BSGE 19, 52; 32, 203, 209; 45, 285, 287). Diese liegt vor, wenn bei vernünftiger Abwägung aller Umstände die für den wesentlichen Ursachenzusammenhang sprechenden so stark überwiegen, dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann und ernste Zweifel ausscheiden; die bloße Möglichkeit einer wesentlichen Verursachung genügt nicht (BSG SozR Nr. 41 zu § 128 SGG; BSG SozR Nr. 20 zu § 542 RVO aF; BSGE 19, 52, 56; BSG SozR 3-1300 § 48 Nr. 67).

28

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist der Senat ebenso wie das Sozialgericht nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens, § 128 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zu der Überzeugung gelangt, dass der Meniskusschaden im linken Kniegelenk des Klägers durch dessen die Kniegelenke überdurchschnittlich belastende versicherte Tätigkeit als berufsmäßiger Handballspieler im Grade der Wahrscheinlichkeit wesentlich verursacht ist.

29

Er folgt damit den Darlegungen des vom Sozialgericht herangezogenen chirurgischen Sachverständigen Dr. S. und des im Berufungsverfahren gehörten orthopädischen Sachverständigen Dr. N. Dr. S. hat den Meniskusschaden des Klägers deshalb als mit Wahrscheinlichkeit wesentlich durch die versicherte Tätigkeit verursacht angesehen, weil mit dieser häufige Knick- Scher- und Verdrehbelastungen und Mikrotraumatisierungen der Kniegelenke verbunden seien und für irgendeine Schadensanlage bei dem Kläger nichts spreche. Weiterhin hat er darauf hingewiesen, dass Berufssportler, wie Fuß- und Handballspieler, die mit operationspflichtigen Meniskusschäden sich in chirurgische oder orthopädische Behandlung begäben, regelmäßig im Alter um das 30. Lebensjahr seien. Dr. N. hat insbesondere den für einen Außenspieler beim Handball typischen Sprung- und Landebelastungen beim Wurf aufs Tor eine besondere Bedeutung beigemessen, namentlich auch im Sinne einer Erklärung dafür, warum bei dem als Rechtsaußen spielendem Kläger am Außenmeniskus des linken Knies sich der Meniskusschaden bemerkbar gemacht hat. Ebenso hat auch bereits der erste von der Beklagten im Verwaltungsverfahren zur Frage der BK 2102 herangezogene Gutachter Prof. B. deren Anerkennung empfohlen.

30

Verneint haben die Wahrscheinlichkeit dieses ursächlichen Zusammenhangs ausdrücklich, wenngleich mit untereinander erheblich divergierenden Begründungen, der vom Sozialgericht zunächst herangezogene chirurgische Sachverständige Dr. A. in seinem - von Prof. La. mit unterzeichnetem - Gutachten sowie die im Verwaltungsverfahren von der Beklagten mit gutachtliche Stellungnahmen nach Aktenlage herangezogenen Chirurgen und Unfallchirurgen Dr. L. sowie M.. Zudem haben sich letzterer und der Orthopäde Dr. Sa. auch in ihren mehrfachen von der Beklagten im gerichtlichen Verfahren beigebrachten Gutachten bzw. gutachtlichen Stellungnahmen, die als sog. qualifiziertes Beteiligtenvorbringen zu werten sind, in diesem Sinne geäußert.

31

Dr. A. hat sich aus zwei Gründen gegen diesen ursächlichen Zusammenhang ausgesprochen. Vorrangig deshalb, weil bereits im Jahre 1990 ein Meniskusschaden im rechten Kniegelenk des Klägers festgestellt worden sei, zum anderen aber auch deshalb, weil bei der Arthroskopie im August 1994 bei der arthroskopischen Untersuchung, nach ihrer Auswertung des Operationsvideos, der ganze Außenmeniskus des linken Beins des Klägers geschädigt gewesen sei. Letzteres sei nicht belastungskonform mit der Tätigkeit des Handballspielers. Der Blick in die Gelenkskinematik und Biomechanik zeige, dass Sprungbelastungen nicht geeignet seien, eine isolierte Degeneration des Außenmeniskushinterhorns, -seithorns und –vorderhorns gleichermaßen zu verursachen. Der Orthopäde Dr. Sa. hat, wenngleich in der Verneinung einer BK 2102 mit diesem Sachverständigen übereinstimmend, die im Jahre 1990 festgestellte Auffaserung des Außenmeniskus im rechten Kniegelenk als altersentsprechenden Normalbefund bezeichnet, aber als besonders gewichtiges Argument gegen die BK 2102 die Nichtbetroffenheit des Hinterhorns des Außenmeniskus im linken Knie des Klägers angeführt. Auch die Sachverständigen Dr. S. und Dr. N. haben den Befund am rechten Kniegelenk aus dem Jahre 1990 ebenso eingeordnet wie Dr. Sa.. Der Senat entnimmt dem, dass der Befund aus dem Jahre 1990 am rechten Knie keine irgendwie gesicherte Bedeutung für die Kausalitätsbeurteilung hat. Dr. Sa.s Hauptargument gegen das Vorliegen einer BK 2102, die Nichtbetroffenheit des Hinterhorns des linken Außenmeniskus, entbehrt, wie dargetan, der tatsächlichen Grundlage.

32

Eine tatsächliche Grundlage fehlt aber auch für Dr. A. Darlegungen dazu, dass Sprungbelastungen nicht geeignet seien, eine vollständige Degeneration des gesamten Außenmeniskus zu verursachen. Dr. S. ist dem überzeugend entgegengetreten mit dem Hinweis darauf, dass das Handballspiel keineswegs nur Sprungbelastungen mit sich bringt, sondern sehr komplexe Kniegelenksbelastungen.

33

Damit verbleibt als in diesem Verfahren von Sachverständigen und weiteren zu gutachtlichen Äußerungen herangezogenen Medizinern vorgebrachtes Argument gegen eine wesentliche (Mit-) Ursächlichkeit der versicherten Tätigkeit des Klägers die vornehmlich von dem Chirurgen M. vorgetragene Auffassung, eine isolierte Schädigung eines Außenmeniskus sei generell nicht vereinbar mit einer BK 2102. Zunächst hatte er diese Auffassung vertreten in seiner im Verwaltungsverfahren von der Beklagten eingeholten „gutachtlichen Stellungnahme“ zu der abstrakt gestellten Frage, „ob bei einem Berufshandballspieler, mit entsprechend langjähriger Belastung eine BK i.S. BK-Nr. 2102 darstellen könne, wenn gleichzeitig der Innenmeniskus im selben Kniegelenk über Jahre ohne Befund – also völlig unauffällig – sei“. An dieser Auffassung hat er in seinen von der Beklagten im gerichtlichen Verfahren beigebrachten „Gutachten“ vom 22. Juni 2005 und „gutachtlichen Stellungnahme“ vom 13. Februar 2007 festgehalten. Auch wenn sich der Orthopäde Dr. Sa., zusätzlich zu seinem auf der verfehlten Annahme einer Nichtbetroffenheit des Hinterhorns des linken Außenmeniskus beruhendem Hauptargument, dem in seinen im Berufungsverfahren beigebrachten Ausführungen angeschlossen hat, überzeugt dieses Argument dagegen, dass bei dem Kläger eine BK 2102 vorliegt, den Senat ebenso wenig wie bereits das Sozialgericht. Dieses hat in diesem Zusammenhang auf L., Lehmann, Schürmann, Kursbuch der ärztlichen Begutachtung, III-1.14.13.3 S.17 verwiesen. „L.“ in diesem Werk hat auch M. in seiner gutachtlichen Stellungnahme vom 23. Juni 2003 ausführlich zitiert. Dr. L. hat allerdings eben auch speziell im die Feststellung einer BK 2102 bei dem Kläger betreffenden Verwaltungsverfahren sich mit seiner gutachtlichen Stellungnahme vom 19. Februar 2003 geäußert und dort ausgeführt, das Schadensbild sei belastungsinduziert nicht sehr typisch. Verändert seien der mittlere und vordere Anteil des Außenmeniskus gewesen. Zwar gebe es bei der rauhen Bewegungsbeanspruchung als Schadensursache keine bevorzugte Belastung, wie dies bei der Belastung durch eine belastende Dauerzwangshaltung der Fall sei. Dennoch seien der vordere und mittlere Anteil des Außenmeniskus nur geringer belastet und geringer gefährdet, als dies z.B. für das Außenmeniskushinterhorn und für den Innenmeniskus der Fall sei.

34

Das linke Außenmeniskushinterhorn hat sich jedoch eben hinreichend, außerhalb vernünftiger Zweifel, bereits bei der Operation am 12. August 1994 als geschädigt erwiesen, wie oben dargetan. Der Chirurg M. stellt nun wiederum, jedenfalls im Ergebnis, die Hypothese in den Raum, es sei gleichgültig, in welcher Weise und in welchem Umfang der Außenmeniskus betroffen sei. Es komme vielmehr sowohl bei überdurchschnittlichen Kniegelenksbelastungen durch Dauerzwangshaltungen, als auch bei solchen durch Bewegungsbelastungen nie eine isolierte Außenmeniskusschädigung als belastungskonform i.S. der BK 2102 in Betracht, weil die Innenmenisken generell schädigungsanfälliger als die Außenmenisken seien. Dazu bezieht er sich insbesondere auf epidemologisch-statistische Untersuchungen zu Bergarbeitern und Rangierern, wonach bei diesen die Innenmeniskusschäden die Außenmeniskusschäden im Verhältnis 36-18 zu 1 überwiegen sollen und macht geltend, die „Väter“ der BK 2101 hätten darauf hingewiesen, dass die Meniskusschäden bei Sportlern sich nicht von denen der Bergleute unterscheiden würden.

35

Den speziell auf die Belastungen durch sportliche Betätigungen bezogenen Einwenden Dr. S. und des seitens des Klägers „privatgutachtlich“ herangezogenen Orthopäden Dr. P. hiergegen, in denen diese auf ein anhand arthroskopischer Untersuchungen bei sportlich aktiven Menschen in jüngerer Zeit ermitteltes Überwiegen von Innenmeniskusschäden im gegenüber Außenmeniskusschäden Verhältnis von nur 3 zu 1 hingewiesen haben, ist wiederum Dr. Sa. entgegengetreten. Er hat geltend gemacht, dass diese Untersuchungen sich auf traumatische Verletzungen der Menisken bezögen und deshalb für Erkrankungen i.S. der BK 2102 ohne Aussagewert seien. Letzteres vermag den Senat allerdings nicht zu überzeugen, nämlich insbesondere deshalb nicht, weil, wie Dr. S. dargelegt hat, die Gefährdungen der Menisken bei Sportlern, insbesondere Hochleistungssportlern und namentlich Berufshandballspielern, sich als Gefährdungen durch eine Vielzahl von Mikrotraumen darstellen. Dass letztere ebenso wie einzelne schwererwiegende Traumen auch, je nach Art der Belastung durch die jeweilige sportliche Betätigung, bevorzugt auch die Außenmenisken belasten können, ist überzeugend.

36

Der vom Senat gehörte Sachverständige Dr. N. hat sich in diesem Sinne insbesondere mit den speziellen Belastungen der Kniegelenke durch die stets vom Kläger bei der versicherten Tätigkeit im Spielbetrieb eingenommene Position als Rechtsaußen befasst. Er hat dargelegt, dass gerade der typische Sprung- und Landvorgang beim Torwurf in dieser Position bei Aufkommen mit innenrotiertem linken Unterschenkel den Außenmeniskus des linken Knies besonders belastet. Dass es sich dabei um einen physiologischen und lebensgerechten Vorgang handele, wie der Chirurg M. demgegenüber in seiner von der Beklagten beigebrachten letzten Stellungnahme geltend gemacht hat, steht dem nicht entgegen. Vielmehr geht es dabei um eine sich häufig wiederholende Belastung speziell des linken Außenmeniskus, die hinzukommt zu den vielen generell die Kniegelenke überdurchschnittlich belastenden Vorgänge beim berufsmäßig ausgeübten Handballsport. Unter Mitberücksichtigung dessen, dass selbstverständlich diese Wurftechnik beim Training immer wieder geübt wird, überzeugt den Senat diese Erklärung Dr. N.s dafür, dass der Schaden am linken Außenmeniskus zu Tage getreten ist.

37

Die weiteren Einwendungen des Chirurgen M. in dieser Stellungnahme beziehen sich nunmehr darauf, dass über derartige Außenmeniskusschäden im Kollektiv der Handballspieler nicht berichtet wird. Das Kollektiv der Berufshandballsportler ist allerdings recht klein. Es gibt sie in Deutschland nur in der Bundesliga. Zudem ist ganz generell davon auszugehen, dass eben keineswegs regelhaft die Angehörigen der Berufsgruppen, die belastende Tätigkeiten i.S. der BK 2102 verrichten, an dieser Berufskrankheit auch erkranken. Speziell zu ihr ist bei Schönberger, Mehrtens, a.a.O. S. 707 ausgeführt, es handele sich bei dem Krankheitsbild um eine richtunggebende Verschlimmerung körpereigener Minderbelastbarkeit durch berufliche Einwirkungen, die bei entsprechender Belastung auftreten könne, nicht ohne weiteres in der Regel aufzutreten pflege oder gar auftreten müsse.

38

Die Versicherung gegen Berufskrankheiten umfasst auch Personen, die entsprechende Minderbelastbarkeiten aufweisen. Wesentliche (Mit-)Ursache ist die entsprechende berufliche Belastung dann, wenn die überwiegenden Gründe dafür sprechen, dass diese Erkrankung zu Tage getreten ist. Sie ist es hingegen nicht, wenn die relative Minderbelastbarkeit bereits die Qualität einer „Krankheitsanlage“ gehabt hätte, bei der auch ohne die berufliche Belastung als mitwirkendem Faktor das Schadensbild ähnlich zu Tage getreten wäre.

39

Eine derartige Krankheitsanlage ist allerdings von keinem der Sachverständigen und sonstigen Mediziner, die sich in diesem Verfahren geäußert haben, vorgebracht worden, sondern durchweg als nicht feststellbar bezeichnet worden. Die diversen in diesem Verfahren einschließlich des Verwaltungsverfahrens vorgebrachten Argumente dagegen, dass der Schaden des Klägers am linken Außenmeniskus durch seine bis zum August 1994 bereits fünfjährige Tätigkeit als Berufhandballsportler wesentlich (mit-)verursacht worden ist, überzeugen aus oben genannten Gründen nicht. Es ergeben sich aus ihnen keine ernsten Zweifel an diesem Ursachenzusammenhang. Die Wahrscheinlichkeit des relevanten Ursachenzusammenhangs i.S. der Theorie der wesentlichen Bedingung ist zur Überzeugung des Senats gegeben.

40

Die zulässige – unselbständige - Anschlussberufung des Klägers ist begründet.

41

Das Sozialgericht hat die Beklagte nicht zur Gewährung einer Verletztenrente verurteilt. Dem Leistungsteil des Tenors seiner Entscheidung, nämlich - neben der Verurteilung der Beklagten zur Anerkennung der BK 2102 – deren Verurteilung zur Gewährung der gesetzlichen Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung, ist gerade dies, auch nur dem Grunde nach, also i.S. eines Grundurteils nach § 130 Abs. 1 SGG, nicht zu entnehmen. Allerdings hat das Sozialgericht mit dem Urteilstenor, dem seinerzeit gestellten Klagantrag im vollen Umfang entsprochen. Mit den in im Berufungsverfahren seitens des Klägers gestellten Sachanträgen ist neben der Anschlussberufung aber nunmehr auch eine zulässige Klagerweiterung i.S. des § 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG erfolgt.

42

Diesem mit der Anschlussberufung geltend gemachten Begehren ist zu entsprechen. In dem Zeitraum vom 1. April 2004 bis zum 30. Juni 2005 bestand bei dem Kläger eine rezidivierende Synovialitis, wie durch die Berichte der den Kläger in diesem Zeitraum behandelnden Ärzte, des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. Ba. und des genannten Orthopäden Dr. P., belegt. Dieses Krankheitsbild ist, wie übereinstimmend die Sachverständigen Dr. S. und Dr. N. ausgeführt haben, Folge der Berufskrankheit der Nr. 2102. Letztlich übereinstimmend haben sie es mit einer MdE von 20 v.H. bewertet. Diese Bewertung steht im Einklang mit den Erfahrungswerten, die bei Schönberger, Mehrtens, Valentin a.a.O. S. 742 für eine derartige Erkrankung angegeben sind, und zwar dem dortigen untersten Wert. Dr. N. hat klargestellt, dass diese Erkrankung allerdings nur bis einschließlich des Monats Juni 2005 in dieser Form bestand.

43

Daraus ergibt sich für den Zeitraum vom 1. April 2004 bis zum 30. Juni 2005 nach § 56 Abs. 1 S. 1 des SGB VII der im Wege der Klagerweiterung auch nur geltend gemachte Anspruch auf Verletztenrente nach einem Grad der MdE von 20 v.H.

44

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 und Abs. 4 SGG.

45

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision durch den Senat nach § 160 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG sind nicht erfüllt.


Bei Berufskrankheiten gilt für die Berechnung des Jahresarbeitsverdienstes als Zeitpunkt des Versicherungsfalls der letzte Tag, an dem die Versicherten versicherte Tätigkeiten verrichtet haben, die ihrer Art nach geeignet waren, die Berufskrankheit zu verursachen, wenn diese Berechnung für die Versicherten günstiger ist als eine Berechnung auf der Grundlage des in § 9 Abs. 5 genannten Zeitpunktes. Dies gilt ohne Rücksicht darauf, aus welchen Gründen die schädigende versicherte Tätigkeit aufgegeben worden ist.

(1) Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung wird ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann dabei bestimmen, daß die Krankheiten nur dann Berufskrankheiten sind, wenn sie durch Tätigkeiten in bestimmten Gefährdungsbereichen verursacht worden sind. In der Rechtsverordnung kann ferner bestimmt werden, inwieweit Versicherte in Unternehmen der Seefahrt auch in der Zeit gegen Berufskrankheiten versichert sind, in der sie an Land beurlaubt sind.

(1a) Beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ein Ärztlicher Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten gebildet. Der Sachverständigenbeirat ist ein wissenschaftliches Gremium, das das Bundesministerium bei der Prüfung der medizinischen Erkenntnisse zur Bezeichnung neuer und zur Erarbeitung wissenschaftlicher Stellungnahmen zu bestehenden Berufskrankheiten unterstützt. Bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin wird eine Geschäftsstelle eingerichtet, die den Sachverständigenbeirat bei der Erfüllung seiner Arbeit organisatorisch und wissenschaftlich, insbesondere durch die Erstellung systematischer Reviews, unterstützt. Das Nähere über die Stellung und die Organisation des Sachverständigenbeirats und der Geschäftsstelle regelt die Bundesregierung in der Rechtsverordnung nach Absatz 1.

(2) Die Unfallversicherungsträger haben eine Krankheit, die nicht in der Rechtsverordnung bezeichnet ist oder bei der die dort bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen, wie eine Berufskrankheit als Versicherungsfall anzuerkennen, sofern im Zeitpunkt der Entscheidung nach neuen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft die Voraussetzungen für eine Bezeichnung nach Absatz 1 Satz 2 erfüllt sind.

(2a) Krankheiten, die bei Versicherten vor der Bezeichnung als Berufskrankheiten bereits entstanden waren, sind rückwirkend frühestens anzuerkennen

1.
in den Fällen des Absatzes 1 als Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die Bezeichnung in Kraft getreten ist,
2.
in den Fällen des Absatzes 2 wie eine Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die neuen Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft vorgelegen haben; hat der Ärztliche Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten eine Empfehlung für die Bezeichnung einer neuen Berufskrankheit beschlossen, ist für die Anerkennung maßgebend der Tag der Beschlussfassung.

(3) Erkranken Versicherte, die infolge der besonderen Bedingungen ihrer versicherten Tätigkeit in erhöhtem Maße der Gefahr der Erkrankung an einer in der Rechtsverordnung nach Absatz 1 genannten Berufskrankheit ausgesetzt waren, an einer solchen Krankheit und können Anhaltspunkte für eine Verursachung außerhalb der versicherten Tätigkeit nicht festgestellt werden, wird vermutet, daß diese infolge der versicherten Tätigkeit verursacht worden ist.

(3a) Der Unfallversicherungsträger erhebt alle Beweise, die zur Ermittlung des Sachverhalts erforderlich sind. Dabei hat er neben den in § 21 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Beweismitteln auch Erkenntnisse zu berücksichtigen, die er oder ein anderer Unfallversicherungsträger an vergleichbaren Arbeitsplätzen oder zu vergleichbaren Tätigkeiten gewonnen hat. Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen die Ermittlungen zu den Einwirkungen während der versicherten Tätigkeit dadurch erschwert sind, dass der Arbeitsplatz des Versicherten nicht mehr oder nur in veränderter Gestaltung vorhanden ist. Die Unfallversicherungsträger sollen zur Erfüllung der Aufgaben nach den Sätzen 2 und 3 einzeln oder gemeinsam tätigkeitsbezogene Expositionskataster erstellen. Grundlage für diese Kataster können die Ergebnisse aus systematischen Erhebungen, aus Ermittlungen in Einzelfällen sowie aus Forschungsvorhaben sein. Die Unfallversicherungsträger können außerdem Erhebungen an vergleichbaren Arbeitsplätzen durchführen.

(4) Besteht für Versicherte, bei denen eine Berufskrankheit anerkannt wurde, die Gefahr, dass bei der Fortsetzung der versicherten Tätigkeit die Krankheit wiederauflebt oder sich verschlimmert und lässt sich diese Gefahr nicht durch andere geeignete Mittel beseitigen, haben die Unfallversicherungsträger darauf hinzuwirken, dass die Versicherten die gefährdende Tätigkeit unterlassen. Die Versicherten sind von den Unfallversicherungsträgern über die mit der Tätigkeit verbundenen Gefahren und mögliche Schutzmaßnahmen umfassend aufzuklären. Zur Verhütung einer Gefahr nach Satz 1 sind die Versicherten verpflichtet, an individualpräventiven Maßnahmen der Unfallversicherungsträger teilzunehmen und an Maßnahmen zur Verhaltensprävention mitzuwirken; die §§ 60 bis 65a des Ersten Buches gelten entsprechend. Pflichten der Unternehmer und Versicherten nach dem Zweiten Kapitel und nach arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften bleiben hiervon unberührt. Kommen Versicherte ihrer Teilnahme- oder Mitwirkungspflicht nach Satz 3 nicht nach, können die Unfallversicherungsträger Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder die Leistung einer danach erstmals festzusetzenden Rente wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit oder den Anteil einer Rente, der auf eine danach eingetretene wesentliche Änderung im Sinne des § 73 Absatz 3 zurückgeht, bis zur Nachholung der Teilnahme oder Mitwirkung ganz oder teilweise versagen. Dies setzt voraus, dass infolge der fehlenden Teilnahme oder Mitwirkung der Versicherten die Teilhabeleistungen erforderlich geworden sind oder die Erwerbsminderung oder die wesentliche Änderung eingetreten ist; § 66 Absatz 3 und § 67 des Ersten Buches gelten entsprechend.

(5) Soweit Vorschriften über Leistungen auf den Zeitpunkt des Versicherungsfalls abstellen, ist bei Berufskrankheiten auf den Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder der Behandlungsbedürftigkeit oder, wenn dies für den Versicherten günstiger ist, auf den Beginn der rentenberechtigenden Minderung der Erwerbsfähigkeit abzustellen.

(6) Die Bundesregierung regelt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates

1.
Voraussetzungen, Art und Umfang von Leistungen zur Verhütung des Entstehens, der Verschlimmerung oder des Wiederauflebens von Berufskrankheiten,
2.
die Mitwirkung der für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen bei der Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufskrankheiten zu entschädigen sind; dabei kann bestimmt werden, daß die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen berechtigt sind, Zusammenhangsgutachten zu erstellen sowie zur Vorbereitung ihrer Gutachten Versicherte zu untersuchen oder auf Kosten der Unfallversicherungsträger andere Ärzte mit der Vornahme der Untersuchungen zu beauftragen,
3.
die von den Unfallversicherungsträgern für die Tätigkeit der Stellen nach Nummer 2 zu entrichtenden Gebühren; diese Gebühren richten sich nach dem für die Begutachtung erforderlichen Aufwand und den dadurch entstehenden Kosten.

(7) Die Unfallversicherungsträger haben die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständige Stelle über den Ausgang des Berufskrankheitenverfahrens zu unterrichten, soweit ihre Entscheidung von der gutachterlichen Stellungnahme der zuständigen Stelle abweicht.

(8) Die Unfallversicherungsträger wirken bei der Gewinnung neuer medizinisch-wissenschaftlicher Erkenntnisse insbesondere zur Fortentwicklung des Berufskrankheitenrechts mit; sie sollen durch eigene Forschung oder durch Beteiligung an fremden Forschungsvorhaben dazu beitragen, den Ursachenzusammenhang zwischen Erkrankungshäufigkeiten in einer bestimmten Personengruppe und gesundheitsschädlichen Einwirkungen im Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit aufzuklären. Die Verbände der Unfallversicherungsträger veröffentlichen jährlich einen gemeinsamen Bericht über ihre Forschungsaktivitäten und die Forschungsaktivitäten der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung. Der Bericht erstreckt sich auf die Themen der Forschungsvorhaben, die Höhe der aufgewendeten Mittel sowie die Zuwendungsempfänger und Forschungsnehmer externer Projekte.

(9) Die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen dürfen zur Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufskrankheiten zu entschädigen sind, Daten verarbeiten sowie zur Vorbereitung von Gutachten Versicherte untersuchen, soweit dies im Rahmen ihrer Mitwirkung nach Absatz 6 Nr. 2 erforderlich ist; sie dürfen diese Daten insbesondere an den zuständigen Unfallversicherungsträger übermitteln. Die erhobenen Daten dürfen auch zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren gespeichert, verändert, genutzt, übermittelt oder in der Verarbeitung eingeschränkt werden. Soweit die in Satz 1 genannten Stellen andere Ärzte mit der Vornahme von Untersuchungen beauftragen, ist die Übermittlung von Daten zwischen diesen Stellen und den beauftragten Ärzten zulässig, soweit dies im Rahmen des Untersuchungsauftrages erforderlich ist.

Bei Berufskrankheiten gilt für die Berechnung des Jahresarbeitsverdienstes als Zeitpunkt des Versicherungsfalls der letzte Tag, an dem die Versicherten versicherte Tätigkeiten verrichtet haben, die ihrer Art nach geeignet waren, die Berufskrankheit zu verursachen, wenn diese Berechnung für die Versicherten günstiger ist als eine Berechnung auf der Grundlage des in § 9 Abs. 5 genannten Zeitpunktes. Dies gilt ohne Rücksicht darauf, aus welchen Gründen die schädigende versicherte Tätigkeit aufgegeben worden ist.

(1) Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung wird ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann dabei bestimmen, daß die Krankheiten nur dann Berufskrankheiten sind, wenn sie durch Tätigkeiten in bestimmten Gefährdungsbereichen verursacht worden sind. In der Rechtsverordnung kann ferner bestimmt werden, inwieweit Versicherte in Unternehmen der Seefahrt auch in der Zeit gegen Berufskrankheiten versichert sind, in der sie an Land beurlaubt sind.

(1a) Beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ein Ärztlicher Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten gebildet. Der Sachverständigenbeirat ist ein wissenschaftliches Gremium, das das Bundesministerium bei der Prüfung der medizinischen Erkenntnisse zur Bezeichnung neuer und zur Erarbeitung wissenschaftlicher Stellungnahmen zu bestehenden Berufskrankheiten unterstützt. Bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin wird eine Geschäftsstelle eingerichtet, die den Sachverständigenbeirat bei der Erfüllung seiner Arbeit organisatorisch und wissenschaftlich, insbesondere durch die Erstellung systematischer Reviews, unterstützt. Das Nähere über die Stellung und die Organisation des Sachverständigenbeirats und der Geschäftsstelle regelt die Bundesregierung in der Rechtsverordnung nach Absatz 1.

(2) Die Unfallversicherungsträger haben eine Krankheit, die nicht in der Rechtsverordnung bezeichnet ist oder bei der die dort bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen, wie eine Berufskrankheit als Versicherungsfall anzuerkennen, sofern im Zeitpunkt der Entscheidung nach neuen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft die Voraussetzungen für eine Bezeichnung nach Absatz 1 Satz 2 erfüllt sind.

(2a) Krankheiten, die bei Versicherten vor der Bezeichnung als Berufskrankheiten bereits entstanden waren, sind rückwirkend frühestens anzuerkennen

1.
in den Fällen des Absatzes 1 als Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die Bezeichnung in Kraft getreten ist,
2.
in den Fällen des Absatzes 2 wie eine Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die neuen Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft vorgelegen haben; hat der Ärztliche Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten eine Empfehlung für die Bezeichnung einer neuen Berufskrankheit beschlossen, ist für die Anerkennung maßgebend der Tag der Beschlussfassung.

(3) Erkranken Versicherte, die infolge der besonderen Bedingungen ihrer versicherten Tätigkeit in erhöhtem Maße der Gefahr der Erkrankung an einer in der Rechtsverordnung nach Absatz 1 genannten Berufskrankheit ausgesetzt waren, an einer solchen Krankheit und können Anhaltspunkte für eine Verursachung außerhalb der versicherten Tätigkeit nicht festgestellt werden, wird vermutet, daß diese infolge der versicherten Tätigkeit verursacht worden ist.

(3a) Der Unfallversicherungsträger erhebt alle Beweise, die zur Ermittlung des Sachverhalts erforderlich sind. Dabei hat er neben den in § 21 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Beweismitteln auch Erkenntnisse zu berücksichtigen, die er oder ein anderer Unfallversicherungsträger an vergleichbaren Arbeitsplätzen oder zu vergleichbaren Tätigkeiten gewonnen hat. Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen die Ermittlungen zu den Einwirkungen während der versicherten Tätigkeit dadurch erschwert sind, dass der Arbeitsplatz des Versicherten nicht mehr oder nur in veränderter Gestaltung vorhanden ist. Die Unfallversicherungsträger sollen zur Erfüllung der Aufgaben nach den Sätzen 2 und 3 einzeln oder gemeinsam tätigkeitsbezogene Expositionskataster erstellen. Grundlage für diese Kataster können die Ergebnisse aus systematischen Erhebungen, aus Ermittlungen in Einzelfällen sowie aus Forschungsvorhaben sein. Die Unfallversicherungsträger können außerdem Erhebungen an vergleichbaren Arbeitsplätzen durchführen.

(4) Besteht für Versicherte, bei denen eine Berufskrankheit anerkannt wurde, die Gefahr, dass bei der Fortsetzung der versicherten Tätigkeit die Krankheit wiederauflebt oder sich verschlimmert und lässt sich diese Gefahr nicht durch andere geeignete Mittel beseitigen, haben die Unfallversicherungsträger darauf hinzuwirken, dass die Versicherten die gefährdende Tätigkeit unterlassen. Die Versicherten sind von den Unfallversicherungsträgern über die mit der Tätigkeit verbundenen Gefahren und mögliche Schutzmaßnahmen umfassend aufzuklären. Zur Verhütung einer Gefahr nach Satz 1 sind die Versicherten verpflichtet, an individualpräventiven Maßnahmen der Unfallversicherungsträger teilzunehmen und an Maßnahmen zur Verhaltensprävention mitzuwirken; die §§ 60 bis 65a des Ersten Buches gelten entsprechend. Pflichten der Unternehmer und Versicherten nach dem Zweiten Kapitel und nach arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften bleiben hiervon unberührt. Kommen Versicherte ihrer Teilnahme- oder Mitwirkungspflicht nach Satz 3 nicht nach, können die Unfallversicherungsträger Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder die Leistung einer danach erstmals festzusetzenden Rente wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit oder den Anteil einer Rente, der auf eine danach eingetretene wesentliche Änderung im Sinne des § 73 Absatz 3 zurückgeht, bis zur Nachholung der Teilnahme oder Mitwirkung ganz oder teilweise versagen. Dies setzt voraus, dass infolge der fehlenden Teilnahme oder Mitwirkung der Versicherten die Teilhabeleistungen erforderlich geworden sind oder die Erwerbsminderung oder die wesentliche Änderung eingetreten ist; § 66 Absatz 3 und § 67 des Ersten Buches gelten entsprechend.

(5) Soweit Vorschriften über Leistungen auf den Zeitpunkt des Versicherungsfalls abstellen, ist bei Berufskrankheiten auf den Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder der Behandlungsbedürftigkeit oder, wenn dies für den Versicherten günstiger ist, auf den Beginn der rentenberechtigenden Minderung der Erwerbsfähigkeit abzustellen.

(6) Die Bundesregierung regelt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates

1.
Voraussetzungen, Art und Umfang von Leistungen zur Verhütung des Entstehens, der Verschlimmerung oder des Wiederauflebens von Berufskrankheiten,
2.
die Mitwirkung der für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen bei der Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufskrankheiten zu entschädigen sind; dabei kann bestimmt werden, daß die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen berechtigt sind, Zusammenhangsgutachten zu erstellen sowie zur Vorbereitung ihrer Gutachten Versicherte zu untersuchen oder auf Kosten der Unfallversicherungsträger andere Ärzte mit der Vornahme der Untersuchungen zu beauftragen,
3.
die von den Unfallversicherungsträgern für die Tätigkeit der Stellen nach Nummer 2 zu entrichtenden Gebühren; diese Gebühren richten sich nach dem für die Begutachtung erforderlichen Aufwand und den dadurch entstehenden Kosten.

(7) Die Unfallversicherungsträger haben die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständige Stelle über den Ausgang des Berufskrankheitenverfahrens zu unterrichten, soweit ihre Entscheidung von der gutachterlichen Stellungnahme der zuständigen Stelle abweicht.

(8) Die Unfallversicherungsträger wirken bei der Gewinnung neuer medizinisch-wissenschaftlicher Erkenntnisse insbesondere zur Fortentwicklung des Berufskrankheitenrechts mit; sie sollen durch eigene Forschung oder durch Beteiligung an fremden Forschungsvorhaben dazu beitragen, den Ursachenzusammenhang zwischen Erkrankungshäufigkeiten in einer bestimmten Personengruppe und gesundheitsschädlichen Einwirkungen im Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit aufzuklären. Die Verbände der Unfallversicherungsträger veröffentlichen jährlich einen gemeinsamen Bericht über ihre Forschungsaktivitäten und die Forschungsaktivitäten der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung. Der Bericht erstreckt sich auf die Themen der Forschungsvorhaben, die Höhe der aufgewendeten Mittel sowie die Zuwendungsempfänger und Forschungsnehmer externer Projekte.

(9) Die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen dürfen zur Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufskrankheiten zu entschädigen sind, Daten verarbeiten sowie zur Vorbereitung von Gutachten Versicherte untersuchen, soweit dies im Rahmen ihrer Mitwirkung nach Absatz 6 Nr. 2 erforderlich ist; sie dürfen diese Daten insbesondere an den zuständigen Unfallversicherungsträger übermitteln. Die erhobenen Daten dürfen auch zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren gespeichert, verändert, genutzt, übermittelt oder in der Verarbeitung eingeschränkt werden. Soweit die in Satz 1 genannten Stellen andere Ärzte mit der Vornahme von Untersuchungen beauftragen, ist die Übermittlung von Daten zwischen diesen Stellen und den beauftragten Ärzten zulässig, soweit dies im Rahmen des Untersuchungsauftrages erforderlich ist.

Bei Berufskrankheiten gilt für die Berechnung des Jahresarbeitsverdienstes als Zeitpunkt des Versicherungsfalls der letzte Tag, an dem die Versicherten versicherte Tätigkeiten verrichtet haben, die ihrer Art nach geeignet waren, die Berufskrankheit zu verursachen, wenn diese Berechnung für die Versicherten günstiger ist als eine Berechnung auf der Grundlage des in § 9 Abs. 5 genannten Zeitpunktes. Dies gilt ohne Rücksicht darauf, aus welchen Gründen die schädigende versicherte Tätigkeit aufgegeben worden ist.

(1) Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung wird ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann dabei bestimmen, daß die Krankheiten nur dann Berufskrankheiten sind, wenn sie durch Tätigkeiten in bestimmten Gefährdungsbereichen verursacht worden sind. In der Rechtsverordnung kann ferner bestimmt werden, inwieweit Versicherte in Unternehmen der Seefahrt auch in der Zeit gegen Berufskrankheiten versichert sind, in der sie an Land beurlaubt sind.

(1a) Beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ein Ärztlicher Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten gebildet. Der Sachverständigenbeirat ist ein wissenschaftliches Gremium, das das Bundesministerium bei der Prüfung der medizinischen Erkenntnisse zur Bezeichnung neuer und zur Erarbeitung wissenschaftlicher Stellungnahmen zu bestehenden Berufskrankheiten unterstützt. Bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin wird eine Geschäftsstelle eingerichtet, die den Sachverständigenbeirat bei der Erfüllung seiner Arbeit organisatorisch und wissenschaftlich, insbesondere durch die Erstellung systematischer Reviews, unterstützt. Das Nähere über die Stellung und die Organisation des Sachverständigenbeirats und der Geschäftsstelle regelt die Bundesregierung in der Rechtsverordnung nach Absatz 1.

(2) Die Unfallversicherungsträger haben eine Krankheit, die nicht in der Rechtsverordnung bezeichnet ist oder bei der die dort bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen, wie eine Berufskrankheit als Versicherungsfall anzuerkennen, sofern im Zeitpunkt der Entscheidung nach neuen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft die Voraussetzungen für eine Bezeichnung nach Absatz 1 Satz 2 erfüllt sind.

(2a) Krankheiten, die bei Versicherten vor der Bezeichnung als Berufskrankheiten bereits entstanden waren, sind rückwirkend frühestens anzuerkennen

1.
in den Fällen des Absatzes 1 als Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die Bezeichnung in Kraft getreten ist,
2.
in den Fällen des Absatzes 2 wie eine Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die neuen Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft vorgelegen haben; hat der Ärztliche Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten eine Empfehlung für die Bezeichnung einer neuen Berufskrankheit beschlossen, ist für die Anerkennung maßgebend der Tag der Beschlussfassung.

(3) Erkranken Versicherte, die infolge der besonderen Bedingungen ihrer versicherten Tätigkeit in erhöhtem Maße der Gefahr der Erkrankung an einer in der Rechtsverordnung nach Absatz 1 genannten Berufskrankheit ausgesetzt waren, an einer solchen Krankheit und können Anhaltspunkte für eine Verursachung außerhalb der versicherten Tätigkeit nicht festgestellt werden, wird vermutet, daß diese infolge der versicherten Tätigkeit verursacht worden ist.

(3a) Der Unfallversicherungsträger erhebt alle Beweise, die zur Ermittlung des Sachverhalts erforderlich sind. Dabei hat er neben den in § 21 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Beweismitteln auch Erkenntnisse zu berücksichtigen, die er oder ein anderer Unfallversicherungsträger an vergleichbaren Arbeitsplätzen oder zu vergleichbaren Tätigkeiten gewonnen hat. Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen die Ermittlungen zu den Einwirkungen während der versicherten Tätigkeit dadurch erschwert sind, dass der Arbeitsplatz des Versicherten nicht mehr oder nur in veränderter Gestaltung vorhanden ist. Die Unfallversicherungsträger sollen zur Erfüllung der Aufgaben nach den Sätzen 2 und 3 einzeln oder gemeinsam tätigkeitsbezogene Expositionskataster erstellen. Grundlage für diese Kataster können die Ergebnisse aus systematischen Erhebungen, aus Ermittlungen in Einzelfällen sowie aus Forschungsvorhaben sein. Die Unfallversicherungsträger können außerdem Erhebungen an vergleichbaren Arbeitsplätzen durchführen.

