Landessozialgericht NRW Urteil, 15. März 2016 - L 20 SO 545/11
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 28.09.2011 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
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Tatbestand:
2Der Kläger begehrt die (endgültige) Übernahme der Kosten für den Besuch einer kostenpflichtigen privaten Förderschule in einem anderen Bundesland als Eingliederungshilfe nach dem SGB XII für die Zeit vom 01.08.2008 bis zum 01.04.2012.
3Bei dem am 00.00.2000 geborenen, einkommens- und vermögenslosen Kläger bestehen eine unterdurchschnittliche intellektuelle Lern- und Leistungskompetenz mit Sprachentwicklungsstörung (Dyslalie, Stottersymptomatik), Koordinationsschwächen der komplex-motorischen Bewegungsabläufe, Minderwuchs, ein De-Toni-Debre-Fanconi-Syndrom mit Autismusspektrumstörung sowie eine Amblyopie des rechten Auges. Er lebt mit einem jüngeren Bruder im Haushalt seiner Eltern in C (Kreis I, Nordrhein-Westfalen). Bis 2007 besuchte er einen integrativen Kindergarten. Parallel dazu wurden regelmäßig verschiedene therapeutische Maßnahmen zur Entwicklungsförderung durchgeführt (insbesondere Ergotherapie, Logopädie, Physiotherapie).
4Im Vorfeld der Einschulung des Klägers setzten seine Eltern im Februar 2007 beim Beigeladenen ein Verfahren zur Ermittlung des sonderpädagogischen Förderbedarfes und die Entscheidung über den schulischen Förderort in Gang. Sie wünschten eine Förderung an der katholischen Regel-Grundschule H (C) im Rahmen des gemeinsamen Unterrichts (GU) gemäß § 20 Schulgesetz NRW i.V.m. § 37 der Ausbildungsordnung sonderpädagogische Förderung NRW (AO-SF).
5Ein in diesem Verfahren eingeholtes AO-SF-Gutachten vom 30.04.2007 (Sonderschullehrer L/Grundschulrektor M) gelangte zu folgendem Ergebnis: "Bei K ist von erheblichen Beeinträchtigungen im Bereich der Sprachentwicklung, der grob- und feinmotorischen Koordination, der visuellen und auditiven Wahrnehmung, der Konzentration und Ausdauer sowie im Bereich der kognitiven Entwicklung auszugehen. Seine aktive und passive Sprachkompetenz ist eingeschränkt. Anweisungen und Erklärungen versteht er nur rudimentär und kann sie nicht in angemessenes planvolles Handeln umsetzen. Seine Aufmerksamkeits- und die Konzentrationsspanne sind nur kurz. Er ist extrem leicht abgelenkt und scheint auch in seiner Kognition sehr beeinträchtigt. In seiner emotionalen Reife zeigt er erhebliche Unsicherheit und Ängstlichkeit. Er ist erhöht ablenkbar, benötigt große, unmittelbare Nähe und Rückversicherung sowie beständige Motivation und Hilfestellung durch seine Erzieherinnen. Aufgrund der erheblichen Beeinträchtigungen hat K m.E. Anspruch auf sonderpädagogische Förderung im Sinne einer Fördererschule für Lernen. Von Schulreife im Sinne der Regelschule ist nicht auszugehen. Die Förderung sollte, wie von den Eltern beantragt, im GU der Grundschule in H erfolgen. K ist gut in die Sozialstruktur seiner Gruppe integriert. Vor allem aber auch in die Gruppe der Kinder aus S, die im Sommer in die Grundschule H eingeschult wird und zu denen auch im Wohnumfeld intensive Sozialkontakte bestehen, die durch einen anderen Fördererort erheblich bedroht wären. K müsste in erheblichem Umfang zieldifferenziert unterrichtet werden und sollte in sehr umfassender Weise durch einen Förderschullehrer betreut werden."
6Der Beigeladene stellte daraufhin einen sonderpädagogischen Förderbedarf des Klägers im Bereich Lernen und als schulischen Förderort eine Förderschule mit dem Förderschwerpunkt Lernen fest (Bescheid vom 28.06.2007). Der Kläger sei auf Hilfe in den Bereichen Motorik, Wahrnehmung, Kognition (Denken, Erkennen, Erinnern) und Sprache angewiesen. Behinderungsbedingt sei der richtige schulische Förderort eine Schule mit dem Förderschwerpunkt Lernen, da eine solche Schulform organisatorisch und personell in der Lage sei, ihn in einer kleinen Lerngruppe bei differenzierten Lerninhalten und verringertem Lerntempo entsprechend seinen individuellen Fähigkeiten und Bedürfnissen zu fördern. Den Lern- und Leistungsanforderungen einer Regelschule sei er nicht gewachsen; er könne mit den Mitteln einer allgemeinbildenden Schule nicht hinreichend gefördert werden. Selbst eine Förderung im Rahmen des GU reiche nicht aus, um seinen sonderpädagogischen Förderbedarf, der an jeder Förderschule mit dem Förderschwerpunkt Lernen angemeldet werden könne, abzudecken. Der Kläger legte Widerspruch ein mit der Begründung, im Rahmen eines GU in einer Regelgrundschule (Grundschule H) könne er gut und angemessen gefördert werden.
7Im Einverständnis mit dem Beigeladenen besuchte der Kläger sodann ab dem 07.08.2007 zunächst die Grundschule H. Es stellte sich jedoch heraus, dass er dem Schulbesuch - auch im Rahmen des GU - auf Dauer nicht gewachsen sein würde (Stellungnahmen der Klassenlehrerin vom 18.09.2007 und 22.01.2008). Die Eltern ließen sich deshalb am 22.08.2007 bei der L-Schule, Bad B (Hessen), beraten. Dort wurde ihnen wegen der motorischen Defizite des Klägers empfohlen, die Feststellung des Förderorts auf eine Schule für Köperbehinderte zu erweitern. Zu den Einzelheiten dieses Beratungsgespräches wird auf den Gesprächsvermerk der Schule vom 21.09.2007 Bezug genommen (Blatt 86 f. der Verwaltungsvorgänge des Beklagten).
8Der Beigeladene teilte den Eltern unter dem 25.10.2007 mit, es bestünden keine Bedenken gegen eine Beschulung des Klägers an der L-Schule. Dem in dem Bescheid vom 28.06.2007 bereits festgestellten umfangreichen Förderbedarf auch im Bereich Motorik und körperliche Entwicklung könne dort ebenfalls Rechnung getragen werden. Um die Finanzierung müssten sich die Eltern jedoch selber kümmern.
9Die L-Schule ist eine staatlich anerkannte private Sonderschule mit heilpädagogischem Schulinternat und angeschlossenem therapeutischen Fachdienst. Die Schule unterrichtet nach den hessischen Lehrplänen/Richtlinien für die Grundschule, Hauptschule, Schule für Lernhilfe und Schule für praktisch Bildbare. Daneben ist sie auch Schule für Körperbehinderte, Sprachheilschule, Schule für Erziehungshilfe, Hörgeschädigte und Sehbehinderte. Träger ist der C-heim e.V. im Verbund der Diakonie. Pro Schulklasse werden zwischen acht und zehn Schülerinnen und Schüler unterrichtet. Durch enge Kooperation mit einem therapeutischen Fachdienst wird die Versorgung mit physio-, ergo- und psychotherapeutischen Leistungen innerhalb des Schulbetriebes sichergestellt. Zu den Einzelheiten von Konzept und Angeboten der L-Schule wird auf deren zu den Akten gereichten Informationen Bezug genommen (Blatt 123 f. der Gerichtsakten). Die Schule ist etwa 32 km vom Wohnort des Klägers entfernt; die Fahrzeit mit dem PKW beträgt etwa 30 Minuten.
10Am 18.08.2008 nahmen die Eltern des Klägers den Widerspruch gegen den Bescheid des Beigeladenen vom 28.06.2007 zurück. An diesem Tag wurde der Kläger als Externschüler an der L-Schule aufgenommen. In der Folgezeit wurde er dort bis zum 01.04.2012 (Beginn der Osterferien) durchgehend mit sieben anderen Schülern in einer Klasse beschult. Die Kosten für den Schulbesuch beliefen sich auf monatlich 550 EUR (ohne Kosten für die Schulspeisung oder sonstige Verpflegung während der Schulzeit). Die Fahrtkosten des Klägers trug die Stadt C. Nach Anmeldung eines Zweitwohnsitzes in Hessen wechselte der Kläger nach den Osterferien 2012 auf die (öffentliche und damit kostenfreie) L-Schule in I (Hessen), eine Schule für praktisch Bildbare mit einer Abteilung für praktisch bildbare Körperbehinderte. Die dortige Klassengröße beträgt acht Schüler. Die Schule ist vom (Erst-)Wohnsitz des Klägers etwa 20 km entfernt bei einer Fahrtzeit von etwa 30 Minuten mit einem Kleinbus. Der Kläger, der diese Schule bis heute besucht, erhält dort neben dem Unterricht für ihn notwendige therapeutische Leistungen.
11Bereits am 12.12.2007 beantragte der Kläger beim Beklagten die Gewährung von Eingliederungshilfe in Form einer Übernahme der Kosten für den Besuch der L-Schule. Bei ihm bestehe eine Mehrfachbehinderung, welche intensive pädagogische, medizinische und physiotherapeutische Therapie erforderlich mache. In Nordrhein-Westfalen existiere keine Förderschule, die der Komplexität seiner Behinderung gerecht werden könne. Dem Antrag war eine Kopie des AO-SF-Gutachtens vom 30.04.2007 beigefügt.
12Mit Bescheid vom 09.06.2008 lehnte der Beklagte die Übernahme von Schulkosten ab. Durch den Besuch der L-Schule entstünden unverhältnismäßige Mehrkosten (§ 9 Abs. 2 S. 3 SGB XII). Der Kläger könne bei seinem sonderpädagogischen Förderbedarf (Förderschwerpunkt Lernen) verschiedene Förderschulen im Kreis I (Nordrhein-Westfalen) besuchen. Jede dieser Schulen für Lernbehinderte könne eine angemessene Förderung sicher stellen. Ihr Besuch wäre für den Kläger kostenfrei.
13Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch. Vorrangig sei nicht ein Förderschwerpunkt Lernen; vielmehr gehe es um einen multiplen Förderbedarf in allen Bereichen seiner mehrfachen Behinderung. Es sei deshalb dringend erforderlich, ihm den Besuch der L-Schule zu ermöglichen.
14Während des Widerspruchsverfahrens beantragte der Kläger gerichtlichen Eilrechtsschutz. Mit Beschluss vom 04.08.2008 - S 19 SO 121/08 ER verpflichtete das Sozialgericht Detmold den Beklagten, die Kosten der Betreuung an der L-Schule für das Schuljahr 2008/2009 (vorläufig) zu übernehmen. In diesem Eilverfahren benannte der Beklagte mit Schriftsatz vom 04.08.2008 die M-schule in Q als geeignete Förderschulalternative. Diese habe den (vorrangigen) Förderschwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung; dabei erfolge eine Aufteilung der Schüler - je nach Leistungsfähigkeit - in die Bildungsgänge Grund-/Hauptschule, Lernen und geistige Entwicklung. Träger der M-schule ist der Beklagte. Die dortige Klassengröße beläuft sich auf sieben bis 13 Schüler; tatsächlich werden insbesondere in den Eingangsklassen nie mehr als zehn Schüler in einer Klasse unterrichtet, wobei in einzelnen Fächern zum Teil noch eine zusätzliche Binnendifferenzierung erfolgt. Die Betreuung erfolgt durch Sonderschullehrer und Fachlehrer. Eine Vermittlung von Lehrinhalten auch über die Methode der unterstützten Kommunikation ist bei Bedarf gewährleistet. Etwa zwei Drittel der Schüler - mit dem Förderschwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung - sind dem Bildungsgang geistige Entwicklung zugeordnet; darunter auch Kinder mit Sprachentwicklungs- bzw. Autismusspektrumstörungen. Es besteht die Möglichkeit zu Physiotherapie und Ergotherapie durch angestellte Therapeuten des Schulträgers. Auch Logopädie kann während der Schulzeit in Anspruch genommen werden. Die Schule ist etwa 55 km vom Wohnort des Klägers entfernt, die Fahrzeit mit dem PKW beträgt etwa 45 Minuten. Für den Schülertransport existiert ein Schülerspezialverkehr, der an den allgemeinen Vorgaben der Schülerfahrkostenverordnung Nordrhein-Westfalen ausgerichtet ist. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zum Schulkonzept der M-schule wird auf deren Informationsschrift zum vierzigjährigen Bestehen Bezug genommen (Anlage zu Blatt 450 der Gerichtsakten).
15Mit Bescheid vom 11.08.2008 erklärte sich der Beklagte unter Hinweis auf den Beschluss des Sozialgerichts im Eilverfahren bereit, die Kosten für die Beschulung des Klägers an der L-Schule ab dem 04.08.2008 für das Schuljahr 2008/2009 zu übernehmen. Zahlungen erfolgten in der Folgezeit unmittelbar an die L-Schule.
16Der Beklagte zog im weiteren Verlauf des Verwaltungs- bzw. Widerspruchsverfahrens verschiedene medizinische und pädagogische Unterlagen bei (im Wesentlichen: schulärztliches Gutachten bzw. ärztliche Zeugnisse des Gesundheitsdienstes des Kreises I - Dr. Q - vom 31.01.2007, 08.03.2007 und 28.04.2008; Berichte der Uni-Klinik H vom 09.11.2007 und 10.03.2008, Zentrum für Kinderheilkunde und Jugendmedizin, Abteilung Pädiatrie II, sowie Berichte des dortigen sozialpädiatrischen Zentrums - SPZ - vom 05.09.2007, 24.08.2006, 28.12.2006 und vom 07.02.2008). Auf diese Unterlagen wird Bezug genommen (Blatt 7 bis 15, 25 f. und 37 bis 39 der Verwaltungsvorgänge des Beklagten; Blatt 119 der Gerichtsakten).
17Mit Widerspruchsbescheid vom 18.08.2008 (abgesandt an die Eltern des Klägers am 20.08.2008, der im Eilverfahren hinzugezogenen Klägerbevollmächtigten zugestellt am 25.08.2008) wies der Beklagte nach Beteiligung sozial erfahrener Dritter den Widerspruch zurück. Ausweislich des amtsärztlichen Gutachtens vom 28.04.2008 bestehe mittlerweile ein mehrschichtiger behinderungsbedingter Förderbedarf. Es müsse deshalb zunächst der individuelle Hilfebedarf durch den Beigeladenen bewerten werten, um anschließend den Kläger einer adäquaten Förderschule im Zuständigkeitsbereich des Beklagten zuweisen zu können, deren Besuch keine Mehrkosten verursache.
18Am 22.09.2008 (Montag) hat der Kläger Klage vor dem Sozialgericht Detmold erhoben. Er hat ergänzend vorgetragen, die im näheren Umkreis seines Wohnorts gelegenen nordrhein-westfälischen Förderschulen hätten jeweils nur einen Förderschwerpunkt. Dies werde seinem vielschichtigen Behinderungsbild nicht gerecht. Neben einer Lernbehinderung bestehe eine geistige und eine körperliche Behinderung. Eine sonderpädagogische Förderung allein im Bereich Lernen reiche nicht aus; er benötige vielmehr eine multimodale sonderpädagogische Förderung. Dies ergebe sich nicht zuletzt aus dem amtsärztlichen Zeugnis vom 28.04.2008 und der Stellungnahme des SPZ vom 07.02.2008. Der Bescheid des Beigeladenen vom 28.06.2007 sei inzwischen durch dessen Schreiben vom 25.10.2007 ersetzt worden und damit überholt. Bereits jetzt stehe fest, dass der Förderbedarf des Klägers nicht auf den Förderschwerpunkt Lernen beschränkt sei; einer Neubewertung seines Hilfebedarfs bedürfe es dafür nicht. Um ihm eine seinen Einschränkungen angemessene Schulbildung nach § 54 SGB XII i.V.m. § 12 EinglhV zu ermöglichen, müsse er in einer Schule beschult werden, die sämtlichen Förderbedarfen entspreche. Die einzige für ihn erreichbare Schule, die diesen Anforderungen gerecht werde, sei die L-Schule. Dies werde durch die (vom Sozialgericht durchgeführten) medizinischen Ermittlungen bestätigt. Unverhältnismäßige Mehrkosten entstünden durch den Besuch der L-Schule nicht. Er sei dort zudem inzwischen gut integriert; ein nochmaliger Schulwechsel, bei dem er erheblichen emotionalen Schaden nehmen würde, sei ihm nicht zuzumuten. Die vom Beklagten als Alternative erwogenen Förderschulen in Nordrhein-Westfalen hätten entweder einen unzutreffenden bzw. nicht hinreichenden Förderschwerpunkt, oder sie seien für ihn nicht auf zumutbare Weise erreichbar. Der Kläger hat ergänzend Berichte der L-Schule vom 28.05.2009 und des SPZ der Uniklinik H vom 23.02.2010 über seine weitere schulische Entwicklung vorgelegt. Er hat weiter vorgetragen, wegen der zwischenzeitlichen ergänzenden Feststellung gleichrangiger Förderschwerpunkte im Bescheid des Staatlichen Schulamts für den T-Kreis und den Landkreis X (vormals Beigeladener zu 2) vom 21.07.2009 (dazu weiter unten) komme jedenfalls inzwischen eine Förderschule mit dem alleinigen/vorrangigen Förderschwerpunkt Lernen nicht (mehr) in Betracht. Nur an der L-Schule sei eine angemessene Beschulung möglich.
19Der Kläger hat beantragt,
20den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 09.06.2008 in Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18.08.2008 zu verurteilen, die Kosten des Besuchs der L-Schule Bad B ab dem Schuljahr 2008/2009 als Hilfe zur angemessenen Schulbildung nach den Bestimmungen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nach näherer Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen des SGB XII zu übernehmen.
21Der Beklagte hat beantragt,
22die Klage abzuweisen.
23Einer Beschulung des Klägers an der L-Schule stehe schon der Bescheid des Beigeladenen vom 28.06.2007 entgegen. Dieser lege in auch den Beklagten bindender Weise (BVerwG, Urteil vom 28.04.2005 - 5 C 20/04) den Förderschwerpunkt Lernen fest. Nach § 13 AO-SF entscheide die Schulaufsichtsbehörde bei Vorliegen mehrerer Förderschwerpunkte, in welchem Förderschwerpunkt der Schüler vorrangig unterrichtet werde. Hieran habe sich durch das Schreiben des Beigeladenen vom 25.10.2007 nichts geändert. Der Bescheid des Staatlichen Schulamts für den T-Kreis und den Landkreis X vom 21.07.2009 sei unwirksam. Im Übrigen habe der Kläger im Rahmen der Sozialhilfe lediglich Anspruch auf Herstellung angemessener und zumutbarer, nicht dagegen optimaler Lebensbedingungen (§§ 1, 2 Abs. 1 SGB XII). Er habe keine Umstände dafür vorgetragen, dass eine Beschulung an einer Förderschule in Westfalen-Lippe - etwa an der M-schule in Q - nicht im Sinne des § 12 Nr. 2 EinglhV zumutbar sei. Letztlich gehe es um eine schulrechtliche Problematik, die auf dem Rücken des Sozialhilfeträgers ausgetragen werde. Entscheidend sei, dass in Nordrhein-Westfalen ein Schulsystem vorgehalten werde, in dem jedes (behinderte oder nicht behinderte) Kind seinen Fähigkeiten entsprechend beschult werden könne. Auf eine möglicherweise inzwischen eingetretene Unzumutbarkeit eines neuerlichen Schulwechsels (von der L-Schule auf eine nordrhein-westfälische Schule) könne sich der Kläger nicht berufen, weil er diese Situation vorsätzlich selbst herbei geführt habe.
24Mit Beschlüssen vom 30.03.2009 und 10.01.2011 hat das Sozialgericht "den Kreis I - Schulamt" (vormals Beigeladener zu 1) sowie das Staatliche Schulamt für den T-Kreis und den Landkreis X zum Verfahren hinzugezogen. Die Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt.
25Der Beigeladene (zu 1) hat zunächst seine Entscheidung - Beschulung des Klägers mit dem (vorrangigen) Förderschwerpunkt Lernen - weiterhin für zutreffend gehalten. Wegen der inzwischen in Hessen erfolgenden Beschulung könne er derzeit keine Entscheidung über eine Änderung des sonderpädagogischen Förderbedarfs oder des vorrangigen Förderschwerpunkts treffen. Er halte insbesondere die M-schule für den Kläger für geeignet.
26Das Staatliche Schulamt für den T-Kreis und den Landkreis X hat im Laufe des Klageverfahrens mit Bescheid vom 21.07.2009 seinen "Bescheid" vom 25.10.2007 dahingehend geändert, dass der Förderbedarf mit dem Förderschwerpunkt Lernen um die Förderschwerpunkte motorisch-körperliche Entwicklung (Körperbehinderte) und Sprache (Sprachheilschule) erweitert werde. Der nunmehr erweiterte sonderpädagogische Förderbedarf werde ab dem 24.08.2009 an der schon bisher besuchten L-Schule umgesetzt. Mit Schreiben vom 24.07.2009 teilte der Beigeladene (zu 1) daraufhin dem Kläger mit, nach den schulrechtlichen Vorschriften in Hessen sei es - anders als in Nordrhein-Westfalen - möglich, mehrere Förderschwerpunkte nebeneinander festzustellen; der entsprechenden Verfügung des Staatlichen Schulamtes in Hessen werde zugestimmt. Im weiteren Verlauf des Klageverfahrens gelangte das Staatliche Schulamt für den T-Kreis und den Landkreis X zu der Auffassung, dass es den Bescheid vom 21.07.2009 außerhalb seiner (örtlichen) Zuständigkeit und damit zu Unrecht erlassen habe. Nach vorheriger Anhörung hob es mit (bestandskräftigem) Bescheid vom 17.02.2011 seinen Bescheid vom 21.07.2009 nach § 48 Hess. VwVfG auf; im Bescheid vom 21.07.2009 seien ohnehin keine neuen Förderschwerpunkte festgelegt worden, da sich der umfassende Förderbedarf des Klägers auf verschiedenen Gebieten schon aus dem Bescheid des Beigeladenen vom 28.06.2007 ergeben habe.
27Wegen des bevorstehenden Schuljahres 2009/2010 beantragte der Kläger am 16.06.2009 "zur Vermeidung eines weiteren Eilverfahrens" beim Beklagten eine Kostenzusage für das neue Schuljahr. Mit Schreiben vom 01.07.2009 (ohne Rechtsmittelbelehrung) lehnte der Beklagte dies ab. Auf neuerlichen Antrag des Klägers auf einstweiligen Rechtsschutz vom 10.07.2009 verpflichtete das Sozialgericht Detmold den Beklagten mit Beschluss vom 20.07.2010 - S 16 SO 112/09 ER, vorläufig die Kosten für den Besuch der L-Schule im 2009/2010 als Eingliederungshilfe zu übernehmen. Eine Beschwerde des Beklagten blieb erfolglos (Beschluss des Senats vom 15.01.2010 - L 20 B 73/09 SO ER). Daraufhin erklärte sich der Beklagte mit Schreiben vom 24.02.2010 bereit, die Beschulungskosten - wie bisher vorläufig - auch für das Schuljahr 2009/2010 zu tragen.
28Für das Schuljahr 2010/2011 beantragte der Kläger am 14.06.2010 wiederum beim Beklagten die Kostenübernahme. Mit Schreiben vom 13.07.2010 an den Kläger und vom 12.01.2011 an den Träger der L-Schule erklärte sich der Beklagte zu einer vorläufigen Kostentragung bereit (ohne dass vorher ein gerichtliches Eilverfahren durchgeführt worden war). Für das Schuljahr 2011/2012 erteilte der Beklagte mit Schreiben vom 25.07.2011 (auf Antrag des Klägers vom 13.07.2011) eine vorläufige Kostenzusage vom 25.07.2011, jedoch (angesichts des voraussichtlichen Abschlusses des Klageverfahrens erster Instanz) befristet bis einschließlich September 2011. Im Anschluss daran trugen die Eltern des Klägers die Kosten für die Beschulung des Klägers an der L-Schule. Offene Forderungen des Schulträgers gegenüber dem Kläger bzw. seinen Eltern bestehen nicht.
29Das Sozialgericht hat Befund- und Behandlungsberichte bei der Kinderärztin Dr. Q, dem Orthopäden Dr. H, dem Augenarzt Dr. P und dem SPZ der Uniklinik H beigezogen.
30Dr. Q hat mit Bericht vom 19.04.2010 ausgeführt, der Kläger sei, seit er die L-Schule besuche, deutlich selbstsicherer und auch wieder lernmotiviert. Die Klassengröße und auch die spezielle Ausbildung der dortigen Pädagogen sowie die Beschulung anderer Kinder mit Behinderungen spiele eine sehr große Rolle, da der Kläger nun nicht immer der Letzte und Schlechteste sei. Er benötige aus kinderärztlicher Sicht zusätzliche Förderung durch Logopädie, Ergotherapie, heilpädagogische Förderung und Krankengymnastik sowie ein ihm vertrautes Klassenklima. Die Schule müsse in heilpädagogischer Umgebung auf seine manchmal wechselnden körperlichen Möglichkeiten bei kleiner Schülerzahl individuell eingehen können. Aufgrund seines Kleinwuchses und einer Nierenerkrankung sei der Kläger körperlich nicht altersentsprechend belastbar. Ein Transport mit dem Taxi sei der schnellste und einfachste Weg, ihn ohne Stress und Leistungsminderung zur Schule zu befördern.
31Das SPZ hat unter dem 09.04.2010 berichtet, der Kläger benötige wegen psychomotorischer Retardierung eine besondere Beschulung. Zum einen sei ein kleiner Klassenraum erforderlich. Zusätzlich müsse während des Schulbesuchs auch eine Sprachförderung sowie eine Förderung der (Fein-)Motorik erfolgen. Wegen des schon einmal stattgefundenen Schulwechsels werde sich dringend für einen Verbleib an der L-Schule ausgesprochen; dort könne der Kläger angemessen gefördert werden.
32Dr. H hat im Bericht vom 19.03.2010 aus orthopädischer Sicht keine Einschränkungen bei der Fahrtzeit im Schülerspezialverkehr gesehen.
33Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Befundberichte Bezug genommen (Dr. Q Blatt 114 bis 120, Dr. H Blatt 104, Dr. P Blatt 105 f.; SPZ Bl. 110 f. der Gerichtsakten).
34Das Sozialgericht hat sodann ein Gutachten des Neuropädiaters und Facharztes für Kinder- und Jugendmedizin Prof. Dr. X eingeholt. Auf die Beweisanordnung vom 21.07.2010 (Blatt 147 bis 149 der Gerichtsakten), das Gutachten vom 13.10.2010 (Blatt 159 bis 165 der Gerichtsakten) und die persönliche Anhörung des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht vom 28.09.2011 (Blatt 275 bis 279 der Gerichtsakten) wird Bezug genommen.
35Schließlich hat das Sozialgericht in der mündlichen Verhandlung vom 28.09.2011 den Rektor der M-schule L N als Zeugen vernommen. Hierzu wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen (Blatt 279 bis 282 der Gerichtsakten).
36Mit Urteil vom 28.09.2011 (der Klägerbevollmächtigten zugestellt am 19.10.2011) hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Übernahme der Beschulungskosten an der L-Schule als Leistung der Eingliederungshilfe nach dem Sechsten Kapitel des SGB XII. Zwar könnten zu den in § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII i.V.m. § 12 Nr. 1 EinglhV genannten Maßnahmen auch Beschulungskosten gehören, wenn sie Voraussetzung für den Besuch einer Schule zur Gewährleistung einer angemessenen Schulbildung seien. Vorrangig sei die schulische Förderung jedoch eine dem öffentlichen Schulwesen zugewiesene Aufgabe; Eingliederungshilfe durch Übernahme von Schulkosten sei gegenüber dem landesgesetzlich geregelten Schulrecht jedenfalls dann nachrangig, wenn die Schulbehörde ihrer vorrangigen Leistungsverpflichtung auch nachkomme. Stehe aber fest, dass eine angemessene Schulbildung im öffentlichen Schulsystem nicht zu erlangen sei, komme Eingliederungshilfe auch durch Übernahme der Kosten einer Privatschule in Betracht. Entsprechendes gelte, wenn - wie hier - der Besuch einer vom öffentlichen Schulträger vorgehaltenen Schule abgelehnt und eine sozialhilfeweise Kostentragung für den Schulbesuch in einem anderen Bundesland begehrt werde; insoweit resultierende Mehrkosten könnten nur dann übernommen werden, wenn eine angemessene Schulbildung an einer an sich "zuständigen" Schule nicht erreichbar sei. Im Anschluss an die Beweisaufnahme sei der Kläger auf den für ihn kostenfreien Besuch einer Förderschule in Nordrhein-Westfalen verweisbar. Das Gericht sei überzeugt, dass ihm jedenfalls die M-schule in Q eine angemessene Schulbildung bieten könne.
37Für den Kläger sei nach den beigezogenen Befundberichten und dem insoweit übereinstimmenden Sachverständigengutachten des Prof. Dr. X sowie nach den Erkenntnissen aus den AO-SF-Verfahren ein multimodales Förderkonzept erforderlich. In der mündlichen Verhandlung habe der Sachverständige die Anforderungen an dieses Förderkonzept dahin präzisiert, dass eine konsequente logopädische sowie wegen der motorischen Einschränkungen eine Ergotherapie vonnöten sei. Ergotherapie sei zudem wegen der Störung aus dem Autismusspektrum notwendig. Eine Physiotherapie stehe hingegen nicht im Vordergrund. Zu einem therapeutischen Reiten habe der Sachverständige geäußert, dass ein solches zwar insbesondere mit Blick auf die Autismussymptomatik hilfreich wäre; werde es nicht bereitgestellt, sei jedoch nicht mit gesundheitlichen Nachteilen zu rechnen. Im Vordergrund stünden die logopädische Therapie (ein- bis zweimal wöchentlich) und die Ergotherapie. Überdies erfordere die Sprachentwicklungsstörung eine Vermittlung der Unterrichtsinhalte im Wege der unterstützten Kommunikation. Hinsichtlich der Autismusspektrumstörung müsse an der Schule eine kontinuierliche sonderpädagogische Betreuung gewährleistet sein. Der Sachverständige habe insoweit betont, dass eine ordnungsgemäß ausgebildete sonderpädagogische Förderkraft regelmäßig in der Lage sei, die mit autistischen Symptomen einhergehenden besonderen Anforderungen im Unterricht zu erfüllen; auf gerichtliche Nachfrage habe der Sachverständige dies auch für die konkrete Ausprägung der Autismusspektrumstörung beim Kläger ausdrücklich bejaht.
38Ein solches Förderkonzept zugrundelegend, sei zumindest die M-schule in Q geeignet, dem Kläger eine angemessene Schulbildung zu vermitteln. Dies stehe fest aufgrund der Erklärungen des Zeugen N, der als Rektor dieser Schule schlüssig und nachvollziehbar die dortigen Fördermöglichkeiten dargelegt habe. Der Sachverständige Prof. Dr. X habe die in seinem schriftlichen Gutachten zuvor geäußerten Bedenken hinsichtlich einer Geeignetheit der Förderschulen im wohnortnahen Bereich des Klägers in Nordrhein-Westfalen nicht auf die M-schule bezogen. Bei der Geeignetheit dieser Schule für eine angemesse Schulbildung des Klägers berücksichtige das Gericht auch die vom Sachverständigen formulierten Anforderungen an die konkrete Klassengröße. Zwar habe er im schriftlichen Gutachten ausgeführt, eine Klassengröße von acht Schülern sei "sicher das Maximum"; in der mündlichen Verhandlung habe er dies jedoch dahin präzisiert, dass es nicht als absolute Höchstgrenze zu verstehen sei. Wichtig sei vielmehr, insbesondere mit Blick auf die Autismussymptomatik, die Beherrschbarkeit des Klassenrahmens. Die vertretbare Klassengröße sei abhängig von der personellen Zusammensetzung der Klasse. Der Zeuge N habe die Klassengröße an der M-schule mit regelmäßig sieben bis zehn Schülern angegeben. Im letzten Schuljahr habe die Eingangsklasse eine Größe von sechs Schülern gehabt. Eine Klassengröße von zwölf oder 13 Schülern sei die Ausnahme und trete vorrangig in der Sekundarstufe auf; bei dieser Klassengröße finde zudem vielfach eine Gruppendifferenzierung statt.
39Im Anschluss an die Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. X halte das Gericht auch einen Wechsel des Klägers auf die M-schule für möglich und zumutbar.
40Mit Bescheid vom 13.10.2011 hat der Beigeladene unter Hinweis auf die im jetzigen Klageverfahren eingeholten Gutachten und Berichte einen Wechsel des Förderschwerpunktes festgestellt und einen Wechsel des Förderortes verfügt. Beim Kläger bestehe sonderpädagogischer Förderbedarf hinsichtlich seiner körperlichen und motorischen Entwicklung, seiner Lernentwicklung und seiner Sprachentwicklung. Sonderpädagogische Förderung sei zudem wegen seiner Störung aus dem Autismusspektrum nötig. Die Förderschwerpunkte lägen "im Bereich der körperlichen und motorischen Entwicklung (vorrangig) und im Bereich Lernen (§§ 7 und 5 Abs. 1 AO-SF)". Zum schulischen Förderort hat der Beigeladene "ab dem 07.11.2011 (nach den Herbstferien) eine Schule mit dem Förderschwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung" bestimmt. Die nächstgelegene Schule, an der die beschriebene Förderung erfolgen könne, sei die M-schule. Der Bescheid wurde bestandskräftig.
41Gegen das Urteil des Sozialgerichts vom 28.09.2011 richtet sich die am 26.10.2011 eingelegte Berufung des Klägers. Er stellt ausdrücklich klar, keine Leistungen nach dem Dritten und Vierten Kapitel des SGB XII zu beanspruchen. Gegen das Urteil des Sozialgerichts wendet er Folgendes ein:
42Die Klassen an der M-schule seien insbesondere wegen einer zu erwartenden Verschlechterung der Autismussymptomatik zu groß. Der Sachverständige Prof. Dr. X habe sich zwar nicht auf eine genaue Klassengröße festlegen wollen; er habe jedoch deutlich gemacht, dass eine Größe von mehr als acht Schülern grundsätzlich nachteilig sei und ggf. einer angemessenen schulischen Förderung entgegenstehen könne. Zudem sei der Wechsel der Klassenzusammensetzung, der an der M-schule alle drei Jahre erfolge, ungünstig; denn ausweislich des Sachverständigen benötige er - der Kläger - unbedingt feste Bezugspersonen.
43Die M-schule biete für ihn im Schulalltag keine hinreichend festen Strukturen. Dass dort bereits sechs Schüler mit einer Autismusspektrumstörung unterrichtet würden, heiße nicht, dass auch er dort angemessen unterrichtet werden könne.
44Der Zeuge N habe nicht hinreichend sicher beurteilen können, ob er - der Kläger - an der M-schule angemessen hätte beschult werden können. Denn der Zeuge habe keinen hinreichenden Einblick in seinen tatsächlichen Förderbedarf gehabt.
45Das Sozialgericht habe außer Acht gelassen, dass sich alle Experten für einen Verbleib des Klägers an der L-Schule ausgesprochen hätten. Insbesondere habe es die Ausführungen des Sachverständigen falsch interpretiert. Selbst der Beigeladene spreche mit Blick auf die M-schule lediglich von der am ehesten geeigneten Schule.
46Im Anschluss an die Beweisaufnahme stehe vielmehr fest, dass ihm aus einem Schulwechsel erhebliche gesundheitliche Nachteile erwachsen würden. Schon die Änderung des Schulweges wäre ein großes Problem. Sofern Bezugspersonen Druck auf ihn ausüben müssten, um ihn zum Schulbesuch zu bewegen, werde er voraussichtlich dauerhaft aggressiv oder autoaggressiv reagieren.
47Keineswegs habe er genügend Ressourcen, einen Schulwechsel zu verkraften. Weder der Sachverständige noch irgendein Arzt hätten eine solche Einschätzung im Laufe des Verfahrens geäußert. Es würde sich, im Gegenteil, die Autismussymptomatik weiter verfestigen und ein Schulwechsel immer schwieriger. Das Sozialgericht habe insoweit verschiedene Angaben des Sachverständigen aus dem Zusammenhang gerissen und unzutreffend interpretiert.
48Auch der Beigeladene habe ihn bzw. seine Eltern stets darin bestärkt, dass die L-Schule wegen seiner Mehrfachbehinderung die für ihn geeignete Schule sei. Wenn der Beigeladene nunmehr (auch) die M-schule für geeignet halte, hätte er eine entsprechende Empfehlung früher aussprechen müssen.
49Das Sozialgericht habe sich schließlich allein an abstrakten Kriterien orientiert, ohne ausreichend auf die individuellen Förderbedürfnisse einzugehen. Insofern bedürfe es jedenfalls weiterer Ermittlungen.
50Der Kläger beantragt,
51das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 28.09.2011 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 09.06.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.08.2008 zu verurteilen, die Kosten für den Besuch des Klägers der L-Schule in Bad B vom 01.08.2008 bis zum 01.04.2012 als Hilfe zur angemessenen Schulbildung im Rahmen der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII zu übernehmen.
52Der Beklagte beantragt,
53die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
54Er hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend und nimmt auf sein bisheriges Vorbringen Bezug.
55Der Beigeladene stellt keinen Antrag. Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend; das Sozialgericht habe aus den vorliegenden Informationen zu Recht den Schluss gezogen, dass der Förderbedarf des Klägers in vollem Umfang an der M-schule hätte gedeckt werden können.
56Der Senat hat die Beiladung des Kreises I dahingehend geändert, dass als Beigeladener das Land Nordrhein-Westfalen, vertreten durch das Schulamt für den Kreis I, geführt wird (Beschluss vom 09.09.2013). Die Beiladung des (vormaligen) Beigeladenen zu 2 hat er nach Anhörung der Beteiligten aufgehoben (Beschluss vom 11.12.2015).
57Der Senat hat eine ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen Prof. Dr. X eingeholt. Hierzu wird auf das Schreiben des Senats vom 24.06.2015 (Blatt 496 bis 498 der Gerichtsakten) sowie die schriftliche Stellungnahme des Sachverständigen vom 10.11.2015 (Blatt 512 bis 515 der Gerichtsakten) Bezug genommen.
58Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird verwiesen auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogen Akten (Verwaltungsvorgänge des Beklagten, des Beigeladenen und des vormaligen Beigeladenen zu 2, Prozessakten des Sozialgerichts Detmold S 19 SO 121/08 ER und S 16 SO 112/09 ER). Der Inhalt ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
59Entscheidungsgründe:
60A) Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet; seine Klage ist zulässig, aber unbegründet.
61I.1. Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 09.06.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.08.2008 (§ 95 SGG). Der Beklagte hat es darin abgelehnt, Kosten für die Beschulung des Klägers an der L-Schule zu übernehmen. Da dies vollständig und ohne zeitliche Begrenzung verfügt wurde, ist bei gleichzeitiger Berücksichtigung des Begehrens des Klägers (§ 123 SGG) in zeitlicher Hinsicht der gesamte Zeitraum vom 01.08.2008 bis zum 01.04.2012 Streitgegenstand (vgl. - zur vollständigen Ablehnung von Arbeitslosengeld II - BSG, Urteil vom 15.04.2008 - B 14/7b AS 52/06 R Rn. 12 m.w.N. und im Übrigen LSG NRW, Urteil vom 11.08.2015 - L 20 SO 316/12 Rn. 34).
622. Eine weitergehende Beschränkung des streitgegenständlichen Zeitraumes ergibt sich (mit Blick auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, Urteil vom 11.12.2007 - B 8/9b SO 12/06 R Rn. 8 m.w.N.) nicht etwa daraus, dass der Kläger für die Zeit nach dem Schuljahr 2008/2009 Folgeanträge gestellt und der Beklagte diese beschieden hätte.
63Zwar hat sich der Kläger (mit Schreiben vom 15.06.2009, 14.06. bzw. 05.07.2010 und 13.07.2011) jeweils vor Beginn der Schuljahre 2009/2010, 2010/2011 und 2011/2012 nochmals wegen einer Zusage zur weiteren Kostenübernahme an den Beklagten gewandt. Aus Sicht eines objektiven Empfängers (§ 133 BGB; vgl. insoweit zur Auslegung von Verwaltungsakten etwa BSG, Urteil vom 23.03.2010 - B 8 SO 2/09 R Rn. 14) handelt es sich dabei jedoch nicht um "echte" Folgeanträge, d.h. um solche, die auf eine abschließende Entscheidung des Beklagten für einen weiteren Leistungszeitraum gerichtet waren; vielmehr ging es dem Kläger darin lediglich um eine einvernehmliche (weitere) vorläufige Regelung. Hierfür spricht zum einen, dass im Juni 2009 das Klageverfahren vor dem Sozialgericht schon fast neun Monate anhängig gewesen ist, eine Klärung in der Hauptsache mithin bereits auf den Weg gebracht war. Hinzu kommt, dass die nach dem Beschluss des Sozialgerichts vom 04.08.2008 - S 19 SO 121/08 ER mit Bescheid des Beklagten vom 11.08.2008 getroffene vorläufige Regelung im Juni 2009 kurz vor dem Auslaufen stand, die weitere Kostentragung also zeitnah regelungsbedürftig war. Das auf eine weitere nur vorläufige Entscheidung des Beklagten gerichtete Ziel des Klägers ergibt sich zudem aus dem insoweit eindeutigen Wortlaut seiner genannten Schreiben, die von einer Regelung zur Vermeidung eines weiteren Eilverfahrens sprechen. Im letzten Satz des Schreibens vom 15.06.2009 wird der Antrag auf Kostenübernahme sogar ausdrücklich auf die Zeit "bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in dieser Angelegenheit" beschränkt. Im Schreiben vom 05.07.2010 ist ausdrücklich von einer nur vorläufigen Kostenübernahme die Rede. Stellen die genannten Schreiben des Klägers damit keine Anträge auf endgültige Bescheidung der Folgezeiträume (im Anschluss an das Schuljahr 2008/2009) dar, so kann auch namentlich das Ablehnungsschreiben des Beklagten vom 01.07.2009 aus Empfängersicht nicht als endgültige ablehnende Bescheidung einer Leistungsbewilligung für das Schuljahr 2009/2010 (§ 31 SGB X) gelesen werden. Die späteren Entscheidungen zur Kostenübernahme für die Schuljahre 2010/2011 und 2011/2012 (Schreiben vom 13.07.2010 und vom 12.07.2011) hat der Beklagte ohnehin sogar ausdrücklich unter einen Vorläufigkeitsvorbehalt gestellt.
64Auch für die Zeit nach September 2011 bestehen keine Anhaltspunkte für den Eintritt einer verfahrensrechtlich beachtlichen Zäsur (im Sinne der Rechtsprechung des BSG, a.a.O.). Denn seit Oktober 2011 haben die Eltern des Klägers die Beschulungskostenselbst getragen und keinen weiteren Antrag auf Kostentragung beim Beklagten mehr gestellt.
65II.1. Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 SGG - unechte Leistungsklage -; dazu Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 54 Rn. 20a ff., 38 ff.; BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R Rn. 9; Senatsurteil vom 11.06.2014 - L 20 SO 418/11 Rn. 38) statthaft und auch im Übrigen zulässig.
662. Der Träger der L-Schule war nicht nach § 75 Abs. 2, 1. Var. SGG notwendig zum Verfahren hinzuzuziehen (vgl. dazu Jaritz/Eicher in jurisPK-SGB XII, 2. Auflage 2014, § 75 Rn. 54, 193 m.w.N.; BSG, Urteil vom 28.10.2008 - B 8 SO 22/07 R Rn. 13). Denn bei ihm stehen Forderungen aus der Beschulung des Klägers nicht mehr offen. Auch eine Beiladung anderer Leistungsträger war nicht veranlasst (dazu noch später).
67III. Die Klage ist unbegründet. Denn der Bescheid vom 09.06.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.08.2008 ist formell (dazu 1.) und materiell (dazu 2.) rechtmäßig; der Kläger ist nicht beschwert im Sinne von § 54 Abs. 2 S. 1 SGG.
681.a) Der Beklagte hat vor Erlass des Widerspruchsbescheides sozial erfahrene Dritte beteiligt (§ 116 Abs. 2 SGB XII).
69b) Bei Erlass der angefochtenen Bescheide war er für hier allein in Rede stehende Leistungen nach dem Sechsten Kapitel des SGB XII sachlich und örtlich zuständig.
70aa) Die sachliche Zuständigkeit des Beklagten ergibt sich aus § 97 Abs. 1 und Abs. 2 S. 1 SGB XII i.V.m. §§ 1, 2 AG-SGB XII NRW und § 2 Abs. 1 Nr. 1a AV-SGB XII NRW. Ihm sind durch § 1 Abs. 1 AG-SGB XII NRW die Aufgaben eines überörtlichen Sozialhilfeträgers zugewiesen. Überörtliche Träger der Sozialhilfe haben in Nordrhein-Westfalen Leistungen nach dem Fünften bis Neunten Kapitel des SGB XII u.a. für Personen zu erbringen, die in § 53 Abs. 1 S. 1 SGB XII genannt sind und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, wenn es wegen der Behinderung oder des Leidens in Verbindung mit den Besonderheiten des Einzelfalls erforderlich ist, die Hilfe in einer stationären oder teilstationären Einrichtung zu gewähren; dies gilt nur dann nicht, wenn die Hilfegewährung in der Einrichtung überwiegend aus anderen Gründen erforderlich ist (vgl. §§ 1, 2 AG-SGB XII NRW i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 1a AV-SGB XII NRW).
71Der Kläger, der das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, gehört zu dem von § 53 Abs. 1 S. 1 SGB XII i.V.m. § 2 Abs. 1 S. 1 SGB IX erfassten Personenkreis. Denn seine körperlichen Funktionen und geistigen Fähigkeiten wichen aufgrund einer Sprachentwicklungsstörung (Dyslalie, Stottersymptomatik) und einer unterdurchschnittlichen intellektuellen Lern- und Leistungskompetenz, Koordinationsschwächen der komplex-motorischen Bewegungsabläufe, eines Minderwuchses, eines De-Toni-Debre-Fanconi-Syndroms, einer Störung aus dem Autismusspektrum sowie einer Amblyopie des rechten Auges im streitigen Zeitraum von dem für sein Lebensalter typischen Zustand erheblich ab, so dass seine Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt war. Dies ergibt sich insbesondere aus dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. X vom 13.10.2010 sowie - damit übereinstimmend - dem AO-SF-Gutachten vom 30.04.2007 und den verschiedenen Berichten des SPZ der Uni-Klinik H. Aufgrund der genannten Einschränkungen bestand zudem ein sonderpädagogischer Förderbedarf; ein solcher Bedarf begründet stets die Annahme einer wesentlichen Behinderung im vorgenannten Sinne (vgl. BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R Rn. 14).
72Bei der L-Schule handelt es sich auch um eine (teil-)stationäre Einrichtung. Nach § 13 Abs. 2 XII sind Einrichtungen im Sinne des SGB XII alle Institutionen, die der Pflege, der Behandlung oder sonstigen nach dem SGB XII zu deckenden Bedarfen oder der Erziehung dienen. Die teil- bzw. vollstationäre Unterbringung erfordert im Gegensatz zur ambulanten Leistungserbringung einen Teil- oder Vollaufenthalt des Leistungsberechtigten und die geeignete Betreuung nach dem SGB XII, zusammengefasst in einer besonderen Organisationsform von personellen und sächlichen Mitteln. Teilstationär sind solche Einrichtungen, in denen die Leistungsempfänger nicht rund um die Uhr, sondern stundenweise betreut werden. Damit eine Institution auch im konkreten Einzelfall als Einrichtung fungiert, muss zudem eine nach dem individuellen Hilfebedarf des Leistungsberechtigten bestehende Einrichtungsbetreuungsbedürftigkeit bestehen. Maßgebend sind die Umstände des Einzelfalles; im Kern kommt es dabei darauf an, ob die Einrichtung die Gesamtverantwortung für die Lebensführung des Leistungsberechtigten übernimmt (vgl. zum Ganzen Senatsurteil vom 07.04.2008 - L 20 SO 53/06 Rn. 52; LSG NRW, Urteil vom 10.02.2011 - L 9 SO 11/08 Rn. 31 ff.; BVerwG, Urteil vom 24.02.1994 - 5 C 24/94 Rn. 15 ff.; Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, 5. Auflage 2014, § 13 Rn. 28 f.; Höfer/Krahmer in LPK-SGB XII, 10. Auflage 2015, § 13 Rn. 14-16; Hohm in Schellhorn/Hohm/Scheider, SGB XII, 19. Aufl. 2015, § 13 Rn. 11-14).
73Nach diesen Kriterien ist die L-Schule eine teilstationäre Einrichtung. Denn der Kläger hielt sich dort (mit Ausnahme der Ferienzeiten) regelmäßig an den Wochentagen von morgens bis nachmittags auf. Während seines Aufenthaltes erhielt er auf seinen Bedarf zugeschnittene Leistungen. Diese erschöpften sich nicht in einer bloßen Beschulung; erbracht wurde vielmehr eine Art "Komplexleistung", welche neben der schulischen Förderung auch weitere Angebote, wie etwa therapeutische Leistungen (u.a. Ergotherapie) und das Mittagessen, umfasste. Die Leistungen wurden zudem aus einer Hand erbracht; dies ist insbesondere aus dem Schulkonzept der L-Schule zu entnehmen. Die Schule hat damit für die Zeit des Aufenthalts des Klägers auch die Gesamtverantwortung für dessen Lebensführung übernommen. Diese Beurteilung steht nicht in Widerspruch zum Urteil des Bundessozialgerichts vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R (Rn. 12). Zwar hat das Bundessozialgericht dort Zweifel geäußert, ob eine Schule (anders als etwa eine einer Schule angegliederte Behinderteneinrichtung) eine teilstationäre Einrichtung sein könne. Im vom Bundessozialgericht entschiedenen Fall ging es jedoch im Wesentlichen allein um die Beschulung des dortigen Klägers, nicht hingegen - wie hier - zusätzlich um während des Schultages durchgeführte besondere therapeutische Maßnahmen.
74Die sachliche Zuständigkeit des Beklagten ist schließlich auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil der Kläger nicht allein wegen seiner Behinderung in die L-Schule aufgenommen worden wäre (vgl. § 2 Abs. 1 S. 1a AV-SGB XII NRW). Denn das Angebot der Schule war speziell auf den Unterstützungsbedarf behinderter Schülerinnen und Schüler zugeschnitten. Dies ist nicht nur aus dem allgemeinen Betreuungskonzept der Schule ersichtlich, sondern zeigt sich auch darin, dass für den Kläger - wie für die übrigen Schüler - in den Schulalltag integrierte, besondere Förderangebote (z.B. Ergotherapie) zur Verfügung gestellt wurden.
75bb) Die örtliche Zuständigkeit des Beklagten folgt aus § 98 Abs. 1 S. 1 SGB XII, nicht hingegen aus § 98 Abs. 2 S. 1 SGB XII. Denn die zuletzt genannte Regelung bezieht sich allein auf vollstationäre Leistungen und ist nicht - auch nicht analog - auf die Erbringung teilstationärer Leistungen anwendbar (vgl. dazu BSG, Urteil vom 23.07.2015 - B 8 SO 7/14 R Rn. 15 ff. m.w.N.; Hohm in Schellhorn/Hohm/Scheider, 19. Auflage 2015, § 98 Rn. 30; Söhngen in jurisPK-SGB XII, 2. Auflage 2014, § 98 Rn. 31; anders noch Senatsurteil vom 15.05.2013 - L 20 SO 67/08 Rn. 51).
76Nach § 98 Abs. 1 S. 1 SGB XII kommt es für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit auf den tatsächlichen Aufenthalt des Leistungsberechtigten an. Zwar bestimmt sich der Aufenthaltsort in der Regel danach, wo die Leistung unter physischer Anwesenheit des Berechtigten in Anspruch genommen wird (vgl. z.B. Hohm a.a.O., Rn. 13). Obwohl sich die L-Schule (als Ort der vom Kläger in Anspruch genommenen Leistung) in Hessen befindet, führt dies gleichwohl nicht etwa zu einer örtlichen Zuständigkeit eines hessischen Sozialhilfeträgers. Denn im Einzelfall können der "tatsächliche Aufenthalt" im Rechtssinne und der Ort der physischen Inanspruchnahme der Sozialhilfeleistung durchaus auseinanderfallen; in die Bestimmung des tatsächlichen Aufenthalts fließen - etwa bei regelmäßigem Aufenthalt an verschiedenen Orten - auch wertende Gesichtspunkte, wie etwa der familiäre Lebensmittelpunkt, mit ein (vgl. dazu etwa Schoch in LPK-SGB XII, 10. Auflage 2015, § 98 Rn. 14; Hohm a.a.O., Rn. 14 f.). Danach bildet für den Kläger die Stadt C den Ort seines "tatsächlichen Aufenthaltes" im Rechtssinne; denn hier lebte er als minderjähriges Kind im streitigen Zeitraum außerhalb der Schule mit seinen Eltern und seinem Bruder in familiärer Gemeinschaft zusammen (hierfür mag auch sprechen, dass das Gesetz in § 98 Abs. 1 S. 3 SGB XII das Fortbestehen einer bereits begründeten örtlichen Zuständigkeit vorsieht, wenn ein Ortswechsel nur zur Inanspruchnahme ambulanter oder teilstationärer Leistungen erfolgt; vgl. dazu Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 5. Auflage 2014, § 98 Rn. 16 ff.). Der Kreis I, in dem die Stadt C liegt, gehört nach § 1 Abs. 1 der Hauptsatzung des Beklagten zu dessen örtlichem Zuständigkeitsbereich.
77Da die gesamte Familie im streitigen Zeitraum ihren einzigen Wohnsitz in C hatte, kann sich an der Zuständigkeit des Beklagten durch die - erst spätere - Begründung eines Zweitwohnsitzes in Hessen von vornherein nichts ändern.
78cc) Unbeschadet der vorstehenden Ausführungen bestünde eine sachliche und örtliche Zuständigkeit des Beklagten im Außenverhältnis gegenüber dem Kläger jedenfalls nach § 14 Abs. 2 S. 1 i.V.m. Abs. 1 SGB IX (vgl. insoweit zu zwei vergleichbaren Fallgestaltungen Senatsurteile vom 11.08.2015 - L 20 SO 316/12 Rn. 39 ff. und vom 11.06.2014 - L 20 SO 418/11 Rn. 40 ff.). War der Beklagte jedoch nach den Regelungen des Zwölften Kapitels des SGB XII und den hierzu ergangenen landesrechtlichen Ausführungsbestimmungen bereits originär sachlich und örtlich zuständig, so war eine Beiladung eines anderen Sozialhilfeträgers, der bei einer Anwendbarkeit von § 14 Abs. 2 S. 1 SGB IX letztzuständig sein könnte, von vornherein nicht veranlasst (zumal - dazu im Folgenden - ein Leistungsanspruch des Klägers ohnehin nicht besteht).
792. Auch in der Sache ist die Entscheidung des Beklagten nicht zu beanstanden. Denn es existiert keine Anspruchsgrundlage, aufgrund derer der Kläger eine endgültige Übernahme seiner Beschulungskosten an der L-Schule verlangen könnte.
80a) Ein Anspruch des Klägers auf Eingliederungshilfe besteht nicht. Denn die Voraussetzungen der §§ 53, 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII i.V.m. § 12 Nr. 2 EinglhV (als Regelung der für den Kläger aus der Gesamtheit der Eingliederungshilfeleistungen einzig in Erwägung zu ziehende Leistungsform) liegen nicht vor.
81Zwar ist der Anwendungsbereich dieser Vorschriften nicht etwa bereits deshalb verschlossen, weil es nicht nur um eine die Schulbildung begleitende Maßnahme, sondern um die Schulbildung des Klägers als solche geht (vgl. dazu - auch mit Blick auf BSG, Urteil vom 24.06.2009 - B 8 SO 22/10 Rn. 15 - ausführlich Senatsurteile vom 15.05.2015 - L 20 SO 316/12 Rn. 48 ff., vom 11.06.2014 - L 20 SO 418/11 Rn. 49 ff. und vom 15.05.2013 - L 20 SO 67/08 Rn. 53). Außerdem gehört der Kläger auch zu dem nach § 53 Abs. 1 S. 1 SGB XII anspruchsberechtigten Personenkreis (s.o.).
82Einem vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Hilfe für eine angemessene Schulbildung (§ 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII i.V.m. § 12 Nr. 2 EinglhV) steht jedoch entgegen, dass er im streitigen Zeitraum an einer öffentlichen Schule in Nordrhein-Westfalen hätte beschult werden können, ohne dass er dazu Sozialhilfeleistungen bedurft hätte. Denn die M-schule in Q hätte eine geeignete und dem Kläger zumutbare Beschulung durchführen können.
83aa) Die M-schule wäre nicht etwa schon deshalb ungeeignet gewesen, weil sie nur Schüler mit dem vorrangigen Förderschwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung hätte beschulen können, nicht aber solche mit dem vorrangigen Förderschwerpunkt Lernen als dem Förderschwerpunkt, der im Bescheid des Beigeladenen vom 28.06.2007 zu Beginn des streitigen Zeitraumes (nach Rücknahme des Widerspruchs am 18.08.2008 bestandskräftig) festgestellt war.
84(1) Denn der für den Kläger tatsächlich zutreffende vorrangige Förderschwerpunkt war (was zwischen den Beteiligten mittlerweile nicht mehr umstritten ist) von Anfang an der Förderschwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung. Dieser vorrangige Schwerpunkt ist jedenfalls seit dem 07.11.2011 auch schulamtlich festgestellt (Bescheid des Beigeladenen vom 13.10.2011). Eine vergleichbare Änderung war im Übrigen schon mit Bescheid des Staatlichen Schulamts für den T-Kreis und den Landkreis X vom 21.07.2009 erfolgt, dem der Beigeladene mit Schreiben vom 24.07.2009 auch bereits zugestimmt hatte.
85(2) Zwar sind nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des erkennenden Senats (BVerwG, Urteil vom 28.04.2005 - 5 C 20/04 Rn. 11; Senatsurteil vom 11.06.2014 - L 20 SO 418/11 Rn. 55 m.w.N.) die Träger der Sozialhilfe bei der Eingliederungshilfe an schulrechtlich verbindliche Entscheidungen des Schulamtes gebunden, so etwa an die Bestimmung des Förderortes.
86Insofern können allerdings besondere Umstände Ausnahmen erfordern. Dies zeigt gerade der Fall des Klägers. Hier war der Beklagte keineswegs gehindert, bei der Benennung einer alternativen Beschulungsmöglichkeit vom formal durch den Beigeladenen bestimmten Förderort (eine Förderschule mit dem Förderschwerpunkt Lernen) abzuweichen. Denn im Fall des Klägers kann allein die formale Feststellung des (vorrangigen) Förderschwerpunktes Lernen den maßgeblichen Lebenssachverhalt zur Frage des zutreffenden Förderortes zwischen den Beteiligten unter Einschluss des Beigeladenen und des vormaligen Beigeladenen zu 2 nicht hinreichend erfassen. Für eine sachgerechte Beurteilung sind vielmehr hypothetische Verläufe zu berücksichtigen.
87Dies ist schon deshalb geboten, weil Beschulungsalternativen innerhalb Nordrhein-Westfalens nach einem Förderschwerpunkt Lernen den Bedürfnissen des Klägers ersichtlich nicht entsprochen hätten. Dabei konnte es zu einer (dem nordrhein-westfälischen Schulrecht entsprechenden) zeitnahen, bedürfnisgerechten Änderung dieses Förderschwerpunktes - dessen Festlegung durch Bescheid des Beigeladenen vom 28.06.2007 sich schon alsbald und auch für den Kläger offensichtlich als unzutreffend erwiesen hatte - nur deshalb nicht kommen, weil sich der Kläger durch den Besuch der L-Schule in Hessen bewusst aus dem Fokus des Beigeladenen entfernt hatte; der Beigeladene hatte dadurch weder Veranlassung noch Möglichkeit, eine berichtigte, an den objektiven Bedürfnissen des Klägers ausgerichtete Bestimmung des vorrangigen Förderschwerpunktes vorzunehmen. Denn die L-Schule konnte - neben dem eigentlich einschlägigen Förderschwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung - zugleich den mit Bescheid vom 28.06.2007 festgelegten Förderschwerpunkt Lernen abdecken. Dies beruhte auf den Besonderheiten des hessischen Schulrechts, das - anders als das nordrhein-westfälische - die gleichrangige Feststellung mehrerer Förderschwerpunkte gestattet. Dementsprechend konnte der Beigeladene den Eltern des Klägers mit Schreiben vom 25.10.2007 auch mitteilen, gegen den Besuch dieser Schule bestünden keine Bedenken, wenn sie sich auch um die Finanzierung des Schulbesuchs selbst zu kümmern hätten.
88Hätte der Kläger hingegen eine öffentliche, für ihn kostenfreie Förderschule in Nordrhein-Westfalen besucht, wäre es (auch dort) alsbald zu einer Feststellung des bedürfnisgerechten Förderschwerpunkts gekommen. Denn schon aus dem Beratungsgespräch seiner Eltern am 27.08.2007 mit Mitarbeitern der L-Schule hatte sich ergeben, dass der wesentliche und damit vorrangige Förderbedarf des Klägers nicht im Bereich Lernen, sondern im Bereich der körperlichen und motorischen Entwicklung lag. Dies war zugleich der Beklagten bewusst; sie hat schon in ihrer Antragserwiderung im ersten Eilverfahren vor dem Sozialgericht (S 19 SO 121/08) unter dem 04.08.2008 die M-schule (mit dem vorrangigen Förderschwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung) als geeignete Beschulungsalternative benannt.
89Hat damit der Kläger letztlich durch eigenes Verhalten (Rücknahme des Widerspruchs gegen den Bescheid des Beigeladenen mit Feststellung des Förderschwerpunkts Lernen, Einschulung an der L-Schule in Hessen) selbst die Tatsachen geschaffen, die eine rechtzeitige schulamtliche Feststellung des eigentlich einschlägigen Förderschwerpunktes vereitelt haben, so kann ihm die unzutreffende Feststellung des Förderschwerpunktes Lernen im vorliegenden Verfahren nicht (durch Abstellen auf die bestandskräftige Feststellung des Förderschwerpunkts Lernen) zum Vorteil gereichen.
90bb) Eine Übernahme der Kosten für den Besuch der L-Schule durch den Kläger als Eingliederungshilfe zur Erlangung einer angemessenen Schulbildung käme deshalb nur dann in Betracht, wenn ihm der Besuch einer anderen (nordrhein-westfälischen und damit für ihn kostenfreien öffentlichen) Schule aus schwerwiegenden subjektiven Gründen nicht möglich bzw. nicht zumutbar gewesen wäre (vgl. zu insoweit vergleichbaren Fällen bereits die Senatsurteile vom 11.06.2014 - L 20 SO 418/11 Rn. 52 und vom 11.08.2015 - L 20 SO 316/12 Rn. 51).
91Der Prüfungsmaßstab für die Beurteilung der (Un-)Möglichkeit bzw. (Un-)Zumutbarkeit des Besuchs einer öffentlichen Schule ergibt sich dabei vor allem aus der Aufgabe der Sozialhilfe, dem Empfänger der Sozialhilfeleistung die Führung eines Lebens zu ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht, und ihn so weit wie möglich zu befähigen, unabhängig von ihr zu leben (vgl. § 1 SGB XII; vgl. insoweit auch BVerwG, Urteil vom 13.08.1992 - 5 C 70/88; Senatsurteile vom 11.06.2014 - L 20 SO 418/11 Rn. 53 und vom 11.08.2015 - L 20 SO 316/12 Rn. 52). Ferner ist (wie der Senat ebenfalls bereits mehrfach ausgeführt hat; vgl. Urteile vom 15.05.2013 - L 20 SO 67/08 Rn. 57, vom 11.06.2014 - L 20 SO 418/11 Rn. 60 ff., vom 11.08.2015 - L 20 SO 316/12 Rn. 61 ff. sowie Beschluss vom 17.05.2010 - L 20 B 168/08 SO ER Rn. 61 f. m.w.N.) zu berücksichtigen, dass mit Blick auf das Merkmal der angemessenen Schulbildung in § 12 Nr. 2 EinglhV unter zusätzlicher Berücksichtigung des Nachranggrundsatzes in § 2 Abs. 1 SGB XII nicht jedwede Hilfeleistung zu einer nach den Vorstellungen des behinderten Menschen bzw. seiner Erziehungsberechtigten bestmöglichen Schulbildung als Eingliederungshilfe verlangt werden kann. Die schulische Förderung von Kindern ist nach Art. 7 Abs. 1 GG eine grundsätzlich allein den (öffentlichen) Schulträgern zugewiesene Aufgabe (BSG, Urteil vom 22.03.2012 - B 8 SO 30/10 R Rn. 15). Insbesondere besteht ein Ausschluss für die Übernahme von Schulkosten aufgrund der Gesetze der Länder, jedenfalls soweit die Schulbehörde der ihr möglichen vorrangigen Leistungsverpflichtung auch nachkommt (Voelzke, in Hauck/Noftz, SGB XII, 41. EL VI/15, § 54 Rn. 44a; BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R Rn. 16). Erst wenn feststeht, dass eine im Sinne von § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII angemessene Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht nicht zu erlangen ist, kann unter dem Gesichtspunkt der Eingliederungshilfe die Übernahme von Kosten für eine anderweitige Beschulung des behinderten Menschen in Betracht kommen (LSG Hessen, Urteil vom 22.11.2010 - L 9 SO 9/07 Rn. 31 zu § 35a SGB VIII; VGH Hessen, Urteil vom 20.08.2009 - 10 A 1799/08 Rn. 59).
92Davon ausgehend stellt die M-schule im hier streitigen Zeitraum eine für den Kläger zumutbare Beschulungsalternative dar.
93Für diese Beurteilung ist (vgl. hierzu die Senatsurteile vom 15.05.2013 - L 20 SO 67/08 Rn. 59, vom 11.06.2014 - L 20 SO 418/11 Rn. 64 und vom 11.08.2015 - L 20 SO 316/12 Rn. 65) mit Blick auf die Formulierungen in § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII ("angemessene Schulbildung") und § 12 Nr. 2 EinglhV ("üblicherweise erreichbare Bildung") in einem ersten Schritt festzustellen, welches konkrete Bildungsziel für den behinderten Menschen in Betracht kommt - dazu im Folgenden unter (1) -. Daran anschließend ist zu prüfen, ob dieses Ziel mit den Möglichkeiten, welche das öffentliche Schulsystem für den Betroffenen bereithält, in zumutbarer Weise verfolgt werden kann oder nicht - dazu unter (2) -. Im Rahmen dieses zweiten Prüfungsschritts sind unter "bereithalten" die Leistungen oder Rahmenbedingungen zu verstehen, die das öffentliche Bildungssystem dem behinderten Menschen tatsächlich zur Verfügung stellt, oder die der Betroffene im Rahmen zumutbarer Bemühungen rechtzeitig realisieren kann (vgl. auch Scheider in Schellhorn//Hohm/Scheider, SGB XII, 19. Auflage 2015, § 53 Rn. 71 ff.; Voelzke a.a.O. Rn. 44a m.w.N.; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15.06.2000 - 16 A 3108/99 Rn. 17 a.E. und Rn. 22).
94(1) Beim für den Kläger anzustrebenden konkreten Bildungsziel folgt der Senat den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. X in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 10.11.2015. Danach ist davon auszugehen, dass bei dem Kläger - insbesondere mit Blick auf seine Störung aus dem Autismusspektrum - der Erwerb alltagspraktischer Fertigkeiten und das Erlernen sozialer Kompetenz im Vordergrund standen. Nicht erreichbar war demgegenüber ein formaler Bildungsabschluss an der Förder-, geschweige denn an einer Regelschule. Anzustreben war jedoch das Erlernen der elementaren Kulturtechniken (Rechnen, Lesen, Schreiben) in möglichst weitgehendem Umfang, abhängig von den - im Einzelnen nicht vorhersehbaren - erreichbaren Lernfortschritten des Klägers. Der Sachverständige leitet diese Bildungsziele erkennbar und nachvollziehbar aus allen verfügbaren Informationen her, insbesondere unter Einbeziehung des noch 2010 (dem Jahr der Untersuchung des Klägers durch den Sachverständigen) bestehenden Unterstützungsbedarfs. Seine Beurteilung korreliert im Übrigen mit den tatsächlichen Abläufen, namentlich der deutlichen Überforderung des Klägers an der Regelgrundschule H und seiner späteren Entwicklung. Der Kläger hat denn auch gegen die Einschätzung des Bildungszieles durch den Sachverständigen keine Einwände vorgebracht.
95(2) Der Kläger hätte dieses Bildungsziel durch Besuch der M-schule ab August 2008 erfolgversprechend und damit auf zumutbare Weise verfolgen können.
96(a) Dabei ist wegen des komplexen Behinderungsbildes - insoweit unstreitig - beim Kläger von der Notwendigkeit eines multimodalen Förderkonzeptes auszugehen; dies hatte im Wesentlichen an den körperlichen und motorischen sowie den sprachlichen Defiziten sowie an der Autismusspektrumstörung des Klägers anzusetzen. Ergotherapeutische und logopädische Maßnahmen waren in das Konzept einzubeziehen. Hingegen waren physiotherapeutische Maßnahmen und andere Angebote - wie etwa therapeutisches Reiten -nicht zwingend erforderlich.
97Dass diese einzelnen Förderbereiche bei einem Besuch der M-schule angemessen und ausreichend hätten bearbeitet werden können, hat das Sozialgericht unter eingehender Auswertung des schriftlichen Gutachtens und der mündlichen Anhörung des Sachverständigen sowie der Zeugenaussage des Rektors der M-schule überzeugend ausgeführt. Der Senat schließt sich diesen Ausführungen im angefochtenen Urteil nach eigener Prüfung an und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG).
98(b) Aus den von dem Sozialgericht beigezogenen Befundberichten der behandelnden Ärzte des Klägers bzw. den Behandlungsberichten des SPZ der Uni-Klinik H ergibt sich keine andere Beurteilung. Weitergehende Anforderungen hinsichtlich einer sachgerechten Beschulung des Klägers werden dort nicht beschrieben. Die Befundberichte sind insoweit (soweit sie hierzu überhaupt Angaben enthalten) unspezifisch und pauschal formuliert. Die Berichte des SPZ befürworten zwar einen Verbleib des Klägers an der L-Schule, weil dieser dort gut bzw. sogar optimal gefördert werden könne. Letzteres ist - wiewohl von keiner Seite bestritten - letztlich jedoch nicht entscheidend; Beurteilungsmaßstab ist vielmehr, ob mit Blick auf das individuelle Bildungsziel des Klägers eine angemessene Beschulung auch an der Liboriussschule (ebenso wie an der L-Schule) möglich und damit zumutbar gewesen wäre.
99(c) Auch die vom Kläger im Berufungsverfahren vorgetragenen Einwände rechtfertigen keine andere Einschätzung.
100(aa) Der Einwand, das Sozialgericht habe übersehen, dass sich alle Fachleute für die L-Schule ausgesprochen hätten, ist angesichts des anzulegenden Prüfungsmaßstabs nicht von Bedeutung (s.o.).
101(bb) Die Behauptung, der Rektor der M-schule habe die Sachlage nicht zutreffend beurteilen können, weil er das eigentliche Behinderungsbild nicht gekannt habe, geht ins Leere. Er ist schon sachlich unzutreffend; der Zeuge hat vielmehr zu Beginn seiner Vernehmung mitgeteilt, er habe vorab vom Gutachten des Prof. Dr. X Kenntnis genommen. Ohnehin kommt es darauf nicht an. Denn der Schulleiter musste die konkreten Fördermöglichkeiten seiner Schule darlegen; die sodann anhand seiner Angaben zu treffende Beurteilung, ob diese Möglichkeiten für eine angemessene Beschulung des Klägers ausgereicht hätten, oblag allein dem Sozialgericht. Dieses hat die Angaben des Schulleiters zutreffend ausgewertet.
102(cc) Der Einwand, ein Besuch der M-schule wäre wegen der dortigen Klassengrößen nicht zumutbar gewesen, ist jedenfalls im Anschluss an die ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen vom 10.11.2015 widerlegt. Durch diese Stellungnahme ist klargestellt, dass die Benennung konkreter Grenzwerte für Klassengrößen im Förderschulbereich (insbesondere für Kinder mit einer Autismusspektrumstörung) nicht möglich ist. Kleine Klassen sind, dem Sachverständigen folgend, zwar sicherlich ebenso wünschenswert wie klare und feste Strukturen, an denen sich das Kind orientieren kann; gleichwohl können konkrete Schülerzahlen im Sinne einer Obergrenze nicht angegeben werden. Diese Angaben des Sachverständigen decken sich im Übrigen mit sachverständigen Einschätzungen, die dem Senat aus anderen Verfahren mit vergleichbarer Fragestellung bekannt sind; der Senat hat deshalb keine Zweifel, dass die Angaben des Sachverständigen Prof. Dr. X dem Stand der Wissenschaft entsprechen und zutreffend sind.
103Können aber fixe Obergrenzen für eine zumutbare Klassengröße nicht benannt werden, ist auch in Anbetracht der konkreten Umstände des vorliegenden Falles nicht festzustellen, dass die Klassengrößen an der M-schule für den Kläger unzumutbar wären. Sind die Unterschiede zwischen der L-Schule (acht Schüler) und der M-schule (zehn Schüler) gering, so erscheint angesichts der Ausführungen des Sachverständigen nicht begründbar, dass eine Klassengröße mit acht Schülern zumutbar, mit zehn Schülern jedoch nicht mehr zumutbar sei. Dabei berücksichtigt der Senat zudem, dass an der M-schule in bestimmten Fächern innerhalb einer Klasse beim Unterricht weiter zwischen verschiedenen Schülergruppen differenziert wird. Ein signifikanter Unterschied zwischen M-schule und L-Schule ist deshalb nicht einmal erkennbar.
104(dd) Gegen eine Zumutbarkeit des Besuchs der M-schule für den Kläger spricht auch nicht, dass dort alle drei Jahre das Lehrpersonal einer Klasse wechselt. Denn ein solcher Wechsel erfolgt nach den (unwidersprochenen) Ausführungen des Sachverständigen an Förderschulen in Hessen (namentlich der L-Schule) in gleicher Weise. Ohnehin lässt sich eine Veränderung in der Klassenzusammensetzung oder beim Lehrpersonal (etwa durch Umzug von Schülern, Ruhestand, Elternschaft oder Krankheit von Lehrpersonal) auch unabhängig von einem dreijährigen Turnus von vornherein nicht ausschließen.
105(ee) Eine Wahrnehmung begleitender therapeutischer Angebote während des Schulalltags (insbesondere Logopädie, Ergotherapie und ggf. Physiotherapie) wäre für den Kläger an der M-schule ebenso möglich gewesen wie an der L-Schule. Der Senat entnimmt dies den beigezogenen schriftlichen Angaben der Schulleitung; dem Schulkonzept zufolge besteht die Möglichkeit, innerhalb der M-schule Physiotherapie und Ergotherapie nach ärztlicher Verordnung zu erhalten. Dies entspricht dem Bedarf des Klägers, dem nach den Angaben seiner Mutter im Erörterungstermin vom 09.09.2013 von der Kinderärztin Dr. Q durchgehend Logopädie, Ergotherapie und Physiotherapie verordnet wurden. Davon wurden allein Ergo- und Physiotherapie in der L-Schule durchgeführt, während Logopädie außerhalb der Schulzeit in einer Praxis in C wahrgenommen wurde; unbeschadet dessen hätte an der M-schule ohnehin die Möglichkeit zu Logopädie auch während der Schulzeit bestanden.
106(ff) Soweit beim Kläger 15 Minuten längere Schulwege angefallen wären, hätte dies ebenfalls den Besuch der M-schule nicht unzumutbar gemacht. Zwar erscheint ein solcher Unterschied nicht von vornherein als unerheblich. Er wäre aber im Anschluss an den Sachverständigen Prof. Dr. X durchaus zumutbar. Dieser hat - auf ausdrückliche Nachfrage des Sozialgerichts sowie auf Nachfrage des Senats nochmals in der ergänzenden Stellungnahme vom 10.11.2015 - die Fahrtzeit nicht als wesentlich limitiert angesehen. Entscheidend sei vielmehr mit Blick auf die Autismusspektrumstörung des Klägers, dass der Transport regelhaft gestaltet sei und nicht zu viele Wechsel stattfänden. Anhaltspunkte gegen eine Gewährleistung eines solchen regelhaften und zuverlässigen Schultransports im Rahmen des (an der M-schule eingerichteten und an den Vorgaben der Schülerfahrkostenverordnung Nordrhein-Westfalen orientierten) Schülerspezialverkehrs sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
107(gg) Hätte der Kläger nach allem im streitigen Zeitraum die M-schule zumutbar besuchen können, so kann er sich schließlich nicht darauf berufen, ihm sei, nachdem er nun einmal an der L-Schule eingeschult worden sei, jedenfalls ein nachträglicher Wechsel auf die M-schule nicht mehr zuzumuten gewesen.
108Der Senat hat bereits entschieden (vgl. Urteil vom 15.05.2013 - L 20 SO 67/08 Rn. 70), dass auch negative Auswirkungen auf den Entwicklungsprozess einen nachträglichen Schulwechsel nicht grundsätzlich ausschließen; ein Leistungsberechtigter darf vielmehr gegenüber dem beklagten Sozialhilfeträger keinen Vorteil daraus ziehen, dass er eine kostenverursachende Schulbildung trotz einer die Kostenübernahme ablehnenden, angefochtenen Entscheidung des Sozialhilfeträgers dennoch aufgenommen und dadurch vollendete Tatsachen geschaffen hat. Dies gilt im Falle des Klägers auch mit Blick darauf, dass er eine Kostentragung unter Inanspruchnahme einstweiligen Rechtsschutzes vorläufig hatte erwirken können. Denn insofern musste ihm bewusst sein, dass der Beklagte im Falle einer abweichenden Entscheidung im Hauptsacheverfahren dennoch die Kosten nicht endgültig übernimmt (nichts anderes ergibt sich insoweit aus den Senatsurteilen vom 11.06.2014 - L 20 SO 418/11 und vom 11.08.2015 - L 20 SO 316/12, jeweils Rn. 86).
109Unbeschadet dessen hat der Kläger ohnehin (wenn auch möglicherweise aus wirtschaftlicher Notwendigkeit nach Einstellung der vorläufigen Leistungen durch den Beklagten im September 2011) im April 2012 sogar tatsächlich die Schule gewechselt und besucht seither die L-Schule in I. Zwar gingen mit diesem Wechsel nach seinem Vorbringen Probleme und Reibungsverluste einher. Dass aber ein vergleichbarer Wechsel an die M-schule im Vergleich dazu zu unzumutbaren Entwicklungsrückschritten oder sonstigen irreversiblen Nachteilen geführt hätte, erscheint angesichts des tatsächlich durchgeführten Schulwechsels nicht plausibel.
110b) Scheidet eine Übernahme der Beschulungskosten als Eingliederungshilfe aus, so sind zugleich andere Anspruchsgrundlagen nicht ersichtlich.
111aa) Einen Anspruch (gegen den örtlichen Träger der Sozialhilfe) auf Leistungen nach dem Dritten oder Vierten Kapitel des SGB XII aufgrund abweichender Festlegung des Regelsatzes gemäß § 28 Abs. 1 S. 2 SGB XII (in der bis zum 31.12.2010 geltenden Fassung) bzw. nach § 27a Abs. 4 S. 1 SGB XII (vgl. dazu BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R Rn. 18) macht der Kläger ausdrücklich nicht geltend. Die Anspruchsvoraussetzungen lägen ohnehin nicht vor. Denn auch hier würde es sich nicht um einen unabweisbaren Bedarf handeln, da die M-schule als zumutbare, für den Kläger kostenfreie Beschulungsalternative zur Verfügung gestanden hätte (vgl. für einen vergleichbaren Fall BSG a.a.O.). Aus diesem Grund war auch eine (vorsorgliche) Beiladung des örtlichen Sozialhilfeträgers nicht veranlasst.
112bb) Eingliederungshilfe des Jugendhilfeträgers nach § 35a SGB VIII kommt ebenfalls erkennbar nicht in Betracht; auch dieser Träger war deshalb nicht zum Verfahren hinzuzuziehen. Zwar dürfte der frühkindliche Autismus des Klägers eine seelische Behinderung im Sinne des § 35a Abs. 1 und 3 SGB VIII sein, welche grundsätzlich zu einer Leistungszuständigkeit des Jugendhilfeträgers führen kann. Die Leistungszuständigkeit zwischen Sozial- und Jugendhilfeträger ist jedoch nach § 10 Abs. 4 S. 2 SGB VIII abzugrenzen; danach ist der Sozialhilfeträger zuständig, wenn - wie hier - (auch) eine wesentliche geistige Behinderung vorliegt (vgl. zu dieser Abgrenzung ausführlich etwa Senatsurteil vom 18.01.2013 - L 20 SO 170/11 Rn. 59 ff. m.w.N.). Denn eine wesentliche geistige Behinderung besteht u.a. dann, wenn ihretwegen eine erfolgreiche Teilnahme am Grundschulunterricht - als Basis für jegliche weitere Schullaufbahn und damit einer Teilhabe an der Gesellschaft - nicht möglich ist. Dies ist etwa der Fall, wenn Lerninhalte ohne zusätzliche Hilfestellung nicht aufgenommen und verarbeitet werden können (vgl. zum Ganzen Scheider in Schellhorn/Hohm/Scheider, SGB XII, 19. Auflage 2015, § 2 EinglhV Rn. 4-6 und Wahrendorf, in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 5. Auflage 2014, § 53 Rn. 25). Dass dies beim Kläger der Fall war, lässt sich den verschiedenen vorliegenden Stellungnahmen zu einer sinnvollen Beschulung des Klägers, insbesondere dem AO-SF-Gutachten vom 30.0.2007, entnehmen.
113B) Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 S. 1 SGG und folgt der Entscheidung in der Sache. Die Kosten des Beigeladenen sind nicht zu erstatten, weil er keinen eigenen Antrag gestellt hat (vgl. dazu Senatsurteile vom 18.04.2011 - L 20 SO 78/10 Rn. 62 und vom 08.06.2015 - L 20 SO 473/12; ferner Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 193 Rn. 3b).
114C) Der Senat lässt die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zu (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
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Urteil einreichenLandessozialgericht NRW Urteil, 15. März 2016 - L 20 SO 545/11 zitiert oder wird zitiert von 6 Urteil(en).
(1) Die Leistungen richten sich nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach der Art des Bedarfs, den örtlichen Verhältnissen, den eigenen Kräften und Mitteln der Person oder des Haushalts bei der Hilfe zum Lebensunterhalt.
(2) Wünschen der Leistungsberechtigten, die sich auf die Gestaltung der Leistung richten, soll entsprochen werden, soweit sie angemessen sind. Wünschen der Leistungsberechtigten, den Bedarf stationär oder teilstationär zu decken, soll nur entsprochen werden, wenn dies nach der Besonderheit des Einzelfalles erforderlich ist, weil anders der Bedarf nicht oder nicht ausreichend gedeckt werden kann und wenn mit der Einrichtung Vereinbarungen nach den Vorschriften des Zehnten Kapitels dieses Buches bestehen. Der Träger der Sozialhilfe soll in der Regel Wünschen nicht entsprechen, deren Erfüllung mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden wäre.
(3) Auf Wunsch der Leistungsberechtigten sollen sie in einer Einrichtung untergebracht werden, in der sie durch Geistliche ihres Bekenntnisses betreut werden können.
Ständiger Vertreter ist eine Person, die nachhaltig die Geschäfte eines Unternehmens besorgt und dabei dessen Sachweisungen unterliegt. Ständiger Vertreter ist insbesondere eine Person, die für ein Unternehmen nachhaltig
- 1.
Verträge abschließt oder vermittelt oder Aufträge einholt oder - 2.
einen Bestand von Gütern oder Waren unterhält und davon Auslieferungen vornimmt.
Aufgabe der Sozialhilfe ist es, den Leistungsberechtigten die Führung eines Lebens zu ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht. Die Leistung soll sie so weit wie möglich befähigen, unabhängig von ihr zu leben; darauf haben auch die Leistungsberechtigten nach ihren Kräften hinzuarbeiten. Zur Erreichung dieser Ziele haben die Leistungsberechtigten und die Träger der Sozialhilfe im Rahmen ihrer Rechte und Pflichten zusammenzuwirken.
(1) Sozialhilfe erhält nicht, wer sich vor allem durch Einsatz seiner Arbeitskraft, seines Einkommens und seines Vermögens selbst helfen kann oder wer die erforderliche Leistung von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält.
(2) Verpflichtungen anderer, insbesondere Unterhaltspflichtiger oder der Träger anderer Sozialleistungen, bleiben unberührt. Auf Rechtsvorschriften beruhende Leistungen anderer dürfen nicht deshalb versagt werden, weil nach dem Recht der Sozialhilfe entsprechende Leistungen vorgesehen sind.
Amtsträger ist, wer nach deutschem Recht
- 1.
Beamter oder Richter (§ 11 Abs. 1 Nr. 3 des Strafgesetzbuchs) ist, - 2.
in einem sonstigen öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis steht oder - 3.
sonst dazu bestellt ist, bei einer Behörde oder bei einer sonstigen öffentlichen Stelle oder in deren Auftrag Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrzunehmen.
Ist die Finanzbehörde ermächtigt, nach ihrem Ermessen zu handeln, hat sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten.
Hat ein Vorverfahren stattgefunden, so ist Gegenstand der Klage der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat.
Das Gericht entscheidet über die vom Kläger erhobenen Ansprüche, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein.
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 26.06.2012 wird zurückgewiesen. Der Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers auch für das Berufungsverfahren. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt. Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Der Kläger begehrt die Übernahme der Kosten für den Besuch einer Tagesbildungseinrichtung in Niedersachsen seit Beginn des Schuljahrs 2008/2009.
3Der am 00.00.2001 geborene Kläger, der über kein Einkommen verfügt, leidet im Wesentlichen an einer leichten Intelligenzminderung (IQ von 62) sowie einer generalisierten Angststörung.
4Von August 2005 bis 2008 besuchte er den heilpädagogischen Kindergarten am T in Bad M (Niedersachsen). Dieser ist von seinem Wohnort ca. 14,5 km entfernt; Träger ist der Beigeladene zu 2. Die Kosten für die heilpädagogischen Leistungen und die Fahrten zwischen Wohnung und Einrichtung übernahm der Beklagte unter Heranziehung der Eltern zu einem monatlichen Kostenanteil zunächst bis zum voraussichtlichen Beginn der Schulpflicht (Bescheide vom 17.12.2004 und 16.08.2005) sowie - nach Zurückstellung des Klägers vom Schulbesuch für das Schuljahr 2007/2008 - bis Juli 2008 (Bescheid vom 22.08.2007).
5Im Hinblick auf die bevorstehende Einschulung des Klägers stellte der Beigeladene zu 1 mit (bestandskräftig gewordenen) Bescheiden vom 12.06.2007 und 11.06.2008 den sonderpädagogischen Förderbedarf des Klägers im Förderschwerpunkt "Geistige Entwicklung" fest und wies den Kläger mit Wirkung vom 01.08.2007 einer entsprechenden Förderschule zu. Dabei ging der Beigeladene zu 1 im Bescheid vom 11.06.2008 davon aus, dass der Kläger demnächst die N-Schule in H als nächstgelegene entsprechende (nordrhein-westfälische) Förderschule besuchen werde. Anderenfalls sollten die Eltern den Beigeladenen zu 1 und die N-Schule informieren. Grundlage der Bescheide war u.a. ein pädagogisches Gutachten der Sonderschullehrerinnen C und I vom 30.05.2007, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird.
6Die N-Schule ist etwa 27 km von der Wohnung des Klägers entfernt; mittels Sammelbeförderung (Schülerspezialverkehr) würde ein Transport des Klägers zu dieser Schule pro Weg maximal 60 Minuten dauern. Der Unterricht an der N-Schule beginnt montags bis freitags gleitend zwischen 8.15 Uhr und 8.30 Uhr. Er endet montags bis donnerstags um 15.00 Uhr, freitags um 12.30 Uhr. Wegen der weiteren Rahmenbedingungen der dortigen Beschulung, u.a. der Größe der Schule und Klassen, der Organisation, des Förderkonzepts sowie des Betreuungsschlüssels wird auf die Bekundungen des dortigen Schulleiters, des Zeugen L, in dem zwischen den Beteiligten anhängig gewesenen Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes (Sozialgericht Detmold - S 16 SO 10/09 ER) sowie in der öffentlichen Sitzung vom 11.06.2014 des bei dem Senat anhängig gewesenen Streitverfahrens L 20 SO SO 418/11 Bezug genommen; die damalige Sitzungsniederschrift hat der Senat zum Gegenstand des vorliegenden Verfahrens gemacht.
7Mit Beginn des Schuljahrs 2008/2009 meldeten die Eltern den Kläger nicht auf der N-Schule, sondern auf der T-Schule in Bad M an. An dieser Schule wird der Kläger seither gefördert.
8Die T-Schule ist eine vom Land Niedersachsen anerkannte Tagesbildungsstätte. Sie liegt auf dem gleichen Gelände wie der Kindergarten Am T; Träger der Schule ist ebenfalls der Beigeladene zu 2. Die Fahrtzeit von der Wohnung des Klägers zur ca. 14,5 km entfernten Schule beträgt ausweislich eines verbreitet genutzten Routenplaners (www.falk.de/routenplaner) 17 Minuten; die Transportzeit mittels Sammelbeförderung (Schülerspezialverkehr) beträgt nach den Angaben der Eltern des Klägers etwa 20 bis 25 Minuten. Der Unterricht findet montags bis freitags von 7.45 Uhr bis 14.15 Uhr statt. Bezüglich der Rahmenbedingungen der Beschulung an der T-Schule wird auf die Bekundungen der Schulleiterin T1 in der öffentlichen Sitzung des Senats vom 11.08.2015 sowie im Eilverfahren (Sozialgericht Detmold - S 16 SO 10/09 ER) vom 20.08.2009 verwiesen. Die Kosten für den Besuch der T-Schule (zunächst monatlich ca. 2.100,00 EUR, seit Januar 2013 ca. 2.200 EUR und seit Januar 2014 ca. 2.500 EUR) trägt der Beklagte seit Januar 2009 vorläufig aufgrund einer entsprechenden einstweiligen Anordnung (Beschluss des Sozialgerichts Detmold vom 10.02.2009 - S 16 SO 10/09 ER; die dagegen eingelegte Beschwerde des Beklagten blieb erfolglos; LSG NRW, Beschluss vom 31.03.2010 - L 12 B 19/09 SO ER).
9Am 17.06.2008 beantragten die Eltern des Klägers beim Beklagten die Übernahme der Beschulungskosten des Klägers an der T-Schule ab Beginn des Schuljahres 2008/2009 als Leistung der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII. Dabei verwiesen sie im Wesentlichen auf die im Vergleich zur N-Schule kleineren Klassen und geringeren Schülerzahlen sowie die wesentlich geringere Entfernung von der Wohnung der Familie. Zudem sei es für den Kläger, der bereits im Kindergarten einer längeren Eingewöhnungsphase bedurfte habe, wesentlich einfacher, in der ihm schon vertrauten Umgebung des Kindergartens zu bleiben.
10Mit Bescheid vom 17.07.2008 in der Gestalt des (nach Beteiligung sozial erfahrener Personen i.S.d. § 116 Abs. 2 SGB XII ergangenen) Widerspruchsbescheides vom 05.11.2008 lehnte der Beklagte den Antrag ab. Der Kläger könne an der N-Schule in H und damit in Nordrhein-Westfalen angemessen und unentgeltlich gefördert werden. Die N-Schule sei zur Förderung des Klägers geeignet. Der Beigeladene zu 1 habe dem Kläger diese Schule durch Bescheide vom 11.06.2007 und 11.06.2008 für den Beklagten bindend zugewiesen. Mit der Zuweisungsentscheidung sei inzident auch eine Entscheidung über die Zumutbarkeit der täglichen Schülersammelbeförderung getroffen worden. Zwar sei auch die T-Schule geeignet, den Kläger angemessen zu beschulen. Die dortige Förderung sei jedoch mit unverhältnismäßig hohen Kosten verbunden. Eine Beschulung an der T-Schule sei daher nach dem Subsidiaritätsprinzip (§ 2 Abs. 1 SGB XII) nicht notwendig und wegen der damit verbundenen Mehrkosten auch nicht durch das Wunsch- und Wahlrecht (§ 9 SGB XII) gerechtfertigt. Dies gelte auch, wenn durch kleinere Klassen an der T-Schule sowie die dem Kläger dort bereits vertraute Umgebung und somit kürzere Eingewöhnungszeit eine optimierte Förderung stattfinden könne.
11Mit seiner am 25.11.2008 bei dem Sozialgericht Detmold erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Er ist bei seiner Auffassung verblieben, dass ihm wegen seiner Behinderungen ein Besuch der N-Schule nicht möglich sei. Die Schule sei wesentlich größer als die T-Schule und die Klassen mit teilweise mehr als zehn Schülern erheblich stärker. An der T-Schule sei die Betreuung vor allem wegen der Bildung von Kleingruppen in bestimmten Fächern (wie Mathematik, Deutsch und Sachkunde) intensiver. Insbesondere im Fach Deutsch benötige der Kläger eine kleine Klasse, weil er stark sprachverzögert sei. Bei einer Besprechung an der N-Schule habe den Eltern nicht zugesichert werden können, dass logopädische Maßnahmen während der Schulzeit erfolgen könnten; denn es sei nicht klar gewesen, ob ausreichend Therapeuten vorhanden seien. Auch weitere Fördermaßnahmen, wie therapeutisches Reiten oder Schwimmen, würden dort nicht immer ausreichend angeboten. Zudem wäre der Schultag für ihn an der N-Schule zu lang. Hinzu käme eine Fahrtzeit mit dem Schülerspezialtransport von mehr als 60 Minuten; dies belaste ihn wegen seiner Aufmerksamkeitsstörung und behinderungsbedingten Bewegungsunruhe erheblich. Abgesehen davon sei er anschließend nicht aufnahmefähig. Nach Schulschluss stattfindende Therapien seien deutlich weniger erfolgversprechend. Da der Kläger vor Schulbeginn den heilpädagogischen Kindergarten in Bad M besucht habe, sei die Einschulung an der im selben Gebäude befindlichen T-Schule wesentlich einfacher und dadurch entwicklungsfördernder gewesen. Da er auf Veränderungen äußerst sensibel und durch körperliche Begleiterscheinungen reagiere, sei ihm auch ein Schulwechsel nicht zumutbar. So habe er wegen einer für April 2012 geplanten Klassenfahrt bereits seit Ende des Jahres 2011 unter einer deutlichen Unruhe gelitten und vermehrt eingenässt; sein ohnehin eingeschränktes Konzentrationsvermögen sei noch weiter reduziert gewesen. Zur Stützung seines Vorbringens hat der Kläger auf ein von seinen Eltern in Auftrag gegebenes Gutachten des Facharztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie sowie -psychotherapie D vom 08.10.2008 sowie dessen ergänzende Ausführungen im Eilverfahren, eine Stellungnahme der Heilpädagogin L1 aus Juni 2008, ein im Eilverfahren von Amts wegen in Auftrag gegebenes Gutachten des Facharztes für Kinder- und Jugendpsychosomatik, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. H vom 21.02.2010 sowie die dortige Vernehmung des Kinderarztes des Klägers, Dr. X, verwiesen. Ferner hat der Kläger eine Stellungnahme des Sprachtherapeuten H A vom 12.09.2009 sowie des Allgemeinmediziners Dr. T vom 22.05.2012 vorgelegt. Auf den Inhalt dieser Unterlagen wird Bezug genommen. Die Bescheide des Beigeladenen zu 1 - so der Kläger weiter - stünden einer Beschulung an der T-Schule nicht entgegen; denn eine konkrete Zuweisung zur N-Schule sei darin nicht erfolgt. Ebenso wenig sei bedeutsam, dass es sich bei der T-Schule um eine niedersächsische Tagesbildungsstätte handele. Der Kläger könne auch dort seine Schulpflicht erfüllen.
12Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
13den Bescheid vom 17.07.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.11.2008 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, die Kosten für die Beschulung in der T-Schule in Bad M ab der Einschulung zu übernehmen.
14Der Beklagte hat beantragt,
15die Klage abzuweisen.
16Er hat an seinen Bescheiden festgehalten und unter Vorlage einer Stellungnahme eines Referatsleiters des Innenministeriums Nordrhein-Westfalen vom 31.03.2011 ergänzend die Auffassung vertreten, die Übernahme der Beschulungskosten an der T-Schule scheide schon deshalb aus, weil der Kläger dort seine Schulpflicht nicht erfüllen könne; denn die T-Schule sei keine Schule, sondern eine Tagesbildungsstätte, deren Besuch gemäß § 162 des Niedersächsischen Schulgesetzes (Nieders. SchulG) zwar in Niedersachen, nicht hingegen in anderen Bundesländern der Schulpflicht genüge. In Nordrhein-Westfalen könnten Schulpflichtige ihre Schulpflicht lediglich an öffentlichen Schulen, Ersatzschulen oder an nach § 118 Abs. 2 SchulG anerkannten Ergänzungsschulen erfüllen. Ohnehin entfalte die Entscheidung des Beigeladenen zu 1, welche als Schulform eine Förderschule benenne, nicht nur für den Beklagten Tatbestandswirkung, sondern binde auch die Gerichte. Bei der T-Schule handele es sich aber nicht um eine Förderschule im Sinne dieser Zuweisungsentscheidung. Abgesehen davon stehe die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) der Übernahme der Beschulungskosten an der T-Schule entgegen; denn Art. 24 Abs. 2 lit. a UN-BRK verpflichte die Vertragsstaaten lediglich dazu, Menschen mit Behinderungen nicht behinderungsbedingt von einem unentgeltlichen Schulbesuch auszuschließen. Der Besuch der T-Schule sei jedoch nicht unentgeltlich. Im Übrigen könne der Kläger in Ansehung seiner Behinderungen (auch) an der N-Schule angemessen beschult werden. Insbesondere die Fahrtzeit zur Schule mit dem Schülerspezialverkehr sei dem Kläger zumutbar; anderenfalls sei der Schulträger verpflichtet, die Kosten für eine Beförderung mit Privatfahrzeugen zu tragen. Ein Schulwechsel könne dem Kläger abverlangt werden. Dauerhafte Nachteile seien hiermit jedenfalls nicht verbunden. Die Einschätzung des Privatgutachters D, der Kläger benötige überdurchschnittlich lange, um sich gegenüber neuen Therapeuten zu öffnen, überzeuge nicht. Der Arzt habe den Kläger im Rahmen der Diagnostik als offenes, kontaktfreudiges Kind erlebt. Zudem sei auch der Wechsel vom Kindergarten in die Schule gelungen.
17Der Beigeladene zu 1 hat keinen Antrag gestellt.
18Er hat die Auffassung vertreten, den Kläger in seinen Bescheiden vom 12.06.2007 und 11.06.2008 nicht verbindlich der N-Schule zugewiesen zu haben. Auch könne der Kläger an der T-Schule seine Schulpflicht erfüllen. Die N-Schule sei jedoch ebenfalls geeignet, den Kläger angemessen zu beschulen. Allerdings habe der Kreis H als Schulträger eine Übernahme der Kosten für eine Einzelbeförderung des Klägers zur N-Schule abgelehnt; auf das entsprechende Schreiben des Schulträgers vom 26.05.2011 wird verwiesen.
19Das Sozialgericht hat den Sachverständigen Dr. H um ergänzende Stellungnahme zu seinem (im Eilverfahren erstatteten) Gutachten vom 21.02.2010 gebeten. Auf den Inhalt der ergänzenden Stellungnahme vom 11.02.2012 wird Bezug genommen.
20Mit Urteil vom 26.06.2012 hat das Sozialgericht den Beklagten verurteilt, die Kosten der Beschulung des Klägers an der T-Schule seit Einschulung zu übernehmen. Die Förderung des Klägers an dieser Schule sei i.S.d. §§ 53, 54 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII i.V.m. § 12 Nr. 2 EinglhVO geeignet und erforderlich, um ihm eine im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht üblicherweise erreichbare Bildung zu ermöglichen. Nach der Beurteilung des Sachverständigen Dr. H bestünden erhebliche Zweifel, dass die N-Schule geeignet sei, den Kläger angemessen zu beschulen. Dies gelte zum einen wegen der Dauer der Fahrzeit, zum anderen im Hinblick auf die für einen Schulwechsel notwendige, dem Kläger jedoch unzumutbare Umstellungsleistung; denn werde die Integration in einem Ausmaß unterbrochen, dass - wie von Dr. H im günstigen Fall für die Dauer von einem halben bis zu einem Jahr angenommen - ggf. ein ganzes Schuljahr verloren gehe, so sei ein Schulwechsel nicht zumutbar. Ob Abweichendes gelte, wenn die Fahrtzeit zur N-Schule durch eine Einzelbeförderung reduziert werden könne, könne offen bleiben; denn der Schulträger habe dies mit Schreiben vom 26.05.2011 abgelehnt. Auf eine ggf. notwendige gerichtliche Durchsetzung der Einzelbeförderung gegenüber dem Kreis H könne der Kläger aber nicht zumutbar verwiesen werden. Der Kläger erfülle durch den Besuch der T-Schule auch seine Schulpflicht. Zudem habe der Beigeladene zu 1 ihm keine konkrete Schule zugewiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gründe der Entscheidung Bezug genommen.
21Gegen das ihm am 16.07.2012 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 03.08.2012 Berufung eingelegt. Er trägt im Hinblick auf die Dauer der Fahrtzeit ergänzend vor, es existierten keine fundierten wissenschaftlichen Studien über einen Zusammenhang zwischen der Länge der Transportzeiten und der anschließenden Lern- und Arbeitsfähigkeit von Schülern. Auch die Beweisaufnahme im Berufungsverfahren habe nicht ergeben, dass dem Kläger ein Wechsel an die N-Schule unzumutbar sei. Die von dem Sachverständigen Prof. Dr. M für den Fall eines Schulwechsels prognostizierte Umgewöhnungszeit von bis zu zwei Jahren überzeuge nicht; der Kläger sei während der dortigen Untersuchung offen und angstfrei aufgetreten. Ohnehin seien die Eltern des Klägers das Risiko eines möglichen Schulwechsels bei dessen Einschulung bewusst eingegangen.
22Der Beklagte beantragt,
23das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 26.06.2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
24Der Kläger beantragt,
25die Berufung zurückzuweisen.
26Er fühlt sich durch die Beurteilung des zweitinstanzlich mit einem Gutachten beauftragten Sachverständigen Prof. Dr. M bestätigt. Im Hinblick auf die notwendige Vertrautheit des Umfeldes und der Bezugspersonen wäre eine Beschulung an der N-Schule schon bei seiner Einschulung nicht geeignet gewesen. Er reagiere auch weiterhin auf Veränderungen intensiv. Ein schulorganisatorisch notwendiger Wechsel der Klassenlehrerin zum 06.01.2015 habe zu psychischen Beschwerden (Unausgeglichenheit, Unzufriedenheit und Empfindsamkeit) und auch körperlichen Symptomen (Magenkrämpfe und Bauschmerzen) geführt, die hausärztlich mehrfach hätten behandelt werden müssen. In der mündlichen Verhandlung hat der Bevollmächtigte des Klägers klargestellt, keine Leistungen nach dem Dritten und Vierten Kapitel des SGB XII geltend zu machen.
27Der Beigeladene zu 1 stellt keinen Antrag.
28Er trägt vor, die T-Schule sei in besonderer Weise in der Lage, den individuellen pädagogischen Bedürfnisses des Klägers gerecht zu werden. Es sei daher weiterhin nicht beabsichtigt, eine etwaige Schulpflichtverletzung zu ahnden. Eine Umstellungszeit von sechs- bis zwölf Monaten, wie sie der Sachverständige Dr. H in seinem Gutachten für den Fall eines Schulwechsels angenommen habe , sei bezogen auf die gesamte Schulzeit zumutbar.
29Der Beigeladene zu 2 und der mit Beschluss des Senats vom 28.07.2015 Beigeladene zu 3 stellen keine Anträge und äußern sich nicht zu dem Verfahren.
30Der Senat hat zunächst die den Kläger betreffenden Leistungsnachweise, Zeugnisse und den Therapieplan von der T-Schule angefordert. Auf den Inhalt dieser Unterlagen wird verwiesen.
31Anschließend hat der Senat ein Gutachten des Facharztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie Prof. Dr. M (seinerzeit Direktor der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters, Universitätsklinik L) eingeholt. In der mündlichen Verhandlung hat der Sachverständige seine gutachterlichen Ausführungen vom 08.05.2014 weiter erläutert. Wegen der Einzelheiten wird auf die schriftlichen Ausführungen des Sachverständigen sowie auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
32Darüber hinaus hat die Schulleiterin der T-Schule in der mündlichen Verhandlung zu den dortigen Rahmenbedingungen der Beschulung und der Reaktion des Klägers auf Veränderungen Stellung genommen. Auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift wird insofern verwiesen.
33Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, der beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten sowie der Streitakten (gleichen Rubrums) S 16 SO 10/09 ER (SG Detmold) bzw. L 12 B 19/09 SO ER (LSG NRW) Bezug genommen. Dieser ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
34Entscheidungsgründe:
35Die zulässige Berufung des Beklagten ist unbegründet.
36A) Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 17.07.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.11.2008 (§ 95 SGG). Da der Beklagte darin den Antrag des Klägers auf Übernahme der Kosten für den Besuch der T-Schule ab dem Schuljahr 2008/2009 vollständig und zukunftsoffen abgelehnt hat, ist Streitgegenstand in zeitlicher Hinsicht der gesamte Zeitraum vom Beginn des Schuljahres 2008/2009 bis zum Tag der mündlichen Verhandlung vor dem Senat (so entsprechend zur vollständigen Ablehnung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende in Form von Arbeitslosengeld II BSG, Urteil vom 15.04.2008 - B 14/7b AS 52/06 R Rn. 12 m.w.N.).
37B) Das Sozialgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Die als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 SGG) statthafte (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 54 Rn. 20a ff., 38 ff.; BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R Rn. 9) und auch im Übrigen zulässige Klage ist begründet.
38Der Beklagte hat die Übernahme der Kosten für den Besuch der T-Schule ab Einschulung des Klägers zu Unrecht abgelehnt. Der Kläger kann von dem Beklagten gemäß §§ 53 ff., 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII i.V.m. § 12 Nr. 2 EinglhVO) die Übernahme dieser Kosten ab August 2008 (= Beginn des Schuljahrs 2008/2009) beanspruchen (dazu im Folgenden). Sonstige Anspruchsgrundlagen kommen nicht in Betracht (dazu weiter unten).
39I. Der Beklagte - nicht hingegen der (als örtlicher Träger der Sozialhilfe) vorsorglich Beigeladene zu 3 - ist für die Erbringung der begehrten Leistungen sachlich und örtlich zuständig.
40Insofern mag insbesondere offen bleiben, ob es sich bei der T-Schule um eine teilstationäre Einrichtung handelt, für welche der Beklagte gemäß § 97 Abs. 2 S. 1 SGB XII i.V.m. §§ 1, 2 AG-SGB XII NRW i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 1a AV-SGB XII NRW und § 98 Abs. 2 S. 2 SGB XII als überörtlicher Träger Hilfen zu erbringen hat (vgl. zur - dort allerdings im Ergebnis offen gelassenen - Frage der Qualifizierung einer Schule als teilstationäre Einrichtung BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R).
41Denn der Beklagte ist (unabhängig von einer etwaigen originären Zuständigkeit) jedenfalls gemäß § 14 Abs. 2 S. 1 i.V.m. Abs. 1 SGB IX sachlich und örtlich für die streitbefangenen Hilfen zuständig. Nach diesen Vorschriften stellt der Rehabilitationsträger, sofern Leistungen zur Teilhabe erbracht werden, innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrags fest, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist (§ 14 Abs. 1 S. 1, 1. Halbsatz SGB IX). Hält er sich für unzuständig, so leitet er den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu (§ 14 Abs. 1 S. 2 SGB IX). Wird der Antrag nicht weitergeleitet, stellt der erstangegangene Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf selbst unverzüglich fest (§ 14 Abs. 2 S. 1 SGB IX). Auf diese Weise wird eine nach außen verbindliche Zuständigkeit des erstangegangenen Rehabilitationsträgers geschaffen, welche sich auf sämtliche Rechtsgrundlagen erstreckt, die in der Bedarfssituation in Betracht kommen (vgl. u.a. BSG, Urteil vom 24.01.2013 - B 3 KR 5/12 R m.w.N.).
42§ 14 Abs. 2 S. 1 SGB IX ist vorliegend anwendbar. Denn die Träger der Sozialhilfe - und damit auch der Beklagte - sind nach §§ 6 Abs. 1 Nr. 7 und Abs. 5 Nr. 4 SGB IX Rehabilitationsträger für Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft. Zu derartigen Leistungen gehören auch solche der Eingliederungshilfe nach §§ 53, 54 SGB XII (vgl. Luthe in jurisPK-SGB IX, § 55 Rn. 4).
43Auch die (weiteren) Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 S. 1 SGB IX sind erfüllt. Der Beklagte hat den Antrag des Klägers auf Übernahme der Kosten für den Besuch der T-Schule nicht gemäß § 14 Abs. 1 S. 1 SGB IX innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrags (am 17.06.2008) und im Übrigen auch nicht im Anschluss daran an den aus seiner Sicht zuständigen Rehabilitationsträger, namentlich den Beigeladenen zu 3 als örtlichem Sozialhilfeträger, weitergeleitet. Folglich ist er nach § 14 Abs. 2 S. 1 SGB IX nicht nur sachlich, sondern auch örtlich zuständig geworden; denn diese Vorschrift legt sowohl die sachliche als auch die örtliche Zuständigkeit fest (Luik in jurisPK-SGB IX, 2. Auflage 2014, § 14 Rn. 45 unter Hinweis auf Welti in Luthe, Rehabilitationsrecht, 2009, S. 154) und verdrängt die Regelung des § 98 SGB XII (Luik, a.a.O. unter Hinweis auf Welti, a.a.O., LSG Schleswig-Holstein vom 09.11.2005 - L 9 B 268/05 SO ER).
44II. Die materiellen Voraussetzungen der §§ 53, 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII i.V.m. § 12 Nr. 2 EinglhVO liegen vor.
45Nach §§ 53 Abs. 1, 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII erhalten die in § 53 Abs. 1 S. 1 SGB XII genannten Personen Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung, insbesondere im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht und zum Besuch weiterführender Schulen einschließlich der Vorbereitung hierzu, wenn und solange nach den Besonderheiten des Einzelfalls Aussicht besteht, dass die Aufgaben der Eingliederungshilfe erfüllt werden. Dabei bleiben die Bestimmungen über die Ermöglichung der Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht unberührt (§ 54 Abs. 1 S. 1. 2. Halbsatz SGB XII). Was dabei unter dem Begriff "angemessene Schulbildung" zu verstehen ist, wird im Rahmen des SGB XII nicht definiert. Jedoch bestimmt § 12 Nr. 2 EinglhVO, dass die Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung auch Maßnahmen der Schulbildung umfasst, wenn diese erforderlich und geeignet sind, dem behinderten Menschen eine im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht üblicherweise erreichbare Bildung zu ermöglichen.
461. Der Kläger gehört(e) aufgrund seiner schwerwiegenden dauerhaften Behinderungen zu dem von § 53 Abs. 1 S. 1 SGB XII i.V.m. § 2 Abs. 1 S. 1 SGB IX erfassten Personenkreis.
47Nach § 53 Abs. 1 S. 1 SGB XII erhalten Personen, die durch eine Behinderung im Sinne von § 2 Abs. 1 S. 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, unter den dort genannten weiteren Voraussetzungen Leistungen der Eingliederungshilfe. Der Kläger leidet - was zwischen den Beteiligen auch unstreitig ist - unter einer solchen wesentlichen Behinderung; denn seine körperlichen Funktionen und geistigen Fähigkeiten weichen aufgrund einer geistigen Behinderung (IQ von 62) mit starker Beeinträchtigung der intellektuellen, sprachlichen und motorischen Fähigkeiten und einer generalisierten Angststörung von dem für sein Lebensalter typischen Zustand erheblich ab. Wegen dieser Behinderungen ist seine Teilhabe am Leben in der Gesellschaft durchgehend und insbesondere auch in dem hier streitbefangenen Zeitraum seit Beginn des Schuljahrs 2008/2009 wesentlich beeinträchtigt.
48Der Senat folgt insoweit in erster Linie den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. M in seinem Gutachten vom 08.05.2014. Dieser ist aufgrund eingehender Untersuchung des Klägers und sorgfältiger Befunderhebung unter Berücksichtigung der übrigen aktenkundigen medizinischen Unterlagen zu seiner Beurteilung gelangt. Zudem decken sich die von ihm erhobenen Diagnosen im Wesentlichen mit den Befunden des Dr. H in seinem Gutachten vom 21.02.2010. Dieser hat bei dem Kläger ebenfalls (u.a.) eine leichte Intelligenzminderung (mit deutlicher Verhaltensstörung und assoziierten Beeinträchtigungen hinsichtlich der Grob- und Feinmotorik, Artikulation und rezeptiver sowie expressiver Sprache) und darüber hinaus zwar keine generalisierte Angststörung, jedoch (u.a.) eine erhöhte Angstbereitschaft und einen Zustand nach emotionaler Störung mit Trennungsangst diagnostiziert. Im Übrigen besteht bei dem Kläger aufgrund der genannten Einschränkungen unstreitig ein sonderpädagogischer Förderbedarf; ein solcher begründet ohnehin stets die Annahme einer wesentlichen Behinderung im vorgenannten Sinne (vgl. BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R).
492. Zu den - somit für den Kläger in Betracht kommenden - Hilfen für eine angemessene Schulbildung im Sinne des § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII gehören auch die hier streitbefangenen Kosten für den Besuch der T-Schule.
50Der Qualifizierung der Übernahme von Beschulungskosten als "Hilfen" im gesetzlichen Sinne steht nicht entgegen, dass der Kläger nicht eine die Schulbildung begleitende Maßnahme, sondern die Übernahme der (gesamten) Kosten für den Besuch der T-Schule als solche begehrt.
51a) Zwar ist der Kernbereich der pädagogischen Arbeit der Schule - und damit im Regelfall auch das Schulgeld, mit welchem der Unterricht finanziert wird - den Regelungen der Eingliederungshilfe grundsätzlich entzogen (vgl. im Einzelnen BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R). Dies folgt schon aus dem Wortlaut des § 54 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII. Spricht dieser - ebenso wie § 12 EinglhVO - gerade von "Hilfen", so erfasst er grundsätzlich nur Maßnahmen, die im Zusammenhang mit der Ermöglichung einer angemessenen Schulbildung (in Ergänzung der Beschulung als solcher) geeignet und erforderlich sind, Behinderungsfolgen zu beseitigen und zu mildern. Dementsprechend betreffen die Regelbeispiele einer solchen Hilfe in § 12 EinglhVO nur die Schulbildung begleitende Maßnahmen (vgl. zu alledem BSG, a.a.O.).
52b) Gleichwohl verbleibt auch im Kernbereich der Schulbildung ausnahmsweise Raum für Leistungen der Eingliederungshilfe, wenn nämlich der Besuch einer öffentlichen (und damit für den Sozialhilfeträger kostenfreien) Schule aus objektiven Gründen (z.B. wegen der räumlichen Entfernung vom Wohnort) oder aus schwerwiegenden subjektiven (persönlichen) Gründen nicht möglich oder nicht zumutbar ist (so BVerwG, Beschluss vom 02.09.2003 - 5 B 259/02; vgl. BSG, Urteil vom 22.03.2012 - B 8 SO 30/10 R unter Bezugnahme auf BVerwG, Urteil vom 13.08.1992 - 5 C 70/88, sowie Beschluss vom 02.09.2003 - 5 B 259/02).
53c) Dem Kläger war der Besuch einer öffentlichen Schule jedoch aus schwerwiegenden subjektiven Gründen schon seit August 2008 nicht möglich bzw. nicht zumutbar.
54aa) Maßstab hierfür ist vor allem die Aufgabe der Sozialhilfe, dem Empfänger der Hilfe die Führung eines Lebens zu ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht, und ihn so weit wie möglich zu befähigen, unabhängig von ihr zu leben (vgl. § 1 SGB XII; vgl. insoweit auch BVerwG, Urteil vom 13.08.1992 - 5 C 70/88). Insofern mag vorliegend offen bleiben, ab wann die Grenze der Unzumutbarkeit überschritten sein kann, wenn - wie hier - die Übernahme der Kosten für den Besuch einer nicht vom zuständigen Schulträger bereitgestellten Schule streitbefangen ist. Jedenfalls dann, wenn seitens des zuständigen Schulträgers keine Schule zur Verfügung steht, die den Hilfebedürftigen unter Berücksichtigung seiner Behinderungen im Sinne des § 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII angemessen beschulen könnte, liegen schwerwiegende subjektive Gründe vor, welche Eingliederungshilfe durch Übernahme der (gesamten) Beschulungskosten ausnahmsweise zulassen.
55bb) So aber liegt es hier; denn der Besuch der N-Schule - welche vom Beklagten sowie vom Schulamt des Kreises H als allein in Betracht kommende öffentliche Schule benannt wurde, und die mit Blick auf die räumlichen Verhältnisse auch die einzige in Nordrhein-Westfalen in Betracht zu ziehende einschlägige Förderschule ist - ist dem Kläger unter Berücksichtigung seiner schwerwiegenden Behinderungen seit Beginn des Schuljahrs 2008/2009 und auch später nicht zumutbar (dazu weiter unten). Vielmehr konnte und kann der Kläger lediglich an der T-Schule angemessen beschult werden. Allein diese Schule ist im Sinne des § 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII i.V.m. § 12 Nr. 2 EinglhVO geeignet und - mangels Zumutbarkeit des Besuchs der N-Schule - auch erforderlich, dem Kläger ein im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht üblicherweise erreichbare Bildung zu ermöglichen (dazu im Folgenden)
56(1) Dabei steht - abweichend von der Auffassung des Beklagten - zunächst Art. 24 Abs. 2 lit. a UN-BRK der Geeignetheit der T-Schule nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift stellen die Vertragsstaaten sicher, dass Menschen mit Behinderungen nicht aufgrund von Behinderungen vom unentgeltlichen und obligatorischen Grundschulunterricht oder vom Besuch weiterführender Schulen ausgeschlossen werden. Bei dieser Vorschrift handelt es sich nicht um eine Verbotsnorm in dem Sinne, dass es den Vertragsstaaten verwehrt sei, behinderten Menschen den Besuch einer nicht unentgeltlichen Schule zu ermöglichen. Die UN-BRK vermittelt vielmehr subjektive (Mindest-)Ansprüche für behinderte Menschen, soweit sie unmittelbar anwendbar ("self-executing") ist (vgl. hierzu im Einzelnen den Beschluss des Senats vom 06.02.2014 - L 20 SO 436/13 B ER m.w.N.). Sie ist jedoch nicht geeignet, Ansprüche behinderter Menschen aus (sonstigen) nationalen Vorschriften - hier nach §§ 53 ff. SGB XII - einzuschränken oder sogar auszuschließen. Im Übrigen ist der Besuch der T-Schule für den Kläger ohnehin unentgeltlich, weil der Sozialhilfeträger zur Übernahme der Beschulungskosten verpflichtet ist.
57(2) Die Beschulung des Klägers an der T-Schule ist auch nicht schon im Hinblick auf die bestandskräftigen Bescheide des Beigeladenen zu 1 vom 12.06.2007 und 11.06.2008 ungeeignet. Der Bescheid vom 12.06.2007 benennt zwar die N-Schule (lediglich) als nächstgelegene Förderschule (in Nordhrein-Westfalen) mit dem Förderschwerpunkt "Geistige Entwicklung". Er trifft jedoch - was der Beigeladene zu 1 in seinen späteren Stellungnahmen auch ausdrücklich bestätigt - weder inzident eine den Beklagten bindende Entscheidung über die Eignung der N-Schule, noch weist er dem Kläger die N-Schule im Sinne von § 46 Abs. 6 SchulG NRW als Förderschule konkret zu. Eine Prüfung der Eignung der Schule unter behinderungsspezifischen Gesichtspunkten hat der Beigeladene zu 1 darin nicht getroffen. Die Schulbehörden entscheiden zwar mit bindender Wirkung gegenüber dem Sozialhilfeträger, in welchem Umfang eine bestimmte Beschulung den geistigen und körperlichen Fähigkeiten eines behinderten Menschen entspricht, hingegen in der Regel nicht darüber, an welcher konkreten Schule die Beschulung zu erfolgen hat (vgl. hierzu den Beschluss des Senats vom 06.09.2010 - 20 SO 450/10 B ER und das Urteil vom 11.06.2014 - L 20 SO 418/11). Vom schulrechtlichen Standpunkt aus betrachtet verblieb dem Kläger vielmehr letztlich ein Wahlrecht, welche geeignete Schule er besuchen will. Ohnehin wäre eine im Bescheid vom 12.06.2007 erfolgte konkrete Zuweisung der N-Schule durch den unmittelbar vor Einschulung des Klägers ergangenen Bescheid vom 11.06.2008 zumindest konkludent aufgehoben und daher gegenstandslos geworden (vgl. § 39 Abs. 2 SGB X); denn darin ging der Beigeladene zu 1 ausdrücklich lediglich davon aus, dass der Kläger demnächst die N-Schule besuchen werde und bat die Eltern anderenfalls um entsprechende Information.
58Die in den Bescheiden erfolgte Zuweisung des Klägers an eine Förderschule mit dem Förderschwerpunkt "Geistige Entwicklung" beinhaltet - abweichend von der Auffassung des Beklagten - auch keine (den Sozialhilfeträger und die Gerichte bindende) Zuweisung einer bestimmten Schulform, nämlich einer Förderschule (im Sinne des nordrhein-westfälischen Rechts). Entscheidend ist insofern (jedenfalls im Rahmen der Eingliederungshilfevorschriften) allein der zugewiesene sonderpädagogische Förderbedarf des Klägers. Dass das inhaltliche Konzept der T-Schule diesem Förderbedarf entspricht, auch wenn es sich hierbei nach niedersächsischem Recht um eine Tagesbildungsstätte handelt, wird aber weder von dem Beklagten noch von dem Beigeladenen zu 1 in Abrede gestellt. Auch letzterer geht im Übrigen nicht davon aus, dem Kläger in den genannten Bescheiden zugleich eine Schulform zugewiesen zu haben.
59(3) Schließlich steht einer Geeignetheit der T-Schule nicht entgegen, dass der Kläger durch den Besuch dieser niedersächsischen Tagesbildungsstätte seiner Schulpflicht nach nordrhein-westfälischem Schulrecht nicht nachkäme.
60(a) Zwar können in Nordrhein-Westfalen Schulpflichtige ihre Schulpflicht grundsätzlich nur an öffentlichen Schulen, Ersatzschulen oder an nach § 118 Abs. 2 SchulG NRW anerkannten Ergänzungsschulen erfüllen (vgl. § 34 Abs. 5 S. 1 SchulG NRW). Insbesondere fehlt im SchulG NRW eine § 162 S. 1 Nieders. SchulG entsprechende Regelung, wonach Kinder und Jugendliche mit geistigen Behinderungen ihre Schulpflicht auch durch den Besuch einer anerkannten Tagesbildungsstätte erfüllen. Auch hat die zuständige Schulaufsichtsbehörde dem Kläger bislang keine Ausnahmegenehmigung (etwa nach § 34 Abs. 5 S. 3 SchulG NRW) erteilt oder ein Ruhen der Schulpflicht (§ 40 Abs. 2 SchulG NRW) angeordnet.
61(b) Die nach niedersächsischem Recht erfolgte Erfassung der T-Schule als Tagesbildungsstätte kann indes (jedenfalls im Rahmen der Eingliederungshilfevorschriften) nicht ausschlaggebend sein. Der Senat hält vielmehr für entscheidend, dass der Bildungsauftrag der T-Schule (als Tagesbildungsstätte) inhaltlich mit dem Auftrag der in § 34 Abs. 5 S. 1 SchulG NRW genannten Schulen identisch ist. Vermittelt erstere nach ihrem gesamten Konzept inhaltlich wie die letzteren Wissen und Können an die Schülerinnen und Schüler, so leistet sie in der Sache eine ebenso geeignete Beschulung. Letztlich ist dies zwischen den Beteiligten auch nicht streitig.
62(c) Unabhängig hiervon ist die Erfüllung der Schulpflicht nach nordrhein-westfälischem Schulrecht ohnehin nicht Voraussetzung für Eingliederungshilfe als Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung im Sinne des § 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII. Schon § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 2. Halbsatz SGB XII, wonach die Bestimmungen über die Ermöglichung der Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht unberührt bleiben, lässt schulrechtliche Verpflichtungen grundsätzlich neben den sozialhilferechtlichen Pflichten bestehen, ohne dass diese sich gegenseitig inhaltlich beeinflussen (so ausdrücklich BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R). Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung sind vielmehr lediglich vorrangig an einer Einrichtung zu gewähren, durch deren Besuch der behinderte Mensch der allgemeinen Schulpflicht nach jeweiligem Landesrecht genügt.
63§ 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII lässt sich i.V.m. § 12 Nr. 2 EinglhVO und unter zusätzlicher Berücksichtigung des Nachranggrundsatzes (§ 2 Abs. 1 SGB XII) insofern entnehmen, dass nicht jedwede Hilfeleistung zu einer nach den Vorstellungen des behinderten Menschen bzw. seiner Erziehungsberechtigten bestmöglichen Schulbildung als Eingliederungshilfe verlangt werden kann. Vielmehr ist die schulische Förderung von Kindern nach Art. 7 Abs. 1 GG eine grundsätzlich allein den (öffentlichen) Schulträgern zugewiesene Aufgabe (BSG, Urteil vom 22.03.2012 - B 8 SO 30/10 R). Insbesondere besteht ein Ausschluss für die Übernahme von Schulkosten aufgrund der Gesetze der Länder, (zumindest) soweit die Schulbehörde der ihr möglichen vorrangigen Leistungsverpflichtung auch nachkommt (Voelzke in Hauck/Noftz, SGB XII, 19. Erg.-Lfg. II/10, § 54 Rn. 44a; BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R). Steht hingegen fest, dass eine im Sinne von § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII angemessene Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht nicht zu erlangen ist, so kann unter dem Gesichtspunkt der Eingliederungshilfe die Übernahme von Kosten für eine anderweitige Beschulung des behinderten Menschen in Betracht kommen (LSG NRW, Urteil vom 15.05.2013 - L 20 SO 67/08; LSG Hessen, Urteil vom 22.11.2010 - L 9 SO 9/07 und zu § 35a SGB VIII; VGH Hessen, Urteil vom 20.08.2009 - 10 A 1799/08).
64Hierfür spricht schon der Wortlaut des § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII, der keinen abschließenden Leistungskatalog möglicher Eingliederungshilfen enthält, sondern von Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung (nur) "insbesondere" im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht spricht. Zudem umfassen nach § 12 Nr. 2 EinglhVO Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung auch solche Maßnahmen der Schulbildung, die erforderlich und geeignet sind, dem behinderten Menschen eine "im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht" (lediglich) "üblicherweise erreichbare" Bildung zu ermöglichen. Insofern bildet die allgemeine Schulpflicht also nur den Vergleichsmaßstab dafür, in welchem Umfang bzw. in welchem Maße Leistungen der Eingliederungshilfe auch außerhalb der allgemeinen Schulpflicht erbracht werden können.
65Diese Lesart wird zudem durch Sinn und Zweck der Eingliederungshilfevorschriften gestützt. Diese sollen nicht vorrangig sicherstellen, dass der nach §§ 53 ff. SGB XII berechtigte Personenkreis seiner Schulpflicht gerecht wird, sondern dem behinderten Menschen nach dem Willen des Gesetzgebers die Integration in die Gesellschaft ermöglichen. § 53 Abs. 3 S. 1 SGB XII bestimmt insoweit als besondere Aufgabe der Eingliederungshilfe, eine Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und die behinderten Menschen in die Gesellschaft einzugliedern. Hierzu gehört vor allem, ihnen die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern, ihnen die Ausübung eines angemessenen Berufs oder einer sonstigen angemessenen Tätigkeit zu ermöglichen oder (auch nur), sie so weit wie möglich unabhängig von Pflege zu machen (§ 53 Abs. 3 S. 2 SGB XII). Mit Blick auf diese Ziele kann es jedenfalls dann nicht dem Willen des Gesetzgebers entsprechen, einem behinderten Menschen nach den - im Übrigen bundesrechtlichen - Eingliederungshilfevorschriften der §§ 53 ff. SGB XII eine angemessene Beschulung außerhalb der jeweiligen Landesgrenzen mit der Begründung zu versagen, dass dort die Schulpflicht nach landesrechtlichen Vorschriften nicht erfüllt werde, wenn das landesrechtliche Schul(pflicht-)system selbst eine angemessene Beschulung nicht sicherstellt (vgl. hierzu schon den Beschluss des Senats vom 15.08.2012 - L 20 SO 309/12 ER und das Urteil vom 11.06.2014 - L 20 SO 418/11).
66(d) Auf ein etwaiges schulrechtliches Wahl- und Bestimmungsrecht des behinderten Menschen bzw. seiner Eltern kommt es in diesem Zusammenhang im Übrigen von vornherein nicht an. Ein solches Wahlrecht ist allenfalls dann von Bedeutung, wenn (wie in dem der Entscheidung des BVerwG vom 26.10.2007 - 5 C 35.06 zugrunde liegenden Sachverhalt) der Besuch zweier Schulen im Raume steht, welche beide in das System der allgemeinen Schulpflicht des betroffenen Bundeslandes integriert sind. Im vorliegenden Fall liegt jedoch allein die N-Schule in Nordrhein-Westfalen, während sich die T-Schule in Niedersachen befindet.
67cc) Ausgehend von den dargestellten Kriterien ist mit Blick auf die Formulierungen in § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII (" angemessene Schulbildung ") und § 12 Nr. 2 EinglhVO (" üblicherweise erreichbare Bildung ") in einem ersten Schritt festzustellen, welches konkrete Bildungsziel für den behinderten Menschen in Betracht kommt (so auch Voelzke a.a.O. Rn. 40a; dazu im Folgenden). Daran anschließend ist zu prüfen, ob dieses Ziel mit den Möglichkeiten, welche das öffentliche Schulsystem für den Betroffenen bereithält, in zumutbarer Weise verfolgt werden kann oder nicht (dazu weiter unten). Im Rahmen dieses zweiten Prüfungsschritts sind unter "bereithalten" die Leistungen oder Rahmenbedingungen zu verstehen, die das öffentliche Bildungssystem dem behinderten Menschen tatsächlich zur Verfügung stellt, oder die der Betroffene im Rahmen zumutbarer Bemühungen rechtzeitig realisieren kann (vgl. das Urteil des Senats vom 15.05.2013 - L 20 SO 67/08; Scheider in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 19. Auflage 2015, § 53 Rn. 71 ff.; Voelzke a.a.O. Rn. 44a mit Hinweis m.w.N.; OVG NRW, Urteil vom 15.06.2000 - 16 A 3108/99 Rn. 17 a.E. und Rn. 22). Insoweit geht der Senat im Anschluss an die ablehnende Stellungnahme des Schulträgers vom 26.05.2011 davon aus, dass eine Individualbeförderung des Klägers zur N-Schule auf dessen Kosten nicht (rechtzeitig) durchsetzbar wäre (vgl. hierzu schon das Urteil des Senats vom 15.05.2013 - L 20 SO 67/08 m.w.N.).
68(1) Die für den Kläger in Betracht kommenden Bildungsziele, welche der Senat umfassend ermittelt hat, werden an der T-Schule in geeigneter Weise verfolgt.
69(a) Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme, namentlich den schriftlichen Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. M und dessen weiteren Erläuterungen in der mündlichen Verhandlung sowie nach den dortigen Ausführungen der Schulleiterin der T-Schule, ist zwar seit Beginn des streitbefangenen Zeitraums nicht vorhersehbar, ob der Kläger bei Schulabschluss (nach dem 12. Schuljahr) einen formalen Bildungsabschluss - etwa vergleichbar der Qualifikation eines Hauptschulabschlusses oder dem Abschluss an einer Schule für Lernbehinderte - erreichen oder auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt jedenfalls eine angelernte Tätigkeit ausüben können wird. Der Kläger wird jedoch aller Voraussicht nach grundlegende Fähigkeiten wie Rechnen, Lesen und Schreiben erwerben bzw. ausbauen und - den nachvollziehbaren Darlegung der Schulleiterin folgend - nach Schulabschluss insbesondere ihm unbekannte Texte sinnentnehmend lesen können. Weitere - voraussichtlich erreichbare - Lernziele liegen vor allem darin, seine Aussprache und den verantwortungsbewussten Umgang mit Geld zu verbessern, seine geschichtlichen Kenntnisse und sein soziales Verhalten auszubauen sowie sein ohnehin in gutem Umfang vorhandenes "Weltwissen" zu fördern.
70(b) Die T-Schule, deren Schulkosten vorliegend im Streit stehen, ist im Sinne des § 12 Nr. 2 EinglhV geeignet, dem Kläger diese Bildungsziele erfolgversprechend zu vermitteln. Das gilt mit Blick sowohl auf die Schülerzahl, die Klassengröße und die sonstigen Rahmenbedingungen (insbesondere die Dauer der Anfahrt zur Schule) als auch auf die von der Schule vorgehaltenen pädagogischen und therapeutischen Angebote sowie das Förderkonzept. Dies steht unter Berücksichtigung der von der Leiterin der T-Schule beschriebenen Umstände der Beschulung sowie der Ausführungen der Sachverständigen Prof. Dr. M und Dr. H fest. Die Sachverständigen sind insoweit in ihren Gutachten übereinstimmend zu der Einschätzung gelangt, dass die T-Schule geeignet ist, die von ihnen beschriebenen Lernziele zu fördern. Zweifel an dieser Beurteilung hat der Senat nicht; sie erscheint insbesondere vor dem Hintergrund der von den Sachverständigen behinderungsbedingt für notwendig erachteten Rahmenbedingungen für die Beschulung des Klägers sowie der diesbezüglichen Angaben der Schulleiterin in der mündlichen Verhandlung zutreffend.
71(aa) Zwar kommt es nach den Feststellungen der Sachverständigen für die Beurteilung der Geeignetheit auf die Größe der T-Schule (nach den Angaben der Schulleiterin seit Einschulung des Klägers zwischen 86 und 91 Schüler) und Klassen (fünf bis neun Schüler), die Dauer eines Schultags (von 8.00 Uhr bis 14.15 Uhr) und die Integration der logopädischen und ergotherapeutischen Förderung sowie des therapeutischen Reitens in den Schulalltag nicht entscheidend an. Im Hinblick auf die motorische Unruhe und die Irritierbarkeit des Klägers, die - den schlüssigen Ausführungen der Sachverständigen folgend - zunächst Symptome einer Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störung (ADHS) aufwies, später jedoch vornehmlich durch ängstliches Verhalten zum Ausdruck gekommen ist, stellt eine Fahrtzeit zur Schule von einer Stunde und mehr (laut Einschätzung des Sachverständigen Dr. H schon von ca. 50 bis 60 Minuten) jedoch eine erhebliche Belastung dar, welche die Leistungsfähigkeit des Klägers und seine schulische Integration wahrscheinlich beeinträchtigt. Zweifel an der Richtigkeit dieser Beurteilung hat der Senat nicht. Sie erscheint insbesondere im Hinblick auf die von den Sachverständigen erhobenen Befunde und beschriebene Unruhe, welche nach den Angaben der Eltern auch bei längeren privaten Autofahrten auftritt, schlüssig und nachvollziehbar. Diesem Belastungsfaktor wird durch die T-Schule jedoch hinreichend Rechnung getragen; denn die Fahrt vom Wohnort des Klägers zur Schule dauert mit dem Schülerspezialtransport lediglich ca. 20 bis 25 Minuten.
72(bb) Die Beurteilung der Sachverständigen, der zufolge die T-Schule nach ihrem Förderkonzept einschließlich der Fahrtzeiten geeignet ist, den Kläger unter Berücksichtigung seiner Behinderungen angemessen zu beschulen, wird zudem weder von dem (im Eilverfahren als Zeuge gehörten) Kinderarzt des Klägers Dr. X noch dem Privatgutachter D in seinem schriftlichen Gutachten sowie seinen mündlichen Erläuterungen im Eilverfahren in Zweifel gezogen. Auch der Beklagte und der Beigeladene zu 1 gehen übereinstimmend davon aus, dass die T-Schule - wenn nicht sogar in besonderer Weise - in der Lage ist, dem Kläger die beschriebenen Bildungsziele erfolgversprechend zu vermitteln.
73(2) Der Besuch der T-Schule ist seit Schulbeginn (August 2008) nicht nur geeignet, sondern im Sinne des § 12 Nr. 2 EinglhVO auch erforderlich, um den Kläger angemessen zu beschulen; denn die vom Sachverständigen Prof. Dr. M und der Schulleiterin der T-Schule beschriebenen Lernziele können seither mit den Möglichkeiten, welche das öffentliche Schulsystem in Nordrhein-Westfalen für den Kläger bereit hält, nicht in zumutbarer Weise verfolgt werden.
74Zwar war das Förderkonzept der (von dem Beklagten einzig als geeignet benannten) N-Schule seit Beginn des streitigen Zeitraums ausreichend, um den Behinderungen des Klägers gerecht zu werden (dazu im Folgenden). Der Senat hat jedoch schon Zweifel, ob auch die sonstigen Rahmenbedingungen, namentlich die Dauer der Fahrt zur Schule, zur Erreichung der beschriebenen Förderziele geeignet war (dazu im Folgenden). Unabhängig hiervon war dem Kläger der Besuch der N-Schule aufgrund seiner Umstellungsschwierigkeiten schon bei Einschulung behinderungsbedingt nicht zumutbar. Gleiches gilt für einen späteren Schulwechsel (dazu weiter unten).
75(a) Im Anschluss an die Beweisaufnahme ist der Senat davon überzeugt, dass das eigentliche Förderkonzept der N-Schule seit Einschulung des Klägers im Schuljahr 2008/2009 zur Erreichung der beschriebenen Förderziele geeignet war. Insbesondere stehen die dortigen Schülerzahlen (nach den zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Bekundungen des Zeugen L vom 11.06.2014 in dem Verfahren L 20 SO 418/11 zwischen ca. 180 und 169), die Klassenstärken (im Eingangsbereich sieben oder acht, später ca. zehn Schüler/innen), die tägliche Schulzeit (montags bis donnerstags 8.30 Uhr bis 15.00 Uhr, freitags bis 12.30 Uhr) einer dortigen Beschulung des Klägers seit Schulbeginn nicht entgegen.
76Ob der gleitende Schulanfang an der N-Schule (von 8.15 Uhr bis 8.30 Uhr) den Behinderungen des Klägers in gleicher Weise wie die T-Schule Rechnung trägt, obwohl dieser nach der Einschätzung des Sachverständigen Prof. Dr. M aufgrund seiner leichten Irritierbarkeit einen klaren Rahmen und damit auch hinsichtlich Schulbeginn und -ende eine zeitliche Struktur benötigt, lässt der Senat allerdings offen. Ebenso wenig bedarf es einer abschließenden Klärung, ob die sonstigen Rahmenbedingungen an der N-Schule (namentlich die Fahrtzeit zur Schule, welche nach den Bekundungen des Zeugen L im Streitverfahren L 20 SO 418/11 sowie im zwischen den Beteiligten geführten Eilverfahren maximal eine Stunde beträgt) den spezifischen Behinderungen des Klägers hätte genügen können. Die diesbezüglichen Zweifel des Senats gründen sich auf die bereits dargestellte übereinstimmende Beurteilung der Sachverständigen Prof. Dr. M und Dr. H. Danach stellt eine solche Fahrtzeit für den Kläger jedenfalls einen nicht unerheblichen Belastungsfaktor dar, der - ausgehend von den Ausführungen des Sachverständigen Dr. H - zumindest im Zusammenspiel mit weiteren Risikofaktoren, insbesondere einem Schulwechsel (dazu weiter unten), mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer konkreten Gefährdung der erreichbaren Bildungsziele führt.
77(b) Denn unabhängig von dem Förderkonzept und sonstigen Rahmenbedingungen war dem Kläger eine Beschulung an der N-Schule aufgrund der Besonderheiten seiner Behinderungen und damit verbundenen geringen Umstellungsfähigkeit jedenfalls schon nach Beendigung des Kindergartens (im Juli 2008) nicht zumutbar.
