Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 25. Juli 2017 - L 9 AS 1068/17
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 31. Januar 2017 wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
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Entscheidungsgründe
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Gründe
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Urteil einreichenLandessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 25. Juli 2017 - L 9 AS 1068/17 zitiert oder wird zitiert von 7 Urteil(en).
(1) Der Kläger kann die Klage bis zur Rechtskraft des Urteils zurücknehmen. Die Klagerücknahme erledigt den Rechtsstreit in der Hauptsache.
(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als drei Monate nicht betreibt. Absatz 1 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und gegebenenfalls aus § 197a Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 155 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen.
(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren auf Antrag durch Beschluss ein und entscheidet über Kosten, soweit diese entstanden sind. Der Beschluss ist unanfechtbar.
Das Erlöschen der Vollmacht bestimmt sich nach dem ihrer Erteilung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis. Die Vollmacht ist auch bei dem Fortbestehen des Rechtsverhältnisses widerruflich, sofern sich nicht aus diesem ein anderes ergibt. Auf die Erklärung des Widerrufs findet die Vorschrift des § 167 Abs. 1 entsprechende Anwendung.
(1) Der Kläger kann die Klage bis zur Rechtskraft des Urteils zurücknehmen. Die Klagerücknahme erledigt den Rechtsstreit in der Hauptsache.
(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als drei Monate nicht betreibt. Absatz 1 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und gegebenenfalls aus § 197a Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 155 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen.
(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren auf Antrag durch Beschluss ein und entscheidet über Kosten, soweit diese entstanden sind. Der Beschluss ist unanfechtbar.
(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt.
(2) Das Landessozialgericht kann in dem Urteil über die Berufung von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.
(3) Das Urteil ist von den Mitgliedern des Senats zu unterschreiben. Ist ein Mitglied verhindert, so vermerkt der Vorsitzende, bei dessen Verhinderung der dienstälteste beisitzende Berufsrichter, dies unter dem Urteil mit Angabe des Hinderungsgrunds.
(4) Das Landessozialgericht kann, außer in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1, die Berufung durch Beschluß zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu hören. § 158 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(5) Der Senat kann in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1 durch Beschluss die Berufung dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet.
(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung.
(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden.
(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.
Ist die Berufung nicht statthaft oder nicht in der gesetzlichen Frist oder nicht schriftlich oder nicht in elektronischer Form oder nicht zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt, so ist sie als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluß ergehen. Gegen den Beschluß steht den Beteiligten das Rechtsmittel zu, das zulässig wäre, wenn das Gericht durch Urteil entschieden hätte. Die Beteiligten sind über dieses Rechtsmittel zu belehren.
(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes
- 1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder - 2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.
(1) Ist ein Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht beschieden worden, so ist die Klage nicht vor Ablauf von sechs Monaten seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts zulässig. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist aus, die verlängert werden kann. Wird innerhalb dieser Frist dem Antrag stattgegeben, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.
(2) Das gleiche gilt, wenn über einen Widerspruch nicht entschieden worden ist, mit der Maßgabe, daß als angemessene Frist eine solche von drei Monaten gilt.
Tenor
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Auf die Beschwerde der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 11. April 2011 abgeändert.
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Die Berufung des Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hildesheim vom 13. Dezember 2010 wird als unzulässig verworfen.
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Der Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten für das Berufungs- und das Beschwerdeverfahren zu erstatten.
Gründe
- 1
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I. Die Beteiligten streiten in der Hauptsache über die Zulässigkeit einer Untätigkeitsklage.
- 2
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Nachdem das Sozialgericht Hildesheim (SG) mit Beschluss vom 19.6.2009 die Erinnerung gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss zurückgewiesen hatte, beantragten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 1.7.2009 beim beklagten Land, die Gebühren für ihre Tätigkeit im Erinnerungsverfahren auf 124,95 Euro festzusetzen. Dieses teilte daraufhin mit Schreiben vom 4.8.2009 den Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit, dass es nicht bereit sei, Gebühren für das Erinnerungsverfahren zu erstatten. Das SG habe mit Beschluss vom 19.6.2009 entschieden, dass im Erinnerungsverfahren keine Kostenentscheidung ergehe und insofern auch kein Kostenerstattungsanspruch bestehe. Hiergegen legten die Prozessbevollmächtigten am 13.8.2009 Widerspruch ein.
- 3
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Nachdem der Beklagte daraufhin mit Schreiben vom 19.8.2009 und 3.12.2009 die Auffassung geäußert hatte, bei dem Schreiben vom 4.8.2009 habe es sich nicht um einen Bescheid, sondern nur um eine Mitteilung gehandelt, sodass der Erlass eines Widerspruchsbescheids nicht in Betracht komme, erhoben die Prozessbevollmächtigten am 11.12.2009 (Untätigkeits-)Klage zum SG mit dem Ziel, den Beklagten zur Bescheidung des Widerspruchs zu verpflichten. Das SG hat mit Gerichtsbescheid vom 13.12.2010 der Klage stattgegeben und den Beklagten verpflichtet, den Widerspruch zu bescheiden. Auf die Berufung des Beklagten hat das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (LSG) mit Urteil vom 11.4.2011 die erstinstanzliche Entscheidung aufgehoben und die (Untätigkeits-)Klage abgewiesen, weil diese unzulässig sei.
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Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat die Klägerin Beschwerde beim Bundessozialgericht (BSG) eingelegt, die sie mit grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG),dem Vorliegen einer Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG)sowie eines Verfahrensmangels (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG)begründet. Das LSG hätte im Hinblick auf den Gegenstandswert des Verfahrens die Berufung des beklagten Landes als unzulässig verwerfen müssen.
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II. Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Das angefochtene Urteil des LSG ist unter Verstoß gegen Verfahrensrecht ergangen. Das LSG hätte die Berufung als unzulässig verwerfen müssen. Der von der Klägerin schlüssig gerügte Verfahrensmangel führt entsprechend § 160a Abs 5 iVm § 160 Abs 2 Nr 3 SGG zur Abänderung des Urteils des LSG und zur Verwerfung der Berufung des Beklagten.
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Die Klägerin hat den als Zulassungsgrund geltend gemachten Verfahrensmangel (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG)formgerecht (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG)gerügt. Mit ihrer Rüge, das LSG hätte im Hinblick auf den Gegenstandswert des Verfahrens die Berufung des Beklagten als unzulässig verwerfen müssen, macht die Klägerin sinngemäß geltend, dass statt der Entscheidung in der Sache ein Prozessurteil hätte ergehen müssen. Damit hat sie einen Verfahrensmangel bezeichnet (vgl BSGE 34, 236, 237 = SozR Nr 57 zu § 51 SGG; BSG SozR 4-3250 § 69 Nr 6 RdNr 16; BSG SozR 4-1750 § 174 Nr 1 RdNr 4).
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Der geltend gemachte Verfahrensmangel liegt auch vor, denn das LSG hat zu Unrecht in der Sache entschieden. Die Berufung des Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des SG vom 13.12.2010 war nicht zulässig, sie hätte gemäß § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG der Zulassung bedurft.
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Nach § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG(in der hier anwendbaren Fassung des Art 1 Nr 24 Gesetz zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes
vom 26.3.2008 - BGBl I 444) bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des SG oder auf Beschwerde durch Beschluss des LSG, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro nicht übersteigt.
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Verschiedene Senate der Landessozialgerichte (vgl etwa LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 8.11.2007 - L 15 B 174/07 SO NZB - RdNr 2; LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 15.9.2009 - L 5 AS 925/09 NZB - RdNr 8; LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 22.9.2010 - L 10 AS 886/10 - RdNr 23, 27; LSG Baden-Württemberg Urteil vom 18.11.2010 - L 7 SO 2708/10 - RdNr 15) sind zwar der Auffassung, dass die Wertgrenze des § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG nicht für Untätigkeitsklagen gelte, weil mit diesen nur der Erlass eines beantragten, aber bisher nicht ergangenen Verwaltungsakts oder die Bescheidung eines Widerspruchs begehrt werden könne; eine Untätigkeitsklage sei demnach nicht auf eine Geld- oder Sachleistung gerichtet. Diese Auffassung übersieht jedoch, dass der Wortlaut des § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG zwei Alternativen enthält, zum einen Klagen, "die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung" betreffen (1. Alt), zum anderen Klagen, die "einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt" betreffen (2. Alt).
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Von der Berufungsbeschränkung des § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 2. Alt SGG werden auch Untätigkeitsklagen erfasst, denn diese sind entweder auf die Vornahme eines beantragten, aber ohne zureichenden Grund innerhalb von sechs Monaten nicht erlassenen Verwaltungsakts gerichtet (§ 88 Abs 1 SGG), oder sie haben den Erlass eines Widerspruchsbescheides zum Gegenstand, wenn ohne zureichenden Grund innerhalb von drei Monaten über einen Widerspruch nicht entschieden worden ist (§ 88 Abs 2 SGG). Betreffen die zu erlassenden Verwaltungsakte Geld-, Dienst- oder Sachleistungen, die einen Wert von 750 Euro nicht übersteigen, unterliegt auch die Untätigkeitsklage der Berufungsbeschränkung.
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Diese sich aus dem Wortlaut des § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 2. Alt SGG ergebende Auslegung wird auch vom Sinn und Zweck der durch das Gesetz zur Entlastung der Rechtspflege vom 11.1.1993 (BGBl I 50) eingeführten Regelung gestützt. Danach sollen die Berufungsgerichte von vermögensrechtlichen Streitsachen von geringem Wert (sog Bagatellfälle) entlastet werden (vgl BT-Drucks 12/1217, S 52, 71; BT-Drucks 16/7716, S 21; BSG SozR 3-1500 § 144 Nr 16 S 45; BSG SozR 3-2500 § 81 Nr 8 S 40). Die gewählte Klageart ist mithin für die Anwendung des § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG bedeutungslos(so bereits Kummer, NZS 1993, 285, 288; vgl auch Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 144 RdNr 8). Entscheidend ist, dass die Berufung einen Rechtsstreit von geringem Wert betrifft. Demnach kann auch eine Untätigkeitsklage der Berufungsbeschränkung des § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG unterliegen, etwa wenn die Untätigkeit der Verwaltung darin besteht, dass sie über einen geltend gemachten Leistungsanspruch von geringem Wert nicht entscheidet oder einen Widerspruch, der einen sog Bagatellfall betrifft, nicht bescheidet(im Ergebnis ebenso LSG Niedersachsen-Bremen Beschluss vom 5.9.2008 - L 1 KR 13/08 NZB - RdNr 11; LSG Baden-Württemberg Urteil vom 29.4.2010 - L 12 AL 5449/09 - Breith 2010, 877, 879 = NZS 2011, 77, 78). So liegt der Fall hier.
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Die Klägerin hat, nachdem der Beklagte mit Schreiben vom 4.8.2009 mitgeteilt hatte, es bestehe kein Kostenerstattungsanspruch (in Höhe der von den Prozessbevollmächtigten der Klägerin geltend gemachten 124,95 Euro), Widerspruch eingelegt und, nachdem dieser nach Ablauf von drei Monaten nicht beschieden worden war, Untätigkeitsklage nach § 88 Abs 2 SGG erhoben. Die Berufung des Beklagten gegen den der Untätigkeitsklage stattgebenden Gerichtsbescheid hätte mithin im Hinblick auf den Rechtsmittelstreitwert von 124,95 Euro nach § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG der Zulassung im Gerichtsbescheid des SG oder auf Beschwerde durch Beschluss des LSG bedurft. Eine solche Zulassung liegt nicht vor. Eine Entscheidung über die Zulassung ist weder dem Tenor noch den Entscheidungsgründen des erstinstanzlichen Gerichtsbescheides zu entnehmen. Das SG hat dem Gerichtsbescheid lediglich die bei zulässiger Berufung übliche Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt. Diese genügt jedoch nicht den Anforderungen an eine positive Entscheidung über die Zulassung der Berufung (vgl etwa BSGE 5, 92, 95; BSG SozR 3-1500 § 158 Nr 1 S 5; BSG SozR 3-1500 § 158 Nr 3 S 13). Das LSG hätte deshalb die Berufung des Beklagten nach § 158 SGG als unzulässig verwerfen müssen. Zugleich hätte es diesen darauf hinweisen können, dass innerhalb der noch offenen Jahresfrist des § 66 Abs 2 SGG eine Nichtzulassungsbeschwerde(§ 145 SGG) eingelegt werden kann.
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Nach § 160a Abs 5 SGG kann das BSG in dem Beschluss über die Nichtzulassungsbeschwerde das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen, wenn - wie hier - die Voraussetzungen des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG vorliegen. Der Senat macht im Hinblick auf die Umstände des vorliegenden Falles von dieser Möglichkeit insoweit Gebrauch, als er das in der Sache entscheidende Urteil des LSG abändert. Von einer Zurückverweisung sieht er deshalb ab, weil das LSG - wie ausgeführt - die Berufung nur als unzulässig verwerfen könnte. Unter diesen Umständen kann der Senat die gebotene Entscheidung auch selbst treffen (zum ausnahmsweise zulässigen Durchentscheiden bei unzulässiger Klage: BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 6 RdNr 22 f; BSG Beschluss vom 30.11.2006 - B 9a VJ 7/05 B - RdNr 18).
Tenor
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Auf die Beschwerde der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 10. Oktober 2012 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Gründe
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I. Im Streit steht die Höhe von Übergangsgeld im Zeitraum vom 17.9.2007 bis zum 14.3.2008.
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Die im Jahre 1961 geborene Klägerin absolvierte eine Maßnahme zur Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben. Hierfür wurde ihr Übergangsgeld ab dem 17.9.2007 von kalendertäglich 30,97 Euro bewilligt (Bescheid vom 26.9.2007). Der mit einem höheren Stundenlohn begründete Widerspruch der Klägerin blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 10.1.2008).
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Das Klageverfahren war teilweise erfolgreich. Das SG hat die Beklagte mit Urteil vom 28.7.2011 verurteilt, der Klägerin Übergangsgeld iHv 31,57 Euro kalendertäglich im Zeitraum vom 19.9.2007 bis zum 14.3.2008 zu zahlen und die Klage im Übrigen abgewiesen. Das SG hat in den Entscheidungsgründen dazu Folgendes ausgeführt:
"Die Berufung war für die Beklagte zuzulassen, da die zugrunde liegende Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat. … Für die Klägerin ist die Berufung bei Erreichen des Werts des Beschwerdegegenstandes von mehr als 750,00 € (nämlich 817,42 € bei 4,59 € Differenzbetrag/Tag der Maßnahme) von Gesetzes wegen statthaft."
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Mit Schriftsatz vom 29.9.2011 hat die Klägerin zunächst fristwahrend Berufung eingelegt. In der Berufungsbegründung vom 15.11.2011 hat sie den Antrag angekündigt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, ihr im streitigen Zeitraum ein Übergangsgeld von 35,67 Euro kalendertäglich zu zahlen. Wie mit Schriftsatz vom 2.10.2012 angekündigt, hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG beantragt, ihr im streitigen Zeitraum ein Übergangsgeld von 35,95 Euro kalendertäglich zu zahlen.
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Mit Urteil vom 10.10.2012 hat das LSG die Berufung der Klägerin als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Berufung sei mit Schriftsatz vom 15.11.2011 auf die Summe von 729,80 Euro begrenzt worden. Dies entspreche einem Übergangsgeld iHv 35,67 Euro kalendertäglich. Die spätere Erhöhung des Berufungsantrags auf 35,95 Euro kalendertäglich, mithin einer Berufungssumme von mehr als 750 Euro, sei unbeachtlich. Maßgeblich sei hingegen die Beschwer bei Einlegung der Berufung gewesen. Daher komme es auch nicht auf den in der mündlichen Verhandlung gestellten Berufungsantrag an.
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Mit der hiergegen eingelegten Nichtzulassungsbeschwerde rügt die Klägerin Verfahrensmängel nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG. Sie rügt, dass das Berufungsgericht die Berufung nicht als unzulässig hätte verwerfen dürfen, sondern anstelle des Prozessurteils ein Sachurteil hätte erlassen müssen. Die Berufung sei nach § 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG statthaft, weil der Beschwerdewert über 750 Euro liege.
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II. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist zulässig und im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung begründet.
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Die Klägerin hat den Zulassungsgrund des Verfahrensmangels (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) formgerecht (§ 160a Abs 2 S 3 SGG) gerügt.