(4) Besteht für Versicherte, bei denen eine Berufskrankheit anerkannt wurde, die Gefahr, dass bei der Fortsetzung der versicherten Tätigkeit die Krankheit wiederauflebt oder sich verschlimmert und lässt sich diese Gefahr nicht durch andere geeignete Mittel beseitigen, haben die Unfallversicherungsträger darauf hinzuwirken, dass die Versicherten die gefährdende Tätigkeit unterlassen. Die Versicherten sind von den Unfallversicherungsträgern über die mit der Tätigkeit verbundenen Gefahren und mögliche Schutzmaßnahmen umfassend aufzuklären. Zur Verhütung einer Gefahr nach Satz 1 sind die Versicherten verpflichtet, an individualpräventiven Maßnahmen der Unfallversicherungsträger teilzunehmen und an Maßnahmen zur Verhaltensprävention mitzuwirken; die §§ 60 bis 65a des Ersten Buches gelten entsprechend. Pflichten der Unternehmer und Versicherten nach dem Zweiten Kapitel und nach arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften bleiben hiervon unberührt. Kommen Versicherte ihrer Teilnahme- oder Mitwirkungspflicht nach Satz 3 nicht nach, können die Unfallversicherungsträger Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder die Leistung einer danach erstmals festzusetzenden Rente wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit oder den Anteil einer Rente, der auf eine danach eingetretene wesentliche Änderung im Sinne des § 73 Absatz 3 zurückgeht, bis zur Nachholung der Teilnahme oder Mitwirkung ganz oder teilweise versagen. Dies setzt voraus, dass infolge der fehlenden Teilnahme oder Mitwirkung der Versicherten die Teilhabeleistungen erforderlich geworden sind oder die Erwerbsminderung oder die wesentliche Änderung eingetreten ist; § 66 Absatz 3 und § 67 des Ersten Buches gelten entsprechend.

(5) Soweit Vorschriften über Leistungen auf den Zeitpunkt des Versicherungsfalls abstellen, ist bei Berufskrankheiten auf den Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder der Behandlungsbedürftigkeit oder, wenn dies für den Versicherten günstiger ist, auf den Beginn der rentenberechtigenden Minderung der Erwerbsfähigkeit abzustellen.

(6) Die Bundesregierung regelt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates

1.
Voraussetzungen, Art und Umfang von Leistungen zur Verhütung des Entstehens, der Verschlimmerung oder des Wiederauflebens von Berufskrankheiten,
2.
die Mitwirkung der für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen bei der Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufskrankheiten zu entschädigen sind; dabei kann bestimmt werden, daß die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen berechtigt sind, Zusammenhangsgutachten zu erstellen sowie zur Vorbereitung ihrer Gutachten Versicherte zu untersuchen oder auf Kosten der Unfallversicherungsträger andere Ärzte mit der Vornahme der Untersuchungen zu beauftragen,
3.
die von den Unfallversicherungsträgern für die Tätigkeit der Stellen nach Nummer 2 zu entrichtenden Gebühren; diese Gebühren richten sich nach dem für die Begutachtung erforderlichen Aufwand und den dadurch entstehenden Kosten.

(7) Die Unfallversicherungsträger haben die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständige Stelle über den Ausgang des Berufskrankheitenverfahrens zu unterrichten, soweit ihre Entscheidung von der gutachterlichen Stellungnahme der zuständigen Stelle abweicht.

(8) Die Unfallversicherungsträger wirken bei der Gewinnung neuer medizinisch-wissenschaftlicher Erkenntnisse insbesondere zur Fortentwicklung des Berufskrankheitenrechts mit; sie sollen durch eigene Forschung oder durch Beteiligung an fremden Forschungsvorhaben dazu beitragen, den Ursachenzusammenhang zwischen Erkrankungshäufigkeiten in einer bestimmten Personengruppe und gesundheitsschädlichen Einwirkungen im Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit aufzuklären. Die Verbände der Unfallversicherungsträger veröffentlichen jährlich einen gemeinsamen Bericht über ihre Forschungsaktivitäten und die Forschungsaktivitäten der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung. Der Bericht erstreckt sich auf die Themen der Forschungsvorhaben, die Höhe der aufgewendeten Mittel sowie die Zuwendungsempfänger und Forschungsnehmer externer Projekte.

(9) Die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen dürfen zur Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufskrankheiten zu entschädigen sind, Daten verarbeiten sowie zur Vorbereitung von Gutachten Versicherte untersuchen, soweit dies im Rahmen ihrer Mitwirkung nach Absatz 6 Nr. 2 erforderlich ist; sie dürfen diese Daten insbesondere an den zuständigen Unfallversicherungsträger übermitteln. Die erhobenen Daten dürfen auch zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren gespeichert, verändert, genutzt, übermittelt oder in der Verarbeitung eingeschränkt werden. Soweit die in Satz 1 genannten Stellen andere Ärzte mit der Vornahme von Untersuchungen beauftragen, ist die Übermittlung von Daten zwischen diesen Stellen und den beauftragten Ärzten zulässig, soweit dies im Rahmen des Untersuchungsauftrages erforderlich ist.

(1) Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 vom Hundert gemindert ist, haben Anspruch auf eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente. Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 vom Hundert mindern. Den Versicherungsfällen stehen gleich Unfälle oder Entschädigungsfälle nach den Beamtengesetzen, dem Bundesversorgungsgesetz, dem Soldatenversorgungsgesetz, dem Gesetz über den zivilen Ersatzdienst, dem Gesetz über die Abgeltung von Besatzungsschäden, dem Häftlingshilfegesetz und den entsprechenden Gesetzen, die Entschädigung für Unfälle oder Beschädigungen gewähren.

(2) Die Minderung der Erwerbsfähigkeit richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens. Bei jugendlichen Versicherten wird die Minderung der Erwerbsfähigkeit nach den Auswirkungen bemessen, die sich bei Erwachsenen mit gleichem Gesundheitsschaden ergeben würden. Bei der Bemessung der Minderung der Erwerbsfähigkeit werden Nachteile berücksichtigt, die die Versicherten dadurch erleiden, daß sie bestimmte von ihnen erworbene besondere berufliche Kenntnisse und Erfahrungen infolge des Versicherungsfalls nicht mehr oder nur noch in vermindertem Umfang nutzen können, soweit solche Nachteile nicht durch sonstige Fähigkeiten, deren Nutzung ihnen zugemutet werden kann, ausgeglichen werden.

(3) Bei Verlust der Erwerbsfähigkeit wird Vollrente geleistet; sie beträgt zwei Drittel des Jahresarbeitsverdienstes. Bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit wird Teilrente geleistet; sie wird in der Höhe des Vomhundertsatzes der Vollrente festgesetzt, der dem Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit entspricht.

Ist ein nach der Regelberechnung, nach den Vorschriften bei Berufskrankheiten oder nach der Regelung über den Mindestjahresarbeitsverdienst festgesetzter Jahresarbeitsverdienst in erheblichem Maße unbillig, wird er nach billigem Ermessen im Rahmen von Mindest- und Höchstjahresarbeitsverdienst festgesetzt. Hierbei werden insbesondere die Fähigkeiten, die Ausbildung, die Lebensstellung und die Tätigkeit der Versicherten im Zeitpunkt des Versicherungsfalls berücksichtigt.

Bei Berufskrankheiten gilt für die Berechnung des Jahresarbeitsverdienstes als Zeitpunkt des Versicherungsfalls der letzte Tag, an dem die Versicherten versicherte Tätigkeiten verrichtet haben, die ihrer Art nach geeignet waren, die Berufskrankheit zu verursachen, wenn diese Berechnung für die Versicherten günstiger ist als eine Berechnung auf der Grundlage des in § 9 Abs. 5 genannten Zeitpunktes. Dies gilt ohne Rücksicht darauf, aus welchen Gründen die schädigende versicherte Tätigkeit aufgegeben worden ist.

(1) Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung wird ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann dabei bestimmen, daß die Krankheiten nur dann Berufskrankheiten sind, wenn sie durch Tätigkeiten in bestimmten Gefährdungsbereichen verursacht worden sind. In der Rechtsverordnung kann ferner bestimmt werden, inwieweit Versicherte in Unternehmen der Seefahrt auch in der Zeit gegen Berufskrankheiten versichert sind, in der sie an Land beurlaubt sind.

(1a) Beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ein Ärztlicher Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten gebildet. Der Sachverständigenbeirat ist ein wissenschaftliches Gremium, das das Bundesministerium bei der Prüfung der medizinischen Erkenntnisse zur Bezeichnung neuer und zur Erarbeitung wissenschaftlicher Stellungnahmen zu bestehenden Berufskrankheiten unterstützt. Bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin wird eine Geschäftsstelle eingerichtet, die den Sachverständigenbeirat bei der Erfüllung seiner Arbeit organisatorisch und wissenschaftlich, insbesondere durch die Erstellung systematischer Reviews, unterstützt. Das Nähere über die Stellung und die Organisation des Sachverständigenbeirats und der Geschäftsstelle regelt die Bundesregierung in der Rechtsverordnung nach Absatz 1.

(2) Die Unfallversicherungsträger haben eine Krankheit, die nicht in der Rechtsverordnung bezeichnet ist oder bei der die dort bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen, wie eine Berufskrankheit als Versicherungsfall anzuerkennen, sofern im Zeitpunkt der Entscheidung nach neuen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft die Voraussetzungen für eine Bezeichnung nach Absatz 1 Satz 2 erfüllt sind.

(2a) Krankheiten, die bei Versicherten vor der Bezeichnung als Berufskrankheiten bereits entstanden waren, sind rückwirkend frühestens anzuerkennen

1.
in den Fällen des Absatzes 1 als Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die Bezeichnung in Kraft getreten ist,
2.
in den Fällen des Absatzes 2 wie eine Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die neuen Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft vorgelegen haben; hat der Ärztliche Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten eine Empfehlung für die Bezeichnung einer neuen Berufskrankheit beschlossen, ist für die Anerkennung maßgebend der Tag der Beschlussfassung.

(3) Erkranken Versicherte, die infolge der besonderen Bedingungen ihrer versicherten Tätigkeit in erhöhtem Maße der Gefahr der Erkrankung an einer in der Rechtsverordnung nach Absatz 1 genannten Berufskrankheit ausgesetzt waren, an einer solchen Krankheit und können Anhaltspunkte für eine Verursachung außerhalb der versicherten Tätigkeit nicht festgestellt werden, wird vermutet, daß diese infolge der versicherten Tätigkeit verursacht worden ist.

(3a) Der Unfallversicherungsträger erhebt alle Beweise, die zur Ermittlung des Sachverhalts erforderlich sind. Dabei hat er neben den in § 21 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Beweismitteln auch Erkenntnisse zu berücksichtigen, die er oder ein anderer Unfallversicherungsträger an vergleichbaren Arbeitsplätzen oder zu vergleichbaren Tätigkeiten gewonnen hat. Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen die Ermittlungen zu den Einwirkungen während der versicherten Tätigkeit dadurch erschwert sind, dass der Arbeitsplatz des Versicherten nicht mehr oder nur in veränderter Gestaltung vorhanden ist. Die Unfallversicherungsträger sollen zur Erfüllung der Aufgaben nach den Sätzen 2 und 3 einzeln oder gemeinsam tätigkeitsbezogene Expositionskataster erstellen. Grundlage für diese Kataster können die Ergebnisse aus systematischen Erhebungen, aus Ermittlungen in Einzelfällen sowie aus Forschungsvorhaben sein. Die Unfallversicherungsträger können außerdem Erhebungen an vergleichbaren Arbeitsplätzen durchführen.

(4) Besteht für Versicherte, bei denen eine Berufskrankheit anerkannt wurde, die Gefahr, dass bei der Fortsetzung der versicherten Tätigkeit die Krankheit wiederauflebt oder sich verschlimmert und lässt sich diese Gefahr nicht durch andere geeignete Mittel beseitigen, haben die Unfallversicherungsträger darauf hinzuwirken, dass die Versicherten die gefährdende Tätigkeit unterlassen. Die Versicherten sind von den Unfallversicherungsträgern über die mit der Tätigkeit verbundenen Gefahren und mögliche Schutzmaßnahmen umfassend aufzuklären. Zur Verhütung einer Gefahr nach Satz 1 sind die Versicherten verpflichtet, an individualpräventiven Maßnahmen der Unfallversicherungsträger teilzunehmen und an Maßnahmen zur Verhaltensprävention mitzuwirken; die §§ 60 bis 65a des Ersten Buches gelten entsprechend. Pflichten der Unternehmer und Versicherten nach dem Zweiten Kapitel und nach arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften bleiben hiervon unberührt. Kommen Versicherte ihrer Teilnahme- oder Mitwirkungspflicht nach Satz 3 nicht nach, können die Unfallversicherungsträger Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder die Leistung einer danach erstmals festzusetzenden Rente wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit oder den Anteil einer Rente, der auf eine danach eingetretene wesentliche Änderung im Sinne des § 73 Absatz 3 zurückgeht, bis zur Nachholung der Teilnahme oder Mitwirkung ganz oder teilweise versagen. Dies setzt voraus, dass infolge der fehlenden Teilnahme oder Mitwirkung der Versicherten die Teilhabeleistungen erforderlich geworden sind oder die Erwerbsminderung oder die wesentliche Änderung eingetreten ist; § 66 Absatz 3 und § 67 des Ersten Buches gelten entsprechend.

(5) Soweit Vorschriften über Leistungen auf den Zeitpunkt des Versicherungsfalls abstellen, ist bei Berufskrankheiten auf den Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder der Behandlungsbedürftigkeit oder, wenn dies für den Versicherten günstiger ist, auf den Beginn der rentenberechtigenden Minderung der Erwerbsfähigkeit abzustellen.

(6) Die Bundesregierung regelt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates

1.
Voraussetzungen, Art und Umfang von Leistungen zur Verhütung des Entstehens, der Verschlimmerung oder des Wiederauflebens von Berufskrankheiten,
2.
die Mitwirkung der für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen bei der Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufskrankheiten zu entschädigen sind; dabei kann bestimmt werden, daß die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen berechtigt sind, Zusammenhangsgutachten zu erstellen sowie zur Vorbereitung ihrer Gutachten Versicherte zu untersuchen oder auf Kosten der Unfallversicherungsträger andere Ärzte mit der Vornahme der Untersuchungen zu beauftragen,
3.
die von den Unfallversicherungsträgern für die Tätigkeit der Stellen nach Nummer 2 zu entrichtenden Gebühren; diese Gebühren richten sich nach dem für die Begutachtung erforderlichen Aufwand und den dadurch entstehenden Kosten.

(7) Die Unfallversicherungsträger haben die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständige Stelle über den Ausgang des Berufskrankheitenverfahrens zu unterrichten, soweit ihre Entscheidung von der gutachterlichen Stellungnahme der zuständigen Stelle abweicht.

(8) Die Unfallversicherungsträger wirken bei der Gewinnung neuer medizinisch-wissenschaftlicher Erkenntnisse insbesondere zur Fortentwicklung des Berufskrankheitenrechts mit; sie sollen durch eigene Forschung oder durch Beteiligung an fremden Forschungsvorhaben dazu beitragen, den Ursachenzusammenhang zwischen Erkrankungshäufigkeiten in einer bestimmten Personengruppe und gesundheitsschädlichen Einwirkungen im Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit aufzuklären. Die Verbände der Unfallversicherungsträger veröffentlichen jährlich einen gemeinsamen Bericht über ihre Forschungsaktivitäten und die Forschungsaktivitäten der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung. Der Bericht erstreckt sich auf die Themen der Forschungsvorhaben, die Höhe der aufgewendeten Mittel sowie die Zuwendungsempfänger und Forschungsnehmer externer Projekte.

(9) Die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen dürfen zur Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufskrankheiten zu entschädigen sind, Daten verarbeiten sowie zur Vorbereitung von Gutachten Versicherte untersuchen, soweit dies im Rahmen ihrer Mitwirkung nach Absatz 6 Nr. 2 erforderlich ist; sie dürfen diese Daten insbesondere an den zuständigen Unfallversicherungsträger übermitteln. Die erhobenen Daten dürfen auch zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren gespeichert, verändert, genutzt, übermittelt oder in der Verarbeitung eingeschränkt werden. Soweit die in Satz 1 genannten Stellen andere Ärzte mit der Vornahme von Untersuchungen beauftragen, ist die Übermittlung von Daten zwischen diesen Stellen und den beauftragten Ärzten zulässig, soweit dies im Rahmen des Untersuchungsauftrages erforderlich ist.

Bei Berufskrankheiten gilt für die Berechnung des Jahresarbeitsverdienstes als Zeitpunkt des Versicherungsfalls der letzte Tag, an dem die Versicherten versicherte Tätigkeiten verrichtet haben, die ihrer Art nach geeignet waren, die Berufskrankheit zu verursachen, wenn diese Berechnung für die Versicherten günstiger ist als eine Berechnung auf der Grundlage des in § 9 Abs. 5 genannten Zeitpunktes. Dies gilt ohne Rücksicht darauf, aus welchen Gründen die schädigende versicherte Tätigkeit aufgegeben worden ist.

Ist ein nach der Regelberechnung, nach den Vorschriften bei Berufskrankheiten oder nach der Regelung über den Mindestjahresarbeitsverdienst festgesetzter Jahresarbeitsverdienst in erheblichem Maße unbillig, wird er nach billigem Ermessen im Rahmen von Mindest- und Höchstjahresarbeitsverdienst festgesetzt. Hierbei werden insbesondere die Fähigkeiten, die Ausbildung, die Lebensstellung und die Tätigkeit der Versicherten im Zeitpunkt des Versicherungsfalls berücksichtigt.

(1) Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung wird ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann dabei bestimmen, daß die Krankheiten nur dann Berufskrankheiten sind, wenn sie durch Tätigkeiten in bestimmten Gefährdungsbereichen verursacht worden sind. In der Rechtsverordnung kann ferner bestimmt werden, inwieweit Versicherte in Unternehmen der Seefahrt auch in der Zeit gegen Berufskrankheiten versichert sind, in der sie an Land beurlaubt sind.

(1a) Beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ein Ärztlicher Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten gebildet. Der Sachverständigenbeirat ist ein wissenschaftliches Gremium, das das Bundesministerium bei der Prüfung der medizinischen Erkenntnisse zur Bezeichnung neuer und zur Erarbeitung wissenschaftlicher Stellungnahmen zu bestehenden Berufskrankheiten unterstützt. Bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin wird eine Geschäftsstelle eingerichtet, die den Sachverständigenbeirat bei der Erfüllung seiner Arbeit organisatorisch und wissenschaftlich, insbesondere durch die Erstellung systematischer Reviews, unterstützt. Das Nähere über die Stellung und die Organisation des Sachverständigenbeirats und der Geschäftsstelle regelt die Bundesregierung in der Rechtsverordnung nach Absatz 1.

(2) Die Unfallversicherungsträger haben eine Krankheit, die nicht in der Rechtsverordnung bezeichnet ist oder bei der die dort bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen, wie eine Berufskrankheit als Versicherungsfall anzuerkennen, sofern im Zeitpunkt der Entscheidung nach neuen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft die Voraussetzungen für eine Bezeichnung nach Absatz 1 Satz 2 erfüllt sind.

(2a) Krankheiten, die bei Versicherten vor der Bezeichnung als Berufskrankheiten bereits entstanden waren, sind rückwirkend frühestens anzuerkennen

1.
in den Fällen des Absatzes 1 als Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die Bezeichnung in Kraft getreten ist,
2.
in den Fällen des Absatzes 2 wie eine Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die neuen Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft vorgelegen haben; hat der Ärztliche Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten eine Empfehlung für die Bezeichnung einer neuen Berufskrankheit beschlossen, ist für die Anerkennung maßgebend der Tag der Beschlussfassung.

(3) Erkranken Versicherte, die infolge der besonderen Bedingungen ihrer versicherten Tätigkeit in erhöhtem Maße der Gefahr der Erkrankung an einer in der Rechtsverordnung nach Absatz 1 genannten Berufskrankheit ausgesetzt waren, an einer solchen Krankheit und können Anhaltspunkte für eine Verursachung außerhalb der versicherten Tätigkeit nicht festgestellt werden, wird vermutet, daß diese infolge der versicherten Tätigkeit verursacht worden ist.

(3a) Der Unfallversicherungsträger erhebt alle Beweise, die zur Ermittlung des Sachverhalts erforderlich sind. Dabei hat er neben den in § 21 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Beweismitteln auch Erkenntnisse zu berücksichtigen, die er oder ein anderer Unfallversicherungsträger an vergleichbaren Arbeitsplätzen oder zu vergleichbaren Tätigkeiten gewonnen hat. Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen die Ermittlungen zu den Einwirkungen während der versicherten Tätigkeit dadurch erschwert sind, dass der Arbeitsplatz des Versicherten nicht mehr oder nur in veränderter Gestaltung vorhanden ist. Die Unfallversicherungsträger sollen zur Erfüllung der Aufgaben nach den Sätzen 2 und 3 einzeln oder gemeinsam tätigkeitsbezogene Expositionskataster erstellen. Grundlage für diese Kataster können die Ergebnisse aus systematischen Erhebungen, aus Ermittlungen in Einzelfällen sowie aus Forschungsvorhaben sein. Die Unfallversicherungsträger können außerdem Erhebungen an vergleichbaren Arbeitsplätzen durchführen.

(4) Besteht für Versicherte, bei denen eine Berufskrankheit anerkannt wurde, die Gefahr, dass bei der Fortsetzung der versicherten Tätigkeit die Krankheit wiederauflebt oder sich verschlimmert und lässt sich diese Gefahr nicht durch andere geeignete Mittel beseitigen, haben die Unfallversicherungsträger darauf hinzuwirken, dass die Versicherten die gefährdende Tätigkeit unterlassen. Die Versicherten sind von den Unfallversicherungsträgern über die mit der Tätigkeit verbundenen Gefahren und mögliche Schutzmaßnahmen umfassend aufzuklären. Zur Verhütung einer Gefahr nach Satz 1 sind die Versicherten verpflichtet, an individualpräventiven Maßnahmen der Unfallversicherungsträger teilzunehmen und an Maßnahmen zur Verhaltensprävention mitzuwirken; die §§ 60 bis 65a des Ersten Buches gelten entsprechend. Pflichten der Unternehmer und Versicherten nach dem Zweiten Kapitel und nach arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften bleiben hiervon unberührt. Kommen Versicherte ihrer Teilnahme- oder Mitwirkungspflicht nach Satz 3 nicht nach, können die Unfallversicherungsträger Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder die Leistung einer danach erstmals festzusetzenden Rente wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit oder den Anteil einer Rente, der auf eine danach eingetretene wesentliche Änderung im Sinne des § 73 Absatz 3 zurückgeht, bis zur Nachholung der Teilnahme oder Mitwirkung ganz oder teilweise versagen. Dies setzt voraus, dass infolge der fehlenden Teilnahme oder Mitwirkung der Versicherten die Teilhabeleistungen erforderlich geworden sind oder die Erwerbsminderung oder die wesentliche Änderung eingetreten ist; § 66 Absatz 3 und § 67 des Ersten Buches gelten entsprechend.

(5) Soweit Vorschriften über Leistungen auf den Zeitpunkt des Versicherungsfalls abstellen, ist bei Berufskrankheiten auf den Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder der Behandlungsbedürftigkeit oder, wenn dies für den Versicherten günstiger ist, auf den Beginn der rentenberechtigenden Minderung der Erwerbsfähigkeit abzustellen.

(6) Die Bundesregierung regelt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates

1.
Voraussetzungen, Art und Umfang von Leistungen zur Verhütung des Entstehens, der Verschlimmerung oder des Wiederauflebens von Berufskrankheiten,
2.
die Mitwirkung der für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen bei der Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufskrankheiten zu entschädigen sind; dabei kann bestimmt werden, daß die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen berechtigt sind, Zusammenhangsgutachten zu erstellen sowie zur Vorbereitung ihrer Gutachten Versicherte zu untersuchen oder auf Kosten der Unfallversicherungsträger andere Ärzte mit der Vornahme der Untersuchungen zu beauftragen,
3.
die von den Unfallversicherungsträgern für die Tätigkeit der Stellen nach Nummer 2 zu entrichtenden Gebühren; diese Gebühren richten sich nach dem für die Begutachtung erforderlichen Aufwand und den dadurch entstehenden Kosten.

(7) Die Unfallversicherungsträger haben die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständige Stelle über den Ausgang des Berufskrankheitenverfahrens zu unterrichten, soweit ihre Entscheidung von der gutachterlichen Stellungnahme der zuständigen Stelle abweicht.

(8) Die Unfallversicherungsträger wirken bei der Gewinnung neuer medizinisch-wissenschaftlicher Erkenntnisse insbesondere zur Fortentwicklung des Berufskrankheitenrechts mit; sie sollen durch eigene Forschung oder durch Beteiligung an fremden Forschungsvorhaben dazu beitragen, den Ursachenzusammenhang zwischen Erkrankungshäufigkeiten in einer bestimmten Personengruppe und gesundheitsschädlichen Einwirkungen im Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit aufzuklären. Die Verbände der Unfallversicherungsträger veröffentlichen jährlich einen gemeinsamen Bericht über ihre Forschungsaktivitäten und die Forschungsaktivitäten der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung. Der Bericht erstreckt sich auf die Themen der Forschungsvorhaben, die Höhe der aufgewendeten Mittel sowie die Zuwendungsempfänger und Forschungsnehmer externer Projekte.

(9) Die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen dürfen zur Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufskrankheiten zu entschädigen sind, Daten verarbeiten sowie zur Vorbereitung von Gutachten Versicherte untersuchen, soweit dies im Rahmen ihrer Mitwirkung nach Absatz 6 Nr. 2 erforderlich ist; sie dürfen diese Daten insbesondere an den zuständigen Unfallversicherungsträger übermitteln. Die erhobenen Daten dürfen auch zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren gespeichert, verändert, genutzt, übermittelt oder in der Verarbeitung eingeschränkt werden. Soweit die in Satz 1 genannten Stellen andere Ärzte mit der Vornahme von Untersuchungen beauftragen, ist die Übermittlung von Daten zwischen diesen Stellen und den beauftragten Ärzten zulässig, soweit dies im Rahmen des Untersuchungsauftrages erforderlich ist.

Bei Berufskrankheiten gilt für die Berechnung des Jahresarbeitsverdienstes als Zeitpunkt des Versicherungsfalls der letzte Tag, an dem die Versicherten versicherte Tätigkeiten verrichtet haben, die ihrer Art nach geeignet waren, die Berufskrankheit zu verursachen, wenn diese Berechnung für die Versicherten günstiger ist als eine Berechnung auf der Grundlage des in § 9 Abs. 5 genannten Zeitpunktes. Dies gilt ohne Rücksicht darauf, aus welchen Gründen die schädigende versicherte Tätigkeit aufgegeben worden ist.

(1) Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung wird ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann dabei bestimmen, daß die Krankheiten nur dann Berufskrankheiten sind, wenn sie durch Tätigkeiten in bestimmten Gefährdungsbereichen verursacht worden sind. In der Rechtsverordnung kann ferner bestimmt werden, inwieweit Versicherte in Unternehmen der Seefahrt auch in der Zeit gegen Berufskrankheiten versichert sind, in der sie an Land beurlaubt sind.

(1a) Beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ein Ärztlicher Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten gebildet. Der Sachverständigenbeirat ist ein wissenschaftliches Gremium, das das Bundesministerium bei der Prüfung der medizinischen Erkenntnisse zur Bezeichnung neuer und zur Erarbeitung wissenschaftlicher Stellungnahmen zu bestehenden Berufskrankheiten unterstützt. Bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin wird eine Geschäftsstelle eingerichtet, die den Sachverständigenbeirat bei der Erfüllung seiner Arbeit organisatorisch und wissenschaftlich, insbesondere durch die Erstellung systematischer Reviews, unterstützt. Das Nähere über die Stellung und die Organisation des Sachverständigenbeirats und der Geschäftsstelle regelt die Bundesregierung in der Rechtsverordnung nach Absatz 1.

(2) Die Unfallversicherungsträger haben eine Krankheit, die nicht in der Rechtsverordnung bezeichnet ist oder bei der die dort bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen, wie eine Berufskrankheit als Versicherungsfall anzuerkennen, sofern im Zeitpunkt der Entscheidung nach neuen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft die Voraussetzungen für eine Bezeichnung nach Absatz 1 Satz 2 erfüllt sind.

(2a) Krankheiten, die bei Versicherten vor der Bezeichnung als Berufskrankheiten bereits entstanden waren, sind rückwirkend frühestens anzuerkennen

1.
in den Fällen des Absatzes 1 als Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die Bezeichnung in Kraft getreten ist,
2.
in den Fällen des Absatzes 2 wie eine Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die neuen Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft vorgelegen haben; hat der Ärztliche Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten eine Empfehlung für die Bezeichnung einer neuen Berufskrankheit beschlossen, ist für die Anerkennung maßgebend der Tag der Beschlussfassung.

(3) Erkranken Versicherte, die infolge der besonderen Bedingungen ihrer versicherten Tätigkeit in erhöhtem Maße der Gefahr der Erkrankung an einer in der Rechtsverordnung nach Absatz 1 genannten Berufskrankheit ausgesetzt waren, an einer solchen Krankheit und können Anhaltspunkte für eine Verursachung außerhalb der versicherten Tätigkeit nicht festgestellt werden, wird vermutet, daß diese infolge der versicherten Tätigkeit verursacht worden ist.

(3a) Der Unfallversicherungsträger erhebt alle Beweise, die zur Ermittlung des Sachverhalts erforderlich sind. Dabei hat er neben den in § 21 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Beweismitteln auch Erkenntnisse zu berücksichtigen, die er oder ein anderer Unfallversicherungsträger an vergleichbaren Arbeitsplätzen oder zu vergleichbaren Tätigkeiten gewonnen hat. Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen die Ermittlungen zu den Einwirkungen während der versicherten Tätigkeit dadurch erschwert sind, dass der Arbeitsplatz des Versicherten nicht mehr oder nur in veränderter Gestaltung vorhanden ist. Die Unfallversicherungsträger sollen zur Erfüllung der Aufgaben nach den Sätzen 2 und 3 einzeln oder gemeinsam tätigkeitsbezogene Expositionskataster erstellen. Grundlage für diese Kataster können die Ergebnisse aus systematischen Erhebungen, aus Ermittlungen in Einzelfällen sowie aus Forschungsvorhaben sein. Die Unfallversicherungsträger können außerdem Erhebungen an vergleichbaren Arbeitsplätzen durchführen.

(4) Besteht für Versicherte, bei denen eine Berufskrankheit anerkannt wurde, die Gefahr, dass bei der Fortsetzung der versicherten Tätigkeit die Krankheit wiederauflebt oder sich verschlimmert und lässt sich diese Gefahr nicht durch andere geeignete Mittel beseitigen, haben die Unfallversicherungsträger darauf hinzuwirken, dass die Versicherten die gefährdende Tätigkeit unterlassen. Die Versicherten sind von den Unfallversicherungsträgern über die mit der Tätigkeit verbundenen Gefahren und mögliche Schutzmaßnahmen umfassend aufzuklären. Zur Verhütung einer Gefahr nach Satz 1 sind die Versicherten verpflichtet, an individualpräventiven Maßnahmen der Unfallversicherungsträger teilzunehmen und an Maßnahmen zur Verhaltensprävention mitzuwirken; die §§ 60 bis 65a des Ersten Buches gelten entsprechend. Pflichten der Unternehmer und Versicherten nach dem Zweiten Kapitel und nach arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften bleiben hiervon unberührt. Kommen Versicherte ihrer Teilnahme- oder Mitwirkungspflicht nach Satz 3 nicht nach, können die Unfallversicherungsträger Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder die Leistung einer danach erstmals festzusetzenden Rente wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit oder den Anteil einer Rente, der auf eine danach eingetretene wesentliche Änderung im Sinne des § 73 Absatz 3 zurückgeht, bis zur Nachholung der Teilnahme oder Mitwirkung ganz oder teilweise versagen. Dies setzt voraus, dass infolge der fehlenden Teilnahme oder Mitwirkung der Versicherten die Teilhabeleistungen erforderlich geworden sind oder die Erwerbsminderung oder die wesentliche Änderung eingetreten ist; § 66 Absatz 3 und § 67 des Ersten Buches gelten entsprechend.

(5) Soweit Vorschriften über Leistungen auf den Zeitpunkt des Versicherungsfalls abstellen, ist bei Berufskrankheiten auf den Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder der Behandlungsbedürftigkeit oder, wenn dies für den Versicherten günstiger ist, auf den Beginn der rentenberechtigenden Minderung der Erwerbsfähigkeit abzustellen.

(6) Die Bundesregierung regelt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates

1.
Voraussetzungen, Art und Umfang von Leistungen zur Verhütung des Entstehens, der Verschlimmerung oder des Wiederauflebens von Berufskrankheiten,
2.
die Mitwirkung der für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen bei der Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufskrankheiten zu entschädigen sind; dabei kann bestimmt werden, daß die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen berechtigt sind, Zusammenhangsgutachten zu erstellen sowie zur Vorbereitung ihrer Gutachten Versicherte zu untersuchen oder auf Kosten der Unfallversicherungsträger andere Ärzte mit der Vornahme der Untersuchungen zu beauftragen,
3.
die von den Unfallversicherungsträgern für die Tätigkeit der Stellen nach Nummer 2 zu entrichtenden Gebühren; diese Gebühren richten sich nach dem für die Begutachtung erforderlichen Aufwand und den dadurch entstehenden Kosten.

(7) Die Unfallversicherungsträger haben die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständige Stelle über den Ausgang des Berufskrankheitenverfahrens zu unterrichten, soweit ihre Entscheidung von der gutachterlichen Stellungnahme der zuständigen Stelle abweicht.

(8) Die Unfallversicherungsträger wirken bei der Gewinnung neuer medizinisch-wissenschaftlicher Erkenntnisse insbesondere zur Fortentwicklung des Berufskrankheitenrechts mit; sie sollen durch eigene Forschung oder durch Beteiligung an fremden Forschungsvorhaben dazu beitragen, den Ursachenzusammenhang zwischen Erkrankungshäufigkeiten in einer bestimmten Personengruppe und gesundheitsschädlichen Einwirkungen im Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit aufzuklären. Die Verbände der Unfallversicherungsträger veröffentlichen jährlich einen gemeinsamen Bericht über ihre Forschungsaktivitäten und die Forschungsaktivitäten der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung. Der Bericht erstreckt sich auf die Themen der Forschungsvorhaben, die Höhe der aufgewendeten Mittel sowie die Zuwendungsempfänger und Forschungsnehmer externer Projekte.

(9) Die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen dürfen zur Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufskrankheiten zu entschädigen sind, Daten verarbeiten sowie zur Vorbereitung von Gutachten Versicherte untersuchen, soweit dies im Rahmen ihrer Mitwirkung nach Absatz 6 Nr. 2 erforderlich ist; sie dürfen diese Daten insbesondere an den zuständigen Unfallversicherungsträger übermitteln. Die erhobenen Daten dürfen auch zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren gespeichert, verändert, genutzt, übermittelt oder in der Verarbeitung eingeschränkt werden. Soweit die in Satz 1 genannten Stellen andere Ärzte mit der Vornahme von Untersuchungen beauftragen, ist die Übermittlung von Daten zwischen diesen Stellen und den beauftragten Ärzten zulässig, soweit dies im Rahmen des Untersuchungsauftrages erforderlich ist.

Bei Berufskrankheiten gilt für die Berechnung des Jahresarbeitsverdienstes als Zeitpunkt des Versicherungsfalls der letzte Tag, an dem die Versicherten versicherte Tätigkeiten verrichtet haben, die ihrer Art nach geeignet waren, die Berufskrankheit zu verursachen, wenn diese Berechnung für die Versicherten günstiger ist als eine Berechnung auf der Grundlage des in § 9 Abs. 5 genannten Zeitpunktes. Dies gilt ohne Rücksicht darauf, aus welchen Gründen die schädigende versicherte Tätigkeit aufgegeben worden ist.

Ist ein nach der Regelberechnung, nach den Vorschriften bei Berufskrankheiten oder nach der Regelung über den Mindestjahresarbeitsverdienst festgesetzter Jahresarbeitsverdienst in erheblichem Maße unbillig, wird er nach billigem Ermessen im Rahmen von Mindest- und Höchstjahresarbeitsverdienst festgesetzt. Hierbei werden insbesondere die Fähigkeiten, die Ausbildung, die Lebensstellung und die Tätigkeit der Versicherten im Zeitpunkt des Versicherungsfalls berücksichtigt.

(1) Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung wird ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann dabei bestimmen, daß die Krankheiten nur dann Berufskrankheiten sind, wenn sie durch Tätigkeiten in bestimmten Gefährdungsbereichen verursacht worden sind. In der Rechtsverordnung kann ferner bestimmt werden, inwieweit Versicherte in Unternehmen der Seefahrt auch in der Zeit gegen Berufskrankheiten versichert sind, in der sie an Land beurlaubt sind.

(1a) Beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ein Ärztlicher Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten gebildet. Der Sachverständigenbeirat ist ein wissenschaftliches Gremium, das das Bundesministerium bei der Prüfung der medizinischen Erkenntnisse zur Bezeichnung neuer und zur Erarbeitung wissenschaftlicher Stellungnahmen zu bestehenden Berufskrankheiten unterstützt. Bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin wird eine Geschäftsstelle eingerichtet, die den Sachverständigenbeirat bei der Erfüllung seiner Arbeit organisatorisch und wissenschaftlich, insbesondere durch die Erstellung systematischer Reviews, unterstützt. Das Nähere über die Stellung und die Organisation des Sachverständigenbeirats und der Geschäftsstelle regelt die Bundesregierung in der Rechtsverordnung nach Absatz 1.

(2) Die Unfallversicherungsträger haben eine Krankheit, die nicht in der Rechtsverordnung bezeichnet ist oder bei der die dort bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen, wie eine Berufskrankheit als Versicherungsfall anzuerkennen, sofern im Zeitpunkt der Entscheidung nach neuen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft die Voraussetzungen für eine Bezeichnung nach Absatz 1 Satz 2 erfüllt sind.

(2a) Krankheiten, die bei Versicherten vor der Bezeichnung als Berufskrankheiten bereits entstanden waren, sind rückwirkend frühestens anzuerkennen

1.
in den Fällen des Absatzes 1 als Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die Bezeichnung in Kraft getreten ist,
2.
in den Fällen des Absatzes 2 wie eine Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die neuen Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft vorgelegen haben; hat der Ärztliche Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten eine Empfehlung für die Bezeichnung einer neuen Berufskrankheit beschlossen, ist für die Anerkennung maßgebend der Tag der Beschlussfassung.

(3) Erkranken Versicherte, die infolge der besonderen Bedingungen ihrer versicherten Tätigkeit in erhöhtem Maße der Gefahr der Erkrankung an einer in der Rechtsverordnung nach Absatz 1 genannten Berufskrankheit ausgesetzt waren, an einer solchen Krankheit und können Anhaltspunkte für eine Verursachung außerhalb der versicherten Tätigkeit nicht festgestellt werden, wird vermutet, daß diese infolge der versicherten Tätigkeit verursacht worden ist.

(3a) Der Unfallversicherungsträger erhebt alle Beweise, die zur Ermittlung des Sachverhalts erforderlich sind. Dabei hat er neben den in § 21 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Beweismitteln auch Erkenntnisse zu berücksichtigen, die er oder ein anderer Unfallversicherungsträger an vergleichbaren Arbeitsplätzen oder zu vergleichbaren Tätigkeiten gewonnen hat. Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen die Ermittlungen zu den Einwirkungen während der versicherten Tätigkeit dadurch erschwert sind, dass der Arbeitsplatz des Versicherten nicht mehr oder nur in veränderter Gestaltung vorhanden ist. Die Unfallversicherungsträger sollen zur Erfüllung der Aufgaben nach den Sätzen 2 und 3 einzeln oder gemeinsam tätigkeitsbezogene Expositionskataster erstellen. Grundlage für diese Kataster können die Ergebnisse aus systematischen Erhebungen, aus Ermittlungen in Einzelfällen sowie aus Forschungsvorhaben sein. Die Unfallversicherungsträger können außerdem Erhebungen an vergleichbaren Arbeitsplätzen durchführen.