78Der Senat legt seiner Beurteilung auch insoweit in erster Linie die Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. M zugrunde. Bereits in seinem Gutachten vom 08.05.2014 hat der Sachverständige ausgeführt, dass der Kläger aufgrund seiner geistigen Behinderung und seiner Angststörung eine verlängerte Zeit benötige, um sich auf neue Umgebungen oder auf neue Situationen einzulassen und sich fremden Personen gegenüber öffnen zu können. Derartige Eingewöhnungsphasen, welche bis zu zwei Jahren in Anspruch nehmen könnten, seien mit einer psychischen Belastung verbunden und hätten unweigerlich Auswirkungen auf das erreichbare Bildungsniveau. Ergänzend hat der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung auf ausdrückliches Befragen erklärt, bei einer Einschulung des Klägers an der N-Schule sei sicherlich nicht nur dessen Entwicklung in den verschiedenen Leistungsbereichen weniger gut verlaufen als an der T-Schule. Vielmehr habe zudem die Gefahr bestanden, dass der Kläger die Schule insgesamt verweigere. Das gelte umso mehr, als der Kläger schon bei seinem Wechsel an die - dem Kindergarten räumlich angegliederte - T-Schule eine längere Eingewöhnungszeit benötigt habe; bei einem Wechsel vom Kindergarten auf die N-Schule wären aber weitaus größere Eingewöhnungsschwierigkeiten zu erwarten gewesen.
79Diese Beurteilung hält der Senat ebenfalls für überzeugend. Zwar konnte der Sachverständige auch in der mündlichen Verhandlung nicht konkreter darlegen, mit welchen (Entwicklungs-)Rückschritten im Einzelnen eine Einschulung des Klägers an der N-Schule verbunden gewesen wäre. Gleiches gilt für das zu erwartende Ausmaß von Rückschritten, namentlich die Zeit, welche der Kläger voraussichtlich benötigen würde, um sie wieder aufzufangen. Der Senat hält dies mit Blick darauf, dass die Erkrankung des Klägers eine derartige Prognose nur schwer zulässt, indes für nachvollziehbar. Dass ein Wechsel vom Kindergarten auf die N-Schule die Entwicklung des Klägers beeinträchtigt, hat der Sachverständige aber mit Sicherheit bejaht.
80Bedenken gegen die Richtigkeit dieser Einschätzung hat der Senat nicht. Der Sachverständige hat unter Berücksichtigung der aktenkundigen medizinischen und psychologischen Berichte sowie der Schilderungen der Eltern des Klägers schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, dass jeder räumliche und personelle Wechsel für ein Kind mit dem Beschwerdebild des Klägers eine große Verunsicherung bedeutet und mit Eingewöhnungsschwierigkeiten sowie Rückschritten einhergeht, weil zunächst viel Anstrengung auf die Anpassung an die neue Situation verwendet werden muss.
81Bestätigt wird die Beurteilung des Sachverständigen Prof. Dr. M zunächst durch den Sachverständigen Dr. H. Dieser ist in seinem Gutachten vom 21.02.2010 ebenfalls zu der Beurteilung gelangt, dass der Kläger erheblich größere Umstellungsschwierigkeiten hat als andere gleichaltrige behinderte Kinder, und dass eine Herausnahme aus der gewohnten personellen und räumlichen Umgebung einen entscheidenden Risikofaktor für eine adäquate schulische Förderung des Klägers darstellt. Auch der Kinderarzt des Klägers, Dr. X, hat anlässlich seiner Vernehmung im Rahmen des Eilverfahrens am 20.08.2009 bekundet, durch eine Veränderung der Umgebungssituation und der Ansprechpartner sei eine Stagnation, wenn nicht sogar ein Rückschritt in den Therapieerfolgen wahrscheinlich.
82Dass der Kläger schon seit früher Kindheit auf Veränderungen personeller und/oder räumlicher Art in besonderer Weise reagiert und daher überdurchschnittlich viel Zeit benötigt, um sich an neue Situationen zu gewöhnen, ergibt sich im Übrigen auch aus dem pädagogischen Gutachten der Sonderschullehrerinnen C und I vom 30.05.2007 zur Feststellung des Förderbedarfs. Danach bedurfte der Kläger schon im Kindergarten einer langen Eingewöhnungsphase, bevor er sich dort sicher und wohl fühlte; selbst nach fast zweijährigem Kindergartenbesuch reagierte er gegenüber fremden Personen weiterhin sehr zurückhaltend und verweigerte diesen die Mitarbeit.
83Dabei kommt erschwerend hinzu, dass etwaige Veränderungen beim Kläger - auch im Rahmen einer im Übrigen stabilen Umgebung - nicht nur zu einer Einschränkung der Leistungsfähigkeit, sondern neben psychischen Symptomen auch zu erheblichen körperlichen Begleiterscheinungen führen. So berichtete die Schulleiterin der T-Schule in ihrer schriftlichen Stellungnahme aus Juni 2002 glaubhaft von Irritationen des Klägers anlässlich einer für April 2012 bevorstehenden Klassenfahrt, welche sich bereits ein halbes Jahr zuvor in Form von deutlicher (motorischer) Unruhe, vermehrtem Einnässen, Durchfall, Erbrechen sowie einer Beeinträchtigung des Konzentrationsvermögens, der Aussprache und des Redeflusses gezeigt hätten. Ebenso reagierte der Kläger nach den glaubhaften Schilderungen der Schulleiterin in der mündlichen Verhandlung auf einen Wechsel der Klassenlehrerin im Januar 2015 mit Unruhe, Unzufriedenheit, einer Einschränkung des Sprechflusses sowie einer - über das bei ihm übliche Maß hinausgehenden - verwaschenen Sprache und ließ sich auch auf Lernangebote nicht mehr ein. Obwohl die Klassenlehrerin die Klasse seit ca. Anfang Juli 2015 wieder übernommen hat, hat sich der Zustand des Klägers nach Angaben der Schulleiterin bislang, also ca. acht Monate nach dem Lehrerwechsel, noch nicht wieder vollständig normalisiert.
84Der Senat verkennt insoweit nicht, dass auch der Wechsel des Klägers vom Kindergarten an die T-Schule mit räumlichen und personellen Veränderungen verbunden war. Diese waren jedoch weitaus geringer, als es ein Wechsel vom Kindergarten zur N-Schule gewesen wäre; denn nach den glaubhaften Schilderungen der Leiterin der T-Schule in der mündlichen Verhandlung ist der Kindergarten der Schule nicht nur räumlich angegliedert. Vielmehr sind beide Einrichtungen auch personell miteinander verzahnt. Der Kläger kannte daher bei seiner Einschulung nicht nur das Gelände und Gebäude, sondern darüber hinaus bereits einzelne an der T-Schule tätige Therapeuten, den Fahrdienst sowie die Küche (einschließlich Personal).
85Der Einschätzung der Sachverständigen steht schließlich auch nicht entgegen, dass der Kläger anlässlich der Begutachtung durch den Sachverständigen Prof. Dr. M freundlich und offen auftrat und auch in dem Gutachten des Herrn D als fröhlich und zugewandt beschrieben wird; denn die nur temporären Begutachtungen erfolgten innerhalb einer sehr konstanten Grundsituation. Ein Wechsel vom Kindergarten am T auf die N-Schule wäre für den Kläger jedoch nicht nur mit kurzzeitigen räumlichen Veränderungen, sondern - neben einem veränderten Wegetransport (bzgl. Strecke und Fahrer) sowie Tagesablauf - insbesondere auch mit dem Austausch sämtlicher Betreuungskräfte und damit der maßgebenden Bezugspersonen verbunden, welche den Kläger während des gesamten Alltags im Kindergarten begleiten und fördern. Derartig einschneidende und vielschichtige Veränderungen sind aber von vornherein nicht vergleichbar mit Umständen wie einer einmaligen Begutachtung (bei der im Übrigen die Eltern des Klägers in der Nähe und erreichbar geblieben sind).
86(c) War dem Kläger - zusammenfassend - aber eine Einschulung an der N-Schule schon nach Abschluss des Kindergartens (im Sommer 2008) behinderungsbedingt nicht zumutbar, so war ihm auch ein späterer Wechsel auf diese Schule aus schwerwiegenden subjektiven Gründen (s.o.) unmöglich bzw. unzumutbar und der (weitere) Besuch der T-Schule aus diesem Grund auch über das Schuljahr 2008/2009 hinaus erforderlich im Sinne des § 12 Nr. 2 EinglhVO. Denn nach den überzeugenden Ausführungen insbesondere des Sachverständigen Prof. Dr. M in seinem Gutachten sowie seinen mündlichen Erläuterungen im Verhandlungstermin verursacht (auch) ein Schulwechsel bei dem Kläger verlängerte Eingewöhnungsphasen mit einer Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit, Angstsymptomen und Verhaltensauffälligkeiten bis hin (sogar) zu Aggressionen. Zudem wäre er ebenfalls mit der Gefahr verbunden, dass der Kläger die Schule insgesamt verweigert. Zweifel an der Richtigkeit auch dieser Beurteilung hat der Senat nicht. Insofern wird auf die obigen Ausführungen zu den zu erwartenden Auswirkungen bei einem Wechsel vom Kindergarten zur N-Schule verwiesen, die auch für einen späteren Schulwechsel gelten. Das gilt umso mehr, als ein Wechsel der Schule zumindest im gleichen Maße, im Hinblick auf den Verlust der gesamten bisherigen Mitschüler/innen sogar eher noch mit erheblicheren Veränderungen verbunden wäre als die Einschulung des Klägers an der N-Schule.
87dd) Der Umstand, dass der Kläger seine Schulbildung an der T-Schule entgegen der angefochtenen Entscheidung des Beklagten aufgenommen und auf diese Weise vollendete Tatsachen geschaffen hat, steht der Übernahme der Kosten für den Besuch der T-Schule von vornherein nicht entgegen. Das gilt schon deshalb, weil die Einschulung des Klägers an der N-Schule (deren Besuch der Beklagte in den angefochtenen Bescheiden für angemessen erachtet hat) seinerzeit wegen der einschränkten Umstellungsfähigkeit des Klägers keine geeignete Fördermöglichkeit war (s.o.). Für die Folgezeit war der weitere Besuch der T-Schule wegen der Unzumutbarkeit eines Schulwechsels unverzichtbar.
88Der Senat weicht insofern nicht von seinem früheren Urteil vom 15.05.2013 - L 20 SO 67/08 ab. Zwar ist dort ausgeführt, dass die dortige Klägerin keine Vorteile daraus ziehen darf, dass sie entgegen der von ihr angefochtenen Entscheidung des Beklagten ihre Schulausbildung zunächst an der T-Schule begonnen hat und nunmehr mangels Anspruchs auf Übernahme der Beschulungskosten auf die N-Schule wechseln muss. In jenem Verfahren ließ sich jedoch - anders als hier - nicht feststellen, dass die (insoweit beweispflichtige) dortige Klägerin an der N-Schule nicht hätte angemessen beschult werden können, und dass deshalb eine Umschulung unzumutbar wäre. Unterscheiden sich jener und der vorliegende Sachverhalt deshalb wesentlich, so kann im hier zu entscheidenden Fall (bei dem kein Erkenntnisausfall vorliegt) offen bleiben, ob und inwiefern "Verschuldensgesichtspunkte" (die im Recht der Sozialhilfe einen zu deckenden Bedarf ohnehin grundsätzlich nicht entfallen lassen, sondern allenfalls unter engen Voraussetzungen eine Leistungseinschränkung bzw. einen Erstattungsanspruch nach sich ziehen können; vgl. § 26 bzw. § 103 SGB XII) hinsichtlich einer getroffenen Schulwahl berücksichtigungsfähig sein können.
893. Dem Anspruch des Klägers auf Übernahme seiner Beschulungskosten an der T-Schule als Eingliederungshilfe stehen sonstige Hindernisse nicht entgegen. Insbesondere verfügte der Kläger seit Schuljahresbeginn 2008/2009 durchgehend nicht über anzurechnendes Einkommen, wobei dieses ohnehin auf die Aufbringung der Mittel für die Kosten des Lebensunterhalts beschränkt wäre (vgl. § 92 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SGB XII). Etwaiges Vermögen des Klägers ist bei den hier in Rede stehenden Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung ohnehin nicht anspruchsmindernd oder -ausschließend zu berücksichtigen (vgl. § 92 Abs. 2 S. 2 i.V.m. S. 1 Nr. 2 i.V.m. SGB XII).
90C) Sonstige Anspruchsgrundlagen für eine Übernahme von Kosten im Zusammenhang mit der Beschulung des Klägers existieren nicht.
91I. Leistungen der Eingliederungshilfe des Jugendhilfeträgers nach § 35a SGB VIII scheiden aus. Zwar mag die Angststörung des Klägers eine seelische Behinderung im Sinne des § 35a Abs. 1 und 3 SGB VIII sein; eine solche kann grundsätzlich zu einer Leistungszuständigkeit des Jugendhilfeträgers führen. Leidet der Kläger jedoch zumindest auch unter einer wesentlichen geistigen Behinderung, ist nach der Abgrenzungsregelung des § 10 Abs. 4 S. 2 SGB VIII der beklagte Sozialhilfeträger vorrangig zuständig (vgl. zu dieser Abgrenzung ausführlich etwa Urteil des Senats vom 18.01.2013 - L 20 SO 170/11 Rn. 59 ff. m.w.N.). Aus diesem Grund bedurfte es von vornherein keiner Beiladung des Jugendhilfeträgers.
92II. Schließlich wurde in der mündlichen Verhandlung für den Kläger ausdrücklich klargestellt, dass Leistungen nach dem Dritten bzw. Vierten Kapitel des SGB XII (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 Rn. 18) nicht geltend gemacht werden.
93D) Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 S. 1 SGG und folgt der Entscheidung in der Sache. Die Kosten der Beigeladenen waren nicht zu erstatten, weil sie keinen Antrag gestellt haben (vgl. dazu das Urteil des Senats vom 18.04.2011 - L 20 SO 78/10 Rn. 62 und vom 08.06.2015 - L 20 SO 473/12; ferner Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 193 Rn. 3b).
94E) Der Senat lässt die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zu (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.
Tatbestand
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Im Streit ist die Inanspruchnahme der Kläger in Höhe von jeweils 28 370,42 Euro im Wege des Kostenersatzes als Erben für die ihrer Tochter in der Zeit vom 1.1.1997 bis 15.2.2003 erbrachten Sozialhilfeleistungen.
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Die Kläger sind Eltern der 1961 geborenen und am 15.2.2003 verstorbenen G, die auf Grund der Einnahme des Medikaments Contergan durch die Klägerin zu 2 während der Schwangerschaft von Geburt an schwerstbehindert war. Bei ihr - der Tochter - waren ein Grad der Behinderung (GdB) von 100 sowie die Nachteilsausgleiche "G", "H" und "RF" anerkannt. Seit 1979 war sie wegen Geistesschwäche entmündigt. Sie erhielt eine einmalige Kapitalentschädigung in Höhe von 25 000 DM sowie eine Rente auf Lebenszeit in Höhe von 1 024 DM monatlich vor Einführung des Euro nach dem Gesetz über die Errichtung einer Stiftung "Hilfswerk für behinderte Kinder" (StiftHG). Nach ihrer Geburt lebte sie zunächst im elterlichen Haushalt; ab Mai 1968 war sie in einer Heilerziehungs- und Pflegeanstalt untergebracht. Ab 1.1.1997 leistete der Beklagte Hilfe zur Pflege nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG). Nach dem Tod der Tochter bezifferte die Klägerin zu 2 auf Nachfrage den Wert des Nachlasses auf 63 184,38 Euro und die Bestattungskosten auf 4 755,54 Euro.
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Der Beklagte forderte die Kläger als Erben ihrer verstorbenen Tochter zum Ersatz der Kosten für die seit 1.1.1997 erbrachten Sozialhilfeleistungen in Höhe von (jeweils) 28 370,42 Euro auf (gleichlautende Bescheide vom 9.1.2004; Widerspruchsbescheide vom 11. und 12.4.2005). Die hiergegen erhobenen Klagen blieben ohne Erfolg (Urteile des Sozialgerichts
Detmold vom 11.10.2005; Urteile des Landessozialgerichts . Zur Begründung seiner Entscheidungen hat das LSG ausgeführt, die Heranziehung der Kläger zum Kostenersatz für die gegenüber der Tochter ab Januar 1997 erbrachten Sozialhilfeleistungen sei formell- und materiellrechtlich nicht zu beanstanden. Aus den Widerspruchsbescheiden gehe hervor, dass im maßgeblichen Zeitraum Sozialhilfeleistungen in einem Umfang erbracht worden seien, der weit über den geltend gemachten Kostenersatz hinausgehe. Dies genüge den Anforderungen an die Bestimmtheit eines Verwaltungsakts. Genaue Angaben zur Höhe der in den einzelnen Zeitabschnitten erbrachten Sozialhilfeleistungen seien nicht notwendig. Die materiellrechtlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Kläger seien ebenfalls erfüllt. § 92c BSHG sehe den Rückgriff gegen die Erben eines Sozialhilfeempfängers beschränkt auf den Wert des Nachlasses vor. Die Haftung der Erben scheide nicht etwa deshalb aus, weil das Vermögen der Erblasserin zu ihren Lebzeiten schon privilegiertes Vermögen (Schonvermögen) auf Grund von Vorschriften des StiftHG, nicht des BSHG, gewesen sei. Die Regelungen des StiftHG ließen nicht die gesetzgeberische Absicht erkennen, die Stiftungsleistungen auch nach dem Tod der Berechtigten für deren Erben zu schützen. Die Inanspruchnahme der Kläger stelle auch keine besondere Härte dar.Nordrhein-Westfalen vom 7.4.2008)
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Mit ihren Revisionen rügen die Kläger eine Verletzung des § 92c BSHG. Die Vorschrift sei nicht auf den Nachlass, der mit Leistungen nach dem StiftHG angespart worden sei, anwendbar. Vor dem Hintergrund des Art 3 Grundgesetz (GG) müsse den unterschiedlichen Wertungen des Gesetzgebers zum Schonvermögen nach § 88 BSHG und dem StiftHG Rechnung getragen werden. Einzelnen Regelungen des StiftHG könne der gesetzgeberische Wille entnommen werden, die Eltern des Hilfeempfängers als Erben ähnlich den Leistungsempfängern zu privilegieren. Diese Intention würde durch den Rückgriff auf § 92c BSHG konterkariert. Insbesondere dürfe hinsichtlich einer Zuwendung für den Todesfall kein anderer Maßstab gelten als für eine Zuwendung unter Lebenden. Die Zuwendung der Stiftungsleistungen an sie (die Eltern) wäre zu Lebzeiten der Tochter im Rahmen ihres freien Verfügungsrechts möglich gewesen. Es sei davon auszugehen, dass eine Begünstigung der Eltern und nicht des Sozialleistungsträgers dem mutmaßlichen Willen der Tochter entsprochen habe. Zudem stelle die Heranziehung zum Kostenersatz angesichts der pflegeintensiven Versorgung der Tochter in den ersten sechs Lebensjahren, der nachfolgenden Betreuung sowie der mit den Besonderheiten der Conterganschädigung verbundenen psychischen Belastung eine besondere Härte dar.
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Die Kläger beantragen,
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die Urteile des LSG und des SG sowie die Bescheide des Beklagten vom 9.1.2004 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 11. bzw 12.4.2005 aufzuheben.
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Der Beklagte beantragt,
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die Revisionen zurückzuweisen.
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Er hält die Entscheidungen des LSG für zutreffend.
Entscheidungsgründe
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Die Revisionen der Kläger sind im Sinne der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz
) . Ob die Kläger zu Recht als Erben zum Kostenersatz für die an die Tochter erbrachten Sozialhilfeleistungen herangezogen wurden, kann der Senat nicht abschließend entscheiden. Es fehlen insbesondere hinreichende tatsächliche Feststellungen (§ 163 SGG), die es dem Senat ermöglichen, die Rechtmäßigkeit der an die Erblasserin erbrachten Sozialhilfeleistungen zu prüfen; dies aber ist Voraussetzung für einen Kostenersatz nach § 92c BSHG. Zu Recht ist das LSG allerdings davon ausgegangen, dass ein Kostenersatz gegen die Kläger als Erben nicht schon deshalb ausscheidet, weil das Vermögen der Erblasserin zu ihren Lebzeiten Schonvermögen nach den Vorschriften des StiftHG vom 17.12.1971 (BGBl I 2018) war; zu Recht hat das LSG auch das Vorliegen einer besonderen Härte verneint.
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Formell Gegenstand des Verfahrens sind die Bescheide vom 9.1.2004 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 11. und 12.4.2005, mit denen die Kläger zum Ersatz aufgewandter Sozialhilfekosten jeweils in Höhe von 28 370,42 Euro aufgefordert wurden. In der Sache wenden sich die Kläger mit der Anfechtungsklage nach § 54 Abs 1 SGG gegen die von ihnen verlangte Kostenerstattung. Richtiger Klagegegner ist (institutionell) der Landrat des Kreises Lippe. Für diesen handelt er nämlich als beteiligtenfähige Behörde (§ 70 Nr 3 SGG iVm § 3 Gesetz zur Ausführung des SGG im Land NRW vom 8.12.1953 - GVBl NRW 412 - iVm § 42 Kreisordnung für das Land NRW in der Fassung der Bekanntmachung vom 14.7.1994 - GVBl NRW 646). Dem kann nicht entgegengehalten werden, angesichts des Fehlens einer § 78 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) vergleichbaren Regelung hätten die Kläger ein Wahlrecht, die Behörde oder die dahinterstehende juristische Person zu verklagen(vgl BSG, Urteil vom 29.9.2009 - B 8 SO 19/08 R - RdNr 14).
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Die angegriffenen Bescheide sind formell rechtmäßig. Da der Kreis Lippe die Leistungen der Sozialhilfe erbracht hat, war der Landrat auch örtlich und sachlich für die Geltendmachung des Ersatzanspruchs zuständig. Dies ergibt sich - ohne besonders geregelt sein zu müssen und mangels anderweitiger Regelung - aus dem allgemeinen Rechtsgrundsatz, dass der Erstattungsanspruch als actus contrarius die Kehrseite des Leistungsanspruchs darstellt (BayVGH, Urteil vom 9.8.1999 - 4 B 99.779 -, NVwZ 2000, 829, 830). Ob er - der Landrat - zu Lebzeiten der Erblasserin nach §§ 96 f BSHG für das Erbringen der Leistung auch zuständig war (s dazu unten), bedarf in diesem Zusammenhang keiner Entscheidung.
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Die angegriffenen Bescheide genügen auch den Anforderungen an die Bestimmtheit eines Verwaltungsakts nach § 33 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X). Nach § 33 Abs 1 SGB X muss ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Die Bestimmtheit bezieht sich dabei auf den Entscheidungsausspruch, also den Verfügungssatz bzw die Verfügungssätze der Entscheidung (Waschull in Diering/Timme/Waschull, Lehr- und Praxiskommentar
SGB X, 2. Aufl 2007, § 33 RdNr 2) . Dies bedeutet, dass der Adressat des Verwaltungsakts in der Lage sein muss, das von ihm Geforderte zu erkennen. Zudem muss der Verwaltungsakt eine geeignete Grundlage für seine zwangsweise Durchsetzung bilden (BVerwGE 84, 335, 338). Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden materiellen Rechts. Ein Bescheid über den Kostenersatz durch Erben nach § 92c BSHG ist danach schon dann hinreichend bestimmt, wenn der Adressat des Verwaltungsakts die Höhe der Haftungsschuld erkennen kann (zur Problematik der Gesamtschuld bei einer Erbenmehrheit siehe unten). Neben der Höhe des Kostenersatzes ist weder die konkrete Benennung des Haftungsgrundes noch die Bezeichnung des Zeitraums erforderlich, für den Kostenersatz begehrt wird, und detailliert aufzulisten, wann und in welcher Höhe die jeweiligen Sozialhilfeleistungen erbracht worden sind (so aber zu Unrecht Schoenfeld in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 2. Aufl 2008, § 102 RdNr 25). Dies ist vielmehr eine Frage der ausreichenden Begründung (§§ 35, 41 SGB X); eine Verletzung der Begründungspflicht würde vorliegend indes nicht zu einer Aufhebung der Bescheide führen (§ 42 SGB X). Inwieweit wegen der engen Verzahnung von § 33 SGB X und § 35 SGB X(Waschull aaO) aus dem Bescheid aber zumindest im Ansatz erkennbar sein muss, dass ein Ersatzanspruch gegen den Erben geltend gemacht wird, kann dahingestellt bleiben, weil der Beklagte die Kläger ausdrücklich als Erben in Anspruch genommen hat.
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Die materielle Rechtmäßigkeit der angegriffenen Bescheide misst sich an § 92c BSHG(idF die die Norm durch das Gesetz zur Einführung des Euro im Sozial- und Arbeitsrecht sowie zur Änderung anderer Vorschriften vom 21.12.2000 - BGBl I 1983 - erhalten hat). Nach den Grundsätzen des intertemporalen Rechts ist für das anzuwendende Recht die Entstehung des Anspruchs - hier der Erbfall im Februar 2003 - maßgebend (BVerwGE 57, 26, 29).
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Nach § 92c Abs 1 Satz 1 BSHG ist der Erbe des Hilfeempfängers unter weiteren Voraussetzungen zum Ersatz der Kosten der Sozialhilfe verpflichtet. Nach den Feststellungen des LSG wurde den Klägern durch das Amtsgericht Detmold ein gemeinschaftlicher Erbschein erteilt. Mit der Aushändigung des Erbscheins ist die positive Vermutung verbunden, dass demjenigen, der in dem Erbschein als Erbe bezeichnet ist, das in dem Erbschein angegebene Erbrecht zusteht (§ 2365 Bürgerliches Gesetzbuch
) . Der Erbschein bindet die Instanzgerichte zwar nicht. Sie dürfen aber - wie hier das LSG - von dieser Berechtigung ausgehen, solange der Erbschein nicht eingezogen ist (BVerwG Buchholz 427.2 § 9 FG Nr 13 mwN; BVerwG, Beschluss vom 2.2.2006 - 7 B 101/05 -; BFHE 179, 436 ff); weiterer Feststellungen zur Erbenstellung bedarf es nicht. Hieran ist der Senat gebunden.
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Ob - wie hier - bei einer Mehrheit von Erben jeder Erbe als Gesamtschuldner (§ 421 BGB) in Anspruch genommen werden darf oder nur auf einen Teilbetrag, der seinem Anteil am Nachlass entspricht, bedarf keiner Entscheidung (vgl BVerwGE 57, 26, 27), weil der Beklagte die Kläger von vornherein nur im zweiten Sinne in Anspruch genommen hat. Dies ergibt sich aus der Auslegung und der Inhaltsbestimmung der getroffenen Regelungen. Maßstab hierfür ist der Empfängerhorizont eines verständigen Beteiligten, der in Kenntnis der tatsächlichen Zusammenhänge den wirklichen Willen der Behörde (§ 133 BGB) erkennen kann (BSGE 67, 104, 110 = SozR 3-1300 § 32 Nr 2 S 11). Der Beklagte hat in dem angegriffenen Bescheid die Kläger nicht (ausdrücklich) als Gesamtschuldner in Anspruch genommen, sondern in der Begründung seiner Entscheidung auf das angegebene Vermögen Bezug genommen und den von den Erben zu fordernden Betrag mit 56 740,84 Euro beziffert und ausgeführt, dass die Kläger "als Erbe zu 1/2" bestimmt worden seien und deshalb ein Betrag in Höhe von (jeweils) 28 370,42 Euro gefordert werde. Aus der Begründung des Bescheids ergibt sich deshalb unzweifelhaft, dass die Kläger nicht als Gesamtschuldner, sondern anteilig in Anspruch genommen wurden.
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Die Erblasserin hat in der Zeit vom 1.1.1997 bis 15.2.2003 Hilfe zur Pflege erhalten. Allerdings hat das LSG nicht festgestellt, in welcher Höhe diese Sozialhilfeleistungen erbracht wurden. Nach den vom LSG referierten Ausführungen in dem Bescheid betrugen die Pflegekosten ab 1.1.2002 100,33 Euro täglich. Unter Berücksichtigung des vereinnahmten Pflegesatzes von monatlich 256 Euro hätten die Pflegekosten monatlich ca 2 800 bis 2 900 Euro betragen. Die durch die Sozialhilfe gedeckten Heimpflegekosten hätten sich somit allein im Jahr 2002 auf mehr als 30 000 Euro summiert. Diese Ausführungen sprechen zwar ohne Weiteres dafür, dass die absolute Höhe der erbrachten Sozialhilfeleistungen den Ersatzanspruch bei Weitem übersteigt; es fehlen jedoch Feststellungen des LSG, die es dem Senat ermöglichen, eine Aussage darüber zu treffen, ob erbrachte Leistungen in der geltend gemachten Höhe rechtmäßig waren. Dies mag im Hinblick auf den Umfang der Sozialhilfeleistungen naheliegen, bedarf aber gleichwohl genauer Feststellungen.
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Die Rechtmäßigkeit der Leistungen der Sozialhilfe ist ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal des § 92c BSHG. Diese einschränkende Auslegung ergibt sich aus der Entwicklung der Kostenersatzpflicht des Erben, die sich schon in dem bis zum 31.5.1962 geltenden Fürsorgerecht nur auf rechtmäßig gewährte Fürsorgeleistungen bezog (vgl im Einzelnen BVerwGE 78, 165 ff). Wurde die Sozialhilfe rechtswidrig gewährt, ist eine Erstattung nur unter den Voraussetzungen der §§ 45 ff, 50 SGB X möglich. Deshalb sieht § 92 Abs 1 Halbsatz 2 BSHG vor, dass eine Verpflichtung zum Kostenersatz nach anderen Rechtsvorschriften unberührt bleibt. Dies ist in Literatur und Rechtsprechung für Kostenersatzansprüche nach dem BSHG unstreitig (BVerwGE 64, 318, 320; 67, 163, 166; 70, 196, 199; W. Schellhorn/H. Schellhorn, BSHG, 16. Aufl 2002, § 92 BSHG RdNr 9 und § 92c BSHG RdNr 7; Zeitler in Mergler/Zink, BSHG, § 92c BSHG RdNr 11b, Stand Juli 1994; Conradis in Lehr- und Praxiskommentar
BSHG, 6. Aufl 2003, § 92c BSHG RdNr 2; ebenso zur Nachfolgeregelung des § 102 SGB XII: Adolph in Linhart/Adolph, Sozialgesetzbuch II/Sozialgesetzbuch XII/Asylbewerberleistungsgesetz, § 102 SGB XII RdNr 56, Stand März 2008; H. Schellhorn in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 17. Aufl 2006, § 102 RdNr 9; Schoenfeld in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 2. Aufl 2008, § 102 RdNr 5; Conradis in LPK-SGB XII, 8. Aufl 2008, § 102 RdNr 2) .
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Für die Beurteilung des ungeschriebenen Tatbestandsmerkmals der Rechtmäßigkeit der Leistung ist allerdings nur die Frage zu beantworten, ob die der Erblasserin gewährten Leistungen dieser nach den materiellrechtlichen Vorschriften des BSHG zugestanden haben, während reine Formverstöße ohne Bedeutung sind (vgl auch BVerwGE 78, 165 f, wonach ein Anspruch nach § 92c BSHG ausgeschlossen ist, wenn dem Erblasser die Sozialhilfe "materiell" rechtswidrig gewährt worden ist). Denn wenn die Erblasserin materiellrechtlich einen Anspruch auf die Leistungen hatte, hätte sie auch bei Vorliegen von Formverstößen in jedem Fall Sozialhilfe - ggf allerdings von einem anderen (zuständigen) Sozialhilfeträger - erhalten. Allein dies ist für einen Ersatzanspruch gegen den Erben nach § 92c BSHG entscheidend.
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Ob (materiell) die Hilfe zur Pflege (§ 27 Abs 1 Nr 5 BSHG in der Fassung des Sozialgesetzbuchs Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen -
vom 19.6.2001 - BGBl I 1046 - ab 1.7.2001 bzw Nr 9 in der Fassung des Gesetzes zur sozialen Absicherung des Risikos der Pflegebedürftigkeit vom 26.5.1994 - BGBl I 1014 - für die Zeit vor dem 1.7.2001) zu Recht erbracht wurde, kann der Senat hingegen nicht feststellen. Nicht ausreichend sind schon die Feststellungen des LSG über Einkommen und Vermögen. Zu Recht wurden allerdings die Rente nach dem StiftHG und das hieraus ggf angesparte Vermögen bei den Leistungen nach dem BSHG nicht berücksichtigt. Nach § 21 Abs 2 Satz 1 StiftHG bleiben Leistungen nach dem StiftHG bei der Ermittlung von Einkommen und Vermögen nach anderen Gesetzen, insbesondere dem BSHG, außer Betracht. Für Renten gilt dies nur in Höhe des Betrages, den der Behinderte als Grundrente erhalten würde, wenn er nach dem Gesetz über die Versorgung der Opfer des Krieges (BVG) in der jeweils geltenden Fassung versorgungsberechtigt wäre. Die Erblasserin hätte angesichts eines GdB von 100 eine Grundrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 100 vH erhalten. Die Grundrente nach dem BVG bei einer MdE von 100 vH war in dem gesamten Zeitraum von 1997 bis zum Jahr 2003 höher als die Stiftungsrente (zwischen 1115 DM bis 615 Euro). Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Feststellung des LSG zur zuletzt bezogenen Stiftungsrente in Höhe von angeblich 1024 DM angesichts des bereits eingeführten Euro falsch sein dürfte. Der Betrag von 1024 DM entspricht der Höchstrente nach § 14 Abs 2 StiftHG in der bis zum 31.7.2001 geltenden Fassung der Sechsten Zuständigkeitsanpassungsverordnung vom 21.9.1997 (BGBl I 2390); die Höchstrente betrug allerdings zum Zeitpunkt des Ablebens der Erblasserin 545 Euro (§ 14 Abs 2 StiftHG idF des Neunten Gesetzes zur Änderung des StiftHG vom 21.2.2002 - BGBl I 2190) und war damit ohnehin geringer als die Grundrente bei einer MdE von 100 vH (615 Euro), so dass sich im Ergebnis nichts ändert.
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Auch Vermögen, das die Erblasserin aus der Rente nach dem StiftHG angespart hat, bzw das aus einer nicht verbrauchten Kapitalentschädigung nach § 14 Abs 1 StiftHG stammt, ist bei Leistungen nach dem BSHG nicht zu berücksichtigen. Dies ergibt sich ebenfalls aus dem eindeutigen Gesetzeswortlaut des § 21 Abs 2 Satz 1 StiftHG, der Stiftungsleistungen rechtlich umfassend, dh als Einkommen und Vermögen, vor einer Einkommens- oder Vermögensberücksichtigung schützt. Es ist deshalb unerheblich, ob das aus laufenden Rentenleistungen angesammelte Vermögen an die Stelle des anrechnungsfreien Einkommens getreten ist (vgl dazu BVerwG Buchholz 436.0 § 2 BSHG Nr 14). Etwas anderes gilt allerdings für Zinsen aus der Anlage von Stiftungsleistungen. Diese genießen nach dem Wortlaut des § 21 Abs 2 Satz 1 StiftHG keinen besonderen Schutz, weil Zinsen keine Leistungen nach dem StiftHG, sondern Leistungen Dritter sind (Bank) und auf den mit diesen abgeschlossenen Rechtsgeschäften beruhen(BVerwG aaO). Die Erblasserin verfügte über nicht unbeträchtliches Vermögen. Ob dieses Vermögen (in vollem Umfang) aus Stiftungsleistungen angespart wurde oder ob es sich dabei um aus Zinseinkünften (zB aus der Kapitalentschädigung) angesammeltes Vermögen handelt (den Verwaltungsakten sind Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass die Erblasserin über erhebliche Kapitaleinkünfte verfügte), lässt sich anhand der Feststellungen des LSG nicht beantworten. Dies wird es nachzuholen haben.
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Das Erfordernis der Rechtmäßigkeit der Leistungsgewährung bedeutet allerdings nicht, dass der gesamte Zeitraum von 1997 bis zum Jahr 2003 in dem Sinne aufzurollen ist, dass für jeden Monat dieses Zeitraums die Rechtmäßigkeit der Leistungsgewährung zu überprüfen wäre. Entscheidend ist vielmehr, dass für einen oder mehrere Zeiträume Feststellungen zur Rechtmäßigkeit der Sozialhilfeleistungen getroffen werden, deren Höhe mindestens die Höhe des geltend gemachten Ersatzanspruchs erreicht, so dass rechtmäßige Leistungen schon für die Dauer von weniger als zwei Jahren die Geltendmachung des Ersatzanspruchs in Höhe von jeweils 28 370,42 Euro rechtfertigen.
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Zu Recht ist das LSG aber davon ausgegangen, dass § 92c BSHG auch die Fälle erfasst, in denen auf Grund gesetzlicher Schutzvorschriften außerhalb des BSHG(hier § 21 Abs 2 StiftHG) zu Lebzeiten des Hilfeempfängers keine Verwertung des Vermögens zur Deckung des sozialhilferechtlichen Bedarfs verlangt werden konnte. Schon der Wortlaut des § 92c BSHG beschränkt den Ersatzanspruch - entgegen der Ansicht der Kläger - nicht auf ererbtes Vermögen, das zu Lebzeiten des Erblassers (nur) nach § 88 BSHG privilegiert war. Auch Sinn und Zweck der Regelung rechtfertigt nicht die von den Klägern vertretene Auffassung. Denn die Vorschriften über nicht einzusetzendes Einkommen und Schonvermögen dienen allein dem Schutz des Sozialhilfeberechtigten, nicht aber dem seiner Erben. Gerade dies berücksichtigt § 92c Abs 1 BSHG, ohne dass die Regelung auf die Herkunft des zum Nachlass gehörenden Vermögens abstellt(BVerwGE 96, 18, 21 f). Dies belegt auch die Entstehungsgeschichte des § 92c BSHG. Nachdem der Gesetzgeber mit dem Inkrafttreten des BSHG vom 30.6.1961 (BGBl I 815) am 1.6.1962 in Abkehr der zuvor geltenden Rechtslage von der Verpflichtung des Hilfeempfängers zum Ersatz der Kosten der Sozialhilfe im Falle nachträglich erlangten Einkommens und Vermögens im Grundsatz Abstand genommen hatte (nach dem bis zum 31.5.1962 geltenden Fürsorgerecht - §§ 25 f der Reichsverordnung über die Fürsorgepflicht - RFV - vom 13.2.1924 - RGBl I 100 - hatte der Unterstützte im Regelfall die aufgewendeten Kosten zu ersetzen, sobald er zu Einkommen und Vermögen gelangt war), sah das BSHG eine Ersatzpflicht nur noch in Ausnahmefällen für den Hilfeempfänger (§ 92 Abs 2 und 3 BSHG aF) und dessen Erben (§ 92 Abs 5 BSHG aF) vor. Mit dem zweiten Gesetz zur Änderung des BSHG vom 14.8.1969 (BGBl I 1153) wurde der Kostenersatz in §§ 92, 92a bis c BSHG geregelt und in § 92c BSHG eine selbständige Kostenersatzpflicht des Erben eingefügt. Hintergrund dieser Kostenersatzpflicht war die bei der Umsetzung des BSHG gewonnene Erkenntnis, dass sich die Bestimmungen über den Schutz des Vermögens nicht nur zu Gunsten des Hilfeempfängers und seiner in §§ 11 und 28 genannten nächsten Angehörigen, sondern darüber hinaus auch zu Gunsten seiner Erben auswirkten, was insbesondere bei einem fehlenden Näheverhältnis zwischen Erben und Hilfeempfänger als nicht gerechtfertigt empfunden wurde(BT-Drucks V/3495 S 16). Welche Vorschriften die Privilegierung des Vermögens anordnen, ist für den allein beabsichtigten Schutz des Hilfeempfängers bedeutungslos. Die Bezugnahme in der Gesetzesbegründung (aaO) auf die Vermögensschutzvorschriften des § 88 Abs 2 und 3 BSHG rechtfertigt keine Begrenzung des Anwendungsbereichs des § 92c BSHG, wie die Kläger meinen. Sie betrifft erkennbar nur den Hauptanwendungsfall geschützten Vermögens, ohne dass die von den Klägern hieraus gezogenen Schlussfolgerungen in der Regelung selbst objektiv zum Ausdruck kämen.
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Systematische Erwägungen bestätigen das Ergebnis. Dem Kostenersatz wurde ein eigener Abschnitt im BSHG gewidmet und die Kostenersatzpflicht des Erben gerade nicht in einem systematischen Zusammenhang zu den Vorschriften über das einzusetzende Vermögen gestellt; dies hätte bei einer Beschränkung des Anwendungsbereichs des § 92c BSHG in dem von den Klägern gewünschten Sinne aber nahegelegen.
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An der Ersatzpflicht ändert auch nichts, dass die Zuwendung der Stiftungsleistungen an die Eltern zu Lebzeiten der Tochter im Rahmen ihres freien Verfügungsrechts möglich gewesen wäre und eine Begünstigung der Eltern und nicht des Sozialleistungsträgers dem mutmaßlichen Willen der Tochter entsprochen hätte, weil dieser Einwand in gleicher Weise für anderes nach § 88 BSHG privilegiertes Vermögen gelten würde und den Ersatzanspruch gegen die Erben leerlaufen ließe. Weder Wortlaut noch der oben beschriebene Sinn und Zweck der Vorschrift rechtfertigen die Auffassung, dass eine gedachte Verfügung zu Lebzeiten des Erblassers oder dessen mutmaßlicher oder ausdrücklicher (zB Testament) Wille bei der Anwendung des § 92c BSHG zu berücksichtigen ist. Die Ersatzpflicht scheidet auch nicht nach § 92c Abs 1 Satz 2 BSHG aus, wonach sie nur für die Kosten der Sozialhilfe besteht, die innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren vor dem Erbfall aufgewendet worden sind und die das Zweifache des Grundbetrags nach § 81 Abs 1 BSHG (Bagatellbetrag) übersteigen. Der Erbfall war im Jahr 2003. Betroffen sind die (rechtmäßigen) Kosten der Sozialhilfe für die Zeit ab 1.1.1997. Sie dürften die Bagatellgrenze übersteigen; dies bedarf aber noch genauerer Feststellungen durch das LSG. Der Kostenersatz ist schließlich auch nicht nach § 92c Abs 1 Satz 3 und 4 BSHG ausgeschlossen. Diese Regelung betrifft nur Ehegatten.
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In welcher Höhe der Beklagte einen Kostenersatzanspruch geltend machen kann, lässt sich anhand der Feststellungen des LSG nicht abschließend beurteilen. Nach § 92c Abs 2 Satz 2 BSHG haftet der Erbe mit dem Wert des im Zeitpunkt des Erbfalls vorhandenen Nachlasses. Der Erbfall trat nach oben Gesagtem am 15.2.2003 ein. Welchen Wert der Nachlass zu diesem Zeitpunkt hatte, kann der Senat mangels Feststellungen des LSG hierzu nicht abschließend beurteilen. Das LSG hat hierzu nur ausgeführt, dass die Klägerin zu 2 den Wert des Nachlasses auf Nachfrage des Beklagten am 5.1.2004 mit dem Betrag von 63 184 Euro und die Kosten der Bestattung mit 4755,54 Euro beziffert habe. Eigene Feststellungen hierzu hat das LSG aber nicht getroffen. Der Wert des Nachlasses (Erbschaft) umfasst das als Ganzes übergehende Vermögen des Erblassers und ermittelt sich anhand des angefallenen Aktivvermögens des Erblassers, von dem die Nachlassverbindlichkeiten in Abzug zu bringen sind, also der Differenz zwischen dem in Geld zu veranschlagenden Aktivbestand und den Passiva im Zeitpunkt des Erbfalls (BVerwGE 66, 161, 163; Edenhofer in Palandt, BGB, 69. Aufl 2010, § 2311 RdNr 1 f). Zu den Nachlassverbindlichkeiten gehören auch die den Erben als solchen treffenden Verbindlichkeiten (§ 1967 Abs 2 BGB), folglich auch die Beerdigungskosten, weil der Erbe diese Kosten nach § 1968 BGB zu tragen hat(OVG Lüneburg, Urteil vom 18.11.1980 - 4 A 97/79 - FEVS 31, 197 ff). Die Höhe der Beerdigungskosten wird das LSG ggf noch zu verifizieren haben.
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Zu Recht hat das LSG aber einen Ausschlusstatbestand nach § 92c Abs 3 BSHG verneint. Nach § 92c Abs 3 Nr 2 BSHG ist der Anspruch auf Kostenersatz nicht geltend zu machen, soweit der Wert des Nachlasses unter dem Betrag von 15 340 Euro liegt, wenn der Erbe, der Ehegatte des Hilfeempfängers oder mit diesem verwandt ist und nicht nur vorübergehend bis zum Tode des Hilfeempfängers mit diesem in häuslicher Gemeinschaft gelebt und ihn gepflegt hat. Zwar sind die Kläger als Eltern der Erblasserin mit dieser verwandt, nach den Feststellungen des LSG wurde sie (die Erblasserin) aber weder von dem Kläger zu 1 noch von der Klägerin zu 2 bis zu ihrem Tode gepflegt und lebte auch nicht mit einem der Kläger in häuslicher Gemeinschaft.
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Nach § 92c Abs 3 Nr 1 BSHG ist der Kostenersatz nicht geltend zu machen, soweit der Wert des Nachlasses unter dem Zweifachen des Grundbetrags nach § 81 Abs 1 BSHG liegt. Der Grundbetrag nach § 81 Abs 1 BSHG (besondere Einkommensgrenze) betrug für die Zeit ab 1.7.2002 844 Euro. Maßgebender Zeitpunkt für die Höhe des zu Grunde zu legenden Grundbetrags nach § 81 Abs 1 BSHG ist der Erbfall(BVerwGE 57, 26, 27). Der zweifache Grundbetrag ist von dem Beklagten berücksichtigt und ebenso wie die Kosten der Beerdigung jedenfalls von dem von der Klägerin zu 2 angegebenen Nachlasswert in Abzug gebracht worden. Dass der Beklagte dabei auf den Zeitpunkt der Geltendmachung des Ersatzanspruchs abgestellt und einen Grundbetrag in Höhe von 854 Euro berücksichtigt hat, beschwert die Kläger nicht. Zu Recht hat der Beklagte den zweifachen Grundbetrag nur einmal und nicht angesichts der Mehrheit von Erben für jeden einzelnen Erben berücksichtigt. Dies ergibt sich schon aus dem eindeutigen und nicht auslegungsbedürftigen Wortlaut der Regelung. Darauf, wie viele Personen sich den Nachlass teilen müssen, kommt es also nicht an (BVerwG aaO).
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Schließlich liegt auch nicht der Ausschlusstatbestand des § 92c Abs 3 Nr 3 BSHG vor. Danach ist der Anspruch auf Kostenersatz nicht geltend zu machen, soweit die Inanspruchnahme des Erben nach der Besonderheit des Einzelfalls eine besondere Härte bedeuten würde. Eine solche Härte ist bei einer auffallenden Atypik des zu beurteilenden Sachverhalts anzunehmen, die es unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls als unbillig erscheinen lässt, den Erben für den Ersatz der Kosten der Sozialhilfe in Anspruch zu nehmen. Die Härte muss besonders gewichtig sein, also objektiv besonders schwer wiegen (Adolph in Linhart/Adolph, Sozialgesetzbuch II/Sozialgesetzbuch XII/Asylbewerberleistungsgesetz, § 102 SGB XII RdNr 111, Stand März 2008). Dies kann etwa der Fall sein, wenn ein der Nr 2 des § 92c Abs 3 BSHG vergleichbarer Fall vorliegt, weil der Hilfebedürftige von dem mit ihm verwandten Erben bis zum Tode des Hilfeempfängers gepflegt wurde, ohne dass eine häusliche Gemeinschaft bestand, aber der Hilfebedürftige und der Verwandte in naher Nachbarschaft lebten und die Pflege auf Grund dieser Nähe gesichert war(W. Schellhorn/H. Schellhorn, BSHG, 16. Aufl 2002, § 92c BSHG RdNr 2). Allerdings setzt die Pflege eines Schwerstbehinderten dann einen erheblichen zeitlichen Umfang voraus, weil die in häuslicher Gemeinschaft erbrachte Pflege eines Verwandten ebenfalls "rund um die Uhr erfolgt". Eine solche Situation ist hier nicht gegeben. Die Erblasserin wurde allenfalls an Wochenenden und im Urlaub gepflegt, wenn sie sich bei der Klägerin zu 2 aufhielt. Die Pflege bis zur Aufnahme in einer stationären Einrichtung im Jahre 1968 ist ebenso wenig mit dem Ausschlusstatbestand des § 92c Abs 3 Nr 2 BSHG vergleichbar, weil hier der (enge) zeitliche Bezug zum Tod des Hilfeempfängers völlig fehlt, ein solcher aber angesichts des Ausschlusstatbestands in § 92c Abs 3 Nr 2 BSHG nicht gänzlich verzichtbar ist, um eine besondere Härte bejahen zu können. Anderenfalls hätte der Gesetzgeber schon in § 92c Abs 3 Nr 2 BSHG keinen zeitlichen Bezug zum Tod des Hilfebedürftigen vorsehen müssen.
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Ein atypischer Lebenssachverhalt kann auch dann vorliegen, wenn der Nachlass auch für die Eltern Schonvermögen wäre. Dies ist allerdings nicht der Fall. Im Gegenteil, das StiftHG sieht in bestimmten Einzelfällen eigene Leistungen für die Eltern vor (§ 15 StiftHG), wobei es sich aber nicht um eine Entschädigung für den schweren Körperschaden (vergleichbar dem Schmerzensgeld) handelt, sondern um den Ausgleich von Aufwendungen, die im Zusammenhang mit den im StiftHG geregelten Schadensfällen stehen, soweit sie die zumutbare Belastung der Eltern übersteigen. § 21 Abs 2 StiftHG, der Einkommen und Vermögen des Geschädigten unter den dort genannten Voraussetzungen privilegiert, sieht hingegen keinen Schutz der Eltern in dem Sinne vor, dass ihnen das Vermögen im Falle des Ablebens des contergangeschädigten Kindes (ungeschmälert) zur Verfügung stehen soll. Die von den Klägern vorgetragene psychische Belastung schließlich rechtfertigt ebenfalls keine Härte. Gerade die Regelungen des StiftHG zeigen, dass nur der Geschädigte selbst entschädigt werden soll, die Eltern allenfalls Ansprüche auf Ersatz eines materiellen, nicht aber eines immateriellen Schadens haben sollen.
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Eine besondere Härte liegt schließlich auch nicht darin, dass die Zuwendung der Stiftungsleistungen an die Eltern zu Lebzeiten der Tochter im Rahmen ihres freien Verfügungsrechts möglich gewesen wäre und eine Begünstigung der Eltern und nicht des Sozialleistungsträgers dem mutmaßlichen Willen der Tochter entsprochen hätte (siehe dazu schon oben). Selbst wenn man diese Fallgestaltung nicht als Regel ansehen wollte, beinhaltet sie - wie von § 92c Abs 3 BSHG ausdrücklich gefordert - jedenfalls ersichtlich keine solche Besonderheiten des Einzelfalls, die zum Überschreiten der Schwelle zur Atypik führen und die Annahme einer besonderen Härte rechtfertigen.
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Das LSG wird ggf auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben. Die Kostenentscheidung wird auf der Grundlage des ab dem 2.1.2002 anzuwendenden Rechts des § 197a SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO zu ergehen haben. Die Kläger gehören nicht zu dem in § 183 SGG genannten Personenkreis, weil sie nicht in der Eigenschaft als Versicherte, Leistungsempfänger oder Sonderrechtsnachfolger nach § 56 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil - (SGB I) klagen, sondern als Erben in Anspruch genommen werden und sich in dieser Funktion gegen die von dem Beklagten geltend gemachten Ersatzansprüche zur Wehr setzen.
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Die Entscheidung über den Streitwert stützt sich auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGG iVm §§ 52 Abs 3, 63 Abs 2 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG). Der Streitwert war bis zur Verbindung der Verfahren B 8 SO 1/09 R und B 8 SO 2/09 R angesichts zweier getrennter und selbständiger Verfahren für jedes dieser Verfahren gesondert festzusetzen. Für die Zeit ab Verbindung der Verfahren waren die Streitgegenstände nach § 39 Abs 1 GKG zusammenzurechnen.
Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft.
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.
(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.
(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.
(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.
(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.
Tenor
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Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 22. November 2010 wird zurückgewiesen.
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Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
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Im Streit ist die Übernahme von Schulgeld in Höhe von 303,92 Euro monatlich für die Zeit vom 1.8.2005 bis 18.10.2009 nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII).
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Der 1997 geborene Kläger leidet seit seiner Geburt an dem sogenannten Rubinstein-Taybi-Syndrom mit Absence-Epilepsie, verzögerter Entwicklung, Minderwuchs und geistiger Behinderung, verbunden mit Hyperaktivität und teilweiser Aggressivität. Er lebt seit seinem 4. Lebensmonat in einer Pflegefamilie, in die er direkt nach dem Klinikaufenthalt nach seiner Geburt aufgenommen wurde. Das staatliche Schulamt für den Landkreis G. und den V. stellte beim Kläger einen sonderpädagogischen Förderbedarf im Sinne des Besuchs einer Schule für praktisch Bildbare fest und wies ihn zum 1.8.2005 der staatlichen M.-Schule in G. zu. Da die Pflegeeltern die sonderpädagogische Förderung des Klägers an der nach den Grundsätzen der anthroposophischen Heilpädagogik und der Waldorfpädagogik unterrichtenden privaten B.-Schule wünschten, erklärte das staatliche Schulamt gleichzeitig sein Einverständnis, den sonderpädagogischen Förderbedarf dort zu erfüllen, sofern die Frage der Kostenübernahme mit dem Schulverwaltungsamt des Kreisausschusses des Landkreises G. geklärt sei (Bescheid vom 31.5.2005). Nachdem die Pflegeeltern für den Kläger mit dem Träger der B.-Schule einen Schulvertrag ab 1.8.2005 abgeschlossen und dabei ein monatliches Schulgeld in Höhe von 303,92 Euro vereinbart hatten, wurde der Kläger am 5.9.2005 in die B.-Schule eingeschult. Den vom Träger der Schule - nach den Feststellungen des Landessozialgerichts (LSG) - namens und im Auftrag der Pflegeeltern gestellten Antrag auf Übernahme des Schulgelds lehnte der Beklagte ab (Bescheid vom 22.6.2005; Widerspruchsbescheid vom 19.4.2006).
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Klage und Berufung sind ohne Erfolg geblieben (Urteil des Sozialgerichts
Gießen vom 11.11.2008; Urteil des Hessischen LSG vom 22.11.2010) . Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, der Besuch der B.-Schule sei keine für eine angemessene Schulbildung des Klägers erforderliche Maßnahme. Hieran ändere auch die schulrechtliche Einstufung durch das staatliche Schulamt, an die der Sozialhilfeträger gebunden sei, nichts, weil eine Zuweisung nur an die staatliche M.-Schule erfolgt sei, während der Besuch der B.-Schule ausschließlich als mögliche Beschulungsalternative gestattet worden sei. Beide Schulen seien geeignete Förderschulen zur Erfüllung des besonderen sonderpädagogischen Bedarfs des Klägers. Auch das Elternrecht aus Art 6 Abs 2 Satz 1 Grundgesetz (GG) biete als Abwehrrecht keinen Anspruch auf Vermittlung pädagogischer Lehrinhalte und Bildungsziele außerhalb öffentlicher Schulen. Ein Anspruch könne auch nicht aus Art 7 Abs 4 Satz 1 GG hergeleitet werden, weil insoweit nur das private Ersatzschulwesen geschützt werde, nicht jedoch auch das Recht der Eltern, eine private Ersatzschule kostenfrei zu wählen.
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Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung von § 54 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB XII und § 12 Eingliederungshilfeverordnung (Eingliederungshilfe-VO) und macht Verfahrensfehler geltend. Zu Unrecht gehe das LSG davon aus, dass der Besuch einer privaten Förderschule und der damit verbundene Schulgeldaufwand bei Bestehen einer gleichwertigen kostenfreien Beschulungsmöglichkeit nicht erforderlich iS von § 12 Eingliederungshilfe-VO sei. Zwar hätte sein schulischer Förderbedarf auch durch den Besuch der M.-Schule sichergestellt werden können; das Berufungsgericht lasse aber unberücksichtigt, dass die Pflegeeltern mit ihrer Auswahlentscheidung den von den staatlichen Schulbehörden eingeräumten Rahmen mit einer für den beklagten Sozialhilfeträger ebenso verbindlichen Weise ausgefüllt hätten, wie dies durch eine förmliche Zuweisung der Schulbehörden geschehen wäre. Folge man der Auffassung des LSG liefen das eingeräumte Wahlrecht und letztlich die Bestimmung des § 54 Abs 1 Satz 1 SGB XII leer, wenn Eltern die mit dem Schulbesuch verbundenen Kosten nicht aufbringen könnten. Sei schulrechtlich eine Wahlfreiheit zwischen öffentlicher Förder- und privater Ersatzschule eröffnet, setze eine generelle Beschränkung der Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung auf den Besuch öffentlicher Schulen nach der Rechtsprechung des 6. Senats des LSG (Urteil vom 18.8.2010 - L 6 SO 5/10) verfassungsrechtlich eine ausdrückliche Entscheidung des Gesetzgebers voraus. Durch den unterlassenen Hinweis, dem 6. Senat nicht folgen zu wollen, habe das LSG das rechtliche Gehör verletzt (Überraschungsentscheidung). Auch habe sich das LSG nicht mit dem Vortrag auseinandergesetzt, dass der Beklagte mit seiner (des Klägers) Beschulung in der B.-Schule einverstanden gewesen sei und sich hieraus die Verpflichtung ableite, auch für die entstehenden Beschulungskosten einzustehen. Unterblieben sei schließlich die Prüfung, ob eine Aufnahme in die M.-Schule nicht an Kapazitäts- oder anderen Gründen gescheitert wäre.
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Der Kläger beantragt,
die Urteile des LSG und des SG sowie den Bescheid des Beklagten vom 22.6.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.4.2006 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm 303,92 Euro monatlich für die Zeit vom 1.8.2005 bis 18.10.2009 zu zahlen.
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Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
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Er hält die Auffassung des LSG für zutreffend.
Entscheidungsgründe
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Die Revision des Klägers ist unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz
) . Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung des monatlichen Schulgelds in Höhe von 303,92 Euro bzw in Höhe des für Oktober 2009 maßgeblichen Teils davon für den Besuch der B.-Schule.
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Gegenstand des Revisionsverfahrens ist zulässigerweise nur der Bescheid des Beklagten vom 22.6.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.4.2006 (§ 95 SGG) über die Ablehnung der Übernahme des Schulgelds als abgrenzbaren Streitgegenstand im Rahmen der Eingliederungshilfe. Gegen diesen Bescheid wendet sich der Kläger mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4 iVm § 56 SGG). Sozial erfahrene Dritte waren vor Erlass des Widerspruchsbescheids nicht zu beteiligen (§ 116 Abs 2 SGB XII in der Normfassung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003 - BGBl I 3022 iVm § 8 Abs 2 des Hessischen Ausführungsgesetzes zum Zwölften Buch Sozialgesetzbuch
vom 20.12.2004 - GVBl 488) . Nicht Streitgegenstand sind Leistungen für den Lebensunterhalt, auch nicht im Rahmen des sog Meistbegünstigungsprinzips, wonach zur Sicherstellung einer möglichst weitgehenden Verwirklichung sozialer Rechte (§ 2 Abs 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil -; vgl dazu: Voelzke in juris PraxisKommentar SGB I, 2. Aufl 2011 - online -, § 2 RdNr 26; Steinbach in Hauck/Noftz, SGB I, K § 2 RdNr 44, Stand Dezember 2005) , Anträge bzw Rechtsbehelfe ohne Bindung an den Wortlaut nach dem wirklichen Willen des Antragstellers auszulegen sind (BSG SozR 4-3500 § 44 Nr 2 RdNr 13); denn eine abweichende Festlegung des Bedarfs wegen der Verpflichtung zur Zahlung des Schulgelds (§ 28 Abs 1 Satz 2 SGB XII) kommt ohnedies nicht in Betracht (siehe dazu unten).
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Nach § 53 Abs 1 Satz 1(in der Normfassung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch) iVm § 54 Abs 1 SGB XII(in der Normfassung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch; für die Zeit ab 5.8.2009 in der Normfassung des Gesetzes zur Regelung des Assistenzpflegebedarfs im Krankenhaus vom 30.7.2009 - BGBl I 2495) erhalten Personen, die durch eine Behinderung iS von § 2 Abs 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX) wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, Leistungen der Eingliederungshilfe, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalls, insbesondere nach Art oder Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann.
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Vorliegend ist es schon fraglich, ob der Beklagte als überörtlicher Träger der Sozialhilfe (§ 3 Abs 1 HAG/SGB XII idF des Gesetzes vom 20.12.2004) für den streitigen Anspruch auf Übernahme des Schulgelds als Leistung der Eingliederungshilfe der sachlich zuständige Sozialhilfeträger ist. Abweichend von § 100 Bundessozialhilfegesetz(BSHG; in der nach Art 68 Abs 2 des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch bis 31.12.2006 fortgeltenden Fassung) bzw ab 1.7.2007 § 97 Abs 3 Nr 1 SGB XII (Art 70 Abs 2 S 6 des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch) regelt § 97 Abs 2 Satz 1 SGB XII iVm § 2 Abs 1 Nr 1 HAG/SGB XII(bis 31.6.2006 in der nach § 13 Abs 3 HAG/SGB XII bestimmten Fassung) die sachliche Zuständigkeit von örtlichem bzw überörtlichem Sozialhilfeträger. Danach ist der überörtliche Träger der Sozialhilfe für Leistungen nach dem Sechsten Kapitel des SGB XII nur sachlich zuständig, sofern diese in einer Einrichtung zur stationären oder teilstationären Betreuung zu gewähren sind. Eine (teilstationäre) "Einrichtung" im Sinne des SGB XII (§ 13 SGB XII)ist ein in einer besonderen Organisationsform zusammengefasster Bestand von personellen und sächlichen Mitteln unter verantwortlicher Trägerschaft, der auf gewisse Dauer angelegt und für einen wechselnden Personenkreis zugeschnitten ist und Leistungen der Sozialhilfe erbringt (BVerwGE 95, 149, 152; Bundesverwaltungsgericht
, Urteil vom 24.2.1994 - 5 C 42/91 -, FEVS 45, 52 ff; Urteil vom 24.2.1994 - 5 C 13/91 -, FEVS 45, 183 ff; Urteil vom 24.2.1994 - 5 C 17/91 -, ZfSH/SGB 1995, 535 ff; BSGE 106, 264 ff RdNr 13 = SozR 4-3500 § 19 Nr 2) .
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Ob eine Schule (anders als etwa die der Schule angegliederte Behinderteneinrichtung) eine teilstationäre Einrichtung in diesem Sinne ist, insbesondere Leistungen der Sozialhilfe erbringt (vgl dazu BVerwGE 48, 228, 231, das zwischen allgemeinen Schulen und Schulen unterscheidet, in denen über die bloße Vermittlung des Lernstoffs hinaus ein besonderes Maß an Betreuung erforderlich ist), ist zweifelhaft, wobei es für die Ablehnung der Leistung wegen Unzuständigkeit genügt, dass Sozialhilfeleistungen geltend gemacht werden. Für die Begründung der sachlichen Zuständigkeit ist es jedenfalls nicht - wie der Beklagte meint - ausreichend, dass er aufgrund langjähriger Praxis bei Pflegefamilienverhältnissen (im Rahmen des § 97 Abs 5 SGB XII) auch die Begleitkosten übernimmt, sofern diese übernahmefähig sind. Eine solche Annex-Kompetenz, wie sie etwa § 2 Abs 2 HAG/SGB XII(in der bis 31.12.2006 geltenden Fassung) vorsieht, setzt nämlich die sachliche Zuständigkeit des überörtlichen Sozialhilfeträgers für die im Rahmen eines Pflegefamilienverhältnisses zu erbringende Eingliederungshilfe voraus, an der es vorliegend fehlen könnte. Im Ergebnis kann diese Frage aber dahingestellt bleiben, weil der Kläger auch bei unterstellter sachlicher Zuständigkeit des Beklagten keinen Anspruch auf die im Streit stehende Leistung hat.
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Der Kläger erfüllt die personenbezogenen Voraussetzungen des § 53 Abs 1 Satz 1 SGB XII für eine Pflichtleistung. Die Voraussetzungen für eine Behinderung nach § 2 Abs 1 SGB IX sind erfüllt, wenn die geistige Fähigkeit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht und die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Nach den Feststellungen des LSG liegt eine solche Behinderung vor.
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Die geistige Behinderung ist auch wesentlich. Wann dies der Fall ist, ist § 2 Eingliederungshilfe-VO zu entnehmen, wonach eine wesentliche Behinderung vorliegt, wenn infolge einer Schwäche der geistigen Kräfte in erheblichem Umfang die Fähigkeit zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft eingeschränkt ist. Dies richtet sich nach den Besonderheiten des Einzelfalls und hängt deshalb von sehr unterschiedlichen, durch die individuelle Behinderung geprägten Umständen ab (BVerwG Buchholz 436.0 § 39 BSHG Nr 12 S 2). Insoweit ist wie bei der Prüfung der Behinderung auch ihre Wesentlichkeit wertend auszurichten, insbesondere an den Auswirkungen für die Eingliederung in die Gesellschaft. Entscheidend ist mithin nicht, wie stark die geistigen Kräfte beeinträchtigt sind und in welchem Umfang ein Funktionsdefizit vorliegt, sondern wie sich die Beeinträchtigung auf die Teilhabemöglichkeit auswirkt (vgl BSGE 110, 301 ff RdNr 19 = SozR 4-3500 § 54 Nr 8). Stehen - wie hier - die mit einer Behinderung einhergehenden Beeinträchtigungen der erfolgreichen Teilnahme des Klägers am Unterricht in einer allgemeinen (Grund-)Schule entgegen (vgl auch BVerwG, Beschluss vom 2.9.2003 - 5 B 259/02), weil Lerninhalte ohne zusätzliche Hilfestellung nicht aufgenommen und verarbeitet werden können, und erfordert die geistige Behinderung deshalb einen sonderpädagogischen Förderbedarf, um die mögliche Vermittlung praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten überhaupt erst zu ermöglichen, ist die Behinderung nach den oben aufgezeigten Grundsätzen wesentlich; denn eine Grundschulbildung bildet die essentielle Basis für jegliche weitere Schullaufbahn (vgl: BSGE 110, 301 ff RdNr 19 = SozR 4-3500 § 54 Nr 8; BSGE 109, 199 ff RdNr 22 = SozR 4-2500 § 33 Nr 37).
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Gehört der Kläger danach zwar zu dem leistungsberechtigten Personenkreis, scheitert ein Anspruch auf die Zahlung des Schulgelds aber daran, dass es sich insoweit nicht um eine Leistung der Eingliederungshilfe handelt. Nach § 54 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB XII sind Leistungen der Eingliederungshilfe neben den Leistungen nach den §§ 26, 33, 41 und 55 SGB IX auch Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung, insbesondere im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht und zum Besuch weiterführender Schulen einschließlich der Vorbereitung hierzu. Erfasst sind von dem Wortlaut der Vorschrift ("Hilfen") nur Maßnahmen, die im Zusammenhang mit der Ermöglichung einer angemessenen Schulbildung geeignet und erforderlich sind, die Behinderungsfolgen zu beseitigen oder zu mildern (BSGE 110, 301 ff RdNr 20 = SozR 4-3500 § 54 Nr 8). Dies bestätigt auch § 12 Eingliederungshilfe-VO, der seinerseits nur von "Hilfe zu einer angemessenen Schulausbildung" spricht. Die von dieser Hilfe nach § 12 Eingliederungshilfe-VO (auch) erfassten Regelbeispiele betreffen dementsprechend nur die Schulbildung begleitende Maßnahmen. Die Schulbildung selbst, also der Kernbereich der pädagogischen Arbeit, der sich nach der Gesetzessystematik nicht unter Auslegung der schulrechtlichen Bestimmungen, sondern der sozialhilferechtlichen Regelungen bestimmt, obliegt hingegen allein den Schulträgern. Art 7 Abs 1 GG überträgt dem Staat einen (außerhalb des Sozialhilferechts liegenden) eigenständigen Unterrichts- und Bildungsauftrag im Schulbereich (BSG, aaO, RdNr 21; BVerfGE 47, 46, 71 f; 98, 218, 241).
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Dass der Kernbereich der pädagogischen Arbeit der Schule den Regelungen über die Eingliederungshilfe entzogen ist, bestätigt § 54 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB XII dadurch, dass die Bestimmungen über die Ermöglichung der Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht(hier: Art 56 ff Hessische Landesverfassung iVm dem Hessischen Schulgesetz idF vom 14.6.2005 - GVBl 441) unberührt bleiben sollen. Die schulrechtlichen Verpflichtungen bestehen also grundsätzlich neben den sozialhilferechtlichen, ohne dass sie sich gegenseitig inhaltlich beeinflussen (BSG aaO). Auch das BVerwG hat in seiner Entscheidung vom 13.8.1992 - 5 C 70/88 - (Buchholz 436.0 § 11 BSHG Nr 16 S 3) ausgeführt, dass der Staat mit der Einrichtung der öffentlichen Grundschulen seinen Bildungs- und Erziehungsauftrag aus Art 7 Abs 1 GG nachkomme und die Schulgeldfreiheit aus übergreifenden bildungs- und sozialpolitischen Gründen eine eigenständige (landesrechtliche) Regelung außerhalb des Sozialhilferechts gefunden habe, sodass für einen Rechtsanspruch gegen den Sozialhilfeträger zur Deckung eines im Grundschulalter angemessenen Bildungsbedarfs Aufnahmebeiträge und monatliches Schulgeld für den Besuch einer privaten Grundschule als Sozialhilfeleistung nicht zu übernehmen seien. Dabei ist das BVerwG in Bezug auf die erforderliche Hilfe nicht von einer nach Maßgabe des Nachranggrundsatzes der Sozialhilfe zu lösenden Anspruchskonkurrenz, sondern von einem Verhältnis der "Spezialität" ausgegangen, wobei es eine Ausnahme von diesem Grundsatz für möglich hielt, wenn der Besuch einer öffentlichen Grundschule aus objektiven Gründen (zB wegen ihrer räumlichen Entfernung vom Wohnort) oder aus schwerwiegenden subjektiven (persönlichen) Gründen nicht möglich oder nicht zumutbar sei. Diese Rechtsprechung hat das BVerwG auch für Leistungen der Eingliederungshilfe bestätigt (Beschluss vom 2.9.2003 - 5 B 259/02) und ausdrücklich ausgeführt, dass ein nachrangiges Eintreten der Sozialhilfe (nur) für solche Bedarfe nicht ausgeschlossen sei, die nicht in der Deckung des unmittelbaren Ausbildungsbedarfs im Rahmen der Schulpflicht bestünden, sondern damit lediglich - mehr oder weniger eng - zusammenhingen, etwa wie bei der Bereitstellung eines Integrationshelfers für behinderte Kinder an Regelschulen.
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Nach diesen Maßstäben hat der Kläger keinen Anspruch auf die Zahlung des Schulgelds als Leistung der Eingliederungshilfe. Zu dem Kernbereich der Schule gehören alle schulischen Maßnahmen, die dazu dienen, die staatlichen Lehrziele zu erreichen, in erster Linie also der (unentgeltliche) Unterricht, der die für den erfolgreichen Abschluss notwendigen Kenntnisse vermitteln soll. Damit unterliegt auch das vom Kläger begehrte Schulgeld unmittelbar diesem Kernbereich, weil die Übernahme des Schulgelds die von der Schule selbst zu erbringende Leistung, also den Unterricht, finanziert, mithin den schulischen Bildungsauftrag erfüllt und keine bloß unterstützende Leistung im Zusammenhang mit der Ermöglichung einer angemessenen Schulbildung darstellt. Wie die Entscheidung des Schulamts auszulegen ist und inwieweit sie auch für den Beklagten Bindungswirkung entfaltet (vgl dazu BVerwGE 130, 1 ff), ist danach ohne Belang. Ebenso spielt es in diesem Zusammenhang keine Rolle, dass sich der Beklagte mit der Beschulung in die B.-Schule einverstanden erklärt hat. Die Ausübung eines Wahlrechts, welche Schule besucht wird, hat nicht zur Folge, dass der Sozialhilfeträger ein etwaiges Schulgeld zahlen müsste.
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Schulgeld wäre - abgesehen davon, dass es hier nicht Streitgegenstand ist (siehe oben) - auch nicht nach den Regelungen des Dritten bzw Vierten Kapitels des SGB XII zu erbringen. Entsprechende Leistungen könnten ggf zwar durch eine abweichende Festlegung des Regelsatzes nach § 28 Abs 1 Satz 2 SGB XII in der bis 31.12.2010 geltenden alten Fassung erbracht werden, dies würde aber voraussetzen, dass der Bedarf unabweisbar seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abwiche. Der auf das Schulgeld gerichtete höhere Bedarf des Klägers wäre aber nicht unabweisbar. Nach den Feststellungen des LSG besteht für den Kläger eine gleichwertige und unentgeltliche Möglichkeit des Schulbesuchs an der Schule für praktisch Bildbare.
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Die erhobenen Verfahrensrügen greifen nicht durch. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs ist nicht schon darin zu sehen, dass das LSG - ohne ausdrücklichen Hinweis - einer Entscheidung eines anderen Senats desselben Gerichts nicht folgt. Da der Kläger unter keinem denkbaren Gesichtspunkt einen Anspruch auf Zahlung des Schulgelds hat, erübrigt sich im Übrigen - weil absolute Revisionsgründe nicht geltend gemacht werden - ein weiteres Eingehen auf den vermeintlichen Verfahrensfehler. Gleiches gilt für die behauptete Gehörsverletzung durch Übergehen des Vortrags, der Beklagte habe sich mit der Beschulung in der B.-Schule einverstanden erklärt (dazu auch oben). Soweit schließlich moniert wird, das LSG habe nicht geprüft, ob die Aufnahme in der M.-Schule an Kapazitäts- oder anderen Gründen gescheitert wäre (Verletzung der Amtsaufklärungspflicht; § 103 SGG), hätte dargelegt werden müssen (§ 164 Abs 2 Satz 3 SGG), warum sich das LSG - trotz Zuweisung des Klägers in die M.-Schule und Streitgegenstandsbegrenzung auf die Eingliederungshilfe - hätte gedrängt fühlen müssen, entsprechende Ermittlungen anzustellen. Für die Eingliederungshilfe wäre jedenfalls eine entsprechende Klärung ohne Bedeutung.
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 16.06.2011 geändert. Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 01.04.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.07.2010 verurteilt, die Kosten des Besuchs der T-Schule in C durch die Klägerin seit August 2010 zu übernehmen. Der Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin für beide Rechtszüge. Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin begehrt die Übernahme der Kosten für den Besuch einer Tagesbildungsstätte in Niedersachsen seit Beginn des Schuljahrs 2010/2011 nach dem SGB XII.
3Die am 00.00.2003 geborene Klägerin, die weder über Einkommen noch über Vermögen verfügt, leidet im Wesentlichen an einer chromosomalen Störung in Form des sog. Pallister-Kilian-Syndroms (Mosaik-Tetrasomie 12p), welche mit einer globalen Entwicklungsverzögerung einhergeht. Darüber hinaus bestehen bei ihr ein frühkindlicher Autismus sowie der Verdacht auf eine schwerste Intelligenzminderung. Sie lebt mit ihren Eltern und Geschwistern in W/Nordrhein-Westfalen, nahe der Landesgrenze zu Niedersachsen.
4Von August 2008 bis Juli 2010 besuchte die Klägerin den heilpädagogischen Kindergarten B in C (Niedersachsen). Dieser ist von ihrem Wohnort 13 km entfernt; Träger ist der Beigeladene zu 2. Die Kosten für die heilpädagogischen Leistungen sowie für die Fahrten zwischen Wohnung und Einrichtung übernahm der Beklagte zunächst für die Zeit von August 2008 bis zum voraussichtlichen Beginn der Schulpflicht am 31.07.2009 (Bescheid vom 27.01.2009) sowie - nach Zurückstellung der Klägerin vom Schulbesuch für das Schuljahr 2009/2010 - bis Juli 2010 (Bescheid vom 12.05.2009).
5Im Hinblick auf die bevorstehende Einschulung der Klägerin stellte das Schulamt des Kreises H mit (bestandskräftig gewordenem) Bescheid vom 25.03.2009 den sonderpädagogischen Förderbedarf der Klägerin im Förderschwerpunkt "Geistige Entwicklung" fest und wies sie einer entsprechenden Förderschule zu. Zugleich benannte es die N-Schule in H als nächstgelegene entsprechende (nordrhein-westfälische) Förderschule und bat die Eltern, die Klägerin dort anzumelden.
6Die N-Schule ist etwa 24,5 km von der Wohnung der Klägerin entfernt; mittels Sammelbeförderung (Schülerspezialverkehr) würde ein Transport der Klägerin zu dieser Schule pro Weg maximal 60 Minuten dauern. Der Unterricht an der N-Schule beginnt montags bis freitags gleitend zwischen 8.15 Uhr und 8.30 Uhr. Er endet montags bis donnerstags um 15.00 Uhr, freitags um 12.30 Uhr. Wegen der weiteren Rahmenbedingungen der dortigen Beschulung, u.a. der Größe der Schule und Klassen, der Organisation, des Förderkonzepts sowie des Betreuungsschlüssels wird auf die Bekundungen des dortigen Schulleiters, des Zeugen L, in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat Bezug genommen, ferner auf dessen Stellungnahme vom 24.04.2009 aus dem Verfahren L 20 SO 67/08 (LSG NRW) sowie den aktuellen Internetauftritt der N-Schule, welche der Senat zum Gegenstand des Verfahrens gemacht hat.
7Mit Beginn des Schuljahrs 2010/2011 meldeten die Eltern die Klägerin nicht auf der N-Schule, sondern auf der T-Schule in C an. An dieser Schule wird die Klägerin seither gefördert.
8Die T-Schule ist eine vom Land Niedersachsen anerkannte Tagesbildungsstätte. Sie liegt auf dem gleichen Gelände wie der Kindergarten B; Träger der Schule ist ebenfalls der Beigeladene zu 2. Die Fahrtzeit von der Wohnung der Klägerin zur 13 km entfernten Schule beträgt ausweislich eines verbreitet genutzten Routenplaners (www.falk.de/routenplaner) 17 Minuten; die Transportzeit mittels Sammelbeförderung (Schülerspezialverkehr) dauert nach den Angaben der Eltern der Klägerin etwa 15 Minuten. Der Unterricht findet montags bis freitags von 7.45 Uhr bis 14.15 Uhr statt. Die Schule verfügt über einen Fachdienst für Autismus-Spektrum-Störungen mit einer Diplom-Psychologin, einer Sozialpädagogin und einer Ergotherapeutin. Dieser Fachdienst betreut diejenigen Schüler/innen, welche aufgrund eines frühkindlichen Autismus einen spezifischen Unterstützungsbedarf haben, u.a. in Form von Einzeltherapien während der Schulzeit. Bezüglich der weiteren Rahmenbedingungen der Beschulung an der T-Schule wird auf die Stellungnahmen der Schulleiterin T1 vom 11.11.2013 und 31.01.2013 verwiesen. Die Kosten für den Besuch der T-Schule (monatlich ca. 2.100,00 EUR) trägt der Beklagte seit Beginn des Schuljahrs 2011/2012 vorläufig aufgrund entsprechender einstweiliger Anordnungen des erkennenden Senats.
9Am 20.11.2009 beantragten die Eltern der Klägerin beim Beklagten die Übernahme der Beschulungskosten an der T-Schule ab Beginn des Schuljahres 2010/2011 als sozialhilfeweise Eingliederungshilfe. Sie verwiesen auf den dortigen Fachdienst für Kinder mit autistischen Verhaltensweisen sowie den für derart beeinträchtigte Kinder geeigneten Unterricht. Zudem werde dort in allen Klassen eine Methode der unterstützen Kommunikation angewandt, auf welche die Klägerin wegen fehlender Lautsprache angewiesen sei. Häufige Infekte der Klägerin erforderten zudem eine zügige Erreichbarkeit der Schule durch die Eltern; dies sei bei der T-Schule bei 15-minütiger Entfernung von der Wohnung der Familie und 10-minütiger Entfernung vom Arbeitsplatz des Vaters gewährleistet. Ohnehin müsse die bisherige intensive Therapie und Förderung der Klägerin, welche in der Vergangenheit in enger Kooperation zwischen Therapeuten, Pädagogen und den Eltern erfolgt sei, dringend weitergeführt werden. Dies sei nur möglich, wenn die Eltern den Schulort schnell erreichen könnten.
10Mit Bescheid vom 01.04.2010 lehnte der Beklagte den Antrag ab. Zwar sei er sachlich und örtlich zuständig. Die Klägerin könne jedoch an der N-Schule in H und damit in Nordrhein-Westfalen angemessen und unentgeltlich gefördert werden. Dass diese Schule zur Förderung der Klägerin geeignet sei, habe das Schulamt im Bescheid vom 25.03.2009 inzident und für den Beklagten bindend (BVerwG, Urteil vom 28.04.2005 - 5 C 20/04) bejaht. Auch der Schulwegetransport zur N-Schule sei der Klägerin nach den einschlägigen landesrechtlichen Bestimmungen zumutbar; gegebenenfalls müsse im Rahmen der Ausgestaltung des Schülertransports auf Besonderheiten in der Person der Klägerin Rücksicht genommen werden. Ein Besuch der T-Schule sei demgegenüber mit unverhältnismäßig hohen Kosten verbunden, weil weder das Schulgeld noch die Fahrtkosten vom Schulträger bzw. vom Land Nordrhein-Westfalen übernommen würden. Eine Beschulung an der T-Schule sei daher nach dem Subsidiaritätsprinzip (§ 2 Abs. 1 SGB XII) nicht notwendig und wegen der damit einhergehenden Mehrkosten auch nicht durch das Wunsch- und Wahlrecht (§ 9 SGB XII) gerechtfertigt. Dies gelte auch, wenn durch kleinere Klassen an der T-Schule und eine der Klägerin dort bereits vertraute Umgebung eine optimiertere Förderung stattfinden könne.
11Die Klägerin legte hiergegen Widerspruch ein mit der Begründung, ein Besuch der N-Schule wäre mit erheblichen körperlichen Belastungen verbunden, so dass sie dort nicht angemessen beschult werden könnte. Sie leide unter einer extremen Mehrfachbehinderung, bei der eine Kommunikation mit anderen Menschen nur unter äußerst schwierigen Bedingungen möglich sei. Sie sei insbesondere nicht in der Lage, ihre Bedürfnisse selbst zu äußern. Neben ihrer körperlichen und geistigen Behinderung führten häufige Infektionskrankheiten oftmals zu einer rapiden Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes und erforderten eine ärztliche Untersuchung und Behandlung durch bekannte Betreuungspersonen. So seien seit Dezember 2009 insgesamt fünf Mittelohrentzündungen aufgetreten. Zudem habe sie im März 2010 bei einem Unfall eine Gehirnerschütterung erlitten. Die Klägerin hat eine schulärztliche Stellungnahme des Kreises H (Fachärztin für Kinderheilkunde Dr. L) vom 27.05.2010 sowie einen Zwischenbericht des Sozialpädiatrischen Zentrums (SPZ) des Evangelischen Krankenhauses (EVK) C (Fachärzte für Kinderheilkunde bzw. Neuropädiatrie Dres. C und Q) vom 19.04.2010 (erstellt anlässlich einer ambulanten Vorstellung der Klägerin vom 13.04.2010) vorgelegt; auf diese Unterlagen wird Bezug genommen.
12Mit Widerspruchsbescheid vom 06.07.2010 wies der Beklagte nach Beteiligung sozial erfahrener Personen den Widerspruch zurück. Die Beschulung eines jeden Schülers bzw. einer jeden Schülerin könne in Nordrhein-Westfalen aus Landesmitteln angemessen im Rahmen des dortigen differenzierten Sonder-/Förderschulwesens erfolgen. Die Funktionseinbußen der Klägerin seien nicht in einer Weise erheblich, dass ihr eine entsprechende Beschulung nicht möglich bzw. zumutbar sei.
13Mit ihrer am 30.07.2010 bei dem Sozialgericht Detmold erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt. Sie ist bei ihrer Auffassung verblieben, dass ihr wegen ihrer Behinderungen ein Besuch der N-Schule nicht möglich sei. Ihre Eltern hätten sich anlässlich der bevorstehenden Einschulung diese Schule angesehen. Sie sei wesentlich größer als die T Schule; der Gebäudekomplex sei weniger übersichtlich. Zudem seien die Klassen dort mit teilweise mehr als 10 Schüler/innen erheblich stärker als an der T-Schule. Der Schultag wäre für sie an der N-Schule zu lang. Hinzu käme eine Fahrtzeit mit dem Schülerspezialtransport von annähernd 60 Minuten; wegen ihrer Muskelschwäche würde dies jedoch zu Problemen führen. Abgesehen davon wäre sie anschließend nicht mehr aufnahmefähig. Ohnehin sei ein Verbleib in der ihr bereits vom Kindergarten her vertrauten Einrichtung wichtig. Sie benötige eine extrem lange Eingewöhnungszeit; so habe sie mehr als ein Jahr gebraucht, um sich an den Kindergarten zu gewöhnen. Darüber hinaus habe die N-Schule ihren Eltern keine direkten Informationen hinsichtlich einer notwendigen Autismusbehandlung erteilt, sondern insoweit stets nur auf das Westfälische Institut für Entwicklungsförderung (WIE) in C verwiesen. Die Klägerin hat weitere ärztliche bzw. psychologische Berichte (Behandlungsberichte des Facharztes für Kinder- und Jugendmedizin bzw. Neuropädiatrie Dr. L1 - Chefarzt der I Klinik I, Neurologisches Rehabilitationszentrum für Kinder und Jugendliche - vom 09.07.2010, der Diplom-Psychologin M und der Erzieherin N - ebenda - vom 16.07.2010 sowie der Logopädin H vom 01.04.2010) vorgelegt, auf deren Inhalt ebenfalls Bezug genommen wird. Der Übernahme der Beschulungskosten stehe - so die Klägerin weiter - keineswegs entgegen, dass die T-Schule eine niedersächsische Tagesbildungsstätte sei. Sie könne auch dort ihre Schulpflicht erfüllen. Allein aus der Formulierung in § 34 Abs. 5 SchulG NRW ergebe sich nichts Gegenteiliges. Werde die T-Schule durch das niedersächsische Schulgesetz einer Schule gleichgestellt, müsse diese Schule mit Blick auf Sinn und Zweck des § 34 SchulG NRW nach nordrhein-westfälischem Schulrecht ebenso als deutsche Schule gelten. Abgesehen davon lasse § 34 Abs. 5 S. 2 SchulG NRW Ausnahmen von der Schulpflicht aus wichtigem Grund zu. Eine solche Ausnahme liege hier mit Blick auf ihre Behinderungen vor.
14Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,
15den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 01.04.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.07.2010 zu verpflichten, die Kosten des Besuchs der T-Schule in C durch die Klägerin im Rahmen der Eingliederungshilfe ab August 2010 für die Klägerin zu übernehmen.
16Der Beklagte hat beantragt,
17die Klage abzuweisen.
18Er hat an seinen Bescheiden festgehalten und unter Vorlage einer Stellungnahme eines Referatsleiters des Innenministeriums Nordrhein-Westfalen vom 31.03.2011 ergänzend die Auffassung vertreten, die Übernahme der Beschulungskosten an der T-Schule scheide schon deshalb aus, weil die Klägerin dort ihre Schulpflicht nicht erfüllen könne. Ein wichtiger Grund für die ausnahmsweise Erfüllung der Schulpflicht an einem anderen Ort als einer deutschen Schule im Sinne von § 34 Abs. 5 S. 2 SchulG NRW liege nicht vor. Denn die T-Schule sei keine Schule, sondern eine Tagesbildungsstätte, deren Besuch gemäß § 162 Nieders. SchulG zwar in Niedersachen, nicht hingegen in anderen Bundesländern der Schulpflicht genüge. In Nordrhein-Westfalen könnten Schulpflichtige ihre Schulpflicht lediglich an öffentlichen Schulen, Ersatzschulen oder an nach § 118 Abs. 2 SchulG NRW anerkannten Ergänzungsschulen erfüllen. Ohnehin entfalte die Entscheidung des Schulamtes vom 25.03.2009, welche die N-Schule als nächstgelegene Förderschule benenne, nicht nur für den Beklagten Tatbestandswirkung, sondern binde auch die Gerichte. Die Klägerin könne auch in Ansehung ihrer Behinderungen an der N-Schule angemessen beschult werden; insbesondere stehe dem ihre autistische Störung nicht entgegen. Insoweit hat der Beklagte ergänzend eine Stellungnahme des Zeugen L vom 02.11.2010 vorgelegt, auf deren Inhalt Bezug genommen wird.
19Das Sozialgericht hat eine Auskunft des Schulamts des Kreises H vom 22.02.2011 eingeholt. Danach hat das Schulamt mit seinem Bescheid vom 25.03.2009 keine konkrete und verbindliche Zuweisungsentscheidung im Sinne des § 46 Abs. 6 SchulG NRW getroffen; die N-Schule sei ohne nähere Prüfung ihrer Eignung allein als für den Förderbedarf der Antragstellerin abstrakt zuständiger Förderort benannt worden.
20Mit Urteil vom 16.06.2011 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Eingliederungshilfe in Form einer Übernahme der Kosten für den Besuch der T-Schule nach § 53 Abs. 1, § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII scheide schon deshalb aus, weil die Klägerin durch den Besuch einer in Niedersachsen gelegenen Tagesbildungsstätte ihrer Schulpflicht nach nordrhein-westfälischem Schulrecht nicht genüge und mindestens an einer geeigneten Schule in Nordrhein-Westfalen angemessen beschult werden könne. Der Bescheid des Schulamtes verpflichte die Klägerin zwar nicht bindend zu einem Besuch der darin benannten N-Schule. Gleichwohl habe das Schulamt diese Schule als abstrakt geeignet festgestellt; gesundheitliche Gründe, die dieser abstrakten Eignung entgegenstünden, seien nicht erkennbar. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil Bezug genommen.
21Gegen das ihrer Bevollmächtigten am 28.06.2011 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 27.07.2011 Berufung eingelegt. Sie trägt im Hinblick auf einen etwaigen Wechsel an die N-Schule ergänzend vor, sich auf neue Therapeuten kaum einlassen zu können und durch jegliche neue Umgebung und Umstellung in ihrem Entwicklungszustand weit zurückgeworfen zu werden. So habe sie nach einem Personalwechsel an der T-Schule bereits ein halbes Jahr und länger mit Schwierigkeiten kämpfen müssen. Die Konsequenzen eines Wechsels der Schule, der Bezugspersonen, der Therapeuten, des Schulprogramms, des Tagesablaufs sowie des Schulwegetransports seien für sie unzumutbar und dürften - im Anschluss an die zweitinstanzliche Beweisaufnahme, insbesondere ein Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. M - zu einer deutlichen Entwicklungsverzögerung führen. Zudem sei die Autismus-Förderung an der T-Schule wesentlich differenzierter als auf der N-Schule. Ihre Eltern hätten vor der Einschulung mehrfach bei der N-Schule vorgesprochen und nach einer individuell angepassten Förderung gefragt. Ihnen sei mitgeteilt worden, dass man zum Entspannen lediglich den sog. Snoezelen-Raum aufsuchen würde, wenn sie - die Klägerin - nicht in der Lage sei, lange im Klassenverband zu bleiben. Das WIE habe die Auskunft erteilt, für die in Kooperation mit der N-Schule durchgeführte autismusspezifische Einzelförderung gebe es Wartelisten. Auch würden autistische Kinder in C, also außerhalb der N-Schule, gefördert, was mit einer zusätzlichen Fahrt verbunden wäre. Während langer Fahrtzeiten füge sie sich aufgrund von Wahrnehmungsstörungen jedoch häufig Schmerzen zu. Ferner könnten in der Regel nur ihre Eltern ihren Gesundheitszustand richtig einschätzen; selbst Ärzte seien bei der Diagnose auf deren Hilfe angewiesen. Im November/Dezember 2013 sowie im Januar 2014 hätten ihre Eltern sie dreimal krankheitsbedingt von der Schule abholen müssen.
22In der mündlichen Verhandlung hat die Bevollmächtigte der Klägerin klargestellt, weder Leistungen nach dem Dritten oder Vierten Kapitel des SGB XII noch eine Übernahme von Fahrtkosten für den Schulbesuch geltend zu machen. Sie begehre vielmehr allein die Übernahme der Kosten für den Besuch der T-Schule.
23Die Klägerin beantragt,
24das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 16.06.2011 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 01.04.2010 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 06.07.2010 zu verpflichten, die Kosten des Besuchs der T-Schule in C durch die Klägerin seit August 2010 zu übernehmen,
25hilfsweise, über folgende Beweisanträge Beweis zu erheben:
261. Was ist für die Klägerin zumutbar, erforderlich und geeignet - der Schulweg mit dem Bus und der gesamte Schultag inklusive Abfahrt und Ankunft zu Hause zur N-Schule in H oder das Äquivalent (Schulweg und gesamter Schultag) zur T-Schule?
272. Wie schnell müssen die Eltern im Falle eines medizinischen Notfalls der Klägerin vor Ort sein und wie lange dauert die Fahrt zwischen Wohnort und N-Schule bzw. der T-Schule für die Eltern werktags tagsüber tatsächlich? Die gleiche Frage des tatsächlichen Weges gilt für die Fahrt des Vaters der Klägerin von seinem Arbeitsplatz in E.
28Der Beklagte beantragt,
29die Berufung zurückzuweisen.
30Er hält daran fest, dass schon der Bescheid des Schulamts dem geltend gemachten Anspruch entgegenstehe; denn dieser regle verbindlich die von der Klägerin zu besuchende Schulform. Zudem könne die Klägerin durch den Besuch der Tagesbildungsstätte in Niedersachsen ihre Schulpflicht nicht erfüllen. Durch eine antragsgemäße Verurteilung würde der Beklagte gezwungen, entgegen Art. 20 Abs. 3 GG die fortgesetzte Begehung einer - rechtlich unstreitigen - Ordnungswidrigkeit zu finanzieren. Die N-Schule sei für die Klägerin trotz deren Behinderungen geeignet. Hinsichtlich der Klassengröße und des Betreuungsschlüssels bestünden keine signifikanten Unterschiede zur T-Schule. Die Fahrtzeit zur N-Schule sei nicht viel länger als zur T-Schule. Die vom Sachverständigen Prof. Dr. M bei einem Wechsel des vertrauten Umfelds oder der Bezugspersonen angenommene temporäre Entwicklungsverzögerung träte bei einem Wechsel zur N-Schule lediglich einmalig auf. Dies sei der Klägerin zumutbar; denn auch andere Ereignisse, beispielsweise eine stationäre Krankenbehandlung oder ein Wechsel/Ausfall der Beschäftigten der T-Schule, könnten jederzeit den gleichen Effekt auslösen.
31Die mit Beschluss vom 05.08.2013 Beigeladenen stellen keinen Antrag.
32Der Beigeladene zu 2 hält die T-Schule zur Beschulung der Klägerin für geeignet. Bezüglich seiner Angaben zu dortigen Beschulungsbedingungen sowie die Entwicklung der Klägerin wird auf die Stellungnahmen der Schulleiterin der T-Schule vom 11.11.2013 und 31.01.2013 verwiesen.
33Der Senat hat zunächst Befundberichte des Facharztes für Kinderheilkunde und Jugendmedizin Dr. X und der Kinderärztin Dr. Q (SPZ) vom 13.09.2011 eingeholt. Ferner hat er die Klägerin betreffende Förderpläne und Zeugnisse sowie die Dokumentation des Fachdienstes für Autismus von der T-Schule beigezogen. Auf den Inhalt dieser Unterlagen wird Bezug genommen.
34Anschließend hat der Senat ein Gutachten des Facharztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Neurologie und Psychiatrie sowie Diplom-Psychologen Prof. Dr. M (Direktor der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters, Universitätsklinik L) vom 24.05.2012 nebst ergänzenden Stellungnahmen vom 12.11.2012 und 08.04.2013 eingeholt. In der mündlichen Verhandlung hat der Sachverständige seine gutachterlichen Ausführungen weiter erläutert. Wegen der Einzelheiten wird auf die schriftlichen Äußerungen des Sachverständigen sowie auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
35Der Senat hat zudem den Zeugen L schriftlich sowie in der mündlichen Verhandlung zu den Rahmenbedingungen der Beschulung an der von ihm geleiteten N-Schule befragt. Insoweit wird auf dessen schriftliche Auskunft vom 24.09.2013 sowie die Sitzungsniederschrift Bezug genommen. Darüber hinaus hat der Senat eine Stellungnahme des Zeugen L vom 24.04.2009 aus dem Verfahren L 20 SO 67/08 (LSG NRW) sowie den aktuellen Internetauftritt der N-Schule zum Gegenstand des Verfahrens gemacht; auch hierauf wird Bezug genommen.
36Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten, des Schulamtes des Kreises H sowie der Streitakten (gleichen Rubrums) S 2 SO 204/10 ER (SG Detmold) bzw. L 20 SO 450/10 ER (LSG NRW) Bezug genommen. Dieser ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
37Entscheidungsgründe:
38Die zulässige Berufung der Klägerin ist begründet.
39A. Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 01.04.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.07.2010 (§ 95 SGG). Da der Beklagte darin den Antrag der Klägerin auf Übernahme von Kosten für den Besuch der T-Schule "ab dem (.) Schuljahr 2010/2011" vollständig und zukunftsoffen abgelehnt hat, ist Streitgegenstand in zeitlicher Hinsicht der gesamte Zeitraum vom Beginn des Schuljahres 2010/2011 (= August 2010) bis zum Tag der mündlichen Verhandlung vor dem Senat (vgl. BSG, Urteil vom 15.04.2008 - B 14/7b AS 52/06 R Rn. 12 m.w.N.).
40B. Das Sozialgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 SGG) statthafte (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage 2012, § 54 Rn. 20a ff., 38 ff.; BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R Rn. 9) und auch im Übrigen zulässige Klage ist begründet. Der Beklagte hat die Übernahme der Kosten für den Besuch der T-Schule ab Beginn des Schuljahrs 2010/2011 zu Unrecht abgelehnt. Die Klägerin kann vom Beklagten gemäß §§ 53 ff., 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII i.V.m. § 12 Nr. 2 Eingliederungshilfeverordnung (EinglhVO) die Übernahme dieser Kosten ab August 2010 (= Beginn des Schuljahrs 2010/2011) beanspruchen (dazu im Folgenden). Sonstige Anspruchsgrundlagen kommen nicht in Betracht (dazu weiter unten).
41I. Der Beklagte - nicht hingegen der (als örtlicher Träger der Sozialhilfe) vorsorglich Beigeladene zu 1 - ist für die Erbringung der begehrten Leistungen sachlich und örtlich zuständig.
42Insofern mag insbesondere offen bleiben, ob es sich bei der T-Schule um eine teilstationäre Einrichtung handelt, für welche der Beklagte gemäß § 97 Abs. 2 S. 1 SGB XII i.V.m. §§ 1, 2 AG-SGB XII NRW i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 1a AV-SGB XII NRW und § 98 Abs. 2 S. 2 SGB XII als überörtlicher Träger Hilfen zu erbringen hat (vgl. zur - dort allerdings im Ergebnis offen gelassenen - Frage der Qualifizierung einer Schule als teilstationäre Einrichtung BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R).
43Denn der Beklagte ist (unabhängig von einer etwaigen originären Zuständigkeit) jedenfalls gemäß § 14 Abs. 2 S. 1 i.V.m. Abs. 1 SGB IX sachlich und örtlich für die streitbefangenen Hilfen zuständig. Nach diesen Vorschriften stellt der Rehabilitationsträger, sofern Leistungen zur Teilhabe erbracht werden, innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrags fest, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist (§ 14 Abs. 1 S. 1, 1. Halbsatz SGB IX). Hält er sich für unzuständig, so leitet er den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu (§ 14 Abs. 1 S. 2 SGB IX). Wird der Antrag nicht weitergeleitet, stellt der erstangegangene Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf selbst unverzüglich fest (§ 14 Abs. 2 S. 1 SGB IX). Auf diese Weise wird eine nach außen verbindliche Zuständigkeit des erstangegangenen Rehabilitationsträgers geschaffen, welche sich auf sämtliche Rechtsgrundlagen erstreckt, die in der Bedarfssituation in Betracht kommen (vgl. u.a. BSG, Urteil vom 24.01.2013 - B 3 KR 5/12 R m.w.N.).
44§ 14 Abs. 2 S. 1 SGB IX ist vorliegend anwendbar. Denn die Träger der Sozialhilfe - und damit auch der Beklagte - sind nach §§ 6 Abs. 1 Nr. 7 und Abs. 5 Nr. 4 SGB IX Rehabilitationsträger für Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft. Zu derartigen Leistungen gehören auch solche der Eingliederungshilfe nach §§ 53, 54 SGB XII (vgl. Luthe in jurisPK-SGB IX, § 55 Rn. 4).
45Auch die (weiteren) Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 S. 1 SGB IX sind erfüllt. Der Beklagte hat den Antrag der Klägerin auf Übernahme der Kosten für den Besuch der T-Schule vom 20.11.2009 nicht gemäß § 14 Abs. 1 S. 1 SGB IX innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrags (20.11.2009) und im Übrigen auch nicht im Anschluss daran an den Beigeladenen zu 1 oder einen anderen aus seiner Sicht zuständigen Rehabilitationsträger weitergeleitet. Folglich ist er nach § 14 Abs. 2 S. 1 SGB IX nicht nur sachlich, sondern auch örtlich zuständig geworden; denn diese Vorschrift legt sowohl die sachliche als auch die örtliche Zuständigkeit fest (Luik in jurisPK-SGB IX, § 14 Rn. 45 unter Hinweis auf Welti in Luthe, Rehabilitationsrecht, 2009, S. 154) und verdrängt die Regelung des § 98 SGB XII (Luik, a.a.O. unter Hinweis auf Welti, a.a.O., LSG Schleswig-Holstein vom 09.11.2005 - L 9 B 268/05 SO ER).
46II. Die materiellen Voraussetzungen der §§ 53, 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII i.V.m. § 12 Nr. 2 EinglhVO liegen ebenfalls vor.
47Nach §§ 53 Abs. 1, 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII erhalten die in § 53 Abs. 1 S. 1 SGB XII genannten Personen Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung, insbesondere im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht und zum Besuch weiterführender Schulen einschließlich der Vorbereitung hierzu, wenn und solange nach den Besonderheiten des Einzelfalls Aussicht besteht, dass die Aufgaben der Eingliederungshilfe erfüllt werden. Dabei bleiben die Bestimmungen über die Ermöglichung der Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht unberührt (§ 54 Abs. 1 S. 1. 2. Halbsatz SGB XII). Was dabei unter dem Begriff "angemessene Schulbildung" zu verstehen ist, wird im Rahmen des SGB XII nicht definiert. Jedoch bestimmt § 12 Nr. 2 EinglH-VO, dass die Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung auch Maßnahmen der Schulbildung umfasst, wenn diese erforderlich und geeignet sind, dem behinderten Menschen eine im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht üblicherweise erreichbare Bildung zu ermöglichen.
481. Die Klägerin gehörte aufgrund ihrer schwerwiegenden dauerhaften Behinderungen zu dem von § 53 Abs. 1 S. 1 SGB XII i.V.m. § 2 Abs. 1 S. 1 SGB IX erfassten Personenkreis.
49Nach § 53 Abs. 1 S. 1 SGB XII erhalten Personen, die durch eine Behinderung im Sinne von § 2 Abs. 1 S. 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, unter den dort genannten weiteren Voraussetzungen Leistungen der Eingliederungshilfe. Die Klägerin leidet - was zwischen den Beteiligen auch unstreitig ist - unter einer solchen wesentlichen Behinderung; denn ihre körperlichen Funktionen und geistigen Fähigkeiten weichen aufgrund eines Pallister-Kilian-Syndroms mit globaler Entwicklungsverzögerung, frühkindlichen Autismus sowie Verdachts auf eine schwerste Intelligenzminderung von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand erheblich ab. Wegen dieser Behinderungen ist ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft durchgehend und insbesondere auch in dem hier streitbefangenen Zeitraum seit Beginn des Schuljahrs 2010/2011 wesentlich beeinträchtigt. Der Senat folgt insoweit in erster Linie den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. M in seinem Gutachten vom 24.05.2012. Dieser ist aufgrund eingehender Untersuchung der Klägerin und sorgfältiger Befunderhebung unter Berücksichtigung der übrigen aktenkundigen medizinischen Unterlagen zu seiner Beurteilung gelangt. Zudem decken sich die von ihm erhobenen Diagnosen im Wesentlichen mit denjenigen in den Befundberichten bzw. Arztbriefen der die Klägerin behandelnden Ärzte Dres. X und Q aus den Jahren 2010 und 2011. Im Übrigen besteht bei der Klägerin aufgrund der genannten Einschränkungen ein sonderpädagogischer Förderbedarf; ein solcher begründet ohnehin stets die Annahme einer wesentlichen Behinderung im vorgenannten Sinne (vgl. BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R).
502. Zu den - somit für die Klägerin in Betracht kommenden - Hilfen für eine angemessene Schulbildung im Sinne des § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII gehören auch die hier streitbefangenen Kosten für den Besuch der T-Schule.
51Der Qualifizierung der Übernahme von Beschulungskosten als "Hilfen" im gesetzlichen Sinne steht nicht entgegen, dass die Klägerin nicht eine die Schulbildung begleitende Maßnahme, sondern die Übernahme der (gesamten) Kosten für den Besuch der T-Schule als solche begehrt.
52a) Zwar ist der Kernbereich der pädagogischen Arbeit der Schule - und damit im Regelfall auch das Schulgeld, mit welchem der Unterricht finanziert wird - den Regelungen der Eingliederungshilfe grundsätzlich entzogen (vgl. im Einzelnen BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R). Dies folgt schon aus dem Wortlaut des § 54 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII. Spricht dieser - ebenso wie § 12 EinglhVO - gerade von "Hilfen", so erfasst er grundsätzlich nur Maßnahmen, die im Zusammenhang mit der Ermöglichung einer angemessenen Schulbildung (in Ergänzung der Beschulung als solcher) geeignet und erforderlich sind, Behinderungsfolgen zu beseitigen und zu mildern. Dementsprechend betreffen die Regelbeispiele einer solchen Hilfe in § 12 EinglhVO nur die Schulbildung begleitende Maßnahmen (vgl. zu alledem BSG, a.a.O.).
53b) Gleichwohl verbleibt auch im Kernbereich der Schulbildung ausnahmsweise Raum für Leistungen der Eingliederungshilfe, wenn nämlich der Besuch einer öffentlichen (und damit für den Sozialhilfeträger kostenfreien) Schule aus objektiven Gründen (z.B. wegen der räumlichen Entfernung vom Wohnort) oder aus schwerwiegenden subjektiven (persönlichen) Gründen nicht möglich oder nicht zumutbar ist (so BVerwG, Beschluss vom 02.09.2003 - 5 B 259/02; vgl. BSG, Urteil vom 22.03.2012 - B 8 SO 30/10 R unter Bezugnahme auf BVerwG, Urteil vom 13.08.1992 - 5 C 70/88, sowie Beschluss vom 02.09.2003 - 5 B 259/02).
54Der Klägerin war der Besuch einer öffentlichen Schule jedoch aus schwerwiegenden subjektiven Gründen schon seit August 2010 nicht möglich bzw. nicht zumutbar.
55aa) Maßstab hierfür ist vor allem die Aufgabe der Sozialhilfe, dem Empfänger der Hilfe die Führung eines Lebens zu ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht, und ihn so weit wie möglich zu befähigen, unabhängig von ihr zu leben (vgl. § 1 SGB XII; vgl. insoweit auch BVerwG, Urteil vom 13.08.1992 - 5 C 70/88). Insofern mag vorliegend offen bleiben, ab wann die Grenze der Unzumutbarkeit überschritten sein kann, wenn - wie hier - die Übernahme der Kosten für den Besuch einer nicht vom zuständigen Schulträger bereitgestellten Schule streitbefangen ist. Jedenfalls dann, wenn seitens des zuständigen Schulträgers keine Schule zur Verfügung steht, die den Hilfebedürftigen unter Berücksichtigung seiner Behinderungen im Sinne des § 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII angemessen beschulen könnte, liegen schwerwiegende subjektive Gründe vor, welche Eingliederungshilfe durch Übernahme der (gesamten) Beschulungskosten ausnahmsweise zulassen.
56bb) So aber liegt es aber hier. Denn der Besuch der N-Schule - welche vom Beklagten sowie vom Schulamt des Kreises H als allein in Betracht kommende öffentliche Schule benannt wurde, und die mit Blick auf die räumlichen Verhältnisse auch die einzige in Nordrhein-Westfalen in Betracht kommende einschlägige Förderschule ist - ist der Klägerin unter Berücksichtigung ihrer schwerwiegenden Behinderungen seit Beginn des Schuljahrs 2010/2011 und auch später nicht zumutbar (dazu weiter unten). Vielmehr konnte und kann sie lediglich an der T-Schule angemessen beschult werden. Allein diese Schule ist im Sinne des § 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII i.V.m. § 12 Nr. 2 EinglhVO geeignet und - mangels Zumutbarkeit des Besuchs der N-Schule - auch erforderlich, der Klägerin eine im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht üblicherweise erreichbare Bildung zu ermöglichen (dazu im Folgenden).
57(1) Dabei steht - anders als der Beklagte meint - der Geeignetheit der T-Schule nicht etwa der bestandskräftige Bescheid des Schulamtes vom 24.03.2009 entgegen. Dieser benennt zwar die N-Schule (lediglich) als nächstgelegene Förderschule mit dem Förderschwerpunkt "Geistige Entwicklung". Er trifft jedoch - was die Schulbehörde in ihrer späteren Stellungnahme vom 22.02.2011 auch ausdrücklich bestätigt - weder inzident eine den Beklagten bindende Entscheidung über die Eignung der N-Schule, noch weist er der Klägerin die N-Schule im Sinne von § 46 Abs. 6 SchulG NRW als Förderschule konkret zu. Dementsprechend hat das Schulamt auf Anfrage des Senats in dem Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes L 20 450/10 B ER mit weiterem Schreiben vom 30.08.2010 ergänzend mitgeteilt, diese "Benennung" orientiere sich lediglich an den Bestimmungen zur Ausführung des § 97 Abs. 4 SchulG NRW bzw. der Schülerfahrkostenverordnung (SchfkVO) und bezeichne damit die örtlich nähere von zwei abstrakt für die Klägerin in Betracht kommenden Schulen im Kreis H. Eine Prüfung der Eignung der Schule unter behinderungsspezifischen Gesichtspunkten war damit jedoch nicht verbunden. Die Schulbehörden entscheiden zwar mit bindender Wirkung gegenüber dem Sozialhilfeträger, in welchem Umfang eine bestimmte Beschulung den geistigen und körperlichen Fähigkeiten eines behinderten Menschen entspricht, hingegen in der Regel nicht darüber, an welcher konkreten Schule die Beschulung zu erfolgen hat (vgl. hierzu den Beschluss des Senats vom 06.09.2010 - 20 SO 450/10 B ER). Aus schulrechtlichem Standpunkt verblieb der Klägerin vielmehr - was das Schulamt in der Stellungnahme vom 22.02.2011 selbst ausgeführt hat - letztlich ein Wahlrecht, welche geeignete Schule sie besuchen will.
58(2) Ebenso wenig steht einer Geeignetheit der T-Schule entgegen, dass die Klägerin durch den Besuch dieser niedersächsischen Tagesbildungsstätte ihrer Schulpflicht nach nordrhein-westfälischem Schulrecht nicht nachkäme.
59(a) Zwar können in Nordrhein-Westfalen Schulpflichtige ihre Schulpflicht grundsätzlich nur an öffentlichen Schulen, Ersatzschulen oder an nach § 118 Abs. 2 SchulG NRW anerkannten Ergänzungsschulen erfüllen (vgl. § 34 Abs. 5 S. 1 SchulG NRW). Insbesondere fehlt im SchulG NRW eine § 162 S. 1 Nieders. SchulG entsprechende Regelung, wonach Kinder und Jugendliche mit geistigen Behinderungen ihre Schulpflicht auch durch den Besuch einer anerkannten Tagesbildungsstätte erfüllen. Auch hat die zuständige Schulaufsichtsbehörde der Klägerin bislang keine Ausnahmegenehmigung (etwa nach § 34 Abs. 5 S. 3 SchulG NRW) erteilt und auch kein Ruhen der Schulpflicht (§ 40 Abs. 2 SchulG NRW) angeordnet.
60(b) Die nach niedersächsischem Recht erfolgte Erfassung der T-Schule als Tagesbildungsstätte kann indes (jedenfalls im Rahmen der Eingliederungshilfevorschriften) nicht ausschlaggebend sein. Der Senat hält vielmehr für entscheidend, dass der Bildungsauftrag der T-Schule (als Tagesbildungsstätte) inhaltlich mit dem Auftrag der in § 34 Abs. 5 S. 1 SchulG NRW genannten Schulen identisch ist. Vermittelt erstere nach ihrem gesamten Konzept inhaltlich wie die letzteren Wissen und Können an die Schülerinnen und Schüler, so leistet sie in der Sache eine ebenso geeignete Beschulung. Letztlich ist dies zwischen den Beteiligten auch nicht streitig.
61(c) Unabhängig hiervon ist die Erfüllung der Schulpflicht nach nordrhein-westfälischem Schulrecht ohnehin nicht Voraussetzung für Eingliederungshilfe als Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung im Sinne des § 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII. Schon § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 2. Halbsatz SGB XII, wonach die Bestimmungen über die Ermöglichung der Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht unberührt bleiben, lässt schulrechtliche Verpflichtungen grundsätzlich neben den sozialhilferechtlichen Pflichten bestehen, ohne dass diese sich gegenseitig inhaltlich beeinflussen (so ausdrücklich BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R). Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung sind vielmehr lediglich vorrangig an einer Einrichtung zu gewähren, durch deren Besuch der behinderte Mensch der allgemeinen Schulpflicht nach jeweiligem Landesrecht genügt.
62§ 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII lässt sich i.V.m. § 12 Nr. 2 EinglhVO und unter zusätzlicher Berücksichtigung des Nachranggrundsatzes (§ 2 Abs. 1 SGB XII) insofern entnehmen, dass nicht jedwede Hilfeleistung zu einer nach den Vorstellungen des behinderten Menschen bzw. seiner Erziehungsberechtigten bestmöglichen Schulbildung als Eingliederungshilfe verlangt werden kann. Vielmehr ist die schulische Förderung von Kindern nach Art. 7 Abs. 1 GG eine grundsätzlich allein den (öffentlichen) Schulträgern zugewiesene Aufgabe (BSG, Urteil vom 22.03.2012 - B 8 SO 30/10 R). Insbesondere besteht ein Ausschluss für die Übernahme von Schulkosten aufgrund der Gesetze der Länder, (zumindest) soweit die Schulbehörde der ihr möglichen vorrangigen Leistungsverpflichtung auch nachkommt (Voelzke, in Hauck/Noftz, SGB XII, 19. Erg.-Lfg. II/10, § 54 Rn. 44a; BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R). Steht hingegen fest, dass eine im Sinne von § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII angemessene Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht nicht zu erlangen ist, so kann unter dem Gesichtspunkt der Eingliederungshilfe die Übernahme von Kosten für eine anderweitige Beschulung des behinderten Menschen in Betracht kommen (LSG NRW, Urteil vom 15.05.2013 - L 20 SO 67/08; LSG Hessen, Urteil vom 22.11.2010 - L 9 SO 9/07 und zu § 35a SGB VIII; VGH Hessen, Urteil vom 20.08.2009 - 10 A 1799/08).
63Hierfür spricht schon der Wortlaut des § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII, der keinen abschließenden Leistungskatalog möglicher Eingliederungshilfen enthält, sondern von Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung (nur) "insbesondere" im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht spricht. Zudem umfassen nach § 12 Nr. 2 EinglhVO Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung auch solche Maßnahmen der Schulbildung, die erforderlich und geeignet sind, dem behinderten Menschen eine "im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht" (lediglich) "üblicherweise erreichbare" Bildung zu ermöglichen. Insofern bildet die allgemeine Schulpflicht also nur den Vergleichsmaßstab dafür, in welchem Umfang bzw. in welchem Maße Leistungen der Eingliederungshilfe auch außerhalb der allgemeinen Schulpflicht erbracht werden können.
64Diese Lesart wird zudem durch Sinn und Zweck der Eingliederungshilfevorschriften gestützt. Diese sollen nicht vorrangig sicherstellen, dass der nach §§ 53 ff. SGB XII berechtigte Personenkreis seiner Schulpflicht gerecht wird, sondern dem behinderten Menschen nach dem Willen des Gesetzgebers die Integration in die Gesellschaft ermöglichen. § 53 Abs. 3 S. 1 SGB XII bestimmt insoweit als besondere Aufgabe der Eingliederungshilfe, eine Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und die behinderten Menschen in die Gesellschaft einzugliedern. Hierzu gehört vor allem, ihnen die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern, ihnen die Ausübung eines angemessenen Berufs oder einer sonstigen angemessenen Tätigkeit zu ermöglichen oder (auch nur), sie so weit wie möglich unabhängig von Pflege zu machen (§ 53 Abs. 3 S. 2 SGB XII). Mit Blick auf diese Ziele kann es jedenfalls dann nicht dem Willen des Gesetzgebers entsprechen, einem behinderten Menschen nach den - im Übrigen bundesrechtlichen - Eingliederungshilfevorschriften der §§ 53 ff. SGB XII eine angemessene Beschulung außerhalb der jeweiligen Landesgrenzen mit der Begründung zu versagen, dass dort die Schulpflicht nach landesrechtlichen Vorschriften nicht erfüllt werde, wenn das landesrechtliche Schul(pflicht-)system selbst eine angemessene Beschulung nicht sicherstellt (vgl. hierzu schon den Beschluss des Senats vom 15.08.2012 - L 20 SO 309/12 ER).
65(d) Auf ein etwaiges schulrechtliches Wahl- und Bestimmungsrecht des behinderten Menschen bzw. seiner Eltern kommt es in diesem Zusammenhang im Übrigen von vornherein nicht an. Ein solches Wahlrecht ist allenfalls dann von Bedeutung, wenn (wie in dem der Entscheidung des BVerwG vom 26.10.2007 - 5 C 35.06 zugrunde liegenden Sachverhalt) der Besuch zweier Schulen im Raume steht, welche beide in das System der allgemeinen Schulpflicht des betroffenen Bundeslandes integriert sind. Im vorliegenden Fall liegt jedoch allein die N-Schule in Nordrhein-Westfalen, während sich die T-Schule in Niedersachen befindet.
66cc) Ausgehend von den dargestellten Kriterien ist mit Blick auf die Formulierungen in § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII (" angemessene Schulbildung ") und § 12 Nr. 2 EinglhVO (" üblicherweise erreichbare Bildung ") in einem ersten Schritt festzustellen, welches konkrete Bildungsziel für den behinderten Menschen in Betracht kommt (so auch Voelzke a.a.O. Rn. 40a; dazu im Folgenden). Daran anschließend ist zu prüfen, ob dieses Ziel mit den Möglichkeiten, welche das öffentliche Schulsystem für den Betroffenen bereithält, in zumutbarer Weise verfolgt werden kann oder nicht (dazu weiter unten). Im Rahmen dieses zweiten Prüfungsschritts sind unter "bereithalten" die Leistungen oder Rahmenbedingungen zu verstehen, die das öffentliche Bildungssystem dem behinderten Menschen tatsächlich zur Verfügung stellt, oder die der Betroffene im Rahmen zumutbarer Bemühungen rechtzeitig realisieren kann (vgl. das Urteil des Senats vom 15.05.2013 - L 20 SO 67/08; Scheider in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 18. Auflage 2010, § 53 Rn. 71; Voelzke a.a.O. Rn. 44a mit Hinweis m.w.N.; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15.06.2000 - 16 A 3108/99 Rn. 17 a.E. und Rn. 22).
67(1) Die für die Klägerin in Betracht kommenden Bildungsziele hat der Senat umfassend ermittelt; diese Bildungsziele werden an der von ihr besuchten T-Schule im Übrigen konsequent in geeigneter Weise verfolgt.
68(a) Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme, namentlich den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. M in seinen schriftlichen Äußerungen sowie seinen weiteren Erläuterungen in der mündlichen Verhandlung, ist der Senat davon überzeugt, dass das für die Klägerin anzustrebende Bildungsziel seit Beginn des streitbefangenen Zeitraums weit unterhalb der Qualifikation eines formalen Bildungsabschlusses (wie etwa eines Hauptschulabschlusses) anzusiedeln ist. Die Klägerin wird aller Voraussicht nach basale Fähigkeiten wie Rechnen, Lesen und Schreiben nicht erlernen. Vielmehr liegen ihre Lernziele - den nachvollziehbaren Darlegungen des Sachverständigen vor allem in seiner Stellungnahme vom 08.04.2013 sowie seinen mündlichen Erläuterungen folgend - im Wesentlichen darin, kommunikative und interaktive Fähigkeiten zu erlernen bzw. zu verbessern, Alltagsfertigkeiten zu erwerben und auszubauen sowie ihre Selbstbeschäftigung zu fördern. Das betrifft konkret erstens das Erlernen und Anwenden von Symbolen und Symbolhandlungen durch Bilder und Piktogramme für verschiedene Alltagssituationen und Kommunikationsanlässe (= Bereich der Kommunikation und sozialen Interaktion), zweitens die bessere Koordination der Abläufe des Essvorgangs und Erlangung einer größeren Selbständigkeit bei den Mahlzeiten sowie die Verbesserung der Körperhygiene (= Bereich der Alltagsfähigkeiten), und schließlich drittens die Intensivierung der Erkundung der Umgebung sowie das Begreifen und Ausüben einfacher Spiele oder Beschäftigungen (= Bereich der Selbstbeschäftigung).
69(b) Die T-Schule, deren Schulkosten vorliegend im Streit stehen, ist im Sinne des § 12 Nr. 2 EinglhV geeignet, der Klägerin diese Bildungsziele erfolgversprechend zu vermitteln. Das gilt sowohl mit Blick auf die Schülerzahl, die Klassengröße und die sonstigen Rahmenbedingungen (insbesondere die Dauer der Anfahrt zur Schule) als auch auf die von der Schule vorgehaltenen pädagogischen und therapeutischen Angebote sowie das Förderkonzept. Dies steht unter Berücksichtigung der von der Leiterin der T-Schule beschriebenen dortigen Umstände der Beschulung sowie der Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. M fest und wird auch vom Beklagten nicht bestritten. Der Sachverständige ist insoweit in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 08.04.2013 zu der Einschätzung gelangt, dass die T-Schule "in höchstem Maße" geeignet ist, die von ihm beschriebenen Lernziele zu fördern. Zweifel an dieser Beurteilung hat der Senat nicht. Sie erscheint insbesondere vor dem Hintergrund der vom Sachverständigen behinderungsbedingt für notwendig erachteten Rahmenbedingungen für die Beschulung der Klägerin sowie der diesbezüglichen Angaben der Schulleiterin der T-Schule in ihrer Stellungnahme vom 11.11.2013 sowie in der mündlichen Verhandlung schlüssig.
70(aa) Zwar kommt es nach den Feststellungen des Sachverständigen für die Beurteilung der Geeignetheit auf die Größe der T -Schule (nach den Angaben der Schulleiterin im Schuljahr 2013/2014 86 Schüler) und Klassen (5 bis 9 Schüler), die Dauer eines Schultags (von 8:00 Uhr bis 14:15 Uhr) sowie die Dauer der Fahrt zur Schule (ca. 17 Minuten) nicht entscheidend an. Im Hinblick auf den erheblichen Förderbedarf und die schnelle Überforderung der (u.a.) geistig schwerstbehinderten Klägerin bei Unruhe im Umfeld ist ihre adäquate Beschulung jedoch - den nachvollziehbaren Feststellungen des Sachverständigen folgend - nur dann möglich, wenn sie bei Bedarf kurzfristig aus der Klasse herausgenommen und ihr im Rahmen einer Einzelbetreuung (außerhalb oder innerhalb des Klassenraums) Möglichkeiten zum Stressabbau und Rückzug geboten werden können. Dass die T-Schule diesen Anforderungen gerecht wird, steht unter Zugrundelegung der Angaben der Schulleiterin vom 11.11.2013 fest. Danach wird jede Klasse konstant durch zwei Lehrkräfte sowie im Bedarfsfall durch zusätzliche Hilfskräfte betreut, die eine vorübergehende Einzelbetreuung der Klägerin jederzeit sicherstellen können.
71(bb) Darüber hinaus trägt das Konzept der T-Schule auch den Auswirkungen der bei der Klägerin bestehenden autistischen Störung und den insoweit von dem Sachverständigen nachvollziehbar für notwendig erachteten Beschulungsbedingungen hinreichend Rechnung.
72Der Sachverständige hat insofern (insbesondere in seiner ergänzenden Stellungnahme aus 12.11.2012) deutlich gemacht, dass die Klägerin einer konsequenten autismusspezifischen Förderung im Bereich der Schule bedarf, die nicht auf gelegentlich angebotene Einzelförderung im schulischen Kontext beschränkt sein, sondern sich zudem in der Gesamtkonzeption des Unterrichts und des schulischen Alltags widerspiegeln soll. Dabei sollten sämtliche Lehrer über grundlegende Kenntnisse und lerntheoretische Techniken (Verstärkung, Prompting, Fading), insbesondere der angewandten Verhaltensanalyse, im Umgang mit Kindern verfügen, welche unter einer Störung aus dem Autismusspektrum leiden. Das gilt nach den Ausführungen des Sachverständigen sowohl im Hinblick auf die soziale Interaktion und Kommunikation als auch auf die häufig begrenzten, repetitiven und stereotypen Verhaltensmuster solcher Kinder.
73Der Senat hat keine Zweifel an der Richtigkeit dieser Einschätzung des Sachverständigen. Sie erscheint vor allem mit Blick auf die von ihm in seinem Gutachten vom 24.05.2012 erhobenen Befunde, nach denen die Klägerin bereits im Schuljahr 2010/2011 unter einem frühkindlichen Autismus litt, schlüssig. Bestätigt werden diese Ausführungen im Übrigen durch den Zwischenbericht des EVK C vom 19.04.2010, in welchem Dres. C und Q (offenbar erstmals) eine tiefgreifende Entwicklungsstörung mit autistischen Zügen beschrieben haben. Zudem hat auch der Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin bzw. Neuropädiatrie Dr. L1, der die Klägerin während einer stationären neuropädiatrischen Rehabilitation und damit über einen längeren Zeitraum beobachten konnte, in seinem Behandlungsbericht vom 09.07.2010 wesentliche Symptome eines frühkindlichen Autismus (u.a. kaum vorhandene Kontaktaufnahme, kaum Entwicklung von aktiver Sprache, zwanghafte Verhaltensweisen, stereotype Verhaltensmuster, Abhängigkeit von vorgegebenen Mustern und Ritualen sowie Selbststimulation durch Zufügen von Schmerzen) festgestellt.
74(cc) Dass die Klägerin mit Blick auf ihren frühkindlichen Autismus besonderer Förderung bedarf, welche über eine Einzelförderung im Rahmen zeitlich begrenzter Therapieeinheiten hinausgeht und sich in der Gesamtkonzeption des Unterrichts und des schulischen Alltags widerspiegeln soll, hat der Sachverständige nachvollziehbar dargelegt. Danach erfordern die soziale Interaktion und Kommunikation sowie die häufig begrenzten, repetitiven und stereotypen Verhaltensmuster von Kindern, die unter einer autistischen Störung leiden, u.a. besondere lerntheoretische Techniken sowie das Zerlegen komplexer Handlungsfolgen in möglichst kleine Teilschritte, welche jeweils möglichst genau und konsistent sowie operant verstärkt werden müssen. Zudem bedarf es klarer Strukturen und Abläufe sowie der Visualisierung durch vor allem Bilder, Postkarten oder Handzeichen, welche oft erfolgreicher sind als eine komplexe Sprache, subtile Mimik und Gestik.
75Diesen Anforderungen trägt die T-Schule in geeigneter Weise - wenn nicht sogar in besonderem Maße - Rechnung. Nach den Angaben der Schulleiterin in ihrer Stellungnahme vom 11.11.2013 fördert der dortige Fachdienst für Autismus-Spektrum-Störungen die Schüler/innen, welche aufgrund eines frühkindlichen Autismus einen spezifischen Unterstützungsbedarf haben, nicht nur in Form von Einzeltherapien während der Schulzeit. Vielmehr ist der gesamte Schulalltag durch klare Strukturen, individuell angepasste Orientierungshilfen (z.B. sog. TEACCH-Uhren) und unterstützte Kommunikation geprägt. Sämtliche Lehrkräfte, pädagogische Mitarbeiter und Therapeuten, welche an der T-Schule unterrichten bzw. Therapien durchführen, sind zum einen im Hinblick auf die Auswirkungen einer Störung aus dem Autismusspektrum auf die Entwicklung der betroffenen Schüler/innen unter besonderer Berücksichtigung von Interaktion, Kommunikation und Verarbeitung der Wahrnehmung geschult. Zum anderen verfügen sie über Kenntnisse zur unterstützten Kommunikation durch "TEACCH" (= Treatment and Education of Autistic and related Communication handicapped Children, dt.: Behandlung und pädagogische Förderung autistischer und in ähnlicher Weise kommunikationsbehinderter Kinder), autismusspezifischer Verhaltenstherapie und leichter Sprache. Dabei findet neben externen Fortbildungsangeboten eine kontinuierliche Beratung und Supervision der (Lehr-)Kräfte durch den Fachdienst statt, wobei u.a. in Abständen von zwei Monaten für alle Lehrkräfte, deren Klasse von einem Schüler mit einer Störung aus dem Autismusspektrum besucht wird, weitergehende vertiefende Schulungen erfolgen.
76(dd) Die Beurteilung des Sachverständigen, der zufolge die T-Schule nach ihrem Schulkonzept geeignet ist, die Klägerin unter Berücksichtigung ihres frühkindlichen Autismus angemessen zu beschulen, wird zudem bestätigt durch die vorliegenden Befund- bzw. Arztberichte der die Klägerin behandelnden Ärzte. Diese sind übereinstimmend zu der Einschätzung gelangt, dass die Klägerin auch unter Berücksichtigung ihrer autistischen Störung in der T-Schule beschult werden kann.
77(2) Der Besuch der T Schule ist seit Schulbeginn (August 2010) nicht nur geeignet, sondern auch im Sinne des § 12 Nr. 2 EinglhVO erforderlich, um die Klägerin angemessen zu beschulen; denn die vom Sachverständigen Prof. Dr. M beschriebenen Lernziele können seither mit den Möglichkeiten, welche das öffentliche Schulsystem in Nordrhein-Westfalen für die Klägerin bereit hält, nicht in zumutbarer Weise verfolgt werden.
78Zunächst, d.h. zumindest im Schuljahr 2010/2011, war das Förderkonzept der (von der Beklagten einzig als geeignet benannten) N-Schule nicht ausreichend, um den Behinderungen der Klägerin gerecht zu werden (dazu im Folgenden). Anschließend war der Klägerin jedenfalls ein Schulwechsel behinderungsbedingt nicht mehr zumutbar (dazu weiter unten).
79(a) Im Anschluss an die Beweisaufnahme ist der Senat davon überzeugt, dass die N-Schule jedenfalls im Schuljahr 2010/2011 zur Erreichung der beschriebenen Förderziele (noch) nicht geeignet war. Zwar mögen unter Zugrundelegung der schriftlichen und mündlichen Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. M insbesondere die dortigen Schülerzahlen (nach den Bekundungen des Zeugen L im Verhandlungstermin seit dem Jahr 2010 zwischen ca. 180 und 169), die Klassenstärken (im Eingangsbereich sieben oder acht, später ca. zehn Schüler/innen), die tägliche Schulzeit (montags bis donnerstags 8.30 Uhr bis 15.00 Uhr, freitags bis 12.30 Uhr) und die Dauer des Schulwegs mit dem Schülerspezialtransport (maximal eine Stunde) einer dortigen Beschulung der Klägerin seit Schulbeginn nicht entgegenstehen. Auch bietet die N-Schule aufgrund ihres Betreuungsschlüssels in gleicher Weise wie die T-Schule die Möglichkeit, die Klägerin - wie vom Sachverständigen für notwendig erachtet - bei Bedarf kurzfristig aus der Klasse herauszunehmen und ihr im Rahmen einer Einzelbetreuung (außerhalb oder innerhalb des Klassenraums) Stressabbau und einen vorübergehenden Rückzug zu bieten. Der Senat legt insoweit ebenfalls die Angaben des Zeugen L in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 24.09.2013 sowie bei seiner Vernehmung in der mündlichen Verhandlung zugrunde. Danach erfolgt ca. 85 % des Unterrichts in Anwesenheit von zwei Lehrkräften; zusätzlich werden je nach Bedarf weitere Hilfskräfte (in der Regel mindestens eine) eingesetzt, insbesondere Mitarbeiter/innen im freiwilligen sozialen Jahr und Integrationshelfer/innen, die bei entsprechender Veranlassung jederzeit Schüler/innen auch außerhalb des Klassenraums betreuen können.
80Indes wurde das Förderkonzept der N-Schule zumindest im Schuljahr 2010/2011 der (im Zusammenhang mit den weiteren individuellen Einschränkungen infolge des Pallister-Kilian-Syndroms zu berücksichtigenden) autistischen Störung der Klägerin (noch) nicht gerecht. Das gilt sowohl im Hinblick auf die Unterrichtsgestaltung als auch auf die insofern notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten der Lehrkräfte. Zwar hat der Zeuge L in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 24.09.2013 ausgeführt, dass an der N-Schule nicht nur eine autismusspezifische Einzelförderung (in der Regel zwei Therapiestunden pro Woche) stattfinde, sondern auch eine entsprechende Förderung nach dem TEACCH-Konzept während des Unterrichts und im schulischen Alltag. Bei seiner Vernehmung in der mündlichen Verhandlung hat er jedoch klarstellend bekundet, das TEACCH-Konzept sei an der N-Schule erst im Laufe des Jahres 2011 und im Anschluss an eine (lediglich) eintägige Schulung der Lehrkräfte eingeführt worden; zuvor sei hingegen - wie von ihm in einer E-Mail an den Beklagten vom 02.11.2010 beschrieben - kein einheitliches innerschulisches Konzept für Schüler mit einer Störung aus dem Autismusspektrum angewandt worden. Im Übrigen entzog es sich der Kenntnis des Zeugen, in welchem Umfang die Lehrkräfte das erlernte TEACCH-Konzept (z.B. im Hinblick auf die notwendige Reduzierung verbaler Informationen) selbst gegenwärtig im Unterricht tatsächlich umsetzen. Dies zugrundelegend, fehlte es selbst nach dem Schuljahr 2010/2011 noch an konsequenter Beratung und Supervision der Lehrkräfte.
81(b) Es bedarf keiner abschließenden Klärung, ob die autismusspezifische Förderung jedenfalls in Folgeschuljahren an der N-Schule der spezifischen Behinderung der Klägerin hätte genügen können. Denn im Anschluss an ihre zu Recht an der T-Schule erfolgte Einschulung war ihr jedenfalls ein Wechsel zur N-Schule spätestens nach Absolvierung des ersten Schuljahrs (2010/2011) - wenn nicht schon (was der Senat offen lassen kann) nach Beendigung des Kindergartens B (Mitte des Jahres 2010) - aufgrund der Besonderheiten ihrer Behinderung, insbesondere mit Blick auf ihre autistische Störung, nicht mehr zumutbar.
82(aa) Der Senat legt seiner Beurteilung auch insoweit in erster Linie die Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. M zugrunde. Bereits in seinem Gutachten vom 24.05.2012 (daneben in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 08.04.2013) ist er zu der Einschätzung gelangt ist, ein Schulwechsel würde bei der Klägerin mit großer Wahrscheinlichkeit zu einer zeitweisen Verlangsamung der angestoßenen Lernprozesse führen; von einem solchen Wechsel hat er daher "klar abgeraten". Ergänzend hat er in seiner Stellungnahme vom 08.04.2013 einen Schulwechsel wegen der massiven Einschränkungen der Klägerin, ihrer autistischen Störung sowie ihrer aktuell sehr positiven Entwicklung aus kinder- und jugendpsychiatrischer Sicht für nicht vertretbar gehalten. In der mündlichen Verhandlung hat er schließlich auf ausdrückliches Befragen erklärt, schon zur Zeit der Einschulung (im Jahr 2010) den Besuch der - dem zuvor besuchten Kindergarten B angegliederten - T-Schule für klar empfehlenswert gehalten zu haben (ob bereits allein dies einer Einschulung der Klägerin an der N-Schule entgegengestanden hätte, kann der Senat indes offen lassen).
83Auch diese Beurteilung des Sachverständigen zur Unzumutbarkeit eines Schulwechsels hält der Senat für überzeugend. Zwar konnte der Sachverständige auch in der mündlichen Verhandlung nicht konkreter angeben, mit welchen Rückschritten im Einzelnen ein solcher Wechsel bei der Klägerin verbunden wäre. Gleiches gilt für das zu erwartende Ausmaß der Rückschritte, namentlich die Zeit, welche die Klägerin benötigen würde, um sie wieder aufzufangen. Der Senat hält dies mit Blick darauf, dass das Pallister-Kilian-Syndrom - den Ausführungen des Sachverständigen folgend - eine äußerst seltene Erkrankung ist, die eine derartige Prognose nur schwer zulässt, indes für nachvollziehbar. Dass eine Umschulung bei der Klägerin jedenfalls mit erheblichen Rückschritten verbunden ist, welche - so die Ausführungen im Gutachten vom 24.05.2012 - mit Rücksicht auf die massiven Beeinträchtigungen der Klägerin und die enorme Bedeutung auch kleiner Entwicklungsschritte nicht vertretbar erscheint, hat der Sachverständige jedoch mit "großer Sicherheit" bejaht. Bedenken an der Richtigkeit dieser Einschätzung hat der Senat nicht. Der Sachverständige hat insofern unter Berücksichtigung der aktenkundigen medizinischen und psychologischen Berichte sowie der Schilderungen der Eltern der Klägerin schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, dass jeder räumliche Wechsel für ein Kind mit dem Beschwerdebild der Klägerin eine große Verunsicherung bedeutet, und dass er mit Eingewöhnungsschwierigkeiten sowie Rückschritten einhergeht, weil zunächst viel Anstrengung auf die Anpassung an die neue Situation verwendet werden muss.
84(bb) Bestätigt wird diese Einschätzung durch die Diplom-Psychologin M und die Erzieherin N (I Klinik I). Diese haben in ihrem neuropsychologischen Abschlussbericht vom 16.07.2010 u.a. wegen der autistischen Störung der Klägerin von einer Änderung des gewohnten Umfelds bzw. von einer Beschulung in der N-Schule dringend abgeraten. Auch der Arzt für Kinder- und Jugendmedizin Dr. X hat in seinem Befundbericht vom 13.09.2011 im Zusammenhang mit einem Wechsel von Schule und Therapeuten auf eine (mögliche) Gefährdung der bisher gemachten Fortschritte hingewiesen.
85(cc) Der Einschätzung des Sachverständigen steht auch nicht entgegen, dass der Schulbericht des Kindergartens B aus Oktober 2008 von einer gelassenen Reaktion der Klägerin auf kurzzeitige Veränderungen spricht. Denn diese temporären Erlebnisse (z.B. durch Besuch des Zoos bzw. Besuche außenstehender Personen in der Gruppe) erfolgten - den glaubhaften Angaben der Schulleiterin T1 in der mündlichen Verhandlung folgend - innerhalb einer damals sehr konstanten personellen Grundsituation der Kindergartengruppe und ihrer Betreuer/innen. Ein Wechsel der Schule wäre für die Klägerin jedoch nicht nur mit kurzzeitigen räumlichen Veränderungen, sondern - neben einem geänderten Schulwegetransport, Tagesablauf und Schulprogramm sowie Verlust der gesamten bisherigen Mitschüler/innen - insbesondere auch mit einem Austausch sämtlicher Lehr- und Betreuungskräfte und damit der maßgebenden Bezugspersonen verbunden, welche die Klägerin während des gesamten Schulalltags begleiten und fördern. Derartig einschneidende und vielschichtige Veränderungen sind im Übrigen - entgegen der Auffassung des Beklagten - von vornherein nicht vergleichbar mit Umständen wie einem stationären Krankenhausaufenthalt oder einem Wechsel bzw. Ausfall einzelner Lehrkräfte oder Betreuungspersonen, die naturgemäß in jedem Schulalltag vorkommen können.
86(c) War - zusammenfassend - der Klägerin aber ein Schulwechsel spätestens nach Absolvierung des ersten Schuljahres (Schuljahr 2010/2011) behinderungsbedingt nicht mehr zumutbar, so war ihr - selbst wenn die N-Schule wegen zwischenzeitlich erweiterter autismusspezifischer Lehrinhalte geeignet gewesen sein sollte, die Klägerin angemessen zu beschulen - ein Wechsel auf diese Schule aus schwerwiegenden subjektiven Gründen (s.o.) unmöglich bzw. unzumutbar. Der (weitere) Besuch der T-Schule war aus diesem Grund auch über das Schuljahr 2010/2011 hinaus erforderlich im Sinne des § 12 Nr. 2 EinglhVO.