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Der Verfahrensmangel liegt auch vor. Die auf eine Geldleistung gerichtete Klage hat den Wert des Beschwerdegegenstandes von 750 Euro überstiegen (§ 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG), sodass das LSG die Berufung mangels Erreichens der Berufungssumme nicht als unzulässig hätte verwerfen dürfen.
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Der Senat kann offenlassen, ob das SG die Berufung für die Klägerin wirksam zugelassen hat. Selbst wenn es eine solche Entscheidung nicht getroffen hätte, ist die Berufung bereits von Gesetzes wegen für die Klägerin statthaft.
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Der Wert des Beschwerdegegenstandes iS von § 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG richtet sich danach, was das SG dem Rechtsmittelkläger versagt hat und was er davon mit seinen Berufungsanträgen weiter verfolgt. Bei einer Geldleistung ist daher der Wert des Beschwerdegegenstandes für das Berufungsverfahren nach dem Geldbetrag zu berechnen, um den unmittelbar gestritten wird (vgl BSG SozR 4-1500 § 144 Nr 2 RdNr 5). Als maßgeblicher Zeitpunkt für die Bestimmung des Werts des Beschwerdegegenstandes ist auf die Einlegung der Berufung abzustellen (stRspr, vgl BSG SozR 4-1500 § 96 Nr 4 RdNr 14; BSGE 58, 291, 294 = SozR 1500 § 144 Nr 30).
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Die Klägerin hat ihre Berufung am 29.9.2011 unbeschränkt eingelegt und zu diesem Zeitpunkt noch keinen Berufungsantrag beziffert. Verstöße gegen die Soll-Vorschrift des § 151 Abs 3 SGG, wonach die Berufungsschrift einen bestimmten Antrag enthalten soll, sind unschädlich(BSG SozR Nr 2 zu § 151 SGG). Daher hätte das LSG die Beschwer bezogen auf den Zeitpunkt der unbeschränkten Berufungseinlegung ermitteln müssen. Hierfür wäre eine überschlägige Berechnung ausreichend gewesen (vgl BSG SozR 4-2600 § 210 Nr 2 RdNr 11 mwN).
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Die Beschwer ist an dem vollen Umfang des Unterliegens vor dem SG zu messen. Wenn die Berufungssumme in diesem Zeitpunkt - wie hier - den Wert des Beschwerdegegenstandes nach § 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG überschritten hat, so wird das Rechtsmittel aber nicht dadurch unzulässig, dass die Klägerin in der Berufungsbegründung einen eingeschränkten Berufungsantrag angekündigt hat(vgl BGH vom 8.10.1982 - V ZB 9/82 - Juris RdNr 7). Dies entspricht der Rechtsprechung des BSG, nach der eine Beschränkung des Berufungsantrags, durch die die Berufungssumme nicht mehr erreicht wird, die Berufung grundsätzlich nicht unzulässig macht (vgl BSG SozR 4-2500 § 37 Nr 7 RdNr 10; BSG SozR 4-3250 § 51 Nr 2 RdNr 13). Anhaltspunkte für ein willkürliches Handeln (vgl BSG SozR 1500 § 144 Nr 24 S 40 f) der Klägerin sind nicht zu erkennen.
- 14
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Im Zeitpunkt der fristwahrend eingelegten Berufung war die Klägerin aber nach der zutreffenden Berechnung des SG mit einem Differenzbetrag von 4,59 Euro kalendertäglich unterlegen (vgl S 7 Entscheidungsgründe des SG-Urteils). Multipliziert mit 178 streitigen Tagen ergibt dies einen Betrag, der deutlich über dem Wert des Beschwerdegegenstandes von 750 Euro liegt (§ 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG).
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Entgegen der Ansicht des LSG kommt es daher nicht auf den in der Berufungsbegründung vom 15.11.2011 reduzierten Berufungsantrag an. Der Senat kann auch offenlassen, ob der mit Schriftsatz vom 2.10.2012 korrigierte Berufungsantrag, der schließlich in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG gestellt worden ist, eine unzulässige Erweiterung der Berufung gewesen ist.
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Auf der Grundlage von § 160a Abs 5 SGG macht der Senat von der Möglichkeit Gebrauch, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.
- 17
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Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens bleibt der abschließenden Entscheidung des LSG vorbehalten.
(1) Der Kläger kann die Klage bis zur Rechtskraft des Urteils zurücknehmen. Die Klagerücknahme erledigt den Rechtsstreit in der Hauptsache.
(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als drei Monate nicht betreibt. Absatz 1 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und gegebenenfalls aus § 197a Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 155 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen.
(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren auf Antrag durch Beschluss ein und entscheidet über Kosten, soweit diese entstanden sind. Der Beschluss ist unanfechtbar.
(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes
- 1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder - 2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.
Tenor
I.
Auf die Anhörungsrüge des Beschwerde- und Rügeführers wird das Verfahren mit dem ursprünglichen Aktenzeichen L 8 AS 817/15 NZB fortgesetzt.
II.
Die Gegenvorstellung gegen den Beschluss des Bayer. Landessozialgerichts vom 21. Dezember 2015 über die Verwerfung der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Augsburg
III.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens vor dem Bayer. Landessozialgericht war das Urteil des Sozialgerichts Augsburg
Gegenstand des Klageverfahrens S 15 AS 391/15 war die endgültige Festsetzung der Leistungen des Rf nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) mit Bescheid vom 14.01.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.03.2015. Mit diesem Bescheid fordert der Beklagte und Rügegegner (Rg) vom Rf einen Betrag von 17,82 € zurück. Dagegen erhob der Rg Klage zum Sozialgericht Augsburg, die er im Termin zur mündlichen Verhandlung am 18.06.2015 nach Erörterung der Sach- und Rechtslage zurücknahm (vgl. Niederschrift vom 18.06.2015 im Verfahren S 15 AS 391/15).
Mit Schriftsatz vom
In der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht Augsburg
Mit Schriftsatz vom 18.11.2015 an das Bayer. Landessozialgericht hat der Rf beantragt, das Urteil vom 04.11.2015 als unzulässig zu verwerfen, da gegen die Vorsitzende Befangenheitsanträge vorliegen würden. Diese seien zwar mit Beschluss vom 21.09.2015 abgelehnt worden. Es sei aber anschließend das Rechtsmittel der formlosen Gegendarstellung erhoben worden, über das noch keine Entscheidung ergangen sei. Weitere Begründung werde nachgereicht, sobald die Einlassung der Gegenseite vorliege.
Der Rg hat mit Schriftsatz vom 09.12.2015 zur Beschwerde Stellung genommen.
Mit Schriftsatz vom 16.12.2015 rügte der Rf, dass ihm noch nicht die Stellungnahme des Rg vorliege.
Mit Beschluss vom 21.12.2015 hat das Bayer. Landessozialgericht die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Augsburg
Am 05.01.2016 (Eingang beim Bayer. Landessozialgericht) hat der Rf eine Gehörsrüge sowie eine Gegenvorstellung erhoben. Er sei vor der Abfassung des Beschlusses nicht angehört worden. Er habe mitgeteilt, dass er die Sache mündlich vortragen wolle. Die Verletzung des rechtlichen Gehörs sei auch entscheidungserheblich, denn das angerufene Gericht hätte ohne rechtliches Gehör den Beschluss nicht verfassen dürfen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie auf die beigezogenen Behördenakten verwiesen.
II.
1. Die Anhörungsrüge ist gemäß § 178a SGG zulässig und begründet.
Die zweiwöchige Rügefrist nach § 178a Abs. 2 Satz 1 SGG ist gewahrt. Der Rf hat dargelegt, dass er eine Verletzung des rechtlichen Gehörs darin sehe, dass er vor Erlass des Beschlusses vom 21.12.2015 nicht angehört worden sei. Er macht damit eine Verletzung des rechtlichen Gehörs geltend.
Die Anhörungsrüge ist auch begründet. Denn nach Auffassung des erkennenden Senats war die Nichtzulassungsbeschwerde zulässig. Es kann daher auch nicht ausgeschlossen werden, dass eine Anhörung der Beteiligten vor Erteilung des Beschlusses zu dieser Frage zu einem anderen Ergebnis in der Sache geführt hätte.
Gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG bedarf die Berufung bei einer Klage, die - wie hier ursprünglich - einen auf Geld- oder Sachleistungen gerichteten Verwaltungsakt betrifft, der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 750 € nicht übersteigt.
Im Klageverfahren S 15 AS 391/15, dessen Fortsetzung der Rf betreibt, hatte sich der Rf gegen eine Forderung in Höhe von 17,82 € gewandt. Auf diesen Betrag hat auch das Sozialgericht bei der Beurteilung der Frage, ob gegen das die Fortsetzung dieses Rechtsstreits ablehnende Urteil die Berufung statthaft ist, abgestellt (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 144 Rn. 14).
Diese Würdigung wird als zutreffend erachtet. Nach Auffassung des erkennenden Senats bestimmt sich auch bei Verfahren, die auf die Fortsetzung eines infolge einer Klagerücknahme nach § 102 Abs. 1 Satz 2 SGG beendeten Verfahrens gerichtet sind, der Wert des Beschwerdegegenstandes im Sinne des § 144 Abs. 1 SGG nach dem Streitgegenstand des Klageverfahrens, dessen Fortsetzung streitig ist (vgl. LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 13.10.2015, L 6 AS 432/14; Sächsisches LSG, Beschluss vom 01.12.2010, L 7 AS 524/09; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 07.08.2012, L 11 AL 170/09; a.A. LSG Sachsen Anhalt,
Nichts anderes kann für den Fall der hier streitigen Rückforderung in Höhe von 17,82 € gelten. Wenn ein Beteiligter die Unwirksamkeit einer Klagerücknahme geltend macht, so hat das Gericht, bei dem der Rechtsstreit anhängig war, das Verfahren fortzuführen. Es hat entweder dahin zu entscheiden, dass es die Erledigung des Rechtsstreits feststellt, oder - wenn es die Erledigung des Rechtsstreits verneint - in der Sache zu entscheiden (Leitherer, a. a. O., § 102 Rn. 12, und zur geltend gemachten Unwirksamkeit eines Prozessvergleichs BSG, Urteil vom 28.11.2002, B 7 AL 26/02 R). Wie beim Streit über die Wirksamkeit des Vergleichs oder des Anerkenntnisses (§ 101 SGG) lebt mit der Entscheidung über die Fortsetzung des Verfahrens die Rechtshängigkeit des ursprünglichen Verfahrens rückwirkend wieder auf (vgl. BSG, Urteil vom 26.07.1989, B 11 RAr 31/88 und vom 28.11.2002, a. a. O.).
Die Rechtsschutzmöglichkeiten sollen im Verfahren um die Fortsetzung eines durch Klagerücknahme beendeten Rechtsstreites im Vergleich zum Hauptsacheverfahren nicht erweitert werden. Andernfalls wäre vom Ausgang der Entscheidung des Gerichts abhängig, ob die Berufung zulässig ist oder nicht. Denn wenn das Sozialgericht auf Antrag des Rf das Verfahren S 15 AS 391/15 fortgesetzt und in diesem Verfahren in der Sache entschieden hätte, wäre die Entscheidung (ebenfalls) nicht berufungsfähig. Prozessuale Rechte des Rf werden dadurch nicht beschnitten.
Das Urteil, mit dem das SG die Erledigung des Rechtsstreits festgestellt hat, ist damit nach den allgemeinen Regeln rechtsmittelfähig (Leitherer, a. a. O.), das bedeutet, dass hinsichtlich des Gegenstandes auf die im Klageverfahrens S 15 AS 391/15 streitige Forderung abzustellen ist.
2. Die Gegenvorstellung ist unbegründet. Dabei kann dahinstehen, ob Gegenvorstellungen im sozialgerichtlichen Verfahren nach Einführung der Anhörungsrüge überhaupt noch statthaft sind (vgl. zur Meinungsübersicht BSG, Beschluss vom 10.07.2013, B 5 R 6/06 B, Juris Rn. 2).
Eine unanfechtbare Entscheidung kann auf einen außerordentlichen Rechtsbehelf hin allenfalls dann geändert werden, wenn diese Entscheidung offensichtlich dem Gesetz widerspricht oder grobes prozessuales Unrecht enthält (BSG, Beschluss vom 24.07.2006, B 1 KR 6/06 BH). Anhaltspunkte dafür liegen nicht vor. Der Rf hat keinen über die Verletzung des rechtlichen Gehörs hinausgehenden Verfahrensfehler gerügt.
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG. Hinsichtlich der Anhörungsrüge ist die Entscheidung über die Kosten im fortgesetzten Beschwerdeverfahren zu treffen.
Dieser Beschluss ist gemäß § 178a Abs. 4 Satz 3, § 177 SGG unanfechtbar.
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 16.07.2014 wird verworfen.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
- 1
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit eines Aufhebungs- und Erstattungsbescheides, mit dem die Bewilligung von Leistungen für den Zeitraum Oktober 2012 teilweise aufgehoben wurde und ob der diesbezügliche Rechtsstreit (Verfahren S 2 AS 72/13) vor dem Sozialgericht Koblenz (SG) durch Klagerücknahme beendet ist.
- 2
Mit an die Klägerin adressiertem Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 17.12.2012 hob die Beklagte die Bewilligung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Monat Oktober 2012 teilweise in Höhe von 90,76 Euro auf und forderte diesen Betrag von der Klägerin zurück. Der von der Klägerin erhobene Widerspruch blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 04.01.2013). Prozesskostenhilfe für die am 23.01.2013 erhobene Klage wurde mit Beschluss des SG vom 01.03.2013 abgelehnt. Die hiergegen erhobene Beschwerde blieb ohne Erfolg (Beschluss des 3. Senats des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 13.1.2013 - L 3 AS 129/13 B). Die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor dem SG im Verfahren S 2 AS 72/13 vom 23.04.2014 hat folgenden Inhalt: „Die Vorsitzende eröffnet die mündliche Verhandlung und trägt den Sachverhalt vor. Das Sach- und Streitverhältnis wird erörtert. Die Beteiligten erhalten das Wort. Nach ausführlicher Erörterung des Sach- und Streitstandes erklärt die Klägerin, dass sie die Klage zurücknimmt. l.d.u.g.“. Die Niederschrift ist von der Vorsitzenden der 2. Kammer sowie der Justizbeschäftigten S als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle, die bei der mündlichen Verhandlung zugegen war, unterzeichnet.
- 3
Nachfolgend hat die Klägerin mit Schreiben vom 24.04.2014 ihren rechtlichen Standpunkt bekräftigt. Mit weiterem Schreiben vom 26.04.2014 widersprach sie der Mitteilung, dass das Verfahren durch Klagerücknahme beendet sei. Sie habe aufgrund ihrer Schwerhörigkeit nicht alles verstanden. Gleichwohl habe sie noch mit einem günstigen Urteil gerechnet. Sie sei von ihrem Recht überzeugt und hätte die Klage – bestärkt von ihrem Anwalt – nicht zurückgenommen. Sie sei sich sicher, dass sie nicht gefragt worden sei, ob sie die Klage zurücknehme.
- 4
Daraufhin wurde das Verfahren wieder aufgenommen und unter dem Aktenzeichen S 2 AS 340/14 geführt. Mit Urteil vom 16.07.2014 wies das SG die Klage ab. Im Termin vom 23.04.2014 sei eine wirksame Klagerücknahme erfolgt und damit der Rechtsstreit S 2 AS 72/13 in der Hauptsache erledigt. Die Klägerin habe nach erneuter Erörterung der Sach- und Rechtslage im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 23.04.2014 die Klagerücknahme erklärt. Ein Widerruf der Klagerücknahme sei im vorliegenden Fall nicht möglich, weil keine Restitutionsgründe im Sinne des § 179 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gegeben seien.
- 5
Die Klägerin hat gegen das ihr am 12.08.2014 zugestellte Urteil am 19.08.2014 Berufung eingelegt. In dem Verfahren vor dem Sozialgericht Koblenz seien Beweise nicht gewürdigt worden und ihr Anspruch auf rechtliches Gehör sei verletzt worden. Bei Würdigung aller (neuen) Tatsachen hätte ein positives Urteil ergehen müssen.
- 6
Die Klägerin beantragt,
- 7
das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 16.07.2014 sowie den Bescheid vom 17.12.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.01.2013 aufzuheben.
- 8
Der Beklagte beantragt,
- 9
die Berufung zurückzuweisen
- 10
Zur Begründung bezieht er sich auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil.
- 11
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen. Dieser war Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung.
Entscheidungsgründe
- 12
Die Berufung ist gemäß § 158 Satz 1 SGG zu verwerfen, da sie nicht statthaft ist.