(4) Besteht für Versicherte, bei denen eine Berufskrankheit anerkannt wurde, die Gefahr, dass bei der Fortsetzung der versicherten Tätigkeit die Krankheit wiederauflebt oder sich verschlimmert und lässt sich diese Gefahr nicht durch andere geeignete Mittel beseitigen, haben die Unfallversicherungsträger darauf hinzuwirken, dass die Versicherten die gefährdende Tätigkeit unterlassen. Die Versicherten sind von den Unfallversicherungsträgern über die mit der Tätigkeit verbundenen Gefahren und mögliche Schutzmaßnahmen umfassend aufzuklären. Zur Verhütung einer Gefahr nach Satz 1 sind die Versicherten verpflichtet, an individualpräventiven Maßnahmen der Unfallversicherungsträger teilzunehmen und an Maßnahmen zur Verhaltensprävention mitzuwirken; die §§ 60 bis 65a des Ersten Buches gelten entsprechend. Pflichten der Unternehmer und Versicherten nach dem Zweiten Kapitel und nach arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften bleiben hiervon unberührt. Kommen Versicherte ihrer Teilnahme- oder Mitwirkungspflicht nach Satz 3 nicht nach, können die Unfallversicherungsträger Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder die Leistung einer danach erstmals festzusetzenden Rente wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit oder den Anteil einer Rente, der auf eine danach eingetretene wesentliche Änderung im Sinne des § 73 Absatz 3 zurückgeht, bis zur Nachholung der Teilnahme oder Mitwirkung ganz oder teilweise versagen. Dies setzt voraus, dass infolge der fehlenden Teilnahme oder Mitwirkung der Versicherten die Teilhabeleistungen erforderlich geworden sind oder die Erwerbsminderung oder die wesentliche Änderung eingetreten ist; § 66 Absatz 3 und § 67 des Ersten Buches gelten entsprechend.

(5) Soweit Vorschriften über Leistungen auf den Zeitpunkt des Versicherungsfalls abstellen, ist bei Berufskrankheiten auf den Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder der Behandlungsbedürftigkeit oder, wenn dies für den Versicherten günstiger ist, auf den Beginn der rentenberechtigenden Minderung der Erwerbsfähigkeit abzustellen.

(6) Die Bundesregierung regelt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates

1.
Voraussetzungen, Art und Umfang von Leistungen zur Verhütung des Entstehens, der Verschlimmerung oder des Wiederauflebens von Berufskrankheiten,
2.
die Mitwirkung der für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen bei der Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufskrankheiten zu entschädigen sind; dabei kann bestimmt werden, daß die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen berechtigt sind, Zusammenhangsgutachten zu erstellen sowie zur Vorbereitung ihrer Gutachten Versicherte zu untersuchen oder auf Kosten der Unfallversicherungsträger andere Ärzte mit der Vornahme der Untersuchungen zu beauftragen,
3.
die von den Unfallversicherungsträgern für die Tätigkeit der Stellen nach Nummer 2 zu entrichtenden Gebühren; diese Gebühren richten sich nach dem für die Begutachtung erforderlichen Aufwand und den dadurch entstehenden Kosten.

(7) Die Unfallversicherungsträger haben die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständige Stelle über den Ausgang des Berufskrankheitenverfahrens zu unterrichten, soweit ihre Entscheidung von der gutachterlichen Stellungnahme der zuständigen Stelle abweicht.

(8) Die Unfallversicherungsträger wirken bei der Gewinnung neuer medizinisch-wissenschaftlicher Erkenntnisse insbesondere zur Fortentwicklung des Berufskrankheitenrechts mit; sie sollen durch eigene Forschung oder durch Beteiligung an fremden Forschungsvorhaben dazu beitragen, den Ursachenzusammenhang zwischen Erkrankungshäufigkeiten in einer bestimmten Personengruppe und gesundheitsschädlichen Einwirkungen im Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit aufzuklären. Die Verbände der Unfallversicherungsträger veröffentlichen jährlich einen gemeinsamen Bericht über ihre Forschungsaktivitäten und die Forschungsaktivitäten der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung. Der Bericht erstreckt sich auf die Themen der Forschungsvorhaben, die Höhe der aufgewendeten Mittel sowie die Zuwendungsempfänger und Forschungsnehmer externer Projekte.

(9) Die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen dürfen zur Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufskrankheiten zu entschädigen sind, Daten verarbeiten sowie zur Vorbereitung von Gutachten Versicherte untersuchen, soweit dies im Rahmen ihrer Mitwirkung nach Absatz 6 Nr. 2 erforderlich ist; sie dürfen diese Daten insbesondere an den zuständigen Unfallversicherungsträger übermitteln. Die erhobenen Daten dürfen auch zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren gespeichert, verändert, genutzt, übermittelt oder in der Verarbeitung eingeschränkt werden. Soweit die in Satz 1 genannten Stellen andere Ärzte mit der Vornahme von Untersuchungen beauftragen, ist die Übermittlung von Daten zwischen diesen Stellen und den beauftragten Ärzten zulässig, soweit dies im Rahmen des Untersuchungsauftrages erforderlich ist.

Bei Berufskrankheiten gilt für die Berechnung des Jahresarbeitsverdienstes als Zeitpunkt des Versicherungsfalls der letzte Tag, an dem die Versicherten versicherte Tätigkeiten verrichtet haben, die ihrer Art nach geeignet waren, die Berufskrankheit zu verursachen, wenn diese Berechnung für die Versicherten günstiger ist als eine Berechnung auf der Grundlage des in § 9 Abs. 5 genannten Zeitpunktes. Dies gilt ohne Rücksicht darauf, aus welchen Gründen die schädigende versicherte Tätigkeit aufgegeben worden ist.

(1) Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung wird ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann dabei bestimmen, daß die Krankheiten nur dann Berufskrankheiten sind, wenn sie durch Tätigkeiten in bestimmten Gefährdungsbereichen verursacht worden sind. In der Rechtsverordnung kann ferner bestimmt werden, inwieweit Versicherte in Unternehmen der Seefahrt auch in der Zeit gegen Berufskrankheiten versichert sind, in der sie an Land beurlaubt sind.

(1a) Beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ein Ärztlicher Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten gebildet. Der Sachverständigenbeirat ist ein wissenschaftliches Gremium, das das Bundesministerium bei der Prüfung der medizinischen Erkenntnisse zur Bezeichnung neuer und zur Erarbeitung wissenschaftlicher Stellungnahmen zu bestehenden Berufskrankheiten unterstützt. Bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin wird eine Geschäftsstelle eingerichtet, die den Sachverständigenbeirat bei der Erfüllung seiner Arbeit organisatorisch und wissenschaftlich, insbesondere durch die Erstellung systematischer Reviews, unterstützt. Das Nähere über die Stellung und die Organisation des Sachverständigenbeirats und der Geschäftsstelle regelt die Bundesregierung in der Rechtsverordnung nach Absatz 1.

(2) Die Unfallversicherungsträger haben eine Krankheit, die nicht in der Rechtsverordnung bezeichnet ist oder bei der die dort bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen, wie eine Berufskrankheit als Versicherungsfall anzuerkennen, sofern im Zeitpunkt der Entscheidung nach neuen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft die Voraussetzungen für eine Bezeichnung nach Absatz 1 Satz 2 erfüllt sind.

(2a) Krankheiten, die bei Versicherten vor der Bezeichnung als Berufskrankheiten bereits entstanden waren, sind rückwirkend frühestens anzuerkennen

1.
in den Fällen des Absatzes 1 als Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die Bezeichnung in Kraft getreten ist,
2.
in den Fällen des Absatzes 2 wie eine Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die neuen Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft vorgelegen haben; hat der Ärztliche Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten eine Empfehlung für die Bezeichnung einer neuen Berufskrankheit beschlossen, ist für die Anerkennung maßgebend der Tag der Beschlussfassung.

(3) Erkranken Versicherte, die infolge der besonderen Bedingungen ihrer versicherten Tätigkeit in erhöhtem Maße der Gefahr der Erkrankung an einer in der Rechtsverordnung nach Absatz 1 genannten Berufskrankheit ausgesetzt waren, an einer solchen Krankheit und können Anhaltspunkte für eine Verursachung außerhalb der versicherten Tätigkeit nicht festgestellt werden, wird vermutet, daß diese infolge der versicherten Tätigkeit verursacht worden ist.

(3a) Der Unfallversicherungsträger erhebt alle Beweise, die zur Ermittlung des Sachverhalts erforderlich sind. Dabei hat er neben den in § 21 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Beweismitteln auch Erkenntnisse zu berücksichtigen, die er oder ein anderer Unfallversicherungsträger an vergleichbaren Arbeitsplätzen oder zu vergleichbaren Tätigkeiten gewonnen hat. Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen die Ermittlungen zu den Einwirkungen während der versicherten Tätigkeit dadurch erschwert sind, dass der Arbeitsplatz des Versicherten nicht mehr oder nur in veränderter Gestaltung vorhanden ist. Die Unfallversicherungsträger sollen zur Erfüllung der Aufgaben nach den Sätzen 2 und 3 einzeln oder gemeinsam tätigkeitsbezogene Expositionskataster erstellen. Grundlage für diese Kataster können die Ergebnisse aus systematischen Erhebungen, aus Ermittlungen in Einzelfällen sowie aus Forschungsvorhaben sein. Die Unfallversicherungsträger können außerdem Erhebungen an vergleichbaren Arbeitsplätzen durchführen.

(4) Besteht für Versicherte, bei denen eine Berufskrankheit anerkannt wurde, die Gefahr, dass bei der Fortsetzung der versicherten Tätigkeit die Krankheit wiederauflebt oder sich verschlimmert und lässt sich diese Gefahr nicht durch andere geeignete Mittel beseitigen, haben die Unfallversicherungsträger darauf hinzuwirken, dass die Versicherten die gefährdende Tätigkeit unterlassen. Die Versicherten sind von den Unfallversicherungsträgern über die mit der Tätigkeit verbundenen Gefahren und mögliche Schutzmaßnahmen umfassend aufzuklären. Zur Verhütung einer Gefahr nach Satz 1 sind die Versicherten verpflichtet, an individualpräventiven Maßnahmen der Unfallversicherungsträger teilzunehmen und an Maßnahmen zur Verhaltensprävention mitzuwirken; die §§ 60 bis 65a des Ersten Buches gelten entsprechend. Pflichten der Unternehmer und Versicherten nach dem Zweiten Kapitel und nach arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften bleiben hiervon unberührt. Kommen Versicherte ihrer Teilnahme- oder Mitwirkungspflicht nach Satz 3 nicht nach, können die Unfallversicherungsträger Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder die Leistung einer danach erstmals festzusetzenden Rente wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit oder den Anteil einer Rente, der auf eine danach eingetretene wesentliche Änderung im Sinne des § 73 Absatz 3 zurückgeht, bis zur Nachholung der Teilnahme oder Mitwirkung ganz oder teilweise versagen. Dies setzt voraus, dass infolge der fehlenden Teilnahme oder Mitwirkung der Versicherten die Teilhabeleistungen erforderlich geworden sind oder die Erwerbsminderung oder die wesentliche Änderung eingetreten ist; § 66 Absatz 3 und § 67 des Ersten Buches gelten entsprechend.

(5) Soweit Vorschriften über Leistungen auf den Zeitpunkt des Versicherungsfalls abstellen, ist bei Berufskrankheiten auf den Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder der Behandlungsbedürftigkeit oder, wenn dies für den Versicherten günstiger ist, auf den Beginn der rentenberechtigenden Minderung der Erwerbsfähigkeit abzustellen.

(6) Die Bundesregierung regelt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates

1.
Voraussetzungen, Art und Umfang von Leistungen zur Verhütung des Entstehens, der Verschlimmerung oder des Wiederauflebens von Berufskrankheiten,
2.
die Mitwirkung der für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen bei der Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufskrankheiten zu entschädigen sind; dabei kann bestimmt werden, daß die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen berechtigt sind, Zusammenhangsgutachten zu erstellen sowie zur Vorbereitung ihrer Gutachten Versicherte zu untersuchen oder auf Kosten der Unfallversicherungsträger andere Ärzte mit der Vornahme der Untersuchungen zu beauftragen,
3.
die von den Unfallversicherungsträgern für die Tätigkeit der Stellen nach Nummer 2 zu entrichtenden Gebühren; diese Gebühren richten sich nach dem für die Begutachtung erforderlichen Aufwand und den dadurch entstehenden Kosten.

(7) Die Unfallversicherungsträger haben die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständige Stelle über den Ausgang des Berufskrankheitenverfahrens zu unterrichten, soweit ihre Entscheidung von der gutachterlichen Stellungnahme der zuständigen Stelle abweicht.

(8) Die Unfallversicherungsträger wirken bei der Gewinnung neuer medizinisch-wissenschaftlicher Erkenntnisse insbesondere zur Fortentwicklung des Berufskrankheitenrechts mit; sie sollen durch eigene Forschung oder durch Beteiligung an fremden Forschungsvorhaben dazu beitragen, den Ursachenzusammenhang zwischen Erkrankungshäufigkeiten in einer bestimmten Personengruppe und gesundheitsschädlichen Einwirkungen im Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit aufzuklären. Die Verbände der Unfallversicherungsträger veröffentlichen jährlich einen gemeinsamen Bericht über ihre Forschungsaktivitäten und die Forschungsaktivitäten der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung. Der Bericht erstreckt sich auf die Themen der Forschungsvorhaben, die Höhe der aufgewendeten Mittel sowie die Zuwendungsempfänger und Forschungsnehmer externer Projekte.

(9) Die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen dürfen zur Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufskrankheiten zu entschädigen sind, Daten verarbeiten sowie zur Vorbereitung von Gutachten Versicherte untersuchen, soweit dies im Rahmen ihrer Mitwirkung nach Absatz 6 Nr. 2 erforderlich ist; sie dürfen diese Daten insbesondere an den zuständigen Unfallversicherungsträger übermitteln. Die erhobenen Daten dürfen auch zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren gespeichert, verändert, genutzt, übermittelt oder in der Verarbeitung eingeschränkt werden. Soweit die in Satz 1 genannten Stellen andere Ärzte mit der Vornahme von Untersuchungen beauftragen, ist die Übermittlung von Daten zwischen diesen Stellen und den beauftragten Ärzten zulässig, soweit dies im Rahmen des Untersuchungsauftrages erforderlich ist.

Bei Berufskrankheiten gilt für die Berechnung des Jahresarbeitsverdienstes als Zeitpunkt des Versicherungsfalls der letzte Tag, an dem die Versicherten versicherte Tätigkeiten verrichtet haben, die ihrer Art nach geeignet waren, die Berufskrankheit zu verursachen, wenn diese Berechnung für die Versicherten günstiger ist als eine Berechnung auf der Grundlage des in § 9 Abs. 5 genannten Zeitpunktes. Dies gilt ohne Rücksicht darauf, aus welchen Gründen die schädigende versicherte Tätigkeit aufgegeben worden ist.

(1) Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung wird ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann dabei bestimmen, daß die Krankheiten nur dann Berufskrankheiten sind, wenn sie durch Tätigkeiten in bestimmten Gefährdungsbereichen verursacht worden sind. In der Rechtsverordnung kann ferner bestimmt werden, inwieweit Versicherte in Unternehmen der Seefahrt auch in der Zeit gegen Berufskrankheiten versichert sind, in der sie an Land beurlaubt sind.

(1a) Beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ein Ärztlicher Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten gebildet. Der Sachverständigenbeirat ist ein wissenschaftliches Gremium, das das Bundesministerium bei der Prüfung der medizinischen Erkenntnisse zur Bezeichnung neuer und zur Erarbeitung wissenschaftlicher Stellungnahmen zu bestehenden Berufskrankheiten unterstützt. Bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin wird eine Geschäftsstelle eingerichtet, die den Sachverständigenbeirat bei der Erfüllung seiner Arbeit organisatorisch und wissenschaftlich, insbesondere durch die Erstellung systematischer Reviews, unterstützt. Das Nähere über die Stellung und die Organisation des Sachverständigenbeirats und der Geschäftsstelle regelt die Bundesregierung in der Rechtsverordnung nach Absatz 1.

(2) Die Unfallversicherungsträger haben eine Krankheit, die nicht in der Rechtsverordnung bezeichnet ist oder bei der die dort bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen, wie eine Berufskrankheit als Versicherungsfall anzuerkennen, sofern im Zeitpunkt der Entscheidung nach neuen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft die Voraussetzungen für eine Bezeichnung nach Absatz 1 Satz 2 erfüllt sind.

(2a) Krankheiten, die bei Versicherten vor der Bezeichnung als Berufskrankheiten bereits entstanden waren, sind rückwirkend frühestens anzuerkennen

1.
in den Fällen des Absatzes 1 als Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die Bezeichnung in Kraft getreten ist,
2.
in den Fällen des Absatzes 2 wie eine Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die neuen Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft vorgelegen haben; hat der Ärztliche Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten eine Empfehlung für die Bezeichnung einer neuen Berufskrankheit beschlossen, ist für die Anerkennung maßgebend der Tag der Beschlussfassung.

(3) Erkranken Versicherte, die infolge der besonderen Bedingungen ihrer versicherten Tätigkeit in erhöhtem Maße der Gefahr der Erkrankung an einer in der Rechtsverordnung nach Absatz 1 genannten Berufskrankheit ausgesetzt waren, an einer solchen Krankheit und können Anhaltspunkte für eine Verursachung außerhalb der versicherten Tätigkeit nicht festgestellt werden, wird vermutet, daß diese infolge der versicherten Tätigkeit verursacht worden ist.

(3a) Der Unfallversicherungsträger erhebt alle Beweise, die zur Ermittlung des Sachverhalts erforderlich sind. Dabei hat er neben den in § 21 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Beweismitteln auch Erkenntnisse zu berücksichtigen, die er oder ein anderer Unfallversicherungsträger an vergleichbaren Arbeitsplätzen oder zu vergleichbaren Tätigkeiten gewonnen hat. Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen die Ermittlungen zu den Einwirkungen während der versicherten Tätigkeit dadurch erschwert sind, dass der Arbeitsplatz des Versicherten nicht mehr oder nur in veränderter Gestaltung vorhanden ist. Die Unfallversicherungsträger sollen zur Erfüllung der Aufgaben nach den Sätzen 2 und 3 einzeln oder gemeinsam tätigkeitsbezogene Expositionskataster erstellen. Grundlage für diese Kataster können die Ergebnisse aus systematischen Erhebungen, aus Ermittlungen in Einzelfällen sowie aus Forschungsvorhaben sein. Die Unfallversicherungsträger können außerdem Erhebungen an vergleichbaren Arbeitsplätzen durchführen.

(4) Besteht für Versicherte, bei denen eine Berufskrankheit anerkannt wurde, die Gefahr, dass bei der Fortsetzung der versicherten Tätigkeit die Krankheit wiederauflebt oder sich verschlimmert und lässt sich diese Gefahr nicht durch andere geeignete Mittel beseitigen, haben die Unfallversicherungsträger darauf hinzuwirken, dass die Versicherten die gefährdende Tätigkeit unterlassen. Die Versicherten sind von den Unfallversicherungsträgern über die mit der Tätigkeit verbundenen Gefahren und mögliche Schutzmaßnahmen umfassend aufzuklären. Zur Verhütung einer Gefahr nach Satz 1 sind die Versicherten verpflichtet, an individualpräventiven Maßnahmen der Unfallversicherungsträger teilzunehmen und an Maßnahmen zur Verhaltensprävention mitzuwirken; die §§ 60 bis 65a des Ersten Buches gelten entsprechend. Pflichten der Unternehmer und Versicherten nach dem Zweiten Kapitel und nach arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften bleiben hiervon unberührt. Kommen Versicherte ihrer Teilnahme- oder Mitwirkungspflicht nach Satz 3 nicht nach, können die Unfallversicherungsträger Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder die Leistung einer danach erstmals festzusetzenden Rente wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit oder den Anteil einer Rente, der auf eine danach eingetretene wesentliche Änderung im Sinne des § 73 Absatz 3 zurückgeht, bis zur Nachholung der Teilnahme oder Mitwirkung ganz oder teilweise versagen. Dies setzt voraus, dass infolge der fehlenden Teilnahme oder Mitwirkung der Versicherten die Teilhabeleistungen erforderlich geworden sind oder die Erwerbsminderung oder die wesentliche Änderung eingetreten ist; § 66 Absatz 3 und § 67 des Ersten Buches gelten entsprechend.

(5) Soweit Vorschriften über Leistungen auf den Zeitpunkt des Versicherungsfalls abstellen, ist bei Berufskrankheiten auf den Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder der Behandlungsbedürftigkeit oder, wenn dies für den Versicherten günstiger ist, auf den Beginn der rentenberechtigenden Minderung der Erwerbsfähigkeit abzustellen.

(6) Die Bundesregierung regelt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates

1.
Voraussetzungen, Art und Umfang von Leistungen zur Verhütung des Entstehens, der Verschlimmerung oder des Wiederauflebens von Berufskrankheiten,
2.
die Mitwirkung der für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen bei der Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufskrankheiten zu entschädigen sind; dabei kann bestimmt werden, daß die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen berechtigt sind, Zusammenhangsgutachten zu erstellen sowie zur Vorbereitung ihrer Gutachten Versicherte zu untersuchen oder auf Kosten der Unfallversicherungsträger andere Ärzte mit der Vornahme der Untersuchungen zu beauftragen,
3.
die von den Unfallversicherungsträgern für die Tätigkeit der Stellen nach Nummer 2 zu entrichtenden Gebühren; diese Gebühren richten sich nach dem für die Begutachtung erforderlichen Aufwand und den dadurch entstehenden Kosten.

(7) Die Unfallversicherungsträger haben die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständige Stelle über den Ausgang des Berufskrankheitenverfahrens zu unterrichten, soweit ihre Entscheidung von der gutachterlichen Stellungnahme der zuständigen Stelle abweicht.

(8) Die Unfallversicherungsträger wirken bei der Gewinnung neuer medizinisch-wissenschaftlicher Erkenntnisse insbesondere zur Fortentwicklung des Berufskrankheitenrechts mit; sie sollen durch eigene Forschung oder durch Beteiligung an fremden Forschungsvorhaben dazu beitragen, den Ursachenzusammenhang zwischen Erkrankungshäufigkeiten in einer bestimmten Personengruppe und gesundheitsschädlichen Einwirkungen im Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit aufzuklären. Die Verbände der Unfallversicherungsträger veröffentlichen jährlich einen gemeinsamen Bericht über ihre Forschungsaktivitäten und die Forschungsaktivitäten der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung. Der Bericht erstreckt sich auf die Themen der Forschungsvorhaben, die Höhe der aufgewendeten Mittel sowie die Zuwendungsempfänger und Forschungsnehmer externer Projekte.

(9) Die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen dürfen zur Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufskrankheiten zu entschädigen sind, Daten verarbeiten sowie zur Vorbereitung von Gutachten Versicherte untersuchen, soweit dies im Rahmen ihrer Mitwirkung nach Absatz 6 Nr. 2 erforderlich ist; sie dürfen diese Daten insbesondere an den zuständigen Unfallversicherungsträger übermitteln. Die erhobenen Daten dürfen auch zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren gespeichert, verändert, genutzt, übermittelt oder in der Verarbeitung eingeschränkt werden. Soweit die in Satz 1 genannten Stellen andere Ärzte mit der Vornahme von Untersuchungen beauftragen, ist die Übermittlung von Daten zwischen diesen Stellen und den beauftragten Ärzten zulässig, soweit dies im Rahmen des Untersuchungsauftrages erforderlich ist.

Bei Berufskrankheiten gilt für die Berechnung des Jahresarbeitsverdienstes als Zeitpunkt des Versicherungsfalls der letzte Tag, an dem die Versicherten versicherte Tätigkeiten verrichtet haben, die ihrer Art nach geeignet waren, die Berufskrankheit zu verursachen, wenn diese Berechnung für die Versicherten günstiger ist als eine Berechnung auf der Grundlage des in § 9 Abs. 5 genannten Zeitpunktes. Dies gilt ohne Rücksicht darauf, aus welchen Gründen die schädigende versicherte Tätigkeit aufgegeben worden ist.

(1) Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung wird ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann dabei bestimmen, daß die Krankheiten nur dann Berufskrankheiten sind, wenn sie durch Tätigkeiten in bestimmten Gefährdungsbereichen verursacht worden sind. In der Rechtsverordnung kann ferner bestimmt werden, inwieweit Versicherte in Unternehmen der Seefahrt auch in der Zeit gegen Berufskrankheiten versichert sind, in der sie an Land beurlaubt sind.

(1a) Beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ein Ärztlicher Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten gebildet. Der Sachverständigenbeirat ist ein wissenschaftliches Gremium, das das Bundesministerium bei der Prüfung der medizinischen Erkenntnisse zur Bezeichnung neuer und zur Erarbeitung wissenschaftlicher Stellungnahmen zu bestehenden Berufskrankheiten unterstützt. Bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin wird eine Geschäftsstelle eingerichtet, die den Sachverständigenbeirat bei der Erfüllung seiner Arbeit organisatorisch und wissenschaftlich, insbesondere durch die Erstellung systematischer Reviews, unterstützt. Das Nähere über die Stellung und die Organisation des Sachverständigenbeirats und der Geschäftsstelle regelt die Bundesregierung in der Rechtsverordnung nach Absatz 1.

(2) Die Unfallversicherungsträger haben eine Krankheit, die nicht in der Rechtsverordnung bezeichnet ist oder bei der die dort bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen, wie eine Berufskrankheit als Versicherungsfall anzuerkennen, sofern im Zeitpunkt der Entscheidung nach neuen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft die Voraussetzungen für eine Bezeichnung nach Absatz 1 Satz 2 erfüllt sind.

(2a) Krankheiten, die bei Versicherten vor der Bezeichnung als Berufskrankheiten bereits entstanden waren, sind rückwirkend frühestens anzuerkennen

1.
in den Fällen des Absatzes 1 als Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die Bezeichnung in Kraft getreten ist,
2.
in den Fällen des Absatzes 2 wie eine Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die neuen Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft vorgelegen haben; hat der Ärztliche Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten eine Empfehlung für die Bezeichnung einer neuen Berufskrankheit beschlossen, ist für die Anerkennung maßgebend der Tag der Beschlussfassung.

(3) Erkranken Versicherte, die infolge der besonderen Bedingungen ihrer versicherten Tätigkeit in erhöhtem Maße der Gefahr der Erkrankung an einer in der Rechtsverordnung nach Absatz 1 genannten Berufskrankheit ausgesetzt waren, an einer solchen Krankheit und können Anhaltspunkte für eine Verursachung außerhalb der versicherten Tätigkeit nicht festgestellt werden, wird vermutet, daß diese infolge der versicherten Tätigkeit verursacht worden ist.

(3a) Der Unfallversicherungsträger erhebt alle Beweise, die zur Ermittlung des Sachverhalts erforderlich sind. Dabei hat er neben den in § 21 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Beweismitteln auch Erkenntnisse zu berücksichtigen, die er oder ein anderer Unfallversicherungsträger an vergleichbaren Arbeitsplätzen oder zu vergleichbaren Tätigkeiten gewonnen hat. Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen die Ermittlungen zu den Einwirkungen während der versicherten Tätigkeit dadurch erschwert sind, dass der Arbeitsplatz des Versicherten nicht mehr oder nur in veränderter Gestaltung vorhanden ist. Die Unfallversicherungsträger sollen zur Erfüllung der Aufgaben nach den Sätzen 2 und 3 einzeln oder gemeinsam tätigkeitsbezogene Expositionskataster erstellen. Grundlage für diese Kataster können die Ergebnisse aus systematischen Erhebungen, aus Ermittlungen in Einzelfällen sowie aus Forschungsvorhaben sein. Die Unfallversicherungsträger können außerdem Erhebungen an vergleichbaren Arbeitsplätzen durchführen.

(4) Besteht für Versicherte, bei denen eine Berufskrankheit anerkannt wurde, die Gefahr, dass bei der Fortsetzung der versicherten Tätigkeit die Krankheit wiederauflebt oder sich verschlimmert und lässt sich diese Gefahr nicht durch andere geeignete Mittel beseitigen, haben die Unfallversicherungsträger darauf hinzuwirken, dass die Versicherten die gefährdende Tätigkeit unterlassen. Die Versicherten sind von den Unfallversicherungsträgern über die mit der Tätigkeit verbundenen Gefahren und mögliche Schutzmaßnahmen umfassend aufzuklären. Zur Verhütung einer Gefahr nach Satz 1 sind die Versicherten verpflichtet, an individualpräventiven Maßnahmen der Unfallversicherungsträger teilzunehmen und an Maßnahmen zur Verhaltensprävention mitzuwirken; die §§ 60 bis 65a des Ersten Buches gelten entsprechend. Pflichten der Unternehmer und Versicherten nach dem Zweiten Kapitel und nach arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften bleiben hiervon unberührt. Kommen Versicherte ihrer Teilnahme- oder Mitwirkungspflicht nach Satz 3 nicht nach, können die Unfallversicherungsträger Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder die Leistung einer danach erstmals festzusetzenden Rente wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit oder den Anteil einer Rente, der auf eine danach eingetretene wesentliche Änderung im Sinne des § 73 Absatz 3 zurückgeht, bis zur Nachholung der Teilnahme oder Mitwirkung ganz oder teilweise versagen. Dies setzt voraus, dass infolge der fehlenden Teilnahme oder Mitwirkung der Versicherten die Teilhabeleistungen erforderlich geworden sind oder die Erwerbsminderung oder die wesentliche Änderung eingetreten ist; § 66 Absatz 3 und § 67 des Ersten Buches gelten entsprechend.

(5) Soweit Vorschriften über Leistungen auf den Zeitpunkt des Versicherungsfalls abstellen, ist bei Berufskrankheiten auf den Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder der Behandlungsbedürftigkeit oder, wenn dies für den Versicherten günstiger ist, auf den Beginn der rentenberechtigenden Minderung der Erwerbsfähigkeit abzustellen.

(6) Die Bundesregierung regelt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates

1.
Voraussetzungen, Art und Umfang von Leistungen zur Verhütung des Entstehens, der Verschlimmerung oder des Wiederauflebens von Berufskrankheiten,
2.
die Mitwirkung der für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen bei der Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufskrankheiten zu entschädigen sind; dabei kann bestimmt werden, daß die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen berechtigt sind, Zusammenhangsgutachten zu erstellen sowie zur Vorbereitung ihrer Gutachten Versicherte zu untersuchen oder auf Kosten der Unfallversicherungsträger andere Ärzte mit der Vornahme der Untersuchungen zu beauftragen,
3.
die von den Unfallversicherungsträgern für die Tätigkeit der Stellen nach Nummer 2 zu entrichtenden Gebühren; diese Gebühren richten sich nach dem für die Begutachtung erforderlichen Aufwand und den dadurch entstehenden Kosten.

(7) Die Unfallversicherungsträger haben die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständige Stelle über den Ausgang des Berufskrankheitenverfahrens zu unterrichten, soweit ihre Entscheidung von der gutachterlichen Stellungnahme der zuständigen Stelle abweicht.

(8) Die Unfallversicherungsträger wirken bei der Gewinnung neuer medizinisch-wissenschaftlicher Erkenntnisse insbesondere zur Fortentwicklung des Berufskrankheitenrechts mit; sie sollen durch eigene Forschung oder durch Beteiligung an fremden Forschungsvorhaben dazu beitragen, den Ursachenzusammenhang zwischen Erkrankungshäufigkeiten in einer bestimmten Personengruppe und gesundheitsschädlichen Einwirkungen im Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit aufzuklären. Die Verbände der Unfallversicherungsträger veröffentlichen jährlich einen gemeinsamen Bericht über ihre Forschungsaktivitäten und die Forschungsaktivitäten der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung. Der Bericht erstreckt sich auf die Themen der Forschungsvorhaben, die Höhe der aufgewendeten Mittel sowie die Zuwendungsempfänger und Forschungsnehmer externer Projekte.

(9) Die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen dürfen zur Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufskrankheiten zu entschädigen sind, Daten verarbeiten sowie zur Vorbereitung von Gutachten Versicherte untersuchen, soweit dies im Rahmen ihrer Mitwirkung nach Absatz 6 Nr. 2 erforderlich ist; sie dürfen diese Daten insbesondere an den zuständigen Unfallversicherungsträger übermitteln. Die erhobenen Daten dürfen auch zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren gespeichert, verändert, genutzt, übermittelt oder in der Verarbeitung eingeschränkt werden. Soweit die in Satz 1 genannten Stellen andere Ärzte mit der Vornahme von Untersuchungen beauftragen, ist die Übermittlung von Daten zwischen diesen Stellen und den beauftragten Ärzten zulässig, soweit dies im Rahmen des Untersuchungsauftrages erforderlich ist.

Bei Berufskrankheiten gilt für die Berechnung des Jahresarbeitsverdienstes als Zeitpunkt des Versicherungsfalls der letzte Tag, an dem die Versicherten versicherte Tätigkeiten verrichtet haben, die ihrer Art nach geeignet waren, die Berufskrankheit zu verursachen, wenn diese Berechnung für die Versicherten günstiger ist als eine Berechnung auf der Grundlage des in § 9 Abs. 5 genannten Zeitpunktes. Dies gilt ohne Rücksicht darauf, aus welchen Gründen die schädigende versicherte Tätigkeit aufgegeben worden ist.

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

Ist ein nach der Regelberechnung, nach den Vorschriften bei Berufskrankheiten oder nach der Regelung über den Mindestjahresarbeitsverdienst festgesetzter Jahresarbeitsverdienst in erheblichem Maße unbillig, wird er nach billigem Ermessen im Rahmen von Mindest- und Höchstjahresarbeitsverdienst festgesetzt. Hierbei werden insbesondere die Fähigkeiten, die Ausbildung, die Lebensstellung und die Tätigkeit der Versicherten im Zeitpunkt des Versicherungsfalls berücksichtigt.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

Tenor

Die Revision wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens nach § 44 SGB X über die Höhe des Jahresarbeitsverdienstes (JAV) als Grundlage für die Berechnung der Verletztenrente des Klägers.

2

Der am 1954 geborene Kläger verunfallte am 20.9.1983 mit seinem Motorrad auf dem Weg zu seiner Tätigkeit als wissenschaftliche Hilfskraft an der Universität M., wodurch er eine komplette Querschnittslähmung ab dem vierten Brustwirbelkörper erlitt. Seit dem 15.7.1981 war er dort als "wissenschaftliche Hilfskraft mit Abschluss" im Fachbereich Chemie mit 92 Stunden im Monat zu einem Jahreseinkommen von 21 126,58 DM brutto zuzüglich 1902,83 DM Weihnachtsgeld entsprechend einer halben A-13-Stelle beschäftigt. Zuvor hatte er das Studium der Chemie als Diplom-Chemiker abgeschlossen. Zum Zeitpunkt des Unfalls war er verheiratet und hatte drei Kinder. Das Arbeitsverhältnis war zunächst bis Ende 1983 befristet, wurde jedoch im Hinblick auf den Unfall bis Juli 1985 verlängert, sodass der Kläger seine Promotion am 13.2.1985 zum Abschluss bringen konnte. Der Kläger hatte ohne den Unfall den Abschluss der Promotion im Februar 1984 geplant.

3

Die Beklagte bewilligte durch Bescheid vom 23.8.1984 dem Kläger Verletztenrente ab 1.6.1984 nach einer MdE von 100 vH und legte hierbei einen JAV von 23 029,41 DM (11.6.1984 bis 30.6.1984) bzw 23 331,09 DM (ab 1.7.1984 wegen einer Rentenanpassung) zugrunde.

4

Am 8.12.2004 beantragte der Kläger die Überprüfung des JAV mit der Maßgabe, dieser sei auf der Grundlage einer vollschichtigen Berufstätigkeit als Diplom-Chemiker zu berechnen.

5

Die Beklagte lehnte die Rücknahme des Bescheids vom 23.8.1984 sowie die Neuberechnung der Verletztenrente ab (Bescheid vom 26.2.2008). Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 21.11.2008).

6

Auf die Klage vom 3.12.2008 hat das SG durch Urteil vom 6.10.2011 den Bescheid vom 26.2.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.11.2008 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, unter Zurücknahme des Bescheids vom 23.8.1984 die Verletztenrente des Klägers ab 1.1.2000 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu berechnen sowie im Übrigen die Klage abgewiesen. Der seitens der Beklagten zugrunde gelegte JAV sei unbillig iS des § 577 RVO.

7

Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG durch Urteil vom 29.4.2014 das Urteil des SG aufgehoben und die Klage insgesamt abgewiesen. Es hat außerdem die Anschlussberufung des Klägers zurückgewiesen. Die Beklagte habe im Bescheid vom 23.8.1984 die Höhe der Verletztenrente des Klägers zutreffend bemessen und sei insbesondere bei Feststellung des JAV zu Recht von den Einkünften des Klägers entsprechend einer halben A-13-Stelle ausgegangen. Die nach § 44 Abs 1 SGB X maßgebliche Frage der zutreffenden JAV-Bemessung sei vom Senat nach den §§ 570 bis 578 RVO zu beurteilen. Die SGB VII-Bestimmungen für "Altfälle" seien nur bei erstmaliger JAV-Feststellung oder bei erstmaliger Neufeststellung des JAV nach § 90 SGB VII vorgesehen, nicht aber bei einer Überprüfung nach § 44 Abs 1 SGB X. Da der Kläger zum Zeitpunkt des Versicherungsfalls das Examen als Diplom-Chemiker bereits abgelegt habe, habe er keinen Anspruch auf Neufeststellung des JAV nach § 573 Abs 1 RVO gehabt.

8

Entgegen der erstinstanzlichen Auffassung komme eine Korrektur des JAV über die Billigkeitsregelung des § 577 RVO nicht in Betracht. Bei der Bewertung, ob der JAV unbillig sei, stehe dem Versicherungsträger kein Beurteilungsspielraum zu. Ein Arbeitsentgelt, das einen nicht nur vorübergehend niedrigeren, dem Lebensstandard des Verletzten entsprechenden Verdienst abbilde, sei grundsätzlich nicht als erheblich unbillig angesehen worden. Die Einkommenssituation des Klägers und seiner Familie sei Mitte 1981 geprägt gewesen durch das aus der halben A-13-Stelle erzielte Einkommen als wissenschaftliche Hilfskraft.

9

Mit seiner Revision gegen das am 29.7.2014 zugestellte Urteil des LSG rügt der Kläger sinngemäß eine Verletzung des § 44 SGB X sowie des § 573 Abs 1 RVO als auch des § 577 RVO. Nach dem Wortsinn diene eine Berufsausbildung der Vermittlung bzw dem Erwerb von Kenntnissen und Fähigkeiten, die zur späteren Ausübung des Berufs benötigt werden. Für die berufliche Tätigkeit als Chemiker werde - anders als bei vielen anderen akademischen Ausbildungsgängen - der erfolgreiche Abschluss eines Promotionsverfahrens als Eingangsqualifikation verlangt. Lediglich 5 bis 7 % der Diplom-Chemiker verließen die Hochschule ohne Promotion. Das LSG selbst habe die doppelte Ungleichbehandlung für promovierte Chemiker und für andere Naturwissenschaftler genannt. Schließlich beruhe das Urteil des LSG auch auf einer Verletzung des § 577 RVO. Zu berücksichtigen sei im Rahmen des § 577 RVO, wo der Versicherte den Schwerpunkt seiner beruflichen Tätigkeit bilden werde. Als vorübergehend sei ein niedrigeres Einkommen auch dann einzustufen, wenn es über einen längeren Zeitraum als ein Jahr gezahlt werde, allerdings nach der Art der Beschäftigung und der bestehenden Befristung zum Zeitpunkt des Arbeitsunfalls bereits sicher feststehe, dass es zB über den Zeitraum des Ausbildungskontextes hinausgehend nicht maßgeblich sein werde. Die Dauerhaftigkeit sei nicht gegeben, weil das Beschäftigungsverhältnis mit der Hochschule lediglich befristet und definitiv eine Verlängerung nach Abschluss des Promotionsverfahrens ausgeschlossen gewesen sei. Die Vergütung des Klägers sei als Teilzeittätigkeit um 50 % unter einer qualifikationsadäquaten Vergütung zurückgeblieben.

