Landgericht Landau in der Pfalz Urteil, 26. Mai 2011 - 2 O 117/10
Gericht
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, bei der Beförderung der Schülerinnen und Schüler zum Sankt-Paulus-Stift, Queicheimer Hauptstr. 237a, 76829 Landau bis zum Ablauf des 31.7.2013 Fahrzeuge einzusetzen, die ausschließlich mit Schlag- oder Schwingtüren, mit einem Hochdach, mit einem Fahrtenschreiber und - soweit Schülerinnen und Schüler mit einem Rollstuhl befördert werden - mit einer Hebebühne mit hydraulischem Schwenklift ausgestattet sind.
2. Die Widerklage wird abgewiesen.
3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
4. Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 450.000,00 € vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
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Die Parteien streiten um die Erfüllung eines Auftrages zur Beförderung von Behinderten zu einer Schule.
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Die Klägerin ist zuständig für die Beförderung von Schülern zur Förderschule mit Schwerpunkt motorische Entwicklung St.-Paulus-Stift in Landau (zukünftig: Schule).
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Sie schrieb im Jahr 2009 unter der Vergabe Nummer 02-2009 VOL öffentlich die Schülerbeförderung für die Schule aus. Gegenstand der Ausschreibung war unter anderem ein Mustervertrag. Dort ist unter 5. die technische Beschaffenheit der für die Schülerbeförderung einzusetzenden Fahrzeuge geregelt. Im einzelnen finden sich dort folgende Regelungen:
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5.1: bei der Einplanung der einzusetzenden Fahrzeuge ist zu berücksichtigen, dass beeinträchtigte Kinder und Jugendliche nur bedingt selbstständig in das Fahrzeug ein- und aussteigen können. Aus diesem Grund scheidet der Einsatz von Kraftomnibussen mit mehr als 14 Sitzen aus.
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5.8: die Fahrzeuge müssen mit Schlag- oder Schwingtüren (keine Schiebetüren), Hochdach und Fahrtenschreiber ausgestattet sein.
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5.14: Schülerinnen und Schüler mit Rollstuhl sind bei den planmäßigen Fahrstrecken mittels Hebebühne mit hydraulischem Schwenklift in das dafür vorgesehene Fahrzeug zu bringen.
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Der Vertrag sollte zum 1. August 2009 beginnen. Hinsichtlich der näheren Einzelheiten der Ausschreibung kann auf die zur Akte gereichten Unterlagen (Anlage K1) verwiesen werden.
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Am 31. März 2009 richtete die Beklagte ein Schreiben an die Klägerin, worin sie unter anderem ihre Fahrzeugpalette vorstellte ("VW Touran und Passat über VW-Busse bis zu speziellen Behindertenfahrzeugen"). Auf die Ausschreibung hin hatte die Beklagte am 15. April 2009 ein Angebot eingereicht. Dieses endete mit einem Betrag von 1,791 Millionen € (brutto für netto). Eine weitere Einschränkung im Hinblick auf die zum Einsatz kommenden Fahrzeuge enthält dieses Angebot nicht. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten kann auf die zur Akte gereichte Fotokopie des Angebots (Anlage K 2) verwiesen werden. Auf Anfrage der Klägerin vom 20. April 2009 erwiderte die Beklagte im Schreiben vom 25. April 2009: "die Ausstattung der Fahrzeuge entspricht immer den Bedürfnissen der jeweiligen Fahrgäste... Im Falle der Auftragserteilung würde das vorhandene Potenzial an Fahrzeugen durch Neuanschaffungen aufgestockt werden..."
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Vor Erteilung des Zuschlags musste ein Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer Rheinland-Pfalz sowie dem OLG Koblenz durchgeführt werden.
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Während des Vergabeverfahrens erklärte die Klägerin in einem Schreiben vom 30. Juni 2009, dass sie auf dem Einsatz von Hub-Schwenkliften in den Fahrzeugen bei Ausführung des Hauptauftrages bestehen würde. Um den Schülertransport auch während des noch nicht abgeschlossenen Vergabeverfahrens sicherzustellen, schrieb die Klägerin im Sommer 2009 für den Zeitraum bis zur Erteilung des Zuschlags die Beförderung der Schüler erneut aus. Sie verwendete dabei ein Leistungsverzeichnis, in dem darauf hingewiesen wird, dass für den Einsatz der Fahrzeuge "anders als beim Hauptauftrag" auch Fahrzeuge mit anderen Liften zum Einsatz kommen können. Nachdem die Beklagte hierauf am 22. Juli 2009 ein Angebot abgab, wurde ihr auch für den Zwischen-Auftrag der Zuschlag erteilt. Es kamen dabei Fahrzeuge zum Einsatz, die Schiebetüren vorsahen. Darüber hinaus waren die Fahrzeuge mit so genannten Linearliften (Einstieg von der Straße) ausgestattet.