87dd) Der Umstand, dass die Klägerin ihre Schulbildung an der T-Schule entgegen der angefochtenen Entscheidung des Beklagten aufgenommen und auf diese Weise vollendete Tatsachen geschaffen hat, steht der Übernahme der Kosten für den Besuch der T-Schule von vornherein nicht entgegen. Das gilt zumindest für das Schuljahr 2010/2011 schon deshalb, weil die N-Schule (deren Besuch der Beklagte in den angefochtenen Bescheiden für angemessen erachtet hat) seinerzeit keine geeignete, auf die Besonderheiten der zusammenwirkenden Behinderungen der Klägerin abgestellte Förderung zur Verfügung hätte stellen können (s.o.). Für die Folgezeit aber war schon wegen Unzumutbarkeit eines Schulwechsels der weitere Besuch der T-Schule für die weitere Eingliederung der Klägerin unverzichtbar.
88Der Senat weicht insofern nicht von seinem früheren Urteil vom 15.05.2013 - L 20 SO 67/08 ab. Zwar ist dort ausgeführt, dass die dortige Klägerin keine Vorteile daraus ziehen darf, dass sie entgegen der von ihr angefochtenen Entscheidung des Beklagten ihre Schulausbildung zunächst an der T-Schule begonnen hat und nunmehr mangels Anspruchs auf Übernahme der Beschulungskosten auf die N-Schule wechseln muss. In jenem Fall ließ sich jedoch - anders als jetzt - nicht feststellen, dass die (insoweit beweispflichtige) dortige Klägerin an der N-Schule nicht hätte angemessen beschult werden können, und dass deshalb eine Umschulung unzumutbar wäre. Unterscheiden sich jener und der vorliegende Sachverhalt deshalb wesentlich, so kann im jetzigen Fall (bei dem kein Ermittlungsausfall vorliegt) offen bleiben, ob und inwiefern "Verschuldensgesichtspunkte" (die im Recht der Sozialhilfe einen zu deckenden Bedarf ohnehin grundsätzlich nicht entfallen lassen, sondern allenfalls unter engen Voraussetzungen eine Leistungseinschränkung bzw. einen Erstattungsanspruch nach sich ziehen können; vgl. § 26 bzw. § 103 SGB XII) hinsichtlich der getroffenen Schulwahl berücksichtigungsfähig sind.
893. Dem Anspruch der Klägerin auf Übernahme ihrer Beschulungskosten an der T-Schule als Eingliederungshilfe stehen sonstige Hindernisse nicht entgegen. Insbesondere verfügte die Klägerin durchgehend seit Schuljahresbeginn 2010/2011 weder über anzurechnendes Einkommen noch Vermögen (wobei letzteres bei den hier in Rede stehenden Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung ohnehin nicht anspruchsmindernd oder -ausschließend zu berücksichtigen wäre - vgl. § 92 Abs. 2 S. 2 i.V.m. S. 1 Nr. 2 i.V.m. SGB XII - und ersteres auf die Aufbringung der Mittel für die Kosten des Lebensunterhalts beschränkt wäre - vgl. § 92 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SGB XII -).
90C. Sonstige Anspruchsgrundlagen für eine Übernahme von Kosten im Zusammenhang mit der Beschulung der Klägerin existieren nicht.
91I. Leistungen der Eingliederungshilfe des Jugendhilfeträgers nach § 35a SGB VIII scheiden aus. Zwar mag der frühkindliche Autismus der Klägerin eine seelische Behinderung im Sinne des § 35a Abs. 1 und 3 SGB VIII sein; eine solche kann grundsätzlich zu einer Leistungszuständigkeit des Jugendhilfeträgers führen. Leidet die Klägerin jedoch zumindest auch unter einer wesentlichen geistigen Behinderung, ist nach der Abgrenzungsregelung des § 10 Abs. 4 S. 2 SGB VIII der beklagte Sozialhilfeträger vorrangig zuständig (vgl. zu dieser Abgrenzung ausführlich etwa Urteil des Senats vom 18.01.2013 - L 20 SO 170/11 Rn. 59 ff. m.w.N.). Aus diesem Grund bedurfte es von vornherein keiner Beiladung des Jugendhilfeträgers.
92II. Schließlich wurde in der mündlichen Verhandlung für die Klägerin ausdrücklich klargestellt, dass Leistungen nach dem Dritten bzw. Vierten Kapitel des SGB XII (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 Rn. 18) nicht geltend gemacht werden.
93D. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 S. 1 SGG und folgt der Entscheidung in der Sache.
94E. Der Senat lässt die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zu (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.
(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.
(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.
(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.
(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.
(1) Soweit Landesrecht nichts Abweichendes bestimmt, sind vor dem Erlass allgemeiner Verwaltungsvorschriften sozial erfahrene Dritte zu hören, insbesondere aus Vereinigungen, die Bedürftige betreuen, oder aus Vereinigungen von Sozialleistungsempfängern.
(2) Soweit Landesrecht nichts Abweichendes bestimmt, sind vor dem Erlass des Verwaltungsaktes über einen Widerspruch gegen die Ablehnung der Sozialhilfe oder gegen die Festsetzung ihrer Art und Höhe Dritte, wie sie in Absatz 1 bezeichnet sind, beratend zu beteiligen.
(1) Für die Sozialhilfe sachlich zuständig ist der örtliche Träger der Sozialhilfe, soweit nicht der überörtliche Träger sachlich zuständig ist.
(2) Die sachliche Zuständigkeit des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe wird nach Landesrecht bestimmt. Dabei soll berücksichtigt werden, dass so weit wie möglich für Leistungen im Sinne von § 8 Nr. 1 bis 6 jeweils eine einheitliche sachliche Zuständigkeit gegeben ist.
(3) Soweit Landesrecht keine Bestimmung nach Absatz 2 Satz 1 enthält, ist der überörtliche Träger der Sozialhilfe für
- 1.
(weggefallen) - 2.
Leistungen der Hilfe zur Pflege nach den §§ 61 bis 66, - 3.
Leistungen der Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten nach den §§ 67 bis 69, - 4.
Leistungen der Blindenhilfe nach § 72
(4) Die sachliche Zuständigkeit für eine stationäre Leistung umfasst auch die sachliche Zuständigkeit für Leistungen, die gleichzeitig nach anderen Kapiteln zu erbringen sind, sowie für eine Leistung nach § 74.
(5) (weggefallen)
(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.
(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.
(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).
Tenor
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Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 22. November 2010 wird zurückgewiesen.
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Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
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Im Streit ist die Übernahme von Schulgeld in Höhe von 303,92 Euro monatlich für die Zeit vom 1.8.2005 bis 18.10.2009 nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII).
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Der 1997 geborene Kläger leidet seit seiner Geburt an dem sogenannten Rubinstein-Taybi-Syndrom mit Absence-Epilepsie, verzögerter Entwicklung, Minderwuchs und geistiger Behinderung, verbunden mit Hyperaktivität und teilweiser Aggressivität. Er lebt seit seinem 4. Lebensmonat in einer Pflegefamilie, in die er direkt nach dem Klinikaufenthalt nach seiner Geburt aufgenommen wurde. Das staatliche Schulamt für den Landkreis G. und den V. stellte beim Kläger einen sonderpädagogischen Förderbedarf im Sinne des Besuchs einer Schule für praktisch Bildbare fest und wies ihn zum 1.8.2005 der staatlichen M.-Schule in G. zu. Da die Pflegeeltern die sonderpädagogische Förderung des Klägers an der nach den Grundsätzen der anthroposophischen Heilpädagogik und der Waldorfpädagogik unterrichtenden privaten B.-Schule wünschten, erklärte das staatliche Schulamt gleichzeitig sein Einverständnis, den sonderpädagogischen Förderbedarf dort zu erfüllen, sofern die Frage der Kostenübernahme mit dem Schulverwaltungsamt des Kreisausschusses des Landkreises G. geklärt sei (Bescheid vom 31.5.2005). Nachdem die Pflegeeltern für den Kläger mit dem Träger der B.-Schule einen Schulvertrag ab 1.8.2005 abgeschlossen und dabei ein monatliches Schulgeld in Höhe von 303,92 Euro vereinbart hatten, wurde der Kläger am 5.9.2005 in die B.-Schule eingeschult. Den vom Träger der Schule - nach den Feststellungen des Landessozialgerichts (LSG) - namens und im Auftrag der Pflegeeltern gestellten Antrag auf Übernahme des Schulgelds lehnte der Beklagte ab (Bescheid vom 22.6.2005; Widerspruchsbescheid vom 19.4.2006).
- 3
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Klage und Berufung sind ohne Erfolg geblieben (Urteil des Sozialgerichts
Gießen vom 11.11.2008; Urteil des Hessischen LSG vom 22.11.2010) . Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, der Besuch der B.-Schule sei keine für eine angemessene Schulbildung des Klägers erforderliche Maßnahme. Hieran ändere auch die schulrechtliche Einstufung durch das staatliche Schulamt, an die der Sozialhilfeträger gebunden sei, nichts, weil eine Zuweisung nur an die staatliche M.-Schule erfolgt sei, während der Besuch der B.-Schule ausschließlich als mögliche Beschulungsalternative gestattet worden sei. Beide Schulen seien geeignete Förderschulen zur Erfüllung des besonderen sonderpädagogischen Bedarfs des Klägers. Auch das Elternrecht aus Art 6 Abs 2 Satz 1 Grundgesetz (GG) biete als Abwehrrecht keinen Anspruch auf Vermittlung pädagogischer Lehrinhalte und Bildungsziele außerhalb öffentlicher Schulen. Ein Anspruch könne auch nicht aus Art 7 Abs 4 Satz 1 GG hergeleitet werden, weil insoweit nur das private Ersatzschulwesen geschützt werde, nicht jedoch auch das Recht der Eltern, eine private Ersatzschule kostenfrei zu wählen.
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Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung von § 54 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB XII und § 12 Eingliederungshilfeverordnung (Eingliederungshilfe-VO) und macht Verfahrensfehler geltend. Zu Unrecht gehe das LSG davon aus, dass der Besuch einer privaten Förderschule und der damit verbundene Schulgeldaufwand bei Bestehen einer gleichwertigen kostenfreien Beschulungsmöglichkeit nicht erforderlich iS von § 12 Eingliederungshilfe-VO sei. Zwar hätte sein schulischer Förderbedarf auch durch den Besuch der M.-Schule sichergestellt werden können; das Berufungsgericht lasse aber unberücksichtigt, dass die Pflegeeltern mit ihrer Auswahlentscheidung den von den staatlichen Schulbehörden eingeräumten Rahmen mit einer für den beklagten Sozialhilfeträger ebenso verbindlichen Weise ausgefüllt hätten, wie dies durch eine förmliche Zuweisung der Schulbehörden geschehen wäre. Folge man der Auffassung des LSG liefen das eingeräumte Wahlrecht und letztlich die Bestimmung des § 54 Abs 1 Satz 1 SGB XII leer, wenn Eltern die mit dem Schulbesuch verbundenen Kosten nicht aufbringen könnten. Sei schulrechtlich eine Wahlfreiheit zwischen öffentlicher Förder- und privater Ersatzschule eröffnet, setze eine generelle Beschränkung der Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung auf den Besuch öffentlicher Schulen nach der Rechtsprechung des 6. Senats des LSG (Urteil vom 18.8.2010 - L 6 SO 5/10) verfassungsrechtlich eine ausdrückliche Entscheidung des Gesetzgebers voraus. Durch den unterlassenen Hinweis, dem 6. Senat nicht folgen zu wollen, habe das LSG das rechtliche Gehör verletzt (Überraschungsentscheidung). Auch habe sich das LSG nicht mit dem Vortrag auseinandergesetzt, dass der Beklagte mit seiner (des Klägers) Beschulung in der B.-Schule einverstanden gewesen sei und sich hieraus die Verpflichtung ableite, auch für die entstehenden Beschulungskosten einzustehen. Unterblieben sei schließlich die Prüfung, ob eine Aufnahme in die M.-Schule nicht an Kapazitäts- oder anderen Gründen gescheitert wäre.
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Der Kläger beantragt,
die Urteile des LSG und des SG sowie den Bescheid des Beklagten vom 22.6.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.4.2006 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm 303,92 Euro monatlich für die Zeit vom 1.8.2005 bis 18.10.2009 zu zahlen.
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Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
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Er hält die Auffassung des LSG für zutreffend.
Entscheidungsgründe
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Die Revision des Klägers ist unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz
) . Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung des monatlichen Schulgelds in Höhe von 303,92 Euro bzw in Höhe des für Oktober 2009 maßgeblichen Teils davon für den Besuch der B.-Schule.
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Gegenstand des Revisionsverfahrens ist zulässigerweise nur der Bescheid des Beklagten vom 22.6.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.4.2006 (§ 95 SGG) über die Ablehnung der Übernahme des Schulgelds als abgrenzbaren Streitgegenstand im Rahmen der Eingliederungshilfe. Gegen diesen Bescheid wendet sich der Kläger mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4 iVm § 56 SGG). Sozial erfahrene Dritte waren vor Erlass des Widerspruchsbescheids nicht zu beteiligen (§ 116 Abs 2 SGB XII in der Normfassung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003 - BGBl I 3022 iVm § 8 Abs 2 des Hessischen Ausführungsgesetzes zum Zwölften Buch Sozialgesetzbuch
vom 20.12.2004 - GVBl 488) . Nicht Streitgegenstand sind Leistungen für den Lebensunterhalt, auch nicht im Rahmen des sog Meistbegünstigungsprinzips, wonach zur Sicherstellung einer möglichst weitgehenden Verwirklichung sozialer Rechte (§ 2 Abs 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil -; vgl dazu: Voelzke in juris PraxisKommentar SGB I, 2. Aufl 2011 - online -, § 2 RdNr 26; Steinbach in Hauck/Noftz, SGB I, K § 2 RdNr 44, Stand Dezember 2005) , Anträge bzw Rechtsbehelfe ohne Bindung an den Wortlaut nach dem wirklichen Willen des Antragstellers auszulegen sind (BSG SozR 4-3500 § 44 Nr 2 RdNr 13); denn eine abweichende Festlegung des Bedarfs wegen der Verpflichtung zur Zahlung des Schulgelds (§ 28 Abs 1 Satz 2 SGB XII) kommt ohnedies nicht in Betracht (siehe dazu unten).
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Nach § 53 Abs 1 Satz 1(in der Normfassung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch) iVm § 54 Abs 1 SGB XII(in der Normfassung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch; für die Zeit ab 5.8.2009 in der Normfassung des Gesetzes zur Regelung des Assistenzpflegebedarfs im Krankenhaus vom 30.7.2009 - BGBl I 2495) erhalten Personen, die durch eine Behinderung iS von § 2 Abs 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX) wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, Leistungen der Eingliederungshilfe, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalls, insbesondere nach Art oder Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann.
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Vorliegend ist es schon fraglich, ob der Beklagte als überörtlicher Träger der Sozialhilfe (§ 3 Abs 1 HAG/SGB XII idF des Gesetzes vom 20.12.2004) für den streitigen Anspruch auf Übernahme des Schulgelds als Leistung der Eingliederungshilfe der sachlich zuständige Sozialhilfeträger ist. Abweichend von § 100 Bundessozialhilfegesetz(BSHG; in der nach Art 68 Abs 2 des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch bis 31.12.2006 fortgeltenden Fassung) bzw ab 1.7.2007 § 97 Abs 3 Nr 1 SGB XII (Art 70 Abs 2 S 6 des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch) regelt § 97 Abs 2 Satz 1 SGB XII iVm § 2 Abs 1 Nr 1 HAG/SGB XII(bis 31.6.2006 in der nach § 13 Abs 3 HAG/SGB XII bestimmten Fassung) die sachliche Zuständigkeit von örtlichem bzw überörtlichem Sozialhilfeträger. Danach ist der überörtliche Träger der Sozialhilfe für Leistungen nach dem Sechsten Kapitel des SGB XII nur sachlich zuständig, sofern diese in einer Einrichtung zur stationären oder teilstationären Betreuung zu gewähren sind. Eine (teilstationäre) "Einrichtung" im Sinne des SGB XII (§ 13 SGB XII)ist ein in einer besonderen Organisationsform zusammengefasster Bestand von personellen und sächlichen Mitteln unter verantwortlicher Trägerschaft, der auf gewisse Dauer angelegt und für einen wechselnden Personenkreis zugeschnitten ist und Leistungen der Sozialhilfe erbringt (BVerwGE 95, 149, 152; Bundesverwaltungsgericht
, Urteil vom 24.2.1994 - 5 C 42/91 -, FEVS 45, 52 ff; Urteil vom 24.2.1994 - 5 C 13/91 -, FEVS 45, 183 ff; Urteil vom 24.2.1994 - 5 C 17/91 -, ZfSH/SGB 1995, 535 ff; BSGE 106, 264 ff RdNr 13 = SozR 4-3500 § 19 Nr 2) .
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Ob eine Schule (anders als etwa die der Schule angegliederte Behinderteneinrichtung) eine teilstationäre Einrichtung in diesem Sinne ist, insbesondere Leistungen der Sozialhilfe erbringt (vgl dazu BVerwGE 48, 228, 231, das zwischen allgemeinen Schulen und Schulen unterscheidet, in denen über die bloße Vermittlung des Lernstoffs hinaus ein besonderes Maß an Betreuung erforderlich ist), ist zweifelhaft, wobei es für die Ablehnung der Leistung wegen Unzuständigkeit genügt, dass Sozialhilfeleistungen geltend gemacht werden. Für die Begründung der sachlichen Zuständigkeit ist es jedenfalls nicht - wie der Beklagte meint - ausreichend, dass er aufgrund langjähriger Praxis bei Pflegefamilienverhältnissen (im Rahmen des § 97 Abs 5 SGB XII) auch die Begleitkosten übernimmt, sofern diese übernahmefähig sind. Eine solche Annex-Kompetenz, wie sie etwa § 2 Abs 2 HAG/SGB XII(in der bis 31.12.2006 geltenden Fassung) vorsieht, setzt nämlich die sachliche Zuständigkeit des überörtlichen Sozialhilfeträgers für die im Rahmen eines Pflegefamilienverhältnisses zu erbringende Eingliederungshilfe voraus, an der es vorliegend fehlen könnte. Im Ergebnis kann diese Frage aber dahingestellt bleiben, weil der Kläger auch bei unterstellter sachlicher Zuständigkeit des Beklagten keinen Anspruch auf die im Streit stehende Leistung hat.
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Der Kläger erfüllt die personenbezogenen Voraussetzungen des § 53 Abs 1 Satz 1 SGB XII für eine Pflichtleistung. Die Voraussetzungen für eine Behinderung nach § 2 Abs 1 SGB IX sind erfüllt, wenn die geistige Fähigkeit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht und die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Nach den Feststellungen des LSG liegt eine solche Behinderung vor.
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Die geistige Behinderung ist auch wesentlich. Wann dies der Fall ist, ist § 2 Eingliederungshilfe-VO zu entnehmen, wonach eine wesentliche Behinderung vorliegt, wenn infolge einer Schwäche der geistigen Kräfte in erheblichem Umfang die Fähigkeit zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft eingeschränkt ist. Dies richtet sich nach den Besonderheiten des Einzelfalls und hängt deshalb von sehr unterschiedlichen, durch die individuelle Behinderung geprägten Umständen ab (BVerwG Buchholz 436.0 § 39 BSHG Nr 12 S 2). Insoweit ist wie bei der Prüfung der Behinderung auch ihre Wesentlichkeit wertend auszurichten, insbesondere an den Auswirkungen für die Eingliederung in die Gesellschaft. Entscheidend ist mithin nicht, wie stark die geistigen Kräfte beeinträchtigt sind und in welchem Umfang ein Funktionsdefizit vorliegt, sondern wie sich die Beeinträchtigung auf die Teilhabemöglichkeit auswirkt (vgl BSGE 110, 301 ff RdNr 19 = SozR 4-3500 § 54 Nr 8). Stehen - wie hier - die mit einer Behinderung einhergehenden Beeinträchtigungen der erfolgreichen Teilnahme des Klägers am Unterricht in einer allgemeinen (Grund-)Schule entgegen (vgl auch BVerwG, Beschluss vom 2.9.2003 - 5 B 259/02), weil Lerninhalte ohne zusätzliche Hilfestellung nicht aufgenommen und verarbeitet werden können, und erfordert die geistige Behinderung deshalb einen sonderpädagogischen Förderbedarf, um die mögliche Vermittlung praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten überhaupt erst zu ermöglichen, ist die Behinderung nach den oben aufgezeigten Grundsätzen wesentlich; denn eine Grundschulbildung bildet die essentielle Basis für jegliche weitere Schullaufbahn (vgl: BSGE 110, 301 ff RdNr 19 = SozR 4-3500 § 54 Nr 8; BSGE 109, 199 ff RdNr 22 = SozR 4-2500 § 33 Nr 37).
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Gehört der Kläger danach zwar zu dem leistungsberechtigten Personenkreis, scheitert ein Anspruch auf die Zahlung des Schulgelds aber daran, dass es sich insoweit nicht um eine Leistung der Eingliederungshilfe handelt. Nach § 54 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB XII sind Leistungen der Eingliederungshilfe neben den Leistungen nach den §§ 26, 33, 41 und 55 SGB IX auch Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung, insbesondere im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht und zum Besuch weiterführender Schulen einschließlich der Vorbereitung hierzu. Erfasst sind von dem Wortlaut der Vorschrift ("Hilfen") nur Maßnahmen, die im Zusammenhang mit der Ermöglichung einer angemessenen Schulbildung geeignet und erforderlich sind, die Behinderungsfolgen zu beseitigen oder zu mildern (BSGE 110, 301 ff RdNr 20 = SozR 4-3500 § 54 Nr 8). Dies bestätigt auch § 12 Eingliederungshilfe-VO, der seinerseits nur von "Hilfe zu einer angemessenen Schulausbildung" spricht. Die von dieser Hilfe nach § 12 Eingliederungshilfe-VO (auch) erfassten Regelbeispiele betreffen dementsprechend nur die Schulbildung begleitende Maßnahmen. Die Schulbildung selbst, also der Kernbereich der pädagogischen Arbeit, der sich nach der Gesetzessystematik nicht unter Auslegung der schulrechtlichen Bestimmungen, sondern der sozialhilferechtlichen Regelungen bestimmt, obliegt hingegen allein den Schulträgern. Art 7 Abs 1 GG überträgt dem Staat einen (außerhalb des Sozialhilferechts liegenden) eigenständigen Unterrichts- und Bildungsauftrag im Schulbereich (BSG, aaO, RdNr 21; BVerfGE 47, 46, 71 f; 98, 218, 241).
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Dass der Kernbereich der pädagogischen Arbeit der Schule den Regelungen über die Eingliederungshilfe entzogen ist, bestätigt § 54 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB XII dadurch, dass die Bestimmungen über die Ermöglichung der Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht(hier: Art 56 ff Hessische Landesverfassung iVm dem Hessischen Schulgesetz idF vom 14.6.2005 - GVBl 441) unberührt bleiben sollen. Die schulrechtlichen Verpflichtungen bestehen also grundsätzlich neben den sozialhilferechtlichen, ohne dass sie sich gegenseitig inhaltlich beeinflussen (BSG aaO). Auch das BVerwG hat in seiner Entscheidung vom 13.8.1992 - 5 C 70/88 - (Buchholz 436.0 § 11 BSHG Nr 16 S 3) ausgeführt, dass der Staat mit der Einrichtung der öffentlichen Grundschulen seinen Bildungs- und Erziehungsauftrag aus Art 7 Abs 1 GG nachkomme und die Schulgeldfreiheit aus übergreifenden bildungs- und sozialpolitischen Gründen eine eigenständige (landesrechtliche) Regelung außerhalb des Sozialhilferechts gefunden habe, sodass für einen Rechtsanspruch gegen den Sozialhilfeträger zur Deckung eines im Grundschulalter angemessenen Bildungsbedarfs Aufnahmebeiträge und monatliches Schulgeld für den Besuch einer privaten Grundschule als Sozialhilfeleistung nicht zu übernehmen seien. Dabei ist das BVerwG in Bezug auf die erforderliche Hilfe nicht von einer nach Maßgabe des Nachranggrundsatzes der Sozialhilfe zu lösenden Anspruchskonkurrenz, sondern von einem Verhältnis der "Spezialität" ausgegangen, wobei es eine Ausnahme von diesem Grundsatz für möglich hielt, wenn der Besuch einer öffentlichen Grundschule aus objektiven Gründen (zB wegen ihrer räumlichen Entfernung vom Wohnort) oder aus schwerwiegenden subjektiven (persönlichen) Gründen nicht möglich oder nicht zumutbar sei. Diese Rechtsprechung hat das BVerwG auch für Leistungen der Eingliederungshilfe bestätigt (Beschluss vom 2.9.2003 - 5 B 259/02) und ausdrücklich ausgeführt, dass ein nachrangiges Eintreten der Sozialhilfe (nur) für solche Bedarfe nicht ausgeschlossen sei, die nicht in der Deckung des unmittelbaren Ausbildungsbedarfs im Rahmen der Schulpflicht bestünden, sondern damit lediglich - mehr oder weniger eng - zusammenhingen, etwa wie bei der Bereitstellung eines Integrationshelfers für behinderte Kinder an Regelschulen.
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Nach diesen Maßstäben hat der Kläger keinen Anspruch auf die Zahlung des Schulgelds als Leistung der Eingliederungshilfe. Zu dem Kernbereich der Schule gehören alle schulischen Maßnahmen, die dazu dienen, die staatlichen Lehrziele zu erreichen, in erster Linie also der (unentgeltliche) Unterricht, der die für den erfolgreichen Abschluss notwendigen Kenntnisse vermitteln soll. Damit unterliegt auch das vom Kläger begehrte Schulgeld unmittelbar diesem Kernbereich, weil die Übernahme des Schulgelds die von der Schule selbst zu erbringende Leistung, also den Unterricht, finanziert, mithin den schulischen Bildungsauftrag erfüllt und keine bloß unterstützende Leistung im Zusammenhang mit der Ermöglichung einer angemessenen Schulbildung darstellt. Wie die Entscheidung des Schulamts auszulegen ist und inwieweit sie auch für den Beklagten Bindungswirkung entfaltet (vgl dazu BVerwGE 130, 1 ff), ist danach ohne Belang. Ebenso spielt es in diesem Zusammenhang keine Rolle, dass sich der Beklagte mit der Beschulung in die B.-Schule einverstanden erklärt hat. Die Ausübung eines Wahlrechts, welche Schule besucht wird, hat nicht zur Folge, dass der Sozialhilfeträger ein etwaiges Schulgeld zahlen müsste.
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Schulgeld wäre - abgesehen davon, dass es hier nicht Streitgegenstand ist (siehe oben) - auch nicht nach den Regelungen des Dritten bzw Vierten Kapitels des SGB XII zu erbringen. Entsprechende Leistungen könnten ggf zwar durch eine abweichende Festlegung des Regelsatzes nach § 28 Abs 1 Satz 2 SGB XII in der bis 31.12.2010 geltenden alten Fassung erbracht werden, dies würde aber voraussetzen, dass der Bedarf unabweisbar seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abwiche. Der auf das Schulgeld gerichtete höhere Bedarf des Klägers wäre aber nicht unabweisbar. Nach den Feststellungen des LSG besteht für den Kläger eine gleichwertige und unentgeltliche Möglichkeit des Schulbesuchs an der Schule für praktisch Bildbare.
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Die erhobenen Verfahrensrügen greifen nicht durch. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs ist nicht schon darin zu sehen, dass das LSG - ohne ausdrücklichen Hinweis - einer Entscheidung eines anderen Senats desselben Gerichts nicht folgt. Da der Kläger unter keinem denkbaren Gesichtspunkt einen Anspruch auf Zahlung des Schulgelds hat, erübrigt sich im Übrigen - weil absolute Revisionsgründe nicht geltend gemacht werden - ein weiteres Eingehen auf den vermeintlichen Verfahrensfehler. Gleiches gilt für die behauptete Gehörsverletzung durch Übergehen des Vortrags, der Beklagte habe sich mit der Beschulung in der B.-Schule einverstanden erklärt (dazu auch oben). Soweit schließlich moniert wird, das LSG habe nicht geprüft, ob die Aufnahme in der M.-Schule an Kapazitäts- oder anderen Gründen gescheitert wäre (Verletzung der Amtsaufklärungspflicht; § 103 SGG), hätte dargelegt werden müssen (§ 164 Abs 2 Satz 3 SGG), warum sich das LSG - trotz Zuweisung des Klägers in die M.-Schule und Streitgegenstandsbegrenzung auf die Eingliederungshilfe - hätte gedrängt fühlen müssen, entsprechende Ermittlungen anzustellen. Für die Eingliederungshilfe wäre jedenfalls eine entsprechende Klärung ohne Bedeutung.
(1) Für die Sozialhilfe örtlich zuständig ist der Träger der Sozialhilfe, in dessen Bereich sich die Leistungsberechtigten tatsächlich aufhalten. Diese Zuständigkeit bleibt bis zur Beendigung der Leistung auch dann bestehen, wenn die Leistung außerhalb seines Bereichs erbracht wird.
(1a) Abweichend von Absatz 1 ist im Falle der Auszahlung der Leistungen nach § 34 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und bei Anwendung von § 34a Absatz 7 der nach § 34c zuständige Träger der Sozialhilfe zuständig, in dessen örtlichem Zuständigkeitsbereich die Schule liegt. Die Zuständigkeit nach Satz 1 umfasst auch Leistungen an Schülerinnen und Schüler, für die im Übrigen ein anderer Träger der Sozialhilfe nach Absatz 1 örtlich zuständig ist oder wäre.
(2) Für die stationäre Leistung ist der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, in dessen Bereich die Leistungsberechtigten ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme in die Einrichtung haben oder in den zwei Monaten vor der Aufnahme zuletzt gehabt hatten. Waren bei Einsetzen der Sozialhilfe die Leistungsberechtigten aus einer Einrichtung im Sinne des Satzes 1 in eine andere Einrichtung oder von dort in weitere Einrichtungen übergetreten oder tritt nach dem Einsetzen der Leistung ein solcher Fall ein, ist der gewöhnliche Aufenthalt, der für die erste Einrichtung maßgebend war, entscheidend. Steht innerhalb von vier Wochen nicht fest, ob und wo der gewöhnliche Aufenthalt nach Satz 1 oder 2 begründet worden ist oder ist ein gewöhnlicher Aufenthaltsort nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln oder liegt ein Eilfall vor, hat der nach Absatz 1 zuständige Träger der Sozialhilfe über die Leistung unverzüglich zu entscheiden und sie vorläufig zu erbringen. Wird ein Kind in einer Einrichtung im Sinne des Satzes 1 geboren, tritt an die Stelle seines gewöhnlichen Aufenthalts der gewöhnliche Aufenthalt der Mutter.
(3) In den Fällen des § 74 ist der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, der bis zum Tod der leistungsberechtigten Person Sozialhilfe leistete, in den anderen Fällen der Träger der Sozialhilfe, in dessen Bereich der Sterbeort liegt.
(4) Für Hilfen an Personen, die sich in Einrichtungen zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung aufhalten oder aufgehalten haben, gelten die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 106 und 109 entsprechend.
(5) Für die Leistungen nach diesem Buch an Personen, die Leistungen nach dem Siebten und Achten Kapitel in Formen ambulanter betreuter Wohnmöglichkeiten erhalten, ist der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, der vor Eintritt in diese Wohnform zuletzt zuständig war oder gewesen wäre. Vor Inkrafttreten dieses Buches begründete Zuständigkeiten bleiben hiervon unberührt.
(6) Soweit Leistungen der Eingliederungshilfe nach Teil 2 des Neunten Buches zu erbringen sind, richtet sich die örtliche Zuständigkeit für gleichzeitig zu erbringende Leistungen nach diesem Buch nach § 98 des Neunten Buches, soweit das Landesrecht keine abweichende Regelung trifft.
Tenor
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Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 12. März 2014 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.
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Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 82 838,08 Euro festgesetzt.
Tatbestand
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Im Streit ist die Erstattung von Kosten in Höhe von 82 838,08 Euro für Leistungen der Eingliederungshilfe (Betreutes-Wohnen), die der Kläger in der Zeit vom 20.10.2006 bis 12.4.2010 für die Leistungsberechtigte T. R. (T.R.) erbracht hat.
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Die 1983 geborene T.R. zog zum 20.10.2006 von ihrem bisherigen Wohnort S. nach K. um, weil sie in eine Wohngruppe einer sozialtherapeutischen Einrichtung für Frauen aufgenommen wurde; dort wohnte sie im streitbefangenen Zeitraum. Sowohl in S. als auch in K. erhielt sie Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II). Den Antrag der T.R. auf Übernahme der Kosten der Betreuung in der Wohngruppe (vom 2.10.2006) leitete der Beklagte an den Kläger weiter (Schreiben vom 6.10.2006), weil er sich für nicht zuständig erachtete. Der Kläger bewilligte T.R. Leistungen der Eingliederungshilfe (bestandskräftige Bescheide vom 16.10.2006, 10.5.2007, 2.4.2008, 28.5. sowie 18.11.2009) und machte erfolglos einen Erstattungsanspruch bei dem Beklagten geltend (Schreiben vom 16.10.2006; ablehnendes Schreiben des Beklagten vom 1.11.2006).
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Die auf Kostenerstattung in Höhe von 82 838,08 Euro gerichtete Klage hatte in beiden Instanzen Erfolg (Urteil des Sozialgerichts
Kiel vom 4.6.2013; Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts . Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, gleichgültig ob T.R. in K. in einer ambulanten Wohnform oder einer teilstationären Einrichtung gewohnt habe, sei der Beklagte der eigentlich zuständige Träger. Dessen örtliche Zuständigkeit ergebe sich bei Annahme einer teilstationären Einrichtung in analoger Anwendung des § 98 Abs 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII), weil T.R. vor Aufnahme in die Einrichtung ihren gewöhnlichen Aufenthalt in S. gehabt habe; bei Annahme einer ambulanten Betreuung ergebe sich seine Zuständigkeit aus § 98 Abs 5 iVm Abs 1 SGB XII wegen des tatsächlichen Aufenthalts der T.R. in S. vor Eintritt in die ambulante Wohnform, sodass für davor zu erbringende Sozialleistungen der Beklagte zuständig gewesen wäre.vom 12.3.2014)
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Mit seiner Revision rügt der Beklagte eine Verletzung des § 98 Abs 2 und 5 SGB XII. Für Einrichtungen der teilstationären Betreuung bedürfe es keiner analogen Anwendung der genannten Vorschriften; vielmehr komme unmittelbar § 98 Abs 1 Satz 1 SGB XII zur Anwendung. Dies führe zu einer eigentlichen örtlichen Zuständigkeit des Klägers, weil sich T.R. in K. tatsächlich aufgehalten habe.
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Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
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Er hält die angefochtenen Entscheidungen für zutreffend.
Entscheidungsgründe
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Die Revision ist im Sinne der Aufhebung des LSG-Urteils und der Zurückverweisung der Sache an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz
) .
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Von Amts wegen zu berücksichtigende Verfahrensfehler liegen nicht vor. Insbesondere bedurfte es keiner Beiladung der T.R. nach § 75 Abs 2 1. Alt SGG (sog echte notwendige Beiladung), weil es sich bei dem vom Kläger als Rehabilitationsträger (§ 6 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen -
iVm §§ 1, 2 Gesetz zur Ausführung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch mittels einer allgemeinen Leistungsklage (§ 54 Abs 5 SGG) geltend gemachten Erstattungsanspruch des § 14 Abs 4 Satz 1 SGB IX nicht um einen von der Rechtsposition des Leistungsempfängers abgeleiteten, sondern um einen eigenständigen Anspruch handelt, der nur die Verteilung leistungsrechtlicher Verpflichtungen zwischen Kläger und Beklagtem betrifft(vgl zuletzt zusammenfassend die Senatsentscheidung vom 25.4.2013 - B 8 SO 6/12 R - RdNr 10 mwN).Schleswig-Holstein vom 17.12.2010 - Gesetz- und Verordnungsblatt 789, 813)
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Nach § 14 Abs 4 Satz 1 SGB IX erstattet ein Rehabilitationsträger einem anderen dessen Aufwendungen nach den für diesen geltenden Rechtsvorschriften, wenn nach der Bewilligung der Leistungen durch einen Rehabilitationsträger nach Maßgabe von Abs 1 Satz 2 bis 4 festgestellt wird, dass der andere Rehabilitationsträger zuständig ist. Zuständig in diesem Sinne ist ein Träger, der ohne die Regelung des § 14 SGB IX zuständig wäre und von dem der Leistungsberechtigte die gewährte Leistung hätte beanspruchen können(vgl: BSGE 98, 277 ff RdNr 10 mwN = SozR 4-2500 § 40 Nr 4; BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 12 RdNr 9 mwN).
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Eine abschließende Entscheidung darüber, ob dem Kläger der geltend gemachte Erstattungsanspruch tatsächlich zusteht, war dem Senat nicht möglich; es fehlt an hinreichenden tatsächlichen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) nicht nur zum Inhalt der Maßnahme, sondern auch zur Rechtmäßigkeit der gegenüber T.R. erbrachten Leistungen und der Höhe der geltend gemachten Erstattungsforderung (vgl zu diesen Voraussetzungen nur BSGE 109, 56 ff RdNr 10 = SozR 4-3500 § 98 Nr 1).
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Lägen diese Voraussetzungen vor, wäre der Beklagte ohne die rechtzeitige Weiterleitung des Antrags der eigentlich zuständige Träger für die Hilfe zum selbstbestimmten Wohnen in betreuten Wohnmöglichkeiten als Leistung der Eingliederungshilfe (§§ 53, 54 Abs 1 SGB XII iVm § 55 Abs 2 Nr 6 SGB IX); allerdings ist insoweit eine analoge Anwendung des § 98 Abs 2 Satz 1 SGB XII ausgeschlossen(dazu später).
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Nach § 98 Abs 2 Satz 1 SGB XII ist für stationäre Leistungen der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, in dessen Bereich die Leistungsberechtigten ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme in die Einrichtung haben oder in den zwei Monaten vor der Aufnahme zuletzt hatten. Für Leistungen des Ambulant-betreuten-Wohnens ist der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, der vor Eintritt in diese Wohnform zuletzt zuständig war oder gewesen wäre (§ 98 Abs 5 Satz 1 SGB XII).
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Nach Maßgabe des vom LSG nicht festgestellten und deshalb vom Senat eigenständig prüfbaren Landesrechts wäre der Beklagte durch Heranziehung für stationäre Leistungen (nur) wahrnehmungszuständig (§ 97 Abs 1, 2 SGB XII iVm § 6 Abs 2 Niedersächsisches Gesetz zur Ausführung des SGB XII
vom 16.12.2004 - GVBl 644 -, iVm § 2 Abs 1 Nr 1 Verordnung zur Durchführung des AGSGB XII) ; denn T.R. hatte vor Aufnahme in die Wohngruppe in S. ihren gewöhnlichen Aufenthalt (§ 30 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil -). Läge ein Fall des Ambulant-betreuten-Wohnens vor, wäre, weil T.R. in S. keine Leistungen nach dem SGB XII, sondern Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II erhalten hat, nach § 98 Abs 5 Satz 1 2. Alt SGB XII darauf abzustellen, welcher Träger der Sozialhilfe vor Eintritt in diese Wohnform für Sozialhilfeleistungen zuletzt zuständig gewesen wäre (vgl: BSG SozR 4-5910 § 97 Nr 1 RdNr 16; Waldhorst-Kahnau in juris PraxisKommentarSGB XII, 2. Aufl 2014, § 13 SGB XII RdNr 19) . Dies wäre nach § 98 Abs 1 Satz 1 SGB XII ebenfalls der Beklagte, wenn T.R. anstelle der an sie erbrachten Leistungen nach dem SGB II Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII erhalten hätte, weil sich T.R. in S. tatsächlich aufhielt und dort auch ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Als örtlicher Träger wäre der Beklagte indes nicht nur wahrnehmungszuständig, sondern auch sachlich leistungszuständig (§ 97 Abs 1, 2 SGB XII iVm § 6 Abs 1 AGSGB XII).
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Gäbe es eine teilstationäre Leistung des Betreuten-Wohnens und läge ein solcher Fall vor, fände § 98 Abs 2 Satz 1 SGB XII weder unmittelbar noch analog Anwendung. § 98 Abs 2 Satz 1 SGB XII regelt nämlich nur die örtliche Zuständigkeit für vollstationäre Leistungen in einer Einrichtung(so auch: Söhngen in jurisPK SGB XII, 2. Aufl 2014, § 98 SGB XII RdNr 31; Hohm in Schellhorn/Hohm/Scheider, SGB XII, 19. Aufl 2015, § 98 SGB XII RdNr 30; Schlette in Hauck/Noftz, SGB XII, K § 98 RdNr 45, Stand März 2015). Der Begriff "stationäre Leistung" umfasst nicht, gleichsam als Oberbegriff, vollstationäre und teilstationäre Leistungen. Dies macht die ausdrückliche Differenzierung in § 13 Abs 1 Satz 1 SGB XII und § 75 Abs 1 Satz 1 SGB XII deutlich, wonach terminologisch zwischen teilstationären und stationären Leistungen unterschieden wird(vgl auch § 100 Abs 1 Nr 1 und 5 Bundessozialhilfegesetz
) .
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Die Zuständigkeit des Beklagten für teilstationäre Maßnahmen kann mangels Regelungslücke auch nicht auf eine analoge Anwendung des § 98 Abs 2 Satz 1 SGB XII gestützt werden. Eine Analogie, die Übertragung einer gesetzlichen Regelung auf einen Sachverhalt, der von der betreffenden Vorschrift nicht erfasst wird, ist nur geboten, wenn dieser Sachverhalt mit dem geregelten vergleichbar ist, nach dem Grundgedanken der Norm und dem mit ihr verfolgten Zweck dieselbe rechtliche Bewertung erfordert (BSG SozR 3-2500 § 38 Nr 2 S 12) und eine (unbewusste) planwidrige Regelungslücke vorliegt (BVerfGE 82, 6, 11 ff mwN; BSGE 77, 102, 104 = SozR 3-2500 § 38 Nr 1 S 3; BSGE 89, 199, 202 f = SozR 3-3800 § 1 Nr 21 S 95 f mwN). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.
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Angesichts der bereits im BSHG angelegten (vgl § 97 Abs 2) Unterscheidung (vgl dazu: BVerwGE 88, 86 ff = Buchholz 436.0 § 69 BSHG Nr 19; BVerwG Buchholz 436.0 § 69 BSHG Nr 12) und der Änderungen, die § 98 Abs 2 und 5 SGB XII seit seinem Inkrafttreten zum 1.1.2005 erfahren hat, ohne dass eine (neue) Regelung zu teilstationären Leistungen des Betreuten-Wohnens in das Gesetz aufgenommen worden ist, ist nicht von einer unbewussten Lücke auszugehen.
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Ohnedies ist zweifelhaft, ob es eine teilstationäre Form des Betreuten-Wohnens überhaupt geben kann. Wesentlich für den Einrichtungsbegriff ist nämlich ein in einer besonderen Organisationsform zusammengefasster Bestand von personellen und sächlichen Mitteln unter verantwortlicher Trägerschaft, der auf gewisse Dauer angelegt und für einen wechselnden Personenkreis zugeschnitten ist (BVerwGE 95, 149, 152; BVerwG, Urteil vom 24.2.1994 - 5 C 42/91 -, FEVS 45, 52 ff; Urteil vom 24.2.1994 - 5 C 13/91 -, FEVS 45, 183 ff; Urteil vom 24.2.1994 - 5 C 17/91 -, ZfSH/SGB 1995, 535 ff; BSGE 106, 264 ff RdNr 13 = SozR 4-3500 § 19 Nr 2)und der Pflege, der Behandlung oder sonstigen nach dem SGB XII zu deckenden Bedarfe oder der Erziehung dient (vgl § 13 Abs 2 SGB XII; näher dazu BSG SozR 4-5910 § 97 Nr 1 RdNr 15). Prägend für die "verantwortliche Trägerschaft" im Sinne des Einrichtungsbegriffs ist, dass der Einrichtungsträger die Gesamtverantwortung für die tägliche Lebensführung des Leistungsberechtigten übernimmt (BVerwGE 95, 149, 150). Die Hilfeleistung in einer Einrichtung kann sich also schon per se nicht auf eine einzelne Verrichtung beschränken, sondern umfasst - schon durch die Eingliederung des Hilfebedürftigen in die Räumlichkeiten des Trägers - die gesamte Betreuung des Leistungsberechtigten, solange sich dieser in der Einrichtung aufhält (BVerwGE 48, 228 ff = Buchholz 436.0 § 40 BSHG Nr 6).
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Die Intensität der Betreuung ist für die Abgrenzung stationärer und teilstationärer Maßnahmen dabei ohne Belang und nur als Abgrenzungskriterium im Verhältnis zu ambulanten Leistungen des Betreuten-Wohnens heranzuziehen. Erhält ein Leistungsberechtigter auf dem Weg zu mehr Selbstständigkeit eine umfassende Betreuung beim Wohnen in einer Einrichtung auch dann, wenn nach dem Therapiekonzept bzw dem Hilfeplan aktive, direkte Hilfen entsprechend dem erreichten Grad an Selbstständigkeit des Leistungsberechtigten in den Hintergrund rücken und andere, stärker auf Abruf angelegten Hilfen in den Vordergrund treten (vgl BVerwGE 95, 149, 150), wird eine solche Hilfe wegen der Eingliederung des Hilfebedürftigen in die Einrichtung gleichwohl in stationärer Form erbracht. In welcher Form eine Leistung tatsächlich erbracht wird, ist dabei allein abhängig von der Art der Hilfe und den konkreten Umständen der Leistungserbringung in jedem Einzelfall (so auch: Luthe in Hauck/Noftz, SGB XII, K § 13 RdNr 17, Stand November 2014; Hohm in Schellhorn/Hohm/Scheider, SGB XII, 19. Aufl 2015, § 98 SGB XII RdNr 33). Die Abgrenzung teilstationärer zu stationären Leistungen in Einrichtungen kann deshalb nur anhand zeitlicher Kriterien erfolgen. Wohnt ein Leistungsberechtigter hingegen ohne organisatorische Anbindung und ohne die beschriebene umfassende Betreuung, werden also nur zeitlich begrenzte Hilfen erbracht, liegt eine Leistungserbringung in ambulanter Form vor. Ein teilstationäres Betreutes-Wohnen wäre deshalb überhaupt nur denkbar, wenn sich die Hilfe in einer Einrichtung auf zeitlich klar abgrenzbare Abschnitte beschränken würde, was angesichts des Umstands, dass eine Person an einem Ort auch dann wohnt, wenn sie sich ggf kurzfristig oder zeitabschnittsweise an einem anderen Ort befindet, nur schwer vorstellbar erscheint.
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Ob und wie sich eine Einrichtung bezeichnet, sei es, wie hier, als "teilstationäre Wohngemeinschaft/Wohngruppe für Menschen mit seelischer Behinderung", ist für die rechtliche Qualifikation der Leistung ebenso wenig von Belang wie die Bezeichnung der Leistungen in den zwischen Leistungserbringer und den Sozialhilfeträgern abgeschlossenen Vereinbarungen.
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Die Streitwertentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 3 Satz 1, § 40 Gerichtskostengesetz.
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Das LSG wird ggf über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.
(1) Für die Sozialhilfe örtlich zuständig ist der Träger der Sozialhilfe, in dessen Bereich sich die Leistungsberechtigten tatsächlich aufhalten. Diese Zuständigkeit bleibt bis zur Beendigung der Leistung auch dann bestehen, wenn die Leistung außerhalb seines Bereichs erbracht wird.
(1a) Abweichend von Absatz 1 ist im Falle der Auszahlung der Leistungen nach § 34 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und bei Anwendung von § 34a Absatz 7 der nach § 34c zuständige Träger der Sozialhilfe zuständig, in dessen örtlichem Zuständigkeitsbereich die Schule liegt. Die Zuständigkeit nach Satz 1 umfasst auch Leistungen an Schülerinnen und Schüler, für die im Übrigen ein anderer Träger der Sozialhilfe nach Absatz 1 örtlich zuständig ist oder wäre.
(2) Für die stationäre Leistung ist der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, in dessen Bereich die Leistungsberechtigten ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme in die Einrichtung haben oder in den zwei Monaten vor der Aufnahme zuletzt gehabt hatten. Waren bei Einsetzen der Sozialhilfe die Leistungsberechtigten aus einer Einrichtung im Sinne des Satzes 1 in eine andere Einrichtung oder von dort in weitere Einrichtungen übergetreten oder tritt nach dem Einsetzen der Leistung ein solcher Fall ein, ist der gewöhnliche Aufenthalt, der für die erste Einrichtung maßgebend war, entscheidend. Steht innerhalb von vier Wochen nicht fest, ob und wo der gewöhnliche Aufenthalt nach Satz 1 oder 2 begründet worden ist oder ist ein gewöhnlicher Aufenthaltsort nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln oder liegt ein Eilfall vor, hat der nach Absatz 1 zuständige Träger der Sozialhilfe über die Leistung unverzüglich zu entscheiden und sie vorläufig zu erbringen. Wird ein Kind in einer Einrichtung im Sinne des Satzes 1 geboren, tritt an die Stelle seines gewöhnlichen Aufenthalts der gewöhnliche Aufenthalt der Mutter.
(3) In den Fällen des § 74 ist der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, der bis zum Tod der leistungsberechtigten Person Sozialhilfe leistete, in den anderen Fällen der Träger der Sozialhilfe, in dessen Bereich der Sterbeort liegt.
(4) Für Hilfen an Personen, die sich in Einrichtungen zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung aufhalten oder aufgehalten haben, gelten die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 106 und 109 entsprechend.
(5) Für die Leistungen nach diesem Buch an Personen, die Leistungen nach dem Siebten und Achten Kapitel in Formen ambulanter betreuter Wohnmöglichkeiten erhalten, ist der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, der vor Eintritt in diese Wohnform zuletzt zuständig war oder gewesen wäre. Vor Inkrafttreten dieses Buches begründete Zuständigkeiten bleiben hiervon unberührt.
(6) Soweit Leistungen der Eingliederungshilfe nach Teil 2 des Neunten Buches zu erbringen sind, richtet sich die örtliche Zuständigkeit für gleichzeitig zu erbringende Leistungen nach diesem Buch nach § 98 des Neunten Buches, soweit das Landesrecht keine abweichende Regelung trifft.
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 26.06.2012 wird zurückgewiesen. Der Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers auch für das Berufungsverfahren. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt. Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Der Kläger begehrt die Übernahme der Kosten für den Besuch einer Tagesbildungseinrichtung in Niedersachsen seit Beginn des Schuljahrs 2008/2009.
3Der am 00.00.2001 geborene Kläger, der über kein Einkommen verfügt, leidet im Wesentlichen an einer leichten Intelligenzminderung (IQ von 62) sowie einer generalisierten Angststörung.
4Von August 2005 bis 2008 besuchte er den heilpädagogischen Kindergarten am T in Bad M (Niedersachsen). Dieser ist von seinem Wohnort ca. 14,5 km entfernt; Träger ist der Beigeladene zu 2. Die Kosten für die heilpädagogischen Leistungen und die Fahrten zwischen Wohnung und Einrichtung übernahm der Beklagte unter Heranziehung der Eltern zu einem monatlichen Kostenanteil zunächst bis zum voraussichtlichen Beginn der Schulpflicht (Bescheide vom 17.12.2004 und 16.08.2005) sowie - nach Zurückstellung des Klägers vom Schulbesuch für das Schuljahr 2007/2008 - bis Juli 2008 (Bescheid vom 22.08.2007).
5Im Hinblick auf die bevorstehende Einschulung des Klägers stellte der Beigeladene zu 1 mit (bestandskräftig gewordenen) Bescheiden vom 12.06.2007 und 11.06.2008 den sonderpädagogischen Förderbedarf des Klägers im Förderschwerpunkt "Geistige Entwicklung" fest und wies den Kläger mit Wirkung vom 01.08.2007 einer entsprechenden Förderschule zu. Dabei ging der Beigeladene zu 1 im Bescheid vom 11.06.2008 davon aus, dass der Kläger demnächst die N-Schule in H als nächstgelegene entsprechende (nordrhein-westfälische) Förderschule besuchen werde. Anderenfalls sollten die Eltern den Beigeladenen zu 1 und die N-Schule informieren. Grundlage der Bescheide war u.a. ein pädagogisches Gutachten der Sonderschullehrerinnen C und I vom 30.05.2007, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird.
6Die N-Schule ist etwa 27 km von der Wohnung des Klägers entfernt; mittels Sammelbeförderung (Schülerspezialverkehr) würde ein Transport des Klägers zu dieser Schule pro Weg maximal 60 Minuten dauern. Der Unterricht an der N-Schule beginnt montags bis freitags gleitend zwischen 8.15 Uhr und 8.30 Uhr. Er endet montags bis donnerstags um 15.00 Uhr, freitags um 12.30 Uhr. Wegen der weiteren Rahmenbedingungen der dortigen Beschulung, u.a. der Größe der Schule und Klassen, der Organisation, des Förderkonzepts sowie des Betreuungsschlüssels wird auf die Bekundungen des dortigen Schulleiters, des Zeugen L, in dem zwischen den Beteiligten anhängig gewesenen Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes (Sozialgericht Detmold - S 16 SO 10/09 ER) sowie in der öffentlichen Sitzung vom 11.06.2014 des bei dem Senat anhängig gewesenen Streitverfahrens L 20 SO SO 418/11 Bezug genommen; die damalige Sitzungsniederschrift hat der Senat zum Gegenstand des vorliegenden Verfahrens gemacht.
7Mit Beginn des Schuljahrs 2008/2009 meldeten die Eltern den Kläger nicht auf der N-Schule, sondern auf der T-Schule in Bad M an. An dieser Schule wird der Kläger seither gefördert.
8Die T-Schule ist eine vom Land Niedersachsen anerkannte Tagesbildungsstätte. Sie liegt auf dem gleichen Gelände wie der Kindergarten Am T; Träger der Schule ist ebenfalls der Beigeladene zu 2. Die Fahrtzeit von der Wohnung des Klägers zur ca. 14,5 km entfernten Schule beträgt ausweislich eines verbreitet genutzten Routenplaners (www.falk.de/routenplaner) 17 Minuten; die Transportzeit mittels Sammelbeförderung (Schülerspezialverkehr) beträgt nach den Angaben der Eltern des Klägers etwa 20 bis 25 Minuten. Der Unterricht findet montags bis freitags von 7.45 Uhr bis 14.15 Uhr statt. Bezüglich der Rahmenbedingungen der Beschulung an der T-Schule wird auf die Bekundungen der Schulleiterin T1 in der öffentlichen Sitzung des Senats vom 11.08.2015 sowie im Eilverfahren (Sozialgericht Detmold - S 16 SO 10/09 ER) vom 20.08.2009 verwiesen. Die Kosten für den Besuch der T-Schule (zunächst monatlich ca. 2.100,00 EUR, seit Januar 2013 ca. 2.200 EUR und seit Januar 2014 ca. 2.500 EUR) trägt der Beklagte seit Januar 2009 vorläufig aufgrund einer entsprechenden einstweiligen Anordnung (Beschluss des Sozialgerichts Detmold vom 10.02.2009 - S 16 SO 10/09 ER; die dagegen eingelegte Beschwerde des Beklagten blieb erfolglos; LSG NRW, Beschluss vom 31.03.2010 - L 12 B 19/09 SO ER).
9Am 17.06.2008 beantragten die Eltern des Klägers beim Beklagten die Übernahme der Beschulungskosten des Klägers an der T-Schule ab Beginn des Schuljahres 2008/2009 als Leistung der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII. Dabei verwiesen sie im Wesentlichen auf die im Vergleich zur N-Schule kleineren Klassen und geringeren Schülerzahlen sowie die wesentlich geringere Entfernung von der Wohnung der Familie. Zudem sei es für den Kläger, der bereits im Kindergarten einer längeren Eingewöhnungsphase bedurfte habe, wesentlich einfacher, in der ihm schon vertrauten Umgebung des Kindergartens zu bleiben.
10Mit Bescheid vom 17.07.2008 in der Gestalt des (nach Beteiligung sozial erfahrener Personen i.S.d. § 116 Abs. 2 SGB XII ergangenen) Widerspruchsbescheides vom 05.11.2008 lehnte der Beklagte den Antrag ab. Der Kläger könne an der N-Schule in H und damit in Nordrhein-Westfalen angemessen und unentgeltlich gefördert werden. Die N-Schule sei zur Förderung des Klägers geeignet. Der Beigeladene zu 1 habe dem Kläger diese Schule durch Bescheide vom 11.06.2007 und 11.06.2008 für den Beklagten bindend zugewiesen. Mit der Zuweisungsentscheidung sei inzident auch eine Entscheidung über die Zumutbarkeit der täglichen Schülersammelbeförderung getroffen worden. Zwar sei auch die T-Schule geeignet, den Kläger angemessen zu beschulen. Die dortige Förderung sei jedoch mit unverhältnismäßig hohen Kosten verbunden. Eine Beschulung an der T-Schule sei daher nach dem Subsidiaritätsprinzip (§ 2 Abs. 1 SGB XII) nicht notwendig und wegen der damit verbundenen Mehrkosten auch nicht durch das Wunsch- und Wahlrecht (§ 9 SGB XII) gerechtfertigt. Dies gelte auch, wenn durch kleinere Klassen an der T-Schule sowie die dem Kläger dort bereits vertraute Umgebung und somit kürzere Eingewöhnungszeit eine optimierte Förderung stattfinden könne.
11Mit seiner am 25.11.2008 bei dem Sozialgericht Detmold erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Er ist bei seiner Auffassung verblieben, dass ihm wegen seiner Behinderungen ein Besuch der N-Schule nicht möglich sei. Die Schule sei wesentlich größer als die T-Schule und die Klassen mit teilweise mehr als zehn Schülern erheblich stärker. An der T-Schule sei die Betreuung vor allem wegen der Bildung von Kleingruppen in bestimmten Fächern (wie Mathematik, Deutsch und Sachkunde) intensiver. Insbesondere im Fach Deutsch benötige der Kläger eine kleine Klasse, weil er stark sprachverzögert sei. Bei einer Besprechung an der N-Schule habe den Eltern nicht zugesichert werden können, dass logopädische Maßnahmen während der Schulzeit erfolgen könnten; denn es sei nicht klar gewesen, ob ausreichend Therapeuten vorhanden seien. Auch weitere Fördermaßnahmen, wie therapeutisches Reiten oder Schwimmen, würden dort nicht immer ausreichend angeboten. Zudem wäre der Schultag für ihn an der N-Schule zu lang. Hinzu käme eine Fahrtzeit mit dem Schülerspezialtransport von mehr als 60 Minuten; dies belaste ihn wegen seiner Aufmerksamkeitsstörung und behinderungsbedingten Bewegungsunruhe erheblich. Abgesehen davon sei er anschließend nicht aufnahmefähig. Nach Schulschluss stattfindende Therapien seien deutlich weniger erfolgversprechend. Da der Kläger vor Schulbeginn den heilpädagogischen Kindergarten in Bad M besucht habe, sei die Einschulung an der im selben Gebäude befindlichen T-Schule wesentlich einfacher und dadurch entwicklungsfördernder gewesen. Da er auf Veränderungen äußerst sensibel und durch körperliche Begleiterscheinungen reagiere, sei ihm auch ein Schulwechsel nicht zumutbar. So habe er wegen einer für April 2012 geplanten Klassenfahrt bereits seit Ende des Jahres 2011 unter einer deutlichen Unruhe gelitten und vermehrt eingenässt; sein ohnehin eingeschränktes Konzentrationsvermögen sei noch weiter reduziert gewesen. Zur Stützung seines Vorbringens hat der Kläger auf ein von seinen Eltern in Auftrag gegebenes Gutachten des Facharztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie sowie -psychotherapie D vom 08.10.2008 sowie dessen ergänzende Ausführungen im Eilverfahren, eine Stellungnahme der Heilpädagogin L1 aus Juni 2008, ein im Eilverfahren von Amts wegen in Auftrag gegebenes Gutachten des Facharztes für Kinder- und Jugendpsychosomatik, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. H vom 21.02.2010 sowie die dortige Vernehmung des Kinderarztes des Klägers, Dr. X, verwiesen. Ferner hat der Kläger eine Stellungnahme des Sprachtherapeuten H A vom 12.09.2009 sowie des Allgemeinmediziners Dr. T vom 22.05.2012 vorgelegt. Auf den Inhalt dieser Unterlagen wird Bezug genommen. Die Bescheide des Beigeladenen zu 1 - so der Kläger weiter - stünden einer Beschulung an der T-Schule nicht entgegen; denn eine konkrete Zuweisung zur N-Schule sei darin nicht erfolgt. Ebenso wenig sei bedeutsam, dass es sich bei der T-Schule um eine niedersächsische Tagesbildungsstätte handele. Der Kläger könne auch dort seine Schulpflicht erfüllen.
12Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
13den Bescheid vom 17.07.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.11.2008 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, die Kosten für die Beschulung in der T-Schule in Bad M ab der Einschulung zu übernehmen.
14Der Beklagte hat beantragt,
15die Klage abzuweisen.
16Er hat an seinen Bescheiden festgehalten und unter Vorlage einer Stellungnahme eines Referatsleiters des Innenministeriums Nordrhein-Westfalen vom 31.03.2011 ergänzend die Auffassung vertreten, die Übernahme der Beschulungskosten an der T-Schule scheide schon deshalb aus, weil der Kläger dort seine Schulpflicht nicht erfüllen könne; denn die T-Schule sei keine Schule, sondern eine Tagesbildungsstätte, deren Besuch gemäß § 162 des Niedersächsischen Schulgesetzes (Nieders. SchulG) zwar in Niedersachen, nicht hingegen in anderen Bundesländern der Schulpflicht genüge. In Nordrhein-Westfalen könnten Schulpflichtige ihre Schulpflicht lediglich an öffentlichen Schulen, Ersatzschulen oder an nach § 118 Abs. 2 SchulG anerkannten Ergänzungsschulen erfüllen. Ohnehin entfalte die Entscheidung des Beigeladenen zu 1, welche als Schulform eine Förderschule benenne, nicht nur für den Beklagten Tatbestandswirkung, sondern binde auch die Gerichte. Bei der T-Schule handele es sich aber nicht um eine Förderschule im Sinne dieser Zuweisungsentscheidung. Abgesehen davon stehe die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) der Übernahme der Beschulungskosten an der T-Schule entgegen; denn Art. 24 Abs. 2 lit. a UN-BRK verpflichte die Vertragsstaaten lediglich dazu, Menschen mit Behinderungen nicht behinderungsbedingt von einem unentgeltlichen Schulbesuch auszuschließen. Der Besuch der T-Schule sei jedoch nicht unentgeltlich. Im Übrigen könne der Kläger in Ansehung seiner Behinderungen (auch) an der N-Schule angemessen beschult werden. Insbesondere die Fahrtzeit zur Schule mit dem Schülerspezialverkehr sei dem Kläger zumutbar; anderenfalls sei der Schulträger verpflichtet, die Kosten für eine Beförderung mit Privatfahrzeugen zu tragen. Ein Schulwechsel könne dem Kläger abverlangt werden. Dauerhafte Nachteile seien hiermit jedenfalls nicht verbunden. Die Einschätzung des Privatgutachters D, der Kläger benötige überdurchschnittlich lange, um sich gegenüber neuen Therapeuten zu öffnen, überzeuge nicht. Der Arzt habe den Kläger im Rahmen der Diagnostik als offenes, kontaktfreudiges Kind erlebt. Zudem sei auch der Wechsel vom Kindergarten in die Schule gelungen.
17Der Beigeladene zu 1 hat keinen Antrag gestellt.
18Er hat die Auffassung vertreten, den Kläger in seinen Bescheiden vom 12.06.2007 und 11.06.2008 nicht verbindlich der N-Schule zugewiesen zu haben. Auch könne der Kläger an der T-Schule seine Schulpflicht erfüllen. Die N-Schule sei jedoch ebenfalls geeignet, den Kläger angemessen zu beschulen. Allerdings habe der Kreis H als Schulträger eine Übernahme der Kosten für eine Einzelbeförderung des Klägers zur N-Schule abgelehnt; auf das entsprechende Schreiben des Schulträgers vom 26.05.2011 wird verwiesen.
19Das Sozialgericht hat den Sachverständigen Dr. H um ergänzende Stellungnahme zu seinem (im Eilverfahren erstatteten) Gutachten vom 21.02.2010 gebeten. Auf den Inhalt der ergänzenden Stellungnahme vom 11.02.2012 wird Bezug genommen.
20Mit Urteil vom 26.06.2012 hat das Sozialgericht den Beklagten verurteilt, die Kosten der Beschulung des Klägers an der T-Schule seit Einschulung zu übernehmen. Die Förderung des Klägers an dieser Schule sei i.S.d. §§ 53, 54 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII i.V.m. § 12 Nr. 2 EinglhVO geeignet und erforderlich, um ihm eine im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht üblicherweise erreichbare Bildung zu ermöglichen. Nach der Beurteilung des Sachverständigen Dr. H bestünden erhebliche Zweifel, dass die N-Schule geeignet sei, den Kläger angemessen zu beschulen. Dies gelte zum einen wegen der Dauer der Fahrzeit, zum anderen im Hinblick auf die für einen Schulwechsel notwendige, dem Kläger jedoch unzumutbare Umstellungsleistung; denn werde die Integration in einem Ausmaß unterbrochen, dass - wie von Dr. H im günstigen Fall für die Dauer von einem halben bis zu einem Jahr angenommen - ggf. ein ganzes Schuljahr verloren gehe, so sei ein Schulwechsel nicht zumutbar. Ob Abweichendes gelte, wenn die Fahrtzeit zur N-Schule durch eine Einzelbeförderung reduziert werden könne, könne offen bleiben; denn der Schulträger habe dies mit Schreiben vom 26.05.2011 abgelehnt. Auf eine ggf. notwendige gerichtliche Durchsetzung der Einzelbeförderung gegenüber dem Kreis H könne der Kläger aber nicht zumutbar verwiesen werden. Der Kläger erfülle durch den Besuch der T-Schule auch seine Schulpflicht. Zudem habe der Beigeladene zu 1 ihm keine konkrete Schule zugewiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gründe der Entscheidung Bezug genommen.
21Gegen das ihm am 16.07.2012 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 03.08.2012 Berufung eingelegt. Er trägt im Hinblick auf die Dauer der Fahrtzeit ergänzend vor, es existierten keine fundierten wissenschaftlichen Studien über einen Zusammenhang zwischen der Länge der Transportzeiten und der anschließenden Lern- und Arbeitsfähigkeit von Schülern. Auch die Beweisaufnahme im Berufungsverfahren habe nicht ergeben, dass dem Kläger ein Wechsel an die N-Schule unzumutbar sei. Die von dem Sachverständigen Prof. Dr. M für den Fall eines Schulwechsels prognostizierte Umgewöhnungszeit von bis zu zwei Jahren überzeuge nicht; der Kläger sei während der dortigen Untersuchung offen und angstfrei aufgetreten. Ohnehin seien die Eltern des Klägers das Risiko eines möglichen Schulwechsels bei dessen Einschulung bewusst eingegangen.
22Der Beklagte beantragt,
23das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 26.06.2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
24Der Kläger beantragt,
25die Berufung zurückzuweisen.
26Er fühlt sich durch die Beurteilung des zweitinstanzlich mit einem Gutachten beauftragten Sachverständigen Prof. Dr. M bestätigt. Im Hinblick auf die notwendige Vertrautheit des Umfeldes und der Bezugspersonen wäre eine Beschulung an der N-Schule schon bei seiner Einschulung nicht geeignet gewesen. Er reagiere auch weiterhin auf Veränderungen intensiv. Ein schulorganisatorisch notwendiger Wechsel der Klassenlehrerin zum 06.01.2015 habe zu psychischen Beschwerden (Unausgeglichenheit, Unzufriedenheit und Empfindsamkeit) und auch körperlichen Symptomen (Magenkrämpfe und Bauschmerzen) geführt, die hausärztlich mehrfach hätten behandelt werden müssen. In der mündlichen Verhandlung hat der Bevollmächtigte des Klägers klargestellt, keine Leistungen nach dem Dritten und Vierten Kapitel des SGB XII geltend zu machen.
27Der Beigeladene zu 1 stellt keinen Antrag.
28Er trägt vor, die T-Schule sei in besonderer Weise in der Lage, den individuellen pädagogischen Bedürfnisses des Klägers gerecht zu werden. Es sei daher weiterhin nicht beabsichtigt, eine etwaige Schulpflichtverletzung zu ahnden. Eine Umstellungszeit von sechs- bis zwölf Monaten, wie sie der Sachverständige Dr. H in seinem Gutachten für den Fall eines Schulwechsels angenommen habe , sei bezogen auf die gesamte Schulzeit zumutbar.
29Der Beigeladene zu 2 und der mit Beschluss des Senats vom 28.07.2015 Beigeladene zu 3 stellen keine Anträge und äußern sich nicht zu dem Verfahren.
30Der Senat hat zunächst die den Kläger betreffenden Leistungsnachweise, Zeugnisse und den Therapieplan von der T-Schule angefordert. Auf den Inhalt dieser Unterlagen wird verwiesen.
31Anschließend hat der Senat ein Gutachten des Facharztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie Prof. Dr. M (seinerzeit Direktor der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters, Universitätsklinik L) eingeholt. In der mündlichen Verhandlung hat der Sachverständige seine gutachterlichen Ausführungen vom 08.05.2014 weiter erläutert. Wegen der Einzelheiten wird auf die schriftlichen Ausführungen des Sachverständigen sowie auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
32Darüber hinaus hat die Schulleiterin der T-Schule in der mündlichen Verhandlung zu den dortigen Rahmenbedingungen der Beschulung und der Reaktion des Klägers auf Veränderungen Stellung genommen. Auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift wird insofern verwiesen.
33Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, der beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten sowie der Streitakten (gleichen Rubrums) S 16 SO 10/09 ER (SG Detmold) bzw. L 12 B 19/09 SO ER (LSG NRW) Bezug genommen. Dieser ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
34Entscheidungsgründe:
35Die zulässige Berufung des Beklagten ist unbegründet.
36A) Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 17.07.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.11.2008 (§ 95 SGG). Da der Beklagte darin den Antrag des Klägers auf Übernahme der Kosten für den Besuch der T-Schule ab dem Schuljahr 2008/2009 vollständig und zukunftsoffen abgelehnt hat, ist Streitgegenstand in zeitlicher Hinsicht der gesamte Zeitraum vom Beginn des Schuljahres 2008/2009 bis zum Tag der mündlichen Verhandlung vor dem Senat (so entsprechend zur vollständigen Ablehnung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende in Form von Arbeitslosengeld II BSG, Urteil vom 15.04.2008 - B 14/7b AS 52/06 R Rn. 12 m.w.N.).
37B) Das Sozialgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Die als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 SGG) statthafte (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 54 Rn. 20a ff., 38 ff.; BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R Rn. 9) und auch im Übrigen zulässige Klage ist begründet.
38Der Beklagte hat die Übernahme der Kosten für den Besuch der T-Schule ab Einschulung des Klägers zu Unrecht abgelehnt. Der Kläger kann von dem Beklagten gemäß §§ 53 ff., 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII i.V.m. § 12 Nr. 2 EinglhVO) die Übernahme dieser Kosten ab August 2008 (= Beginn des Schuljahrs 2008/2009) beanspruchen (dazu im Folgenden). Sonstige Anspruchsgrundlagen kommen nicht in Betracht (dazu weiter unten).
39I. Der Beklagte - nicht hingegen der (als örtlicher Träger der Sozialhilfe) vorsorglich Beigeladene zu 3 - ist für die Erbringung der begehrten Leistungen sachlich und örtlich zuständig.
40Insofern mag insbesondere offen bleiben, ob es sich bei der T-Schule um eine teilstationäre Einrichtung handelt, für welche der Beklagte gemäß § 97 Abs. 2 S. 1 SGB XII i.V.m. §§ 1, 2 AG-SGB XII NRW i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 1a AV-SGB XII NRW und § 98 Abs. 2 S. 2 SGB XII als überörtlicher Träger Hilfen zu erbringen hat (vgl. zur - dort allerdings im Ergebnis offen gelassenen - Frage der Qualifizierung einer Schule als teilstationäre Einrichtung BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R).
41Denn der Beklagte ist (unabhängig von einer etwaigen originären Zuständigkeit) jedenfalls gemäß § 14 Abs. 2 S. 1 i.V.m. Abs. 1 SGB IX sachlich und örtlich für die streitbefangenen Hilfen zuständig. Nach diesen Vorschriften stellt der Rehabilitationsträger, sofern Leistungen zur Teilhabe erbracht werden, innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrags fest, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist (§ 14 Abs. 1 S. 1, 1. Halbsatz SGB IX). Hält er sich für unzuständig, so leitet er den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu (§ 14 Abs. 1 S. 2 SGB IX). Wird der Antrag nicht weitergeleitet, stellt der erstangegangene Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf selbst unverzüglich fest (§ 14 Abs. 2 S. 1 SGB IX). Auf diese Weise wird eine nach außen verbindliche Zuständigkeit des erstangegangenen Rehabilitationsträgers geschaffen, welche sich auf sämtliche Rechtsgrundlagen erstreckt, die in der Bedarfssituation in Betracht kommen (vgl. u.a. BSG, Urteil vom 24.01.2013 - B 3 KR 5/12 R m.w.N.).
42§ 14 Abs. 2 S. 1 SGB IX ist vorliegend anwendbar. Denn die Träger der Sozialhilfe - und damit auch der Beklagte - sind nach §§ 6 Abs. 1 Nr. 7 und Abs. 5 Nr. 4 SGB IX Rehabilitationsträger für Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft. Zu derartigen Leistungen gehören auch solche der Eingliederungshilfe nach §§ 53, 54 SGB XII (vgl. Luthe in jurisPK-SGB IX, § 55 Rn. 4).
43Auch die (weiteren) Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 S. 1 SGB IX sind erfüllt. Der Beklagte hat den Antrag des Klägers auf Übernahme der Kosten für den Besuch der T-Schule nicht gemäß § 14 Abs. 1 S. 1 SGB IX innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrags (am 17.06.2008) und im Übrigen auch nicht im Anschluss daran an den aus seiner Sicht zuständigen Rehabilitationsträger, namentlich den Beigeladenen zu 3 als örtlichem Sozialhilfeträger, weitergeleitet. Folglich ist er nach § 14 Abs. 2 S. 1 SGB IX nicht nur sachlich, sondern auch örtlich zuständig geworden; denn diese Vorschrift legt sowohl die sachliche als auch die örtliche Zuständigkeit fest (Luik in jurisPK-SGB IX, 2. Auflage 2014, § 14 Rn. 45 unter Hinweis auf Welti in Luthe, Rehabilitationsrecht, 2009, S. 154) und verdrängt die Regelung des § 98 SGB XII (Luik, a.a.O. unter Hinweis auf Welti, a.a.O., LSG Schleswig-Holstein vom 09.11.2005 - L 9 B 268/05 SO ER).
44II. Die materiellen Voraussetzungen der §§ 53, 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII i.V.m. § 12 Nr. 2 EinglhVO liegen vor.
45Nach §§ 53 Abs. 1, 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII erhalten die in § 53 Abs. 1 S. 1 SGB XII genannten Personen Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung, insbesondere im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht und zum Besuch weiterführender Schulen einschließlich der Vorbereitung hierzu, wenn und solange nach den Besonderheiten des Einzelfalls Aussicht besteht, dass die Aufgaben der Eingliederungshilfe erfüllt werden. Dabei bleiben die Bestimmungen über die Ermöglichung der Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht unberührt (§ 54 Abs. 1 S. 1. 2. Halbsatz SGB XII). Was dabei unter dem Begriff "angemessene Schulbildung" zu verstehen ist, wird im Rahmen des SGB XII nicht definiert. Jedoch bestimmt § 12 Nr. 2 EinglhVO, dass die Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung auch Maßnahmen der Schulbildung umfasst, wenn diese erforderlich und geeignet sind, dem behinderten Menschen eine im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht üblicherweise erreichbare Bildung zu ermöglichen.
461. Der Kläger gehört(e) aufgrund seiner schwerwiegenden dauerhaften Behinderungen zu dem von § 53 Abs. 1 S. 1 SGB XII i.V.m. § 2 Abs. 1 S. 1 SGB IX erfassten Personenkreis.
47Nach § 53 Abs. 1 S. 1 SGB XII erhalten Personen, die durch eine Behinderung im Sinne von § 2 Abs. 1 S. 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, unter den dort genannten weiteren Voraussetzungen Leistungen der Eingliederungshilfe. Der Kläger leidet - was zwischen den Beteiligen auch unstreitig ist - unter einer solchen wesentlichen Behinderung; denn seine körperlichen Funktionen und geistigen Fähigkeiten weichen aufgrund einer geistigen Behinderung (IQ von 62) mit starker Beeinträchtigung der intellektuellen, sprachlichen und motorischen Fähigkeiten und einer generalisierten Angststörung von dem für sein Lebensalter typischen Zustand erheblich ab. Wegen dieser Behinderungen ist seine Teilhabe am Leben in der Gesellschaft durchgehend und insbesondere auch in dem hier streitbefangenen Zeitraum seit Beginn des Schuljahrs 2008/2009 wesentlich beeinträchtigt.
48Der Senat folgt insoweit in erster Linie den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. M in seinem Gutachten vom 08.05.2014. Dieser ist aufgrund eingehender Untersuchung des Klägers und sorgfältiger Befunderhebung unter Berücksichtigung der übrigen aktenkundigen medizinischen Unterlagen zu seiner Beurteilung gelangt. Zudem decken sich die von ihm erhobenen Diagnosen im Wesentlichen mit den Befunden des Dr. H in seinem Gutachten vom 21.02.2010. Dieser hat bei dem Kläger ebenfalls (u.a.) eine leichte Intelligenzminderung (mit deutlicher Verhaltensstörung und assoziierten Beeinträchtigungen hinsichtlich der Grob- und Feinmotorik, Artikulation und rezeptiver sowie expressiver Sprache) und darüber hinaus zwar keine generalisierte Angststörung, jedoch (u.a.) eine erhöhte Angstbereitschaft und einen Zustand nach emotionaler Störung mit Trennungsangst diagnostiziert. Im Übrigen besteht bei dem Kläger aufgrund der genannten Einschränkungen unstreitig ein sonderpädagogischer Förderbedarf; ein solcher begründet ohnehin stets die Annahme einer wesentlichen Behinderung im vorgenannten Sinne (vgl. BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R).
492. Zu den - somit für den Kläger in Betracht kommenden - Hilfen für eine angemessene Schulbildung im Sinne des § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII gehören auch die hier streitbefangenen Kosten für den Besuch der T-Schule.
50Der Qualifizierung der Übernahme von Beschulungskosten als "Hilfen" im gesetzlichen Sinne steht nicht entgegen, dass der Kläger nicht eine die Schulbildung begleitende Maßnahme, sondern die Übernahme der (gesamten) Kosten für den Besuch der T-Schule als solche begehrt.
51a) Zwar ist der Kernbereich der pädagogischen Arbeit der Schule - und damit im Regelfall auch das Schulgeld, mit welchem der Unterricht finanziert wird - den Regelungen der Eingliederungshilfe grundsätzlich entzogen (vgl. im Einzelnen BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R). Dies folgt schon aus dem Wortlaut des § 54 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII. Spricht dieser - ebenso wie § 12 EinglhVO - gerade von "Hilfen", so erfasst er grundsätzlich nur Maßnahmen, die im Zusammenhang mit der Ermöglichung einer angemessenen Schulbildung (in Ergänzung der Beschulung als solcher) geeignet und erforderlich sind, Behinderungsfolgen zu beseitigen und zu mildern. Dementsprechend betreffen die Regelbeispiele einer solchen Hilfe in § 12 EinglhVO nur die Schulbildung begleitende Maßnahmen (vgl. zu alledem BSG, a.a.O.).
52b) Gleichwohl verbleibt auch im Kernbereich der Schulbildung ausnahmsweise Raum für Leistungen der Eingliederungshilfe, wenn nämlich der Besuch einer öffentlichen (und damit für den Sozialhilfeträger kostenfreien) Schule aus objektiven Gründen (z.B. wegen der räumlichen Entfernung vom Wohnort) oder aus schwerwiegenden subjektiven (persönlichen) Gründen nicht möglich oder nicht zumutbar ist (so BVerwG, Beschluss vom 02.09.2003 - 5 B 259/02; vgl. BSG, Urteil vom 22.03.2012 - B 8 SO 30/10 R unter Bezugnahme auf BVerwG, Urteil vom 13.08.1992 - 5 C 70/88, sowie Beschluss vom 02.09.2003 - 5 B 259/02).
53c) Dem Kläger war der Besuch einer öffentlichen Schule jedoch aus schwerwiegenden subjektiven Gründen schon seit August 2008 nicht möglich bzw. nicht zumutbar.
54aa) Maßstab hierfür ist vor allem die Aufgabe der Sozialhilfe, dem Empfänger der Hilfe die Führung eines Lebens zu ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht, und ihn so weit wie möglich zu befähigen, unabhängig von ihr zu leben (vgl. § 1 SGB XII; vgl. insoweit auch BVerwG, Urteil vom 13.08.1992 - 5 C 70/88). Insofern mag vorliegend offen bleiben, ab wann die Grenze der Unzumutbarkeit überschritten sein kann, wenn - wie hier - die Übernahme der Kosten für den Besuch einer nicht vom zuständigen Schulträger bereitgestellten Schule streitbefangen ist. Jedenfalls dann, wenn seitens des zuständigen Schulträgers keine Schule zur Verfügung steht, die den Hilfebedürftigen unter Berücksichtigung seiner Behinderungen im Sinne des § 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII angemessen beschulen könnte, liegen schwerwiegende subjektive Gründe vor, welche Eingliederungshilfe durch Übernahme der (gesamten) Beschulungskosten ausnahmsweise zulassen.
55bb) So aber liegt es hier; denn der Besuch der N-Schule - welche vom Beklagten sowie vom Schulamt des Kreises H als allein in Betracht kommende öffentliche Schule benannt wurde, und die mit Blick auf die räumlichen Verhältnisse auch die einzige in Nordrhein-Westfalen in Betracht zu ziehende einschlägige Förderschule ist - ist dem Kläger unter Berücksichtigung seiner schwerwiegenden Behinderungen seit Beginn des Schuljahrs 2008/2009 und auch später nicht zumutbar (dazu weiter unten). Vielmehr konnte und kann der Kläger lediglich an der T-Schule angemessen beschult werden. Allein diese Schule ist im Sinne des § 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII i.V.m. § 12 Nr. 2 EinglhVO geeignet und - mangels Zumutbarkeit des Besuchs der N-Schule - auch erforderlich, dem Kläger ein im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht üblicherweise erreichbare Bildung zu ermöglichen (dazu im Folgenden)
56(1) Dabei steht - abweichend von der Auffassung des Beklagten - zunächst Art. 24 Abs. 2 lit. a UN-BRK der Geeignetheit der T-Schule nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift stellen die Vertragsstaaten sicher, dass Menschen mit Behinderungen nicht aufgrund von Behinderungen vom unentgeltlichen und obligatorischen Grundschulunterricht oder vom Besuch weiterführender Schulen ausgeschlossen werden. Bei dieser Vorschrift handelt es sich nicht um eine Verbotsnorm in dem Sinne, dass es den Vertragsstaaten verwehrt sei, behinderten Menschen den Besuch einer nicht unentgeltlichen Schule zu ermöglichen. Die UN-BRK vermittelt vielmehr subjektive (Mindest-)Ansprüche für behinderte Menschen, soweit sie unmittelbar anwendbar ("self-executing") ist (vgl. hierzu im Einzelnen den Beschluss des Senats vom 06.02.2014 - L 20 SO 436/13 B ER m.w.N.). Sie ist jedoch nicht geeignet, Ansprüche behinderter Menschen aus (sonstigen) nationalen Vorschriften - hier nach §§ 53 ff. SGB XII - einzuschränken oder sogar auszuschließen. Im Übrigen ist der Besuch der T-Schule für den Kläger ohnehin unentgeltlich, weil der Sozialhilfeträger zur Übernahme der Beschulungskosten verpflichtet ist.
57(2) Die Beschulung des Klägers an der T-Schule ist auch nicht schon im Hinblick auf die bestandskräftigen Bescheide des Beigeladenen zu 1 vom 12.06.2007 und 11.06.2008 ungeeignet. Der Bescheid vom 12.06.2007 benennt zwar die N-Schule (lediglich) als nächstgelegene Förderschule (in Nordhrein-Westfalen) mit dem Förderschwerpunkt "Geistige Entwicklung". Er trifft jedoch - was der Beigeladene zu 1 in seinen späteren Stellungnahmen auch ausdrücklich bestätigt - weder inzident eine den Beklagten bindende Entscheidung über die Eignung der N-Schule, noch weist er dem Kläger die N-Schule im Sinne von § 46 Abs. 6 SchulG NRW als Förderschule konkret zu. Eine Prüfung der Eignung der Schule unter behinderungsspezifischen Gesichtspunkten hat der Beigeladene zu 1 darin nicht getroffen. Die Schulbehörden entscheiden zwar mit bindender Wirkung gegenüber dem Sozialhilfeträger, in welchem Umfang eine bestimmte Beschulung den geistigen und körperlichen Fähigkeiten eines behinderten Menschen entspricht, hingegen in der Regel nicht darüber, an welcher konkreten Schule die Beschulung zu erfolgen hat (vgl. hierzu den Beschluss des Senats vom 06.09.2010 - 20 SO 450/10 B ER und das Urteil vom 11.06.2014 - L 20 SO 418/11). Vom schulrechtlichen Standpunkt aus betrachtet verblieb dem Kläger vielmehr letztlich ein Wahlrecht, welche geeignete Schule er besuchen will. Ohnehin wäre eine im Bescheid vom 12.06.2007 erfolgte konkrete Zuweisung der N-Schule durch den unmittelbar vor Einschulung des Klägers ergangenen Bescheid vom 11.06.2008 zumindest konkludent aufgehoben und daher gegenstandslos geworden (vgl. § 39 Abs. 2 SGB X); denn darin ging der Beigeladene zu 1 ausdrücklich lediglich davon aus, dass der Kläger demnächst die N-Schule besuchen werde und bat die Eltern anderenfalls um entsprechende Information.
58Die in den Bescheiden erfolgte Zuweisung des Klägers an eine Förderschule mit dem Förderschwerpunkt "Geistige Entwicklung" beinhaltet - abweichend von der Auffassung des Beklagten - auch keine (den Sozialhilfeträger und die Gerichte bindende) Zuweisung einer bestimmten Schulform, nämlich einer Förderschule (im Sinne des nordrhein-westfälischen Rechts). Entscheidend ist insofern (jedenfalls im Rahmen der Eingliederungshilfevorschriften) allein der zugewiesene sonderpädagogische Förderbedarf des Klägers. Dass das inhaltliche Konzept der T-Schule diesem Förderbedarf entspricht, auch wenn es sich hierbei nach niedersächsischem Recht um eine Tagesbildungsstätte handelt, wird aber weder von dem Beklagten noch von dem Beigeladenen zu 1 in Abrede gestellt. Auch letzterer geht im Übrigen nicht davon aus, dem Kläger in den genannten Bescheiden zugleich eine Schulform zugewiesen zu haben.
59(3) Schließlich steht einer Geeignetheit der T-Schule nicht entgegen, dass der Kläger durch den Besuch dieser niedersächsischen Tagesbildungsstätte seiner Schulpflicht nach nordrhein-westfälischem Schulrecht nicht nachkäme.
60(a) Zwar können in Nordrhein-Westfalen Schulpflichtige ihre Schulpflicht grundsätzlich nur an öffentlichen Schulen, Ersatzschulen oder an nach § 118 Abs. 2 SchulG NRW anerkannten Ergänzungsschulen erfüllen (vgl. § 34 Abs. 5 S. 1 SchulG NRW). Insbesondere fehlt im SchulG NRW eine § 162 S. 1 Nieders. SchulG entsprechende Regelung, wonach Kinder und Jugendliche mit geistigen Behinderungen ihre Schulpflicht auch durch den Besuch einer anerkannten Tagesbildungsstätte erfüllen. Auch hat die zuständige Schulaufsichtsbehörde dem Kläger bislang keine Ausnahmegenehmigung (etwa nach § 34 Abs. 5 S. 3 SchulG NRW) erteilt oder ein Ruhen der Schulpflicht (§ 40 Abs. 2 SchulG NRW) angeordnet.
61(b) Die nach niedersächsischem Recht erfolgte Erfassung der T-Schule als Tagesbildungsstätte kann indes (jedenfalls im Rahmen der Eingliederungshilfevorschriften) nicht ausschlaggebend sein. Der Senat hält vielmehr für entscheidend, dass der Bildungsauftrag der T-Schule (als Tagesbildungsstätte) inhaltlich mit dem Auftrag der in § 34 Abs. 5 S. 1 SchulG NRW genannten Schulen identisch ist. Vermittelt erstere nach ihrem gesamten Konzept inhaltlich wie die letzteren Wissen und Können an die Schülerinnen und Schüler, so leistet sie in der Sache eine ebenso geeignete Beschulung. Letztlich ist dies zwischen den Beteiligten auch nicht streitig.
62(c) Unabhängig hiervon ist die Erfüllung der Schulpflicht nach nordrhein-westfälischem Schulrecht ohnehin nicht Voraussetzung für Eingliederungshilfe als Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung im Sinne des § 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII. Schon § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 2. Halbsatz SGB XII, wonach die Bestimmungen über die Ermöglichung der Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht unberührt bleiben, lässt schulrechtliche Verpflichtungen grundsätzlich neben den sozialhilferechtlichen Pflichten bestehen, ohne dass diese sich gegenseitig inhaltlich beeinflussen (so ausdrücklich BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R). Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung sind vielmehr lediglich vorrangig an einer Einrichtung zu gewähren, durch deren Besuch der behinderte Mensch der allgemeinen Schulpflicht nach jeweiligem Landesrecht genügt.
63§ 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII lässt sich i.V.m. § 12 Nr. 2 EinglhVO und unter zusätzlicher Berücksichtigung des Nachranggrundsatzes (§ 2 Abs. 1 SGB XII) insofern entnehmen, dass nicht jedwede Hilfeleistung zu einer nach den Vorstellungen des behinderten Menschen bzw. seiner Erziehungsberechtigten bestmöglichen Schulbildung als Eingliederungshilfe verlangt werden kann. Vielmehr ist die schulische Förderung von Kindern nach Art. 7 Abs. 1 GG eine grundsätzlich allein den (öffentlichen) Schulträgern zugewiesene Aufgabe (BSG, Urteil vom 22.03.2012 - B 8 SO 30/10 R). Insbesondere besteht ein Ausschluss für die Übernahme von Schulkosten aufgrund der Gesetze der Länder, (zumindest) soweit die Schulbehörde der ihr möglichen vorrangigen Leistungsverpflichtung auch nachkommt (Voelzke in Hauck/Noftz, SGB XII, 19. Erg.-Lfg. II/10, § 54 Rn. 44a; BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R). Steht hingegen fest, dass eine im Sinne von § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII angemessene Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht nicht zu erlangen ist, so kann unter dem Gesichtspunkt der Eingliederungshilfe die Übernahme von Kosten für eine anderweitige Beschulung des behinderten Menschen in Betracht kommen (LSG NRW, Urteil vom 15.05.2013 - L 20 SO 67/08; LSG Hessen, Urteil vom 22.11.2010 - L 9 SO 9/07 und zu § 35a SGB VIII; VGH Hessen, Urteil vom 20.08.2009 - 10 A 1799/08).
64Hierfür spricht schon der Wortlaut des § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII, der keinen abschließenden Leistungskatalog möglicher Eingliederungshilfen enthält, sondern von Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung (nur) "insbesondere" im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht spricht. Zudem umfassen nach § 12 Nr. 2 EinglhVO Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung auch solche Maßnahmen der Schulbildung, die erforderlich und geeignet sind, dem behinderten Menschen eine "im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht" (lediglich) "üblicherweise erreichbare" Bildung zu ermöglichen. Insofern bildet die allgemeine Schulpflicht also nur den Vergleichsmaßstab dafür, in welchem Umfang bzw. in welchem Maße Leistungen der Eingliederungshilfe auch außerhalb der allgemeinen Schulpflicht erbracht werden können.
65Diese Lesart wird zudem durch Sinn und Zweck der Eingliederungshilfevorschriften gestützt. Diese sollen nicht vorrangig sicherstellen, dass der nach §§ 53 ff. SGB XII berechtigte Personenkreis seiner Schulpflicht gerecht wird, sondern dem behinderten Menschen nach dem Willen des Gesetzgebers die Integration in die Gesellschaft ermöglichen. § 53 Abs. 3 S. 1 SGB XII bestimmt insoweit als besondere Aufgabe der Eingliederungshilfe, eine Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und die behinderten Menschen in die Gesellschaft einzugliedern. Hierzu gehört vor allem, ihnen die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern, ihnen die Ausübung eines angemessenen Berufs oder einer sonstigen angemessenen Tätigkeit zu ermöglichen oder (auch nur), sie so weit wie möglich unabhängig von Pflege zu machen (§ 53 Abs. 3 S. 2 SGB XII). Mit Blick auf diese Ziele kann es jedenfalls dann nicht dem Willen des Gesetzgebers entsprechen, einem behinderten Menschen nach den - im Übrigen bundesrechtlichen - Eingliederungshilfevorschriften der §§ 53 ff. SGB XII eine angemessene Beschulung außerhalb der jeweiligen Landesgrenzen mit der Begründung zu versagen, dass dort die Schulpflicht nach landesrechtlichen Vorschriften nicht erfüllt werde, wenn das landesrechtliche Schul(pflicht-)system selbst eine angemessene Beschulung nicht sicherstellt (vgl. hierzu schon den Beschluss des Senats vom 15.08.2012 - L 20 SO 309/12 ER und das Urteil vom 11.06.2014 - L 20 SO 418/11).
66(d) Auf ein etwaiges schulrechtliches Wahl- und Bestimmungsrecht des behinderten Menschen bzw. seiner Eltern kommt es in diesem Zusammenhang im Übrigen von vornherein nicht an. Ein solches Wahlrecht ist allenfalls dann von Bedeutung, wenn (wie in dem der Entscheidung des BVerwG vom 26.10.2007 - 5 C 35.06 zugrunde liegenden Sachverhalt) der Besuch zweier Schulen im Raume steht, welche beide in das System der allgemeinen Schulpflicht des betroffenen Bundeslandes integriert sind. Im vorliegenden Fall liegt jedoch allein die N-Schule in Nordrhein-Westfalen, während sich die T-Schule in Niedersachen befindet.
67cc) Ausgehend von den dargestellten Kriterien ist mit Blick auf die Formulierungen in § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII (" angemessene Schulbildung ") und § 12 Nr. 2 EinglhVO (" üblicherweise erreichbare Bildung ") in einem ersten Schritt festzustellen, welches konkrete Bildungsziel für den behinderten Menschen in Betracht kommt (so auch Voelzke a.a.O. Rn. 40a; dazu im Folgenden). Daran anschließend ist zu prüfen, ob dieses Ziel mit den Möglichkeiten, welche das öffentliche Schulsystem für den Betroffenen bereithält, in zumutbarer Weise verfolgt werden kann oder nicht (dazu weiter unten). Im Rahmen dieses zweiten Prüfungsschritts sind unter "bereithalten" die Leistungen oder Rahmenbedingungen zu verstehen, die das öffentliche Bildungssystem dem behinderten Menschen tatsächlich zur Verfügung stellt, oder die der Betroffene im Rahmen zumutbarer Bemühungen rechtzeitig realisieren kann (vgl. das Urteil des Senats vom 15.05.2013 - L 20 SO 67/08; Scheider in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 19. Auflage 2015, § 53 Rn. 71 ff.; Voelzke a.a.O. Rn. 44a mit Hinweis m.w.N.; OVG NRW, Urteil vom 15.06.2000 - 16 A 3108/99 Rn. 17 a.E. und Rn. 22). Insoweit geht der Senat im Anschluss an die ablehnende Stellungnahme des Schulträgers vom 26.05.2011 davon aus, dass eine Individualbeförderung des Klägers zur N-Schule auf dessen Kosten nicht (rechtzeitig) durchsetzbar wäre (vgl. hierzu schon das Urteil des Senats vom 15.05.2013 - L 20 SO 67/08 m.w.N.).
68(1) Die für den Kläger in Betracht kommenden Bildungsziele, welche der Senat umfassend ermittelt hat, werden an der T-Schule in geeigneter Weise verfolgt.
69(a) Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme, namentlich den schriftlichen Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. M und dessen weiteren Erläuterungen in der mündlichen Verhandlung sowie nach den dortigen Ausführungen der Schulleiterin der T-Schule, ist zwar seit Beginn des streitbefangenen Zeitraums nicht vorhersehbar, ob der Kläger bei Schulabschluss (nach dem 12. Schuljahr) einen formalen Bildungsabschluss - etwa vergleichbar der Qualifikation eines Hauptschulabschlusses oder dem Abschluss an einer Schule für Lernbehinderte - erreichen oder auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt jedenfalls eine angelernte Tätigkeit ausüben können wird. Der Kläger wird jedoch aller Voraussicht nach grundlegende Fähigkeiten wie Rechnen, Lesen und Schreiben erwerben bzw. ausbauen und - den nachvollziehbaren Darlegung der Schulleiterin folgend - nach Schulabschluss insbesondere ihm unbekannte Texte sinnentnehmend lesen können. Weitere - voraussichtlich erreichbare - Lernziele liegen vor allem darin, seine Aussprache und den verantwortungsbewussten Umgang mit Geld zu verbessern, seine geschichtlichen Kenntnisse und sein soziales Verhalten auszubauen sowie sein ohnehin in gutem Umfang vorhandenes "Weltwissen" zu fördern.
70(b) Die T-Schule, deren Schulkosten vorliegend im Streit stehen, ist im Sinne des § 12 Nr. 2 EinglhV geeignet, dem Kläger diese Bildungsziele erfolgversprechend zu vermitteln. Das gilt mit Blick sowohl auf die Schülerzahl, die Klassengröße und die sonstigen Rahmenbedingungen (insbesondere die Dauer der Anfahrt zur Schule) als auch auf die von der Schule vorgehaltenen pädagogischen und therapeutischen Angebote sowie das Förderkonzept. Dies steht unter Berücksichtigung der von der Leiterin der T-Schule beschriebenen Umstände der Beschulung sowie der Ausführungen der Sachverständigen Prof. Dr. M und Dr. H fest. Die Sachverständigen sind insoweit in ihren Gutachten übereinstimmend zu der Einschätzung gelangt, dass die T-Schule geeignet ist, die von ihnen beschriebenen Lernziele zu fördern. Zweifel an dieser Beurteilung hat der Senat nicht; sie erscheint insbesondere vor dem Hintergrund der von den Sachverständigen behinderungsbedingt für notwendig erachteten Rahmenbedingungen für die Beschulung des Klägers sowie der diesbezüglichen Angaben der Schulleiterin in der mündlichen Verhandlung zutreffend.
71(aa) Zwar kommt es nach den Feststellungen der Sachverständigen für die Beurteilung der Geeignetheit auf die Größe der T-Schule (nach den Angaben der Schulleiterin seit Einschulung des Klägers zwischen 86 und 91 Schüler) und Klassen (fünf bis neun Schüler), die Dauer eines Schultags (von 8.00 Uhr bis 14.15 Uhr) und die Integration der logopädischen und ergotherapeutischen Förderung sowie des therapeutischen Reitens in den Schulalltag nicht entscheidend an. Im Hinblick auf die motorische Unruhe und die Irritierbarkeit des Klägers, die - den schlüssigen Ausführungen der Sachverständigen folgend - zunächst Symptome einer Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störung (ADHS) aufwies, später jedoch vornehmlich durch ängstliches Verhalten zum Ausdruck gekommen ist, stellt eine Fahrtzeit zur Schule von einer Stunde und mehr (laut Einschätzung des Sachverständigen Dr. H schon von ca. 50 bis 60 Minuten) jedoch eine erhebliche Belastung dar, welche die Leistungsfähigkeit des Klägers und seine schulische Integration wahrscheinlich beeinträchtigt. Zweifel an der Richtigkeit dieser Beurteilung hat der Senat nicht. Sie erscheint insbesondere im Hinblick auf die von den Sachverständigen erhobenen Befunde und beschriebene Unruhe, welche nach den Angaben der Eltern auch bei längeren privaten Autofahrten auftritt, schlüssig und nachvollziehbar. Diesem Belastungsfaktor wird durch die T-Schule jedoch hinreichend Rechnung getragen; denn die Fahrt vom Wohnort des Klägers zur Schule dauert mit dem Schülerspezialtransport lediglich ca. 20 bis 25 Minuten.
72(bb) Die Beurteilung der Sachverständigen, der zufolge die T-Schule nach ihrem Förderkonzept einschließlich der Fahrtzeiten geeignet ist, den Kläger unter Berücksichtigung seiner Behinderungen angemessen zu beschulen, wird zudem weder von dem (im Eilverfahren als Zeuge gehörten) Kinderarzt des Klägers Dr. X noch dem Privatgutachter D in seinem schriftlichen Gutachten sowie seinen mündlichen Erläuterungen im Eilverfahren in Zweifel gezogen. Auch der Beklagte und der Beigeladene zu 1 gehen übereinstimmend davon aus, dass die T-Schule - wenn nicht sogar in besonderer Weise - in der Lage ist, dem Kläger die beschriebenen Bildungsziele erfolgversprechend zu vermitteln.
73(2) Der Besuch der T-Schule ist seit Schulbeginn (August 2008) nicht nur geeignet, sondern im Sinne des § 12 Nr. 2 EinglhVO auch erforderlich, um den Kläger angemessen zu beschulen; denn die vom Sachverständigen Prof. Dr. M und der Schulleiterin der T-Schule beschriebenen Lernziele können seither mit den Möglichkeiten, welche das öffentliche Schulsystem in Nordrhein-Westfalen für den Kläger bereit hält, nicht in zumutbarer Weise verfolgt werden.
74Zwar war das Förderkonzept der (von dem Beklagten einzig als geeignet benannten) N-Schule seit Beginn des streitigen Zeitraums ausreichend, um den Behinderungen des Klägers gerecht zu werden (dazu im Folgenden). Der Senat hat jedoch schon Zweifel, ob auch die sonstigen Rahmenbedingungen, namentlich die Dauer der Fahrt zur Schule, zur Erreichung der beschriebenen Förderziele geeignet war (dazu im Folgenden). Unabhängig hiervon war dem Kläger der Besuch der N-Schule aufgrund seiner Umstellungsschwierigkeiten schon bei Einschulung behinderungsbedingt nicht zumutbar. Gleiches gilt für einen späteren Schulwechsel (dazu weiter unten).
75(a) Im Anschluss an die Beweisaufnahme ist der Senat davon überzeugt, dass das eigentliche Förderkonzept der N-Schule seit Einschulung des Klägers im Schuljahr 2008/2009 zur Erreichung der beschriebenen Förderziele geeignet war. Insbesondere stehen die dortigen Schülerzahlen (nach den zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Bekundungen des Zeugen L vom 11.06.2014 in dem Verfahren L 20 SO 418/11 zwischen ca. 180 und 169), die Klassenstärken (im Eingangsbereich sieben oder acht, später ca. zehn Schüler/innen), die tägliche Schulzeit (montags bis donnerstags 8.30 Uhr bis 15.00 Uhr, freitags bis 12.30 Uhr) einer dortigen Beschulung des Klägers seit Schulbeginn nicht entgegen.
76Ob der gleitende Schulanfang an der N-Schule (von 8.15 Uhr bis 8.30 Uhr) den Behinderungen des Klägers in gleicher Weise wie die T-Schule Rechnung trägt, obwohl dieser nach der Einschätzung des Sachverständigen Prof. Dr. M aufgrund seiner leichten Irritierbarkeit einen klaren Rahmen und damit auch hinsichtlich Schulbeginn und -ende eine zeitliche Struktur benötigt, lässt der Senat allerdings offen. Ebenso wenig bedarf es einer abschließenden Klärung, ob die sonstigen Rahmenbedingungen an der N-Schule (namentlich die Fahrtzeit zur Schule, welche nach den Bekundungen des Zeugen L im Streitverfahren L 20 SO 418/11 sowie im zwischen den Beteiligten geführten Eilverfahren maximal eine Stunde beträgt) den spezifischen Behinderungen des Klägers hätte genügen können. Die diesbezüglichen Zweifel des Senats gründen sich auf die bereits dargestellte übereinstimmende Beurteilung der Sachverständigen Prof. Dr. M und Dr. H. Danach stellt eine solche Fahrtzeit für den Kläger jedenfalls einen nicht unerheblichen Belastungsfaktor dar, der - ausgehend von den Ausführungen des Sachverständigen Dr. H - zumindest im Zusammenspiel mit weiteren Risikofaktoren, insbesondere einem Schulwechsel (dazu weiter unten), mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer konkreten Gefährdung der erreichbaren Bildungsziele führt.
77(b) Denn unabhängig von dem Förderkonzept und sonstigen Rahmenbedingungen war dem Kläger eine Beschulung an der N-Schule aufgrund der Besonderheiten seiner Behinderungen und damit verbundenen geringen Umstellungsfähigkeit jedenfalls schon nach Beendigung des Kindergartens (im Juli 2008) nicht zumutbar.
78Der Senat legt seiner Beurteilung auch insoweit in erster Linie die Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. M zugrunde. Bereits in seinem Gutachten vom 08.05.2014 hat der Sachverständige ausgeführt, dass der Kläger aufgrund seiner geistigen Behinderung und seiner Angststörung eine verlängerte Zeit benötige, um sich auf neue Umgebungen oder auf neue Situationen einzulassen und sich fremden Personen gegenüber öffnen zu können. Derartige Eingewöhnungsphasen, welche bis zu zwei Jahren in Anspruch nehmen könnten, seien mit einer psychischen Belastung verbunden und hätten unweigerlich Auswirkungen auf das erreichbare Bildungsniveau. Ergänzend hat der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung auf ausdrückliches Befragen erklärt, bei einer Einschulung des Klägers an der N-Schule sei sicherlich nicht nur dessen Entwicklung in den verschiedenen Leistungsbereichen weniger gut verlaufen als an der T-Schule. Vielmehr habe zudem die Gefahr bestanden, dass der Kläger die Schule insgesamt verweigere. Das gelte umso mehr, als der Kläger schon bei seinem Wechsel an die - dem Kindergarten räumlich angegliederte - T-Schule eine längere Eingewöhnungszeit benötigt habe; bei einem Wechsel vom Kindergarten auf die N-Schule wären aber weitaus größere Eingewöhnungsschwierigkeiten zu erwarten gewesen.
79Diese Beurteilung hält der Senat ebenfalls für überzeugend. Zwar konnte der Sachverständige auch in der mündlichen Verhandlung nicht konkreter darlegen, mit welchen (Entwicklungs-)Rückschritten im Einzelnen eine Einschulung des Klägers an der N-Schule verbunden gewesen wäre. Gleiches gilt für das zu erwartende Ausmaß von Rückschritten, namentlich die Zeit, welche der Kläger voraussichtlich benötigen würde, um sie wieder aufzufangen. Der Senat hält dies mit Blick darauf, dass die Erkrankung des Klägers eine derartige Prognose nur schwer zulässt, indes für nachvollziehbar. Dass ein Wechsel vom Kindergarten auf die N-Schule die Entwicklung des Klägers beeinträchtigt, hat der Sachverständige aber mit Sicherheit bejaht.
80Bedenken gegen die Richtigkeit dieser Einschätzung hat der Senat nicht. Der Sachverständige hat unter Berücksichtigung der aktenkundigen medizinischen und psychologischen Berichte sowie der Schilderungen der Eltern des Klägers schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, dass jeder räumliche und personelle Wechsel für ein Kind mit dem Beschwerdebild des Klägers eine große Verunsicherung bedeutet und mit Eingewöhnungsschwierigkeiten sowie Rückschritten einhergeht, weil zunächst viel Anstrengung auf die Anpassung an die neue Situation verwendet werden muss.
81Bestätigt wird die Beurteilung des Sachverständigen Prof. Dr. M zunächst durch den Sachverständigen Dr. H. Dieser ist in seinem Gutachten vom 21.02.2010 ebenfalls zu der Beurteilung gelangt, dass der Kläger erheblich größere Umstellungsschwierigkeiten hat als andere gleichaltrige behinderte Kinder, und dass eine Herausnahme aus der gewohnten personellen und räumlichen Umgebung einen entscheidenden Risikofaktor für eine adäquate schulische Förderung des Klägers darstellt. Auch der Kinderarzt des Klägers, Dr. X, hat anlässlich seiner Vernehmung im Rahmen des Eilverfahrens am 20.08.2009 bekundet, durch eine Veränderung der Umgebungssituation und der Ansprechpartner sei eine Stagnation, wenn nicht sogar ein Rückschritt in den Therapieerfolgen wahrscheinlich.
82Dass der Kläger schon seit früher Kindheit auf Veränderungen personeller und/oder räumlicher Art in besonderer Weise reagiert und daher überdurchschnittlich viel Zeit benötigt, um sich an neue Situationen zu gewöhnen, ergibt sich im Übrigen auch aus dem pädagogischen Gutachten der Sonderschullehrerinnen C und I vom 30.05.2007 zur Feststellung des Förderbedarfs. Danach bedurfte der Kläger schon im Kindergarten einer langen Eingewöhnungsphase, bevor er sich dort sicher und wohl fühlte; selbst nach fast zweijährigem Kindergartenbesuch reagierte er gegenüber fremden Personen weiterhin sehr zurückhaltend und verweigerte diesen die Mitarbeit.
83Dabei kommt erschwerend hinzu, dass etwaige Veränderungen beim Kläger - auch im Rahmen einer im Übrigen stabilen Umgebung - nicht nur zu einer Einschränkung der Leistungsfähigkeit, sondern neben psychischen Symptomen auch zu erheblichen körperlichen Begleiterscheinungen führen. So berichtete die Schulleiterin der T-Schule in ihrer schriftlichen Stellungnahme aus Juni 2002 glaubhaft von Irritationen des Klägers anlässlich einer für April 2012 bevorstehenden Klassenfahrt, welche sich bereits ein halbes Jahr zuvor in Form von deutlicher (motorischer) Unruhe, vermehrtem Einnässen, Durchfall, Erbrechen sowie einer Beeinträchtigung des Konzentrationsvermögens, der Aussprache und des Redeflusses gezeigt hätten. Ebenso reagierte der Kläger nach den glaubhaften Schilderungen der Schulleiterin in der mündlichen Verhandlung auf einen Wechsel der Klassenlehrerin im Januar 2015 mit Unruhe, Unzufriedenheit, einer Einschränkung des Sprechflusses sowie einer - über das bei ihm übliche Maß hinausgehenden - verwaschenen Sprache und ließ sich auch auf Lernangebote nicht mehr ein. Obwohl die Klassenlehrerin die Klasse seit ca. Anfang Juli 2015 wieder übernommen hat, hat sich der Zustand des Klägers nach Angaben der Schulleiterin bislang, also ca. acht Monate nach dem Lehrerwechsel, noch nicht wieder vollständig normalisiert.
84Der Senat verkennt insoweit nicht, dass auch der Wechsel des Klägers vom Kindergarten an die T-Schule mit räumlichen und personellen Veränderungen verbunden war. Diese waren jedoch weitaus geringer, als es ein Wechsel vom Kindergarten zur N-Schule gewesen wäre; denn nach den glaubhaften Schilderungen der Leiterin der T-Schule in der mündlichen Verhandlung ist der Kindergarten der Schule nicht nur räumlich angegliedert. Vielmehr sind beide Einrichtungen auch personell miteinander verzahnt. Der Kläger kannte daher bei seiner Einschulung nicht nur das Gelände und Gebäude, sondern darüber hinaus bereits einzelne an der T-Schule tätige Therapeuten, den Fahrdienst sowie die Küche (einschließlich Personal).
85Der Einschätzung der Sachverständigen steht schließlich auch nicht entgegen, dass der Kläger anlässlich der Begutachtung durch den Sachverständigen Prof. Dr. M freundlich und offen auftrat und auch in dem Gutachten des Herrn D als fröhlich und zugewandt beschrieben wird; denn die nur temporären Begutachtungen erfolgten innerhalb einer sehr konstanten Grundsituation. Ein Wechsel vom Kindergarten am T auf die N-Schule wäre für den Kläger jedoch nicht nur mit kurzzeitigen räumlichen Veränderungen, sondern - neben einem veränderten Wegetransport (bzgl. Strecke und Fahrer) sowie Tagesablauf - insbesondere auch mit dem Austausch sämtlicher Betreuungskräfte und damit der maßgebenden Bezugspersonen verbunden, welche den Kläger während des gesamten Alltags im Kindergarten begleiten und fördern. Derartig einschneidende und vielschichtige Veränderungen sind aber von vornherein nicht vergleichbar mit Umständen wie einer einmaligen Begutachtung (bei der im Übrigen die Eltern des Klägers in der Nähe und erreichbar geblieben sind).
86(c) War dem Kläger - zusammenfassend - aber eine Einschulung an der N-Schule schon nach Abschluss des Kindergartens (im Sommer 2008) behinderungsbedingt nicht zumutbar, so war ihm auch ein späterer Wechsel auf diese Schule aus schwerwiegenden subjektiven Gründen (s.o.) unmöglich bzw. unzumutbar und der (weitere) Besuch der T-Schule aus diesem Grund auch über das Schuljahr 2008/2009 hinaus erforderlich im Sinne des § 12 Nr. 2 EinglhVO. Denn nach den überzeugenden Ausführungen insbesondere des Sachverständigen Prof. Dr. M in seinem Gutachten sowie seinen mündlichen Erläuterungen im Verhandlungstermin verursacht (auch) ein Schulwechsel bei dem Kläger verlängerte Eingewöhnungsphasen mit einer Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit, Angstsymptomen und Verhaltensauffälligkeiten bis hin (sogar) zu Aggressionen. Zudem wäre er ebenfalls mit der Gefahr verbunden, dass der Kläger die Schule insgesamt verweigert. Zweifel an der Richtigkeit auch dieser Beurteilung hat der Senat nicht. Insofern wird auf die obigen Ausführungen zu den zu erwartenden Auswirkungen bei einem Wechsel vom Kindergarten zur N-Schule verwiesen, die auch für einen späteren Schulwechsel gelten. Das gilt umso mehr, als ein Wechsel der Schule zumindest im gleichen Maße, im Hinblick auf den Verlust der gesamten bisherigen Mitschüler/innen sogar eher noch mit erheblicheren Veränderungen verbunden wäre als die Einschulung des Klägers an der N-Schule.
87dd) Der Umstand, dass der Kläger seine Schulbildung an der T-Schule entgegen der angefochtenen Entscheidung des Beklagten aufgenommen und auf diese Weise vollendete Tatsachen geschaffen hat, steht der Übernahme der Kosten für den Besuch der T-Schule von vornherein nicht entgegen. Das gilt schon deshalb, weil die Einschulung des Klägers an der N-Schule (deren Besuch der Beklagte in den angefochtenen Bescheiden für angemessen erachtet hat) seinerzeit wegen der einschränkten Umstellungsfähigkeit des Klägers keine geeignete Fördermöglichkeit war (s.o.). Für die Folgezeit war der weitere Besuch der T-Schule wegen der Unzumutbarkeit eines Schulwechsels unverzichtbar.
88Der Senat weicht insofern nicht von seinem früheren Urteil vom 15.05.2013 - L 20 SO 67/08 ab. Zwar ist dort ausgeführt, dass die dortige Klägerin keine Vorteile daraus ziehen darf, dass sie entgegen der von ihr angefochtenen Entscheidung des Beklagten ihre Schulausbildung zunächst an der T-Schule begonnen hat und nunmehr mangels Anspruchs auf Übernahme der Beschulungskosten auf die N-Schule wechseln muss. In jenem Verfahren ließ sich jedoch - anders als hier - nicht feststellen, dass die (insoweit beweispflichtige) dortige Klägerin an der N-Schule nicht hätte angemessen beschult werden können, und dass deshalb eine Umschulung unzumutbar wäre. Unterscheiden sich jener und der vorliegende Sachverhalt deshalb wesentlich, so kann im hier zu entscheidenden Fall (bei dem kein Erkenntnisausfall vorliegt) offen bleiben, ob und inwiefern "Verschuldensgesichtspunkte" (die im Recht der Sozialhilfe einen zu deckenden Bedarf ohnehin grundsätzlich nicht entfallen lassen, sondern allenfalls unter engen Voraussetzungen eine Leistungseinschränkung bzw. einen Erstattungsanspruch nach sich ziehen können; vgl. § 26 bzw. § 103 SGB XII) hinsichtlich einer getroffenen Schulwahl berücksichtigungsfähig sein können.
893. Dem Anspruch des Klägers auf Übernahme seiner Beschulungskosten an der T-Schule als Eingliederungshilfe stehen sonstige Hindernisse nicht entgegen. Insbesondere verfügte der Kläger seit Schuljahresbeginn 2008/2009 durchgehend nicht über anzurechnendes Einkommen, wobei dieses ohnehin auf die Aufbringung der Mittel für die Kosten des Lebensunterhalts beschränkt wäre (vgl. § 92 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SGB XII). Etwaiges Vermögen des Klägers ist bei den hier in Rede stehenden Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung ohnehin nicht anspruchsmindernd oder -ausschließend zu berücksichtigen (vgl. § 92 Abs. 2 S. 2 i.V.m. S. 1 Nr. 2 i.V.m. SGB XII).
90C) Sonstige Anspruchsgrundlagen für eine Übernahme von Kosten im Zusammenhang mit der Beschulung des Klägers existieren nicht.
91I. Leistungen der Eingliederungshilfe des Jugendhilfeträgers nach § 35a SGB VIII scheiden aus. Zwar mag die Angststörung des Klägers eine seelische Behinderung im Sinne des § 35a Abs. 1 und 3 SGB VIII sein; eine solche kann grundsätzlich zu einer Leistungszuständigkeit des Jugendhilfeträgers führen. Leidet der Kläger jedoch zumindest auch unter einer wesentlichen geistigen Behinderung, ist nach der Abgrenzungsregelung des § 10 Abs. 4 S. 2 SGB VIII der beklagte Sozialhilfeträger vorrangig zuständig (vgl. zu dieser Abgrenzung ausführlich etwa Urteil des Senats vom 18.01.2013 - L 20 SO 170/11 Rn. 59 ff. m.w.N.). Aus diesem Grund bedurfte es von vornherein keiner Beiladung des Jugendhilfeträgers.
92II. Schließlich wurde in der mündlichen Verhandlung für den Kläger ausdrücklich klargestellt, dass Leistungen nach dem Dritten bzw. Vierten Kapitel des SGB XII (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 Rn. 18) nicht geltend gemacht werden.
93D) Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 S. 1 SGG und folgt der Entscheidung in der Sache. Die Kosten der Beigeladenen waren nicht zu erstatten, weil sie keinen Antrag gestellt haben (vgl. dazu das Urteil des Senats vom 18.04.2011 - L 20 SO 78/10 Rn. 62 und vom 08.06.2015 - L 20 SO 473/12; ferner Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 193 Rn. 3b).
94E) Der Senat lässt die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zu (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 16.06.2011 geändert. Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 01.04.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.07.2010 verurteilt, die Kosten des Besuchs der T-Schule in C durch die Klägerin seit August 2010 zu übernehmen. Der Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin für beide Rechtszüge. Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin begehrt die Übernahme der Kosten für den Besuch einer Tagesbildungsstätte in Niedersachsen seit Beginn des Schuljahrs 2010/2011 nach dem SGB XII.
3Die am 00.00.2003 geborene Klägerin, die weder über Einkommen noch über Vermögen verfügt, leidet im Wesentlichen an einer chromosomalen Störung in Form des sog. Pallister-Kilian-Syndroms (Mosaik-Tetrasomie 12p), welche mit einer globalen Entwicklungsverzögerung einhergeht. Darüber hinaus bestehen bei ihr ein frühkindlicher Autismus sowie der Verdacht auf eine schwerste Intelligenzminderung. Sie lebt mit ihren Eltern und Geschwistern in W/Nordrhein-Westfalen, nahe der Landesgrenze zu Niedersachsen.
4Von August 2008 bis Juli 2010 besuchte die Klägerin den heilpädagogischen Kindergarten B in C (Niedersachsen). Dieser ist von ihrem Wohnort 13 km entfernt; Träger ist der Beigeladene zu 2. Die Kosten für die heilpädagogischen Leistungen sowie für die Fahrten zwischen Wohnung und Einrichtung übernahm der Beklagte zunächst für die Zeit von August 2008 bis zum voraussichtlichen Beginn der Schulpflicht am 31.07.2009 (Bescheid vom 27.01.2009) sowie - nach Zurückstellung der Klägerin vom Schulbesuch für das Schuljahr 2009/2010 - bis Juli 2010 (Bescheid vom 12.05.2009).
5Im Hinblick auf die bevorstehende Einschulung der Klägerin stellte das Schulamt des Kreises H mit (bestandskräftig gewordenem) Bescheid vom 25.03.2009 den sonderpädagogischen Förderbedarf der Klägerin im Förderschwerpunkt "Geistige Entwicklung" fest und wies sie einer entsprechenden Förderschule zu. Zugleich benannte es die N-Schule in H als nächstgelegene entsprechende (nordrhein-westfälische) Förderschule und bat die Eltern, die Klägerin dort anzumelden.
6Die N-Schule ist etwa 24,5 km von der Wohnung der Klägerin entfernt; mittels Sammelbeförderung (Schülerspezialverkehr) würde ein Transport der Klägerin zu dieser Schule pro Weg maximal 60 Minuten dauern. Der Unterricht an der N-Schule beginnt montags bis freitags gleitend zwischen 8.15 Uhr und 8.30 Uhr. Er endet montags bis donnerstags um 15.00 Uhr, freitags um 12.30 Uhr. Wegen der weiteren Rahmenbedingungen der dortigen Beschulung, u.a. der Größe der Schule und Klassen, der Organisation, des Förderkonzepts sowie des Betreuungsschlüssels wird auf die Bekundungen des dortigen Schulleiters, des Zeugen L, in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat Bezug genommen, ferner auf dessen Stellungnahme vom 24.04.2009 aus dem Verfahren L 20 SO 67/08 (LSG NRW) sowie den aktuellen Internetauftritt der N-Schule, welche der Senat zum Gegenstand des Verfahrens gemacht hat.
7Mit Beginn des Schuljahrs 2010/2011 meldeten die Eltern die Klägerin nicht auf der N-Schule, sondern auf der T-Schule in C an. An dieser Schule wird die Klägerin seither gefördert.
8Die T-Schule ist eine vom Land Niedersachsen anerkannte Tagesbildungsstätte. Sie liegt auf dem gleichen Gelände wie der Kindergarten B; Träger der Schule ist ebenfalls der Beigeladene zu 2. Die Fahrtzeit von der Wohnung der Klägerin zur 13 km entfernten Schule beträgt ausweislich eines verbreitet genutzten Routenplaners (www.falk.de/routenplaner) 17 Minuten; die Transportzeit mittels Sammelbeförderung (Schülerspezialverkehr) dauert nach den Angaben der Eltern der Klägerin etwa 15 Minuten. Der Unterricht findet montags bis freitags von 7.45 Uhr bis 14.15 Uhr statt. Die Schule verfügt über einen Fachdienst für Autismus-Spektrum-Störungen mit einer Diplom-Psychologin, einer Sozialpädagogin und einer Ergotherapeutin. Dieser Fachdienst betreut diejenigen Schüler/innen, welche aufgrund eines frühkindlichen Autismus einen spezifischen Unterstützungsbedarf haben, u.a. in Form von Einzeltherapien während der Schulzeit. Bezüglich der weiteren Rahmenbedingungen der Beschulung an der T-Schule wird auf die Stellungnahmen der Schulleiterin T1 vom 11.11.2013 und 31.01.2013 verwiesen. Die Kosten für den Besuch der T-Schule (monatlich ca. 2.100,00 EUR) trägt der Beklagte seit Beginn des Schuljahrs 2011/2012 vorläufig aufgrund entsprechender einstweiliger Anordnungen des erkennenden Senats.
9Am 20.11.2009 beantragten die Eltern der Klägerin beim Beklagten die Übernahme der Beschulungskosten an der T-Schule ab Beginn des Schuljahres 2010/2011 als sozialhilfeweise Eingliederungshilfe. Sie verwiesen auf den dortigen Fachdienst für Kinder mit autistischen Verhaltensweisen sowie den für derart beeinträchtigte Kinder geeigneten Unterricht. Zudem werde dort in allen Klassen eine Methode der unterstützen Kommunikation angewandt, auf welche die Klägerin wegen fehlender Lautsprache angewiesen sei. Häufige Infekte der Klägerin erforderten zudem eine zügige Erreichbarkeit der Schule durch die Eltern; dies sei bei der T-Schule bei 15-minütiger Entfernung von der Wohnung der Familie und 10-minütiger Entfernung vom Arbeitsplatz des Vaters gewährleistet. Ohnehin müsse die bisherige intensive Therapie und Förderung der Klägerin, welche in der Vergangenheit in enger Kooperation zwischen Therapeuten, Pädagogen und den Eltern erfolgt sei, dringend weitergeführt werden. Dies sei nur möglich, wenn die Eltern den Schulort schnell erreichen könnten.
10Mit Bescheid vom 01.04.2010 lehnte der Beklagte den Antrag ab. Zwar sei er sachlich und örtlich zuständig. Die Klägerin könne jedoch an der N-Schule in H und damit in Nordrhein-Westfalen angemessen und unentgeltlich gefördert werden. Dass diese Schule zur Förderung der Klägerin geeignet sei, habe das Schulamt im Bescheid vom 25.03.2009 inzident und für den Beklagten bindend (BVerwG, Urteil vom 28.04.2005 - 5 C 20/04) bejaht. Auch der Schulwegetransport zur N-Schule sei der Klägerin nach den einschlägigen landesrechtlichen Bestimmungen zumutbar; gegebenenfalls müsse im Rahmen der Ausgestaltung des Schülertransports auf Besonderheiten in der Person der Klägerin Rücksicht genommen werden. Ein Besuch der T-Schule sei demgegenüber mit unverhältnismäßig hohen Kosten verbunden, weil weder das Schulgeld noch die Fahrtkosten vom Schulträger bzw. vom Land Nordrhein-Westfalen übernommen würden. Eine Beschulung an der T-Schule sei daher nach dem Subsidiaritätsprinzip (§ 2 Abs. 1 SGB XII) nicht notwendig und wegen der damit einhergehenden Mehrkosten auch nicht durch das Wunsch- und Wahlrecht (§ 9 SGB XII) gerechtfertigt. Dies gelte auch, wenn durch kleinere Klassen an der T-Schule und eine der Klägerin dort bereits vertraute Umgebung eine optimiertere Förderung stattfinden könne.
11Die Klägerin legte hiergegen Widerspruch ein mit der Begründung, ein Besuch der N-Schule wäre mit erheblichen körperlichen Belastungen verbunden, so dass sie dort nicht angemessen beschult werden könnte. Sie leide unter einer extremen Mehrfachbehinderung, bei der eine Kommunikation mit anderen Menschen nur unter äußerst schwierigen Bedingungen möglich sei. Sie sei insbesondere nicht in der Lage, ihre Bedürfnisse selbst zu äußern. Neben ihrer körperlichen und geistigen Behinderung führten häufige Infektionskrankheiten oftmals zu einer rapiden Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes und erforderten eine ärztliche Untersuchung und Behandlung durch bekannte Betreuungspersonen. So seien seit Dezember 2009 insgesamt fünf Mittelohrentzündungen aufgetreten. Zudem habe sie im März 2010 bei einem Unfall eine Gehirnerschütterung erlitten. Die Klägerin hat eine schulärztliche Stellungnahme des Kreises H (Fachärztin für Kinderheilkunde Dr. L) vom 27.05.2010 sowie einen Zwischenbericht des Sozialpädiatrischen Zentrums (SPZ) des Evangelischen Krankenhauses (EVK) C (Fachärzte für Kinderheilkunde bzw. Neuropädiatrie Dres. C und Q) vom 19.04.2010 (erstellt anlässlich einer ambulanten Vorstellung der Klägerin vom 13.04.2010) vorgelegt; auf diese Unterlagen wird Bezug genommen.
12Mit Widerspruchsbescheid vom 06.07.2010 wies der Beklagte nach Beteiligung sozial erfahrener Personen den Widerspruch zurück. Die Beschulung eines jeden Schülers bzw. einer jeden Schülerin könne in Nordrhein-Westfalen aus Landesmitteln angemessen im Rahmen des dortigen differenzierten Sonder-/Förderschulwesens erfolgen. Die Funktionseinbußen der Klägerin seien nicht in einer Weise erheblich, dass ihr eine entsprechende Beschulung nicht möglich bzw. zumutbar sei.
13Mit ihrer am 30.07.2010 bei dem Sozialgericht Detmold erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt. Sie ist bei ihrer Auffassung verblieben, dass ihr wegen ihrer Behinderungen ein Besuch der N-Schule nicht möglich sei. Ihre Eltern hätten sich anlässlich der bevorstehenden Einschulung diese Schule angesehen. Sie sei wesentlich größer als die T Schule; der Gebäudekomplex sei weniger übersichtlich. Zudem seien die Klassen dort mit teilweise mehr als 10 Schüler/innen erheblich stärker als an der T-Schule. Der Schultag wäre für sie an der N-Schule zu lang. Hinzu käme eine Fahrtzeit mit dem Schülerspezialtransport von annähernd 60 Minuten; wegen ihrer Muskelschwäche würde dies jedoch zu Problemen führen. Abgesehen davon wäre sie anschließend nicht mehr aufnahmefähig. Ohnehin sei ein Verbleib in der ihr bereits vom Kindergarten her vertrauten Einrichtung wichtig. Sie benötige eine extrem lange Eingewöhnungszeit; so habe sie mehr als ein Jahr gebraucht, um sich an den Kindergarten zu gewöhnen. Darüber hinaus habe die N-Schule ihren Eltern keine direkten Informationen hinsichtlich einer notwendigen Autismusbehandlung erteilt, sondern insoweit stets nur auf das Westfälische Institut für Entwicklungsförderung (WIE) in C verwiesen. Die Klägerin hat weitere ärztliche bzw. psychologische Berichte (Behandlungsberichte des Facharztes für Kinder- und Jugendmedizin bzw. Neuropädiatrie Dr. L1 - Chefarzt der I Klinik I, Neurologisches Rehabilitationszentrum für Kinder und Jugendliche - vom 09.07.2010, der Diplom-Psychologin M und der Erzieherin N - ebenda - vom 16.07.2010 sowie der Logopädin H vom 01.04.2010) vorgelegt, auf deren Inhalt ebenfalls Bezug genommen wird. Der Übernahme der Beschulungskosten stehe - so die Klägerin weiter - keineswegs entgegen, dass die T-Schule eine niedersächsische Tagesbildungsstätte sei. Sie könne auch dort ihre Schulpflicht erfüllen. Allein aus der Formulierung in § 34 Abs. 5 SchulG NRW ergebe sich nichts Gegenteiliges. Werde die T-Schule durch das niedersächsische Schulgesetz einer Schule gleichgestellt, müsse diese Schule mit Blick auf Sinn und Zweck des § 34 SchulG NRW nach nordrhein-westfälischem Schulrecht ebenso als deutsche Schule gelten. Abgesehen davon lasse § 34 Abs. 5 S. 2 SchulG NRW Ausnahmen von der Schulpflicht aus wichtigem Grund zu. Eine solche Ausnahme liege hier mit Blick auf ihre Behinderungen vor.
14Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,
15den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 01.04.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.07.2010 zu verpflichten, die Kosten des Besuchs der T-Schule in C durch die Klägerin im Rahmen der Eingliederungshilfe ab August 2010 für die Klägerin zu übernehmen.
16Der Beklagte hat beantragt,
17die Klage abzuweisen.
18Er hat an seinen Bescheiden festgehalten und unter Vorlage einer Stellungnahme eines Referatsleiters des Innenministeriums Nordrhein-Westfalen vom 31.03.2011 ergänzend die Auffassung vertreten, die Übernahme der Beschulungskosten an der T-Schule scheide schon deshalb aus, weil die Klägerin dort ihre Schulpflicht nicht erfüllen könne. Ein wichtiger Grund für die ausnahmsweise Erfüllung der Schulpflicht an einem anderen Ort als einer deutschen Schule im Sinne von § 34 Abs. 5 S. 2 SchulG NRW liege nicht vor. Denn die T-Schule sei keine Schule, sondern eine Tagesbildungsstätte, deren Besuch gemäß § 162 Nieders. SchulG zwar in Niedersachen, nicht hingegen in anderen Bundesländern der Schulpflicht genüge. In Nordrhein-Westfalen könnten Schulpflichtige ihre Schulpflicht lediglich an öffentlichen Schulen, Ersatzschulen oder an nach § 118 Abs. 2 SchulG NRW anerkannten Ergänzungsschulen erfüllen. Ohnehin entfalte die Entscheidung des Schulamtes vom 25.03.2009, welche die N-Schule als nächstgelegene Förderschule benenne, nicht nur für den Beklagten Tatbestandswirkung, sondern binde auch die Gerichte. Die Klägerin könne auch in Ansehung ihrer Behinderungen an der N-Schule angemessen beschult werden; insbesondere stehe dem ihre autistische Störung nicht entgegen. Insoweit hat der Beklagte ergänzend eine Stellungnahme des Zeugen L vom 02.11.2010 vorgelegt, auf deren Inhalt Bezug genommen wird.
19Das Sozialgericht hat eine Auskunft des Schulamts des Kreises H vom 22.02.2011 eingeholt. Danach hat das Schulamt mit seinem Bescheid vom 25.03.2009 keine konkrete und verbindliche Zuweisungsentscheidung im Sinne des § 46 Abs. 6 SchulG NRW getroffen; die N-Schule sei ohne nähere Prüfung ihrer Eignung allein als für den Förderbedarf der Antragstellerin abstrakt zuständiger Förderort benannt worden.
20Mit Urteil vom 16.06.2011 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Eingliederungshilfe in Form einer Übernahme der Kosten für den Besuch der T-Schule nach § 53 Abs. 1, § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII scheide schon deshalb aus, weil die Klägerin durch den Besuch einer in Niedersachsen gelegenen Tagesbildungsstätte ihrer Schulpflicht nach nordrhein-westfälischem Schulrecht nicht genüge und mindestens an einer geeigneten Schule in Nordrhein-Westfalen angemessen beschult werden könne. Der Bescheid des Schulamtes verpflichte die Klägerin zwar nicht bindend zu einem Besuch der darin benannten N-Schule. Gleichwohl habe das Schulamt diese Schule als abstrakt geeignet festgestellt; gesundheitliche Gründe, die dieser abstrakten Eignung entgegenstünden, seien nicht erkennbar. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil Bezug genommen.
21Gegen das ihrer Bevollmächtigten am 28.06.2011 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 27.07.2011 Berufung eingelegt. Sie trägt im Hinblick auf einen etwaigen Wechsel an die N-Schule ergänzend vor, sich auf neue Therapeuten kaum einlassen zu können und durch jegliche neue Umgebung und Umstellung in ihrem Entwicklungszustand weit zurückgeworfen zu werden. So habe sie nach einem Personalwechsel an der T-Schule bereits ein halbes Jahr und länger mit Schwierigkeiten kämpfen müssen. Die Konsequenzen eines Wechsels der Schule, der Bezugspersonen, der Therapeuten, des Schulprogramms, des Tagesablaufs sowie des Schulwegetransports seien für sie unzumutbar und dürften - im Anschluss an die zweitinstanzliche Beweisaufnahme, insbesondere ein Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. M - zu einer deutlichen Entwicklungsverzögerung führen. Zudem sei die Autismus-Förderung an der T-Schule wesentlich differenzierter als auf der N-Schule. Ihre Eltern hätten vor der Einschulung mehrfach bei der N-Schule vorgesprochen und nach einer individuell angepassten Förderung gefragt. Ihnen sei mitgeteilt worden, dass man zum Entspannen lediglich den sog. Snoezelen-Raum aufsuchen würde, wenn sie - die Klägerin - nicht in der Lage sei, lange im Klassenverband zu bleiben. Das WIE habe die Auskunft erteilt, für die in Kooperation mit der N-Schule durchgeführte autismusspezifische Einzelförderung gebe es Wartelisten. Auch würden autistische Kinder in C, also außerhalb der N-Schule, gefördert, was mit einer zusätzlichen Fahrt verbunden wäre. Während langer Fahrtzeiten füge sie sich aufgrund von Wahrnehmungsstörungen jedoch häufig Schmerzen zu. Ferner könnten in der Regel nur ihre Eltern ihren Gesundheitszustand richtig einschätzen; selbst Ärzte seien bei der Diagnose auf deren Hilfe angewiesen. Im November/Dezember 2013 sowie im Januar 2014 hätten ihre Eltern sie dreimal krankheitsbedingt von der Schule abholen müssen.
22In der mündlichen Verhandlung hat die Bevollmächtigte der Klägerin klargestellt, weder Leistungen nach dem Dritten oder Vierten Kapitel des SGB XII noch eine Übernahme von Fahrtkosten für den Schulbesuch geltend zu machen. Sie begehre vielmehr allein die Übernahme der Kosten für den Besuch der T-Schule.
23Die Klägerin beantragt,
24das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 16.06.2011 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 01.04.2010 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 06.07.2010 zu verpflichten, die Kosten des Besuchs der T-Schule in C durch die Klägerin seit August 2010 zu übernehmen,
25hilfsweise, über folgende Beweisanträge Beweis zu erheben:
261. Was ist für die Klägerin zumutbar, erforderlich und geeignet - der Schulweg mit dem Bus und der gesamte Schultag inklusive Abfahrt und Ankunft zu Hause zur N-Schule in H oder das Äquivalent (Schulweg und gesamter Schultag) zur T-Schule?
272. Wie schnell müssen die Eltern im Falle eines medizinischen Notfalls der Klägerin vor Ort sein und wie lange dauert die Fahrt zwischen Wohnort und N-Schule bzw. der T-Schule für die Eltern werktags tagsüber tatsächlich? Die gleiche Frage des tatsächlichen Weges gilt für die Fahrt des Vaters der Klägerin von seinem Arbeitsplatz in E.
28Der Beklagte beantragt,
29die Berufung zurückzuweisen.
30Er hält daran fest, dass schon der Bescheid des Schulamts dem geltend gemachten Anspruch entgegenstehe; denn dieser regle verbindlich die von der Klägerin zu besuchende Schulform. Zudem könne die Klägerin durch den Besuch der Tagesbildungsstätte in Niedersachsen ihre Schulpflicht nicht erfüllen. Durch eine antragsgemäße Verurteilung würde der Beklagte gezwungen, entgegen Art. 20 Abs. 3 GG die fortgesetzte Begehung einer - rechtlich unstreitigen - Ordnungswidrigkeit zu finanzieren. Die N-Schule sei für die Klägerin trotz deren Behinderungen geeignet. Hinsichtlich der Klassengröße und des Betreuungsschlüssels bestünden keine signifikanten Unterschiede zur T-Schule. Die Fahrtzeit zur N-Schule sei nicht viel länger als zur T-Schule. Die vom Sachverständigen Prof. Dr. M bei einem Wechsel des vertrauten Umfelds oder der Bezugspersonen angenommene temporäre Entwicklungsverzögerung träte bei einem Wechsel zur N-Schule lediglich einmalig auf. Dies sei der Klägerin zumutbar; denn auch andere Ereignisse, beispielsweise eine stationäre Krankenbehandlung oder ein Wechsel/Ausfall der Beschäftigten der T-Schule, könnten jederzeit den gleichen Effekt auslösen.
31Die mit Beschluss vom 05.08.2013 Beigeladenen stellen keinen Antrag.
32Der Beigeladene zu 2 hält die T-Schule zur Beschulung der Klägerin für geeignet. Bezüglich seiner Angaben zu dortigen Beschulungsbedingungen sowie die Entwicklung der Klägerin wird auf die Stellungnahmen der Schulleiterin der T-Schule vom 11.11.2013 und 31.01.2013 verwiesen.
33Der Senat hat zunächst Befundberichte des Facharztes für Kinderheilkunde und Jugendmedizin Dr. X und der Kinderärztin Dr. Q (SPZ) vom 13.09.2011 eingeholt. Ferner hat er die Klägerin betreffende Förderpläne und Zeugnisse sowie die Dokumentation des Fachdienstes für Autismus von der T-Schule beigezogen. Auf den Inhalt dieser Unterlagen wird Bezug genommen.
34Anschließend hat der Senat ein Gutachten des Facharztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Neurologie und Psychiatrie sowie Diplom-Psychologen Prof. Dr. M (Direktor der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters, Universitätsklinik L) vom 24.05.2012 nebst ergänzenden Stellungnahmen vom 12.11.2012 und 08.04.2013 eingeholt. In der mündlichen Verhandlung hat der Sachverständige seine gutachterlichen Ausführungen weiter erläutert. Wegen der Einzelheiten wird auf die schriftlichen Äußerungen des Sachverständigen sowie auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
35Der Senat hat zudem den Zeugen L schriftlich sowie in der mündlichen Verhandlung zu den Rahmenbedingungen der Beschulung an der von ihm geleiteten N-Schule befragt. Insoweit wird auf dessen schriftliche Auskunft vom 24.09.2013 sowie die Sitzungsniederschrift Bezug genommen. Darüber hinaus hat der Senat eine Stellungnahme des Zeugen L vom 24.04.2009 aus dem Verfahren L 20 SO 67/08 (LSG NRW) sowie den aktuellen Internetauftritt der N-Schule zum Gegenstand des Verfahrens gemacht; auch hierauf wird Bezug genommen.
36Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten, des Schulamtes des Kreises H sowie der Streitakten (gleichen Rubrums) S 2 SO 204/10 ER (SG Detmold) bzw. L 20 SO 450/10 ER (LSG NRW) Bezug genommen. Dieser ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
37Entscheidungsgründe:
38Die zulässige Berufung der Klägerin ist begründet.
39A. Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 01.04.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.07.2010 (§ 95 SGG). Da der Beklagte darin den Antrag der Klägerin auf Übernahme von Kosten für den Besuch der T-Schule "ab dem (.) Schuljahr 2010/2011" vollständig und zukunftsoffen abgelehnt hat, ist Streitgegenstand in zeitlicher Hinsicht der gesamte Zeitraum vom Beginn des Schuljahres 2010/2011 (= August 2010) bis zum Tag der mündlichen Verhandlung vor dem Senat (vgl. BSG, Urteil vom 15.04.2008 - B 14/7b AS 52/06 R Rn. 12 m.w.N.).
40B. Das Sozialgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 SGG) statthafte (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage 2012, § 54 Rn. 20a ff., 38 ff.; BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R Rn. 9) und auch im Übrigen zulässige Klage ist begründet. Der Beklagte hat die Übernahme der Kosten für den Besuch der T-Schule ab Beginn des Schuljahrs 2010/2011 zu Unrecht abgelehnt. Die Klägerin kann vom Beklagten gemäß §§ 53 ff., 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII i.V.m. § 12 Nr. 2 Eingliederungshilfeverordnung (EinglhVO) die Übernahme dieser Kosten ab August 2010 (= Beginn des Schuljahrs 2010/2011) beanspruchen (dazu im Folgenden). Sonstige Anspruchsgrundlagen kommen nicht in Betracht (dazu weiter unten).
41I. Der Beklagte - nicht hingegen der (als örtlicher Träger der Sozialhilfe) vorsorglich Beigeladene zu 1 - ist für die Erbringung der begehrten Leistungen sachlich und örtlich zuständig.
42Insofern mag insbesondere offen bleiben, ob es sich bei der T-Schule um eine teilstationäre Einrichtung handelt, für welche der Beklagte gemäß § 97 Abs. 2 S. 1 SGB XII i.V.m. §§ 1, 2 AG-SGB XII NRW i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 1a AV-SGB XII NRW und § 98 Abs. 2 S. 2 SGB XII als überörtlicher Träger Hilfen zu erbringen hat (vgl. zur - dort allerdings im Ergebnis offen gelassenen - Frage der Qualifizierung einer Schule als teilstationäre Einrichtung BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R).
43Denn der Beklagte ist (unabhängig von einer etwaigen originären Zuständigkeit) jedenfalls gemäß § 14 Abs. 2 S. 1 i.V.m. Abs. 1 SGB IX sachlich und örtlich für die streitbefangenen Hilfen zuständig. Nach diesen Vorschriften stellt der Rehabilitationsträger, sofern Leistungen zur Teilhabe erbracht werden, innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrags fest, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist (§ 14 Abs. 1 S. 1, 1. Halbsatz SGB IX). Hält er sich für unzuständig, so leitet er den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu (§ 14 Abs. 1 S. 2 SGB IX). Wird der Antrag nicht weitergeleitet, stellt der erstangegangene Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf selbst unverzüglich fest (§ 14 Abs. 2 S. 1 SGB IX). Auf diese Weise wird eine nach außen verbindliche Zuständigkeit des erstangegangenen Rehabilitationsträgers geschaffen, welche sich auf sämtliche Rechtsgrundlagen erstreckt, die in der Bedarfssituation in Betracht kommen (vgl. u.a. BSG, Urteil vom 24.01.2013 - B 3 KR 5/12 R m.w.N.).
44§ 14 Abs. 2 S. 1 SGB IX ist vorliegend anwendbar. Denn die Träger der Sozialhilfe - und damit auch der Beklagte - sind nach §§ 6 Abs. 1 Nr. 7 und Abs. 5 Nr. 4 SGB IX Rehabilitationsträger für Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft. Zu derartigen Leistungen gehören auch solche der Eingliederungshilfe nach §§ 53, 54 SGB XII (vgl. Luthe in jurisPK-SGB IX, § 55 Rn. 4).
45Auch die (weiteren) Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 S. 1 SGB IX sind erfüllt. Der Beklagte hat den Antrag der Klägerin auf Übernahme der Kosten für den Besuch der T-Schule vom 20.11.2009 nicht gemäß § 14 Abs. 1 S. 1 SGB IX innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrags (20.11.2009) und im Übrigen auch nicht im Anschluss daran an den Beigeladenen zu 1 oder einen anderen aus seiner Sicht zuständigen Rehabilitationsträger weitergeleitet. Folglich ist er nach § 14 Abs. 2 S. 1 SGB IX nicht nur sachlich, sondern auch örtlich zuständig geworden; denn diese Vorschrift legt sowohl die sachliche als auch die örtliche Zuständigkeit fest (Luik in jurisPK-SGB IX, § 14 Rn. 45 unter Hinweis auf Welti in Luthe, Rehabilitationsrecht, 2009, S. 154) und verdrängt die Regelung des § 98 SGB XII (Luik, a.a.O. unter Hinweis auf Welti, a.a.O., LSG Schleswig-Holstein vom 09.11.2005 - L 9 B 268/05 SO ER).
46II. Die materiellen Voraussetzungen der §§ 53, 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII i.V.m. § 12 Nr. 2 EinglhVO liegen ebenfalls vor.
47Nach §§ 53 Abs. 1, 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII erhalten die in § 53 Abs. 1 S. 1 SGB XII genannten Personen Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung, insbesondere im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht und zum Besuch weiterführender Schulen einschließlich der Vorbereitung hierzu, wenn und solange nach den Besonderheiten des Einzelfalls Aussicht besteht, dass die Aufgaben der Eingliederungshilfe erfüllt werden. Dabei bleiben die Bestimmungen über die Ermöglichung der Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht unberührt (§ 54 Abs. 1 S. 1. 2. Halbsatz SGB XII). Was dabei unter dem Begriff "angemessene Schulbildung" zu verstehen ist, wird im Rahmen des SGB XII nicht definiert. Jedoch bestimmt § 12 Nr. 2 EinglH-VO, dass die Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung auch Maßnahmen der Schulbildung umfasst, wenn diese erforderlich und geeignet sind, dem behinderten Menschen eine im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht üblicherweise erreichbare Bildung zu ermöglichen.
481. Die Klägerin gehörte aufgrund ihrer schwerwiegenden dauerhaften Behinderungen zu dem von § 53 Abs. 1 S. 1 SGB XII i.V.m. § 2 Abs. 1 S. 1 SGB IX erfassten Personenkreis.
49Nach § 53 Abs. 1 S. 1 SGB XII erhalten Personen, die durch eine Behinderung im Sinne von § 2 Abs. 1 S. 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, unter den dort genannten weiteren Voraussetzungen Leistungen der Eingliederungshilfe. Die Klägerin leidet - was zwischen den Beteiligen auch unstreitig ist - unter einer solchen wesentlichen Behinderung; denn ihre körperlichen Funktionen und geistigen Fähigkeiten weichen aufgrund eines Pallister-Kilian-Syndroms mit globaler Entwicklungsverzögerung, frühkindlichen Autismus sowie Verdachts auf eine schwerste Intelligenzminderung von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand erheblich ab. Wegen dieser Behinderungen ist ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft durchgehend und insbesondere auch in dem hier streitbefangenen Zeitraum seit Beginn des Schuljahrs 2010/2011 wesentlich beeinträchtigt. Der Senat folgt insoweit in erster Linie den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. M in seinem Gutachten vom 24.05.2012. Dieser ist aufgrund eingehender Untersuchung der Klägerin und sorgfältiger Befunderhebung unter Berücksichtigung der übrigen aktenkundigen medizinischen Unterlagen zu seiner Beurteilung gelangt. Zudem decken sich die von ihm erhobenen Diagnosen im Wesentlichen mit denjenigen in den Befundberichten bzw. Arztbriefen der die Klägerin behandelnden Ärzte Dres. X und Q aus den Jahren 2010 und 2011. Im Übrigen besteht bei der Klägerin aufgrund der genannten Einschränkungen ein sonderpädagogischer Förderbedarf; ein solcher begründet ohnehin stets die Annahme einer wesentlichen Behinderung im vorgenannten Sinne (vgl. BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R).
502. Zu den - somit für die Klägerin in Betracht kommenden - Hilfen für eine angemessene Schulbildung im Sinne des § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII gehören auch die hier streitbefangenen Kosten für den Besuch der T-Schule.
51Der Qualifizierung der Übernahme von Beschulungskosten als "Hilfen" im gesetzlichen Sinne steht nicht entgegen, dass die Klägerin nicht eine die Schulbildung begleitende Maßnahme, sondern die Übernahme der (gesamten) Kosten für den Besuch der T-Schule als solche begehrt.
52a) Zwar ist der Kernbereich der pädagogischen Arbeit der Schule - und damit im Regelfall auch das Schulgeld, mit welchem der Unterricht finanziert wird - den Regelungen der Eingliederungshilfe grundsätzlich entzogen (vgl. im Einzelnen BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R). Dies folgt schon aus dem Wortlaut des § 54 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII. Spricht dieser - ebenso wie § 12 EinglhVO - gerade von "Hilfen", so erfasst er grundsätzlich nur Maßnahmen, die im Zusammenhang mit der Ermöglichung einer angemessenen Schulbildung (in Ergänzung der Beschulung als solcher) geeignet und erforderlich sind, Behinderungsfolgen zu beseitigen und zu mildern. Dementsprechend betreffen die Regelbeispiele einer solchen Hilfe in § 12 EinglhVO nur die Schulbildung begleitende Maßnahmen (vgl. zu alledem BSG, a.a.O.).
53b) Gleichwohl verbleibt auch im Kernbereich der Schulbildung ausnahmsweise Raum für Leistungen der Eingliederungshilfe, wenn nämlich der Besuch einer öffentlichen (und damit für den Sozialhilfeträger kostenfreien) Schule aus objektiven Gründen (z.B. wegen der räumlichen Entfernung vom Wohnort) oder aus schwerwiegenden subjektiven (persönlichen) Gründen nicht möglich oder nicht zumutbar ist (so BVerwG, Beschluss vom 02.09.2003 - 5 B 259/02; vgl. BSG, Urteil vom 22.03.2012 - B 8 SO 30/10 R unter Bezugnahme auf BVerwG, Urteil vom 13.08.1992 - 5 C 70/88, sowie Beschluss vom 02.09.2003 - 5 B 259/02).
54Der Klägerin war der Besuch einer öffentlichen Schule jedoch aus schwerwiegenden subjektiven Gründen schon seit August 2010 nicht möglich bzw. nicht zumutbar.
55aa) Maßstab hierfür ist vor allem die Aufgabe der Sozialhilfe, dem Empfänger der Hilfe die Führung eines Lebens zu ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht, und ihn so weit wie möglich zu befähigen, unabhängig von ihr zu leben (vgl. § 1 SGB XII; vgl. insoweit auch BVerwG, Urteil vom 13.08.1992 - 5 C 70/88). Insofern mag vorliegend offen bleiben, ab wann die Grenze der Unzumutbarkeit überschritten sein kann, wenn - wie hier - die Übernahme der Kosten für den Besuch einer nicht vom zuständigen Schulträger bereitgestellten Schule streitbefangen ist. Jedenfalls dann, wenn seitens des zuständigen Schulträgers keine Schule zur Verfügung steht, die den Hilfebedürftigen unter Berücksichtigung seiner Behinderungen im Sinne des § 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII angemessen beschulen könnte, liegen schwerwiegende subjektive Gründe vor, welche Eingliederungshilfe durch Übernahme der (gesamten) Beschulungskosten ausnahmsweise zulassen.
56bb) So aber liegt es aber hier. Denn der Besuch der N-Schule - welche vom Beklagten sowie vom Schulamt des Kreises H als allein in Betracht kommende öffentliche Schule benannt wurde, und die mit Blick auf die räumlichen Verhältnisse auch die einzige in Nordrhein-Westfalen in Betracht kommende einschlägige Förderschule ist - ist der Klägerin unter Berücksichtigung ihrer schwerwiegenden Behinderungen seit Beginn des Schuljahrs 2010/2011 und auch später nicht zumutbar (dazu weiter unten). Vielmehr konnte und kann sie lediglich an der T-Schule angemessen beschult werden. Allein diese Schule ist im Sinne des § 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII i.V.m. § 12 Nr. 2 EinglhVO geeignet und - mangels Zumutbarkeit des Besuchs der N-Schule - auch erforderlich, der Klägerin eine im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht üblicherweise erreichbare Bildung zu ermöglichen (dazu im Folgenden).
57(1) Dabei steht - anders als der Beklagte meint - der Geeignetheit der T-Schule nicht etwa der bestandskräftige Bescheid des Schulamtes vom 24.03.2009 entgegen. Dieser benennt zwar die N-Schule (lediglich) als nächstgelegene Förderschule mit dem Förderschwerpunkt "Geistige Entwicklung". Er trifft jedoch - was die Schulbehörde in ihrer späteren Stellungnahme vom 22.02.2011 auch ausdrücklich bestätigt - weder inzident eine den Beklagten bindende Entscheidung über die Eignung der N-Schule, noch weist er der Klägerin die N-Schule im Sinne von § 46 Abs. 6 SchulG NRW als Förderschule konkret zu. Dementsprechend hat das Schulamt auf Anfrage des Senats in dem Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes L 20 450/10 B ER mit weiterem Schreiben vom 30.08.2010 ergänzend mitgeteilt, diese "Benennung" orientiere sich lediglich an den Bestimmungen zur Ausführung des § 97 Abs. 4 SchulG NRW bzw. der Schülerfahrkostenverordnung (SchfkVO) und bezeichne damit die örtlich nähere von zwei abstrakt für die Klägerin in Betracht kommenden Schulen im Kreis H. Eine Prüfung der Eignung der Schule unter behinderungsspezifischen Gesichtspunkten war damit jedoch nicht verbunden. Die Schulbehörden entscheiden zwar mit bindender Wirkung gegenüber dem Sozialhilfeträger, in welchem Umfang eine bestimmte Beschulung den geistigen und körperlichen Fähigkeiten eines behinderten Menschen entspricht, hingegen in der Regel nicht darüber, an welcher konkreten Schule die Beschulung zu erfolgen hat (vgl. hierzu den Beschluss des Senats vom 06.09.2010 - 20 SO 450/10 B ER). Aus schulrechtlichem Standpunkt verblieb der Klägerin vielmehr - was das Schulamt in der Stellungnahme vom 22.02.2011 selbst ausgeführt hat - letztlich ein Wahlrecht, welche geeignete Schule sie besuchen will.
58(2) Ebenso wenig steht einer Geeignetheit der T-Schule entgegen, dass die Klägerin durch den Besuch dieser niedersächsischen Tagesbildungsstätte ihrer Schulpflicht nach nordrhein-westfälischem Schulrecht nicht nachkäme.
59(a) Zwar können in Nordrhein-Westfalen Schulpflichtige ihre Schulpflicht grundsätzlich nur an öffentlichen Schulen, Ersatzschulen oder an nach § 118 Abs. 2 SchulG NRW anerkannten Ergänzungsschulen erfüllen (vgl. § 34 Abs. 5 S. 1 SchulG NRW). Insbesondere fehlt im SchulG NRW eine § 162 S. 1 Nieders. SchulG entsprechende Regelung, wonach Kinder und Jugendliche mit geistigen Behinderungen ihre Schulpflicht auch durch den Besuch einer anerkannten Tagesbildungsstätte erfüllen. Auch hat die zuständige Schulaufsichtsbehörde der Klägerin bislang keine Ausnahmegenehmigung (etwa nach § 34 Abs. 5 S. 3 SchulG NRW) erteilt und auch kein Ruhen der Schulpflicht (§ 40 Abs. 2 SchulG NRW) angeordnet.
60(b) Die nach niedersächsischem Recht erfolgte Erfassung der T-Schule als Tagesbildungsstätte kann indes (jedenfalls im Rahmen der Eingliederungshilfevorschriften) nicht ausschlaggebend sein. Der Senat hält vielmehr für entscheidend, dass der Bildungsauftrag der T-Schule (als Tagesbildungsstätte) inhaltlich mit dem Auftrag der in § 34 Abs. 5 S. 1 SchulG NRW genannten Schulen identisch ist. Vermittelt erstere nach ihrem gesamten Konzept inhaltlich wie die letzteren Wissen und Können an die Schülerinnen und Schüler, so leistet sie in der Sache eine ebenso geeignete Beschulung. Letztlich ist dies zwischen den Beteiligten auch nicht streitig.
61(c) Unabhängig hiervon ist die Erfüllung der Schulpflicht nach nordrhein-westfälischem Schulrecht ohnehin nicht Voraussetzung für Eingliederungshilfe als Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung im Sinne des § 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII. Schon § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 2. Halbsatz SGB XII, wonach die Bestimmungen über die Ermöglichung der Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht unberührt bleiben, lässt schulrechtliche Verpflichtungen grundsätzlich neben den sozialhilferechtlichen Pflichten bestehen, ohne dass diese sich gegenseitig inhaltlich beeinflussen (so ausdrücklich BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R). Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung sind vielmehr lediglich vorrangig an einer Einrichtung zu gewähren, durch deren Besuch der behinderte Mensch der allgemeinen Schulpflicht nach jeweiligem Landesrecht genügt.
62§ 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII lässt sich i.V.m. § 12 Nr. 2 EinglhVO und unter zusätzlicher Berücksichtigung des Nachranggrundsatzes (§ 2 Abs. 1 SGB XII) insofern entnehmen, dass nicht jedwede Hilfeleistung zu einer nach den Vorstellungen des behinderten Menschen bzw. seiner Erziehungsberechtigten bestmöglichen Schulbildung als Eingliederungshilfe verlangt werden kann. Vielmehr ist die schulische Förderung von Kindern nach Art. 7 Abs. 1 GG eine grundsätzlich allein den (öffentlichen) Schulträgern zugewiesene Aufgabe (BSG, Urteil vom 22.03.2012 - B 8 SO 30/10 R). Insbesondere besteht ein Ausschluss für die Übernahme von Schulkosten aufgrund der Gesetze der Länder, (zumindest) soweit die Schulbehörde der ihr möglichen vorrangigen Leistungsverpflichtung auch nachkommt (Voelzke, in Hauck/Noftz, SGB XII, 19. Erg.-Lfg. II/10, § 54 Rn. 44a; BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R). Steht hingegen fest, dass eine im Sinne von § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII angemessene Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht nicht zu erlangen ist, so kann unter dem Gesichtspunkt der Eingliederungshilfe die Übernahme von Kosten für eine anderweitige Beschulung des behinderten Menschen in Betracht kommen (LSG NRW, Urteil vom 15.05.2013 - L 20 SO 67/08; LSG Hessen, Urteil vom 22.11.2010 - L 9 SO 9/07 und zu § 35a SGB VIII; VGH Hessen, Urteil vom 20.08.2009 - 10 A 1799/08).
63Hierfür spricht schon der Wortlaut des § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII, der keinen abschließenden Leistungskatalog möglicher Eingliederungshilfen enthält, sondern von Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung (nur) "insbesondere" im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht spricht. Zudem umfassen nach § 12 Nr. 2 EinglhVO Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung auch solche Maßnahmen der Schulbildung, die erforderlich und geeignet sind, dem behinderten Menschen eine "im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht" (lediglich) "üblicherweise erreichbare" Bildung zu ermöglichen. Insofern bildet die allgemeine Schulpflicht also nur den Vergleichsmaßstab dafür, in welchem Umfang bzw. in welchem Maße Leistungen der Eingliederungshilfe auch außerhalb der allgemeinen Schulpflicht erbracht werden können.
64Diese Lesart wird zudem durch Sinn und Zweck der Eingliederungshilfevorschriften gestützt. Diese sollen nicht vorrangig sicherstellen, dass der nach §§ 53 ff. SGB XII berechtigte Personenkreis seiner Schulpflicht gerecht wird, sondern dem behinderten Menschen nach dem Willen des Gesetzgebers die Integration in die Gesellschaft ermöglichen. § 53 Abs. 3 S. 1 SGB XII bestimmt insoweit als besondere Aufgabe der Eingliederungshilfe, eine Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und die behinderten Menschen in die Gesellschaft einzugliedern. Hierzu gehört vor allem, ihnen die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern, ihnen die Ausübung eines angemessenen Berufs oder einer sonstigen angemessenen Tätigkeit zu ermöglichen oder (auch nur), sie so weit wie möglich unabhängig von Pflege zu machen (§ 53 Abs. 3 S. 2 SGB XII). Mit Blick auf diese Ziele kann es jedenfalls dann nicht dem Willen des Gesetzgebers entsprechen, einem behinderten Menschen nach den - im Übrigen bundesrechtlichen - Eingliederungshilfevorschriften der §§ 53 ff. SGB XII eine angemessene Beschulung außerhalb der jeweiligen Landesgrenzen mit der Begründung zu versagen, dass dort die Schulpflicht nach landesrechtlichen Vorschriften nicht erfüllt werde, wenn das landesrechtliche Schul(pflicht-)system selbst eine angemessene Beschulung nicht sicherstellt (vgl. hierzu schon den Beschluss des Senats vom 15.08.2012 - L 20 SO 309/12 ER).
65(d) Auf ein etwaiges schulrechtliches Wahl- und Bestimmungsrecht des behinderten Menschen bzw. seiner Eltern kommt es in diesem Zusammenhang im Übrigen von vornherein nicht an. Ein solches Wahlrecht ist allenfalls dann von Bedeutung, wenn (wie in dem der Entscheidung des BVerwG vom 26.10.2007 - 5 C 35.06 zugrunde liegenden Sachverhalt) der Besuch zweier Schulen im Raume steht, welche beide in das System der allgemeinen Schulpflicht des betroffenen Bundeslandes integriert sind. Im vorliegenden Fall liegt jedoch allein die N-Schule in Nordrhein-Westfalen, während sich die T-Schule in Niedersachen befindet.
66cc) Ausgehend von den dargestellten Kriterien ist mit Blick auf die Formulierungen in § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII (" angemessene Schulbildung ") und § 12 Nr. 2 EinglhVO (" üblicherweise erreichbare Bildung ") in einem ersten Schritt festzustellen, welches konkrete Bildungsziel für den behinderten Menschen in Betracht kommt (so auch Voelzke a.a.O. Rn. 40a; dazu im Folgenden). Daran anschließend ist zu prüfen, ob dieses Ziel mit den Möglichkeiten, welche das öffentliche Schulsystem für den Betroffenen bereithält, in zumutbarer Weise verfolgt werden kann oder nicht (dazu weiter unten). Im Rahmen dieses zweiten Prüfungsschritts sind unter "bereithalten" die Leistungen oder Rahmenbedingungen zu verstehen, die das öffentliche Bildungssystem dem behinderten Menschen tatsächlich zur Verfügung stellt, oder die der Betroffene im Rahmen zumutbarer Bemühungen rechtzeitig realisieren kann (vgl. das Urteil des Senats vom 15.05.2013 - L 20 SO 67/08; Scheider in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 18. Auflage 2010, § 53 Rn. 71; Voelzke a.a.O. Rn. 44a mit Hinweis m.w.N.; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15.06.2000 - 16 A 3108/99 Rn. 17 a.E. und Rn. 22).
67(1) Die für die Klägerin in Betracht kommenden Bildungsziele hat der Senat umfassend ermittelt; diese Bildungsziele werden an der von ihr besuchten T-Schule im Übrigen konsequent in geeigneter Weise verfolgt.
68(a) Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme, namentlich den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. M in seinen schriftlichen Äußerungen sowie seinen weiteren Erläuterungen in der mündlichen Verhandlung, ist der Senat davon überzeugt, dass das für die Klägerin anzustrebende Bildungsziel seit Beginn des streitbefangenen Zeitraums weit unterhalb der Qualifikation eines formalen Bildungsabschlusses (wie etwa eines Hauptschulabschlusses) anzusiedeln ist. Die Klägerin wird aller Voraussicht nach basale Fähigkeiten wie Rechnen, Lesen und Schreiben nicht erlernen. Vielmehr liegen ihre Lernziele - den nachvollziehbaren Darlegungen des Sachverständigen vor allem in seiner Stellungnahme vom 08.04.2013 sowie seinen mündlichen Erläuterungen folgend - im Wesentlichen darin, kommunikative und interaktive Fähigkeiten zu erlernen bzw. zu verbessern, Alltagsfertigkeiten zu erwerben und auszubauen sowie ihre Selbstbeschäftigung zu fördern. Das betrifft konkret erstens das Erlernen und Anwenden von Symbolen und Symbolhandlungen durch Bilder und Piktogramme für verschiedene Alltagssituationen und Kommunikationsanlässe (= Bereich der Kommunikation und sozialen Interaktion), zweitens die bessere Koordination der Abläufe des Essvorgangs und Erlangung einer größeren Selbständigkeit bei den Mahlzeiten sowie die Verbesserung der Körperhygiene (= Bereich der Alltagsfähigkeiten), und schließlich drittens die Intensivierung der Erkundung der Umgebung sowie das Begreifen und Ausüben einfacher Spiele oder Beschäftigungen (= Bereich der Selbstbeschäftigung).
69(b) Die T-Schule, deren Schulkosten vorliegend im Streit stehen, ist im Sinne des § 12 Nr. 2 EinglhV geeignet, der Klägerin diese Bildungsziele erfolgversprechend zu vermitteln. Das gilt sowohl mit Blick auf die Schülerzahl, die Klassengröße und die sonstigen Rahmenbedingungen (insbesondere die Dauer der Anfahrt zur Schule) als auch auf die von der Schule vorgehaltenen pädagogischen und therapeutischen Angebote sowie das Förderkonzept. Dies steht unter Berücksichtigung der von der Leiterin der T-Schule beschriebenen dortigen Umstände der Beschulung sowie der Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. M fest und wird auch vom Beklagten nicht bestritten. Der Sachverständige ist insoweit in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 08.04.2013 zu der Einschätzung gelangt, dass die T-Schule "in höchstem Maße" geeignet ist, die von ihm beschriebenen Lernziele zu fördern. Zweifel an dieser Beurteilung hat der Senat nicht. Sie erscheint insbesondere vor dem Hintergrund der vom Sachverständigen behinderungsbedingt für notwendig erachteten Rahmenbedingungen für die Beschulung der Klägerin sowie der diesbezüglichen Angaben der Schulleiterin der T-Schule in ihrer Stellungnahme vom 11.11.2013 sowie in der mündlichen Verhandlung schlüssig.
70(aa) Zwar kommt es nach den Feststellungen des Sachverständigen für die Beurteilung der Geeignetheit auf die Größe der T -Schule (nach den Angaben der Schulleiterin im Schuljahr 2013/2014 86 Schüler) und Klassen (5 bis 9 Schüler), die Dauer eines Schultags (von 8:00 Uhr bis 14:15 Uhr) sowie die Dauer der Fahrt zur Schule (ca. 17 Minuten) nicht entscheidend an. Im Hinblick auf den erheblichen Förderbedarf und die schnelle Überforderung der (u.a.) geistig schwerstbehinderten Klägerin bei Unruhe im Umfeld ist ihre adäquate Beschulung jedoch - den nachvollziehbaren Feststellungen des Sachverständigen folgend - nur dann möglich, wenn sie bei Bedarf kurzfristig aus der Klasse herausgenommen und ihr im Rahmen einer Einzelbetreuung (außerhalb oder innerhalb des Klassenraums) Möglichkeiten zum Stressabbau und Rückzug geboten werden können. Dass die T-Schule diesen Anforderungen gerecht wird, steht unter Zugrundelegung der Angaben der Schulleiterin vom 11.11.2013 fest. Danach wird jede Klasse konstant durch zwei Lehrkräfte sowie im Bedarfsfall durch zusätzliche Hilfskräfte betreut, die eine vorübergehende Einzelbetreuung der Klägerin jederzeit sicherstellen können.
71(bb) Darüber hinaus trägt das Konzept der T-Schule auch den Auswirkungen der bei der Klägerin bestehenden autistischen Störung und den insoweit von dem Sachverständigen nachvollziehbar für notwendig erachteten Beschulungsbedingungen hinreichend Rechnung.
72Der Sachverständige hat insofern (insbesondere in seiner ergänzenden Stellungnahme aus 12.11.2012) deutlich gemacht, dass die Klägerin einer konsequenten autismusspezifischen Förderung im Bereich der Schule bedarf, die nicht auf gelegentlich angebotene Einzelförderung im schulischen Kontext beschränkt sein, sondern sich zudem in der Gesamtkonzeption des Unterrichts und des schulischen Alltags widerspiegeln soll. Dabei sollten sämtliche Lehrer über grundlegende Kenntnisse und lerntheoretische Techniken (Verstärkung, Prompting, Fading), insbesondere der angewandten Verhaltensanalyse, im Umgang mit Kindern verfügen, welche unter einer Störung aus dem Autismusspektrum leiden. Das gilt nach den Ausführungen des Sachverständigen sowohl im Hinblick auf die soziale Interaktion und Kommunikation als auch auf die häufig begrenzten, repetitiven und stereotypen Verhaltensmuster solcher Kinder.
73Der Senat hat keine Zweifel an der Richtigkeit dieser Einschätzung des Sachverständigen. Sie erscheint vor allem mit Blick auf die von ihm in seinem Gutachten vom 24.05.2012 erhobenen Befunde, nach denen die Klägerin bereits im Schuljahr 2010/2011 unter einem frühkindlichen Autismus litt, schlüssig. Bestätigt werden diese Ausführungen im Übrigen durch den Zwischenbericht des EVK C vom 19.04.2010, in welchem Dres. C und Q (offenbar erstmals) eine tiefgreifende Entwicklungsstörung mit autistischen Zügen beschrieben haben. Zudem hat auch der Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin bzw. Neuropädiatrie Dr. L1, der die Klägerin während einer stationären neuropädiatrischen Rehabilitation und damit über einen längeren Zeitraum beobachten konnte, in seinem Behandlungsbericht vom 09.07.2010 wesentliche Symptome eines frühkindlichen Autismus (u.a. kaum vorhandene Kontaktaufnahme, kaum Entwicklung von aktiver Sprache, zwanghafte Verhaltensweisen, stereotype Verhaltensmuster, Abhängigkeit von vorgegebenen Mustern und Ritualen sowie Selbststimulation durch Zufügen von Schmerzen) festgestellt.
74(cc) Dass die Klägerin mit Blick auf ihren frühkindlichen Autismus besonderer Förderung bedarf, welche über eine Einzelförderung im Rahmen zeitlich begrenzter Therapieeinheiten hinausgeht und sich in der Gesamtkonzeption des Unterrichts und des schulischen Alltags widerspiegeln soll, hat der Sachverständige nachvollziehbar dargelegt. Danach erfordern die soziale Interaktion und Kommunikation sowie die häufig begrenzten, repetitiven und stereotypen Verhaltensmuster von Kindern, die unter einer autistischen Störung leiden, u.a. besondere lerntheoretische Techniken sowie das Zerlegen komplexer Handlungsfolgen in möglichst kleine Teilschritte, welche jeweils möglichst genau und konsistent sowie operant verstärkt werden müssen. Zudem bedarf es klarer Strukturen und Abläufe sowie der Visualisierung durch vor allem Bilder, Postkarten oder Handzeichen, welche oft erfolgreicher sind als eine komplexe Sprache, subtile Mimik und Gestik.
75Diesen Anforderungen trägt die T-Schule in geeigneter Weise - wenn nicht sogar in besonderem Maße - Rechnung. Nach den Angaben der Schulleiterin in ihrer Stellungnahme vom 11.11.2013 fördert der dortige Fachdienst für Autismus-Spektrum-Störungen die Schüler/innen, welche aufgrund eines frühkindlichen Autismus einen spezifischen Unterstützungsbedarf haben, nicht nur in Form von Einzeltherapien während der Schulzeit. Vielmehr ist der gesamte Schulalltag durch klare Strukturen, individuell angepasste Orientierungshilfen (z.B. sog. TEACCH-Uhren) und unterstützte Kommunikation geprägt. Sämtliche Lehrkräfte, pädagogische Mitarbeiter und Therapeuten, welche an der T-Schule unterrichten bzw. Therapien durchführen, sind zum einen im Hinblick auf die Auswirkungen einer Störung aus dem Autismusspektrum auf die Entwicklung der betroffenen Schüler/innen unter besonderer Berücksichtigung von Interaktion, Kommunikation und Verarbeitung der Wahrnehmung geschult. Zum anderen verfügen sie über Kenntnisse zur unterstützten Kommunikation durch "TEACCH" (= Treatment and Education of Autistic and related Communication handicapped Children, dt.: Behandlung und pädagogische Förderung autistischer und in ähnlicher Weise kommunikationsbehinderter Kinder), autismusspezifischer Verhaltenstherapie und leichter Sprache. Dabei findet neben externen Fortbildungsangeboten eine kontinuierliche Beratung und Supervision der (Lehr-)Kräfte durch den Fachdienst statt, wobei u.a. in Abständen von zwei Monaten für alle Lehrkräfte, deren Klasse von einem Schüler mit einer Störung aus dem Autismusspektrum besucht wird, weitergehende vertiefende Schulungen erfolgen.
76(dd) Die Beurteilung des Sachverständigen, der zufolge die T-Schule nach ihrem Schulkonzept geeignet ist, die Klägerin unter Berücksichtigung ihres frühkindlichen Autismus angemessen zu beschulen, wird zudem bestätigt durch die vorliegenden Befund- bzw. Arztberichte der die Klägerin behandelnden Ärzte. Diese sind übereinstimmend zu der Einschätzung gelangt, dass die Klägerin auch unter Berücksichtigung ihrer autistischen Störung in der T-Schule beschult werden kann.
77(2) Der Besuch der T Schule ist seit Schulbeginn (August 2010) nicht nur geeignet, sondern auch im Sinne des § 12 Nr. 2 EinglhVO erforderlich, um die Klägerin angemessen zu beschulen; denn die vom Sachverständigen Prof. Dr. M beschriebenen Lernziele können seither mit den Möglichkeiten, welche das öffentliche Schulsystem in Nordrhein-Westfalen für die Klägerin bereit hält, nicht in zumutbarer Weise verfolgt werden.
78Zunächst, d.h. zumindest im Schuljahr 2010/2011, war das Förderkonzept der (von der Beklagten einzig als geeignet benannten) N-Schule nicht ausreichend, um den Behinderungen der Klägerin gerecht zu werden (dazu im Folgenden). Anschließend war der Klägerin jedenfalls ein Schulwechsel behinderungsbedingt nicht mehr zumutbar (dazu weiter unten).
79(a) Im Anschluss an die Beweisaufnahme ist der Senat davon überzeugt, dass die N-Schule jedenfalls im Schuljahr 2010/2011 zur Erreichung der beschriebenen Förderziele (noch) nicht geeignet war. Zwar mögen unter Zugrundelegung der schriftlichen und mündlichen Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. M insbesondere die dortigen Schülerzahlen (nach den Bekundungen des Zeugen L im Verhandlungstermin seit dem Jahr 2010 zwischen ca. 180 und 169), die Klassenstärken (im Eingangsbereich sieben oder acht, später ca. zehn Schüler/innen), die tägliche Schulzeit (montags bis donnerstags 8.30 Uhr bis 15.00 Uhr, freitags bis 12.30 Uhr) und die Dauer des Schulwegs mit dem Schülerspezialtransport (maximal eine Stunde) einer dortigen Beschulung der Klägerin seit Schulbeginn nicht entgegenstehen. Auch bietet die N-Schule aufgrund ihres Betreuungsschlüssels in gleicher Weise wie die T-Schule die Möglichkeit, die Klägerin - wie vom Sachverständigen für notwendig erachtet - bei Bedarf kurzfristig aus der Klasse herauszunehmen und ihr im Rahmen einer Einzelbetreuung (außerhalb oder innerhalb des Klassenraums) Stressabbau und einen vorübergehenden Rückzug zu bieten. Der Senat legt insoweit ebenfalls die Angaben des Zeugen L in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 24.09.2013 sowie bei seiner Vernehmung in der mündlichen Verhandlung zugrunde. Danach erfolgt ca. 85 % des Unterrichts in Anwesenheit von zwei Lehrkräften; zusätzlich werden je nach Bedarf weitere Hilfskräfte (in der Regel mindestens eine) eingesetzt, insbesondere Mitarbeiter/innen im freiwilligen sozialen Jahr und Integrationshelfer/innen, die bei entsprechender Veranlassung jederzeit Schüler/innen auch außerhalb des Klassenraums betreuen können.
80Indes wurde das Förderkonzept der N-Schule zumindest im Schuljahr 2010/2011 der (im Zusammenhang mit den weiteren individuellen Einschränkungen infolge des Pallister-Kilian-Syndroms zu berücksichtigenden) autistischen Störung der Klägerin (noch) nicht gerecht. Das gilt sowohl im Hinblick auf die Unterrichtsgestaltung als auch auf die insofern notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten der Lehrkräfte. Zwar hat der Zeuge L in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 24.09.2013 ausgeführt, dass an der N-Schule nicht nur eine autismusspezifische Einzelförderung (in der Regel zwei Therapiestunden pro Woche) stattfinde, sondern auch eine entsprechende Förderung nach dem TEACCH-Konzept während des Unterrichts und im schulischen Alltag. Bei seiner Vernehmung in der mündlichen Verhandlung hat er jedoch klarstellend bekundet, das TEACCH-Konzept sei an der N-Schule erst im Laufe des Jahres 2011 und im Anschluss an eine (lediglich) eintägige Schulung der Lehrkräfte eingeführt worden; zuvor sei hingegen - wie von ihm in einer E-Mail an den Beklagten vom 02.11.2010 beschrieben - kein einheitliches innerschulisches Konzept für Schüler mit einer Störung aus dem Autismusspektrum angewandt worden. Im Übrigen entzog es sich der Kenntnis des Zeugen, in welchem Umfang die Lehrkräfte das erlernte TEACCH-Konzept (z.B. im Hinblick auf die notwendige Reduzierung verbaler Informationen) selbst gegenwärtig im Unterricht tatsächlich umsetzen. Dies zugrundelegend, fehlte es selbst nach dem Schuljahr 2010/2011 noch an konsequenter Beratung und Supervision der Lehrkräfte.
81(b) Es bedarf keiner abschließenden Klärung, ob die autismusspezifische Förderung jedenfalls in Folgeschuljahren an der N-Schule der spezifischen Behinderung der Klägerin hätte genügen können. Denn im Anschluss an ihre zu Recht an der T-Schule erfolgte Einschulung war ihr jedenfalls ein Wechsel zur N-Schule spätestens nach Absolvierung des ersten Schuljahrs (2010/2011) - wenn nicht schon (was der Senat offen lassen kann) nach Beendigung des Kindergartens B (Mitte des Jahres 2010) - aufgrund der Besonderheiten ihrer Behinderung, insbesondere mit Blick auf ihre autistische Störung, nicht mehr zumutbar.
82(aa) Der Senat legt seiner Beurteilung auch insoweit in erster Linie die Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. M zugrunde. Bereits in seinem Gutachten vom 24.05.2012 (daneben in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 08.04.2013) ist er zu der Einschätzung gelangt ist, ein Schulwechsel würde bei der Klägerin mit großer Wahrscheinlichkeit zu einer zeitweisen Verlangsamung der angestoßenen Lernprozesse führen; von einem solchen Wechsel hat er daher "klar abgeraten". Ergänzend hat er in seiner Stellungnahme vom 08.04.2013 einen Schulwechsel wegen der massiven Einschränkungen der Klägerin, ihrer autistischen Störung sowie ihrer aktuell sehr positiven Entwicklung aus kinder- und jugendpsychiatrischer Sicht für nicht vertretbar gehalten. In der mündlichen Verhandlung hat er schließlich auf ausdrückliches Befragen erklärt, schon zur Zeit der Einschulung (im Jahr 2010) den Besuch der - dem zuvor besuchten Kindergarten B angegliederten - T-Schule für klar empfehlenswert gehalten zu haben (ob bereits allein dies einer Einschulung der Klägerin an der N-Schule entgegengestanden hätte, kann der Senat indes offen lassen).
83Auch diese Beurteilung des Sachverständigen zur Unzumutbarkeit eines Schulwechsels hält der Senat für überzeugend. Zwar konnte der Sachverständige auch in der mündlichen Verhandlung nicht konkreter angeben, mit welchen Rückschritten im Einzelnen ein solcher Wechsel bei der Klägerin verbunden wäre. Gleiches gilt für das zu erwartende Ausmaß der Rückschritte, namentlich die Zeit, welche die Klägerin benötigen würde, um sie wieder aufzufangen. Der Senat hält dies mit Blick darauf, dass das Pallister-Kilian-Syndrom - den Ausführungen des Sachverständigen folgend - eine äußerst seltene Erkrankung ist, die eine derartige Prognose nur schwer zulässt, indes für nachvollziehbar. Dass eine Umschulung bei der Klägerin jedenfalls mit erheblichen Rückschritten verbunden ist, welche - so die Ausführungen im Gutachten vom 24.05.2012 - mit Rücksicht auf die massiven Beeinträchtigungen der Klägerin und die enorme Bedeutung auch kleiner Entwicklungsschritte nicht vertretbar erscheint, hat der Sachverständige jedoch mit "großer Sicherheit" bejaht. Bedenken an der Richtigkeit dieser Einschätzung hat der Senat nicht. Der Sachverständige hat insofern unter Berücksichtigung der aktenkundigen medizinischen und psychologischen Berichte sowie der Schilderungen der Eltern der Klägerin schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, dass jeder räumliche Wechsel für ein Kind mit dem Beschwerdebild der Klägerin eine große Verunsicherung bedeutet, und dass er mit Eingewöhnungsschwierigkeiten sowie Rückschritten einhergeht, weil zunächst viel Anstrengung auf die Anpassung an die neue Situation verwendet werden muss.
84(bb) Bestätigt wird diese Einschätzung durch die Diplom-Psychologin M und die Erzieherin N (I Klinik I). Diese haben in ihrem neuropsychologischen Abschlussbericht vom 16.07.2010 u.a. wegen der autistischen Störung der Klägerin von einer Änderung des gewohnten Umfelds bzw. von einer Beschulung in der N-Schule dringend abgeraten. Auch der Arzt für Kinder- und Jugendmedizin Dr. X hat in seinem Befundbericht vom 13.09.2011 im Zusammenhang mit einem Wechsel von Schule und Therapeuten auf eine (mögliche) Gefährdung der bisher gemachten Fortschritte hingewiesen.
85(cc) Der Einschätzung des Sachverständigen steht auch nicht entgegen, dass der Schulbericht des Kindergartens B aus Oktober 2008 von einer gelassenen Reaktion der Klägerin auf kurzzeitige Veränderungen spricht. Denn diese temporären Erlebnisse (z.B. durch Besuch des Zoos bzw. Besuche außenstehender Personen in der Gruppe) erfolgten - den glaubhaften Angaben der Schulleiterin T1 in der mündlichen Verhandlung folgend - innerhalb einer damals sehr konstanten personellen Grundsituation der Kindergartengruppe und ihrer Betreuer/innen. Ein Wechsel der Schule wäre für die Klägerin jedoch nicht nur mit kurzzeitigen räumlichen Veränderungen, sondern - neben einem geänderten Schulwegetransport, Tagesablauf und Schulprogramm sowie Verlust der gesamten bisherigen Mitschüler/innen - insbesondere auch mit einem Austausch sämtlicher Lehr- und Betreuungskräfte und damit der maßgebenden Bezugspersonen verbunden, welche die Klägerin während des gesamten Schulalltags begleiten und fördern. Derartig einschneidende und vielschichtige Veränderungen sind im Übrigen - entgegen der Auffassung des Beklagten - von vornherein nicht vergleichbar mit Umständen wie einem stationären Krankenhausaufenthalt oder einem Wechsel bzw. Ausfall einzelner Lehrkräfte oder Betreuungspersonen, die naturgemäß in jedem Schulalltag vorkommen können.
86(c) War - zusammenfassend - der Klägerin aber ein Schulwechsel spätestens nach Absolvierung des ersten Schuljahres (Schuljahr 2010/2011) behinderungsbedingt nicht mehr zumutbar, so war ihr - selbst wenn die N-Schule wegen zwischenzeitlich erweiterter autismusspezifischer Lehrinhalte geeignet gewesen sein sollte, die Klägerin angemessen zu beschulen - ein Wechsel auf diese Schule aus schwerwiegenden subjektiven Gründen (s.o.) unmöglich bzw. unzumutbar. Der (weitere) Besuch der T-Schule war aus diesem Grund auch über das Schuljahr 2010/2011 hinaus erforderlich im Sinne des § 12 Nr. 2 EinglhVO.
87dd) Der Umstand, dass die Klägerin ihre Schulbildung an der T-Schule entgegen der angefochtenen Entscheidung des Beklagten aufgenommen und auf diese Weise vollendete Tatsachen geschaffen hat, steht der Übernahme der Kosten für den Besuch der T-Schule von vornherein nicht entgegen. Das gilt zumindest für das Schuljahr 2010/2011 schon deshalb, weil die N-Schule (deren Besuch der Beklagte in den angefochtenen Bescheiden für angemessen erachtet hat) seinerzeit keine geeignete, auf die Besonderheiten der zusammenwirkenden Behinderungen der Klägerin abgestellte Förderung zur Verfügung hätte stellen können (s.o.). Für die Folgezeit aber war schon wegen Unzumutbarkeit eines Schulwechsels der weitere Besuch der T-Schule für die weitere Eingliederung der Klägerin unverzichtbar.
88Der Senat weicht insofern nicht von seinem früheren Urteil vom 15.05.2013 - L 20 SO 67/08 ab. Zwar ist dort ausgeführt, dass die dortige Klägerin keine Vorteile daraus ziehen darf, dass sie entgegen der von ihr angefochtenen Entscheidung des Beklagten ihre Schulausbildung zunächst an der T-Schule begonnen hat und nunmehr mangels Anspruchs auf Übernahme der Beschulungskosten auf die N-Schule wechseln muss. In jenem Fall ließ sich jedoch - anders als jetzt - nicht feststellen, dass die (insoweit beweispflichtige) dortige Klägerin an der N-Schule nicht hätte angemessen beschult werden können, und dass deshalb eine Umschulung unzumutbar wäre. Unterscheiden sich jener und der vorliegende Sachverhalt deshalb wesentlich, so kann im jetzigen Fall (bei dem kein Ermittlungsausfall vorliegt) offen bleiben, ob und inwiefern "Verschuldensgesichtspunkte" (die im Recht der Sozialhilfe einen zu deckenden Bedarf ohnehin grundsätzlich nicht entfallen lassen, sondern allenfalls unter engen Voraussetzungen eine Leistungseinschränkung bzw. einen Erstattungsanspruch nach sich ziehen können; vgl. § 26 bzw. § 103 SGB XII) hinsichtlich der getroffenen Schulwahl berücksichtigungsfähig sind.
893. Dem Anspruch der Klägerin auf Übernahme ihrer Beschulungskosten an der T-Schule als Eingliederungshilfe stehen sonstige Hindernisse nicht entgegen. Insbesondere verfügte die Klägerin durchgehend seit Schuljahresbeginn 2010/2011 weder über anzurechnendes Einkommen noch Vermögen (wobei letzteres bei den hier in Rede stehenden Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung ohnehin nicht anspruchsmindernd oder -ausschließend zu berücksichtigen wäre - vgl. § 92 Abs. 2 S. 2 i.V.m. S. 1 Nr. 2 i.V.m. SGB XII - und ersteres auf die Aufbringung der Mittel für die Kosten des Lebensunterhalts beschränkt wäre - vgl. § 92 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SGB XII -).
90C. Sonstige Anspruchsgrundlagen für eine Übernahme von Kosten im Zusammenhang mit der Beschulung der Klägerin existieren nicht.
91I. Leistungen der Eingliederungshilfe des Jugendhilfeträgers nach § 35a SGB VIII scheiden aus. Zwar mag der frühkindliche Autismus der Klägerin eine seelische Behinderung im Sinne des § 35a Abs. 1 und 3 SGB VIII sein; eine solche kann grundsätzlich zu einer Leistungszuständigkeit des Jugendhilfeträgers führen. Leidet die Klägerin jedoch zumindest auch unter einer wesentlichen geistigen Behinderung, ist nach der Abgrenzungsregelung des § 10 Abs. 4 S. 2 SGB VIII der beklagte Sozialhilfeträger vorrangig zuständig (vgl. zu dieser Abgrenzung ausführlich etwa Urteil des Senats vom 18.01.2013 - L 20 SO 170/11 Rn. 59 ff. m.w.N.). Aus diesem Grund bedurfte es von vornherein keiner Beiladung des Jugendhilfeträgers.
92II. Schließlich wurde in der mündlichen Verhandlung für die Klägerin ausdrücklich klargestellt, dass Leistungen nach dem Dritten bzw. Vierten Kapitel des SGB XII (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 Rn. 18) nicht geltend gemacht werden.
93D. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 S. 1 SGG und folgt der Entscheidung in der Sache.
94E. Der Senat lässt die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zu (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
(1) Werden Leistungen zur Teilhabe beantragt, stellt der Rehabilitationsträger innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrages bei ihm fest, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist; bei den Krankenkassen umfasst die Prüfung auch die Leistungspflicht nach § 40 Absatz 4 des Fünften Buches. Stellt er bei der Prüfung fest, dass er für die Leistung insgesamt nicht zuständig ist, leitet er den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu und unterrichtet hierüber den Antragsteller. Muss für eine solche Feststellung die Ursache der Behinderung geklärt werden und ist diese Klärung in der Frist nach Satz 1 nicht möglich, soll der Antrag unverzüglich dem Rehabilitationsträger zugeleitet werden, der die Leistung ohne Rücksicht auf die Ursache der Behinderung erbringt. Wird der Antrag bei der Bundesagentur für Arbeit gestellt, werden bei der Prüfung nach den Sätzen 1 und 2 keine Feststellungen nach § 11 Absatz 2a Nummer 1 des Sechsten Buches und § 22 Absatz 2 des Dritten Buches getroffen.
(2) Wird der Antrag nicht weitergeleitet, stellt der Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf anhand der Instrumente zur Bedarfsermittlung nach § 13 unverzüglich und umfassend fest und erbringt die Leistungen (leistender Rehabilitationsträger). Muss für diese Feststellung kein Gutachten eingeholt werden, entscheidet der leistende Rehabilitationsträger innerhalb von drei Wochen nach Antragseingang. Ist für die Feststellung des Rehabilitationsbedarfs ein Gutachten erforderlich, wird die Entscheidung innerhalb von zwei Wochen nach Vorliegen des Gutachtens getroffen. Wird der Antrag weitergeleitet, gelten die Sätze 1 bis 3 für den Rehabilitationsträger, an den der Antrag weitergeleitet worden ist, entsprechend; die Frist beginnt mit dem Antragseingang bei diesem Rehabilitationsträger. In den Fällen der Anforderung einer gutachterlichen Stellungnahme bei der Bundesagentur für Arbeit nach § 54 gilt Satz 3 entsprechend.
(3) Ist der Rehabilitationsträger, an den der Antrag nach Absatz 1 Satz 2 weitergeleitet worden ist, nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung insgesamt nicht zuständig, kann er den Antrag im Einvernehmen mit dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger an diesen weiterleiten, damit von diesem als leistendem Rehabilitationsträger über den Antrag innerhalb der bereits nach Absatz 2 Satz 4 laufenden Fristen entschieden wird und unterrichtet hierüber den Antragsteller.
(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten sinngemäß, wenn der Rehabilitationsträger Leistungen von Amts wegen erbringt. Dabei tritt an die Stelle des Tages der Antragstellung der Tag der Kenntnis des voraussichtlichen Rehabilitationsbedarfs.
(5) Für die Weiterleitung des Antrages ist § 16 Absatz 2 Satz 1 des Ersten Buches nicht anzuwenden, wenn und soweit Leistungen zur Teilhabe bei einem Rehabilitationsträger beantragt werden.
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 16.06.2011 geändert. Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 01.04.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.07.2010 verurteilt, die Kosten des Besuchs der T-Schule in C durch die Klägerin seit August 2010 zu übernehmen. Der Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin für beide Rechtszüge. Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin begehrt die Übernahme der Kosten für den Besuch einer Tagesbildungsstätte in Niedersachsen seit Beginn des Schuljahrs 2010/2011 nach dem SGB XII.
3Die am 00.00.2003 geborene Klägerin, die weder über Einkommen noch über Vermögen verfügt, leidet im Wesentlichen an einer chromosomalen Störung in Form des sog. Pallister-Kilian-Syndroms (Mosaik-Tetrasomie 12p), welche mit einer globalen Entwicklungsverzögerung einhergeht. Darüber hinaus bestehen bei ihr ein frühkindlicher Autismus sowie der Verdacht auf eine schwerste Intelligenzminderung. Sie lebt mit ihren Eltern und Geschwistern in W/Nordrhein-Westfalen, nahe der Landesgrenze zu Niedersachsen.
4Von August 2008 bis Juli 2010 besuchte die Klägerin den heilpädagogischen Kindergarten B in C (Niedersachsen). Dieser ist von ihrem Wohnort 13 km entfernt; Träger ist der Beigeladene zu 2. Die Kosten für die heilpädagogischen Leistungen sowie für die Fahrten zwischen Wohnung und Einrichtung übernahm der Beklagte zunächst für die Zeit von August 2008 bis zum voraussichtlichen Beginn der Schulpflicht am 31.07.2009 (Bescheid vom 27.01.2009) sowie - nach Zurückstellung der Klägerin vom Schulbesuch für das Schuljahr 2009/2010 - bis Juli 2010 (Bescheid vom 12.05.2009).
5Im Hinblick auf die bevorstehende Einschulung der Klägerin stellte das Schulamt des Kreises H mit (bestandskräftig gewordenem) Bescheid vom 25.03.2009 den sonderpädagogischen Förderbedarf der Klägerin im Förderschwerpunkt "Geistige Entwicklung" fest und wies sie einer entsprechenden Förderschule zu. Zugleich benannte es die N-Schule in H als nächstgelegene entsprechende (nordrhein-westfälische) Förderschule und bat die Eltern, die Klägerin dort anzumelden.
6Die N-Schule ist etwa 24,5 km von der Wohnung der Klägerin entfernt; mittels Sammelbeförderung (Schülerspezialverkehr) würde ein Transport der Klägerin zu dieser Schule pro Weg maximal 60 Minuten dauern. Der Unterricht an der N-Schule beginnt montags bis freitags gleitend zwischen 8.15 Uhr und 8.30 Uhr. Er endet montags bis donnerstags um 15.00 Uhr, freitags um 12.30 Uhr. Wegen der weiteren Rahmenbedingungen der dortigen Beschulung, u.a. der Größe der Schule und Klassen, der Organisation, des Förderkonzepts sowie des Betreuungsschlüssels wird auf die Bekundungen des dortigen Schulleiters, des Zeugen L, in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat Bezug genommen, ferner auf dessen Stellungnahme vom 24.04.2009 aus dem Verfahren L 20 SO 67/08 (LSG NRW) sowie den aktuellen Internetauftritt der N-Schule, welche der Senat zum Gegenstand des Verfahrens gemacht hat.
7Mit Beginn des Schuljahrs 2010/2011 meldeten die Eltern die Klägerin nicht auf der N-Schule, sondern auf der T-Schule in C an. An dieser Schule wird die Klägerin seither gefördert.
8Die T-Schule ist eine vom Land Niedersachsen anerkannte Tagesbildungsstätte. Sie liegt auf dem gleichen Gelände wie der Kindergarten B; Träger der Schule ist ebenfalls der Beigeladene zu 2. Die Fahrtzeit von der Wohnung der Klägerin zur 13 km entfernten Schule beträgt ausweislich eines verbreitet genutzten Routenplaners (www.falk.de/routenplaner) 17 Minuten; die Transportzeit mittels Sammelbeförderung (Schülerspezialverkehr) dauert nach den Angaben der Eltern der Klägerin etwa 15 Minuten. Der Unterricht findet montags bis freitags von 7.45 Uhr bis 14.15 Uhr statt. Die Schule verfügt über einen Fachdienst für Autismus-Spektrum-Störungen mit einer Diplom-Psychologin, einer Sozialpädagogin und einer Ergotherapeutin. Dieser Fachdienst betreut diejenigen Schüler/innen, welche aufgrund eines frühkindlichen Autismus einen spezifischen Unterstützungsbedarf haben, u.a. in Form von Einzeltherapien während der Schulzeit. Bezüglich der weiteren Rahmenbedingungen der Beschulung an der T-Schule wird auf die Stellungnahmen der Schulleiterin T1 vom 11.11.2013 und 31.01.2013 verwiesen. Die Kosten für den Besuch der T-Schule (monatlich ca. 2.100,00 EUR) trägt der Beklagte seit Beginn des Schuljahrs 2011/2012 vorläufig aufgrund entsprechender einstweiliger Anordnungen des erkennenden Senats.
9Am 20.11.2009 beantragten die Eltern der Klägerin beim Beklagten die Übernahme der Beschulungskosten an der T-Schule ab Beginn des Schuljahres 2010/2011 als sozialhilfeweise Eingliederungshilfe. Sie verwiesen auf den dortigen Fachdienst für Kinder mit autistischen Verhaltensweisen sowie den für derart beeinträchtigte Kinder geeigneten Unterricht. Zudem werde dort in allen Klassen eine Methode der unterstützen Kommunikation angewandt, auf welche die Klägerin wegen fehlender Lautsprache angewiesen sei. Häufige Infekte der Klägerin erforderten zudem eine zügige Erreichbarkeit der Schule durch die Eltern; dies sei bei der T-Schule bei 15-minütiger Entfernung von der Wohnung der Familie und 10-minütiger Entfernung vom Arbeitsplatz des Vaters gewährleistet. Ohnehin müsse die bisherige intensive Therapie und Förderung der Klägerin, welche in der Vergangenheit in enger Kooperation zwischen Therapeuten, Pädagogen und den Eltern erfolgt sei, dringend weitergeführt werden. Dies sei nur möglich, wenn die Eltern den Schulort schnell erreichen könnten.
10Mit Bescheid vom 01.04.2010 lehnte der Beklagte den Antrag ab. Zwar sei er sachlich und örtlich zuständig. Die Klägerin könne jedoch an der N-Schule in H und damit in Nordrhein-Westfalen angemessen und unentgeltlich gefördert werden. Dass diese Schule zur Förderung der Klägerin geeignet sei, habe das Schulamt im Bescheid vom 25.03.2009 inzident und für den Beklagten bindend (BVerwG, Urteil vom 28.04.2005 - 5 C 20/04) bejaht. Auch der Schulwegetransport zur N-Schule sei der Klägerin nach den einschlägigen landesrechtlichen Bestimmungen zumutbar; gegebenenfalls müsse im Rahmen der Ausgestaltung des Schülertransports auf Besonderheiten in der Person der Klägerin Rücksicht genommen werden. Ein Besuch der T-Schule sei demgegenüber mit unverhältnismäßig hohen Kosten verbunden, weil weder das Schulgeld noch die Fahrtkosten vom Schulträger bzw. vom Land Nordrhein-Westfalen übernommen würden. Eine Beschulung an der T-Schule sei daher nach dem Subsidiaritätsprinzip (§ 2 Abs. 1 SGB XII) nicht notwendig und wegen der damit einhergehenden Mehrkosten auch nicht durch das Wunsch- und Wahlrecht (§ 9 SGB XII) gerechtfertigt. Dies gelte auch, wenn durch kleinere Klassen an der T-Schule und eine der Klägerin dort bereits vertraute Umgebung eine optimiertere Förderung stattfinden könne.
11Die Klägerin legte hiergegen Widerspruch ein mit der Begründung, ein Besuch der N-Schule wäre mit erheblichen körperlichen Belastungen verbunden, so dass sie dort nicht angemessen beschult werden könnte. Sie leide unter einer extremen Mehrfachbehinderung, bei der eine Kommunikation mit anderen Menschen nur unter äußerst schwierigen Bedingungen möglich sei. Sie sei insbesondere nicht in der Lage, ihre Bedürfnisse selbst zu äußern. Neben ihrer körperlichen und geistigen Behinderung führten häufige Infektionskrankheiten oftmals zu einer rapiden Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes und erforderten eine ärztliche Untersuchung und Behandlung durch bekannte Betreuungspersonen. So seien seit Dezember 2009 insgesamt fünf Mittelohrentzündungen aufgetreten. Zudem habe sie im März 2010 bei einem Unfall eine Gehirnerschütterung erlitten. Die Klägerin hat eine schulärztliche Stellungnahme des Kreises H (Fachärztin für Kinderheilkunde Dr. L) vom 27.05.2010 sowie einen Zwischenbericht des Sozialpädiatrischen Zentrums (SPZ) des Evangelischen Krankenhauses (EVK) C (Fachärzte für Kinderheilkunde bzw. Neuropädiatrie Dres. C und Q) vom 19.04.2010 (erstellt anlässlich einer ambulanten Vorstellung der Klägerin vom 13.04.2010) vorgelegt; auf diese Unterlagen wird Bezug genommen.
12Mit Widerspruchsbescheid vom 06.07.2010 wies der Beklagte nach Beteiligung sozial erfahrener Personen den Widerspruch zurück. Die Beschulung eines jeden Schülers bzw. einer jeden Schülerin könne in Nordrhein-Westfalen aus Landesmitteln angemessen im Rahmen des dortigen differenzierten Sonder-/Förderschulwesens erfolgen. Die Funktionseinbußen der Klägerin seien nicht in einer Weise erheblich, dass ihr eine entsprechende Beschulung nicht möglich bzw. zumutbar sei.
13Mit ihrer am 30.07.2010 bei dem Sozialgericht Detmold erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt. Sie ist bei ihrer Auffassung verblieben, dass ihr wegen ihrer Behinderungen ein Besuch der N-Schule nicht möglich sei. Ihre Eltern hätten sich anlässlich der bevorstehenden Einschulung diese Schule angesehen. Sie sei wesentlich größer als die T Schule; der Gebäudekomplex sei weniger übersichtlich. Zudem seien die Klassen dort mit teilweise mehr als 10 Schüler/innen erheblich stärker als an der T-Schule. Der Schultag wäre für sie an der N-Schule zu lang. Hinzu käme eine Fahrtzeit mit dem Schülerspezialtransport von annähernd 60 Minuten; wegen ihrer Muskelschwäche würde dies jedoch zu Problemen führen. Abgesehen davon wäre sie anschließend nicht mehr aufnahmefähig. Ohnehin sei ein Verbleib in der ihr bereits vom Kindergarten her vertrauten Einrichtung wichtig. Sie benötige eine extrem lange Eingewöhnungszeit; so habe sie mehr als ein Jahr gebraucht, um sich an den Kindergarten zu gewöhnen. Darüber hinaus habe die N-Schule ihren Eltern keine direkten Informationen hinsichtlich einer notwendigen Autismusbehandlung erteilt, sondern insoweit stets nur auf das Westfälische Institut für Entwicklungsförderung (WIE) in C verwiesen. Die Klägerin hat weitere ärztliche bzw. psychologische Berichte (Behandlungsberichte des Facharztes für Kinder- und Jugendmedizin bzw. Neuropädiatrie Dr. L1 - Chefarzt der I Klinik I, Neurologisches Rehabilitationszentrum für Kinder und Jugendliche - vom 09.07.2010, der Diplom-Psychologin M und der Erzieherin N - ebenda - vom 16.07.2010 sowie der Logopädin H vom 01.04.2010) vorgelegt, auf deren Inhalt ebenfalls Bezug genommen wird. Der Übernahme der Beschulungskosten stehe - so die Klägerin weiter - keineswegs entgegen, dass die T-Schule eine niedersächsische Tagesbildungsstätte sei. Sie könne auch dort ihre Schulpflicht erfüllen. Allein aus der Formulierung in § 34 Abs. 5 SchulG NRW ergebe sich nichts Gegenteiliges. Werde die T-Schule durch das niedersächsische Schulgesetz einer Schule gleichgestellt, müsse diese Schule mit Blick auf Sinn und Zweck des § 34 SchulG NRW nach nordrhein-westfälischem Schulrecht ebenso als deutsche Schule gelten. Abgesehen davon lasse § 34 Abs. 5 S. 2 SchulG NRW Ausnahmen von der Schulpflicht aus wichtigem Grund zu. Eine solche Ausnahme liege hier mit Blick auf ihre Behinderungen vor.
14Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,
15den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 01.04.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.07.2010 zu verpflichten, die Kosten des Besuchs der T-Schule in C durch die Klägerin im Rahmen der Eingliederungshilfe ab August 2010 für die Klägerin zu übernehmen.
16Der Beklagte hat beantragt,
17die Klage abzuweisen.
18Er hat an seinen Bescheiden festgehalten und unter Vorlage einer Stellungnahme eines Referatsleiters des Innenministeriums Nordrhein-Westfalen vom 31.03.2011 ergänzend die Auffassung vertreten, die Übernahme der Beschulungskosten an der T-Schule scheide schon deshalb aus, weil die Klägerin dort ihre Schulpflicht nicht erfüllen könne. Ein wichtiger Grund für die ausnahmsweise Erfüllung der Schulpflicht an einem anderen Ort als einer deutschen Schule im Sinne von § 34 Abs. 5 S. 2 SchulG NRW liege nicht vor. Denn die T-Schule sei keine Schule, sondern eine Tagesbildungsstätte, deren Besuch gemäß § 162 Nieders. SchulG zwar in Niedersachen, nicht hingegen in anderen Bundesländern der Schulpflicht genüge. In Nordrhein-Westfalen könnten Schulpflichtige ihre Schulpflicht lediglich an öffentlichen Schulen, Ersatzschulen oder an nach § 118 Abs. 2 SchulG NRW anerkannten Ergänzungsschulen erfüllen. Ohnehin entfalte die Entscheidung des Schulamtes vom 25.03.2009, welche die N-Schule als nächstgelegene Förderschule benenne, nicht nur für den Beklagten Tatbestandswirkung, sondern binde auch die Gerichte. Die Klägerin könne auch in Ansehung ihrer Behinderungen an der N-Schule angemessen beschult werden; insbesondere stehe dem ihre autistische Störung nicht entgegen. Insoweit hat der Beklagte ergänzend eine Stellungnahme des Zeugen L vom 02.11.2010 vorgelegt, auf deren Inhalt Bezug genommen wird.
19Das Sozialgericht hat eine Auskunft des Schulamts des Kreises H vom 22.02.2011 eingeholt. Danach hat das Schulamt mit seinem Bescheid vom 25.03.2009 keine konkrete und verbindliche Zuweisungsentscheidung im Sinne des § 46 Abs. 6 SchulG NRW getroffen; die N-Schule sei ohne nähere Prüfung ihrer Eignung allein als für den Förderbedarf der Antragstellerin abstrakt zuständiger Förderort benannt worden.
20Mit Urteil vom 16.06.2011 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Eingliederungshilfe in Form einer Übernahme der Kosten für den Besuch der T-Schule nach § 53 Abs. 1, § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII scheide schon deshalb aus, weil die Klägerin durch den Besuch einer in Niedersachsen gelegenen Tagesbildungsstätte ihrer Schulpflicht nach nordrhein-westfälischem Schulrecht nicht genüge und mindestens an einer geeigneten Schule in Nordrhein-Westfalen angemessen beschult werden könne. Der Bescheid des Schulamtes verpflichte die Klägerin zwar nicht bindend zu einem Besuch der darin benannten N-Schule. Gleichwohl habe das Schulamt diese Schule als abstrakt geeignet festgestellt; gesundheitliche Gründe, die dieser abstrakten Eignung entgegenstünden, seien nicht erkennbar. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil Bezug genommen.
21Gegen das ihrer Bevollmächtigten am 28.06.2011 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 27.07.2011 Berufung eingelegt. Sie trägt im Hinblick auf einen etwaigen Wechsel an die N-Schule ergänzend vor, sich auf neue Therapeuten kaum einlassen zu können und durch jegliche neue Umgebung und Umstellung in ihrem Entwicklungszustand weit zurückgeworfen zu werden. So habe sie nach einem Personalwechsel an der T-Schule bereits ein halbes Jahr und länger mit Schwierigkeiten kämpfen müssen. Die Konsequenzen eines Wechsels der Schule, der Bezugspersonen, der Therapeuten, des Schulprogramms, des Tagesablaufs sowie des Schulwegetransports seien für sie unzumutbar und dürften - im Anschluss an die zweitinstanzliche Beweisaufnahme, insbesondere ein Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. M - zu einer deutlichen Entwicklungsverzögerung führen. Zudem sei die Autismus-Förderung an der T-Schule wesentlich differenzierter als auf der N-Schule. Ihre Eltern hätten vor der Einschulung mehrfach bei der N-Schule vorgesprochen und nach einer individuell angepassten Förderung gefragt. Ihnen sei mitgeteilt worden, dass man zum Entspannen lediglich den sog. Snoezelen-Raum aufsuchen würde, wenn sie - die Klägerin - nicht in der Lage sei, lange im Klassenverband zu bleiben. Das WIE habe die Auskunft erteilt, für die in Kooperation mit der N-Schule durchgeführte autismusspezifische Einzelförderung gebe es Wartelisten. Auch würden autistische Kinder in C, also außerhalb der N-Schule, gefördert, was mit einer zusätzlichen Fahrt verbunden wäre. Während langer Fahrtzeiten füge sie sich aufgrund von Wahrnehmungsstörungen jedoch häufig Schmerzen zu. Ferner könnten in der Regel nur ihre Eltern ihren Gesundheitszustand richtig einschätzen; selbst Ärzte seien bei der Diagnose auf deren Hilfe angewiesen. Im November/Dezember 2013 sowie im Januar 2014 hätten ihre Eltern sie dreimal krankheitsbedingt von der Schule abholen müssen.
22In der mündlichen Verhandlung hat die Bevollmächtigte der Klägerin klargestellt, weder Leistungen nach dem Dritten oder Vierten Kapitel des SGB XII noch eine Übernahme von Fahrtkosten für den Schulbesuch geltend zu machen. Sie begehre vielmehr allein die Übernahme der Kosten für den Besuch der T-Schule.
23Die Klägerin beantragt,
24das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 16.06.2011 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 01.04.2010 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 06.07.2010 zu verpflichten, die Kosten des Besuchs der T-Schule in C durch die Klägerin seit August 2010 zu übernehmen,
25hilfsweise, über folgende Beweisanträge Beweis zu erheben:
261. Was ist für die Klägerin zumutbar, erforderlich und geeignet - der Schulweg mit dem Bus und der gesamte Schultag inklusive Abfahrt und Ankunft zu Hause zur N-Schule in H oder das Äquivalent (Schulweg und gesamter Schultag) zur T-Schule?
272. Wie schnell müssen die Eltern im Falle eines medizinischen Notfalls der Klägerin vor Ort sein und wie lange dauert die Fahrt zwischen Wohnort und N-Schule bzw. der T-Schule für die Eltern werktags tagsüber tatsächlich? Die gleiche Frage des tatsächlichen Weges gilt für die Fahrt des Vaters der Klägerin von seinem Arbeitsplatz in E.
28Der Beklagte beantragt,
29die Berufung zurückzuweisen.
30Er hält daran fest, dass schon der Bescheid des Schulamts dem geltend gemachten Anspruch entgegenstehe; denn dieser regle verbindlich die von der Klägerin zu besuchende Schulform. Zudem könne die Klägerin durch den Besuch der Tagesbildungsstätte in Niedersachsen ihre Schulpflicht nicht erfüllen. Durch eine antragsgemäße Verurteilung würde der Beklagte gezwungen, entgegen Art. 20 Abs. 3 GG die fortgesetzte Begehung einer - rechtlich unstreitigen - Ordnungswidrigkeit zu finanzieren. Die N-Schule sei für die Klägerin trotz deren Behinderungen geeignet. Hinsichtlich der Klassengröße und des Betreuungsschlüssels bestünden keine signifikanten Unterschiede zur T-Schule. Die Fahrtzeit zur N-Schule sei nicht viel länger als zur T-Schule. Die vom Sachverständigen Prof. Dr. M bei einem Wechsel des vertrauten Umfelds oder der Bezugspersonen angenommene temporäre Entwicklungsverzögerung träte bei einem Wechsel zur N-Schule lediglich einmalig auf. Dies sei der Klägerin zumutbar; denn auch andere Ereignisse, beispielsweise eine stationäre Krankenbehandlung oder ein Wechsel/Ausfall der Beschäftigten der T-Schule, könnten jederzeit den gleichen Effekt auslösen.
31Die mit Beschluss vom 05.08.2013 Beigeladenen stellen keinen Antrag.
32Der Beigeladene zu 2 hält die T-Schule zur Beschulung der Klägerin für geeignet. Bezüglich seiner Angaben zu dortigen Beschulungsbedingungen sowie die Entwicklung der Klägerin wird auf die Stellungnahmen der Schulleiterin der T-Schule vom 11.11.2013 und 31.01.2013 verwiesen.
33Der Senat hat zunächst Befundberichte des Facharztes für Kinderheilkunde und Jugendmedizin Dr. X und der Kinderärztin Dr. Q (SPZ) vom 13.09.2011 eingeholt. Ferner hat er die Klägerin betreffende Förderpläne und Zeugnisse sowie die Dokumentation des Fachdienstes für Autismus von der T-Schule beigezogen. Auf den Inhalt dieser Unterlagen wird Bezug genommen.
34Anschließend hat der Senat ein Gutachten des Facharztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Neurologie und Psychiatrie sowie Diplom-Psychologen Prof. Dr. M (Direktor der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters, Universitätsklinik L) vom 24.05.2012 nebst ergänzenden Stellungnahmen vom 12.11.2012 und 08.04.2013 eingeholt. In der mündlichen Verhandlung hat der Sachverständige seine gutachterlichen Ausführungen weiter erläutert. Wegen der Einzelheiten wird auf die schriftlichen Äußerungen des Sachverständigen sowie auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
35Der Senat hat zudem den Zeugen L schriftlich sowie in der mündlichen Verhandlung zu den Rahmenbedingungen der Beschulung an der von ihm geleiteten N-Schule befragt. Insoweit wird auf dessen schriftliche Auskunft vom 24.09.2013 sowie die Sitzungsniederschrift Bezug genommen. Darüber hinaus hat der Senat eine Stellungnahme des Zeugen L vom 24.04.2009 aus dem Verfahren L 20 SO 67/08 (LSG NRW) sowie den aktuellen Internetauftritt der N-Schule zum Gegenstand des Verfahrens gemacht; auch hierauf wird Bezug genommen.
36Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten, des Schulamtes des Kreises H sowie der Streitakten (gleichen Rubrums) S 2 SO 204/10 ER (SG Detmold) bzw. L 20 SO 450/10 ER (LSG NRW) Bezug genommen. Dieser ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
37Entscheidungsgründe:
38Die zulässige Berufung der Klägerin ist begründet.
39A. Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 01.04.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.07.2010 (§ 95 SGG). Da der Beklagte darin den Antrag der Klägerin auf Übernahme von Kosten für den Besuch der T-Schule "ab dem (.) Schuljahr 2010/2011" vollständig und zukunftsoffen abgelehnt hat, ist Streitgegenstand in zeitlicher Hinsicht der gesamte Zeitraum vom Beginn des Schuljahres 2010/2011 (= August 2010) bis zum Tag der mündlichen Verhandlung vor dem Senat (vgl. BSG, Urteil vom 15.04.2008 - B 14/7b AS 52/06 R Rn. 12 m.w.N.).
40B. Das Sozialgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 SGG) statthafte (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage 2012, § 54 Rn. 20a ff., 38 ff.; BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R Rn. 9) und auch im Übrigen zulässige Klage ist begründet. Der Beklagte hat die Übernahme der Kosten für den Besuch der T-Schule ab Beginn des Schuljahrs 2010/2011 zu Unrecht abgelehnt. Die Klägerin kann vom Beklagten gemäß §§ 53 ff., 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII i.V.m. § 12 Nr. 2 Eingliederungshilfeverordnung (EinglhVO) die Übernahme dieser Kosten ab August 2010 (= Beginn des Schuljahrs 2010/2011) beanspruchen (dazu im Folgenden). Sonstige Anspruchsgrundlagen kommen nicht in Betracht (dazu weiter unten).
41I. Der Beklagte - nicht hingegen der (als örtlicher Träger der Sozialhilfe) vorsorglich Beigeladene zu 1 - ist für die Erbringung der begehrten Leistungen sachlich und örtlich zuständig.
42Insofern mag insbesondere offen bleiben, ob es sich bei der T-Schule um eine teilstationäre Einrichtung handelt, für welche der Beklagte gemäß § 97 Abs. 2 S. 1 SGB XII i.V.m. §§ 1, 2 AG-SGB XII NRW i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 1a AV-SGB XII NRW und § 98 Abs. 2 S. 2 SGB XII als überörtlicher Träger Hilfen zu erbringen hat (vgl. zur - dort allerdings im Ergebnis offen gelassenen - Frage der Qualifizierung einer Schule als teilstationäre Einrichtung BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R).
43Denn der Beklagte ist (unabhängig von einer etwaigen originären Zuständigkeit) jedenfalls gemäß § 14 Abs. 2 S. 1 i.V.m. Abs. 1 SGB IX sachlich und örtlich für die streitbefangenen Hilfen zuständig. Nach diesen Vorschriften stellt der Rehabilitationsträger, sofern Leistungen zur Teilhabe erbracht werden, innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrags fest, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist (§ 14 Abs. 1 S. 1, 1. Halbsatz SGB IX). Hält er sich für unzuständig, so leitet er den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu (§ 14 Abs. 1 S. 2 SGB IX). Wird der Antrag nicht weitergeleitet, stellt der erstangegangene Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf selbst unverzüglich fest (§ 14 Abs. 2 S. 1 SGB IX). Auf diese Weise wird eine nach außen verbindliche Zuständigkeit des erstangegangenen Rehabilitationsträgers geschaffen, welche sich auf sämtliche Rechtsgrundlagen erstreckt, die in der Bedarfssituation in Betracht kommen (vgl. u.a. BSG, Urteil vom 24.01.2013 - B 3 KR 5/12 R m.w.N.).
44§ 14 Abs. 2 S. 1 SGB IX ist vorliegend anwendbar. Denn die Träger der Sozialhilfe - und damit auch der Beklagte - sind nach §§ 6 Abs. 1 Nr. 7 und Abs. 5 Nr. 4 SGB IX Rehabilitationsträger für Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft. Zu derartigen Leistungen gehören auch solche der Eingliederungshilfe nach §§ 53, 54 SGB XII (vgl. Luthe in jurisPK-SGB IX, § 55 Rn. 4).
45Auch die (weiteren) Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 S. 1 SGB IX sind erfüllt. Der Beklagte hat den Antrag der Klägerin auf Übernahme der Kosten für den Besuch der T-Schule vom 20.11.2009 nicht gemäß § 14 Abs. 1 S. 1 SGB IX innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrags (20.11.2009) und im Übrigen auch nicht im Anschluss daran an den Beigeladenen zu 1 oder einen anderen aus seiner Sicht zuständigen Rehabilitationsträger weitergeleitet. Folglich ist er nach § 14 Abs. 2 S. 1 SGB IX nicht nur sachlich, sondern auch örtlich zuständig geworden; denn diese Vorschrift legt sowohl die sachliche als auch die örtliche Zuständigkeit fest (Luik in jurisPK-SGB IX, § 14 Rn. 45 unter Hinweis auf Welti in Luthe, Rehabilitationsrecht, 2009, S. 154) und verdrängt die Regelung des § 98 SGB XII (Luik, a.a.O. unter Hinweis auf Welti, a.a.O., LSG Schleswig-Holstein vom 09.11.2005 - L 9 B 268/05 SO ER).
46II. Die materiellen Voraussetzungen der §§ 53, 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII i.V.m. § 12 Nr. 2 EinglhVO liegen ebenfalls vor.
47Nach §§ 53 Abs. 1, 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII erhalten die in § 53 Abs. 1 S. 1 SGB XII genannten Personen Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung, insbesondere im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht und zum Besuch weiterführender Schulen einschließlich der Vorbereitung hierzu, wenn und solange nach den Besonderheiten des Einzelfalls Aussicht besteht, dass die Aufgaben der Eingliederungshilfe erfüllt werden. Dabei bleiben die Bestimmungen über die Ermöglichung der Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht unberührt (§ 54 Abs. 1 S. 1. 2. Halbsatz SGB XII). Was dabei unter dem Begriff "angemessene Schulbildung" zu verstehen ist, wird im Rahmen des SGB XII nicht definiert. Jedoch bestimmt § 12 Nr. 2 EinglH-VO, dass die Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung auch Maßnahmen der Schulbildung umfasst, wenn diese erforderlich und geeignet sind, dem behinderten Menschen eine im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht üblicherweise erreichbare Bildung zu ermöglichen.
481. Die Klägerin gehörte aufgrund ihrer schwerwiegenden dauerhaften Behinderungen zu dem von § 53 Abs. 1 S. 1 SGB XII i.V.m. § 2 Abs. 1 S. 1 SGB IX erfassten Personenkreis.
49Nach § 53 Abs. 1 S. 1 SGB XII erhalten Personen, die durch eine Behinderung im Sinne von § 2 Abs. 1 S. 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, unter den dort genannten weiteren Voraussetzungen Leistungen der Eingliederungshilfe. Die Klägerin leidet - was zwischen den Beteiligen auch unstreitig ist - unter einer solchen wesentlichen Behinderung; denn ihre körperlichen Funktionen und geistigen Fähigkeiten weichen aufgrund eines Pallister-Kilian-Syndroms mit globaler Entwicklungsverzögerung, frühkindlichen Autismus sowie Verdachts auf eine schwerste Intelligenzminderung von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand erheblich ab. Wegen dieser Behinderungen ist ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft durchgehend und insbesondere auch in dem hier streitbefangenen Zeitraum seit Beginn des Schuljahrs 2010/2011 wesentlich beeinträchtigt. Der Senat folgt insoweit in erster Linie den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. M in seinem Gutachten vom 24.05.2012. Dieser ist aufgrund eingehender Untersuchung der Klägerin und sorgfältiger Befunderhebung unter Berücksichtigung der übrigen aktenkundigen medizinischen Unterlagen zu seiner Beurteilung gelangt. Zudem decken sich die von ihm erhobenen Diagnosen im Wesentlichen mit denjenigen in den Befundberichten bzw. Arztbriefen der die Klägerin behandelnden Ärzte Dres. X und Q aus den Jahren 2010 und 2011. Im Übrigen besteht bei der Klägerin aufgrund der genannten Einschränkungen ein sonderpädagogischer Förderbedarf; ein solcher begründet ohnehin stets die Annahme einer wesentlichen Behinderung im vorgenannten Sinne (vgl. BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R).
502. Zu den - somit für die Klägerin in Betracht kommenden - Hilfen für eine angemessene Schulbildung im Sinne des § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII gehören auch die hier streitbefangenen Kosten für den Besuch der T-Schule.
51Der Qualifizierung der Übernahme von Beschulungskosten als "Hilfen" im gesetzlichen Sinne steht nicht entgegen, dass die Klägerin nicht eine die Schulbildung begleitende Maßnahme, sondern die Übernahme der (gesamten) Kosten für den Besuch der T-Schule als solche begehrt.
52a) Zwar ist der Kernbereich der pädagogischen Arbeit der Schule - und damit im Regelfall auch das Schulgeld, mit welchem der Unterricht finanziert wird - den Regelungen der Eingliederungshilfe grundsätzlich entzogen (vgl. im Einzelnen BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R). Dies folgt schon aus dem Wortlaut des § 54 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII. Spricht dieser - ebenso wie § 12 EinglhVO - gerade von "Hilfen", so erfasst er grundsätzlich nur Maßnahmen, die im Zusammenhang mit der Ermöglichung einer angemessenen Schulbildung (in Ergänzung der Beschulung als solcher) geeignet und erforderlich sind, Behinderungsfolgen zu beseitigen und zu mildern. Dementsprechend betreffen die Regelbeispiele einer solchen Hilfe in § 12 EinglhVO nur die Schulbildung begleitende Maßnahmen (vgl. zu alledem BSG, a.a.O.).
53b) Gleichwohl verbleibt auch im Kernbereich der Schulbildung ausnahmsweise Raum für Leistungen der Eingliederungshilfe, wenn nämlich der Besuch einer öffentlichen (und damit für den Sozialhilfeträger kostenfreien) Schule aus objektiven Gründen (z.B. wegen der räumlichen Entfernung vom Wohnort) oder aus schwerwiegenden subjektiven (persönlichen) Gründen nicht möglich oder nicht zumutbar ist (so BVerwG, Beschluss vom 02.09.2003 - 5 B 259/02; vgl. BSG, Urteil vom 22.03.2012 - B 8 SO 30/10 R unter Bezugnahme auf BVerwG, Urteil vom 13.08.1992 - 5 C 70/88, sowie Beschluss vom 02.09.2003 - 5 B 259/02).
54Der Klägerin war der Besuch einer öffentlichen Schule jedoch aus schwerwiegenden subjektiven Gründen schon seit August 2010 nicht möglich bzw. nicht zumutbar.
55aa) Maßstab hierfür ist vor allem die Aufgabe der Sozialhilfe, dem Empfänger der Hilfe die Führung eines Lebens zu ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht, und ihn so weit wie möglich zu befähigen, unabhängig von ihr zu leben (vgl. § 1 SGB XII; vgl. insoweit auch BVerwG, Urteil vom 13.08.1992 - 5 C 70/88). Insofern mag vorliegend offen bleiben, ab wann die Grenze der Unzumutbarkeit überschritten sein kann, wenn - wie hier - die Übernahme der Kosten für den Besuch einer nicht vom zuständigen Schulträger bereitgestellten Schule streitbefangen ist. Jedenfalls dann, wenn seitens des zuständigen Schulträgers keine Schule zur Verfügung steht, die den Hilfebedürftigen unter Berücksichtigung seiner Behinderungen im Sinne des § 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII angemessen beschulen könnte, liegen schwerwiegende subjektive Gründe vor, welche Eingliederungshilfe durch Übernahme der (gesamten) Beschulungskosten ausnahmsweise zulassen.
56bb) So aber liegt es aber hier. Denn der Besuch der N-Schule - welche vom Beklagten sowie vom Schulamt des Kreises H als allein in Betracht kommende öffentliche Schule benannt wurde, und die mit Blick auf die räumlichen Verhältnisse auch die einzige in Nordrhein-Westfalen in Betracht kommende einschlägige Förderschule ist - ist der Klägerin unter Berücksichtigung ihrer schwerwiegenden Behinderungen seit Beginn des Schuljahrs 2010/2011 und auch später nicht zumutbar (dazu weiter unten). Vielmehr konnte und kann sie lediglich an der T-Schule angemessen beschult werden. Allein diese Schule ist im Sinne des § 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII i.V.m. § 12 Nr. 2 EinglhVO geeignet und - mangels Zumutbarkeit des Besuchs der N-Schule - auch erforderlich, der Klägerin eine im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht üblicherweise erreichbare Bildung zu ermöglichen (dazu im Folgenden).
57(1) Dabei steht - anders als der Beklagte meint - der Geeignetheit der T-Schule nicht etwa der bestandskräftige Bescheid des Schulamtes vom 24.03.2009 entgegen. Dieser benennt zwar die N-Schule (lediglich) als nächstgelegene Förderschule mit dem Förderschwerpunkt "Geistige Entwicklung". Er trifft jedoch - was die Schulbehörde in ihrer späteren Stellungnahme vom 22.02.2011 auch ausdrücklich bestätigt - weder inzident eine den Beklagten bindende Entscheidung über die Eignung der N-Schule, noch weist er der Klägerin die N-Schule im Sinne von § 46 Abs. 6 SchulG NRW als Förderschule konkret zu. Dementsprechend hat das Schulamt auf Anfrage des Senats in dem Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes L 20 450/10 B ER mit weiterem Schreiben vom 30.08.2010 ergänzend mitgeteilt, diese "Benennung" orientiere sich lediglich an den Bestimmungen zur Ausführung des § 97 Abs. 4 SchulG NRW bzw. der Schülerfahrkostenverordnung (SchfkVO) und bezeichne damit die örtlich nähere von zwei abstrakt für die Klägerin in Betracht kommenden Schulen im Kreis H. Eine Prüfung der Eignung der Schule unter behinderungsspezifischen Gesichtspunkten war damit jedoch nicht verbunden. Die Schulbehörden entscheiden zwar mit bindender Wirkung gegenüber dem Sozialhilfeträger, in welchem Umfang eine bestimmte Beschulung den geistigen und körperlichen Fähigkeiten eines behinderten Menschen entspricht, hingegen in der Regel nicht darüber, an welcher konkreten Schule die Beschulung zu erfolgen hat (vgl. hierzu den Beschluss des Senats vom 06.09.2010 - 20 SO 450/10 B ER). Aus schulrechtlichem Standpunkt verblieb der Klägerin vielmehr - was das Schulamt in der Stellungnahme vom 22.02.2011 selbst ausgeführt hat - letztlich ein Wahlrecht, welche geeignete Schule sie besuchen will.
58(2) Ebenso wenig steht einer Geeignetheit der T-Schule entgegen, dass die Klägerin durch den Besuch dieser niedersächsischen Tagesbildungsstätte ihrer Schulpflicht nach nordrhein-westfälischem Schulrecht nicht nachkäme.
59(a) Zwar können in Nordrhein-Westfalen Schulpflichtige ihre Schulpflicht grundsätzlich nur an öffentlichen Schulen, Ersatzschulen oder an nach § 118 Abs. 2 SchulG NRW anerkannten Ergänzungsschulen erfüllen (vgl. § 34 Abs. 5 S. 1 SchulG NRW). Insbesondere fehlt im SchulG NRW eine § 162 S. 1 Nieders. SchulG entsprechende Regelung, wonach Kinder und Jugendliche mit geistigen Behinderungen ihre Schulpflicht auch durch den Besuch einer anerkannten Tagesbildungsstätte erfüllen. Auch hat die zuständige Schulaufsichtsbehörde der Klägerin bislang keine Ausnahmegenehmigung (etwa nach § 34 Abs. 5 S. 3 SchulG NRW) erteilt und auch kein Ruhen der Schulpflicht (§ 40 Abs. 2 SchulG NRW) angeordnet.
60(b) Die nach niedersächsischem Recht erfolgte Erfassung der T-Schule als Tagesbildungsstätte kann indes (jedenfalls im Rahmen der Eingliederungshilfevorschriften) nicht ausschlaggebend sein. Der Senat hält vielmehr für entscheidend, dass der Bildungsauftrag der T-Schule (als Tagesbildungsstätte) inhaltlich mit dem Auftrag der in § 34 Abs. 5 S. 1 SchulG NRW genannten Schulen identisch ist. Vermittelt erstere nach ihrem gesamten Konzept inhaltlich wie die letzteren Wissen und Können an die Schülerinnen und Schüler, so leistet sie in der Sache eine ebenso geeignete Beschulung. Letztlich ist dies zwischen den Beteiligten auch nicht streitig.
61(c) Unabhängig hiervon ist die Erfüllung der Schulpflicht nach nordrhein-westfälischem Schulrecht ohnehin nicht Voraussetzung für Eingliederungshilfe als Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung im Sinne des § 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII. Schon § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 2. Halbsatz SGB XII, wonach die Bestimmungen über die Ermöglichung der Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht unberührt bleiben, lässt schulrechtliche Verpflichtungen grundsätzlich neben den sozialhilferechtlichen Pflichten bestehen, ohne dass diese sich gegenseitig inhaltlich beeinflussen (so ausdrücklich BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R). Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung sind vielmehr lediglich vorrangig an einer Einrichtung zu gewähren, durch deren Besuch der behinderte Mensch der allgemeinen Schulpflicht nach jeweiligem Landesrecht genügt.
62§ 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII lässt sich i.V.m. § 12 Nr. 2 EinglhVO und unter zusätzlicher Berücksichtigung des Nachranggrundsatzes (§ 2 Abs. 1 SGB XII) insofern entnehmen, dass nicht jedwede Hilfeleistung zu einer nach den Vorstellungen des behinderten Menschen bzw. seiner Erziehungsberechtigten bestmöglichen Schulbildung als Eingliederungshilfe verlangt werden kann. Vielmehr ist die schulische Förderung von Kindern nach Art. 7 Abs. 1 GG eine grundsätzlich allein den (öffentlichen) Schulträgern zugewiesene Aufgabe (BSG, Urteil vom 22.03.2012 - B 8 SO 30/10 R). Insbesondere besteht ein Ausschluss für die Übernahme von Schulkosten aufgrund der Gesetze der Länder, (zumindest) soweit die Schulbehörde der ihr möglichen vorrangigen Leistungsverpflichtung auch nachkommt (Voelzke, in Hauck/Noftz, SGB XII, 19. Erg.-Lfg. II/10, § 54 Rn. 44a; BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R). Steht hingegen fest, dass eine im Sinne von § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII angemessene Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht nicht zu erlangen ist, so kann unter dem Gesichtspunkt der Eingliederungshilfe die Übernahme von Kosten für eine anderweitige Beschulung des behinderten Menschen in Betracht kommen (LSG NRW, Urteil vom 15.05.2013 - L 20 SO 67/08; LSG Hessen, Urteil vom 22.11.2010 - L 9 SO 9/07 und zu § 35a SGB VIII; VGH Hessen, Urteil vom 20.08.2009 - 10 A 1799/08).
63Hierfür spricht schon der Wortlaut des § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII, der keinen abschließenden Leistungskatalog möglicher Eingliederungshilfen enthält, sondern von Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung (nur) "insbesondere" im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht spricht. Zudem umfassen nach § 12 Nr. 2 EinglhVO Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung auch solche Maßnahmen der Schulbildung, die erforderlich und geeignet sind, dem behinderten Menschen eine "im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht" (lediglich) "üblicherweise erreichbare" Bildung zu ermöglichen. Insofern bildet die allgemeine Schulpflicht also nur den Vergleichsmaßstab dafür, in welchem Umfang bzw. in welchem Maße Leistungen der Eingliederungshilfe auch außerhalb der allgemeinen Schulpflicht erbracht werden können.
64Diese Lesart wird zudem durch Sinn und Zweck der Eingliederungshilfevorschriften gestützt. Diese sollen nicht vorrangig sicherstellen, dass der nach §§ 53 ff. SGB XII berechtigte Personenkreis seiner Schulpflicht gerecht wird, sondern dem behinderten Menschen nach dem Willen des Gesetzgebers die Integration in die Gesellschaft ermöglichen. § 53 Abs. 3 S. 1 SGB XII bestimmt insoweit als besondere Aufgabe der Eingliederungshilfe, eine Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und die behinderten Menschen in die Gesellschaft einzugliedern. Hierzu gehört vor allem, ihnen die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern, ihnen die Ausübung eines angemessenen Berufs oder einer sonstigen angemessenen Tätigkeit zu ermöglichen oder (auch nur), sie so weit wie möglich unabhängig von Pflege zu machen (§ 53 Abs. 3 S. 2 SGB XII). Mit Blick auf diese Ziele kann es jedenfalls dann nicht dem Willen des Gesetzgebers entsprechen, einem behinderten Menschen nach den - im Übrigen bundesrechtlichen - Eingliederungshilfevorschriften der §§ 53 ff. SGB XII eine angemessene Beschulung außerhalb der jeweiligen Landesgrenzen mit der Begründung zu versagen, dass dort die Schulpflicht nach landesrechtlichen Vorschriften nicht erfüllt werde, wenn das landesrechtliche Schul(pflicht-)system selbst eine angemessene Beschulung nicht sicherstellt (vgl. hierzu schon den Beschluss des Senats vom 15.08.2012 - L 20 SO 309/12 ER).
65(d) Auf ein etwaiges schulrechtliches Wahl- und Bestimmungsrecht des behinderten Menschen bzw. seiner Eltern kommt es in diesem Zusammenhang im Übrigen von vornherein nicht an. Ein solches Wahlrecht ist allenfalls dann von Bedeutung, wenn (wie in dem der Entscheidung des BVerwG vom 26.10.2007 - 5 C 35.06 zugrunde liegenden Sachverhalt) der Besuch zweier Schulen im Raume steht, welche beide in das System der allgemeinen Schulpflicht des betroffenen Bundeslandes integriert sind. Im vorliegenden Fall liegt jedoch allein die N-Schule in Nordrhein-Westfalen, während sich die T-Schule in Niedersachen befindet.
66cc) Ausgehend von den dargestellten Kriterien ist mit Blick auf die Formulierungen in § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII (" angemessene Schulbildung ") und § 12 Nr. 2 EinglhVO (" üblicherweise erreichbare Bildung ") in einem ersten Schritt festzustellen, welches konkrete Bildungsziel für den behinderten Menschen in Betracht kommt (so auch Voelzke a.a.O. Rn. 40a; dazu im Folgenden). Daran anschließend ist zu prüfen, ob dieses Ziel mit den Möglichkeiten, welche das öffentliche Schulsystem für den Betroffenen bereithält, in zumutbarer Weise verfolgt werden kann oder nicht (dazu weiter unten). Im Rahmen dieses zweiten Prüfungsschritts sind unter "bereithalten" die Leistungen oder Rahmenbedingungen zu verstehen, die das öffentliche Bildungssystem dem behinderten Menschen tatsächlich zur Verfügung stellt, oder die der Betroffene im Rahmen zumutbarer Bemühungen rechtzeitig realisieren kann (vgl. das Urteil des Senats vom 15.05.2013 - L 20 SO 67/08; Scheider in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 18. Auflage 2010, § 53 Rn. 71; Voelzke a.a.O. Rn. 44a mit Hinweis m.w.N.; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15.06.2000 - 16 A 3108/99 Rn. 17 a.E. und Rn. 22).
67(1) Die für die Klägerin in Betracht kommenden Bildungsziele hat der Senat umfassend ermittelt; diese Bildungsziele werden an der von ihr besuchten T-Schule im Übrigen konsequent in geeigneter Weise verfolgt.
68(a) Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme, namentlich den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. M in seinen schriftlichen Äußerungen sowie seinen weiteren Erläuterungen in der mündlichen Verhandlung, ist der Senat davon überzeugt, dass das für die Klägerin anzustrebende Bildungsziel seit Beginn des streitbefangenen Zeitraums weit unterhalb der Qualifikation eines formalen Bildungsabschlusses (wie etwa eines Hauptschulabschlusses) anzusiedeln ist. Die Klägerin wird aller Voraussicht nach basale Fähigkeiten wie Rechnen, Lesen und Schreiben nicht erlernen. Vielmehr liegen ihre Lernziele - den nachvollziehbaren Darlegungen des Sachverständigen vor allem in seiner Stellungnahme vom 08.04.2013 sowie seinen mündlichen Erläuterungen folgend - im Wesentlichen darin, kommunikative und interaktive Fähigkeiten zu erlernen bzw. zu verbessern, Alltagsfertigkeiten zu erwerben und auszubauen sowie ihre Selbstbeschäftigung zu fördern. Das betrifft konkret erstens das Erlernen und Anwenden von Symbolen und Symbolhandlungen durch Bilder und Piktogramme für verschiedene Alltagssituationen und Kommunikationsanlässe (= Bereich der Kommunikation und sozialen Interaktion), zweitens die bessere Koordination der Abläufe des Essvorgangs und Erlangung einer größeren Selbständigkeit bei den Mahlzeiten sowie die Verbesserung der Körperhygiene (= Bereich der Alltagsfähigkeiten), und schließlich drittens die Intensivierung der Erkundung der Umgebung sowie das Begreifen und Ausüben einfacher Spiele oder Beschäftigungen (= Bereich der Selbstbeschäftigung).
69(b) Die T-Schule, deren Schulkosten vorliegend im Streit stehen, ist im Sinne des § 12 Nr. 2 EinglhV geeignet, der Klägerin diese Bildungsziele erfolgversprechend zu vermitteln. Das gilt sowohl mit Blick auf die Schülerzahl, die Klassengröße und die sonstigen Rahmenbedingungen (insbesondere die Dauer der Anfahrt zur Schule) als auch auf die von der Schule vorgehaltenen pädagogischen und therapeutischen Angebote sowie das Förderkonzept. Dies steht unter Berücksichtigung der von der Leiterin der T-Schule beschriebenen dortigen Umstände der Beschulung sowie der Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. M fest und wird auch vom Beklagten nicht bestritten. Der Sachverständige ist insoweit in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 08.04.2013 zu der Einschätzung gelangt, dass die T-Schule "in höchstem Maße" geeignet ist, die von ihm beschriebenen Lernziele zu fördern. Zweifel an dieser Beurteilung hat der Senat nicht. Sie erscheint insbesondere vor dem Hintergrund der vom Sachverständigen behinderungsbedingt für notwendig erachteten Rahmenbedingungen für die Beschulung der Klägerin sowie der diesbezüglichen Angaben der Schulleiterin der T-Schule in ihrer Stellungnahme vom 11.11.2013 sowie in der mündlichen Verhandlung schlüssig.
70(aa) Zwar kommt es nach den Feststellungen des Sachverständigen für die Beurteilung der Geeignetheit auf die Größe der T -Schule (nach den Angaben der Schulleiterin im Schuljahr 2013/2014 86 Schüler) und Klassen (5 bis 9 Schüler), die Dauer eines Schultags (von 8:00 Uhr bis 14:15 Uhr) sowie die Dauer der Fahrt zur Schule (ca. 17 Minuten) nicht entscheidend an. Im Hinblick auf den erheblichen Förderbedarf und die schnelle Überforderung der (u.a.) geistig schwerstbehinderten Klägerin bei Unruhe im Umfeld ist ihre adäquate Beschulung jedoch - den nachvollziehbaren Feststellungen des Sachverständigen folgend - nur dann möglich, wenn sie bei Bedarf kurzfristig aus der Klasse herausgenommen und ihr im Rahmen einer Einzelbetreuung (außerhalb oder innerhalb des Klassenraums) Möglichkeiten zum Stressabbau und Rückzug geboten werden können. Dass die T-Schule diesen Anforderungen gerecht wird, steht unter Zugrundelegung der Angaben der Schulleiterin vom 11.11.2013 fest. Danach wird jede Klasse konstant durch zwei Lehrkräfte sowie im Bedarfsfall durch zusätzliche Hilfskräfte betreut, die eine vorübergehende Einzelbetreuung der Klägerin jederzeit sicherstellen können.
71(bb) Darüber hinaus trägt das Konzept der T-Schule auch den Auswirkungen der bei der Klägerin bestehenden autistischen Störung und den insoweit von dem Sachverständigen nachvollziehbar für notwendig erachteten Beschulungsbedingungen hinreichend Rechnung.
72Der Sachverständige hat insofern (insbesondere in seiner ergänzenden Stellungnahme aus 12.11.2012) deutlich gemacht, dass die Klägerin einer konsequenten autismusspezifischen Förderung im Bereich der Schule bedarf, die nicht auf gelegentlich angebotene Einzelförderung im schulischen Kontext beschränkt sein, sondern sich zudem in der Gesamtkonzeption des Unterrichts und des schulischen Alltags widerspiegeln soll. Dabei sollten sämtliche Lehrer über grundlegende Kenntnisse und lerntheoretische Techniken (Verstärkung, Prompting, Fading), insbesondere der angewandten Verhaltensanalyse, im Umgang mit Kindern verfügen, welche unter einer Störung aus dem Autismusspektrum leiden. Das gilt nach den Ausführungen des Sachverständigen sowohl im Hinblick auf die soziale Interaktion und Kommunikation als auch auf die häufig begrenzten, repetitiven und stereotypen Verhaltensmuster solcher Kinder.
73Der Senat hat keine Zweifel an der Richtigkeit dieser Einschätzung des Sachverständigen. Sie erscheint vor allem mit Blick auf die von ihm in seinem Gutachten vom 24.05.2012 erhobenen Befunde, nach denen die Klägerin bereits im Schuljahr 2010/2011 unter einem frühkindlichen Autismus litt, schlüssig. Bestätigt werden diese Ausführungen im Übrigen durch den Zwischenbericht des EVK C vom 19.04.2010, in welchem Dres. C und Q (offenbar erstmals) eine tiefgreifende Entwicklungsstörung mit autistischen Zügen beschrieben haben. Zudem hat auch der Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin bzw. Neuropädiatrie Dr. L1, der die Klägerin während einer stationären neuropädiatrischen Rehabilitation und damit über einen längeren Zeitraum beobachten konnte, in seinem Behandlungsbericht vom 09.07.2010 wesentliche Symptome eines frühkindlichen Autismus (u.a. kaum vorhandene Kontaktaufnahme, kaum Entwicklung von aktiver Sprache, zwanghafte Verhaltensweisen, stereotype Verhaltensmuster, Abhängigkeit von vorgegebenen Mustern und Ritualen sowie Selbststimulation durch Zufügen von Schmerzen) festgestellt.
74(cc) Dass die Klägerin mit Blick auf ihren frühkindlichen Autismus besonderer Förderung bedarf, welche über eine Einzelförderung im Rahmen zeitlich begrenzter Therapieeinheiten hinausgeht und sich in der Gesamtkonzeption des Unterrichts und des schulischen Alltags widerspiegeln soll, hat der Sachverständige nachvollziehbar dargelegt. Danach erfordern die soziale Interaktion und Kommunikation sowie die häufig begrenzten, repetitiven und stereotypen Verhaltensmuster von Kindern, die unter einer autistischen Störung leiden, u.a. besondere lerntheoretische Techniken sowie das Zerlegen komplexer Handlungsfolgen in möglichst kleine Teilschritte, welche jeweils möglichst genau und konsistent sowie operant verstärkt werden müssen. Zudem bedarf es klarer Strukturen und Abläufe sowie der Visualisierung durch vor allem Bilder, Postkarten oder Handzeichen, welche oft erfolgreicher sind als eine komplexe Sprache, subtile Mimik und Gestik.
75Diesen Anforderungen trägt die T-Schule in geeigneter Weise - wenn nicht sogar in besonderem Maße - Rechnung. Nach den Angaben der Schulleiterin in ihrer Stellungnahme vom 11.11.2013 fördert der dortige Fachdienst für Autismus-Spektrum-Störungen die Schüler/innen, welche aufgrund eines frühkindlichen Autismus einen spezifischen Unterstützungsbedarf haben, nicht nur in Form von Einzeltherapien während der Schulzeit. Vielmehr ist der gesamte Schulalltag durch klare Strukturen, individuell angepasste Orientierungshilfen (z.B. sog. TEACCH-Uhren) und unterstützte Kommunikation geprägt. Sämtliche Lehrkräfte, pädagogische Mitarbeiter und Therapeuten, welche an der T-Schule unterrichten bzw. Therapien durchführen, sind zum einen im Hinblick auf die Auswirkungen einer Störung aus dem Autismusspektrum auf die Entwicklung der betroffenen Schüler/innen unter besonderer Berücksichtigung von Interaktion, Kommunikation und Verarbeitung der Wahrnehmung geschult. Zum anderen verfügen sie über Kenntnisse zur unterstützten Kommunikation durch "TEACCH" (= Treatment and Education of Autistic and related Communication handicapped Children, dt.: Behandlung und pädagogische Förderung autistischer und in ähnlicher Weise kommunikationsbehinderter Kinder), autismusspezifischer Verhaltenstherapie und leichter Sprache. Dabei findet neben externen Fortbildungsangeboten eine kontinuierliche Beratung und Supervision der (Lehr-)Kräfte durch den Fachdienst statt, wobei u.a. in Abständen von zwei Monaten für alle Lehrkräfte, deren Klasse von einem Schüler mit einer Störung aus dem Autismusspektrum besucht wird, weitergehende vertiefende Schulungen erfolgen.
76(dd) Die Beurteilung des Sachverständigen, der zufolge die T-Schule nach ihrem Schulkonzept geeignet ist, die Klägerin unter Berücksichtigung ihres frühkindlichen Autismus angemessen zu beschulen, wird zudem bestätigt durch die vorliegenden Befund- bzw. Arztberichte der die Klägerin behandelnden Ärzte. Diese sind übereinstimmend zu der Einschätzung gelangt, dass die Klägerin auch unter Berücksichtigung ihrer autistischen Störung in der T-Schule beschult werden kann.
77(2) Der Besuch der T Schule ist seit Schulbeginn (August 2010) nicht nur geeignet, sondern auch im Sinne des § 12 Nr. 2 EinglhVO erforderlich, um die Klägerin angemessen zu beschulen; denn die vom Sachverständigen Prof. Dr. M beschriebenen Lernziele können seither mit den Möglichkeiten, welche das öffentliche Schulsystem in Nordrhein-Westfalen für die Klägerin bereit hält, nicht in zumutbarer Weise verfolgt werden.
78Zunächst, d.h. zumindest im Schuljahr 2010/2011, war das Förderkonzept der (von der Beklagten einzig als geeignet benannten) N-Schule nicht ausreichend, um den Behinderungen der Klägerin gerecht zu werden (dazu im Folgenden). Anschließend war der Klägerin jedenfalls ein Schulwechsel behinderungsbedingt nicht mehr zumutbar (dazu weiter unten).
79(a) Im Anschluss an die Beweisaufnahme ist der Senat davon überzeugt, dass die N-Schule jedenfalls im Schuljahr 2010/2011 zur Erreichung der beschriebenen Förderziele (noch) nicht geeignet war. Zwar mögen unter Zugrundelegung der schriftlichen und mündlichen Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. M insbesondere die dortigen Schülerzahlen (nach den Bekundungen des Zeugen L im Verhandlungstermin seit dem Jahr 2010 zwischen ca. 180 und 169), die Klassenstärken (im Eingangsbereich sieben oder acht, später ca. zehn Schüler/innen), die tägliche Schulzeit (montags bis donnerstags 8.30 Uhr bis 15.00 Uhr, freitags bis 12.30 Uhr) und die Dauer des Schulwegs mit dem Schülerspezialtransport (maximal eine Stunde) einer dortigen Beschulung der Klägerin seit Schulbeginn nicht entgegenstehen. Auch bietet die N-Schule aufgrund ihres Betreuungsschlüssels in gleicher Weise wie die T-Schule die Möglichkeit, die Klägerin - wie vom Sachverständigen für notwendig erachtet - bei Bedarf kurzfristig aus der Klasse herauszunehmen und ihr im Rahmen einer Einzelbetreuung (außerhalb oder innerhalb des Klassenraums) Stressabbau und einen vorübergehenden Rückzug zu bieten. Der Senat legt insoweit ebenfalls die Angaben des Zeugen L in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 24.09.2013 sowie bei seiner Vernehmung in der mündlichen Verhandlung zugrunde. Danach erfolgt ca. 85 % des Unterrichts in Anwesenheit von zwei Lehrkräften; zusätzlich werden je nach Bedarf weitere Hilfskräfte (in der Regel mindestens eine) eingesetzt, insbesondere Mitarbeiter/innen im freiwilligen sozialen Jahr und Integrationshelfer/innen, die bei entsprechender Veranlassung jederzeit Schüler/innen auch außerhalb des Klassenraums betreuen können.
80Indes wurde das Förderkonzept der N-Schule zumindest im Schuljahr 2010/2011 der (im Zusammenhang mit den weiteren individuellen Einschränkungen infolge des Pallister-Kilian-Syndroms zu berücksichtigenden) autistischen Störung der Klägerin (noch) nicht gerecht. Das gilt sowohl im Hinblick auf die Unterrichtsgestaltung als auch auf die insofern notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten der Lehrkräfte. Zwar hat der Zeuge L in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 24.09.2013 ausgeführt, dass an der N-Schule nicht nur eine autismusspezifische Einzelförderung (in der Regel zwei Therapiestunden pro Woche) stattfinde, sondern auch eine entsprechende Förderung nach dem TEACCH-Konzept während des Unterrichts und im schulischen Alltag. Bei seiner Vernehmung in der mündlichen Verhandlung hat er jedoch klarstellend bekundet, das TEACCH-Konzept sei an der N-Schule erst im Laufe des Jahres 2011 und im Anschluss an eine (lediglich) eintägige Schulung der Lehrkräfte eingeführt worden; zuvor sei hingegen - wie von ihm in einer E-Mail an den Beklagten vom 02.11.2010 beschrieben - kein einheitliches innerschulisches Konzept für Schüler mit einer Störung aus dem Autismusspektrum angewandt worden. Im Übrigen entzog es sich der Kenntnis des Zeugen, in welchem Umfang die Lehrkräfte das erlernte TEACCH-Konzept (z.B. im Hinblick auf die notwendige Reduzierung verbaler Informationen) selbst gegenwärtig im Unterricht tatsächlich umsetzen. Dies zugrundelegend, fehlte es selbst nach dem Schuljahr 2010/2011 noch an konsequenter Beratung und Supervision der Lehrkräfte.
81(b) Es bedarf keiner abschließenden Klärung, ob die autismusspezifische Förderung jedenfalls in Folgeschuljahren an der N-Schule der spezifischen Behinderung der Klägerin hätte genügen können. Denn im Anschluss an ihre zu Recht an der T-Schule erfolgte Einschulung war ihr jedenfalls ein Wechsel zur N-Schule spätestens nach Absolvierung des ersten Schuljahrs (2010/2011) - wenn nicht schon (was der Senat offen lassen kann) nach Beendigung des Kindergartens B (Mitte des Jahres 2010) - aufgrund der Besonderheiten ihrer Behinderung, insbesondere mit Blick auf ihre autistische Störung, nicht mehr zumutbar.
82(aa) Der Senat legt seiner Beurteilung auch insoweit in erster Linie die Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. M zugrunde. Bereits in seinem Gutachten vom 24.05.2012 (daneben in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 08.04.2013) ist er zu der Einschätzung gelangt ist, ein Schulwechsel würde bei der Klägerin mit großer Wahrscheinlichkeit zu einer zeitweisen Verlangsamung der angestoßenen Lernprozesse führen; von einem solchen Wechsel hat er daher "klar abgeraten". Ergänzend hat er in seiner Stellungnahme vom 08.04.2013 einen Schulwechsel wegen der massiven Einschränkungen der Klägerin, ihrer autistischen Störung sowie ihrer aktuell sehr positiven Entwicklung aus kinder- und jugendpsychiatrischer Sicht für nicht vertretbar gehalten. In der mündlichen Verhandlung hat er schließlich auf ausdrückliches Befragen erklärt, schon zur Zeit der Einschulung (im Jahr 2010) den Besuch der - dem zuvor besuchten Kindergarten B angegliederten - T-Schule für klar empfehlenswert gehalten zu haben (ob bereits allein dies einer Einschulung der Klägerin an der N-Schule entgegengestanden hätte, kann der Senat indes offen lassen).
83Auch diese Beurteilung des Sachverständigen zur Unzumutbarkeit eines Schulwechsels hält der Senat für überzeugend. Zwar konnte der Sachverständige auch in der mündlichen Verhandlung nicht konkreter angeben, mit welchen Rückschritten im Einzelnen ein solcher Wechsel bei der Klägerin verbunden wäre. Gleiches gilt für das zu erwartende Ausmaß der Rückschritte, namentlich die Zeit, welche die Klägerin benötigen würde, um sie wieder aufzufangen. Der Senat hält dies mit Blick darauf, dass das Pallister-Kilian-Syndrom - den Ausführungen des Sachverständigen folgend - eine äußerst seltene Erkrankung ist, die eine derartige Prognose nur schwer zulässt, indes für nachvollziehbar. Dass eine Umschulung bei der Klägerin jedenfalls mit erheblichen Rückschritten verbunden ist, welche - so die Ausführungen im Gutachten vom 24.05.2012 - mit Rücksicht auf die massiven Beeinträchtigungen der Klägerin und die enorme Bedeutung auch kleiner Entwicklungsschritte nicht vertretbar erscheint, hat der Sachverständige jedoch mit "großer Sicherheit" bejaht. Bedenken an der Richtigkeit dieser Einschätzung hat der Senat nicht. Der Sachverständige hat insofern unter Berücksichtigung der aktenkundigen medizinischen und psychologischen Berichte sowie der Schilderungen der Eltern der Klägerin schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, dass jeder räumliche Wechsel für ein Kind mit dem Beschwerdebild der Klägerin eine große Verunsicherung bedeutet, und dass er mit Eingewöhnungsschwierigkeiten sowie Rückschritten einhergeht, weil zunächst viel Anstrengung auf die Anpassung an die neue Situation verwendet werden muss.
84(bb) Bestätigt wird diese Einschätzung durch die Diplom-Psychologin M und die Erzieherin N (I Klinik I). Diese haben in ihrem neuropsychologischen Abschlussbericht vom 16.07.2010 u.a. wegen der autistischen Störung der Klägerin von einer Änderung des gewohnten Umfelds bzw. von einer Beschulung in der N-Schule dringend abgeraten. Auch der Arzt für Kinder- und Jugendmedizin Dr. X hat in seinem Befundbericht vom 13.09.2011 im Zusammenhang mit einem Wechsel von Schule und Therapeuten auf eine (mögliche) Gefährdung der bisher gemachten Fortschritte hingewiesen.
85(cc) Der Einschätzung des Sachverständigen steht auch nicht entgegen, dass der Schulbericht des Kindergartens B aus Oktober 2008 von einer gelassenen Reaktion der Klägerin auf kurzzeitige Veränderungen spricht. Denn diese temporären Erlebnisse (z.B. durch Besuch des Zoos bzw. Besuche außenstehender Personen in der Gruppe) erfolgten - den glaubhaften Angaben der Schulleiterin T1 in der mündlichen Verhandlung folgend - innerhalb einer damals sehr konstanten personellen Grundsituation der Kindergartengruppe und ihrer Betreuer/innen. Ein Wechsel der Schule wäre für die Klägerin jedoch nicht nur mit kurzzeitigen räumlichen Veränderungen, sondern - neben einem geänderten Schulwegetransport, Tagesablauf und Schulprogramm sowie Verlust der gesamten bisherigen Mitschüler/innen - insbesondere auch mit einem Austausch sämtlicher Lehr- und Betreuungskräfte und damit der maßgebenden Bezugspersonen verbunden, welche die Klägerin während des gesamten Schulalltags begleiten und fördern. Derartig einschneidende und vielschichtige Veränderungen sind im Übrigen - entgegen der Auffassung des Beklagten - von vornherein nicht vergleichbar mit Umständen wie einem stationären Krankenhausaufenthalt oder einem Wechsel bzw. Ausfall einzelner Lehrkräfte oder Betreuungspersonen, die naturgemäß in jedem Schulalltag vorkommen können.
86(c) War - zusammenfassend - der Klägerin aber ein Schulwechsel spätestens nach Absolvierung des ersten Schuljahres (Schuljahr 2010/2011) behinderungsbedingt nicht mehr zumutbar, so war ihr - selbst wenn die N-Schule wegen zwischenzeitlich erweiterter autismusspezifischer Lehrinhalte geeignet gewesen sein sollte, die Klägerin angemessen zu beschulen - ein Wechsel auf diese Schule aus schwerwiegenden subjektiven Gründen (s.o.) unmöglich bzw. unzumutbar. Der (weitere) Besuch der T-Schule war aus diesem Grund auch über das Schuljahr 2010/2011 hinaus erforderlich im Sinne des § 12 Nr. 2 EinglhVO.
87dd) Der Umstand, dass die Klägerin ihre Schulbildung an der T-Schule entgegen der angefochtenen Entscheidung des Beklagten aufgenommen und auf diese Weise vollendete Tatsachen geschaffen hat, steht der Übernahme der Kosten für den Besuch der T-Schule von vornherein nicht entgegen. Das gilt zumindest für das Schuljahr 2010/2011 schon deshalb, weil die N-Schule (deren Besuch der Beklagte in den angefochtenen Bescheiden für angemessen erachtet hat) seinerzeit keine geeignete, auf die Besonderheiten der zusammenwirkenden Behinderungen der Klägerin abgestellte Förderung zur Verfügung hätte stellen können (s.o.). Für die Folgezeit aber war schon wegen Unzumutbarkeit eines Schulwechsels der weitere Besuch der T-Schule für die weitere Eingliederung der Klägerin unverzichtbar.
88Der Senat weicht insofern nicht von seinem früheren Urteil vom 15.05.2013 - L 20 SO 67/08 ab. Zwar ist dort ausgeführt, dass die dortige Klägerin keine Vorteile daraus ziehen darf, dass sie entgegen der von ihr angefochtenen Entscheidung des Beklagten ihre Schulausbildung zunächst an der T-Schule begonnen hat und nunmehr mangels Anspruchs auf Übernahme der Beschulungskosten auf die N-Schule wechseln muss. In jenem Fall ließ sich jedoch - anders als jetzt - nicht feststellen, dass die (insoweit beweispflichtige) dortige Klägerin an der N-Schule nicht hätte angemessen beschult werden können, und dass deshalb eine Umschulung unzumutbar wäre. Unterscheiden sich jener und der vorliegende Sachverhalt deshalb wesentlich, so kann im jetzigen Fall (bei dem kein Ermittlungsausfall vorliegt) offen bleiben, ob und inwiefern "Verschuldensgesichtspunkte" (die im Recht der Sozialhilfe einen zu deckenden Bedarf ohnehin grundsätzlich nicht entfallen lassen, sondern allenfalls unter engen Voraussetzungen eine Leistungseinschränkung bzw. einen Erstattungsanspruch nach sich ziehen können; vgl. § 26 bzw. § 103 SGB XII) hinsichtlich der getroffenen Schulwahl berücksichtigungsfähig sind.
893. Dem Anspruch der Klägerin auf Übernahme ihrer Beschulungskosten an der T-Schule als Eingliederungshilfe stehen sonstige Hindernisse nicht entgegen. Insbesondere verfügte die Klägerin durchgehend seit Schuljahresbeginn 2010/2011 weder über anzurechnendes Einkommen noch Vermögen (wobei letzteres bei den hier in Rede stehenden Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung ohnehin nicht anspruchsmindernd oder -ausschließend zu berücksichtigen wäre - vgl. § 92 Abs. 2 S. 2 i.V.m. S. 1 Nr. 2 i.V.m. SGB XII - und ersteres auf die Aufbringung der Mittel für die Kosten des Lebensunterhalts beschränkt wäre - vgl. § 92 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SGB XII -).
90C. Sonstige Anspruchsgrundlagen für eine Übernahme von Kosten im Zusammenhang mit der Beschulung der Klägerin existieren nicht.
91I. Leistungen der Eingliederungshilfe des Jugendhilfeträgers nach § 35a SGB VIII scheiden aus. Zwar mag der frühkindliche Autismus der Klägerin eine seelische Behinderung im Sinne des § 35a Abs. 1 und 3 SGB VIII sein; eine solche kann grundsätzlich zu einer Leistungszuständigkeit des Jugendhilfeträgers führen. Leidet die Klägerin jedoch zumindest auch unter einer wesentlichen geistigen Behinderung, ist nach der Abgrenzungsregelung des § 10 Abs. 4 S. 2 SGB VIII der beklagte Sozialhilfeträger vorrangig zuständig (vgl. zu dieser Abgrenzung ausführlich etwa Urteil des Senats vom 18.01.2013 - L 20 SO 170/11 Rn. 59 ff. m.w.N.). Aus diesem Grund bedurfte es von vornherein keiner Beiladung des Jugendhilfeträgers.
92II. Schließlich wurde in der mündlichen Verhandlung für die Klägerin ausdrücklich klargestellt, dass Leistungen nach dem Dritten bzw. Vierten Kapitel des SGB XII (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 Rn. 18) nicht geltend gemacht werden.
93D. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 S. 1 SGG und folgt der Entscheidung in der Sache.
94E. Der Senat lässt die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zu (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 26.06.2012 wird zurückgewiesen. Der Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers auch für das Berufungsverfahren. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt. Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Der Kläger begehrt die Übernahme der Kosten für den Besuch einer Tagesbildungseinrichtung in Niedersachsen seit Beginn des Schuljahrs 2008/2009.
3Der am 00.00.2001 geborene Kläger, der über kein Einkommen verfügt, leidet im Wesentlichen an einer leichten Intelligenzminderung (IQ von 62) sowie einer generalisierten Angststörung.
4Von August 2005 bis 2008 besuchte er den heilpädagogischen Kindergarten am T in Bad M (Niedersachsen). Dieser ist von seinem Wohnort ca. 14,5 km entfernt; Träger ist der Beigeladene zu 2. Die Kosten für die heilpädagogischen Leistungen und die Fahrten zwischen Wohnung und Einrichtung übernahm der Beklagte unter Heranziehung der Eltern zu einem monatlichen Kostenanteil zunächst bis zum voraussichtlichen Beginn der Schulpflicht (Bescheide vom 17.12.2004 und 16.08.2005) sowie - nach Zurückstellung des Klägers vom Schulbesuch für das Schuljahr 2007/2008 - bis Juli 2008 (Bescheid vom 22.08.2007).
5Im Hinblick auf die bevorstehende Einschulung des Klägers stellte der Beigeladene zu 1 mit (bestandskräftig gewordenen) Bescheiden vom 12.06.2007 und 11.06.2008 den sonderpädagogischen Förderbedarf des Klägers im Förderschwerpunkt "Geistige Entwicklung" fest und wies den Kläger mit Wirkung vom 01.08.2007 einer entsprechenden Förderschule zu. Dabei ging der Beigeladene zu 1 im Bescheid vom 11.06.2008 davon aus, dass der Kläger demnächst die N-Schule in H als nächstgelegene entsprechende (nordrhein-westfälische) Förderschule besuchen werde. Anderenfalls sollten die Eltern den Beigeladenen zu 1 und die N-Schule informieren. Grundlage der Bescheide war u.a. ein pädagogisches Gutachten der Sonderschullehrerinnen C und I vom 30.05.2007, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird.
6Die N-Schule ist etwa 27 km von der Wohnung des Klägers entfernt; mittels Sammelbeförderung (Schülerspezialverkehr) würde ein Transport des Klägers zu dieser Schule pro Weg maximal 60 Minuten dauern. Der Unterricht an der N-Schule beginnt montags bis freitags gleitend zwischen 8.15 Uhr und 8.30 Uhr. Er endet montags bis donnerstags um 15.00 Uhr, freitags um 12.30 Uhr. Wegen der weiteren Rahmenbedingungen der dortigen Beschulung, u.a. der Größe der Schule und Klassen, der Organisation, des Förderkonzepts sowie des Betreuungsschlüssels wird auf die Bekundungen des dortigen Schulleiters, des Zeugen L, in dem zwischen den Beteiligten anhängig gewesenen Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes (Sozialgericht Detmold - S 16 SO 10/09 ER) sowie in der öffentlichen Sitzung vom 11.06.2014 des bei dem Senat anhängig gewesenen Streitverfahrens L 20 SO SO 418/11 Bezug genommen; die damalige Sitzungsniederschrift hat der Senat zum Gegenstand des vorliegenden Verfahrens gemacht.
7Mit Beginn des Schuljahrs 2008/2009 meldeten die Eltern den Kläger nicht auf der N-Schule, sondern auf der T-Schule in Bad M an. An dieser Schule wird der Kläger seither gefördert.
8Die T-Schule ist eine vom Land Niedersachsen anerkannte Tagesbildungsstätte. Sie liegt auf dem gleichen Gelände wie der Kindergarten Am T; Träger der Schule ist ebenfalls der Beigeladene zu 2. Die Fahrtzeit von der Wohnung des Klägers zur ca. 14,5 km entfernten Schule beträgt ausweislich eines verbreitet genutzten Routenplaners (www.falk.de/routenplaner) 17 Minuten; die Transportzeit mittels Sammelbeförderung (Schülerspezialverkehr) beträgt nach den Angaben der Eltern des Klägers etwa 20 bis 25 Minuten. Der Unterricht findet montags bis freitags von 7.45 Uhr bis 14.15 Uhr statt. Bezüglich der Rahmenbedingungen der Beschulung an der T-Schule wird auf die Bekundungen der Schulleiterin T1 in der öffentlichen Sitzung des Senats vom 11.08.2015 sowie im Eilverfahren (Sozialgericht Detmold - S 16 SO 10/09 ER) vom 20.08.2009 verwiesen. Die Kosten für den Besuch der T-Schule (zunächst monatlich ca. 2.100,00 EUR, seit Januar 2013 ca. 2.200 EUR und seit Januar 2014 ca. 2.500 EUR) trägt der Beklagte seit Januar 2009 vorläufig aufgrund einer entsprechenden einstweiligen Anordnung (Beschluss des Sozialgerichts Detmold vom 10.02.2009 - S 16 SO 10/09 ER; die dagegen eingelegte Beschwerde des Beklagten blieb erfolglos; LSG NRW, Beschluss vom 31.03.2010 - L 12 B 19/09 SO ER).
9Am 17.06.2008 beantragten die Eltern des Klägers beim Beklagten die Übernahme der Beschulungskosten des Klägers an der T-Schule ab Beginn des Schuljahres 2008/2009 als Leistung der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII. Dabei verwiesen sie im Wesentlichen auf die im Vergleich zur N-Schule kleineren Klassen und geringeren Schülerzahlen sowie die wesentlich geringere Entfernung von der Wohnung der Familie. Zudem sei es für den Kläger, der bereits im Kindergarten einer längeren Eingewöhnungsphase bedurfte habe, wesentlich einfacher, in der ihm schon vertrauten Umgebung des Kindergartens zu bleiben.
10Mit Bescheid vom 17.07.2008 in der Gestalt des (nach Beteiligung sozial erfahrener Personen i.S.d. § 116 Abs. 2 SGB XII ergangenen) Widerspruchsbescheides vom 05.11.2008 lehnte der Beklagte den Antrag ab. Der Kläger könne an der N-Schule in H und damit in Nordrhein-Westfalen angemessen und unentgeltlich gefördert werden. Die N-Schule sei zur Förderung des Klägers geeignet. Der Beigeladene zu 1 habe dem Kläger diese Schule durch Bescheide vom 11.06.2007 und 11.06.2008 für den Beklagten bindend zugewiesen. Mit der Zuweisungsentscheidung sei inzident auch eine Entscheidung über die Zumutbarkeit der täglichen Schülersammelbeförderung getroffen worden. Zwar sei auch die T-Schule geeignet, den Kläger angemessen zu beschulen. Die dortige Förderung sei jedoch mit unverhältnismäßig hohen Kosten verbunden. Eine Beschulung an der T-Schule sei daher nach dem Subsidiaritätsprinzip (§ 2 Abs. 1 SGB XII) nicht notwendig und wegen der damit verbundenen Mehrkosten auch nicht durch das Wunsch- und Wahlrecht (§ 9 SGB XII) gerechtfertigt. Dies gelte auch, wenn durch kleinere Klassen an der T-Schule sowie die dem Kläger dort bereits vertraute Umgebung und somit kürzere Eingewöhnungszeit eine optimierte Förderung stattfinden könne.
11Mit seiner am 25.11.2008 bei dem Sozialgericht Detmold erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Er ist bei seiner Auffassung verblieben, dass ihm wegen seiner Behinderungen ein Besuch der N-Schule nicht möglich sei. Die Schule sei wesentlich größer als die T-Schule und die Klassen mit teilweise mehr als zehn Schülern erheblich stärker. An der T-Schule sei die Betreuung vor allem wegen der Bildung von Kleingruppen in bestimmten Fächern (wie Mathematik, Deutsch und Sachkunde) intensiver. Insbesondere im Fach Deutsch benötige der Kläger eine kleine Klasse, weil er stark sprachverzögert sei. Bei einer Besprechung an der N-Schule habe den Eltern nicht zugesichert werden können, dass logopädische Maßnahmen während der Schulzeit erfolgen könnten; denn es sei nicht klar gewesen, ob ausreichend Therapeuten vorhanden seien. Auch weitere Fördermaßnahmen, wie therapeutisches Reiten oder Schwimmen, würden dort nicht immer ausreichend angeboten. Zudem wäre der Schultag für ihn an der N-Schule zu lang. Hinzu käme eine Fahrtzeit mit dem Schülerspezialtransport von mehr als 60 Minuten; dies belaste ihn wegen seiner Aufmerksamkeitsstörung und behinderungsbedingten Bewegungsunruhe erheblich. Abgesehen davon sei er anschließend nicht aufnahmefähig. Nach Schulschluss stattfindende Therapien seien deutlich weniger erfolgversprechend. Da der Kläger vor Schulbeginn den heilpädagogischen Kindergarten in Bad M besucht habe, sei die Einschulung an der im selben Gebäude befindlichen T-Schule wesentlich einfacher und dadurch entwicklungsfördernder gewesen. Da er auf Veränderungen äußerst sensibel und durch körperliche Begleiterscheinungen reagiere, sei ihm auch ein Schulwechsel nicht zumutbar. So habe er wegen einer für April 2012 geplanten Klassenfahrt bereits seit Ende des Jahres 2011 unter einer deutlichen Unruhe gelitten und vermehrt eingenässt; sein ohnehin eingeschränktes Konzentrationsvermögen sei noch weiter reduziert gewesen. Zur Stützung seines Vorbringens hat der Kläger auf ein von seinen Eltern in Auftrag gegebenes Gutachten des Facharztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie sowie -psychotherapie D vom 08.10.2008 sowie dessen ergänzende Ausführungen im Eilverfahren, eine Stellungnahme der Heilpädagogin L1 aus Juni 2008, ein im Eilverfahren von Amts wegen in Auftrag gegebenes Gutachten des Facharztes für Kinder- und Jugendpsychosomatik, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. H vom 21.02.2010 sowie die dortige Vernehmung des Kinderarztes des Klägers, Dr. X, verwiesen. Ferner hat der Kläger eine Stellungnahme des Sprachtherapeuten H A vom 12.09.2009 sowie des Allgemeinmediziners Dr. T vom 22.05.2012 vorgelegt. Auf den Inhalt dieser Unterlagen wird Bezug genommen. Die Bescheide des Beigeladenen zu 1 - so der Kläger weiter - stünden einer Beschulung an der T-Schule nicht entgegen; denn eine konkrete Zuweisung zur N-Schule sei darin nicht erfolgt. Ebenso wenig sei bedeutsam, dass es sich bei der T-Schule um eine niedersächsische Tagesbildungsstätte handele. Der Kläger könne auch dort seine Schulpflicht erfüllen.
12Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
13den Bescheid vom 17.07.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.11.2008 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, die Kosten für die Beschulung in der T-Schule in Bad M ab der Einschulung zu übernehmen.
14Der Beklagte hat beantragt,
15die Klage abzuweisen.
16Er hat an seinen Bescheiden festgehalten und unter Vorlage einer Stellungnahme eines Referatsleiters des Innenministeriums Nordrhein-Westfalen vom 31.03.2011 ergänzend die Auffassung vertreten, die Übernahme der Beschulungskosten an der T-Schule scheide schon deshalb aus, weil der Kläger dort seine Schulpflicht nicht erfüllen könne; denn die T-Schule sei keine Schule, sondern eine Tagesbildungsstätte, deren Besuch gemäß § 162 des Niedersächsischen Schulgesetzes (Nieders. SchulG) zwar in Niedersachen, nicht hingegen in anderen Bundesländern der Schulpflicht genüge. In Nordrhein-Westfalen könnten Schulpflichtige ihre Schulpflicht lediglich an öffentlichen Schulen, Ersatzschulen oder an nach § 118 Abs. 2 SchulG anerkannten Ergänzungsschulen erfüllen. Ohnehin entfalte die Entscheidung des Beigeladenen zu 1, welche als Schulform eine Förderschule benenne, nicht nur für den Beklagten Tatbestandswirkung, sondern binde auch die Gerichte. Bei der T-Schule handele es sich aber nicht um eine Förderschule im Sinne dieser Zuweisungsentscheidung. Abgesehen davon stehe die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) der Übernahme der Beschulungskosten an der T-Schule entgegen; denn Art. 24 Abs. 2 lit. a UN-BRK verpflichte die Vertragsstaaten lediglich dazu, Menschen mit Behinderungen nicht behinderungsbedingt von einem unentgeltlichen Schulbesuch auszuschließen. Der Besuch der T-Schule sei jedoch nicht unentgeltlich. Im Übrigen könne der Kläger in Ansehung seiner Behinderungen (auch) an der N-Schule angemessen beschult werden. Insbesondere die Fahrtzeit zur Schule mit dem Schülerspezialverkehr sei dem Kläger zumutbar; anderenfalls sei der Schulträger verpflichtet, die Kosten für eine Beförderung mit Privatfahrzeugen zu tragen. Ein Schulwechsel könne dem Kläger abverlangt werden. Dauerhafte Nachteile seien hiermit jedenfalls nicht verbunden. Die Einschätzung des Privatgutachters D, der Kläger benötige überdurchschnittlich lange, um sich gegenüber neuen Therapeuten zu öffnen, überzeuge nicht. Der Arzt habe den Kläger im Rahmen der Diagnostik als offenes, kontaktfreudiges Kind erlebt. Zudem sei auch der Wechsel vom Kindergarten in die Schule gelungen.
17Der Beigeladene zu 1 hat keinen Antrag gestellt.
18Er hat die Auffassung vertreten, den Kläger in seinen Bescheiden vom 12.06.2007 und 11.06.2008 nicht verbindlich der N-Schule zugewiesen zu haben. Auch könne der Kläger an der T-Schule seine Schulpflicht erfüllen. Die N-Schule sei jedoch ebenfalls geeignet, den Kläger angemessen zu beschulen. Allerdings habe der Kreis H als Schulträger eine Übernahme der Kosten für eine Einzelbeförderung des Klägers zur N-Schule abgelehnt; auf das entsprechende Schreiben des Schulträgers vom 26.05.2011 wird verwiesen.
19Das Sozialgericht hat den Sachverständigen Dr. H um ergänzende Stellungnahme zu seinem (im Eilverfahren erstatteten) Gutachten vom 21.02.2010 gebeten. Auf den Inhalt der ergänzenden Stellungnahme vom 11.02.2012 wird Bezug genommen.
20Mit Urteil vom 26.06.2012 hat das Sozialgericht den Beklagten verurteilt, die Kosten der Beschulung des Klägers an der T-Schule seit Einschulung zu übernehmen. Die Förderung des Klägers an dieser Schule sei i.S.d. §§ 53, 54 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII i.V.m. § 12 Nr. 2 EinglhVO geeignet und erforderlich, um ihm eine im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht üblicherweise erreichbare Bildung zu ermöglichen. Nach der Beurteilung des Sachverständigen Dr. H bestünden erhebliche Zweifel, dass die N-Schule geeignet sei, den Kläger angemessen zu beschulen. Dies gelte zum einen wegen der Dauer der Fahrzeit, zum anderen im Hinblick auf die für einen Schulwechsel notwendige, dem Kläger jedoch unzumutbare Umstellungsleistung; denn werde die Integration in einem Ausmaß unterbrochen, dass - wie von Dr. H im günstigen Fall für die Dauer von einem halben bis zu einem Jahr angenommen - ggf. ein ganzes Schuljahr verloren gehe, so sei ein Schulwechsel nicht zumutbar. Ob Abweichendes gelte, wenn die Fahrtzeit zur N-Schule durch eine Einzelbeförderung reduziert werden könne, könne offen bleiben; denn der Schulträger habe dies mit Schreiben vom 26.05.2011 abgelehnt. Auf eine ggf. notwendige gerichtliche Durchsetzung der Einzelbeförderung gegenüber dem Kreis H könne der Kläger aber nicht zumutbar verwiesen werden. Der Kläger erfülle durch den Besuch der T-Schule auch seine Schulpflicht. Zudem habe der Beigeladene zu 1 ihm keine konkrete Schule zugewiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gründe der Entscheidung Bezug genommen.
21Gegen das ihm am 16.07.2012 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 03.08.2012 Berufung eingelegt. Er trägt im Hinblick auf die Dauer der Fahrtzeit ergänzend vor, es existierten keine fundierten wissenschaftlichen Studien über einen Zusammenhang zwischen der Länge der Transportzeiten und der anschließenden Lern- und Arbeitsfähigkeit von Schülern. Auch die Beweisaufnahme im Berufungsverfahren habe nicht ergeben, dass dem Kläger ein Wechsel an die N-Schule unzumutbar sei. Die von dem Sachverständigen Prof. Dr. M für den Fall eines Schulwechsels prognostizierte Umgewöhnungszeit von bis zu zwei Jahren überzeuge nicht; der Kläger sei während der dortigen Untersuchung offen und angstfrei aufgetreten. Ohnehin seien die Eltern des Klägers das Risiko eines möglichen Schulwechsels bei dessen Einschulung bewusst eingegangen.
22Der Beklagte beantragt,
23das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 26.06.2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
24Der Kläger beantragt,
25die Berufung zurückzuweisen.
26Er fühlt sich durch die Beurteilung des zweitinstanzlich mit einem Gutachten beauftragten Sachverständigen Prof. Dr. M bestätigt. Im Hinblick auf die notwendige Vertrautheit des Umfeldes und der Bezugspersonen wäre eine Beschulung an der N-Schule schon bei seiner Einschulung nicht geeignet gewesen. Er reagiere auch weiterhin auf Veränderungen intensiv. Ein schulorganisatorisch notwendiger Wechsel der Klassenlehrerin zum 06.01.2015 habe zu psychischen Beschwerden (Unausgeglichenheit, Unzufriedenheit und Empfindsamkeit) und auch körperlichen Symptomen (Magenkrämpfe und Bauschmerzen) geführt, die hausärztlich mehrfach hätten behandelt werden müssen. In der mündlichen Verhandlung hat der Bevollmächtigte des Klägers klargestellt, keine Leistungen nach dem Dritten und Vierten Kapitel des SGB XII geltend zu machen.