10

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 29. April 2014 aufzuheben, das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 6. Oktober 2011 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, unter Aufhebung des Bescheides vom 26. Februar 2008 und des Widerspruchsbescheides vom 21. November 2008 die Beklagte zu verpflichten, den Bescheid vom 23. August 1984 abzuändern und dem Kläger ab dem 1. Januar 2000 Rente nach einem Jahresarbeitsverdienst entsprechend dem Gehalt eines vollschichtig tätigen promovierten Diplom-Chemikers zu gewähren.

11

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

12

Sie vertritt die Auffassung, dass die Revision bereits unzulässig sei, weil der Revisionskläger die Voraussetzungen des § 44 SGB X nicht in Frage gestellt habe. Darüber hinaus liege weder eine Verletzung des § 573 RVO noch des § 577 RVO vor.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision ist zulässig. Der Revisionsbegründung lässt sich sinngemäß entnehmen, dass das Begehren des Klägers auf Überprüfung einer bestandskräftigen Verwaltungsentscheidung in einem Zugunstenverfahren gerichtet ist und er damit zwangsläufig eine Verletzung von § 44 SGB X rügt. Auch im Übrigen genügt die Revision den Zulässigkeitsanforderungen gemäß § 164 Abs 2 Satz 3 SGG(BSG vom 19.8.2003 - B 2 U 38/02 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 1 RdNr 7; Heinz in Roos/Wahrendorf, SGG, § 164 RdNr 49).

14

Die Revision ist jedoch nicht begründet und daher zurückzuweisen (§ 170 Abs 1 Satz 1 SGG). Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 26.2.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.11.2008, durch welche es die Beklagte abgelehnt hat, ihren Bescheid vom 23.8.1984 abzuändern und dem Kläger Rente ab dem 1.1.2000 nach einem JAV entsprechend dem Gehalt eines vollschichtig tätigen promovierten Diplom-Chemikers zu gewähren (vgl BSG vom 23.7.2015 - B 2 U 9/14 R - zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen, SozR 4-2700 § 82 Nr 1 RdNr 11).

15

Statthafte Klageart ist die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage sowie Leistungsklage gemäß § 54 Abs 1 und Abs 4 SGG. Die Anfechtungsklage zielt auf die Aufhebung der Überprüfungsbescheide, die Verpflichtungsklage auf die Aufhebung des bestandskräftigen Bescheids vom 23.8.1984 sowie die Leistungsklage auf Zahlung einer höheren Rente ab (BSG vom 13.2.2014 - B 4 AS 22/13 R - BSGE 115, 126 = SozR 4-1300 § 44 Nr 28, RdNr 11; BSG vom 19.12.2013 - B 2 U 17/12 R - SozR 4-2700 § 73 Nr 1 RdNr 12; BSG vom 11.4.2013 - B 2 U 34/11 R - SozR 4-2700 § 200 Nr 4 RdNr 15; Bieresborn in Roos/Wahrendorf, SGG, § 54 RdNr 232).

16

Die zulässigen Klagen sind nicht begründet. Anspruchsgrundlage für das Begehren des Klägers ist § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X, wonach ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind. Die Beklagte ist weder von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen (§ 44 Abs 1 Satz 1 2. Alt SGB X), was seitens der Revision auch nicht geltend gemacht wird, noch hat sie bei Erlass des Bescheids vom 23.8.1984 entgegen der Auffassung des Klägers das Recht unrichtig angewandt (§ 44 Abs 1 Satz 1 1. Alt SGB X). Sie hat zutreffend die Normen der RVO zugrunde gelegt (dazu unter 1.). Das LSG hat ebenso zutreffend die Berechnung des JAV nach § 571 RVO nicht beanstandet und ist davon ausgegangen, dass sich der Kläger zum Zeitpunkt des Arbeitsunfallereignisses vom 20.9.1983 nicht mehr in der Berufs- oder Schulausbildung iS von § 573 Abs 1 RVO befand(dazu unter 2.). Schließlich war die Zugrundelegung eines hälftigen Jahreseinkommens nach Bundesbesoldungsgruppe A-13 auch nicht grob unbillig iS von § 577 RVO(dazu unter 3.).

17

1. Zutreffend hat das LSG die Normen der RVO zugrunde gelegt. Nach § 212 SGB VII gelten die §§ 1 bis 211 SGB VII (nur) für Versicherungsfälle, die nach dem Inkrafttreten des SGB VII eingetreten sind, sodass für vor diesem Termin liegende Versicherungsfälle weiterhin die Vorschriften des Dritten Buches der RVO Anwendung finden. Weder erfolgte im vorliegenden Fall im Sinn der abweichenden Regelung des § 214 Abs 2 Satz 1 SGB VII die erstmalige Festsetzung vor Inkrafttreten des SGB VII am 1.1.1997 (Art 36 UVEG - BGBl I 1996, 1254, 1317), weil bereits der zu überprüfende Bescheid der Beklagten vom 23.8.1984 die erstmalige Festsetzung einer Verletztenrente enthielt. Noch stellt die Überprüfung im Jahr 2008 im Rahmen des § 44 SGB X eine Neufestsetzung "aufgrund des § 90 SGB VII" dar. Dementsprechend findet auf den vorliegenden Fall auch nicht § 90 Abs 2 SGB VII Anwendung. Wie der Senat bereits mehrfach entschieden hat, begründet § 214 Abs 2 Satz 1 SGB VII mangels materiellrechtlicher Rückwirkung nicht eine Anwendung des § 90 SGB VII in den "Altfällen", bei denen die Sachverhalte neuer, durch die Vorschrift erst geschaffener Voraussetzungen für eine Erhöhung des JAV bereits vor dem 1.1.1997 eingetreten waren, weil dies einen Zirkelschluss bedeuten würde. Deshalb ist, wenn bei einem vor Inkrafttreten des SGB VII eingetretenen Versicherungsfall der JAV eines Versicherten nach Inkrafttreten des SGB VII nach Altersstufen neu festgesetzt wird, hierfür noch die Höchstaltersgrenze des § 573 Abs 2 RVO und nicht die des § 90 Abs 2 SGB VII maßgebend, wenn der Versicherte wie im vorliegenden Fall das 30. Lebensjahr bereits vor Inkrafttreten des SGB VII vollendet hatte (BSG vom 4.6.2002 - B 2 U 28/01 R - SozR 3-2700 § 214 Nr 2 S 7; vgl BSG vom 18.9.2012 - B 2 U 14/11 R - juris RdNr 22 und BSG vom 19.12.2013 - B 2 U 5/13 R - SozR 4-2700 § 90 Nr 3 RdNr 12; s auch BT-Drucks 13/2204 S 121).

18

2. Zutreffend hat das LSG entschieden, dass im Verwaltungsakt vom 23.8.1984 die Beklagte den JAV rechtmäßig nach § 571 RVO(dazu unter a) und ebenso rechtmäßig ohne Anwendung des § 573 Abs 1 RVO(dazu unter b) festgesetzt hat.

19

a) Nach § 571 Abs 1 Satz 1 RVO gilt der Gesamtbetrag aller Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen(§§ 14, 15 SGB IV - s dazu BSG vom 23.7.2015 - B 2 U 9/14 R - zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen, SozR 4-2700 § 82 Nr 1 RdNr 14; s bereits BSG vom 27.11.1985 - 2 RU 55/84 - SozR 2200 § 577 Nr 11 = juris RdNr 13) des Verletzten im Jahr vor dem Arbeitsunfall als JAV, welches nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) das Gehalt in Höhe einer halben A-13-Stelle von 21 126,58 DM zuzüglich 1902,83 DM war.

20

b) Zutreffend hat das LSG auch die (Neu-)Berechnung des JAV nach § 573 Abs 1 RVO abgelehnt. Nach dieser Norm wird, wenn sich der Verletzte zur Zeit des Arbeitsunfalls noch in einer Schul- oder Berufsausbildung befand und es für den Berechtigten günstiger ist, der JAV für die Zeit nach der voraussichtlichen Beendigung der Ausbildung neu berechnet. Der Bescheid vom 23.8.1984 beruht nicht auf einer fehlerhaften Rechtsanwendung iS von § 44 SGB X, weil die Beklagte etwa einen fiktiven JAV für die Zeit nach einer zum Zeitpunkt des Versicherungsfalls noch betriebenen Ausbildung hätte zugrunde legen müssen. Zwar findet nach Sinn und Zweck des § 573 Abs 1 RVO die Vorschrift auch bei erstmaliger Festsetzung nach dem Zeitpunkt des voraussichtlichen Endes der Ausbildung Anwendung(vgl den Wortlaut der mit Art 1 Nr 1 des Sechsten Gesetzes über Änderungen in der Unfallversicherung vom 9.3.1942 neu eingefügten Vorläufernorm § 565 RVO sowie BSG vom 18.9.2012 - B 2 U 11/11 R - BSGE 112, 43 = SozR 4-2700 § 90 Nr 2, RdNr 18). Jedoch befand sich der Kläger zum Zeitpunkt des Arbeitsunfalls am 20.9.1983 nicht (mehr) in einer Schul- oder Berufsausbildung, wie es § 573 Abs 1 RVO nach seinem Wortlaut voraussetzt. Die Ausbildung des Versicherten war zum Unfallzeitpunkt schon beendet. Er hatte nach den nicht gerügten und daher bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) bereits vor dem Versicherungsfall sein Examen als Diplom-Chemiker abgelegt. Eine Neuberechnung der Verletztenrente erfolgt nach der ständigen Rechtsprechung des Senats indes nur, wenn die Maßnahme, während der sich der Versicherungsfall ereignet hat, zu einem - wenn auch nicht zwingend ersten - beruflichen Abschluss führt (BSG vom 7.2.2006 - B 2 U 3/05 R - SozR 4-2700 § 90 Nr 1 RdNr 18; Burchardt in Becker/Krasney/Kruschinsky/Burchardt/Heinz, Gesetzliche Unfallversicherung, SGB VII, § 90 RdNr 13). Sobald das angestrebte Ausbildungsziel aber erreicht ist, kommt nur eine berufliche Weiterbildung in Betracht, die der erkennende Senat in ständiger Rechtsprechung nicht der Berufsausbildung zugerechnet hat (s bereits BSG vom 30.11.1962 - 2 RU 193/59 - BSGE 18, 136, 140 = SozR Nr 5 zu § 565 RVO aF Aa 7; BSG vom 30.10.1991 - 2 RU 61/90 - juris RdNr 16; BSG vom 5.8.1993 - 2 RU 24/92 - SozR 3-2200 § 573 Nr 2 S 5). Der Gesetzgeber hat diese Vorschrift insoweit durch das Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetz (UVNG) vom 30.4.1963 (BGBl I 241) trotz Kenntnis dieser Rechtsprechung nicht geändert (BSG vom 30.10.1991 - 2 RU 61/90 - juris RdNr 17), ebenso wenig hat er bei der Übernahme in § 90 SGB VII durch das UVEG vom 7.8.1996 (BGBl I 1254) inhaltliche Änderungen vorgenommen.

21

Der Kläger hatte zum Zeitpunkt des Arbeitsunfalls am 20.9.1983 das angestrebte Ausbildungsziel des Diplom-Chemikers bereits erreicht. Ein eigenes Berufsbild des "promovierten" Diplom-Chemikers existiert demgegenüber nicht. Der Senat hat in ständiger Rechtsprechung ein Weiterstudium zum Zwecke der Promotion nicht als berufliche Ausbildung, sondern als berufliche Weiterbildung angesehen (s zu einem Arzt BSG vom 30.10.1991 - 2 RU 61/90 - juris RdNr 17). Der Unterschied zwischen einem promovierten und einem nicht promovierten Chemiker besteht darin, dass ersterer sich durch die Anfertigung einer Doktorarbeit erweiterte Kenntnisse auf einem Spezialgebiet der Chemie erworben, durch die Ablegung des Doktorexamens seine Befähigung zu wissenschaftlichen Arbeiten besonders unter Beweis gestellt und sich für den Wettbewerb im Wirtschafts- oder Arbeitsleben eine nach herkömmlicher Bewertung günstigere Position geschaffen hat. Diese Vorteile gegenüber dem nicht promovierten Chemiker sind jedoch nicht das Ergebnis einer "Berufsausbildung". Dass jemand aus wirtschaftlichen Gründen zur Promotion mehr oder weniger gezwungen gewesen ist, rechtfertigt unfallrechtlich keine andere Beurteilung (so bereits BSG vom 30.11.1962 - 2 RU 193/59 - BSGE 18, 136, 140 = SozR Nr 5 zu § 565 RVO aF Aa 7 = juris RdNr 20), weshalb es unerheblich ist, dass - wie der Kläger vorträgt - mittlerweile nur 5 bis 7 % der Diplom-Chemiker die Universität ohne Promotion verlassen.

22

Dass der Begriff der Berufsausbildung in § 573 Abs 1 RVO nicht über den Wortsinn hinaus auf andere Formen beruflicher Bildung ausgedehnt werden kann, folgt ua aus dem Ausnahmecharakter der gesetzlichen Regelung, den die Rechtsprechung stets betont hat(BSG vom 26.7.1963 - 2 RU 13/61 - BSGE 19, 252, 254 = SozR Nr 6 zu § 565 RVO aF Aa 9; BSG vom 23.8.1973 - 8/2 RU 151/70 - SozR Nr 7 zu § 565 RVO aF Aa 11; BSG vom 26.3.1986 - 2 RU 32/84 - HV-Info 1986, 860; BSG vom 4.12.1991 - 2 RU 69/90 - HV-Info 1992, 598). Mit der Möglichkeit, bei Eintritt des Versicherungsfalls während einer Schul- oder Berufsausbildung die Bemessungsgrundlage anzuheben, weicht das Gesetz für einen Sonderfall von dem die Unfallversicherung beherrschenden Grundsatz ab, dass die Verdienstverhältnisse vor dem Arbeitsunfall für alle Zukunft die maßgebende Grundlage der Geldleistungen bleiben und spätere Erwerbsaussichten bei der Feststellung des JAV nicht zu berücksichtigen sind (BSG vom 27.2.1970 - 2 RU 135/66 - BSGE 31, 38, 40 = SozR Nr 1 zu § 573 RVO Aa 2; BSG vom 14.11.1974 - 8 RU 10/73 - BSGE 38, 216, 218 = SozR 2200 § 573 Nr 2 S 6; BSG vom 31.10.1978 - 2 RU 87/76 - BSGE 47, 137, 140 = SozR 2200 § 573 Nr 9 S 26). Einzig Personen, die bereits während der Zeit der Ausbildung für einen späteren Beruf einen Arbeitsunfall erleiden und deshalb im Jahr vor dem Unfall regelmäßig noch kein Arbeitsentgelt, sondern allenfalls eine geringe Ausbildungsvergütung erhalten haben, sowie aufgrund des Versicherungsfalls ihre Ausbildung später beenden, sollen zur Vermeidung von Härten geschützt und so gestellt werden, als hätten sie den Unfall nach der voraussichtlichen Beendigung der Berufsausbildung erlitten ( s zum stimmigen Konzept des § 90 SGB VII BSG vom 18.9.2012 - B 2 U 11/11 R - BSGE 112, 43 = SozR 4-2700 § 90 Nr 2, RdNr 35). Eine solche genau umschriebene Ausnahmeregelung kann nicht im Wege richterlicher Rechtsfortbildung auf andere, vermeintlich ähnlich liegende Sachverhalte erstreckt werden. Es besteht insoweit auch kein Widerspruch zu Vorschriften der Krankenversicherung und Rentenversicherung, weil der Begriff der Berufsausbildung im Sinn der gesetzlichen Unfallversicherung eigenständig ist (s bereits BSG vom 27.4.1960 - 2 RU 191/56 - BSGE 12, 109, 116; BSG vom 30.11.1962 - 2 RU 193/59 - BSGE 18, 136 = SozR Nr 5 zu § 565 RVO aF = juris RdNr 20).Schließlich bestehen zwischen Personen, die das Ausbildungsziel noch nicht erreicht haben und solchen, die sich noch in der Ausbildung befinden, Unterschiede von solcher Art und Gewicht, dass sie eine Ungleichbehandlung rechtfertigen, sodass dahinstehen kann, ob es sich überhaupt um iS des Art 3 Abs 1 GG vergleichbare Personengruppen handelt (vgl zum Prüfungsmaßstab zu Art 3 Abs 1 GG BVerfG vom 28.4.1999 - 1 BvR 1926/96, 1 BvR 485/97 - BVerfGE 100, 104 = SozR 3-2600 § 307b Nr 6 S 45 f; BSG vom 18.6.2013 - B 2 U 6/12 R - SozR 4-2700 § 9 Nr 22 RdNr 24).

23

3. Das LSG hat auch zutreffend erkannt, dass der Kläger keinen Anspruch auf Bewilligung einer höheren Verletztenrente aufgrund der Billigkeitsnorm des § 577 RVO hat. Die Wertung, ob der berechnete JAV "in erheblichem Maße unbillig" ist, ist als unbestimmter Rechtsbegriff durch das Gericht in vollem Umfang selbst vorzunehmen (BSG vom 15.9.2011 - B 2 U 24/10 R - SozR 4-2700 § 87 Nr 2 RdNr 26; BSG vom 28.1.1993 - 2 RU 15/92 - HV-Info 1993, 972 mwN; BSG vom 30.10.1991 - 2 RU 61/90 - HV-Info 1992, 428; BSG vom 29.10.1981 - 8/8a RU 68/80 - SozR 2200 § 577 Nr 9 mwN). § 577 RVO soll atypische Fallgestaltungen erfassen und - ausgerichtet ua am Lebensstandard des Versicherten - für diese zu einem billigen Ergebnis führen. Ziel der Regelung ist es, den JAV als Grundlage der Rente so zu bemessen, dass der Lebensstandard gesichert wird, den der Versicherte zeitnah vor dem Versicherungsfall erreicht und auf den er sich eingerichtet hat. Die Regelungen zur Berechnung des JAV sollen für den Regelfall eine einfache, schnell praktizierbare und nachvollziehbare Berechnung des JAV in der Verwaltungspraxis ermöglichen. Nur wenn besondere Umstände vorliegen, die sich auf den maßgeblichen Zeitraum auswirken und die eine erhebliche Unbilligkeit der Regelberechnung begründen (unterwertige Beschäftigung; Verdienstausfall innerhalb der Jahresfrist zB durch unbezahlten Urlaub; dazu BSG vom 11.2.1981 - 2 RU 65/79 - BSGE 51, 178, 182 = SozR 2200 § 571 Nr 20 S 42 f), kann zur Vermeidung von Zufallsergebnissen eine Korrektur des JAV angezeigt sein (BSG vom 15.9.2011 - B 2 U 24/10 R - SozR 4-2700 § 87 Nr 2 RdNr 28).

24

Die Nachfolgeregelung des § 577 RVO - § 87 Satz 2 SGB VII - nennt, ohne abschließend zu sein(s bereits zum früheren Recht BSG vom 26.6.1958 - 2 RU 58/56 - BSGE 7, 269, 273; sowie BT-Drucks 13/2204 S 96), Kriterien für die Beurteilung der Unbilligkeit. Bei der Überprüfung des JAV sind die Fähigkeiten, die Ausbildung, die Lebensstellung und die Tätigkeit der Versicherten im Zeitpunkt des Versicherungsfalls zu berücksichtigen. In Bezug auf die erreichte "Lebensstellung" ist darauf abzustellen, welche Einkünfte die Einkommenssituation des Versicherten geprägt haben (BSG vom 16.12.1970 - 2 RU 239/68 - BSGE 32, 169, 173 = SozR Nr 1 zu § 577 RVO Aa 1; BSG vom 11.2.1981 - 2 RU 65/79 - BSGE 51, 178, 182 = SozR 2200 § 571 Nr 20 S 43; BSG vom 29.10.1981 - 8/8a RU 68/80 - SozR 2200 § 577 Nr 9 S 14 mwN; BSG vom 9.12.1993 - 2 RU 48/92 - BSGE 73, 258, 260 = SozR 3-2200 § 577 Nr 1 S 3; BSG vom 3.12.2002 - B 2 U 23/02 R - SozR 3-2200 § 577 SozR 3-2200 § 577 Nr 2 = HVBG-Info 2003, 428; Schudmann in jurisPK-SGB VII, 2. Aufl 2014, § 87 RdNr 18). In zeitlicher Hinsicht ist zu prüfen, welche Einkünfte der Versicherte innerhalb der Jahresfrist vor dem Versicherungsfall erzielt hat. Seine Einnahmen aus Erwerbstätigkeit im maßgeblichen Jahreszeitraum sind mit dem Ergebnis der gesetzlichen Berechnung zu vergleichen. Durch diesen Vergleich ergibt sich, ob der nach gesetzlichen Vorgaben festgesetzte Betrag des JAV außerhalb jeder Beziehung zu den Einnahmen steht, die für den Versicherten zum Zeitpunkt des Versicherungsfalls oder innerhalb der Jahresfrist vor diesem Zeitpunkt die finanzielle Lebensgrundlage gebildet haben (BSG vom 18.3.2003 - B 2 U 15/02 R - SozR 4-2700 § 87 Nr 1 RdNr 17; so auch BSG vom 28.4.1977 - 2 RU 39/75 - BSGE 44, 12 = SozR 2200 § 571 Nr 10). Die Festsetzung des JAV ist danach nicht in erheblichem Maße unbillig, wenn der ermittelte JAV - wie hier ausgehend von einer halben A-13-Stelle - den Fähigkeiten, der Ausbildung, Lebensstellung und Tätigkeit der Versicherten in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat des Versicherungsfalls entspricht (BSG vom 15.9.2011 - B 2 U 24/10 R - SozR 4-2700 § 87 Nr 2 RdNr 26; Keller in Hauck/Noftz, SGB VII, K § 87 RdNr 6).

25

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 29. April 2014 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Gewährung höherer Verletztenrente.

2

Der im Jahre 1960 geborene Kläger erlitt am 7.5.2005 als LKW-Kraftfahrer einen Verkehrsunfall, der zu erheblichen Verletzungen führte. Die Beklagte gewährte mit Bescheid vom 8.5.2007 dem Kläger Rente auf unbestimmte Zeit nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 100 vH. Sie legte dabei einen Jahresarbeitsverdienst (JAV) in Höhe von 29 836,56 Euro zugrunde und errechnete eine Verletztenrente in Höhe von 1657,59 Euro monatlich. Aufgrund eines weiteren Arbeitsunfalls, den der Kläger bereits 1999 erlitten hatte, nahm sie eine anteilsmäßige Kürzung der Rente vor. Jenem Arbeitsunfall lag ein JAV in Höhe von 30 669,92 Euro zugrunde, sodass der Rentenhöchstbetrag von zwei Dritteln des höchsten JAV aus diesem JAV des früheren Versicherungsfalls ermittelt wurde.

3

Die Beklagte legte der Berechnung des JAV für den Arbeitsunfall vom 7.5.2005 die Lohnabrechnungen des Arbeitgebers für den Zeitraum vom 1.5.2004 bis 30.4.2005 zugrunde. Der dabei ermittelte Betrag von 29 836,56 Euro umfasste ein Bruttoentgelt von 27 579,98 Euro, Urlaubsgeld in Höhe von 430,08 Euro, steuerfreie Zuschläge für Nachtarbeit in Höhe von 1281,62 Euro und für Sonntagsarbeit in Höhe von 544,68 Euro. Der Kläger erhielt zudem in diesem Zeitraum "steuerfreie Spesen" in Höhe von insgesamt 3705,00 Euro und "pauschal versteuerte Spesen" in Höhe von 1173,50 Euro. In früheren Bescheinigungen des Arbeitgebers waren die steuerfreien Spesen dabei als "steuerfreie Auslöse" bzw als "steuerfreier Verpflegungszuschuss" bezeichnet worden. Diese beiden Positionen wurden von der Beklagten bei der Berechnung des JAV nicht berücksichtigt. Mit Widerspruchsbescheid vom 28.9.2007 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Bei Spesen oder Auslösungen handele es sich um erstattete Auslagen, die nicht zu einem Vermögensvorteil des Beschäftigten führten und daher kein Arbeitsentgelt darstellten.

4

Mit seiner Klage zum SG Landshut hat der Kläger geltend gemacht, die Spesen und Auslösungen hätten zu einem Vermögensvorteil geführt und stellten nicht lediglich erstattete Auslagen dar. Mit Gerichtsbescheid vom 30.11.2011 hat das SG die Beklagte unter Abänderung ihrer Bescheide verpflichtet, die Höhe der Verletztenrente neu festzustellen, wobei bei der Berechnung des JAV der pauschal zu versteuernde Spesenanteil in Höhe von 1173,50 Euro zu berücksichtigen sei. Der Teil der Zahlung, der der Höhe des Steuerfreibetrags entspreche, sei dagegen als pauschaler Auslagenersatz zu werten und dem JAV nicht hinzuzurechnen.

5

Hiergegen hat die Beklagte Berufung und der Kläger Anschlussberufung eingelegt.

6

Das LSG hat den Arbeitgeber des Klägers als Zeugen gehört und durch Urteil vom 29.4.2014 die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Auf die Anschlussberufung des Klägers hat es den Gerichtsbescheid und die Bescheide der Beklagten abgeändert und diese verurteilt, dem Kläger Verletztenrente auch unter Berücksichtigung der steuerfreien Spesen im Rahmen des JAV zu gewähren. Zur Begründung hat es ausgeführt, die angefochtenen Bescheide seien rechtswidrig, soweit die Beklagte im Rahmen der JAV-Berechnung weder die pauschal versteuerten Spesen in Höhe von 1173,50 Euro noch die steuerfreien Spesen in Höhe von 3705,00 Euro berücksichtigt habe. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe fest, dass es sich bei diesen Zahlungen um Zuwendungen des Arbeitgebers für die berufliche Tätigkeit des Klägers handele, die als Arbeitsentgelt im Rahmen der JAV-Berechnung zu berücksichtigen seien. Inwieweit die Entgeltbestandteile nach § 17 SGB IV iVm § 2 Abs 1 Nr 2 ArEV oder nach § 14 Abs 1 Satz 3 SGB IV beitragsrechtlich zu berücksichtigen seien, könne dahinstehen. Die steuerrechtlichen Vermutungen dieser Normen seien für die Berechnung des JAV nicht maßgebend. Werde durch den Arbeitnehmer und den Arbeitgeber nachgewiesen, dass kein tatsächlicher Mehraufwand vorliege, so sei auch bei steuerfreien Spesen insoweit von einem anrechenbaren Arbeitsentgelt auszugehen. Grundsätzlich sei die Höhe des Betrags, der den tatsächlichen Mehraufwand übersteige, nach § 287 ZPO analog zu schätzen. Bei den dem Kläger gezahlten "Spesen/Auslösungen" habe es sich um Pauschalen gehandelt, die keine echten Aufwandsentschädigungen darstellten. Dies gelte sowohl für die steuerfreien als auch die pauschal versteuerten "Spesen", denn sämtliche Spesen seien unabhängig von tatsächlichen Aufwendungen gezahlt worden. Nach den übereinstimmenden und glaubhaften Angaben des Klägers und seines Arbeitgebers habe der Kläger die zusätzlich gezahlten Beträge vollumfänglich zusätzlich zu seinem Arbeitsentgelt erhalten, sodass die gezahlten Pauschalen durch mögliche Einsparungen beim Kläger zu einem Vermögensvorteil geführt hätten. "Kilometergeld", "Übernachtungskosten", "Kosten für die Benutzung von Sanitäreinrichtungen" und zusätzliche "Kosten für die Verpflegung" seien tatsächlich nicht angefallen.

7

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Revision. Sie rügt eine Verletzung der § 82 SGB VII, §§ 14 Abs 1, 17 Abs 1 SGB IV iVm der ArEV. § 14 Abs 1 Satz 3 SGB IV in der entscheidungserheblichen Fassung bestimme, dass steuerfreie Aufwandsentschädigungen nicht als Arbeitsentgelt gelten. Der Arbeitgeber lege bei der Auszahlung von Spesen deren steuerrechtliche Einordnung fest. Nach § 14 Abs 1 Satz 3 SGB IV sei diese steuerrechtliche Zweckbestimmung bei der sozialversicherungsrechtlichen Einordnung von Entgeltbestandteilen maßgebend. Eine von den Beteiligten nachträglich vorgenommene Zweckbestimmung könne nicht anerkannt werden. Hinsichtlich der pauschal versteuerten Spesen sei über § 17 SGB IV die zum Unfallzeitpunkt maßgebende ArEV zugrunde zu legen. Der ArEV und § 17 SGB IV sei nicht zu entnehmen, dass sie für das Leistungsrecht in der gesetzlichen Unfallversicherung keine Anwendung finden könnten.

8

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 29. April 2014 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 30. November 2011 zurückzuweisen, sowie den Gerichtsbescheid vom 30. November 2011 zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

9

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Beklagten war im Sinne der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Anhand der tatsächlichen Feststellungen des LSG lässt sich nicht beurteilen, ob die vom LSG jeweils als "steuerfreie Spesen" bzw "pauschal versteuerte Spesen" bzw "steuerfreie Auslöse" bzw "steuerfreie Verpflegungszuschüsse" bezeichneten Beträge bei der JAV-Berechnung zugrunde zu legen waren und damit zu einem Recht des Klägers auf höhere Verletztenrente führen. Das LSG konnte - von seiner Rechtsansicht her zutreffend - eine exakte tatsächliche und folglich auch steuerrechtliche Einordnung der dem Kläger gezahlten Einnahmen unterlassen, weil es davon ausging, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer gemeinsam nachweisen können, dass diese Einnahmen tatsächlich nicht zur Abdeckung eines Mehraufwands benötigt wurden. Die vom LSG hierzu eingeschlagene Vorgehensweise - Schätzung des Verbrauchs des Klägers nach § 287 ZPO - findet allerdings im Gesetz keinen Anhalt(vgl hierzu unter 2.). Mithin kam es darauf an, die dem Kläger gewährten Entgeltbestandteile tatsächlich (und dem folgend rechtlich) zu qualifizieren, was dem Senat aufgrund der fehlenden Feststellungen des LSG nicht möglich ist. Das LSG wird allerdings, wenn es diese Feststellungen nachgeholt hat, auch die unter 3. aufgezeigten rechtlichen Gesichtspunkte hinsichtlich der Ermittlung des JAV zu berücksichtigen haben (§ 170 Abs 5 SGG).

11

1. Streitgegenstand des Revisionsverfahrens ist die in dem Bescheid der Beklagten vom 8.5.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.9.2007 festgestellte Höhe des Anspruchs des Klägers auf Verletztenrente unter Zugrundelegung der Höchstbetragsregelung des § 59 SGB VII. Bei der Festsetzung des JAV handelt es sich nicht um einen abtrennbaren Streitgegenstand. Vielmehr ist im Streit ein einheitlicher Anspruch (auf Rente), dessen Höhe sich durch die Faktoren MdE und JAV bestimmt. Eine Festsetzung des JAV ist mangels Außenwirkung kein Verwaltungsakt nach § 31 SGB X, sondern lediglich eine verwaltungsinterne Klärung eines Wertfaktors im Rahmen der Vorbereitung der Feststellung des Werts des Rechts auf Verletztenrente(BSG vom 18.9.2012 - B 2 U 14/11 R - juris RdNr 18, UV-Recht Aktuell 2013, 202). Ein Anspruch auf höhere Verletztenrente im Rahmen des § 59 Abs 1 SGB VII kann nur bestehen, wenn der neu festzusetzende JAV aufgrund des Unfallereignisses im Jahre 2005 höher ist als der aus einem früheren Unfall im Jahre 1999 resultierende JAV in Höhe von 30 669,92 Euro. Da dies hier aufgrund der Höhe der im Streit befindlichen Einnahmen im Jahre 2005 der Fall sein kann, war die Klage hier als Klage auf höhere Verletztenrente zulässig.

12

2. Die Frage, welche Zahlungen des Arbeitgebers in den JAV eingerechnet werden, beantwortet sich bei Anwendung des § 14 SGB IV und der ArEV (hierzu im Einzelnen noch unten) nach der steuerrechtlichen Qualifikation dieser Entgeltbestandteile aufgrund einer Betrachtungsweise ex ante, dh im Zeitpunkt ihrer Vereinbarung bzw Gewährung. Eine nachträgliche Änderung oder tatsächliche Umwidmung dieser rechtlichen Qualifizierung - etwa durch einen Nachweis des Nichtgebrauchs etc -, wie ihn das LSG hier für möglich hält, ist in den einschlägigen Rechtsvorschriften nicht vorgesehen, was aufgrund des das gesamte Sozialrecht prägenden Grundsatzes des Vorbehalts des Gesetzes (§ 31 SGB I) zwingend geboten gewesen wäre.

13

Der Kläger hat gemäß § 56 Abs 3 iVm § 82 SGB VII(hier iVm § 59 SGB VII) einen Anspruch auf höhere Verletztenrente, wenn der Berechnungsfaktor JAV nach dem Unfallereignis aus dem Jahre 2005 mehr als der bisherige JAV in Höhe von 30 669,92 Euro aus dem Unfall im Jahre 1999 beträgt. § 82 Abs 1 Satz 1 SGB VII bestimmt hierzu: "Der Jahresarbeitsverdienst ist der Gesamtbetrag der Arbeitsentgelte (§ 14 des Vierten Buches) und Arbeitseinkommen (§ 15 des Vierten Buches) des Versicherten in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat, in dem der Versicherungsfall eingetreten ist". § 82 Abs 1 Satz 1 SGB VII enthält durch den Klammerzusatz "(§ 14 des Vierten Buches)" eine dynamische Verweisung auf die jeweils aktuell geltende Fassung des § 14 SGB IV. Abzustellen ist hier auf § 14 SGB IV in der zum Zeitpunkt des Versicherungsfalles maßgebenden Fassung des Zweiten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2002 (BGBl I 4627), nach dessen Absatz 1 Satz 1 Arbeitsentgelt alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus der Beschäftigung sind, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden oder ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. § 14 Abs 1 Satz 3 SGB IV in der hier maßgebenden Fassung lautete: "Steuerfreie Aufwandsentschädigungen und die in § 3 Nr. 26 des Einkommensteuergesetzes genannten steuerfreien Einnahmen gelten nicht als Arbeitsentgelt".

14

Hieraus folgt, dass die jeweilige objektive steuerrechtliche Einordnung des konkret streitigen Entgeltbestandteils maßgebend ist. Das LSG ist in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zunächst davon ausgegangen, dass jedenfalls § 14 Abs 1 Satz 3 SGB IV auf den vorliegenden Sachverhalt Anwendung findet. Es hat sodann jedoch dahinstehen lassen, wie die hier in Frage stehenden Entgeltbestandteile objektiv (steuer-)rechtlich zu qualifizieren wären, weil diese mangels entstandener Aufwendungen - aufgrund des Nichtgebrauchs - Einkommen des Klägers darstellten. Zu Recht hat die Beklagte in ihrer Revision darauf hingewiesen, dass sich für eine solche "Umwidmung" der konkreten Zahlbeträge durch vom Arbeitgeber und Arbeitnehmer konsentierten "Nichtgebrauch" keine Rechtsgrundlage finden lässt.

15

Soweit der Kläger auf Entscheidungen des BSG zum SGB II hinweist, in denen die jeweilige tatsächliche Zweckbestimmung von Entgelten eine Rolle spielte, verkennt er, dass nach der dort maßgeblichen Norm des § 11 Abs 3 Nr 1 Buchst a SGB II aF(idF, die die Norm durch das Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 24.3.2006 erhalten hat) nicht als Einkommen zu berücksichtigen waren "Einnahmen, soweit sie als zweckbestimmte Einnahmen einem anderen Zweck als die Leistungen nach diesem Buch dienen und die Lage des Empfängers nicht so günstig beeinflussen, dass daneben Leistungen nach diesem Buch nicht gerechtfertigt wären". Die dort an den Begriff der "zweckbestimmten Einnahmen" zu stellenden Anforderungen ergeben sich aus der Systematik des § 11 SGB II und dem Sinn und Zweck gerade jener Regelung im Rahmen einer steuerfinanzierten Sozialleistung. Die Außerachtlassung von Einnahmen erfolgt(e) dort unabhängig davon, ob diese steuerfrei sind, nur unter engen Voraussetzungen, die ausdrücklich durch den Zweck der weiteren Einnahmen gerechtfertigt sein müssen (vgl hierzu nur BSG vom 11.12.2012 - B 4 AS 27/12 R - SozR 4-4225 § 6 Nr 2, SozR 4-4200 § 11 Nr 58, RdNr 19 ff).

16

Die vom LSG vorgenommene eigenständige Schätzung der Einnahmen des Klägers auf der Grundlage des § 287 ZPO findet hingegen im System der Anspruchs- bzw Rechtsgrundlagen der § 82 SGB VII iVm § 14 SGB IV keine Rechtfertigung. Insofern hätte es seitens des LSG zunächst einer tatsächlichen und erst auf dieser aufbauend einer steuerrechtlichen Qualifizierung der streitigen Einnahmen bedurft, um ihre juristische Zuordnung zum Begriff des Arbeitsentgelts in § 14 Abs 1 Satz 3 SGB IV bzw zu den Vorschriften der maßgeblichen ArEV zu begründen(zu deren Anwendbarkeit noch unter 3.). Dem steht auch nicht entgegen, dass das Steuerrecht seinerseits die Schätzung der Höhe von Einnahmen (bzw Werbungskosten etc) zulässt, weil dort dieser Vorgang ausdrücklich von Rechts wegen zugelassen ist (vgl zu den Werbungskosten eines Fernfahrers Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht, Urteil vom 27.9.2012 - 5 K 99/12 - EFG 2013, 24; diese Unterschiede zwischen den jeweiligen Rechtsgebieten vernachlässigt Dau, jM 2015, 113).

17

3. Das LSG wird folglich zunächst festzustellen haben, wofür die von dem Arbeitgeber des Klägers in dem maßgeblichen Zeitraum bis 30.4.2005 (§ 82 Abs 1 SGB VII) geleisteten Zahlungen tatsächlich gewährt wurden. Aus den verschiedenen Stellungnahmen des Arbeitgebers im Verlaufe des Rechtsstreits könnten hier unterschiedliche Verwendungszecke bzw Zahlungsgründe abgeleitet werden von "Verpflegungszuschüssen" bis hin zu Trennungsgeld oder pauschaler Abgeltung von "doppelter Haushaltsführung" etc. Auch aus der vom LSG in dem angefochtenen Urteil (Blatt 13) vorgenommenen Aufzählung, welche Mehraufwendungen der Kläger nicht hatte, nämlich: "weder Kilometergeld, Übernachtungskosten, Kosten für die Benutzung von Sanitäreinrichtungen und zusätzliche Kosten für die Verpflegung" kann nicht eindeutig rückgeschlossen werden, wofür die hier streitigen Beträge tatsächlich positiv vom Arbeitgeber gewährt wurden. Erst wenn zu dem Zahlungsgrund der Beträge Feststellungen vorliegen, kann eine juristisch nachvollziehbare steuerrechtliche Qualifikation dieser Entgeltbestandteile erfolgen.