- 13
Gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG bedarf die Berufung bei einer Klage, die – wie hier ursprünglich – einen auf Geld- oder Sachleistungen gerichteten Verwaltungsakt betrifft, der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 750 Euro nicht übersteigt.
- 14
Vorliegend übersteigt der Wert des Beschwerdegegenstandes 750 Euro nicht.
- 15
Das SG, das bereits die Frage des Wertes des Beschwerdegegenstandes näher zu prüfen hat (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage, § 144 Rdnr. 14), ist ohne weiteres von der Zulässigkeit der Berufung entsprechend der erteilten Rechtsmittelbelehrung ausgegangen.
- 16
Nach Überprüfung ergibt sich ein Wert des Beschwerdegegenstandes von unter 750 Euro. Das Urteil, mit dem das SG die Erledigung des Rechtsstreits festgestellt hat, ist nach den allgemeinen Regeln rechtsmittelfähig (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG 11. Aufl., § 102 Rdnr 12). Gegenstand des ursprünglichen Klageverfahrens S 2 AS 72/13 war die Aufhebung von Leistungen in Höhe von 90,76 Euro sowie die Erstattungsforderung in dieser Höhe. Damit ist die Berufungssumme nicht erreicht.
- 17
Die somit nach § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG erforderliche Zulassung der Berufung durch das Sozialgericht in dem Urteil vom 16.07.2014 ist nicht erfolgt. Vielmehr ist das Sozialgericht davon ausgegangen, dass die Berufung zulässig ist.
- 18
Nach Auffassung des Senats bestimmt sich bei Verfahren, die auf die Fortsetzung eines infolge einer Klagerücknahme nach § 102 Abs. 1 Satz 2 SGG beendeten Verfahrens gerichtet sind, ebenso wie im Fall einer Wiederaufnahme- oder Restitutionsklage (vgl. Hannappel in Roos/Wahrendorf, SGG, § 179 Rdnr 76) oder einer Abweisung der Klage aus prozessualen Gründen (vgl. BSG, Urteil vom 17.03.1972 – 7 Rar 6/70 –, juris) der Wert des Beschwerdegegenstandes im Sinne des § 144 Abs. 1 SGG nach dem Streitgegenstand des ursprünglichen Klageverfahrens (vgl. Sächsisches LSG, Beschluss vom 01.12.2010 – L 7 AS 524/09 –; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 07.08.2012 – L 11 AL 170/09 –, alle juris, jeweils zur Klagerücknahmefiktion; a.A. LSG Sachsen–Anhalt, Urteil vom 30.08.2012 – L 2 AS 132/12 –; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 21.08.2012 – L 3 AS 133/12; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 17.04.2013 – L 5 KR 605/12 –, alle juris, jeweils zur Klagerücknahmefiktion).
- 19
Gegenstand des fortgesetzten Verfahrens ist - entgegen der Auffassung, die eine Zulässigkeit der Berufung in diesen Fällen annimmt - nicht ausschließlich die Frage, ob das Klageverfahren beendet ist. Wie beim Streit über die Wirksamkeit des Vergleichs oder des Anerkenntnisses (§ 101 SGG) wird das Verfahren über die Wirksamkeit einer Klagerücknahme vor dem Gericht fortgesetzt, das die Rücknahme angenommen hat (vgl. Leitherer, a.a.O., Rn 12; BeckOK SozR/Hintz SGG § 102 Rn 3). Die Rechtshängigkeit des ursprünglichen Verfahrens lebt rückwirkend wieder auf (vgl. BSG, Urteil vom 26.07.1989 – B 11 RAr 31/88 – zur Berufungsrücknahme; Urteil vom 28.11.2002 – B 7 AL 26/02 R –, zum Vergleich; BAG, Urteil vom 24.04.2014 – 8 AZR 429/12 – zum Vergleich, alle juris). Dafür, dass der Streitgegenstand des fortgesetzten Verfahrens das ursprünglich mit der Klage verfolgte Begehren ist, spricht zudem entscheidend, dass es andernfalls von der jeweiligen Entscheidung des Gerichts abhängig wäre, ob die Berufung zulässig ist oder nicht. Das Gericht – hier das SG - entscheidet entweder dahin, dass die Beendigung des Rechtsstreits durch die Klagerücknahme durch Endurteil festgestellt wird oder, wenn die Klagerücknahme verneint oder für unwirksam gehalten wird, in der Sache (vgl. Leitherer, a.a.O. Rn 12), gegebenenfalls erst durch nicht anfechtbares (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl., § 130 Rn 11) Zwischenurteil. Der Streit um die Fortsetzung des gemäß § 102 Abs. 2 SGG beendeten Verfahrens stellt daher lediglich einen Zwischenstreit dar (vgl. Sächsisches LSG, Beschluss vom 01.12.2010, a.a.O.), der nicht den Streitgegenstand bestimmt.
- 20
Die Berufungsbeschränkung stellt auch im Falle der Entscheidung über die Wirksamkeit einer Klagerücknahme keine unzulässige Einschränkung des Rechtsschutzes dar. Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) garantiert die Kontrolle durch ein unabhängiges Gericht, aber keinen Instanzenzug (vgl. BVerfGE 92, 365, 104, 220). Im Hinblick darauf, dass dem Gerichtsverfahren bereits eine Überprüfung im Rahmen eines Vorverfahrens vorangegangen ist und die Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde möglich ist, ist die Differenzierung nach der geringeren Bedeutung auch im Fall der Klagerücknahme wegen Art. 19 Abs. 4 GG nicht ausgeschlossen. Eine auf § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG gestützte Nichtzulassungsbeschwerde könnte mit einem Verstoß gegen die Amtsermittlungspflicht, unter Umständen mit Mängeln bei der Beweiswürdigung oder einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör in verschiedener Ausprägung begründet werden (vgl. Leitherer, a.a.O., § 144 Rdnr. 34 f.)
- 21
Die Berufung ist auch nicht deshalb statthaft, weil das Urteil des SG vom 16.07.2014 insoweit eine unzutreffende Rechtsmittelbelehrung enthält. Eine unrichtige Rechtsmittelbelehrung kann nicht zur Zulässigkeit eines Rechtsbehelfs führen, der nach der Rechtsordnung nicht vorgesehen ist. Eine Umdeutung in das statthafte Rechtsmittel der Nichtzulassungsbeschwerde kann nicht veranlasst werden (vgl. Sächsisches LSG, a.a.O. unter Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 20.05.2003 – B 1 KR 25/01 –, juris; Leitherer, a.a.O., § 144 Rdnr. 45).
- 23
Revisionszulassungsgründe gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Tenor
Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Ulm vom 3.2.2012 wird aufgehoben. Das Klageverfahren des Klägers S 13 KR 1110/11 ist fortzuführen.
Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
Tatbestand
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Tenor
1. Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Speyer vom 06.02.2012 wird aufgehoben.
2. Es wird festgestellt, dass das Verfahren S 14 AS 1884/11 vor dem Sozialgericht Speyer fortzuführen ist.
Tatbestand
- 1
Streitig ist, ob das Verfahren in der ersten Instanz durch Klagerücknahmefiktion nach § 102 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erledigt ist.
- 2
Mit Bescheid vom 03.11.2010 hob der Beklagte die Bewilligung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) vom 01.03.2009 bis 20.04.2009 teilweise in Höhe von 452,80 EUR auf und forderte diese von der Klägerin zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, sie habe während des genannten Zeitraums Einkommen aus einer Beschäftigung in einem Café erzielt und sei daher nicht in bisher festgestellter Höhe hilfebedürftig i. S. d. § 9 SGB II.
- 3
Der Beklagte stützte sich insoweit auf eine Meldebescheinigung zur Sozialversicherung vom 27.04.2009 des Arbeitgebers J K , wonach die Klägerin vom 11.03. bis 30.04.2009 bei ihm beschäftigt gewesen sei und dafür 699,00 EUR erhalten habe, sowie auf eine weitere Auskunft von diesem, nach der die Klägerin im Café V gearbeitet und dafür im März 300,00 EUR und im April 399,00 EUR bekommen habe.
- 4
Die Klägerin erhob dagegen Widerspruch. Bei einer persönlichen Vorsprache am 08.11.2010 gab sie gegenüber dem Beklagten an, sie habe nur im März 2009 in dem Café gearbeitet; im April nicht mehr. Im März habe sie ca 200,00 EUR bekommen, die ihr bar abends nach der Schicht ausgezahlt worden seien. Ab dem 20.04.2009 habe sie in Vollzeit eine Meisterschule besucht und in dem Café nicht mehr arbeiten können.
- 5
Der Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid vom 11.11.2010 mit der Begründung zurückgewiesen, die Beschäftigung der Klägerin sei durch einen Datenabgleich mit dem Rentenversicherungsträger bekannt geworden. Der Beklagte habe das von der Firma gemeldete Arbeitsentgelt zugrunde gelegt.
- 6
Am 27.12.2010 hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht Speyer erhoben und nochmals darauf hingewiesen, dass sie im April 2009 nicht mehr gearbeitet habe. Durch gerichtliches Schreiben vom 22.02.2011 ist die Klägerin aufgefordert worden, bis zum 30.03.2011 zu belegen, dass sie im Monat April 2010 kein Arbeitsentgelt bezogen habe. Mit Schreiben vom 13.04.2011 ist sie nochmals daran erinnert worden. Mit Schreiben vom 17.05.2011 hat die Vorsitzende der 14. Kammer des Sozialgerichts Speyer letztmals aufgefordert, auf das Schreiben zu antworten. Die Klage gelte gemäß § 102 Abs. 2 SGG als zurückgenommen, wenn das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als 3 Monate nicht betrieben werde. Dieses Schreiben ist der Klägerin am 19.05.2011 zugestellt worden.
- 7
Am 01.09.2011 hat die Vorsitzende eine Verfügung unterzeichnet, dass der Rechtsstreit durch Rücknahme am 22.08.2011 erledigt sei. Mit gerichtlichem Schreiben vom 01.09.2011 sind die Beteiligten darauf hingewiesen worden.
- 8
Am 28.09.2011 hat die Klägerin gegen den "Beschluss des Sozialgerichts Speyer vom 01.09.2011" Beschwerde eingelegt. Zur Begründung ist vorgetragen worden, die Klagerücknahmefiktion könne nicht greifen, nachdem die Auflage des Gerichtes, den Kontoauszug für April vorzulegen, am 17.03.2011 erfüllt worden sei. Der erkennende Senat des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz hat die Beschwerde durch Beschluss vom 10.11.2011 wegen Fehlens einer beschwerdefähigen Entscheidung des Sozialgerichts als unzulässig verworfen.
- 9
Mit Schreiben vom 21.12.2011 hat die Klägerin beim Sozialgericht Speyer den Antrag gestellt, das Verfahren fortzuführen.
- 10
Nach Anhörung zur geplanten Entscheidung durch Gerichtsbescheid hat das Sozialgericht Speyer durch Gerichtsbescheid am 06.02.2012 festgestellt, dass die Klage zurückgenommen worden ist. Die am 27.12.2010 erhobene Klage habe sich durch die Klagerücknahmefiktion des § 102 Abs. 2 SGG erledigt. Danach gelte die Klage als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als 3 Monate nicht betreibe. Ein Nichtbetreiben liege vor, wenn sich der Kläger auf die Aufforderung innerhalb von 3 Monaten nicht oder nur unzureichend geäußert habe. Vorliegend sei die Klägerin aufgefordert gewesen zu belegen, dass sie im April 2010 kein Arbeitsentgelt bezogen habe. Entgegen der Behauptung des Prozessbevollmächtigten sei der Kontoauszug für April 2010 nicht eingegangen. Das Hinweisschreiben gemäß § 102 Abs. 2 SGG sei dem Prozessbevollmächtigten am 19.05.2011 zugestellt worden, sodass die Klagerücknahmefiktion mit Ablauf des 19.08.2011 eingetreten sei.
- 11
Gegen den ihr am 14.02.2012 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 10.03.2012 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, das Verfahren hätte fortgeführt werden müssen.
- 12
Mit Schreiben vom 01.06.2012 ist der Prozessbevollmächtigte darauf hingewiesen worden, dass Zweifel an der Zulässigkeit der Berufung bestünden, da es in der Sache um einen Verwaltungsakt gehe, durch den Leistungen in Höhe von 452,80 EUR aufgehoben wurden. Es ist Gelegenheit gegeben worden, bis zum 01.07.2012 dazu Stellung zu nehmen sowie die Tatsache zu belegen, dass der erbetene Kontoauszug dem Sozialgericht vorgelegt worden sei. Am 06.06.2012 ist unter Bezugnahme auf den Hinweis der Antrag gestellt worden, die Berufung zuzulassen. Die Nichtzulassungsbeschwerde wird unter dem Aktenzeichen L 3 AS 278/12 NZB geführt.
- 13
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
- 14
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Speyer vom 06.02.2012 aufzuheben und festzustellen, dass das Verfahren S 14 AS 1884/11 vor dem Sozialgericht Speyer fortzuführen ist.
- 15
Der Beklagte beantragt,
- 16
die Berufung zurückzuweisen.
- 17
Er hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
- 18
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten des Beklagten sowie der vorliegenden Prozessakte verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen ist.
Entscheidungsgründe
- 19
Die Berufung der Klägerin ist zulässig und begründet.
- 20
Die Regelung § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG steht der Zulässigkeit der Berufung nicht entgegen. Danach bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR nicht übersteigt. Hier betrifft die von der Klägerin im Verfahren vor dem Sozialgericht verfolgte Klage zwar einen auf eine Geldleistung gerichteten Verwaltungsakt im Sinne dieser Vorschrift, nämlich den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 03.11.2012. Streitgegenstand des vorliegenden Berufungsverfahrens ist aber nicht dieser Bescheid, sondern die Frage, ob das Sozialgericht zu Recht davon ausgegangen ist, dass die gegen diesen Bescheid erhobene Klage durch die Rücknahmefiktion nach § 102 SGG erledigt ist. Nur über diese Frage hat das Sozialgericht in dem angefochtenen Gerichtsbescheid entschieden.
- 21
In einem solchen Fall greift § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG nicht. Soweit das Bundessozialgericht (BSG) für den Fall der Untätigkeitsklage entschieden hat, dass auch diese im Sinne von § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG auf den Erlass eines Verwaltungsaktes gerichtet ist (Beschluss vom 06.10.2011, B 9 SB 45/11 B, in juris), lassen sich diese Ausführungen nicht auf den vorliegenden Fall übertragen. Das BSG hat insoweit auf den Sinn und Zweck der Regelung verwiesen, wonach die Berufungsgerichte von vermögensrechtlichen Streitsachen von geringem Wert (sogenannten Bagatellfällen) entlastet werden sollen. Die gewählte Klageart sei für die Anwendung der Vorschrift bedeutungslos, entscheidend sei, dass die Berufung einen Rechtsstreit von geringem Wert betreffe.
- 22
Im vorliegenden Berufungsverfahren wird aber gerade nicht über einen vermögensrechtlichen Streit entschieden, sondern über die Vorfrage, ob das diesbezüglich angestrengte Klageverfahren durch Rücknahme erledigt ist. In dem anhängigen Verfahren stehen also Verfahrensrechte im Streit, die eine Entscheidung über den eigentlichen Streitgegenstand erst eröffnen. Da damit der Schutzbereich des Grundrechtes auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes nach Artikel 19 Abs. 4 des Grundgesetzes berührt ist, ist eine Ausweitung des Anwendungsbereichs des § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG über seinen Wortlaut hinaus auf Fälle der vorliegenden Art nicht gerechtfertigt. Dass eine Entscheidung über den eigentlichen Streitgegenstand, also über die Rechtmäßigkeit des Aufhebungs- und Erstattungsbescheides selbst, nicht mit der Berufung anfechtbar wäre, stellt im Hinblick auf die Bedeutung des Rechtes auf Gewährung gerichtliche Rechtsschutzes keinen Widerspruch dazu dar.
- 23
Die Berufung ist auch begründet. Die Klage gilt nicht gemäß § 102 Abs. 2 SGG als zurückgenommen. Deshalb ist das Klageverfahren noch anhängig und daher vom Sozialgericht Speyer fortzuführen. Das Sozialgericht wird in diesem Verfahren auch zu prüfen haben, ob die Klage zulässig, insbesondere fristgemäß erhoben ist.