27Der Beigeladene zu 1 stellt keinen Antrag.
28Er trägt vor, die T-Schule sei in besonderer Weise in der Lage, den individuellen pädagogischen Bedürfnisses des Klägers gerecht zu werden. Es sei daher weiterhin nicht beabsichtigt, eine etwaige Schulpflichtverletzung zu ahnden. Eine Umstellungszeit von sechs- bis zwölf Monaten, wie sie der Sachverständige Dr. H in seinem Gutachten für den Fall eines Schulwechsels angenommen habe , sei bezogen auf die gesamte Schulzeit zumutbar.
29Der Beigeladene zu 2 und der mit Beschluss des Senats vom 28.07.2015 Beigeladene zu 3 stellen keine Anträge und äußern sich nicht zu dem Verfahren.
30Der Senat hat zunächst die den Kläger betreffenden Leistungsnachweise, Zeugnisse und den Therapieplan von der T-Schule angefordert. Auf den Inhalt dieser Unterlagen wird verwiesen.
31Anschließend hat der Senat ein Gutachten des Facharztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie Prof. Dr. M (seinerzeit Direktor der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters, Universitätsklinik L) eingeholt. In der mündlichen Verhandlung hat der Sachverständige seine gutachterlichen Ausführungen vom 08.05.2014 weiter erläutert. Wegen der Einzelheiten wird auf die schriftlichen Ausführungen des Sachverständigen sowie auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
32Darüber hinaus hat die Schulleiterin der T-Schule in der mündlichen Verhandlung zu den dortigen Rahmenbedingungen der Beschulung und der Reaktion des Klägers auf Veränderungen Stellung genommen. Auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift wird insofern verwiesen.
33Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, der beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten sowie der Streitakten (gleichen Rubrums) S 16 SO 10/09 ER (SG Detmold) bzw. L 12 B 19/09 SO ER (LSG NRW) Bezug genommen. Dieser ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
34Entscheidungsgründe:
35Die zulässige Berufung des Beklagten ist unbegründet.
36A) Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 17.07.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.11.2008 (§ 95 SGG). Da der Beklagte darin den Antrag des Klägers auf Übernahme der Kosten für den Besuch der T-Schule ab dem Schuljahr 2008/2009 vollständig und zukunftsoffen abgelehnt hat, ist Streitgegenstand in zeitlicher Hinsicht der gesamte Zeitraum vom Beginn des Schuljahres 2008/2009 bis zum Tag der mündlichen Verhandlung vor dem Senat (so entsprechend zur vollständigen Ablehnung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende in Form von Arbeitslosengeld II BSG, Urteil vom 15.04.2008 - B 14/7b AS 52/06 R Rn. 12 m.w.N.).
37B) Das Sozialgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Die als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 SGG) statthafte (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 54 Rn. 20a ff., 38 ff.; BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R Rn. 9) und auch im Übrigen zulässige Klage ist begründet.
38Der Beklagte hat die Übernahme der Kosten für den Besuch der T-Schule ab Einschulung des Klägers zu Unrecht abgelehnt. Der Kläger kann von dem Beklagten gemäß §§ 53 ff., 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII i.V.m. § 12 Nr. 2 EinglhVO) die Übernahme dieser Kosten ab August 2008 (= Beginn des Schuljahrs 2008/2009) beanspruchen (dazu im Folgenden). Sonstige Anspruchsgrundlagen kommen nicht in Betracht (dazu weiter unten).
39I. Der Beklagte - nicht hingegen der (als örtlicher Träger der Sozialhilfe) vorsorglich Beigeladene zu 3 - ist für die Erbringung der begehrten Leistungen sachlich und örtlich zuständig.
40Insofern mag insbesondere offen bleiben, ob es sich bei der T-Schule um eine teilstationäre Einrichtung handelt, für welche der Beklagte gemäß § 97 Abs. 2 S. 1 SGB XII i.V.m. §§ 1, 2 AG-SGB XII NRW i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 1a AV-SGB XII NRW und § 98 Abs. 2 S. 2 SGB XII als überörtlicher Träger Hilfen zu erbringen hat (vgl. zur - dort allerdings im Ergebnis offen gelassenen - Frage der Qualifizierung einer Schule als teilstationäre Einrichtung BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R).
41Denn der Beklagte ist (unabhängig von einer etwaigen originären Zuständigkeit) jedenfalls gemäß § 14 Abs. 2 S. 1 i.V.m. Abs. 1 SGB IX sachlich und örtlich für die streitbefangenen Hilfen zuständig. Nach diesen Vorschriften stellt der Rehabilitationsträger, sofern Leistungen zur Teilhabe erbracht werden, innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrags fest, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist (§ 14 Abs. 1 S. 1, 1. Halbsatz SGB IX). Hält er sich für unzuständig, so leitet er den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu (§ 14 Abs. 1 S. 2 SGB IX). Wird der Antrag nicht weitergeleitet, stellt der erstangegangene Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf selbst unverzüglich fest (§ 14 Abs. 2 S. 1 SGB IX). Auf diese Weise wird eine nach außen verbindliche Zuständigkeit des erstangegangenen Rehabilitationsträgers geschaffen, welche sich auf sämtliche Rechtsgrundlagen erstreckt, die in der Bedarfssituation in Betracht kommen (vgl. u.a. BSG, Urteil vom 24.01.2013 - B 3 KR 5/12 R m.w.N.).
42§ 14 Abs. 2 S. 1 SGB IX ist vorliegend anwendbar. Denn die Träger der Sozialhilfe - und damit auch der Beklagte - sind nach §§ 6 Abs. 1 Nr. 7 und Abs. 5 Nr. 4 SGB IX Rehabilitationsträger für Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft. Zu derartigen Leistungen gehören auch solche der Eingliederungshilfe nach §§ 53, 54 SGB XII (vgl. Luthe in jurisPK-SGB IX, § 55 Rn. 4).
43Auch die (weiteren) Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 S. 1 SGB IX sind erfüllt. Der Beklagte hat den Antrag des Klägers auf Übernahme der Kosten für den Besuch der T-Schule nicht gemäß § 14 Abs. 1 S. 1 SGB IX innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrags (am 17.06.2008) und im Übrigen auch nicht im Anschluss daran an den aus seiner Sicht zuständigen Rehabilitationsträger, namentlich den Beigeladenen zu 3 als örtlichem Sozialhilfeträger, weitergeleitet. Folglich ist er nach § 14 Abs. 2 S. 1 SGB IX nicht nur sachlich, sondern auch örtlich zuständig geworden; denn diese Vorschrift legt sowohl die sachliche als auch die örtliche Zuständigkeit fest (Luik in jurisPK-SGB IX, 2. Auflage 2014, § 14 Rn. 45 unter Hinweis auf Welti in Luthe, Rehabilitationsrecht, 2009, S. 154) und verdrängt die Regelung des § 98 SGB XII (Luik, a.a.O. unter Hinweis auf Welti, a.a.O., LSG Schleswig-Holstein vom 09.11.2005 - L 9 B 268/05 SO ER).
44II. Die materiellen Voraussetzungen der §§ 53, 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII i.V.m. § 12 Nr. 2 EinglhVO liegen vor.
45Nach §§ 53 Abs. 1, 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII erhalten die in § 53 Abs. 1 S. 1 SGB XII genannten Personen Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung, insbesondere im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht und zum Besuch weiterführender Schulen einschließlich der Vorbereitung hierzu, wenn und solange nach den Besonderheiten des Einzelfalls Aussicht besteht, dass die Aufgaben der Eingliederungshilfe erfüllt werden. Dabei bleiben die Bestimmungen über die Ermöglichung der Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht unberührt (§ 54 Abs. 1 S. 1. 2. Halbsatz SGB XII). Was dabei unter dem Begriff "angemessene Schulbildung" zu verstehen ist, wird im Rahmen des SGB XII nicht definiert. Jedoch bestimmt § 12 Nr. 2 EinglhVO, dass die Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung auch Maßnahmen der Schulbildung umfasst, wenn diese erforderlich und geeignet sind, dem behinderten Menschen eine im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht üblicherweise erreichbare Bildung zu ermöglichen.
461. Der Kläger gehört(e) aufgrund seiner schwerwiegenden dauerhaften Behinderungen zu dem von § 53 Abs. 1 S. 1 SGB XII i.V.m. § 2 Abs. 1 S. 1 SGB IX erfassten Personenkreis.
47Nach § 53 Abs. 1 S. 1 SGB XII erhalten Personen, die durch eine Behinderung im Sinne von § 2 Abs. 1 S. 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, unter den dort genannten weiteren Voraussetzungen Leistungen der Eingliederungshilfe. Der Kläger leidet - was zwischen den Beteiligen auch unstreitig ist - unter einer solchen wesentlichen Behinderung; denn seine körperlichen Funktionen und geistigen Fähigkeiten weichen aufgrund einer geistigen Behinderung (IQ von 62) mit starker Beeinträchtigung der intellektuellen, sprachlichen und motorischen Fähigkeiten und einer generalisierten Angststörung von dem für sein Lebensalter typischen Zustand erheblich ab. Wegen dieser Behinderungen ist seine Teilhabe am Leben in der Gesellschaft durchgehend und insbesondere auch in dem hier streitbefangenen Zeitraum seit Beginn des Schuljahrs 2008/2009 wesentlich beeinträchtigt.
48Der Senat folgt insoweit in erster Linie den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. M in seinem Gutachten vom 08.05.2014. Dieser ist aufgrund eingehender Untersuchung des Klägers und sorgfältiger Befunderhebung unter Berücksichtigung der übrigen aktenkundigen medizinischen Unterlagen zu seiner Beurteilung gelangt. Zudem decken sich die von ihm erhobenen Diagnosen im Wesentlichen mit den Befunden des Dr. H in seinem Gutachten vom 21.02.2010. Dieser hat bei dem Kläger ebenfalls (u.a.) eine leichte Intelligenzminderung (mit deutlicher Verhaltensstörung und assoziierten Beeinträchtigungen hinsichtlich der Grob- und Feinmotorik, Artikulation und rezeptiver sowie expressiver Sprache) und darüber hinaus zwar keine generalisierte Angststörung, jedoch (u.a.) eine erhöhte Angstbereitschaft und einen Zustand nach emotionaler Störung mit Trennungsangst diagnostiziert. Im Übrigen besteht bei dem Kläger aufgrund der genannten Einschränkungen unstreitig ein sonderpädagogischer Förderbedarf; ein solcher begründet ohnehin stets die Annahme einer wesentlichen Behinderung im vorgenannten Sinne (vgl. BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R).
492. Zu den - somit für den Kläger in Betracht kommenden - Hilfen für eine angemessene Schulbildung im Sinne des § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII gehören auch die hier streitbefangenen Kosten für den Besuch der T-Schule.
50Der Qualifizierung der Übernahme von Beschulungskosten als "Hilfen" im gesetzlichen Sinne steht nicht entgegen, dass der Kläger nicht eine die Schulbildung begleitende Maßnahme, sondern die Übernahme der (gesamten) Kosten für den Besuch der T-Schule als solche begehrt.
51a) Zwar ist der Kernbereich der pädagogischen Arbeit der Schule - und damit im Regelfall auch das Schulgeld, mit welchem der Unterricht finanziert wird - den Regelungen der Eingliederungshilfe grundsätzlich entzogen (vgl. im Einzelnen BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R). Dies folgt schon aus dem Wortlaut des § 54 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII. Spricht dieser - ebenso wie § 12 EinglhVO - gerade von "Hilfen", so erfasst er grundsätzlich nur Maßnahmen, die im Zusammenhang mit der Ermöglichung einer angemessenen Schulbildung (in Ergänzung der Beschulung als solcher) geeignet und erforderlich sind, Behinderungsfolgen zu beseitigen und zu mildern. Dementsprechend betreffen die Regelbeispiele einer solchen Hilfe in § 12 EinglhVO nur die Schulbildung begleitende Maßnahmen (vgl. zu alledem BSG, a.a.O.).
52b) Gleichwohl verbleibt auch im Kernbereich der Schulbildung ausnahmsweise Raum für Leistungen der Eingliederungshilfe, wenn nämlich der Besuch einer öffentlichen (und damit für den Sozialhilfeträger kostenfreien) Schule aus objektiven Gründen (z.B. wegen der räumlichen Entfernung vom Wohnort) oder aus schwerwiegenden subjektiven (persönlichen) Gründen nicht möglich oder nicht zumutbar ist (so BVerwG, Beschluss vom 02.09.2003 - 5 B 259/02; vgl. BSG, Urteil vom 22.03.2012 - B 8 SO 30/10 R unter Bezugnahme auf BVerwG, Urteil vom 13.08.1992 - 5 C 70/88, sowie Beschluss vom 02.09.2003 - 5 B 259/02).
53c) Dem Kläger war der Besuch einer öffentlichen Schule jedoch aus schwerwiegenden subjektiven Gründen schon seit August 2008 nicht möglich bzw. nicht zumutbar.
54aa) Maßstab hierfür ist vor allem die Aufgabe der Sozialhilfe, dem Empfänger der Hilfe die Führung eines Lebens zu ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht, und ihn so weit wie möglich zu befähigen, unabhängig von ihr zu leben (vgl. § 1 SGB XII; vgl. insoweit auch BVerwG, Urteil vom 13.08.1992 - 5 C 70/88). Insofern mag vorliegend offen bleiben, ab wann die Grenze der Unzumutbarkeit überschritten sein kann, wenn - wie hier - die Übernahme der Kosten für den Besuch einer nicht vom zuständigen Schulträger bereitgestellten Schule streitbefangen ist. Jedenfalls dann, wenn seitens des zuständigen Schulträgers keine Schule zur Verfügung steht, die den Hilfebedürftigen unter Berücksichtigung seiner Behinderungen im Sinne des § 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII angemessen beschulen könnte, liegen schwerwiegende subjektive Gründe vor, welche Eingliederungshilfe durch Übernahme der (gesamten) Beschulungskosten ausnahmsweise zulassen.
55bb) So aber liegt es hier; denn der Besuch der N-Schule - welche vom Beklagten sowie vom Schulamt des Kreises H als allein in Betracht kommende öffentliche Schule benannt wurde, und die mit Blick auf die räumlichen Verhältnisse auch die einzige in Nordrhein-Westfalen in Betracht zu ziehende einschlägige Förderschule ist - ist dem Kläger unter Berücksichtigung seiner schwerwiegenden Behinderungen seit Beginn des Schuljahrs 2008/2009 und auch später nicht zumutbar (dazu weiter unten). Vielmehr konnte und kann der Kläger lediglich an der T-Schule angemessen beschult werden. Allein diese Schule ist im Sinne des § 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII i.V.m. § 12 Nr. 2 EinglhVO geeignet und - mangels Zumutbarkeit des Besuchs der N-Schule - auch erforderlich, dem Kläger ein im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht üblicherweise erreichbare Bildung zu ermöglichen (dazu im Folgenden)
56(1) Dabei steht - abweichend von der Auffassung des Beklagten - zunächst Art. 24 Abs. 2 lit. a UN-BRK der Geeignetheit der T-Schule nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift stellen die Vertragsstaaten sicher, dass Menschen mit Behinderungen nicht aufgrund von Behinderungen vom unentgeltlichen und obligatorischen Grundschulunterricht oder vom Besuch weiterführender Schulen ausgeschlossen werden. Bei dieser Vorschrift handelt es sich nicht um eine Verbotsnorm in dem Sinne, dass es den Vertragsstaaten verwehrt sei, behinderten Menschen den Besuch einer nicht unentgeltlichen Schule zu ermöglichen. Die UN-BRK vermittelt vielmehr subjektive (Mindest-)Ansprüche für behinderte Menschen, soweit sie unmittelbar anwendbar ("self-executing") ist (vgl. hierzu im Einzelnen den Beschluss des Senats vom 06.02.2014 - L 20 SO 436/13 B ER m.w.N.). Sie ist jedoch nicht geeignet, Ansprüche behinderter Menschen aus (sonstigen) nationalen Vorschriften - hier nach §§ 53 ff. SGB XII - einzuschränken oder sogar auszuschließen. Im Übrigen ist der Besuch der T-Schule für den Kläger ohnehin unentgeltlich, weil der Sozialhilfeträger zur Übernahme der Beschulungskosten verpflichtet ist.
57(2) Die Beschulung des Klägers an der T-Schule ist auch nicht schon im Hinblick auf die bestandskräftigen Bescheide des Beigeladenen zu 1 vom 12.06.2007 und 11.06.2008 ungeeignet. Der Bescheid vom 12.06.2007 benennt zwar die N-Schule (lediglich) als nächstgelegene Förderschule (in Nordhrein-Westfalen) mit dem Förderschwerpunkt "Geistige Entwicklung". Er trifft jedoch - was der Beigeladene zu 1 in seinen späteren Stellungnahmen auch ausdrücklich bestätigt - weder inzident eine den Beklagten bindende Entscheidung über die Eignung der N-Schule, noch weist er dem Kläger die N-Schule im Sinne von § 46 Abs. 6 SchulG NRW als Förderschule konkret zu. Eine Prüfung der Eignung der Schule unter behinderungsspezifischen Gesichtspunkten hat der Beigeladene zu 1 darin nicht getroffen. Die Schulbehörden entscheiden zwar mit bindender Wirkung gegenüber dem Sozialhilfeträger, in welchem Umfang eine bestimmte Beschulung den geistigen und körperlichen Fähigkeiten eines behinderten Menschen entspricht, hingegen in der Regel nicht darüber, an welcher konkreten Schule die Beschulung zu erfolgen hat (vgl. hierzu den Beschluss des Senats vom 06.09.2010 - 20 SO 450/10 B ER und das Urteil vom 11.06.2014 - L 20 SO 418/11). Vom schulrechtlichen Standpunkt aus betrachtet verblieb dem Kläger vielmehr letztlich ein Wahlrecht, welche geeignete Schule er besuchen will. Ohnehin wäre eine im Bescheid vom 12.06.2007 erfolgte konkrete Zuweisung der N-Schule durch den unmittelbar vor Einschulung des Klägers ergangenen Bescheid vom 11.06.2008 zumindest konkludent aufgehoben und daher gegenstandslos geworden (vgl. § 39 Abs. 2 SGB X); denn darin ging der Beigeladene zu 1 ausdrücklich lediglich davon aus, dass der Kläger demnächst die N-Schule besuchen werde und bat die Eltern anderenfalls um entsprechende Information.
58Die in den Bescheiden erfolgte Zuweisung des Klägers an eine Förderschule mit dem Förderschwerpunkt "Geistige Entwicklung" beinhaltet - abweichend von der Auffassung des Beklagten - auch keine (den Sozialhilfeträger und die Gerichte bindende) Zuweisung einer bestimmten Schulform, nämlich einer Förderschule (im Sinne des nordrhein-westfälischen Rechts). Entscheidend ist insofern (jedenfalls im Rahmen der Eingliederungshilfevorschriften) allein der zugewiesene sonderpädagogische Förderbedarf des Klägers. Dass das inhaltliche Konzept der T-Schule diesem Förderbedarf entspricht, auch wenn es sich hierbei nach niedersächsischem Recht um eine Tagesbildungsstätte handelt, wird aber weder von dem Beklagten noch von dem Beigeladenen zu 1 in Abrede gestellt. Auch letzterer geht im Übrigen nicht davon aus, dem Kläger in den genannten Bescheiden zugleich eine Schulform zugewiesen zu haben.
59(3) Schließlich steht einer Geeignetheit der T-Schule nicht entgegen, dass der Kläger durch den Besuch dieser niedersächsischen Tagesbildungsstätte seiner Schulpflicht nach nordrhein-westfälischem Schulrecht nicht nachkäme.
60(a) Zwar können in Nordrhein-Westfalen Schulpflichtige ihre Schulpflicht grundsätzlich nur an öffentlichen Schulen, Ersatzschulen oder an nach § 118 Abs. 2 SchulG NRW anerkannten Ergänzungsschulen erfüllen (vgl. § 34 Abs. 5 S. 1 SchulG NRW). Insbesondere fehlt im SchulG NRW eine § 162 S. 1 Nieders. SchulG entsprechende Regelung, wonach Kinder und Jugendliche mit geistigen Behinderungen ihre Schulpflicht auch durch den Besuch einer anerkannten Tagesbildungsstätte erfüllen. Auch hat die zuständige Schulaufsichtsbehörde dem Kläger bislang keine Ausnahmegenehmigung (etwa nach § 34 Abs. 5 S. 3 SchulG NRW) erteilt oder ein Ruhen der Schulpflicht (§ 40 Abs. 2 SchulG NRW) angeordnet.
61(b) Die nach niedersächsischem Recht erfolgte Erfassung der T-Schule als Tagesbildungsstätte kann indes (jedenfalls im Rahmen der Eingliederungshilfevorschriften) nicht ausschlaggebend sein. Der Senat hält vielmehr für entscheidend, dass der Bildungsauftrag der T-Schule (als Tagesbildungsstätte) inhaltlich mit dem Auftrag der in § 34 Abs. 5 S. 1 SchulG NRW genannten Schulen identisch ist. Vermittelt erstere nach ihrem gesamten Konzept inhaltlich wie die letzteren Wissen und Können an die Schülerinnen und Schüler, so leistet sie in der Sache eine ebenso geeignete Beschulung. Letztlich ist dies zwischen den Beteiligten auch nicht streitig.
62(c) Unabhängig hiervon ist die Erfüllung der Schulpflicht nach nordrhein-westfälischem Schulrecht ohnehin nicht Voraussetzung für Eingliederungshilfe als Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung im Sinne des § 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII. Schon § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 2. Halbsatz SGB XII, wonach die Bestimmungen über die Ermöglichung der Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht unberührt bleiben, lässt schulrechtliche Verpflichtungen grundsätzlich neben den sozialhilferechtlichen Pflichten bestehen, ohne dass diese sich gegenseitig inhaltlich beeinflussen (so ausdrücklich BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R). Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung sind vielmehr lediglich vorrangig an einer Einrichtung zu gewähren, durch deren Besuch der behinderte Mensch der allgemeinen Schulpflicht nach jeweiligem Landesrecht genügt.
63§ 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII lässt sich i.V.m. § 12 Nr. 2 EinglhVO und unter zusätzlicher Berücksichtigung des Nachranggrundsatzes (§ 2 Abs. 1 SGB XII) insofern entnehmen, dass nicht jedwede Hilfeleistung zu einer nach den Vorstellungen des behinderten Menschen bzw. seiner Erziehungsberechtigten bestmöglichen Schulbildung als Eingliederungshilfe verlangt werden kann. Vielmehr ist die schulische Förderung von Kindern nach Art. 7 Abs. 1 GG eine grundsätzlich allein den (öffentlichen) Schulträgern zugewiesene Aufgabe (BSG, Urteil vom 22.03.2012 - B 8 SO 30/10 R). Insbesondere besteht ein Ausschluss für die Übernahme von Schulkosten aufgrund der Gesetze der Länder, (zumindest) soweit die Schulbehörde der ihr möglichen vorrangigen Leistungsverpflichtung auch nachkommt (Voelzke in Hauck/Noftz, SGB XII, 19. Erg.-Lfg. II/10, § 54 Rn. 44a; BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R). Steht hingegen fest, dass eine im Sinne von § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII angemessene Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht nicht zu erlangen ist, so kann unter dem Gesichtspunkt der Eingliederungshilfe die Übernahme von Kosten für eine anderweitige Beschulung des behinderten Menschen in Betracht kommen (LSG NRW, Urteil vom 15.05.2013 - L 20 SO 67/08; LSG Hessen, Urteil vom 22.11.2010 - L 9 SO 9/07 und zu § 35a SGB VIII; VGH Hessen, Urteil vom 20.08.2009 - 10 A 1799/08).
64Hierfür spricht schon der Wortlaut des § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII, der keinen abschließenden Leistungskatalog möglicher Eingliederungshilfen enthält, sondern von Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung (nur) "insbesondere" im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht spricht. Zudem umfassen nach § 12 Nr. 2 EinglhVO Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung auch solche Maßnahmen der Schulbildung, die erforderlich und geeignet sind, dem behinderten Menschen eine "im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht" (lediglich) "üblicherweise erreichbare" Bildung zu ermöglichen. Insofern bildet die allgemeine Schulpflicht also nur den Vergleichsmaßstab dafür, in welchem Umfang bzw. in welchem Maße Leistungen der Eingliederungshilfe auch außerhalb der allgemeinen Schulpflicht erbracht werden können.
65Diese Lesart wird zudem durch Sinn und Zweck der Eingliederungshilfevorschriften gestützt. Diese sollen nicht vorrangig sicherstellen, dass der nach §§ 53 ff. SGB XII berechtigte Personenkreis seiner Schulpflicht gerecht wird, sondern dem behinderten Menschen nach dem Willen des Gesetzgebers die Integration in die Gesellschaft ermöglichen. § 53 Abs. 3 S. 1 SGB XII bestimmt insoweit als besondere Aufgabe der Eingliederungshilfe, eine Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und die behinderten Menschen in die Gesellschaft einzugliedern. Hierzu gehört vor allem, ihnen die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern, ihnen die Ausübung eines angemessenen Berufs oder einer sonstigen angemessenen Tätigkeit zu ermöglichen oder (auch nur), sie so weit wie möglich unabhängig von Pflege zu machen (§ 53 Abs. 3 S. 2 SGB XII). Mit Blick auf diese Ziele kann es jedenfalls dann nicht dem Willen des Gesetzgebers entsprechen, einem behinderten Menschen nach den - im Übrigen bundesrechtlichen - Eingliederungshilfevorschriften der §§ 53 ff. SGB XII eine angemessene Beschulung außerhalb der jeweiligen Landesgrenzen mit der Begründung zu versagen, dass dort die Schulpflicht nach landesrechtlichen Vorschriften nicht erfüllt werde, wenn das landesrechtliche Schul(pflicht-)system selbst eine angemessene Beschulung nicht sicherstellt (vgl. hierzu schon den Beschluss des Senats vom 15.08.2012 - L 20 SO 309/12 ER und das Urteil vom 11.06.2014 - L 20 SO 418/11).
66(d) Auf ein etwaiges schulrechtliches Wahl- und Bestimmungsrecht des behinderten Menschen bzw. seiner Eltern kommt es in diesem Zusammenhang im Übrigen von vornherein nicht an. Ein solches Wahlrecht ist allenfalls dann von Bedeutung, wenn (wie in dem der Entscheidung des BVerwG vom 26.10.2007 - 5 C 35.06 zugrunde liegenden Sachverhalt) der Besuch zweier Schulen im Raume steht, welche beide in das System der allgemeinen Schulpflicht des betroffenen Bundeslandes integriert sind. Im vorliegenden Fall liegt jedoch allein die N-Schule in Nordrhein-Westfalen, während sich die T-Schule in Niedersachen befindet.
67cc) Ausgehend von den dargestellten Kriterien ist mit Blick auf die Formulierungen in § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII (" angemessene Schulbildung ") und § 12 Nr. 2 EinglhVO (" üblicherweise erreichbare Bildung ") in einem ersten Schritt festzustellen, welches konkrete Bildungsziel für den behinderten Menschen in Betracht kommt (so auch Voelzke a.a.O. Rn. 40a; dazu im Folgenden). Daran anschließend ist zu prüfen, ob dieses Ziel mit den Möglichkeiten, welche das öffentliche Schulsystem für den Betroffenen bereithält, in zumutbarer Weise verfolgt werden kann oder nicht (dazu weiter unten). Im Rahmen dieses zweiten Prüfungsschritts sind unter "bereithalten" die Leistungen oder Rahmenbedingungen zu verstehen, die das öffentliche Bildungssystem dem behinderten Menschen tatsächlich zur Verfügung stellt, oder die der Betroffene im Rahmen zumutbarer Bemühungen rechtzeitig realisieren kann (vgl. das Urteil des Senats vom 15.05.2013 - L 20 SO 67/08; Scheider in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 19. Auflage 2015, § 53 Rn. 71 ff.; Voelzke a.a.O. Rn. 44a mit Hinweis m.w.N.; OVG NRW, Urteil vom 15.06.2000 - 16 A 3108/99 Rn. 17 a.E. und Rn. 22). Insoweit geht der Senat im Anschluss an die ablehnende Stellungnahme des Schulträgers vom 26.05.2011 davon aus, dass eine Individualbeförderung des Klägers zur N-Schule auf dessen Kosten nicht (rechtzeitig) durchsetzbar wäre (vgl. hierzu schon das Urteil des Senats vom 15.05.2013 - L 20 SO 67/08 m.w.N.).
68(1) Die für den Kläger in Betracht kommenden Bildungsziele, welche der Senat umfassend ermittelt hat, werden an der T-Schule in geeigneter Weise verfolgt.
69(a) Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme, namentlich den schriftlichen Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. M und dessen weiteren Erläuterungen in der mündlichen Verhandlung sowie nach den dortigen Ausführungen der Schulleiterin der T-Schule, ist zwar seit Beginn des streitbefangenen Zeitraums nicht vorhersehbar, ob der Kläger bei Schulabschluss (nach dem 12. Schuljahr) einen formalen Bildungsabschluss - etwa vergleichbar der Qualifikation eines Hauptschulabschlusses oder dem Abschluss an einer Schule für Lernbehinderte - erreichen oder auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt jedenfalls eine angelernte Tätigkeit ausüben können wird. Der Kläger wird jedoch aller Voraussicht nach grundlegende Fähigkeiten wie Rechnen, Lesen und Schreiben erwerben bzw. ausbauen und - den nachvollziehbaren Darlegung der Schulleiterin folgend - nach Schulabschluss insbesondere ihm unbekannte Texte sinnentnehmend lesen können. Weitere - voraussichtlich erreichbare - Lernziele liegen vor allem darin, seine Aussprache und den verantwortungsbewussten Umgang mit Geld zu verbessern, seine geschichtlichen Kenntnisse und sein soziales Verhalten auszubauen sowie sein ohnehin in gutem Umfang vorhandenes "Weltwissen" zu fördern.
70(b) Die T-Schule, deren Schulkosten vorliegend im Streit stehen, ist im Sinne des § 12 Nr. 2 EinglhV geeignet, dem Kläger diese Bildungsziele erfolgversprechend zu vermitteln. Das gilt mit Blick sowohl auf die Schülerzahl, die Klassengröße und die sonstigen Rahmenbedingungen (insbesondere die Dauer der Anfahrt zur Schule) als auch auf die von der Schule vorgehaltenen pädagogischen und therapeutischen Angebote sowie das Förderkonzept. Dies steht unter Berücksichtigung der von der Leiterin der T-Schule beschriebenen Umstände der Beschulung sowie der Ausführungen der Sachverständigen Prof. Dr. M und Dr. H fest. Die Sachverständigen sind insoweit in ihren Gutachten übereinstimmend zu der Einschätzung gelangt, dass die T-Schule geeignet ist, die von ihnen beschriebenen Lernziele zu fördern. Zweifel an dieser Beurteilung hat der Senat nicht; sie erscheint insbesondere vor dem Hintergrund der von den Sachverständigen behinderungsbedingt für notwendig erachteten Rahmenbedingungen für die Beschulung des Klägers sowie der diesbezüglichen Angaben der Schulleiterin in der mündlichen Verhandlung zutreffend.
71(aa) Zwar kommt es nach den Feststellungen der Sachverständigen für die Beurteilung der Geeignetheit auf die Größe der T-Schule (nach den Angaben der Schulleiterin seit Einschulung des Klägers zwischen 86 und 91 Schüler) und Klassen (fünf bis neun Schüler), die Dauer eines Schultags (von 8.00 Uhr bis 14.15 Uhr) und die Integration der logopädischen und ergotherapeutischen Förderung sowie des therapeutischen Reitens in den Schulalltag nicht entscheidend an. Im Hinblick auf die motorische Unruhe und die Irritierbarkeit des Klägers, die - den schlüssigen Ausführungen der Sachverständigen folgend - zunächst Symptome einer Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störung (ADHS) aufwies, später jedoch vornehmlich durch ängstliches Verhalten zum Ausdruck gekommen ist, stellt eine Fahrtzeit zur Schule von einer Stunde und mehr (laut Einschätzung des Sachverständigen Dr. H schon von ca. 50 bis 60 Minuten) jedoch eine erhebliche Belastung dar, welche die Leistungsfähigkeit des Klägers und seine schulische Integration wahrscheinlich beeinträchtigt. Zweifel an der Richtigkeit dieser Beurteilung hat der Senat nicht. Sie erscheint insbesondere im Hinblick auf die von den Sachverständigen erhobenen Befunde und beschriebene Unruhe, welche nach den Angaben der Eltern auch bei längeren privaten Autofahrten auftritt, schlüssig und nachvollziehbar. Diesem Belastungsfaktor wird durch die T-Schule jedoch hinreichend Rechnung getragen; denn die Fahrt vom Wohnort des Klägers zur Schule dauert mit dem Schülerspezialtransport lediglich ca. 20 bis 25 Minuten.
72(bb) Die Beurteilung der Sachverständigen, der zufolge die T-Schule nach ihrem Förderkonzept einschließlich der Fahrtzeiten geeignet ist, den Kläger unter Berücksichtigung seiner Behinderungen angemessen zu beschulen, wird zudem weder von dem (im Eilverfahren als Zeuge gehörten) Kinderarzt des Klägers Dr. X noch dem Privatgutachter D in seinem schriftlichen Gutachten sowie seinen mündlichen Erläuterungen im Eilverfahren in Zweifel gezogen. Auch der Beklagte und der Beigeladene zu 1 gehen übereinstimmend davon aus, dass die T-Schule - wenn nicht sogar in besonderer Weise - in der Lage ist, dem Kläger die beschriebenen Bildungsziele erfolgversprechend zu vermitteln.
73(2) Der Besuch der T-Schule ist seit Schulbeginn (August 2008) nicht nur geeignet, sondern im Sinne des § 12 Nr. 2 EinglhVO auch erforderlich, um den Kläger angemessen zu beschulen; denn die vom Sachverständigen Prof. Dr. M und der Schulleiterin der T-Schule beschriebenen Lernziele können seither mit den Möglichkeiten, welche das öffentliche Schulsystem in Nordrhein-Westfalen für den Kläger bereit hält, nicht in zumutbarer Weise verfolgt werden.
74Zwar war das Förderkonzept der (von dem Beklagten einzig als geeignet benannten) N-Schule seit Beginn des streitigen Zeitraums ausreichend, um den Behinderungen des Klägers gerecht zu werden (dazu im Folgenden). Der Senat hat jedoch schon Zweifel, ob auch die sonstigen Rahmenbedingungen, namentlich die Dauer der Fahrt zur Schule, zur Erreichung der beschriebenen Förderziele geeignet war (dazu im Folgenden). Unabhängig hiervon war dem Kläger der Besuch der N-Schule aufgrund seiner Umstellungsschwierigkeiten schon bei Einschulung behinderungsbedingt nicht zumutbar. Gleiches gilt für einen späteren Schulwechsel (dazu weiter unten).
75(a) Im Anschluss an die Beweisaufnahme ist der Senat davon überzeugt, dass das eigentliche Förderkonzept der N-Schule seit Einschulung des Klägers im Schuljahr 2008/2009 zur Erreichung der beschriebenen Förderziele geeignet war. Insbesondere stehen die dortigen Schülerzahlen (nach den zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Bekundungen des Zeugen L vom 11.06.2014 in dem Verfahren L 20 SO 418/11 zwischen ca. 180 und 169), die Klassenstärken (im Eingangsbereich sieben oder acht, später ca. zehn Schüler/innen), die tägliche Schulzeit (montags bis donnerstags 8.30 Uhr bis 15.00 Uhr, freitags bis 12.30 Uhr) einer dortigen Beschulung des Klägers seit Schulbeginn nicht entgegen.
76Ob der gleitende Schulanfang an der N-Schule (von 8.15 Uhr bis 8.30 Uhr) den Behinderungen des Klägers in gleicher Weise wie die T-Schule Rechnung trägt, obwohl dieser nach der Einschätzung des Sachverständigen Prof. Dr. M aufgrund seiner leichten Irritierbarkeit einen klaren Rahmen und damit auch hinsichtlich Schulbeginn und -ende eine zeitliche Struktur benötigt, lässt der Senat allerdings offen. Ebenso wenig bedarf es einer abschließenden Klärung, ob die sonstigen Rahmenbedingungen an der N-Schule (namentlich die Fahrtzeit zur Schule, welche nach den Bekundungen des Zeugen L im Streitverfahren L 20 SO 418/11 sowie im zwischen den Beteiligten geführten Eilverfahren maximal eine Stunde beträgt) den spezifischen Behinderungen des Klägers hätte genügen können. Die diesbezüglichen Zweifel des Senats gründen sich auf die bereits dargestellte übereinstimmende Beurteilung der Sachverständigen Prof. Dr. M und Dr. H. Danach stellt eine solche Fahrtzeit für den Kläger jedenfalls einen nicht unerheblichen Belastungsfaktor dar, der - ausgehend von den Ausführungen des Sachverständigen Dr. H - zumindest im Zusammenspiel mit weiteren Risikofaktoren, insbesondere einem Schulwechsel (dazu weiter unten), mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer konkreten Gefährdung der erreichbaren Bildungsziele führt.
77(b) Denn unabhängig von dem Förderkonzept und sonstigen Rahmenbedingungen war dem Kläger eine Beschulung an der N-Schule aufgrund der Besonderheiten seiner Behinderungen und damit verbundenen geringen Umstellungsfähigkeit jedenfalls schon nach Beendigung des Kindergartens (im Juli 2008) nicht zumutbar.
78Der Senat legt seiner Beurteilung auch insoweit in erster Linie die Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. M zugrunde. Bereits in seinem Gutachten vom 08.05.2014 hat der Sachverständige ausgeführt, dass der Kläger aufgrund seiner geistigen Behinderung und seiner Angststörung eine verlängerte Zeit benötige, um sich auf neue Umgebungen oder auf neue Situationen einzulassen und sich fremden Personen gegenüber öffnen zu können. Derartige Eingewöhnungsphasen, welche bis zu zwei Jahren in Anspruch nehmen könnten, seien mit einer psychischen Belastung verbunden und hätten unweigerlich Auswirkungen auf das erreichbare Bildungsniveau. Ergänzend hat der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung auf ausdrückliches Befragen erklärt, bei einer Einschulung des Klägers an der N-Schule sei sicherlich nicht nur dessen Entwicklung in den verschiedenen Leistungsbereichen weniger gut verlaufen als an der T-Schule. Vielmehr habe zudem die Gefahr bestanden, dass der Kläger die Schule insgesamt verweigere. Das gelte umso mehr, als der Kläger schon bei seinem Wechsel an die - dem Kindergarten räumlich angegliederte - T-Schule eine längere Eingewöhnungszeit benötigt habe; bei einem Wechsel vom Kindergarten auf die N-Schule wären aber weitaus größere Eingewöhnungsschwierigkeiten zu erwarten gewesen.
79Diese Beurteilung hält der Senat ebenfalls für überzeugend. Zwar konnte der Sachverständige auch in der mündlichen Verhandlung nicht konkreter darlegen, mit welchen (Entwicklungs-)Rückschritten im Einzelnen eine Einschulung des Klägers an der N-Schule verbunden gewesen wäre. Gleiches gilt für das zu erwartende Ausmaß von Rückschritten, namentlich die Zeit, welche der Kläger voraussichtlich benötigen würde, um sie wieder aufzufangen. Der Senat hält dies mit Blick darauf, dass die Erkrankung des Klägers eine derartige Prognose nur schwer zulässt, indes für nachvollziehbar. Dass ein Wechsel vom Kindergarten auf die N-Schule die Entwicklung des Klägers beeinträchtigt, hat der Sachverständige aber mit Sicherheit bejaht.
80Bedenken gegen die Richtigkeit dieser Einschätzung hat der Senat nicht. Der Sachverständige hat unter Berücksichtigung der aktenkundigen medizinischen und psychologischen Berichte sowie der Schilderungen der Eltern des Klägers schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, dass jeder räumliche und personelle Wechsel für ein Kind mit dem Beschwerdebild des Klägers eine große Verunsicherung bedeutet und mit Eingewöhnungsschwierigkeiten sowie Rückschritten einhergeht, weil zunächst viel Anstrengung auf die Anpassung an die neue Situation verwendet werden muss.
81Bestätigt wird die Beurteilung des Sachverständigen Prof. Dr. M zunächst durch den Sachverständigen Dr. H. Dieser ist in seinem Gutachten vom 21.02.2010 ebenfalls zu der Beurteilung gelangt, dass der Kläger erheblich größere Umstellungsschwierigkeiten hat als andere gleichaltrige behinderte Kinder, und dass eine Herausnahme aus der gewohnten personellen und räumlichen Umgebung einen entscheidenden Risikofaktor für eine adäquate schulische Förderung des Klägers darstellt. Auch der Kinderarzt des Klägers, Dr. X, hat anlässlich seiner Vernehmung im Rahmen des Eilverfahrens am 20.08.2009 bekundet, durch eine Veränderung der Umgebungssituation und der Ansprechpartner sei eine Stagnation, wenn nicht sogar ein Rückschritt in den Therapieerfolgen wahrscheinlich.
82Dass der Kläger schon seit früher Kindheit auf Veränderungen personeller und/oder räumlicher Art in besonderer Weise reagiert und daher überdurchschnittlich viel Zeit benötigt, um sich an neue Situationen zu gewöhnen, ergibt sich im Übrigen auch aus dem pädagogischen Gutachten der Sonderschullehrerinnen C und I vom 30.05.2007 zur Feststellung des Förderbedarfs. Danach bedurfte der Kläger schon im Kindergarten einer langen Eingewöhnungsphase, bevor er sich dort sicher und wohl fühlte; selbst nach fast zweijährigem Kindergartenbesuch reagierte er gegenüber fremden Personen weiterhin sehr zurückhaltend und verweigerte diesen die Mitarbeit.
83Dabei kommt erschwerend hinzu, dass etwaige Veränderungen beim Kläger - auch im Rahmen einer im Übrigen stabilen Umgebung - nicht nur zu einer Einschränkung der Leistungsfähigkeit, sondern neben psychischen Symptomen auch zu erheblichen körperlichen Begleiterscheinungen führen. So berichtete die Schulleiterin der T-Schule in ihrer schriftlichen Stellungnahme aus Juni 2002 glaubhaft von Irritationen des Klägers anlässlich einer für April 2012 bevorstehenden Klassenfahrt, welche sich bereits ein halbes Jahr zuvor in Form von deutlicher (motorischer) Unruhe, vermehrtem Einnässen, Durchfall, Erbrechen sowie einer Beeinträchtigung des Konzentrationsvermögens, der Aussprache und des Redeflusses gezeigt hätten. Ebenso reagierte der Kläger nach den glaubhaften Schilderungen der Schulleiterin in der mündlichen Verhandlung auf einen Wechsel der Klassenlehrerin im Januar 2015 mit Unruhe, Unzufriedenheit, einer Einschränkung des Sprechflusses sowie einer - über das bei ihm übliche Maß hinausgehenden - verwaschenen Sprache und ließ sich auch auf Lernangebote nicht mehr ein. Obwohl die Klassenlehrerin die Klasse seit ca. Anfang Juli 2015 wieder übernommen hat, hat sich der Zustand des Klägers nach Angaben der Schulleiterin bislang, also ca. acht Monate nach dem Lehrerwechsel, noch nicht wieder vollständig normalisiert.
84Der Senat verkennt insoweit nicht, dass auch der Wechsel des Klägers vom Kindergarten an die T-Schule mit räumlichen und personellen Veränderungen verbunden war. Diese waren jedoch weitaus geringer, als es ein Wechsel vom Kindergarten zur N-Schule gewesen wäre; denn nach den glaubhaften Schilderungen der Leiterin der T-Schule in der mündlichen Verhandlung ist der Kindergarten der Schule nicht nur räumlich angegliedert. Vielmehr sind beide Einrichtungen auch personell miteinander verzahnt. Der Kläger kannte daher bei seiner Einschulung nicht nur das Gelände und Gebäude, sondern darüber hinaus bereits einzelne an der T-Schule tätige Therapeuten, den Fahrdienst sowie die Küche (einschließlich Personal).
85Der Einschätzung der Sachverständigen steht schließlich auch nicht entgegen, dass der Kläger anlässlich der Begutachtung durch den Sachverständigen Prof. Dr. M freundlich und offen auftrat und auch in dem Gutachten des Herrn D als fröhlich und zugewandt beschrieben wird; denn die nur temporären Begutachtungen erfolgten innerhalb einer sehr konstanten Grundsituation. Ein Wechsel vom Kindergarten am T auf die N-Schule wäre für den Kläger jedoch nicht nur mit kurzzeitigen räumlichen Veränderungen, sondern - neben einem veränderten Wegetransport (bzgl. Strecke und Fahrer) sowie Tagesablauf - insbesondere auch mit dem Austausch sämtlicher Betreuungskräfte und damit der maßgebenden Bezugspersonen verbunden, welche den Kläger während des gesamten Alltags im Kindergarten begleiten und fördern. Derartig einschneidende und vielschichtige Veränderungen sind aber von vornherein nicht vergleichbar mit Umständen wie einer einmaligen Begutachtung (bei der im Übrigen die Eltern des Klägers in der Nähe und erreichbar geblieben sind).
86(c) War dem Kläger - zusammenfassend - aber eine Einschulung an der N-Schule schon nach Abschluss des Kindergartens (im Sommer 2008) behinderungsbedingt nicht zumutbar, so war ihm auch ein späterer Wechsel auf diese Schule aus schwerwiegenden subjektiven Gründen (s.o.) unmöglich bzw. unzumutbar und der (weitere) Besuch der T-Schule aus diesem Grund auch über das Schuljahr 2008/2009 hinaus erforderlich im Sinne des § 12 Nr. 2 EinglhVO. Denn nach den überzeugenden Ausführungen insbesondere des Sachverständigen Prof. Dr. M in seinem Gutachten sowie seinen mündlichen Erläuterungen im Verhandlungstermin verursacht (auch) ein Schulwechsel bei dem Kläger verlängerte Eingewöhnungsphasen mit einer Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit, Angstsymptomen und Verhaltensauffälligkeiten bis hin (sogar) zu Aggressionen. Zudem wäre er ebenfalls mit der Gefahr verbunden, dass der Kläger die Schule insgesamt verweigert. Zweifel an der Richtigkeit auch dieser Beurteilung hat der Senat nicht. Insofern wird auf die obigen Ausführungen zu den zu erwartenden Auswirkungen bei einem Wechsel vom Kindergarten zur N-Schule verwiesen, die auch für einen späteren Schulwechsel gelten. Das gilt umso mehr, als ein Wechsel der Schule zumindest im gleichen Maße, im Hinblick auf den Verlust der gesamten bisherigen Mitschüler/innen sogar eher noch mit erheblicheren Veränderungen verbunden wäre als die Einschulung des Klägers an der N-Schule.
87dd) Der Umstand, dass der Kläger seine Schulbildung an der T-Schule entgegen der angefochtenen Entscheidung des Beklagten aufgenommen und auf diese Weise vollendete Tatsachen geschaffen hat, steht der Übernahme der Kosten für den Besuch der T-Schule von vornherein nicht entgegen. Das gilt schon deshalb, weil die Einschulung des Klägers an der N-Schule (deren Besuch der Beklagte in den angefochtenen Bescheiden für angemessen erachtet hat) seinerzeit wegen der einschränkten Umstellungsfähigkeit des Klägers keine geeignete Fördermöglichkeit war (s.o.). Für die Folgezeit war der weitere Besuch der T-Schule wegen der Unzumutbarkeit eines Schulwechsels unverzichtbar.
88Der Senat weicht insofern nicht von seinem früheren Urteil vom 15.05.2013 - L 20 SO 67/08 ab. Zwar ist dort ausgeführt, dass die dortige Klägerin keine Vorteile daraus ziehen darf, dass sie entgegen der von ihr angefochtenen Entscheidung des Beklagten ihre Schulausbildung zunächst an der T-Schule begonnen hat und nunmehr mangels Anspruchs auf Übernahme der Beschulungskosten auf die N-Schule wechseln muss. In jenem Verfahren ließ sich jedoch - anders als hier - nicht feststellen, dass die (insoweit beweispflichtige) dortige Klägerin an der N-Schule nicht hätte angemessen beschult werden können, und dass deshalb eine Umschulung unzumutbar wäre. Unterscheiden sich jener und der vorliegende Sachverhalt deshalb wesentlich, so kann im hier zu entscheidenden Fall (bei dem kein Erkenntnisausfall vorliegt) offen bleiben, ob und inwiefern "Verschuldensgesichtspunkte" (die im Recht der Sozialhilfe einen zu deckenden Bedarf ohnehin grundsätzlich nicht entfallen lassen, sondern allenfalls unter engen Voraussetzungen eine Leistungseinschränkung bzw. einen Erstattungsanspruch nach sich ziehen können; vgl. § 26 bzw. § 103 SGB XII) hinsichtlich einer getroffenen Schulwahl berücksichtigungsfähig sein können.
893. Dem Anspruch des Klägers auf Übernahme seiner Beschulungskosten an der T-Schule als Eingliederungshilfe stehen sonstige Hindernisse nicht entgegen. Insbesondere verfügte der Kläger seit Schuljahresbeginn 2008/2009 durchgehend nicht über anzurechnendes Einkommen, wobei dieses ohnehin auf die Aufbringung der Mittel für die Kosten des Lebensunterhalts beschränkt wäre (vgl. § 92 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SGB XII). Etwaiges Vermögen des Klägers ist bei den hier in Rede stehenden Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung ohnehin nicht anspruchsmindernd oder -ausschließend zu berücksichtigen (vgl. § 92 Abs. 2 S. 2 i.V.m. S. 1 Nr. 2 i.V.m. SGB XII).
90C) Sonstige Anspruchsgrundlagen für eine Übernahme von Kosten im Zusammenhang mit der Beschulung des Klägers existieren nicht.
91I. Leistungen der Eingliederungshilfe des Jugendhilfeträgers nach § 35a SGB VIII scheiden aus. Zwar mag die Angststörung des Klägers eine seelische Behinderung im Sinne des § 35a Abs. 1 und 3 SGB VIII sein; eine solche kann grundsätzlich zu einer Leistungszuständigkeit des Jugendhilfeträgers führen. Leidet der Kläger jedoch zumindest auch unter einer wesentlichen geistigen Behinderung, ist nach der Abgrenzungsregelung des § 10 Abs. 4 S. 2 SGB VIII der beklagte Sozialhilfeträger vorrangig zuständig (vgl. zu dieser Abgrenzung ausführlich etwa Urteil des Senats vom 18.01.2013 - L 20 SO 170/11 Rn. 59 ff. m.w.N.). Aus diesem Grund bedurfte es von vornherein keiner Beiladung des Jugendhilfeträgers.
92II. Schließlich wurde in der mündlichen Verhandlung für den Kläger ausdrücklich klargestellt, dass Leistungen nach dem Dritten bzw. Vierten Kapitel des SGB XII (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 Rn. 18) nicht geltend gemacht werden.
93D) Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 S. 1 SGG und folgt der Entscheidung in der Sache. Die Kosten der Beigeladenen waren nicht zu erstatten, weil sie keinen Antrag gestellt haben (vgl. dazu das Urteil des Senats vom 18.04.2011 - L 20 SO 78/10 Rn. 62 und vom 08.06.2015 - L 20 SO 473/12; ferner Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 193 Rn. 3b).
94E) Der Senat lässt die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zu (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Aufgabe der Sozialhilfe ist es, den Leistungsberechtigten die Führung eines Lebens zu ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht. Die Leistung soll sie so weit wie möglich befähigen, unabhängig von ihr zu leben; darauf haben auch die Leistungsberechtigten nach ihren Kräften hinzuarbeiten. Zur Erreichung dieser Ziele haben die Leistungsberechtigten und die Träger der Sozialhilfe im Rahmen ihrer Rechte und Pflichten zusammenzuwirken.
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 16.06.2011 geändert. Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 01.04.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.07.2010 verurteilt, die Kosten des Besuchs der T-Schule in C durch die Klägerin seit August 2010 zu übernehmen. Der Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin für beide Rechtszüge. Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin begehrt die Übernahme der Kosten für den Besuch einer Tagesbildungsstätte in Niedersachsen seit Beginn des Schuljahrs 2010/2011 nach dem SGB XII.
3Die am 00.00.2003 geborene Klägerin, die weder über Einkommen noch über Vermögen verfügt, leidet im Wesentlichen an einer chromosomalen Störung in Form des sog. Pallister-Kilian-Syndroms (Mosaik-Tetrasomie 12p), welche mit einer globalen Entwicklungsverzögerung einhergeht. Darüber hinaus bestehen bei ihr ein frühkindlicher Autismus sowie der Verdacht auf eine schwerste Intelligenzminderung. Sie lebt mit ihren Eltern und Geschwistern in W/Nordrhein-Westfalen, nahe der Landesgrenze zu Niedersachsen.
4Von August 2008 bis Juli 2010 besuchte die Klägerin den heilpädagogischen Kindergarten B in C (Niedersachsen). Dieser ist von ihrem Wohnort 13 km entfernt; Träger ist der Beigeladene zu 2. Die Kosten für die heilpädagogischen Leistungen sowie für die Fahrten zwischen Wohnung und Einrichtung übernahm der Beklagte zunächst für die Zeit von August 2008 bis zum voraussichtlichen Beginn der Schulpflicht am 31.07.2009 (Bescheid vom 27.01.2009) sowie - nach Zurückstellung der Klägerin vom Schulbesuch für das Schuljahr 2009/2010 - bis Juli 2010 (Bescheid vom 12.05.2009).
5Im Hinblick auf die bevorstehende Einschulung der Klägerin stellte das Schulamt des Kreises H mit (bestandskräftig gewordenem) Bescheid vom 25.03.2009 den sonderpädagogischen Förderbedarf der Klägerin im Förderschwerpunkt "Geistige Entwicklung" fest und wies sie einer entsprechenden Förderschule zu. Zugleich benannte es die N-Schule in H als nächstgelegene entsprechende (nordrhein-westfälische) Förderschule und bat die Eltern, die Klägerin dort anzumelden.
6Die N-Schule ist etwa 24,5 km von der Wohnung der Klägerin entfernt; mittels Sammelbeförderung (Schülerspezialverkehr) würde ein Transport der Klägerin zu dieser Schule pro Weg maximal 60 Minuten dauern. Der Unterricht an der N-Schule beginnt montags bis freitags gleitend zwischen 8.15 Uhr und 8.30 Uhr. Er endet montags bis donnerstags um 15.00 Uhr, freitags um 12.30 Uhr. Wegen der weiteren Rahmenbedingungen der dortigen Beschulung, u.a. der Größe der Schule und Klassen, der Organisation, des Förderkonzepts sowie des Betreuungsschlüssels wird auf die Bekundungen des dortigen Schulleiters, des Zeugen L, in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat Bezug genommen, ferner auf dessen Stellungnahme vom 24.04.2009 aus dem Verfahren L 20 SO 67/08 (LSG NRW) sowie den aktuellen Internetauftritt der N-Schule, welche der Senat zum Gegenstand des Verfahrens gemacht hat.
7Mit Beginn des Schuljahrs 2010/2011 meldeten die Eltern die Klägerin nicht auf der N-Schule, sondern auf der T-Schule in C an. An dieser Schule wird die Klägerin seither gefördert.
8Die T-Schule ist eine vom Land Niedersachsen anerkannte Tagesbildungsstätte. Sie liegt auf dem gleichen Gelände wie der Kindergarten B; Träger der Schule ist ebenfalls der Beigeladene zu 2. Die Fahrtzeit von der Wohnung der Klägerin zur 13 km entfernten Schule beträgt ausweislich eines verbreitet genutzten Routenplaners (www.falk.de/routenplaner) 17 Minuten; die Transportzeit mittels Sammelbeförderung (Schülerspezialverkehr) dauert nach den Angaben der Eltern der Klägerin etwa 15 Minuten. Der Unterricht findet montags bis freitags von 7.45 Uhr bis 14.15 Uhr statt. Die Schule verfügt über einen Fachdienst für Autismus-Spektrum-Störungen mit einer Diplom-Psychologin, einer Sozialpädagogin und einer Ergotherapeutin. Dieser Fachdienst betreut diejenigen Schüler/innen, welche aufgrund eines frühkindlichen Autismus einen spezifischen Unterstützungsbedarf haben, u.a. in Form von Einzeltherapien während der Schulzeit. Bezüglich der weiteren Rahmenbedingungen der Beschulung an der T-Schule wird auf die Stellungnahmen der Schulleiterin T1 vom 11.11.2013 und 31.01.2013 verwiesen. Die Kosten für den Besuch der T-Schule (monatlich ca. 2.100,00 EUR) trägt der Beklagte seit Beginn des Schuljahrs 2011/2012 vorläufig aufgrund entsprechender einstweiliger Anordnungen des erkennenden Senats.
9Am 20.11.2009 beantragten die Eltern der Klägerin beim Beklagten die Übernahme der Beschulungskosten an der T-Schule ab Beginn des Schuljahres 2010/2011 als sozialhilfeweise Eingliederungshilfe. Sie verwiesen auf den dortigen Fachdienst für Kinder mit autistischen Verhaltensweisen sowie den für derart beeinträchtigte Kinder geeigneten Unterricht. Zudem werde dort in allen Klassen eine Methode der unterstützen Kommunikation angewandt, auf welche die Klägerin wegen fehlender Lautsprache angewiesen sei. Häufige Infekte der Klägerin erforderten zudem eine zügige Erreichbarkeit der Schule durch die Eltern; dies sei bei der T-Schule bei 15-minütiger Entfernung von der Wohnung der Familie und 10-minütiger Entfernung vom Arbeitsplatz des Vaters gewährleistet. Ohnehin müsse die bisherige intensive Therapie und Förderung der Klägerin, welche in der Vergangenheit in enger Kooperation zwischen Therapeuten, Pädagogen und den Eltern erfolgt sei, dringend weitergeführt werden. Dies sei nur möglich, wenn die Eltern den Schulort schnell erreichen könnten.
10Mit Bescheid vom 01.04.2010 lehnte der Beklagte den Antrag ab. Zwar sei er sachlich und örtlich zuständig. Die Klägerin könne jedoch an der N-Schule in H und damit in Nordrhein-Westfalen angemessen und unentgeltlich gefördert werden. Dass diese Schule zur Förderung der Klägerin geeignet sei, habe das Schulamt im Bescheid vom 25.03.2009 inzident und für den Beklagten bindend (BVerwG, Urteil vom 28.04.2005 - 5 C 20/04) bejaht. Auch der Schulwegetransport zur N-Schule sei der Klägerin nach den einschlägigen landesrechtlichen Bestimmungen zumutbar; gegebenenfalls müsse im Rahmen der Ausgestaltung des Schülertransports auf Besonderheiten in der Person der Klägerin Rücksicht genommen werden. Ein Besuch der T-Schule sei demgegenüber mit unverhältnismäßig hohen Kosten verbunden, weil weder das Schulgeld noch die Fahrtkosten vom Schulträger bzw. vom Land Nordrhein-Westfalen übernommen würden. Eine Beschulung an der T-Schule sei daher nach dem Subsidiaritätsprinzip (§ 2 Abs. 1 SGB XII) nicht notwendig und wegen der damit einhergehenden Mehrkosten auch nicht durch das Wunsch- und Wahlrecht (§ 9 SGB XII) gerechtfertigt. Dies gelte auch, wenn durch kleinere Klassen an der T-Schule und eine der Klägerin dort bereits vertraute Umgebung eine optimiertere Förderung stattfinden könne.
11Die Klägerin legte hiergegen Widerspruch ein mit der Begründung, ein Besuch der N-Schule wäre mit erheblichen körperlichen Belastungen verbunden, so dass sie dort nicht angemessen beschult werden könnte. Sie leide unter einer extremen Mehrfachbehinderung, bei der eine Kommunikation mit anderen Menschen nur unter äußerst schwierigen Bedingungen möglich sei. Sie sei insbesondere nicht in der Lage, ihre Bedürfnisse selbst zu äußern. Neben ihrer körperlichen und geistigen Behinderung führten häufige Infektionskrankheiten oftmals zu einer rapiden Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes und erforderten eine ärztliche Untersuchung und Behandlung durch bekannte Betreuungspersonen. So seien seit Dezember 2009 insgesamt fünf Mittelohrentzündungen aufgetreten. Zudem habe sie im März 2010 bei einem Unfall eine Gehirnerschütterung erlitten. Die Klägerin hat eine schulärztliche Stellungnahme des Kreises H (Fachärztin für Kinderheilkunde Dr. L) vom 27.05.2010 sowie einen Zwischenbericht des Sozialpädiatrischen Zentrums (SPZ) des Evangelischen Krankenhauses (EVK) C (Fachärzte für Kinderheilkunde bzw. Neuropädiatrie Dres. C und Q) vom 19.04.2010 (erstellt anlässlich einer ambulanten Vorstellung der Klägerin vom 13.04.2010) vorgelegt; auf diese Unterlagen wird Bezug genommen.
12Mit Widerspruchsbescheid vom 06.07.2010 wies der Beklagte nach Beteiligung sozial erfahrener Personen den Widerspruch zurück. Die Beschulung eines jeden Schülers bzw. einer jeden Schülerin könne in Nordrhein-Westfalen aus Landesmitteln angemessen im Rahmen des dortigen differenzierten Sonder-/Förderschulwesens erfolgen. Die Funktionseinbußen der Klägerin seien nicht in einer Weise erheblich, dass ihr eine entsprechende Beschulung nicht möglich bzw. zumutbar sei.
13Mit ihrer am 30.07.2010 bei dem Sozialgericht Detmold erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt. Sie ist bei ihrer Auffassung verblieben, dass ihr wegen ihrer Behinderungen ein Besuch der N-Schule nicht möglich sei. Ihre Eltern hätten sich anlässlich der bevorstehenden Einschulung diese Schule angesehen. Sie sei wesentlich größer als die T Schule; der Gebäudekomplex sei weniger übersichtlich. Zudem seien die Klassen dort mit teilweise mehr als 10 Schüler/innen erheblich stärker als an der T-Schule. Der Schultag wäre für sie an der N-Schule zu lang. Hinzu käme eine Fahrtzeit mit dem Schülerspezialtransport von annähernd 60 Minuten; wegen ihrer Muskelschwäche würde dies jedoch zu Problemen führen. Abgesehen davon wäre sie anschließend nicht mehr aufnahmefähig. Ohnehin sei ein Verbleib in der ihr bereits vom Kindergarten her vertrauten Einrichtung wichtig. Sie benötige eine extrem lange Eingewöhnungszeit; so habe sie mehr als ein Jahr gebraucht, um sich an den Kindergarten zu gewöhnen. Darüber hinaus habe die N-Schule ihren Eltern keine direkten Informationen hinsichtlich einer notwendigen Autismusbehandlung erteilt, sondern insoweit stets nur auf das Westfälische Institut für Entwicklungsförderung (WIE) in C verwiesen. Die Klägerin hat weitere ärztliche bzw. psychologische Berichte (Behandlungsberichte des Facharztes für Kinder- und Jugendmedizin bzw. Neuropädiatrie Dr. L1 - Chefarzt der I Klinik I, Neurologisches Rehabilitationszentrum für Kinder und Jugendliche - vom 09.07.2010, der Diplom-Psychologin M und der Erzieherin N - ebenda - vom 16.07.2010 sowie der Logopädin H vom 01.04.2010) vorgelegt, auf deren Inhalt ebenfalls Bezug genommen wird. Der Übernahme der Beschulungskosten stehe - so die Klägerin weiter - keineswegs entgegen, dass die T-Schule eine niedersächsische Tagesbildungsstätte sei. Sie könne auch dort ihre Schulpflicht erfüllen. Allein aus der Formulierung in § 34 Abs. 5 SchulG NRW ergebe sich nichts Gegenteiliges. Werde die T-Schule durch das niedersächsische Schulgesetz einer Schule gleichgestellt, müsse diese Schule mit Blick auf Sinn und Zweck des § 34 SchulG NRW nach nordrhein-westfälischem Schulrecht ebenso als deutsche Schule gelten. Abgesehen davon lasse § 34 Abs. 5 S. 2 SchulG NRW Ausnahmen von der Schulpflicht aus wichtigem Grund zu. Eine solche Ausnahme liege hier mit Blick auf ihre Behinderungen vor.
14Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,
15den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 01.04.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.07.2010 zu verpflichten, die Kosten des Besuchs der T-Schule in C durch die Klägerin im Rahmen der Eingliederungshilfe ab August 2010 für die Klägerin zu übernehmen.
16Der Beklagte hat beantragt,
17die Klage abzuweisen.
18Er hat an seinen Bescheiden festgehalten und unter Vorlage einer Stellungnahme eines Referatsleiters des Innenministeriums Nordrhein-Westfalen vom 31.03.2011 ergänzend die Auffassung vertreten, die Übernahme der Beschulungskosten an der T-Schule scheide schon deshalb aus, weil die Klägerin dort ihre Schulpflicht nicht erfüllen könne. Ein wichtiger Grund für die ausnahmsweise Erfüllung der Schulpflicht an einem anderen Ort als einer deutschen Schule im Sinne von § 34 Abs. 5 S. 2 SchulG NRW liege nicht vor. Denn die T-Schule sei keine Schule, sondern eine Tagesbildungsstätte, deren Besuch gemäß § 162 Nieders. SchulG zwar in Niedersachen, nicht hingegen in anderen Bundesländern der Schulpflicht genüge. In Nordrhein-Westfalen könnten Schulpflichtige ihre Schulpflicht lediglich an öffentlichen Schulen, Ersatzschulen oder an nach § 118 Abs. 2 SchulG NRW anerkannten Ergänzungsschulen erfüllen. Ohnehin entfalte die Entscheidung des Schulamtes vom 25.03.2009, welche die N-Schule als nächstgelegene Förderschule benenne, nicht nur für den Beklagten Tatbestandswirkung, sondern binde auch die Gerichte. Die Klägerin könne auch in Ansehung ihrer Behinderungen an der N-Schule angemessen beschult werden; insbesondere stehe dem ihre autistische Störung nicht entgegen. Insoweit hat der Beklagte ergänzend eine Stellungnahme des Zeugen L vom 02.11.2010 vorgelegt, auf deren Inhalt Bezug genommen wird.
19Das Sozialgericht hat eine Auskunft des Schulamts des Kreises H vom 22.02.2011 eingeholt. Danach hat das Schulamt mit seinem Bescheid vom 25.03.2009 keine konkrete und verbindliche Zuweisungsentscheidung im Sinne des § 46 Abs. 6 SchulG NRW getroffen; die N-Schule sei ohne nähere Prüfung ihrer Eignung allein als für den Förderbedarf der Antragstellerin abstrakt zuständiger Förderort benannt worden.
20Mit Urteil vom 16.06.2011 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Eingliederungshilfe in Form einer Übernahme der Kosten für den Besuch der T-Schule nach § 53 Abs. 1, § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII scheide schon deshalb aus, weil die Klägerin durch den Besuch einer in Niedersachsen gelegenen Tagesbildungsstätte ihrer Schulpflicht nach nordrhein-westfälischem Schulrecht nicht genüge und mindestens an einer geeigneten Schule in Nordrhein-Westfalen angemessen beschult werden könne. Der Bescheid des Schulamtes verpflichte die Klägerin zwar nicht bindend zu einem Besuch der darin benannten N-Schule. Gleichwohl habe das Schulamt diese Schule als abstrakt geeignet festgestellt; gesundheitliche Gründe, die dieser abstrakten Eignung entgegenstünden, seien nicht erkennbar. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil Bezug genommen.
21Gegen das ihrer Bevollmächtigten am 28.06.2011 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 27.07.2011 Berufung eingelegt. Sie trägt im Hinblick auf einen etwaigen Wechsel an die N-Schule ergänzend vor, sich auf neue Therapeuten kaum einlassen zu können und durch jegliche neue Umgebung und Umstellung in ihrem Entwicklungszustand weit zurückgeworfen zu werden. So habe sie nach einem Personalwechsel an der T-Schule bereits ein halbes Jahr und länger mit Schwierigkeiten kämpfen müssen. Die Konsequenzen eines Wechsels der Schule, der Bezugspersonen, der Therapeuten, des Schulprogramms, des Tagesablaufs sowie des Schulwegetransports seien für sie unzumutbar und dürften - im Anschluss an die zweitinstanzliche Beweisaufnahme, insbesondere ein Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. M - zu einer deutlichen Entwicklungsverzögerung führen. Zudem sei die Autismus-Förderung an der T-Schule wesentlich differenzierter als auf der N-Schule. Ihre Eltern hätten vor der Einschulung mehrfach bei der N-Schule vorgesprochen und nach einer individuell angepassten Förderung gefragt. Ihnen sei mitgeteilt worden, dass man zum Entspannen lediglich den sog. Snoezelen-Raum aufsuchen würde, wenn sie - die Klägerin - nicht in der Lage sei, lange im Klassenverband zu bleiben. Das WIE habe die Auskunft erteilt, für die in Kooperation mit der N-Schule durchgeführte autismusspezifische Einzelförderung gebe es Wartelisten. Auch würden autistische Kinder in C, also außerhalb der N-Schule, gefördert, was mit einer zusätzlichen Fahrt verbunden wäre. Während langer Fahrtzeiten füge sie sich aufgrund von Wahrnehmungsstörungen jedoch häufig Schmerzen zu. Ferner könnten in der Regel nur ihre Eltern ihren Gesundheitszustand richtig einschätzen; selbst Ärzte seien bei der Diagnose auf deren Hilfe angewiesen. Im November/Dezember 2013 sowie im Januar 2014 hätten ihre Eltern sie dreimal krankheitsbedingt von der Schule abholen müssen.
22In der mündlichen Verhandlung hat die Bevollmächtigte der Klägerin klargestellt, weder Leistungen nach dem Dritten oder Vierten Kapitel des SGB XII noch eine Übernahme von Fahrtkosten für den Schulbesuch geltend zu machen. Sie begehre vielmehr allein die Übernahme der Kosten für den Besuch der T-Schule.
23Die Klägerin beantragt,
24das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 16.06.2011 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 01.04.2010 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 06.07.2010 zu verpflichten, die Kosten des Besuchs der T-Schule in C durch die Klägerin seit August 2010 zu übernehmen,
25hilfsweise, über folgende Beweisanträge Beweis zu erheben:
261. Was ist für die Klägerin zumutbar, erforderlich und geeignet - der Schulweg mit dem Bus und der gesamte Schultag inklusive Abfahrt und Ankunft zu Hause zur N-Schule in H oder das Äquivalent (Schulweg und gesamter Schultag) zur T-Schule?
272. Wie schnell müssen die Eltern im Falle eines medizinischen Notfalls der Klägerin vor Ort sein und wie lange dauert die Fahrt zwischen Wohnort und N-Schule bzw. der T-Schule für die Eltern werktags tagsüber tatsächlich? Die gleiche Frage des tatsächlichen Weges gilt für die Fahrt des Vaters der Klägerin von seinem Arbeitsplatz in E.
28Der Beklagte beantragt,
29die Berufung zurückzuweisen.
30Er hält daran fest, dass schon der Bescheid des Schulamts dem geltend gemachten Anspruch entgegenstehe; denn dieser regle verbindlich die von der Klägerin zu besuchende Schulform. Zudem könne die Klägerin durch den Besuch der Tagesbildungsstätte in Niedersachsen ihre Schulpflicht nicht erfüllen. Durch eine antragsgemäße Verurteilung würde der Beklagte gezwungen, entgegen Art. 20 Abs. 3 GG die fortgesetzte Begehung einer - rechtlich unstreitigen - Ordnungswidrigkeit zu finanzieren. Die N-Schule sei für die Klägerin trotz deren Behinderungen geeignet. Hinsichtlich der Klassengröße und des Betreuungsschlüssels bestünden keine signifikanten Unterschiede zur T-Schule. Die Fahrtzeit zur N-Schule sei nicht viel länger als zur T-Schule. Die vom Sachverständigen Prof. Dr. M bei einem Wechsel des vertrauten Umfelds oder der Bezugspersonen angenommene temporäre Entwicklungsverzögerung träte bei einem Wechsel zur N-Schule lediglich einmalig auf. Dies sei der Klägerin zumutbar; denn auch andere Ereignisse, beispielsweise eine stationäre Krankenbehandlung oder ein Wechsel/Ausfall der Beschäftigten der T-Schule, könnten jederzeit den gleichen Effekt auslösen.
31Die mit Beschluss vom 05.08.2013 Beigeladenen stellen keinen Antrag.
32Der Beigeladene zu 2 hält die T-Schule zur Beschulung der Klägerin für geeignet. Bezüglich seiner Angaben zu dortigen Beschulungsbedingungen sowie die Entwicklung der Klägerin wird auf die Stellungnahmen der Schulleiterin der T-Schule vom 11.11.2013 und 31.01.2013 verwiesen.
33Der Senat hat zunächst Befundberichte des Facharztes für Kinderheilkunde und Jugendmedizin Dr. X und der Kinderärztin Dr. Q (SPZ) vom 13.09.2011 eingeholt. Ferner hat er die Klägerin betreffende Förderpläne und Zeugnisse sowie die Dokumentation des Fachdienstes für Autismus von der T-Schule beigezogen. Auf den Inhalt dieser Unterlagen wird Bezug genommen.
34Anschließend hat der Senat ein Gutachten des Facharztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Neurologie und Psychiatrie sowie Diplom-Psychologen Prof. Dr. M (Direktor der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters, Universitätsklinik L) vom 24.05.2012 nebst ergänzenden Stellungnahmen vom 12.11.2012 und 08.04.2013 eingeholt. In der mündlichen Verhandlung hat der Sachverständige seine gutachterlichen Ausführungen weiter erläutert. Wegen der Einzelheiten wird auf die schriftlichen Äußerungen des Sachverständigen sowie auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
35Der Senat hat zudem den Zeugen L schriftlich sowie in der mündlichen Verhandlung zu den Rahmenbedingungen der Beschulung an der von ihm geleiteten N-Schule befragt. Insoweit wird auf dessen schriftliche Auskunft vom 24.09.2013 sowie die Sitzungsniederschrift Bezug genommen. Darüber hinaus hat der Senat eine Stellungnahme des Zeugen L vom 24.04.2009 aus dem Verfahren L 20 SO 67/08 (LSG NRW) sowie den aktuellen Internetauftritt der N-Schule zum Gegenstand des Verfahrens gemacht; auch hierauf wird Bezug genommen.
36Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten, des Schulamtes des Kreises H sowie der Streitakten (gleichen Rubrums) S 2 SO 204/10 ER (SG Detmold) bzw. L 20 SO 450/10 ER (LSG NRW) Bezug genommen. Dieser ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
37Entscheidungsgründe:
38Die zulässige Berufung der Klägerin ist begründet.
39A. Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 01.04.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.07.2010 (§ 95 SGG). Da der Beklagte darin den Antrag der Klägerin auf Übernahme von Kosten für den Besuch der T-Schule "ab dem (.) Schuljahr 2010/2011" vollständig und zukunftsoffen abgelehnt hat, ist Streitgegenstand in zeitlicher Hinsicht der gesamte Zeitraum vom Beginn des Schuljahres 2010/2011 (= August 2010) bis zum Tag der mündlichen Verhandlung vor dem Senat (vgl. BSG, Urteil vom 15.04.2008 - B 14/7b AS 52/06 R Rn. 12 m.w.N.).
40B. Das Sozialgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 SGG) statthafte (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage 2012, § 54 Rn. 20a ff., 38 ff.; BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R Rn. 9) und auch im Übrigen zulässige Klage ist begründet. Der Beklagte hat die Übernahme der Kosten für den Besuch der T-Schule ab Beginn des Schuljahrs 2010/2011 zu Unrecht abgelehnt. Die Klägerin kann vom Beklagten gemäß §§ 53 ff., 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII i.V.m. § 12 Nr. 2 Eingliederungshilfeverordnung (EinglhVO) die Übernahme dieser Kosten ab August 2010 (= Beginn des Schuljahrs 2010/2011) beanspruchen (dazu im Folgenden). Sonstige Anspruchsgrundlagen kommen nicht in Betracht (dazu weiter unten).
41I. Der Beklagte - nicht hingegen der (als örtlicher Träger der Sozialhilfe) vorsorglich Beigeladene zu 1 - ist für die Erbringung der begehrten Leistungen sachlich und örtlich zuständig.
42Insofern mag insbesondere offen bleiben, ob es sich bei der T-Schule um eine teilstationäre Einrichtung handelt, für welche der Beklagte gemäß § 97 Abs. 2 S. 1 SGB XII i.V.m. §§ 1, 2 AG-SGB XII NRW i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 1a AV-SGB XII NRW und § 98 Abs. 2 S. 2 SGB XII als überörtlicher Träger Hilfen zu erbringen hat (vgl. zur - dort allerdings im Ergebnis offen gelassenen - Frage der Qualifizierung einer Schule als teilstationäre Einrichtung BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R).
43Denn der Beklagte ist (unabhängig von einer etwaigen originären Zuständigkeit) jedenfalls gemäß § 14 Abs. 2 S. 1 i.V.m. Abs. 1 SGB IX sachlich und örtlich für die streitbefangenen Hilfen zuständig. Nach diesen Vorschriften stellt der Rehabilitationsträger, sofern Leistungen zur Teilhabe erbracht werden, innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrags fest, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist (§ 14 Abs. 1 S. 1, 1. Halbsatz SGB IX). Hält er sich für unzuständig, so leitet er den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu (§ 14 Abs. 1 S. 2 SGB IX). Wird der Antrag nicht weitergeleitet, stellt der erstangegangene Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf selbst unverzüglich fest (§ 14 Abs. 2 S. 1 SGB IX). Auf diese Weise wird eine nach außen verbindliche Zuständigkeit des erstangegangenen Rehabilitationsträgers geschaffen, welche sich auf sämtliche Rechtsgrundlagen erstreckt, die in der Bedarfssituation in Betracht kommen (vgl. u.a. BSG, Urteil vom 24.01.2013 - B 3 KR 5/12 R m.w.N.).
44§ 14 Abs. 2 S. 1 SGB IX ist vorliegend anwendbar. Denn die Träger der Sozialhilfe - und damit auch der Beklagte - sind nach §§ 6 Abs. 1 Nr. 7 und Abs. 5 Nr. 4 SGB IX Rehabilitationsträger für Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft. Zu derartigen Leistungen gehören auch solche der Eingliederungshilfe nach §§ 53, 54 SGB XII (vgl. Luthe in jurisPK-SGB IX, § 55 Rn. 4).
45Auch die (weiteren) Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 S. 1 SGB IX sind erfüllt. Der Beklagte hat den Antrag der Klägerin auf Übernahme der Kosten für den Besuch der T-Schule vom 20.11.2009 nicht gemäß § 14 Abs. 1 S. 1 SGB IX innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrags (20.11.2009) und im Übrigen auch nicht im Anschluss daran an den Beigeladenen zu 1 oder einen anderen aus seiner Sicht zuständigen Rehabilitationsträger weitergeleitet. Folglich ist er nach § 14 Abs. 2 S. 1 SGB IX nicht nur sachlich, sondern auch örtlich zuständig geworden; denn diese Vorschrift legt sowohl die sachliche als auch die örtliche Zuständigkeit fest (Luik in jurisPK-SGB IX, § 14 Rn. 45 unter Hinweis auf Welti in Luthe, Rehabilitationsrecht, 2009, S. 154) und verdrängt die Regelung des § 98 SGB XII (Luik, a.a.O. unter Hinweis auf Welti, a.a.O., LSG Schleswig-Holstein vom 09.11.2005 - L 9 B 268/05 SO ER).
46II. Die materiellen Voraussetzungen der §§ 53, 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII i.V.m. § 12 Nr. 2 EinglhVO liegen ebenfalls vor.
47Nach §§ 53 Abs. 1, 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII erhalten die in § 53 Abs. 1 S. 1 SGB XII genannten Personen Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung, insbesondere im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht und zum Besuch weiterführender Schulen einschließlich der Vorbereitung hierzu, wenn und solange nach den Besonderheiten des Einzelfalls Aussicht besteht, dass die Aufgaben der Eingliederungshilfe erfüllt werden. Dabei bleiben die Bestimmungen über die Ermöglichung der Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht unberührt (§ 54 Abs. 1 S. 1. 2. Halbsatz SGB XII). Was dabei unter dem Begriff "angemessene Schulbildung" zu verstehen ist, wird im Rahmen des SGB XII nicht definiert. Jedoch bestimmt § 12 Nr. 2 EinglH-VO, dass die Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung auch Maßnahmen der Schulbildung umfasst, wenn diese erforderlich und geeignet sind, dem behinderten Menschen eine im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht üblicherweise erreichbare Bildung zu ermöglichen.
481. Die Klägerin gehörte aufgrund ihrer schwerwiegenden dauerhaften Behinderungen zu dem von § 53 Abs. 1 S. 1 SGB XII i.V.m. § 2 Abs. 1 S. 1 SGB IX erfassten Personenkreis.
49Nach § 53 Abs. 1 S. 1 SGB XII erhalten Personen, die durch eine Behinderung im Sinne von § 2 Abs. 1 S. 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, unter den dort genannten weiteren Voraussetzungen Leistungen der Eingliederungshilfe. Die Klägerin leidet - was zwischen den Beteiligen auch unstreitig ist - unter einer solchen wesentlichen Behinderung; denn ihre körperlichen Funktionen und geistigen Fähigkeiten weichen aufgrund eines Pallister-Kilian-Syndroms mit globaler Entwicklungsverzögerung, frühkindlichen Autismus sowie Verdachts auf eine schwerste Intelligenzminderung von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand erheblich ab. Wegen dieser Behinderungen ist ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft durchgehend und insbesondere auch in dem hier streitbefangenen Zeitraum seit Beginn des Schuljahrs 2010/2011 wesentlich beeinträchtigt. Der Senat folgt insoweit in erster Linie den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. M in seinem Gutachten vom 24.05.2012. Dieser ist aufgrund eingehender Untersuchung der Klägerin und sorgfältiger Befunderhebung unter Berücksichtigung der übrigen aktenkundigen medizinischen Unterlagen zu seiner Beurteilung gelangt. Zudem decken sich die von ihm erhobenen Diagnosen im Wesentlichen mit denjenigen in den Befundberichten bzw. Arztbriefen der die Klägerin behandelnden Ärzte Dres. X und Q aus den Jahren 2010 und 2011. Im Übrigen besteht bei der Klägerin aufgrund der genannten Einschränkungen ein sonderpädagogischer Förderbedarf; ein solcher begründet ohnehin stets die Annahme einer wesentlichen Behinderung im vorgenannten Sinne (vgl. BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R).
502. Zu den - somit für die Klägerin in Betracht kommenden - Hilfen für eine angemessene Schulbildung im Sinne des § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII gehören auch die hier streitbefangenen Kosten für den Besuch der T-Schule.
51Der Qualifizierung der Übernahme von Beschulungskosten als "Hilfen" im gesetzlichen Sinne steht nicht entgegen, dass die Klägerin nicht eine die Schulbildung begleitende Maßnahme, sondern die Übernahme der (gesamten) Kosten für den Besuch der T-Schule als solche begehrt.
52a) Zwar ist der Kernbereich der pädagogischen Arbeit der Schule - und damit im Regelfall auch das Schulgeld, mit welchem der Unterricht finanziert wird - den Regelungen der Eingliederungshilfe grundsätzlich entzogen (vgl. im Einzelnen BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R). Dies folgt schon aus dem Wortlaut des § 54 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII. Spricht dieser - ebenso wie § 12 EinglhVO - gerade von "Hilfen", so erfasst er grundsätzlich nur Maßnahmen, die im Zusammenhang mit der Ermöglichung einer angemessenen Schulbildung (in Ergänzung der Beschulung als solcher) geeignet und erforderlich sind, Behinderungsfolgen zu beseitigen und zu mildern. Dementsprechend betreffen die Regelbeispiele einer solchen Hilfe in § 12 EinglhVO nur die Schulbildung begleitende Maßnahmen (vgl. zu alledem BSG, a.a.O.).
53b) Gleichwohl verbleibt auch im Kernbereich der Schulbildung ausnahmsweise Raum für Leistungen der Eingliederungshilfe, wenn nämlich der Besuch einer öffentlichen (und damit für den Sozialhilfeträger kostenfreien) Schule aus objektiven Gründen (z.B. wegen der räumlichen Entfernung vom Wohnort) oder aus schwerwiegenden subjektiven (persönlichen) Gründen nicht möglich oder nicht zumutbar ist (so BVerwG, Beschluss vom 02.09.2003 - 5 B 259/02; vgl. BSG, Urteil vom 22.03.2012 - B 8 SO 30/10 R unter Bezugnahme auf BVerwG, Urteil vom 13.08.1992 - 5 C 70/88, sowie Beschluss vom 02.09.2003 - 5 B 259/02).
54Der Klägerin war der Besuch einer öffentlichen Schule jedoch aus schwerwiegenden subjektiven Gründen schon seit August 2010 nicht möglich bzw. nicht zumutbar.
55aa) Maßstab hierfür ist vor allem die Aufgabe der Sozialhilfe, dem Empfänger der Hilfe die Führung eines Lebens zu ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht, und ihn so weit wie möglich zu befähigen, unabhängig von ihr zu leben (vgl. § 1 SGB XII; vgl. insoweit auch BVerwG, Urteil vom 13.08.1992 - 5 C 70/88). Insofern mag vorliegend offen bleiben, ab wann die Grenze der Unzumutbarkeit überschritten sein kann, wenn - wie hier - die Übernahme der Kosten für den Besuch einer nicht vom zuständigen Schulträger bereitgestellten Schule streitbefangen ist. Jedenfalls dann, wenn seitens des zuständigen Schulträgers keine Schule zur Verfügung steht, die den Hilfebedürftigen unter Berücksichtigung seiner Behinderungen im Sinne des § 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII angemessen beschulen könnte, liegen schwerwiegende subjektive Gründe vor, welche Eingliederungshilfe durch Übernahme der (gesamten) Beschulungskosten ausnahmsweise zulassen.
56bb) So aber liegt es aber hier. Denn der Besuch der N-Schule - welche vom Beklagten sowie vom Schulamt des Kreises H als allein in Betracht kommende öffentliche Schule benannt wurde, und die mit Blick auf die räumlichen Verhältnisse auch die einzige in Nordrhein-Westfalen in Betracht kommende einschlägige Förderschule ist - ist der Klägerin unter Berücksichtigung ihrer schwerwiegenden Behinderungen seit Beginn des Schuljahrs 2010/2011 und auch später nicht zumutbar (dazu weiter unten). Vielmehr konnte und kann sie lediglich an der T-Schule angemessen beschult werden. Allein diese Schule ist im Sinne des § 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII i.V.m. § 12 Nr. 2 EinglhVO geeignet und - mangels Zumutbarkeit des Besuchs der N-Schule - auch erforderlich, der Klägerin eine im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht üblicherweise erreichbare Bildung zu ermöglichen (dazu im Folgenden).
57(1) Dabei steht - anders als der Beklagte meint - der Geeignetheit der T-Schule nicht etwa der bestandskräftige Bescheid des Schulamtes vom 24.03.2009 entgegen. Dieser benennt zwar die N-Schule (lediglich) als nächstgelegene Förderschule mit dem Förderschwerpunkt "Geistige Entwicklung". Er trifft jedoch - was die Schulbehörde in ihrer späteren Stellungnahme vom 22.02.2011 auch ausdrücklich bestätigt - weder inzident eine den Beklagten bindende Entscheidung über die Eignung der N-Schule, noch weist er der Klägerin die N-Schule im Sinne von § 46 Abs. 6 SchulG NRW als Förderschule konkret zu. Dementsprechend hat das Schulamt auf Anfrage des Senats in dem Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes L 20 450/10 B ER mit weiterem Schreiben vom 30.08.2010 ergänzend mitgeteilt, diese "Benennung" orientiere sich lediglich an den Bestimmungen zur Ausführung des § 97 Abs. 4 SchulG NRW bzw. der Schülerfahrkostenverordnung (SchfkVO) und bezeichne damit die örtlich nähere von zwei abstrakt für die Klägerin in Betracht kommenden Schulen im Kreis H. Eine Prüfung der Eignung der Schule unter behinderungsspezifischen Gesichtspunkten war damit jedoch nicht verbunden. Die Schulbehörden entscheiden zwar mit bindender Wirkung gegenüber dem Sozialhilfeträger, in welchem Umfang eine bestimmte Beschulung den geistigen und körperlichen Fähigkeiten eines behinderten Menschen entspricht, hingegen in der Regel nicht darüber, an welcher konkreten Schule die Beschulung zu erfolgen hat (vgl. hierzu den Beschluss des Senats vom 06.09.2010 - 20 SO 450/10 B ER). Aus schulrechtlichem Standpunkt verblieb der Klägerin vielmehr - was das Schulamt in der Stellungnahme vom 22.02.2011 selbst ausgeführt hat - letztlich ein Wahlrecht, welche geeignete Schule sie besuchen will.
58(2) Ebenso wenig steht einer Geeignetheit der T-Schule entgegen, dass die Klägerin durch den Besuch dieser niedersächsischen Tagesbildungsstätte ihrer Schulpflicht nach nordrhein-westfälischem Schulrecht nicht nachkäme.
59(a) Zwar können in Nordrhein-Westfalen Schulpflichtige ihre Schulpflicht grundsätzlich nur an öffentlichen Schulen, Ersatzschulen oder an nach § 118 Abs. 2 SchulG NRW anerkannten Ergänzungsschulen erfüllen (vgl. § 34 Abs. 5 S. 1 SchulG NRW). Insbesondere fehlt im SchulG NRW eine § 162 S. 1 Nieders. SchulG entsprechende Regelung, wonach Kinder und Jugendliche mit geistigen Behinderungen ihre Schulpflicht auch durch den Besuch einer anerkannten Tagesbildungsstätte erfüllen. Auch hat die zuständige Schulaufsichtsbehörde der Klägerin bislang keine Ausnahmegenehmigung (etwa nach § 34 Abs. 5 S. 3 SchulG NRW) erteilt und auch kein Ruhen der Schulpflicht (§ 40 Abs. 2 SchulG NRW) angeordnet.
60(b) Die nach niedersächsischem Recht erfolgte Erfassung der T-Schule als Tagesbildungsstätte kann indes (jedenfalls im Rahmen der Eingliederungshilfevorschriften) nicht ausschlaggebend sein. Der Senat hält vielmehr für entscheidend, dass der Bildungsauftrag der T-Schule (als Tagesbildungsstätte) inhaltlich mit dem Auftrag der in § 34 Abs. 5 S. 1 SchulG NRW genannten Schulen identisch ist. Vermittelt erstere nach ihrem gesamten Konzept inhaltlich wie die letzteren Wissen und Können an die Schülerinnen und Schüler, so leistet sie in der Sache eine ebenso geeignete Beschulung. Letztlich ist dies zwischen den Beteiligten auch nicht streitig.
61(c) Unabhängig hiervon ist die Erfüllung der Schulpflicht nach nordrhein-westfälischem Schulrecht ohnehin nicht Voraussetzung für Eingliederungshilfe als Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung im Sinne des § 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII. Schon § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 2. Halbsatz SGB XII, wonach die Bestimmungen über die Ermöglichung der Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht unberührt bleiben, lässt schulrechtliche Verpflichtungen grundsätzlich neben den sozialhilferechtlichen Pflichten bestehen, ohne dass diese sich gegenseitig inhaltlich beeinflussen (so ausdrücklich BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R). Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung sind vielmehr lediglich vorrangig an einer Einrichtung zu gewähren, durch deren Besuch der behinderte Mensch der allgemeinen Schulpflicht nach jeweiligem Landesrecht genügt.
62§ 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII lässt sich i.V.m. § 12 Nr. 2 EinglhVO und unter zusätzlicher Berücksichtigung des Nachranggrundsatzes (§ 2 Abs. 1 SGB XII) insofern entnehmen, dass nicht jedwede Hilfeleistung zu einer nach den Vorstellungen des behinderten Menschen bzw. seiner Erziehungsberechtigten bestmöglichen Schulbildung als Eingliederungshilfe verlangt werden kann. Vielmehr ist die schulische Förderung von Kindern nach Art. 7 Abs. 1 GG eine grundsätzlich allein den (öffentlichen) Schulträgern zugewiesene Aufgabe (BSG, Urteil vom 22.03.2012 - B 8 SO 30/10 R). Insbesondere besteht ein Ausschluss für die Übernahme von Schulkosten aufgrund der Gesetze der Länder, (zumindest) soweit die Schulbehörde der ihr möglichen vorrangigen Leistungsverpflichtung auch nachkommt (Voelzke, in Hauck/Noftz, SGB XII, 19. Erg.-Lfg. II/10, § 54 Rn. 44a; BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R). Steht hingegen fest, dass eine im Sinne von § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII angemessene Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht nicht zu erlangen ist, so kann unter dem Gesichtspunkt der Eingliederungshilfe die Übernahme von Kosten für eine anderweitige Beschulung des behinderten Menschen in Betracht kommen (LSG NRW, Urteil vom 15.05.2013 - L 20 SO 67/08; LSG Hessen, Urteil vom 22.11.2010 - L 9 SO 9/07 und zu § 35a SGB VIII; VGH Hessen, Urteil vom 20.08.2009 - 10 A 1799/08).
63Hierfür spricht schon der Wortlaut des § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII, der keinen abschließenden Leistungskatalog möglicher Eingliederungshilfen enthält, sondern von Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung (nur) "insbesondere" im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht spricht. Zudem umfassen nach § 12 Nr. 2 EinglhVO Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung auch solche Maßnahmen der Schulbildung, die erforderlich und geeignet sind, dem behinderten Menschen eine "im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht" (lediglich) "üblicherweise erreichbare" Bildung zu ermöglichen. Insofern bildet die allgemeine Schulpflicht also nur den Vergleichsmaßstab dafür, in welchem Umfang bzw. in welchem Maße Leistungen der Eingliederungshilfe auch außerhalb der allgemeinen Schulpflicht erbracht werden können.
64Diese Lesart wird zudem durch Sinn und Zweck der Eingliederungshilfevorschriften gestützt. Diese sollen nicht vorrangig sicherstellen, dass der nach §§ 53 ff. SGB XII berechtigte Personenkreis seiner Schulpflicht gerecht wird, sondern dem behinderten Menschen nach dem Willen des Gesetzgebers die Integration in die Gesellschaft ermöglichen. § 53 Abs. 3 S. 1 SGB XII bestimmt insoweit als besondere Aufgabe der Eingliederungshilfe, eine Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und die behinderten Menschen in die Gesellschaft einzugliedern. Hierzu gehört vor allem, ihnen die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern, ihnen die Ausübung eines angemessenen Berufs oder einer sonstigen angemessenen Tätigkeit zu ermöglichen oder (auch nur), sie so weit wie möglich unabhängig von Pflege zu machen (§ 53 Abs. 3 S. 2 SGB XII). Mit Blick auf diese Ziele kann es jedenfalls dann nicht dem Willen des Gesetzgebers entsprechen, einem behinderten Menschen nach den - im Übrigen bundesrechtlichen - Eingliederungshilfevorschriften der §§ 53 ff. SGB XII eine angemessene Beschulung außerhalb der jeweiligen Landesgrenzen mit der Begründung zu versagen, dass dort die Schulpflicht nach landesrechtlichen Vorschriften nicht erfüllt werde, wenn das landesrechtliche Schul(pflicht-)system selbst eine angemessene Beschulung nicht sicherstellt (vgl. hierzu schon den Beschluss des Senats vom 15.08.2012 - L 20 SO 309/12 ER).
65(d) Auf ein etwaiges schulrechtliches Wahl- und Bestimmungsrecht des behinderten Menschen bzw. seiner Eltern kommt es in diesem Zusammenhang im Übrigen von vornherein nicht an. Ein solches Wahlrecht ist allenfalls dann von Bedeutung, wenn (wie in dem der Entscheidung des BVerwG vom 26.10.2007 - 5 C 35.06 zugrunde liegenden Sachverhalt) der Besuch zweier Schulen im Raume steht, welche beide in das System der allgemeinen Schulpflicht des betroffenen Bundeslandes integriert sind. Im vorliegenden Fall liegt jedoch allein die N-Schule in Nordrhein-Westfalen, während sich die T-Schule in Niedersachen befindet.
66cc) Ausgehend von den dargestellten Kriterien ist mit Blick auf die Formulierungen in § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII (" angemessene Schulbildung ") und § 12 Nr. 2 EinglhVO (" üblicherweise erreichbare Bildung ") in einem ersten Schritt festzustellen, welches konkrete Bildungsziel für den behinderten Menschen in Betracht kommt (so auch Voelzke a.a.O. Rn. 40a; dazu im Folgenden). Daran anschließend ist zu prüfen, ob dieses Ziel mit den Möglichkeiten, welche das öffentliche Schulsystem für den Betroffenen bereithält, in zumutbarer Weise verfolgt werden kann oder nicht (dazu weiter unten). Im Rahmen dieses zweiten Prüfungsschritts sind unter "bereithalten" die Leistungen oder Rahmenbedingungen zu verstehen, die das öffentliche Bildungssystem dem behinderten Menschen tatsächlich zur Verfügung stellt, oder die der Betroffene im Rahmen zumutbarer Bemühungen rechtzeitig realisieren kann (vgl. das Urteil des Senats vom 15.05.2013 - L 20 SO 67/08; Scheider in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 18. Auflage 2010, § 53 Rn. 71; Voelzke a.a.O. Rn. 44a mit Hinweis m.w.N.; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15.06.2000 - 16 A 3108/99 Rn. 17 a.E. und Rn. 22).
67(1) Die für die Klägerin in Betracht kommenden Bildungsziele hat der Senat umfassend ermittelt; diese Bildungsziele werden an der von ihr besuchten T-Schule im Übrigen konsequent in geeigneter Weise verfolgt.
68(a) Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme, namentlich den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. M in seinen schriftlichen Äußerungen sowie seinen weiteren Erläuterungen in der mündlichen Verhandlung, ist der Senat davon überzeugt, dass das für die Klägerin anzustrebende Bildungsziel seit Beginn des streitbefangenen Zeitraums weit unterhalb der Qualifikation eines formalen Bildungsabschlusses (wie etwa eines Hauptschulabschlusses) anzusiedeln ist. Die Klägerin wird aller Voraussicht nach basale Fähigkeiten wie Rechnen, Lesen und Schreiben nicht erlernen. Vielmehr liegen ihre Lernziele - den nachvollziehbaren Darlegungen des Sachverständigen vor allem in seiner Stellungnahme vom 08.04.2013 sowie seinen mündlichen Erläuterungen folgend - im Wesentlichen darin, kommunikative und interaktive Fähigkeiten zu erlernen bzw. zu verbessern, Alltagsfertigkeiten zu erwerben und auszubauen sowie ihre Selbstbeschäftigung zu fördern. Das betrifft konkret erstens das Erlernen und Anwenden von Symbolen und Symbolhandlungen durch Bilder und Piktogramme für verschiedene Alltagssituationen und Kommunikationsanlässe (= Bereich der Kommunikation und sozialen Interaktion), zweitens die bessere Koordination der Abläufe des Essvorgangs und Erlangung einer größeren Selbständigkeit bei den Mahlzeiten sowie die Verbesserung der Körperhygiene (= Bereich der Alltagsfähigkeiten), und schließlich drittens die Intensivierung der Erkundung der Umgebung sowie das Begreifen und Ausüben einfacher Spiele oder Beschäftigungen (= Bereich der Selbstbeschäftigung).
69(b) Die T-Schule, deren Schulkosten vorliegend im Streit stehen, ist im Sinne des § 12 Nr. 2 EinglhV geeignet, der Klägerin diese Bildungsziele erfolgversprechend zu vermitteln. Das gilt sowohl mit Blick auf die Schülerzahl, die Klassengröße und die sonstigen Rahmenbedingungen (insbesondere die Dauer der Anfahrt zur Schule) als auch auf die von der Schule vorgehaltenen pädagogischen und therapeutischen Angebote sowie das Förderkonzept. Dies steht unter Berücksichtigung der von der Leiterin der T-Schule beschriebenen dortigen Umstände der Beschulung sowie der Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. M fest und wird auch vom Beklagten nicht bestritten. Der Sachverständige ist insoweit in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 08.04.2013 zu der Einschätzung gelangt, dass die T-Schule "in höchstem Maße" geeignet ist, die von ihm beschriebenen Lernziele zu fördern. Zweifel an dieser Beurteilung hat der Senat nicht. Sie erscheint insbesondere vor dem Hintergrund der vom Sachverständigen behinderungsbedingt für notwendig erachteten Rahmenbedingungen für die Beschulung der Klägerin sowie der diesbezüglichen Angaben der Schulleiterin der T-Schule in ihrer Stellungnahme vom 11.11.2013 sowie in der mündlichen Verhandlung schlüssig.
70(aa) Zwar kommt es nach den Feststellungen des Sachverständigen für die Beurteilung der Geeignetheit auf die Größe der T -Schule (nach den Angaben der Schulleiterin im Schuljahr 2013/2014 86 Schüler) und Klassen (5 bis 9 Schüler), die Dauer eines Schultags (von 8:00 Uhr bis 14:15 Uhr) sowie die Dauer der Fahrt zur Schule (ca. 17 Minuten) nicht entscheidend an. Im Hinblick auf den erheblichen Förderbedarf und die schnelle Überforderung der (u.a.) geistig schwerstbehinderten Klägerin bei Unruhe im Umfeld ist ihre adäquate Beschulung jedoch - den nachvollziehbaren Feststellungen des Sachverständigen folgend - nur dann möglich, wenn sie bei Bedarf kurzfristig aus der Klasse herausgenommen und ihr im Rahmen einer Einzelbetreuung (außerhalb oder innerhalb des Klassenraums) Möglichkeiten zum Stressabbau und Rückzug geboten werden können. Dass die T-Schule diesen Anforderungen gerecht wird, steht unter Zugrundelegung der Angaben der Schulleiterin vom 11.11.2013 fest. Danach wird jede Klasse konstant durch zwei Lehrkräfte sowie im Bedarfsfall durch zusätzliche Hilfskräfte betreut, die eine vorübergehende Einzelbetreuung der Klägerin jederzeit sicherstellen können.
71(bb) Darüber hinaus trägt das Konzept der T-Schule auch den Auswirkungen der bei der Klägerin bestehenden autistischen Störung und den insoweit von dem Sachverständigen nachvollziehbar für notwendig erachteten Beschulungsbedingungen hinreichend Rechnung.
72Der Sachverständige hat insofern (insbesondere in seiner ergänzenden Stellungnahme aus 12.11.2012) deutlich gemacht, dass die Klägerin einer konsequenten autismusspezifischen Förderung im Bereich der Schule bedarf, die nicht auf gelegentlich angebotene Einzelförderung im schulischen Kontext beschränkt sein, sondern sich zudem in der Gesamtkonzeption des Unterrichts und des schulischen Alltags widerspiegeln soll. Dabei sollten sämtliche Lehrer über grundlegende Kenntnisse und lerntheoretische Techniken (Verstärkung, Prompting, Fading), insbesondere der angewandten Verhaltensanalyse, im Umgang mit Kindern verfügen, welche unter einer Störung aus dem Autismusspektrum leiden. Das gilt nach den Ausführungen des Sachverständigen sowohl im Hinblick auf die soziale Interaktion und Kommunikation als auch auf die häufig begrenzten, repetitiven und stereotypen Verhaltensmuster solcher Kinder.
73Der Senat hat keine Zweifel an der Richtigkeit dieser Einschätzung des Sachverständigen. Sie erscheint vor allem mit Blick auf die von ihm in seinem Gutachten vom 24.05.2012 erhobenen Befunde, nach denen die Klägerin bereits im Schuljahr 2010/2011 unter einem frühkindlichen Autismus litt, schlüssig. Bestätigt werden diese Ausführungen im Übrigen durch den Zwischenbericht des EVK C vom 19.04.2010, in welchem Dres. C und Q (offenbar erstmals) eine tiefgreifende Entwicklungsstörung mit autistischen Zügen beschrieben haben. Zudem hat auch der Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin bzw. Neuropädiatrie Dr. L1, der die Klägerin während einer stationären neuropädiatrischen Rehabilitation und damit über einen längeren Zeitraum beobachten konnte, in seinem Behandlungsbericht vom 09.07.2010 wesentliche Symptome eines frühkindlichen Autismus (u.a. kaum vorhandene Kontaktaufnahme, kaum Entwicklung von aktiver Sprache, zwanghafte Verhaltensweisen, stereotype Verhaltensmuster, Abhängigkeit von vorgegebenen Mustern und Ritualen sowie Selbststimulation durch Zufügen von Schmerzen) festgestellt.
74(cc) Dass die Klägerin mit Blick auf ihren frühkindlichen Autismus besonderer Förderung bedarf, welche über eine Einzelförderung im Rahmen zeitlich begrenzter Therapieeinheiten hinausgeht und sich in der Gesamtkonzeption des Unterrichts und des schulischen Alltags widerspiegeln soll, hat der Sachverständige nachvollziehbar dargelegt. Danach erfordern die soziale Interaktion und Kommunikation sowie die häufig begrenzten, repetitiven und stereotypen Verhaltensmuster von Kindern, die unter einer autistischen Störung leiden, u.a. besondere lerntheoretische Techniken sowie das Zerlegen komplexer Handlungsfolgen in möglichst kleine Teilschritte, welche jeweils möglichst genau und konsistent sowie operant verstärkt werden müssen. Zudem bedarf es klarer Strukturen und Abläufe sowie der Visualisierung durch vor allem Bilder, Postkarten oder Handzeichen, welche oft erfolgreicher sind als eine komplexe Sprache, subtile Mimik und Gestik.
75Diesen Anforderungen trägt die T-Schule in geeigneter Weise - wenn nicht sogar in besonderem Maße - Rechnung. Nach den Angaben der Schulleiterin in ihrer Stellungnahme vom 11.11.2013 fördert der dortige Fachdienst für Autismus-Spektrum-Störungen die Schüler/innen, welche aufgrund eines frühkindlichen Autismus einen spezifischen Unterstützungsbedarf haben, nicht nur in Form von Einzeltherapien während der Schulzeit. Vielmehr ist der gesamte Schulalltag durch klare Strukturen, individuell angepasste Orientierungshilfen (z.B. sog. TEACCH-Uhren) und unterstützte Kommunikation geprägt. Sämtliche Lehrkräfte, pädagogische Mitarbeiter und Therapeuten, welche an der T-Schule unterrichten bzw. Therapien durchführen, sind zum einen im Hinblick auf die Auswirkungen einer Störung aus dem Autismusspektrum auf die Entwicklung der betroffenen Schüler/innen unter besonderer Berücksichtigung von Interaktion, Kommunikation und Verarbeitung der Wahrnehmung geschult. Zum anderen verfügen sie über Kenntnisse zur unterstützten Kommunikation durch "TEACCH" (= Treatment and Education of Autistic and related Communication handicapped Children, dt.: Behandlung und pädagogische Förderung autistischer und in ähnlicher Weise kommunikationsbehinderter Kinder), autismusspezifischer Verhaltenstherapie und leichter Sprache. Dabei findet neben externen Fortbildungsangeboten eine kontinuierliche Beratung und Supervision der (Lehr-)Kräfte durch den Fachdienst statt, wobei u.a. in Abständen von zwei Monaten für alle Lehrkräfte, deren Klasse von einem Schüler mit einer Störung aus dem Autismusspektrum besucht wird, weitergehende vertiefende Schulungen erfolgen.
76(dd) Die Beurteilung des Sachverständigen, der zufolge die T-Schule nach ihrem Schulkonzept geeignet ist, die Klägerin unter Berücksichtigung ihres frühkindlichen Autismus angemessen zu beschulen, wird zudem bestätigt durch die vorliegenden Befund- bzw. Arztberichte der die Klägerin behandelnden Ärzte. Diese sind übereinstimmend zu der Einschätzung gelangt, dass die Klägerin auch unter Berücksichtigung ihrer autistischen Störung in der T-Schule beschult werden kann.
77(2) Der Besuch der T Schule ist seit Schulbeginn (August 2010) nicht nur geeignet, sondern auch im Sinne des § 12 Nr. 2 EinglhVO erforderlich, um die Klägerin angemessen zu beschulen; denn die vom Sachverständigen Prof. Dr. M beschriebenen Lernziele können seither mit den Möglichkeiten, welche das öffentliche Schulsystem in Nordrhein-Westfalen für die Klägerin bereit hält, nicht in zumutbarer Weise verfolgt werden.
78Zunächst, d.h. zumindest im Schuljahr 2010/2011, war das Förderkonzept der (von der Beklagten einzig als geeignet benannten) N-Schule nicht ausreichend, um den Behinderungen der Klägerin gerecht zu werden (dazu im Folgenden). Anschließend war der Klägerin jedenfalls ein Schulwechsel behinderungsbedingt nicht mehr zumutbar (dazu weiter unten).
79(a) Im Anschluss an die Beweisaufnahme ist der Senat davon überzeugt, dass die N-Schule jedenfalls im Schuljahr 2010/2011 zur Erreichung der beschriebenen Förderziele (noch) nicht geeignet war. Zwar mögen unter Zugrundelegung der schriftlichen und mündlichen Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. M insbesondere die dortigen Schülerzahlen (nach den Bekundungen des Zeugen L im Verhandlungstermin seit dem Jahr 2010 zwischen ca. 180 und 169), die Klassenstärken (im Eingangsbereich sieben oder acht, später ca. zehn Schüler/innen), die tägliche Schulzeit (montags bis donnerstags 8.30 Uhr bis 15.00 Uhr, freitags bis 12.30 Uhr) und die Dauer des Schulwegs mit dem Schülerspezialtransport (maximal eine Stunde) einer dortigen Beschulung der Klägerin seit Schulbeginn nicht entgegenstehen. Auch bietet die N-Schule aufgrund ihres Betreuungsschlüssels in gleicher Weise wie die T-Schule die Möglichkeit, die Klägerin - wie vom Sachverständigen für notwendig erachtet - bei Bedarf kurzfristig aus der Klasse herauszunehmen und ihr im Rahmen einer Einzelbetreuung (außerhalb oder innerhalb des Klassenraums) Stressabbau und einen vorübergehenden Rückzug zu bieten. Der Senat legt insoweit ebenfalls die Angaben des Zeugen L in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 24.09.2013 sowie bei seiner Vernehmung in der mündlichen Verhandlung zugrunde. Danach erfolgt ca. 85 % des Unterrichts in Anwesenheit von zwei Lehrkräften; zusätzlich werden je nach Bedarf weitere Hilfskräfte (in der Regel mindestens eine) eingesetzt, insbesondere Mitarbeiter/innen im freiwilligen sozialen Jahr und Integrationshelfer/innen, die bei entsprechender Veranlassung jederzeit Schüler/innen auch außerhalb des Klassenraums betreuen können.
80Indes wurde das Förderkonzept der N-Schule zumindest im Schuljahr 2010/2011 der (im Zusammenhang mit den weiteren individuellen Einschränkungen infolge des Pallister-Kilian-Syndroms zu berücksichtigenden) autistischen Störung der Klägerin (noch) nicht gerecht. Das gilt sowohl im Hinblick auf die Unterrichtsgestaltung als auch auf die insofern notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten der Lehrkräfte. Zwar hat der Zeuge L in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 24.09.2013 ausgeführt, dass an der N-Schule nicht nur eine autismusspezifische Einzelförderung (in der Regel zwei Therapiestunden pro Woche) stattfinde, sondern auch eine entsprechende Förderung nach dem TEACCH-Konzept während des Unterrichts und im schulischen Alltag. Bei seiner Vernehmung in der mündlichen Verhandlung hat er jedoch klarstellend bekundet, das TEACCH-Konzept sei an der N-Schule erst im Laufe des Jahres 2011 und im Anschluss an eine (lediglich) eintägige Schulung der Lehrkräfte eingeführt worden; zuvor sei hingegen - wie von ihm in einer E-Mail an den Beklagten vom 02.11.2010 beschrieben - kein einheitliches innerschulisches Konzept für Schüler mit einer Störung aus dem Autismusspektrum angewandt worden. Im Übrigen entzog es sich der Kenntnis des Zeugen, in welchem Umfang die Lehrkräfte das erlernte TEACCH-Konzept (z.B. im Hinblick auf die notwendige Reduzierung verbaler Informationen) selbst gegenwärtig im Unterricht tatsächlich umsetzen. Dies zugrundelegend, fehlte es selbst nach dem Schuljahr 2010/2011 noch an konsequenter Beratung und Supervision der Lehrkräfte.
81(b) Es bedarf keiner abschließenden Klärung, ob die autismusspezifische Förderung jedenfalls in Folgeschuljahren an der N-Schule der spezifischen Behinderung der Klägerin hätte genügen können. Denn im Anschluss an ihre zu Recht an der T-Schule erfolgte Einschulung war ihr jedenfalls ein Wechsel zur N-Schule spätestens nach Absolvierung des ersten Schuljahrs (2010/2011) - wenn nicht schon (was der Senat offen lassen kann) nach Beendigung des Kindergartens B (Mitte des Jahres 2010) - aufgrund der Besonderheiten ihrer Behinderung, insbesondere mit Blick auf ihre autistische Störung, nicht mehr zumutbar.
82(aa) Der Senat legt seiner Beurteilung auch insoweit in erster Linie die Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. M zugrunde. Bereits in seinem Gutachten vom 24.05.2012 (daneben in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 08.04.2013) ist er zu der Einschätzung gelangt ist, ein Schulwechsel würde bei der Klägerin mit großer Wahrscheinlichkeit zu einer zeitweisen Verlangsamung der angestoßenen Lernprozesse führen; von einem solchen Wechsel hat er daher "klar abgeraten". Ergänzend hat er in seiner Stellungnahme vom 08.04.2013 einen Schulwechsel wegen der massiven Einschränkungen der Klägerin, ihrer autistischen Störung sowie ihrer aktuell sehr positiven Entwicklung aus kinder- und jugendpsychiatrischer Sicht für nicht vertretbar gehalten. In der mündlichen Verhandlung hat er schließlich auf ausdrückliches Befragen erklärt, schon zur Zeit der Einschulung (im Jahr 2010) den Besuch der - dem zuvor besuchten Kindergarten B angegliederten - T-Schule für klar empfehlenswert gehalten zu haben (ob bereits allein dies einer Einschulung der Klägerin an der N-Schule entgegengestanden hätte, kann der Senat indes offen lassen).
83Auch diese Beurteilung des Sachverständigen zur Unzumutbarkeit eines Schulwechsels hält der Senat für überzeugend. Zwar konnte der Sachverständige auch in der mündlichen Verhandlung nicht konkreter angeben, mit welchen Rückschritten im Einzelnen ein solcher Wechsel bei der Klägerin verbunden wäre. Gleiches gilt für das zu erwartende Ausmaß der Rückschritte, namentlich die Zeit, welche die Klägerin benötigen würde, um sie wieder aufzufangen. Der Senat hält dies mit Blick darauf, dass das Pallister-Kilian-Syndrom - den Ausführungen des Sachverständigen folgend - eine äußerst seltene Erkrankung ist, die eine derartige Prognose nur schwer zulässt, indes für nachvollziehbar. Dass eine Umschulung bei der Klägerin jedenfalls mit erheblichen Rückschritten verbunden ist, welche - so die Ausführungen im Gutachten vom 24.05.2012 - mit Rücksicht auf die massiven Beeinträchtigungen der Klägerin und die enorme Bedeutung auch kleiner Entwicklungsschritte nicht vertretbar erscheint, hat der Sachverständige jedoch mit "großer Sicherheit" bejaht. Bedenken an der Richtigkeit dieser Einschätzung hat der Senat nicht. Der Sachverständige hat insofern unter Berücksichtigung der aktenkundigen medizinischen und psychologischen Berichte sowie der Schilderungen der Eltern der Klägerin schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, dass jeder räumliche Wechsel für ein Kind mit dem Beschwerdebild der Klägerin eine große Verunsicherung bedeutet, und dass er mit Eingewöhnungsschwierigkeiten sowie Rückschritten einhergeht, weil zunächst viel Anstrengung auf die Anpassung an die neue Situation verwendet werden muss.
84(bb) Bestätigt wird diese Einschätzung durch die Diplom-Psychologin M und die Erzieherin N (I Klinik I). Diese haben in ihrem neuropsychologischen Abschlussbericht vom 16.07.2010 u.a. wegen der autistischen Störung der Klägerin von einer Änderung des gewohnten Umfelds bzw. von einer Beschulung in der N-Schule dringend abgeraten. Auch der Arzt für Kinder- und Jugendmedizin Dr. X hat in seinem Befundbericht vom 13.09.2011 im Zusammenhang mit einem Wechsel von Schule und Therapeuten auf eine (mögliche) Gefährdung der bisher gemachten Fortschritte hingewiesen.
85(cc) Der Einschätzung des Sachverständigen steht auch nicht entgegen, dass der Schulbericht des Kindergartens B aus Oktober 2008 von einer gelassenen Reaktion der Klägerin auf kurzzeitige Veränderungen spricht. Denn diese temporären Erlebnisse (z.B. durch Besuch des Zoos bzw. Besuche außenstehender Personen in der Gruppe) erfolgten - den glaubhaften Angaben der Schulleiterin T1 in der mündlichen Verhandlung folgend - innerhalb einer damals sehr konstanten personellen Grundsituation der Kindergartengruppe und ihrer Betreuer/innen. Ein Wechsel der Schule wäre für die Klägerin jedoch nicht nur mit kurzzeitigen räumlichen Veränderungen, sondern - neben einem geänderten Schulwegetransport, Tagesablauf und Schulprogramm sowie Verlust der gesamten bisherigen Mitschüler/innen - insbesondere auch mit einem Austausch sämtlicher Lehr- und Betreuungskräfte und damit der maßgebenden Bezugspersonen verbunden, welche die Klägerin während des gesamten Schulalltags begleiten und fördern. Derartig einschneidende und vielschichtige Veränderungen sind im Übrigen - entgegen der Auffassung des Beklagten - von vornherein nicht vergleichbar mit Umständen wie einem stationären Krankenhausaufenthalt oder einem Wechsel bzw. Ausfall einzelner Lehrkräfte oder Betreuungspersonen, die naturgemäß in jedem Schulalltag vorkommen können.
86(c) War - zusammenfassend - der Klägerin aber ein Schulwechsel spätestens nach Absolvierung des ersten Schuljahres (Schuljahr 2010/2011) behinderungsbedingt nicht mehr zumutbar, so war ihr - selbst wenn die N-Schule wegen zwischenzeitlich erweiterter autismusspezifischer Lehrinhalte geeignet gewesen sein sollte, die Klägerin angemessen zu beschulen - ein Wechsel auf diese Schule aus schwerwiegenden subjektiven Gründen (s.o.) unmöglich bzw. unzumutbar. Der (weitere) Besuch der T-Schule war aus diesem Grund auch über das Schuljahr 2010/2011 hinaus erforderlich im Sinne des § 12 Nr. 2 EinglhVO.
87dd) Der Umstand, dass die Klägerin ihre Schulbildung an der T-Schule entgegen der angefochtenen Entscheidung des Beklagten aufgenommen und auf diese Weise vollendete Tatsachen geschaffen hat, steht der Übernahme der Kosten für den Besuch der T-Schule von vornherein nicht entgegen. Das gilt zumindest für das Schuljahr 2010/2011 schon deshalb, weil die N-Schule (deren Besuch der Beklagte in den angefochtenen Bescheiden für angemessen erachtet hat) seinerzeit keine geeignete, auf die Besonderheiten der zusammenwirkenden Behinderungen der Klägerin abgestellte Förderung zur Verfügung hätte stellen können (s.o.). Für die Folgezeit aber war schon wegen Unzumutbarkeit eines Schulwechsels der weitere Besuch der T-Schule für die weitere Eingliederung der Klägerin unverzichtbar.
88Der Senat weicht insofern nicht von seinem früheren Urteil vom 15.05.2013 - L 20 SO 67/08 ab. Zwar ist dort ausgeführt, dass die dortige Klägerin keine Vorteile daraus ziehen darf, dass sie entgegen der von ihr angefochtenen Entscheidung des Beklagten ihre Schulausbildung zunächst an der T-Schule begonnen hat und nunmehr mangels Anspruchs auf Übernahme der Beschulungskosten auf die N-Schule wechseln muss. In jenem Fall ließ sich jedoch - anders als jetzt - nicht feststellen, dass die (insoweit beweispflichtige) dortige Klägerin an der N-Schule nicht hätte angemessen beschult werden können, und dass deshalb eine Umschulung unzumutbar wäre. Unterscheiden sich jener und der vorliegende Sachverhalt deshalb wesentlich, so kann im jetzigen Fall (bei dem kein Ermittlungsausfall vorliegt) offen bleiben, ob und inwiefern "Verschuldensgesichtspunkte" (die im Recht der Sozialhilfe einen zu deckenden Bedarf ohnehin grundsätzlich nicht entfallen lassen, sondern allenfalls unter engen Voraussetzungen eine Leistungseinschränkung bzw. einen Erstattungsanspruch nach sich ziehen können; vgl. § 26 bzw. § 103 SGB XII) hinsichtlich der getroffenen Schulwahl berücksichtigungsfähig sind.
893. Dem Anspruch der Klägerin auf Übernahme ihrer Beschulungskosten an der T-Schule als Eingliederungshilfe stehen sonstige Hindernisse nicht entgegen. Insbesondere verfügte die Klägerin durchgehend seit Schuljahresbeginn 2010/2011 weder über anzurechnendes Einkommen noch Vermögen (wobei letzteres bei den hier in Rede stehenden Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung ohnehin nicht anspruchsmindernd oder -ausschließend zu berücksichtigen wäre - vgl. § 92 Abs. 2 S. 2 i.V.m. S. 1 Nr. 2 i.V.m. SGB XII - und ersteres auf die Aufbringung der Mittel für die Kosten des Lebensunterhalts beschränkt wäre - vgl. § 92 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SGB XII -).
90C. Sonstige Anspruchsgrundlagen für eine Übernahme von Kosten im Zusammenhang mit der Beschulung der Klägerin existieren nicht.
91I. Leistungen der Eingliederungshilfe des Jugendhilfeträgers nach § 35a SGB VIII scheiden aus. Zwar mag der frühkindliche Autismus der Klägerin eine seelische Behinderung im Sinne des § 35a Abs. 1 und 3 SGB VIII sein; eine solche kann grundsätzlich zu einer Leistungszuständigkeit des Jugendhilfeträgers führen. Leidet die Klägerin jedoch zumindest auch unter einer wesentlichen geistigen Behinderung, ist nach der Abgrenzungsregelung des § 10 Abs. 4 S. 2 SGB VIII der beklagte Sozialhilfeträger vorrangig zuständig (vgl. zu dieser Abgrenzung ausführlich etwa Urteil des Senats vom 18.01.2013 - L 20 SO 170/11 Rn. 59 ff. m.w.N.). Aus diesem Grund bedurfte es von vornherein keiner Beiladung des Jugendhilfeträgers.
92II. Schließlich wurde in der mündlichen Verhandlung für die Klägerin ausdrücklich klargestellt, dass Leistungen nach dem Dritten bzw. Vierten Kapitel des SGB XII (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 Rn. 18) nicht geltend gemacht werden.
93D. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 S. 1 SGG und folgt der Entscheidung in der Sache.
94E. Der Senat lässt die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zu (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 26.06.2012 wird zurückgewiesen. Der Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers auch für das Berufungsverfahren. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt. Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Der Kläger begehrt die Übernahme der Kosten für den Besuch einer Tagesbildungseinrichtung in Niedersachsen seit Beginn des Schuljahrs 2008/2009.
3Der am 00.00.2001 geborene Kläger, der über kein Einkommen verfügt, leidet im Wesentlichen an einer leichten Intelligenzminderung (IQ von 62) sowie einer generalisierten Angststörung.
4Von August 2005 bis 2008 besuchte er den heilpädagogischen Kindergarten am T in Bad M (Niedersachsen). Dieser ist von seinem Wohnort ca. 14,5 km entfernt; Träger ist der Beigeladene zu 2. Die Kosten für die heilpädagogischen Leistungen und die Fahrten zwischen Wohnung und Einrichtung übernahm der Beklagte unter Heranziehung der Eltern zu einem monatlichen Kostenanteil zunächst bis zum voraussichtlichen Beginn der Schulpflicht (Bescheide vom 17.12.2004 und 16.08.2005) sowie - nach Zurückstellung des Klägers vom Schulbesuch für das Schuljahr 2007/2008 - bis Juli 2008 (Bescheid vom 22.08.2007).
5Im Hinblick auf die bevorstehende Einschulung des Klägers stellte der Beigeladene zu 1 mit (bestandskräftig gewordenen) Bescheiden vom 12.06.2007 und 11.06.2008 den sonderpädagogischen Förderbedarf des Klägers im Förderschwerpunkt "Geistige Entwicklung" fest und wies den Kläger mit Wirkung vom 01.08.2007 einer entsprechenden Förderschule zu. Dabei ging der Beigeladene zu 1 im Bescheid vom 11.06.2008 davon aus, dass der Kläger demnächst die N-Schule in H als nächstgelegene entsprechende (nordrhein-westfälische) Förderschule besuchen werde. Anderenfalls sollten die Eltern den Beigeladenen zu 1 und die N-Schule informieren. Grundlage der Bescheide war u.a. ein pädagogisches Gutachten der Sonderschullehrerinnen C und I vom 30.05.2007, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird.
6Die N-Schule ist etwa 27 km von der Wohnung des Klägers entfernt; mittels Sammelbeförderung (Schülerspezialverkehr) würde ein Transport des Klägers zu dieser Schule pro Weg maximal 60 Minuten dauern. Der Unterricht an der N-Schule beginnt montags bis freitags gleitend zwischen 8.15 Uhr und 8.30 Uhr. Er endet montags bis donnerstags um 15.00 Uhr, freitags um 12.30 Uhr. Wegen der weiteren Rahmenbedingungen der dortigen Beschulung, u.a. der Größe der Schule und Klassen, der Organisation, des Förderkonzepts sowie des Betreuungsschlüssels wird auf die Bekundungen des dortigen Schulleiters, des Zeugen L, in dem zwischen den Beteiligten anhängig gewesenen Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes (Sozialgericht Detmold - S 16 SO 10/09 ER) sowie in der öffentlichen Sitzung vom 11.06.2014 des bei dem Senat anhängig gewesenen Streitverfahrens L 20 SO SO 418/11 Bezug genommen; die damalige Sitzungsniederschrift hat der Senat zum Gegenstand des vorliegenden Verfahrens gemacht.
7Mit Beginn des Schuljahrs 2008/2009 meldeten die Eltern den Kläger nicht auf der N-Schule, sondern auf der T-Schule in Bad M an. An dieser Schule wird der Kläger seither gefördert.
8Die T-Schule ist eine vom Land Niedersachsen anerkannte Tagesbildungsstätte. Sie liegt auf dem gleichen Gelände wie der Kindergarten Am T; Träger der Schule ist ebenfalls der Beigeladene zu 2. Die Fahrtzeit von der Wohnung des Klägers zur ca. 14,5 km entfernten Schule beträgt ausweislich eines verbreitet genutzten Routenplaners (www.falk.de/routenplaner) 17 Minuten; die Transportzeit mittels Sammelbeförderung (Schülerspezialverkehr) beträgt nach den Angaben der Eltern des Klägers etwa 20 bis 25 Minuten. Der Unterricht findet montags bis freitags von 7.45 Uhr bis 14.15 Uhr statt. Bezüglich der Rahmenbedingungen der Beschulung an der T-Schule wird auf die Bekundungen der Schulleiterin T1 in der öffentlichen Sitzung des Senats vom 11.08.2015 sowie im Eilverfahren (Sozialgericht Detmold - S 16 SO 10/09 ER) vom 20.08.2009 verwiesen. Die Kosten für den Besuch der T-Schule (zunächst monatlich ca. 2.100,00 EUR, seit Januar 2013 ca. 2.200 EUR und seit Januar 2014 ca. 2.500 EUR) trägt der Beklagte seit Januar 2009 vorläufig aufgrund einer entsprechenden einstweiligen Anordnung (Beschluss des Sozialgerichts Detmold vom 10.02.2009 - S 16 SO 10/09 ER; die dagegen eingelegte Beschwerde des Beklagten blieb erfolglos; LSG NRW, Beschluss vom 31.03.2010 - L 12 B 19/09 SO ER).
9Am 17.06.2008 beantragten die Eltern des Klägers beim Beklagten die Übernahme der Beschulungskosten des Klägers an der T-Schule ab Beginn des Schuljahres 2008/2009 als Leistung der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII. Dabei verwiesen sie im Wesentlichen auf die im Vergleich zur N-Schule kleineren Klassen und geringeren Schülerzahlen sowie die wesentlich geringere Entfernung von der Wohnung der Familie. Zudem sei es für den Kläger, der bereits im Kindergarten einer längeren Eingewöhnungsphase bedurfte habe, wesentlich einfacher, in der ihm schon vertrauten Umgebung des Kindergartens zu bleiben.
10Mit Bescheid vom 17.07.2008 in der Gestalt des (nach Beteiligung sozial erfahrener Personen i.S.d. § 116 Abs. 2 SGB XII ergangenen) Widerspruchsbescheides vom 05.11.2008 lehnte der Beklagte den Antrag ab. Der Kläger könne an der N-Schule in H und damit in Nordrhein-Westfalen angemessen und unentgeltlich gefördert werden. Die N-Schule sei zur Förderung des Klägers geeignet. Der Beigeladene zu 1 habe dem Kläger diese Schule durch Bescheide vom 11.06.2007 und 11.06.2008 für den Beklagten bindend zugewiesen. Mit der Zuweisungsentscheidung sei inzident auch eine Entscheidung über die Zumutbarkeit der täglichen Schülersammelbeförderung getroffen worden. Zwar sei auch die T-Schule geeignet, den Kläger angemessen zu beschulen. Die dortige Förderung sei jedoch mit unverhältnismäßig hohen Kosten verbunden. Eine Beschulung an der T-Schule sei daher nach dem Subsidiaritätsprinzip (§ 2 Abs. 1 SGB XII) nicht notwendig und wegen der damit verbundenen Mehrkosten auch nicht durch das Wunsch- und Wahlrecht (§ 9 SGB XII) gerechtfertigt. Dies gelte auch, wenn durch kleinere Klassen an der T-Schule sowie die dem Kläger dort bereits vertraute Umgebung und somit kürzere Eingewöhnungszeit eine optimierte Förderung stattfinden könne.
11Mit seiner am 25.11.2008 bei dem Sozialgericht Detmold erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Er ist bei seiner Auffassung verblieben, dass ihm wegen seiner Behinderungen ein Besuch der N-Schule nicht möglich sei. Die Schule sei wesentlich größer als die T-Schule und die Klassen mit teilweise mehr als zehn Schülern erheblich stärker. An der T-Schule sei die Betreuung vor allem wegen der Bildung von Kleingruppen in bestimmten Fächern (wie Mathematik, Deutsch und Sachkunde) intensiver. Insbesondere im Fach Deutsch benötige der Kläger eine kleine Klasse, weil er stark sprachverzögert sei. Bei einer Besprechung an der N-Schule habe den Eltern nicht zugesichert werden können, dass logopädische Maßnahmen während der Schulzeit erfolgen könnten; denn es sei nicht klar gewesen, ob ausreichend Therapeuten vorhanden seien. Auch weitere Fördermaßnahmen, wie therapeutisches Reiten oder Schwimmen, würden dort nicht immer ausreichend angeboten. Zudem wäre der Schultag für ihn an der N-Schule zu lang. Hinzu käme eine Fahrtzeit mit dem Schülerspezialtransport von mehr als 60 Minuten; dies belaste ihn wegen seiner Aufmerksamkeitsstörung und behinderungsbedingten Bewegungsunruhe erheblich. Abgesehen davon sei er anschließend nicht aufnahmefähig. Nach Schulschluss stattfindende Therapien seien deutlich weniger erfolgversprechend. Da der Kläger vor Schulbeginn den heilpädagogischen Kindergarten in Bad M besucht habe, sei die Einschulung an der im selben Gebäude befindlichen T-Schule wesentlich einfacher und dadurch entwicklungsfördernder gewesen. Da er auf Veränderungen äußerst sensibel und durch körperliche Begleiterscheinungen reagiere, sei ihm auch ein Schulwechsel nicht zumutbar. So habe er wegen einer für April 2012 geplanten Klassenfahrt bereits seit Ende des Jahres 2011 unter einer deutlichen Unruhe gelitten und vermehrt eingenässt; sein ohnehin eingeschränktes Konzentrationsvermögen sei noch weiter reduziert gewesen. Zur Stützung seines Vorbringens hat der Kläger auf ein von seinen Eltern in Auftrag gegebenes Gutachten des Facharztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie sowie -psychotherapie D vom 08.10.2008 sowie dessen ergänzende Ausführungen im Eilverfahren, eine Stellungnahme der Heilpädagogin L1 aus Juni 2008, ein im Eilverfahren von Amts wegen in Auftrag gegebenes Gutachten des Facharztes für Kinder- und Jugendpsychosomatik, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. H vom 21.02.2010 sowie die dortige Vernehmung des Kinderarztes des Klägers, Dr. X, verwiesen. Ferner hat der Kläger eine Stellungnahme des Sprachtherapeuten H A vom 12.09.2009 sowie des Allgemeinmediziners Dr. T vom 22.05.2012 vorgelegt. Auf den Inhalt dieser Unterlagen wird Bezug genommen. Die Bescheide des Beigeladenen zu 1 - so der Kläger weiter - stünden einer Beschulung an der T-Schule nicht entgegen; denn eine konkrete Zuweisung zur N-Schule sei darin nicht erfolgt. Ebenso wenig sei bedeutsam, dass es sich bei der T-Schule um eine niedersächsische Tagesbildungsstätte handele. Der Kläger könne auch dort seine Schulpflicht erfüllen.
12Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
13den Bescheid vom 17.07.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.11.2008 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, die Kosten für die Beschulung in der T-Schule in Bad M ab der Einschulung zu übernehmen.
14Der Beklagte hat beantragt,
15die Klage abzuweisen.
16Er hat an seinen Bescheiden festgehalten und unter Vorlage einer Stellungnahme eines Referatsleiters des Innenministeriums Nordrhein-Westfalen vom 31.03.2011 ergänzend die Auffassung vertreten, die Übernahme der Beschulungskosten an der T-Schule scheide schon deshalb aus, weil der Kläger dort seine Schulpflicht nicht erfüllen könne; denn die T-Schule sei keine Schule, sondern eine Tagesbildungsstätte, deren Besuch gemäß § 162 des Niedersächsischen Schulgesetzes (Nieders. SchulG) zwar in Niedersachen, nicht hingegen in anderen Bundesländern der Schulpflicht genüge. In Nordrhein-Westfalen könnten Schulpflichtige ihre Schulpflicht lediglich an öffentlichen Schulen, Ersatzschulen oder an nach § 118 Abs. 2 SchulG anerkannten Ergänzungsschulen erfüllen. Ohnehin entfalte die Entscheidung des Beigeladenen zu 1, welche als Schulform eine Förderschule benenne, nicht nur für den Beklagten Tatbestandswirkung, sondern binde auch die Gerichte. Bei der T-Schule handele es sich aber nicht um eine Förderschule im Sinne dieser Zuweisungsentscheidung. Abgesehen davon stehe die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) der Übernahme der Beschulungskosten an der T-Schule entgegen; denn Art. 24 Abs. 2 lit. a UN-BRK verpflichte die Vertragsstaaten lediglich dazu, Menschen mit Behinderungen nicht behinderungsbedingt von einem unentgeltlichen Schulbesuch auszuschließen. Der Besuch der T-Schule sei jedoch nicht unentgeltlich. Im Übrigen könne der Kläger in Ansehung seiner Behinderungen (auch) an der N-Schule angemessen beschult werden. Insbesondere die Fahrtzeit zur Schule mit dem Schülerspezialverkehr sei dem Kläger zumutbar; anderenfalls sei der Schulträger verpflichtet, die Kosten für eine Beförderung mit Privatfahrzeugen zu tragen. Ein Schulwechsel könne dem Kläger abverlangt werden. Dauerhafte Nachteile seien hiermit jedenfalls nicht verbunden. Die Einschätzung des Privatgutachters D, der Kläger benötige überdurchschnittlich lange, um sich gegenüber neuen Therapeuten zu öffnen, überzeuge nicht. Der Arzt habe den Kläger im Rahmen der Diagnostik als offenes, kontaktfreudiges Kind erlebt. Zudem sei auch der Wechsel vom Kindergarten in die Schule gelungen.
17Der Beigeladene zu 1 hat keinen Antrag gestellt.
18Er hat die Auffassung vertreten, den Kläger in seinen Bescheiden vom 12.06.2007 und 11.06.2008 nicht verbindlich der N-Schule zugewiesen zu haben. Auch könne der Kläger an der T-Schule seine Schulpflicht erfüllen. Die N-Schule sei jedoch ebenfalls geeignet, den Kläger angemessen zu beschulen. Allerdings habe der Kreis H als Schulträger eine Übernahme der Kosten für eine Einzelbeförderung des Klägers zur N-Schule abgelehnt; auf das entsprechende Schreiben des Schulträgers vom 26.05.2011 wird verwiesen.
19Das Sozialgericht hat den Sachverständigen Dr. H um ergänzende Stellungnahme zu seinem (im Eilverfahren erstatteten) Gutachten vom 21.02.2010 gebeten. Auf den Inhalt der ergänzenden Stellungnahme vom 11.02.2012 wird Bezug genommen.
20Mit Urteil vom 26.06.2012 hat das Sozialgericht den Beklagten verurteilt, die Kosten der Beschulung des Klägers an der T-Schule seit Einschulung zu übernehmen. Die Förderung des Klägers an dieser Schule sei i.S.d. §§ 53, 54 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII i.V.m. § 12 Nr. 2 EinglhVO geeignet und erforderlich, um ihm eine im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht üblicherweise erreichbare Bildung zu ermöglichen. Nach der Beurteilung des Sachverständigen Dr. H bestünden erhebliche Zweifel, dass die N-Schule geeignet sei, den Kläger angemessen zu beschulen. Dies gelte zum einen wegen der Dauer der Fahrzeit, zum anderen im Hinblick auf die für einen Schulwechsel notwendige, dem Kläger jedoch unzumutbare Umstellungsleistung; denn werde die Integration in einem Ausmaß unterbrochen, dass - wie von Dr. H im günstigen Fall für die Dauer von einem halben bis zu einem Jahr angenommen - ggf. ein ganzes Schuljahr verloren gehe, so sei ein Schulwechsel nicht zumutbar. Ob Abweichendes gelte, wenn die Fahrtzeit zur N-Schule durch eine Einzelbeförderung reduziert werden könne, könne offen bleiben; denn der Schulträger habe dies mit Schreiben vom 26.05.2011 abgelehnt. Auf eine ggf. notwendige gerichtliche Durchsetzung der Einzelbeförderung gegenüber dem Kreis H könne der Kläger aber nicht zumutbar verwiesen werden. Der Kläger erfülle durch den Besuch der T-Schule auch seine Schulpflicht. Zudem habe der Beigeladene zu 1 ihm keine konkrete Schule zugewiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gründe der Entscheidung Bezug genommen.
21Gegen das ihm am 16.07.2012 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 03.08.2012 Berufung eingelegt. Er trägt im Hinblick auf die Dauer der Fahrtzeit ergänzend vor, es existierten keine fundierten wissenschaftlichen Studien über einen Zusammenhang zwischen der Länge der Transportzeiten und der anschließenden Lern- und Arbeitsfähigkeit von Schülern. Auch die Beweisaufnahme im Berufungsverfahren habe nicht ergeben, dass dem Kläger ein Wechsel an die N-Schule unzumutbar sei. Die von dem Sachverständigen Prof. Dr. M für den Fall eines Schulwechsels prognostizierte Umgewöhnungszeit von bis zu zwei Jahren überzeuge nicht; der Kläger sei während der dortigen Untersuchung offen und angstfrei aufgetreten. Ohnehin seien die Eltern des Klägers das Risiko eines möglichen Schulwechsels bei dessen Einschulung bewusst eingegangen.
22Der Beklagte beantragt,
23das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 26.06.2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
24Der Kläger beantragt,
25die Berufung zurückzuweisen.
26Er fühlt sich durch die Beurteilung des zweitinstanzlich mit einem Gutachten beauftragten Sachverständigen Prof. Dr. M bestätigt. Im Hinblick auf die notwendige Vertrautheit des Umfeldes und der Bezugspersonen wäre eine Beschulung an der N-Schule schon bei seiner Einschulung nicht geeignet gewesen. Er reagiere auch weiterhin auf Veränderungen intensiv. Ein schulorganisatorisch notwendiger Wechsel der Klassenlehrerin zum 06.01.2015 habe zu psychischen Beschwerden (Unausgeglichenheit, Unzufriedenheit und Empfindsamkeit) und auch körperlichen Symptomen (Magenkrämpfe und Bauschmerzen) geführt, die hausärztlich mehrfach hätten behandelt werden müssen. In der mündlichen Verhandlung hat der Bevollmächtigte des Klägers klargestellt, keine Leistungen nach dem Dritten und Vierten Kapitel des SGB XII geltend zu machen.
27Der Beigeladene zu 1 stellt keinen Antrag.
28Er trägt vor, die T-Schule sei in besonderer Weise in der Lage, den individuellen pädagogischen Bedürfnisses des Klägers gerecht zu werden. Es sei daher weiterhin nicht beabsichtigt, eine etwaige Schulpflichtverletzung zu ahnden. Eine Umstellungszeit von sechs- bis zwölf Monaten, wie sie der Sachverständige Dr. H in seinem Gutachten für den Fall eines Schulwechsels angenommen habe , sei bezogen auf die gesamte Schulzeit zumutbar.