18

Soweit die dem Kläger gewährten "Spesen" danach als "steuerfrei" im Sinne des EStG zu qualifizieren wären, kann im Übrigen auch dahinstehen, ob § 14 Abs 1 Satz 3 SGB IV in der hier maßgeblichen Fassung überhaupt Anwendung findet. Diese Frage hängt zwar auch davon ab, wie die Entgeltbestandteile steuerrechtlich korrekt einzuordnen sind. Wären die von dem privaten Arbeitgeber gezahlten Pauschalen etwa unter die in § 3 Nr 16 EStG (in der 2005 geltenden Fassung) genannte Ausnahme zu subsumieren, nach der steuerfrei die Vergütungen sind, die Arbeitnehmer außerhalb des öffentlichen Dienstes von ihrem Arbeitgeber zur Erstattung von Reisekosten, Umzugskosten oder Mehraufwendungen bei doppelter Haushaltsführung erhalten, so wäre weiterhin zu entscheiden, ob solche steuerfreien Beträge überhaupt direkt unter § 14 Abs 1 Satz 3 SGB IV fallen können. § 14 Abs 1 Satz 3 SGB IV verweist wohl zunächst nur auf § 3 Nr 12 EStG, der sich wiederum ausschließlich auf Bezüge aus öffentlichen Kassen bezieht. So wird von einem Teil der Literatur vertreten, dass nur die in § 3 Nr 12 EStG genannten steuerfreien Aufwandsentschädigungen etc aus öffentlichen Kassen von § 14 Abs 1 Satz 3 SGB IV umfasst sind(vgl hierzu Knospe in Hauck/Noftz, SGB IV, K § 14, RdNr 50; Werner in JurisPK-SGB IV, § 14 RdNr 277; offen gelassen von BSG vom 26.1.2005 - B 12 KR 3/04 R - SozR 4-2400 § 14 Nr 7, RdNr 16). Letztlich kann diese Frage aber ggf dahinstehen, weil entsprechende steuerfreie Pauschalen jedenfalls unter § 1 der hier anwendbare ArEV(idF der Zweiten Verordnung zur Änderung der Arbeitsentgeltverordnung vom 18.2.2005 - BGBl I 322) fallen können mit der Folge, dass sie nicht Arbeitsentgelt iS des § 82 Abs 1 Satz 1 SGB VII wären.

19

Der Senat geht entgegen einer in der veröffentlichten Literatur zum Recht der GUV verbreiteten Meinung (Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, § 82 SGB VII, RdNr 4.5; Keller in: Hauck/Noftz, SGB VII, K § 82 RdNr 4; Merten in: Eichenhofer/Wenner, Kommentar zum Sozialgesetzbuch VII, 1. Aufl, § 82 RdNr 11; Becker in: LPK-SGB VII, 4. Aufl, § 82 RdNr 7; Köllner in: Lauterbach-UV-SGB VII, § 82 RdNr 7, 8; RdSchr HVBG VB 49/91 vom 16.5.1991; Schudmann in JurisPK, 2. Aufl 2014, § 82, 48 ff)davon aus, dass die Verordnungsermächtigung in § 17 SGB IV den Verordnungsgeber auch dazu ermächtigt, die Entgeltbestandteile bzw Einnahmen zu regeln, die über die Ermittlung des JAV in § 82 SGB VII für das Leistungsrecht der GUV maßgebend werden. Die auch vom LSG und dieser Literatur zitierte Rechtsprechung des Senats, die einer solchen Geltung der ArEV entgegenstehen soll (BSG vom 27.11.1985 - 2 RU 23/85 - SozR 2200 § 571 Nr 24; BSG vom 24.5.1984 - 2 RU 11/83 - HV-Info 1984, Nr 13; BSG vom 24.2.1982 - 2 RU 59/81 - BSGE 53, 133 = SozR 2200 § 560 Nr 10; BSG vom 21.2.1980 - 5 RKnU 1/78 - BSGE 50, 9 = SozR 2200 § 571 Nr 16), ist ausschließlich zum Recht der RVO ergangen und betraf ausnahmslos Sachverhalte, die nach dem Rechtszustand vor Inkrafttreten der ArEV im Jahre 1977 zu beurteilen waren. § 17 Abs 1 SGB IV ermächtigt aber den Verordnungsgeber ausdrücklich auch, "zur Wahrung der Belange der Sozialversicherung" die entsprechende Verordnung zu erlassen. Die in der früheren Rechtsprechung des Senats vor Inkrafttreten der ArEV in den Vordergrund gestellten allgemeinen Strukturprinzipien der GUV treffen nach wie vor zu, können jedoch den über § 17 SGB IV normativ vermittelten Geltungsanspruch der ArEV nicht in Frage stellen. Es ist nicht ersichtlich, inwiefern die zutreffende Tatsache, dass Beiträge und Leistungen in der GUV nicht im Synallagma stehen, als "Rechtsprinzip" dazu führen könnte, normativ explizierte Geltungsansprüche des Gesetz- und Verordnungsgebers auszuhebeln. Jedenfalls kann der oben genannten Rechtsprechung des BSG zum früheren Recht der RVO nicht entnommen werden, dass den vor Inkrafttreten der ArEV aufgestellten Grundsätzen Vorrang vor einschlägigem Verordnungsrecht zukommen soll. Zweifel an einer Geltung des § 17 SGB IV bzw der aufgrund dieser Ermächtigungsnorm jeweils erlassenen Verordnung(en) für die rechtliche Einordnung von bestimmten Einnahmen als Arbeitsentgelt auch für das Leistungsrecht der GUV lassen sich diesen Urteilen gerade nicht entnehmen. Vielmehr ist in diesem Zusammenhang auch die Regelung des § 3 ArEV zu berücksichtigen, die als Sondervorschrift seit ihrer Einführung im Jahre 1977 gerade den Zweck hatte, die leistungsrechtliche Sonderstellung der Versicherten der GUV gerade auch innerhalb und durch die ArEV zu schützen(vgl zur Begründung der Verordnung: BR-Drucks 244/77, S 8 zu § 3, in der der Verordnungsgeber ohne jeden Zweifel davon ausgeht, dass er befugt sei, auch das Leistungsrecht der GUV zu regeln). Die Regelung des § 3 ArEV wurde vom erkennenden Senat sodann auch ausdrücklich gebilligt und gerade kompetenzrechtlich nicht beanstandet(BSG vom 24.2.1982 - 2 RU 59/81 - BSGE 53, 133 = SozR 2200 § 560 Nr 10, RdNr 18 f).

20

Deshalb ist im vorliegenden Fall über § 17 SGB IV sowohl die Norm des § 1 ArEV, nach der dort im Einzelnen qualifizierte lohnsteuerfreie Einnahmen nicht dem Arbeitsentgelt zuzurechnen sind, als auch die Norm des § 2 Abs 1 Nr 2 ArEV (idF vom 18.2.2005), der pauschal versteuerte Einnahmen betrifft, für die leistungsrechtliche Bestimmung des JAV anwendbar. Nach § 2 Abs 1 Nr 2 ArEV waren Einnahmen nach § 40 Abs 2 EStG, in dem Einnahmen aufgezählt werden, die mit einem Pauschsteuersatz von 25 vH zu versteuern waren, dem Arbeitsentgelt nicht zuzurechnen.

21

Das LSG wird auch abschließend über die Kosten des Rechtsstreits zu entscheiden haben.

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

(1) Der Jahresarbeitsverdienst ist der Gesamtbetrag der Arbeitsentgelte (§ 14 des Vierten Buches) und Arbeitseinkommen (§ 15 des Vierten Buches) des Versicherten in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat, in dem der Versicherungsfall eingetreten ist. Zum Arbeitsentgelt nach Satz 1 gehört auch das Arbeitsentgelt, auf das ein nach den zwölf Kalendermonaten abgeschlossener Tarifvertrag dem Versicherten rückwirkend einen Anspruch einräumt.

(2) Für Zeiten, in denen der Versicherte in dem in Absatz 1 Satz 1 genannten Zeitraum kein Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen bezogen hat, wird das Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zugrunde gelegt, das seinem durchschnittlichen Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen in den mit Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen belegten Zeiten dieses Zeitraums entspricht. Erleidet jemand, der als Soldat auf Zeit, als Wehr- oder Zivildienstleistender oder als Entwicklungshelfer, beim besonderen Einsatz des Zivilschutzes oder bei einem Dienst nach dem Jugendfreiwilligendienstegesetz oder dem Bundesfreiwilligendienstgesetz tätig wird, einen Versicherungsfall, wird als Jahresarbeitsverdienst das Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zugrunde gelegt, das er durch eine Tätigkeit erzielt hätte, die der letzten Tätigkeit vor den genannten Zeiten entspricht, wenn es für ihn günstiger ist. Ereignet sich der Versicherungsfall innerhalb eines Jahres seit Beendigung einer Berufsausbildung, bleibt das während der Berufsausbildung erzielte Arbeitsentgelt außer Betracht, wenn es für den Versicherten günstiger ist.

(3) Arbeitsentgelt und Ausbildungsbeihilfe nach den §§ 43 und 44 des Strafvollzugsgesetzes gelten nicht als Arbeitsentgelt im Sinne der Absätze 1 und 2.

(4) Erleidet jemand, dem sonst Unfallfürsorge nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen gewährleistet ist, einen Versicherungsfall, für den ihm Unfallfürsorge nicht zusteht, gilt als Jahresarbeitsverdienst der Jahresbetrag der ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge, die der Berechnung eines Unfallruhegehalts zugrunde zu legen wären. Für Berufssoldaten gilt dies entsprechend.

(1) Arbeitseinkommen ist der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelte Gewinn aus einer selbständigen Tätigkeit. Einkommen ist als Arbeitseinkommen zu werten, wenn es als solches nach dem Einkommensteuerrecht zu bewerten ist.

(2) Bei Landwirten, deren Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft nach § 13a des Einkommensteuergesetzes ermittelt wird, ist als Arbeitseinkommen der sich aus § 32 Absatz 6 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte ergebende Wert anzusetzen.

(1) Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung wird ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann dabei bestimmen, daß die Krankheiten nur dann Berufskrankheiten sind, wenn sie durch Tätigkeiten in bestimmten Gefährdungsbereichen verursacht worden sind. In der Rechtsverordnung kann ferner bestimmt werden, inwieweit Versicherte in Unternehmen der Seefahrt auch in der Zeit gegen Berufskrankheiten versichert sind, in der sie an Land beurlaubt sind.

(1a) Beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ein Ärztlicher Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten gebildet. Der Sachverständigenbeirat ist ein wissenschaftliches Gremium, das das Bundesministerium bei der Prüfung der medizinischen Erkenntnisse zur Bezeichnung neuer und zur Erarbeitung wissenschaftlicher Stellungnahmen zu bestehenden Berufskrankheiten unterstützt. Bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin wird eine Geschäftsstelle eingerichtet, die den Sachverständigenbeirat bei der Erfüllung seiner Arbeit organisatorisch und wissenschaftlich, insbesondere durch die Erstellung systematischer Reviews, unterstützt. Das Nähere über die Stellung und die Organisation des Sachverständigenbeirats und der Geschäftsstelle regelt die Bundesregierung in der Rechtsverordnung nach Absatz 1.

(2) Die Unfallversicherungsträger haben eine Krankheit, die nicht in der Rechtsverordnung bezeichnet ist oder bei der die dort bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen, wie eine Berufskrankheit als Versicherungsfall anzuerkennen, sofern im Zeitpunkt der Entscheidung nach neuen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft die Voraussetzungen für eine Bezeichnung nach Absatz 1 Satz 2 erfüllt sind.

(2a) Krankheiten, die bei Versicherten vor der Bezeichnung als Berufskrankheiten bereits entstanden waren, sind rückwirkend frühestens anzuerkennen

1.
in den Fällen des Absatzes 1 als Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die Bezeichnung in Kraft getreten ist,
2.
in den Fällen des Absatzes 2 wie eine Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die neuen Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft vorgelegen haben; hat der Ärztliche Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten eine Empfehlung für die Bezeichnung einer neuen Berufskrankheit beschlossen, ist für die Anerkennung maßgebend der Tag der Beschlussfassung.

(3) Erkranken Versicherte, die infolge der besonderen Bedingungen ihrer versicherten Tätigkeit in erhöhtem Maße der Gefahr der Erkrankung an einer in der Rechtsverordnung nach Absatz 1 genannten Berufskrankheit ausgesetzt waren, an einer solchen Krankheit und können Anhaltspunkte für eine Verursachung außerhalb der versicherten Tätigkeit nicht festgestellt werden, wird vermutet, daß diese infolge der versicherten Tätigkeit verursacht worden ist.

(3a) Der Unfallversicherungsträger erhebt alle Beweise, die zur Ermittlung des Sachverhalts erforderlich sind. Dabei hat er neben den in § 21 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Beweismitteln auch Erkenntnisse zu berücksichtigen, die er oder ein anderer Unfallversicherungsträger an vergleichbaren Arbeitsplätzen oder zu vergleichbaren Tätigkeiten gewonnen hat. Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen die Ermittlungen zu den Einwirkungen während der versicherten Tätigkeit dadurch erschwert sind, dass der Arbeitsplatz des Versicherten nicht mehr oder nur in veränderter Gestaltung vorhanden ist. Die Unfallversicherungsträger sollen zur Erfüllung der Aufgaben nach den Sätzen 2 und 3 einzeln oder gemeinsam tätigkeitsbezogene Expositionskataster erstellen. Grundlage für diese Kataster können die Ergebnisse aus systematischen Erhebungen, aus Ermittlungen in Einzelfällen sowie aus Forschungsvorhaben sein. Die Unfallversicherungsträger können außerdem Erhebungen an vergleichbaren Arbeitsplätzen durchführen.

(4) Besteht für Versicherte, bei denen eine Berufskrankheit anerkannt wurde, die Gefahr, dass bei der Fortsetzung der versicherten Tätigkeit die Krankheit wiederauflebt oder sich verschlimmert und lässt sich diese Gefahr nicht durch andere geeignete Mittel beseitigen, haben die Unfallversicherungsträger darauf hinzuwirken, dass die Versicherten die gefährdende Tätigkeit unterlassen. Die Versicherten sind von den Unfallversicherungsträgern über die mit der Tätigkeit verbundenen Gefahren und mögliche Schutzmaßnahmen umfassend aufzuklären. Zur Verhütung einer Gefahr nach Satz 1 sind die Versicherten verpflichtet, an individualpräventiven Maßnahmen der Unfallversicherungsträger teilzunehmen und an Maßnahmen zur Verhaltensprävention mitzuwirken; die §§ 60 bis 65a des Ersten Buches gelten entsprechend. Pflichten der Unternehmer und Versicherten nach dem Zweiten Kapitel und nach arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften bleiben hiervon unberührt. Kommen Versicherte ihrer Teilnahme- oder Mitwirkungspflicht nach Satz 3 nicht nach, können die Unfallversicherungsträger Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder die Leistung einer danach erstmals festzusetzenden Rente wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit oder den Anteil einer Rente, der auf eine danach eingetretene wesentliche Änderung im Sinne des § 73 Absatz 3 zurückgeht, bis zur Nachholung der Teilnahme oder Mitwirkung ganz oder teilweise versagen. Dies setzt voraus, dass infolge der fehlenden Teilnahme oder Mitwirkung der Versicherten die Teilhabeleistungen erforderlich geworden sind oder die Erwerbsminderung oder die wesentliche Änderung eingetreten ist; § 66 Absatz 3 und § 67 des Ersten Buches gelten entsprechend.

(5) Soweit Vorschriften über Leistungen auf den Zeitpunkt des Versicherungsfalls abstellen, ist bei Berufskrankheiten auf den Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder der Behandlungsbedürftigkeit oder, wenn dies für den Versicherten günstiger ist, auf den Beginn der rentenberechtigenden Minderung der Erwerbsfähigkeit abzustellen.

(6) Die Bundesregierung regelt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates

1.
Voraussetzungen, Art und Umfang von Leistungen zur Verhütung des Entstehens, der Verschlimmerung oder des Wiederauflebens von Berufskrankheiten,
2.
die Mitwirkung der für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen bei der Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufskrankheiten zu entschädigen sind; dabei kann bestimmt werden, daß die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen berechtigt sind, Zusammenhangsgutachten zu erstellen sowie zur Vorbereitung ihrer Gutachten Versicherte zu untersuchen oder auf Kosten der Unfallversicherungsträger andere Ärzte mit der Vornahme der Untersuchungen zu beauftragen,
3.
die von den Unfallversicherungsträgern für die Tätigkeit der Stellen nach Nummer 2 zu entrichtenden Gebühren; diese Gebühren richten sich nach dem für die Begutachtung erforderlichen Aufwand und den dadurch entstehenden Kosten.

(7) Die Unfallversicherungsträger haben die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständige Stelle über den Ausgang des Berufskrankheitenverfahrens zu unterrichten, soweit ihre Entscheidung von der gutachterlichen Stellungnahme der zuständigen Stelle abweicht.

(8) Die Unfallversicherungsträger wirken bei der Gewinnung neuer medizinisch-wissenschaftlicher Erkenntnisse insbesondere zur Fortentwicklung des Berufskrankheitenrechts mit; sie sollen durch eigene Forschung oder durch Beteiligung an fremden Forschungsvorhaben dazu beitragen, den Ursachenzusammenhang zwischen Erkrankungshäufigkeiten in einer bestimmten Personengruppe und gesundheitsschädlichen Einwirkungen im Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit aufzuklären. Die Verbände der Unfallversicherungsträger veröffentlichen jährlich einen gemeinsamen Bericht über ihre Forschungsaktivitäten und die Forschungsaktivitäten der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung. Der Bericht erstreckt sich auf die Themen der Forschungsvorhaben, die Höhe der aufgewendeten Mittel sowie die Zuwendungsempfänger und Forschungsnehmer externer Projekte.

(9) Die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen dürfen zur Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufskrankheiten zu entschädigen sind, Daten verarbeiten sowie zur Vorbereitung von Gutachten Versicherte untersuchen, soweit dies im Rahmen ihrer Mitwirkung nach Absatz 6 Nr. 2 erforderlich ist; sie dürfen diese Daten insbesondere an den zuständigen Unfallversicherungsträger übermitteln. Die erhobenen Daten dürfen auch zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren gespeichert, verändert, genutzt, übermittelt oder in der Verarbeitung eingeschränkt werden. Soweit die in Satz 1 genannten Stellen andere Ärzte mit der Vornahme von Untersuchungen beauftragen, ist die Übermittlung von Daten zwischen diesen Stellen und den beauftragten Ärzten zulässig, soweit dies im Rahmen des Untersuchungsauftrages erforderlich ist.

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 29. November 2005 wird zurückgewiesen.

Auf die Anschlussberufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 29. November 2005 dahingehend abgeändert, dass die Beklagte verurteilt wird, dem Kläger die gesetzlichen Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung, insbesondere eine Verletztenrente nach einer MdE um 20 v. H. ab dem 1. April 2004 bis zum 30. Juni 2005 zu gewähren.

Die Beklagte hat dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Anerkennung eines Meniskusschadens des linken Knies als Berufskrankheit.

2

Der 1968 geborene Kläger erlernte von September 1984 bis Juni 1986 den Beruf des Berg- und Maschinenmanns und war anschließend als Hauer bei der Bergbau W. AG bis Juni 1989 beschäftigt. Nach seinen Angaben übte er nach der Lehre eine Tätigkeit als Reparaturschlosser ohne kniebelastende Tätigkeiten aus. Seit 1986 spielte der Kläger als Amateur Handball in der 2. Bundesliga. Seit Juli 1989 war er Vertragshandballspieler in der 1. Bundesliga, und zwar bis Juni 1994 bei der SG F. H. und ab Juli 1994 bis Juni 2000 bei dem T. K.. Sein letztes Spiel bestritt er im Februar 2000.

3

Am 19. März 2002 stellte er den Antrag auf Anerkennung eines Meniskusschadens des linken Knies als Berufskrankheit.

4

Vorausgegangen waren Verwaltungsverfahren, in denen die Beklagte es abgelehnt hatte, diesen Meniskusschaden als Folge zweier Ereignisse während der sportlichen Tätigkeit des Klägers in den Jahren 1994 und 1998, nach denen jeweils linksseitige Kniebeschwerden aufgetreten waren und operative Teilresektionen des linken Außenmeniskus erfolgt waren, anzuerkennen. Die anschließenden Rechtsstreitigkeiten vor dem Sozialgericht Kiel und dem Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht blieben ohne Erfolg für den Kläger, weil diese Gerichte nach Würdigung der Gutachten und Aussagen der von ihnen herangezogenen Sachverständigen zu dem Ergebnis gelangt waren, dass die Ereignisse der Jahre 1994 und 1998 nicht geeignet gewesen seien, zu einer traumatischen Meniskusschädigung zu führen.

5

Der Technischen Aufsichtsdienst der Beklagten bejahte in einer Stellungnahme vom 1.Oktober 2002 das Vorliegen der arbeits-technischen Voraussetzungen für das Entstehen einer Berufskrankheit nach der Ziffer 2102 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) bei einem Vertragshandballspieler wegen der mit der Spielweise beim Handball verbundenen überdurchschnittlichen Belastung durch häufig wiederkehrende erhebliche Bewegungsbeanspruchungen, insbesondere beim Laufen oder Springen mit häufigen Knick-, Scher- und Drehbewegungen.

6

Die Beklagte holte ein am 22. Januar 2003 nach Aktenlage erstattetes Gutachten des Arztes für Chirurgie Prof. Dr. B. ein. Er sah die medizinischen Voraussetzungen für eine Berufskrankheit als gegeben an und schätzte die dadurch bedingte MdE mit 20 v.H. auf Dauer seit Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit nach einer 2. Operation des linken Knies am 11. Juni 1998 ein. Alsdann holte die Beklagte ein weiteres ebenfalls nach Aktenlage am 19. Februar 2003 erstattetes Gutachten des Arztes für Chirurgie und Unfallchirurgie Dr. L. ein. Dieser gelangte darin zu der Beurteilung, dass eine Außenmeniskusschädigung bei einem Berufhandballspieler berufsbedingt möglich sei, aber weil den Unterlagen über die Operation im Jahre 1994, keine hinreichenden, insbesondere feingeweblichen, Befunde zu entnehmen seien, die eine degenerative Genese des Außenmeniskusschadendes stützen würden, dieser nicht als Berufskrankheit anzusehen sei.

7

Mit Bescheid vom 27.02.2003 lehnte die Beklagte alsdann die Anerkennung des Meniskusschadens des linken Knies als Berufskrankheit im Wesentlichen mit der Begründung ab, weil sich 1994 der Innenmeniskus als unauffällig dargestellt habe und bereits im März 1990 anlässlich einer Arthroskopie des rechten Kniegelenks dort eine Auffaserung des Außenmeniskushinterhorns diagnostiziert worden sei, sprächen die Befunde dafür, dass bei dem Kläger eine anlagebedingte Erkrankung beider Kniegelenke vorliege, die nicht durch berufliche Einwirkungen hervorgerufen worden sei.

8

Auf den Widerspruch des Klägers hin holte die Beklagte eine weitere gutachtliche Stellungnahme nach Aktenlage des Arztes für Chirurgie und Unfallchirurgie M. vom 23. Juni 2003 ein. Dieser kam zu dem Ergebnis, dass ein isolierter Außenmeniskusschaden bei völlig intaktem Innenmeniskus aus biomechanischer Sicht keine Berufskrankheit darstelle. Dem folgend wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 26.06.2003 zurück.

9

Am 22.07.2003 hat der Kläger Klage bei dem Sozialgericht Kiel erhoben mit dem Begehren, ihm unter Anerkennung eines Meniskusschadens des linken Knies als Berufskrankheit nach der Ziffer 2102 der Anlage zur BKV die gesetzlichen Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren.

10

Das Sozialgericht hat ein schriftliches Gutachten des Arztes für Chirurgie Dr. A. vom 20. 0ktober 2004, welches dieser nach Untersuchung des Klägers erstattet hat, eingeholt. Weiterhin hat es in einem Termin zur mündlichen Verhandlung vom 25. Mai 2005 den Arzt für Chirurgie Dr. S. als Sachverständigen auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG gehört. Die Beklagte hat sodann eine weitere Stellungnahme des genannten Herrn M. eingereicht. Alsdann hat das Sozialgericht eine schriftliche Stellungnahme Dr. S. eingeholt. In einem weiteren Termin zur mündlichen Verhandlung vom 29. November 2005 hat das Sozialgericht Dr. S. zur Erläuterung seines Gutachtens gehört. Mit Urteil von diesem Tage hat es die Beklagte unter Aufhebung ihrer o.g. Bescheide verurteilt, den Meniskusschaden des Klägers am linken Knie als Berufskrankheit nach der Ziffer 2102 der Anlage zur BKV anzuerkennen und ihm die gesetzlichen Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren. Zur Begründung dessen hat es sich im Wesentlichen auf das Gutachten Dr. S. gestützt.

11

Gegen dieses der Beklagten am 7. Dezember 2005 zugestellte Urteil richtet sich die am 27. Dezember 2005 bei dem Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingelegte Berufung. Zu deren Begründung macht die Beklagte, sich dazu auf ein von ihr während des Berufungsverfahrens eingeholtes „orthopädisches Zusammenhangsgutachten“ des Arztes für Orthopädie Dr. Sa. vom 3. März 2006 berufend, geltend, der nach dem Operationsprotokoll vom 12. August 1994 bei dieser ersten Operation am linken Knie des Klägers festgestellte Riss in der pars intermedia des Außenmeniskus mit fischmaulartiger Rissfortführung in das Vorderhorn stehe dem entgegen, eine BK der Nr. 2102 zu bejahen. Denn bei beruflichen Belastungen unterliege weit vordergründig das Meniskushinterhorn übermäßigen Beanspruchungen. Es sei deshalb unlogisch, diese BK zu bejahen, wenn der besonders beanspruchte Hinterhornanteil frei bleibe von Veränderungen und sich lediglich ein Schadensbild an den minderbelasteten Teilen des Außenmeniskus entwickele. Zudem sei nach epidemologischen Erkenntnissen von einer BK der Nr. 2102 weit überwiegend der Innen- und nicht der Außenmeniskus betroffen, der Außenmeniskus dagegen nur selten und auch nur begleitend zum Innenmeniskus. Die von dem Sachverständigen Dr. S. angeführte Literatur, wonach bei Sportlern zu einem Drittel der Außenmeniskus und nicht der Innenmeniskus betroffen sei, beziehe sich auf traumatische Meniskusschäden durch Unfälle und sei deshalb für die Frage, ob eine BK der Nr. 2102 vorliege, ohne jede Bedeutung. Mit seiner in der Berufungsverhandlung eingelegten Anschlussberufung hat der Kläger einen Anspruch auf Gewährung von Verletztenrente wegen der Folgen der BK 2102 für den Zeitraum vom 1. April 2004 bis 30. Juni 2005 geltend gemacht.

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Die Beklagte beantragt,

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das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 29. November 2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen sowie die Anschlussberufung des Klägers zurückzuweisen.

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Der Kläger beantragt,

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die Berufung der Beklagten zurückzuweisen und das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 29. November 2005 auf seine, des Klägers, Anschlussberufung hin abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm insbesondere eine Verletztenrente nach einer MdE um 20 v. H. ab dem 1. April 2004 bis einschließlich 30. Juni 2005 zu gewähren.

16

Seitens des Klägers ist eine Stellungnahme des ihn behandelnden Arztes für Chirurgie Dr. P. zu dem von der Beklagten eingereichtem o.g. Gutachten Dr. Sa.s eingereicht worden. In der Berufungsverhandlung ist als medizinischer Sachverständiger der Arzt für Orthopädie Dr. N. gehört worden. Dieser hat seine schriftlich vorbereitete Aussage am 2. Februar 2007 zu den Gerichtsakten gereicht. Zu dieser hat die Beklagte eine Stellungnahme des o.g. Herrn M. am 16. Februar 2007 zu den Gerichtsakten gereicht.

17

Neben den Gerichtsakten haben in der Berufungsverhandlung die den Kläger betreffenden Verwaltungsakten hinsichtlich der Feststellung einer Berufskrankheit vorgelegen. Auf diese Akten wird wegen weiterer Einzelheiten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die Berufung der Beklagten ist unbegründet.

19

Zu Recht hat das Sozialgericht die mit der Klage angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verurteilt, den Meniskusschaden am linken Knie als Berufskrankheit der Nr. 2102 der Anlage 1 zur BKV (BK 2102) anzuerkennen.

20

Zutreffend ist es hierbei auch davon ausgegangen, dass dafür, ob dieser Meniskusschaden als eine solche Berufskrankheit anzuerkennen ist, nach § 212 des Sozialgesetzbuchs, 7. Buch (SGB VII) noch § 551 Abs. 1 der Reichsversicherungsordnung gilt, weil als Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalls hier die Feststellung des Meniskusschadens im Jahre 1994 in Betracht kommt.

21

Für die Anerkennung einer Erkrankung als BK Nr. 2102 müssen folgende Tatbestandsmerkmale gegeben sein: Der Versicherte muss infolge seiner versicherten Tätigkeit mehrjährig andauernde oder häufig wiederkehrende, die Kniegelenke überdurchschnittlich belastenden Tätigkeiten, verrichtet haben. Bei ihm muss ein Meniskusschaden vorliegen, der aufgrund dieser versicherten Tätigkeit entstanden ist.

22

Bei dem Kläger liegt ein Meniskusschaden im linken Kniegelenk vor. Dieser wurde erstmals bei einer ersten Arthroskopie (Kniegelenkspiegelung) am 12. August 1994 festgestellt und in dem Bericht des Chirurgen Dr. Ma. beschrieben als „lappenbildender Riss in der pars intermedia und fischmaulartiger Rissfortführung in das Vorderhorn“. Anhand des bei dieser Operation gefertigten Videobandes haben die vom Sozialgericht herangezogenen Sachverständigen Dr. A. und Dr. S. unabhängig von einander übereinstimmend die Schädigung dieses Außenmeniskus beschrieben als einen vom Hinterhorn des Außenmeniskus ausgehenden großen lappenförmigen Riss, der sich fischmaulartig bis in das Vorderhorn fortsetzte. Dr. A. hat weiterhin eine insbesondere im Hinterhornbereich zu erkennende gelbliche myxoid-fibrillär wirkende Degenerationszone in der Nachbarschaft zu dem Lappenriss beschrieben. Die Befunde hat er als ausreichend dafür bewertet, auch ohne feingewebliche Untersuchung des entfernten Meniskusgewebes eine erhebliche degenerative Destruktion des Meniskus, welche sich im Verlauf mehrerer Monate, vielleicht Jahre abgespielt haben müsse, zu dokumentieren. Ebenso hat Dr. S. sowohl in seinem im vorangegangenen Rechtsstreit, der die Anerkennung des Meniskusschadens als Folge eines am 10. August 1994 erlittenen Arbeitsunfalls betraf, am 14. März 2002 erstatteten Gutachten, welches sich in den beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten befindet, als auch in seinem im nunmehrigen Rechtsstreit am 25. Mai 2005 erstatteten Gutachten diesen Meniskusschaden als trotz fehlender histologischer Untersuchung als eindeutig degenerativen, verschleißbedingten Schaden bezeichnet. In gleichem Sinne hatte im Übrigen bereits der beratende Arzt der Beklagten Dr. S. in einer sich in den Akten der Beklagten befindenden Stellungnahme anhand des genannten Operationsvideos den Meniskusschaden „als Außenmeniskuszerrüttung, vornehmlich im Hinterhornbereich und im Bereich der Pars intermedia… mit einer Quer- und Horizontalrissbildung sowie Ausfransungen im vorderen Abschnitt des Außenmeniskus“ beschrieben.

23

Dieser Meniskusschaden führte bereits seinerzeit zur vorübergehenden Behandlungsbedürftigkeit. In den folgenden Jahren wurden weitere, insbesondere arthroskopische, Untersuchungen und Behandlungen wegen eines Meniskusschadens nebst begleitender Knorpelschäden am rechten Knie erforderlich.

24

Das Vorliegen eines degenerativen, verschleißbedingten, Meniskusschadens bei dem Kläger steht damit fest. Dies ist auch, abgesehen von der gutachtlichen Stellungnahme Dr. L.s vom 19. Februar 2003, weder von einem der in diesem Rechtsstreit tätig gewordenen medizinischen Sachverständigen, noch in den im Verwaltungsverfahren und während des Rechtsstreits auf Veranlassung der Beklagten erstatteten Gutachten und gutachtlichen Stellungnahmen in Zweifel gezogen worden. Dr. L. hat zwar in der genannten Stellungnahme einen degenerativen Schaden des Außenmeniskus als mangels durchgeführter histologischer Untersuchung nicht hinreichend gesichert bezeichnet. Mit der Auswertung des Operationsvideos durch Dr. S. in dessen Gutachten vom 14. März 2002, welches ihm vorgelegen hatte, hat er sich allerdings ersichtlich nicht befasst.

25

Die versicherte Tätigkeit des Klägers als Berufssportler, Handballspieler in der 1. Bundesliga, vom 1. Juli 1989 bis 30. Juni 2000 war auch mit mehrjährigen andauernden, zumindest aber häufig wiederkehrenden, die Kniegelenke überdurchschnittlich belastenden Tätigkeiten verbunden. Dies ergibt sich nicht nur allgemein aus der Erwähnung auch der Handballspieler im Hochleistungssport unter den i.S. der BK 2102 gefährdeten Personengruppen (z. B. bei Schönberger, Mehrtens, Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Aufl., S. 708), sondern wird auch konkret durch den von der Beklagten eingeholten Ermittlungsbericht des Technischen Aufsichtsbeamten Schadow zu den arbeitstechnischen Voraussetzungen bestätigt. Dort sind als belastende Tätigkeiten das Training (4-5 Stunden täglich) sowie der Spielbetrieb aufgeführt. Weiterhin wird dargelegt, dass die Spielweise beim Handball mit einer überdurchschnittlichen Belastung der Kniegelenke durch häufig wiederkehrende erhebliche Bewegungsbeanspruchungen, insbesondere beim Laufen oder Springen mit häufigen Knick-, Scher- oder Drehbewegungen verbunden sei. Zwar finde der Spielbetrieb nicht auf grob unebener Unterlage statt, der stumpfe Hallenboden stelle aber eine dem mindestens gleichwertige Belastungskomponente dar. Die arbeitstechnischen Voraussetzungen für das Entstehen der BK 2102 hätten deshalb vorgelegen.

26

Das Erfordernis der Mehrjährigkeit der Tätigkeit war auch bereits im August 1994 erfüllt. Der Kläger war zum Zeitpunkt der erstmaligen Feststellung des Meniskusschadens im linken Kniegelenk bereits seit 5 Jahren Handballspieler in der 1. Bundesliga.

27

Daraus folgt allerdings nicht, im Sinne eines Anscheinsbeweises, die widerlegliche tatsächliche Vermutung, dass allein deshalb zunächst von einer Verursachung des bestehenden Meniskusschadens durch diese Tätigkeit auszugehen wäre und diese Kausalität der Widerlegung durch Feststellung einer anderen Ursache des Meniskusschadens bedürfte. Vielmehr gilt für die Beurteilung des Zusammenhangs zwischen versicherter Einwirkung und Erkrankung bei einer BK ebenso wie beim Arbeitsunfall die Theorie der wesentlichen Bedingung, denn der Ursachenbegriff im BK-Recht kann kein anderer sein als im allgemeinen Recht des Arbeitsunfalls (so schon BSGE 2, 178, 181; BSG vom 28. Juni 1991 2 RU 59/90; BSG vom 22. März 1983 2 RU 22/81). Nach der Theorie der wesentlichen Bedingung genügt abweichend von einer naturwissenschaftlich-philosophischen Kausalitätsbetrachtung nach der Bedingungs- oder Äquivalenztheorie („conditio sine qua non“) nicht jedes Glied in einer Ursachenkette, um die Verursachung zu bejahen, weil dies zu einem unendlichen Ursachenzusammenhang führt. Als kausal und im Sozialrecht erheblich werden vielmehr nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zu dem Gesundheitsschaden zu dessen Eintritt „wesentlich“ beigetragen haben. Das heißt, dass nicht jeder Gesundheitsschaden, der durch ein Ereignis naturwissenschaftlich verursacht wird, im Sozialrecht als Folge eines Arbeitsunfalls oder einer BK anerkannt wird, sondern nur derjenige, der „wesentlich“ durch das Ereignis verursacht wurde. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besonderen Beziehungen der Ursache zum Eintritt des Gesundheitsschadens abgeleitet werden. Was den anzuwendenden Beweismaßstab anbelangt, gelten für das Vorliegen des Ursachenzusammenhangs verminderte Anforderungen. Während für die Grundlagen der Ursachenbeurteilung - wie versicherte Tätigkeit, Einwirkung, Erkrankung - eine an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit erforderlich ist, genügt für den Zusammenhang zwischen Einwirkung und Erkrankung aufgrund der mit der zumeist medizinischen Beurteilung dieses Zusammenhangs bestehenden tatsächlichen Schwierigkeiten eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (BSGE 19, 52; 32, 203, 209; 45, 285, 287). Diese liegt vor, wenn bei vernünftiger Abwägung aller Umstände die für den wesentlichen Ursachenzusammenhang sprechenden so stark überwiegen, dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann und ernste Zweifel ausscheiden; die bloße Möglichkeit einer wesentlichen Verursachung genügt nicht (BSG SozR Nr. 41 zu § 128 SGG; BSG SozR Nr. 20 zu § 542 RVO aF; BSGE 19, 52, 56; BSG SozR 3-1300 § 48 Nr. 67).

28

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist der Senat ebenso wie das Sozialgericht nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens, § 128 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zu der Überzeugung gelangt, dass der Meniskusschaden im linken Kniegelenk des Klägers durch dessen die Kniegelenke überdurchschnittlich belastende versicherte Tätigkeit als berufsmäßiger Handballspieler im Grade der Wahrscheinlichkeit wesentlich verursacht ist.

29

Er folgt damit den Darlegungen des vom Sozialgericht herangezogenen chirurgischen Sachverständigen Dr. S. und des im Berufungsverfahren gehörten orthopädischen Sachverständigen Dr. N. Dr. S. hat den Meniskusschaden des Klägers deshalb als mit Wahrscheinlichkeit wesentlich durch die versicherte Tätigkeit verursacht angesehen, weil mit dieser häufige Knick- Scher- und Verdrehbelastungen und Mikrotraumatisierungen der Kniegelenke verbunden seien und für irgendeine Schadensanlage bei dem Kläger nichts spreche. Weiterhin hat er darauf hingewiesen, dass Berufssportler, wie Fuß- und Handballspieler, die mit operationspflichtigen Meniskusschäden sich in chirurgische oder orthopädische Behandlung begäben, regelmäßig im Alter um das 30. Lebensjahr seien. Dr. N. hat insbesondere den für einen Außenspieler beim Handball typischen Sprung- und Landebelastungen beim Wurf aufs Tor eine besondere Bedeutung beigemessen, namentlich auch im Sinne einer Erklärung dafür, warum bei dem als Rechtsaußen spielendem Kläger am Außenmeniskus des linken Knies sich der Meniskusschaden bemerkbar gemacht hat. Ebenso hat auch bereits der erste von der Beklagten im Verwaltungsverfahren zur Frage der BK 2102 herangezogene Gutachter Prof. B. deren Anerkennung empfohlen.

30

Verneint haben die Wahrscheinlichkeit dieses ursächlichen Zusammenhangs ausdrücklich, wenngleich mit untereinander erheblich divergierenden Begründungen, der vom Sozialgericht zunächst herangezogene chirurgische Sachverständige Dr. A. in seinem - von Prof. La. mit unterzeichnetem - Gutachten sowie die im Verwaltungsverfahren von der Beklagten mit gutachtliche Stellungnahmen nach Aktenlage herangezogenen Chirurgen und Unfallchirurgen Dr. L. sowie M.. Zudem haben sich letzterer und der Orthopäde Dr. Sa. auch in ihren mehrfachen von der Beklagten im gerichtlichen Verfahren beigebrachten Gutachten bzw. gutachtlichen Stellungnahmen, die als sog. qualifiziertes Beteiligtenvorbringen zu werten sind, in diesem Sinne geäußert.