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Der beschwerdeführende Mitbieter ist in dem Nachprüfungsverfahren unterlegen. Das Verfahren vor dem Oberlandesgericht Koblenz über die Nachprüfung der Vergabe war durch eine Entscheidung am 28. Oktober 2009 abgeschlossen. An diesem Tag erteilte die Klägerin der Beklagten den Zuschlag auf deren Angebot vom 15. April 2008.
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Auch nach Erteilung des Zuschlags setzte die Beklagte für den Schülertransport Fahrzeuge ein, die weder über ein Hochdach, einen Fahrtenschreiber, eine Hebebühne mit hydraulischem Schwenklift noch Schwing-/Schlagtüren verfügen.
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Mit Schreiben vom 11.12.2009 wurde die Beklagte aufgefordert, die Verpflichtungen aus dem öffentlich ausgeschriebenen Auftrag zu erfüllen. Ihr wurde letztmals am 15. Januar 2010 eine Frist gewährt, ihre Erfüllungsbereitschaft bis zum 31. Januar 2010 zu erklären.
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Die Klägerin trägt vor:
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Der Beklagten sei es durchaus möglich, entweder durch Anschaffung entsprechender Neufahrzeuge oder durch Umrüstung vorhandener Fahrzeuge, die Anforderungen aus der Ausschreibung zu erfüllen. Dies zeige sich auch daran, dass an einer anderen Schule die Beförderung behinderter Kinder durch einen Mitbieter des Vergabeverfahrens durchgeführt werde, der Fahrzeuge einsetze, die die technischen Anforderungen der Ausschreibung erfüllen würden.
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Sie könne und wolle eine Veränderung der vertraglichen Ausschreibungsbedingungen nicht hinnehmen. Die Veränderung des Vertrages sei vergaberechtswidrig. Der während des laufenden Vergabeverfahrens an die Beklagte zusätzlich vergebene Zwischen-Auftrag sei für die Verpflichtungen aus dem öffentlich ausgeschriebenen und letzten Endes vergebenen Auftrag nicht erheblich.
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Der Einsatz von Linearliften sei für die betroffenen Schüler gefährlicher und unbequemer und bringe keinen technischen Vorteil.
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Eine Genehmigung im Hinblick auf die nicht vorhandenen Fahrtenschreiber habe die Klägerin nicht erteilt.
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Es sei nicht ihre Aufgabe, sich darüber Gedanken zu machen, wie die vertraglich vereinbarten Verpflichtungen zu erfüllen seien. Allerdings sei es durchaus technisch machbar, Fahrzeuge mit breiteren Schwingtüren als 60 cm zu beschaffen. Auf die Frage, ob die Beklagte in der Lage sei ihre bestehenden Fahrzeuge umzurüsten, komme es nicht an. Im übrigen sei der Einsatz von Fahrzeugen mit einer Türbreite von 60 cm im Hinblick auf die zu befördernden Schülerinnen und Schülern mit Behinderungen unzureichend.
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Die Klägerin beantragt:
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Die Beklagte wird verurteilt, bei der Beförderung der Schülerinnen und Schüler zum Sankt-Paulus-Stift, Queichheimer Hauptstr. 237a, 76829 Landau bis zum Ablauf des 31.7.2013 Fahrzeuge einzusetzen, die - unbeschadet der sonstigen Verpflichtungen der Beklagten aus dem Schülerbeförderungsvertrag der Parteien vom 15.4./28.10.2009 - jedenfalls folgende Eigenschaften besitzt:
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- die Fahrzeuge dürfen ausschließlich mit Schlag- oder Schwingtüren und nicht auch mit Schiebetüren ausgestattet sein.
- Die Fahrzeuge müssen mit einem Hochdach ausgestattet sein.
- Die Fahrzeuge müssen mit einem Fahrtenschreiber ausgestattet sein.
- Die Fahrzeuge müssen mit einer Hebebühne mit hydraulischem Schwenklift ausgestattet sein, mit welchem Schülerinnen und Schüler im Rollstuhl in das Fahrzeug befördert werden können.
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Die Beklagte beantragt:
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Die Klage wird abgewiesen.
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Sie trägt vor:
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Gegenstand ihres Angebots sei die Beförderung der Schüler mit Fahrzeugen gewesen, die lediglich bis zu acht Sitze plus Fahrersitz aufweisen würden. Diese Liste habe sie der Klägerin vorgelegt (Anlage B 2) und diese sei Bestandteil ihres Angebots gewesen.