29Der Beigeladene zu 2 und der mit Beschluss des Senats vom 28.07.2015 Beigeladene zu 3 stellen keine Anträge und äußern sich nicht zu dem Verfahren.
30Der Senat hat zunächst die den Kläger betreffenden Leistungsnachweise, Zeugnisse und den Therapieplan von der T-Schule angefordert. Auf den Inhalt dieser Unterlagen wird verwiesen.
31Anschließend hat der Senat ein Gutachten des Facharztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie Prof. Dr. M (seinerzeit Direktor der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters, Universitätsklinik L) eingeholt. In der mündlichen Verhandlung hat der Sachverständige seine gutachterlichen Ausführungen vom 08.05.2014 weiter erläutert. Wegen der Einzelheiten wird auf die schriftlichen Ausführungen des Sachverständigen sowie auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
32Darüber hinaus hat die Schulleiterin der T-Schule in der mündlichen Verhandlung zu den dortigen Rahmenbedingungen der Beschulung und der Reaktion des Klägers auf Veränderungen Stellung genommen. Auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift wird insofern verwiesen.
33Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, der beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten sowie der Streitakten (gleichen Rubrums) S 16 SO 10/09 ER (SG Detmold) bzw. L 12 B 19/09 SO ER (LSG NRW) Bezug genommen. Dieser ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
34Entscheidungsgründe:
35Die zulässige Berufung des Beklagten ist unbegründet.
36A) Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 17.07.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.11.2008 (§ 95 SGG). Da der Beklagte darin den Antrag des Klägers auf Übernahme der Kosten für den Besuch der T-Schule ab dem Schuljahr 2008/2009 vollständig und zukunftsoffen abgelehnt hat, ist Streitgegenstand in zeitlicher Hinsicht der gesamte Zeitraum vom Beginn des Schuljahres 2008/2009 bis zum Tag der mündlichen Verhandlung vor dem Senat (so entsprechend zur vollständigen Ablehnung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende in Form von Arbeitslosengeld II BSG, Urteil vom 15.04.2008 - B 14/7b AS 52/06 R Rn. 12 m.w.N.).
37B) Das Sozialgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Die als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 SGG) statthafte (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 54 Rn. 20a ff., 38 ff.; BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R Rn. 9) und auch im Übrigen zulässige Klage ist begründet.
38Der Beklagte hat die Übernahme der Kosten für den Besuch der T-Schule ab Einschulung des Klägers zu Unrecht abgelehnt. Der Kläger kann von dem Beklagten gemäß §§ 53 ff., 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII i.V.m. § 12 Nr. 2 EinglhVO) die Übernahme dieser Kosten ab August 2008 (= Beginn des Schuljahrs 2008/2009) beanspruchen (dazu im Folgenden). Sonstige Anspruchsgrundlagen kommen nicht in Betracht (dazu weiter unten).
39I. Der Beklagte - nicht hingegen der (als örtlicher Träger der Sozialhilfe) vorsorglich Beigeladene zu 3 - ist für die Erbringung der begehrten Leistungen sachlich und örtlich zuständig.
40Insofern mag insbesondere offen bleiben, ob es sich bei der T-Schule um eine teilstationäre Einrichtung handelt, für welche der Beklagte gemäß § 97 Abs. 2 S. 1 SGB XII i.V.m. §§ 1, 2 AG-SGB XII NRW i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 1a AV-SGB XII NRW und § 98 Abs. 2 S. 2 SGB XII als überörtlicher Träger Hilfen zu erbringen hat (vgl. zur - dort allerdings im Ergebnis offen gelassenen - Frage der Qualifizierung einer Schule als teilstationäre Einrichtung BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R).
41Denn der Beklagte ist (unabhängig von einer etwaigen originären Zuständigkeit) jedenfalls gemäß § 14 Abs. 2 S. 1 i.V.m. Abs. 1 SGB IX sachlich und örtlich für die streitbefangenen Hilfen zuständig. Nach diesen Vorschriften stellt der Rehabilitationsträger, sofern Leistungen zur Teilhabe erbracht werden, innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrags fest, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist (§ 14 Abs. 1 S. 1, 1. Halbsatz SGB IX). Hält er sich für unzuständig, so leitet er den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu (§ 14 Abs. 1 S. 2 SGB IX). Wird der Antrag nicht weitergeleitet, stellt der erstangegangene Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf selbst unverzüglich fest (§ 14 Abs. 2 S. 1 SGB IX). Auf diese Weise wird eine nach außen verbindliche Zuständigkeit des erstangegangenen Rehabilitationsträgers geschaffen, welche sich auf sämtliche Rechtsgrundlagen erstreckt, die in der Bedarfssituation in Betracht kommen (vgl. u.a. BSG, Urteil vom 24.01.2013 - B 3 KR 5/12 R m.w.N.).
42§ 14 Abs. 2 S. 1 SGB IX ist vorliegend anwendbar. Denn die Träger der Sozialhilfe - und damit auch der Beklagte - sind nach §§ 6 Abs. 1 Nr. 7 und Abs. 5 Nr. 4 SGB IX Rehabilitationsträger für Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft. Zu derartigen Leistungen gehören auch solche der Eingliederungshilfe nach §§ 53, 54 SGB XII (vgl. Luthe in jurisPK-SGB IX, § 55 Rn. 4).
43Auch die (weiteren) Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 S. 1 SGB IX sind erfüllt. Der Beklagte hat den Antrag des Klägers auf Übernahme der Kosten für den Besuch der T-Schule nicht gemäß § 14 Abs. 1 S. 1 SGB IX innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrags (am 17.06.2008) und im Übrigen auch nicht im Anschluss daran an den aus seiner Sicht zuständigen Rehabilitationsträger, namentlich den Beigeladenen zu 3 als örtlichem Sozialhilfeträger, weitergeleitet. Folglich ist er nach § 14 Abs. 2 S. 1 SGB IX nicht nur sachlich, sondern auch örtlich zuständig geworden; denn diese Vorschrift legt sowohl die sachliche als auch die örtliche Zuständigkeit fest (Luik in jurisPK-SGB IX, 2. Auflage 2014, § 14 Rn. 45 unter Hinweis auf Welti in Luthe, Rehabilitationsrecht, 2009, S. 154) und verdrängt die Regelung des § 98 SGB XII (Luik, a.a.O. unter Hinweis auf Welti, a.a.O., LSG Schleswig-Holstein vom 09.11.2005 - L 9 B 268/05 SO ER).
44II. Die materiellen Voraussetzungen der §§ 53, 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII i.V.m. § 12 Nr. 2 EinglhVO liegen vor.
45Nach §§ 53 Abs. 1, 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII erhalten die in § 53 Abs. 1 S. 1 SGB XII genannten Personen Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung, insbesondere im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht und zum Besuch weiterführender Schulen einschließlich der Vorbereitung hierzu, wenn und solange nach den Besonderheiten des Einzelfalls Aussicht besteht, dass die Aufgaben der Eingliederungshilfe erfüllt werden. Dabei bleiben die Bestimmungen über die Ermöglichung der Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht unberührt (§ 54 Abs. 1 S. 1. 2. Halbsatz SGB XII). Was dabei unter dem Begriff "angemessene Schulbildung" zu verstehen ist, wird im Rahmen des SGB XII nicht definiert. Jedoch bestimmt § 12 Nr. 2 EinglhVO, dass die Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung auch Maßnahmen der Schulbildung umfasst, wenn diese erforderlich und geeignet sind, dem behinderten Menschen eine im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht üblicherweise erreichbare Bildung zu ermöglichen.
461. Der Kläger gehört(e) aufgrund seiner schwerwiegenden dauerhaften Behinderungen zu dem von § 53 Abs. 1 S. 1 SGB XII i.V.m. § 2 Abs. 1 S. 1 SGB IX erfassten Personenkreis.
47Nach § 53 Abs. 1 S. 1 SGB XII erhalten Personen, die durch eine Behinderung im Sinne von § 2 Abs. 1 S. 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, unter den dort genannten weiteren Voraussetzungen Leistungen der Eingliederungshilfe. Der Kläger leidet - was zwischen den Beteiligen auch unstreitig ist - unter einer solchen wesentlichen Behinderung; denn seine körperlichen Funktionen und geistigen Fähigkeiten weichen aufgrund einer geistigen Behinderung (IQ von 62) mit starker Beeinträchtigung der intellektuellen, sprachlichen und motorischen Fähigkeiten und einer generalisierten Angststörung von dem für sein Lebensalter typischen Zustand erheblich ab. Wegen dieser Behinderungen ist seine Teilhabe am Leben in der Gesellschaft durchgehend und insbesondere auch in dem hier streitbefangenen Zeitraum seit Beginn des Schuljahrs 2008/2009 wesentlich beeinträchtigt.
48Der Senat folgt insoweit in erster Linie den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. M in seinem Gutachten vom 08.05.2014. Dieser ist aufgrund eingehender Untersuchung des Klägers und sorgfältiger Befunderhebung unter Berücksichtigung der übrigen aktenkundigen medizinischen Unterlagen zu seiner Beurteilung gelangt. Zudem decken sich die von ihm erhobenen Diagnosen im Wesentlichen mit den Befunden des Dr. H in seinem Gutachten vom 21.02.2010. Dieser hat bei dem Kläger ebenfalls (u.a.) eine leichte Intelligenzminderung (mit deutlicher Verhaltensstörung und assoziierten Beeinträchtigungen hinsichtlich der Grob- und Feinmotorik, Artikulation und rezeptiver sowie expressiver Sprache) und darüber hinaus zwar keine generalisierte Angststörung, jedoch (u.a.) eine erhöhte Angstbereitschaft und einen Zustand nach emotionaler Störung mit Trennungsangst diagnostiziert. Im Übrigen besteht bei dem Kläger aufgrund der genannten Einschränkungen unstreitig ein sonderpädagogischer Förderbedarf; ein solcher begründet ohnehin stets die Annahme einer wesentlichen Behinderung im vorgenannten Sinne (vgl. BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R).
492. Zu den - somit für den Kläger in Betracht kommenden - Hilfen für eine angemessene Schulbildung im Sinne des § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII gehören auch die hier streitbefangenen Kosten für den Besuch der T-Schule.
50Der Qualifizierung der Übernahme von Beschulungskosten als "Hilfen" im gesetzlichen Sinne steht nicht entgegen, dass der Kläger nicht eine die Schulbildung begleitende Maßnahme, sondern die Übernahme der (gesamten) Kosten für den Besuch der T-Schule als solche begehrt.
51a) Zwar ist der Kernbereich der pädagogischen Arbeit der Schule - und damit im Regelfall auch das Schulgeld, mit welchem der Unterricht finanziert wird - den Regelungen der Eingliederungshilfe grundsätzlich entzogen (vgl. im Einzelnen BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R). Dies folgt schon aus dem Wortlaut des § 54 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII. Spricht dieser - ebenso wie § 12 EinglhVO - gerade von "Hilfen", so erfasst er grundsätzlich nur Maßnahmen, die im Zusammenhang mit der Ermöglichung einer angemessenen Schulbildung (in Ergänzung der Beschulung als solcher) geeignet und erforderlich sind, Behinderungsfolgen zu beseitigen und zu mildern. Dementsprechend betreffen die Regelbeispiele einer solchen Hilfe in § 12 EinglhVO nur die Schulbildung begleitende Maßnahmen (vgl. zu alledem BSG, a.a.O.).
52b) Gleichwohl verbleibt auch im Kernbereich der Schulbildung ausnahmsweise Raum für Leistungen der Eingliederungshilfe, wenn nämlich der Besuch einer öffentlichen (und damit für den Sozialhilfeträger kostenfreien) Schule aus objektiven Gründen (z.B. wegen der räumlichen Entfernung vom Wohnort) oder aus schwerwiegenden subjektiven (persönlichen) Gründen nicht möglich oder nicht zumutbar ist (so BVerwG, Beschluss vom 02.09.2003 - 5 B 259/02; vgl. BSG, Urteil vom 22.03.2012 - B 8 SO 30/10 R unter Bezugnahme auf BVerwG, Urteil vom 13.08.1992 - 5 C 70/88, sowie Beschluss vom 02.09.2003 - 5 B 259/02).
53c) Dem Kläger war der Besuch einer öffentlichen Schule jedoch aus schwerwiegenden subjektiven Gründen schon seit August 2008 nicht möglich bzw. nicht zumutbar.
54aa) Maßstab hierfür ist vor allem die Aufgabe der Sozialhilfe, dem Empfänger der Hilfe die Führung eines Lebens zu ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht, und ihn so weit wie möglich zu befähigen, unabhängig von ihr zu leben (vgl. § 1 SGB XII; vgl. insoweit auch BVerwG, Urteil vom 13.08.1992 - 5 C 70/88). Insofern mag vorliegend offen bleiben, ab wann die Grenze der Unzumutbarkeit überschritten sein kann, wenn - wie hier - die Übernahme der Kosten für den Besuch einer nicht vom zuständigen Schulträger bereitgestellten Schule streitbefangen ist. Jedenfalls dann, wenn seitens des zuständigen Schulträgers keine Schule zur Verfügung steht, die den Hilfebedürftigen unter Berücksichtigung seiner Behinderungen im Sinne des § 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII angemessen beschulen könnte, liegen schwerwiegende subjektive Gründe vor, welche Eingliederungshilfe durch Übernahme der (gesamten) Beschulungskosten ausnahmsweise zulassen.
55bb) So aber liegt es hier; denn der Besuch der N-Schule - welche vom Beklagten sowie vom Schulamt des Kreises H als allein in Betracht kommende öffentliche Schule benannt wurde, und die mit Blick auf die räumlichen Verhältnisse auch die einzige in Nordrhein-Westfalen in Betracht zu ziehende einschlägige Förderschule ist - ist dem Kläger unter Berücksichtigung seiner schwerwiegenden Behinderungen seit Beginn des Schuljahrs 2008/2009 und auch später nicht zumutbar (dazu weiter unten). Vielmehr konnte und kann der Kläger lediglich an der T-Schule angemessen beschult werden. Allein diese Schule ist im Sinne des § 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII i.V.m. § 12 Nr. 2 EinglhVO geeignet und - mangels Zumutbarkeit des Besuchs der N-Schule - auch erforderlich, dem Kläger ein im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht üblicherweise erreichbare Bildung zu ermöglichen (dazu im Folgenden)
56(1) Dabei steht - abweichend von der Auffassung des Beklagten - zunächst Art. 24 Abs. 2 lit. a UN-BRK der Geeignetheit der T-Schule nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift stellen die Vertragsstaaten sicher, dass Menschen mit Behinderungen nicht aufgrund von Behinderungen vom unentgeltlichen und obligatorischen Grundschulunterricht oder vom Besuch weiterführender Schulen ausgeschlossen werden. Bei dieser Vorschrift handelt es sich nicht um eine Verbotsnorm in dem Sinne, dass es den Vertragsstaaten verwehrt sei, behinderten Menschen den Besuch einer nicht unentgeltlichen Schule zu ermöglichen. Die UN-BRK vermittelt vielmehr subjektive (Mindest-)Ansprüche für behinderte Menschen, soweit sie unmittelbar anwendbar ("self-executing") ist (vgl. hierzu im Einzelnen den Beschluss des Senats vom 06.02.2014 - L 20 SO 436/13 B ER m.w.N.). Sie ist jedoch nicht geeignet, Ansprüche behinderter Menschen aus (sonstigen) nationalen Vorschriften - hier nach §§ 53 ff. SGB XII - einzuschränken oder sogar auszuschließen. Im Übrigen ist der Besuch der T-Schule für den Kläger ohnehin unentgeltlich, weil der Sozialhilfeträger zur Übernahme der Beschulungskosten verpflichtet ist.
57(2) Die Beschulung des Klägers an der T-Schule ist auch nicht schon im Hinblick auf die bestandskräftigen Bescheide des Beigeladenen zu 1 vom 12.06.2007 und 11.06.2008 ungeeignet. Der Bescheid vom 12.06.2007 benennt zwar die N-Schule (lediglich) als nächstgelegene Förderschule (in Nordhrein-Westfalen) mit dem Förderschwerpunkt "Geistige Entwicklung". Er trifft jedoch - was der Beigeladene zu 1 in seinen späteren Stellungnahmen auch ausdrücklich bestätigt - weder inzident eine den Beklagten bindende Entscheidung über die Eignung der N-Schule, noch weist er dem Kläger die N-Schule im Sinne von § 46 Abs. 6 SchulG NRW als Förderschule konkret zu. Eine Prüfung der Eignung der Schule unter behinderungsspezifischen Gesichtspunkten hat der Beigeladene zu 1 darin nicht getroffen. Die Schulbehörden entscheiden zwar mit bindender Wirkung gegenüber dem Sozialhilfeträger, in welchem Umfang eine bestimmte Beschulung den geistigen und körperlichen Fähigkeiten eines behinderten Menschen entspricht, hingegen in der Regel nicht darüber, an welcher konkreten Schule die Beschulung zu erfolgen hat (vgl. hierzu den Beschluss des Senats vom 06.09.2010 - 20 SO 450/10 B ER und das Urteil vom 11.06.2014 - L 20 SO 418/11). Vom schulrechtlichen Standpunkt aus betrachtet verblieb dem Kläger vielmehr letztlich ein Wahlrecht, welche geeignete Schule er besuchen will. Ohnehin wäre eine im Bescheid vom 12.06.2007 erfolgte konkrete Zuweisung der N-Schule durch den unmittelbar vor Einschulung des Klägers ergangenen Bescheid vom 11.06.2008 zumindest konkludent aufgehoben und daher gegenstandslos geworden (vgl. § 39 Abs. 2 SGB X); denn darin ging der Beigeladene zu 1 ausdrücklich lediglich davon aus, dass der Kläger demnächst die N-Schule besuchen werde und bat die Eltern anderenfalls um entsprechende Information.
58Die in den Bescheiden erfolgte Zuweisung des Klägers an eine Förderschule mit dem Förderschwerpunkt "Geistige Entwicklung" beinhaltet - abweichend von der Auffassung des Beklagten - auch keine (den Sozialhilfeträger und die Gerichte bindende) Zuweisung einer bestimmten Schulform, nämlich einer Förderschule (im Sinne des nordrhein-westfälischen Rechts). Entscheidend ist insofern (jedenfalls im Rahmen der Eingliederungshilfevorschriften) allein der zugewiesene sonderpädagogische Förderbedarf des Klägers. Dass das inhaltliche Konzept der T-Schule diesem Förderbedarf entspricht, auch wenn es sich hierbei nach niedersächsischem Recht um eine Tagesbildungsstätte handelt, wird aber weder von dem Beklagten noch von dem Beigeladenen zu 1 in Abrede gestellt. Auch letzterer geht im Übrigen nicht davon aus, dem Kläger in den genannten Bescheiden zugleich eine Schulform zugewiesen zu haben.
59(3) Schließlich steht einer Geeignetheit der T-Schule nicht entgegen, dass der Kläger durch den Besuch dieser niedersächsischen Tagesbildungsstätte seiner Schulpflicht nach nordrhein-westfälischem Schulrecht nicht nachkäme.
60(a) Zwar können in Nordrhein-Westfalen Schulpflichtige ihre Schulpflicht grundsätzlich nur an öffentlichen Schulen, Ersatzschulen oder an nach § 118 Abs. 2 SchulG NRW anerkannten Ergänzungsschulen erfüllen (vgl. § 34 Abs. 5 S. 1 SchulG NRW). Insbesondere fehlt im SchulG NRW eine § 162 S. 1 Nieders. SchulG entsprechende Regelung, wonach Kinder und Jugendliche mit geistigen Behinderungen ihre Schulpflicht auch durch den Besuch einer anerkannten Tagesbildungsstätte erfüllen. Auch hat die zuständige Schulaufsichtsbehörde dem Kläger bislang keine Ausnahmegenehmigung (etwa nach § 34 Abs. 5 S. 3 SchulG NRW) erteilt oder ein Ruhen der Schulpflicht (§ 40 Abs. 2 SchulG NRW) angeordnet.
61(b) Die nach niedersächsischem Recht erfolgte Erfassung der T-Schule als Tagesbildungsstätte kann indes (jedenfalls im Rahmen der Eingliederungshilfevorschriften) nicht ausschlaggebend sein. Der Senat hält vielmehr für entscheidend, dass der Bildungsauftrag der T-Schule (als Tagesbildungsstätte) inhaltlich mit dem Auftrag der in § 34 Abs. 5 S. 1 SchulG NRW genannten Schulen identisch ist. Vermittelt erstere nach ihrem gesamten Konzept inhaltlich wie die letzteren Wissen und Können an die Schülerinnen und Schüler, so leistet sie in der Sache eine ebenso geeignete Beschulung. Letztlich ist dies zwischen den Beteiligten auch nicht streitig.
62(c) Unabhängig hiervon ist die Erfüllung der Schulpflicht nach nordrhein-westfälischem Schulrecht ohnehin nicht Voraussetzung für Eingliederungshilfe als Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung im Sinne des § 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII. Schon § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 2. Halbsatz SGB XII, wonach die Bestimmungen über die Ermöglichung der Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht unberührt bleiben, lässt schulrechtliche Verpflichtungen grundsätzlich neben den sozialhilferechtlichen Pflichten bestehen, ohne dass diese sich gegenseitig inhaltlich beeinflussen (so ausdrücklich BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R). Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung sind vielmehr lediglich vorrangig an einer Einrichtung zu gewähren, durch deren Besuch der behinderte Mensch der allgemeinen Schulpflicht nach jeweiligem Landesrecht genügt.
63§ 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII lässt sich i.V.m. § 12 Nr. 2 EinglhVO und unter zusätzlicher Berücksichtigung des Nachranggrundsatzes (§ 2 Abs. 1 SGB XII) insofern entnehmen, dass nicht jedwede Hilfeleistung zu einer nach den Vorstellungen des behinderten Menschen bzw. seiner Erziehungsberechtigten bestmöglichen Schulbildung als Eingliederungshilfe verlangt werden kann. Vielmehr ist die schulische Förderung von Kindern nach Art. 7 Abs. 1 GG eine grundsätzlich allein den (öffentlichen) Schulträgern zugewiesene Aufgabe (BSG, Urteil vom 22.03.2012 - B 8 SO 30/10 R). Insbesondere besteht ein Ausschluss für die Übernahme von Schulkosten aufgrund der Gesetze der Länder, (zumindest) soweit die Schulbehörde der ihr möglichen vorrangigen Leistungsverpflichtung auch nachkommt (Voelzke in Hauck/Noftz, SGB XII, 19. Erg.-Lfg. II/10, § 54 Rn. 44a; BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R). Steht hingegen fest, dass eine im Sinne von § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII angemessene Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht nicht zu erlangen ist, so kann unter dem Gesichtspunkt der Eingliederungshilfe die Übernahme von Kosten für eine anderweitige Beschulung des behinderten Menschen in Betracht kommen (LSG NRW, Urteil vom 15.05.2013 - L 20 SO 67/08; LSG Hessen, Urteil vom 22.11.2010 - L 9 SO 9/07 und zu § 35a SGB VIII; VGH Hessen, Urteil vom 20.08.2009 - 10 A 1799/08).
64Hierfür spricht schon der Wortlaut des § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII, der keinen abschließenden Leistungskatalog möglicher Eingliederungshilfen enthält, sondern von Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung (nur) "insbesondere" im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht spricht. Zudem umfassen nach § 12 Nr. 2 EinglhVO Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung auch solche Maßnahmen der Schulbildung, die erforderlich und geeignet sind, dem behinderten Menschen eine "im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht" (lediglich) "üblicherweise erreichbare" Bildung zu ermöglichen. Insofern bildet die allgemeine Schulpflicht also nur den Vergleichsmaßstab dafür, in welchem Umfang bzw. in welchem Maße Leistungen der Eingliederungshilfe auch außerhalb der allgemeinen Schulpflicht erbracht werden können.
65Diese Lesart wird zudem durch Sinn und Zweck der Eingliederungshilfevorschriften gestützt. Diese sollen nicht vorrangig sicherstellen, dass der nach §§ 53 ff. SGB XII berechtigte Personenkreis seiner Schulpflicht gerecht wird, sondern dem behinderten Menschen nach dem Willen des Gesetzgebers die Integration in die Gesellschaft ermöglichen. § 53 Abs. 3 S. 1 SGB XII bestimmt insoweit als besondere Aufgabe der Eingliederungshilfe, eine Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und die behinderten Menschen in die Gesellschaft einzugliedern. Hierzu gehört vor allem, ihnen die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern, ihnen die Ausübung eines angemessenen Berufs oder einer sonstigen angemessenen Tätigkeit zu ermöglichen oder (auch nur), sie so weit wie möglich unabhängig von Pflege zu machen (§ 53 Abs. 3 S. 2 SGB XII). Mit Blick auf diese Ziele kann es jedenfalls dann nicht dem Willen des Gesetzgebers entsprechen, einem behinderten Menschen nach den - im Übrigen bundesrechtlichen - Eingliederungshilfevorschriften der §§ 53 ff. SGB XII eine angemessene Beschulung außerhalb der jeweiligen Landesgrenzen mit der Begründung zu versagen, dass dort die Schulpflicht nach landesrechtlichen Vorschriften nicht erfüllt werde, wenn das landesrechtliche Schul(pflicht-)system selbst eine angemessene Beschulung nicht sicherstellt (vgl. hierzu schon den Beschluss des Senats vom 15.08.2012 - L 20 SO 309/12 ER und das Urteil vom 11.06.2014 - L 20 SO 418/11).
66(d) Auf ein etwaiges schulrechtliches Wahl- und Bestimmungsrecht des behinderten Menschen bzw. seiner Eltern kommt es in diesem Zusammenhang im Übrigen von vornherein nicht an. Ein solches Wahlrecht ist allenfalls dann von Bedeutung, wenn (wie in dem der Entscheidung des BVerwG vom 26.10.2007 - 5 C 35.06 zugrunde liegenden Sachverhalt) der Besuch zweier Schulen im Raume steht, welche beide in das System der allgemeinen Schulpflicht des betroffenen Bundeslandes integriert sind. Im vorliegenden Fall liegt jedoch allein die N-Schule in Nordrhein-Westfalen, während sich die T-Schule in Niedersachen befindet.
67cc) Ausgehend von den dargestellten Kriterien ist mit Blick auf die Formulierungen in § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII (" angemessene Schulbildung ") und § 12 Nr. 2 EinglhVO (" üblicherweise erreichbare Bildung ") in einem ersten Schritt festzustellen, welches konkrete Bildungsziel für den behinderten Menschen in Betracht kommt (so auch Voelzke a.a.O. Rn. 40a; dazu im Folgenden). Daran anschließend ist zu prüfen, ob dieses Ziel mit den Möglichkeiten, welche das öffentliche Schulsystem für den Betroffenen bereithält, in zumutbarer Weise verfolgt werden kann oder nicht (dazu weiter unten). Im Rahmen dieses zweiten Prüfungsschritts sind unter "bereithalten" die Leistungen oder Rahmenbedingungen zu verstehen, die das öffentliche Bildungssystem dem behinderten Menschen tatsächlich zur Verfügung stellt, oder die der Betroffene im Rahmen zumutbarer Bemühungen rechtzeitig realisieren kann (vgl. das Urteil des Senats vom 15.05.2013 - L 20 SO 67/08; Scheider in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 19. Auflage 2015, § 53 Rn. 71 ff.; Voelzke a.a.O. Rn. 44a mit Hinweis m.w.N.; OVG NRW, Urteil vom 15.06.2000 - 16 A 3108/99 Rn. 17 a.E. und Rn. 22). Insoweit geht der Senat im Anschluss an die ablehnende Stellungnahme des Schulträgers vom 26.05.2011 davon aus, dass eine Individualbeförderung des Klägers zur N-Schule auf dessen Kosten nicht (rechtzeitig) durchsetzbar wäre (vgl. hierzu schon das Urteil des Senats vom 15.05.2013 - L 20 SO 67/08 m.w.N.).
68(1) Die für den Kläger in Betracht kommenden Bildungsziele, welche der Senat umfassend ermittelt hat, werden an der T-Schule in geeigneter Weise verfolgt.
69(a) Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme, namentlich den schriftlichen Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. M und dessen weiteren Erläuterungen in der mündlichen Verhandlung sowie nach den dortigen Ausführungen der Schulleiterin der T-Schule, ist zwar seit Beginn des streitbefangenen Zeitraums nicht vorhersehbar, ob der Kläger bei Schulabschluss (nach dem 12. Schuljahr) einen formalen Bildungsabschluss - etwa vergleichbar der Qualifikation eines Hauptschulabschlusses oder dem Abschluss an einer Schule für Lernbehinderte - erreichen oder auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt jedenfalls eine angelernte Tätigkeit ausüben können wird. Der Kläger wird jedoch aller Voraussicht nach grundlegende Fähigkeiten wie Rechnen, Lesen und Schreiben erwerben bzw. ausbauen und - den nachvollziehbaren Darlegung der Schulleiterin folgend - nach Schulabschluss insbesondere ihm unbekannte Texte sinnentnehmend lesen können. Weitere - voraussichtlich erreichbare - Lernziele liegen vor allem darin, seine Aussprache und den verantwortungsbewussten Umgang mit Geld zu verbessern, seine geschichtlichen Kenntnisse und sein soziales Verhalten auszubauen sowie sein ohnehin in gutem Umfang vorhandenes "Weltwissen" zu fördern.
70(b) Die T-Schule, deren Schulkosten vorliegend im Streit stehen, ist im Sinne des § 12 Nr. 2 EinglhV geeignet, dem Kläger diese Bildungsziele erfolgversprechend zu vermitteln. Das gilt mit Blick sowohl auf die Schülerzahl, die Klassengröße und die sonstigen Rahmenbedingungen (insbesondere die Dauer der Anfahrt zur Schule) als auch auf die von der Schule vorgehaltenen pädagogischen und therapeutischen Angebote sowie das Förderkonzept. Dies steht unter Berücksichtigung der von der Leiterin der T-Schule beschriebenen Umstände der Beschulung sowie der Ausführungen der Sachverständigen Prof. Dr. M und Dr. H fest. Die Sachverständigen sind insoweit in ihren Gutachten übereinstimmend zu der Einschätzung gelangt, dass die T-Schule geeignet ist, die von ihnen beschriebenen Lernziele zu fördern. Zweifel an dieser Beurteilung hat der Senat nicht; sie erscheint insbesondere vor dem Hintergrund der von den Sachverständigen behinderungsbedingt für notwendig erachteten Rahmenbedingungen für die Beschulung des Klägers sowie der diesbezüglichen Angaben der Schulleiterin in der mündlichen Verhandlung zutreffend.
71(aa) Zwar kommt es nach den Feststellungen der Sachverständigen für die Beurteilung der Geeignetheit auf die Größe der T-Schule (nach den Angaben der Schulleiterin seit Einschulung des Klägers zwischen 86 und 91 Schüler) und Klassen (fünf bis neun Schüler), die Dauer eines Schultags (von 8.00 Uhr bis 14.15 Uhr) und die Integration der logopädischen und ergotherapeutischen Förderung sowie des therapeutischen Reitens in den Schulalltag nicht entscheidend an. Im Hinblick auf die motorische Unruhe und die Irritierbarkeit des Klägers, die - den schlüssigen Ausführungen der Sachverständigen folgend - zunächst Symptome einer Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störung (ADHS) aufwies, später jedoch vornehmlich durch ängstliches Verhalten zum Ausdruck gekommen ist, stellt eine Fahrtzeit zur Schule von einer Stunde und mehr (laut Einschätzung des Sachverständigen Dr. H schon von ca. 50 bis 60 Minuten) jedoch eine erhebliche Belastung dar, welche die Leistungsfähigkeit des Klägers und seine schulische Integration wahrscheinlich beeinträchtigt. Zweifel an der Richtigkeit dieser Beurteilung hat der Senat nicht. Sie erscheint insbesondere im Hinblick auf die von den Sachverständigen erhobenen Befunde und beschriebene Unruhe, welche nach den Angaben der Eltern auch bei längeren privaten Autofahrten auftritt, schlüssig und nachvollziehbar. Diesem Belastungsfaktor wird durch die T-Schule jedoch hinreichend Rechnung getragen; denn die Fahrt vom Wohnort des Klägers zur Schule dauert mit dem Schülerspezialtransport lediglich ca. 20 bis 25 Minuten.
72(bb) Die Beurteilung der Sachverständigen, der zufolge die T-Schule nach ihrem Förderkonzept einschließlich der Fahrtzeiten geeignet ist, den Kläger unter Berücksichtigung seiner Behinderungen angemessen zu beschulen, wird zudem weder von dem (im Eilverfahren als Zeuge gehörten) Kinderarzt des Klägers Dr. X noch dem Privatgutachter D in seinem schriftlichen Gutachten sowie seinen mündlichen Erläuterungen im Eilverfahren in Zweifel gezogen. Auch der Beklagte und der Beigeladene zu 1 gehen übereinstimmend davon aus, dass die T-Schule - wenn nicht sogar in besonderer Weise - in der Lage ist, dem Kläger die beschriebenen Bildungsziele erfolgversprechend zu vermitteln.
73(2) Der Besuch der T-Schule ist seit Schulbeginn (August 2008) nicht nur geeignet, sondern im Sinne des § 12 Nr. 2 EinglhVO auch erforderlich, um den Kläger angemessen zu beschulen; denn die vom Sachverständigen Prof. Dr. M und der Schulleiterin der T-Schule beschriebenen Lernziele können seither mit den Möglichkeiten, welche das öffentliche Schulsystem in Nordrhein-Westfalen für den Kläger bereit hält, nicht in zumutbarer Weise verfolgt werden.
74Zwar war das Förderkonzept der (von dem Beklagten einzig als geeignet benannten) N-Schule seit Beginn des streitigen Zeitraums ausreichend, um den Behinderungen des Klägers gerecht zu werden (dazu im Folgenden). Der Senat hat jedoch schon Zweifel, ob auch die sonstigen Rahmenbedingungen, namentlich die Dauer der Fahrt zur Schule, zur Erreichung der beschriebenen Förderziele geeignet war (dazu im Folgenden). Unabhängig hiervon war dem Kläger der Besuch der N-Schule aufgrund seiner Umstellungsschwierigkeiten schon bei Einschulung behinderungsbedingt nicht zumutbar. Gleiches gilt für einen späteren Schulwechsel (dazu weiter unten).
75(a) Im Anschluss an die Beweisaufnahme ist der Senat davon überzeugt, dass das eigentliche Förderkonzept der N-Schule seit Einschulung des Klägers im Schuljahr 2008/2009 zur Erreichung der beschriebenen Förderziele geeignet war. Insbesondere stehen die dortigen Schülerzahlen (nach den zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Bekundungen des Zeugen L vom 11.06.2014 in dem Verfahren L 20 SO 418/11 zwischen ca. 180 und 169), die Klassenstärken (im Eingangsbereich sieben oder acht, später ca. zehn Schüler/innen), die tägliche Schulzeit (montags bis donnerstags 8.30 Uhr bis 15.00 Uhr, freitags bis 12.30 Uhr) einer dortigen Beschulung des Klägers seit Schulbeginn nicht entgegen.
76Ob der gleitende Schulanfang an der N-Schule (von 8.15 Uhr bis 8.30 Uhr) den Behinderungen des Klägers in gleicher Weise wie die T-Schule Rechnung trägt, obwohl dieser nach der Einschätzung des Sachverständigen Prof. Dr. M aufgrund seiner leichten Irritierbarkeit einen klaren Rahmen und damit auch hinsichtlich Schulbeginn und -ende eine zeitliche Struktur benötigt, lässt der Senat allerdings offen. Ebenso wenig bedarf es einer abschließenden Klärung, ob die sonstigen Rahmenbedingungen an der N-Schule (namentlich die Fahrtzeit zur Schule, welche nach den Bekundungen des Zeugen L im Streitverfahren L 20 SO 418/11 sowie im zwischen den Beteiligten geführten Eilverfahren maximal eine Stunde beträgt) den spezifischen Behinderungen des Klägers hätte genügen können. Die diesbezüglichen Zweifel des Senats gründen sich auf die bereits dargestellte übereinstimmende Beurteilung der Sachverständigen Prof. Dr. M und Dr. H. Danach stellt eine solche Fahrtzeit für den Kläger jedenfalls einen nicht unerheblichen Belastungsfaktor dar, der - ausgehend von den Ausführungen des Sachverständigen Dr. H - zumindest im Zusammenspiel mit weiteren Risikofaktoren, insbesondere einem Schulwechsel (dazu weiter unten), mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer konkreten Gefährdung der erreichbaren Bildungsziele führt.
77(b) Denn unabhängig von dem Förderkonzept und sonstigen Rahmenbedingungen war dem Kläger eine Beschulung an der N-Schule aufgrund der Besonderheiten seiner Behinderungen und damit verbundenen geringen Umstellungsfähigkeit jedenfalls schon nach Beendigung des Kindergartens (im Juli 2008) nicht zumutbar.
78Der Senat legt seiner Beurteilung auch insoweit in erster Linie die Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. M zugrunde. Bereits in seinem Gutachten vom 08.05.2014 hat der Sachverständige ausgeführt, dass der Kläger aufgrund seiner geistigen Behinderung und seiner Angststörung eine verlängerte Zeit benötige, um sich auf neue Umgebungen oder auf neue Situationen einzulassen und sich fremden Personen gegenüber öffnen zu können. Derartige Eingewöhnungsphasen, welche bis zu zwei Jahren in Anspruch nehmen könnten, seien mit einer psychischen Belastung verbunden und hätten unweigerlich Auswirkungen auf das erreichbare Bildungsniveau. Ergänzend hat der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung auf ausdrückliches Befragen erklärt, bei einer Einschulung des Klägers an der N-Schule sei sicherlich nicht nur dessen Entwicklung in den verschiedenen Leistungsbereichen weniger gut verlaufen als an der T-Schule. Vielmehr habe zudem die Gefahr bestanden, dass der Kläger die Schule insgesamt verweigere. Das gelte umso mehr, als der Kläger schon bei seinem Wechsel an die - dem Kindergarten räumlich angegliederte - T-Schule eine längere Eingewöhnungszeit benötigt habe; bei einem Wechsel vom Kindergarten auf die N-Schule wären aber weitaus größere Eingewöhnungsschwierigkeiten zu erwarten gewesen.
79Diese Beurteilung hält der Senat ebenfalls für überzeugend. Zwar konnte der Sachverständige auch in der mündlichen Verhandlung nicht konkreter darlegen, mit welchen (Entwicklungs-)Rückschritten im Einzelnen eine Einschulung des Klägers an der N-Schule verbunden gewesen wäre. Gleiches gilt für das zu erwartende Ausmaß von Rückschritten, namentlich die Zeit, welche der Kläger voraussichtlich benötigen würde, um sie wieder aufzufangen. Der Senat hält dies mit Blick darauf, dass die Erkrankung des Klägers eine derartige Prognose nur schwer zulässt, indes für nachvollziehbar. Dass ein Wechsel vom Kindergarten auf die N-Schule die Entwicklung des Klägers beeinträchtigt, hat der Sachverständige aber mit Sicherheit bejaht.
80Bedenken gegen die Richtigkeit dieser Einschätzung hat der Senat nicht. Der Sachverständige hat unter Berücksichtigung der aktenkundigen medizinischen und psychologischen Berichte sowie der Schilderungen der Eltern des Klägers schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, dass jeder räumliche und personelle Wechsel für ein Kind mit dem Beschwerdebild des Klägers eine große Verunsicherung bedeutet und mit Eingewöhnungsschwierigkeiten sowie Rückschritten einhergeht, weil zunächst viel Anstrengung auf die Anpassung an die neue Situation verwendet werden muss.
81Bestätigt wird die Beurteilung des Sachverständigen Prof. Dr. M zunächst durch den Sachverständigen Dr. H. Dieser ist in seinem Gutachten vom 21.02.2010 ebenfalls zu der Beurteilung gelangt, dass der Kläger erheblich größere Umstellungsschwierigkeiten hat als andere gleichaltrige behinderte Kinder, und dass eine Herausnahme aus der gewohnten personellen und räumlichen Umgebung einen entscheidenden Risikofaktor für eine adäquate schulische Förderung des Klägers darstellt. Auch der Kinderarzt des Klägers, Dr. X, hat anlässlich seiner Vernehmung im Rahmen des Eilverfahrens am 20.08.2009 bekundet, durch eine Veränderung der Umgebungssituation und der Ansprechpartner sei eine Stagnation, wenn nicht sogar ein Rückschritt in den Therapieerfolgen wahrscheinlich.
82Dass der Kläger schon seit früher Kindheit auf Veränderungen personeller und/oder räumlicher Art in besonderer Weise reagiert und daher überdurchschnittlich viel Zeit benötigt, um sich an neue Situationen zu gewöhnen, ergibt sich im Übrigen auch aus dem pädagogischen Gutachten der Sonderschullehrerinnen C und I vom 30.05.2007 zur Feststellung des Förderbedarfs. Danach bedurfte der Kläger schon im Kindergarten einer langen Eingewöhnungsphase, bevor er sich dort sicher und wohl fühlte; selbst nach fast zweijährigem Kindergartenbesuch reagierte er gegenüber fremden Personen weiterhin sehr zurückhaltend und verweigerte diesen die Mitarbeit.
83Dabei kommt erschwerend hinzu, dass etwaige Veränderungen beim Kläger - auch im Rahmen einer im Übrigen stabilen Umgebung - nicht nur zu einer Einschränkung der Leistungsfähigkeit, sondern neben psychischen Symptomen auch zu erheblichen körperlichen Begleiterscheinungen führen. So berichtete die Schulleiterin der T-Schule in ihrer schriftlichen Stellungnahme aus Juni 2002 glaubhaft von Irritationen des Klägers anlässlich einer für April 2012 bevorstehenden Klassenfahrt, welche sich bereits ein halbes Jahr zuvor in Form von deutlicher (motorischer) Unruhe, vermehrtem Einnässen, Durchfall, Erbrechen sowie einer Beeinträchtigung des Konzentrationsvermögens, der Aussprache und des Redeflusses gezeigt hätten. Ebenso reagierte der Kläger nach den glaubhaften Schilderungen der Schulleiterin in der mündlichen Verhandlung auf einen Wechsel der Klassenlehrerin im Januar 2015 mit Unruhe, Unzufriedenheit, einer Einschränkung des Sprechflusses sowie einer - über das bei ihm übliche Maß hinausgehenden - verwaschenen Sprache und ließ sich auch auf Lernangebote nicht mehr ein. Obwohl die Klassenlehrerin die Klasse seit ca. Anfang Juli 2015 wieder übernommen hat, hat sich der Zustand des Klägers nach Angaben der Schulleiterin bislang, also ca. acht Monate nach dem Lehrerwechsel, noch nicht wieder vollständig normalisiert.
84Der Senat verkennt insoweit nicht, dass auch der Wechsel des Klägers vom Kindergarten an die T-Schule mit räumlichen und personellen Veränderungen verbunden war. Diese waren jedoch weitaus geringer, als es ein Wechsel vom Kindergarten zur N-Schule gewesen wäre; denn nach den glaubhaften Schilderungen der Leiterin der T-Schule in der mündlichen Verhandlung ist der Kindergarten der Schule nicht nur räumlich angegliedert. Vielmehr sind beide Einrichtungen auch personell miteinander verzahnt. Der Kläger kannte daher bei seiner Einschulung nicht nur das Gelände und Gebäude, sondern darüber hinaus bereits einzelne an der T-Schule tätige Therapeuten, den Fahrdienst sowie die Küche (einschließlich Personal).
85Der Einschätzung der Sachverständigen steht schließlich auch nicht entgegen, dass der Kläger anlässlich der Begutachtung durch den Sachverständigen Prof. Dr. M freundlich und offen auftrat und auch in dem Gutachten des Herrn D als fröhlich und zugewandt beschrieben wird; denn die nur temporären Begutachtungen erfolgten innerhalb einer sehr konstanten Grundsituation. Ein Wechsel vom Kindergarten am T auf die N-Schule wäre für den Kläger jedoch nicht nur mit kurzzeitigen räumlichen Veränderungen, sondern - neben einem veränderten Wegetransport (bzgl. Strecke und Fahrer) sowie Tagesablauf - insbesondere auch mit dem Austausch sämtlicher Betreuungskräfte und damit der maßgebenden Bezugspersonen verbunden, welche den Kläger während des gesamten Alltags im Kindergarten begleiten und fördern. Derartig einschneidende und vielschichtige Veränderungen sind aber von vornherein nicht vergleichbar mit Umständen wie einer einmaligen Begutachtung (bei der im Übrigen die Eltern des Klägers in der Nähe und erreichbar geblieben sind).
86(c) War dem Kläger - zusammenfassend - aber eine Einschulung an der N-Schule schon nach Abschluss des Kindergartens (im Sommer 2008) behinderungsbedingt nicht zumutbar, so war ihm auch ein späterer Wechsel auf diese Schule aus schwerwiegenden subjektiven Gründen (s.o.) unmöglich bzw. unzumutbar und der (weitere) Besuch der T-Schule aus diesem Grund auch über das Schuljahr 2008/2009 hinaus erforderlich im Sinne des § 12 Nr. 2 EinglhVO. Denn nach den überzeugenden Ausführungen insbesondere des Sachverständigen Prof. Dr. M in seinem Gutachten sowie seinen mündlichen Erläuterungen im Verhandlungstermin verursacht (auch) ein Schulwechsel bei dem Kläger verlängerte Eingewöhnungsphasen mit einer Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit, Angstsymptomen und Verhaltensauffälligkeiten bis hin (sogar) zu Aggressionen. Zudem wäre er ebenfalls mit der Gefahr verbunden, dass der Kläger die Schule insgesamt verweigert. Zweifel an der Richtigkeit auch dieser Beurteilung hat der Senat nicht. Insofern wird auf die obigen Ausführungen zu den zu erwartenden Auswirkungen bei einem Wechsel vom Kindergarten zur N-Schule verwiesen, die auch für einen späteren Schulwechsel gelten. Das gilt umso mehr, als ein Wechsel der Schule zumindest im gleichen Maße, im Hinblick auf den Verlust der gesamten bisherigen Mitschüler/innen sogar eher noch mit erheblicheren Veränderungen verbunden wäre als die Einschulung des Klägers an der N-Schule.
87dd) Der Umstand, dass der Kläger seine Schulbildung an der T-Schule entgegen der angefochtenen Entscheidung des Beklagten aufgenommen und auf diese Weise vollendete Tatsachen geschaffen hat, steht der Übernahme der Kosten für den Besuch der T-Schule von vornherein nicht entgegen. Das gilt schon deshalb, weil die Einschulung des Klägers an der N-Schule (deren Besuch der Beklagte in den angefochtenen Bescheiden für angemessen erachtet hat) seinerzeit wegen der einschränkten Umstellungsfähigkeit des Klägers keine geeignete Fördermöglichkeit war (s.o.). Für die Folgezeit war der weitere Besuch der T-Schule wegen der Unzumutbarkeit eines Schulwechsels unverzichtbar.
88Der Senat weicht insofern nicht von seinem früheren Urteil vom 15.05.2013 - L 20 SO 67/08 ab. Zwar ist dort ausgeführt, dass die dortige Klägerin keine Vorteile daraus ziehen darf, dass sie entgegen der von ihr angefochtenen Entscheidung des Beklagten ihre Schulausbildung zunächst an der T-Schule begonnen hat und nunmehr mangels Anspruchs auf Übernahme der Beschulungskosten auf die N-Schule wechseln muss. In jenem Verfahren ließ sich jedoch - anders als hier - nicht feststellen, dass die (insoweit beweispflichtige) dortige Klägerin an der N-Schule nicht hätte angemessen beschult werden können, und dass deshalb eine Umschulung unzumutbar wäre. Unterscheiden sich jener und der vorliegende Sachverhalt deshalb wesentlich, so kann im hier zu entscheidenden Fall (bei dem kein Erkenntnisausfall vorliegt) offen bleiben, ob und inwiefern "Verschuldensgesichtspunkte" (die im Recht der Sozialhilfe einen zu deckenden Bedarf ohnehin grundsätzlich nicht entfallen lassen, sondern allenfalls unter engen Voraussetzungen eine Leistungseinschränkung bzw. einen Erstattungsanspruch nach sich ziehen können; vgl. § 26 bzw. § 103 SGB XII) hinsichtlich einer getroffenen Schulwahl berücksichtigungsfähig sein können.
893. Dem Anspruch des Klägers auf Übernahme seiner Beschulungskosten an der T-Schule als Eingliederungshilfe stehen sonstige Hindernisse nicht entgegen. Insbesondere verfügte der Kläger seit Schuljahresbeginn 2008/2009 durchgehend nicht über anzurechnendes Einkommen, wobei dieses ohnehin auf die Aufbringung der Mittel für die Kosten des Lebensunterhalts beschränkt wäre (vgl. § 92 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SGB XII). Etwaiges Vermögen des Klägers ist bei den hier in Rede stehenden Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung ohnehin nicht anspruchsmindernd oder -ausschließend zu berücksichtigen (vgl. § 92 Abs. 2 S. 2 i.V.m. S. 1 Nr. 2 i.V.m. SGB XII).
90C) Sonstige Anspruchsgrundlagen für eine Übernahme von Kosten im Zusammenhang mit der Beschulung des Klägers existieren nicht.
91I. Leistungen der Eingliederungshilfe des Jugendhilfeträgers nach § 35a SGB VIII scheiden aus. Zwar mag die Angststörung des Klägers eine seelische Behinderung im Sinne des § 35a Abs. 1 und 3 SGB VIII sein; eine solche kann grundsätzlich zu einer Leistungszuständigkeit des Jugendhilfeträgers führen. Leidet der Kläger jedoch zumindest auch unter einer wesentlichen geistigen Behinderung, ist nach der Abgrenzungsregelung des § 10 Abs. 4 S. 2 SGB VIII der beklagte Sozialhilfeträger vorrangig zuständig (vgl. zu dieser Abgrenzung ausführlich etwa Urteil des Senats vom 18.01.2013 - L 20 SO 170/11 Rn. 59 ff. m.w.N.). Aus diesem Grund bedurfte es von vornherein keiner Beiladung des Jugendhilfeträgers.
92II. Schließlich wurde in der mündlichen Verhandlung für den Kläger ausdrücklich klargestellt, dass Leistungen nach dem Dritten bzw. Vierten Kapitel des SGB XII (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 Rn. 18) nicht geltend gemacht werden.
93D) Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 S. 1 SGG und folgt der Entscheidung in der Sache. Die Kosten der Beigeladenen waren nicht zu erstatten, weil sie keinen Antrag gestellt haben (vgl. dazu das Urteil des Senats vom 18.04.2011 - L 20 SO 78/10 Rn. 62 und vom 08.06.2015 - L 20 SO 473/12; ferner Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 193 Rn. 3b).
94E) Der Senat lässt die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zu (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 16.06.2011 geändert. Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 01.04.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.07.2010 verurteilt, die Kosten des Besuchs der T-Schule in C durch die Klägerin seit August 2010 zu übernehmen. Der Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin für beide Rechtszüge. Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin begehrt die Übernahme der Kosten für den Besuch einer Tagesbildungsstätte in Niedersachsen seit Beginn des Schuljahrs 2010/2011 nach dem SGB XII.
3Die am 00.00.2003 geborene Klägerin, die weder über Einkommen noch über Vermögen verfügt, leidet im Wesentlichen an einer chromosomalen Störung in Form des sog. Pallister-Kilian-Syndroms (Mosaik-Tetrasomie 12p), welche mit einer globalen Entwicklungsverzögerung einhergeht. Darüber hinaus bestehen bei ihr ein frühkindlicher Autismus sowie der Verdacht auf eine schwerste Intelligenzminderung. Sie lebt mit ihren Eltern und Geschwistern in W/Nordrhein-Westfalen, nahe der Landesgrenze zu Niedersachsen.
4Von August 2008 bis Juli 2010 besuchte die Klägerin den heilpädagogischen Kindergarten B in C (Niedersachsen). Dieser ist von ihrem Wohnort 13 km entfernt; Träger ist der Beigeladene zu 2. Die Kosten für die heilpädagogischen Leistungen sowie für die Fahrten zwischen Wohnung und Einrichtung übernahm der Beklagte zunächst für die Zeit von August 2008 bis zum voraussichtlichen Beginn der Schulpflicht am 31.07.2009 (Bescheid vom 27.01.2009) sowie - nach Zurückstellung der Klägerin vom Schulbesuch für das Schuljahr 2009/2010 - bis Juli 2010 (Bescheid vom 12.05.2009).
5Im Hinblick auf die bevorstehende Einschulung der Klägerin stellte das Schulamt des Kreises H mit (bestandskräftig gewordenem) Bescheid vom 25.03.2009 den sonderpädagogischen Förderbedarf der Klägerin im Förderschwerpunkt "Geistige Entwicklung" fest und wies sie einer entsprechenden Förderschule zu. Zugleich benannte es die N-Schule in H als nächstgelegene entsprechende (nordrhein-westfälische) Förderschule und bat die Eltern, die Klägerin dort anzumelden.
6Die N-Schule ist etwa 24,5 km von der Wohnung der Klägerin entfernt; mittels Sammelbeförderung (Schülerspezialverkehr) würde ein Transport der Klägerin zu dieser Schule pro Weg maximal 60 Minuten dauern. Der Unterricht an der N-Schule beginnt montags bis freitags gleitend zwischen 8.15 Uhr und 8.30 Uhr. Er endet montags bis donnerstags um 15.00 Uhr, freitags um 12.30 Uhr. Wegen der weiteren Rahmenbedingungen der dortigen Beschulung, u.a. der Größe der Schule und Klassen, der Organisation, des Förderkonzepts sowie des Betreuungsschlüssels wird auf die Bekundungen des dortigen Schulleiters, des Zeugen L, in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat Bezug genommen, ferner auf dessen Stellungnahme vom 24.04.2009 aus dem Verfahren L 20 SO 67/08 (LSG NRW) sowie den aktuellen Internetauftritt der N-Schule, welche der Senat zum Gegenstand des Verfahrens gemacht hat.
7Mit Beginn des Schuljahrs 2010/2011 meldeten die Eltern die Klägerin nicht auf der N-Schule, sondern auf der T-Schule in C an. An dieser Schule wird die Klägerin seither gefördert.
8Die T-Schule ist eine vom Land Niedersachsen anerkannte Tagesbildungsstätte. Sie liegt auf dem gleichen Gelände wie der Kindergarten B; Träger der Schule ist ebenfalls der Beigeladene zu 2. Die Fahrtzeit von der Wohnung der Klägerin zur 13 km entfernten Schule beträgt ausweislich eines verbreitet genutzten Routenplaners (www.falk.de/routenplaner) 17 Minuten; die Transportzeit mittels Sammelbeförderung (Schülerspezialverkehr) dauert nach den Angaben der Eltern der Klägerin etwa 15 Minuten. Der Unterricht findet montags bis freitags von 7.45 Uhr bis 14.15 Uhr statt. Die Schule verfügt über einen Fachdienst für Autismus-Spektrum-Störungen mit einer Diplom-Psychologin, einer Sozialpädagogin und einer Ergotherapeutin. Dieser Fachdienst betreut diejenigen Schüler/innen, welche aufgrund eines frühkindlichen Autismus einen spezifischen Unterstützungsbedarf haben, u.a. in Form von Einzeltherapien während der Schulzeit. Bezüglich der weiteren Rahmenbedingungen der Beschulung an der T-Schule wird auf die Stellungnahmen der Schulleiterin T1 vom 11.11.2013 und 31.01.2013 verwiesen. Die Kosten für den Besuch der T-Schule (monatlich ca. 2.100,00 EUR) trägt der Beklagte seit Beginn des Schuljahrs 2011/2012 vorläufig aufgrund entsprechender einstweiliger Anordnungen des erkennenden Senats.
9Am 20.11.2009 beantragten die Eltern der Klägerin beim Beklagten die Übernahme der Beschulungskosten an der T-Schule ab Beginn des Schuljahres 2010/2011 als sozialhilfeweise Eingliederungshilfe. Sie verwiesen auf den dortigen Fachdienst für Kinder mit autistischen Verhaltensweisen sowie den für derart beeinträchtigte Kinder geeigneten Unterricht. Zudem werde dort in allen Klassen eine Methode der unterstützen Kommunikation angewandt, auf welche die Klägerin wegen fehlender Lautsprache angewiesen sei. Häufige Infekte der Klägerin erforderten zudem eine zügige Erreichbarkeit der Schule durch die Eltern; dies sei bei der T-Schule bei 15-minütiger Entfernung von der Wohnung der Familie und 10-minütiger Entfernung vom Arbeitsplatz des Vaters gewährleistet. Ohnehin müsse die bisherige intensive Therapie und Förderung der Klägerin, welche in der Vergangenheit in enger Kooperation zwischen Therapeuten, Pädagogen und den Eltern erfolgt sei, dringend weitergeführt werden. Dies sei nur möglich, wenn die Eltern den Schulort schnell erreichen könnten.
10Mit Bescheid vom 01.04.2010 lehnte der Beklagte den Antrag ab. Zwar sei er sachlich und örtlich zuständig. Die Klägerin könne jedoch an der N-Schule in H und damit in Nordrhein-Westfalen angemessen und unentgeltlich gefördert werden. Dass diese Schule zur Förderung der Klägerin geeignet sei, habe das Schulamt im Bescheid vom 25.03.2009 inzident und für den Beklagten bindend (BVerwG, Urteil vom 28.04.2005 - 5 C 20/04) bejaht. Auch der Schulwegetransport zur N-Schule sei der Klägerin nach den einschlägigen landesrechtlichen Bestimmungen zumutbar; gegebenenfalls müsse im Rahmen der Ausgestaltung des Schülertransports auf Besonderheiten in der Person der Klägerin Rücksicht genommen werden. Ein Besuch der T-Schule sei demgegenüber mit unverhältnismäßig hohen Kosten verbunden, weil weder das Schulgeld noch die Fahrtkosten vom Schulträger bzw. vom Land Nordrhein-Westfalen übernommen würden. Eine Beschulung an der T-Schule sei daher nach dem Subsidiaritätsprinzip (§ 2 Abs. 1 SGB XII) nicht notwendig und wegen der damit einhergehenden Mehrkosten auch nicht durch das Wunsch- und Wahlrecht (§ 9 SGB XII) gerechtfertigt. Dies gelte auch, wenn durch kleinere Klassen an der T-Schule und eine der Klägerin dort bereits vertraute Umgebung eine optimiertere Förderung stattfinden könne.
11Die Klägerin legte hiergegen Widerspruch ein mit der Begründung, ein Besuch der N-Schule wäre mit erheblichen körperlichen Belastungen verbunden, so dass sie dort nicht angemessen beschult werden könnte. Sie leide unter einer extremen Mehrfachbehinderung, bei der eine Kommunikation mit anderen Menschen nur unter äußerst schwierigen Bedingungen möglich sei. Sie sei insbesondere nicht in der Lage, ihre Bedürfnisse selbst zu äußern. Neben ihrer körperlichen und geistigen Behinderung führten häufige Infektionskrankheiten oftmals zu einer rapiden Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes und erforderten eine ärztliche Untersuchung und Behandlung durch bekannte Betreuungspersonen. So seien seit Dezember 2009 insgesamt fünf Mittelohrentzündungen aufgetreten. Zudem habe sie im März 2010 bei einem Unfall eine Gehirnerschütterung erlitten. Die Klägerin hat eine schulärztliche Stellungnahme des Kreises H (Fachärztin für Kinderheilkunde Dr. L) vom 27.05.2010 sowie einen Zwischenbericht des Sozialpädiatrischen Zentrums (SPZ) des Evangelischen Krankenhauses (EVK) C (Fachärzte für Kinderheilkunde bzw. Neuropädiatrie Dres. C und Q) vom 19.04.2010 (erstellt anlässlich einer ambulanten Vorstellung der Klägerin vom 13.04.2010) vorgelegt; auf diese Unterlagen wird Bezug genommen.
12Mit Widerspruchsbescheid vom 06.07.2010 wies der Beklagte nach Beteiligung sozial erfahrener Personen den Widerspruch zurück. Die Beschulung eines jeden Schülers bzw. einer jeden Schülerin könne in Nordrhein-Westfalen aus Landesmitteln angemessen im Rahmen des dortigen differenzierten Sonder-/Förderschulwesens erfolgen. Die Funktionseinbußen der Klägerin seien nicht in einer Weise erheblich, dass ihr eine entsprechende Beschulung nicht möglich bzw. zumutbar sei.
13Mit ihrer am 30.07.2010 bei dem Sozialgericht Detmold erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt. Sie ist bei ihrer Auffassung verblieben, dass ihr wegen ihrer Behinderungen ein Besuch der N-Schule nicht möglich sei. Ihre Eltern hätten sich anlässlich der bevorstehenden Einschulung diese Schule angesehen. Sie sei wesentlich größer als die T Schule; der Gebäudekomplex sei weniger übersichtlich. Zudem seien die Klassen dort mit teilweise mehr als 10 Schüler/innen erheblich stärker als an der T-Schule. Der Schultag wäre für sie an der N-Schule zu lang. Hinzu käme eine Fahrtzeit mit dem Schülerspezialtransport von annähernd 60 Minuten; wegen ihrer Muskelschwäche würde dies jedoch zu Problemen führen. Abgesehen davon wäre sie anschließend nicht mehr aufnahmefähig. Ohnehin sei ein Verbleib in der ihr bereits vom Kindergarten her vertrauten Einrichtung wichtig. Sie benötige eine extrem lange Eingewöhnungszeit; so habe sie mehr als ein Jahr gebraucht, um sich an den Kindergarten zu gewöhnen. Darüber hinaus habe die N-Schule ihren Eltern keine direkten Informationen hinsichtlich einer notwendigen Autismusbehandlung erteilt, sondern insoweit stets nur auf das Westfälische Institut für Entwicklungsförderung (WIE) in C verwiesen. Die Klägerin hat weitere ärztliche bzw. psychologische Berichte (Behandlungsberichte des Facharztes für Kinder- und Jugendmedizin bzw. Neuropädiatrie Dr. L1 - Chefarzt der I Klinik I, Neurologisches Rehabilitationszentrum für Kinder und Jugendliche - vom 09.07.2010, der Diplom-Psychologin M und der Erzieherin N - ebenda - vom 16.07.2010 sowie der Logopädin H vom 01.04.2010) vorgelegt, auf deren Inhalt ebenfalls Bezug genommen wird. Der Übernahme der Beschulungskosten stehe - so die Klägerin weiter - keineswegs entgegen, dass die T-Schule eine niedersächsische Tagesbildungsstätte sei. Sie könne auch dort ihre Schulpflicht erfüllen. Allein aus der Formulierung in § 34 Abs. 5 SchulG NRW ergebe sich nichts Gegenteiliges. Werde die T-Schule durch das niedersächsische Schulgesetz einer Schule gleichgestellt, müsse diese Schule mit Blick auf Sinn und Zweck des § 34 SchulG NRW nach nordrhein-westfälischem Schulrecht ebenso als deutsche Schule gelten. Abgesehen davon lasse § 34 Abs. 5 S. 2 SchulG NRW Ausnahmen von der Schulpflicht aus wichtigem Grund zu. Eine solche Ausnahme liege hier mit Blick auf ihre Behinderungen vor.
14Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,
15den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 01.04.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.07.2010 zu verpflichten, die Kosten des Besuchs der T-Schule in C durch die Klägerin im Rahmen der Eingliederungshilfe ab August 2010 für die Klägerin zu übernehmen.
16Der Beklagte hat beantragt,
17die Klage abzuweisen.
18Er hat an seinen Bescheiden festgehalten und unter Vorlage einer Stellungnahme eines Referatsleiters des Innenministeriums Nordrhein-Westfalen vom 31.03.2011 ergänzend die Auffassung vertreten, die Übernahme der Beschulungskosten an der T-Schule scheide schon deshalb aus, weil die Klägerin dort ihre Schulpflicht nicht erfüllen könne. Ein wichtiger Grund für die ausnahmsweise Erfüllung der Schulpflicht an einem anderen Ort als einer deutschen Schule im Sinne von § 34 Abs. 5 S. 2 SchulG NRW liege nicht vor. Denn die T-Schule sei keine Schule, sondern eine Tagesbildungsstätte, deren Besuch gemäß § 162 Nieders. SchulG zwar in Niedersachen, nicht hingegen in anderen Bundesländern der Schulpflicht genüge. In Nordrhein-Westfalen könnten Schulpflichtige ihre Schulpflicht lediglich an öffentlichen Schulen, Ersatzschulen oder an nach § 118 Abs. 2 SchulG NRW anerkannten Ergänzungsschulen erfüllen. Ohnehin entfalte die Entscheidung des Schulamtes vom 25.03.2009, welche die N-Schule als nächstgelegene Förderschule benenne, nicht nur für den Beklagten Tatbestandswirkung, sondern binde auch die Gerichte. Die Klägerin könne auch in Ansehung ihrer Behinderungen an der N-Schule angemessen beschult werden; insbesondere stehe dem ihre autistische Störung nicht entgegen. Insoweit hat der Beklagte ergänzend eine Stellungnahme des Zeugen L vom 02.11.2010 vorgelegt, auf deren Inhalt Bezug genommen wird.
19Das Sozialgericht hat eine Auskunft des Schulamts des Kreises H vom 22.02.2011 eingeholt. Danach hat das Schulamt mit seinem Bescheid vom 25.03.2009 keine konkrete und verbindliche Zuweisungsentscheidung im Sinne des § 46 Abs. 6 SchulG NRW getroffen; die N-Schule sei ohne nähere Prüfung ihrer Eignung allein als für den Förderbedarf der Antragstellerin abstrakt zuständiger Förderort benannt worden.
20Mit Urteil vom 16.06.2011 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Eingliederungshilfe in Form einer Übernahme der Kosten für den Besuch der T-Schule nach § 53 Abs. 1, § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII scheide schon deshalb aus, weil die Klägerin durch den Besuch einer in Niedersachsen gelegenen Tagesbildungsstätte ihrer Schulpflicht nach nordrhein-westfälischem Schulrecht nicht genüge und mindestens an einer geeigneten Schule in Nordrhein-Westfalen angemessen beschult werden könne. Der Bescheid des Schulamtes verpflichte die Klägerin zwar nicht bindend zu einem Besuch der darin benannten N-Schule. Gleichwohl habe das Schulamt diese Schule als abstrakt geeignet festgestellt; gesundheitliche Gründe, die dieser abstrakten Eignung entgegenstünden, seien nicht erkennbar. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil Bezug genommen.
21Gegen das ihrer Bevollmächtigten am 28.06.2011 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 27.07.2011 Berufung eingelegt. Sie trägt im Hinblick auf einen etwaigen Wechsel an die N-Schule ergänzend vor, sich auf neue Therapeuten kaum einlassen zu können und durch jegliche neue Umgebung und Umstellung in ihrem Entwicklungszustand weit zurückgeworfen zu werden. So habe sie nach einem Personalwechsel an der T-Schule bereits ein halbes Jahr und länger mit Schwierigkeiten kämpfen müssen. Die Konsequenzen eines Wechsels der Schule, der Bezugspersonen, der Therapeuten, des Schulprogramms, des Tagesablaufs sowie des Schulwegetransports seien für sie unzumutbar und dürften - im Anschluss an die zweitinstanzliche Beweisaufnahme, insbesondere ein Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. M - zu einer deutlichen Entwicklungsverzögerung führen. Zudem sei die Autismus-Förderung an der T-Schule wesentlich differenzierter als auf der N-Schule. Ihre Eltern hätten vor der Einschulung mehrfach bei der N-Schule vorgesprochen und nach einer individuell angepassten Förderung gefragt. Ihnen sei mitgeteilt worden, dass man zum Entspannen lediglich den sog. Snoezelen-Raum aufsuchen würde, wenn sie - die Klägerin - nicht in der Lage sei, lange im Klassenverband zu bleiben. Das WIE habe die Auskunft erteilt, für die in Kooperation mit der N-Schule durchgeführte autismusspezifische Einzelförderung gebe es Wartelisten. Auch würden autistische Kinder in C, also außerhalb der N-Schule, gefördert, was mit einer zusätzlichen Fahrt verbunden wäre. Während langer Fahrtzeiten füge sie sich aufgrund von Wahrnehmungsstörungen jedoch häufig Schmerzen zu. Ferner könnten in der Regel nur ihre Eltern ihren Gesundheitszustand richtig einschätzen; selbst Ärzte seien bei der Diagnose auf deren Hilfe angewiesen. Im November/Dezember 2013 sowie im Januar 2014 hätten ihre Eltern sie dreimal krankheitsbedingt von der Schule abholen müssen.
22In der mündlichen Verhandlung hat die Bevollmächtigte der Klägerin klargestellt, weder Leistungen nach dem Dritten oder Vierten Kapitel des SGB XII noch eine Übernahme von Fahrtkosten für den Schulbesuch geltend zu machen. Sie begehre vielmehr allein die Übernahme der Kosten für den Besuch der T-Schule.
23Die Klägerin beantragt,
24das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 16.06.2011 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 01.04.2010 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 06.07.2010 zu verpflichten, die Kosten des Besuchs der T-Schule in C durch die Klägerin seit August 2010 zu übernehmen,
25hilfsweise, über folgende Beweisanträge Beweis zu erheben:
261. Was ist für die Klägerin zumutbar, erforderlich und geeignet - der Schulweg mit dem Bus und der gesamte Schultag inklusive Abfahrt und Ankunft zu Hause zur N-Schule in H oder das Äquivalent (Schulweg und gesamter Schultag) zur T-Schule?
272. Wie schnell müssen die Eltern im Falle eines medizinischen Notfalls der Klägerin vor Ort sein und wie lange dauert die Fahrt zwischen Wohnort und N-Schule bzw. der T-Schule für die Eltern werktags tagsüber tatsächlich? Die gleiche Frage des tatsächlichen Weges gilt für die Fahrt des Vaters der Klägerin von seinem Arbeitsplatz in E.
28Der Beklagte beantragt,
29die Berufung zurückzuweisen.
30Er hält daran fest, dass schon der Bescheid des Schulamts dem geltend gemachten Anspruch entgegenstehe; denn dieser regle verbindlich die von der Klägerin zu besuchende Schulform. Zudem könne die Klägerin durch den Besuch der Tagesbildungsstätte in Niedersachsen ihre Schulpflicht nicht erfüllen. Durch eine antragsgemäße Verurteilung würde der Beklagte gezwungen, entgegen Art. 20 Abs. 3 GG die fortgesetzte Begehung einer - rechtlich unstreitigen - Ordnungswidrigkeit zu finanzieren. Die N-Schule sei für die Klägerin trotz deren Behinderungen geeignet. Hinsichtlich der Klassengröße und des Betreuungsschlüssels bestünden keine signifikanten Unterschiede zur T-Schule. Die Fahrtzeit zur N-Schule sei nicht viel länger als zur T-Schule. Die vom Sachverständigen Prof. Dr. M bei einem Wechsel des vertrauten Umfelds oder der Bezugspersonen angenommene temporäre Entwicklungsverzögerung träte bei einem Wechsel zur N-Schule lediglich einmalig auf. Dies sei der Klägerin zumutbar; denn auch andere Ereignisse, beispielsweise eine stationäre Krankenbehandlung oder ein Wechsel/Ausfall der Beschäftigten der T-Schule, könnten jederzeit den gleichen Effekt auslösen.
31Die mit Beschluss vom 05.08.2013 Beigeladenen stellen keinen Antrag.
32Der Beigeladene zu 2 hält die T-Schule zur Beschulung der Klägerin für geeignet. Bezüglich seiner Angaben zu dortigen Beschulungsbedingungen sowie die Entwicklung der Klägerin wird auf die Stellungnahmen der Schulleiterin der T-Schule vom 11.11.2013 und 31.01.2013 verwiesen.
33Der Senat hat zunächst Befundberichte des Facharztes für Kinderheilkunde und Jugendmedizin Dr. X und der Kinderärztin Dr. Q (SPZ) vom 13.09.2011 eingeholt. Ferner hat er die Klägerin betreffende Förderpläne und Zeugnisse sowie die Dokumentation des Fachdienstes für Autismus von der T-Schule beigezogen. Auf den Inhalt dieser Unterlagen wird Bezug genommen.
34Anschließend hat der Senat ein Gutachten des Facharztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Neurologie und Psychiatrie sowie Diplom-Psychologen Prof. Dr. M (Direktor der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters, Universitätsklinik L) vom 24.05.2012 nebst ergänzenden Stellungnahmen vom 12.11.2012 und 08.04.2013 eingeholt. In der mündlichen Verhandlung hat der Sachverständige seine gutachterlichen Ausführungen weiter erläutert. Wegen der Einzelheiten wird auf die schriftlichen Äußerungen des Sachverständigen sowie auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
35Der Senat hat zudem den Zeugen L schriftlich sowie in der mündlichen Verhandlung zu den Rahmenbedingungen der Beschulung an der von ihm geleiteten N-Schule befragt. Insoweit wird auf dessen schriftliche Auskunft vom 24.09.2013 sowie die Sitzungsniederschrift Bezug genommen. Darüber hinaus hat der Senat eine Stellungnahme des Zeugen L vom 24.04.2009 aus dem Verfahren L 20 SO 67/08 (LSG NRW) sowie den aktuellen Internetauftritt der N-Schule zum Gegenstand des Verfahrens gemacht; auch hierauf wird Bezug genommen.
36Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten, des Schulamtes des Kreises H sowie der Streitakten (gleichen Rubrums) S 2 SO 204/10 ER (SG Detmold) bzw. L 20 SO 450/10 ER (LSG NRW) Bezug genommen. Dieser ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
37Entscheidungsgründe:
38Die zulässige Berufung der Klägerin ist begründet.
39A. Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 01.04.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.07.2010 (§ 95 SGG). Da der Beklagte darin den Antrag der Klägerin auf Übernahme von Kosten für den Besuch der T-Schule "ab dem (.) Schuljahr 2010/2011" vollständig und zukunftsoffen abgelehnt hat, ist Streitgegenstand in zeitlicher Hinsicht der gesamte Zeitraum vom Beginn des Schuljahres 2010/2011 (= August 2010) bis zum Tag der mündlichen Verhandlung vor dem Senat (vgl. BSG, Urteil vom 15.04.2008 - B 14/7b AS 52/06 R Rn. 12 m.w.N.).
40B. Das Sozialgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 SGG) statthafte (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage 2012, § 54 Rn. 20a ff., 38 ff.; BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R Rn. 9) und auch im Übrigen zulässige Klage ist begründet. Der Beklagte hat die Übernahme der Kosten für den Besuch der T-Schule ab Beginn des Schuljahrs 2010/2011 zu Unrecht abgelehnt. Die Klägerin kann vom Beklagten gemäß §§ 53 ff., 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII i.V.m. § 12 Nr. 2 Eingliederungshilfeverordnung (EinglhVO) die Übernahme dieser Kosten ab August 2010 (= Beginn des Schuljahrs 2010/2011) beanspruchen (dazu im Folgenden). Sonstige Anspruchsgrundlagen kommen nicht in Betracht (dazu weiter unten).
41I. Der Beklagte - nicht hingegen der (als örtlicher Träger der Sozialhilfe) vorsorglich Beigeladene zu 1 - ist für die Erbringung der begehrten Leistungen sachlich und örtlich zuständig.
42Insofern mag insbesondere offen bleiben, ob es sich bei der T-Schule um eine teilstationäre Einrichtung handelt, für welche der Beklagte gemäß § 97 Abs. 2 S. 1 SGB XII i.V.m. §§ 1, 2 AG-SGB XII NRW i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 1a AV-SGB XII NRW und § 98 Abs. 2 S. 2 SGB XII als überörtlicher Träger Hilfen zu erbringen hat (vgl. zur - dort allerdings im Ergebnis offen gelassenen - Frage der Qualifizierung einer Schule als teilstationäre Einrichtung BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R).
43Denn der Beklagte ist (unabhängig von einer etwaigen originären Zuständigkeit) jedenfalls gemäß § 14 Abs. 2 S. 1 i.V.m. Abs. 1 SGB IX sachlich und örtlich für die streitbefangenen Hilfen zuständig. Nach diesen Vorschriften stellt der Rehabilitationsträger, sofern Leistungen zur Teilhabe erbracht werden, innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrags fest, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist (§ 14 Abs. 1 S. 1, 1. Halbsatz SGB IX). Hält er sich für unzuständig, so leitet er den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu (§ 14 Abs. 1 S. 2 SGB IX). Wird der Antrag nicht weitergeleitet, stellt der erstangegangene Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf selbst unverzüglich fest (§ 14 Abs. 2 S. 1 SGB IX). Auf diese Weise wird eine nach außen verbindliche Zuständigkeit des erstangegangenen Rehabilitationsträgers geschaffen, welche sich auf sämtliche Rechtsgrundlagen erstreckt, die in der Bedarfssituation in Betracht kommen (vgl. u.a. BSG, Urteil vom 24.01.2013 - B 3 KR 5/12 R m.w.N.).
44§ 14 Abs. 2 S. 1 SGB IX ist vorliegend anwendbar. Denn die Träger der Sozialhilfe - und damit auch der Beklagte - sind nach §§ 6 Abs. 1 Nr. 7 und Abs. 5 Nr. 4 SGB IX Rehabilitationsträger für Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft. Zu derartigen Leistungen gehören auch solche der Eingliederungshilfe nach §§ 53, 54 SGB XII (vgl. Luthe in jurisPK-SGB IX, § 55 Rn. 4).
45Auch die (weiteren) Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 S. 1 SGB IX sind erfüllt. Der Beklagte hat den Antrag der Klägerin auf Übernahme der Kosten für den Besuch der T-Schule vom 20.11.2009 nicht gemäß § 14 Abs. 1 S. 1 SGB IX innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrags (20.11.2009) und im Übrigen auch nicht im Anschluss daran an den Beigeladenen zu 1 oder einen anderen aus seiner Sicht zuständigen Rehabilitationsträger weitergeleitet. Folglich ist er nach § 14 Abs. 2 S. 1 SGB IX nicht nur sachlich, sondern auch örtlich zuständig geworden; denn diese Vorschrift legt sowohl die sachliche als auch die örtliche Zuständigkeit fest (Luik in jurisPK-SGB IX, § 14 Rn. 45 unter Hinweis auf Welti in Luthe, Rehabilitationsrecht, 2009, S. 154) und verdrängt die Regelung des § 98 SGB XII (Luik, a.a.O. unter Hinweis auf Welti, a.a.O., LSG Schleswig-Holstein vom 09.11.2005 - L 9 B 268/05 SO ER).
46II. Die materiellen Voraussetzungen der §§ 53, 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII i.V.m. § 12 Nr. 2 EinglhVO liegen ebenfalls vor.
47Nach §§ 53 Abs. 1, 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII erhalten die in § 53 Abs. 1 S. 1 SGB XII genannten Personen Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung, insbesondere im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht und zum Besuch weiterführender Schulen einschließlich der Vorbereitung hierzu, wenn und solange nach den Besonderheiten des Einzelfalls Aussicht besteht, dass die Aufgaben der Eingliederungshilfe erfüllt werden. Dabei bleiben die Bestimmungen über die Ermöglichung der Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht unberührt (§ 54 Abs. 1 S. 1. 2. Halbsatz SGB XII). Was dabei unter dem Begriff "angemessene Schulbildung" zu verstehen ist, wird im Rahmen des SGB XII nicht definiert. Jedoch bestimmt § 12 Nr. 2 EinglH-VO, dass die Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung auch Maßnahmen der Schulbildung umfasst, wenn diese erforderlich und geeignet sind, dem behinderten Menschen eine im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht üblicherweise erreichbare Bildung zu ermöglichen.
481. Die Klägerin gehörte aufgrund ihrer schwerwiegenden dauerhaften Behinderungen zu dem von § 53 Abs. 1 S. 1 SGB XII i.V.m. § 2 Abs. 1 S. 1 SGB IX erfassten Personenkreis.
49Nach § 53 Abs. 1 S. 1 SGB XII erhalten Personen, die durch eine Behinderung im Sinne von § 2 Abs. 1 S. 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, unter den dort genannten weiteren Voraussetzungen Leistungen der Eingliederungshilfe. Die Klägerin leidet - was zwischen den Beteiligen auch unstreitig ist - unter einer solchen wesentlichen Behinderung; denn ihre körperlichen Funktionen und geistigen Fähigkeiten weichen aufgrund eines Pallister-Kilian-Syndroms mit globaler Entwicklungsverzögerung, frühkindlichen Autismus sowie Verdachts auf eine schwerste Intelligenzminderung von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand erheblich ab. Wegen dieser Behinderungen ist ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft durchgehend und insbesondere auch in dem hier streitbefangenen Zeitraum seit Beginn des Schuljahrs 2010/2011 wesentlich beeinträchtigt. Der Senat folgt insoweit in erster Linie den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. M in seinem Gutachten vom 24.05.2012. Dieser ist aufgrund eingehender Untersuchung der Klägerin und sorgfältiger Befunderhebung unter Berücksichtigung der übrigen aktenkundigen medizinischen Unterlagen zu seiner Beurteilung gelangt. Zudem decken sich die von ihm erhobenen Diagnosen im Wesentlichen mit denjenigen in den Befundberichten bzw. Arztbriefen der die Klägerin behandelnden Ärzte Dres. X und Q aus den Jahren 2010 und 2011. Im Übrigen besteht bei der Klägerin aufgrund der genannten Einschränkungen ein sonderpädagogischer Förderbedarf; ein solcher begründet ohnehin stets die Annahme einer wesentlichen Behinderung im vorgenannten Sinne (vgl. BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R).
502. Zu den - somit für die Klägerin in Betracht kommenden - Hilfen für eine angemessene Schulbildung im Sinne des § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII gehören auch die hier streitbefangenen Kosten für den Besuch der T-Schule.
51Der Qualifizierung der Übernahme von Beschulungskosten als "Hilfen" im gesetzlichen Sinne steht nicht entgegen, dass die Klägerin nicht eine die Schulbildung begleitende Maßnahme, sondern die Übernahme der (gesamten) Kosten für den Besuch der T-Schule als solche begehrt.
52a) Zwar ist der Kernbereich der pädagogischen Arbeit der Schule - und damit im Regelfall auch das Schulgeld, mit welchem der Unterricht finanziert wird - den Regelungen der Eingliederungshilfe grundsätzlich entzogen (vgl. im Einzelnen BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R). Dies folgt schon aus dem Wortlaut des § 54 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII. Spricht dieser - ebenso wie § 12 EinglhVO - gerade von "Hilfen", so erfasst er grundsätzlich nur Maßnahmen, die im Zusammenhang mit der Ermöglichung einer angemessenen Schulbildung (in Ergänzung der Beschulung als solcher) geeignet und erforderlich sind, Behinderungsfolgen zu beseitigen und zu mildern. Dementsprechend betreffen die Regelbeispiele einer solchen Hilfe in § 12 EinglhVO nur die Schulbildung begleitende Maßnahmen (vgl. zu alledem BSG, a.a.O.).
53b) Gleichwohl verbleibt auch im Kernbereich der Schulbildung ausnahmsweise Raum für Leistungen der Eingliederungshilfe, wenn nämlich der Besuch einer öffentlichen (und damit für den Sozialhilfeträger kostenfreien) Schule aus objektiven Gründen (z.B. wegen der räumlichen Entfernung vom Wohnort) oder aus schwerwiegenden subjektiven (persönlichen) Gründen nicht möglich oder nicht zumutbar ist (so BVerwG, Beschluss vom 02.09.2003 - 5 B 259/02; vgl. BSG, Urteil vom 22.03.2012 - B 8 SO 30/10 R unter Bezugnahme auf BVerwG, Urteil vom 13.08.1992 - 5 C 70/88, sowie Beschluss vom 02.09.2003 - 5 B 259/02).
54Der Klägerin war der Besuch einer öffentlichen Schule jedoch aus schwerwiegenden subjektiven Gründen schon seit August 2010 nicht möglich bzw. nicht zumutbar.
55aa) Maßstab hierfür ist vor allem die Aufgabe der Sozialhilfe, dem Empfänger der Hilfe die Führung eines Lebens zu ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht, und ihn so weit wie möglich zu befähigen, unabhängig von ihr zu leben (vgl. § 1 SGB XII; vgl. insoweit auch BVerwG, Urteil vom 13.08.1992 - 5 C 70/88). Insofern mag vorliegend offen bleiben, ab wann die Grenze der Unzumutbarkeit überschritten sein kann, wenn - wie hier - die Übernahme der Kosten für den Besuch einer nicht vom zuständigen Schulträger bereitgestellten Schule streitbefangen ist. Jedenfalls dann, wenn seitens des zuständigen Schulträgers keine Schule zur Verfügung steht, die den Hilfebedürftigen unter Berücksichtigung seiner Behinderungen im Sinne des § 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII angemessen beschulen könnte, liegen schwerwiegende subjektive Gründe vor, welche Eingliederungshilfe durch Übernahme der (gesamten) Beschulungskosten ausnahmsweise zulassen.
56bb) So aber liegt es aber hier. Denn der Besuch der N-Schule - welche vom Beklagten sowie vom Schulamt des Kreises H als allein in Betracht kommende öffentliche Schule benannt wurde, und die mit Blick auf die räumlichen Verhältnisse auch die einzige in Nordrhein-Westfalen in Betracht kommende einschlägige Förderschule ist - ist der Klägerin unter Berücksichtigung ihrer schwerwiegenden Behinderungen seit Beginn des Schuljahrs 2010/2011 und auch später nicht zumutbar (dazu weiter unten). Vielmehr konnte und kann sie lediglich an der T-Schule angemessen beschult werden. Allein diese Schule ist im Sinne des § 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII i.V.m. § 12 Nr. 2 EinglhVO geeignet und - mangels Zumutbarkeit des Besuchs der N-Schule - auch erforderlich, der Klägerin eine im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht üblicherweise erreichbare Bildung zu ermöglichen (dazu im Folgenden).
57(1) Dabei steht - anders als der Beklagte meint - der Geeignetheit der T-Schule nicht etwa der bestandskräftige Bescheid des Schulamtes vom 24.03.2009 entgegen. Dieser benennt zwar die N-Schule (lediglich) als nächstgelegene Förderschule mit dem Förderschwerpunkt "Geistige Entwicklung". Er trifft jedoch - was die Schulbehörde in ihrer späteren Stellungnahme vom 22.02.2011 auch ausdrücklich bestätigt - weder inzident eine den Beklagten bindende Entscheidung über die Eignung der N-Schule, noch weist er der Klägerin die N-Schule im Sinne von § 46 Abs. 6 SchulG NRW als Förderschule konkret zu. Dementsprechend hat das Schulamt auf Anfrage des Senats in dem Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes L 20 450/10 B ER mit weiterem Schreiben vom 30.08.2010 ergänzend mitgeteilt, diese "Benennung" orientiere sich lediglich an den Bestimmungen zur Ausführung des § 97 Abs. 4 SchulG NRW bzw. der Schülerfahrkostenverordnung (SchfkVO) und bezeichne damit die örtlich nähere von zwei abstrakt für die Klägerin in Betracht kommenden Schulen im Kreis H. Eine Prüfung der Eignung der Schule unter behinderungsspezifischen Gesichtspunkten war damit jedoch nicht verbunden. Die Schulbehörden entscheiden zwar mit bindender Wirkung gegenüber dem Sozialhilfeträger, in welchem Umfang eine bestimmte Beschulung den geistigen und körperlichen Fähigkeiten eines behinderten Menschen entspricht, hingegen in der Regel nicht darüber, an welcher konkreten Schule die Beschulung zu erfolgen hat (vgl. hierzu den Beschluss des Senats vom 06.09.2010 - 20 SO 450/10 B ER). Aus schulrechtlichem Standpunkt verblieb der Klägerin vielmehr - was das Schulamt in der Stellungnahme vom 22.02.2011 selbst ausgeführt hat - letztlich ein Wahlrecht, welche geeignete Schule sie besuchen will.
58(2) Ebenso wenig steht einer Geeignetheit der T-Schule entgegen, dass die Klägerin durch den Besuch dieser niedersächsischen Tagesbildungsstätte ihrer Schulpflicht nach nordrhein-westfälischem Schulrecht nicht nachkäme.
59(a) Zwar können in Nordrhein-Westfalen Schulpflichtige ihre Schulpflicht grundsätzlich nur an öffentlichen Schulen, Ersatzschulen oder an nach § 118 Abs. 2 SchulG NRW anerkannten Ergänzungsschulen erfüllen (vgl. § 34 Abs. 5 S. 1 SchulG NRW). Insbesondere fehlt im SchulG NRW eine § 162 S. 1 Nieders. SchulG entsprechende Regelung, wonach Kinder und Jugendliche mit geistigen Behinderungen ihre Schulpflicht auch durch den Besuch einer anerkannten Tagesbildungsstätte erfüllen. Auch hat die zuständige Schulaufsichtsbehörde der Klägerin bislang keine Ausnahmegenehmigung (etwa nach § 34 Abs. 5 S. 3 SchulG NRW) erteilt und auch kein Ruhen der Schulpflicht (§ 40 Abs. 2 SchulG NRW) angeordnet.
60(b) Die nach niedersächsischem Recht erfolgte Erfassung der T-Schule als Tagesbildungsstätte kann indes (jedenfalls im Rahmen der Eingliederungshilfevorschriften) nicht ausschlaggebend sein. Der Senat hält vielmehr für entscheidend, dass der Bildungsauftrag der T-Schule (als Tagesbildungsstätte) inhaltlich mit dem Auftrag der in § 34 Abs. 5 S. 1 SchulG NRW genannten Schulen identisch ist. Vermittelt erstere nach ihrem gesamten Konzept inhaltlich wie die letzteren Wissen und Können an die Schülerinnen und Schüler, so leistet sie in der Sache eine ebenso geeignete Beschulung. Letztlich ist dies zwischen den Beteiligten auch nicht streitig.
61(c) Unabhängig hiervon ist die Erfüllung der Schulpflicht nach nordrhein-westfälischem Schulrecht ohnehin nicht Voraussetzung für Eingliederungshilfe als Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung im Sinne des § 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII. Schon § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 2. Halbsatz SGB XII, wonach die Bestimmungen über die Ermöglichung der Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht unberührt bleiben, lässt schulrechtliche Verpflichtungen grundsätzlich neben den sozialhilferechtlichen Pflichten bestehen, ohne dass diese sich gegenseitig inhaltlich beeinflussen (so ausdrücklich BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R). Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung sind vielmehr lediglich vorrangig an einer Einrichtung zu gewähren, durch deren Besuch der behinderte Mensch der allgemeinen Schulpflicht nach jeweiligem Landesrecht genügt.
62§ 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII lässt sich i.V.m. § 12 Nr. 2 EinglhVO und unter zusätzlicher Berücksichtigung des Nachranggrundsatzes (§ 2 Abs. 1 SGB XII) insofern entnehmen, dass nicht jedwede Hilfeleistung zu einer nach den Vorstellungen des behinderten Menschen bzw. seiner Erziehungsberechtigten bestmöglichen Schulbildung als Eingliederungshilfe verlangt werden kann. Vielmehr ist die schulische Förderung von Kindern nach Art. 7 Abs. 1 GG eine grundsätzlich allein den (öffentlichen) Schulträgern zugewiesene Aufgabe (BSG, Urteil vom 22.03.2012 - B 8 SO 30/10 R). Insbesondere besteht ein Ausschluss für die Übernahme von Schulkosten aufgrund der Gesetze der Länder, (zumindest) soweit die Schulbehörde der ihr möglichen vorrangigen Leistungsverpflichtung auch nachkommt (Voelzke, in Hauck/Noftz, SGB XII, 19. Erg.-Lfg. II/10, § 54 Rn. 44a; BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R). Steht hingegen fest, dass eine im Sinne von § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII angemessene Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht nicht zu erlangen ist, so kann unter dem Gesichtspunkt der Eingliederungshilfe die Übernahme von Kosten für eine anderweitige Beschulung des behinderten Menschen in Betracht kommen (LSG NRW, Urteil vom 15.05.2013 - L 20 SO 67/08; LSG Hessen, Urteil vom 22.11.2010 - L 9 SO 9/07 und zu § 35a SGB VIII; VGH Hessen, Urteil vom 20.08.2009 - 10 A 1799/08).
63Hierfür spricht schon der Wortlaut des § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII, der keinen abschließenden Leistungskatalog möglicher Eingliederungshilfen enthält, sondern von Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung (nur) "insbesondere" im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht spricht. Zudem umfassen nach § 12 Nr. 2 EinglhVO Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung auch solche Maßnahmen der Schulbildung, die erforderlich und geeignet sind, dem behinderten Menschen eine "im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht" (lediglich) "üblicherweise erreichbare" Bildung zu ermöglichen. Insofern bildet die allgemeine Schulpflicht also nur den Vergleichsmaßstab dafür, in welchem Umfang bzw. in welchem Maße Leistungen der Eingliederungshilfe auch außerhalb der allgemeinen Schulpflicht erbracht werden können.
64Diese Lesart wird zudem durch Sinn und Zweck der Eingliederungshilfevorschriften gestützt. Diese sollen nicht vorrangig sicherstellen, dass der nach §§ 53 ff. SGB XII berechtigte Personenkreis seiner Schulpflicht gerecht wird, sondern dem behinderten Menschen nach dem Willen des Gesetzgebers die Integration in die Gesellschaft ermöglichen. § 53 Abs. 3 S. 1 SGB XII bestimmt insoweit als besondere Aufgabe der Eingliederungshilfe, eine Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und die behinderten Menschen in die Gesellschaft einzugliedern. Hierzu gehört vor allem, ihnen die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern, ihnen die Ausübung eines angemessenen Berufs oder einer sonstigen angemessenen Tätigkeit zu ermöglichen oder (auch nur), sie so weit wie möglich unabhängig von Pflege zu machen (§ 53 Abs. 3 S. 2 SGB XII). Mit Blick auf diese Ziele kann es jedenfalls dann nicht dem Willen des Gesetzgebers entsprechen, einem behinderten Menschen nach den - im Übrigen bundesrechtlichen - Eingliederungshilfevorschriften der §§ 53 ff. SGB XII eine angemessene Beschulung außerhalb der jeweiligen Landesgrenzen mit der Begründung zu versagen, dass dort die Schulpflicht nach landesrechtlichen Vorschriften nicht erfüllt werde, wenn das landesrechtliche Schul(pflicht-)system selbst eine angemessene Beschulung nicht sicherstellt (vgl. hierzu schon den Beschluss des Senats vom 15.08.2012 - L 20 SO 309/12 ER).
65(d) Auf ein etwaiges schulrechtliches Wahl- und Bestimmungsrecht des behinderten Menschen bzw. seiner Eltern kommt es in diesem Zusammenhang im Übrigen von vornherein nicht an. Ein solches Wahlrecht ist allenfalls dann von Bedeutung, wenn (wie in dem der Entscheidung des BVerwG vom 26.10.2007 - 5 C 35.06 zugrunde liegenden Sachverhalt) der Besuch zweier Schulen im Raume steht, welche beide in das System der allgemeinen Schulpflicht des betroffenen Bundeslandes integriert sind. Im vorliegenden Fall liegt jedoch allein die N-Schule in Nordrhein-Westfalen, während sich die T-Schule in Niedersachen befindet.
66cc) Ausgehend von den dargestellten Kriterien ist mit Blick auf die Formulierungen in § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII (" angemessene Schulbildung ") und § 12 Nr. 2 EinglhVO (" üblicherweise erreichbare Bildung ") in einem ersten Schritt festzustellen, welches konkrete Bildungsziel für den behinderten Menschen in Betracht kommt (so auch Voelzke a.a.O. Rn. 40a; dazu im Folgenden). Daran anschließend ist zu prüfen, ob dieses Ziel mit den Möglichkeiten, welche das öffentliche Schulsystem für den Betroffenen bereithält, in zumutbarer Weise verfolgt werden kann oder nicht (dazu weiter unten). Im Rahmen dieses zweiten Prüfungsschritts sind unter "bereithalten" die Leistungen oder Rahmenbedingungen zu verstehen, die das öffentliche Bildungssystem dem behinderten Menschen tatsächlich zur Verfügung stellt, oder die der Betroffene im Rahmen zumutbarer Bemühungen rechtzeitig realisieren kann (vgl. das Urteil des Senats vom 15.05.2013 - L 20 SO 67/08; Scheider in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 18. Auflage 2010, § 53 Rn. 71; Voelzke a.a.O. Rn. 44a mit Hinweis m.w.N.; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15.06.2000 - 16 A 3108/99 Rn. 17 a.E. und Rn. 22).
67(1) Die für die Klägerin in Betracht kommenden Bildungsziele hat der Senat umfassend ermittelt; diese Bildungsziele werden an der von ihr besuchten T-Schule im Übrigen konsequent in geeigneter Weise verfolgt.
68(a) Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme, namentlich den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. M in seinen schriftlichen Äußerungen sowie seinen weiteren Erläuterungen in der mündlichen Verhandlung, ist der Senat davon überzeugt, dass das für die Klägerin anzustrebende Bildungsziel seit Beginn des streitbefangenen Zeitraums weit unterhalb der Qualifikation eines formalen Bildungsabschlusses (wie etwa eines Hauptschulabschlusses) anzusiedeln ist. Die Klägerin wird aller Voraussicht nach basale Fähigkeiten wie Rechnen, Lesen und Schreiben nicht erlernen. Vielmehr liegen ihre Lernziele - den nachvollziehbaren Darlegungen des Sachverständigen vor allem in seiner Stellungnahme vom 08.04.2013 sowie seinen mündlichen Erläuterungen folgend - im Wesentlichen darin, kommunikative und interaktive Fähigkeiten zu erlernen bzw. zu verbessern, Alltagsfertigkeiten zu erwerben und auszubauen sowie ihre Selbstbeschäftigung zu fördern. Das betrifft konkret erstens das Erlernen und Anwenden von Symbolen und Symbolhandlungen durch Bilder und Piktogramme für verschiedene Alltagssituationen und Kommunikationsanlässe (= Bereich der Kommunikation und sozialen Interaktion), zweitens die bessere Koordination der Abläufe des Essvorgangs und Erlangung einer größeren Selbständigkeit bei den Mahlzeiten sowie die Verbesserung der Körperhygiene (= Bereich der Alltagsfähigkeiten), und schließlich drittens die Intensivierung der Erkundung der Umgebung sowie das Begreifen und Ausüben einfacher Spiele oder Beschäftigungen (= Bereich der Selbstbeschäftigung).
69(b) Die T-Schule, deren Schulkosten vorliegend im Streit stehen, ist im Sinne des § 12 Nr. 2 EinglhV geeignet, der Klägerin diese Bildungsziele erfolgversprechend zu vermitteln. Das gilt sowohl mit Blick auf die Schülerzahl, die Klassengröße und die sonstigen Rahmenbedingungen (insbesondere die Dauer der Anfahrt zur Schule) als auch auf die von der Schule vorgehaltenen pädagogischen und therapeutischen Angebote sowie das Förderkonzept. Dies steht unter Berücksichtigung der von der Leiterin der T-Schule beschriebenen dortigen Umstände der Beschulung sowie der Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. M fest und wird auch vom Beklagten nicht bestritten. Der Sachverständige ist insoweit in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 08.04.2013 zu der Einschätzung gelangt, dass die T-Schule "in höchstem Maße" geeignet ist, die von ihm beschriebenen Lernziele zu fördern. Zweifel an dieser Beurteilung hat der Senat nicht. Sie erscheint insbesondere vor dem Hintergrund der vom Sachverständigen behinderungsbedingt für notwendig erachteten Rahmenbedingungen für die Beschulung der Klägerin sowie der diesbezüglichen Angaben der Schulleiterin der T-Schule in ihrer Stellungnahme vom 11.11.2013 sowie in der mündlichen Verhandlung schlüssig.
70(aa) Zwar kommt es nach den Feststellungen des Sachverständigen für die Beurteilung der Geeignetheit auf die Größe der T -Schule (nach den Angaben der Schulleiterin im Schuljahr 2013/2014 86 Schüler) und Klassen (5 bis 9 Schüler), die Dauer eines Schultags (von 8:00 Uhr bis 14:15 Uhr) sowie die Dauer der Fahrt zur Schule (ca. 17 Minuten) nicht entscheidend an. Im Hinblick auf den erheblichen Förderbedarf und die schnelle Überforderung der (u.a.) geistig schwerstbehinderten Klägerin bei Unruhe im Umfeld ist ihre adäquate Beschulung jedoch - den nachvollziehbaren Feststellungen des Sachverständigen folgend - nur dann möglich, wenn sie bei Bedarf kurzfristig aus der Klasse herausgenommen und ihr im Rahmen einer Einzelbetreuung (außerhalb oder innerhalb des Klassenraums) Möglichkeiten zum Stressabbau und Rückzug geboten werden können. Dass die T-Schule diesen Anforderungen gerecht wird, steht unter Zugrundelegung der Angaben der Schulleiterin vom 11.11.2013 fest. Danach wird jede Klasse konstant durch zwei Lehrkräfte sowie im Bedarfsfall durch zusätzliche Hilfskräfte betreut, die eine vorübergehende Einzelbetreuung der Klägerin jederzeit sicherstellen können.
71(bb) Darüber hinaus trägt das Konzept der T-Schule auch den Auswirkungen der bei der Klägerin bestehenden autistischen Störung und den insoweit von dem Sachverständigen nachvollziehbar für notwendig erachteten Beschulungsbedingungen hinreichend Rechnung.
72Der Sachverständige hat insofern (insbesondere in seiner ergänzenden Stellungnahme aus 12.11.2012) deutlich gemacht, dass die Klägerin einer konsequenten autismusspezifischen Förderung im Bereich der Schule bedarf, die nicht auf gelegentlich angebotene Einzelförderung im schulischen Kontext beschränkt sein, sondern sich zudem in der Gesamtkonzeption des Unterrichts und des schulischen Alltags widerspiegeln soll. Dabei sollten sämtliche Lehrer über grundlegende Kenntnisse und lerntheoretische Techniken (Verstärkung, Prompting, Fading), insbesondere der angewandten Verhaltensanalyse, im Umgang mit Kindern verfügen, welche unter einer Störung aus dem Autismusspektrum leiden. Das gilt nach den Ausführungen des Sachverständigen sowohl im Hinblick auf die soziale Interaktion und Kommunikation als auch auf die häufig begrenzten, repetitiven und stereotypen Verhaltensmuster solcher Kinder.
73Der Senat hat keine Zweifel an der Richtigkeit dieser Einschätzung des Sachverständigen. Sie erscheint vor allem mit Blick auf die von ihm in seinem Gutachten vom 24.05.2012 erhobenen Befunde, nach denen die Klägerin bereits im Schuljahr 2010/2011 unter einem frühkindlichen Autismus litt, schlüssig. Bestätigt werden diese Ausführungen im Übrigen durch den Zwischenbericht des EVK C vom 19.04.2010, in welchem Dres. C und Q (offenbar erstmals) eine tiefgreifende Entwicklungsstörung mit autistischen Zügen beschrieben haben. Zudem hat auch der Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin bzw. Neuropädiatrie Dr. L1, der die Klägerin während einer stationären neuropädiatrischen Rehabilitation und damit über einen längeren Zeitraum beobachten konnte, in seinem Behandlungsbericht vom 09.07.2010 wesentliche Symptome eines frühkindlichen Autismus (u.a. kaum vorhandene Kontaktaufnahme, kaum Entwicklung von aktiver Sprache, zwanghafte Verhaltensweisen, stereotype Verhaltensmuster, Abhängigkeit von vorgegebenen Mustern und Ritualen sowie Selbststimulation durch Zufügen von Schmerzen) festgestellt.
74(cc) Dass die Klägerin mit Blick auf ihren frühkindlichen Autismus besonderer Förderung bedarf, welche über eine Einzelförderung im Rahmen zeitlich begrenzter Therapieeinheiten hinausgeht und sich in der Gesamtkonzeption des Unterrichts und des schulischen Alltags widerspiegeln soll, hat der Sachverständige nachvollziehbar dargelegt. Danach erfordern die soziale Interaktion und Kommunikation sowie die häufig begrenzten, repetitiven und stereotypen Verhaltensmuster von Kindern, die unter einer autistischen Störung leiden, u.a. besondere lerntheoretische Techniken sowie das Zerlegen komplexer Handlungsfolgen in möglichst kleine Teilschritte, welche jeweils möglichst genau und konsistent sowie operant verstärkt werden müssen. Zudem bedarf es klarer Strukturen und Abläufe sowie der Visualisierung durch vor allem Bilder, Postkarten oder Handzeichen, welche oft erfolgreicher sind als eine komplexe Sprache, subtile Mimik und Gestik.
75Diesen Anforderungen trägt die T-Schule in geeigneter Weise - wenn nicht sogar in besonderem Maße - Rechnung. Nach den Angaben der Schulleiterin in ihrer Stellungnahme vom 11.11.2013 fördert der dortige Fachdienst für Autismus-Spektrum-Störungen die Schüler/innen, welche aufgrund eines frühkindlichen Autismus einen spezifischen Unterstützungsbedarf haben, nicht nur in Form von Einzeltherapien während der Schulzeit. Vielmehr ist der gesamte Schulalltag durch klare Strukturen, individuell angepasste Orientierungshilfen (z.B. sog. TEACCH-Uhren) und unterstützte Kommunikation geprägt. Sämtliche Lehrkräfte, pädagogische Mitarbeiter und Therapeuten, welche an der T-Schule unterrichten bzw. Therapien durchführen, sind zum einen im Hinblick auf die Auswirkungen einer Störung aus dem Autismusspektrum auf die Entwicklung der betroffenen Schüler/innen unter besonderer Berücksichtigung von Interaktion, Kommunikation und Verarbeitung der Wahrnehmung geschult. Zum anderen verfügen sie über Kenntnisse zur unterstützten Kommunikation durch "TEACCH" (= Treatment and Education of Autistic and related Communication handicapped Children, dt.: Behandlung und pädagogische Förderung autistischer und in ähnlicher Weise kommunikationsbehinderter Kinder), autismusspezifischer Verhaltenstherapie und leichter Sprache. Dabei findet neben externen Fortbildungsangeboten eine kontinuierliche Beratung und Supervision der (Lehr-)Kräfte durch den Fachdienst statt, wobei u.a. in Abständen von zwei Monaten für alle Lehrkräfte, deren Klasse von einem Schüler mit einer Störung aus dem Autismusspektrum besucht wird, weitergehende vertiefende Schulungen erfolgen.
76(dd) Die Beurteilung des Sachverständigen, der zufolge die T-Schule nach ihrem Schulkonzept geeignet ist, die Klägerin unter Berücksichtigung ihres frühkindlichen Autismus angemessen zu beschulen, wird zudem bestätigt durch die vorliegenden Befund- bzw. Arztberichte der die Klägerin behandelnden Ärzte. Diese sind übereinstimmend zu der Einschätzung gelangt, dass die Klägerin auch unter Berücksichtigung ihrer autistischen Störung in der T-Schule beschult werden kann.
77(2) Der Besuch der T Schule ist seit Schulbeginn (August 2010) nicht nur geeignet, sondern auch im Sinne des § 12 Nr. 2 EinglhVO erforderlich, um die Klägerin angemessen zu beschulen; denn die vom Sachverständigen Prof. Dr. M beschriebenen Lernziele können seither mit den Möglichkeiten, welche das öffentliche Schulsystem in Nordrhein-Westfalen für die Klägerin bereit hält, nicht in zumutbarer Weise verfolgt werden.
78Zunächst, d.h. zumindest im Schuljahr 2010/2011, war das Förderkonzept der (von der Beklagten einzig als geeignet benannten) N-Schule nicht ausreichend, um den Behinderungen der Klägerin gerecht zu werden (dazu im Folgenden). Anschließend war der Klägerin jedenfalls ein Schulwechsel behinderungsbedingt nicht mehr zumutbar (dazu weiter unten).
79(a) Im Anschluss an die Beweisaufnahme ist der Senat davon überzeugt, dass die N-Schule jedenfalls im Schuljahr 2010/2011 zur Erreichung der beschriebenen Förderziele (noch) nicht geeignet war. Zwar mögen unter Zugrundelegung der schriftlichen und mündlichen Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. M insbesondere die dortigen Schülerzahlen (nach den Bekundungen des Zeugen L im Verhandlungstermin seit dem Jahr 2010 zwischen ca. 180 und 169), die Klassenstärken (im Eingangsbereich sieben oder acht, später ca. zehn Schüler/innen), die tägliche Schulzeit (montags bis donnerstags 8.30 Uhr bis 15.00 Uhr, freitags bis 12.30 Uhr) und die Dauer des Schulwegs mit dem Schülerspezialtransport (maximal eine Stunde) einer dortigen Beschulung der Klägerin seit Schulbeginn nicht entgegenstehen. Auch bietet die N-Schule aufgrund ihres Betreuungsschlüssels in gleicher Weise wie die T-Schule die Möglichkeit, die Klägerin - wie vom Sachverständigen für notwendig erachtet - bei Bedarf kurzfristig aus der Klasse herauszunehmen und ihr im Rahmen einer Einzelbetreuung (außerhalb oder innerhalb des Klassenraums) Stressabbau und einen vorübergehenden Rückzug zu bieten. Der Senat legt insoweit ebenfalls die Angaben des Zeugen L in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 24.09.2013 sowie bei seiner Vernehmung in der mündlichen Verhandlung zugrunde. Danach erfolgt ca. 85 % des Unterrichts in Anwesenheit von zwei Lehrkräften; zusätzlich werden je nach Bedarf weitere Hilfskräfte (in der Regel mindestens eine) eingesetzt, insbesondere Mitarbeiter/innen im freiwilligen sozialen Jahr und Integrationshelfer/innen, die bei entsprechender Veranlassung jederzeit Schüler/innen auch außerhalb des Klassenraums betreuen können.
80Indes wurde das Förderkonzept der N-Schule zumindest im Schuljahr 2010/2011 der (im Zusammenhang mit den weiteren individuellen Einschränkungen infolge des Pallister-Kilian-Syndroms zu berücksichtigenden) autistischen Störung der Klägerin (noch) nicht gerecht. Das gilt sowohl im Hinblick auf die Unterrichtsgestaltung als auch auf die insofern notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten der Lehrkräfte. Zwar hat der Zeuge L in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 24.09.2013 ausgeführt, dass an der N-Schule nicht nur eine autismusspezifische Einzelförderung (in der Regel zwei Therapiestunden pro Woche) stattfinde, sondern auch eine entsprechende Förderung nach dem TEACCH-Konzept während des Unterrichts und im schulischen Alltag. Bei seiner Vernehmung in der mündlichen Verhandlung hat er jedoch klarstellend bekundet, das TEACCH-Konzept sei an der N-Schule erst im Laufe des Jahres 2011 und im Anschluss an eine (lediglich) eintägige Schulung der Lehrkräfte eingeführt worden; zuvor sei hingegen - wie von ihm in einer E-Mail an den Beklagten vom 02.11.2010 beschrieben - kein einheitliches innerschulisches Konzept für Schüler mit einer Störung aus dem Autismusspektrum angewandt worden. Im Übrigen entzog es sich der Kenntnis des Zeugen, in welchem Umfang die Lehrkräfte das erlernte TEACCH-Konzept (z.B. im Hinblick auf die notwendige Reduzierung verbaler Informationen) selbst gegenwärtig im Unterricht tatsächlich umsetzen. Dies zugrundelegend, fehlte es selbst nach dem Schuljahr 2010/2011 noch an konsequenter Beratung und Supervision der Lehrkräfte.
81(b) Es bedarf keiner abschließenden Klärung, ob die autismusspezifische Förderung jedenfalls in Folgeschuljahren an der N-Schule der spezifischen Behinderung der Klägerin hätte genügen können. Denn im Anschluss an ihre zu Recht an der T-Schule erfolgte Einschulung war ihr jedenfalls ein Wechsel zur N-Schule spätestens nach Absolvierung des ersten Schuljahrs (2010/2011) - wenn nicht schon (was der Senat offen lassen kann) nach Beendigung des Kindergartens B (Mitte des Jahres 2010) - aufgrund der Besonderheiten ihrer Behinderung, insbesondere mit Blick auf ihre autistische Störung, nicht mehr zumutbar.
82(aa) Der Senat legt seiner Beurteilung auch insoweit in erster Linie die Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. M zugrunde. Bereits in seinem Gutachten vom 24.05.2012 (daneben in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 08.04.2013) ist er zu der Einschätzung gelangt ist, ein Schulwechsel würde bei der Klägerin mit großer Wahrscheinlichkeit zu einer zeitweisen Verlangsamung der angestoßenen Lernprozesse führen; von einem solchen Wechsel hat er daher "klar abgeraten". Ergänzend hat er in seiner Stellungnahme vom 08.04.2013 einen Schulwechsel wegen der massiven Einschränkungen der Klägerin, ihrer autistischen Störung sowie ihrer aktuell sehr positiven Entwicklung aus kinder- und jugendpsychiatrischer Sicht für nicht vertretbar gehalten. In der mündlichen Verhandlung hat er schließlich auf ausdrückliches Befragen erklärt, schon zur Zeit der Einschulung (im Jahr 2010) den Besuch der - dem zuvor besuchten Kindergarten B angegliederten - T-Schule für klar empfehlenswert gehalten zu haben (ob bereits allein dies einer Einschulung der Klägerin an der N-Schule entgegengestanden hätte, kann der Senat indes offen lassen).
83Auch diese Beurteilung des Sachverständigen zur Unzumutbarkeit eines Schulwechsels hält der Senat für überzeugend. Zwar konnte der Sachverständige auch in der mündlichen Verhandlung nicht konkreter angeben, mit welchen Rückschritten im Einzelnen ein solcher Wechsel bei der Klägerin verbunden wäre. Gleiches gilt für das zu erwartende Ausmaß der Rückschritte, namentlich die Zeit, welche die Klägerin benötigen würde, um sie wieder aufzufangen. Der Senat hält dies mit Blick darauf, dass das Pallister-Kilian-Syndrom - den Ausführungen des Sachverständigen folgend - eine äußerst seltene Erkrankung ist, die eine derartige Prognose nur schwer zulässt, indes für nachvollziehbar. Dass eine Umschulung bei der Klägerin jedenfalls mit erheblichen Rückschritten verbunden ist, welche - so die Ausführungen im Gutachten vom 24.05.2012 - mit Rücksicht auf die massiven Beeinträchtigungen der Klägerin und die enorme Bedeutung auch kleiner Entwicklungsschritte nicht vertretbar erscheint, hat der Sachverständige jedoch mit "großer Sicherheit" bejaht. Bedenken an der Richtigkeit dieser Einschätzung hat der Senat nicht. Der Sachverständige hat insofern unter Berücksichtigung der aktenkundigen medizinischen und psychologischen Berichte sowie der Schilderungen der Eltern der Klägerin schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, dass jeder räumliche Wechsel für ein Kind mit dem Beschwerdebild der Klägerin eine große Verunsicherung bedeutet, und dass er mit Eingewöhnungsschwierigkeiten sowie Rückschritten einhergeht, weil zunächst viel Anstrengung auf die Anpassung an die neue Situation verwendet werden muss.
84(bb) Bestätigt wird diese Einschätzung durch die Diplom-Psychologin M und die Erzieherin N (I Klinik I). Diese haben in ihrem neuropsychologischen Abschlussbericht vom 16.07.2010 u.a. wegen der autistischen Störung der Klägerin von einer Änderung des gewohnten Umfelds bzw. von einer Beschulung in der N-Schule dringend abgeraten. Auch der Arzt für Kinder- und Jugendmedizin Dr. X hat in seinem Befundbericht vom 13.09.2011 im Zusammenhang mit einem Wechsel von Schule und Therapeuten auf eine (mögliche) Gefährdung der bisher gemachten Fortschritte hingewiesen.
85(cc) Der Einschätzung des Sachverständigen steht auch nicht entgegen, dass der Schulbericht des Kindergartens B aus Oktober 2008 von einer gelassenen Reaktion der Klägerin auf kurzzeitige Veränderungen spricht. Denn diese temporären Erlebnisse (z.B. durch Besuch des Zoos bzw. Besuche außenstehender Personen in der Gruppe) erfolgten - den glaubhaften Angaben der Schulleiterin T1 in der mündlichen Verhandlung folgend - innerhalb einer damals sehr konstanten personellen Grundsituation der Kindergartengruppe und ihrer Betreuer/innen. Ein Wechsel der Schule wäre für die Klägerin jedoch nicht nur mit kurzzeitigen räumlichen Veränderungen, sondern - neben einem geänderten Schulwegetransport, Tagesablauf und Schulprogramm sowie Verlust der gesamten bisherigen Mitschüler/innen - insbesondere auch mit einem Austausch sämtlicher Lehr- und Betreuungskräfte und damit der maßgebenden Bezugspersonen verbunden, welche die Klägerin während des gesamten Schulalltags begleiten und fördern. Derartig einschneidende und vielschichtige Veränderungen sind im Übrigen - entgegen der Auffassung des Beklagten - von vornherein nicht vergleichbar mit Umständen wie einem stationären Krankenhausaufenthalt oder einem Wechsel bzw. Ausfall einzelner Lehrkräfte oder Betreuungspersonen, die naturgemäß in jedem Schulalltag vorkommen können.
86(c) War - zusammenfassend - der Klägerin aber ein Schulwechsel spätestens nach Absolvierung des ersten Schuljahres (Schuljahr 2010/2011) behinderungsbedingt nicht mehr zumutbar, so war ihr - selbst wenn die N-Schule wegen zwischenzeitlich erweiterter autismusspezifischer Lehrinhalte geeignet gewesen sein sollte, die Klägerin angemessen zu beschulen - ein Wechsel auf diese Schule aus schwerwiegenden subjektiven Gründen (s.o.) unmöglich bzw. unzumutbar. Der (weitere) Besuch der T-Schule war aus diesem Grund auch über das Schuljahr 2010/2011 hinaus erforderlich im Sinne des § 12 Nr. 2 EinglhVO.
87dd) Der Umstand, dass die Klägerin ihre Schulbildung an der T-Schule entgegen der angefochtenen Entscheidung des Beklagten aufgenommen und auf diese Weise vollendete Tatsachen geschaffen hat, steht der Übernahme der Kosten für den Besuch der T-Schule von vornherein nicht entgegen. Das gilt zumindest für das Schuljahr 2010/2011 schon deshalb, weil die N-Schule (deren Besuch der Beklagte in den angefochtenen Bescheiden für angemessen erachtet hat) seinerzeit keine geeignete, auf die Besonderheiten der zusammenwirkenden Behinderungen der Klägerin abgestellte Förderung zur Verfügung hätte stellen können (s.o.). Für die Folgezeit aber war schon wegen Unzumutbarkeit eines Schulwechsels der weitere Besuch der T-Schule für die weitere Eingliederung der Klägerin unverzichtbar.
88Der Senat weicht insofern nicht von seinem früheren Urteil vom 15.05.2013 - L 20 SO 67/08 ab. Zwar ist dort ausgeführt, dass die dortige Klägerin keine Vorteile daraus ziehen darf, dass sie entgegen der von ihr angefochtenen Entscheidung des Beklagten ihre Schulausbildung zunächst an der T-Schule begonnen hat und nunmehr mangels Anspruchs auf Übernahme der Beschulungskosten auf die N-Schule wechseln muss. In jenem Fall ließ sich jedoch - anders als jetzt - nicht feststellen, dass die (insoweit beweispflichtige) dortige Klägerin an der N-Schule nicht hätte angemessen beschult werden können, und dass deshalb eine Umschulung unzumutbar wäre. Unterscheiden sich jener und der vorliegende Sachverhalt deshalb wesentlich, so kann im jetzigen Fall (bei dem kein Ermittlungsausfall vorliegt) offen bleiben, ob und inwiefern "Verschuldensgesichtspunkte" (die im Recht der Sozialhilfe einen zu deckenden Bedarf ohnehin grundsätzlich nicht entfallen lassen, sondern allenfalls unter engen Voraussetzungen eine Leistungseinschränkung bzw. einen Erstattungsanspruch nach sich ziehen können; vgl. § 26 bzw. § 103 SGB XII) hinsichtlich der getroffenen Schulwahl berücksichtigungsfähig sind.
893. Dem Anspruch der Klägerin auf Übernahme ihrer Beschulungskosten an der T-Schule als Eingliederungshilfe stehen sonstige Hindernisse nicht entgegen. Insbesondere verfügte die Klägerin durchgehend seit Schuljahresbeginn 2010/2011 weder über anzurechnendes Einkommen noch Vermögen (wobei letzteres bei den hier in Rede stehenden Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung ohnehin nicht anspruchsmindernd oder -ausschließend zu berücksichtigen wäre - vgl. § 92 Abs. 2 S. 2 i.V.m. S. 1 Nr. 2 i.V.m. SGB XII - und ersteres auf die Aufbringung der Mittel für die Kosten des Lebensunterhalts beschränkt wäre - vgl. § 92 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SGB XII -).
90C. Sonstige Anspruchsgrundlagen für eine Übernahme von Kosten im Zusammenhang mit der Beschulung der Klägerin existieren nicht.
91I. Leistungen der Eingliederungshilfe des Jugendhilfeträgers nach § 35a SGB VIII scheiden aus. Zwar mag der frühkindliche Autismus der Klägerin eine seelische Behinderung im Sinne des § 35a Abs. 1 und 3 SGB VIII sein; eine solche kann grundsätzlich zu einer Leistungszuständigkeit des Jugendhilfeträgers führen. Leidet die Klägerin jedoch zumindest auch unter einer wesentlichen geistigen Behinderung, ist nach der Abgrenzungsregelung des § 10 Abs. 4 S. 2 SGB VIII der beklagte Sozialhilfeträger vorrangig zuständig (vgl. zu dieser Abgrenzung ausführlich etwa Urteil des Senats vom 18.01.2013 - L 20 SO 170/11 Rn. 59 ff. m.w.N.). Aus diesem Grund bedurfte es von vornherein keiner Beiladung des Jugendhilfeträgers.
92II. Schließlich wurde in der mündlichen Verhandlung für die Klägerin ausdrücklich klargestellt, dass Leistungen nach dem Dritten bzw. Vierten Kapitel des SGB XII (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 Rn. 18) nicht geltend gemacht werden.
93D. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 S. 1 SGG und folgt der Entscheidung in der Sache.
94E. Der Senat lässt die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zu (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 26.06.2012 wird zurückgewiesen. Der Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers auch für das Berufungsverfahren. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt. Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Der Kläger begehrt die Übernahme der Kosten für den Besuch einer Tagesbildungseinrichtung in Niedersachsen seit Beginn des Schuljahrs 2008/2009.
3Der am 00.00.2001 geborene Kläger, der über kein Einkommen verfügt, leidet im Wesentlichen an einer leichten Intelligenzminderung (IQ von 62) sowie einer generalisierten Angststörung.
4Von August 2005 bis 2008 besuchte er den heilpädagogischen Kindergarten am T in Bad M (Niedersachsen). Dieser ist von seinem Wohnort ca. 14,5 km entfernt; Träger ist der Beigeladene zu 2. Die Kosten für die heilpädagogischen Leistungen und die Fahrten zwischen Wohnung und Einrichtung übernahm der Beklagte unter Heranziehung der Eltern zu einem monatlichen Kostenanteil zunächst bis zum voraussichtlichen Beginn der Schulpflicht (Bescheide vom 17.12.2004 und 16.08.2005) sowie - nach Zurückstellung des Klägers vom Schulbesuch für das Schuljahr 2007/2008 - bis Juli 2008 (Bescheid vom 22.08.2007).
5Im Hinblick auf die bevorstehende Einschulung des Klägers stellte der Beigeladene zu 1 mit (bestandskräftig gewordenen) Bescheiden vom 12.06.2007 und 11.06.2008 den sonderpädagogischen Förderbedarf des Klägers im Förderschwerpunkt "Geistige Entwicklung" fest und wies den Kläger mit Wirkung vom 01.08.2007 einer entsprechenden Förderschule zu. Dabei ging der Beigeladene zu 1 im Bescheid vom 11.06.2008 davon aus, dass der Kläger demnächst die N-Schule in H als nächstgelegene entsprechende (nordrhein-westfälische) Förderschule besuchen werde. Anderenfalls sollten die Eltern den Beigeladenen zu 1 und die N-Schule informieren. Grundlage der Bescheide war u.a. ein pädagogisches Gutachten der Sonderschullehrerinnen C und I vom 30.05.2007, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird.
6Die N-Schule ist etwa 27 km von der Wohnung des Klägers entfernt; mittels Sammelbeförderung (Schülerspezialverkehr) würde ein Transport des Klägers zu dieser Schule pro Weg maximal 60 Minuten dauern. Der Unterricht an der N-Schule beginnt montags bis freitags gleitend zwischen 8.15 Uhr und 8.30 Uhr. Er endet montags bis donnerstags um 15.00 Uhr, freitags um 12.30 Uhr. Wegen der weiteren Rahmenbedingungen der dortigen Beschulung, u.a. der Größe der Schule und Klassen, der Organisation, des Förderkonzepts sowie des Betreuungsschlüssels wird auf die Bekundungen des dortigen Schulleiters, des Zeugen L, in dem zwischen den Beteiligten anhängig gewesenen Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes (Sozialgericht Detmold - S 16 SO 10/09 ER) sowie in der öffentlichen Sitzung vom 11.06.2014 des bei dem Senat anhängig gewesenen Streitverfahrens L 20 SO SO 418/11 Bezug genommen; die damalige Sitzungsniederschrift hat der Senat zum Gegenstand des vorliegenden Verfahrens gemacht.
7Mit Beginn des Schuljahrs 2008/2009 meldeten die Eltern den Kläger nicht auf der N-Schule, sondern auf der T-Schule in Bad M an. An dieser Schule wird der Kläger seither gefördert.
8Die T-Schule ist eine vom Land Niedersachsen anerkannte Tagesbildungsstätte. Sie liegt auf dem gleichen Gelände wie der Kindergarten Am T; Träger der Schule ist ebenfalls der Beigeladene zu 2. Die Fahrtzeit von der Wohnung des Klägers zur ca. 14,5 km entfernten Schule beträgt ausweislich eines verbreitet genutzten Routenplaners (www.falk.de/routenplaner) 17 Minuten; die Transportzeit mittels Sammelbeförderung (Schülerspezialverkehr) beträgt nach den Angaben der Eltern des Klägers etwa 20 bis 25 Minuten. Der Unterricht findet montags bis freitags von 7.45 Uhr bis 14.15 Uhr statt. Bezüglich der Rahmenbedingungen der Beschulung an der T-Schule wird auf die Bekundungen der Schulleiterin T1 in der öffentlichen Sitzung des Senats vom 11.08.2015 sowie im Eilverfahren (Sozialgericht Detmold - S 16 SO 10/09 ER) vom 20.08.2009 verwiesen. Die Kosten für den Besuch der T-Schule (zunächst monatlich ca. 2.100,00 EUR, seit Januar 2013 ca. 2.200 EUR und seit Januar 2014 ca. 2.500 EUR) trägt der Beklagte seit Januar 2009 vorläufig aufgrund einer entsprechenden einstweiligen Anordnung (Beschluss des Sozialgerichts Detmold vom 10.02.2009 - S 16 SO 10/09 ER; die dagegen eingelegte Beschwerde des Beklagten blieb erfolglos; LSG NRW, Beschluss vom 31.03.2010 - L 12 B 19/09 SO ER).
9Am 17.06.2008 beantragten die Eltern des Klägers beim Beklagten die Übernahme der Beschulungskosten des Klägers an der T-Schule ab Beginn des Schuljahres 2008/2009 als Leistung der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII. Dabei verwiesen sie im Wesentlichen auf die im Vergleich zur N-Schule kleineren Klassen und geringeren Schülerzahlen sowie die wesentlich geringere Entfernung von der Wohnung der Familie. Zudem sei es für den Kläger, der bereits im Kindergarten einer längeren Eingewöhnungsphase bedurfte habe, wesentlich einfacher, in der ihm schon vertrauten Umgebung des Kindergartens zu bleiben.
10Mit Bescheid vom 17.07.2008 in der Gestalt des (nach Beteiligung sozial erfahrener Personen i.S.d. § 116 Abs. 2 SGB XII ergangenen) Widerspruchsbescheides vom 05.11.2008 lehnte der Beklagte den Antrag ab. Der Kläger könne an der N-Schule in H und damit in Nordrhein-Westfalen angemessen und unentgeltlich gefördert werden. Die N-Schule sei zur Förderung des Klägers geeignet. Der Beigeladene zu 1 habe dem Kläger diese Schule durch Bescheide vom 11.06.2007 und 11.06.2008 für den Beklagten bindend zugewiesen. Mit der Zuweisungsentscheidung sei inzident auch eine Entscheidung über die Zumutbarkeit der täglichen Schülersammelbeförderung getroffen worden. Zwar sei auch die T-Schule geeignet, den Kläger angemessen zu beschulen. Die dortige Förderung sei jedoch mit unverhältnismäßig hohen Kosten verbunden. Eine Beschulung an der T-Schule sei daher nach dem Subsidiaritätsprinzip (§ 2 Abs. 1 SGB XII) nicht notwendig und wegen der damit verbundenen Mehrkosten auch nicht durch das Wunsch- und Wahlrecht (§ 9 SGB XII) gerechtfertigt. Dies gelte auch, wenn durch kleinere Klassen an der T-Schule sowie die dem Kläger dort bereits vertraute Umgebung und somit kürzere Eingewöhnungszeit eine optimierte Förderung stattfinden könne.
11Mit seiner am 25.11.2008 bei dem Sozialgericht Detmold erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Er ist bei seiner Auffassung verblieben, dass ihm wegen seiner Behinderungen ein Besuch der N-Schule nicht möglich sei. Die Schule sei wesentlich größer als die T-Schule und die Klassen mit teilweise mehr als zehn Schülern erheblich stärker. An der T-Schule sei die Betreuung vor allem wegen der Bildung von Kleingruppen in bestimmten Fächern (wie Mathematik, Deutsch und Sachkunde) intensiver. Insbesondere im Fach Deutsch benötige der Kläger eine kleine Klasse, weil er stark sprachverzögert sei. Bei einer Besprechung an der N-Schule habe den Eltern nicht zugesichert werden können, dass logopädische Maßnahmen während der Schulzeit erfolgen könnten; denn es sei nicht klar gewesen, ob ausreichend Therapeuten vorhanden seien. Auch weitere Fördermaßnahmen, wie therapeutisches Reiten oder Schwimmen, würden dort nicht immer ausreichend angeboten. Zudem wäre der Schultag für ihn an der N-Schule zu lang. Hinzu käme eine Fahrtzeit mit dem Schülerspezialtransport von mehr als 60 Minuten; dies belaste ihn wegen seiner Aufmerksamkeitsstörung und behinderungsbedingten Bewegungsunruhe erheblich. Abgesehen davon sei er anschließend nicht aufnahmefähig. Nach Schulschluss stattfindende Therapien seien deutlich weniger erfolgversprechend. Da der Kläger vor Schulbeginn den heilpädagogischen Kindergarten in Bad M besucht habe, sei die Einschulung an der im selben Gebäude befindlichen T-Schule wesentlich einfacher und dadurch entwicklungsfördernder gewesen. Da er auf Veränderungen äußerst sensibel und durch körperliche Begleiterscheinungen reagiere, sei ihm auch ein Schulwechsel nicht zumutbar. So habe er wegen einer für April 2012 geplanten Klassenfahrt bereits seit Ende des Jahres 2011 unter einer deutlichen Unruhe gelitten und vermehrt eingenässt; sein ohnehin eingeschränktes Konzentrationsvermögen sei noch weiter reduziert gewesen. Zur Stützung seines Vorbringens hat der Kläger auf ein von seinen Eltern in Auftrag gegebenes Gutachten des Facharztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie sowie -psychotherapie D vom 08.10.2008 sowie dessen ergänzende Ausführungen im Eilverfahren, eine Stellungnahme der Heilpädagogin L1 aus Juni 2008, ein im Eilverfahren von Amts wegen in Auftrag gegebenes Gutachten des Facharztes für Kinder- und Jugendpsychosomatik, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. H vom 21.02.2010 sowie die dortige Vernehmung des Kinderarztes des Klägers, Dr. X, verwiesen. Ferner hat der Kläger eine Stellungnahme des Sprachtherapeuten H A vom 12.09.2009 sowie des Allgemeinmediziners Dr. T vom 22.05.2012 vorgelegt. Auf den Inhalt dieser Unterlagen wird Bezug genommen. Die Bescheide des Beigeladenen zu 1 - so der Kläger weiter - stünden einer Beschulung an der T-Schule nicht entgegen; denn eine konkrete Zuweisung zur N-Schule sei darin nicht erfolgt. Ebenso wenig sei bedeutsam, dass es sich bei der T-Schule um eine niedersächsische Tagesbildungsstätte handele. Der Kläger könne auch dort seine Schulpflicht erfüllen.
12Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
13den Bescheid vom 17.07.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.11.2008 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, die Kosten für die Beschulung in der T-Schule in Bad M ab der Einschulung zu übernehmen.
14Der Beklagte hat beantragt,
15die Klage abzuweisen.
16Er hat an seinen Bescheiden festgehalten und unter Vorlage einer Stellungnahme eines Referatsleiters des Innenministeriums Nordrhein-Westfalen vom 31.03.2011 ergänzend die Auffassung vertreten, die Übernahme der Beschulungskosten an der T-Schule scheide schon deshalb aus, weil der Kläger dort seine Schulpflicht nicht erfüllen könne; denn die T-Schule sei keine Schule, sondern eine Tagesbildungsstätte, deren Besuch gemäß § 162 des Niedersächsischen Schulgesetzes (Nieders. SchulG) zwar in Niedersachen, nicht hingegen in anderen Bundesländern der Schulpflicht genüge. In Nordrhein-Westfalen könnten Schulpflichtige ihre Schulpflicht lediglich an öffentlichen Schulen, Ersatzschulen oder an nach § 118 Abs. 2 SchulG anerkannten Ergänzungsschulen erfüllen. Ohnehin entfalte die Entscheidung des Beigeladenen zu 1, welche als Schulform eine Förderschule benenne, nicht nur für den Beklagten Tatbestandswirkung, sondern binde auch die Gerichte. Bei der T-Schule handele es sich aber nicht um eine Förderschule im Sinne dieser Zuweisungsentscheidung. Abgesehen davon stehe die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) der Übernahme der Beschulungskosten an der T-Schule entgegen; denn Art. 24 Abs. 2 lit. a UN-BRK verpflichte die Vertragsstaaten lediglich dazu, Menschen mit Behinderungen nicht behinderungsbedingt von einem unentgeltlichen Schulbesuch auszuschließen. Der Besuch der T-Schule sei jedoch nicht unentgeltlich. Im Übrigen könne der Kläger in Ansehung seiner Behinderungen (auch) an der N-Schule angemessen beschult werden. Insbesondere die Fahrtzeit zur Schule mit dem Schülerspezialverkehr sei dem Kläger zumutbar; anderenfalls sei der Schulträger verpflichtet, die Kosten für eine Beförderung mit Privatfahrzeugen zu tragen. Ein Schulwechsel könne dem Kläger abverlangt werden. Dauerhafte Nachteile seien hiermit jedenfalls nicht verbunden. Die Einschätzung des Privatgutachters D, der Kläger benötige überdurchschnittlich lange, um sich gegenüber neuen Therapeuten zu öffnen, überzeuge nicht. Der Arzt habe den Kläger im Rahmen der Diagnostik als offenes, kontaktfreudiges Kind erlebt. Zudem sei auch der Wechsel vom Kindergarten in die Schule gelungen.
17Der Beigeladene zu 1 hat keinen Antrag gestellt.
18Er hat die Auffassung vertreten, den Kläger in seinen Bescheiden vom 12.06.2007 und 11.06.2008 nicht verbindlich der N-Schule zugewiesen zu haben. Auch könne der Kläger an der T-Schule seine Schulpflicht erfüllen. Die N-Schule sei jedoch ebenfalls geeignet, den Kläger angemessen zu beschulen. Allerdings habe der Kreis H als Schulträger eine Übernahme der Kosten für eine Einzelbeförderung des Klägers zur N-Schule abgelehnt; auf das entsprechende Schreiben des Schulträgers vom 26.05.2011 wird verwiesen.
19Das Sozialgericht hat den Sachverständigen Dr. H um ergänzende Stellungnahme zu seinem (im Eilverfahren erstatteten) Gutachten vom 21.02.2010 gebeten. Auf den Inhalt der ergänzenden Stellungnahme vom 11.02.2012 wird Bezug genommen.
20Mit Urteil vom 26.06.2012 hat das Sozialgericht den Beklagten verurteilt, die Kosten der Beschulung des Klägers an der T-Schule seit Einschulung zu übernehmen. Die Förderung des Klägers an dieser Schule sei i.S.d. §§ 53, 54 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII i.V.m. § 12 Nr. 2 EinglhVO geeignet und erforderlich, um ihm eine im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht üblicherweise erreichbare Bildung zu ermöglichen. Nach der Beurteilung des Sachverständigen Dr. H bestünden erhebliche Zweifel, dass die N-Schule geeignet sei, den Kläger angemessen zu beschulen. Dies gelte zum einen wegen der Dauer der Fahrzeit, zum anderen im Hinblick auf die für einen Schulwechsel notwendige, dem Kläger jedoch unzumutbare Umstellungsleistung; denn werde die Integration in einem Ausmaß unterbrochen, dass - wie von Dr. H im günstigen Fall für die Dauer von einem halben bis zu einem Jahr angenommen - ggf. ein ganzes Schuljahr verloren gehe, so sei ein Schulwechsel nicht zumutbar. Ob Abweichendes gelte, wenn die Fahrtzeit zur N-Schule durch eine Einzelbeförderung reduziert werden könne, könne offen bleiben; denn der Schulträger habe dies mit Schreiben vom 26.05.2011 abgelehnt. Auf eine ggf. notwendige gerichtliche Durchsetzung der Einzelbeförderung gegenüber dem Kreis H könne der Kläger aber nicht zumutbar verwiesen werden. Der Kläger erfülle durch den Besuch der T-Schule auch seine Schulpflicht. Zudem habe der Beigeladene zu 1 ihm keine konkrete Schule zugewiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gründe der Entscheidung Bezug genommen.
21Gegen das ihm am 16.07.2012 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 03.08.2012 Berufung eingelegt. Er trägt im Hinblick auf die Dauer der Fahrtzeit ergänzend vor, es existierten keine fundierten wissenschaftlichen Studien über einen Zusammenhang zwischen der Länge der Transportzeiten und der anschließenden Lern- und Arbeitsfähigkeit von Schülern. Auch die Beweisaufnahme im Berufungsverfahren habe nicht ergeben, dass dem Kläger ein Wechsel an die N-Schule unzumutbar sei. Die von dem Sachverständigen Prof. Dr. M für den Fall eines Schulwechsels prognostizierte Umgewöhnungszeit von bis zu zwei Jahren überzeuge nicht; der Kläger sei während der dortigen Untersuchung offen und angstfrei aufgetreten. Ohnehin seien die Eltern des Klägers das Risiko eines möglichen Schulwechsels bei dessen Einschulung bewusst eingegangen.
22Der Beklagte beantragt,
23das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 26.06.2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
24Der Kläger beantragt,
25die Berufung zurückzuweisen.
26Er fühlt sich durch die Beurteilung des zweitinstanzlich mit einem Gutachten beauftragten Sachverständigen Prof. Dr. M bestätigt. Im Hinblick auf die notwendige Vertrautheit des Umfeldes und der Bezugspersonen wäre eine Beschulung an der N-Schule schon bei seiner Einschulung nicht geeignet gewesen. Er reagiere auch weiterhin auf Veränderungen intensiv. Ein schulorganisatorisch notwendiger Wechsel der Klassenlehrerin zum 06.01.2015 habe zu psychischen Beschwerden (Unausgeglichenheit, Unzufriedenheit und Empfindsamkeit) und auch körperlichen Symptomen (Magenkrämpfe und Bauschmerzen) geführt, die hausärztlich mehrfach hätten behandelt werden müssen. In der mündlichen Verhandlung hat der Bevollmächtigte des Klägers klargestellt, keine Leistungen nach dem Dritten und Vierten Kapitel des SGB XII geltend zu machen.
27Der Beigeladene zu 1 stellt keinen Antrag.
28Er trägt vor, die T-Schule sei in besonderer Weise in der Lage, den individuellen pädagogischen Bedürfnisses des Klägers gerecht zu werden. Es sei daher weiterhin nicht beabsichtigt, eine etwaige Schulpflichtverletzung zu ahnden. Eine Umstellungszeit von sechs- bis zwölf Monaten, wie sie der Sachverständige Dr. H in seinem Gutachten für den Fall eines Schulwechsels angenommen habe , sei bezogen auf die gesamte Schulzeit zumutbar.
29Der Beigeladene zu 2 und der mit Beschluss des Senats vom 28.07.2015 Beigeladene zu 3 stellen keine Anträge und äußern sich nicht zu dem Verfahren.
30Der Senat hat zunächst die den Kläger betreffenden Leistungsnachweise, Zeugnisse und den Therapieplan von der T-Schule angefordert. Auf den Inhalt dieser Unterlagen wird verwiesen.
31Anschließend hat der Senat ein Gutachten des Facharztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie Prof. Dr. M (seinerzeit Direktor der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters, Universitätsklinik L) eingeholt. In der mündlichen Verhandlung hat der Sachverständige seine gutachterlichen Ausführungen vom 08.05.2014 weiter erläutert. Wegen der Einzelheiten wird auf die schriftlichen Ausführungen des Sachverständigen sowie auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
32Darüber hinaus hat die Schulleiterin der T-Schule in der mündlichen Verhandlung zu den dortigen Rahmenbedingungen der Beschulung und der Reaktion des Klägers auf Veränderungen Stellung genommen. Auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift wird insofern verwiesen.
33Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, der beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten sowie der Streitakten (gleichen Rubrums) S 16 SO 10/09 ER (SG Detmold) bzw. L 12 B 19/09 SO ER (LSG NRW) Bezug genommen. Dieser ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
34Entscheidungsgründe:
35Die zulässige Berufung des Beklagten ist unbegründet.
36A) Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 17.07.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.11.2008 (§ 95 SGG). Da der Beklagte darin den Antrag des Klägers auf Übernahme der Kosten für den Besuch der T-Schule ab dem Schuljahr 2008/2009 vollständig und zukunftsoffen abgelehnt hat, ist Streitgegenstand in zeitlicher Hinsicht der gesamte Zeitraum vom Beginn des Schuljahres 2008/2009 bis zum Tag der mündlichen Verhandlung vor dem Senat (so entsprechend zur vollständigen Ablehnung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende in Form von Arbeitslosengeld II BSG, Urteil vom 15.04.2008 - B 14/7b AS 52/06 R Rn. 12 m.w.N.).
37B) Das Sozialgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Die als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 SGG) statthafte (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 54 Rn. 20a ff., 38 ff.; BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R Rn. 9) und auch im Übrigen zulässige Klage ist begründet.
38Der Beklagte hat die Übernahme der Kosten für den Besuch der T-Schule ab Einschulung des Klägers zu Unrecht abgelehnt. Der Kläger kann von dem Beklagten gemäß §§ 53 ff., 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII i.V.m. § 12 Nr. 2 EinglhVO) die Übernahme dieser Kosten ab August 2008 (= Beginn des Schuljahrs 2008/2009) beanspruchen (dazu im Folgenden). Sonstige Anspruchsgrundlagen kommen nicht in Betracht (dazu weiter unten).
39I. Der Beklagte - nicht hingegen der (als örtlicher Träger der Sozialhilfe) vorsorglich Beigeladene zu 3 - ist für die Erbringung der begehrten Leistungen sachlich und örtlich zuständig.
40Insofern mag insbesondere offen bleiben, ob es sich bei der T-Schule um eine teilstationäre Einrichtung handelt, für welche der Beklagte gemäß § 97 Abs. 2 S. 1 SGB XII i.V.m. §§ 1, 2 AG-SGB XII NRW i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 1a AV-SGB XII NRW und § 98 Abs. 2 S. 2 SGB XII als überörtlicher Träger Hilfen zu erbringen hat (vgl. zur - dort allerdings im Ergebnis offen gelassenen - Frage der Qualifizierung einer Schule als teilstationäre Einrichtung BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R).
41Denn der Beklagte ist (unabhängig von einer etwaigen originären Zuständigkeit) jedenfalls gemäß § 14 Abs. 2 S. 1 i.V.m. Abs. 1 SGB IX sachlich und örtlich für die streitbefangenen Hilfen zuständig. Nach diesen Vorschriften stellt der Rehabilitationsträger, sofern Leistungen zur Teilhabe erbracht werden, innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrags fest, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist (§ 14 Abs. 1 S. 1, 1. Halbsatz SGB IX). Hält er sich für unzuständig, so leitet er den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu (§ 14 Abs. 1 S. 2 SGB IX). Wird der Antrag nicht weitergeleitet, stellt der erstangegangene Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf selbst unverzüglich fest (§ 14 Abs. 2 S. 1 SGB IX). Auf diese Weise wird eine nach außen verbindliche Zuständigkeit des erstangegangenen Rehabilitationsträgers geschaffen, welche sich auf sämtliche Rechtsgrundlagen erstreckt, die in der Bedarfssituation in Betracht kommen (vgl. u.a. BSG, Urteil vom 24.01.2013 - B 3 KR 5/12 R m.w.N.).
42§ 14 Abs. 2 S. 1 SGB IX ist vorliegend anwendbar. Denn die Träger der Sozialhilfe - und damit auch der Beklagte - sind nach §§ 6 Abs. 1 Nr. 7 und Abs. 5 Nr. 4 SGB IX Rehabilitationsträger für Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft. Zu derartigen Leistungen gehören auch solche der Eingliederungshilfe nach §§ 53, 54 SGB XII (vgl. Luthe in jurisPK-SGB IX, § 55 Rn. 4).
43Auch die (weiteren) Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 S. 1 SGB IX sind erfüllt. Der Beklagte hat den Antrag des Klägers auf Übernahme der Kosten für den Besuch der T-Schule nicht gemäß § 14 Abs. 1 S. 1 SGB IX innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrags (am 17.06.2008) und im Übrigen auch nicht im Anschluss daran an den aus seiner Sicht zuständigen Rehabilitationsträger, namentlich den Beigeladenen zu 3 als örtlichem Sozialhilfeträger, weitergeleitet. Folglich ist er nach § 14 Abs. 2 S. 1 SGB IX nicht nur sachlich, sondern auch örtlich zuständig geworden; denn diese Vorschrift legt sowohl die sachliche als auch die örtliche Zuständigkeit fest (Luik in jurisPK-SGB IX, 2. Auflage 2014, § 14 Rn. 45 unter Hinweis auf Welti in Luthe, Rehabilitationsrecht, 2009, S. 154) und verdrängt die Regelung des § 98 SGB XII (Luik, a.a.O. unter Hinweis auf Welti, a.a.O., LSG Schleswig-Holstein vom 09.11.2005 - L 9 B 268/05 SO ER).
44II. Die materiellen Voraussetzungen der §§ 53, 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII i.V.m. § 12 Nr. 2 EinglhVO liegen vor.
45Nach §§ 53 Abs. 1, 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII erhalten die in § 53 Abs. 1 S. 1 SGB XII genannten Personen Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung, insbesondere im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht und zum Besuch weiterführender Schulen einschließlich der Vorbereitung hierzu, wenn und solange nach den Besonderheiten des Einzelfalls Aussicht besteht, dass die Aufgaben der Eingliederungshilfe erfüllt werden. Dabei bleiben die Bestimmungen über die Ermöglichung der Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht unberührt (§ 54 Abs. 1 S. 1. 2. Halbsatz SGB XII). Was dabei unter dem Begriff "angemessene Schulbildung" zu verstehen ist, wird im Rahmen des SGB XII nicht definiert. Jedoch bestimmt § 12 Nr. 2 EinglhVO, dass die Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung auch Maßnahmen der Schulbildung umfasst, wenn diese erforderlich und geeignet sind, dem behinderten Menschen eine im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht üblicherweise erreichbare Bildung zu ermöglichen.
461. Der Kläger gehört(e) aufgrund seiner schwerwiegenden dauerhaften Behinderungen zu dem von § 53 Abs. 1 S. 1 SGB XII i.V.m. § 2 Abs. 1 S. 1 SGB IX erfassten Personenkreis.
47Nach § 53 Abs. 1 S. 1 SGB XII erhalten Personen, die durch eine Behinderung im Sinne von § 2 Abs. 1 S. 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, unter den dort genannten weiteren Voraussetzungen Leistungen der Eingliederungshilfe. Der Kläger leidet - was zwischen den Beteiligen auch unstreitig ist - unter einer solchen wesentlichen Behinderung; denn seine körperlichen Funktionen und geistigen Fähigkeiten weichen aufgrund einer geistigen Behinderung (IQ von 62) mit starker Beeinträchtigung der intellektuellen, sprachlichen und motorischen Fähigkeiten und einer generalisierten Angststörung von dem für sein Lebensalter typischen Zustand erheblich ab. Wegen dieser Behinderungen ist seine Teilhabe am Leben in der Gesellschaft durchgehend und insbesondere auch in dem hier streitbefangenen Zeitraum seit Beginn des Schuljahrs 2008/2009 wesentlich beeinträchtigt.
48Der Senat folgt insoweit in erster Linie den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. M in seinem Gutachten vom 08.05.2014. Dieser ist aufgrund eingehender Untersuchung des Klägers und sorgfältiger Befunderhebung unter Berücksichtigung der übrigen aktenkundigen medizinischen Unterlagen zu seiner Beurteilung gelangt. Zudem decken sich die von ihm erhobenen Diagnosen im Wesentlichen mit den Befunden des Dr. H in seinem Gutachten vom 21.02.2010. Dieser hat bei dem Kläger ebenfalls (u.a.) eine leichte Intelligenzminderung (mit deutlicher Verhaltensstörung und assoziierten Beeinträchtigungen hinsichtlich der Grob- und Feinmotorik, Artikulation und rezeptiver sowie expressiver Sprache) und darüber hinaus zwar keine generalisierte Angststörung, jedoch (u.a.) eine erhöhte Angstbereitschaft und einen Zustand nach emotionaler Störung mit Trennungsangst diagnostiziert. Im Übrigen besteht bei dem Kläger aufgrund der genannten Einschränkungen unstreitig ein sonderpädagogischer Förderbedarf; ein solcher begründet ohnehin stets die Annahme einer wesentlichen Behinderung im vorgenannten Sinne (vgl. BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R).
492. Zu den - somit für den Kläger in Betracht kommenden - Hilfen für eine angemessene Schulbildung im Sinne des § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII gehören auch die hier streitbefangenen Kosten für den Besuch der T-Schule.
50Der Qualifizierung der Übernahme von Beschulungskosten als "Hilfen" im gesetzlichen Sinne steht nicht entgegen, dass der Kläger nicht eine die Schulbildung begleitende Maßnahme, sondern die Übernahme der (gesamten) Kosten für den Besuch der T-Schule als solche begehrt.
51a) Zwar ist der Kernbereich der pädagogischen Arbeit der Schule - und damit im Regelfall auch das Schulgeld, mit welchem der Unterricht finanziert wird - den Regelungen der Eingliederungshilfe grundsätzlich entzogen (vgl. im Einzelnen BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R). Dies folgt schon aus dem Wortlaut des § 54 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII. Spricht dieser - ebenso wie § 12 EinglhVO - gerade von "Hilfen", so erfasst er grundsätzlich nur Maßnahmen, die im Zusammenhang mit der Ermöglichung einer angemessenen Schulbildung (in Ergänzung der Beschulung als solcher) geeignet und erforderlich sind, Behinderungsfolgen zu beseitigen und zu mildern. Dementsprechend betreffen die Regelbeispiele einer solchen Hilfe in § 12 EinglhVO nur die Schulbildung begleitende Maßnahmen (vgl. zu alledem BSG, a.a.O.).
52b) Gleichwohl verbleibt auch im Kernbereich der Schulbildung ausnahmsweise Raum für Leistungen der Eingliederungshilfe, wenn nämlich der Besuch einer öffentlichen (und damit für den Sozialhilfeträger kostenfreien) Schule aus objektiven Gründen (z.B. wegen der räumlichen Entfernung vom Wohnort) oder aus schwerwiegenden subjektiven (persönlichen) Gründen nicht möglich oder nicht zumutbar ist (so BVerwG, Beschluss vom 02.09.2003 - 5 B 259/02; vgl. BSG, Urteil vom 22.03.2012 - B 8 SO 30/10 R unter Bezugnahme auf BVerwG, Urteil vom 13.08.1992 - 5 C 70/88, sowie Beschluss vom 02.09.2003 - 5 B 259/02).
53c) Dem Kläger war der Besuch einer öffentlichen Schule jedoch aus schwerwiegenden subjektiven Gründen schon seit August 2008 nicht möglich bzw. nicht zumutbar.
54aa) Maßstab hierfür ist vor allem die Aufgabe der Sozialhilfe, dem Empfänger der Hilfe die Führung eines Lebens zu ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht, und ihn so weit wie möglich zu befähigen, unabhängig von ihr zu leben (vgl. § 1 SGB XII; vgl. insoweit auch BVerwG, Urteil vom 13.08.1992 - 5 C 70/88). Insofern mag vorliegend offen bleiben, ab wann die Grenze der Unzumutbarkeit überschritten sein kann, wenn - wie hier - die Übernahme der Kosten für den Besuch einer nicht vom zuständigen Schulträger bereitgestellten Schule streitbefangen ist. Jedenfalls dann, wenn seitens des zuständigen Schulträgers keine Schule zur Verfügung steht, die den Hilfebedürftigen unter Berücksichtigung seiner Behinderungen im Sinne des § 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII angemessen beschulen könnte, liegen schwerwiegende subjektive Gründe vor, welche Eingliederungshilfe durch Übernahme der (gesamten) Beschulungskosten ausnahmsweise zulassen.
55bb) So aber liegt es hier; denn der Besuch der N-Schule - welche vom Beklagten sowie vom Schulamt des Kreises H als allein in Betracht kommende öffentliche Schule benannt wurde, und die mit Blick auf die räumlichen Verhältnisse auch die einzige in Nordrhein-Westfalen in Betracht zu ziehende einschlägige Förderschule ist - ist dem Kläger unter Berücksichtigung seiner schwerwiegenden Behinderungen seit Beginn des Schuljahrs 2008/2009 und auch später nicht zumutbar (dazu weiter unten). Vielmehr konnte und kann der Kläger lediglich an der T-Schule angemessen beschult werden. Allein diese Schule ist im Sinne des § 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII i.V.m. § 12 Nr. 2 EinglhVO geeignet und - mangels Zumutbarkeit des Besuchs der N-Schule - auch erforderlich, dem Kläger ein im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht üblicherweise erreichbare Bildung zu ermöglichen (dazu im Folgenden)
56(1) Dabei steht - abweichend von der Auffassung des Beklagten - zunächst Art. 24 Abs. 2 lit. a UN-BRK der Geeignetheit der T-Schule nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift stellen die Vertragsstaaten sicher, dass Menschen mit Behinderungen nicht aufgrund von Behinderungen vom unentgeltlichen und obligatorischen Grundschulunterricht oder vom Besuch weiterführender Schulen ausgeschlossen werden. Bei dieser Vorschrift handelt es sich nicht um eine Verbotsnorm in dem Sinne, dass es den Vertragsstaaten verwehrt sei, behinderten Menschen den Besuch einer nicht unentgeltlichen Schule zu ermöglichen. Die UN-BRK vermittelt vielmehr subjektive (Mindest-)Ansprüche für behinderte Menschen, soweit sie unmittelbar anwendbar ("self-executing") ist (vgl. hierzu im Einzelnen den Beschluss des Senats vom 06.02.2014 - L 20 SO 436/13 B ER m.w.N.). Sie ist jedoch nicht geeignet, Ansprüche behinderter Menschen aus (sonstigen) nationalen Vorschriften - hier nach §§ 53 ff. SGB XII - einzuschränken oder sogar auszuschließen. Im Übrigen ist der Besuch der T-Schule für den Kläger ohnehin unentgeltlich, weil der Sozialhilfeträger zur Übernahme der Beschulungskosten verpflichtet ist.
57(2) Die Beschulung des Klägers an der T-Schule ist auch nicht schon im Hinblick auf die bestandskräftigen Bescheide des Beigeladenen zu 1 vom 12.06.2007 und 11.06.2008 ungeeignet. Der Bescheid vom 12.06.2007 benennt zwar die N-Schule (lediglich) als nächstgelegene Förderschule (in Nordhrein-Westfalen) mit dem Förderschwerpunkt "Geistige Entwicklung". Er trifft jedoch - was der Beigeladene zu 1 in seinen späteren Stellungnahmen auch ausdrücklich bestätigt - weder inzident eine den Beklagten bindende Entscheidung über die Eignung der N-Schule, noch weist er dem Kläger die N-Schule im Sinne von § 46 Abs. 6 SchulG NRW als Förderschule konkret zu. Eine Prüfung der Eignung der Schule unter behinderungsspezifischen Gesichtspunkten hat der Beigeladene zu 1 darin nicht getroffen. Die Schulbehörden entscheiden zwar mit bindender Wirkung gegenüber dem Sozialhilfeträger, in welchem Umfang eine bestimmte Beschulung den geistigen und körperlichen Fähigkeiten eines behinderten Menschen entspricht, hingegen in der Regel nicht darüber, an welcher konkreten Schule die Beschulung zu erfolgen hat (vgl. hierzu den Beschluss des Senats vom 06.09.2010 - 20 SO 450/10 B ER und das Urteil vom 11.06.2014 - L 20 SO 418/11). Vom schulrechtlichen Standpunkt aus betrachtet verblieb dem Kläger vielmehr letztlich ein Wahlrecht, welche geeignete Schule er besuchen will. Ohnehin wäre eine im Bescheid vom 12.06.2007 erfolgte konkrete Zuweisung der N-Schule durch den unmittelbar vor Einschulung des Klägers ergangenen Bescheid vom 11.06.2008 zumindest konkludent aufgehoben und daher gegenstandslos geworden (vgl. § 39 Abs. 2 SGB X); denn darin ging der Beigeladene zu 1 ausdrücklich lediglich davon aus, dass der Kläger demnächst die N-Schule besuchen werde und bat die Eltern anderenfalls um entsprechende Information.
58Die in den Bescheiden erfolgte Zuweisung des Klägers an eine Förderschule mit dem Förderschwerpunkt "Geistige Entwicklung" beinhaltet - abweichend von der Auffassung des Beklagten - auch keine (den Sozialhilfeträger und die Gerichte bindende) Zuweisung einer bestimmten Schulform, nämlich einer Förderschule (im Sinne des nordrhein-westfälischen Rechts). Entscheidend ist insofern (jedenfalls im Rahmen der Eingliederungshilfevorschriften) allein der zugewiesene sonderpädagogische Förderbedarf des Klägers. Dass das inhaltliche Konzept der T-Schule diesem Förderbedarf entspricht, auch wenn es sich hierbei nach niedersächsischem Recht um eine Tagesbildungsstätte handelt, wird aber weder von dem Beklagten noch von dem Beigeladenen zu 1 in Abrede gestellt. Auch letzterer geht im Übrigen nicht davon aus, dem Kläger in den genannten Bescheiden zugleich eine Schulform zugewiesen zu haben.
59(3) Schließlich steht einer Geeignetheit der T-Schule nicht entgegen, dass der Kläger durch den Besuch dieser niedersächsischen Tagesbildungsstätte seiner Schulpflicht nach nordrhein-westfälischem Schulrecht nicht nachkäme.
60(a) Zwar können in Nordrhein-Westfalen Schulpflichtige ihre Schulpflicht grundsätzlich nur an öffentlichen Schulen, Ersatzschulen oder an nach § 118 Abs. 2 SchulG NRW anerkannten Ergänzungsschulen erfüllen (vgl. § 34 Abs. 5 S. 1 SchulG NRW). Insbesondere fehlt im SchulG NRW eine § 162 S. 1 Nieders. SchulG entsprechende Regelung, wonach Kinder und Jugendliche mit geistigen Behinderungen ihre Schulpflicht auch durch den Besuch einer anerkannten Tagesbildungsstätte erfüllen. Auch hat die zuständige Schulaufsichtsbehörde dem Kläger bislang keine Ausnahmegenehmigung (etwa nach § 34 Abs. 5 S. 3 SchulG NRW) erteilt oder ein Ruhen der Schulpflicht (§ 40 Abs. 2 SchulG NRW) angeordnet.
61(b) Die nach niedersächsischem Recht erfolgte Erfassung der T-Schule als Tagesbildungsstätte kann indes (jedenfalls im Rahmen der Eingliederungshilfevorschriften) nicht ausschlaggebend sein. Der Senat hält vielmehr für entscheidend, dass der Bildungsauftrag der T-Schule (als Tagesbildungsstätte) inhaltlich mit dem Auftrag der in § 34 Abs. 5 S. 1 SchulG NRW genannten Schulen identisch ist. Vermittelt erstere nach ihrem gesamten Konzept inhaltlich wie die letzteren Wissen und Können an die Schülerinnen und Schüler, so leistet sie in der Sache eine ebenso geeignete Beschulung. Letztlich ist dies zwischen den Beteiligten auch nicht streitig.
62(c) Unabhängig hiervon ist die Erfüllung der Schulpflicht nach nordrhein-westfälischem Schulrecht ohnehin nicht Voraussetzung für Eingliederungshilfe als Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung im Sinne des § 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII. Schon § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 2. Halbsatz SGB XII, wonach die Bestimmungen über die Ermöglichung der Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht unberührt bleiben, lässt schulrechtliche Verpflichtungen grundsätzlich neben den sozialhilferechtlichen Pflichten bestehen, ohne dass diese sich gegenseitig inhaltlich beeinflussen (so ausdrücklich BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R). Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung sind vielmehr lediglich vorrangig an einer Einrichtung zu gewähren, durch deren Besuch der behinderte Mensch der allgemeinen Schulpflicht nach jeweiligem Landesrecht genügt.
63§ 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII lässt sich i.V.m. § 12 Nr. 2 EinglhVO und unter zusätzlicher Berücksichtigung des Nachranggrundsatzes (§ 2 Abs. 1 SGB XII) insofern entnehmen, dass nicht jedwede Hilfeleistung zu einer nach den Vorstellungen des behinderten Menschen bzw. seiner Erziehungsberechtigten bestmöglichen Schulbildung als Eingliederungshilfe verlangt werden kann. Vielmehr ist die schulische Förderung von Kindern nach Art. 7 Abs. 1 GG eine grundsätzlich allein den (öffentlichen) Schulträgern zugewiesene Aufgabe (BSG, Urteil vom 22.03.2012 - B 8 SO 30/10 R). Insbesondere besteht ein Ausschluss für die Übernahme von Schulkosten aufgrund der Gesetze der Länder, (zumindest) soweit die Schulbehörde der ihr möglichen vorrangigen Leistungsverpflichtung auch nachkommt (Voelzke in Hauck/Noftz, SGB XII, 19. Erg.-Lfg. II/10, § 54 Rn. 44a; BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R). Steht hingegen fest, dass eine im Sinne von § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII angemessene Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht nicht zu erlangen ist, so kann unter dem Gesichtspunkt der Eingliederungshilfe die Übernahme von Kosten für eine anderweitige Beschulung des behinderten Menschen in Betracht kommen (LSG NRW, Urteil vom 15.05.2013 - L 20 SO 67/08; LSG Hessen, Urteil vom 22.11.2010 - L 9 SO 9/07 und zu § 35a SGB VIII; VGH Hessen, Urteil vom 20.08.2009 - 10 A 1799/08).
64Hierfür spricht schon der Wortlaut des § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII, der keinen abschließenden Leistungskatalog möglicher Eingliederungshilfen enthält, sondern von Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung (nur) "insbesondere" im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht spricht. Zudem umfassen nach § 12 Nr. 2 EinglhVO Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung auch solche Maßnahmen der Schulbildung, die erforderlich und geeignet sind, dem behinderten Menschen eine "im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht" (lediglich) "üblicherweise erreichbare" Bildung zu ermöglichen. Insofern bildet die allgemeine Schulpflicht also nur den Vergleichsmaßstab dafür, in welchem Umfang bzw. in welchem Maße Leistungen der Eingliederungshilfe auch außerhalb der allgemeinen Schulpflicht erbracht werden können.
65Diese Lesart wird zudem durch Sinn und Zweck der Eingliederungshilfevorschriften gestützt. Diese sollen nicht vorrangig sicherstellen, dass der nach §§ 53 ff. SGB XII berechtigte Personenkreis seiner Schulpflicht gerecht wird, sondern dem behinderten Menschen nach dem Willen des Gesetzgebers die Integration in die Gesellschaft ermöglichen. § 53 Abs. 3 S. 1 SGB XII bestimmt insoweit als besondere Aufgabe der Eingliederungshilfe, eine Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und die behinderten Menschen in die Gesellschaft einzugliedern. Hierzu gehört vor allem, ihnen die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern, ihnen die Ausübung eines angemessenen Berufs oder einer sonstigen angemessenen Tätigkeit zu ermöglichen oder (auch nur), sie so weit wie möglich unabhängig von Pflege zu machen (§ 53 Abs. 3 S. 2 SGB XII). Mit Blick auf diese Ziele kann es jedenfalls dann nicht dem Willen des Gesetzgebers entsprechen, einem behinderten Menschen nach den - im Übrigen bundesrechtlichen - Eingliederungshilfevorschriften der §§ 53 ff. SGB XII eine angemessene Beschulung außerhalb der jeweiligen Landesgrenzen mit der Begründung zu versagen, dass dort die Schulpflicht nach landesrechtlichen Vorschriften nicht erfüllt werde, wenn das landesrechtliche Schul(pflicht-)system selbst eine angemessene Beschulung nicht sicherstellt (vgl. hierzu schon den Beschluss des Senats vom 15.08.2012 - L 20 SO 309/12 ER und das Urteil vom 11.06.2014 - L 20 SO 418/11).
66(d) Auf ein etwaiges schulrechtliches Wahl- und Bestimmungsrecht des behinderten Menschen bzw. seiner Eltern kommt es in diesem Zusammenhang im Übrigen von vornherein nicht an. Ein solches Wahlrecht ist allenfalls dann von Bedeutung, wenn (wie in dem der Entscheidung des BVerwG vom 26.10.2007 - 5 C 35.06 zugrunde liegenden Sachverhalt) der Besuch zweier Schulen im Raume steht, welche beide in das System der allgemeinen Schulpflicht des betroffenen Bundeslandes integriert sind. Im vorliegenden Fall liegt jedoch allein die N-Schule in Nordrhein-Westfalen, während sich die T-Schule in Niedersachen befindet.
67cc) Ausgehend von den dargestellten Kriterien ist mit Blick auf die Formulierungen in § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII (" angemessene Schulbildung ") und § 12 Nr. 2 EinglhVO (" üblicherweise erreichbare Bildung ") in einem ersten Schritt festzustellen, welches konkrete Bildungsziel für den behinderten Menschen in Betracht kommt (so auch Voelzke a.a.O. Rn. 40a; dazu im Folgenden). Daran anschließend ist zu prüfen, ob dieses Ziel mit den Möglichkeiten, welche das öffentliche Schulsystem für den Betroffenen bereithält, in zumutbarer Weise verfolgt werden kann oder nicht (dazu weiter unten). Im Rahmen dieses zweiten Prüfungsschritts sind unter "bereithalten" die Leistungen oder Rahmenbedingungen zu verstehen, die das öffentliche Bildungssystem dem behinderten Menschen tatsächlich zur Verfügung stellt, oder die der Betroffene im Rahmen zumutbarer Bemühungen rechtzeitig realisieren kann (vgl. das Urteil des Senats vom 15.05.2013 - L 20 SO 67/08; Scheider in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 19. Auflage 2015, § 53 Rn. 71 ff.; Voelzke a.a.O. Rn. 44a mit Hinweis m.w.N.; OVG NRW, Urteil vom 15.06.2000 - 16 A 3108/99 Rn. 17 a.E. und Rn. 22). Insoweit geht der Senat im Anschluss an die ablehnende Stellungnahme des Schulträgers vom 26.05.2011 davon aus, dass eine Individualbeförderung des Klägers zur N-Schule auf dessen Kosten nicht (rechtzeitig) durchsetzbar wäre (vgl. hierzu schon das Urteil des Senats vom 15.05.2013 - L 20 SO 67/08 m.w.N.).
68(1) Die für den Kläger in Betracht kommenden Bildungsziele, welche der Senat umfassend ermittelt hat, werden an der T-Schule in geeigneter Weise verfolgt.
69(a) Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme, namentlich den schriftlichen Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. M und dessen weiteren Erläuterungen in der mündlichen Verhandlung sowie nach den dortigen Ausführungen der Schulleiterin der T-Schule, ist zwar seit Beginn des streitbefangenen Zeitraums nicht vorhersehbar, ob der Kläger bei Schulabschluss (nach dem 12. Schuljahr) einen formalen Bildungsabschluss - etwa vergleichbar der Qualifikation eines Hauptschulabschlusses oder dem Abschluss an einer Schule für Lernbehinderte - erreichen oder auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt jedenfalls eine angelernte Tätigkeit ausüben können wird. Der Kläger wird jedoch aller Voraussicht nach grundlegende Fähigkeiten wie Rechnen, Lesen und Schreiben erwerben bzw. ausbauen und - den nachvollziehbaren Darlegung der Schulleiterin folgend - nach Schulabschluss insbesondere ihm unbekannte Texte sinnentnehmend lesen können. Weitere - voraussichtlich erreichbare - Lernziele liegen vor allem darin, seine Aussprache und den verantwortungsbewussten Umgang mit Geld zu verbessern, seine geschichtlichen Kenntnisse und sein soziales Verhalten auszubauen sowie sein ohnehin in gutem Umfang vorhandenes "Weltwissen" zu fördern.
70(b) Die T-Schule, deren Schulkosten vorliegend im Streit stehen, ist im Sinne des § 12 Nr. 2 EinglhV geeignet, dem Kläger diese Bildungsziele erfolgversprechend zu vermitteln. Das gilt mit Blick sowohl auf die Schülerzahl, die Klassengröße und die sonstigen Rahmenbedingungen (insbesondere die Dauer der Anfahrt zur Schule) als auch auf die von der Schule vorgehaltenen pädagogischen und therapeutischen Angebote sowie das Förderkonzept. Dies steht unter Berücksichtigung der von der Leiterin der T-Schule beschriebenen Umstände der Beschulung sowie der Ausführungen der Sachverständigen Prof. Dr. M und Dr. H fest. Die Sachverständigen sind insoweit in ihren Gutachten übereinstimmend zu der Einschätzung gelangt, dass die T-Schule geeignet ist, die von ihnen beschriebenen Lernziele zu fördern. Zweifel an dieser Beurteilung hat der Senat nicht; sie erscheint insbesondere vor dem Hintergrund der von den Sachverständigen behinderungsbedingt für notwendig erachteten Rahmenbedingungen für die Beschulung des Klägers sowie der diesbezüglichen Angaben der Schulleiterin in der mündlichen Verhandlung zutreffend.
71(aa) Zwar kommt es nach den Feststellungen der Sachverständigen für die Beurteilung der Geeignetheit auf die Größe der T-Schule (nach den Angaben der Schulleiterin seit Einschulung des Klägers zwischen 86 und 91 Schüler) und Klassen (fünf bis neun Schüler), die Dauer eines Schultags (von 8.00 Uhr bis 14.15 Uhr) und die Integration der logopädischen und ergotherapeutischen Förderung sowie des therapeutischen Reitens in den Schulalltag nicht entscheidend an. Im Hinblick auf die motorische Unruhe und die Irritierbarkeit des Klägers, die - den schlüssigen Ausführungen der Sachverständigen folgend - zunächst Symptome einer Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störung (ADHS) aufwies, später jedoch vornehmlich durch ängstliches Verhalten zum Ausdruck gekommen ist, stellt eine Fahrtzeit zur Schule von einer Stunde und mehr (laut Einschätzung des Sachverständigen Dr. H schon von ca. 50 bis 60 Minuten) jedoch eine erhebliche Belastung dar, welche die Leistungsfähigkeit des Klägers und seine schulische Integration wahrscheinlich beeinträchtigt. Zweifel an der Richtigkeit dieser Beurteilung hat der Senat nicht. Sie erscheint insbesondere im Hinblick auf die von den Sachverständigen erhobenen Befunde und beschriebene Unruhe, welche nach den Angaben der Eltern auch bei längeren privaten Autofahrten auftritt, schlüssig und nachvollziehbar. Diesem Belastungsfaktor wird durch die T-Schule jedoch hinreichend Rechnung getragen; denn die Fahrt vom Wohnort des Klägers zur Schule dauert mit dem Schülerspezialtransport lediglich ca. 20 bis 25 Minuten.
72(bb) Die Beurteilung der Sachverständigen, der zufolge die T-Schule nach ihrem Förderkonzept einschließlich der Fahrtzeiten geeignet ist, den Kläger unter Berücksichtigung seiner Behinderungen angemessen zu beschulen, wird zudem weder von dem (im Eilverfahren als Zeuge gehörten) Kinderarzt des Klägers Dr. X noch dem Privatgutachter D in seinem schriftlichen Gutachten sowie seinen mündlichen Erläuterungen im Eilverfahren in Zweifel gezogen. Auch der Beklagte und der Beigeladene zu 1 gehen übereinstimmend davon aus, dass die T-Schule - wenn nicht sogar in besonderer Weise - in der Lage ist, dem Kläger die beschriebenen Bildungsziele erfolgversprechend zu vermitteln.
73(2) Der Besuch der T-Schule ist seit Schulbeginn (August 2008) nicht nur geeignet, sondern im Sinne des § 12 Nr. 2 EinglhVO auch erforderlich, um den Kläger angemessen zu beschulen; denn die vom Sachverständigen Prof. Dr. M und der Schulleiterin der T-Schule beschriebenen Lernziele können seither mit den Möglichkeiten, welche das öffentliche Schulsystem in Nordrhein-Westfalen für den Kläger bereit hält, nicht in zumutbarer Weise verfolgt werden.
74Zwar war das Förderkonzept der (von dem Beklagten einzig als geeignet benannten) N-Schule seit Beginn des streitigen Zeitraums ausreichend, um den Behinderungen des Klägers gerecht zu werden (dazu im Folgenden). Der Senat hat jedoch schon Zweifel, ob auch die sonstigen Rahmenbedingungen, namentlich die Dauer der Fahrt zur Schule, zur Erreichung der beschriebenen Förderziele geeignet war (dazu im Folgenden). Unabhängig hiervon war dem Kläger der Besuch der N-Schule aufgrund seiner Umstellungsschwierigkeiten schon bei Einschulung behinderungsbedingt nicht zumutbar. Gleiches gilt für einen späteren Schulwechsel (dazu weiter unten).
75(a) Im Anschluss an die Beweisaufnahme ist der Senat davon überzeugt, dass das eigentliche Förderkonzept der N-Schule seit Einschulung des Klägers im Schuljahr 2008/2009 zur Erreichung der beschriebenen Förderziele geeignet war. Insbesondere stehen die dortigen Schülerzahlen (nach den zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Bekundungen des Zeugen L vom 11.06.2014 in dem Verfahren L 20 SO 418/11 zwischen ca. 180 und 169), die Klassenstärken (im Eingangsbereich sieben oder acht, später ca. zehn Schüler/innen), die tägliche Schulzeit (montags bis donnerstags 8.30 Uhr bis 15.00 Uhr, freitags bis 12.30 Uhr) einer dortigen Beschulung des Klägers seit Schulbeginn nicht entgegen.
76Ob der gleitende Schulanfang an der N-Schule (von 8.15 Uhr bis 8.30 Uhr) den Behinderungen des Klägers in gleicher Weise wie die T-Schule Rechnung trägt, obwohl dieser nach der Einschätzung des Sachverständigen Prof. Dr. M aufgrund seiner leichten Irritierbarkeit einen klaren Rahmen und damit auch hinsichtlich Schulbeginn und -ende eine zeitliche Struktur benötigt, lässt der Senat allerdings offen. Ebenso wenig bedarf es einer abschließenden Klärung, ob die sonstigen Rahmenbedingungen an der N-Schule (namentlich die Fahrtzeit zur Schule, welche nach den Bekundungen des Zeugen L im Streitverfahren L 20 SO 418/11 sowie im zwischen den Beteiligten geführten Eilverfahren maximal eine Stunde beträgt) den spezifischen Behinderungen des Klägers hätte genügen können. Die diesbezüglichen Zweifel des Senats gründen sich auf die bereits dargestellte übereinstimmende Beurteilung der Sachverständigen Prof. Dr. M und Dr. H. Danach stellt eine solche Fahrtzeit für den Kläger jedenfalls einen nicht unerheblichen Belastungsfaktor dar, der - ausgehend von den Ausführungen des Sachverständigen Dr. H - zumindest im Zusammenspiel mit weiteren Risikofaktoren, insbesondere einem Schulwechsel (dazu weiter unten), mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer konkreten Gefährdung der erreichbaren Bildungsziele führt.
77(b) Denn unabhängig von dem Förderkonzept und sonstigen Rahmenbedingungen war dem Kläger eine Beschulung an der N-Schule aufgrund der Besonderheiten seiner Behinderungen und damit verbundenen geringen Umstellungsfähigkeit jedenfalls schon nach Beendigung des Kindergartens (im Juli 2008) nicht zumutbar.
78Der Senat legt seiner Beurteilung auch insoweit in erster Linie die Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. M zugrunde. Bereits in seinem Gutachten vom 08.05.2014 hat der Sachverständige ausgeführt, dass der Kläger aufgrund seiner geistigen Behinderung und seiner Angststörung eine verlängerte Zeit benötige, um sich auf neue Umgebungen oder auf neue Situationen einzulassen und sich fremden Personen gegenüber öffnen zu können. Derartige Eingewöhnungsphasen, welche bis zu zwei Jahren in Anspruch nehmen könnten, seien mit einer psychischen Belastung verbunden und hätten unweigerlich Auswirkungen auf das erreichbare Bildungsniveau. Ergänzend hat der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung auf ausdrückliches Befragen erklärt, bei einer Einschulung des Klägers an der N-Schule sei sicherlich nicht nur dessen Entwicklung in den verschiedenen Leistungsbereichen weniger gut verlaufen als an der T-Schule. Vielmehr habe zudem die Gefahr bestanden, dass der Kläger die Schule insgesamt verweigere. Das gelte umso mehr, als der Kläger schon bei seinem Wechsel an die - dem Kindergarten räumlich angegliederte - T-Schule eine längere Eingewöhnungszeit benötigt habe; bei einem Wechsel vom Kindergarten auf die N-Schule wären aber weitaus größere Eingewöhnungsschwierigkeiten zu erwarten gewesen.
79Diese Beurteilung hält der Senat ebenfalls für überzeugend. Zwar konnte der Sachverständige auch in der mündlichen Verhandlung nicht konkreter darlegen, mit welchen (Entwicklungs-)Rückschritten im Einzelnen eine Einschulung des Klägers an der N-Schule verbunden gewesen wäre. Gleiches gilt für das zu erwartende Ausmaß von Rückschritten, namentlich die Zeit, welche der Kläger voraussichtlich benötigen würde, um sie wieder aufzufangen. Der Senat hält dies mit Blick darauf, dass die Erkrankung des Klägers eine derartige Prognose nur schwer zulässt, indes für nachvollziehbar. Dass ein Wechsel vom Kindergarten auf die N-Schule die Entwicklung des Klägers beeinträchtigt, hat der Sachverständige aber mit Sicherheit bejaht.
80Bedenken gegen die Richtigkeit dieser Einschätzung hat der Senat nicht. Der Sachverständige hat unter Berücksichtigung der aktenkundigen medizinischen und psychologischen Berichte sowie der Schilderungen der Eltern des Klägers schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, dass jeder räumliche und personelle Wechsel für ein Kind mit dem Beschwerdebild des Klägers eine große Verunsicherung bedeutet und mit Eingewöhnungsschwierigkeiten sowie Rückschritten einhergeht, weil zunächst viel Anstrengung auf die Anpassung an die neue Situation verwendet werden muss.
81Bestätigt wird die Beurteilung des Sachverständigen Prof. Dr. M zunächst durch den Sachverständigen Dr. H. Dieser ist in seinem Gutachten vom 21.02.2010 ebenfalls zu der Beurteilung gelangt, dass der Kläger erheblich größere Umstellungsschwierigkeiten hat als andere gleichaltrige behinderte Kinder, und dass eine Herausnahme aus der gewohnten personellen und räumlichen Umgebung einen entscheidenden Risikofaktor für eine adäquate schulische Förderung des Klägers darstellt. Auch der Kinderarzt des Klägers, Dr. X, hat anlässlich seiner Vernehmung im Rahmen des Eilverfahrens am 20.08.2009 bekundet, durch eine Veränderung der Umgebungssituation und der Ansprechpartner sei eine Stagnation, wenn nicht sogar ein Rückschritt in den Therapieerfolgen wahrscheinlich.
82Dass der Kläger schon seit früher Kindheit auf Veränderungen personeller und/oder räumlicher Art in besonderer Weise reagiert und daher überdurchschnittlich viel Zeit benötigt, um sich an neue Situationen zu gewöhnen, ergibt sich im Übrigen auch aus dem pädagogischen Gutachten der Sonderschullehrerinnen C und I vom 30.05.2007 zur Feststellung des Förderbedarfs. Danach bedurfte der Kläger schon im Kindergarten einer langen Eingewöhnungsphase, bevor er sich dort sicher und wohl fühlte; selbst nach fast zweijährigem Kindergartenbesuch reagierte er gegenüber fremden Personen weiterhin sehr zurückhaltend und verweigerte diesen die Mitarbeit.
83Dabei kommt erschwerend hinzu, dass etwaige Veränderungen beim Kläger - auch im Rahmen einer im Übrigen stabilen Umgebung - nicht nur zu einer Einschränkung der Leistungsfähigkeit, sondern neben psychischen Symptomen auch zu erheblichen körperlichen Begleiterscheinungen führen. So berichtete die Schulleiterin der T-Schule in ihrer schriftlichen Stellungnahme aus Juni 2002 glaubhaft von Irritationen des Klägers anlässlich einer für April 2012 bevorstehenden Klassenfahrt, welche sich bereits ein halbes Jahr zuvor in Form von deutlicher (motorischer) Unruhe, vermehrtem Einnässen, Durchfall, Erbrechen sowie einer Beeinträchtigung des Konzentrationsvermögens, der Aussprache und des Redeflusses gezeigt hätten. Ebenso reagierte der Kläger nach den glaubhaften Schilderungen der Schulleiterin in der mündlichen Verhandlung auf einen Wechsel der Klassenlehrerin im Januar 2015 mit Unruhe, Unzufriedenheit, einer Einschränkung des Sprechflusses sowie einer - über das bei ihm übliche Maß hinausgehenden - verwaschenen Sprache und ließ sich auch auf Lernangebote nicht mehr ein. Obwohl die Klassenlehrerin die Klasse seit ca. Anfang Juli 2015 wieder übernommen hat, hat sich der Zustand des Klägers nach Angaben der Schulleiterin bislang, also ca. acht Monate nach dem Lehrerwechsel, noch nicht wieder vollständig normalisiert.
84Der Senat verkennt insoweit nicht, dass auch der Wechsel des Klägers vom Kindergarten an die T-Schule mit räumlichen und personellen Veränderungen verbunden war. Diese waren jedoch weitaus geringer, als es ein Wechsel vom Kindergarten zur N-Schule gewesen wäre; denn nach den glaubhaften Schilderungen der Leiterin der T-Schule in der mündlichen Verhandlung ist der Kindergarten der Schule nicht nur räumlich angegliedert. Vielmehr sind beide Einrichtungen auch personell miteinander verzahnt. Der Kläger kannte daher bei seiner Einschulung nicht nur das Gelände und Gebäude, sondern darüber hinaus bereits einzelne an der T-Schule tätige Therapeuten, den Fahrdienst sowie die Küche (einschließlich Personal).
85Der Einschätzung der Sachverständigen steht schließlich auch nicht entgegen, dass der Kläger anlässlich der Begutachtung durch den Sachverständigen Prof. Dr. M freundlich und offen auftrat und auch in dem Gutachten des Herrn D als fröhlich und zugewandt beschrieben wird; denn die nur temporären Begutachtungen erfolgten innerhalb einer sehr konstanten Grundsituation. Ein Wechsel vom Kindergarten am T auf die N-Schule wäre für den Kläger jedoch nicht nur mit kurzzeitigen räumlichen Veränderungen, sondern - neben einem veränderten Wegetransport (bzgl. Strecke und Fahrer) sowie Tagesablauf - insbesondere auch mit dem Austausch sämtlicher Betreuungskräfte und damit der maßgebenden Bezugspersonen verbunden, welche den Kläger während des gesamten Alltags im Kindergarten begleiten und fördern. Derartig einschneidende und vielschichtige Veränderungen sind aber von vornherein nicht vergleichbar mit Umständen wie einer einmaligen Begutachtung (bei der im Übrigen die Eltern des Klägers in der Nähe und erreichbar geblieben sind).
86(c) War dem Kläger - zusammenfassend - aber eine Einschulung an der N-Schule schon nach Abschluss des Kindergartens (im Sommer 2008) behinderungsbedingt nicht zumutbar, so war ihm auch ein späterer Wechsel auf diese Schule aus schwerwiegenden subjektiven Gründen (s.o.) unmöglich bzw. unzumutbar und der (weitere) Besuch der T-Schule aus diesem Grund auch über das Schuljahr 2008/2009 hinaus erforderlich im Sinne des § 12 Nr. 2 EinglhVO. Denn nach den überzeugenden Ausführungen insbesondere des Sachverständigen Prof. Dr. M in seinem Gutachten sowie seinen mündlichen Erläuterungen im Verhandlungstermin verursacht (auch) ein Schulwechsel bei dem Kläger verlängerte Eingewöhnungsphasen mit einer Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit, Angstsymptomen und Verhaltensauffälligkeiten bis hin (sogar) zu Aggressionen. Zudem wäre er ebenfalls mit der Gefahr verbunden, dass der Kläger die Schule insgesamt verweigert. Zweifel an der Richtigkeit auch dieser Beurteilung hat der Senat nicht. Insofern wird auf die obigen Ausführungen zu den zu erwartenden Auswirkungen bei einem Wechsel vom Kindergarten zur N-Schule verwiesen, die auch für einen späteren Schulwechsel gelten. Das gilt umso mehr, als ein Wechsel der Schule zumindest im gleichen Maße, im Hinblick auf den Verlust der gesamten bisherigen Mitschüler/innen sogar eher noch mit erheblicheren Veränderungen verbunden wäre als die Einschulung des Klägers an der N-Schule.
87dd) Der Umstand, dass der Kläger seine Schulbildung an der T-Schule entgegen der angefochtenen Entscheidung des Beklagten aufgenommen und auf diese Weise vollendete Tatsachen geschaffen hat, steht der Übernahme der Kosten für den Besuch der T-Schule von vornherein nicht entgegen. Das gilt schon deshalb, weil die Einschulung des Klägers an der N-Schule (deren Besuch der Beklagte in den angefochtenen Bescheiden für angemessen erachtet hat) seinerzeit wegen der einschränkten Umstellungsfähigkeit des Klägers keine geeignete Fördermöglichkeit war (s.o.). Für die Folgezeit war der weitere Besuch der T-Schule wegen der Unzumutbarkeit eines Schulwechsels unverzichtbar.
88Der Senat weicht insofern nicht von seinem früheren Urteil vom 15.05.2013 - L 20 SO 67/08 ab. Zwar ist dort ausgeführt, dass die dortige Klägerin keine Vorteile daraus ziehen darf, dass sie entgegen der von ihr angefochtenen Entscheidung des Beklagten ihre Schulausbildung zunächst an der T-Schule begonnen hat und nunmehr mangels Anspruchs auf Übernahme der Beschulungskosten auf die N-Schule wechseln muss. In jenem Verfahren ließ sich jedoch - anders als hier - nicht feststellen, dass die (insoweit beweispflichtige) dortige Klägerin an der N-Schule nicht hätte angemessen beschult werden können, und dass deshalb eine Umschulung unzumutbar wäre. Unterscheiden sich jener und der vorliegende Sachverhalt deshalb wesentlich, so kann im hier zu entscheidenden Fall (bei dem kein Erkenntnisausfall vorliegt) offen bleiben, ob und inwiefern "Verschuldensgesichtspunkte" (die im Recht der Sozialhilfe einen zu deckenden Bedarf ohnehin grundsätzlich nicht entfallen lassen, sondern allenfalls unter engen Voraussetzungen eine Leistungseinschränkung bzw. einen Erstattungsanspruch nach sich ziehen können; vgl. § 26 bzw. § 103 SGB XII) hinsichtlich einer getroffenen Schulwahl berücksichtigungsfähig sein können.
893. Dem Anspruch des Klägers auf Übernahme seiner Beschulungskosten an der T-Schule als Eingliederungshilfe stehen sonstige Hindernisse nicht entgegen. Insbesondere verfügte der Kläger seit Schuljahresbeginn 2008/2009 durchgehend nicht über anzurechnendes Einkommen, wobei dieses ohnehin auf die Aufbringung der Mittel für die Kosten des Lebensunterhalts beschränkt wäre (vgl. § 92 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SGB XII). Etwaiges Vermögen des Klägers ist bei den hier in Rede stehenden Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung ohnehin nicht anspruchsmindernd oder -ausschließend zu berücksichtigen (vgl. § 92 Abs. 2 S. 2 i.V.m. S. 1 Nr. 2 i.V.m. SGB XII).
90C) Sonstige Anspruchsgrundlagen für eine Übernahme von Kosten im Zusammenhang mit der Beschulung des Klägers existieren nicht.
91I. Leistungen der Eingliederungshilfe des Jugendhilfeträgers nach § 35a SGB VIII scheiden aus. Zwar mag die Angststörung des Klägers eine seelische Behinderung im Sinne des § 35a Abs. 1 und 3 SGB VIII sein; eine solche kann grundsätzlich zu einer Leistungszuständigkeit des Jugendhilfeträgers führen. Leidet der Kläger jedoch zumindest auch unter einer wesentlichen geistigen Behinderung, ist nach der Abgrenzungsregelung des § 10 Abs. 4 S. 2 SGB VIII der beklagte Sozialhilfeträger vorrangig zuständig (vgl. zu dieser Abgrenzung ausführlich etwa Urteil des Senats vom 18.01.2013 - L 20 SO 170/11 Rn. 59 ff. m.w.N.). Aus diesem Grund bedurfte es von vornherein keiner Beiladung des Jugendhilfeträgers.
92II. Schließlich wurde in der mündlichen Verhandlung für den Kläger ausdrücklich klargestellt, dass Leistungen nach dem Dritten bzw. Vierten Kapitel des SGB XII (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 Rn. 18) nicht geltend gemacht werden.
93D) Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 S. 1 SGG und folgt der Entscheidung in der Sache. Die Kosten der Beigeladenen waren nicht zu erstatten, weil sie keinen Antrag gestellt haben (vgl. dazu das Urteil des Senats vom 18.04.2011 - L 20 SO 78/10 Rn. 62 und vom 08.06.2015 - L 20 SO 473/12; ferner Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 193 Rn. 3b).
94E) Der Senat lässt die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zu (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
(1) Sozialhilfe erhält nicht, wer sich vor allem durch Einsatz seiner Arbeitskraft, seines Einkommens und seines Vermögens selbst helfen kann oder wer die erforderliche Leistung von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält.
(2) Verpflichtungen anderer, insbesondere Unterhaltspflichtiger oder der Träger anderer Sozialleistungen, bleiben unberührt. Auf Rechtsvorschriften beruhende Leistungen anderer dürfen nicht deshalb versagt werden, weil nach dem Recht der Sozialhilfe entsprechende Leistungen vorgesehen sind.
(1) Das gesamte Schulwesen steht unter der Aufsicht des Staates.
(2) Die Erziehungsberechtigten haben das Recht, über die Teilnahme des Kindes am Religionsunterricht zu bestimmen.
(3) Der Religionsunterricht ist in den öffentlichen Schulen mit Ausnahme der bekenntnisfreien Schulen ordentliches Lehrfach. Unbeschadet des staatlichen Aufsichtsrechtes wird der Religionsunterricht in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften erteilt. Kein Lehrer darf gegen seinen Willen verpflichtet werden, Religionsunterricht zu erteilen.
(4) Das Recht zur Errichtung von privaten Schulen wird gewährleistet. Private Schulen als Ersatz für öffentliche Schulen bedürfen der Genehmigung des Staates und unterstehen den Landesgesetzen. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die privaten Schulen in ihren Lehrzielen und Einrichtungen sowie in der wissenschaftlichen Ausbildung ihrer Lehrkräfte nicht hinter den öffentlichen Schulen zurückstehen und eine Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern nicht gefördert wird. Die Genehmigung ist zu versagen, wenn die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Lehrkräfte nicht genügend gesichert ist.
(5) Eine private Volksschule ist nur zuzulassen, wenn die Unterrichtsverwaltung ein besonderes pädagogisches Interesse anerkennt oder, auf Antrag von Erziehungsberechtigten, wenn sie als Gemeinschaftsschule, als Bekenntnis- oder Weltanschauungsschule errichtet werden soll und eine öffentliche Volksschule dieser Art in der Gemeinde nicht besteht.
(6) Vorschulen bleiben aufgehoben.
Tenor
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Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 18. November 2010 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.
Tatbestand
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Im Streit ist die Erstattung von Kosten für die Fortführung einer Maßnahme ("Montessori-Therapie") in der Zeit vom 1.1. bis 31.7.2006.
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Die 1998 geborene Klägerin litt an einer rezeptiven und expressiven Sprachentwicklungsverzögerung mit auditiver Gedächtnisschwäche und wurde deshalb vom Beklagten ab Mitte 2003 bis zum Ende der Kindergartenzeit Ende Juli 2005 durch die Übernahme von Kosten für eine (nicht ärztlich verordnete) "Montessori-Einzeltherapie" gefördert. Auch nach Einschulung der Klägerin in die Regelschule übernahm der Beklagte die Kosten einer Stunde "Montessori-Einzeltherapie" pro Woche für die Zeit vom 19.9. bis 31.12.2005, lehnte jedoch die Kostenübernahme für die Fortführung der Maßnahme ab 1.1.2006 mit der Begründung ab, dass Eingliederungshilfe nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) nur für begleitende Hilfen in Betracht komme, während pädagogische Maßnahmen wie die durchgeführte Montessori-Therapie in den Verantwortungsbereich der Schule fielen (Bescheid vom 30.9.2005; Widerspruchsbescheid vom 13.4.2006). Die Kosten der in der Zeit vom 1.1. bis 31.7.2006 durchgeführten Therapiestunden haben daraufhin die Eltern der Klägerin getragen.
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Das Sozialgericht (SG) hat der auf Erstattung dieser Kosten in Höhe von 1181,50 Euro gerichteten Klage - weil die Maßnahme sowohl therapeutische als auch pädagogische Elemente enthalte - nur teilweise entsprochen und den Beklagten verurteilt, der Klägerin "für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Juli 2006 Eingliederungshilfe für die durchgeführte Montessori-Therapie in Höhe von 590,75 Euro zu gewähren" (Urteil vom 21.10.2008). Auf die Berufungen beider Beteiligten hat das Landessozialgericht (LSG) den Beklagten unter Zurückweisung von dessen Berufung verurteilt, der Klägerin die gesamten Kosten in Höhe von 1181,50 Euro zu erstatten (Urteil vom 18.11.2010). Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, die Pflicht zur Übernahme der Kosten ergebe sich aus § 19 Abs 3 SGB XII iVm § 53 Abs 1 Satz 1 SGB XII, § 54 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB XII und § 12 Nr 1 Eingliederungshilfe-Verordnung (Eingliederungshilfe-VO). Es habe sich bei der Therapie um eine heilpädagogische oder sonstige geeignete und erforderliche Maßnahme gehandelt, die der Klägerin den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht habe ermöglichen oder erleichtern sollen. Der Nachranggrundsatz (§ 2 Abs 1 SGB XII)stehe der Leistungspflicht nicht deshalb entgegen, weil die Montessori-Therapie auch pädagogische Elemente enthalte; sie sei nach den landesrechtlichen Vorschriften des Schulrechts nicht dem Kernbereich der pädagogischen Arbeit im Sinne des schulischen Erziehungs- und Bildungsauftrags zuzurechnen. Schließlich stehe der Gewährung der Eingliederungshilfe nicht entgegen, dass die Eltern der Klägerin die Therapie bereits bezahlt hätten.
- 4
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Mit der Revision rügt der Beklagte eine Verletzung des § 2 Abs 1 SGB XII. Nach § 15 Abs 4 Schulgesetz für Baden-Württemberg sei die Förderung behinderter Schüler Aufgabe der Schule selbst, sodass diese für Hilfen zur angemessenen Schulbildung eintrittspflichtig sei. Unzutreffend sei die Feststellung des LSG, es handele sich bei der Montessori-Therapie um eine begleitende, nicht um eine sonderpädagogische Maßnahme. Das LSG habe insoweit sowie zur Frage der Geeignetheit und Erforderlichkeit die Grenzen der freien Beweiswürdigung überschritten und seine Amtsermittlungspflicht verletzt, weil es die Feststellungen der Therapeutin und des Sachverständigen kritiklos übernommen und sich damit ua auf die Ausführungen eines Diplom-Psychologen gestützt habe, der weder durch Habilitation noch durch Promotion eine besondere wissenschaftliche Qualifikation nachweisen könne.
- 5
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Der Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG unter Zurückweisung der Berufung der Klägerin aufzuheben und das Urteil des SG unter vollständiger Abweisung der Klage abzuändern.
- 6
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Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
- 7
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Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend.
Entscheidungsgründe
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Die Revision des Beklagten ist im Sinne der Aufhebung des Berufungsurteils und der Zurück-verweisung der Sache an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz
) . Es fehlen ausreichende Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) für ein abschließendes Urteil.
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Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid des Beklagten vom 30.9.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.4.2006 (§ 95 SGG), soweit darin die Übernahme von Kosten (1181,50 Euro) für eine in der Zeit vom 1.1. bis 31.7.2006 durchgeführte Therapie (Montessori-Einzeltherapie) abgelehnt worden ist. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 und Abs 4, § 56 SGG).
- 10
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Von Amts wegen zu beachtende Verfahrensmängel liegen nicht vor. Insbesondere ist weder eine Beiladung der für die Klägerin zuständigen Krankenkasse (KK) noch eines Trägers der öffentlichen Jugendhilfe noch der Therapeutin der Klägerin erforderlich. Nach § 75 Abs 2 Satz 1 1. Alt SGG sind Dritte nämlich (nur) beizuladen, wenn sie an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann (echte notwendige Beiladung); diese Voraussetzungen sind für keinen der Bezeichneten erfüllt. Über eine unechte notwendige Beiladung war mangels Rüge im Revisionsverfahren (s zu dieser Voraussetzung nur Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 75 RdNr 13b mwN) nicht zu befinden.
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Eine notwendige Beiladung der KK im Hinblick auf § 14 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX) scheidet aus(vgl zur notwendigen Beiladung wegen unterlassener Weiterleitung des Antrags an den "eigentlich zuständigen" Träger der Teilhabeleistung nur BSGE 93, 283 ff RdNr 6 ff = SozR 4-3250 § 14 Nr 1). Die durchgeführte Maßnahme stellt keine Leistung zur Teilhabe iS der §§ 4, 5 Nr 1, 14 SGB IX dar; denn die KKen sind abweichend von den Vorschriften des SGB IX (vgl § 7 SGB IX) nur unter den Voraussetzungen des Sozialgesetzbuchs Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung - (
vgl § 11 Abs 2, §§ 40 ff SGB V) zur Erbringung medizinischer Rehabilitationsleistungen verpflichtet (BSGE 98, 277 ff RdNr 18 = SozR 4-2500 § 40 Nr 4). Trotz des Aspektes bzw des Ziels der (Wieder-)Herstellung der Gesundheit haben jedoch nicht alle Maßnahmen des SGB V rehabilitativen Charakter in einem Sinn, der dem Verständnis des SGB V über eine Teilhabeleistung entspricht. Letztlich kann jedoch dahinstehen, ob der Begriff der Teilhabeleistung des § 14 SGB IX eigenständig (weit) oder (nur) nach dem Verständnis des SGB V auszulegen ist. Vorliegend gehörte die durchgeführte Maßnahme ohnedies nicht zum Leistungskatalog des SGB V, sodass schon deshalb keine Zuständigkeit des Beklagten nach § 14 Abs 2 Satz 1 SGB IX eingetreten ist und eine echte notwendige - ebenso wie im Übrigen eine unechte - Beiladung der KK ausscheidet.
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Ein Kostenerstattungsanspruch für eine vom Versicherten selbstbeschaffte Leistung des SGB V würde voraussetzen, dass diese allgemein als Sach- oder Dienstleistung hätte erbracht werden müssen. Wie das LSG zu Recht erkannt hat, liegen die Voraussetzungen für einen Sachleistungsanspruch auf Gewährung der durchgeführten Therapie im Jahre 2006 nicht vor. Nach den insoweit unangefochtenen Tatsachenfeststellungen des LSG käme, weil die Therapie nicht von ärztlichen Fachkräften erbracht worden ist, allenfalls eine medizinische Dienstleistung in der Gestalt eines Heilmittels iS des § 32 SGB V(zum Heilmittelbegriff s: BSGE 88, 204, 206 ff = SozR 3-2500 § 33 Nr 41 S 229 ff; BSGE 96, 153 ff RdNr 26 = SozR 4-2500 § 27 Nr 7) in Betracht.
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Der Heilmittelanspruch eines Versicherten (§ 11 Abs 1 Nr 4, § 27 Abs 1 Satz 2 Nr 1 und Nr 3 SGB V)unterliegt jedoch den sich aus § 2 Abs 1 und § 12 Abs 1 SGB V ergebenden Einschränkungen. Insoweit sind neue Heilmittel grundsätzlich nur dann von der Leistungspflicht der Gesetzlichen Krankenversicherung umfasst, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) zuvor ihren therapeutischen Nutzen anerkannt und in den Richtlinien (RL) nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V über die Versorgung mit Heilmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (Heilmittel-RL) Empfehlungen für die Sicherung der Qualität bei der Leistungserbringung abgegeben hat(§ 138 SGB V). Die Beurteilung der Neuheit eines Heilmittels richtet sich unter formalen Gesichtspunkten danach, ob es nach dem Stand der Beschlüsse des GBA bei Inkrafttreten des § 138 SGB V (am 1.1.1989) Gegenstand der vertragsärztlichen Versorgung war oder seitdem einbezogen worden ist (Bundessozialgericht
SozR 3-2500 § 138 Nr 2 S 26, 28 und 31; BSGE 94, 221 ff RdNr 24 = SozR 4-2400 § 89 Nr 3 RdNr 25). Dies trifft für die Montessori-Therapie nicht zu, wie den Heilmittel-RL zu entnehmen ist, in die sie als verordnungsfähige Leistung nicht aufgenommen wurde; sie ist mithin als mögliches Heilmittel neu. Der GBA hat demgemäß in einem zusammenfassenden Bericht des Unterausschusses "Heil- und Hilfsmittel" des Bundesausschusses vom 18.5.2005 über die Beratungen gemäß § 138 SGB V zur konduktiven Förderung nach Petö(abgerufen über das Internet am 15.5.2012 über http://www.g-ba.de/downloads/40-268-256/2005-05-18-Abschluss-Petoe.pdf ) auch ausgeführt, die Wirksamkeit der Montessori-Therapie sei in wissenschaftlichen Studien nicht eindeutig belegt (S 165). Die somit notwendige Empfehlung für die Sicherung der Qualität bei der Leistungserbringung fehlt. Zudem mangelt es an der nach § 73 Abs 2 Nr 7 SGB V vorausgesetzten ärztlichen Verordnung(s dazu BSGE 73, 271 ff = SozR 3-2500 § 13 Nr 4), sodass es auf einen eventuellen indikationsbezogenen Ausschluss über § 32 Abs 1 Satz 2 SGB V in den Heilmittel-RL nicht mehr ankommt.
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Ein Anspruch aus § 43a SGB V(in der im streitbefangenen Zeitraum geltenden Fassung; Abs 2 wurde erst mit Wirkung ab 23.7.2009 eingeführt) scheidet von vornherein aus. Danach haben versicherte Kinder (nur) Anspruch auf nichtärztliche sozialpädiatrische, insbesondere auch psychologische, heilpädagogische und psychosoziale Leistungen, wenn sie unter ärztlicher Verantwortung erbracht werden und erforderlich sind, um eine Krankheit zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu erkennen und einen Behandlungsplan aufzustellen. Nach den insoweit unangegriffenen tatsächlichen Feststellungen des LSG diente die Maßnahme jedoch weder der Früherkennung noch stand sie unter ärztlicher Verantwortung. Es kann dahinstehen, ob der Senat an diese Feststellung entgegen § 163 SGG deshalb nicht gebunden ist, weil sie im Rahmen der von Amts wegen zu überprüfenden Beiladungsnotwendigkeit von Bedeutung ist(s dazu nur Leitherer, aaO, § 163 RdNr 5b mwN); denn diese Feststellung des LSG ist in der Sache ohnedies nicht zu beanstanden.
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Eine Beiladung des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe als "eigentlich zuständigen" Rehabilitationsträgers iS des § 6 Abs 1 Nr 6 SGB IX im Hinblick auf § 14 SGB IX dürfte schon deshalb ausscheiden, weil der Beklagte auch der nach §§ 69, 85, 86 Sozialgesetzbuch Achtes Buch - Kinder- und Jugendhilfe - (SGB VIII) iVm § 1 Kinder- und Jugendhilfegesetz für Baden-Württemberg (LKJHG) vom 14.4.2005 (Gesetzblatt
376) - zur Überprüfung des Landesrechts ist der Senat entgegen § 202 SGG iVm § 560 Zivilprozessordnung (ZPO) mangels Berücksichtigung durch das LSG befugt(vgl nur das Senatsurteil vom 10.11.2011 - B 8 SO 12/10 R -, zur Veröffentlichung vorgesehen, RdNr 14 mwN) - für die einzig denkbare Leistung des § 35a SGB VIII als Jugendhilfeträger zuständig sein dürfte. Einer genaueren Überprüfung, ob nach den Vorschriften der §§ 5, 6 LKJHG ausnahmsweise eine Zuständigkeit der landkreisangehörigen Gemeinden begründet worden ist, bedarf es nicht, denn auch dann wäre die Gemeinde nicht notwendig beizuladen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (zuletzt BVerwG, Urteil vom 19.10.2011 - 5 C 6/11 -, ZFSH/SGB 2012, 33, 35 f), der sich der Senat anschließt, wäre vorliegend von einer vorrangigen Leistungspflicht des beklagten Sozialhilfeträgers (Leistungen der Eingliederungshilfe für ua geistig behinderte junge Menschen) gemäß § 10 Abs 4 SGB VIII(in der seit 1.10.2005 geltenden Fassung) auszugehen. Aufgaben, Ziele und die Leistungen richten sich nämlich ohnedies nach den Vorschriften des SGB XII (§ 35a Abs 3 SGB VIII), decken sich also (vgl zum Erfordernis der Gleichheit oder Gleichartigkeit BVerwG aaO), und bei der Klägerin liegt jedenfalls eine wesentliche geistige Behinderung vor (dazu später). Es kann deshalb dahinstehen, ob sich eine Maßnahmenotwendigkeit auch aufgrund einer seelischen (= psychischen) Behinderung ergeben würde und wodurch sich diese von der geistigen abgrenzt.
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Schließlich ist auch nicht die Therapeutin der Klägerin notwendig beizuladen. Zwar ist der sozialhilferechtliche Leistungserbringer iS des § 75 SGB XII - und zwar auch bei ambulanten Diensten(§ 75 Abs 1 Satz 1 SGB XII; vgl Jaritz/Eicher, juris PraxisKommentar
-SGB XII, § 75 SGB XII RdNr 24) - bei einer beantragten Kostenübernahme, also einem Schuldbeitritt durch Verwaltungsakt mit Drittwirkung (vgl nur BSGE 102, 1 ff RdNr 25 ff = SozR 4-1500 § 75 Nr 9), notwendig beizuladen (BSG, aaO, RdNr 13 ff). Vorliegend verlangt die Klägerin jedoch nicht die Kostenübernahme durch den Beklagten im Rahmen einer Sachleistung im weiten Sinne, sondern die Erstattung der bereits beglichenen Therapiekosten als Geldleistung.
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Rechtsgrundlage für die Kostenerstattung durch den zuständigen (§ 97 Abs 1, § 98 Abs 1 SGB XII iVm § 3 Abs 2 Satz 1 SGB XII und §§ 1, 2 Ausführungsgesetz Baden-Württemberg zum SGB XII vom 1.7.2004 - GBl 534; zur eigenständigen Prüfung des Landesrechts ist der Senat mangels Berücksichtigung durch das LSG entgegen § 202 SGG iVm § 560 ZPO befugt - vgl das Senatsurteil vom 10.11.2011 - B 8 SO 12/10 R -, zur Veröffentlichung vorgesehen, RdNr 14 mwN) Beklagten ist § 15 Abs 1 Satz 4 2. Alt SGB IX. Danach sind selbstbeschaffte Leistungen zu erstatten, wenn der Rehabilitationsträger eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat (vgl dazu BSGE 102, 126 ff RdNr 11 f = SozR 4-3500 § 54 Nr 3). Ob der Beklagte die Übernahme der Kosten für die durchgeführte Therapie ab 1.1.2006 "zu Unrecht" abgelehnt hat, lässt sich allerdings anhand der tatsächlichen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) nicht abschließend beurteilen. Grundlage dafür ist § 19 Abs 3 SGB XII(hier in der Fassung, die die Norm durch das Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003 - BGBl I 3022 - erhalten hat) iVm §§ 53, 54 Abs 1 Nr 1 SGB XII und § 12 Abs 1 Nr 1 Eingliederungshilfe-VO. Hilfen nach § 19 Abs 3 SGB XII werden unter den besonderen Voraussetzungen der Vorschriften des Fünften und Neunten Kapitels geleistet, soweit den Leistungsberechtigten, ihren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern und, wenn sie minderjährig und unverheiratet sind, auch ihren Eltern oder einem Elternteil die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels des SGB XII nicht zuzumuten ist.
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Die Klägerin erfüllt die personenbezogenen Voraussetzungen des § 53 Abs 1 Satz 1 SGB XII für eine Pflichtleistung. Nach dieser Vorschrift werden Pflichtleistungen nur an Personen erbracht, die durch eine Behinderung iS des § 2 Abs 1 Satz 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach Art oder Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Die Voraussetzungen des § 2 Abs 1 SGB IX sind erfüllt, wenn - soweit einschlägig - die geistige Fähigkeit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht und daher die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Nach den in diesem Punkt unangegriffenen Tatsachenfeststellungen des LSG liegt eine Behinderung im bezeichneten Sinn bei der Klägerin vor, die an einer geistigen Leistungsstörung (s insoweit zur Legasthenie BVerwG, Urteil vom 28.9.1995 - 5 C 21/93 -, FEVS 46, 360 ff), nämlich einer ausgeprägten rezeptiven und expressiven Sprachentwicklungsverzögerung mit auditiver Gedächtnisschwäche, litt; diese geistige Behinderung war auch wesentlich.
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Wann dies der Fall ist, ergibt sich aus § 2 Eingliederungshilfe-VO. Er verlangt, dass infolge einer Schwäche der geistigen Kräfte in erheblichem Umfange die Fähigkeit zur Teilhabe am Leben in der Gesellschaft eingeschränkt ist (vgl allgemein dazu Wehrhahn in jurisPK-SGB XII, § 53 SGB XII RdNr 20 ff; Heinz, ZfF 2010, 79 ff). Dies ist jedenfalls zu bejahen, wenn - wie hier - die mit einer Behinderung einhergehenden Beeinträchtigungen der erfolgreichen Teilnahme am Unterricht in einer Grundschule entgegenstehen (vgl auch BVerwG, Beschluss vom 2.9.2003 - 5 B 259/02), weil Lerninhalte ohne zusätzliche Hilfestellung nicht aufgenommen und verarbeitet werden können; denn eine Grundschulbildung bildet die essentielle Basis für jegliche weitere Schullaufbahn (vgl BSG, Urteil vom 3.11.2011 - B 3 KR 8/11 R -, zur Veröffentlichung vorgesehen, RdNr 22) bzw eine valide spätere berufliche Tätigkeit. Insoweit ist wie bei der Prüfung einer Behinderung selbst auch ihre Wesentlichkeit wertend auszurichten an den Auswirkungen für die Eingliederung in der Gesellschaft (so wohl auch BVerwG, Urteil vom 28.9.1995 - 5 C 21/93 -, FEVS 46, 360 ff). Entscheidend ist mithin nicht, wie stark die geistigen Kräfte beeinträchtigt sind und in welchem Umfang ein Funktionsdefizit vorliegt, sondern wie sich die Beeinträchtigung auf die Teilhabemöglichkeit auswirkt.
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Nicht abschließend entschieden werden kann indes, ob die im Jahre 2006 durchgeführte Therapie geeignet und erforderlich war, der Klägerin den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht zu ermöglichen und zu erleichtern, ob also iS des § 53 Abs 1 Satz 1 SGB XII nach der Besonderheit des Einzelfalles die Aussicht bestand, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden konnte. Diese allgemeine Voraussetzung konkretisierend bezeichnet § 54 Abs 1 Nr 1 SGB XII(hier idF, die die Norm durch das Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003 - BGBl I 3022 - erhalten hat) als Leistungen der Eingliederungshilfe insbesondere Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht. Nach § 12 Nr 1 Eingliederungshilfe-VO umfasst die Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung auch heilpädagogische sowie sonstige Maßnahmen zugunsten körperlich und geistig behinderter Kinder und Jugendlicher, wenn die Maßnahmen erforderlich und geeignet sind, dem behinderten Menschen den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht zu ermöglichen und zu erleichtern.
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Wie bereits § 53 Abs 1 Satz 1 SGB XII verdeutlicht ("nach der Besonderheit des Einzelfalles"), liegt § 54 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB XII iVm § 12 Nr 1 Eingliederungshilfe-VO ein individualisiertes Förderverständnis zugrunde(BSG SozR 4-3500 § 54 Nr 6 RdNr 22). Eine Unterscheidung der Maßnahmen nach ihrer Art, etwa nach pädagogischen oder nichtpädagogischen bzw begleitenden, ist rechtlich nicht geboten, weil grundsätzlich alle Maßnahmen in Betracht kommen, die im Zusammenhang mit der Ermöglichung einer angemessenen Schulbildung geeignet und erforderlich sind, die Behinderungsfolgen zu beseitigen oder zu mildern (BSGE 101, 79 ff RdNr 27 mwN = SozR 4-3500 § 54 Nr 1). Deshalb können von der Leistungspflicht des Sozialhilfeträgers auch Maßnahmen umfasst werden, die zum Aufgabenbereich der Schulverwaltung gehören. Ausgeschlossen sind allerdings Maßnahmen, die dem Kernbereich der pädagogischen Arbeit der Schule zuzuordnen sind, der sich nach der Gesetzessystematik nicht unter Auslegung der schulrechtlichen Bestimmungen, sondern der sozialhilferechtlichen Regelungen bestimmt. Dies ergibt sich zum einen daraus, dass § 54 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB XII ausdrücklich anordnet, die Bestimmungen über die Ermöglichung der Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht sollten unberührt bleiben. Die schulrechtlichen Verpflichtungen stehen mithin grundsätzlich neben den sozialhilferechtlichen, ohne dass sie sich gegenseitig inhaltlich beeinflussen. Zum anderen normiert § 54 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB XII lediglich Hilfen, mithin unterstützende Leistungen, überlässt damit die Schulbildung selbst aber den Schulträgern. Der Kernbereich der schulischen Arbeit liegt damit nach Sinn und Zweck der §§ 53, 54 SGB XII gänzlich außerhalb der Zuständigkeit des Sozialhilfeträgers(ähnlich bereits, wenn auch mit anderer Begründung, BVerwG, Beschluss vom 2.9.2003 - 5 B 259/02 - juris RdNr 17 mwN; BVerwG, Urteil vom 30.4.1992 - 5 C 1/88 - NVwZ 1993, 995, 996 f).
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Nach diesen Maßstäben kann die durchgeführte Maßnahme eine Hilfe zur angemessenen Schulbildung sein, weil sie - wie das LSG zutreffend ausgeführt hat - jedenfalls nicht den Kernbereich der schulischen pädagogischen Arbeit berührt, ohne dass dieser genau bestimmt werden müsste. Die durchgeführte Therapie, die nach den insoweit unangegriffenen Feststellungen des LSG den Prinzipien der Montessori-Therapie gefolgt ist, weist den Charakter einer nur unterstützenden und außerhalb des schulischen Betriebs stattfindenden Hilfe auf. Im Rahmen eines ganzheitlichen Denkansatzes sollten unter Verwendung von unterschiedlichem Material vielfältige Bereiche ua der Wahrnehmung, des Sprachverständnisses, der Mathematik, der Geografie, der Biologie und der Umwelt (nur) durch ein zurückhaltendes Angebot von Hilfe und Unterstützung, auch durch "sensibles Beobachten", durch den Therapeuten gefördert werden (hierzu insgesamt der in der Gerichtsakte befindliche "Infobrief über die Montessori-Therapie für Fachstellen" des Montessori-Bundesverbands eV, Mengkofen; zur Zulässigkeit der Feststellung genereller Tatsachen in der Revisionsinstanz s nur BSG SozR 4-3250 § 69 Nr 9 RdNr 28 mwN).
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Soweit das LSG in seiner Entscheidung die Ausführungen des Sachverständigen und die Äußerungen der früheren Klassenlehrerin der Klägerin zur Geeignetheit und Erforderlichkeit der Therapie wiedergegeben und verwertet sowie ausgeführt hat, dass die Therapie "nach dem Förderplan der Montessori-Therapeutin gezielt auf den Aufbau der auditiven Wahrnehmungsleistung abgestimmt" gewesen sei, reicht dies jedoch für eine Beurteilung der individuellen Geeignetheit und Erforderlichkeit der durchgeführten Therapie nicht aus. Erforderlich sind vielmehr konkrete Feststellungen dazu, wie die Klägerin betreut worden ist und wie sich dies im Einzelnen auf die individuelle Lernfähigkeit der Klägerin unter prognostischer Sicht - abgestellt auf den Zeitpunkt der Entscheidung (vgl nur allgemein dazu BSG SozR 4-4300 § 86 Nr 1 RdNr 15) - auswirken sollte. Allgemein gehaltene Bewertungen der Montessori-Therapie, ihrer Ziele und Methoden, können diese Beurteilung nicht ersetzen. Da das LSG nach der Zurückverweisung der Sache die fehlenden Feststellungen nachzuholen hat, kommt es auf die in diesem Zusammenhang erhobenen Verfahrensrügen des Beklagten nicht an. Im Rahmen der Erforderlichkeit der Hilfe wird das LSG auch die Anzahl der Therapiestunden zu überprüfen haben.
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Schließlich wird es anhand der schuldrechtlichen Vereinbarungen mit der Therapeutin die Höhe der der Klägerin (bzw ihren Eltern) entstandenen und damit übernahme- und erstattungsfähigen Kosten zu ermitteln haben, wobei ohne Bedeutung ist, ob mit der Therapeutin Vereinbarungen nach §§ 75 ff SGB XII geschlossen sind und - wenn ja - welche Vergütung darin für die Therapiestunden vorgesehen war. Eine diesbezügliche rechtliche Unsicherheit kann sich nicht zu Lasten der Klägerin auswirken (vgl BSGE 102, 126 ff RdNr 12 = SozR 4-3500 § 54 Nr 3). Dies gilt umso mehr, als sich Umfang der Behandlung und Vergütung offenbar im Rahmen dessen bewegen, was vom Beklagten in der Zeit zuvor übernommen worden ist. Ob die Voraussetzungen einer Schuldverpflichtung der Klägerin bzw ihrer Eltern gegenüber der Therapeutin und der Angemessenheit der Kosten normimmanent aus §§ 53, 54 SGB XII oder aus § 9 Abs 1 SGB XII (Leistungen nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach der Art des Bedarfs) zu entnehmen sind, kann offen bleiben. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt bedarf dies schon deshalb keiner näheren Begründung, weil nicht ersichtlich ist, dass sich in vorliegender Konstellation hieraus unterschiedliche Rechtsfragen ergäben.
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Entgegen der Ansicht des Beklagten steht einem Kostenerstattungsanspruch der Klägerin § 2 Abs 1 SGB XII (sog Nachranggrundsatz) nicht entgegen. Danach erhält Sozialhilfe nicht, wer die erforderliche Leistung von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält. Diese Vorschrift ist, wenn andere Leistungen - wie hier - tatsächlich nicht erbracht werden, keine eigenständige Ausschlussnorm, sondern ihr kommt regelmäßig nur im Zusammenhang mit ergänzenden bzw konkretisierenden sonstigen Vorschriften des SGB XII Bedeutung zu; ein Leistungsausschluss ohne Rückgriff auf andere Normen des SGB XII ist mithin allenfalls in extremen Ausnahmefällen denkbar, etwa wenn sich der Bedürftige generell eigenen Bemühungen verschließt und Ansprüche ohne weiteres realisierbar sind (BSG, Urteil vom 2.2.2010 - B 8 SO 21/08 R - RdNr 13; Urteil vom 29.9.2009 - B 8 SO 23/08 R - BSGE 104, 219 ff RdNr 20 = SozR 4-3500 § 74 Nr 1; Urteil vom 26.8.2008 - B 8/9b SO 16/07 R - RdNr 15). Eine Leistungspflicht des Sozialhilfeträgers außerhalb des Kernbereichs der pädagogischen Arbeit der Schule ist deshalb in aller Regel zu bejahen, solange und soweit die Schule - wie hier - eine entsprechende Hilfe nicht gewährt, ja sogar darauf verweist, sie nicht erbringen zu können. Ob sie dazu verpflichtet ist, ist unerheblich. Der Sozialhilfeträger muss ggf mittels einer Überleitungsanzeige (§ 93 SGB XII) beim zuständigen Schulträger Rückgriff nehmen. Soweit der Beklagte mit seiner Revision in diesem Zusammenhang eine fehlerhafte Auslegung des Landesschulrechts rügt, kommt es darauf unabhängig davon, inwieweit der Senat diese Auslegung überhaupt überprüfen darf (§ 202 SGG iVm § 560 ZPO), für die Entscheidung nicht an.
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Dem Kostenerstattungsanspruch steht schließlich nicht entgegen, dass die Eltern der Klägerin die angefallenen Kosten bereits getragen haben. Sozialhilfeleistungen setzen zwar vom Grundgedanken her einen aktuellen Bedarf voraus; dies gilt allerdings aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes (Art 19 Abs 4 Grundgesetz) nicht bei einer rechtswidrigen Ablehnung der Hilfegewährung und zwischenzeitlicher Bedarfsdeckung im Wege der Selbsthilfe oder Hilfe Dritter, wenn der Hilfesuchende innerhalb der gesetzlichen Fristen einen Rechtsbehelf eingelegt hat und im Rechtsbehelfsverfahren die Hilfegewährung erst erstreiten muss (BSG, Urteil vom 29.9.2009 - B 8 SO 16/08 R -, BSGE 104, 213 ff RdNr 14 = SozR 4-1300 § 44 Nr 20; vgl auch zum Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitssuchende -
: BSG, Urteil vom 6.10.2011 - B 14 AS 66/11 R -, zur Veröffentlichung vorgesehen, RdNr 19, und Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 46/11 R -, zur Veröffentlichung vorgesehen, RdNr 17 mwN) .
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Ermittlungen darüber, ob die Klägerin im Falle des Klageerfolgs ihren Eltern deren Auslagen erstatten muss oder zumindest wird (vgl dazu in einer anderen Konstellation BSG, Urteil vom 6.10.2011 - B 14 AS 66/11 R -, zur Veröffentlichung vorgesehen, RdNr 19), sind entbehrlich. Im Rahmen der Vermögenssorge (§ 1926 Bürgerliches Gesetzbuch)für ein achtjähriges Kind sind Vereinbarungen über eine Rückerstattung der Kosten besonderer Sozialhilfeleistungen (§ 84 Abs 2 SGB XII ist nicht anwendbar, weil § 92 Abs 1 Satz 2 SGB XII insoweit als Sonderregelung vorgeht), die die Eltern übernommen haben, weil der Sozialhilfeträger die Leistung abgelehnt hat, bei realitätsnaher Sichtweise unüblich. Unerheblich ist es auch, ob und inwieweit in der Übernahme dieser Kosten eine tatsächliche Unterhaltszahlung zu sehen sein könnte. Eine solche Prüfung würde den Zweck des § 92 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB XII(hier in der Normfassung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003 - BGBl I 3022 - erhalten hat) konterkarieren, die Eltern behinderter mit denen nichtbehinderter Kinder hinsichtlich der aus einer angemessenen Schulbildung ihrer Kinder folgenden Lasten wirtschaftlich gleichzustellen (so bereits BVerwGE 94, 127, 135 f mwN zur Vorgängervorschrift des § 43 Abs 2 Satz 1 Nr 2 und Satz 2 Bundessozialhilfegesetz).
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Aus § 92 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB XII ergibt sich zugleich, dass auf Leistungen weder Einkommen der Klägerin noch Einkommen ihrer Eltern anzurechnen ist; denn nach Satz 1 ist eine Aufbringung der Mittel nur für die Kosten des Lebensunterhalts zuzumuten. Eine Vermögensanrechnung unterbleibt völlig (Satz 2). Die Beschränkung auf die Kosten des Lebensunterhalts in § 92 Abs 2 Satz 1 SGB XII bedeutet, dass Aufwendungen des Sozialhilfeträgers für die besonderen Hilfen nicht zu erstatten sind, soweit nicht integraler Bestandteil dieser Hilfen Kosten des Lebensunterhalts sind(Behrend in jurisPK-SGB XII, § 92 SGB XII RdNr 23 mwN). Dies war indes bei der durchgeführten Therapie nicht der Fall. Insoweit setzt § 92 Abs 2 SGB XII nicht voraus, dass gleichzeitig die in § 92 Abs 1 SGB XII beschriebenen Merkmale für die Hilfe für eine stationäre Einrichtung, für eine Tageseinrichtung für behinderte Menschen oder für ärztliche oder ärztlich verordnete Maßnahmen vorliegen(Behrend, aaO, RdNr 22 mwN).
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Das LSG wird ggf auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.
Tenor
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Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 22. November 2010 wird zurückgewiesen.
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Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
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Im Streit ist die Übernahme von Schulgeld in Höhe von 303,92 Euro monatlich für die Zeit vom 1.8.2005 bis 18.10.2009 nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII).
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Der 1997 geborene Kläger leidet seit seiner Geburt an dem sogenannten Rubinstein-Taybi-Syndrom mit Absence-Epilepsie, verzögerter Entwicklung, Minderwuchs und geistiger Behinderung, verbunden mit Hyperaktivität und teilweiser Aggressivität. Er lebt seit seinem 4. Lebensmonat in einer Pflegefamilie, in die er direkt nach dem Klinikaufenthalt nach seiner Geburt aufgenommen wurde. Das staatliche Schulamt für den Landkreis G. und den V. stellte beim Kläger einen sonderpädagogischen Förderbedarf im Sinne des Besuchs einer Schule für praktisch Bildbare fest und wies ihn zum 1.8.2005 der staatlichen M.-Schule in G. zu. Da die Pflegeeltern die sonderpädagogische Förderung des Klägers an der nach den Grundsätzen der anthroposophischen Heilpädagogik und der Waldorfpädagogik unterrichtenden privaten B.-Schule wünschten, erklärte das staatliche Schulamt gleichzeitig sein Einverständnis, den sonderpädagogischen Förderbedarf dort zu erfüllen, sofern die Frage der Kostenübernahme mit dem Schulverwaltungsamt des Kreisausschusses des Landkreises G. geklärt sei (Bescheid vom 31.5.2005). Nachdem die Pflegeeltern für den Kläger mit dem Träger der B.-Schule einen Schulvertrag ab 1.8.2005 abgeschlossen und dabei ein monatliches Schulgeld in Höhe von 303,92 Euro vereinbart hatten, wurde der Kläger am 5.9.2005 in die B.-Schule eingeschult. Den vom Träger der Schule - nach den Feststellungen des Landessozialgerichts (LSG) - namens und im Auftrag der Pflegeeltern gestellten Antrag auf Übernahme des Schulgelds lehnte der Beklagte ab (Bescheid vom 22.6.2005; Widerspruchsbescheid vom 19.4.2006).
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Klage und Berufung sind ohne Erfolg geblieben (Urteil des Sozialgerichts
Gießen vom 11.11.2008; Urteil des Hessischen LSG vom 22.11.2010) . Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, der Besuch der B.-Schule sei keine für eine angemessene Schulbildung des Klägers erforderliche Maßnahme. Hieran ändere auch die schulrechtliche Einstufung durch das staatliche Schulamt, an die der Sozialhilfeträger gebunden sei, nichts, weil eine Zuweisung nur an die staatliche M.-Schule erfolgt sei, während der Besuch der B.-Schule ausschließlich als mögliche Beschulungsalternative gestattet worden sei. Beide Schulen seien geeignete Förderschulen zur Erfüllung des besonderen sonderpädagogischen Bedarfs des Klägers. Auch das Elternrecht aus Art 6 Abs 2 Satz 1 Grundgesetz (GG) biete als Abwehrrecht keinen Anspruch auf Vermittlung pädagogischer Lehrinhalte und Bildungsziele außerhalb öffentlicher Schulen. Ein Anspruch könne auch nicht aus Art 7 Abs 4 Satz 1 GG hergeleitet werden, weil insoweit nur das private Ersatzschulwesen geschützt werde, nicht jedoch auch das Recht der Eltern, eine private Ersatzschule kostenfrei zu wählen.
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Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung von § 54 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB XII und § 12 Eingliederungshilfeverordnung (Eingliederungshilfe-VO) und macht Verfahrensfehler geltend. Zu Unrecht gehe das LSG davon aus, dass der Besuch einer privaten Förderschule und der damit verbundene Schulgeldaufwand bei Bestehen einer gleichwertigen kostenfreien Beschulungsmöglichkeit nicht erforderlich iS von § 12 Eingliederungshilfe-VO sei. Zwar hätte sein schulischer Förderbedarf auch durch den Besuch der M.-Schule sichergestellt werden können; das Berufungsgericht lasse aber unberücksichtigt, dass die Pflegeeltern mit ihrer Auswahlentscheidung den von den staatlichen Schulbehörden eingeräumten Rahmen mit einer für den beklagten Sozialhilfeträger ebenso verbindlichen Weise ausgefüllt hätten, wie dies durch eine förmliche Zuweisung der Schulbehörden geschehen wäre. Folge man der Auffassung des LSG liefen das eingeräumte Wahlrecht und letztlich die Bestimmung des § 54 Abs 1 Satz 1 SGB XII leer, wenn Eltern die mit dem Schulbesuch verbundenen Kosten nicht aufbringen könnten. Sei schulrechtlich eine Wahlfreiheit zwischen öffentlicher Förder- und privater Ersatzschule eröffnet, setze eine generelle Beschränkung der Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung auf den Besuch öffentlicher Schulen nach der Rechtsprechung des 6. Senats des LSG (Urteil vom 18.8.2010 - L 6 SO 5/10) verfassungsrechtlich eine ausdrückliche Entscheidung des Gesetzgebers voraus. Durch den unterlassenen Hinweis, dem 6. Senat nicht folgen zu wollen, habe das LSG das rechtliche Gehör verletzt (Überraschungsentscheidung). Auch habe sich das LSG nicht mit dem Vortrag auseinandergesetzt, dass der Beklagte mit seiner (des Klägers) Beschulung in der B.-Schule einverstanden gewesen sei und sich hieraus die Verpflichtung ableite, auch für die entstehenden Beschulungskosten einzustehen. Unterblieben sei schließlich die Prüfung, ob eine Aufnahme in die M.-Schule nicht an Kapazitäts- oder anderen Gründen gescheitert wäre.
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Der Kläger beantragt,
die Urteile des LSG und des SG sowie den Bescheid des Beklagten vom 22.6.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.4.2006 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm 303,92 Euro monatlich für die Zeit vom 1.8.2005 bis 18.10.2009 zu zahlen.
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Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
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Er hält die Auffassung des LSG für zutreffend.
Entscheidungsgründe
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Die Revision des Klägers ist unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz
) . Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung des monatlichen Schulgelds in Höhe von 303,92 Euro bzw in Höhe des für Oktober 2009 maßgeblichen Teils davon für den Besuch der B.-Schule.
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Gegenstand des Revisionsverfahrens ist zulässigerweise nur der Bescheid des Beklagten vom 22.6.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.4.2006 (§ 95 SGG) über die Ablehnung der Übernahme des Schulgelds als abgrenzbaren Streitgegenstand im Rahmen der Eingliederungshilfe. Gegen diesen Bescheid wendet sich der Kläger mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4 iVm § 56 SGG). Sozial erfahrene Dritte waren vor Erlass des Widerspruchsbescheids nicht zu beteiligen (§ 116 Abs 2 SGB XII in der Normfassung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003 - BGBl I 3022 iVm § 8 Abs 2 des Hessischen Ausführungsgesetzes zum Zwölften Buch Sozialgesetzbuch
vom 20.12.2004 - GVBl 488) . Nicht Streitgegenstand sind Leistungen für den Lebensunterhalt, auch nicht im Rahmen des sog Meistbegünstigungsprinzips, wonach zur Sicherstellung einer möglichst weitgehenden Verwirklichung sozialer Rechte (§ 2 Abs 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil -; vgl dazu: Voelzke in juris PraxisKommentar SGB I, 2. Aufl 2011 - online -, § 2 RdNr 26; Steinbach in Hauck/Noftz, SGB I, K § 2 RdNr 44, Stand Dezember 2005) , Anträge bzw Rechtsbehelfe ohne Bindung an den Wortlaut nach dem wirklichen Willen des Antragstellers auszulegen sind (BSG SozR 4-3500 § 44 Nr 2 RdNr 13); denn eine abweichende Festlegung des Bedarfs wegen der Verpflichtung zur Zahlung des Schulgelds (§ 28 Abs 1 Satz 2 SGB XII) kommt ohnedies nicht in Betracht (siehe dazu unten).
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Nach § 53 Abs 1 Satz 1(in der Normfassung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch) iVm § 54 Abs 1 SGB XII(in der Normfassung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch; für die Zeit ab 5.8.2009 in der Normfassung des Gesetzes zur Regelung des Assistenzpflegebedarfs im Krankenhaus vom 30.7.2009 - BGBl I 2495) erhalten Personen, die durch eine Behinderung iS von § 2 Abs 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX) wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, Leistungen der Eingliederungshilfe, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalls, insbesondere nach Art oder Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann.
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Vorliegend ist es schon fraglich, ob der Beklagte als überörtlicher Träger der Sozialhilfe (§ 3 Abs 1 HAG/SGB XII idF des Gesetzes vom 20.12.2004) für den streitigen Anspruch auf Übernahme des Schulgelds als Leistung der Eingliederungshilfe der sachlich zuständige Sozialhilfeträger ist. Abweichend von § 100 Bundessozialhilfegesetz(BSHG; in der nach Art 68 Abs 2 des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch bis 31.12.2006 fortgeltenden Fassung) bzw ab 1.7.2007 § 97 Abs 3 Nr 1 SGB XII (Art 70 Abs 2 S 6 des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch) regelt § 97 Abs 2 Satz 1 SGB XII iVm § 2 Abs 1 Nr 1 HAG/SGB XII(bis 31.6.2006 in der nach § 13 Abs 3 HAG/SGB XII bestimmten Fassung) die sachliche Zuständigkeit von örtlichem bzw überörtlichem Sozialhilfeträger. Danach ist der überörtliche Träger der Sozialhilfe für Leistungen nach dem Sechsten Kapitel des SGB XII nur sachlich zuständig, sofern diese in einer Einrichtung zur stationären oder teilstationären Betreuung zu gewähren sind. Eine (teilstationäre) "Einrichtung" im Sinne des SGB XII (§ 13 SGB XII)ist ein in einer besonderen Organisationsform zusammengefasster Bestand von personellen und sächlichen Mitteln unter verantwortlicher Trägerschaft, der auf gewisse Dauer angelegt und für einen wechselnden Personenkreis zugeschnitten ist und Leistungen der Sozialhilfe erbringt (BVerwGE 95, 149, 152; Bundesverwaltungsgericht
, Urteil vom 24.2.1994 - 5 C 42/91 -, FEVS 45, 52 ff; Urteil vom 24.2.1994 - 5 C 13/91 -, FEVS 45, 183 ff; Urteil vom 24.2.1994 - 5 C 17/91 -, ZfSH/SGB 1995, 535 ff; BSGE 106, 264 ff RdNr 13 = SozR 4-3500 § 19 Nr 2) .
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Ob eine Schule (anders als etwa die der Schule angegliederte Behinderteneinrichtung) eine teilstationäre Einrichtung in diesem Sinne ist, insbesondere Leistungen der Sozialhilfe erbringt (vgl dazu BVerwGE 48, 228, 231, das zwischen allgemeinen Schulen und Schulen unterscheidet, in denen über die bloße Vermittlung des Lernstoffs hinaus ein besonderes Maß an Betreuung erforderlich ist), ist zweifelhaft, wobei es für die Ablehnung der Leistung wegen Unzuständigkeit genügt, dass Sozialhilfeleistungen geltend gemacht werden. Für die Begründung der sachlichen Zuständigkeit ist es jedenfalls nicht - wie der Beklagte meint - ausreichend, dass er aufgrund langjähriger Praxis bei Pflegefamilienverhältnissen (im Rahmen des § 97 Abs 5 SGB XII) auch die Begleitkosten übernimmt, sofern diese übernahmefähig sind. Eine solche Annex-Kompetenz, wie sie etwa § 2 Abs 2 HAG/SGB XII(in der bis 31.12.2006 geltenden Fassung) vorsieht, setzt nämlich die sachliche Zuständigkeit des überörtlichen Sozialhilfeträgers für die im Rahmen eines Pflegefamilienverhältnisses zu erbringende Eingliederungshilfe voraus, an der es vorliegend fehlen könnte. Im Ergebnis kann diese Frage aber dahingestellt bleiben, weil der Kläger auch bei unterstellter sachlicher Zuständigkeit des Beklagten keinen Anspruch auf die im Streit stehende Leistung hat.
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Der Kläger erfüllt die personenbezogenen Voraussetzungen des § 53 Abs 1 Satz 1 SGB XII für eine Pflichtleistung. Die Voraussetzungen für eine Behinderung nach § 2 Abs 1 SGB IX sind erfüllt, wenn die geistige Fähigkeit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht und die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Nach den Feststellungen des LSG liegt eine solche Behinderung vor.
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Die geistige Behinderung ist auch wesentlich. Wann dies der Fall ist, ist § 2 Eingliederungshilfe-VO zu entnehmen, wonach eine wesentliche Behinderung vorliegt, wenn infolge einer Schwäche der geistigen Kräfte in erheblichem Umfang die Fähigkeit zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft eingeschränkt ist. Dies richtet sich nach den Besonderheiten des Einzelfalls und hängt deshalb von sehr unterschiedlichen, durch die individuelle Behinderung geprägten Umständen ab (BVerwG Buchholz 436.0 § 39 BSHG Nr 12 S 2). Insoweit ist wie bei der Prüfung der Behinderung auch ihre Wesentlichkeit wertend auszurichten, insbesondere an den Auswirkungen für die Eingliederung in die Gesellschaft. Entscheidend ist mithin nicht, wie stark die geistigen Kräfte beeinträchtigt sind und in welchem Umfang ein Funktionsdefizit vorliegt, sondern wie sich die Beeinträchtigung auf die Teilhabemöglichkeit auswirkt (vgl BSGE 110, 301 ff RdNr 19 = SozR 4-3500 § 54 Nr 8). Stehen - wie hier - die mit einer Behinderung einhergehenden Beeinträchtigungen der erfolgreichen Teilnahme des Klägers am Unterricht in einer allgemeinen (Grund-)Schule entgegen (vgl auch BVerwG, Beschluss vom 2.9.2003 - 5 B 259/02), weil Lerninhalte ohne zusätzliche Hilfestellung nicht aufgenommen und verarbeitet werden können, und erfordert die geistige Behinderung deshalb einen sonderpädagogischen Förderbedarf, um die mögliche Vermittlung praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten überhaupt erst zu ermöglichen, ist die Behinderung nach den oben aufgezeigten Grundsätzen wesentlich; denn eine Grundschulbildung bildet die essentielle Basis für jegliche weitere Schullaufbahn (vgl: BSGE 110, 301 ff RdNr 19 = SozR 4-3500 § 54 Nr 8; BSGE 109, 199 ff RdNr 22 = SozR 4-2500 § 33 Nr 37).
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Gehört der Kläger danach zwar zu dem leistungsberechtigten Personenkreis, scheitert ein Anspruch auf die Zahlung des Schulgelds aber daran, dass es sich insoweit nicht um eine Leistung der Eingliederungshilfe handelt. Nach § 54 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB XII sind Leistungen der Eingliederungshilfe neben den Leistungen nach den §§ 26, 33, 41 und 55 SGB IX auch Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung, insbesondere im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht und zum Besuch weiterführender Schulen einschließlich der Vorbereitung hierzu. Erfasst sind von dem Wortlaut der Vorschrift ("Hilfen") nur Maßnahmen, die im Zusammenhang mit der Ermöglichung einer angemessenen Schulbildung geeignet und erforderlich sind, die Behinderungsfolgen zu beseitigen oder zu mildern (BSGE 110, 301 ff RdNr 20 = SozR 4-3500 § 54 Nr 8). Dies bestätigt auch § 12 Eingliederungshilfe-VO, der seinerseits nur von "Hilfe zu einer angemessenen Schulausbildung" spricht. Die von dieser Hilfe nach § 12 Eingliederungshilfe-VO (auch) erfassten Regelbeispiele betreffen dementsprechend nur die Schulbildung begleitende Maßnahmen. Die Schulbildung selbst, also der Kernbereich der pädagogischen Arbeit, der sich nach der Gesetzessystematik nicht unter Auslegung der schulrechtlichen Bestimmungen, sondern der sozialhilferechtlichen Regelungen bestimmt, obliegt hingegen allein den Schulträgern. Art 7 Abs 1 GG überträgt dem Staat einen (außerhalb des Sozialhilferechts liegenden) eigenständigen Unterrichts- und Bildungsauftrag im Schulbereich (BSG, aaO, RdNr 21; BVerfGE 47, 46, 71 f; 98, 218, 241).
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Dass der Kernbereich der pädagogischen Arbeit der Schule den Regelungen über die Eingliederungshilfe entzogen ist, bestätigt § 54 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB XII dadurch, dass die Bestimmungen über die Ermöglichung der Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht(hier: Art 56 ff Hessische Landesverfassung iVm dem Hessischen Schulgesetz idF vom 14.6.2005 - GVBl 441) unberührt bleiben sollen. Die schulrechtlichen Verpflichtungen bestehen also grundsätzlich neben den sozialhilferechtlichen, ohne dass sie sich gegenseitig inhaltlich beeinflussen (BSG aaO). Auch das BVerwG hat in seiner Entscheidung vom 13.8.1992 - 5 C 70/88 - (Buchholz 436.0 § 11 BSHG Nr 16 S 3) ausgeführt, dass der Staat mit der Einrichtung der öffentlichen Grundschulen seinen Bildungs- und Erziehungsauftrag aus Art 7 Abs 1 GG nachkomme und die Schulgeldfreiheit aus übergreifenden bildungs- und sozialpolitischen Gründen eine eigenständige (landesrechtliche) Regelung außerhalb des Sozialhilferechts gefunden habe, sodass für einen Rechtsanspruch gegen den Sozialhilfeträger zur Deckung eines im Grundschulalter angemessenen Bildungsbedarfs Aufnahmebeiträge und monatliches Schulgeld für den Besuch einer privaten Grundschule als Sozialhilfeleistung nicht zu übernehmen seien. Dabei ist das BVerwG in Bezug auf die erforderliche Hilfe nicht von einer nach Maßgabe des Nachranggrundsatzes der Sozialhilfe zu lösenden Anspruchskonkurrenz, sondern von einem Verhältnis der "Spezialität" ausgegangen, wobei es eine Ausnahme von diesem Grundsatz für möglich hielt, wenn der Besuch einer öffentlichen Grundschule aus objektiven Gründen (zB wegen ihrer räumlichen Entfernung vom Wohnort) oder aus schwerwiegenden subjektiven (persönlichen) Gründen nicht möglich oder nicht zumutbar sei. Diese Rechtsprechung hat das BVerwG auch für Leistungen der Eingliederungshilfe bestätigt (Beschluss vom 2.9.2003 - 5 B 259/02) und ausdrücklich ausgeführt, dass ein nachrangiges Eintreten der Sozialhilfe (nur) für solche Bedarfe nicht ausgeschlossen sei, die nicht in der Deckung des unmittelbaren Ausbildungsbedarfs im Rahmen der Schulpflicht bestünden, sondern damit lediglich - mehr oder weniger eng - zusammenhingen, etwa wie bei der Bereitstellung eines Integrationshelfers für behinderte Kinder an Regelschulen.
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Nach diesen Maßstäben hat der Kläger keinen Anspruch auf die Zahlung des Schulgelds als Leistung der Eingliederungshilfe. Zu dem Kernbereich der Schule gehören alle schulischen Maßnahmen, die dazu dienen, die staatlichen Lehrziele zu erreichen, in erster Linie also der (unentgeltliche) Unterricht, der die für den erfolgreichen Abschluss notwendigen Kenntnisse vermitteln soll. Damit unterliegt auch das vom Kläger begehrte Schulgeld unmittelbar diesem Kernbereich, weil die Übernahme des Schulgelds die von der Schule selbst zu erbringende Leistung, also den Unterricht, finanziert, mithin den schulischen Bildungsauftrag erfüllt und keine bloß unterstützende Leistung im Zusammenhang mit der Ermöglichung einer angemessenen Schulbildung darstellt. Wie die Entscheidung des Schulamts auszulegen ist und inwieweit sie auch für den Beklagten Bindungswirkung entfaltet (vgl dazu BVerwGE 130, 1 ff), ist danach ohne Belang. Ebenso spielt es in diesem Zusammenhang keine Rolle, dass sich der Beklagte mit der Beschulung in die B.-Schule einverstanden erklärt hat. Die Ausübung eines Wahlrechts, welche Schule besucht wird, hat nicht zur Folge, dass der Sozialhilfeträger ein etwaiges Schulgeld zahlen müsste.
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Schulgeld wäre - abgesehen davon, dass es hier nicht Streitgegenstand ist (siehe oben) - auch nicht nach den Regelungen des Dritten bzw Vierten Kapitels des SGB XII zu erbringen. Entsprechende Leistungen könnten ggf zwar durch eine abweichende Festlegung des Regelsatzes nach § 28 Abs 1 Satz 2 SGB XII in der bis 31.12.2010 geltenden alten Fassung erbracht werden, dies würde aber voraussetzen, dass der Bedarf unabweisbar seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abwiche. Der auf das Schulgeld gerichtete höhere Bedarf des Klägers wäre aber nicht unabweisbar. Nach den Feststellungen des LSG besteht für den Kläger eine gleichwertige und unentgeltliche Möglichkeit des Schulbesuchs an der Schule für praktisch Bildbare.
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Die erhobenen Verfahrensrügen greifen nicht durch. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs ist nicht schon darin zu sehen, dass das LSG - ohne ausdrücklichen Hinweis - einer Entscheidung eines anderen Senats desselben Gerichts nicht folgt. Da der Kläger unter keinem denkbaren Gesichtspunkt einen Anspruch auf Zahlung des Schulgelds hat, erübrigt sich im Übrigen - weil absolute Revisionsgründe nicht geltend gemacht werden - ein weiteres Eingehen auf den vermeintlichen Verfahrensfehler. Gleiches gilt für die behauptete Gehörsverletzung durch Übergehen des Vortrags, der Beklagte habe sich mit der Beschulung in der B.-Schule einverstanden erklärt (dazu auch oben). Soweit schließlich moniert wird, das LSG habe nicht geprüft, ob die Aufnahme in der M.-Schule an Kapazitäts- oder anderen Gründen gescheitert wäre (Verletzung der Amtsaufklärungspflicht; § 103 SGG), hätte dargelegt werden müssen (§ 164 Abs 2 Satz 3 SGG), warum sich das LSG - trotz Zuweisung des Klägers in die M.-Schule und Streitgegenstandsbegrenzung auf die Eingliederungshilfe - hätte gedrängt fühlen müssen, entsprechende Ermittlungen anzustellen. Für die Eingliederungshilfe wäre jedenfalls eine entsprechende Klärung ohne Bedeutung.
(1) Kinder oder Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn
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ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und - 2.
daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.
(1a) Hinsichtlich der Abweichung der seelischen Gesundheit nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Stellungnahme
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eines Arztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, - 2.
eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, eines Psychotherapeuten mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen oder - 3.
eines Arztes oder eines psychologischen Psychotherapeuten, der über besondere Erfahrungen auf dem Gebiet seelischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen verfügt,
(2) Die Hilfe wird nach dem Bedarf im Einzelfall
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in ambulanter Form, - 2.
in Tageseinrichtungen für Kinder oder in anderen teilstationären Einrichtungen, - 3.
durch geeignete Pflegepersonen und - 4.
in Einrichtungen über Tag und Nacht sowie sonstigen Wohnformen geleistet.
(3) Aufgabe und Ziele der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises sowie Art und Form der Leistungen richten sich nach Kapitel 6 des Teils 1 des Neunten Buches sowie § 90 und den Kapiteln 3 bis 6 des Teils 2 des Neunten Buches, soweit diese Bestimmungen auch auf seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen Anwendung finden und sich aus diesem Buch nichts anderes ergibt.
(4) Ist gleichzeitig Hilfe zur Erziehung zu leisten, so sollen Einrichtungen, Dienste und Personen in Anspruch genommen werden, die geeignet sind, sowohl die Aufgaben der Eingliederungshilfe zu erfüllen als auch den erzieherischen Bedarf zu decken. Sind heilpädagogische Maßnahmen für Kinder, die noch nicht im schulpflichtigen Alter sind, in Tageseinrichtungen für Kinder zu gewähren und lässt der Hilfebedarf es zu, so sollen Einrichtungen in Anspruch genommen werden, in denen behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam betreut werden.
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 16.06.2011 geändert. Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 01.04.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.07.2010 verurteilt, die Kosten des Besuchs der T-Schule in C durch die Klägerin seit August 2010 zu übernehmen. Der Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin für beide Rechtszüge. Die Revision wird zugelassen.
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Tatbestand:
2Die Klägerin begehrt die Übernahme der Kosten für den Besuch einer Tagesbildungsstätte in Niedersachsen seit Beginn des Schuljahrs 2010/2011 nach dem SGB XII.
3Die am 00.00.2003 geborene Klägerin, die weder über Einkommen noch über Vermögen verfügt, leidet im Wesentlichen an einer chromosomalen Störung in Form des sog. Pallister-Kilian-Syndroms (Mosaik-Tetrasomie 12p), welche mit einer globalen Entwicklungsverzögerung einhergeht. Darüber hinaus bestehen bei ihr ein frühkindlicher Autismus sowie der Verdacht auf eine schwerste Intelligenzminderung. Sie lebt mit ihren Eltern und Geschwistern in W/Nordrhein-Westfalen, nahe der Landesgrenze zu Niedersachsen.
4Von August 2008 bis Juli 2010 besuchte die Klägerin den heilpädagogischen Kindergarten B in C (Niedersachsen). Dieser ist von ihrem Wohnort 13 km entfernt; Träger ist der Beigeladene zu 2. Die Kosten für die heilpädagogischen Leistungen sowie für die Fahrten zwischen Wohnung und Einrichtung übernahm der Beklagte zunächst für die Zeit von August 2008 bis zum voraussichtlichen Beginn der Schulpflicht am 31.07.2009 (Bescheid vom 27.01.2009) sowie - nach Zurückstellung der Klägerin vom Schulbesuch für das Schuljahr 2009/2010 - bis Juli 2010 (Bescheid vom 12.05.2009).
5Im Hinblick auf die bevorstehende Einschulung der Klägerin stellte das Schulamt des Kreises H mit (bestandskräftig gewordenem) Bescheid vom 25.03.2009 den sonderpädagogischen Förderbedarf der Klägerin im Förderschwerpunkt "Geistige Entwicklung" fest und wies sie einer entsprechenden Förderschule zu. Zugleich benannte es die N-Schule in H als nächstgelegene entsprechende (nordrhein-westfälische) Förderschule und bat die Eltern, die Klägerin dort anzumelden.
6Die N-Schule ist etwa 24,5 km von der Wohnung der Klägerin entfernt; mittels Sammelbeförderung (Schülerspezialverkehr) würde ein Transport der Klägerin zu dieser Schule pro Weg maximal 60 Minuten dauern. Der Unterricht an der N-Schule beginnt montags bis freitags gleitend zwischen 8.15 Uhr und 8.30 Uhr. Er endet montags bis donnerstags um 15.00 Uhr, freitags um 12.30 Uhr. Wegen der weiteren Rahmenbedingungen der dortigen Beschulung, u.a. der Größe der Schule und Klassen, der Organisation, des Förderkonzepts sowie des Betreuungsschlüssels wird auf die Bekundungen des dortigen Schulleiters, des Zeugen L, in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat Bezug genommen, ferner auf dessen Stellungnahme vom 24.04.2009 aus dem Verfahren L 20 SO 67/08 (LSG NRW) sowie den aktuellen Internetauftritt der N-Schule, welche der Senat zum Gegenstand des Verfahrens gemacht hat.
7Mit Beginn des Schuljahrs 2010/2011 meldeten die Eltern die Klägerin nicht auf der N-Schule, sondern auf der T-Schule in C an. An dieser Schule wird die Klägerin seither gefördert.
8Die T-Schule ist eine vom Land Niedersachsen anerkannte Tagesbildungsstätte. Sie liegt auf dem gleichen Gelände wie der Kindergarten B; Träger der Schule ist ebenfalls der Beigeladene zu 2. Die Fahrtzeit von der Wohnung der Klägerin zur 13 km entfernten Schule beträgt ausweislich eines verbreitet genutzten Routenplaners (www.falk.de/routenplaner) 17 Minuten; die Transportzeit mittels Sammelbeförderung (Schülerspezialverkehr) dauert nach den Angaben der Eltern der Klägerin etwa 15 Minuten. Der Unterricht findet montags bis freitags von 7.45 Uhr bis 14.15 Uhr statt. Die Schule verfügt über einen Fachdienst für Autismus-Spektrum-Störungen mit einer Diplom-Psychologin, einer Sozialpädagogin und einer Ergotherapeutin. Dieser Fachdienst betreut diejenigen Schüler/innen, welche aufgrund eines frühkindlichen Autismus einen spezifischen Unterstützungsbedarf haben, u.a. in Form von Einzeltherapien während der Schulzeit. Bezüglich der weiteren Rahmenbedingungen der Beschulung an der T-Schule wird auf die Stellungnahmen der Schulleiterin T1 vom 11.11.2013 und 31.01.2013 verwiesen. Die Kosten für den Besuch der T-Schule (monatlich ca. 2.100,00 EUR) trägt der Beklagte seit Beginn des Schuljahrs 2011/2012 vorläufig aufgrund entsprechender einstweiliger Anordnungen des erkennenden Senats.
9Am 20.11.2009 beantragten die Eltern der Klägerin beim Beklagten die Übernahme der Beschulungskosten an der T-Schule ab Beginn des Schuljahres 2010/2011 als sozialhilfeweise Eingliederungshilfe. Sie verwiesen auf den dortigen Fachdienst für Kinder mit autistischen Verhaltensweisen sowie den für derart beeinträchtigte Kinder geeigneten Unterricht. Zudem werde dort in allen Klassen eine Methode der unterstützen Kommunikation angewandt, auf welche die Klägerin wegen fehlender Lautsprache angewiesen sei. Häufige Infekte der Klägerin erforderten zudem eine zügige Erreichbarkeit der Schule durch die Eltern; dies sei bei der T-Schule bei 15-minütiger Entfernung von der Wohnung der Familie und 10-minütiger Entfernung vom Arbeitsplatz des Vaters gewährleistet. Ohnehin müsse die bisherige intensive Therapie und Förderung der Klägerin, welche in der Vergangenheit in enger Kooperation zwischen Therapeuten, Pädagogen und den Eltern erfolgt sei, dringend weitergeführt werden. Dies sei nur möglich, wenn die Eltern den Schulort schnell erreichen könnten.
10Mit Bescheid vom 01.04.2010 lehnte der Beklagte den Antrag ab. Zwar sei er sachlich und örtlich zuständig. Die Klägerin könne jedoch an der N-Schule in H und damit in Nordrhein-Westfalen angemessen und unentgeltlich gefördert werden. Dass diese Schule zur Förderung der Klägerin geeignet sei, habe das Schulamt im Bescheid vom 25.03.2009 inzident und für den Beklagten bindend (BVerwG, Urteil vom 28.04.2005 - 5 C 20/04) bejaht. Auch der Schulwegetransport zur N-Schule sei der Klägerin nach den einschlägigen landesrechtlichen Bestimmungen zumutbar; gegebenenfalls müsse im Rahmen der Ausgestaltung des Schülertransports auf Besonderheiten in der Person der Klägerin Rücksicht genommen werden. Ein Besuch der T-Schule sei demgegenüber mit unverhältnismäßig hohen Kosten verbunden, weil weder das Schulgeld noch die Fahrtkosten vom Schulträger bzw. vom Land Nordrhein-Westfalen übernommen würden. Eine Beschulung an der T-Schule sei daher nach dem Subsidiaritätsprinzip (§ 2 Abs. 1 SGB XII) nicht notwendig und wegen der damit einhergehenden Mehrkosten auch nicht durch das Wunsch- und Wahlrecht (§ 9 SGB XII) gerechtfertigt. Dies gelte auch, wenn durch kleinere Klassen an der T-Schule und eine der Klägerin dort bereits vertraute Umgebung eine optimiertere Förderung stattfinden könne.
11Die Klägerin legte hiergegen Widerspruch ein mit der Begründung, ein Besuch der N-Schule wäre mit erheblichen körperlichen Belastungen verbunden, so dass sie dort nicht angemessen beschult werden könnte. Sie leide unter einer extremen Mehrfachbehinderung, bei der eine Kommunikation mit anderen Menschen nur unter äußerst schwierigen Bedingungen möglich sei. Sie sei insbesondere nicht in der Lage, ihre Bedürfnisse selbst zu äußern. Neben ihrer körperlichen und geistigen Behinderung führten häufige Infektionskrankheiten oftmals zu einer rapiden Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes und erforderten eine ärztliche Untersuchung und Behandlung durch bekannte Betreuungspersonen. So seien seit Dezember 2009 insgesamt fünf Mittelohrentzündungen aufgetreten. Zudem habe sie im März 2010 bei einem Unfall eine Gehirnerschütterung erlitten. Die Klägerin hat eine schulärztliche Stellungnahme des Kreises H (Fachärztin für Kinderheilkunde Dr. L) vom 27.05.2010 sowie einen Zwischenbericht des Sozialpädiatrischen Zentrums (SPZ) des Evangelischen Krankenhauses (EVK) C (Fachärzte für Kinderheilkunde bzw. Neuropädiatrie Dres. C und Q) vom 19.04.2010 (erstellt anlässlich einer ambulanten Vorstellung der Klägerin vom 13.04.2010) vorgelegt; auf diese Unterlagen wird Bezug genommen.
12Mit Widerspruchsbescheid vom 06.07.2010 wies der Beklagte nach Beteiligung sozial erfahrener Personen den Widerspruch zurück. Die Beschulung eines jeden Schülers bzw. einer jeden Schülerin könne in Nordrhein-Westfalen aus Landesmitteln angemessen im Rahmen des dortigen differenzierten Sonder-/Förderschulwesens erfolgen. Die Funktionseinbußen der Klägerin seien nicht in einer Weise erheblich, dass ihr eine entsprechende Beschulung nicht möglich bzw. zumutbar sei.
13Mit ihrer am 30.07.2010 bei dem Sozialgericht Detmold erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt. Sie ist bei ihrer Auffassung verblieben, dass ihr wegen ihrer Behinderungen ein Besuch der N-Schule nicht möglich sei. Ihre Eltern hätten sich anlässlich der bevorstehenden Einschulung diese Schule angesehen. Sie sei wesentlich größer als die T Schule; der Gebäudekomplex sei weniger übersichtlich. Zudem seien die Klassen dort mit teilweise mehr als 10 Schüler/innen erheblich stärker als an der T-Schule. Der Schultag wäre für sie an der N-Schule zu lang. Hinzu käme eine Fahrtzeit mit dem Schülerspezialtransport von annähernd 60 Minuten; wegen ihrer Muskelschwäche würde dies jedoch zu Problemen führen. Abgesehen davon wäre sie anschließend nicht mehr aufnahmefähig. Ohnehin sei ein Verbleib in der ihr bereits vom Kindergarten her vertrauten Einrichtung wichtig. Sie benötige eine extrem lange Eingewöhnungszeit; so habe sie mehr als ein Jahr gebraucht, um sich an den Kindergarten zu gewöhnen. Darüber hinaus habe die N-Schule ihren Eltern keine direkten Informationen hinsichtlich einer notwendigen Autismusbehandlung erteilt, sondern insoweit stets nur auf das Westfälische Institut für Entwicklungsförderung (WIE) in C verwiesen. Die Klägerin hat weitere ärztliche bzw. psychologische Berichte (Behandlungsberichte des Facharztes für Kinder- und Jugendmedizin bzw. Neuropädiatrie Dr. L1 - Chefarzt der I Klinik I, Neurologisches Rehabilitationszentrum für Kinder und Jugendliche - vom 09.07.2010, der Diplom-Psychologin M und der Erzieherin N - ebenda - vom 16.07.2010 sowie der Logopädin H vom 01.04.2010) vorgelegt, auf deren Inhalt ebenfalls Bezug genommen wird. Der Übernahme der Beschulungskosten stehe - so die Klägerin weiter - keineswegs entgegen, dass die T-Schule eine niedersächsische Tagesbildungsstätte sei. Sie könne auch dort ihre Schulpflicht erfüllen. Allein aus der Formulierung in § 34 Abs. 5 SchulG NRW ergebe sich nichts Gegenteiliges. Werde die T-Schule durch das niedersächsische Schulgesetz einer Schule gleichgestellt, müsse diese Schule mit Blick auf Sinn und Zweck des § 34 SchulG NRW nach nordrhein-westfälischem Schulrecht ebenso als deutsche Schule gelten. Abgesehen davon lasse § 34 Abs. 5 S. 2 SchulG NRW Ausnahmen von der Schulpflicht aus wichtigem Grund zu. Eine solche Ausnahme liege hier mit Blick auf ihre Behinderungen vor.
14Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,
15den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 01.04.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.07.2010 zu verpflichten, die Kosten des Besuchs der T-Schule in C durch die Klägerin im Rahmen der Eingliederungshilfe ab August 2010 für die Klägerin zu übernehmen.
16Der Beklagte hat beantragt,
17die Klage abzuweisen.
18Er hat an seinen Bescheiden festgehalten und unter Vorlage einer Stellungnahme eines Referatsleiters des Innenministeriums Nordrhein-Westfalen vom 31.03.2011 ergänzend die Auffassung vertreten, die Übernahme der Beschulungskosten an der T-Schule scheide schon deshalb aus, weil die Klägerin dort ihre Schulpflicht nicht erfüllen könne. Ein wichtiger Grund für die ausnahmsweise Erfüllung der Schulpflicht an einem anderen Ort als einer deutschen Schule im Sinne von § 34 Abs. 5 S. 2 SchulG NRW liege nicht vor. Denn die T-Schule sei keine Schule, sondern eine Tagesbildungsstätte, deren Besuch gemäß § 162 Nieders. SchulG zwar in Niedersachen, nicht hingegen in anderen Bundesländern der Schulpflicht genüge. In Nordrhein-Westfalen könnten Schulpflichtige ihre Schulpflicht lediglich an öffentlichen Schulen, Ersatzschulen oder an nach § 118 Abs. 2 SchulG NRW anerkannten Ergänzungsschulen erfüllen. Ohnehin entfalte die Entscheidung des Schulamtes vom 25.03.2009, welche die N-Schule als nächstgelegene Förderschule benenne, nicht nur für den Beklagten Tatbestandswirkung, sondern binde auch die Gerichte. Die Klägerin könne auch in Ansehung ihrer Behinderungen an der N-Schule angemessen beschult werden; insbesondere stehe dem ihre autistische Störung nicht entgegen. Insoweit hat der Beklagte ergänzend eine Stellungnahme des Zeugen L vom 02.11.2010 vorgelegt, auf deren Inhalt Bezug genommen wird.
19Das Sozialgericht hat eine Auskunft des Schulamts des Kreises H vom 22.02.2011 eingeholt. Danach hat das Schulamt mit seinem Bescheid vom 25.03.2009 keine konkrete und verbindliche Zuweisungsentscheidung im Sinne des § 46 Abs. 6 SchulG NRW getroffen; die N-Schule sei ohne nähere Prüfung ihrer Eignung allein als für den Förderbedarf der Antragstellerin abstrakt zuständiger Förderort benannt worden.
20Mit Urteil vom 16.06.2011 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Eingliederungshilfe in Form einer Übernahme der Kosten für den Besuch der T-Schule nach § 53 Abs. 1, § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII scheide schon deshalb aus, weil die Klägerin durch den Besuch einer in Niedersachsen gelegenen Tagesbildungsstätte ihrer Schulpflicht nach nordrhein-westfälischem Schulrecht nicht genüge und mindestens an einer geeigneten Schule in Nordrhein-Westfalen angemessen beschult werden könne. Der Bescheid des Schulamtes verpflichte die Klägerin zwar nicht bindend zu einem Besuch der darin benannten N-Schule. Gleichwohl habe das Schulamt diese Schule als abstrakt geeignet festgestellt; gesundheitliche Gründe, die dieser abstrakten Eignung entgegenstünden, seien nicht erkennbar. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil Bezug genommen.
21Gegen das ihrer Bevollmächtigten am 28.06.2011 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 27.07.2011 Berufung eingelegt. Sie trägt im Hinblick auf einen etwaigen Wechsel an die N-Schule ergänzend vor, sich auf neue Therapeuten kaum einlassen zu können und durch jegliche neue Umgebung und Umstellung in ihrem Entwicklungszustand weit zurückgeworfen zu werden. So habe sie nach einem Personalwechsel an der T-Schule bereits ein halbes Jahr und länger mit Schwierigkeiten kämpfen müssen. Die Konsequenzen eines Wechsels der Schule, der Bezugspersonen, der Therapeuten, des Schulprogramms, des Tagesablaufs sowie des Schulwegetransports seien für sie unzumutbar und dürften - im Anschluss an die zweitinstanzliche Beweisaufnahme, insbesondere ein Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. M - zu einer deutlichen Entwicklungsverzögerung führen. Zudem sei die Autismus-Förderung an der T-Schule wesentlich differenzierter als auf der N-Schule. Ihre Eltern hätten vor der Einschulung mehrfach bei der N-Schule vorgesprochen und nach einer individuell angepassten Förderung gefragt. Ihnen sei mitgeteilt worden, dass man zum Entspannen lediglich den sog. Snoezelen-Raum aufsuchen würde, wenn sie - die Klägerin - nicht in der Lage sei, lange im Klassenverband zu bleiben. Das WIE habe die Auskunft erteilt, für die in Kooperation mit der N-Schule durchgeführte autismusspezifische Einzelförderung gebe es Wartelisten. Auch würden autistische Kinder in C, also außerhalb der N-Schule, gefördert, was mit einer zusätzlichen Fahrt verbunden wäre. Während langer Fahrtzeiten füge sie sich aufgrund von Wahrnehmungsstörungen jedoch häufig Schmerzen zu. Ferner könnten in der Regel nur ihre Eltern ihren Gesundheitszustand richtig einschätzen; selbst Ärzte seien bei der Diagnose auf deren Hilfe angewiesen. Im November/Dezember 2013 sowie im Januar 2014 hätten ihre Eltern sie dreimal krankheitsbedingt von der Schule abholen müssen.
22In der mündlichen Verhandlung hat die Bevollmächtigte der Klägerin klargestellt, weder Leistungen nach dem Dritten oder Vierten Kapitel des SGB XII noch eine Übernahme von Fahrtkosten für den Schulbesuch geltend zu machen. Sie begehre vielmehr allein die Übernahme der Kosten für den Besuch der T-Schule.
23Die Klägerin beantragt,
24das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 16.06.2011 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 01.04.2010 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 06.07.2010 zu verpflichten, die Kosten des Besuchs der T-Schule in C durch die Klägerin seit August 2010 zu übernehmen,
25hilfsweise, über folgende Beweisanträge Beweis zu erheben:
261. Was ist für die Klägerin zumutbar, erforderlich und geeignet - der Schulweg mit dem Bus und der gesamte Schultag inklusive Abfahrt und Ankunft zu Hause zur N-Schule in H oder das Äquivalent (Schulweg und gesamter Schultag) zur T-Schule?
272. Wie schnell müssen die Eltern im Falle eines medizinischen Notfalls der Klägerin vor Ort sein und wie lange dauert die Fahrt zwischen Wohnort und N-Schule bzw. der T-Schule für die Eltern werktags tagsüber tatsächlich? Die gleiche Frage des tatsächlichen Weges gilt für die Fahrt des Vaters der Klägerin von seinem Arbeitsplatz in E.
28Der Beklagte beantragt,
29die Berufung zurückzuweisen.
30Er hält daran fest, dass schon der Bescheid des Schulamts dem geltend gemachten Anspruch entgegenstehe; denn dieser regle verbindlich die von der Klägerin zu besuchende Schulform. Zudem könne die Klägerin durch den Besuch der Tagesbildungsstätte in Niedersachsen ihre Schulpflicht nicht erfüllen. Durch eine antragsgemäße Verurteilung würde der Beklagte gezwungen, entgegen Art. 20 Abs. 3 GG die fortgesetzte Begehung einer - rechtlich unstreitigen - Ordnungswidrigkeit zu finanzieren. Die N-Schule sei für die Klägerin trotz deren Behinderungen geeignet. Hinsichtlich der Klassengröße und des Betreuungsschlüssels bestünden keine signifikanten Unterschiede zur T-Schule. Die Fahrtzeit zur N-Schule sei nicht viel länger als zur T-Schule. Die vom Sachverständigen Prof. Dr. M bei einem Wechsel des vertrauten Umfelds oder der Bezugspersonen angenommene temporäre Entwicklungsverzögerung träte bei einem Wechsel zur N-Schule lediglich einmalig auf. Dies sei der Klägerin zumutbar; denn auch andere Ereignisse, beispielsweise eine stationäre Krankenbehandlung oder ein Wechsel/Ausfall der Beschäftigten der T-Schule, könnten jederzeit den gleichen Effekt auslösen.
31Die mit Beschluss vom 05.08.2013 Beigeladenen stellen keinen Antrag.
32Der Beigeladene zu 2 hält die T-Schule zur Beschulung der Klägerin für geeignet. Bezüglich seiner Angaben zu dortigen Beschulungsbedingungen sowie die Entwicklung der Klägerin wird auf die Stellungnahmen der Schulleiterin der T-Schule vom 11.11.2013 und 31.01.2013 verwiesen.
33Der Senat hat zunächst Befundberichte des Facharztes für Kinderheilkunde und Jugendmedizin Dr. X und der Kinderärztin Dr. Q (SPZ) vom 13.09.2011 eingeholt. Ferner hat er die Klägerin betreffende Förderpläne und Zeugnisse sowie die Dokumentation des Fachdienstes für Autismus von der T-Schule beigezogen. Auf den Inhalt dieser Unterlagen wird Bezug genommen.
34Anschließend hat der Senat ein Gutachten des Facharztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Neurologie und Psychiatrie sowie Diplom-Psychologen Prof. Dr. M (Direktor der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters, Universitätsklinik L) vom 24.05.2012 nebst ergänzenden Stellungnahmen vom 12.11.2012 und 08.04.2013 eingeholt. In der mündlichen Verhandlung hat der Sachverständige seine gutachterlichen Ausführungen weiter erläutert. Wegen der Einzelheiten wird auf die schriftlichen Äußerungen des Sachverständigen sowie auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
35Der Senat hat zudem den Zeugen L schriftlich sowie in der mündlichen Verhandlung zu den Rahmenbedingungen der Beschulung an der von ihm geleiteten N-Schule befragt. Insoweit wird auf dessen schriftliche Auskunft vom 24.09.2013 sowie die Sitzungsniederschrift Bezug genommen. Darüber hinaus hat der Senat eine Stellungnahme des Zeugen L vom 24.04.2009 aus dem Verfahren L 20 SO 67/08 (LSG NRW) sowie den aktuellen Internetauftritt der N-Schule zum Gegenstand des Verfahrens gemacht; auch hierauf wird Bezug genommen.
36Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten, des Schulamtes des Kreises H sowie der Streitakten (gleichen Rubrums) S 2 SO 204/10 ER (SG Detmold) bzw. L 20 SO 450/10 ER (LSG NRW) Bezug genommen. Dieser ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
37Entscheidungsgründe:
38Die zulässige Berufung der Klägerin ist begründet.
39A. Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 01.04.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.07.2010 (§ 95 SGG). Da der Beklagte darin den Antrag der Klägerin auf Übernahme von Kosten für den Besuch der T-Schule "ab dem (.) Schuljahr 2010/2011" vollständig und zukunftsoffen abgelehnt hat, ist Streitgegenstand in zeitlicher Hinsicht der gesamte Zeitraum vom Beginn des Schuljahres 2010/2011 (= August 2010) bis zum Tag der mündlichen Verhandlung vor dem Senat (vgl. BSG, Urteil vom 15.04.2008 - B 14/7b AS 52/06 R Rn. 12 m.w.N.).
40B. Das Sozialgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 SGG) statthafte (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage 2012, § 54 Rn. 20a ff., 38 ff.; BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R Rn. 9) und auch im Übrigen zulässige Klage ist begründet. Der Beklagte hat die Übernahme der Kosten für den Besuch der T-Schule ab Beginn des Schuljahrs 2010/2011 zu Unrecht abgelehnt. Die Klägerin kann vom Beklagten gemäß §§ 53 ff., 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII i.V.m. § 12 Nr. 2 Eingliederungshilfeverordnung (EinglhVO) die Übernahme dieser Kosten ab August 2010 (= Beginn des Schuljahrs 2010/2011) beanspruchen (dazu im Folgenden). Sonstige Anspruchsgrundlagen kommen nicht in Betracht (dazu weiter unten).
41I. Der Beklagte - nicht hingegen der (als örtlicher Träger der Sozialhilfe) vorsorglich Beigeladene zu 1 - ist für die Erbringung der begehrten Leistungen sachlich und örtlich zuständig.
42Insofern mag insbesondere offen bleiben, ob es sich bei der T-Schule um eine teilstationäre Einrichtung handelt, für welche der Beklagte gemäß § 97 Abs. 2 S. 1 SGB XII i.V.m. §§ 1, 2 AG-SGB XII NRW i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 1a AV-SGB XII NRW und § 98 Abs. 2 S. 2 SGB XII als überörtlicher Träger Hilfen zu erbringen hat (vgl. zur - dort allerdings im Ergebnis offen gelassenen - Frage der Qualifizierung einer Schule als teilstationäre Einrichtung BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R).
43Denn der Beklagte ist (unabhängig von einer etwaigen originären Zuständigkeit) jedenfalls gemäß § 14 Abs. 2 S. 1 i.V.m. Abs. 1 SGB IX sachlich und örtlich für die streitbefangenen Hilfen zuständig. Nach diesen Vorschriften stellt der Rehabilitationsträger, sofern Leistungen zur Teilhabe erbracht werden, innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrags fest, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist (§ 14 Abs. 1 S. 1, 1. Halbsatz SGB IX). Hält er sich für unzuständig, so leitet er den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu (§ 14 Abs. 1 S. 2 SGB IX). Wird der Antrag nicht weitergeleitet, stellt der erstangegangene Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf selbst unverzüglich fest (§ 14 Abs. 2 S. 1 SGB IX). Auf diese Weise wird eine nach außen verbindliche Zuständigkeit des erstangegangenen Rehabilitationsträgers geschaffen, welche sich auf sämtliche Rechtsgrundlagen erstreckt, die in der Bedarfssituation in Betracht kommen (vgl. u.a. BSG, Urteil vom 24.01.2013 - B 3 KR 5/12 R m.w.N.).
44§ 14 Abs. 2 S. 1 SGB IX ist vorliegend anwendbar. Denn die Träger der Sozialhilfe - und damit auch der Beklagte - sind nach §§ 6 Abs. 1 Nr. 7 und Abs. 5 Nr. 4 SGB IX Rehabilitationsträger für Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft. Zu derartigen Leistungen gehören auch solche der Eingliederungshilfe nach §§ 53, 54 SGB XII (vgl. Luthe in jurisPK-SGB IX, § 55 Rn. 4).
45Auch die (weiteren) Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 S. 1 SGB IX sind erfüllt. Der Beklagte hat den Antrag der Klägerin auf Übernahme der Kosten für den Besuch der T-Schule vom 20.11.2009 nicht gemäß § 14 Abs. 1 S. 1 SGB IX innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrags (20.11.2009) und im Übrigen auch nicht im Anschluss daran an den Beigeladenen zu 1 oder einen anderen aus seiner Sicht zuständigen Rehabilitationsträger weitergeleitet. Folglich ist er nach § 14 Abs. 2 S. 1 SGB IX nicht nur sachlich, sondern auch örtlich zuständig geworden; denn diese Vorschrift legt sowohl die sachliche als auch die örtliche Zuständigkeit fest (Luik in jurisPK-SGB IX, § 14 Rn. 45 unter Hinweis auf Welti in Luthe, Rehabilitationsrecht, 2009, S. 154) und verdrängt die Regelung des § 98 SGB XII (Luik, a.a.O. unter Hinweis auf Welti, a.a.O., LSG Schleswig-Holstein vom 09.11.2005 - L 9 B 268/05 SO ER).
46II. Die materiellen Voraussetzungen der §§ 53, 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII i.V.m. § 12 Nr. 2 EinglhVO liegen ebenfalls vor.
47Nach §§ 53 Abs. 1, 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII erhalten die in § 53 Abs. 1 S. 1 SGB XII genannten Personen Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung, insbesondere im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht und zum Besuch weiterführender Schulen einschließlich der Vorbereitung hierzu, wenn und solange nach den Besonderheiten des Einzelfalls Aussicht besteht, dass die Aufgaben der Eingliederungshilfe erfüllt werden. Dabei bleiben die Bestimmungen über die Ermöglichung der Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht unberührt (§ 54 Abs. 1 S. 1. 2. Halbsatz SGB XII). Was dabei unter dem Begriff "angemessene Schulbildung" zu verstehen ist, wird im Rahmen des SGB XII nicht definiert. Jedoch bestimmt § 12 Nr. 2 EinglH-VO, dass die Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung auch Maßnahmen der Schulbildung umfasst, wenn diese erforderlich und geeignet sind, dem behinderten Menschen eine im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht üblicherweise erreichbare Bildung zu ermöglichen.
481. Die Klägerin gehörte aufgrund ihrer schwerwiegenden dauerhaften Behinderungen zu dem von § 53 Abs. 1 S. 1 SGB XII i.V.m. § 2 Abs. 1 S. 1 SGB IX erfassten Personenkreis.
49Nach § 53 Abs. 1 S. 1 SGB XII erhalten Personen, die durch eine Behinderung im Sinne von § 2 Abs. 1 S. 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, unter den dort genannten weiteren Voraussetzungen Leistungen der Eingliederungshilfe. Die Klägerin leidet - was zwischen den Beteiligen auch unstreitig ist - unter einer solchen wesentlichen Behinderung; denn ihre körperlichen Funktionen und geistigen Fähigkeiten weichen aufgrund eines Pallister-Kilian-Syndroms mit globaler Entwicklungsverzögerung, frühkindlichen Autismus sowie Verdachts auf eine schwerste Intelligenzminderung von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand erheblich ab. Wegen dieser Behinderungen ist ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft durchgehend und insbesondere auch in dem hier streitbefangenen Zeitraum seit Beginn des Schuljahrs 2010/2011 wesentlich beeinträchtigt. Der Senat folgt insoweit in erster Linie den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. M in seinem Gutachten vom 24.05.2012. Dieser ist aufgrund eingehender Untersuchung der Klägerin und sorgfältiger Befunderhebung unter Berücksichtigung der übrigen aktenkundigen medizinischen Unterlagen zu seiner Beurteilung gelangt. Zudem decken sich die von ihm erhobenen Diagnosen im Wesentlichen mit denjenigen in den Befundberichten bzw. Arztbriefen der die Klägerin behandelnden Ärzte Dres. X und Q aus den Jahren 2010 und 2011. Im Übrigen besteht bei der Klägerin aufgrund der genannten Einschränkungen ein sonderpädagogischer Förderbedarf; ein solcher begründet ohnehin stets die Annahme einer wesentlichen Behinderung im vorgenannten Sinne (vgl. BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R).
502. Zu den - somit für die Klägerin in Betracht kommenden - Hilfen für eine angemessene Schulbildung im Sinne des § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII gehören auch die hier streitbefangenen Kosten für den Besuch der T-Schule.
51Der Qualifizierung der Übernahme von Beschulungskosten als "Hilfen" im gesetzlichen Sinne steht nicht entgegen, dass die Klägerin nicht eine die Schulbildung begleitende Maßnahme, sondern die Übernahme der (gesamten) Kosten für den Besuch der T-Schule als solche begehrt.
52a) Zwar ist der Kernbereich der pädagogischen Arbeit der Schule - und damit im Regelfall auch das Schulgeld, mit welchem der Unterricht finanziert wird - den Regelungen der Eingliederungshilfe grundsätzlich entzogen (vgl. im Einzelnen BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R). Dies folgt schon aus dem Wortlaut des § 54 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII. Spricht dieser - ebenso wie § 12 EinglhVO - gerade von "Hilfen", so erfasst er grundsätzlich nur Maßnahmen, die im Zusammenhang mit der Ermöglichung einer angemessenen Schulbildung (in Ergänzung der Beschulung als solcher) geeignet und erforderlich sind, Behinderungsfolgen zu beseitigen und zu mildern. Dementsprechend betreffen die Regelbeispiele einer solchen Hilfe in § 12 EinglhVO nur die Schulbildung begleitende Maßnahmen (vgl. zu alledem BSG, a.a.O.).