31

Dr. A. hat sich aus zwei Gründen gegen diesen ursächlichen Zusammenhang ausgesprochen. Vorrangig deshalb, weil bereits im Jahre 1990 ein Meniskusschaden im rechten Kniegelenk des Klägers festgestellt worden sei, zum anderen aber auch deshalb, weil bei der Arthroskopie im August 1994 bei der arthroskopischen Untersuchung, nach ihrer Auswertung des Operationsvideos, der ganze Außenmeniskus des linken Beins des Klägers geschädigt gewesen sei. Letzteres sei nicht belastungskonform mit der Tätigkeit des Handballspielers. Der Blick in die Gelenkskinematik und Biomechanik zeige, dass Sprungbelastungen nicht geeignet seien, eine isolierte Degeneration des Außenmeniskushinterhorns, -seithorns und –vorderhorns gleichermaßen zu verursachen. Der Orthopäde Dr. Sa. hat, wenngleich in der Verneinung einer BK 2102 mit diesem Sachverständigen übereinstimmend, die im Jahre 1990 festgestellte Auffaserung des Außenmeniskus im rechten Kniegelenk als altersentsprechenden Normalbefund bezeichnet, aber als besonders gewichtiges Argument gegen die BK 2102 die Nichtbetroffenheit des Hinterhorns des Außenmeniskus im linken Knie des Klägers angeführt. Auch die Sachverständigen Dr. S. und Dr. N. haben den Befund am rechten Kniegelenk aus dem Jahre 1990 ebenso eingeordnet wie Dr. Sa.. Der Senat entnimmt dem, dass der Befund aus dem Jahre 1990 am rechten Knie keine irgendwie gesicherte Bedeutung für die Kausalitätsbeurteilung hat. Dr. Sa.s Hauptargument gegen das Vorliegen einer BK 2102, die Nichtbetroffenheit des Hinterhorns des linken Außenmeniskus, entbehrt, wie dargetan, der tatsächlichen Grundlage.

32

Eine tatsächliche Grundlage fehlt aber auch für Dr. A. Darlegungen dazu, dass Sprungbelastungen nicht geeignet seien, eine vollständige Degeneration des gesamten Außenmeniskus zu verursachen. Dr. S. ist dem überzeugend entgegengetreten mit dem Hinweis darauf, dass das Handballspiel keineswegs nur Sprungbelastungen mit sich bringt, sondern sehr komplexe Kniegelenksbelastungen.

33

Damit verbleibt als in diesem Verfahren von Sachverständigen und weiteren zu gutachtlichen Äußerungen herangezogenen Medizinern vorgebrachtes Argument gegen eine wesentliche (Mit-) Ursächlichkeit der versicherten Tätigkeit des Klägers die vornehmlich von dem Chirurgen M. vorgetragene Auffassung, eine isolierte Schädigung eines Außenmeniskus sei generell nicht vereinbar mit einer BK 2102. Zunächst hatte er diese Auffassung vertreten in seiner im Verwaltungsverfahren von der Beklagten eingeholten „gutachtlichen Stellungnahme“ zu der abstrakt gestellten Frage, „ob bei einem Berufshandballspieler, mit entsprechend langjähriger Belastung eine BK i.S. BK-Nr. 2102 darstellen könne, wenn gleichzeitig der Innenmeniskus im selben Kniegelenk über Jahre ohne Befund – also völlig unauffällig – sei“. An dieser Auffassung hat er in seinen von der Beklagten im gerichtlichen Verfahren beigebrachten „Gutachten“ vom 22. Juni 2005 und „gutachtlichen Stellungnahme“ vom 13. Februar 2007 festgehalten. Auch wenn sich der Orthopäde Dr. Sa., zusätzlich zu seinem auf der verfehlten Annahme einer Nichtbetroffenheit des Hinterhorns des linken Außenmeniskus beruhendem Hauptargument, dem in seinen im Berufungsverfahren beigebrachten Ausführungen angeschlossen hat, überzeugt dieses Argument dagegen, dass bei dem Kläger eine BK 2102 vorliegt, den Senat ebenso wenig wie bereits das Sozialgericht. Dieses hat in diesem Zusammenhang auf L., Lehmann, Schürmann, Kursbuch der ärztlichen Begutachtung, III-1.14.13.3 S.17 verwiesen. „L.“ in diesem Werk hat auch M. in seiner gutachtlichen Stellungnahme vom 23. Juni 2003 ausführlich zitiert. Dr. L. hat allerdings eben auch speziell im die Feststellung einer BK 2102 bei dem Kläger betreffenden Verwaltungsverfahren sich mit seiner gutachtlichen Stellungnahme vom 19. Februar 2003 geäußert und dort ausgeführt, das Schadensbild sei belastungsinduziert nicht sehr typisch. Verändert seien der mittlere und vordere Anteil des Außenmeniskus gewesen. Zwar gebe es bei der rauhen Bewegungsbeanspruchung als Schadensursache keine bevorzugte Belastung, wie dies bei der Belastung durch eine belastende Dauerzwangshaltung der Fall sei. Dennoch seien der vordere und mittlere Anteil des Außenmeniskus nur geringer belastet und geringer gefährdet, als dies z.B. für das Außenmeniskushinterhorn und für den Innenmeniskus der Fall sei.

34

Das linke Außenmeniskushinterhorn hat sich jedoch eben hinreichend, außerhalb vernünftiger Zweifel, bereits bei der Operation am 12. August 1994 als geschädigt erwiesen, wie oben dargetan. Der Chirurg M. stellt nun wiederum, jedenfalls im Ergebnis, die Hypothese in den Raum, es sei gleichgültig, in welcher Weise und in welchem Umfang der Außenmeniskus betroffen sei. Es komme vielmehr sowohl bei überdurchschnittlichen Kniegelenksbelastungen durch Dauerzwangshaltungen, als auch bei solchen durch Bewegungsbelastungen nie eine isolierte Außenmeniskusschädigung als belastungskonform i.S. der BK 2102 in Betracht, weil die Innenmenisken generell schädigungsanfälliger als die Außenmenisken seien. Dazu bezieht er sich insbesondere auf epidemologisch-statistische Untersuchungen zu Bergarbeitern und Rangierern, wonach bei diesen die Innenmeniskusschäden die Außenmeniskusschäden im Verhältnis 36-18 zu 1 überwiegen sollen und macht geltend, die „Väter“ der BK 2101 hätten darauf hingewiesen, dass die Meniskusschäden bei Sportlern sich nicht von denen der Bergleute unterscheiden würden.

35

Den speziell auf die Belastungen durch sportliche Betätigungen bezogenen Einwenden Dr. S. und des seitens des Klägers „privatgutachtlich“ herangezogenen Orthopäden Dr. P. hiergegen, in denen diese auf ein anhand arthroskopischer Untersuchungen bei sportlich aktiven Menschen in jüngerer Zeit ermitteltes Überwiegen von Innenmeniskusschäden im gegenüber Außenmeniskusschäden Verhältnis von nur 3 zu 1 hingewiesen haben, ist wiederum Dr. Sa. entgegengetreten. Er hat geltend gemacht, dass diese Untersuchungen sich auf traumatische Verletzungen der Menisken bezögen und deshalb für Erkrankungen i.S. der BK 2102 ohne Aussagewert seien. Letzteres vermag den Senat allerdings nicht zu überzeugen, nämlich insbesondere deshalb nicht, weil, wie Dr. S. dargelegt hat, die Gefährdungen der Menisken bei Sportlern, insbesondere Hochleistungssportlern und namentlich Berufshandballspielern, sich als Gefährdungen durch eine Vielzahl von Mikrotraumen darstellen. Dass letztere ebenso wie einzelne schwererwiegende Traumen auch, je nach Art der Belastung durch die jeweilige sportliche Betätigung, bevorzugt auch die Außenmenisken belasten können, ist überzeugend.

36

Der vom Senat gehörte Sachverständige Dr. N. hat sich in diesem Sinne insbesondere mit den speziellen Belastungen der Kniegelenke durch die stets vom Kläger bei der versicherten Tätigkeit im Spielbetrieb eingenommene Position als Rechtsaußen befasst. Er hat dargelegt, dass gerade der typische Sprung- und Landvorgang beim Torwurf in dieser Position bei Aufkommen mit innenrotiertem linken Unterschenkel den Außenmeniskus des linken Knies besonders belastet. Dass es sich dabei um einen physiologischen und lebensgerechten Vorgang handele, wie der Chirurg M. demgegenüber in seiner von der Beklagten beigebrachten letzten Stellungnahme geltend gemacht hat, steht dem nicht entgegen. Vielmehr geht es dabei um eine sich häufig wiederholende Belastung speziell des linken Außenmeniskus, die hinzukommt zu den vielen generell die Kniegelenke überdurchschnittlich belastenden Vorgänge beim berufsmäßig ausgeübten Handballsport. Unter Mitberücksichtigung dessen, dass selbstverständlich diese Wurftechnik beim Training immer wieder geübt wird, überzeugt den Senat diese Erklärung Dr. N.s dafür, dass der Schaden am linken Außenmeniskus zu Tage getreten ist.

37

Die weiteren Einwendungen des Chirurgen M. in dieser Stellungnahme beziehen sich nunmehr darauf, dass über derartige Außenmeniskusschäden im Kollektiv der Handballspieler nicht berichtet wird. Das Kollektiv der Berufshandballsportler ist allerdings recht klein. Es gibt sie in Deutschland nur in der Bundesliga. Zudem ist ganz generell davon auszugehen, dass eben keineswegs regelhaft die Angehörigen der Berufsgruppen, die belastende Tätigkeiten i.S. der BK 2102 verrichten, an dieser Berufskrankheit auch erkranken. Speziell zu ihr ist bei Schönberger, Mehrtens, a.a.O. S. 707 ausgeführt, es handele sich bei dem Krankheitsbild um eine richtunggebende Verschlimmerung körpereigener Minderbelastbarkeit durch berufliche Einwirkungen, die bei entsprechender Belastung auftreten könne, nicht ohne weiteres in der Regel aufzutreten pflege oder gar auftreten müsse.

38

Die Versicherung gegen Berufskrankheiten umfasst auch Personen, die entsprechende Minderbelastbarkeiten aufweisen. Wesentliche (Mit-)Ursache ist die entsprechende berufliche Belastung dann, wenn die überwiegenden Gründe dafür sprechen, dass diese Erkrankung zu Tage getreten ist. Sie ist es hingegen nicht, wenn die relative Minderbelastbarkeit bereits die Qualität einer „Krankheitsanlage“ gehabt hätte, bei der auch ohne die berufliche Belastung als mitwirkendem Faktor das Schadensbild ähnlich zu Tage getreten wäre.

39

Eine derartige Krankheitsanlage ist allerdings von keinem der Sachverständigen und sonstigen Mediziner, die sich in diesem Verfahren geäußert haben, vorgebracht worden, sondern durchweg als nicht feststellbar bezeichnet worden. Die diversen in diesem Verfahren einschließlich des Verwaltungsverfahrens vorgebrachten Argumente dagegen, dass der Schaden des Klägers am linken Außenmeniskus durch seine bis zum August 1994 bereits fünfjährige Tätigkeit als Berufhandballsportler wesentlich (mit-)verursacht worden ist, überzeugen aus oben genannten Gründen nicht. Es ergeben sich aus ihnen keine ernsten Zweifel an diesem Ursachenzusammenhang. Die Wahrscheinlichkeit des relevanten Ursachenzusammenhangs i.S. der Theorie der wesentlichen Bedingung ist zur Überzeugung des Senats gegeben.

40

Die zulässige – unselbständige - Anschlussberufung des Klägers ist begründet.

41

Das Sozialgericht hat die Beklagte nicht zur Gewährung einer Verletztenrente verurteilt. Dem Leistungsteil des Tenors seiner Entscheidung, nämlich - neben der Verurteilung der Beklagten zur Anerkennung der BK 2102 – deren Verurteilung zur Gewährung der gesetzlichen Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung, ist gerade dies, auch nur dem Grunde nach, also i.S. eines Grundurteils nach § 130 Abs. 1 SGG, nicht zu entnehmen. Allerdings hat das Sozialgericht mit dem Urteilstenor, dem seinerzeit gestellten Klagantrag im vollen Umfang entsprochen. Mit den in im Berufungsverfahren seitens des Klägers gestellten Sachanträgen ist neben der Anschlussberufung aber nunmehr auch eine zulässige Klagerweiterung i.S. des § 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG erfolgt.

42

Diesem mit der Anschlussberufung geltend gemachten Begehren ist zu entsprechen. In dem Zeitraum vom 1. April 2004 bis zum 30. Juni 2005 bestand bei dem Kläger eine rezidivierende Synovialitis, wie durch die Berichte der den Kläger in diesem Zeitraum behandelnden Ärzte, des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. Ba. und des genannten Orthopäden Dr. P., belegt. Dieses Krankheitsbild ist, wie übereinstimmend die Sachverständigen Dr. S. und Dr. N. ausgeführt haben, Folge der Berufskrankheit der Nr. 2102. Letztlich übereinstimmend haben sie es mit einer MdE von 20 v.H. bewertet. Diese Bewertung steht im Einklang mit den Erfahrungswerten, die bei Schönberger, Mehrtens, Valentin a.a.O. S. 742 für eine derartige Erkrankung angegeben sind, und zwar dem dortigen untersten Wert. Dr. N. hat klargestellt, dass diese Erkrankung allerdings nur bis einschließlich des Monats Juni 2005 in dieser Form bestand.

43

Daraus ergibt sich für den Zeitraum vom 1. April 2004 bis zum 30. Juni 2005 nach § 56 Abs. 1 S. 1 des SGB VII der im Wege der Klagerweiterung auch nur geltend gemachte Anspruch auf Verletztenrente nach einem Grad der MdE von 20 v.H.

44

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 und Abs. 4 SGG.

45

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision durch den Senat nach § 160 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG sind nicht erfüllt.


(1) Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung wird ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann dabei bestimmen, daß die Krankheiten nur dann Berufskrankheiten sind, wenn sie durch Tätigkeiten in bestimmten Gefährdungsbereichen verursacht worden sind. In der Rechtsverordnung kann ferner bestimmt werden, inwieweit Versicherte in Unternehmen der Seefahrt auch in der Zeit gegen Berufskrankheiten versichert sind, in der sie an Land beurlaubt sind.

(1a) Beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ein Ärztlicher Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten gebildet. Der Sachverständigenbeirat ist ein wissenschaftliches Gremium, das das Bundesministerium bei der Prüfung der medizinischen Erkenntnisse zur Bezeichnung neuer und zur Erarbeitung wissenschaftlicher Stellungnahmen zu bestehenden Berufskrankheiten unterstützt. Bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin wird eine Geschäftsstelle eingerichtet, die den Sachverständigenbeirat bei der Erfüllung seiner Arbeit organisatorisch und wissenschaftlich, insbesondere durch die Erstellung systematischer Reviews, unterstützt. Das Nähere über die Stellung und die Organisation des Sachverständigenbeirats und der Geschäftsstelle regelt die Bundesregierung in der Rechtsverordnung nach Absatz 1.

(2) Die Unfallversicherungsträger haben eine Krankheit, die nicht in der Rechtsverordnung bezeichnet ist oder bei der die dort bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen, wie eine Berufskrankheit als Versicherungsfall anzuerkennen, sofern im Zeitpunkt der Entscheidung nach neuen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft die Voraussetzungen für eine Bezeichnung nach Absatz 1 Satz 2 erfüllt sind.

(2a) Krankheiten, die bei Versicherten vor der Bezeichnung als Berufskrankheiten bereits entstanden waren, sind rückwirkend frühestens anzuerkennen

1.
in den Fällen des Absatzes 1 als Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die Bezeichnung in Kraft getreten ist,
2.
in den Fällen des Absatzes 2 wie eine Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die neuen Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft vorgelegen haben; hat der Ärztliche Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten eine Empfehlung für die Bezeichnung einer neuen Berufskrankheit beschlossen, ist für die Anerkennung maßgebend der Tag der Beschlussfassung.

(3) Erkranken Versicherte, die infolge der besonderen Bedingungen ihrer versicherten Tätigkeit in erhöhtem Maße der Gefahr der Erkrankung an einer in der Rechtsverordnung nach Absatz 1 genannten Berufskrankheit ausgesetzt waren, an einer solchen Krankheit und können Anhaltspunkte für eine Verursachung außerhalb der versicherten Tätigkeit nicht festgestellt werden, wird vermutet, daß diese infolge der versicherten Tätigkeit verursacht worden ist.

(3a) Der Unfallversicherungsträger erhebt alle Beweise, die zur Ermittlung des Sachverhalts erforderlich sind. Dabei hat er neben den in § 21 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Beweismitteln auch Erkenntnisse zu berücksichtigen, die er oder ein anderer Unfallversicherungsträger an vergleichbaren Arbeitsplätzen oder zu vergleichbaren Tätigkeiten gewonnen hat. Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen die Ermittlungen zu den Einwirkungen während der versicherten Tätigkeit dadurch erschwert sind, dass der Arbeitsplatz des Versicherten nicht mehr oder nur in veränderter Gestaltung vorhanden ist. Die Unfallversicherungsträger sollen zur Erfüllung der Aufgaben nach den Sätzen 2 und 3 einzeln oder gemeinsam tätigkeitsbezogene Expositionskataster erstellen. Grundlage für diese Kataster können die Ergebnisse aus systematischen Erhebungen, aus Ermittlungen in Einzelfällen sowie aus Forschungsvorhaben sein. Die Unfallversicherungsträger können außerdem Erhebungen an vergleichbaren Arbeitsplätzen durchführen.

(4) Besteht für Versicherte, bei denen eine Berufskrankheit anerkannt wurde, die Gefahr, dass bei der Fortsetzung der versicherten Tätigkeit die Krankheit wiederauflebt oder sich verschlimmert und lässt sich diese Gefahr nicht durch andere geeignete Mittel beseitigen, haben die Unfallversicherungsträger darauf hinzuwirken, dass die Versicherten die gefährdende Tätigkeit unterlassen. Die Versicherten sind von den Unfallversicherungsträgern über die mit der Tätigkeit verbundenen Gefahren und mögliche Schutzmaßnahmen umfassend aufzuklären. Zur Verhütung einer Gefahr nach Satz 1 sind die Versicherten verpflichtet, an individualpräventiven Maßnahmen der Unfallversicherungsträger teilzunehmen und an Maßnahmen zur Verhaltensprävention mitzuwirken; die §§ 60 bis 65a des Ersten Buches gelten entsprechend. Pflichten der Unternehmer und Versicherten nach dem Zweiten Kapitel und nach arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften bleiben hiervon unberührt. Kommen Versicherte ihrer Teilnahme- oder Mitwirkungspflicht nach Satz 3 nicht nach, können die Unfallversicherungsträger Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder die Leistung einer danach erstmals festzusetzenden Rente wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit oder den Anteil einer Rente, der auf eine danach eingetretene wesentliche Änderung im Sinne des § 73 Absatz 3 zurückgeht, bis zur Nachholung der Teilnahme oder Mitwirkung ganz oder teilweise versagen. Dies setzt voraus, dass infolge der fehlenden Teilnahme oder Mitwirkung der Versicherten die Teilhabeleistungen erforderlich geworden sind oder die Erwerbsminderung oder die wesentliche Änderung eingetreten ist; § 66 Absatz 3 und § 67 des Ersten Buches gelten entsprechend.

(5) Soweit Vorschriften über Leistungen auf den Zeitpunkt des Versicherungsfalls abstellen, ist bei Berufskrankheiten auf den Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder der Behandlungsbedürftigkeit oder, wenn dies für den Versicherten günstiger ist, auf den Beginn der rentenberechtigenden Minderung der Erwerbsfähigkeit abzustellen.

(6) Die Bundesregierung regelt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates

1.
Voraussetzungen, Art und Umfang von Leistungen zur Verhütung des Entstehens, der Verschlimmerung oder des Wiederauflebens von Berufskrankheiten,
2.
die Mitwirkung der für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen bei der Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufskrankheiten zu entschädigen sind; dabei kann bestimmt werden, daß die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen berechtigt sind, Zusammenhangsgutachten zu erstellen sowie zur Vorbereitung ihrer Gutachten Versicherte zu untersuchen oder auf Kosten der Unfallversicherungsträger andere Ärzte mit der Vornahme der Untersuchungen zu beauftragen,
3.
die von den Unfallversicherungsträgern für die Tätigkeit der Stellen nach Nummer 2 zu entrichtenden Gebühren; diese Gebühren richten sich nach dem für die Begutachtung erforderlichen Aufwand und den dadurch entstehenden Kosten.

(7) Die Unfallversicherungsträger haben die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständige Stelle über den Ausgang des Berufskrankheitenverfahrens zu unterrichten, soweit ihre Entscheidung von der gutachterlichen Stellungnahme der zuständigen Stelle abweicht.

(8) Die Unfallversicherungsträger wirken bei der Gewinnung neuer medizinisch-wissenschaftlicher Erkenntnisse insbesondere zur Fortentwicklung des Berufskrankheitenrechts mit; sie sollen durch eigene Forschung oder durch Beteiligung an fremden Forschungsvorhaben dazu beitragen, den Ursachenzusammenhang zwischen Erkrankungshäufigkeiten in einer bestimmten Personengruppe und gesundheitsschädlichen Einwirkungen im Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit aufzuklären. Die Verbände der Unfallversicherungsträger veröffentlichen jährlich einen gemeinsamen Bericht über ihre Forschungsaktivitäten und die Forschungsaktivitäten der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung. Der Bericht erstreckt sich auf die Themen der Forschungsvorhaben, die Höhe der aufgewendeten Mittel sowie die Zuwendungsempfänger und Forschungsnehmer externer Projekte.

(9) Die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen dürfen zur Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufskrankheiten zu entschädigen sind, Daten verarbeiten sowie zur Vorbereitung von Gutachten Versicherte untersuchen, soweit dies im Rahmen ihrer Mitwirkung nach Absatz 6 Nr. 2 erforderlich ist; sie dürfen diese Daten insbesondere an den zuständigen Unfallversicherungsträger übermitteln. Die erhobenen Daten dürfen auch zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren gespeichert, verändert, genutzt, übermittelt oder in der Verarbeitung eingeschränkt werden. Soweit die in Satz 1 genannten Stellen andere Ärzte mit der Vornahme von Untersuchungen beauftragen, ist die Übermittlung von Daten zwischen diesen Stellen und den beauftragten Ärzten zulässig, soweit dies im Rahmen des Untersuchungsauftrages erforderlich ist.

Bei Berufskrankheiten gilt für die Berechnung des Jahresarbeitsverdienstes als Zeitpunkt des Versicherungsfalls der letzte Tag, an dem die Versicherten versicherte Tätigkeiten verrichtet haben, die ihrer Art nach geeignet waren, die Berufskrankheit zu verursachen, wenn diese Berechnung für die Versicherten günstiger ist als eine Berechnung auf der Grundlage des in § 9 Abs. 5 genannten Zeitpunktes. Dies gilt ohne Rücksicht darauf, aus welchen Gründen die schädigende versicherte Tätigkeit aufgegeben worden ist.

(1) Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung wird ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann dabei bestimmen, daß die Krankheiten nur dann Berufskrankheiten sind, wenn sie durch Tätigkeiten in bestimmten Gefährdungsbereichen verursacht worden sind. In der Rechtsverordnung kann ferner bestimmt werden, inwieweit Versicherte in Unternehmen der Seefahrt auch in der Zeit gegen Berufskrankheiten versichert sind, in der sie an Land beurlaubt sind.

(1a) Beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ein Ärztlicher Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten gebildet. Der Sachverständigenbeirat ist ein wissenschaftliches Gremium, das das Bundesministerium bei der Prüfung der medizinischen Erkenntnisse zur Bezeichnung neuer und zur Erarbeitung wissenschaftlicher Stellungnahmen zu bestehenden Berufskrankheiten unterstützt. Bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin wird eine Geschäftsstelle eingerichtet, die den Sachverständigenbeirat bei der Erfüllung seiner Arbeit organisatorisch und wissenschaftlich, insbesondere durch die Erstellung systematischer Reviews, unterstützt. Das Nähere über die Stellung und die Organisation des Sachverständigenbeirats und der Geschäftsstelle regelt die Bundesregierung in der Rechtsverordnung nach Absatz 1.

(2) Die Unfallversicherungsträger haben eine Krankheit, die nicht in der Rechtsverordnung bezeichnet ist oder bei der die dort bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen, wie eine Berufskrankheit als Versicherungsfall anzuerkennen, sofern im Zeitpunkt der Entscheidung nach neuen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft die Voraussetzungen für eine Bezeichnung nach Absatz 1 Satz 2 erfüllt sind.

(2a) Krankheiten, die bei Versicherten vor der Bezeichnung als Berufskrankheiten bereits entstanden waren, sind rückwirkend frühestens anzuerkennen

1.
in den Fällen des Absatzes 1 als Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die Bezeichnung in Kraft getreten ist,
2.
in den Fällen des Absatzes 2 wie eine Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die neuen Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft vorgelegen haben; hat der Ärztliche Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten eine Empfehlung für die Bezeichnung einer neuen Berufskrankheit beschlossen, ist für die Anerkennung maßgebend der Tag der Beschlussfassung.

(3) Erkranken Versicherte, die infolge der besonderen Bedingungen ihrer versicherten Tätigkeit in erhöhtem Maße der Gefahr der Erkrankung an einer in der Rechtsverordnung nach Absatz 1 genannten Berufskrankheit ausgesetzt waren, an einer solchen Krankheit und können Anhaltspunkte für eine Verursachung außerhalb der versicherten Tätigkeit nicht festgestellt werden, wird vermutet, daß diese infolge der versicherten Tätigkeit verursacht worden ist.

(3a) Der Unfallversicherungsträger erhebt alle Beweise, die zur Ermittlung des Sachverhalts erforderlich sind. Dabei hat er neben den in § 21 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Beweismitteln auch Erkenntnisse zu berücksichtigen, die er oder ein anderer Unfallversicherungsträger an vergleichbaren Arbeitsplätzen oder zu vergleichbaren Tätigkeiten gewonnen hat. Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen die Ermittlungen zu den Einwirkungen während der versicherten Tätigkeit dadurch erschwert sind, dass der Arbeitsplatz des Versicherten nicht mehr oder nur in veränderter Gestaltung vorhanden ist. Die Unfallversicherungsträger sollen zur Erfüllung der Aufgaben nach den Sätzen 2 und 3 einzeln oder gemeinsam tätigkeitsbezogene Expositionskataster erstellen. Grundlage für diese Kataster können die Ergebnisse aus systematischen Erhebungen, aus Ermittlungen in Einzelfällen sowie aus Forschungsvorhaben sein. Die Unfallversicherungsträger können außerdem Erhebungen an vergleichbaren Arbeitsplätzen durchführen.

(4) Besteht für Versicherte, bei denen eine Berufskrankheit anerkannt wurde, die Gefahr, dass bei der Fortsetzung der versicherten Tätigkeit die Krankheit wiederauflebt oder sich verschlimmert und lässt sich diese Gefahr nicht durch andere geeignete Mittel beseitigen, haben die Unfallversicherungsträger darauf hinzuwirken, dass die Versicherten die gefährdende Tätigkeit unterlassen. Die Versicherten sind von den Unfallversicherungsträgern über die mit der Tätigkeit verbundenen Gefahren und mögliche Schutzmaßnahmen umfassend aufzuklären. Zur Verhütung einer Gefahr nach Satz 1 sind die Versicherten verpflichtet, an individualpräventiven Maßnahmen der Unfallversicherungsträger teilzunehmen und an Maßnahmen zur Verhaltensprävention mitzuwirken; die §§ 60 bis 65a des Ersten Buches gelten entsprechend. Pflichten der Unternehmer und Versicherten nach dem Zweiten Kapitel und nach arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften bleiben hiervon unberührt. Kommen Versicherte ihrer Teilnahme- oder Mitwirkungspflicht nach Satz 3 nicht nach, können die Unfallversicherungsträger Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder die Leistung einer danach erstmals festzusetzenden Rente wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit oder den Anteil einer Rente, der auf eine danach eingetretene wesentliche Änderung im Sinne des § 73 Absatz 3 zurückgeht, bis zur Nachholung der Teilnahme oder Mitwirkung ganz oder teilweise versagen. Dies setzt voraus, dass infolge der fehlenden Teilnahme oder Mitwirkung der Versicherten die Teilhabeleistungen erforderlich geworden sind oder die Erwerbsminderung oder die wesentliche Änderung eingetreten ist; § 66 Absatz 3 und § 67 des Ersten Buches gelten entsprechend.

(5) Soweit Vorschriften über Leistungen auf den Zeitpunkt des Versicherungsfalls abstellen, ist bei Berufskrankheiten auf den Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder der Behandlungsbedürftigkeit oder, wenn dies für den Versicherten günstiger ist, auf den Beginn der rentenberechtigenden Minderung der Erwerbsfähigkeit abzustellen.

(6) Die Bundesregierung regelt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates

1.
Voraussetzungen, Art und Umfang von Leistungen zur Verhütung des Entstehens, der Verschlimmerung oder des Wiederauflebens von Berufskrankheiten,
2.
die Mitwirkung der für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen bei der Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufskrankheiten zu entschädigen sind; dabei kann bestimmt werden, daß die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen berechtigt sind, Zusammenhangsgutachten zu erstellen sowie zur Vorbereitung ihrer Gutachten Versicherte zu untersuchen oder auf Kosten der Unfallversicherungsträger andere Ärzte mit der Vornahme der Untersuchungen zu beauftragen,
3.
die von den Unfallversicherungsträgern für die Tätigkeit der Stellen nach Nummer 2 zu entrichtenden Gebühren; diese Gebühren richten sich nach dem für die Begutachtung erforderlichen Aufwand und den dadurch entstehenden Kosten.

(7) Die Unfallversicherungsträger haben die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständige Stelle über den Ausgang des Berufskrankheitenverfahrens zu unterrichten, soweit ihre Entscheidung von der gutachterlichen Stellungnahme der zuständigen Stelle abweicht.

(8) Die Unfallversicherungsträger wirken bei der Gewinnung neuer medizinisch-wissenschaftlicher Erkenntnisse insbesondere zur Fortentwicklung des Berufskrankheitenrechts mit; sie sollen durch eigene Forschung oder durch Beteiligung an fremden Forschungsvorhaben dazu beitragen, den Ursachenzusammenhang zwischen Erkrankungshäufigkeiten in einer bestimmten Personengruppe und gesundheitsschädlichen Einwirkungen im Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit aufzuklären. Die Verbände der Unfallversicherungsträger veröffentlichen jährlich einen gemeinsamen Bericht über ihre Forschungsaktivitäten und die Forschungsaktivitäten der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung. Der Bericht erstreckt sich auf die Themen der Forschungsvorhaben, die Höhe der aufgewendeten Mittel sowie die Zuwendungsempfänger und Forschungsnehmer externer Projekte.

(9) Die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen dürfen zur Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufskrankheiten zu entschädigen sind, Daten verarbeiten sowie zur Vorbereitung von Gutachten Versicherte untersuchen, soweit dies im Rahmen ihrer Mitwirkung nach Absatz 6 Nr. 2 erforderlich ist; sie dürfen diese Daten insbesondere an den zuständigen Unfallversicherungsträger übermitteln. Die erhobenen Daten dürfen auch zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren gespeichert, verändert, genutzt, übermittelt oder in der Verarbeitung eingeschränkt werden. Soweit die in Satz 1 genannten Stellen andere Ärzte mit der Vornahme von Untersuchungen beauftragen, ist die Übermittlung von Daten zwischen diesen Stellen und den beauftragten Ärzten zulässig, soweit dies im Rahmen des Untersuchungsauftrages erforderlich ist.

Bei Berufskrankheiten gilt für die Berechnung des Jahresarbeitsverdienstes als Zeitpunkt des Versicherungsfalls der letzte Tag, an dem die Versicherten versicherte Tätigkeiten verrichtet haben, die ihrer Art nach geeignet waren, die Berufskrankheit zu verursachen, wenn diese Berechnung für die Versicherten günstiger ist als eine Berechnung auf der Grundlage des in § 9 Abs. 5 genannten Zeitpunktes. Dies gilt ohne Rücksicht darauf, aus welchen Gründen die schädigende versicherte Tätigkeit aufgegeben worden ist.

(1) Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung wird ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann dabei bestimmen, daß die Krankheiten nur dann Berufskrankheiten sind, wenn sie durch Tätigkeiten in bestimmten Gefährdungsbereichen verursacht worden sind. In der Rechtsverordnung kann ferner bestimmt werden, inwieweit Versicherte in Unternehmen der Seefahrt auch in der Zeit gegen Berufskrankheiten versichert sind, in der sie an Land beurlaubt sind.

(1a) Beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ein Ärztlicher Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten gebildet. Der Sachverständigenbeirat ist ein wissenschaftliches Gremium, das das Bundesministerium bei der Prüfung der medizinischen Erkenntnisse zur Bezeichnung neuer und zur Erarbeitung wissenschaftlicher Stellungnahmen zu bestehenden Berufskrankheiten unterstützt. Bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin wird eine Geschäftsstelle eingerichtet, die den Sachverständigenbeirat bei der Erfüllung seiner Arbeit organisatorisch und wissenschaftlich, insbesondere durch die Erstellung systematischer Reviews, unterstützt. Das Nähere über die Stellung und die Organisation des Sachverständigenbeirats und der Geschäftsstelle regelt die Bundesregierung in der Rechtsverordnung nach Absatz 1.

(2) Die Unfallversicherungsträger haben eine Krankheit, die nicht in der Rechtsverordnung bezeichnet ist oder bei der die dort bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen, wie eine Berufskrankheit als Versicherungsfall anzuerkennen, sofern im Zeitpunkt der Entscheidung nach neuen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft die Voraussetzungen für eine Bezeichnung nach Absatz 1 Satz 2 erfüllt sind.

(2a) Krankheiten, die bei Versicherten vor der Bezeichnung als Berufskrankheiten bereits entstanden waren, sind rückwirkend frühestens anzuerkennen

1.
in den Fällen des Absatzes 1 als Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die Bezeichnung in Kraft getreten ist,
2.
in den Fällen des Absatzes 2 wie eine Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die neuen Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft vorgelegen haben; hat der Ärztliche Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten eine Empfehlung für die Bezeichnung einer neuen Berufskrankheit beschlossen, ist für die Anerkennung maßgebend der Tag der Beschlussfassung.

(3) Erkranken Versicherte, die infolge der besonderen Bedingungen ihrer versicherten Tätigkeit in erhöhtem Maße der Gefahr der Erkrankung an einer in der Rechtsverordnung nach Absatz 1 genannten Berufskrankheit ausgesetzt waren, an einer solchen Krankheit und können Anhaltspunkte für eine Verursachung außerhalb der versicherten Tätigkeit nicht festgestellt werden, wird vermutet, daß diese infolge der versicherten Tätigkeit verursacht worden ist.

(3a) Der Unfallversicherungsträger erhebt alle Beweise, die zur Ermittlung des Sachverhalts erforderlich sind. Dabei hat er neben den in § 21 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Beweismitteln auch Erkenntnisse zu berücksichtigen, die er oder ein anderer Unfallversicherungsträger an vergleichbaren Arbeitsplätzen oder zu vergleichbaren Tätigkeiten gewonnen hat. Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen die Ermittlungen zu den Einwirkungen während der versicherten Tätigkeit dadurch erschwert sind, dass der Arbeitsplatz des Versicherten nicht mehr oder nur in veränderter Gestaltung vorhanden ist. Die Unfallversicherungsträger sollen zur Erfüllung der Aufgaben nach den Sätzen 2 und 3 einzeln oder gemeinsam tätigkeitsbezogene Expositionskataster erstellen. Grundlage für diese Kataster können die Ergebnisse aus systematischen Erhebungen, aus Ermittlungen in Einzelfällen sowie aus Forschungsvorhaben sein. Die Unfallversicherungsträger können außerdem Erhebungen an vergleichbaren Arbeitsplätzen durchführen.

(4) Besteht für Versicherte, bei denen eine Berufskrankheit anerkannt wurde, die Gefahr, dass bei der Fortsetzung der versicherten Tätigkeit die Krankheit wiederauflebt oder sich verschlimmert und lässt sich diese Gefahr nicht durch andere geeignete Mittel beseitigen, haben die Unfallversicherungsträger darauf hinzuwirken, dass die Versicherten die gefährdende Tätigkeit unterlassen. Die Versicherten sind von den Unfallversicherungsträgern über die mit der Tätigkeit verbundenen Gefahren und mögliche Schutzmaßnahmen umfassend aufzuklären. Zur Verhütung einer Gefahr nach Satz 1 sind die Versicherten verpflichtet, an individualpräventiven Maßnahmen der Unfallversicherungsträger teilzunehmen und an Maßnahmen zur Verhaltensprävention mitzuwirken; die §§ 60 bis 65a des Ersten Buches gelten entsprechend. Pflichten der Unternehmer und Versicherten nach dem Zweiten Kapitel und nach arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften bleiben hiervon unberührt. Kommen Versicherte ihrer Teilnahme- oder Mitwirkungspflicht nach Satz 3 nicht nach, können die Unfallversicherungsträger Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder die Leistung einer danach erstmals festzusetzenden Rente wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit oder den Anteil einer Rente, der auf eine danach eingetretene wesentliche Änderung im Sinne des § 73 Absatz 3 zurückgeht, bis zur Nachholung der Teilnahme oder Mitwirkung ganz oder teilweise versagen. Dies setzt voraus, dass infolge der fehlenden Teilnahme oder Mitwirkung der Versicherten die Teilhabeleistungen erforderlich geworden sind oder die Erwerbsminderung oder die wesentliche Änderung eingetreten ist; § 66 Absatz 3 und § 67 des Ersten Buches gelten entsprechend.

(5) Soweit Vorschriften über Leistungen auf den Zeitpunkt des Versicherungsfalls abstellen, ist bei Berufskrankheiten auf den Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder der Behandlungsbedürftigkeit oder, wenn dies für den Versicherten günstiger ist, auf den Beginn der rentenberechtigenden Minderung der Erwerbsfähigkeit abzustellen.

(6) Die Bundesregierung regelt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates

1.
Voraussetzungen, Art und Umfang von Leistungen zur Verhütung des Entstehens, der Verschlimmerung oder des Wiederauflebens von Berufskrankheiten,
2.
die Mitwirkung der für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen bei der Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufskrankheiten zu entschädigen sind; dabei kann bestimmt werden, daß die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen berechtigt sind, Zusammenhangsgutachten zu erstellen sowie zur Vorbereitung ihrer Gutachten Versicherte zu untersuchen oder auf Kosten der Unfallversicherungsträger andere Ärzte mit der Vornahme der Untersuchungen zu beauftragen,
3.
die von den Unfallversicherungsträgern für die Tätigkeit der Stellen nach Nummer 2 zu entrichtenden Gebühren; diese Gebühren richten sich nach dem für die Begutachtung erforderlichen Aufwand und den dadurch entstehenden Kosten.

(7) Die Unfallversicherungsträger haben die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständige Stelle über den Ausgang des Berufskrankheitenverfahrens zu unterrichten, soweit ihre Entscheidung von der gutachterlichen Stellungnahme der zuständigen Stelle abweicht.

(8) Die Unfallversicherungsträger wirken bei der Gewinnung neuer medizinisch-wissenschaftlicher Erkenntnisse insbesondere zur Fortentwicklung des Berufskrankheitenrechts mit; sie sollen durch eigene Forschung oder durch Beteiligung an fremden Forschungsvorhaben dazu beitragen, den Ursachenzusammenhang zwischen Erkrankungshäufigkeiten in einer bestimmten Personengruppe und gesundheitsschädlichen Einwirkungen im Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit aufzuklären. Die Verbände der Unfallversicherungsträger veröffentlichen jährlich einen gemeinsamen Bericht über ihre Forschungsaktivitäten und die Forschungsaktivitäten der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung. Der Bericht erstreckt sich auf die Themen der Forschungsvorhaben, die Höhe der aufgewendeten Mittel sowie die Zuwendungsempfänger und Forschungsnehmer externer Projekte.

(9) Die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen dürfen zur Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufskrankheiten zu entschädigen sind, Daten verarbeiten sowie zur Vorbereitung von Gutachten Versicherte untersuchen, soweit dies im Rahmen ihrer Mitwirkung nach Absatz 6 Nr. 2 erforderlich ist; sie dürfen diese Daten insbesondere an den zuständigen Unfallversicherungsträger übermitteln. Die erhobenen Daten dürfen auch zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren gespeichert, verändert, genutzt, übermittelt oder in der Verarbeitung eingeschränkt werden. Soweit die in Satz 1 genannten Stellen andere Ärzte mit der Vornahme von Untersuchungen beauftragen, ist die Übermittlung von Daten zwischen diesen Stellen und den beauftragten Ärzten zulässig, soweit dies im Rahmen des Untersuchungsauftrages erforderlich ist.