- 24
Nach § 102 Abs. 2 SGG gilt die Klage als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als 3 Monate nicht betreibt; in der Aufforderung ist der Kläger auf die sich ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Unter Beachtung der Rechtsprechung zur entsprechenden Regelung in § 92 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) bzw. § 81 Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) kommt eine Rücknahmefiktion nur in eng begrenzten Ausnahmefällen in Betracht, in denen sachlich begründete Anhaltspunkte für einen Wegfall des Rechtsschutzinteresses als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal des Klägers vorliegen (vgl. Bundesverfassungsgericht, Kammerbeschluss vom 19.05.1993, 2 BvR 1972/92 in NVwZ 94, 62).
- 25
Zur Form der Betreibensaufforderung gilt nach der Rechtsprechung des BSG Folgendes: Wenn sie Wirkungen für die Beteiligten erzeugen soll, muss sie vom zuständigen Richter verfügt und mit vollem Namen unterzeichnet werden. Ein den Namen abkürzendes Handzeichen (Paraphe) genügt als Unterschrift nicht. Dies folgt schon aus den einschneidenden Rechtsfolgen einer (erfolglosen) Betreibensaufforderung. Erst die Beifügung der vollen Unterschrift des Richters macht deutlich, dass es sich bei dem unterzeichneten Text nicht lediglich um einen Entwurf handelt und dass der Unterzeichnende nicht von einer Routine-Verfügung ausgeht; hierüber muss aber bei einer Betreibensaufforderung auch für die Betroffenen Gewissheit bestehen. Deshalb muss sie nicht nur vom zuständigen Richter verfügt und unterschrieben sein, sondern auch die gemäß § 63 Abs 1 Satz 1 SGG zuzustellende Ausfertigung/beglaubigte Abschrift muss diesen Umstand erkennen lassen, dh durch Wiedergabe des vollen Namens des Richters ausweisen, dass die Betreibensaufforderung von ihm stammt (Urteil vom 01.07.2010, B 13 R 58/09 R). Ob diese Voraussetzungen hier erfüllt sind, ist den Akten nicht mit hinreichender Sicherheit zu entnehmen. Das Schreiben vom 22.02.2011, durch das die Klägerin aufgefordert worden ist zu belegen, dass sie kein Arbeitentgelt bezogen hat, ist in dem in der Akte befindlichen Original lediglich mit einer Namensparaphe und nicht mit einer vollen Unterschrift versehen. Das erste Erinnerungsschreiben vom 13.04.2011 ist nicht von der Vorsitzenden, sondern mit dem Vermerk "Auf Anordnung" von einer Justizbeschäftigten unterschrieben. Das Schreiben vom 17.05.2011, in dem die Klägerin erstmals auf die Folgen des Nichtbefolgens dieser Aufforderung hingewiesen worden ist, weist in der Gerichtsakte wiederum nur eine Paraphe der Vorsitzenden auf.
- 26
Nähere Ermittlungen dazu, ob das versandte Schreiben die Originalunterschrift enthält, sind aber nicht erforderlich. Abgesehen von diesen formellen Voraussetzungen ist die Aufforderung auch ihrem Inhalt nach nicht geeignet, die Folgen des § 102 Abs. 2 SGG auszulösen.
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Die Betreibensaufforderung nach § 102 Abs. 2 Satz 1 SGG muss klar und konkret sein und dem Kläger deutlich machen, was von ihm erwartet wird. Daran fehlt es hier. Die Klägerin ist aufgefordert worden zu belegen, dass sie im Monat April 2010 kein Arbeitsentgelt erhalten hat. Unabhängig davon, dass hier wohl der April 2009 gemeint war, ist diese Aufforderung schon deshalb unklar, weil die Klägerin zum Beleg einer negativen Tatsache aufgefordert worden ist, ohne dass näher angeführt wird, welche Beweismittel das Gericht als ausreichend ansehen würde. Die Klägerin konnte der Aufforderung damit gerade nicht entnehmen, was genau von ihr verlangt wird. Sie hatte im Widerspruchsverfahren bereits vorgetragen, dass sie nur im März gearbeitet hat und dafür in bar entlohnt worden ist. Wie sie bei dieser Sachlage belegen sollte, im April nichts erhalten zu haben, erschließt sich nicht unmittelbar. Dass die Klägerin der Aufforderung nicht nachgekommen ist, lässt von daher keine Zweifel am Rechtsschutzinteresse aufkommen, was aber Voraussetzung für den Eintritt der Rücknahmefiktion ist.
- 28
Insoweit ist auch in den Blick zu nehmen, dass im sozialgerichtlichen Verfahren der Grundsatz der Amtsermittlung nach § 103 SGG gilt. Die Klägerin hatte, wie oben dargelegt, bereits im Widerspruchsverfahren nähere Ausführungen zu ihrer Behauptung gemacht, im April 2009 kein Einkommen mehr gehabt zu haben. Dem sich daraus ergebenden Widerspruch zu den Angaben des Arbeitsgebers hätte das Sozialgericht näher nachgehen können, zB. durch Einholung einer weiteren Auskunft beim Arbeitgeber oder auch durch konkrete Fragen bei der Klägerin. Dass diese auf die unbestimmte und pauschale Aufforderung, die nicht erfolgte Zahlung zu belegen, nicht reagiert hat, lässt bei dieser Sachlage jedenfalls nicht darauf schließen, dass sie an der Durchführung des Verfahrens kein Interesse mehr hatte. Die Aufforderung war damit auch nicht geeignet, die Folgen des § 102 Abs.2 SGG auszulösen.
- 30
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe nach § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes
- 1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder - 2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.
Tenor
-
Auf die Beschwerde der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 11. April 2011 abgeändert.
-
Die Berufung des Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hildesheim vom 13. Dezember 2010 wird als unzulässig verworfen.
-
Der Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten für das Berufungs- und das Beschwerdeverfahren zu erstatten.
Gründe
- 1
-
I. Die Beteiligten streiten in der Hauptsache über die Zulässigkeit einer Untätigkeitsklage.
- 2
-
Nachdem das Sozialgericht Hildesheim (SG) mit Beschluss vom 19.6.2009 die Erinnerung gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss zurückgewiesen hatte, beantragten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 1.7.2009 beim beklagten Land, die Gebühren für ihre Tätigkeit im Erinnerungsverfahren auf 124,95 Euro festzusetzen. Dieses teilte daraufhin mit Schreiben vom 4.8.2009 den Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit, dass es nicht bereit sei, Gebühren für das Erinnerungsverfahren zu erstatten. Das SG habe mit Beschluss vom 19.6.2009 entschieden, dass im Erinnerungsverfahren keine Kostenentscheidung ergehe und insofern auch kein Kostenerstattungsanspruch bestehe. Hiergegen legten die Prozessbevollmächtigten am 13.8.2009 Widerspruch ein.
- 3
-
Nachdem der Beklagte daraufhin mit Schreiben vom 19.8.2009 und 3.12.2009 die Auffassung geäußert hatte, bei dem Schreiben vom 4.8.2009 habe es sich nicht um einen Bescheid, sondern nur um eine Mitteilung gehandelt, sodass der Erlass eines Widerspruchsbescheids nicht in Betracht komme, erhoben die Prozessbevollmächtigten am 11.12.2009 (Untätigkeits-)Klage zum SG mit dem Ziel, den Beklagten zur Bescheidung des Widerspruchs zu verpflichten. Das SG hat mit Gerichtsbescheid vom 13.12.2010 der Klage stattgegeben und den Beklagten verpflichtet, den Widerspruch zu bescheiden. Auf die Berufung des Beklagten hat das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (LSG) mit Urteil vom 11.4.2011 die erstinstanzliche Entscheidung aufgehoben und die (Untätigkeits-)Klage abgewiesen, weil diese unzulässig sei.
- 4
-
Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat die Klägerin Beschwerde beim Bundessozialgericht (BSG) eingelegt, die sie mit grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG),dem Vorliegen einer Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG)sowie eines Verfahrensmangels (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG)begründet. Das LSG hätte im Hinblick auf den Gegenstandswert des Verfahrens die Berufung des beklagten Landes als unzulässig verwerfen müssen.
- 5
-
II. Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Das angefochtene Urteil des LSG ist unter Verstoß gegen Verfahrensrecht ergangen. Das LSG hätte die Berufung als unzulässig verwerfen müssen. Der von der Klägerin schlüssig gerügte Verfahrensmangel führt entsprechend § 160a Abs 5 iVm § 160 Abs 2 Nr 3 SGG zur Abänderung des Urteils des LSG und zur Verwerfung der Berufung des Beklagten.
- 6
-
Die Klägerin hat den als Zulassungsgrund geltend gemachten Verfahrensmangel (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG)formgerecht (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG)gerügt. Mit ihrer Rüge, das LSG hätte im Hinblick auf den Gegenstandswert des Verfahrens die Berufung des Beklagten als unzulässig verwerfen müssen, macht die Klägerin sinngemäß geltend, dass statt der Entscheidung in der Sache ein Prozessurteil hätte ergehen müssen. Damit hat sie einen Verfahrensmangel bezeichnet (vgl BSGE 34, 236, 237 = SozR Nr 57 zu § 51 SGG; BSG SozR 4-3250 § 69 Nr 6 RdNr 16; BSG SozR 4-1750 § 174 Nr 1 RdNr 4).
- 7
-
Der geltend gemachte Verfahrensmangel liegt auch vor, denn das LSG hat zu Unrecht in der Sache entschieden. Die Berufung des Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des SG vom 13.12.2010 war nicht zulässig, sie hätte gemäß § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG der Zulassung bedurft.
- 8
-
Nach § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG(in der hier anwendbaren Fassung des Art 1 Nr 24 Gesetz zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes
vom 26.3.2008 - BGBl I 444) bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des SG oder auf Beschwerde durch Beschluss des LSG, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro nicht übersteigt.
- 9
-
Verschiedene Senate der Landessozialgerichte (vgl etwa LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 8.11.2007 - L 15 B 174/07 SO NZB - RdNr 2; LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 15.9.2009 - L 5 AS 925/09 NZB - RdNr 8; LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 22.9.2010 - L 10 AS 886/10 - RdNr 23, 27; LSG Baden-Württemberg Urteil vom 18.11.2010 - L 7 SO 2708/10 - RdNr 15) sind zwar der Auffassung, dass die Wertgrenze des § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG nicht für Untätigkeitsklagen gelte, weil mit diesen nur der Erlass eines beantragten, aber bisher nicht ergangenen Verwaltungsakts oder die Bescheidung eines Widerspruchs begehrt werden könne; eine Untätigkeitsklage sei demnach nicht auf eine Geld- oder Sachleistung gerichtet. Diese Auffassung übersieht jedoch, dass der Wortlaut des § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG zwei Alternativen enthält, zum einen Klagen, "die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung" betreffen (1. Alt), zum anderen Klagen, die "einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt" betreffen (2. Alt).
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Von der Berufungsbeschränkung des § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 2. Alt SGG werden auch Untätigkeitsklagen erfasst, denn diese sind entweder auf die Vornahme eines beantragten, aber ohne zureichenden Grund innerhalb von sechs Monaten nicht erlassenen Verwaltungsakts gerichtet (§ 88 Abs 1 SGG), oder sie haben den Erlass eines Widerspruchsbescheides zum Gegenstand, wenn ohne zureichenden Grund innerhalb von drei Monaten über einen Widerspruch nicht entschieden worden ist (§ 88 Abs 2 SGG). Betreffen die zu erlassenden Verwaltungsakte Geld-, Dienst- oder Sachleistungen, die einen Wert von 750 Euro nicht übersteigen, unterliegt auch die Untätigkeitsklage der Berufungsbeschränkung.
- 11
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Diese sich aus dem Wortlaut des § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 2. Alt SGG ergebende Auslegung wird auch vom Sinn und Zweck der durch das Gesetz zur Entlastung der Rechtspflege vom 11.1.1993 (BGBl I 50) eingeführten Regelung gestützt. Danach sollen die Berufungsgerichte von vermögensrechtlichen Streitsachen von geringem Wert (sog Bagatellfälle) entlastet werden (vgl BT-Drucks 12/1217, S 52, 71; BT-Drucks 16/7716, S 21; BSG SozR 3-1500 § 144 Nr 16 S 45; BSG SozR 3-2500 § 81 Nr 8 S 40). Die gewählte Klageart ist mithin für die Anwendung des § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG bedeutungslos(so bereits Kummer, NZS 1993, 285, 288; vgl auch Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 144 RdNr 8). Entscheidend ist, dass die Berufung einen Rechtsstreit von geringem Wert betrifft. Demnach kann auch eine Untätigkeitsklage der Berufungsbeschränkung des § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG unterliegen, etwa wenn die Untätigkeit der Verwaltung darin besteht, dass sie über einen geltend gemachten Leistungsanspruch von geringem Wert nicht entscheidet oder einen Widerspruch, der einen sog Bagatellfall betrifft, nicht bescheidet(im Ergebnis ebenso LSG Niedersachsen-Bremen Beschluss vom 5.9.2008 - L 1 KR 13/08 NZB - RdNr 11; LSG Baden-Württemberg Urteil vom 29.4.2010 - L 12 AL 5449/09 - Breith 2010, 877, 879 = NZS 2011, 77, 78). So liegt der Fall hier.
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Die Klägerin hat, nachdem der Beklagte mit Schreiben vom 4.8.2009 mitgeteilt hatte, es bestehe kein Kostenerstattungsanspruch (in Höhe der von den Prozessbevollmächtigten der Klägerin geltend gemachten 124,95 Euro), Widerspruch eingelegt und, nachdem dieser nach Ablauf von drei Monaten nicht beschieden worden war, Untätigkeitsklage nach § 88 Abs 2 SGG erhoben. Die Berufung des Beklagten gegen den der Untätigkeitsklage stattgebenden Gerichtsbescheid hätte mithin im Hinblick auf den Rechtsmittelstreitwert von 124,95 Euro nach § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG der Zulassung im Gerichtsbescheid des SG oder auf Beschwerde durch Beschluss des LSG bedurft. Eine solche Zulassung liegt nicht vor. Eine Entscheidung über die Zulassung ist weder dem Tenor noch den Entscheidungsgründen des erstinstanzlichen Gerichtsbescheides zu entnehmen. Das SG hat dem Gerichtsbescheid lediglich die bei zulässiger Berufung übliche Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt. Diese genügt jedoch nicht den Anforderungen an eine positive Entscheidung über die Zulassung der Berufung (vgl etwa BSGE 5, 92, 95; BSG SozR 3-1500 § 158 Nr 1 S 5; BSG SozR 3-1500 § 158 Nr 3 S 13). Das LSG hätte deshalb die Berufung des Beklagten nach § 158 SGG als unzulässig verwerfen müssen. Zugleich hätte es diesen darauf hinweisen können, dass innerhalb der noch offenen Jahresfrist des § 66 Abs 2 SGG eine Nichtzulassungsbeschwerde(§ 145 SGG) eingelegt werden kann.
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Nach § 160a Abs 5 SGG kann das BSG in dem Beschluss über die Nichtzulassungsbeschwerde das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen, wenn - wie hier - die Voraussetzungen des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG vorliegen. Der Senat macht im Hinblick auf die Umstände des vorliegenden Falles von dieser Möglichkeit insoweit Gebrauch, als er das in der Sache entscheidende Urteil des LSG abändert. Von einer Zurückverweisung sieht er deshalb ab, weil das LSG - wie ausgeführt - die Berufung nur als unzulässig verwerfen könnte. Unter diesen Umständen kann der Senat die gebotene Entscheidung auch selbst treffen (zum ausnahmsweise zulässigen Durchentscheiden bei unzulässiger Klage: BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 6 RdNr 22 f; BSG Beschluss vom 30.11.2006 - B 9a VJ 7/05 B - RdNr 18).
Rechtsmittel sind insoweit zulässig, als sie gegen die Entscheidungen der mit den Klagen befassten Gerichte überhaupt stattfinden.
(1) Der Kläger kann die Klage bis zur Rechtskraft des Urteils zurücknehmen. Die Klagerücknahme erledigt den Rechtsstreit in der Hauptsache.
(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als drei Monate nicht betreibt. Absatz 1 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und gegebenenfalls aus § 197a Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 155 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen.
(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren auf Antrag durch Beschluss ein und entscheidet über Kosten, soweit diese entstanden sind. Der Beschluss ist unanfechtbar.
(1) Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Die Vorschriften über Urteile gelten entsprechend.
(2) Die Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids das Rechtsmittel einlegen, das zulässig wäre, wenn das Gericht durch Urteil entschieden hätte. Ist die Berufung nicht gegeben, kann mündliche Verhandlung beantragt werden. Wird sowohl ein Rechtsmittel eingelegt als auch mündliche Verhandlung beantragt, findet mündliche Verhandlung statt.