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Sie habe sich mit der Klägerin für die Zeit, in der das Vergabeverfahren noch gelaufen sei, im Wege des Zwischen-Auftrages dahin gehend verständigt, dass die Schülertransporte ohne Beachtung der technischen Ausstattungsmerkmale der Fahrzeuge aus dem Mustervertrag durchgeführt werden. Dies habe nunmehr auch für den Hauptauftrag zu gelten. Das Beharren der Klägerin auf der Erfüllung des Vertrages sei mit den Grundsätzen von Treu und Glauben nicht zu vereinbaren.
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Die eingesetzten Linearlifte seien in preislicher Hinsicht nicht günstiger. Mit ihrem Verlangen nach einer Umrüstung der Fahrzeuge mit Hub-Schwenkliften verlange die Klägerin von ihr einen Aufwand, der in keinem vernünftigen Verhältnis zu dem durch den Austausch erzielten Vorteil auf Seiten der Klägerin stehe. Sie würde bei einem Austausch der Lifte nochmals mit Kosten belastet, die sie bereits für den Einbau von Linearliften habe aufwenden müssen zuzüglich Umbaukosten. Auf Seiten der Klägerin entstünden durch den Austausch keine Vorteile. Beide technischen Varianten erfüllten uneingeschränkt und mindestens gleichwertig den Vertragszweck. Im übrigen habe sie die Fahrzeuge gerade deshalb mit Linearliften ausgestattet, um der Klägerin aus der Notsituation im Zuge der verspäteten Leistungserbringung aufgrund des Vergabeverfahrens herauszuhelfen. Dieser Zwischenauftrag habe das Schuldverhältnis der Parteien insgesamt geprägt.
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Die Klägerin habe ihr auf einen Antrag hin im Dezember 2009 die Genehmigung erteilt, Fahrtenschreiber in den Fahrzeugen nicht einsetzen zu müssen. Dies entspreche im übrigen auch der gesetzlichen Vorgabe, wonach Fahrzeuge von Hilfsorganisationen solche Fahrtenschreiber nicht einsetzen müssten.
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Den Einbau von Schwingtüren habe sie der Klägerin ausdrücklich in den Schreiben vom 9. Dezember 2009 und 25. Januar 2010 angeboten. Allerdings sei die Umrüstung der vorhandenen Fahrzeuge der Beklagten nur dahingehend möglich, dass eine Türbreite von 60 cm erreicht werden würde. Ein Zuschweißen der Schiebetüren - wie es die Klägerin ihr vorgeschlagen habe - sei mit § 25 Abs. 1 BO Kraft nicht zu vereinbaren. Die Beklagte hält in diesem Zusammenhang den Einbau einer Schwingtür mit einer Breite von bis zu 60 cm in jeder Hinsicht für vertragskonform. Soweit die Klägerin alternativ den Einsatz von Kraftomnibussen mit Schwingtüren vorgeschlagen habe, sei dies nicht mit der Ausschreibung zu vereinbaren, da Kraftomnibusse mit Schwingtüren erst mit einer Mindestsitzzahl von 17 Sitzen serienmäßig zu erwerben seien. Das Verhalten der Klägerin stelle sich insoweit als treuwidrig dar, als sie sich einer Mitwirkung in Form einer Abstimmung über den Inhalt der vertraglichen Leistungspflichten entziehen würde. Zwischen den Parteien sei offen, wie der Fahrzeugumbau im Hinblick auf den Austausch der Schiebetüren vorzunehmen sei. Die Klägerin verweigere sich der notwendigen Abstimmung. So fordere sie einerseits den Umbau der Fahrzeuge, andererseits lehne sie alle von ihr vorgeschlagenen, technisch allein realisierbaren Varianten ab. In wirtschaftlicher Hinsicht komme der Einsatz von Kraftomnibussen für die Beklagte nicht in Betracht. Diese seien in der Anschaffung, im Unterhalt und der Wartung deutlich teurer. Sie erforderten zudem den Einsatz von Fahrern, die über die Fahrerlaubnisklasse B verfügten.
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Schließlich könne die Klägerin auch derzeit keinen Umbau der Fahrzeuge mit Hochdächern veranlassen, weil dies technisch in Zusammenhang stehe mit der Lösung des Problems der Schwingtüren.