Bei Berufskrankheiten gilt für die Berechnung des Jahresarbeitsverdienstes als Zeitpunkt des Versicherungsfalls der letzte Tag, an dem die Versicherten versicherte Tätigkeiten verrichtet haben, die ihrer Art nach geeignet waren, die Berufskrankheit zu verursachen, wenn diese Berechnung für die Versicherten günstiger ist als eine Berechnung auf der Grundlage des in § 9 Abs. 5 genannten Zeitpunktes. Dies gilt ohne Rücksicht darauf, aus welchen Gründen die schädigende versicherte Tätigkeit aufgegeben worden ist.

(1) Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung wird ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann dabei bestimmen, daß die Krankheiten nur dann Berufskrankheiten sind, wenn sie durch Tätigkeiten in bestimmten Gefährdungsbereichen verursacht worden sind. In der Rechtsverordnung kann ferner bestimmt werden, inwieweit Versicherte in Unternehmen der Seefahrt auch in der Zeit gegen Berufskrankheiten versichert sind, in der sie an Land beurlaubt sind.

(1a) Beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ein Ärztlicher Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten gebildet. Der Sachverständigenbeirat ist ein wissenschaftliches Gremium, das das Bundesministerium bei der Prüfung der medizinischen Erkenntnisse zur Bezeichnung neuer und zur Erarbeitung wissenschaftlicher Stellungnahmen zu bestehenden Berufskrankheiten unterstützt. Bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin wird eine Geschäftsstelle eingerichtet, die den Sachverständigenbeirat bei der Erfüllung seiner Arbeit organisatorisch und wissenschaftlich, insbesondere durch die Erstellung systematischer Reviews, unterstützt. Das Nähere über die Stellung und die Organisation des Sachverständigenbeirats und der Geschäftsstelle regelt die Bundesregierung in der Rechtsverordnung nach Absatz 1.

(2) Die Unfallversicherungsträger haben eine Krankheit, die nicht in der Rechtsverordnung bezeichnet ist oder bei der die dort bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen, wie eine Berufskrankheit als Versicherungsfall anzuerkennen, sofern im Zeitpunkt der Entscheidung nach neuen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft die Voraussetzungen für eine Bezeichnung nach Absatz 1 Satz 2 erfüllt sind.

(2a) Krankheiten, die bei Versicherten vor der Bezeichnung als Berufskrankheiten bereits entstanden waren, sind rückwirkend frühestens anzuerkennen

1.
in den Fällen des Absatzes 1 als Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die Bezeichnung in Kraft getreten ist,
2.
in den Fällen des Absatzes 2 wie eine Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die neuen Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft vorgelegen haben; hat der Ärztliche Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten eine Empfehlung für die Bezeichnung einer neuen Berufskrankheit beschlossen, ist für die Anerkennung maßgebend der Tag der Beschlussfassung.

(3) Erkranken Versicherte, die infolge der besonderen Bedingungen ihrer versicherten Tätigkeit in erhöhtem Maße der Gefahr der Erkrankung an einer in der Rechtsverordnung nach Absatz 1 genannten Berufskrankheit ausgesetzt waren, an einer solchen Krankheit und können Anhaltspunkte für eine Verursachung außerhalb der versicherten Tätigkeit nicht festgestellt werden, wird vermutet, daß diese infolge der versicherten Tätigkeit verursacht worden ist.

(3a) Der Unfallversicherungsträger erhebt alle Beweise, die zur Ermittlung des Sachverhalts erforderlich sind. Dabei hat er neben den in § 21 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Beweismitteln auch Erkenntnisse zu berücksichtigen, die er oder ein anderer Unfallversicherungsträger an vergleichbaren Arbeitsplätzen oder zu vergleichbaren Tätigkeiten gewonnen hat. Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen die Ermittlungen zu den Einwirkungen während der versicherten Tätigkeit dadurch erschwert sind, dass der Arbeitsplatz des Versicherten nicht mehr oder nur in veränderter Gestaltung vorhanden ist. Die Unfallversicherungsträger sollen zur Erfüllung der Aufgaben nach den Sätzen 2 und 3 einzeln oder gemeinsam tätigkeitsbezogene Expositionskataster erstellen. Grundlage für diese Kataster können die Ergebnisse aus systematischen Erhebungen, aus Ermittlungen in Einzelfällen sowie aus Forschungsvorhaben sein. Die Unfallversicherungsträger können außerdem Erhebungen an vergleichbaren Arbeitsplätzen durchführen.

(4) Besteht für Versicherte, bei denen eine Berufskrankheit anerkannt wurde, die Gefahr, dass bei der Fortsetzung der versicherten Tätigkeit die Krankheit wiederauflebt oder sich verschlimmert und lässt sich diese Gefahr nicht durch andere geeignete Mittel beseitigen, haben die Unfallversicherungsträger darauf hinzuwirken, dass die Versicherten die gefährdende Tätigkeit unterlassen. Die Versicherten sind von den Unfallversicherungsträgern über die mit der Tätigkeit verbundenen Gefahren und mögliche Schutzmaßnahmen umfassend aufzuklären. Zur Verhütung einer Gefahr nach Satz 1 sind die Versicherten verpflichtet, an individualpräventiven Maßnahmen der Unfallversicherungsträger teilzunehmen und an Maßnahmen zur Verhaltensprävention mitzuwirken; die §§ 60 bis 65a des Ersten Buches gelten entsprechend. Pflichten der Unternehmer und Versicherten nach dem Zweiten Kapitel und nach arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften bleiben hiervon unberührt. Kommen Versicherte ihrer Teilnahme- oder Mitwirkungspflicht nach Satz 3 nicht nach, können die Unfallversicherungsträger Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder die Leistung einer danach erstmals festzusetzenden Rente wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit oder den Anteil einer Rente, der auf eine danach eingetretene wesentliche Änderung im Sinne des § 73 Absatz 3 zurückgeht, bis zur Nachholung der Teilnahme oder Mitwirkung ganz oder teilweise versagen. Dies setzt voraus, dass infolge der fehlenden Teilnahme oder Mitwirkung der Versicherten die Teilhabeleistungen erforderlich geworden sind oder die Erwerbsminderung oder die wesentliche Änderung eingetreten ist; § 66 Absatz 3 und § 67 des Ersten Buches gelten entsprechend.

(5) Soweit Vorschriften über Leistungen auf den Zeitpunkt des Versicherungsfalls abstellen, ist bei Berufskrankheiten auf den Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder der Behandlungsbedürftigkeit oder, wenn dies für den Versicherten günstiger ist, auf den Beginn der rentenberechtigenden Minderung der Erwerbsfähigkeit abzustellen.

(6) Die Bundesregierung regelt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates

1.
Voraussetzungen, Art und Umfang von Leistungen zur Verhütung des Entstehens, der Verschlimmerung oder des Wiederauflebens von Berufskrankheiten,
2.
die Mitwirkung der für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen bei der Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufskrankheiten zu entschädigen sind; dabei kann bestimmt werden, daß die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen berechtigt sind, Zusammenhangsgutachten zu erstellen sowie zur Vorbereitung ihrer Gutachten Versicherte zu untersuchen oder auf Kosten der Unfallversicherungsträger andere Ärzte mit der Vornahme der Untersuchungen zu beauftragen,
3.
die von den Unfallversicherungsträgern für die Tätigkeit der Stellen nach Nummer 2 zu entrichtenden Gebühren; diese Gebühren richten sich nach dem für die Begutachtung erforderlichen Aufwand und den dadurch entstehenden Kosten.

(7) Die Unfallversicherungsträger haben die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständige Stelle über den Ausgang des Berufskrankheitenverfahrens zu unterrichten, soweit ihre Entscheidung von der gutachterlichen Stellungnahme der zuständigen Stelle abweicht.

(8) Die Unfallversicherungsträger wirken bei der Gewinnung neuer medizinisch-wissenschaftlicher Erkenntnisse insbesondere zur Fortentwicklung des Berufskrankheitenrechts mit; sie sollen durch eigene Forschung oder durch Beteiligung an fremden Forschungsvorhaben dazu beitragen, den Ursachenzusammenhang zwischen Erkrankungshäufigkeiten in einer bestimmten Personengruppe und gesundheitsschädlichen Einwirkungen im Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit aufzuklären. Die Verbände der Unfallversicherungsträger veröffentlichen jährlich einen gemeinsamen Bericht über ihre Forschungsaktivitäten und die Forschungsaktivitäten der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung. Der Bericht erstreckt sich auf die Themen der Forschungsvorhaben, die Höhe der aufgewendeten Mittel sowie die Zuwendungsempfänger und Forschungsnehmer externer Projekte.

(9) Die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen dürfen zur Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufskrankheiten zu entschädigen sind, Daten verarbeiten sowie zur Vorbereitung von Gutachten Versicherte untersuchen, soweit dies im Rahmen ihrer Mitwirkung nach Absatz 6 Nr. 2 erforderlich ist; sie dürfen diese Daten insbesondere an den zuständigen Unfallversicherungsträger übermitteln. Die erhobenen Daten dürfen auch zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren gespeichert, verändert, genutzt, übermittelt oder in der Verarbeitung eingeschränkt werden. Soweit die in Satz 1 genannten Stellen andere Ärzte mit der Vornahme von Untersuchungen beauftragen, ist die Übermittlung von Daten zwischen diesen Stellen und den beauftragten Ärzten zulässig, soweit dies im Rahmen des Untersuchungsauftrages erforderlich ist.

Bei Berufskrankheiten gilt für die Berechnung des Jahresarbeitsverdienstes als Zeitpunkt des Versicherungsfalls der letzte Tag, an dem die Versicherten versicherte Tätigkeiten verrichtet haben, die ihrer Art nach geeignet waren, die Berufskrankheit zu verursachen, wenn diese Berechnung für die Versicherten günstiger ist als eine Berechnung auf der Grundlage des in § 9 Abs. 5 genannten Zeitpunktes. Dies gilt ohne Rücksicht darauf, aus welchen Gründen die schädigende versicherte Tätigkeit aufgegeben worden ist.

(1) Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung wird ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann dabei bestimmen, daß die Krankheiten nur dann Berufskrankheiten sind, wenn sie durch Tätigkeiten in bestimmten Gefährdungsbereichen verursacht worden sind. In der Rechtsverordnung kann ferner bestimmt werden, inwieweit Versicherte in Unternehmen der Seefahrt auch in der Zeit gegen Berufskrankheiten versichert sind, in der sie an Land beurlaubt sind.

(1a) Beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ein Ärztlicher Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten gebildet. Der Sachverständigenbeirat ist ein wissenschaftliches Gremium, das das Bundesministerium bei der Prüfung der medizinischen Erkenntnisse zur Bezeichnung neuer und zur Erarbeitung wissenschaftlicher Stellungnahmen zu bestehenden Berufskrankheiten unterstützt. Bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin wird eine Geschäftsstelle eingerichtet, die den Sachverständigenbeirat bei der Erfüllung seiner Arbeit organisatorisch und wissenschaftlich, insbesondere durch die Erstellung systematischer Reviews, unterstützt. Das Nähere über die Stellung und die Organisation des Sachverständigenbeirats und der Geschäftsstelle regelt die Bundesregierung in der Rechtsverordnung nach Absatz 1.

(2) Die Unfallversicherungsträger haben eine Krankheit, die nicht in der Rechtsverordnung bezeichnet ist oder bei der die dort bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen, wie eine Berufskrankheit als Versicherungsfall anzuerkennen, sofern im Zeitpunkt der Entscheidung nach neuen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft die Voraussetzungen für eine Bezeichnung nach Absatz 1 Satz 2 erfüllt sind.

(2a) Krankheiten, die bei Versicherten vor der Bezeichnung als Berufskrankheiten bereits entstanden waren, sind rückwirkend frühestens anzuerkennen

1.
in den Fällen des Absatzes 1 als Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die Bezeichnung in Kraft getreten ist,
2.
in den Fällen des Absatzes 2 wie eine Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die neuen Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft vorgelegen haben; hat der Ärztliche Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten eine Empfehlung für die Bezeichnung einer neuen Berufskrankheit beschlossen, ist für die Anerkennung maßgebend der Tag der Beschlussfassung.

(3) Erkranken Versicherte, die infolge der besonderen Bedingungen ihrer versicherten Tätigkeit in erhöhtem Maße der Gefahr der Erkrankung an einer in der Rechtsverordnung nach Absatz 1 genannten Berufskrankheit ausgesetzt waren, an einer solchen Krankheit und können Anhaltspunkte für eine Verursachung außerhalb der versicherten Tätigkeit nicht festgestellt werden, wird vermutet, daß diese infolge der versicherten Tätigkeit verursacht worden ist.

(3a) Der Unfallversicherungsträger erhebt alle Beweise, die zur Ermittlung des Sachverhalts erforderlich sind. Dabei hat er neben den in § 21 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Beweismitteln auch Erkenntnisse zu berücksichtigen, die er oder ein anderer Unfallversicherungsträger an vergleichbaren Arbeitsplätzen oder zu vergleichbaren Tätigkeiten gewonnen hat. Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen die Ermittlungen zu den Einwirkungen während der versicherten Tätigkeit dadurch erschwert sind, dass der Arbeitsplatz des Versicherten nicht mehr oder nur in veränderter Gestaltung vorhanden ist. Die Unfallversicherungsträger sollen zur Erfüllung der Aufgaben nach den Sätzen 2 und 3 einzeln oder gemeinsam tätigkeitsbezogene Expositionskataster erstellen. Grundlage für diese Kataster können die Ergebnisse aus systematischen Erhebungen, aus Ermittlungen in Einzelfällen sowie aus Forschungsvorhaben sein. Die Unfallversicherungsträger können außerdem Erhebungen an vergleichbaren Arbeitsplätzen durchführen.

(4) Besteht für Versicherte, bei denen eine Berufskrankheit anerkannt wurde, die Gefahr, dass bei der Fortsetzung der versicherten Tätigkeit die Krankheit wiederauflebt oder sich verschlimmert und lässt sich diese Gefahr nicht durch andere geeignete Mittel beseitigen, haben die Unfallversicherungsträger darauf hinzuwirken, dass die Versicherten die gefährdende Tätigkeit unterlassen. Die Versicherten sind von den Unfallversicherungsträgern über die mit der Tätigkeit verbundenen Gefahren und mögliche Schutzmaßnahmen umfassend aufzuklären. Zur Verhütung einer Gefahr nach Satz 1 sind die Versicherten verpflichtet, an individualpräventiven Maßnahmen der Unfallversicherungsträger teilzunehmen und an Maßnahmen zur Verhaltensprävention mitzuwirken; die §§ 60 bis 65a des Ersten Buches gelten entsprechend. Pflichten der Unternehmer und Versicherten nach dem Zweiten Kapitel und nach arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften bleiben hiervon unberührt. Kommen Versicherte ihrer Teilnahme- oder Mitwirkungspflicht nach Satz 3 nicht nach, können die Unfallversicherungsträger Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder die Leistung einer danach erstmals festzusetzenden Rente wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit oder den Anteil einer Rente, der auf eine danach eingetretene wesentliche Änderung im Sinne des § 73 Absatz 3 zurückgeht, bis zur Nachholung der Teilnahme oder Mitwirkung ganz oder teilweise versagen. Dies setzt voraus, dass infolge der fehlenden Teilnahme oder Mitwirkung der Versicherten die Teilhabeleistungen erforderlich geworden sind oder die Erwerbsminderung oder die wesentliche Änderung eingetreten ist; § 66 Absatz 3 und § 67 des Ersten Buches gelten entsprechend.

(5) Soweit Vorschriften über Leistungen auf den Zeitpunkt des Versicherungsfalls abstellen, ist bei Berufskrankheiten auf den Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder der Behandlungsbedürftigkeit oder, wenn dies für den Versicherten günstiger ist, auf den Beginn der rentenberechtigenden Minderung der Erwerbsfähigkeit abzustellen.

(6) Die Bundesregierung regelt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates

1.
Voraussetzungen, Art und Umfang von Leistungen zur Verhütung des Entstehens, der Verschlimmerung oder des Wiederauflebens von Berufskrankheiten,
2.
die Mitwirkung der für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen bei der Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufskrankheiten zu entschädigen sind; dabei kann bestimmt werden, daß die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen berechtigt sind, Zusammenhangsgutachten zu erstellen sowie zur Vorbereitung ihrer Gutachten Versicherte zu untersuchen oder auf Kosten der Unfallversicherungsträger andere Ärzte mit der Vornahme der Untersuchungen zu beauftragen,
3.
die von den Unfallversicherungsträgern für die Tätigkeit der Stellen nach Nummer 2 zu entrichtenden Gebühren; diese Gebühren richten sich nach dem für die Begutachtung erforderlichen Aufwand und den dadurch entstehenden Kosten.

(7) Die Unfallversicherungsträger haben die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständige Stelle über den Ausgang des Berufskrankheitenverfahrens zu unterrichten, soweit ihre Entscheidung von der gutachterlichen Stellungnahme der zuständigen Stelle abweicht.

(8) Die Unfallversicherungsträger wirken bei der Gewinnung neuer medizinisch-wissenschaftlicher Erkenntnisse insbesondere zur Fortentwicklung des Berufskrankheitenrechts mit; sie sollen durch eigene Forschung oder durch Beteiligung an fremden Forschungsvorhaben dazu beitragen, den Ursachenzusammenhang zwischen Erkrankungshäufigkeiten in einer bestimmten Personengruppe und gesundheitsschädlichen Einwirkungen im Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit aufzuklären. Die Verbände der Unfallversicherungsträger veröffentlichen jährlich einen gemeinsamen Bericht über ihre Forschungsaktivitäten und die Forschungsaktivitäten der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung. Der Bericht erstreckt sich auf die Themen der Forschungsvorhaben, die Höhe der aufgewendeten Mittel sowie die Zuwendungsempfänger und Forschungsnehmer externer Projekte.

(9) Die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen dürfen zur Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufskrankheiten zu entschädigen sind, Daten verarbeiten sowie zur Vorbereitung von Gutachten Versicherte untersuchen, soweit dies im Rahmen ihrer Mitwirkung nach Absatz 6 Nr. 2 erforderlich ist; sie dürfen diese Daten insbesondere an den zuständigen Unfallversicherungsträger übermitteln. Die erhobenen Daten dürfen auch zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren gespeichert, verändert, genutzt, übermittelt oder in der Verarbeitung eingeschränkt werden. Soweit die in Satz 1 genannten Stellen andere Ärzte mit der Vornahme von Untersuchungen beauftragen, ist die Übermittlung von Daten zwischen diesen Stellen und den beauftragten Ärzten zulässig, soweit dies im Rahmen des Untersuchungsauftrages erforderlich ist.

Bei Berufskrankheiten gilt für die Berechnung des Jahresarbeitsverdienstes als Zeitpunkt des Versicherungsfalls der letzte Tag, an dem die Versicherten versicherte Tätigkeiten verrichtet haben, die ihrer Art nach geeignet waren, die Berufskrankheit zu verursachen, wenn diese Berechnung für die Versicherten günstiger ist als eine Berechnung auf der Grundlage des in § 9 Abs. 5 genannten Zeitpunktes. Dies gilt ohne Rücksicht darauf, aus welchen Gründen die schädigende versicherte Tätigkeit aufgegeben worden ist.

(1) Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung wird ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann dabei bestimmen, daß die Krankheiten nur dann Berufskrankheiten sind, wenn sie durch Tätigkeiten in bestimmten Gefährdungsbereichen verursacht worden sind. In der Rechtsverordnung kann ferner bestimmt werden, inwieweit Versicherte in Unternehmen der Seefahrt auch in der Zeit gegen Berufskrankheiten versichert sind, in der sie an Land beurlaubt sind.

(1a) Beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ein Ärztlicher Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten gebildet. Der Sachverständigenbeirat ist ein wissenschaftliches Gremium, das das Bundesministerium bei der Prüfung der medizinischen Erkenntnisse zur Bezeichnung neuer und zur Erarbeitung wissenschaftlicher Stellungnahmen zu bestehenden Berufskrankheiten unterstützt. Bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin wird eine Geschäftsstelle eingerichtet, die den Sachverständigenbeirat bei der Erfüllung seiner Arbeit organisatorisch und wissenschaftlich, insbesondere durch die Erstellung systematischer Reviews, unterstützt. Das Nähere über die Stellung und die Organisation des Sachverständigenbeirats und der Geschäftsstelle regelt die Bundesregierung in der Rechtsverordnung nach Absatz 1.

(2) Die Unfallversicherungsträger haben eine Krankheit, die nicht in der Rechtsverordnung bezeichnet ist oder bei der die dort bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen, wie eine Berufskrankheit als Versicherungsfall anzuerkennen, sofern im Zeitpunkt der Entscheidung nach neuen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft die Voraussetzungen für eine Bezeichnung nach Absatz 1 Satz 2 erfüllt sind.

(2a) Krankheiten, die bei Versicherten vor der Bezeichnung als Berufskrankheiten bereits entstanden waren, sind rückwirkend frühestens anzuerkennen

1.
in den Fällen des Absatzes 1 als Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die Bezeichnung in Kraft getreten ist,
2.
in den Fällen des Absatzes 2 wie eine Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die neuen Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft vorgelegen haben; hat der Ärztliche Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten eine Empfehlung für die Bezeichnung einer neuen Berufskrankheit beschlossen, ist für die Anerkennung maßgebend der Tag der Beschlussfassung.

(3) Erkranken Versicherte, die infolge der besonderen Bedingungen ihrer versicherten Tätigkeit in erhöhtem Maße der Gefahr der Erkrankung an einer in der Rechtsverordnung nach Absatz 1 genannten Berufskrankheit ausgesetzt waren, an einer solchen Krankheit und können Anhaltspunkte für eine Verursachung außerhalb der versicherten Tätigkeit nicht festgestellt werden, wird vermutet, daß diese infolge der versicherten Tätigkeit verursacht worden ist.

(3a) Der Unfallversicherungsträger erhebt alle Beweise, die zur Ermittlung des Sachverhalts erforderlich sind. Dabei hat er neben den in § 21 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Beweismitteln auch Erkenntnisse zu berücksichtigen, die er oder ein anderer Unfallversicherungsträger an vergleichbaren Arbeitsplätzen oder zu vergleichbaren Tätigkeiten gewonnen hat. Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen die Ermittlungen zu den Einwirkungen während der versicherten Tätigkeit dadurch erschwert sind, dass der Arbeitsplatz des Versicherten nicht mehr oder nur in veränderter Gestaltung vorhanden ist. Die Unfallversicherungsträger sollen zur Erfüllung der Aufgaben nach den Sätzen 2 und 3 einzeln oder gemeinsam tätigkeitsbezogene Expositionskataster erstellen. Grundlage für diese Kataster können die Ergebnisse aus systematischen Erhebungen, aus Ermittlungen in Einzelfällen sowie aus Forschungsvorhaben sein. Die Unfallversicherungsträger können außerdem Erhebungen an vergleichbaren Arbeitsplätzen durchführen.

(4) Besteht für Versicherte, bei denen eine Berufskrankheit anerkannt wurde, die Gefahr, dass bei der Fortsetzung der versicherten Tätigkeit die Krankheit wiederauflebt oder sich verschlimmert und lässt sich diese Gefahr nicht durch andere geeignete Mittel beseitigen, haben die Unfallversicherungsträger darauf hinzuwirken, dass die Versicherten die gefährdende Tätigkeit unterlassen. Die Versicherten sind von den Unfallversicherungsträgern über die mit der Tätigkeit verbundenen Gefahren und mögliche Schutzmaßnahmen umfassend aufzuklären. Zur Verhütung einer Gefahr nach Satz 1 sind die Versicherten verpflichtet, an individualpräventiven Maßnahmen der Unfallversicherungsträger teilzunehmen und an Maßnahmen zur Verhaltensprävention mitzuwirken; die §§ 60 bis 65a des Ersten Buches gelten entsprechend. Pflichten der Unternehmer und Versicherten nach dem Zweiten Kapitel und nach arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften bleiben hiervon unberührt. Kommen Versicherte ihrer Teilnahme- oder Mitwirkungspflicht nach Satz 3 nicht nach, können die Unfallversicherungsträger Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder die Leistung einer danach erstmals festzusetzenden Rente wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit oder den Anteil einer Rente, der auf eine danach eingetretene wesentliche Änderung im Sinne des § 73 Absatz 3 zurückgeht, bis zur Nachholung der Teilnahme oder Mitwirkung ganz oder teilweise versagen. Dies setzt voraus, dass infolge der fehlenden Teilnahme oder Mitwirkung der Versicherten die Teilhabeleistungen erforderlich geworden sind oder die Erwerbsminderung oder die wesentliche Änderung eingetreten ist; § 66 Absatz 3 und § 67 des Ersten Buches gelten entsprechend.

(5) Soweit Vorschriften über Leistungen auf den Zeitpunkt des Versicherungsfalls abstellen, ist bei Berufskrankheiten auf den Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder der Behandlungsbedürftigkeit oder, wenn dies für den Versicherten günstiger ist, auf den Beginn der rentenberechtigenden Minderung der Erwerbsfähigkeit abzustellen.

(6) Die Bundesregierung regelt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates

1.
Voraussetzungen, Art und Umfang von Leistungen zur Verhütung des Entstehens, der Verschlimmerung oder des Wiederauflebens von Berufskrankheiten,
2.
die Mitwirkung der für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen bei der Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufskrankheiten zu entschädigen sind; dabei kann bestimmt werden, daß die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen berechtigt sind, Zusammenhangsgutachten zu erstellen sowie zur Vorbereitung ihrer Gutachten Versicherte zu untersuchen oder auf Kosten der Unfallversicherungsträger andere Ärzte mit der Vornahme der Untersuchungen zu beauftragen,
3.
die von den Unfallversicherungsträgern für die Tätigkeit der Stellen nach Nummer 2 zu entrichtenden Gebühren; diese Gebühren richten sich nach dem für die Begutachtung erforderlichen Aufwand und den dadurch entstehenden Kosten.

(7) Die Unfallversicherungsträger haben die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständige Stelle über den Ausgang des Berufskrankheitenverfahrens zu unterrichten, soweit ihre Entscheidung von der gutachterlichen Stellungnahme der zuständigen Stelle abweicht.

(8) Die Unfallversicherungsträger wirken bei der Gewinnung neuer medizinisch-wissenschaftlicher Erkenntnisse insbesondere zur Fortentwicklung des Berufskrankheitenrechts mit; sie sollen durch eigene Forschung oder durch Beteiligung an fremden Forschungsvorhaben dazu beitragen, den Ursachenzusammenhang zwischen Erkrankungshäufigkeiten in einer bestimmten Personengruppe und gesundheitsschädlichen Einwirkungen im Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit aufzuklären. Die Verbände der Unfallversicherungsträger veröffentlichen jährlich einen gemeinsamen Bericht über ihre Forschungsaktivitäten und die Forschungsaktivitäten der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung. Der Bericht erstreckt sich auf die Themen der Forschungsvorhaben, die Höhe der aufgewendeten Mittel sowie die Zuwendungsempfänger und Forschungsnehmer externer Projekte.

(9) Die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen dürfen zur Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufskrankheiten zu entschädigen sind, Daten verarbeiten sowie zur Vorbereitung von Gutachten Versicherte untersuchen, soweit dies im Rahmen ihrer Mitwirkung nach Absatz 6 Nr. 2 erforderlich ist; sie dürfen diese Daten insbesondere an den zuständigen Unfallversicherungsträger übermitteln. Die erhobenen Daten dürfen auch zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren gespeichert, verändert, genutzt, übermittelt oder in der Verarbeitung eingeschränkt werden. Soweit die in Satz 1 genannten Stellen andere Ärzte mit der Vornahme von Untersuchungen beauftragen, ist die Übermittlung von Daten zwischen diesen Stellen und den beauftragten Ärzten zulässig, soweit dies im Rahmen des Untersuchungsauftrages erforderlich ist.

Bei Berufskrankheiten gilt für die Berechnung des Jahresarbeitsverdienstes als Zeitpunkt des Versicherungsfalls der letzte Tag, an dem die Versicherten versicherte Tätigkeiten verrichtet haben, die ihrer Art nach geeignet waren, die Berufskrankheit zu verursachen, wenn diese Berechnung für die Versicherten günstiger ist als eine Berechnung auf der Grundlage des in § 9 Abs. 5 genannten Zeitpunktes. Dies gilt ohne Rücksicht darauf, aus welchen Gründen die schädigende versicherte Tätigkeit aufgegeben worden ist.

(1) Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung wird ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann dabei bestimmen, daß die Krankheiten nur dann Berufskrankheiten sind, wenn sie durch Tätigkeiten in bestimmten Gefährdungsbereichen verursacht worden sind. In der Rechtsverordnung kann ferner bestimmt werden, inwieweit Versicherte in Unternehmen der Seefahrt auch in der Zeit gegen Berufskrankheiten versichert sind, in der sie an Land beurlaubt sind.

(1a) Beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ein Ärztlicher Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten gebildet. Der Sachverständigenbeirat ist ein wissenschaftliches Gremium, das das Bundesministerium bei der Prüfung der medizinischen Erkenntnisse zur Bezeichnung neuer und zur Erarbeitung wissenschaftlicher Stellungnahmen zu bestehenden Berufskrankheiten unterstützt. Bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin wird eine Geschäftsstelle eingerichtet, die den Sachverständigenbeirat bei der Erfüllung seiner Arbeit organisatorisch und wissenschaftlich, insbesondere durch die Erstellung systematischer Reviews, unterstützt. Das Nähere über die Stellung und die Organisation des Sachverständigenbeirats und der Geschäftsstelle regelt die Bundesregierung in der Rechtsverordnung nach Absatz 1.

(2) Die Unfallversicherungsträger haben eine Krankheit, die nicht in der Rechtsverordnung bezeichnet ist oder bei der die dort bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen, wie eine Berufskrankheit als Versicherungsfall anzuerkennen, sofern im Zeitpunkt der Entscheidung nach neuen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft die Voraussetzungen für eine Bezeichnung nach Absatz 1 Satz 2 erfüllt sind.

(2a) Krankheiten, die bei Versicherten vor der Bezeichnung als Berufskrankheiten bereits entstanden waren, sind rückwirkend frühestens anzuerkennen

1.
in den Fällen des Absatzes 1 als Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die Bezeichnung in Kraft getreten ist,
2.
in den Fällen des Absatzes 2 wie eine Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die neuen Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft vorgelegen haben; hat der Ärztliche Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten eine Empfehlung für die Bezeichnung einer neuen Berufskrankheit beschlossen, ist für die Anerkennung maßgebend der Tag der Beschlussfassung.

(3) Erkranken Versicherte, die infolge der besonderen Bedingungen ihrer versicherten Tätigkeit in erhöhtem Maße der Gefahr der Erkrankung an einer in der Rechtsverordnung nach Absatz 1 genannten Berufskrankheit ausgesetzt waren, an einer solchen Krankheit und können Anhaltspunkte für eine Verursachung außerhalb der versicherten Tätigkeit nicht festgestellt werden, wird vermutet, daß diese infolge der versicherten Tätigkeit verursacht worden ist.

(3a) Der Unfallversicherungsträger erhebt alle Beweise, die zur Ermittlung des Sachverhalts erforderlich sind. Dabei hat er neben den in § 21 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Beweismitteln auch Erkenntnisse zu berücksichtigen, die er oder ein anderer Unfallversicherungsträger an vergleichbaren Arbeitsplätzen oder zu vergleichbaren Tätigkeiten gewonnen hat. Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen die Ermittlungen zu den Einwirkungen während der versicherten Tätigkeit dadurch erschwert sind, dass der Arbeitsplatz des Versicherten nicht mehr oder nur in veränderter Gestaltung vorhanden ist. Die Unfallversicherungsträger sollen zur Erfüllung der Aufgaben nach den Sätzen 2 und 3 einzeln oder gemeinsam tätigkeitsbezogene Expositionskataster erstellen. Grundlage für diese Kataster können die Ergebnisse aus systematischen Erhebungen, aus Ermittlungen in Einzelfällen sowie aus Forschungsvorhaben sein. Die Unfallversicherungsträger können außerdem Erhebungen an vergleichbaren Arbeitsplätzen durchführen.

(4) Besteht für Versicherte, bei denen eine Berufskrankheit anerkannt wurde, die Gefahr, dass bei der Fortsetzung der versicherten Tätigkeit die Krankheit wiederauflebt oder sich verschlimmert und lässt sich diese Gefahr nicht durch andere geeignete Mittel beseitigen, haben die Unfallversicherungsträger darauf hinzuwirken, dass die Versicherten die gefährdende Tätigkeit unterlassen. Die Versicherten sind von den Unfallversicherungsträgern über die mit der Tätigkeit verbundenen Gefahren und mögliche Schutzmaßnahmen umfassend aufzuklären. Zur Verhütung einer Gefahr nach Satz 1 sind die Versicherten verpflichtet, an individualpräventiven Maßnahmen der Unfallversicherungsträger teilzunehmen und an Maßnahmen zur Verhaltensprävention mitzuwirken; die §§ 60 bis 65a des Ersten Buches gelten entsprechend. Pflichten der Unternehmer und Versicherten nach dem Zweiten Kapitel und nach arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften bleiben hiervon unberührt. Kommen Versicherte ihrer Teilnahme- oder Mitwirkungspflicht nach Satz 3 nicht nach, können die Unfallversicherungsträger Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder die Leistung einer danach erstmals festzusetzenden Rente wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit oder den Anteil einer Rente, der auf eine danach eingetretene wesentliche Änderung im Sinne des § 73 Absatz 3 zurückgeht, bis zur Nachholung der Teilnahme oder Mitwirkung ganz oder teilweise versagen. Dies setzt voraus, dass infolge der fehlenden Teilnahme oder Mitwirkung der Versicherten die Teilhabeleistungen erforderlich geworden sind oder die Erwerbsminderung oder die wesentliche Änderung eingetreten ist; § 66 Absatz 3 und § 67 des Ersten Buches gelten entsprechend.

(5) Soweit Vorschriften über Leistungen auf den Zeitpunkt des Versicherungsfalls abstellen, ist bei Berufskrankheiten auf den Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder der Behandlungsbedürftigkeit oder, wenn dies für den Versicherten günstiger ist, auf den Beginn der rentenberechtigenden Minderung der Erwerbsfähigkeit abzustellen.

(6) Die Bundesregierung regelt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates

1.
Voraussetzungen, Art und Umfang von Leistungen zur Verhütung des Entstehens, der Verschlimmerung oder des Wiederauflebens von Berufskrankheiten,
2.
die Mitwirkung der für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen bei der Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufskrankheiten zu entschädigen sind; dabei kann bestimmt werden, daß die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen berechtigt sind, Zusammenhangsgutachten zu erstellen sowie zur Vorbereitung ihrer Gutachten Versicherte zu untersuchen oder auf Kosten der Unfallversicherungsträger andere Ärzte mit der Vornahme der Untersuchungen zu beauftragen,
3.
die von den Unfallversicherungsträgern für die Tätigkeit der Stellen nach Nummer 2 zu entrichtenden Gebühren; diese Gebühren richten sich nach dem für die Begutachtung erforderlichen Aufwand und den dadurch entstehenden Kosten.

(7) Die Unfallversicherungsträger haben die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständige Stelle über den Ausgang des Berufskrankheitenverfahrens zu unterrichten, soweit ihre Entscheidung von der gutachterlichen Stellungnahme der zuständigen Stelle abweicht.

(8) Die Unfallversicherungsträger wirken bei der Gewinnung neuer medizinisch-wissenschaftlicher Erkenntnisse insbesondere zur Fortentwicklung des Berufskrankheitenrechts mit; sie sollen durch eigene Forschung oder durch Beteiligung an fremden Forschungsvorhaben dazu beitragen, den Ursachenzusammenhang zwischen Erkrankungshäufigkeiten in einer bestimmten Personengruppe und gesundheitsschädlichen Einwirkungen im Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit aufzuklären. Die Verbände der Unfallversicherungsträger veröffentlichen jährlich einen gemeinsamen Bericht über ihre Forschungsaktivitäten und die Forschungsaktivitäten der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung. Der Bericht erstreckt sich auf die Themen der Forschungsvorhaben, die Höhe der aufgewendeten Mittel sowie die Zuwendungsempfänger und Forschungsnehmer externer Projekte.

(9) Die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen dürfen zur Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufskrankheiten zu entschädigen sind, Daten verarbeiten sowie zur Vorbereitung von Gutachten Versicherte untersuchen, soweit dies im Rahmen ihrer Mitwirkung nach Absatz 6 Nr. 2 erforderlich ist; sie dürfen diese Daten insbesondere an den zuständigen Unfallversicherungsträger übermitteln. Die erhobenen Daten dürfen auch zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren gespeichert, verändert, genutzt, übermittelt oder in der Verarbeitung eingeschränkt werden. Soweit die in Satz 1 genannten Stellen andere Ärzte mit der Vornahme von Untersuchungen beauftragen, ist die Übermittlung von Daten zwischen diesen Stellen und den beauftragten Ärzten zulässig, soweit dies im Rahmen des Untersuchungsauftrages erforderlich ist.

Ist ein nach der Regelberechnung, nach den Vorschriften bei Berufskrankheiten oder nach der Regelung über den Mindestjahresarbeitsverdienst festgesetzter Jahresarbeitsverdienst in erheblichem Maße unbillig, wird er nach billigem Ermessen im Rahmen von Mindest- und Höchstjahresarbeitsverdienst festgesetzt. Hierbei werden insbesondere die Fähigkeiten, die Ausbildung, die Lebensstellung und die Tätigkeit der Versicherten im Zeitpunkt des Versicherungsfalls berücksichtigt.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 15. September 2010 wird zurückgewiesen.

Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin Anspruch auf höhere Verletztenrente hat. Die Klägerin hält es für unbillig, dass der Jahresarbeitsverdienst (JAV) nach ihrer zuletzt ausgeübten Teilzeitbeschäftigung berechnet worden ist.

2

Die 1965 geborene Klägerin arbeitete nach abgeschlossener Berufsausbildung als Krankenschwester. Der Umfang ihrer Arbeitszeit wechselte mehrfach zwischen Vollzeit- und Teilzeittätigkeiten. Im Einzelnen war sie wie folgt beschäftigt:

3
        

01.07.1984 - 30.09.1986

Praktikantin in der Krankenpflege, Vollzeit

01.10.1986 - 30.09.1989

Ausbildung zur Krankenpflegerin, Vollzeit

01.10.1989 - 30.04.1990

Krankenschwester, Vollzeit

01.05.1990 - 31.05.1990

unbelegt

01.06.1990 - 30.06.1991

Krankenschwester, Teilzeit

01.07.1991 - 31.01.1992

Krankenschwester, Vollzeit

01.02.1992 - 31.03.1995

Krankenschwester, Teilzeit

01.04.1995 - 21.07.1999

Krankenschwester, Vollzeit

22.07.1999 - 27.10.1999

Mutterschutz

28.10.1999 - 06.12.1999

Jahresurlaub gemäß einer Vollzeitstelle

07.12.1999 - 31.01.2000

Bezug von Erziehungsgeld

01.02.2000 - 31.08.2002

befristete Teilzeittätigkeit (19,00 Std.) im Rahmen des Erziehungsurlaubs

07.04.2001 - 02.07.2001

Eintritt des Versicherungsfalls, danach Entgeltfortzahlung aus Teilzeitbeschäftigung

03.07.2001 - 03.02.2002

Bezug von Verletztengeld

4

Mit Verwaltungsakt vom 25.5.2005 erkannte die Beklagte ua eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule als Berufskrankheit (BK) nach Nr 2108 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung an. Sie stellte fest, dass der Versicherungsfall am 7.4.2001 eingetreten war. Ab 4.2.2002 bewilligte sie der Klägerin Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 20 vH und legte der Berechnung der Rente einen JAV von 18.076,74 EUR zugrunde, der dem aus der Teilzeitbeschäftigung vom 1.4.2000 bis 31.3.2001 erzielten Arbeitsentgelt entsprach.