(3) Der Gerichtsbescheid wirkt als Urteil; wird rechtzeitig mündliche Verhandlung beantragt, gilt er als nicht ergangen.
(4) Wird mündliche Verhandlung beantragt, kann das Gericht in dem Urteil von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Gerichtsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.
(1) Die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf beginnt nur dann zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsstelle oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist.
(2) Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Rechtsbehelfs nur innerhalb eines Jahres seit Zustellung, Eröffnung oder Verkündung zulässig, außer wenn die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder eine schriftliche oder elektronische Belehrung dahin erfolgt ist, daß ein Rechtsbehelf nicht gegeben sei. § 67 Abs. 2 gilt für den Fall höherer Gewalt entsprechend.
(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.
(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.
(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.
(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.
(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt.
(2) Das Landessozialgericht kann in dem Urteil über die Berufung von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.
(3) Das Urteil ist von den Mitgliedern des Senats zu unterschreiben. Ist ein Mitglied verhindert, so vermerkt der Vorsitzende, bei dessen Verhinderung der dienstälteste beisitzende Berufsrichter, dies unter dem Urteil mit Angabe des Hinderungsgrunds.
(4) Das Landessozialgericht kann, außer in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1, die Berufung durch Beschluß zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu hören. § 158 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(5) Der Senat kann in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1 durch Beschluss die Berufung dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet.
(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung.
(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden.
(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.
Ist die Berufung nicht statthaft oder nicht in der gesetzlichen Frist oder nicht schriftlich oder nicht in elektronischer Form oder nicht zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt, so ist sie als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluß ergehen. Gegen den Beschluß steht den Beteiligten das Rechtsmittel zu, das zulässig wäre, wenn das Gericht durch Urteil entschieden hätte. Die Beteiligten sind über dieses Rechtsmittel zu belehren.
(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes
- 1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder - 2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.
(1) Ist ein Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht beschieden worden, so ist die Klage nicht vor Ablauf von sechs Monaten seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts zulässig. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist aus, die verlängert werden kann. Wird innerhalb dieser Frist dem Antrag stattgegeben, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.
(2) Das gleiche gilt, wenn über einen Widerspruch nicht entschieden worden ist, mit der Maßgabe, daß als angemessene Frist eine solche von drei Monaten gilt.
Tenor
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Auf die Beschwerde der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 11. April 2011 abgeändert.
-
Die Berufung des Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hildesheim vom 13. Dezember 2010 wird als unzulässig verworfen.
-
Der Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten für das Berufungs- und das Beschwerdeverfahren zu erstatten.
Gründe
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I. Die Beteiligten streiten in der Hauptsache über die Zulässigkeit einer Untätigkeitsklage.
- 2
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Nachdem das Sozialgericht Hildesheim (SG) mit Beschluss vom 19.6.2009 die Erinnerung gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss zurückgewiesen hatte, beantragten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 1.7.2009 beim beklagten Land, die Gebühren für ihre Tätigkeit im Erinnerungsverfahren auf 124,95 Euro festzusetzen. Dieses teilte daraufhin mit Schreiben vom 4.8.2009 den Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit, dass es nicht bereit sei, Gebühren für das Erinnerungsverfahren zu erstatten. Das SG habe mit Beschluss vom 19.6.2009 entschieden, dass im Erinnerungsverfahren keine Kostenentscheidung ergehe und insofern auch kein Kostenerstattungsanspruch bestehe. Hiergegen legten die Prozessbevollmächtigten am 13.8.2009 Widerspruch ein.
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Nachdem der Beklagte daraufhin mit Schreiben vom 19.8.2009 und 3.12.2009 die Auffassung geäußert hatte, bei dem Schreiben vom 4.8.2009 habe es sich nicht um einen Bescheid, sondern nur um eine Mitteilung gehandelt, sodass der Erlass eines Widerspruchsbescheids nicht in Betracht komme, erhoben die Prozessbevollmächtigten am 11.12.2009 (Untätigkeits-)Klage zum SG mit dem Ziel, den Beklagten zur Bescheidung des Widerspruchs zu verpflichten. Das SG hat mit Gerichtsbescheid vom 13.12.2010 der Klage stattgegeben und den Beklagten verpflichtet, den Widerspruch zu bescheiden. Auf die Berufung des Beklagten hat das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (LSG) mit Urteil vom 11.4.2011 die erstinstanzliche Entscheidung aufgehoben und die (Untätigkeits-)Klage abgewiesen, weil diese unzulässig sei.
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Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat die Klägerin Beschwerde beim Bundessozialgericht (BSG) eingelegt, die sie mit grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG),dem Vorliegen einer Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG)sowie eines Verfahrensmangels (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG)begründet. Das LSG hätte im Hinblick auf den Gegenstandswert des Verfahrens die Berufung des beklagten Landes als unzulässig verwerfen müssen.
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II. Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Das angefochtene Urteil des LSG ist unter Verstoß gegen Verfahrensrecht ergangen. Das LSG hätte die Berufung als unzulässig verwerfen müssen. Der von der Klägerin schlüssig gerügte Verfahrensmangel führt entsprechend § 160a Abs 5 iVm § 160 Abs 2 Nr 3 SGG zur Abänderung des Urteils des LSG und zur Verwerfung der Berufung des Beklagten.
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Die Klägerin hat den als Zulassungsgrund geltend gemachten Verfahrensmangel (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG)formgerecht (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG)gerügt. Mit ihrer Rüge, das LSG hätte im Hinblick auf den Gegenstandswert des Verfahrens die Berufung des Beklagten als unzulässig verwerfen müssen, macht die Klägerin sinngemäß geltend, dass statt der Entscheidung in der Sache ein Prozessurteil hätte ergehen müssen. Damit hat sie einen Verfahrensmangel bezeichnet (vgl BSGE 34, 236, 237 = SozR Nr 57 zu § 51 SGG; BSG SozR 4-3250 § 69 Nr 6 RdNr 16; BSG SozR 4-1750 § 174 Nr 1 RdNr 4).
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Der geltend gemachte Verfahrensmangel liegt auch vor, denn das LSG hat zu Unrecht in der Sache entschieden. Die Berufung des Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des SG vom 13.12.2010 war nicht zulässig, sie hätte gemäß § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG der Zulassung bedurft.
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Nach § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG(in der hier anwendbaren Fassung des Art 1 Nr 24 Gesetz zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes
vom 26.3.2008 - BGBl I 444) bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des SG oder auf Beschwerde durch Beschluss des LSG, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro nicht übersteigt.
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Verschiedene Senate der Landessozialgerichte (vgl etwa LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 8.11.2007 - L 15 B 174/07 SO NZB - RdNr 2; LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 15.9.2009 - L 5 AS 925/09 NZB - RdNr 8; LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 22.9.2010 - L 10 AS 886/10 - RdNr 23, 27; LSG Baden-Württemberg Urteil vom 18.11.2010 - L 7 SO 2708/10 - RdNr 15) sind zwar der Auffassung, dass die Wertgrenze des § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG nicht für Untätigkeitsklagen gelte, weil mit diesen nur der Erlass eines beantragten, aber bisher nicht ergangenen Verwaltungsakts oder die Bescheidung eines Widerspruchs begehrt werden könne; eine Untätigkeitsklage sei demnach nicht auf eine Geld- oder Sachleistung gerichtet. Diese Auffassung übersieht jedoch, dass der Wortlaut des § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG zwei Alternativen enthält, zum einen Klagen, "die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung" betreffen (1. Alt), zum anderen Klagen, die "einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt" betreffen (2. Alt).
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Von der Berufungsbeschränkung des § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 2. Alt SGG werden auch Untätigkeitsklagen erfasst, denn diese sind entweder auf die Vornahme eines beantragten, aber ohne zureichenden Grund innerhalb von sechs Monaten nicht erlassenen Verwaltungsakts gerichtet (§ 88 Abs 1 SGG), oder sie haben den Erlass eines Widerspruchsbescheides zum Gegenstand, wenn ohne zureichenden Grund innerhalb von drei Monaten über einen Widerspruch nicht entschieden worden ist (§ 88 Abs 2 SGG). Betreffen die zu erlassenden Verwaltungsakte Geld-, Dienst- oder Sachleistungen, die einen Wert von 750 Euro nicht übersteigen, unterliegt auch die Untätigkeitsklage der Berufungsbeschränkung.
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Diese sich aus dem Wortlaut des § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 2. Alt SGG ergebende Auslegung wird auch vom Sinn und Zweck der durch das Gesetz zur Entlastung der Rechtspflege vom 11.1.1993 (BGBl I 50) eingeführten Regelung gestützt. Danach sollen die Berufungsgerichte von vermögensrechtlichen Streitsachen von geringem Wert (sog Bagatellfälle) entlastet werden (vgl BT-Drucks 12/1217, S 52, 71; BT-Drucks 16/7716, S 21; BSG SozR 3-1500 § 144 Nr 16 S 45; BSG SozR 3-2500 § 81 Nr 8 S 40). Die gewählte Klageart ist mithin für die Anwendung des § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG bedeutungslos(so bereits Kummer, NZS 1993, 285, 288; vgl auch Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 144 RdNr 8). Entscheidend ist, dass die Berufung einen Rechtsstreit von geringem Wert betrifft. Demnach kann auch eine Untätigkeitsklage der Berufungsbeschränkung des § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG unterliegen, etwa wenn die Untätigkeit der Verwaltung darin besteht, dass sie über einen geltend gemachten Leistungsanspruch von geringem Wert nicht entscheidet oder einen Widerspruch, der einen sog Bagatellfall betrifft, nicht bescheidet(im Ergebnis ebenso LSG Niedersachsen-Bremen Beschluss vom 5.9.2008 - L 1 KR 13/08 NZB - RdNr 11; LSG Baden-Württemberg Urteil vom 29.4.2010 - L 12 AL 5449/09 - Breith 2010, 877, 879 = NZS 2011, 77, 78). So liegt der Fall hier.
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Die Klägerin hat, nachdem der Beklagte mit Schreiben vom 4.8.2009 mitgeteilt hatte, es bestehe kein Kostenerstattungsanspruch (in Höhe der von den Prozessbevollmächtigten der Klägerin geltend gemachten 124,95 Euro), Widerspruch eingelegt und, nachdem dieser nach Ablauf von drei Monaten nicht beschieden worden war, Untätigkeitsklage nach § 88 Abs 2 SGG erhoben. Die Berufung des Beklagten gegen den der Untätigkeitsklage stattgebenden Gerichtsbescheid hätte mithin im Hinblick auf den Rechtsmittelstreitwert von 124,95 Euro nach § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG der Zulassung im Gerichtsbescheid des SG oder auf Beschwerde durch Beschluss des LSG bedurft. Eine solche Zulassung liegt nicht vor. Eine Entscheidung über die Zulassung ist weder dem Tenor noch den Entscheidungsgründen des erstinstanzlichen Gerichtsbescheides zu entnehmen. Das SG hat dem Gerichtsbescheid lediglich die bei zulässiger Berufung übliche Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt. Diese genügt jedoch nicht den Anforderungen an eine positive Entscheidung über die Zulassung der Berufung (vgl etwa BSGE 5, 92, 95; BSG SozR 3-1500 § 158 Nr 1 S 5; BSG SozR 3-1500 § 158 Nr 3 S 13). Das LSG hätte deshalb die Berufung des Beklagten nach § 158 SGG als unzulässig verwerfen müssen. Zugleich hätte es diesen darauf hinweisen können, dass innerhalb der noch offenen Jahresfrist des § 66 Abs 2 SGG eine Nichtzulassungsbeschwerde(§ 145 SGG) eingelegt werden kann.
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Nach § 160a Abs 5 SGG kann das BSG in dem Beschluss über die Nichtzulassungsbeschwerde das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen, wenn - wie hier - die Voraussetzungen des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG vorliegen. Der Senat macht im Hinblick auf die Umstände des vorliegenden Falles von dieser Möglichkeit insoweit Gebrauch, als er das in der Sache entscheidende Urteil des LSG abändert. Von einer Zurückverweisung sieht er deshalb ab, weil das LSG - wie ausgeführt - die Berufung nur als unzulässig verwerfen könnte. Unter diesen Umständen kann der Senat die gebotene Entscheidung auch selbst treffen (zum ausnahmsweise zulässigen Durchentscheiden bei unzulässiger Klage: BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 6 RdNr 22 f; BSG Beschluss vom 30.11.2006 - B 9a VJ 7/05 B - RdNr 18).
Tenor
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Auf die Beschwerde der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 10. Oktober 2012 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Gründe
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I. Im Streit steht die Höhe von Übergangsgeld im Zeitraum vom 17.9.2007 bis zum 14.3.2008.
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Die im Jahre 1961 geborene Klägerin absolvierte eine Maßnahme zur Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben. Hierfür wurde ihr Übergangsgeld ab dem 17.9.2007 von kalendertäglich 30,97 Euro bewilligt (Bescheid vom 26.9.2007). Der mit einem höheren Stundenlohn begründete Widerspruch der Klägerin blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 10.1.2008).
- 3
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Das Klageverfahren war teilweise erfolgreich. Das SG hat die Beklagte mit Urteil vom 28.7.2011 verurteilt, der Klägerin Übergangsgeld iHv 31,57 Euro kalendertäglich im Zeitraum vom 19.9.2007 bis zum 14.3.2008 zu zahlen und die Klage im Übrigen abgewiesen. Das SG hat in den Entscheidungsgründen dazu Folgendes ausgeführt:
"Die Berufung war für die Beklagte zuzulassen, da die zugrunde liegende Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat. … Für die Klägerin ist die Berufung bei Erreichen des Werts des Beschwerdegegenstandes von mehr als 750,00 € (nämlich 817,42 € bei 4,59 € Differenzbetrag/Tag der Maßnahme) von Gesetzes wegen statthaft."
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Mit Schriftsatz vom 29.9.2011 hat die Klägerin zunächst fristwahrend Berufung eingelegt. In der Berufungsbegründung vom 15.11.2011 hat sie den Antrag angekündigt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, ihr im streitigen Zeitraum ein Übergangsgeld von 35,67 Euro kalendertäglich zu zahlen. Wie mit Schriftsatz vom 2.10.2012 angekündigt, hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG beantragt, ihr im streitigen Zeitraum ein Übergangsgeld von 35,95 Euro kalendertäglich zu zahlen.
- 5
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Mit Urteil vom 10.10.2012 hat das LSG die Berufung der Klägerin als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Berufung sei mit Schriftsatz vom 15.11.2011 auf die Summe von 729,80 Euro begrenzt worden. Dies entspreche einem Übergangsgeld iHv 35,67 Euro kalendertäglich. Die spätere Erhöhung des Berufungsantrags auf 35,95 Euro kalendertäglich, mithin einer Berufungssumme von mehr als 750 Euro, sei unbeachtlich. Maßgeblich sei hingegen die Beschwer bei Einlegung der Berufung gewesen. Daher komme es auch nicht auf den in der mündlichen Verhandlung gestellten Berufungsantrag an.
- 6
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Mit der hiergegen eingelegten Nichtzulassungsbeschwerde rügt die Klägerin Verfahrensmängel nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG. Sie rügt, dass das Berufungsgericht die Berufung nicht als unzulässig hätte verwerfen dürfen, sondern anstelle des Prozessurteils ein Sachurteil hätte erlassen müssen. Die Berufung sei nach § 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG statthaft, weil der Beschwerdewert über 750 Euro liege.
- 7
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II. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist zulässig und im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung begründet.
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Die Klägerin hat den Zulassungsgrund des Verfahrensmangels (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) formgerecht (§ 160a Abs 2 S 3 SGG) gerügt.
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Der Verfahrensmangel liegt auch vor. Die auf eine Geldleistung gerichtete Klage hat den Wert des Beschwerdegegenstandes von 750 Euro überstiegen (§ 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG), sodass das LSG die Berufung mangels Erreichens der Berufungssumme nicht als unzulässig hätte verwerfen dürfen.
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Der Senat kann offenlassen, ob das SG die Berufung für die Klägerin wirksam zugelassen hat. Selbst wenn es eine solche Entscheidung nicht getroffen hätte, ist die Berufung bereits von Gesetzes wegen für die Klägerin statthaft.