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Die Beklagte beantragt im Wege der hilfsweise erhobenen Widerklage:
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es wird festgestellt, dass die von der Beklagten für die Beförderung der Schülerinnen und Schüler zum St.Paulus-Stift in Landau einzusetzenden Fahrzeuge mit einer seitlichen Schlag- oder Schwingtür mit einer Breite von 60 cm ausgestattet sein dürfen.
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Die Klägerin beantragt:
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Die Widerklage wird abgewiesen.
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Hinsichtlich des weiteren Parteivorbringens kann auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen werden.
Entscheidungsgründe
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1. Die Klage ist zulässig und begründet. Die Beklagte ist gegenüber der Klägerin gemäß § 241 Abs. 1 ZPO in Verbindung mit Ziffer 5. des Vertrages über die Durchführung der Schülerbeförderung (Anlage K1) verpflichtet, zur Erfüllung Fahrzeuge einzusetzen, die mit Schlag/Schwingtüren, einem Hochdach, einem Fahrtenschreiber und einer Hebelbühne mit hydraulischem Hub-/Schwenklift ausgestattet sind.
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1.1. Es steht zwischen den Parteien außer Streit, dass auf der Grundlage einer öffentlichen Ausschreibung, dem Angebot der Beklagten vom 15. April 2009 und der Erteilung des Zuschlags durch die Klägerin am 28. Oktober 2009 ein Vertrag zwischen den Parteien unter Geltung der Ausschreibungsbedingungen (Anlage K 1 zur Klageschrift vom 1. April 2010), insbesondere des Mustervertrages, zustande gekommen ist. Der Umstand, dass der Zuschlag durch die Klägerin erst nach dem in den Ausschreibungsunterlagen vorgesehenen Vertragsbeginn erteilt worden ist, hindert die Wirksamkeit des Vertrages nicht (BGH, Urteil vom 11.5.2009, Aktenzeichen VII ZR 11/08, zitiert nach Juris). Weitere Gründe, die der Wirksamkeit des Vertrages entgegenstehen könnten, sind weder von der Beklagten behauptet noch ergeben sie sich aus dem Vortrag im Übrigen.
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Es kann in diesem Zusammenhang offenbleiben, ob es sich bei dem Vertrag über die regelmäßige Beförderung von Schülern um eine Rahmenvereinbarung mit Werkvertragscharakter handelt (vergleiche Palandt, vor § 631 BGB, Rn. 17a). Die dem Urteil zu Grunde liegenden Leistungspflichten ergeben sich unmittelbar aus dem zwischen den Parteien bestehenden Vertrag.
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1.2. Schwingtüren/Schlagtüren
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1.2.1. Die Beklagte ist aufgrund § 5.8 des Mustervertrages verpflichtet, bei der Beförderung der Schüler Fahrzeuge einzusetzen, die über Schlag- oder Schwingtüren verfügen. Hiergegen verstößt die Beklagte, soweit sie Fahrzeuge mit Schiebetüren einsetzt. Es kann der Klägerin kein Verstoß gegen eine Mitwirkungsverpflichtung angelastet werden.
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1.2.2. Nur im rechtlichen Ausgangspunkt ist die Auffassung der Beklagten zutreffend, dass es unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB sich als unzulässige Rechtsausübung darstellen kann, wenn der Gläubiger trotz erheblicher eigener Vertragsuntreue Ansprüche auf Leistung beziehungsweise wegen Nichterfüllung von Leistungspflichten geltend macht (Palandt-Grüneberg § 242 BGB, 47). Allerdings lässt sich vorliegend nicht feststellen, dass sich die Klägerin vertragswidrig verhalten hätte. Insbesondere geht die Kammer nicht davon aus, dass die Klägerin eine Mitwirkungspflicht im Zusammenhang mit der Umrüstung der vorhandenen Fahrzeuge der Beklagten von Schiebetüren auf Schlagtüren trifft. Die Auffassung der Beklagten, dass sich die Klägerin im Hinblick auf "einen Austausch der Schiebetüren" (an den bestehenden Fahrzeugen) verweigert habe und deshalb eine Mitwirkungspflicht verletzt habe, vermag die Kammer schon im Ansatz nicht zu teilen. Die Auffassung der Beklagten beruht auf einem rechtlichen Missverständnis der der Ausschreibung zu Grunde liegenden Verpflichtungen, insbesondere im Hinblick auf die zum Einsatz kommende