53b) Gleichwohl verbleibt auch im Kernbereich der Schulbildung ausnahmsweise Raum für Leistungen der Eingliederungshilfe, wenn nämlich der Besuch einer öffentlichen (und damit für den Sozialhilfeträger kostenfreien) Schule aus objektiven Gründen (z.B. wegen der räumlichen Entfernung vom Wohnort) oder aus schwerwiegenden subjektiven (persönlichen) Gründen nicht möglich oder nicht zumutbar ist (so BVerwG, Beschluss vom 02.09.2003 - 5 B 259/02; vgl. BSG, Urteil vom 22.03.2012 - B 8 SO 30/10 R unter Bezugnahme auf BVerwG, Urteil vom 13.08.1992 - 5 C 70/88, sowie Beschluss vom 02.09.2003 - 5 B 259/02).
54Der Klägerin war der Besuch einer öffentlichen Schule jedoch aus schwerwiegenden subjektiven Gründen schon seit August 2010 nicht möglich bzw. nicht zumutbar.
55aa) Maßstab hierfür ist vor allem die Aufgabe der Sozialhilfe, dem Empfänger der Hilfe die Führung eines Lebens zu ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht, und ihn so weit wie möglich zu befähigen, unabhängig von ihr zu leben (vgl. § 1 SGB XII; vgl. insoweit auch BVerwG, Urteil vom 13.08.1992 - 5 C 70/88). Insofern mag vorliegend offen bleiben, ab wann die Grenze der Unzumutbarkeit überschritten sein kann, wenn - wie hier - die Übernahme der Kosten für den Besuch einer nicht vom zuständigen Schulträger bereitgestellten Schule streitbefangen ist. Jedenfalls dann, wenn seitens des zuständigen Schulträgers keine Schule zur Verfügung steht, die den Hilfebedürftigen unter Berücksichtigung seiner Behinderungen im Sinne des § 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII angemessen beschulen könnte, liegen schwerwiegende subjektive Gründe vor, welche Eingliederungshilfe durch Übernahme der (gesamten) Beschulungskosten ausnahmsweise zulassen.
56bb) So aber liegt es aber hier. Denn der Besuch der N-Schule - welche vom Beklagten sowie vom Schulamt des Kreises H als allein in Betracht kommende öffentliche Schule benannt wurde, und die mit Blick auf die räumlichen Verhältnisse auch die einzige in Nordrhein-Westfalen in Betracht kommende einschlägige Förderschule ist - ist der Klägerin unter Berücksichtigung ihrer schwerwiegenden Behinderungen seit Beginn des Schuljahrs 2010/2011 und auch später nicht zumutbar (dazu weiter unten). Vielmehr konnte und kann sie lediglich an der T-Schule angemessen beschult werden. Allein diese Schule ist im Sinne des § 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII i.V.m. § 12 Nr. 2 EinglhVO geeignet und - mangels Zumutbarkeit des Besuchs der N-Schule - auch erforderlich, der Klägerin eine im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht üblicherweise erreichbare Bildung zu ermöglichen (dazu im Folgenden).
57(1) Dabei steht - anders als der Beklagte meint - der Geeignetheit der T-Schule nicht etwa der bestandskräftige Bescheid des Schulamtes vom 24.03.2009 entgegen. Dieser benennt zwar die N-Schule (lediglich) als nächstgelegene Förderschule mit dem Förderschwerpunkt "Geistige Entwicklung". Er trifft jedoch - was die Schulbehörde in ihrer späteren Stellungnahme vom 22.02.2011 auch ausdrücklich bestätigt - weder inzident eine den Beklagten bindende Entscheidung über die Eignung der N-Schule, noch weist er der Klägerin die N-Schule im Sinne von § 46 Abs. 6 SchulG NRW als Förderschule konkret zu. Dementsprechend hat das Schulamt auf Anfrage des Senats in dem Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes L 20 450/10 B ER mit weiterem Schreiben vom 30.08.2010 ergänzend mitgeteilt, diese "Benennung" orientiere sich lediglich an den Bestimmungen zur Ausführung des § 97 Abs. 4 SchulG NRW bzw. der Schülerfahrkostenverordnung (SchfkVO) und bezeichne damit die örtlich nähere von zwei abstrakt für die Klägerin in Betracht kommenden Schulen im Kreis H. Eine Prüfung der Eignung der Schule unter behinderungsspezifischen Gesichtspunkten war damit jedoch nicht verbunden. Die Schulbehörden entscheiden zwar mit bindender Wirkung gegenüber dem Sozialhilfeträger, in welchem Umfang eine bestimmte Beschulung den geistigen und körperlichen Fähigkeiten eines behinderten Menschen entspricht, hingegen in der Regel nicht darüber, an welcher konkreten Schule die Beschulung zu erfolgen hat (vgl. hierzu den Beschluss des Senats vom 06.09.2010 - 20 SO 450/10 B ER). Aus schulrechtlichem Standpunkt verblieb der Klägerin vielmehr - was das Schulamt in der Stellungnahme vom 22.02.2011 selbst ausgeführt hat - letztlich ein Wahlrecht, welche geeignete Schule sie besuchen will.
58(2) Ebenso wenig steht einer Geeignetheit der T-Schule entgegen, dass die Klägerin durch den Besuch dieser niedersächsischen Tagesbildungsstätte ihrer Schulpflicht nach nordrhein-westfälischem Schulrecht nicht nachkäme.
59(a) Zwar können in Nordrhein-Westfalen Schulpflichtige ihre Schulpflicht grundsätzlich nur an öffentlichen Schulen, Ersatzschulen oder an nach § 118 Abs. 2 SchulG NRW anerkannten Ergänzungsschulen erfüllen (vgl. § 34 Abs. 5 S. 1 SchulG NRW). Insbesondere fehlt im SchulG NRW eine § 162 S. 1 Nieders. SchulG entsprechende Regelung, wonach Kinder und Jugendliche mit geistigen Behinderungen ihre Schulpflicht auch durch den Besuch einer anerkannten Tagesbildungsstätte erfüllen. Auch hat die zuständige Schulaufsichtsbehörde der Klägerin bislang keine Ausnahmegenehmigung (etwa nach § 34 Abs. 5 S. 3 SchulG NRW) erteilt und auch kein Ruhen der Schulpflicht (§ 40 Abs. 2 SchulG NRW) angeordnet.
60(b) Die nach niedersächsischem Recht erfolgte Erfassung der T-Schule als Tagesbildungsstätte kann indes (jedenfalls im Rahmen der Eingliederungshilfevorschriften) nicht ausschlaggebend sein. Der Senat hält vielmehr für entscheidend, dass der Bildungsauftrag der T-Schule (als Tagesbildungsstätte) inhaltlich mit dem Auftrag der in § 34 Abs. 5 S. 1 SchulG NRW genannten Schulen identisch ist. Vermittelt erstere nach ihrem gesamten Konzept inhaltlich wie die letzteren Wissen und Können an die Schülerinnen und Schüler, so leistet sie in der Sache eine ebenso geeignete Beschulung. Letztlich ist dies zwischen den Beteiligten auch nicht streitig.
61(c) Unabhängig hiervon ist die Erfüllung der Schulpflicht nach nordrhein-westfälischem Schulrecht ohnehin nicht Voraussetzung für Eingliederungshilfe als Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung im Sinne des § 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII. Schon § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 2. Halbsatz SGB XII, wonach die Bestimmungen über die Ermöglichung der Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht unberührt bleiben, lässt schulrechtliche Verpflichtungen grundsätzlich neben den sozialhilferechtlichen Pflichten bestehen, ohne dass diese sich gegenseitig inhaltlich beeinflussen (so ausdrücklich BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R). Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung sind vielmehr lediglich vorrangig an einer Einrichtung zu gewähren, durch deren Besuch der behinderte Mensch der allgemeinen Schulpflicht nach jeweiligem Landesrecht genügt.
62§ 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII lässt sich i.V.m. § 12 Nr. 2 EinglhVO und unter zusätzlicher Berücksichtigung des Nachranggrundsatzes (§ 2 Abs. 1 SGB XII) insofern entnehmen, dass nicht jedwede Hilfeleistung zu einer nach den Vorstellungen des behinderten Menschen bzw. seiner Erziehungsberechtigten bestmöglichen Schulbildung als Eingliederungshilfe verlangt werden kann. Vielmehr ist die schulische Förderung von Kindern nach Art. 7 Abs. 1 GG eine grundsätzlich allein den (öffentlichen) Schulträgern zugewiesene Aufgabe (BSG, Urteil vom 22.03.2012 - B 8 SO 30/10 R). Insbesondere besteht ein Ausschluss für die Übernahme von Schulkosten aufgrund der Gesetze der Länder, (zumindest) soweit die Schulbehörde der ihr möglichen vorrangigen Leistungsverpflichtung auch nachkommt (Voelzke, in Hauck/Noftz, SGB XII, 19. Erg.-Lfg. II/10, § 54 Rn. 44a; BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R). Steht hingegen fest, dass eine im Sinne von § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII angemessene Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht nicht zu erlangen ist, so kann unter dem Gesichtspunkt der Eingliederungshilfe die Übernahme von Kosten für eine anderweitige Beschulung des behinderten Menschen in Betracht kommen (LSG NRW, Urteil vom 15.05.2013 - L 20 SO 67/08; LSG Hessen, Urteil vom 22.11.2010 - L 9 SO 9/07 und zu § 35a SGB VIII; VGH Hessen, Urteil vom 20.08.2009 - 10 A 1799/08).
63Hierfür spricht schon der Wortlaut des § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII, der keinen abschließenden Leistungskatalog möglicher Eingliederungshilfen enthält, sondern von Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung (nur) "insbesondere" im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht spricht. Zudem umfassen nach § 12 Nr. 2 EinglhVO Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung auch solche Maßnahmen der Schulbildung, die erforderlich und geeignet sind, dem behinderten Menschen eine "im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht" (lediglich) "üblicherweise erreichbare" Bildung zu ermöglichen. Insofern bildet die allgemeine Schulpflicht also nur den Vergleichsmaßstab dafür, in welchem Umfang bzw. in welchem Maße Leistungen der Eingliederungshilfe auch außerhalb der allgemeinen Schulpflicht erbracht werden können.
64Diese Lesart wird zudem durch Sinn und Zweck der Eingliederungshilfevorschriften gestützt. Diese sollen nicht vorrangig sicherstellen, dass der nach §§ 53 ff. SGB XII berechtigte Personenkreis seiner Schulpflicht gerecht wird, sondern dem behinderten Menschen nach dem Willen des Gesetzgebers die Integration in die Gesellschaft ermöglichen. § 53 Abs. 3 S. 1 SGB XII bestimmt insoweit als besondere Aufgabe der Eingliederungshilfe, eine Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und die behinderten Menschen in die Gesellschaft einzugliedern. Hierzu gehört vor allem, ihnen die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern, ihnen die Ausübung eines angemessenen Berufs oder einer sonstigen angemessenen Tätigkeit zu ermöglichen oder (auch nur), sie so weit wie möglich unabhängig von Pflege zu machen (§ 53 Abs. 3 S. 2 SGB XII). Mit Blick auf diese Ziele kann es jedenfalls dann nicht dem Willen des Gesetzgebers entsprechen, einem behinderten Menschen nach den - im Übrigen bundesrechtlichen - Eingliederungshilfevorschriften der §§ 53 ff. SGB XII eine angemessene Beschulung außerhalb der jeweiligen Landesgrenzen mit der Begründung zu versagen, dass dort die Schulpflicht nach landesrechtlichen Vorschriften nicht erfüllt werde, wenn das landesrechtliche Schul(pflicht-)system selbst eine angemessene Beschulung nicht sicherstellt (vgl. hierzu schon den Beschluss des Senats vom 15.08.2012 - L 20 SO 309/12 ER).
65(d) Auf ein etwaiges schulrechtliches Wahl- und Bestimmungsrecht des behinderten Menschen bzw. seiner Eltern kommt es in diesem Zusammenhang im Übrigen von vornherein nicht an. Ein solches Wahlrecht ist allenfalls dann von Bedeutung, wenn (wie in dem der Entscheidung des BVerwG vom 26.10.2007 - 5 C 35.06 zugrunde liegenden Sachverhalt) der Besuch zweier Schulen im Raume steht, welche beide in das System der allgemeinen Schulpflicht des betroffenen Bundeslandes integriert sind. Im vorliegenden Fall liegt jedoch allein die N-Schule in Nordrhein-Westfalen, während sich die T-Schule in Niedersachen befindet.
66cc) Ausgehend von den dargestellten Kriterien ist mit Blick auf die Formulierungen in § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII (" angemessene Schulbildung ") und § 12 Nr. 2 EinglhVO (" üblicherweise erreichbare Bildung ") in einem ersten Schritt festzustellen, welches konkrete Bildungsziel für den behinderten Menschen in Betracht kommt (so auch Voelzke a.a.O. Rn. 40a; dazu im Folgenden). Daran anschließend ist zu prüfen, ob dieses Ziel mit den Möglichkeiten, welche das öffentliche Schulsystem für den Betroffenen bereithält, in zumutbarer Weise verfolgt werden kann oder nicht (dazu weiter unten). Im Rahmen dieses zweiten Prüfungsschritts sind unter "bereithalten" die Leistungen oder Rahmenbedingungen zu verstehen, die das öffentliche Bildungssystem dem behinderten Menschen tatsächlich zur Verfügung stellt, oder die der Betroffene im Rahmen zumutbarer Bemühungen rechtzeitig realisieren kann (vgl. das Urteil des Senats vom 15.05.2013 - L 20 SO 67/08; Scheider in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 18. Auflage 2010, § 53 Rn. 71; Voelzke a.a.O. Rn. 44a mit Hinweis m.w.N.; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15.06.2000 - 16 A 3108/99 Rn. 17 a.E. und Rn. 22).
67(1) Die für die Klägerin in Betracht kommenden Bildungsziele hat der Senat umfassend ermittelt; diese Bildungsziele werden an der von ihr besuchten T-Schule im Übrigen konsequent in geeigneter Weise verfolgt.
68(a) Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme, namentlich den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. M in seinen schriftlichen Äußerungen sowie seinen weiteren Erläuterungen in der mündlichen Verhandlung, ist der Senat davon überzeugt, dass das für die Klägerin anzustrebende Bildungsziel seit Beginn des streitbefangenen Zeitraums weit unterhalb der Qualifikation eines formalen Bildungsabschlusses (wie etwa eines Hauptschulabschlusses) anzusiedeln ist. Die Klägerin wird aller Voraussicht nach basale Fähigkeiten wie Rechnen, Lesen und Schreiben nicht erlernen. Vielmehr liegen ihre Lernziele - den nachvollziehbaren Darlegungen des Sachverständigen vor allem in seiner Stellungnahme vom 08.04.2013 sowie seinen mündlichen Erläuterungen folgend - im Wesentlichen darin, kommunikative und interaktive Fähigkeiten zu erlernen bzw. zu verbessern, Alltagsfertigkeiten zu erwerben und auszubauen sowie ihre Selbstbeschäftigung zu fördern. Das betrifft konkret erstens das Erlernen und Anwenden von Symbolen und Symbolhandlungen durch Bilder und Piktogramme für verschiedene Alltagssituationen und Kommunikationsanlässe (= Bereich der Kommunikation und sozialen Interaktion), zweitens die bessere Koordination der Abläufe des Essvorgangs und Erlangung einer größeren Selbständigkeit bei den Mahlzeiten sowie die Verbesserung der Körperhygiene (= Bereich der Alltagsfähigkeiten), und schließlich drittens die Intensivierung der Erkundung der Umgebung sowie das Begreifen und Ausüben einfacher Spiele oder Beschäftigungen (= Bereich der Selbstbeschäftigung).
69(b) Die T-Schule, deren Schulkosten vorliegend im Streit stehen, ist im Sinne des § 12 Nr. 2 EinglhV geeignet, der Klägerin diese Bildungsziele erfolgversprechend zu vermitteln. Das gilt sowohl mit Blick auf die Schülerzahl, die Klassengröße und die sonstigen Rahmenbedingungen (insbesondere die Dauer der Anfahrt zur Schule) als auch auf die von der Schule vorgehaltenen pädagogischen und therapeutischen Angebote sowie das Förderkonzept. Dies steht unter Berücksichtigung der von der Leiterin der T-Schule beschriebenen dortigen Umstände der Beschulung sowie der Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. M fest und wird auch vom Beklagten nicht bestritten. Der Sachverständige ist insoweit in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 08.04.2013 zu der Einschätzung gelangt, dass die T-Schule "in höchstem Maße" geeignet ist, die von ihm beschriebenen Lernziele zu fördern. Zweifel an dieser Beurteilung hat der Senat nicht. Sie erscheint insbesondere vor dem Hintergrund der vom Sachverständigen behinderungsbedingt für notwendig erachteten Rahmenbedingungen für die Beschulung der Klägerin sowie der diesbezüglichen Angaben der Schulleiterin der T-Schule in ihrer Stellungnahme vom 11.11.2013 sowie in der mündlichen Verhandlung schlüssig.
70(aa) Zwar kommt es nach den Feststellungen des Sachverständigen für die Beurteilung der Geeignetheit auf die Größe der T -Schule (nach den Angaben der Schulleiterin im Schuljahr 2013/2014 86 Schüler) und Klassen (5 bis 9 Schüler), die Dauer eines Schultags (von 8:00 Uhr bis 14:15 Uhr) sowie die Dauer der Fahrt zur Schule (ca. 17 Minuten) nicht entscheidend an. Im Hinblick auf den erheblichen Förderbedarf und die schnelle Überforderung der (u.a.) geistig schwerstbehinderten Klägerin bei Unruhe im Umfeld ist ihre adäquate Beschulung jedoch - den nachvollziehbaren Feststellungen des Sachverständigen folgend - nur dann möglich, wenn sie bei Bedarf kurzfristig aus der Klasse herausgenommen und ihr im Rahmen einer Einzelbetreuung (außerhalb oder innerhalb des Klassenraums) Möglichkeiten zum Stressabbau und Rückzug geboten werden können. Dass die T-Schule diesen Anforderungen gerecht wird, steht unter Zugrundelegung der Angaben der Schulleiterin vom 11.11.2013 fest. Danach wird jede Klasse konstant durch zwei Lehrkräfte sowie im Bedarfsfall durch zusätzliche Hilfskräfte betreut, die eine vorübergehende Einzelbetreuung der Klägerin jederzeit sicherstellen können.
71(bb) Darüber hinaus trägt das Konzept der T-Schule auch den Auswirkungen der bei der Klägerin bestehenden autistischen Störung und den insoweit von dem Sachverständigen nachvollziehbar für notwendig erachteten Beschulungsbedingungen hinreichend Rechnung.
72Der Sachverständige hat insofern (insbesondere in seiner ergänzenden Stellungnahme aus 12.11.2012) deutlich gemacht, dass die Klägerin einer konsequenten autismusspezifischen Förderung im Bereich der Schule bedarf, die nicht auf gelegentlich angebotene Einzelförderung im schulischen Kontext beschränkt sein, sondern sich zudem in der Gesamtkonzeption des Unterrichts und des schulischen Alltags widerspiegeln soll. Dabei sollten sämtliche Lehrer über grundlegende Kenntnisse und lerntheoretische Techniken (Verstärkung, Prompting, Fading), insbesondere der angewandten Verhaltensanalyse, im Umgang mit Kindern verfügen, welche unter einer Störung aus dem Autismusspektrum leiden. Das gilt nach den Ausführungen des Sachverständigen sowohl im Hinblick auf die soziale Interaktion und Kommunikation als auch auf die häufig begrenzten, repetitiven und stereotypen Verhaltensmuster solcher Kinder.
73Der Senat hat keine Zweifel an der Richtigkeit dieser Einschätzung des Sachverständigen. Sie erscheint vor allem mit Blick auf die von ihm in seinem Gutachten vom 24.05.2012 erhobenen Befunde, nach denen die Klägerin bereits im Schuljahr 2010/2011 unter einem frühkindlichen Autismus litt, schlüssig. Bestätigt werden diese Ausführungen im Übrigen durch den Zwischenbericht des EVK C vom 19.04.2010, in welchem Dres. C und Q (offenbar erstmals) eine tiefgreifende Entwicklungsstörung mit autistischen Zügen beschrieben haben. Zudem hat auch der Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin bzw. Neuropädiatrie Dr. L1, der die Klägerin während einer stationären neuropädiatrischen Rehabilitation und damit über einen längeren Zeitraum beobachten konnte, in seinem Behandlungsbericht vom 09.07.2010 wesentliche Symptome eines frühkindlichen Autismus (u.a. kaum vorhandene Kontaktaufnahme, kaum Entwicklung von aktiver Sprache, zwanghafte Verhaltensweisen, stereotype Verhaltensmuster, Abhängigkeit von vorgegebenen Mustern und Ritualen sowie Selbststimulation durch Zufügen von Schmerzen) festgestellt.
74(cc) Dass die Klägerin mit Blick auf ihren frühkindlichen Autismus besonderer Förderung bedarf, welche über eine Einzelförderung im Rahmen zeitlich begrenzter Therapieeinheiten hinausgeht und sich in der Gesamtkonzeption des Unterrichts und des schulischen Alltags widerspiegeln soll, hat der Sachverständige nachvollziehbar dargelegt. Danach erfordern die soziale Interaktion und Kommunikation sowie die häufig begrenzten, repetitiven und stereotypen Verhaltensmuster von Kindern, die unter einer autistischen Störung leiden, u.a. besondere lerntheoretische Techniken sowie das Zerlegen komplexer Handlungsfolgen in möglichst kleine Teilschritte, welche jeweils möglichst genau und konsistent sowie operant verstärkt werden müssen. Zudem bedarf es klarer Strukturen und Abläufe sowie der Visualisierung durch vor allem Bilder, Postkarten oder Handzeichen, welche oft erfolgreicher sind als eine komplexe Sprache, subtile Mimik und Gestik.
75Diesen Anforderungen trägt die T-Schule in geeigneter Weise - wenn nicht sogar in besonderem Maße - Rechnung. Nach den Angaben der Schulleiterin in ihrer Stellungnahme vom 11.11.2013 fördert der dortige Fachdienst für Autismus-Spektrum-Störungen die Schüler/innen, welche aufgrund eines frühkindlichen Autismus einen spezifischen Unterstützungsbedarf haben, nicht nur in Form von Einzeltherapien während der Schulzeit. Vielmehr ist der gesamte Schulalltag durch klare Strukturen, individuell angepasste Orientierungshilfen (z.B. sog. TEACCH-Uhren) und unterstützte Kommunikation geprägt. Sämtliche Lehrkräfte, pädagogische Mitarbeiter und Therapeuten, welche an der T-Schule unterrichten bzw. Therapien durchführen, sind zum einen im Hinblick auf die Auswirkungen einer Störung aus dem Autismusspektrum auf die Entwicklung der betroffenen Schüler/innen unter besonderer Berücksichtigung von Interaktion, Kommunikation und Verarbeitung der Wahrnehmung geschult. Zum anderen verfügen sie über Kenntnisse zur unterstützten Kommunikation durch "TEACCH" (= Treatment and Education of Autistic and related Communication handicapped Children, dt.: Behandlung und pädagogische Förderung autistischer und in ähnlicher Weise kommunikationsbehinderter Kinder), autismusspezifischer Verhaltenstherapie und leichter Sprache. Dabei findet neben externen Fortbildungsangeboten eine kontinuierliche Beratung und Supervision der (Lehr-)Kräfte durch den Fachdienst statt, wobei u.a. in Abständen von zwei Monaten für alle Lehrkräfte, deren Klasse von einem Schüler mit einer Störung aus dem Autismusspektrum besucht wird, weitergehende vertiefende Schulungen erfolgen.
76(dd) Die Beurteilung des Sachverständigen, der zufolge die T-Schule nach ihrem Schulkonzept geeignet ist, die Klägerin unter Berücksichtigung ihres frühkindlichen Autismus angemessen zu beschulen, wird zudem bestätigt durch die vorliegenden Befund- bzw. Arztberichte der die Klägerin behandelnden Ärzte. Diese sind übereinstimmend zu der Einschätzung gelangt, dass die Klägerin auch unter Berücksichtigung ihrer autistischen Störung in der T-Schule beschult werden kann.
77(2) Der Besuch der T Schule ist seit Schulbeginn (August 2010) nicht nur geeignet, sondern auch im Sinne des § 12 Nr. 2 EinglhVO erforderlich, um die Klägerin angemessen zu beschulen; denn die vom Sachverständigen Prof. Dr. M beschriebenen Lernziele können seither mit den Möglichkeiten, welche das öffentliche Schulsystem in Nordrhein-Westfalen für die Klägerin bereit hält, nicht in zumutbarer Weise verfolgt werden.
78Zunächst, d.h. zumindest im Schuljahr 2010/2011, war das Förderkonzept der (von der Beklagten einzig als geeignet benannten) N-Schule nicht ausreichend, um den Behinderungen der Klägerin gerecht zu werden (dazu im Folgenden). Anschließend war der Klägerin jedenfalls ein Schulwechsel behinderungsbedingt nicht mehr zumutbar (dazu weiter unten).
79(a) Im Anschluss an die Beweisaufnahme ist der Senat davon überzeugt, dass die N-Schule jedenfalls im Schuljahr 2010/2011 zur Erreichung der beschriebenen Förderziele (noch) nicht geeignet war. Zwar mögen unter Zugrundelegung der schriftlichen und mündlichen Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. M insbesondere die dortigen Schülerzahlen (nach den Bekundungen des Zeugen L im Verhandlungstermin seit dem Jahr 2010 zwischen ca. 180 und 169), die Klassenstärken (im Eingangsbereich sieben oder acht, später ca. zehn Schüler/innen), die tägliche Schulzeit (montags bis donnerstags 8.30 Uhr bis 15.00 Uhr, freitags bis 12.30 Uhr) und die Dauer des Schulwegs mit dem Schülerspezialtransport (maximal eine Stunde) einer dortigen Beschulung der Klägerin seit Schulbeginn nicht entgegenstehen. Auch bietet die N-Schule aufgrund ihres Betreuungsschlüssels in gleicher Weise wie die T-Schule die Möglichkeit, die Klägerin - wie vom Sachverständigen für notwendig erachtet - bei Bedarf kurzfristig aus der Klasse herauszunehmen und ihr im Rahmen einer Einzelbetreuung (außerhalb oder innerhalb des Klassenraums) Stressabbau und einen vorübergehenden Rückzug zu bieten. Der Senat legt insoweit ebenfalls die Angaben des Zeugen L in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 24.09.2013 sowie bei seiner Vernehmung in der mündlichen Verhandlung zugrunde. Danach erfolgt ca. 85 % des Unterrichts in Anwesenheit von zwei Lehrkräften; zusätzlich werden je nach Bedarf weitere Hilfskräfte (in der Regel mindestens eine) eingesetzt, insbesondere Mitarbeiter/innen im freiwilligen sozialen Jahr und Integrationshelfer/innen, die bei entsprechender Veranlassung jederzeit Schüler/innen auch außerhalb des Klassenraums betreuen können.
80Indes wurde das Förderkonzept der N-Schule zumindest im Schuljahr 2010/2011 der (im Zusammenhang mit den weiteren individuellen Einschränkungen infolge des Pallister-Kilian-Syndroms zu berücksichtigenden) autistischen Störung der Klägerin (noch) nicht gerecht. Das gilt sowohl im Hinblick auf die Unterrichtsgestaltung als auch auf die insofern notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten der Lehrkräfte. Zwar hat der Zeuge L in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 24.09.2013 ausgeführt, dass an der N-Schule nicht nur eine autismusspezifische Einzelförderung (in der Regel zwei Therapiestunden pro Woche) stattfinde, sondern auch eine entsprechende Förderung nach dem TEACCH-Konzept während des Unterrichts und im schulischen Alltag. Bei seiner Vernehmung in der mündlichen Verhandlung hat er jedoch klarstellend bekundet, das TEACCH-Konzept sei an der N-Schule erst im Laufe des Jahres 2011 und im Anschluss an eine (lediglich) eintägige Schulung der Lehrkräfte eingeführt worden; zuvor sei hingegen - wie von ihm in einer E-Mail an den Beklagten vom 02.11.2010 beschrieben - kein einheitliches innerschulisches Konzept für Schüler mit einer Störung aus dem Autismusspektrum angewandt worden. Im Übrigen entzog es sich der Kenntnis des Zeugen, in welchem Umfang die Lehrkräfte das erlernte TEACCH-Konzept (z.B. im Hinblick auf die notwendige Reduzierung verbaler Informationen) selbst gegenwärtig im Unterricht tatsächlich umsetzen. Dies zugrundelegend, fehlte es selbst nach dem Schuljahr 2010/2011 noch an konsequenter Beratung und Supervision der Lehrkräfte.
81(b) Es bedarf keiner abschließenden Klärung, ob die autismusspezifische Förderung jedenfalls in Folgeschuljahren an der N-Schule der spezifischen Behinderung der Klägerin hätte genügen können. Denn im Anschluss an ihre zu Recht an der T-Schule erfolgte Einschulung war ihr jedenfalls ein Wechsel zur N-Schule spätestens nach Absolvierung des ersten Schuljahrs (2010/2011) - wenn nicht schon (was der Senat offen lassen kann) nach Beendigung des Kindergartens B (Mitte des Jahres 2010) - aufgrund der Besonderheiten ihrer Behinderung, insbesondere mit Blick auf ihre autistische Störung, nicht mehr zumutbar.
82(aa) Der Senat legt seiner Beurteilung auch insoweit in erster Linie die Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. M zugrunde. Bereits in seinem Gutachten vom 24.05.2012 (daneben in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 08.04.2013) ist er zu der Einschätzung gelangt ist, ein Schulwechsel würde bei der Klägerin mit großer Wahrscheinlichkeit zu einer zeitweisen Verlangsamung der angestoßenen Lernprozesse führen; von einem solchen Wechsel hat er daher "klar abgeraten". Ergänzend hat er in seiner Stellungnahme vom 08.04.2013 einen Schulwechsel wegen der massiven Einschränkungen der Klägerin, ihrer autistischen Störung sowie ihrer aktuell sehr positiven Entwicklung aus kinder- und jugendpsychiatrischer Sicht für nicht vertretbar gehalten. In der mündlichen Verhandlung hat er schließlich auf ausdrückliches Befragen erklärt, schon zur Zeit der Einschulung (im Jahr 2010) den Besuch der - dem zuvor besuchten Kindergarten B angegliederten - T-Schule für klar empfehlenswert gehalten zu haben (ob bereits allein dies einer Einschulung der Klägerin an der N-Schule entgegengestanden hätte, kann der Senat indes offen lassen).
83Auch diese Beurteilung des Sachverständigen zur Unzumutbarkeit eines Schulwechsels hält der Senat für überzeugend. Zwar konnte der Sachverständige auch in der mündlichen Verhandlung nicht konkreter angeben, mit welchen Rückschritten im Einzelnen ein solcher Wechsel bei der Klägerin verbunden wäre. Gleiches gilt für das zu erwartende Ausmaß der Rückschritte, namentlich die Zeit, welche die Klägerin benötigen würde, um sie wieder aufzufangen. Der Senat hält dies mit Blick darauf, dass das Pallister-Kilian-Syndrom - den Ausführungen des Sachverständigen folgend - eine äußerst seltene Erkrankung ist, die eine derartige Prognose nur schwer zulässt, indes für nachvollziehbar. Dass eine Umschulung bei der Klägerin jedenfalls mit erheblichen Rückschritten verbunden ist, welche - so die Ausführungen im Gutachten vom 24.05.2012 - mit Rücksicht auf die massiven Beeinträchtigungen der Klägerin und die enorme Bedeutung auch kleiner Entwicklungsschritte nicht vertretbar erscheint, hat der Sachverständige jedoch mit "großer Sicherheit" bejaht. Bedenken an der Richtigkeit dieser Einschätzung hat der Senat nicht. Der Sachverständige hat insofern unter Berücksichtigung der aktenkundigen medizinischen und psychologischen Berichte sowie der Schilderungen der Eltern der Klägerin schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, dass jeder räumliche Wechsel für ein Kind mit dem Beschwerdebild der Klägerin eine große Verunsicherung bedeutet, und dass er mit Eingewöhnungsschwierigkeiten sowie Rückschritten einhergeht, weil zunächst viel Anstrengung auf die Anpassung an die neue Situation verwendet werden muss.
84(bb) Bestätigt wird diese Einschätzung durch die Diplom-Psychologin M und die Erzieherin N (I Klinik I). Diese haben in ihrem neuropsychologischen Abschlussbericht vom 16.07.2010 u.a. wegen der autistischen Störung der Klägerin von einer Änderung des gewohnten Umfelds bzw. von einer Beschulung in der N-Schule dringend abgeraten. Auch der Arzt für Kinder- und Jugendmedizin Dr. X hat in seinem Befundbericht vom 13.09.2011 im Zusammenhang mit einem Wechsel von Schule und Therapeuten auf eine (mögliche) Gefährdung der bisher gemachten Fortschritte hingewiesen.
85(cc) Der Einschätzung des Sachverständigen steht auch nicht entgegen, dass der Schulbericht des Kindergartens B aus Oktober 2008 von einer gelassenen Reaktion der Klägerin auf kurzzeitige Veränderungen spricht. Denn diese temporären Erlebnisse (z.B. durch Besuch des Zoos bzw. Besuche außenstehender Personen in der Gruppe) erfolgten - den glaubhaften Angaben der Schulleiterin T1 in der mündlichen Verhandlung folgend - innerhalb einer damals sehr konstanten personellen Grundsituation der Kindergartengruppe und ihrer Betreuer/innen. Ein Wechsel der Schule wäre für die Klägerin jedoch nicht nur mit kurzzeitigen räumlichen Veränderungen, sondern - neben einem geänderten Schulwegetransport, Tagesablauf und Schulprogramm sowie Verlust der gesamten bisherigen Mitschüler/innen - insbesondere auch mit einem Austausch sämtlicher Lehr- und Betreuungskräfte und damit der maßgebenden Bezugspersonen verbunden, welche die Klägerin während des gesamten Schulalltags begleiten und fördern. Derartig einschneidende und vielschichtige Veränderungen sind im Übrigen - entgegen der Auffassung des Beklagten - von vornherein nicht vergleichbar mit Umständen wie einem stationären Krankenhausaufenthalt oder einem Wechsel bzw. Ausfall einzelner Lehrkräfte oder Betreuungspersonen, die naturgemäß in jedem Schulalltag vorkommen können.
86(c) War - zusammenfassend - der Klägerin aber ein Schulwechsel spätestens nach Absolvierung des ersten Schuljahres (Schuljahr 2010/2011) behinderungsbedingt nicht mehr zumutbar, so war ihr - selbst wenn die N-Schule wegen zwischenzeitlich erweiterter autismusspezifischer Lehrinhalte geeignet gewesen sein sollte, die Klägerin angemessen zu beschulen - ein Wechsel auf diese Schule aus schwerwiegenden subjektiven Gründen (s.o.) unmöglich bzw. unzumutbar. Der (weitere) Besuch der T-Schule war aus diesem Grund auch über das Schuljahr 2010/2011 hinaus erforderlich im Sinne des § 12 Nr. 2 EinglhVO.
87dd) Der Umstand, dass die Klägerin ihre Schulbildung an der T-Schule entgegen der angefochtenen Entscheidung des Beklagten aufgenommen und auf diese Weise vollendete Tatsachen geschaffen hat, steht der Übernahme der Kosten für den Besuch der T-Schule von vornherein nicht entgegen. Das gilt zumindest für das Schuljahr 2010/2011 schon deshalb, weil die N-Schule (deren Besuch der Beklagte in den angefochtenen Bescheiden für angemessen erachtet hat) seinerzeit keine geeignete, auf die Besonderheiten der zusammenwirkenden Behinderungen der Klägerin abgestellte Förderung zur Verfügung hätte stellen können (s.o.). Für die Folgezeit aber war schon wegen Unzumutbarkeit eines Schulwechsels der weitere Besuch der T-Schule für die weitere Eingliederung der Klägerin unverzichtbar.
88Der Senat weicht insofern nicht von seinem früheren Urteil vom 15.05.2013 - L 20 SO 67/08 ab. Zwar ist dort ausgeführt, dass die dortige Klägerin keine Vorteile daraus ziehen darf, dass sie entgegen der von ihr angefochtenen Entscheidung des Beklagten ihre Schulausbildung zunächst an der T-Schule begonnen hat und nunmehr mangels Anspruchs auf Übernahme der Beschulungskosten auf die N-Schule wechseln muss. In jenem Fall ließ sich jedoch - anders als jetzt - nicht feststellen, dass die (insoweit beweispflichtige) dortige Klägerin an der N-Schule nicht hätte angemessen beschult werden können, und dass deshalb eine Umschulung unzumutbar wäre. Unterscheiden sich jener und der vorliegende Sachverhalt deshalb wesentlich, so kann im jetzigen Fall (bei dem kein Ermittlungsausfall vorliegt) offen bleiben, ob und inwiefern "Verschuldensgesichtspunkte" (die im Recht der Sozialhilfe einen zu deckenden Bedarf ohnehin grundsätzlich nicht entfallen lassen, sondern allenfalls unter engen Voraussetzungen eine Leistungseinschränkung bzw. einen Erstattungsanspruch nach sich ziehen können; vgl. § 26 bzw. § 103 SGB XII) hinsichtlich der getroffenen Schulwahl berücksichtigungsfähig sind.
893. Dem Anspruch der Klägerin auf Übernahme ihrer Beschulungskosten an der T-Schule als Eingliederungshilfe stehen sonstige Hindernisse nicht entgegen. Insbesondere verfügte die Klägerin durchgehend seit Schuljahresbeginn 2010/2011 weder über anzurechnendes Einkommen noch Vermögen (wobei letzteres bei den hier in Rede stehenden Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung ohnehin nicht anspruchsmindernd oder -ausschließend zu berücksichtigen wäre - vgl. § 92 Abs. 2 S. 2 i.V.m. S. 1 Nr. 2 i.V.m. SGB XII - und ersteres auf die Aufbringung der Mittel für die Kosten des Lebensunterhalts beschränkt wäre - vgl. § 92 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SGB XII -).
90C. Sonstige Anspruchsgrundlagen für eine Übernahme von Kosten im Zusammenhang mit der Beschulung der Klägerin existieren nicht.
91I. Leistungen der Eingliederungshilfe des Jugendhilfeträgers nach § 35a SGB VIII scheiden aus. Zwar mag der frühkindliche Autismus der Klägerin eine seelische Behinderung im Sinne des § 35a Abs. 1 und 3 SGB VIII sein; eine solche kann grundsätzlich zu einer Leistungszuständigkeit des Jugendhilfeträgers führen. Leidet die Klägerin jedoch zumindest auch unter einer wesentlichen geistigen Behinderung, ist nach der Abgrenzungsregelung des § 10 Abs. 4 S. 2 SGB VIII der beklagte Sozialhilfeträger vorrangig zuständig (vgl. zu dieser Abgrenzung ausführlich etwa Urteil des Senats vom 18.01.2013 - L 20 SO 170/11 Rn. 59 ff. m.w.N.). Aus diesem Grund bedurfte es von vornherein keiner Beiladung des Jugendhilfeträgers.
92II. Schließlich wurde in der mündlichen Verhandlung für die Klägerin ausdrücklich klargestellt, dass Leistungen nach dem Dritten bzw. Vierten Kapitel des SGB XII (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 Rn. 18) nicht geltend gemacht werden.
93D. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 S. 1 SGG und folgt der Entscheidung in der Sache.
94E. Der Senat lässt die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zu (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 26.06.2012 wird zurückgewiesen. Der Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers auch für das Berufungsverfahren. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt. Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Der Kläger begehrt die Übernahme der Kosten für den Besuch einer Tagesbildungseinrichtung in Niedersachsen seit Beginn des Schuljahrs 2008/2009.
3Der am 00.00.2001 geborene Kläger, der über kein Einkommen verfügt, leidet im Wesentlichen an einer leichten Intelligenzminderung (IQ von 62) sowie einer generalisierten Angststörung.
4Von August 2005 bis 2008 besuchte er den heilpädagogischen Kindergarten am T in Bad M (Niedersachsen). Dieser ist von seinem Wohnort ca. 14,5 km entfernt; Träger ist der Beigeladene zu 2. Die Kosten für die heilpädagogischen Leistungen und die Fahrten zwischen Wohnung und Einrichtung übernahm der Beklagte unter Heranziehung der Eltern zu einem monatlichen Kostenanteil zunächst bis zum voraussichtlichen Beginn der Schulpflicht (Bescheide vom 17.12.2004 und 16.08.2005) sowie - nach Zurückstellung des Klägers vom Schulbesuch für das Schuljahr 2007/2008 - bis Juli 2008 (Bescheid vom 22.08.2007).
5Im Hinblick auf die bevorstehende Einschulung des Klägers stellte der Beigeladene zu 1 mit (bestandskräftig gewordenen) Bescheiden vom 12.06.2007 und 11.06.2008 den sonderpädagogischen Förderbedarf des Klägers im Förderschwerpunkt "Geistige Entwicklung" fest und wies den Kläger mit Wirkung vom 01.08.2007 einer entsprechenden Förderschule zu. Dabei ging der Beigeladene zu 1 im Bescheid vom 11.06.2008 davon aus, dass der Kläger demnächst die N-Schule in H als nächstgelegene entsprechende (nordrhein-westfälische) Förderschule besuchen werde. Anderenfalls sollten die Eltern den Beigeladenen zu 1 und die N-Schule informieren. Grundlage der Bescheide war u.a. ein pädagogisches Gutachten der Sonderschullehrerinnen C und I vom 30.05.2007, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird.
6Die N-Schule ist etwa 27 km von der Wohnung des Klägers entfernt; mittels Sammelbeförderung (Schülerspezialverkehr) würde ein Transport des Klägers zu dieser Schule pro Weg maximal 60 Minuten dauern. Der Unterricht an der N-Schule beginnt montags bis freitags gleitend zwischen 8.15 Uhr und 8.30 Uhr. Er endet montags bis donnerstags um 15.00 Uhr, freitags um 12.30 Uhr. Wegen der weiteren Rahmenbedingungen der dortigen Beschulung, u.a. der Größe der Schule und Klassen, der Organisation, des Förderkonzepts sowie des Betreuungsschlüssels wird auf die Bekundungen des dortigen Schulleiters, des Zeugen L, in dem zwischen den Beteiligten anhängig gewesenen Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes (Sozialgericht Detmold - S 16 SO 10/09 ER) sowie in der öffentlichen Sitzung vom 11.06.2014 des bei dem Senat anhängig gewesenen Streitverfahrens L 20 SO SO 418/11 Bezug genommen; die damalige Sitzungsniederschrift hat der Senat zum Gegenstand des vorliegenden Verfahrens gemacht.
7Mit Beginn des Schuljahrs 2008/2009 meldeten die Eltern den Kläger nicht auf der N-Schule, sondern auf der T-Schule in Bad M an. An dieser Schule wird der Kläger seither gefördert.
8Die T-Schule ist eine vom Land Niedersachsen anerkannte Tagesbildungsstätte. Sie liegt auf dem gleichen Gelände wie der Kindergarten Am T; Träger der Schule ist ebenfalls der Beigeladene zu 2. Die Fahrtzeit von der Wohnung des Klägers zur ca. 14,5 km entfernten Schule beträgt ausweislich eines verbreitet genutzten Routenplaners (www.falk.de/routenplaner) 17 Minuten; die Transportzeit mittels Sammelbeförderung (Schülerspezialverkehr) beträgt nach den Angaben der Eltern des Klägers etwa 20 bis 25 Minuten. Der Unterricht findet montags bis freitags von 7.45 Uhr bis 14.15 Uhr statt. Bezüglich der Rahmenbedingungen der Beschulung an der T-Schule wird auf die Bekundungen der Schulleiterin T1 in der öffentlichen Sitzung des Senats vom 11.08.2015 sowie im Eilverfahren (Sozialgericht Detmold - S 16 SO 10/09 ER) vom 20.08.2009 verwiesen. Die Kosten für den Besuch der T-Schule (zunächst monatlich ca. 2.100,00 EUR, seit Januar 2013 ca. 2.200 EUR und seit Januar 2014 ca. 2.500 EUR) trägt der Beklagte seit Januar 2009 vorläufig aufgrund einer entsprechenden einstweiligen Anordnung (Beschluss des Sozialgerichts Detmold vom 10.02.2009 - S 16 SO 10/09 ER; die dagegen eingelegte Beschwerde des Beklagten blieb erfolglos; LSG NRW, Beschluss vom 31.03.2010 - L 12 B 19/09 SO ER).
9Am 17.06.2008 beantragten die Eltern des Klägers beim Beklagten die Übernahme der Beschulungskosten des Klägers an der T-Schule ab Beginn des Schuljahres 2008/2009 als Leistung der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII. Dabei verwiesen sie im Wesentlichen auf die im Vergleich zur N-Schule kleineren Klassen und geringeren Schülerzahlen sowie die wesentlich geringere Entfernung von der Wohnung der Familie. Zudem sei es für den Kläger, der bereits im Kindergarten einer längeren Eingewöhnungsphase bedurfte habe, wesentlich einfacher, in der ihm schon vertrauten Umgebung des Kindergartens zu bleiben.
10Mit Bescheid vom 17.07.2008 in der Gestalt des (nach Beteiligung sozial erfahrener Personen i.S.d. § 116 Abs. 2 SGB XII ergangenen) Widerspruchsbescheides vom 05.11.2008 lehnte der Beklagte den Antrag ab. Der Kläger könne an der N-Schule in H und damit in Nordrhein-Westfalen angemessen und unentgeltlich gefördert werden. Die N-Schule sei zur Förderung des Klägers geeignet. Der Beigeladene zu 1 habe dem Kläger diese Schule durch Bescheide vom 11.06.2007 und 11.06.2008 für den Beklagten bindend zugewiesen. Mit der Zuweisungsentscheidung sei inzident auch eine Entscheidung über die Zumutbarkeit der täglichen Schülersammelbeförderung getroffen worden. Zwar sei auch die T-Schule geeignet, den Kläger angemessen zu beschulen. Die dortige Förderung sei jedoch mit unverhältnismäßig hohen Kosten verbunden. Eine Beschulung an der T-Schule sei daher nach dem Subsidiaritätsprinzip (§ 2 Abs. 1 SGB XII) nicht notwendig und wegen der damit verbundenen Mehrkosten auch nicht durch das Wunsch- und Wahlrecht (§ 9 SGB XII) gerechtfertigt. Dies gelte auch, wenn durch kleinere Klassen an der T-Schule sowie die dem Kläger dort bereits vertraute Umgebung und somit kürzere Eingewöhnungszeit eine optimierte Förderung stattfinden könne.
11Mit seiner am 25.11.2008 bei dem Sozialgericht Detmold erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Er ist bei seiner Auffassung verblieben, dass ihm wegen seiner Behinderungen ein Besuch der N-Schule nicht möglich sei. Die Schule sei wesentlich größer als die T-Schule und die Klassen mit teilweise mehr als zehn Schülern erheblich stärker. An der T-Schule sei die Betreuung vor allem wegen der Bildung von Kleingruppen in bestimmten Fächern (wie Mathematik, Deutsch und Sachkunde) intensiver. Insbesondere im Fach Deutsch benötige der Kläger eine kleine Klasse, weil er stark sprachverzögert sei. Bei einer Besprechung an der N-Schule habe den Eltern nicht zugesichert werden können, dass logopädische Maßnahmen während der Schulzeit erfolgen könnten; denn es sei nicht klar gewesen, ob ausreichend Therapeuten vorhanden seien. Auch weitere Fördermaßnahmen, wie therapeutisches Reiten oder Schwimmen, würden dort nicht immer ausreichend angeboten. Zudem wäre der Schultag für ihn an der N-Schule zu lang. Hinzu käme eine Fahrtzeit mit dem Schülerspezialtransport von mehr als 60 Minuten; dies belaste ihn wegen seiner Aufmerksamkeitsstörung und behinderungsbedingten Bewegungsunruhe erheblich. Abgesehen davon sei er anschließend nicht aufnahmefähig. Nach Schulschluss stattfindende Therapien seien deutlich weniger erfolgversprechend. Da der Kläger vor Schulbeginn den heilpädagogischen Kindergarten in Bad M besucht habe, sei die Einschulung an der im selben Gebäude befindlichen T-Schule wesentlich einfacher und dadurch entwicklungsfördernder gewesen. Da er auf Veränderungen äußerst sensibel und durch körperliche Begleiterscheinungen reagiere, sei ihm auch ein Schulwechsel nicht zumutbar. So habe er wegen einer für April 2012 geplanten Klassenfahrt bereits seit Ende des Jahres 2011 unter einer deutlichen Unruhe gelitten und vermehrt eingenässt; sein ohnehin eingeschränktes Konzentrationsvermögen sei noch weiter reduziert gewesen. Zur Stützung seines Vorbringens hat der Kläger auf ein von seinen Eltern in Auftrag gegebenes Gutachten des Facharztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie sowie -psychotherapie D vom 08.10.2008 sowie dessen ergänzende Ausführungen im Eilverfahren, eine Stellungnahme der Heilpädagogin L1 aus Juni 2008, ein im Eilverfahren von Amts wegen in Auftrag gegebenes Gutachten des Facharztes für Kinder- und Jugendpsychosomatik, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. H vom 21.02.2010 sowie die dortige Vernehmung des Kinderarztes des Klägers, Dr. X, verwiesen. Ferner hat der Kläger eine Stellungnahme des Sprachtherapeuten H A vom 12.09.2009 sowie des Allgemeinmediziners Dr. T vom 22.05.2012 vorgelegt. Auf den Inhalt dieser Unterlagen wird Bezug genommen. Die Bescheide des Beigeladenen zu 1 - so der Kläger weiter - stünden einer Beschulung an der T-Schule nicht entgegen; denn eine konkrete Zuweisung zur N-Schule sei darin nicht erfolgt. Ebenso wenig sei bedeutsam, dass es sich bei der T-Schule um eine niedersächsische Tagesbildungsstätte handele. Der Kläger könne auch dort seine Schulpflicht erfüllen.
12Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
13den Bescheid vom 17.07.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.11.2008 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, die Kosten für die Beschulung in der T-Schule in Bad M ab der Einschulung zu übernehmen.
14Der Beklagte hat beantragt,
15die Klage abzuweisen.
16Er hat an seinen Bescheiden festgehalten und unter Vorlage einer Stellungnahme eines Referatsleiters des Innenministeriums Nordrhein-Westfalen vom 31.03.2011 ergänzend die Auffassung vertreten, die Übernahme der Beschulungskosten an der T-Schule scheide schon deshalb aus, weil der Kläger dort seine Schulpflicht nicht erfüllen könne; denn die T-Schule sei keine Schule, sondern eine Tagesbildungsstätte, deren Besuch gemäß § 162 des Niedersächsischen Schulgesetzes (Nieders. SchulG) zwar in Niedersachen, nicht hingegen in anderen Bundesländern der Schulpflicht genüge. In Nordrhein-Westfalen könnten Schulpflichtige ihre Schulpflicht lediglich an öffentlichen Schulen, Ersatzschulen oder an nach § 118 Abs. 2 SchulG anerkannten Ergänzungsschulen erfüllen. Ohnehin entfalte die Entscheidung des Beigeladenen zu 1, welche als Schulform eine Förderschule benenne, nicht nur für den Beklagten Tatbestandswirkung, sondern binde auch die Gerichte. Bei der T-Schule handele es sich aber nicht um eine Förderschule im Sinne dieser Zuweisungsentscheidung. Abgesehen davon stehe die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) der Übernahme der Beschulungskosten an der T-Schule entgegen; denn Art. 24 Abs. 2 lit. a UN-BRK verpflichte die Vertragsstaaten lediglich dazu, Menschen mit Behinderungen nicht behinderungsbedingt von einem unentgeltlichen Schulbesuch auszuschließen. Der Besuch der T-Schule sei jedoch nicht unentgeltlich. Im Übrigen könne der Kläger in Ansehung seiner Behinderungen (auch) an der N-Schule angemessen beschult werden. Insbesondere die Fahrtzeit zur Schule mit dem Schülerspezialverkehr sei dem Kläger zumutbar; anderenfalls sei der Schulträger verpflichtet, die Kosten für eine Beförderung mit Privatfahrzeugen zu tragen. Ein Schulwechsel könne dem Kläger abverlangt werden. Dauerhafte Nachteile seien hiermit jedenfalls nicht verbunden. Die Einschätzung des Privatgutachters D, der Kläger benötige überdurchschnittlich lange, um sich gegenüber neuen Therapeuten zu öffnen, überzeuge nicht. Der Arzt habe den Kläger im Rahmen der Diagnostik als offenes, kontaktfreudiges Kind erlebt. Zudem sei auch der Wechsel vom Kindergarten in die Schule gelungen.
17Der Beigeladene zu 1 hat keinen Antrag gestellt.
18Er hat die Auffassung vertreten, den Kläger in seinen Bescheiden vom 12.06.2007 und 11.06.2008 nicht verbindlich der N-Schule zugewiesen zu haben. Auch könne der Kläger an der T-Schule seine Schulpflicht erfüllen. Die N-Schule sei jedoch ebenfalls geeignet, den Kläger angemessen zu beschulen. Allerdings habe der Kreis H als Schulträger eine Übernahme der Kosten für eine Einzelbeförderung des Klägers zur N-Schule abgelehnt; auf das entsprechende Schreiben des Schulträgers vom 26.05.2011 wird verwiesen.
19Das Sozialgericht hat den Sachverständigen Dr. H um ergänzende Stellungnahme zu seinem (im Eilverfahren erstatteten) Gutachten vom 21.02.2010 gebeten. Auf den Inhalt der ergänzenden Stellungnahme vom 11.02.2012 wird Bezug genommen.
20Mit Urteil vom 26.06.2012 hat das Sozialgericht den Beklagten verurteilt, die Kosten der Beschulung des Klägers an der T-Schule seit Einschulung zu übernehmen. Die Förderung des Klägers an dieser Schule sei i.S.d. §§ 53, 54 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII i.V.m. § 12 Nr. 2 EinglhVO geeignet und erforderlich, um ihm eine im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht üblicherweise erreichbare Bildung zu ermöglichen. Nach der Beurteilung des Sachverständigen Dr. H bestünden erhebliche Zweifel, dass die N-Schule geeignet sei, den Kläger angemessen zu beschulen. Dies gelte zum einen wegen der Dauer der Fahrzeit, zum anderen im Hinblick auf die für einen Schulwechsel notwendige, dem Kläger jedoch unzumutbare Umstellungsleistung; denn werde die Integration in einem Ausmaß unterbrochen, dass - wie von Dr. H im günstigen Fall für die Dauer von einem halben bis zu einem Jahr angenommen - ggf. ein ganzes Schuljahr verloren gehe, so sei ein Schulwechsel nicht zumutbar. Ob Abweichendes gelte, wenn die Fahrtzeit zur N-Schule durch eine Einzelbeförderung reduziert werden könne, könne offen bleiben; denn der Schulträger habe dies mit Schreiben vom 26.05.2011 abgelehnt. Auf eine ggf. notwendige gerichtliche Durchsetzung der Einzelbeförderung gegenüber dem Kreis H könne der Kläger aber nicht zumutbar verwiesen werden. Der Kläger erfülle durch den Besuch der T-Schule auch seine Schulpflicht. Zudem habe der Beigeladene zu 1 ihm keine konkrete Schule zugewiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gründe der Entscheidung Bezug genommen.
21Gegen das ihm am 16.07.2012 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 03.08.2012 Berufung eingelegt. Er trägt im Hinblick auf die Dauer der Fahrtzeit ergänzend vor, es existierten keine fundierten wissenschaftlichen Studien über einen Zusammenhang zwischen der Länge der Transportzeiten und der anschließenden Lern- und Arbeitsfähigkeit von Schülern. Auch die Beweisaufnahme im Berufungsverfahren habe nicht ergeben, dass dem Kläger ein Wechsel an die N-Schule unzumutbar sei. Die von dem Sachverständigen Prof. Dr. M für den Fall eines Schulwechsels prognostizierte Umgewöhnungszeit von bis zu zwei Jahren überzeuge nicht; der Kläger sei während der dortigen Untersuchung offen und angstfrei aufgetreten. Ohnehin seien die Eltern des Klägers das Risiko eines möglichen Schulwechsels bei dessen Einschulung bewusst eingegangen.
22Der Beklagte beantragt,
23das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 26.06.2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
24Der Kläger beantragt,
25die Berufung zurückzuweisen.
26Er fühlt sich durch die Beurteilung des zweitinstanzlich mit einem Gutachten beauftragten Sachverständigen Prof. Dr. M bestätigt. Im Hinblick auf die notwendige Vertrautheit des Umfeldes und der Bezugspersonen wäre eine Beschulung an der N-Schule schon bei seiner Einschulung nicht geeignet gewesen. Er reagiere auch weiterhin auf Veränderungen intensiv. Ein schulorganisatorisch notwendiger Wechsel der Klassenlehrerin zum 06.01.2015 habe zu psychischen Beschwerden (Unausgeglichenheit, Unzufriedenheit und Empfindsamkeit) und auch körperlichen Symptomen (Magenkrämpfe und Bauschmerzen) geführt, die hausärztlich mehrfach hätten behandelt werden müssen. In der mündlichen Verhandlung hat der Bevollmächtigte des Klägers klargestellt, keine Leistungen nach dem Dritten und Vierten Kapitel des SGB XII geltend zu machen.
27Der Beigeladene zu 1 stellt keinen Antrag.
28Er trägt vor, die T-Schule sei in besonderer Weise in der Lage, den individuellen pädagogischen Bedürfnisses des Klägers gerecht zu werden. Es sei daher weiterhin nicht beabsichtigt, eine etwaige Schulpflichtverletzung zu ahnden. Eine Umstellungszeit von sechs- bis zwölf Monaten, wie sie der Sachverständige Dr. H in seinem Gutachten für den Fall eines Schulwechsels angenommen habe , sei bezogen auf die gesamte Schulzeit zumutbar.
29Der Beigeladene zu 2 und der mit Beschluss des Senats vom 28.07.2015 Beigeladene zu 3 stellen keine Anträge und äußern sich nicht zu dem Verfahren.
30Der Senat hat zunächst die den Kläger betreffenden Leistungsnachweise, Zeugnisse und den Therapieplan von der T-Schule angefordert. Auf den Inhalt dieser Unterlagen wird verwiesen.
31Anschließend hat der Senat ein Gutachten des Facharztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie Prof. Dr. M (seinerzeit Direktor der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters, Universitätsklinik L) eingeholt. In der mündlichen Verhandlung hat der Sachverständige seine gutachterlichen Ausführungen vom 08.05.2014 weiter erläutert. Wegen der Einzelheiten wird auf die schriftlichen Ausführungen des Sachverständigen sowie auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
32Darüber hinaus hat die Schulleiterin der T-Schule in der mündlichen Verhandlung zu den dortigen Rahmenbedingungen der Beschulung und der Reaktion des Klägers auf Veränderungen Stellung genommen. Auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift wird insofern verwiesen.
33Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, der beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten sowie der Streitakten (gleichen Rubrums) S 16 SO 10/09 ER (SG Detmold) bzw. L 12 B 19/09 SO ER (LSG NRW) Bezug genommen. Dieser ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
34Entscheidungsgründe:
35Die zulässige Berufung des Beklagten ist unbegründet.
36A) Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 17.07.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.11.2008 (§ 95 SGG). Da der Beklagte darin den Antrag des Klägers auf Übernahme der Kosten für den Besuch der T-Schule ab dem Schuljahr 2008/2009 vollständig und zukunftsoffen abgelehnt hat, ist Streitgegenstand in zeitlicher Hinsicht der gesamte Zeitraum vom Beginn des Schuljahres 2008/2009 bis zum Tag der mündlichen Verhandlung vor dem Senat (so entsprechend zur vollständigen Ablehnung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende in Form von Arbeitslosengeld II BSG, Urteil vom 15.04.2008 - B 14/7b AS 52/06 R Rn. 12 m.w.N.).
37B) Das Sozialgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Die als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 SGG) statthafte (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 54 Rn. 20a ff., 38 ff.; BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R Rn. 9) und auch im Übrigen zulässige Klage ist begründet.
38Der Beklagte hat die Übernahme der Kosten für den Besuch der T-Schule ab Einschulung des Klägers zu Unrecht abgelehnt. Der Kläger kann von dem Beklagten gemäß §§ 53 ff., 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII i.V.m. § 12 Nr. 2 EinglhVO) die Übernahme dieser Kosten ab August 2008 (= Beginn des Schuljahrs 2008/2009) beanspruchen (dazu im Folgenden). Sonstige Anspruchsgrundlagen kommen nicht in Betracht (dazu weiter unten).
39I. Der Beklagte - nicht hingegen der (als örtlicher Träger der Sozialhilfe) vorsorglich Beigeladene zu 3 - ist für die Erbringung der begehrten Leistungen sachlich und örtlich zuständig.
40Insofern mag insbesondere offen bleiben, ob es sich bei der T-Schule um eine teilstationäre Einrichtung handelt, für welche der Beklagte gemäß § 97 Abs. 2 S. 1 SGB XII i.V.m. §§ 1, 2 AG-SGB XII NRW i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 1a AV-SGB XII NRW und § 98 Abs. 2 S. 2 SGB XII als überörtlicher Träger Hilfen zu erbringen hat (vgl. zur - dort allerdings im Ergebnis offen gelassenen - Frage der Qualifizierung einer Schule als teilstationäre Einrichtung BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R).
41Denn der Beklagte ist (unabhängig von einer etwaigen originären Zuständigkeit) jedenfalls gemäß § 14 Abs. 2 S. 1 i.V.m. Abs. 1 SGB IX sachlich und örtlich für die streitbefangenen Hilfen zuständig. Nach diesen Vorschriften stellt der Rehabilitationsträger, sofern Leistungen zur Teilhabe erbracht werden, innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrags fest, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist (§ 14 Abs. 1 S. 1, 1. Halbsatz SGB IX). Hält er sich für unzuständig, so leitet er den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu (§ 14 Abs. 1 S. 2 SGB IX). Wird der Antrag nicht weitergeleitet, stellt der erstangegangene Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf selbst unverzüglich fest (§ 14 Abs. 2 S. 1 SGB IX). Auf diese Weise wird eine nach außen verbindliche Zuständigkeit des erstangegangenen Rehabilitationsträgers geschaffen, welche sich auf sämtliche Rechtsgrundlagen erstreckt, die in der Bedarfssituation in Betracht kommen (vgl. u.a. BSG, Urteil vom 24.01.2013 - B 3 KR 5/12 R m.w.N.).
42§ 14 Abs. 2 S. 1 SGB IX ist vorliegend anwendbar. Denn die Träger der Sozialhilfe - und damit auch der Beklagte - sind nach §§ 6 Abs. 1 Nr. 7 und Abs. 5 Nr. 4 SGB IX Rehabilitationsträger für Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft. Zu derartigen Leistungen gehören auch solche der Eingliederungshilfe nach §§ 53, 54 SGB XII (vgl. Luthe in jurisPK-SGB IX, § 55 Rn. 4).
43Auch die (weiteren) Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 S. 1 SGB IX sind erfüllt. Der Beklagte hat den Antrag des Klägers auf Übernahme der Kosten für den Besuch der T-Schule nicht gemäß § 14 Abs. 1 S. 1 SGB IX innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrags (am 17.06.2008) und im Übrigen auch nicht im Anschluss daran an den aus seiner Sicht zuständigen Rehabilitationsträger, namentlich den Beigeladenen zu 3 als örtlichem Sozialhilfeträger, weitergeleitet. Folglich ist er nach § 14 Abs. 2 S. 1 SGB IX nicht nur sachlich, sondern auch örtlich zuständig geworden; denn diese Vorschrift legt sowohl die sachliche als auch die örtliche Zuständigkeit fest (Luik in jurisPK-SGB IX, 2. Auflage 2014, § 14 Rn. 45 unter Hinweis auf Welti in Luthe, Rehabilitationsrecht, 2009, S. 154) und verdrängt die Regelung des § 98 SGB XII (Luik, a.a.O. unter Hinweis auf Welti, a.a.O., LSG Schleswig-Holstein vom 09.11.2005 - L 9 B 268/05 SO ER).
44II. Die materiellen Voraussetzungen der §§ 53, 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII i.V.m. § 12 Nr. 2 EinglhVO liegen vor.
45Nach §§ 53 Abs. 1, 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII erhalten die in § 53 Abs. 1 S. 1 SGB XII genannten Personen Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung, insbesondere im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht und zum Besuch weiterführender Schulen einschließlich der Vorbereitung hierzu, wenn und solange nach den Besonderheiten des Einzelfalls Aussicht besteht, dass die Aufgaben der Eingliederungshilfe erfüllt werden. Dabei bleiben die Bestimmungen über die Ermöglichung der Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht unberührt (§ 54 Abs. 1 S. 1. 2. Halbsatz SGB XII). Was dabei unter dem Begriff "angemessene Schulbildung" zu verstehen ist, wird im Rahmen des SGB XII nicht definiert. Jedoch bestimmt § 12 Nr. 2 EinglhVO, dass die Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung auch Maßnahmen der Schulbildung umfasst, wenn diese erforderlich und geeignet sind, dem behinderten Menschen eine im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht üblicherweise erreichbare Bildung zu ermöglichen.
461. Der Kläger gehört(e) aufgrund seiner schwerwiegenden dauerhaften Behinderungen zu dem von § 53 Abs. 1 S. 1 SGB XII i.V.m. § 2 Abs. 1 S. 1 SGB IX erfassten Personenkreis.
47Nach § 53 Abs. 1 S. 1 SGB XII erhalten Personen, die durch eine Behinderung im Sinne von § 2 Abs. 1 S. 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, unter den dort genannten weiteren Voraussetzungen Leistungen der Eingliederungshilfe. Der Kläger leidet - was zwischen den Beteiligen auch unstreitig ist - unter einer solchen wesentlichen Behinderung; denn seine körperlichen Funktionen und geistigen Fähigkeiten weichen aufgrund einer geistigen Behinderung (IQ von 62) mit starker Beeinträchtigung der intellektuellen, sprachlichen und motorischen Fähigkeiten und einer generalisierten Angststörung von dem für sein Lebensalter typischen Zustand erheblich ab. Wegen dieser Behinderungen ist seine Teilhabe am Leben in der Gesellschaft durchgehend und insbesondere auch in dem hier streitbefangenen Zeitraum seit Beginn des Schuljahrs 2008/2009 wesentlich beeinträchtigt.
48Der Senat folgt insoweit in erster Linie den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. M in seinem Gutachten vom 08.05.2014. Dieser ist aufgrund eingehender Untersuchung des Klägers und sorgfältiger Befunderhebung unter Berücksichtigung der übrigen aktenkundigen medizinischen Unterlagen zu seiner Beurteilung gelangt. Zudem decken sich die von ihm erhobenen Diagnosen im Wesentlichen mit den Befunden des Dr. H in seinem Gutachten vom 21.02.2010. Dieser hat bei dem Kläger ebenfalls (u.a.) eine leichte Intelligenzminderung (mit deutlicher Verhaltensstörung und assoziierten Beeinträchtigungen hinsichtlich der Grob- und Feinmotorik, Artikulation und rezeptiver sowie expressiver Sprache) und darüber hinaus zwar keine generalisierte Angststörung, jedoch (u.a.) eine erhöhte Angstbereitschaft und einen Zustand nach emotionaler Störung mit Trennungsangst diagnostiziert. Im Übrigen besteht bei dem Kläger aufgrund der genannten Einschränkungen unstreitig ein sonderpädagogischer Förderbedarf; ein solcher begründet ohnehin stets die Annahme einer wesentlichen Behinderung im vorgenannten Sinne (vgl. BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R).
492. Zu den - somit für den Kläger in Betracht kommenden - Hilfen für eine angemessene Schulbildung im Sinne des § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII gehören auch die hier streitbefangenen Kosten für den Besuch der T-Schule.
50Der Qualifizierung der Übernahme von Beschulungskosten als "Hilfen" im gesetzlichen Sinne steht nicht entgegen, dass der Kläger nicht eine die Schulbildung begleitende Maßnahme, sondern die Übernahme der (gesamten) Kosten für den Besuch der T-Schule als solche begehrt.
51a) Zwar ist der Kernbereich der pädagogischen Arbeit der Schule - und damit im Regelfall auch das Schulgeld, mit welchem der Unterricht finanziert wird - den Regelungen der Eingliederungshilfe grundsätzlich entzogen (vgl. im Einzelnen BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R). Dies folgt schon aus dem Wortlaut des § 54 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII. Spricht dieser - ebenso wie § 12 EinglhVO - gerade von "Hilfen", so erfasst er grundsätzlich nur Maßnahmen, die im Zusammenhang mit der Ermöglichung einer angemessenen Schulbildung (in Ergänzung der Beschulung als solcher) geeignet und erforderlich sind, Behinderungsfolgen zu beseitigen und zu mildern. Dementsprechend betreffen die Regelbeispiele einer solchen Hilfe in § 12 EinglhVO nur die Schulbildung begleitende Maßnahmen (vgl. zu alledem BSG, a.a.O.).
52b) Gleichwohl verbleibt auch im Kernbereich der Schulbildung ausnahmsweise Raum für Leistungen der Eingliederungshilfe, wenn nämlich der Besuch einer öffentlichen (und damit für den Sozialhilfeträger kostenfreien) Schule aus objektiven Gründen (z.B. wegen der räumlichen Entfernung vom Wohnort) oder aus schwerwiegenden subjektiven (persönlichen) Gründen nicht möglich oder nicht zumutbar ist (so BVerwG, Beschluss vom 02.09.2003 - 5 B 259/02; vgl. BSG, Urteil vom 22.03.2012 - B 8 SO 30/10 R unter Bezugnahme auf BVerwG, Urteil vom 13.08.1992 - 5 C 70/88, sowie Beschluss vom 02.09.2003 - 5 B 259/02).
53c) Dem Kläger war der Besuch einer öffentlichen Schule jedoch aus schwerwiegenden subjektiven Gründen schon seit August 2008 nicht möglich bzw. nicht zumutbar.
54aa) Maßstab hierfür ist vor allem die Aufgabe der Sozialhilfe, dem Empfänger der Hilfe die Führung eines Lebens zu ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht, und ihn so weit wie möglich zu befähigen, unabhängig von ihr zu leben (vgl. § 1 SGB XII; vgl. insoweit auch BVerwG, Urteil vom 13.08.1992 - 5 C 70/88). Insofern mag vorliegend offen bleiben, ab wann die Grenze der Unzumutbarkeit überschritten sein kann, wenn - wie hier - die Übernahme der Kosten für den Besuch einer nicht vom zuständigen Schulträger bereitgestellten Schule streitbefangen ist. Jedenfalls dann, wenn seitens des zuständigen Schulträgers keine Schule zur Verfügung steht, die den Hilfebedürftigen unter Berücksichtigung seiner Behinderungen im Sinne des § 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII angemessen beschulen könnte, liegen schwerwiegende subjektive Gründe vor, welche Eingliederungshilfe durch Übernahme der (gesamten) Beschulungskosten ausnahmsweise zulassen.
55bb) So aber liegt es hier; denn der Besuch der N-Schule - welche vom Beklagten sowie vom Schulamt des Kreises H als allein in Betracht kommende öffentliche Schule benannt wurde, und die mit Blick auf die räumlichen Verhältnisse auch die einzige in Nordrhein-Westfalen in Betracht zu ziehende einschlägige Förderschule ist - ist dem Kläger unter Berücksichtigung seiner schwerwiegenden Behinderungen seit Beginn des Schuljahrs 2008/2009 und auch später nicht zumutbar (dazu weiter unten). Vielmehr konnte und kann der Kläger lediglich an der T-Schule angemessen beschult werden. Allein diese Schule ist im Sinne des § 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII i.V.m. § 12 Nr. 2 EinglhVO geeignet und - mangels Zumutbarkeit des Besuchs der N-Schule - auch erforderlich, dem Kläger ein im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht üblicherweise erreichbare Bildung zu ermöglichen (dazu im Folgenden)
56(1) Dabei steht - abweichend von der Auffassung des Beklagten - zunächst Art. 24 Abs. 2 lit. a UN-BRK der Geeignetheit der T-Schule nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift stellen die Vertragsstaaten sicher, dass Menschen mit Behinderungen nicht aufgrund von Behinderungen vom unentgeltlichen und obligatorischen Grundschulunterricht oder vom Besuch weiterführender Schulen ausgeschlossen werden. Bei dieser Vorschrift handelt es sich nicht um eine Verbotsnorm in dem Sinne, dass es den Vertragsstaaten verwehrt sei, behinderten Menschen den Besuch einer nicht unentgeltlichen Schule zu ermöglichen. Die UN-BRK vermittelt vielmehr subjektive (Mindest-)Ansprüche für behinderte Menschen, soweit sie unmittelbar anwendbar ("self-executing") ist (vgl. hierzu im Einzelnen den Beschluss des Senats vom 06.02.2014 - L 20 SO 436/13 B ER m.w.N.). Sie ist jedoch nicht geeignet, Ansprüche behinderter Menschen aus (sonstigen) nationalen Vorschriften - hier nach §§ 53 ff. SGB XII - einzuschränken oder sogar auszuschließen. Im Übrigen ist der Besuch der T-Schule für den Kläger ohnehin unentgeltlich, weil der Sozialhilfeträger zur Übernahme der Beschulungskosten verpflichtet ist.
57(2) Die Beschulung des Klägers an der T-Schule ist auch nicht schon im Hinblick auf die bestandskräftigen Bescheide des Beigeladenen zu 1 vom 12.06.2007 und 11.06.2008 ungeeignet. Der Bescheid vom 12.06.2007 benennt zwar die N-Schule (lediglich) als nächstgelegene Förderschule (in Nordhrein-Westfalen) mit dem Förderschwerpunkt "Geistige Entwicklung". Er trifft jedoch - was der Beigeladene zu 1 in seinen späteren Stellungnahmen auch ausdrücklich bestätigt - weder inzident eine den Beklagten bindende Entscheidung über die Eignung der N-Schule, noch weist er dem Kläger die N-Schule im Sinne von § 46 Abs. 6 SchulG NRW als Förderschule konkret zu. Eine Prüfung der Eignung der Schule unter behinderungsspezifischen Gesichtspunkten hat der Beigeladene zu 1 darin nicht getroffen. Die Schulbehörden entscheiden zwar mit bindender Wirkung gegenüber dem Sozialhilfeträger, in welchem Umfang eine bestimmte Beschulung den geistigen und körperlichen Fähigkeiten eines behinderten Menschen entspricht, hingegen in der Regel nicht darüber, an welcher konkreten Schule die Beschulung zu erfolgen hat (vgl. hierzu den Beschluss des Senats vom 06.09.2010 - 20 SO 450/10 B ER und das Urteil vom 11.06.2014 - L 20 SO 418/11). Vom schulrechtlichen Standpunkt aus betrachtet verblieb dem Kläger vielmehr letztlich ein Wahlrecht, welche geeignete Schule er besuchen will. Ohnehin wäre eine im Bescheid vom 12.06.2007 erfolgte konkrete Zuweisung der N-Schule durch den unmittelbar vor Einschulung des Klägers ergangenen Bescheid vom 11.06.2008 zumindest konkludent aufgehoben und daher gegenstandslos geworden (vgl. § 39 Abs. 2 SGB X); denn darin ging der Beigeladene zu 1 ausdrücklich lediglich davon aus, dass der Kläger demnächst die N-Schule besuchen werde und bat die Eltern anderenfalls um entsprechende Information.
58Die in den Bescheiden erfolgte Zuweisung des Klägers an eine Förderschule mit dem Förderschwerpunkt "Geistige Entwicklung" beinhaltet - abweichend von der Auffassung des Beklagten - auch keine (den Sozialhilfeträger und die Gerichte bindende) Zuweisung einer bestimmten Schulform, nämlich einer Förderschule (im Sinne des nordrhein-westfälischen Rechts). Entscheidend ist insofern (jedenfalls im Rahmen der Eingliederungshilfevorschriften) allein der zugewiesene sonderpädagogische Förderbedarf des Klägers. Dass das inhaltliche Konzept der T-Schule diesem Förderbedarf entspricht, auch wenn es sich hierbei nach niedersächsischem Recht um eine Tagesbildungsstätte handelt, wird aber weder von dem Beklagten noch von dem Beigeladenen zu 1 in Abrede gestellt. Auch letzterer geht im Übrigen nicht davon aus, dem Kläger in den genannten Bescheiden zugleich eine Schulform zugewiesen zu haben.
59(3) Schließlich steht einer Geeignetheit der T-Schule nicht entgegen, dass der Kläger durch den Besuch dieser niedersächsischen Tagesbildungsstätte seiner Schulpflicht nach nordrhein-westfälischem Schulrecht nicht nachkäme.
60(a) Zwar können in Nordrhein-Westfalen Schulpflichtige ihre Schulpflicht grundsätzlich nur an öffentlichen Schulen, Ersatzschulen oder an nach § 118 Abs. 2 SchulG NRW anerkannten Ergänzungsschulen erfüllen (vgl. § 34 Abs. 5 S. 1 SchulG NRW). Insbesondere fehlt im SchulG NRW eine § 162 S. 1 Nieders. SchulG entsprechende Regelung, wonach Kinder und Jugendliche mit geistigen Behinderungen ihre Schulpflicht auch durch den Besuch einer anerkannten Tagesbildungsstätte erfüllen. Auch hat die zuständige Schulaufsichtsbehörde dem Kläger bislang keine Ausnahmegenehmigung (etwa nach § 34 Abs. 5 S. 3 SchulG NRW) erteilt oder ein Ruhen der Schulpflicht (§ 40 Abs. 2 SchulG NRW) angeordnet.
61(b) Die nach niedersächsischem Recht erfolgte Erfassung der T-Schule als Tagesbildungsstätte kann indes (jedenfalls im Rahmen der Eingliederungshilfevorschriften) nicht ausschlaggebend sein. Der Senat hält vielmehr für entscheidend, dass der Bildungsauftrag der T-Schule (als Tagesbildungsstätte) inhaltlich mit dem Auftrag der in § 34 Abs. 5 S. 1 SchulG NRW genannten Schulen identisch ist. Vermittelt erstere nach ihrem gesamten Konzept inhaltlich wie die letzteren Wissen und Können an die Schülerinnen und Schüler, so leistet sie in der Sache eine ebenso geeignete Beschulung. Letztlich ist dies zwischen den Beteiligten auch nicht streitig.
62(c) Unabhängig hiervon ist die Erfüllung der Schulpflicht nach nordrhein-westfälischem Schulrecht ohnehin nicht Voraussetzung für Eingliederungshilfe als Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung im Sinne des § 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII. Schon § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 2. Halbsatz SGB XII, wonach die Bestimmungen über die Ermöglichung der Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht unberührt bleiben, lässt schulrechtliche Verpflichtungen grundsätzlich neben den sozialhilferechtlichen Pflichten bestehen, ohne dass diese sich gegenseitig inhaltlich beeinflussen (so ausdrücklich BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R). Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung sind vielmehr lediglich vorrangig an einer Einrichtung zu gewähren, durch deren Besuch der behinderte Mensch der allgemeinen Schulpflicht nach jeweiligem Landesrecht genügt.
63§ 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII lässt sich i.V.m. § 12 Nr. 2 EinglhVO und unter zusätzlicher Berücksichtigung des Nachranggrundsatzes (§ 2 Abs. 1 SGB XII) insofern entnehmen, dass nicht jedwede Hilfeleistung zu einer nach den Vorstellungen des behinderten Menschen bzw. seiner Erziehungsberechtigten bestmöglichen Schulbildung als Eingliederungshilfe verlangt werden kann. Vielmehr ist die schulische Förderung von Kindern nach Art. 7 Abs. 1 GG eine grundsätzlich allein den (öffentlichen) Schulträgern zugewiesene Aufgabe (BSG, Urteil vom 22.03.2012 - B 8 SO 30/10 R). Insbesondere besteht ein Ausschluss für die Übernahme von Schulkosten aufgrund der Gesetze der Länder, (zumindest) soweit die Schulbehörde der ihr möglichen vorrangigen Leistungsverpflichtung auch nachkommt (Voelzke in Hauck/Noftz, SGB XII, 19. Erg.-Lfg. II/10, § 54 Rn. 44a; BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R). Steht hingegen fest, dass eine im Sinne von § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII angemessene Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht nicht zu erlangen ist, so kann unter dem Gesichtspunkt der Eingliederungshilfe die Übernahme von Kosten für eine anderweitige Beschulung des behinderten Menschen in Betracht kommen (LSG NRW, Urteil vom 15.05.2013 - L 20 SO 67/08; LSG Hessen, Urteil vom 22.11.2010 - L 9 SO 9/07 und zu § 35a SGB VIII; VGH Hessen, Urteil vom 20.08.2009 - 10 A 1799/08).
64Hierfür spricht schon der Wortlaut des § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII, der keinen abschließenden Leistungskatalog möglicher Eingliederungshilfen enthält, sondern von Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung (nur) "insbesondere" im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht spricht. Zudem umfassen nach § 12 Nr. 2 EinglhVO Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung auch solche Maßnahmen der Schulbildung, die erforderlich und geeignet sind, dem behinderten Menschen eine "im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht" (lediglich) "üblicherweise erreichbare" Bildung zu ermöglichen. Insofern bildet die allgemeine Schulpflicht also nur den Vergleichsmaßstab dafür, in welchem Umfang bzw. in welchem Maße Leistungen der Eingliederungshilfe auch außerhalb der allgemeinen Schulpflicht erbracht werden können.
65Diese Lesart wird zudem durch Sinn und Zweck der Eingliederungshilfevorschriften gestützt. Diese sollen nicht vorrangig sicherstellen, dass der nach §§ 53 ff. SGB XII berechtigte Personenkreis seiner Schulpflicht gerecht wird, sondern dem behinderten Menschen nach dem Willen des Gesetzgebers die Integration in die Gesellschaft ermöglichen. § 53 Abs. 3 S. 1 SGB XII bestimmt insoweit als besondere Aufgabe der Eingliederungshilfe, eine Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und die behinderten Menschen in die Gesellschaft einzugliedern. Hierzu gehört vor allem, ihnen die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern, ihnen die Ausübung eines angemessenen Berufs oder einer sonstigen angemessenen Tätigkeit zu ermöglichen oder (auch nur), sie so weit wie möglich unabhängig von Pflege zu machen (§ 53 Abs. 3 S. 2 SGB XII). Mit Blick auf diese Ziele kann es jedenfalls dann nicht dem Willen des Gesetzgebers entsprechen, einem behinderten Menschen nach den - im Übrigen bundesrechtlichen - Eingliederungshilfevorschriften der §§ 53 ff. SGB XII eine angemessene Beschulung außerhalb der jeweiligen Landesgrenzen mit der Begründung zu versagen, dass dort die Schulpflicht nach landesrechtlichen Vorschriften nicht erfüllt werde, wenn das landesrechtliche Schul(pflicht-)system selbst eine angemessene Beschulung nicht sicherstellt (vgl. hierzu schon den Beschluss des Senats vom 15.08.2012 - L 20 SO 309/12 ER und das Urteil vom 11.06.2014 - L 20 SO 418/11).
66(d) Auf ein etwaiges schulrechtliches Wahl- und Bestimmungsrecht des behinderten Menschen bzw. seiner Eltern kommt es in diesem Zusammenhang im Übrigen von vornherein nicht an. Ein solches Wahlrecht ist allenfalls dann von Bedeutung, wenn (wie in dem der Entscheidung des BVerwG vom 26.10.2007 - 5 C 35.06 zugrunde liegenden Sachverhalt) der Besuch zweier Schulen im Raume steht, welche beide in das System der allgemeinen Schulpflicht des betroffenen Bundeslandes integriert sind. Im vorliegenden Fall liegt jedoch allein die N-Schule in Nordrhein-Westfalen, während sich die T-Schule in Niedersachen befindet.
67cc) Ausgehend von den dargestellten Kriterien ist mit Blick auf die Formulierungen in § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII (" angemessene Schulbildung ") und § 12 Nr. 2 EinglhVO (" üblicherweise erreichbare Bildung ") in einem ersten Schritt festzustellen, welches konkrete Bildungsziel für den behinderten Menschen in Betracht kommt (so auch Voelzke a.a.O. Rn. 40a; dazu im Folgenden). Daran anschließend ist zu prüfen, ob dieses Ziel mit den Möglichkeiten, welche das öffentliche Schulsystem für den Betroffenen bereithält, in zumutbarer Weise verfolgt werden kann oder nicht (dazu weiter unten). Im Rahmen dieses zweiten Prüfungsschritts sind unter "bereithalten" die Leistungen oder Rahmenbedingungen zu verstehen, die das öffentliche Bildungssystem dem behinderten Menschen tatsächlich zur Verfügung stellt, oder die der Betroffene im Rahmen zumutbarer Bemühungen rechtzeitig realisieren kann (vgl. das Urteil des Senats vom 15.05.2013 - L 20 SO 67/08; Scheider in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 19. Auflage 2015, § 53 Rn. 71 ff.; Voelzke a.a.O. Rn. 44a mit Hinweis m.w.N.; OVG NRW, Urteil vom 15.06.2000 - 16 A 3108/99 Rn. 17 a.E. und Rn. 22). Insoweit geht der Senat im Anschluss an die ablehnende Stellungnahme des Schulträgers vom 26.05.2011 davon aus, dass eine Individualbeförderung des Klägers zur N-Schule auf dessen Kosten nicht (rechtzeitig) durchsetzbar wäre (vgl. hierzu schon das Urteil des Senats vom 15.05.2013 - L 20 SO 67/08 m.w.N.).
68(1) Die für den Kläger in Betracht kommenden Bildungsziele, welche der Senat umfassend ermittelt hat, werden an der T-Schule in geeigneter Weise verfolgt.
69(a) Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme, namentlich den schriftlichen Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. M und dessen weiteren Erläuterungen in der mündlichen Verhandlung sowie nach den dortigen Ausführungen der Schulleiterin der T-Schule, ist zwar seit Beginn des streitbefangenen Zeitraums nicht vorhersehbar, ob der Kläger bei Schulabschluss (nach dem 12. Schuljahr) einen formalen Bildungsabschluss - etwa vergleichbar der Qualifikation eines Hauptschulabschlusses oder dem Abschluss an einer Schule für Lernbehinderte - erreichen oder auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt jedenfalls eine angelernte Tätigkeit ausüben können wird. Der Kläger wird jedoch aller Voraussicht nach grundlegende Fähigkeiten wie Rechnen, Lesen und Schreiben erwerben bzw. ausbauen und - den nachvollziehbaren Darlegung der Schulleiterin folgend - nach Schulabschluss insbesondere ihm unbekannte Texte sinnentnehmend lesen können. Weitere - voraussichtlich erreichbare - Lernziele liegen vor allem darin, seine Aussprache und den verantwortungsbewussten Umgang mit Geld zu verbessern, seine geschichtlichen Kenntnisse und sein soziales Verhalten auszubauen sowie sein ohnehin in gutem Umfang vorhandenes "Weltwissen" zu fördern.
70(b) Die T-Schule, deren Schulkosten vorliegend im Streit stehen, ist im Sinne des § 12 Nr. 2 EinglhV geeignet, dem Kläger diese Bildungsziele erfolgversprechend zu vermitteln. Das gilt mit Blick sowohl auf die Schülerzahl, die Klassengröße und die sonstigen Rahmenbedingungen (insbesondere die Dauer der Anfahrt zur Schule) als auch auf die von der Schule vorgehaltenen pädagogischen und therapeutischen Angebote sowie das Förderkonzept. Dies steht unter Berücksichtigung der von der Leiterin der T-Schule beschriebenen Umstände der Beschulung sowie der Ausführungen der Sachverständigen Prof. Dr. M und Dr. H fest. Die Sachverständigen sind insoweit in ihren Gutachten übereinstimmend zu der Einschätzung gelangt, dass die T-Schule geeignet ist, die von ihnen beschriebenen Lernziele zu fördern. Zweifel an dieser Beurteilung hat der Senat nicht; sie erscheint insbesondere vor dem Hintergrund der von den Sachverständigen behinderungsbedingt für notwendig erachteten Rahmenbedingungen für die Beschulung des Klägers sowie der diesbezüglichen Angaben der Schulleiterin in der mündlichen Verhandlung zutreffend.
71(aa) Zwar kommt es nach den Feststellungen der Sachverständigen für die Beurteilung der Geeignetheit auf die Größe der T-Schule (nach den Angaben der Schulleiterin seit Einschulung des Klägers zwischen 86 und 91 Schüler) und Klassen (fünf bis neun Schüler), die Dauer eines Schultags (von 8.00 Uhr bis 14.15 Uhr) und die Integration der logopädischen und ergotherapeutischen Förderung sowie des therapeutischen Reitens in den Schulalltag nicht entscheidend an. Im Hinblick auf die motorische Unruhe und die Irritierbarkeit des Klägers, die - den schlüssigen Ausführungen der Sachverständigen folgend - zunächst Symptome einer Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störung (ADHS) aufwies, später jedoch vornehmlich durch ängstliches Verhalten zum Ausdruck gekommen ist, stellt eine Fahrtzeit zur Schule von einer Stunde und mehr (laut Einschätzung des Sachverständigen Dr. H schon von ca. 50 bis 60 Minuten) jedoch eine erhebliche Belastung dar, welche die Leistungsfähigkeit des Klägers und seine schulische Integration wahrscheinlich beeinträchtigt. Zweifel an der Richtigkeit dieser Beurteilung hat der Senat nicht. Sie erscheint insbesondere im Hinblick auf die von den Sachverständigen erhobenen Befunde und beschriebene Unruhe, welche nach den Angaben der Eltern auch bei längeren privaten Autofahrten auftritt, schlüssig und nachvollziehbar. Diesem Belastungsfaktor wird durch die T-Schule jedoch hinreichend Rechnung getragen; denn die Fahrt vom Wohnort des Klägers zur Schule dauert mit dem Schülerspezialtransport lediglich ca. 20 bis 25 Minuten.
72(bb) Die Beurteilung der Sachverständigen, der zufolge die T-Schule nach ihrem Förderkonzept einschließlich der Fahrtzeiten geeignet ist, den Kläger unter Berücksichtigung seiner Behinderungen angemessen zu beschulen, wird zudem weder von dem (im Eilverfahren als Zeuge gehörten) Kinderarzt des Klägers Dr. X noch dem Privatgutachter D in seinem schriftlichen Gutachten sowie seinen mündlichen Erläuterungen im Eilverfahren in Zweifel gezogen. Auch der Beklagte und der Beigeladene zu 1 gehen übereinstimmend davon aus, dass die T-Schule - wenn nicht sogar in besonderer Weise - in der Lage ist, dem Kläger die beschriebenen Bildungsziele erfolgversprechend zu vermitteln.
73(2) Der Besuch der T-Schule ist seit Schulbeginn (August 2008) nicht nur geeignet, sondern im Sinne des § 12 Nr. 2 EinglhVO auch erforderlich, um den Kläger angemessen zu beschulen; denn die vom Sachverständigen Prof. Dr. M und der Schulleiterin der T-Schule beschriebenen Lernziele können seither mit den Möglichkeiten, welche das öffentliche Schulsystem in Nordrhein-Westfalen für den Kläger bereit hält, nicht in zumutbarer Weise verfolgt werden.
74Zwar war das Förderkonzept der (von dem Beklagten einzig als geeignet benannten) N-Schule seit Beginn des streitigen Zeitraums ausreichend, um den Behinderungen des Klägers gerecht zu werden (dazu im Folgenden). Der Senat hat jedoch schon Zweifel, ob auch die sonstigen Rahmenbedingungen, namentlich die Dauer der Fahrt zur Schule, zur Erreichung der beschriebenen Förderziele geeignet war (dazu im Folgenden). Unabhängig hiervon war dem Kläger der Besuch der N-Schule aufgrund seiner Umstellungsschwierigkeiten schon bei Einschulung behinderungsbedingt nicht zumutbar. Gleiches gilt für einen späteren Schulwechsel (dazu weiter unten).
75(a) Im Anschluss an die Beweisaufnahme ist der Senat davon überzeugt, dass das eigentliche Förderkonzept der N-Schule seit Einschulung des Klägers im Schuljahr 2008/2009 zur Erreichung der beschriebenen Förderziele geeignet war. Insbesondere stehen die dortigen Schülerzahlen (nach den zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Bekundungen des Zeugen L vom 11.06.2014 in dem Verfahren L 20 SO 418/11 zwischen ca. 180 und 169), die Klassenstärken (im Eingangsbereich sieben oder acht, später ca. zehn Schüler/innen), die tägliche Schulzeit (montags bis donnerstags 8.30 Uhr bis 15.00 Uhr, freitags bis 12.30 Uhr) einer dortigen Beschulung des Klägers seit Schulbeginn nicht entgegen.
76Ob der gleitende Schulanfang an der N-Schule (von 8.15 Uhr bis 8.30 Uhr) den Behinderungen des Klägers in gleicher Weise wie die T-Schule Rechnung trägt, obwohl dieser nach der Einschätzung des Sachverständigen Prof. Dr. M aufgrund seiner leichten Irritierbarkeit einen klaren Rahmen und damit auch hinsichtlich Schulbeginn und -ende eine zeitliche Struktur benötigt, lässt der Senat allerdings offen. Ebenso wenig bedarf es einer abschließenden Klärung, ob die sonstigen Rahmenbedingungen an der N-Schule (namentlich die Fahrtzeit zur Schule, welche nach den Bekundungen des Zeugen L im Streitverfahren L 20 SO 418/11 sowie im zwischen den Beteiligten geführten Eilverfahren maximal eine Stunde beträgt) den spezifischen Behinderungen des Klägers hätte genügen können. Die diesbezüglichen Zweifel des Senats gründen sich auf die bereits dargestellte übereinstimmende Beurteilung der Sachverständigen Prof. Dr. M und Dr. H. Danach stellt eine solche Fahrtzeit für den Kläger jedenfalls einen nicht unerheblichen Belastungsfaktor dar, der - ausgehend von den Ausführungen des Sachverständigen Dr. H - zumindest im Zusammenspiel mit weiteren Risikofaktoren, insbesondere einem Schulwechsel (dazu weiter unten), mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer konkreten Gefährdung der erreichbaren Bildungsziele führt.
77(b) Denn unabhängig von dem Förderkonzept und sonstigen Rahmenbedingungen war dem Kläger eine Beschulung an der N-Schule aufgrund der Besonderheiten seiner Behinderungen und damit verbundenen geringen Umstellungsfähigkeit jedenfalls schon nach Beendigung des Kindergartens (im Juli 2008) nicht zumutbar.
78Der Senat legt seiner Beurteilung auch insoweit in erster Linie die Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. M zugrunde. Bereits in seinem Gutachten vom 08.05.2014 hat der Sachverständige ausgeführt, dass der Kläger aufgrund seiner geistigen Behinderung und seiner Angststörung eine verlängerte Zeit benötige, um sich auf neue Umgebungen oder auf neue Situationen einzulassen und sich fremden Personen gegenüber öffnen zu können. Derartige Eingewöhnungsphasen, welche bis zu zwei Jahren in Anspruch nehmen könnten, seien mit einer psychischen Belastung verbunden und hätten unweigerlich Auswirkungen auf das erreichbare Bildungsniveau. Ergänzend hat der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung auf ausdrückliches Befragen erklärt, bei einer Einschulung des Klägers an der N-Schule sei sicherlich nicht nur dessen Entwicklung in den verschiedenen Leistungsbereichen weniger gut verlaufen als an der T-Schule. Vielmehr habe zudem die Gefahr bestanden, dass der Kläger die Schule insgesamt verweigere. Das gelte umso mehr, als der Kläger schon bei seinem Wechsel an die - dem Kindergarten räumlich angegliederte - T-Schule eine längere Eingewöhnungszeit benötigt habe; bei einem Wechsel vom Kindergarten auf die N-Schule wären aber weitaus größere Eingewöhnungsschwierigkeiten zu erwarten gewesen.
79Diese Beurteilung hält der Senat ebenfalls für überzeugend. Zwar konnte der Sachverständige auch in der mündlichen Verhandlung nicht konkreter darlegen, mit welchen (Entwicklungs-)Rückschritten im Einzelnen eine Einschulung des Klägers an der N-Schule verbunden gewesen wäre. Gleiches gilt für das zu erwartende Ausmaß von Rückschritten, namentlich die Zeit, welche der Kläger voraussichtlich benötigen würde, um sie wieder aufzufangen. Der Senat hält dies mit Blick darauf, dass die Erkrankung des Klägers eine derartige Prognose nur schwer zulässt, indes für nachvollziehbar. Dass ein Wechsel vom Kindergarten auf die N-Schule die Entwicklung des Klägers beeinträchtigt, hat der Sachverständige aber mit Sicherheit bejaht.
80Bedenken gegen die Richtigkeit dieser Einschätzung hat der Senat nicht. Der Sachverständige hat unter Berücksichtigung der aktenkundigen medizinischen und psychologischen Berichte sowie der Schilderungen der Eltern des Klägers schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, dass jeder räumliche und personelle Wechsel für ein Kind mit dem Beschwerdebild des Klägers eine große Verunsicherung bedeutet und mit Eingewöhnungsschwierigkeiten sowie Rückschritten einhergeht, weil zunächst viel Anstrengung auf die Anpassung an die neue Situation verwendet werden muss.
81Bestätigt wird die Beurteilung des Sachverständigen Prof. Dr. M zunächst durch den Sachverständigen Dr. H. Dieser ist in seinem Gutachten vom 21.02.2010 ebenfalls zu der Beurteilung gelangt, dass der Kläger erheblich größere Umstellungsschwierigkeiten hat als andere gleichaltrige behinderte Kinder, und dass eine Herausnahme aus der gewohnten personellen und räumlichen Umgebung einen entscheidenden Risikofaktor für eine adäquate schulische Förderung des Klägers darstellt. Auch der Kinderarzt des Klägers, Dr. X, hat anlässlich seiner Vernehmung im Rahmen des Eilverfahrens am 20.08.2009 bekundet, durch eine Veränderung der Umgebungssituation und der Ansprechpartner sei eine Stagnation, wenn nicht sogar ein Rückschritt in den Therapieerfolgen wahrscheinlich.
82Dass der Kläger schon seit früher Kindheit auf Veränderungen personeller und/oder räumlicher Art in besonderer Weise reagiert und daher überdurchschnittlich viel Zeit benötigt, um sich an neue Situationen zu gewöhnen, ergibt sich im Übrigen auch aus dem pädagogischen Gutachten der Sonderschullehrerinnen C und I vom 30.05.2007 zur Feststellung des Förderbedarfs. Danach bedurfte der Kläger schon im Kindergarten einer langen Eingewöhnungsphase, bevor er sich dort sicher und wohl fühlte; selbst nach fast zweijährigem Kindergartenbesuch reagierte er gegenüber fremden Personen weiterhin sehr zurückhaltend und verweigerte diesen die Mitarbeit.
83Dabei kommt erschwerend hinzu, dass etwaige Veränderungen beim Kläger - auch im Rahmen einer im Übrigen stabilen Umgebung - nicht nur zu einer Einschränkung der Leistungsfähigkeit, sondern neben psychischen Symptomen auch zu erheblichen körperlichen Begleiterscheinungen führen. So berichtete die Schulleiterin der T-Schule in ihrer schriftlichen Stellungnahme aus Juni 2002 glaubhaft von Irritationen des Klägers anlässlich einer für April 2012 bevorstehenden Klassenfahrt, welche sich bereits ein halbes Jahr zuvor in Form von deutlicher (motorischer) Unruhe, vermehrtem Einnässen, Durchfall, Erbrechen sowie einer Beeinträchtigung des Konzentrationsvermögens, der Aussprache und des Redeflusses gezeigt hätten. Ebenso reagierte der Kläger nach den glaubhaften Schilderungen der Schulleiterin in der mündlichen Verhandlung auf einen Wechsel der Klassenlehrerin im Januar 2015 mit Unruhe, Unzufriedenheit, einer Einschränkung des Sprechflusses sowie einer - über das bei ihm übliche Maß hinausgehenden - verwaschenen Sprache und ließ sich auch auf Lernangebote nicht mehr ein. Obwohl die Klassenlehrerin die Klasse seit ca. Anfang Juli 2015 wieder übernommen hat, hat sich der Zustand des Klägers nach Angaben der Schulleiterin bislang, also ca. acht Monate nach dem Lehrerwechsel, noch nicht wieder vollständig normalisiert.
84Der Senat verkennt insoweit nicht, dass auch der Wechsel des Klägers vom Kindergarten an die T-Schule mit räumlichen und personellen Veränderungen verbunden war. Diese waren jedoch weitaus geringer, als es ein Wechsel vom Kindergarten zur N-Schule gewesen wäre; denn nach den glaubhaften Schilderungen der Leiterin der T-Schule in der mündlichen Verhandlung ist der Kindergarten der Schule nicht nur räumlich angegliedert. Vielmehr sind beide Einrichtungen auch personell miteinander verzahnt. Der Kläger kannte daher bei seiner Einschulung nicht nur das Gelände und Gebäude, sondern darüber hinaus bereits einzelne an der T-Schule tätige Therapeuten, den Fahrdienst sowie die Küche (einschließlich Personal).
85Der Einschätzung der Sachverständigen steht schließlich auch nicht entgegen, dass der Kläger anlässlich der Begutachtung durch den Sachverständigen Prof. Dr. M freundlich und offen auftrat und auch in dem Gutachten des Herrn D als fröhlich und zugewandt beschrieben wird; denn die nur temporären Begutachtungen erfolgten innerhalb einer sehr konstanten Grundsituation. Ein Wechsel vom Kindergarten am T auf die N-Schule wäre für den Kläger jedoch nicht nur mit kurzzeitigen räumlichen Veränderungen, sondern - neben einem veränderten Wegetransport (bzgl. Strecke und Fahrer) sowie Tagesablauf - insbesondere auch mit dem Austausch sämtlicher Betreuungskräfte und damit der maßgebenden Bezugspersonen verbunden, welche den Kläger während des gesamten Alltags im Kindergarten begleiten und fördern. Derartig einschneidende und vielschichtige Veränderungen sind aber von vornherein nicht vergleichbar mit Umständen wie einer einmaligen Begutachtung (bei der im Übrigen die Eltern des Klägers in der Nähe und erreichbar geblieben sind).
86(c) War dem Kläger - zusammenfassend - aber eine Einschulung an der N-Schule schon nach Abschluss des Kindergartens (im Sommer 2008) behinderungsbedingt nicht zumutbar, so war ihm auch ein späterer Wechsel auf diese Schule aus schwerwiegenden subjektiven Gründen (s.o.) unmöglich bzw. unzumutbar und der (weitere) Besuch der T-Schule aus diesem Grund auch über das Schuljahr 2008/2009 hinaus erforderlich im Sinne des § 12 Nr. 2 EinglhVO. Denn nach den überzeugenden Ausführungen insbesondere des Sachverständigen Prof. Dr. M in seinem Gutachten sowie seinen mündlichen Erläuterungen im Verhandlungstermin verursacht (auch) ein Schulwechsel bei dem Kläger verlängerte Eingewöhnungsphasen mit einer Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit, Angstsymptomen und Verhaltensauffälligkeiten bis hin (sogar) zu Aggressionen. Zudem wäre er ebenfalls mit der Gefahr verbunden, dass der Kläger die Schule insgesamt verweigert. Zweifel an der Richtigkeit auch dieser Beurteilung hat der Senat nicht. Insofern wird auf die obigen Ausführungen zu den zu erwartenden Auswirkungen bei einem Wechsel vom Kindergarten zur N-Schule verwiesen, die auch für einen späteren Schulwechsel gelten. Das gilt umso mehr, als ein Wechsel der Schule zumindest im gleichen Maße, im Hinblick auf den Verlust der gesamten bisherigen Mitschüler/innen sogar eher noch mit erheblicheren Veränderungen verbunden wäre als die Einschulung des Klägers an der N-Schule.
87dd) Der Umstand, dass der Kläger seine Schulbildung an der T-Schule entgegen der angefochtenen Entscheidung des Beklagten aufgenommen und auf diese Weise vollendete Tatsachen geschaffen hat, steht der Übernahme der Kosten für den Besuch der T-Schule von vornherein nicht entgegen. Das gilt schon deshalb, weil die Einschulung des Klägers an der N-Schule (deren Besuch der Beklagte in den angefochtenen Bescheiden für angemessen erachtet hat) seinerzeit wegen der einschränkten Umstellungsfähigkeit des Klägers keine geeignete Fördermöglichkeit war (s.o.). Für die Folgezeit war der weitere Besuch der T-Schule wegen der Unzumutbarkeit eines Schulwechsels unverzichtbar.
88Der Senat weicht insofern nicht von seinem früheren Urteil vom 15.05.2013 - L 20 SO 67/08 ab. Zwar ist dort ausgeführt, dass die dortige Klägerin keine Vorteile daraus ziehen darf, dass sie entgegen der von ihr angefochtenen Entscheidung des Beklagten ihre Schulausbildung zunächst an der T-Schule begonnen hat und nunmehr mangels Anspruchs auf Übernahme der Beschulungskosten auf die N-Schule wechseln muss. In jenem Verfahren ließ sich jedoch - anders als hier - nicht feststellen, dass die (insoweit beweispflichtige) dortige Klägerin an der N-Schule nicht hätte angemessen beschult werden können, und dass deshalb eine Umschulung unzumutbar wäre. Unterscheiden sich jener und der vorliegende Sachverhalt deshalb wesentlich, so kann im hier zu entscheidenden Fall (bei dem kein Erkenntnisausfall vorliegt) offen bleiben, ob und inwiefern "Verschuldensgesichtspunkte" (die im Recht der Sozialhilfe einen zu deckenden Bedarf ohnehin grundsätzlich nicht entfallen lassen, sondern allenfalls unter engen Voraussetzungen eine Leistungseinschränkung bzw. einen Erstattungsanspruch nach sich ziehen können; vgl. § 26 bzw. § 103 SGB XII) hinsichtlich einer getroffenen Schulwahl berücksichtigungsfähig sein können.
893. Dem Anspruch des Klägers auf Übernahme seiner Beschulungskosten an der T-Schule als Eingliederungshilfe stehen sonstige Hindernisse nicht entgegen. Insbesondere verfügte der Kläger seit Schuljahresbeginn 2008/2009 durchgehend nicht über anzurechnendes Einkommen, wobei dieses ohnehin auf die Aufbringung der Mittel für die Kosten des Lebensunterhalts beschränkt wäre (vgl. § 92 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SGB XII). Etwaiges Vermögen des Klägers ist bei den hier in Rede stehenden Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung ohnehin nicht anspruchsmindernd oder -ausschließend zu berücksichtigen (vgl. § 92 Abs. 2 S. 2 i.V.m. S. 1 Nr. 2 i.V.m. SGB XII).
90C) Sonstige Anspruchsgrundlagen für eine Übernahme von Kosten im Zusammenhang mit der Beschulung des Klägers existieren nicht.
91I. Leistungen der Eingliederungshilfe des Jugendhilfeträgers nach § 35a SGB VIII scheiden aus. Zwar mag die Angststörung des Klägers eine seelische Behinderung im Sinne des § 35a Abs. 1 und 3 SGB VIII sein; eine solche kann grundsätzlich zu einer Leistungszuständigkeit des Jugendhilfeträgers führen. Leidet der Kläger jedoch zumindest auch unter einer wesentlichen geistigen Behinderung, ist nach der Abgrenzungsregelung des § 10 Abs. 4 S. 2 SGB VIII der beklagte Sozialhilfeträger vorrangig zuständig (vgl. zu dieser Abgrenzung ausführlich etwa Urteil des Senats vom 18.01.2013 - L 20 SO 170/11 Rn. 59 ff. m.w.N.). Aus diesem Grund bedurfte es von vornherein keiner Beiladung des Jugendhilfeträgers.
92II. Schließlich wurde in der mündlichen Verhandlung für den Kläger ausdrücklich klargestellt, dass Leistungen nach dem Dritten bzw. Vierten Kapitel des SGB XII (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 Rn. 18) nicht geltend gemacht werden.
93D) Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 S. 1 SGG und folgt der Entscheidung in der Sache. Die Kosten der Beigeladenen waren nicht zu erstatten, weil sie keinen Antrag gestellt haben (vgl. dazu das Urteil des Senats vom 18.04.2011 - L 20 SO 78/10 Rn. 62 und vom 08.06.2015 - L 20 SO 473/12; ferner Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 193 Rn. 3b).
94E) Der Senat lässt die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zu (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt.
(2) Das Landessozialgericht kann in dem Urteil über die Berufung von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.
(3) Das Urteil ist von den Mitgliedern des Senats zu unterschreiben. Ist ein Mitglied verhindert, so vermerkt der Vorsitzende, bei dessen Verhinderung der dienstälteste beisitzende Berufsrichter, dies unter dem Urteil mit Angabe des Hinderungsgrunds.
(4) Das Landessozialgericht kann, außer in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1, die Berufung durch Beschluß zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu hören. § 158 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(5) Der Senat kann in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1 durch Beschluss die Berufung dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet.
(1) Liegen die Ergebnisse einer bundesweiten neuen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe vor, wird die Höhe der Regelbedarfe in einem Bundesgesetz neu ermittelt.
(2) Bei der Ermittlung der bundesdurchschnittlichen Regelbedarfsstufen nach § 27a Absatz 2 sind Stand und Entwicklung von Nettoeinkommen, Verbraucherverhalten und Lebenshaltungskosten zu berücksichtigen. Grundlage hierfür sind die durch die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe nachgewiesenen tatsächlichen Verbrauchsausgaben unterer Einkommensgruppen.
(3) Für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen beauftragt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales das Statistische Bundesamt mit Sonderauswertungen, die auf der Grundlage einer neuen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe vorzunehmen sind. Sonderauswertungen zu den Verbrauchsausgaben von Haushalten unterer Einkommensgruppen sind zumindest für Haushalte (Referenzhaushalte) vorzunehmen, in denen nur eine erwachsene Person lebt (Einpersonenhaushalte), sowie für Haushalte, in denen Paare mit einem Kind leben (Familienhaushalte). Dabei ist festzulegen, welche Haushalte, die Leistungen nach diesem Buch und dem Zweiten Buch beziehen, nicht als Referenzhaushalte zu berücksichtigen sind. Für die Bestimmung des Anteils der Referenzhaushalte an den jeweiligen Haushalten der Sonderauswertungen ist ein für statistische Zwecke hinreichend großer Stichprobenumfang zu gewährleisten.
(4) Die in Sonderauswertungen nach Absatz 3 ausgewiesenen Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte sind für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen als regelbedarfsrelevant zu berücksichtigen, soweit sie zur Sicherung des Existenzminimums notwendig sind und eine einfache Lebensweise ermöglichen, wie sie einkommensschwache Haushalte aufweisen, die ihren Lebensunterhalt nicht ausschließlich aus Leistungen nach diesem oder dem Zweiten Buch bestreiten. Nicht als regelbedarfsrelevant zu berücksichtigen sind Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte, wenn sie bei Leistungsberechtigten nach diesem Buch oder dem Zweiten Buch
- 1.
durch bundes- oder landesgesetzliche Leistungsansprüche, die der Finanzierung einzelner Verbrauchspositionen der Sonderauswertungen dienen, abgedeckt sind und diese Leistungsansprüche kein anrechenbares Einkommen nach § 82 oder § 11 des Zweiten Buches darstellen oder - 2.
nicht anfallen, weil bundesweit in einheitlicher Höhe Vergünstigungen gelten.
(5) Die Summen der sich nach Absatz 4 ergebenden regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte sind Grundlage für die Prüfung der Regelbedarfsstufen, insbesondere für die Altersabgrenzungen bei Kindern und Jugendlichen. Die nach Satz 1 für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen zugrunde zu legenden Summen der regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben aus den Sonderauswertungen sind jeweils mit der sich nach § 28a Absatz 2 ergebenden Veränderungsrate entsprechend fortzuschreiben. Die sich durch die Fortschreibung nach Satz 2 ergebenden Summenbeträge sind jeweils bis unter 0,50 Euro abzurunden sowie von 0,50 Euro an aufzurunden und ergeben die Regelbedarfsstufen (Anlage).
(1) Der für die Gewährleistung des Existenzminimums notwendige Lebensunterhalt umfasst insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne die auf Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile, persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens sowie Unterkunft und Heizung. Zu den persönlichen Bedürfnissen des täglichen Lebens gehört in vertretbarem Umfang eine Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft; dies gilt in besonderem Maß für Kinder und Jugendliche. Für Schülerinnen und Schüler umfasst der notwendige Lebensunterhalt auch die erforderlichen Hilfen für den Schulbesuch.
(2) Der gesamte notwendige Lebensunterhalt nach Absatz 1 mit Ausnahme der Bedarfe nach dem Zweiten bis Vierten Abschnitt ergibt den monatlichen Regelbedarf. Dieser ist in Regelbedarfsstufen unterteilt; für Abgrenzung und Höhe der Regelbedarfsstufen sind zu berücksichtigen:
- 1.
bei Kindern und Jugendlichen altersbedingte Unterschiede, - 2.
bei Erwachsenen die Art der Unterkunft, in der sie leben, und zusätzlich bei in Wohnungen oder sonstigen Unterkünften nach § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und 3 lebenden Erwachsenen, ob sie in einer Paarbeziehung oder ohne Paarbeziehung zusammenleben.
(3) Für Leistungsberechtigte nach diesem Kapitel sind zur Deckung der Regelbedarfe, die sich nach den Regelbedarfsstufen der Anlage zu § 28 ergeben, monatliche Regelsätze als Bedarf anzuerkennen; dies gilt nicht für Leistungsberechtigte, deren notwendiger Lebensunterhalt sich nach § 27b bestimmt. Der Regelsatz stellt einen monatlichen Pauschalbetrag zur Bestreitung des Regelbedarfs dar, über dessen Verwendung die Leistungsberechtigten eigenverantwortlich entscheiden; dabei haben sie das Eintreten unregelmäßig anfallender Bedarfe zu berücksichtigen. Besteht die Leistungsberechtigung für weniger als einen Monat, ist der Regelsatz anteilig als Bedarf anzuerkennen. Zur Deckung der Regelbedarfe von Personen, die in einer sonstigen Unterkunft oder vorübergehend nicht in einer Unterkunft untergebracht sind, sind als Bedarfe monatliche Regelsätze anzuerkennen, die sich in entsprechender Anwendung der Regelbedarfsstufen nach der Anlage zu § 28 ergeben.
(4) Im Einzelfall wird der Regelsatz abweichend von der maßgebenden Regelbedarfsstufe festgesetzt (abweichende Regelsatzfestsetzung), wenn ein durch die Regelbedarfe abgedeckter Bedarf nicht nur einmalig, sondern für eine Dauer von voraussichtlich mehr als einem Monat
- 1.
nachweisbar vollständig oder teilweise anderweitig gedeckt ist oder - 2.
unausweichlich in mehr als geringem Umfang oberhalb durchschnittlicher Bedarfe liegt, wie sie sich nach den bei der Ermittlung der Regelbedarfe zugrundeliegenden durchschnittlichen Verbrauchsausgaben ergeben, und die dadurch bedingten Mehraufwendungen begründbar nicht anderweitig ausgeglichen werden können.
(5) Sind minderjährige Leistungsberechtigte in einer anderen Familie, insbesondere in einer Pflegefamilie, oder bei anderen Personen als bei ihren Eltern oder einem Elternteil untergebracht, so wird in der Regel der individuelle Bedarf abweichend von den Regelsätzen in Höhe der tatsächlichen Kosten der Unterbringung festgesetzt, sofern die Kosten einen angemessenen Umfang nicht übersteigen.
Tenor
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Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 22. November 2010 wird zurückgewiesen.
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Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
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Im Streit ist die Übernahme von Schulgeld in Höhe von 303,92 Euro monatlich für die Zeit vom 1.8.2005 bis 18.10.2009 nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII).
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Der 1997 geborene Kläger leidet seit seiner Geburt an dem sogenannten Rubinstein-Taybi-Syndrom mit Absence-Epilepsie, verzögerter Entwicklung, Minderwuchs und geistiger Behinderung, verbunden mit Hyperaktivität und teilweiser Aggressivität. Er lebt seit seinem 4. Lebensmonat in einer Pflegefamilie, in die er direkt nach dem Klinikaufenthalt nach seiner Geburt aufgenommen wurde. Das staatliche Schulamt für den Landkreis G. und den V. stellte beim Kläger einen sonderpädagogischen Förderbedarf im Sinne des Besuchs einer Schule für praktisch Bildbare fest und wies ihn zum 1.8.2005 der staatlichen M.-Schule in G. zu. Da die Pflegeeltern die sonderpädagogische Förderung des Klägers an der nach den Grundsätzen der anthroposophischen Heilpädagogik und der Waldorfpädagogik unterrichtenden privaten B.-Schule wünschten, erklärte das staatliche Schulamt gleichzeitig sein Einverständnis, den sonderpädagogischen Förderbedarf dort zu erfüllen, sofern die Frage der Kostenübernahme mit dem Schulverwaltungsamt des Kreisausschusses des Landkreises G. geklärt sei (Bescheid vom 31.5.2005). Nachdem die Pflegeeltern für den Kläger mit dem Träger der B.-Schule einen Schulvertrag ab 1.8.2005 abgeschlossen und dabei ein monatliches Schulgeld in Höhe von 303,92 Euro vereinbart hatten, wurde der Kläger am 5.9.2005 in die B.-Schule eingeschult. Den vom Träger der Schule - nach den Feststellungen des Landessozialgerichts (LSG) - namens und im Auftrag der Pflegeeltern gestellten Antrag auf Übernahme des Schulgelds lehnte der Beklagte ab (Bescheid vom 22.6.2005; Widerspruchsbescheid vom 19.4.2006).
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Klage und Berufung sind ohne Erfolg geblieben (Urteil des Sozialgerichts
Gießen vom 11.11.2008; Urteil des Hessischen LSG vom 22.11.2010) . Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, der Besuch der B.-Schule sei keine für eine angemessene Schulbildung des Klägers erforderliche Maßnahme. Hieran ändere auch die schulrechtliche Einstufung durch das staatliche Schulamt, an die der Sozialhilfeträger gebunden sei, nichts, weil eine Zuweisung nur an die staatliche M.-Schule erfolgt sei, während der Besuch der B.-Schule ausschließlich als mögliche Beschulungsalternative gestattet worden sei. Beide Schulen seien geeignete Förderschulen zur Erfüllung des besonderen sonderpädagogischen Bedarfs des Klägers. Auch das Elternrecht aus Art 6 Abs 2 Satz 1 Grundgesetz (GG) biete als Abwehrrecht keinen Anspruch auf Vermittlung pädagogischer Lehrinhalte und Bildungsziele außerhalb öffentlicher Schulen. Ein Anspruch könne auch nicht aus Art 7 Abs 4 Satz 1 GG hergeleitet werden, weil insoweit nur das private Ersatzschulwesen geschützt werde, nicht jedoch auch das Recht der Eltern, eine private Ersatzschule kostenfrei zu wählen.
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Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung von § 54 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB XII und § 12 Eingliederungshilfeverordnung (Eingliederungshilfe-VO) und macht Verfahrensfehler geltend. Zu Unrecht gehe das LSG davon aus, dass der Besuch einer privaten Förderschule und der damit verbundene Schulgeldaufwand bei Bestehen einer gleichwertigen kostenfreien Beschulungsmöglichkeit nicht erforderlich iS von § 12 Eingliederungshilfe-VO sei. Zwar hätte sein schulischer Förderbedarf auch durch den Besuch der M.-Schule sichergestellt werden können; das Berufungsgericht lasse aber unberücksichtigt, dass die Pflegeeltern mit ihrer Auswahlentscheidung den von den staatlichen Schulbehörden eingeräumten Rahmen mit einer für den beklagten Sozialhilfeträger ebenso verbindlichen Weise ausgefüllt hätten, wie dies durch eine förmliche Zuweisung der Schulbehörden geschehen wäre. Folge man der Auffassung des LSG liefen das eingeräumte Wahlrecht und letztlich die Bestimmung des § 54 Abs 1 Satz 1 SGB XII leer, wenn Eltern die mit dem Schulbesuch verbundenen Kosten nicht aufbringen könnten. Sei schulrechtlich eine Wahlfreiheit zwischen öffentlicher Förder- und privater Ersatzschule eröffnet, setze eine generelle Beschränkung der Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung auf den Besuch öffentlicher Schulen nach der Rechtsprechung des 6. Senats des LSG (Urteil vom 18.8.2010 - L 6 SO 5/10) verfassungsrechtlich eine ausdrückliche Entscheidung des Gesetzgebers voraus. Durch den unterlassenen Hinweis, dem 6. Senat nicht folgen zu wollen, habe das LSG das rechtliche Gehör verletzt (Überraschungsentscheidung). Auch habe sich das LSG nicht mit dem Vortrag auseinandergesetzt, dass der Beklagte mit seiner (des Klägers) Beschulung in der B.-Schule einverstanden gewesen sei und sich hieraus die Verpflichtung ableite, auch für die entstehenden Beschulungskosten einzustehen. Unterblieben sei schließlich die Prüfung, ob eine Aufnahme in die M.-Schule nicht an Kapazitäts- oder anderen Gründen gescheitert wäre.
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Der Kläger beantragt,
die Urteile des LSG und des SG sowie den Bescheid des Beklagten vom 22.6.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.4.2006 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm 303,92 Euro monatlich für die Zeit vom 1.8.2005 bis 18.10.2009 zu zahlen.
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Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
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Er hält die Auffassung des LSG für zutreffend.
Entscheidungsgründe
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Die Revision des Klägers ist unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz
) . Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung des monatlichen Schulgelds in Höhe von 303,92 Euro bzw in Höhe des für Oktober 2009 maßgeblichen Teils davon für den Besuch der B.-Schule.
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Gegenstand des Revisionsverfahrens ist zulässigerweise nur der Bescheid des Beklagten vom 22.6.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.4.2006 (§ 95 SGG) über die Ablehnung der Übernahme des Schulgelds als abgrenzbaren Streitgegenstand im Rahmen der Eingliederungshilfe. Gegen diesen Bescheid wendet sich der Kläger mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4 iVm § 56 SGG). Sozial erfahrene Dritte waren vor Erlass des Widerspruchsbescheids nicht zu beteiligen (§ 116 Abs 2 SGB XII in der Normfassung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003 - BGBl I 3022 iVm § 8 Abs 2 des Hessischen Ausführungsgesetzes zum Zwölften Buch Sozialgesetzbuch
vom 20.12.2004 - GVBl 488) . Nicht Streitgegenstand sind Leistungen für den Lebensunterhalt, auch nicht im Rahmen des sog Meistbegünstigungsprinzips, wonach zur Sicherstellung einer möglichst weitgehenden Verwirklichung sozialer Rechte (§ 2 Abs 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil -; vgl dazu: Voelzke in juris PraxisKommentar SGB I, 2. Aufl 2011 - online -, § 2 RdNr 26; Steinbach in Hauck/Noftz, SGB I, K § 2 RdNr 44, Stand Dezember 2005) , Anträge bzw Rechtsbehelfe ohne Bindung an den Wortlaut nach dem wirklichen Willen des Antragstellers auszulegen sind (BSG SozR 4-3500 § 44 Nr 2 RdNr 13); denn eine abweichende Festlegung des Bedarfs wegen der Verpflichtung zur Zahlung des Schulgelds (§ 28 Abs 1 Satz 2 SGB XII) kommt ohnedies nicht in Betracht (siehe dazu unten).
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Nach § 53 Abs 1 Satz 1(in der Normfassung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch) iVm § 54 Abs 1 SGB XII(in der Normfassung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch; für die Zeit ab 5.8.2009 in der Normfassung des Gesetzes zur Regelung des Assistenzpflegebedarfs im Krankenhaus vom 30.7.2009 - BGBl I 2495) erhalten Personen, die durch eine Behinderung iS von § 2 Abs 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX) wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, Leistungen der Eingliederungshilfe, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalls, insbesondere nach Art oder Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann.
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Vorliegend ist es schon fraglich, ob der Beklagte als überörtlicher Träger der Sozialhilfe (§ 3 Abs 1 HAG/SGB XII idF des Gesetzes vom 20.12.2004) für den streitigen Anspruch auf Übernahme des Schulgelds als Leistung der Eingliederungshilfe der sachlich zuständige Sozialhilfeträger ist. Abweichend von § 100 Bundessozialhilfegesetz(BSHG; in der nach Art 68 Abs 2 des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch bis 31.12.2006 fortgeltenden Fassung) bzw ab 1.7.2007 § 97 Abs 3 Nr 1 SGB XII (Art 70 Abs 2 S 6 des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch) regelt § 97 Abs 2 Satz 1 SGB XII iVm § 2 Abs 1 Nr 1 HAG/SGB XII(bis 31.6.2006 in der nach § 13 Abs 3 HAG/SGB XII bestimmten Fassung) die sachliche Zuständigkeit von örtlichem bzw überörtlichem Sozialhilfeträger. Danach ist der überörtliche Träger der Sozialhilfe für Leistungen nach dem Sechsten Kapitel des SGB XII nur sachlich zuständig, sofern diese in einer Einrichtung zur stationären oder teilstationären Betreuung zu gewähren sind. Eine (teilstationäre) "Einrichtung" im Sinne des SGB XII (§ 13 SGB XII)ist ein in einer besonderen Organisationsform zusammengefasster Bestand von personellen und sächlichen Mitteln unter verantwortlicher Trägerschaft, der auf gewisse Dauer angelegt und für einen wechselnden Personenkreis zugeschnitten ist und Leistungen der Sozialhilfe erbringt (BVerwGE 95, 149, 152; Bundesverwaltungsgericht
, Urteil vom 24.2.1994 - 5 C 42/91 -, FEVS 45, 52 ff; Urteil vom 24.2.1994 - 5 C 13/91 -, FEVS 45, 183 ff; Urteil vom 24.2.1994 - 5 C 17/91 -, ZfSH/SGB 1995, 535 ff; BSGE 106, 264 ff RdNr 13 = SozR 4-3500 § 19 Nr 2) .
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Ob eine Schule (anders als etwa die der Schule angegliederte Behinderteneinrichtung) eine teilstationäre Einrichtung in diesem Sinne ist, insbesondere Leistungen der Sozialhilfe erbringt (vgl dazu BVerwGE 48, 228, 231, das zwischen allgemeinen Schulen und Schulen unterscheidet, in denen über die bloße Vermittlung des Lernstoffs hinaus ein besonderes Maß an Betreuung erforderlich ist), ist zweifelhaft, wobei es für die Ablehnung der Leistung wegen Unzuständigkeit genügt, dass Sozialhilfeleistungen geltend gemacht werden. Für die Begründung der sachlichen Zuständigkeit ist es jedenfalls nicht - wie der Beklagte meint - ausreichend, dass er aufgrund langjähriger Praxis bei Pflegefamilienverhältnissen (im Rahmen des § 97 Abs 5 SGB XII) auch die Begleitkosten übernimmt, sofern diese übernahmefähig sind. Eine solche Annex-Kompetenz, wie sie etwa § 2 Abs 2 HAG/SGB XII(in der bis 31.12.2006 geltenden Fassung) vorsieht, setzt nämlich die sachliche Zuständigkeit des überörtlichen Sozialhilfeträgers für die im Rahmen eines Pflegefamilienverhältnisses zu erbringende Eingliederungshilfe voraus, an der es vorliegend fehlen könnte. Im Ergebnis kann diese Frage aber dahingestellt bleiben, weil der Kläger auch bei unterstellter sachlicher Zuständigkeit des Beklagten keinen Anspruch auf die im Streit stehende Leistung hat.
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Der Kläger erfüllt die personenbezogenen Voraussetzungen des § 53 Abs 1 Satz 1 SGB XII für eine Pflichtleistung. Die Voraussetzungen für eine Behinderung nach § 2 Abs 1 SGB IX sind erfüllt, wenn die geistige Fähigkeit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht und die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Nach den Feststellungen des LSG liegt eine solche Behinderung vor.
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Die geistige Behinderung ist auch wesentlich. Wann dies der Fall ist, ist § 2 Eingliederungshilfe-VO zu entnehmen, wonach eine wesentliche Behinderung vorliegt, wenn infolge einer Schwäche der geistigen Kräfte in erheblichem Umfang die Fähigkeit zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft eingeschränkt ist. Dies richtet sich nach den Besonderheiten des Einzelfalls und hängt deshalb von sehr unterschiedlichen, durch die individuelle Behinderung geprägten Umständen ab (BVerwG Buchholz 436.0 § 39 BSHG Nr 12 S 2). Insoweit ist wie bei der Prüfung der Behinderung auch ihre Wesentlichkeit wertend auszurichten, insbesondere an den Auswirkungen für die Eingliederung in die Gesellschaft. Entscheidend ist mithin nicht, wie stark die geistigen Kräfte beeinträchtigt sind und in welchem Umfang ein Funktionsdefizit vorliegt, sondern wie sich die Beeinträchtigung auf die Teilhabemöglichkeit auswirkt (vgl BSGE 110, 301 ff RdNr 19 = SozR 4-3500 § 54 Nr 8). Stehen - wie hier - die mit einer Behinderung einhergehenden Beeinträchtigungen der erfolgreichen Teilnahme des Klägers am Unterricht in einer allgemeinen (Grund-)Schule entgegen (vgl auch BVerwG, Beschluss vom 2.9.2003 - 5 B 259/02), weil Lerninhalte ohne zusätzliche Hilfestellung nicht aufgenommen und verarbeitet werden können, und erfordert die geistige Behinderung deshalb einen sonderpädagogischen Förderbedarf, um die mögliche Vermittlung praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten überhaupt erst zu ermöglichen, ist die Behinderung nach den oben aufgezeigten Grundsätzen wesentlich; denn eine Grundschulbildung bildet die essentielle Basis für jegliche weitere Schullaufbahn (vgl: BSGE 110, 301 ff RdNr 19 = SozR 4-3500 § 54 Nr 8; BSGE 109, 199 ff RdNr 22 = SozR 4-2500 § 33 Nr 37).
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Gehört der Kläger danach zwar zu dem leistungsberechtigten Personenkreis, scheitert ein Anspruch auf die Zahlung des Schulgelds aber daran, dass es sich insoweit nicht um eine Leistung der Eingliederungshilfe handelt. Nach § 54 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB XII sind Leistungen der Eingliederungshilfe neben den Leistungen nach den §§ 26, 33, 41 und 55 SGB IX auch Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung, insbesondere im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht und zum Besuch weiterführender Schulen einschließlich der Vorbereitung hierzu. Erfasst sind von dem Wortlaut der Vorschrift ("Hilfen") nur Maßnahmen, die im Zusammenhang mit der Ermöglichung einer angemessenen Schulbildung geeignet und erforderlich sind, die Behinderungsfolgen zu beseitigen oder zu mildern (BSGE 110, 301 ff RdNr 20 = SozR 4-3500 § 54 Nr 8). Dies bestätigt auch § 12 Eingliederungshilfe-VO, der seinerseits nur von "Hilfe zu einer angemessenen Schulausbildung" spricht. Die von dieser Hilfe nach § 12 Eingliederungshilfe-VO (auch) erfassten Regelbeispiele betreffen dementsprechend nur die Schulbildung begleitende Maßnahmen. Die Schulbildung selbst, also der Kernbereich der pädagogischen Arbeit, der sich nach der Gesetzessystematik nicht unter Auslegung der schulrechtlichen Bestimmungen, sondern der sozialhilferechtlichen Regelungen bestimmt, obliegt hingegen allein den Schulträgern. Art 7 Abs 1 GG überträgt dem Staat einen (außerhalb des Sozialhilferechts liegenden) eigenständigen Unterrichts- und Bildungsauftrag im Schulbereich (BSG, aaO, RdNr 21; BVerfGE 47, 46, 71 f; 98, 218, 241).
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Dass der Kernbereich der pädagogischen Arbeit der Schule den Regelungen über die Eingliederungshilfe entzogen ist, bestätigt § 54 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB XII dadurch, dass die Bestimmungen über die Ermöglichung der Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht(hier: Art 56 ff Hessische Landesverfassung iVm dem Hessischen Schulgesetz idF vom 14.6.2005 - GVBl 441) unberührt bleiben sollen. Die schulrechtlichen Verpflichtungen bestehen also grundsätzlich neben den sozialhilferechtlichen, ohne dass sie sich gegenseitig inhaltlich beeinflussen (BSG aaO). Auch das BVerwG hat in seiner Entscheidung vom 13.8.1992 - 5 C 70/88 - (Buchholz 436.0 § 11 BSHG Nr 16 S 3) ausgeführt, dass der Staat mit der Einrichtung der öffentlichen Grundschulen seinen Bildungs- und Erziehungsauftrag aus Art 7 Abs 1 GG nachkomme und die Schulgeldfreiheit aus übergreifenden bildungs- und sozialpolitischen Gründen eine eigenständige (landesrechtliche) Regelung außerhalb des Sozialhilferechts gefunden habe, sodass für einen Rechtsanspruch gegen den Sozialhilfeträger zur Deckung eines im Grundschulalter angemessenen Bildungsbedarfs Aufnahmebeiträge und monatliches Schulgeld für den Besuch einer privaten Grundschule als Sozialhilfeleistung nicht zu übernehmen seien. Dabei ist das BVerwG in Bezug auf die erforderliche Hilfe nicht von einer nach Maßgabe des Nachranggrundsatzes der Sozialhilfe zu lösenden Anspruchskonkurrenz, sondern von einem Verhältnis der "Spezialität" ausgegangen, wobei es eine Ausnahme von diesem Grundsatz für möglich hielt, wenn der Besuch einer öffentlichen Grundschule aus objektiven Gründen (zB wegen ihrer räumlichen Entfernung vom Wohnort) oder aus schwerwiegenden subjektiven (persönlichen) Gründen nicht möglich oder nicht zumutbar sei. Diese Rechtsprechung hat das BVerwG auch für Leistungen der Eingliederungshilfe bestätigt (Beschluss vom 2.9.2003 - 5 B 259/02) und ausdrücklich ausgeführt, dass ein nachrangiges Eintreten der Sozialhilfe (nur) für solche Bedarfe nicht ausgeschlossen sei, die nicht in der Deckung des unmittelbaren Ausbildungsbedarfs im Rahmen der Schulpflicht bestünden, sondern damit lediglich - mehr oder weniger eng - zusammenhingen, etwa wie bei der Bereitstellung eines Integrationshelfers für behinderte Kinder an Regelschulen.
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Nach diesen Maßstäben hat der Kläger keinen Anspruch auf die Zahlung des Schulgelds als Leistung der Eingliederungshilfe. Zu dem Kernbereich der Schule gehören alle schulischen Maßnahmen, die dazu dienen, die staatlichen Lehrziele zu erreichen, in erster Linie also der (unentgeltliche) Unterricht, der die für den erfolgreichen Abschluss notwendigen Kenntnisse vermitteln soll. Damit unterliegt auch das vom Kläger begehrte Schulgeld unmittelbar diesem Kernbereich, weil die Übernahme des Schulgelds die von der Schule selbst zu erbringende Leistung, also den Unterricht, finanziert, mithin den schulischen Bildungsauftrag erfüllt und keine bloß unterstützende Leistung im Zusammenhang mit der Ermöglichung einer angemessenen Schulbildung darstellt. Wie die Entscheidung des Schulamts auszulegen ist und inwieweit sie auch für den Beklagten Bindungswirkung entfaltet (vgl dazu BVerwGE 130, 1 ff), ist danach ohne Belang. Ebenso spielt es in diesem Zusammenhang keine Rolle, dass sich der Beklagte mit der Beschulung in die B.-Schule einverstanden erklärt hat. Die Ausübung eines Wahlrechts, welche Schule besucht wird, hat nicht zur Folge, dass der Sozialhilfeträger ein etwaiges Schulgeld zahlen müsste.
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Schulgeld wäre - abgesehen davon, dass es hier nicht Streitgegenstand ist (siehe oben) - auch nicht nach den Regelungen des Dritten bzw Vierten Kapitels des SGB XII zu erbringen. Entsprechende Leistungen könnten ggf zwar durch eine abweichende Festlegung des Regelsatzes nach § 28 Abs 1 Satz 2 SGB XII in der bis 31.12.2010 geltenden alten Fassung erbracht werden, dies würde aber voraussetzen, dass der Bedarf unabweisbar seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abwiche. Der auf das Schulgeld gerichtete höhere Bedarf des Klägers wäre aber nicht unabweisbar. Nach den Feststellungen des LSG besteht für den Kläger eine gleichwertige und unentgeltliche Möglichkeit des Schulbesuchs an der Schule für praktisch Bildbare.
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Die erhobenen Verfahrensrügen greifen nicht durch. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs ist nicht schon darin zu sehen, dass das LSG - ohne ausdrücklichen Hinweis - einer Entscheidung eines anderen Senats desselben Gerichts nicht folgt. Da der Kläger unter keinem denkbaren Gesichtspunkt einen Anspruch auf Zahlung des Schulgelds hat, erübrigt sich im Übrigen - weil absolute Revisionsgründe nicht geltend gemacht werden - ein weiteres Eingehen auf den vermeintlichen Verfahrensfehler. Gleiches gilt für die behauptete Gehörsverletzung durch Übergehen des Vortrags, der Beklagte habe sich mit der Beschulung in der B.-Schule einverstanden erklärt (dazu auch oben). Soweit schließlich moniert wird, das LSG habe nicht geprüft, ob die Aufnahme in der M.-Schule an Kapazitäts- oder anderen Gründen gescheitert wäre (Verletzung der Amtsaufklärungspflicht; § 103 SGG), hätte dargelegt werden müssen (§ 164 Abs 2 Satz 3 SGG), warum sich das LSG - trotz Zuweisung des Klägers in die M.-Schule und Streitgegenstandsbegrenzung auf die Eingliederungshilfe - hätte gedrängt fühlen müssen, entsprechende Ermittlungen anzustellen. Für die Eingliederungshilfe wäre jedenfalls eine entsprechende Klärung ohne Bedeutung.
(1) Kinder oder Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn
- 1.
ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und - 2.
daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.
(1a) Hinsichtlich der Abweichung der seelischen Gesundheit nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Stellungnahme
- 1.
eines Arztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, - 2.
eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, eines Psychotherapeuten mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen oder - 3.
eines Arztes oder eines psychologischen Psychotherapeuten, der über besondere Erfahrungen auf dem Gebiet seelischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen verfügt,
(2) Die Hilfe wird nach dem Bedarf im Einzelfall
- 1.
in ambulanter Form, - 2.
in Tageseinrichtungen für Kinder oder in anderen teilstationären Einrichtungen, - 3.
durch geeignete Pflegepersonen und - 4.
in Einrichtungen über Tag und Nacht sowie sonstigen Wohnformen geleistet.
(3) Aufgabe und Ziele der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises sowie Art und Form der Leistungen richten sich nach Kapitel 6 des Teils 1 des Neunten Buches sowie § 90 und den Kapiteln 3 bis 6 des Teils 2 des Neunten Buches, soweit diese Bestimmungen auch auf seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen Anwendung finden und sich aus diesem Buch nichts anderes ergibt.
(4) Ist gleichzeitig Hilfe zur Erziehung zu leisten, so sollen Einrichtungen, Dienste und Personen in Anspruch genommen werden, die geeignet sind, sowohl die Aufgaben der Eingliederungshilfe zu erfüllen als auch den erzieherischen Bedarf zu decken. Sind heilpädagogische Maßnahmen für Kinder, die noch nicht im schulpflichtigen Alter sind, in Tageseinrichtungen für Kinder zu gewähren und lässt der Hilfebedarf es zu, so sollen Einrichtungen in Anspruch genommen werden, in denen behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam betreut werden.
(1) Verpflichtungen anderer, insbesondere der Träger anderer Sozialleistungen und der Schulen, werden durch dieses Buch nicht berührt. Auf Rechtsvorschriften beruhende Leistungen anderer dürfen nicht deshalb versagt werden, weil nach diesem Buch entsprechende Leistungen vorgesehen sind.
(2) Unterhaltspflichtige Personen werden nach Maßgabe der §§ 90 bis 97b an den Kosten für Leistungen und vorläufige Maßnahmen nach diesem Buch beteiligt. Soweit die Zahlung des Kostenbeitrags die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen mindert oder der Bedarf des jungen Menschen durch Leistungen und vorläufige Maßnahmen nach diesem Buch gedeckt ist, ist dies bei der Berechnung des Unterhalts zu berücksichtigen.
(3) Die Leistungen nach diesem Buch gehen Leistungen nach dem Zweiten Buch vor. Abweichend von Satz 1 gehen Leistungen nach § 3 Absatz 2, den §§ 14 bis 16g, 16k, § 19 Absatz 2 in Verbindung mit § 28 Absatz 6 des Zweiten Buches sowie Leistungen nach § 6b Absatz 2 des Bundeskindergeldgesetzes in Verbindung mit § 28 Absatz 6 des Zweiten Buches den Leistungen nach diesem Buch vor.
(4) Die Leistungen nach diesem Buch gehen Leistungen nach dem Neunten und Zwölften Buch vor. Abweichend von Satz 1 gehen Leistungen nach § 27a Absatz 1 in Verbindung mit § 34 Absatz 6 des Zwölften Buches und Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem Neunten Buch für junge Menschen, die körperlich oder geistig behindert oder von einer solchen Behinderung bedroht sind, den Leistungen nach diesem Buch vor. Landesrecht kann regeln, dass Leistungen der Frühförderung für Kinder unabhängig von der Art der Behinderung vorrangig von anderen Leistungsträgern gewährt werden.
(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.
(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.
(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.
(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.
(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.
(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.