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Der Wert des Beschwerdegegenstandes iS von § 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG richtet sich danach, was das SG dem Rechtsmittelkläger versagt hat und was er davon mit seinen Berufungsanträgen weiter verfolgt. Bei einer Geldleistung ist daher der Wert des Beschwerdegegenstandes für das Berufungsverfahren nach dem Geldbetrag zu berechnen, um den unmittelbar gestritten wird (vgl BSG SozR 4-1500 § 144 Nr 2 RdNr 5). Als maßgeblicher Zeitpunkt für die Bestimmung des Werts des Beschwerdegegenstandes ist auf die Einlegung der Berufung abzustellen (stRspr, vgl BSG SozR 4-1500 § 96 Nr 4 RdNr 14; BSGE 58, 291, 294 = SozR 1500 § 144 Nr 30).
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Die Klägerin hat ihre Berufung am 29.9.2011 unbeschränkt eingelegt und zu diesem Zeitpunkt noch keinen Berufungsantrag beziffert. Verstöße gegen die Soll-Vorschrift des § 151 Abs 3 SGG, wonach die Berufungsschrift einen bestimmten Antrag enthalten soll, sind unschädlich(BSG SozR Nr 2 zu § 151 SGG). Daher hätte das LSG die Beschwer bezogen auf den Zeitpunkt der unbeschränkten Berufungseinlegung ermitteln müssen. Hierfür wäre eine überschlägige Berechnung ausreichend gewesen (vgl BSG SozR 4-2600 § 210 Nr 2 RdNr 11 mwN).
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Die Beschwer ist an dem vollen Umfang des Unterliegens vor dem SG zu messen. Wenn die Berufungssumme in diesem Zeitpunkt - wie hier - den Wert des Beschwerdegegenstandes nach § 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG überschritten hat, so wird das Rechtsmittel aber nicht dadurch unzulässig, dass die Klägerin in der Berufungsbegründung einen eingeschränkten Berufungsantrag angekündigt hat(vgl BGH vom 8.10.1982 - V ZB 9/82 - Juris RdNr 7). Dies entspricht der Rechtsprechung des BSG, nach der eine Beschränkung des Berufungsantrags, durch die die Berufungssumme nicht mehr erreicht wird, die Berufung grundsätzlich nicht unzulässig macht (vgl BSG SozR 4-2500 § 37 Nr 7 RdNr 10; BSG SozR 4-3250 § 51 Nr 2 RdNr 13). Anhaltspunkte für ein willkürliches Handeln (vgl BSG SozR 1500 § 144 Nr 24 S 40 f) der Klägerin sind nicht zu erkennen.
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Im Zeitpunkt der fristwahrend eingelegten Berufung war die Klägerin aber nach der zutreffenden Berechnung des SG mit einem Differenzbetrag von 4,59 Euro kalendertäglich unterlegen (vgl S 7 Entscheidungsgründe des SG-Urteils). Multipliziert mit 178 streitigen Tagen ergibt dies einen Betrag, der deutlich über dem Wert des Beschwerdegegenstandes von 750 Euro liegt (§ 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG).
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Entgegen der Ansicht des LSG kommt es daher nicht auf den in der Berufungsbegründung vom 15.11.2011 reduzierten Berufungsantrag an. Der Senat kann auch offenlassen, ob der mit Schriftsatz vom 2.10.2012 korrigierte Berufungsantrag, der schließlich in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG gestellt worden ist, eine unzulässige Erweiterung der Berufung gewesen ist.
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Auf der Grundlage von § 160a Abs 5 SGG macht der Senat von der Möglichkeit Gebrauch, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.
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Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens bleibt der abschließenden Entscheidung des LSG vorbehalten.
(1) Der Kläger kann die Klage bis zur Rechtskraft des Urteils zurücknehmen. Die Klagerücknahme erledigt den Rechtsstreit in der Hauptsache.
(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als drei Monate nicht betreibt. Absatz 1 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und gegebenenfalls aus § 197a Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 155 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen.
(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren auf Antrag durch Beschluss ein und entscheidet über Kosten, soweit diese entstanden sind. Der Beschluss ist unanfechtbar.
(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes
- 1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder - 2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.
Tenor
I.
Auf die Anhörungsrüge des Beschwerde- und Rügeführers wird das Verfahren mit dem ursprünglichen Aktenzeichen L 8 AS 817/15 NZB fortgesetzt.
II.
Die Gegenvorstellung gegen den Beschluss des Bayer. Landessozialgerichts vom 21. Dezember 2015 über die Verwerfung der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Augsburg
III.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens vor dem Bayer. Landessozialgericht war das Urteil des Sozialgerichts Augsburg
Gegenstand des Klageverfahrens S 15 AS 391/15 war die endgültige Festsetzung der Leistungen des Rf nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) mit Bescheid vom 14.01.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.03.2015. Mit diesem Bescheid fordert der Beklagte und Rügegegner (Rg) vom Rf einen Betrag von 17,82 € zurück. Dagegen erhob der Rg Klage zum Sozialgericht Augsburg, die er im Termin zur mündlichen Verhandlung am 18.06.2015 nach Erörterung der Sach- und Rechtslage zurücknahm (vgl. Niederschrift vom 18.06.2015 im Verfahren S 15 AS 391/15).
Mit Schriftsatz vom
In der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht Augsburg
Mit Schriftsatz vom 18.11.2015 an das Bayer. Landessozialgericht hat der Rf beantragt, das Urteil vom 04.11.2015 als unzulässig zu verwerfen, da gegen die Vorsitzende Befangenheitsanträge vorliegen würden. Diese seien zwar mit Beschluss vom 21.09.2015 abgelehnt worden. Es sei aber anschließend das Rechtsmittel der formlosen Gegendarstellung erhoben worden, über das noch keine Entscheidung ergangen sei. Weitere Begründung werde nachgereicht, sobald die Einlassung der Gegenseite vorliege.
Der Rg hat mit Schriftsatz vom 09.12.2015 zur Beschwerde Stellung genommen.
Mit Schriftsatz vom 16.12.2015 rügte der Rf, dass ihm noch nicht die Stellungnahme des Rg vorliege.
Mit Beschluss vom 21.12.2015 hat das Bayer. Landessozialgericht die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Augsburg
Am 05.01.2016 (Eingang beim Bayer. Landessozialgericht) hat der Rf eine Gehörsrüge sowie eine Gegenvorstellung erhoben. Er sei vor der Abfassung des Beschlusses nicht angehört worden. Er habe mitgeteilt, dass er die Sache mündlich vortragen wolle. Die Verletzung des rechtlichen Gehörs sei auch entscheidungserheblich, denn das angerufene Gericht hätte ohne rechtliches Gehör den Beschluss nicht verfassen dürfen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie auf die beigezogenen Behördenakten verwiesen.
II.
1. Die Anhörungsrüge ist gemäß § 178a SGG zulässig und begründet.
Die zweiwöchige Rügefrist nach § 178a Abs. 2 Satz 1 SGG ist gewahrt. Der Rf hat dargelegt, dass er eine Verletzung des rechtlichen Gehörs darin sehe, dass er vor Erlass des Beschlusses vom 21.12.2015 nicht angehört worden sei. Er macht damit eine Verletzung des rechtlichen Gehörs geltend.
Die Anhörungsrüge ist auch begründet. Denn nach Auffassung des erkennenden Senats war die Nichtzulassungsbeschwerde zulässig. Es kann daher auch nicht ausgeschlossen werden, dass eine Anhörung der Beteiligten vor Erteilung des Beschlusses zu dieser Frage zu einem anderen Ergebnis in der Sache geführt hätte.
Gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG bedarf die Berufung bei einer Klage, die - wie hier ursprünglich - einen auf Geld- oder Sachleistungen gerichteten Verwaltungsakt betrifft, der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 750 € nicht übersteigt.
Im Klageverfahren S 15 AS 391/15, dessen Fortsetzung der Rf betreibt, hatte sich der Rf gegen eine Forderung in Höhe von 17,82 € gewandt. Auf diesen Betrag hat auch das Sozialgericht bei der Beurteilung der Frage, ob gegen das die Fortsetzung dieses Rechtsstreits ablehnende Urteil die Berufung statthaft ist, abgestellt (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 144 Rn. 14).
Diese Würdigung wird als zutreffend erachtet. Nach Auffassung des erkennenden Senats bestimmt sich auch bei Verfahren, die auf die Fortsetzung eines infolge einer Klagerücknahme nach § 102 Abs. 1 Satz 2 SGG beendeten Verfahrens gerichtet sind, der Wert des Beschwerdegegenstandes im Sinne des § 144 Abs. 1 SGG nach dem Streitgegenstand des Klageverfahrens, dessen Fortsetzung streitig ist (vgl. LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 13.10.2015, L 6 AS 432/14; Sächsisches LSG, Beschluss vom 01.12.2010, L 7 AS 524/09; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 07.08.2012, L 11 AL 170/09; a.A. LSG Sachsen Anhalt,
Nichts anderes kann für den Fall der hier streitigen Rückforderung in Höhe von 17,82 € gelten. Wenn ein Beteiligter die Unwirksamkeit einer Klagerücknahme geltend macht, so hat das Gericht, bei dem der Rechtsstreit anhängig war, das Verfahren fortzuführen. Es hat entweder dahin zu entscheiden, dass es die Erledigung des Rechtsstreits feststellt, oder - wenn es die Erledigung des Rechtsstreits verneint - in der Sache zu entscheiden (Leitherer, a. a. O., § 102 Rn. 12, und zur geltend gemachten Unwirksamkeit eines Prozessvergleichs BSG, Urteil vom 28.11.2002, B 7 AL 26/02 R). Wie beim Streit über die Wirksamkeit des Vergleichs oder des Anerkenntnisses (§ 101 SGG) lebt mit der Entscheidung über die Fortsetzung des Verfahrens die Rechtshängigkeit des ursprünglichen Verfahrens rückwirkend wieder auf (vgl. BSG, Urteil vom 26.07.1989, B 11 RAr 31/88 und vom 28.11.2002, a. a. O.).
Die Rechtsschutzmöglichkeiten sollen im Verfahren um die Fortsetzung eines durch Klagerücknahme beendeten Rechtsstreites im Vergleich zum Hauptsacheverfahren nicht erweitert werden. Andernfalls wäre vom Ausgang der Entscheidung des Gerichts abhängig, ob die Berufung zulässig ist oder nicht. Denn wenn das Sozialgericht auf Antrag des Rf das Verfahren S 15 AS 391/15 fortgesetzt und in diesem Verfahren in der Sache entschieden hätte, wäre die Entscheidung (ebenfalls) nicht berufungsfähig. Prozessuale Rechte des Rf werden dadurch nicht beschnitten.
Das Urteil, mit dem das SG die Erledigung des Rechtsstreits festgestellt hat, ist damit nach den allgemeinen Regeln rechtsmittelfähig (Leitherer, a. a. O.), das bedeutet, dass hinsichtlich des Gegenstandes auf die im Klageverfahrens S 15 AS 391/15 streitige Forderung abzustellen ist.
2. Die Gegenvorstellung ist unbegründet. Dabei kann dahinstehen, ob Gegenvorstellungen im sozialgerichtlichen Verfahren nach Einführung der Anhörungsrüge überhaupt noch statthaft sind (vgl. zur Meinungsübersicht BSG, Beschluss vom 10.07.2013, B 5 R 6/06 B, Juris Rn. 2).
Eine unanfechtbare Entscheidung kann auf einen außerordentlichen Rechtsbehelf hin allenfalls dann geändert werden, wenn diese Entscheidung offensichtlich dem Gesetz widerspricht oder grobes prozessuales Unrecht enthält (BSG, Beschluss vom 24.07.2006, B 1 KR 6/06 BH). Anhaltspunkte dafür liegen nicht vor. Der Rf hat keinen über die Verletzung des rechtlichen Gehörs hinausgehenden Verfahrensfehler gerügt.
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG. Hinsichtlich der Anhörungsrüge ist die Entscheidung über die Kosten im fortgesetzten Beschwerdeverfahren zu treffen.
Dieser Beschluss ist gemäß § 178a Abs. 4 Satz 3, § 177 SGG unanfechtbar.
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 16.07.2014 wird verworfen.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
- 1
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit eines Aufhebungs- und Erstattungsbescheides, mit dem die Bewilligung von Leistungen für den Zeitraum Oktober 2012 teilweise aufgehoben wurde und ob der diesbezügliche Rechtsstreit (Verfahren S 2 AS 72/13) vor dem Sozialgericht Koblenz (SG) durch Klagerücknahme beendet ist.
- 2
Mit an die Klägerin adressiertem Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 17.12.2012 hob die Beklagte die Bewilligung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Monat Oktober 2012 teilweise in Höhe von 90,76 Euro auf und forderte diesen Betrag von der Klägerin zurück. Der von der Klägerin erhobene Widerspruch blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 04.01.2013). Prozesskostenhilfe für die am 23.01.2013 erhobene Klage wurde mit Beschluss des SG vom 01.03.2013 abgelehnt. Die hiergegen erhobene Beschwerde blieb ohne Erfolg (Beschluss des 3. Senats des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 13.1.2013 - L 3 AS 129/13 B). Die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor dem SG im Verfahren S 2 AS 72/13 vom 23.04.2014 hat folgenden Inhalt: „Die Vorsitzende eröffnet die mündliche Verhandlung und trägt den Sachverhalt vor. Das Sach- und Streitverhältnis wird erörtert. Die Beteiligten erhalten das Wort. Nach ausführlicher Erörterung des Sach- und Streitstandes erklärt die Klägerin, dass sie die Klage zurücknimmt. l.d.u.g.“. Die Niederschrift ist von der Vorsitzenden der 2. Kammer sowie der Justizbeschäftigten S als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle, die bei der mündlichen Verhandlung zugegen war, unterzeichnet.
- 3
Nachfolgend hat die Klägerin mit Schreiben vom 24.04.2014 ihren rechtlichen Standpunkt bekräftigt. Mit weiterem Schreiben vom 26.04.2014 widersprach sie der Mitteilung, dass das Verfahren durch Klagerücknahme beendet sei. Sie habe aufgrund ihrer Schwerhörigkeit nicht alles verstanden. Gleichwohl habe sie noch mit einem günstigen Urteil gerechnet. Sie sei von ihrem Recht überzeugt und hätte die Klage – bestärkt von ihrem Anwalt – nicht zurückgenommen. Sie sei sich sicher, dass sie nicht gefragt worden sei, ob sie die Klage zurücknehme.
- 4
Daraufhin wurde das Verfahren wieder aufgenommen und unter dem Aktenzeichen S 2 AS 340/14 geführt. Mit Urteil vom 16.07.2014 wies das SG die Klage ab. Im Termin vom 23.04.2014 sei eine wirksame Klagerücknahme erfolgt und damit der Rechtsstreit S 2 AS 72/13 in der Hauptsache erledigt. Die Klägerin habe nach erneuter Erörterung der Sach- und Rechtslage im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 23.04.2014 die Klagerücknahme erklärt. Ein Widerruf der Klagerücknahme sei im vorliegenden Fall nicht möglich, weil keine Restitutionsgründe im Sinne des § 179 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gegeben seien.
- 5
Die Klägerin hat gegen das ihr am 12.08.2014 zugestellte Urteil am 19.08.2014 Berufung eingelegt. In dem Verfahren vor dem Sozialgericht Koblenz seien Beweise nicht gewürdigt worden und ihr Anspruch auf rechtliches Gehör sei verletzt worden. Bei Würdigung aller (neuen) Tatsachen hätte ein positives Urteil ergehen müssen.
- 6
Die Klägerin beantragt,
- 7
das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 16.07.2014 sowie den Bescheid vom 17.12.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.01.2013 aufzuheben.
- 8
Der Beklagte beantragt,
- 9
die Berufung zurückzuweisen
- 10
Zur Begründung bezieht er sich auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil.
- 11
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen. Dieser war Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung.
Entscheidungsgründe
- 12
Die Berufung ist gemäß § 158 Satz 1 SGG zu verwerfen, da sie nicht statthaft ist.
- 13
Gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG bedarf die Berufung bei einer Klage, die – wie hier ursprünglich – einen auf Geld- oder Sachleistungen gerichteten Verwaltungsakt betrifft, der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 750 Euro nicht übersteigt.
- 14
Vorliegend übersteigt der Wert des Beschwerdegegenstandes 750 Euro nicht.
- 15
Das SG, das bereits die Frage des Wertes des Beschwerdegegenstandes näher zu prüfen hat (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage, § 144 Rdnr. 14), ist ohne weiteres von der Zulässigkeit der Berufung entsprechend der erteilten Rechtsmittelbelehrung ausgegangen.