5

Gegen diesen Verwaltungsakt im Bescheid vom 25.5.2005 erhob die Klägerin Widerspruch. Sie machte geltend, die Berechnung des JAV nach dem Entgelt, das sie aus der während des Erziehungsurlaubs ausgeübten Teilzeitbeschäftigung erzielt habe, sei rechtswidrig. Hierin liege eine Benachteiligung ihrer Familie. Wegen fehlender Betreuungsmöglichkeiten für Kinder unter drei Jahren habe sie keine Alternative zum Erziehungsurlaub gehabt. Es sei für sie nicht nachvollziehbar, dass der Anspruch nunmehr nach der bei Eintritt des Versicherungsfalls ausgeübten Teilzeittätigkeit berechnet werde, da vor allem ihre Vollzeitbeschäftigung den Eintritt der BK begünstigt habe und eine erneute Vollzeitbeschäftigung geplant gewesen sei. Die Beklagte wies den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 25.8.2005).

6

Die Klägerin hat beim SG Dortmund Klage erhoben und geltend gemacht, ihre Lebensstellung sei durch die Einkünfte aus der früheren Vollzeittätigkeit geprägt gewesen. Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 19.12.2008).

7

Hiergegen hat die Klägerin Berufung zum LSG Nordrhein-Westfalen eingelegt. Sie hat dort vorgetragen, die Festsetzung des JAV durch die Beklagte sei unbillig, da der zugrunde gelegte JAV nicht der Einkommenssituation entspreche, die sie in ihrem Erwerbsleben erreicht habe. Insbesondere sei zu berücksichtigen, dass sie während ihrer Berufstätigkeit überwiegend eine Vollzeitstelle innegehabt und sich ihr Lebensstandard hieran orientiert habe. Eine Regelung zur Bemessung des JAV, die starr auf den Zeitraum des Jahres vor Eintritt des Versicherungsfalls abstelle, verletze ihre Grundrechte aus Art 6 und Art 3 GG.

8

Das LSG hat die Berufung mit Urteil vom 15.9.2010 zurückgewiesen. Die Berechnung des JAV entspreche den gesetzlichen Vorgaben, insbesondere des § 82 Abs 1 SGB VII. Eine Korrektur des Ergebnisses nach § 87 SGB VII sei nicht geboten, weil ein Fall unbilliger Härte nicht vorliege. Vielmehr sei das Unfallversicherungsrecht von dem Grundsatz geprägt, dass für die Berechnung der Leistung die Verhältnisse im Jahr vor dem Versicherungsfall maßgebend seien. Früher erzielte Entgelte seien grundsätzlich nicht zu berücksichtigen. Der nach Maßgabe des § 82 Abs 1 SGB VII festgesetzte JAV sei nicht unbillig, er könne deshalb nicht anders festgesetzt werden. Wäre ein Fall der Unbilligkeit gegeben, müsste das Entgelt nicht nach dem Verdienst einer Vollzeitbeschäftigung, sondern nach billigem Ermessen der Beklagten nach einem Wert zwischen dem Mindest- und Höchstjahresarbeitsverdienst festgesetzt werden. Die maßgebenden Regelungen des SGB VII seien von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden. Insbesondere entspreche es den gesetzlichen Regelungen in anderen Bereichen, dass für Zeiten des Erziehungsurlaubs bzw der Elternzeit geringere Leistungen erworben würden als ohne die Zurücklegung dieser Zeiten. Entsprechende gesetzliche Regelungen zur Berechnung von Sozialleistungen seien vom BVerfG gebilligt worden. Eine Verletzung des Art 3 Abs 1 GG (Gleichheitssatz), des Art 6 Abs 1 GG (Schutz von Ehe und Familie) oder des Art 6 Abs 4 GG (staatliche Schutzpflicht für Mütter) liege nicht vor.

9

Die Klägerin rügt mit ihrer Revision die Verletzung des § 87 SGB VII. Sie macht einen Anspruch auf höhere Rente geltend, der nach einem gemäß § 87 SGB VII höher festzusetzenden JAV zu berechnen sei. Die Festsetzung des JAV sei in erheblichem Maße unbillig. Sie habe unmittelbar vor dem Beginn der Mutterschutzfrist, nämlich in der Zeit vom 1.4.1995 bis 21.7.1999 in Vollzeit als Krankenschwester gearbeitet. Im Anschluss an die Mutterschutzzeit habe sie Erziehungsurlaub genommen. Dass sie vorübergehend eine geringer bezahlte Teilzeittätigkeit übernommen habe, führe zu einem deutlich geringeren Arbeitsentgelt. In der Rechtsprechung sei anerkannt, dass ein Abweichen des JAV gegenüber den tatsächlichen Gegebenheiten um ca 40 vH eine erhebliche Unbilligkeit begründe. Diese Voraussetzungen seien erfüllt. Auch habe sie den Umfang ihrer Beschäftigung wegen Kinderbetreuung nur vorübergehend reduziert. Dieser Umstand begründe ebenfalls die Unbilligkeit des JAV, sodass der festgesetzte JAV so zu korrigieren sei, dass der der Rente zugrunde gelegte JAV dem Entgelt aus einer Vollzeitbeschäftigung entspreche. Bei der Auslegung der Vorschrift sei der Schutzauftrag des Art 6 Abs 4 GG zu beachten, der gewährleiste, dass ihr durch die Mutterschaft keine Nachteile entstehen dürften. Schließlich enthalte § 87 SGB VII keinen Hinweis darauf, dass die Vorschrift Mütter im Erziehungsurlaub ausschließe.

10

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 15. September 2010 und das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 19. Dezember 2008 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 25. Mai 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. August 2005 zu ändern und die Beklagte zu verpflichten, ihr höhere Rente unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bewilligen.

11

Die Beklagte beantragt,
die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

12

Sie hält die angefochtenen gerichtlichen Entscheidungen sowie ihre Bescheide für rechtmäßig.

Entscheidungsgründe

13

Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet.

14

Das LSG hat die Berufung der Klägerin gegen das die Klage abweisende Urteil des SG zu Recht zurückgewiesen. Der angefochtene Verwaltungsakt im Bescheid der Beklagten vom 25.5.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.8.2005 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Beklagte ist daher nicht zu verpflichten, der Klägerin höhere Verletztenrente nach einem höheren, von der Beklagten festzusetzenden JAV zu bewilligen.

15

Die Klägerin macht einen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten zur Bewilligung eines höheren Rechts auf Rente gemäß § 56 Abs 1 Satz 1, Abs 3, § 82 Abs 1 Satz 1, § 87 SGB VII geltend. Um dieses Rechtsschutzziel zu erreichen, ist die Anfechtungs- und Verpflichtungsklage die richtige Klageart (§ 54 Abs 1, Abs 2 Satz 1 und 2 SGG; zur Klageart auch: LSG Berlin vom 9.8.2004 - L 16 U 79/03; zum maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung einer solchen Klage: BSG vom 25.3.2003 - B 1 KR 33/01 R - SozR 4-1500 § 54 Nr 1). Wäre - wie die Klägerin geltend macht - ein nach der Regelberechnung festgesetzter JAV in erheblichem Maße unbillig, wären die angefochtenen Verwaltungsakte aufzuheben und der beklagte Unfallversicherungsträger zu verpflichten, die Klägerin aufgrund erforderlicher Neufestsetzung des JAV nach pflichtgemäßem Ermessen hinsichtlich der Höhe der Rente neu zu bescheiden (vgl auch BSG vom 30.10.1991 - 2 RU 61/90 - Juris RdNr 19 = HV-Info 1992, 428).

16

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf höhere Rente nach § 56 SGB VII. Vielmehr hat die Beklagte die Rente der Klägerin zu Recht nach einem JAV von 18.076,74 Euro berechnet und bewilligt. Insbesondere ist der der Berechnung der Rente zugrunde gelegte JAV nicht gemäß § 87 Satz 1 SGB VII in erheblichem Maße unbillig und deshalb neu festzusetzen.

17

Der JAV ist zunächst nach der Regelberechnung des § 82 Abs 1 SGB VII (1.) und - falls dies günstiger ist - nach § 84 Satz 1 SGB VII (2.) festzusetzen. Erst nach dieser Festsetzung ist in einem weiteren Schritt zu prüfen (BSG vom 18.3.2003 - B 2 U 15/02 R - SozR 4-2700 § 87 Nr 1 RdNr 11), ob der im Einzelfall berechnete JAV in erheblichem Maße unbillig ist (3.). Die maßgeblichen Bestimmungen zur Berechnung des JAV verletzen nicht die Grundrechte der Klägerin (4.).

18

1. Gemäß § 82 Abs 1 Satz 1 SGB VII ist der JAV der Gesamtbetrag der Arbeitsentgelte(§ 14 SGB IV) und Arbeitseinkommen (§ 15 SGB IV) des Versicherten in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat, in dem der Versicherungsfall eingetreten ist. Unter Arbeitsentgelt sind nach der Legaldefinition des § 14 Abs 1 Satz 1 SGB IV alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung zu verstehen, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf diese besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Arbeitsentgelt sind mithin solche Einnahmen, die einem Versicherten in ursächlichem Zusammenhang mit einer Beschäftigung zufließen (vgl BSGE 60, 39, 40 = SozR 2200 § 571 Nr 25 S 58; BSG SozR 2100 § 14 Nr 19).

19

Da der Versicherungsfall der BK 2108 bei der Klägerin am 7.4.2001, also im Kalendermonat April 2001 eingetreten ist, sind für die Festsetzung des JAV nach § 82 Abs 1 Satz 1 SGB VII die zwölf Kalendermonate vor diesem Monat, also die Zeit vom 1.4.2000 bis 31.3.2001 maßgebend. In diesem Zeitraum hat die Klägerin (allein) Arbeitsentgelt in Höhe von 18.076,74 Euro brutto erzielt. Diesem Betrag entspricht der nach § 82 Abs 1 Satz 1 SGB VII festzusetzende JAV.

20

2. Nach § 84 Satz 1 SGB VII gilt bei Berufskrankheiten für die Berechnung des JAV als Zeitpunkt des Versicherungsfalls der letzte Tag, an dem die Versicherten versicherte Tätigkeiten verrichtet haben, die ihrer Art nach geeignet waren, die Berufskrankheit zu verursachen, wenn diese Berechnung für die Versicherten günstiger ist als eine Berechnung auf der Grundlage des in § 9 Abs 5 SGB VII genannten Zeitpunktes. Dies gilt nach § 84 Satz 2 SGB VII ohne Rücksicht darauf, aus welchen Gründen die schädigende versicherte Tätigkeit aufgegeben worden ist.

21

Wie zwischen den Beteiligten unstreitig feststeht, ist die Klägerin tatsächlich bis zum 7.4.2001, dem Tag des Eintritts des Versicherungsfalls, als Krankenschwester tätig gewesen. Aufgrund dieses Umstands gilt (auch) für die Berechnung des JAV nach § 84 Satz 1 SGB VII der 7.4.2001 als Zeitpunkt des Versicherungsfalls. Nach § 84 Satz 1 SGB VII ergibt sich für die Berechnung des JAV also derselbe Zeitraum wie nach § 82 Abs 1 Satz 1 SGB VII, nämlich die Zeit vom 1.4.2000 bis 31.3.2001. Der JAV beträgt 18.076,74 Euro.

22

3. Der JAV ist im Fall der Klägerin nicht gemäß § 87 Satz 1 SGB VII nach billigem Ermessen der Beklagten im Rahmen von Mindest- und Höchstjahresarbeitsverdienst neu festzusetzen, denn die Voraussetzungen des Tatbestands der Vorschrift sind nicht erfüllt. Die Festsetzung des JAV nach der Regelberechnung (§ 82 SGB VII) oder nach der Vorschrift bei Berufskrankheiten (§ 84 SGB VII) ist nicht "in erheblichem Maße unbillig".

23

§ 87 Satz 1 SGB VII bestimmt, dass der JAV, wenn er nach der Regelberechnung, nach den Vorschriften bei Berufskrankheiten, den Vorschriften für Kinder oder nach der Regelung über den Mindestjahresarbeitsverdienst festgesetzt ist und in erheblichem Maße unbillig ist, nach billigem Ermessen im Rahmen von Mindest- und Höchstjahresarbeitsverdienst festgesetzt wird. Hierbei werden nach § 87 Satz 2 SGB VII insbesondere die Fähigkeiten, die Ausbildung, die Lebensstellung und die Tätigkeit der Versicherten im Zeitpunkt des Versicherungsfalls berücksichtigt. Voraussetzung für die Anwendung des § 87 SGB VII ist, dass in einem ersten Schritt eine Festsetzung des JAV nach § 82 SGB VII (Regelberechnung), nach § 84 SGB VII (JAV bei Berufskrankheiten), nach § 85 SGB VII (Mindest-JAV) oder nach § 86 SGB VII (JAV für Kinder) erfolgt ist. Bei dieser Festsetzung des JAV muss es sich um die erstmalige handeln (BSG vom 18.3.2003 - B 2 U 15/02 R - SozR 4-2700 § 87 Nr 1 RdNr 9).

24

Ob der berechnete JAV in erheblichem Maße unbillig ist, kann das Gericht in vollem Umfang selbst überprüfen, denn es handelt sich um die Auslegung und Anwendung eines unbestimmten Rechtsbegriffs. Der Unfallversicherungsträger ist insoweit nicht befugt, nach seinem Ermessen zu entscheiden, da die erhebliche Unbilligkeit Tatbestandsmerkmal ist. Ihm steht in dieser Frage auch kein Beurteilungsspielraum zu (jew noch zur Vorgängerregelung § 577 RVO: BSG vom 3.12.2002 - B 2 U 23/02 R - SozR 3-2200 § 577 Nr 2; BSG vom 28.1.1993 - 2 RU 15/92 - HV-Info 1993, 972; BSG vom 30.10.1991 - 2 RU 61/90 - HV-Info 1992, 428; BSGE 73, 258, 260 = SozR 3-2200 § 577 Nr 1 S 3; BSG vom 24.4.1975 - 8 RU 36/74; BSGE 32, 169, 173 = SozR Nr 1 zu § 577 RVO; BSG SozR 2200 § 577 Nr 9). Die Vorschrift soll atypische Fallgestaltungen erfassen und - ausgerichtet ua am Lebensstandard des Versicherten - für diesen zu einem billigen Ergebnis führen. Ziel der Regelung ist es, den JAV als Grundlage der Rente so zu bemessen, dass der Lebensstandard gesichert wird, den der Versicherte zeitnah vor dem Versicherungsfall erreicht und auf den er sich eingerichtet hat. Die Anwendung des § 87 SGB VII kann deshalb im Einzelfall sowohl eine Erhöhung als auch eine Reduzierung des nach §§ 82 bis 86 SGB VII berechneten JAV bewirken( Schudmann in jurisPK-SGB VII, § 87 SGB VII RdNr 6).

25

§ 87 Satz 2 SGB VII nennt, ohne abschließend zu sein(s bereits zum früheren Recht BSG vom 26.6.1958 - BSGE 7, 269, 273; BT-Drucks 13/2204 S 96), Kriterien für die Beurteilung der Unbilligkeit. Bei der Überprüfung des JAV sind die Fähigkeiten, die Ausbildung, die Lebensstellung und die Tätigkeit der Versicherten im Zeitpunkt des Versicherungsfalls zu berücksichtigen. In Bezug auf die erreichte "Lebensstellung" ist darauf abzustellen, welche Einkünfte die Einkommenssituation des Versicherten geprägt haben (Schudmann in jurisPK-SGB VII § 87 RdNr 18). In zeitlicher Hinsicht ist zu prüfen, welche Einkünfte der Versicherte innerhalb der Jahresfrist vor dem Versicherungsfall erzielt hat. Seine Einnahmen aus Erwerbstätigkeit im maßgeblichen Jahreszeitraum sind mit dem Ergebnis der gesetzlichen Berechnung zu vergleichen. Durch diesen Vergleich ergibt sich, ob der nach gesetzlichen Vorgaben festgesetzte Betrag des JAV außerhalb jeder Beziehung zu den Einnahmen steht, die für den Versicherten zum Zeitpunkt des Versicherungsfalls oder innerhalb der Jahresfrist vor diesem Zeitpunkt die finanzielle Lebensgrundlage gebildet haben (BSG vom 18.3.2003 - B 2 U 15/02 R - SozR 4-2700 § 87 Nr 1 RdNr 17; so auch BSG vom 28.4.1977 - 2 RU 39/75 - BSGE 44, 12 = SozR 2200 § 571 Nr 10). Die Festsetzung des JAV ist danach nicht in erheblichem Maße unbillig, wenn der nach den §§ 82 bis 86 SGB VII ermittelte JAV den Fähigkeiten, der Ausbildung, Lebensstellung und Tätigkeit der Versicherten in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat des Versicherungsfalls entspricht(so das LSG im angefochtenen Urteil; ebenso LSG Berlin vom 9.8.2004 - L 16 U 79/03; Keller in Hauck/Noftz, SGB VII, K § 87 RdNr 6).

26

Bei der Klägerin ist im maßgeblichen Jahreszeitraum eine solche Änderung in der Beschäftigung, der ausgeübten Tätigkeit, dem Stand ihrer Aus- und Weiterbildung sowie dem die Lebensstellung prägenden Arbeitsentgelt nicht eingetreten. Daher ist der gesetzliche JAV nach dem erzielten Entgelt nicht unbillig.

27

Ungleichheiten zwischen tatsächlichem Einkommen und gesetzlich berechnetem JAV, wie sie sich auch aus Änderungen der Arbeitszeit und des -entgelts ergeben können, begründen eine Unbilligkeit des JAV in erheblichem Maße nur, wenn sie innerhalb der auch nach § 87 SGB VII maßgebenden Jahresfrist eingetreten sind. Ist es dagegen so, dass - wie hier - der Umfang der Tätigkeit und das Arbeitsentgelt innerhalb des Zeitraums, nach dem sich der JAV errechnet, unverändert geblieben sind, fehlt es an einer Unbilligkeit der Festsetzung des JAV.

28

Dies folgt aus Sinn und Zweck der §§ 82 f SGB VII. Die Regelungen zur Berechnung des JAV sollen eine einfache, schnell praktizierbare und nachvollziehbare Berechnung des JAV in der Verwaltungspraxis ermöglichen. Um dies zu erreichen, soll die Aufarbeitung einer langfristigen Erwerbsbiografie mit ggf schwierig zu ermittelnden Änderungen von Entgelt und/oder Einkommen gerade vermieden werden. Dieses Regelungskonzept kommt oftmals gerade den Versicherten zu Gute, insbesondere wenn sie zuletzt in ihrem Erwerbsleben eine vergleichsweise gute berufliche Position, einen hohen Ausbildungsstand und damit eine entsprechende Lebensstellung erreicht haben. Andererseits sieht das SGB VII aber gerade keine Verlängerung des maßgeblichen Jahreszeitraums vor, wenn die Arbeitszeit und das Arbeitsentgelt außerhalb der Jahresfrist reduziert wurden.

29

Der Gesetzgeber hat den Jahreszeitraum als Grundlage der Berechnung des JAV vielmehr bewusst gewählt, um eine zeitnahe Berechnungsgrundlage zu haben (BT-Drucks 13/2204, S 95; dazu auch Köllner in Lauterbach, Unfallversicherung SGB VII, Stand September 2007, § 82 RdNr 21; Schmitt, Gesetzliche Unfallversicherung SGB VII, 4. Aufl § 82 RdNr 4). Nur wenn besondere Umstände vorliegen, die sich auf den maßgeblichen Zeitraum auswirken und die eine erhebliche Unbilligkeit der Regelberechnung begründen (unterwertige Beschäftigung; Verdienstausfall innerhalb der Jahresfrist zB durch unbezahlten Urlaub; dazu BSG 11.2.1981 - 2 RU 65/79 - BSGE 51, 178, 182), kann eine Korrektur des JAV über § 87 SGB VII angezeigt sein.

30

Welche Schwierigkeiten sich aus einer längere Zeiträume betrachtenden Prüfung ergeben würden, zeigt beispielhaft der vorliegende Fall. So soll nach Auffassung der Klägerin die Zeit der letzten Vollzeittätigkeit (1.4.1995 bis 21.7.1999) maßgeblich sein. Stattdessen hat das LSG auf das gesamte Erwerbsleben der Klägerin abgestellt, und gemeint, insoweit würde eine Vollzeitbeschäftigung der Klägerin nicht überwiegen (vgl auch BSG vom 29.10.1981 - 8/8a RU 68/80 - SozR 2200 § 577 Nr 9 S 12, 13). Beide Zeiträume sind aber als Vergleichsmaßstab ungeeignet, denn zu ermitteln ist der Jahres-Arbeitsverdienst.

31

Der Anwendung des Jahresprinzips für die Festsetzung des JAV ist auch die Rechtsprechung ganz überwiegend gefolgt. So hat es das LSG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 1.4.2003 - L 3 U 334/02) als rechtmäßig angesehen, den JAV im Rahmen des § 82 Abs 1 SGB VII nach dem Entgelt festzusetzen, das der Kläger aus einer Beschäftigung in (Alters-)Teilzeit erzielt hat. Für die Berechnung des JAV sei das tatsächlich erzielte Entgelt maßgebend und nicht das Entgelt, das er ohne eine Alters-Teilzeit-Vereinbarung erzielt hätte. Eine Entgeltlücke, die nach § 82 Abs 2 Satz 1 oder § 87 SGB VII aufzufüllen wäre, liege nicht vor. Allerdings sei eine Aufstockungsleistung des Arbeitgebers zu berücksichtigen, wenn sie innerhalb des Jahreszeitraums gezahlt worden sei.

32

Die Klägerin kann sich auch nicht auf die Entscheidung des BSG vom 29.10.1981 (8/8a RU 68/80 - SozR 2200 § 577 Nr 9) berufen. Das BSG hat in jenem Fall zwar einen unbilligen JAV angenommen. Ein LKW-Fahrer hatte dort seine frühere Erwerbstätigkeit nach einer Unterbrechung gerade innerhalb des Jahreszeitraums wieder aufgenommen und anschließend einen Versicherungsfall erlitten. Der JAV, der sich aus dem geringeren Einkommen errechnete, war nach billigem Ermessen neu festzusetzen.

33

Besondere, die Unbilligkeit begründende Umstände liegen im Fall der Klägerin nicht darin, dass sie ab 7.12.1999 in Erziehungsurlaub war und daneben eine Teilzeitbeschäftigung ausgeübt hat. Weder §§ 82 f SGB VII noch das BErzGG in der Fassung des Arbeitsförderungs-Reformgesetzes vom 24.3.1997 (BGBl I 594), das zum 1.1.1998 in Kraft getreten ist, enthalten eine Regelung, nach der Sozialleistungen für Personen im arbeitsrechtlichen Erziehungsurlaub abweichend von den allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen zu berechnen wären.

34

Der Senat muss aus Anlass des vorliegenden Falls schließlich nicht entscheiden, ob eine Sozialleistung wie das Erziehungsgeld, das den Lebensstandard der Klägerin im Bezugszeitraum prägen kann, als Einkommen zugrunde zu legen ist, denn die Klägerin hat in dem hier maßgeblichen Jahreszeitraum kein Erziehungsgeld bezogen.

35

Der der Rentenberechnung zugrunde gelegte JAV ist mithin nicht in erheblichem Maße unbillig gemäß § 87 SGB VII.

36

4. Die für die Berechnung des JAV maßgeblichen Bestimmungen des SGB VII verletzen die Klägerin auch nicht in ihren Grundrechten.

37

a) Die Ausgestaltung der Regelungen über den Wert des Rechts auf Verletztenrente ohne besondere Berücksichtigung der Erziehung und Betreuung von Kindern verletzt nicht das Grundrecht aus Art 6 Abs 1 GG (vgl BVerfGE 87, 1 <35 ff>; 103, 242 <258 ff>; 109, 96 <125 f>). Zwar unterstellt Art 6 Abs 1 GG Ehe und Familie dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung, verpflichtet den Staat jedoch nicht, jegliche die Familie treffende Belastung auszugleichen oder die Familie ohne Rücksicht auf sonstige öffentliche Belange zu fördern.

38

Das Grundrecht garantiert in seiner hier nicht betroffenen abwehrrechtlichen Funktion die Freiheit, über die Art und Weise der Gestaltung des ehelichen und familiären Zusammenlebens selbst zu entscheiden. Deshalb hat der Staat die Familiengemeinschaft sowohl im immateriell-persönlichen als auch im materiell-wirtschaftlichen Bereich in ihrer jeweiligen eigenständigen und selbstverantwortlichen Ausgestaltung zu respektieren (vgl BVerfGE 99, 216, 231). Darüber hinausgehend lassen sich aus der Wertentscheidung des Art 6 Abs 1 GG ggf in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip keine konkreten Folgerungen dafür ableiten, wie in den einzelnen Rechtsgebieten und Teilsystemen ein Familienlastenausgleich zu verwirklichen ist. Insoweit steht dem Gesetzgeber ein Gestaltungsspielraum zu (vgl BVerfGE 87, 1, 36 mwN), ohne dass aus dem Förderungsgebot des Art 6 Abs 1 GG konkrete Ansprüche auf bestimmte staatliche Leistungen hergeleitet werden könnten (BVerfGE 107, 205, 213 mwN).

39

Mit der Gewährung von Erziehungsgeld und -urlaub sowie von Elterngeld und -zeit wird die Möglichkeit der Eigenbetreuung von Kindern bereits in beachtlichem Umfang gefördert. Zu einer weitergehenden Förderung der Kindesbetreuung innerhalb der Familie war der Gesetzgeber verfassungsrechtlich nicht verpflichtet (zur Berücksichtigung von Erziehungsurlaub bei der Berechnung eines späteren Elterngelds BVerfG vom 6.6.2011 - 1 BvR 2712/09 - Juris RdNr 9; vgl auch BSG vom 17.2.2011 - B 10 EG 21/09 R; BVerfG 25.11.2004 - 1 BvR 2303/03 - BVerfGK 4, 215; BSG SozR 4-4300 § 124 Nr 1; BSG SozR 4-4300 § 147 Nr 3). Insbesondere ist zweifelhaft, ob das Recht der gesetzlichen Unfallversicherung (GUV), dessen Versicherungsschutz ausschließlich aus Beiträgen der Arbeitgeber finanziert wird und das die zivilrechtliche Haftung des Arbeitgebers ersetzen soll, der geeignete Ort ist, die Schutzpflicht des Staates für die Familie einzufordern bzw zu verwirklichen. Die hier maßgeblichen Vorschriften über die Berechnung der Verletztenrente in der GUV, die einen besonderen Ausgleich für Zeiten des Erziehungsurlaubs nicht vorsehen, verletzen daher nicht das Grundrecht der Klägerin aus Art 6 Abs 1 GG.

40

b) Auch aus der Schutzpflicht des Staates für Mütter (Art 6 Abs 4 GG) können für Sachverhalte, die nicht allein Mütter betreffen, keine besonderen Rechte hergeleitet werden (vgl BVerfG 10.3.2010 - 1 BvL 11/07; BVerfG vom 12.3.1996 - 1 BvR 609/90 - BVerfGE 94, 241, 259 = SozR 3-2200 § 1255a Nr 5 S 13). Im vorliegenden Fall liegt kein Lebenssachverhalt vor, der hinsichtlich der Rechtsfolgen allein die Klägerin als Mutter betreffen kann. Vielmehr wäre ein Anspruch des Vaters des Kindes auf Verletztenrente nach denselben Grundsätzen zu beurteilen.

41

Aus Art 6 Abs 4 GG folgt - außer für die hier nicht fragliche Berücksichtigung von Mutterschutzzeiten - kein Schutzgebot, Personen, die Erziehungsurlaub genommen haben, hinsichtlich ihrer sozialrechtlichen Positionen so zu behandeln, wie ihre soziale Lebens- und Einkommenssituation vor der Geburt eines Kindes gewesen ist (vgl dazu BVerfG vom 28.3.2006 - 1 BvL 10/01 - BVerfGE 115, 259 = SozR 4-4300 § 123 Nr 3; BVerfG vom 11.3.2010 - 1 BvR 2909/08 - NZS 2010, 626) oder wie diese ohne den Erziehungsurlaub gewesen wäre. Erst recht ist der vollständige Ausgleich einer mit der Mutterschaft im weiteren Sinne zusammenhängenden, aber vor allem auf der Inanspruchnahme von Erziehungsurlaub beruhenden wirtschaftlichen Belastung durch Art 6 Abs 4 GG verfassungsrechtlich nicht geboten (vgl auch BVerfG vom 14.3.2011 - 1 BvL 13/07 - Juris RdNr 64).

42

c) Art 3 Abs 2 GG als spezieller Gleichheitssatz ist nicht berührt.

43

Zwar mögen mehr Frauen als Männer von dem nachteiligen Effekt der Berücksichtigung des Erziehungsurlaubs bei Bestimmung des nach §§ 82 Abs 1, 87 Satz 1 SGB VII zugrunde zulegenden Jahreszeitraums betroffen sein. Dies ist jedoch auf die verbreitete familiäre Rollenverteilung zurückzuführen, der das BErzGG und das BEEG gerade entgegenwirken wollen (vgl zum Elterngeld BT-Drucks 16/1889, S 15 f, 18, 23). Aufgrund der angegriffenen Regelung kann es für Eltern, die in den ersten Lebensjahren eine Betreuung ihrer Kinder innerhalb der Familie wünschen, attraktiv sein, dass auch der Vater mit der Wahrnehmung von Erziehungszeit die Kinderbetreuung zeitweilig übernimmt, damit die Mutter in den Beruf zurückkehren und Einkommen erwirtschaften kann, das dann bei der Berechnung einer Verletztenrente oder anderer Entgeltersatzleistungen herangezogen wird. Eine Regelung, die die Zeiten der Erziehung von Kindern ausblendet, könnte dagegen einen durch Art 3 Abs 2 GG gerade nicht gebotenen Anreiz für das längerfristige Ausscheiden eines Elternteils aus dem Berufsleben schaffen. Dass der Gesetzgeber, der gleichwohl auch längerfristige familienbedingte Auszeiten durch die Elternzeit ermöglicht, diese nicht auch finanziell über die Berechnung von Sozialleistungen fördert, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (zur Berücksichtigung von Erziehungsurlaub bei der Berechnung eines späteren Elterngelds: BVerfG vom 6.6.2011 - 1 BvR 2712/09 - Juris RdNr 5).

44

d) Eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art 3 Abs 1 GG) liegt, wie das LSG bereits zutreffend aufgezeigt hat, ebenfalls nicht vor.

45

aa) Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Dem Gesetzgeber ist damit nicht jede Differenzierung verwehrt. Er verletzt das Grundrecht vielmehr nur, wenn er eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten abweichend behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen können (stRspr; vgl nur BVerfGE 117, 272, 300 f).

46

Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich zwar umso engere Grenzen, je stärker sich die Ungleichbehandlung auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten nachteilig auswirken kann (BVerfGE 106, 166, 176; BVerfGE 111, 176, 184). Die Berücksichtigung von Erziehungszeiten bei sozialen Leistungen mag Einfluss darauf haben, wie Eltern ihre grundrechtlich verankerte Erziehungsverantwortung wahrnehmen und das Leben in der Familie gestalten. Die Grenzen des allgemeinen Gleichheitssatzes sind mit der in § 82 Abs 1 bzw in § 87 Satz 1 SGB VII gewählten Regelung jedoch nicht überschritten. Der dem Gesetzgeber im Bereich der gewährenden Staatstätigkeit für die Abgrenzung der begünstigten Personengruppen grundsätzlich zukommende Gestaltungsspielraum (vgl BVerfGE 99, 165, 178; BVerfGE 106, 166, 175 f) besteht auch hinsichtlich der Ausgestaltung der Familienförderung (vgl BVerfGE 87, 1, 35 f; BVerfGE 103, 242, 260).

47

Die Grenzen dieses Gestaltungsspielraums hat der Gesetzgeber gewahrt. Die Regelungen über den der Berechnung der Verletztenrente zugrunde liegenden Bemessungszeitraum sind - auch im Hinblick auf die mit der Verletztenrente verfolgten Zwecke - sachgerecht. Die Verletztenrente hat Einkommensersatzfunktion. Sie soll das Arbeitsentgelt oder -einkommen ersetzen, das ein erwerbsgeminderter Versicherter wegen des Versicherungsfalls nicht mehr erzielen kann (auch Entgeltausfallprinzip, vgl BVerfG vom 15.2.1993 - 1 BvR 1754/92 - Juris RdNr 7). Dies wird durch die §§ 82 f SGB VII erreicht. Zwar erwirtschaftet der betreuende Elternteil während des Erziehungsurlaubs, wenn er erwerbstätig ist, ein ersatzfähiges Einkommen. Dieses ist zwar nicht so hoch wie das durch eine Vollzeiterwerbstätigkeit erzielte Einkommen, das Entgelt aus einer Vollzeitbeschäftigung hat die Erwerbssituation der Familie aber in diesem zeitnah zum Versicherungsfall liegenden Zeitraum auch nicht geprägt. Mit Eintritt des Versicherungsfalls hat sich das Familieneinkommen deshalb nicht in dem Maße verschlechtert, in dem es sich verschlechtert hätte, wenn Entgelt aus einer Vollzeittätigkeit entfallen wäre (BVerfG vom 6.6.2011 - 1 BvR 2712/09 - Juris RdNr 8).

48

Art 3 Abs 1 GG verpflichtet den Gesetzgeber auch nicht, die in der Gewährung von Erziehungsurlaub liegende familienpolitische Förderung auch in anderen Regelungszusammenhängen - hier bei der Gewährung sozialer Leistungen - uneingeschränkt zur Geltung zu bringen (vgl zur Berücksichtigung des Erziehungsurlaubs bei der Berechnung von Arbeitslosengeld: BVerfG vom 11.3.2010 - 1 BvR 2909/08 - NZS 2010, 626; BVerfG vom 25.11.2004 - 1 BvR 2303/03 - BVerfGK 4, 215, 218 f). Der Gesetzgeber ist nicht verpflichtet, Zeiten, in denen der Bezieher von Verletztenrente aufgrund der Betreuung eines Kindes lediglich ein Entgelt aus Teilzeittätigkeit erwirtschaftet, bei der Berechnung von Verletztenrente über § 82 Abs 1 SGB VII oder § 87 Satz 1 SGB VII unberücksichtigt zu lassen oder gar von dem Entgelt einer Vollzeitbeschäftigung auszugehen.

49

bb) Schließlich liegt eine Ungleichbehandlung der Bezieher von Verletztenrente gegenüber den Beziehern anderer Sozialleistungen nicht vor. Der Gesetzgeber stellt vielmehr auch bei der Bemessung anderer Sozialleistungen auf vergleichsweise kurze Referenzzeiträume ab. Dies hat zur Folge, dass auch bei anderen Sozialleistungen mit Entgeltersatzfunktion Zeiten verminderten Einkommens in der Phase der Kindererziehung nicht ausgeglichen werden.

50

Bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes (Alg) sieht § 130 Abs 3 Nr 1 SGB III eine Erweiterung des Bemessungsrahmens auf zwei Jahre ausnahmsweise dann vor, wenn der im Regelbemessungsrahmen gemäß § 130 Abs 1 Satz 2 SGB III liegende Bemessungszeitraum weniger als 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthält(zu den Motiven: BT-Drucks 15/1515 S 85 ). Daraus folgt in Verbindung mit dem in § 130 Abs 1 Satz 1 SGB III geregelten Grundsatz, wonach der Bemessungszeitraum nur von Entgeltabrechnungszeiträumen "im Bemessungsrahmen" (nach Satz 2 aaO das Jahr bis zum letzten Tag des Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs auf Alg gebildet werden kann, dass der Bemessung keine Zeiten mit Anspruch auf Arbeitsentgelt zugrunde gelegt werden können, die nicht wenigstens in einer Frist von zwei Jahren vor dem Versicherungsfall liegen(vgl zu der Berechnung nach Erziehungszeiten: BSG vom 29.5.2008 - B 11a/7a AL 64/06 R - Juris RdNr 25 f; zur Vereinbarung mit dem GG: BVerfG vom 25.11.2004 - 1 BvR 2303/03).

51

Das Krankengeld (Krg) wird nach dem Regelentgelt bemessen. Das ist das Entgelt, das während des letzten, mindestens vier Wochen umfassenden, vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit liegenden Entgeltabrechnungszeitraums erzielt worden ist (§ 47 Abs 1 Satz 1, Abs 2 Satz 1 SGB V). Der Anspruch auf Krg ruht allerdings, solange Versicherte Elternzeit nach dem BEEG in Anspruch nehmen (§ 49 Abs 1 Nr 2 SGB V), es sei denn, das Krg ist aus einem Entgelt zu berechnen, das aus einer versicherungspflichtigen Beschäftigung während der Elternzeit erzielt worden ist. Auch hier ist also nur das Entgelt zu ersetzen, das während der Elternzeit tatsächlich erzielt worden ist.

52

Für die Berechnung des Elterngeldes regelt § 2 BEEG, dass dieses in Höhe von 67 vH des in den zwölf Kalendermonaten vor der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit bis zu einem Höchstbetrag von 1800 € monatlich für zwölf, beziehungsweise vierzehn Monate gezahlt wird, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt. Gemäß § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG bleiben bei der Bestimmung der zwölf für die Einkommensermittlung vor der Geburt des Kindes zugrunde zu legenden Monate jene Kalendermonate unberücksichtigt, während denen Elterngeld für ein älteres Kind oder Mutterschaftsgeld nach der RVO oder dem Gesetz über die Krankenversicherung für Landwirte bezogen wurde. Unberücksichtigt bleiben auch Monate, in denen wegen einer maßgeblich auf die Schwangerschaft zurückzuführenden Krankheit Einkommen aus Erwerbstätigkeit ganz oder teilweise weggefallen ist. Einbezogen werden dagegen Monate, in denen der berechtigte Elternteil Elternzeit ohne den Bezug von Elterngeld wahrgenommen hat.

53

Gegenüber den hier dargestellten Entgeltersatzleistungen hat die Verletztenrente zwar eher den Charakter einer auf Dauer angelegten Leistung. Sie wird gezahlt, wenn und solange die Erwerbsfähigkeit über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus gemindert ist (§ 56 Abs 1 Satz 1 SGB VII). Bis zu drei Jahre lang kann die Rente als vorläufige Entschädigung festgesetzt werden (§ 62 Abs 1 Satz 1, Abs 2 SGB VII). Nach dieser Zeit sind Änderungen nur nach Maßgabe der §§ 73 SGB VII, 48 SGB X möglich. Ist eine MdE auf Dauer eingetreten, die eine Besserung nicht erwarten lässt, ist die Verletztenrente auf Dauer zu leisten. Die Rente unterscheidet sich insofern vom Alg, dessen Anspruchsdauer auf sechs bis höchstens 24 Monate begrenzt ist (§ 127 SGB III), und vom Krg, das für dieselbe Erkrankung auf 78 Wochen in drei Jahren begrenzt ist (§ 48 Abs 1 Satz 1 SGB V). Der Charakter der Verletztenrente als einer eher auf Dauer angelegten Leistung vermag den Gesetzgeber aber nicht zu verpflichten, für die Bemessung einer solchen Leistung zwingend einen längeren Bemessungszeitraum als ein Jahr zugrunde zu legen. Vielmehr ist der Gesetzgeber nur gehalten, ein sachgerechtes Konzept für die Bemessung der Leistung zu wählen und von diesem dann nicht aus sachlich nicht zu rechtfertigenden Gründen abzuweichen. Das ist hier nicht geschehen.

54

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

Ist ein nach der Regelberechnung, nach den Vorschriften bei Berufskrankheiten oder nach der Regelung über den Mindestjahresarbeitsverdienst festgesetzter Jahresarbeitsverdienst in erheblichem Maße unbillig, wird er nach billigem Ermessen im Rahmen von Mindest- und Höchstjahresarbeitsverdienst festgesetzt. Hierbei werden insbesondere die Fähigkeiten, die Ausbildung, die Lebensstellung und die Tätigkeit der Versicherten im Zeitpunkt des Versicherungsfalls berücksichtigt.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.