- 16
Nach Überprüfung ergibt sich ein Wert des Beschwerdegegenstandes von unter 750 Euro. Das Urteil, mit dem das SG die Erledigung des Rechtsstreits festgestellt hat, ist nach den allgemeinen Regeln rechtsmittelfähig (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG 11. Aufl., § 102 Rdnr 12). Gegenstand des ursprünglichen Klageverfahrens S 2 AS 72/13 war die Aufhebung von Leistungen in Höhe von 90,76 Euro sowie die Erstattungsforderung in dieser Höhe. Damit ist die Berufungssumme nicht erreicht.
- 17
Die somit nach § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG erforderliche Zulassung der Berufung durch das Sozialgericht in dem Urteil vom 16.07.2014 ist nicht erfolgt. Vielmehr ist das Sozialgericht davon ausgegangen, dass die Berufung zulässig ist.
- 18
Nach Auffassung des Senats bestimmt sich bei Verfahren, die auf die Fortsetzung eines infolge einer Klagerücknahme nach § 102 Abs. 1 Satz 2 SGG beendeten Verfahrens gerichtet sind, ebenso wie im Fall einer Wiederaufnahme- oder Restitutionsklage (vgl. Hannappel in Roos/Wahrendorf, SGG, § 179 Rdnr 76) oder einer Abweisung der Klage aus prozessualen Gründen (vgl. BSG, Urteil vom 17.03.1972 – 7 Rar 6/70 –, juris) der Wert des Beschwerdegegenstandes im Sinne des § 144 Abs. 1 SGG nach dem Streitgegenstand des ursprünglichen Klageverfahrens (vgl. Sächsisches LSG, Beschluss vom 01.12.2010 – L 7 AS 524/09 –; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 07.08.2012 – L 11 AL 170/09 –, alle juris, jeweils zur Klagerücknahmefiktion; a.A. LSG Sachsen–Anhalt, Urteil vom 30.08.2012 – L 2 AS 132/12 –; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 21.08.2012 – L 3 AS 133/12; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 17.04.2013 – L 5 KR 605/12 –, alle juris, jeweils zur Klagerücknahmefiktion).
- 19
Gegenstand des fortgesetzten Verfahrens ist - entgegen der Auffassung, die eine Zulässigkeit der Berufung in diesen Fällen annimmt - nicht ausschließlich die Frage, ob das Klageverfahren beendet ist. Wie beim Streit über die Wirksamkeit des Vergleichs oder des Anerkenntnisses (§ 101 SGG) wird das Verfahren über die Wirksamkeit einer Klagerücknahme vor dem Gericht fortgesetzt, das die Rücknahme angenommen hat (vgl. Leitherer, a.a.O., Rn 12; BeckOK SozR/Hintz SGG § 102 Rn 3). Die Rechtshängigkeit des ursprünglichen Verfahrens lebt rückwirkend wieder auf (vgl. BSG, Urteil vom 26.07.1989 – B 11 RAr 31/88 – zur Berufungsrücknahme; Urteil vom 28.11.2002 – B 7 AL 26/02 R –, zum Vergleich; BAG, Urteil vom 24.04.2014 – 8 AZR 429/12 – zum Vergleich, alle juris). Dafür, dass der Streitgegenstand des fortgesetzten Verfahrens das ursprünglich mit der Klage verfolgte Begehren ist, spricht zudem entscheidend, dass es andernfalls von der jeweiligen Entscheidung des Gerichts abhängig wäre, ob die Berufung zulässig ist oder nicht. Das Gericht – hier das SG - entscheidet entweder dahin, dass die Beendigung des Rechtsstreits durch die Klagerücknahme durch Endurteil festgestellt wird oder, wenn die Klagerücknahme verneint oder für unwirksam gehalten wird, in der Sache (vgl. Leitherer, a.a.O. Rn 12), gegebenenfalls erst durch nicht anfechtbares (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl., § 130 Rn 11) Zwischenurteil. Der Streit um die Fortsetzung des gemäß § 102 Abs. 2 SGG beendeten Verfahrens stellt daher lediglich einen Zwischenstreit dar (vgl. Sächsisches LSG, Beschluss vom 01.12.2010, a.a.O.), der nicht den Streitgegenstand bestimmt.
- 20
Die Berufungsbeschränkung stellt auch im Falle der Entscheidung über die Wirksamkeit einer Klagerücknahme keine unzulässige Einschränkung des Rechtsschutzes dar. Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) garantiert die Kontrolle durch ein unabhängiges Gericht, aber keinen Instanzenzug (vgl. BVerfGE 92, 365, 104, 220). Im Hinblick darauf, dass dem Gerichtsverfahren bereits eine Überprüfung im Rahmen eines Vorverfahrens vorangegangen ist und die Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde möglich ist, ist die Differenzierung nach der geringeren Bedeutung auch im Fall der Klagerücknahme wegen Art. 19 Abs. 4 GG nicht ausgeschlossen. Eine auf § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG gestützte Nichtzulassungsbeschwerde könnte mit einem Verstoß gegen die Amtsermittlungspflicht, unter Umständen mit Mängeln bei der Beweiswürdigung oder einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör in verschiedener Ausprägung begründet werden (vgl. Leitherer, a.a.O., § 144 Rdnr. 34 f.)
- 21
Die Berufung ist auch nicht deshalb statthaft, weil das Urteil des SG vom 16.07.2014 insoweit eine unzutreffende Rechtsmittelbelehrung enthält. Eine unrichtige Rechtsmittelbelehrung kann nicht zur Zulässigkeit eines Rechtsbehelfs führen, der nach der Rechtsordnung nicht vorgesehen ist. Eine Umdeutung in das statthafte Rechtsmittel der Nichtzulassungsbeschwerde kann nicht veranlasst werden (vgl. Sächsisches LSG, a.a.O. unter Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 20.05.2003 – B 1 KR 25/01 –, juris; Leitherer, a.a.O., § 144 Rdnr. 45).
- 23
Revisionszulassungsgründe gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Tenor
Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Ulm vom 3.2.2012 wird aufgehoben. Das Klageverfahren des Klägers S 13 KR 1110/11 ist fortzuführen.
Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
Tatbestand
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Entscheidungsgründe
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Gründe
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Tenor
1. Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Speyer vom 06.02.2012 wird aufgehoben.
2. Es wird festgestellt, dass das Verfahren S 14 AS 1884/11 vor dem Sozialgericht Speyer fortzuführen ist.
Tatbestand
- 1
Streitig ist, ob das Verfahren in der ersten Instanz durch Klagerücknahmefiktion nach § 102 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erledigt ist.
- 2
Mit Bescheid vom 03.11.2010 hob der Beklagte die Bewilligung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) vom 01.03.2009 bis 20.04.2009 teilweise in Höhe von 452,80 EUR auf und forderte diese von der Klägerin zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, sie habe während des genannten Zeitraums Einkommen aus einer Beschäftigung in einem Café erzielt und sei daher nicht in bisher festgestellter Höhe hilfebedürftig i. S. d. § 9 SGB II.
- 3
Der Beklagte stützte sich insoweit auf eine Meldebescheinigung zur Sozialversicherung vom 27.04.2009 des Arbeitgebers J K , wonach die Klägerin vom 11.03. bis 30.04.2009 bei ihm beschäftigt gewesen sei und dafür 699,00 EUR erhalten habe, sowie auf eine weitere Auskunft von diesem, nach der die Klägerin im Café V gearbeitet und dafür im März 300,00 EUR und im April 399,00 EUR bekommen habe.
- 4
Die Klägerin erhob dagegen Widerspruch. Bei einer persönlichen Vorsprache am 08.11.2010 gab sie gegenüber dem Beklagten an, sie habe nur im März 2009 in dem Café gearbeitet; im April nicht mehr. Im März habe sie ca 200,00 EUR bekommen, die ihr bar abends nach der Schicht ausgezahlt worden seien. Ab dem 20.04.2009 habe sie in Vollzeit eine Meisterschule besucht und in dem Café nicht mehr arbeiten können.
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Der Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid vom 11.11.2010 mit der Begründung zurückgewiesen, die Beschäftigung der Klägerin sei durch einen Datenabgleich mit dem Rentenversicherungsträger bekannt geworden. Der Beklagte habe das von der Firma gemeldete Arbeitsentgelt zugrunde gelegt.
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Am 27.12.2010 hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht Speyer erhoben und nochmals darauf hingewiesen, dass sie im April 2009 nicht mehr gearbeitet habe. Durch gerichtliches Schreiben vom 22.02.2011 ist die Klägerin aufgefordert worden, bis zum 30.03.2011 zu belegen, dass sie im Monat April 2010 kein Arbeitsentgelt bezogen habe. Mit Schreiben vom 13.04.2011 ist sie nochmals daran erinnert worden. Mit Schreiben vom 17.05.2011 hat die Vorsitzende der 14. Kammer des Sozialgerichts Speyer letztmals aufgefordert, auf das Schreiben zu antworten. Die Klage gelte gemäß § 102 Abs. 2 SGG als zurückgenommen, wenn das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als 3 Monate nicht betrieben werde. Dieses Schreiben ist der Klägerin am 19.05.2011 zugestellt worden.
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Am 01.09.2011 hat die Vorsitzende eine Verfügung unterzeichnet, dass der Rechtsstreit durch Rücknahme am 22.08.2011 erledigt sei. Mit gerichtlichem Schreiben vom 01.09.2011 sind die Beteiligten darauf hingewiesen worden.
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Am 28.09.2011 hat die Klägerin gegen den "Beschluss des Sozialgerichts Speyer vom 01.09.2011" Beschwerde eingelegt. Zur Begründung ist vorgetragen worden, die Klagerücknahmefiktion könne nicht greifen, nachdem die Auflage des Gerichtes, den Kontoauszug für April vorzulegen, am 17.03.2011 erfüllt worden sei. Der erkennende Senat des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz hat die Beschwerde durch Beschluss vom 10.11.2011 wegen Fehlens einer beschwerdefähigen Entscheidung des Sozialgerichts als unzulässig verworfen.
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Mit Schreiben vom 21.12.2011 hat die Klägerin beim Sozialgericht Speyer den Antrag gestellt, das Verfahren fortzuführen.
- 10
Nach Anhörung zur geplanten Entscheidung durch Gerichtsbescheid hat das Sozialgericht Speyer durch Gerichtsbescheid am 06.02.2012 festgestellt, dass die Klage zurückgenommen worden ist. Die am 27.12.2010 erhobene Klage habe sich durch die Klagerücknahmefiktion des § 102 Abs. 2 SGG erledigt. Danach gelte die Klage als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als 3 Monate nicht betreibe. Ein Nichtbetreiben liege vor, wenn sich der Kläger auf die Aufforderung innerhalb von 3 Monaten nicht oder nur unzureichend geäußert habe. Vorliegend sei die Klägerin aufgefordert gewesen zu belegen, dass sie im April 2010 kein Arbeitsentgelt bezogen habe. Entgegen der Behauptung des Prozessbevollmächtigten sei der Kontoauszug für April 2010 nicht eingegangen. Das Hinweisschreiben gemäß § 102 Abs. 2 SGG sei dem Prozessbevollmächtigten am 19.05.2011 zugestellt worden, sodass die Klagerücknahmefiktion mit Ablauf des 19.08.2011 eingetreten sei.
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Gegen den ihr am 14.02.2012 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 10.03.2012 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, das Verfahren hätte fortgeführt werden müssen.
- 12
Mit Schreiben vom 01.06.2012 ist der Prozessbevollmächtigte darauf hingewiesen worden, dass Zweifel an der Zulässigkeit der Berufung bestünden, da es in der Sache um einen Verwaltungsakt gehe, durch den Leistungen in Höhe von 452,80 EUR aufgehoben wurden. Es ist Gelegenheit gegeben worden, bis zum 01.07.2012 dazu Stellung zu nehmen sowie die Tatsache zu belegen, dass der erbetene Kontoauszug dem Sozialgericht vorgelegt worden sei. Am 06.06.2012 ist unter Bezugnahme auf den Hinweis der Antrag gestellt worden, die Berufung zuzulassen. Die Nichtzulassungsbeschwerde wird unter dem Aktenzeichen L 3 AS 278/12 NZB geführt.
- 13
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
- 14
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Speyer vom 06.02.2012 aufzuheben und festzustellen, dass das Verfahren S 14 AS 1884/11 vor dem Sozialgericht Speyer fortzuführen ist.
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Der Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
- 17
Er hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
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Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten des Beklagten sowie der vorliegenden Prozessakte verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen ist.
Entscheidungsgründe
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Die Berufung der Klägerin ist zulässig und begründet.
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Die Regelung § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG steht der Zulässigkeit der Berufung nicht entgegen. Danach bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR nicht übersteigt. Hier betrifft die von der Klägerin im Verfahren vor dem Sozialgericht verfolgte Klage zwar einen auf eine Geldleistung gerichteten Verwaltungsakt im Sinne dieser Vorschrift, nämlich den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 03.11.2012. Streitgegenstand des vorliegenden Berufungsverfahrens ist aber nicht dieser Bescheid, sondern die Frage, ob das Sozialgericht zu Recht davon ausgegangen ist, dass die gegen diesen Bescheid erhobene Klage durch die Rücknahmefiktion nach § 102 SGG erledigt ist. Nur über diese Frage hat das Sozialgericht in dem angefochtenen Gerichtsbescheid entschieden.
- 21
In einem solchen Fall greift § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG nicht. Soweit das Bundessozialgericht (BSG) für den Fall der Untätigkeitsklage entschieden hat, dass auch diese im Sinne von § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG auf den Erlass eines Verwaltungsaktes gerichtet ist (Beschluss vom 06.10.2011, B 9 SB 45/11 B, in juris), lassen sich diese Ausführungen nicht auf den vorliegenden Fall übertragen. Das BSG hat insoweit auf den Sinn und Zweck der Regelung verwiesen, wonach die Berufungsgerichte von vermögensrechtlichen Streitsachen von geringem Wert (sogenannten Bagatellfällen) entlastet werden sollen. Die gewählte Klageart sei für die Anwendung der Vorschrift bedeutungslos, entscheidend sei, dass die Berufung einen Rechtsstreit von geringem Wert betreffe.
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Im vorliegenden Berufungsverfahren wird aber gerade nicht über einen vermögensrechtlichen Streit entschieden, sondern über die Vorfrage, ob das diesbezüglich angestrengte Klageverfahren durch Rücknahme erledigt ist. In dem anhängigen Verfahren stehen also Verfahrensrechte im Streit, die eine Entscheidung über den eigentlichen Streitgegenstand erst eröffnen. Da damit der Schutzbereich des Grundrechtes auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes nach Artikel 19 Abs. 4 des Grundgesetzes berührt ist, ist eine Ausweitung des Anwendungsbereichs des § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG über seinen Wortlaut hinaus auf Fälle der vorliegenden Art nicht gerechtfertigt. Dass eine Entscheidung über den eigentlichen Streitgegenstand, also über die Rechtmäßigkeit des Aufhebungs- und Erstattungsbescheides selbst, nicht mit der Berufung anfechtbar wäre, stellt im Hinblick auf die Bedeutung des Rechtes auf Gewährung gerichtliche Rechtsschutzes keinen Widerspruch dazu dar.
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Die Berufung ist auch begründet. Die Klage gilt nicht gemäß § 102 Abs. 2 SGG als zurückgenommen. Deshalb ist das Klageverfahren noch anhängig und daher vom Sozialgericht Speyer fortzuführen. Das Sozialgericht wird in diesem Verfahren auch zu prüfen haben, ob die Klage zulässig, insbesondere fristgemäß erhoben ist.
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Nach § 102 Abs. 2 SGG gilt die Klage als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als 3 Monate nicht betreibt; in der Aufforderung ist der Kläger auf die sich ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Unter Beachtung der Rechtsprechung zur entsprechenden Regelung in § 92 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) bzw. § 81 Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) kommt eine Rücknahmefiktion nur in eng begrenzten Ausnahmefällen in Betracht, in denen sachlich begründete Anhaltspunkte für einen Wegfall des Rechtsschutzinteresses als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal des Klägers vorliegen (vgl. Bundesverfassungsgericht, Kammerbeschluss vom 19.05.1993, 2 BvR 1972/92 in NVwZ 94, 62).
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Zur Form der Betreibensaufforderung gilt nach der Rechtsprechung des BSG Folgendes: Wenn sie Wirkungen für die Beteiligten erzeugen soll, muss sie vom zuständigen Richter verfügt und mit vollem Namen unterzeichnet werden. Ein den Namen abkürzendes Handzeichen (Paraphe) genügt als Unterschrift nicht. Dies folgt schon aus den einschneidenden Rechtsfolgen einer (erfolglosen) Betreibensaufforderung. Erst die Beifügung der vollen Unterschrift des Richters macht deutlich, dass es sich bei dem unterzeichneten Text nicht lediglich um einen Entwurf handelt und dass der Unterzeichnende nicht von einer Routine-Verfügung ausgeht; hierüber muss aber bei einer Betreibensaufforderung auch für die Betroffenen Gewissheit bestehen. Deshalb muss sie nicht nur vom zuständigen Richter verfügt und unterschrieben sein, sondern auch die gemäß § 63 Abs 1 Satz 1 SGG zuzustellende Ausfertigung/beglaubigte Abschrift muss diesen Umstand erkennen lassen, dh durch Wiedergabe des vollen Namens des Richters ausweisen, dass die Betreibensaufforderung von ihm stammt (Urteil vom 01.07.2010, B 13 R 58/09 R). Ob diese Voraussetzungen hier erfüllt sind, ist den Akten nicht mit hinreichender Sicherheit zu entnehmen. Das Schreiben vom 22.02.2011, durch das die Klägerin aufgefordert worden ist zu belegen, dass sie kein Arbeitentgelt bezogen hat, ist in dem in der Akte befindlichen Original lediglich mit einer Namensparaphe und nicht mit einer vollen Unterschrift versehen. Das erste Erinnerungsschreiben vom 13.04.2011 ist nicht von der Vorsitzenden, sondern mit dem Vermerk "Auf Anordnung" von einer Justizbeschäftigten unterschrieben. Das Schreiben vom 17.05.2011, in dem die Klägerin erstmals auf die Folgen des Nichtbefolgens dieser Aufforderung hingewiesen worden ist, weist in der Gerichtsakte wiederum nur eine Paraphe der Vorsitzenden auf.
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Nähere Ermittlungen dazu, ob das versandte Schreiben die Originalunterschrift enthält, sind aber nicht erforderlich. Abgesehen von diesen formellen Voraussetzungen ist die Aufforderung auch ihrem Inhalt nach nicht geeignet, die Folgen des § 102 Abs. 2 SGG auszulösen.
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Die Betreibensaufforderung nach § 102 Abs. 2 Satz 1 SGG muss klar und konkret sein und dem Kläger deutlich machen, was von ihm erwartet wird. Daran fehlt es hier. Die Klägerin ist aufgefordert worden zu belegen, dass sie im Monat April 2010 kein Arbeitsentgelt erhalten hat. Unabhängig davon, dass hier wohl der April 2009 gemeint war, ist diese Aufforderung schon deshalb unklar, weil die Klägerin zum Beleg einer negativen Tatsache aufgefordert worden ist, ohne dass näher angeführt wird, welche Beweismittel das Gericht als ausreichend ansehen würde. Die Klägerin konnte der Aufforderung damit gerade nicht entnehmen, was genau von ihr verlangt wird. Sie hatte im Widerspruchsverfahren bereits vorgetragen, dass sie nur im März gearbeitet hat und dafür in bar entlohnt worden ist. Wie sie bei dieser Sachlage belegen sollte, im April nichts erhalten zu haben, erschließt sich nicht unmittelbar. Dass die Klägerin der Aufforderung nicht nachgekommen ist, lässt von daher keine Zweifel am Rechtsschutzinteresse aufkommen, was aber Voraussetzung für den Eintritt der Rücknahmefiktion ist.
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Insoweit ist auch in den Blick zu nehmen, dass im sozialgerichtlichen Verfahren der Grundsatz der Amtsermittlung nach § 103 SGG gilt. Die Klägerin hatte, wie oben dargelegt, bereits im Widerspruchsverfahren nähere Ausführungen zu ihrer Behauptung gemacht, im April 2009 kein Einkommen mehr gehabt zu haben. Dem sich daraus ergebenden Widerspruch zu den Angaben des Arbeitsgebers hätte das Sozialgericht näher nachgehen können, zB. durch Einholung einer weiteren Auskunft beim Arbeitgeber oder auch durch konkrete Fragen bei der Klägerin. Dass diese auf die unbestimmte und pauschale Aufforderung, die nicht erfolgte Zahlung zu belegen, nicht reagiert hat, lässt bei dieser Sachlage jedenfalls nicht darauf schließen, dass sie an der Durchführung des Verfahrens kein Interesse mehr hatte. Die Aufforderung war damit auch nicht geeignet, die Folgen des § 102 Abs.2 SGG auszulösen.
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Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe nach § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes
- 1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder - 2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.
Tenor
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Auf die Beschwerde der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 11. April 2011 abgeändert.
-
Die Berufung des Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hildesheim vom 13. Dezember 2010 wird als unzulässig verworfen.
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Der Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten für das Berufungs- und das Beschwerdeverfahren zu erstatten.
Gründe
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I. Die Beteiligten streiten in der Hauptsache über die Zulässigkeit einer Untätigkeitsklage.
- 2
-
Nachdem das Sozialgericht Hildesheim (SG) mit Beschluss vom 19.6.2009 die Erinnerung gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss zurückgewiesen hatte, beantragten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 1.7.2009 beim beklagten Land, die Gebühren für ihre Tätigkeit im Erinnerungsverfahren auf 124,95 Euro festzusetzen. Dieses teilte daraufhin mit Schreiben vom 4.8.2009 den Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit, dass es nicht bereit sei, Gebühren für das Erinnerungsverfahren zu erstatten. Das SG habe mit Beschluss vom 19.6.2009 entschieden, dass im Erinnerungsverfahren keine Kostenentscheidung ergehe und insofern auch kein Kostenerstattungsanspruch bestehe. Hiergegen legten die Prozessbevollmächtigten am 13.8.2009 Widerspruch ein.
- 3
-
Nachdem der Beklagte daraufhin mit Schreiben vom 19.8.2009 und 3.12.2009 die Auffassung geäußert hatte, bei dem Schreiben vom 4.8.2009 habe es sich nicht um einen Bescheid, sondern nur um eine Mitteilung gehandelt, sodass der Erlass eines Widerspruchsbescheids nicht in Betracht komme, erhoben die Prozessbevollmächtigten am 11.12.2009 (Untätigkeits-)Klage zum SG mit dem Ziel, den Beklagten zur Bescheidung des Widerspruchs zu verpflichten. Das SG hat mit Gerichtsbescheid vom 13.12.2010 der Klage stattgegeben und den Beklagten verpflichtet, den Widerspruch zu bescheiden. Auf die Berufung des Beklagten hat das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (LSG) mit Urteil vom 11.4.2011 die erstinstanzliche Entscheidung aufgehoben und die (Untätigkeits-)Klage abgewiesen, weil diese unzulässig sei.
- 4
-
Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat die Klägerin Beschwerde beim Bundessozialgericht (BSG) eingelegt, die sie mit grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG),dem Vorliegen einer Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG)sowie eines Verfahrensmangels (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG)begründet. Das LSG hätte im Hinblick auf den Gegenstandswert des Verfahrens die Berufung des beklagten Landes als unzulässig verwerfen müssen.
- 5
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II. Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Das angefochtene Urteil des LSG ist unter Verstoß gegen Verfahrensrecht ergangen. Das LSG hätte die Berufung als unzulässig verwerfen müssen. Der von der Klägerin schlüssig gerügte Verfahrensmangel führt entsprechend § 160a Abs 5 iVm § 160 Abs 2 Nr 3 SGG zur Abänderung des Urteils des LSG und zur Verwerfung der Berufung des Beklagten.
- 6
-
Die Klägerin hat den als Zulassungsgrund geltend gemachten Verfahrensmangel (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG)formgerecht (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG)gerügt. Mit ihrer Rüge, das LSG hätte im Hinblick auf den Gegenstandswert des Verfahrens die Berufung des Beklagten als unzulässig verwerfen müssen, macht die Klägerin sinngemäß geltend, dass statt der Entscheidung in der Sache ein Prozessurteil hätte ergehen müssen. Damit hat sie einen Verfahrensmangel bezeichnet (vgl BSGE 34, 236, 237 = SozR Nr 57 zu § 51 SGG; BSG SozR 4-3250 § 69 Nr 6 RdNr 16; BSG SozR 4-1750 § 174 Nr 1 RdNr 4).
- 7
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Der geltend gemachte Verfahrensmangel liegt auch vor, denn das LSG hat zu Unrecht in der Sache entschieden. Die Berufung des Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des SG vom 13.12.2010 war nicht zulässig, sie hätte gemäß § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG der Zulassung bedurft.
- 8
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Nach § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG(in der hier anwendbaren Fassung des Art 1 Nr 24 Gesetz zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes
vom 26.3.2008 - BGBl I 444) bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des SG oder auf Beschwerde durch Beschluss des LSG, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro nicht übersteigt.
- 9
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Verschiedene Senate der Landessozialgerichte (vgl etwa LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 8.11.2007 - L 15 B 174/07 SO NZB - RdNr 2; LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 15.9.2009 - L 5 AS 925/09 NZB - RdNr 8; LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 22.9.2010 - L 10 AS 886/10 - RdNr 23, 27; LSG Baden-Württemberg Urteil vom 18.11.2010 - L 7 SO 2708/10 - RdNr 15) sind zwar der Auffassung, dass die Wertgrenze des § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG nicht für Untätigkeitsklagen gelte, weil mit diesen nur der Erlass eines beantragten, aber bisher nicht ergangenen Verwaltungsakts oder die Bescheidung eines Widerspruchs begehrt werden könne; eine Untätigkeitsklage sei demnach nicht auf eine Geld- oder Sachleistung gerichtet. Diese Auffassung übersieht jedoch, dass der Wortlaut des § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG zwei Alternativen enthält, zum einen Klagen, "die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung" betreffen (1. Alt), zum anderen Klagen, die "einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt" betreffen (2. Alt).
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Von der Berufungsbeschränkung des § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 2. Alt SGG werden auch Untätigkeitsklagen erfasst, denn diese sind entweder auf die Vornahme eines beantragten, aber ohne zureichenden Grund innerhalb von sechs Monaten nicht erlassenen Verwaltungsakts gerichtet (§ 88 Abs 1 SGG), oder sie haben den Erlass eines Widerspruchsbescheides zum Gegenstand, wenn ohne zureichenden Grund innerhalb von drei Monaten über einen Widerspruch nicht entschieden worden ist (§ 88 Abs 2 SGG). Betreffen die zu erlassenden Verwaltungsakte Geld-, Dienst- oder Sachleistungen, die einen Wert von 750 Euro nicht übersteigen, unterliegt auch die Untätigkeitsklage der Berufungsbeschränkung.
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Diese sich aus dem Wortlaut des § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 2. Alt SGG ergebende Auslegung wird auch vom Sinn und Zweck der durch das Gesetz zur Entlastung der Rechtspflege vom 11.1.1993 (BGBl I 50) eingeführten Regelung gestützt. Danach sollen die Berufungsgerichte von vermögensrechtlichen Streitsachen von geringem Wert (sog Bagatellfälle) entlastet werden (vgl BT-Drucks 12/1217, S 52, 71; BT-Drucks 16/7716, S 21; BSG SozR 3-1500 § 144 Nr 16 S 45; BSG SozR 3-2500 § 81 Nr 8 S 40). Die gewählte Klageart ist mithin für die Anwendung des § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG bedeutungslos(so bereits Kummer, NZS 1993, 285, 288; vgl auch Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 144 RdNr 8). Entscheidend ist, dass die Berufung einen Rechtsstreit von geringem Wert betrifft. Demnach kann auch eine Untätigkeitsklage der Berufungsbeschränkung des § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG unterliegen, etwa wenn die Untätigkeit der Verwaltung darin besteht, dass sie über einen geltend gemachten Leistungsanspruch von geringem Wert nicht entscheidet oder einen Widerspruch, der einen sog Bagatellfall betrifft, nicht bescheidet(im Ergebnis ebenso LSG Niedersachsen-Bremen Beschluss vom 5.9.2008 - L 1 KR 13/08 NZB - RdNr 11; LSG Baden-Württemberg Urteil vom 29.4.2010 - L 12 AL 5449/09 - Breith 2010, 877, 879 = NZS 2011, 77, 78). So liegt der Fall hier.
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Die Klägerin hat, nachdem der Beklagte mit Schreiben vom 4.8.2009 mitgeteilt hatte, es bestehe kein Kostenerstattungsanspruch (in Höhe der von den Prozessbevollmächtigten der Klägerin geltend gemachten 124,95 Euro), Widerspruch eingelegt und, nachdem dieser nach Ablauf von drei Monaten nicht beschieden worden war, Untätigkeitsklage nach § 88 Abs 2 SGG erhoben. Die Berufung des Beklagten gegen den der Untätigkeitsklage stattgebenden Gerichtsbescheid hätte mithin im Hinblick auf den Rechtsmittelstreitwert von 124,95 Euro nach § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG der Zulassung im Gerichtsbescheid des SG oder auf Beschwerde durch Beschluss des LSG bedurft. Eine solche Zulassung liegt nicht vor. Eine Entscheidung über die Zulassung ist weder dem Tenor noch den Entscheidungsgründen des erstinstanzlichen Gerichtsbescheides zu entnehmen. Das SG hat dem Gerichtsbescheid lediglich die bei zulässiger Berufung übliche Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt. Diese genügt jedoch nicht den Anforderungen an eine positive Entscheidung über die Zulassung der Berufung (vgl etwa BSGE 5, 92, 95; BSG SozR 3-1500 § 158 Nr 1 S 5; BSG SozR 3-1500 § 158 Nr 3 S 13). Das LSG hätte deshalb die Berufung des Beklagten nach § 158 SGG als unzulässig verwerfen müssen. Zugleich hätte es diesen darauf hinweisen können, dass innerhalb der noch offenen Jahresfrist des § 66 Abs 2 SGG eine Nichtzulassungsbeschwerde(§ 145 SGG) eingelegt werden kann.
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Nach § 160a Abs 5 SGG kann das BSG in dem Beschluss über die Nichtzulassungsbeschwerde das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen, wenn - wie hier - die Voraussetzungen des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG vorliegen. Der Senat macht im Hinblick auf die Umstände des vorliegenden Falles von dieser Möglichkeit insoweit Gebrauch, als er das in der Sache entscheidende Urteil des LSG abändert. Von einer Zurückverweisung sieht er deshalb ab, weil das LSG - wie ausgeführt - die Berufung nur als unzulässig verwerfen könnte. Unter diesen Umständen kann der Senat die gebotene Entscheidung auch selbst treffen (zum ausnahmsweise zulässigen Durchentscheiden bei unzulässiger Klage: BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 6 RdNr 22 f; BSG Beschluss vom 30.11.2006 - B 9a VJ 7/05 B - RdNr 18).
Rechtsmittel sind insoweit zulässig, als sie gegen die Entscheidungen der mit den Klagen befassten Gerichte überhaupt stattfinden.
(1) Der Kläger kann die Klage bis zur Rechtskraft des Urteils zurücknehmen. Die Klagerücknahme erledigt den Rechtsstreit in der Hauptsache.
(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als drei Monate nicht betreibt. Absatz 1 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und gegebenenfalls aus § 197a Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 155 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen.
(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren auf Antrag durch Beschluss ein und entscheidet über Kosten, soweit diese entstanden sind. Der Beschluss ist unanfechtbar.
(1) Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Die Vorschriften über Urteile gelten entsprechend.
(2) Die Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids das Rechtsmittel einlegen, das zulässig wäre, wenn das Gericht durch Urteil entschieden hätte. Ist die Berufung nicht gegeben, kann mündliche Verhandlung beantragt werden. Wird sowohl ein Rechtsmittel eingelegt als auch mündliche Verhandlung beantragt, findet mündliche Verhandlung statt.
(3) Der Gerichtsbescheid wirkt als Urteil; wird rechtzeitig mündliche Verhandlung beantragt, gilt er als nicht ergangen.
(4) Wird mündliche Verhandlung beantragt, kann das Gericht in dem Urteil von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Gerichtsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.
(1) Die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf beginnt nur dann zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsstelle oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist.
(2) Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Rechtsbehelfs nur innerhalb eines Jahres seit Zustellung, Eröffnung oder Verkündung zulässig, außer wenn die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder eine schriftliche oder elektronische Belehrung dahin erfolgt ist, daß ein Rechtsbehelf nicht gegeben sei. § 67 Abs. 2 gilt für den Fall höherer Gewalt entsprechend.
(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.
(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.
(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.
(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.