Fahrzeugflotte. Die in der Ausschreibung geforderten Leistungspflichten sind eindeutig, so dass es aus Sicht eines objektiven Dritten für die leistungspflichtige Beklagte keinerlei Klarstellungsbedarf hat geben können. Sie schuldet Fahrzeuge mit Schlagtüren oder Schwingtüren für den seitlichen Einstieg, die keine Kraftomnibusse mit mehr als 14 Sitzplätzen sind. Schon gar nicht war es Sache der Klägerin, eine weitergehende "Konfiguration der Fahrzeuge" (Seite 7 der Klageerwiderung) vorzugeben. Weder ist nach dem Wortlaut des Mustervertrages der Einsatz von Kraftomnibussen im Sinne des § 30d Abs. 1 StVZO generell verboten noch ergibt sich aus den Ausschreibungsunterlagen, dass die Beklagte berechtigt wäre, die Beförderung der Schüler allein mit Fahrzeugen vom Typ Mercedes Sprinter, VW Transporter, VW Crafter, VW Caddy durchzuführen. Soweit die Beklagte meint, dass sich ihre Leistungsverpflichtung auf die zuletzt genannten Fahrzeugtypen beschränke, weil ihr Angebot sich allein auf Fahrzeuge dieses Typs bezogen habe, vermag dies die Kammer nicht zu überzeugen. Schon aus der von der Beklagten vorgelegten Anlage B 2 ergibt sich nicht mit der hinreichenden Deutlichkeit, dass die dort aufgeführten Fahrzeuge abschließend das Angebot der Beklagten vom 31. März 2009 definieren sollten. Dies folgt aus der Angabe des Angebots selbst, wonach im Falle des Gewinns der Ausschreibung die meisten Fahrzeuge neu angeschafft werden würden. Berücksichtigt man dabei noch, dass Erklärungen in einem öffentlichen Ausschreibungsverfahren im Zweifel vergaberechtskonform auszulegen sind (BGH NZBau 2009, 771 und NZBau 2011, 155f) und sich eine Beschränkung des Angebots der Beklagten auf Kleinbusse als unzulässige Beschränkung der Verdingungsunterlagen darstellen würde (vgl. hierzu OLG Düsseldorf NZBau 2007, 600ff), die gemäß den §§ 21, 25 VOL/A (in der Fassung vom 6.4.2006) zu einem Ausschluss des Angebots der Beklagten im Vergabeverfahren geführt hätte, kann den Erklärungen der Beklagten im Vergabeverfahren nicht die Bedeutung beigemessen werden, dass hierdurch, die eindeutigen Vorgaben in den Verdingungsunterlagen, die auch den Einsatz von Kraftomnibussen vorgesehen haben, geändert worden sind. Daher stellt sich nicht das Verhalten der Klägerin, vielmehr das Festhalten der Beklagten an den bisher eingesetzten Kleinbussen als vertragswidrig dar.
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1.2.3. Der Hinweis der Beklagten auf § 25 BO Kraft erweist sich schon vom rechtlichen Ansatz her als nicht zutreffend. Gemäß § 1 Abs. 2 BO Kraft findet diese Vorschrift bei Fahrzeugen, die für die Beförderung von Schülern oder Behinderten eingesetzt werden, keine Anwendung (§ 1 Abs. 4 d) und g) der Freistellungs-VO).
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1.2.4. Mit ihrem Begehren verlangt die Klägerin von der Beklagten auch nicht, was dieser - sei es unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB oder unter dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit gemäß § 635 BGB - unzumutbar wäre. Im Werkvertragsrecht ist von einer Unzumutbarkeit der Nacherfüllung für den Schuldner dann auszugehen, wenn die Kosten der Mangelbeseitigung bei Abwägung aller Umstände in keinem vernünftigen Verhältnis zu dem bei der Beseitigung des Mangels erzielbaren Erfolg stehen (BGHZ 59,367) dabei steht weniger die absolute Höhe der Kosten im Vordergrund, sondern vorrangig das Interesse des Auftraggebers an der durch die Beseitigung des fehlerhaften Zustandes erreichbaren Verbesserungen. Besteht ein erhebliches Leistungsinteresse des Bestellers, ist dieses insbesondere objektiv berechtigt, scheidet der Einwand des § 635 Abs. 3 BGB in der Regel aus (BGH NJW 2002, 661). Unter Berücksichtigung dieser Umstände kann vorliegend nicht von einer unzumutbaren Belastung der Beklagten bei Erbringung der Leistung ausgegangen werden. Der Umstand, dass möglicherweise handelsübliche Fahrzeuge zur Erfüllung der Vertragsbedingungen nicht verfügbar sind, sondern Umbaumaßnahmen, beispielsweise das Entfernen von Sitzen aus Kraftomnibussen erforderlich werden, erscheint im vorliegenden Fall der Beklagten durchaus zumutbar. Denn auch hinsichtlich der bei ihr vorhandenen Fahrzeugflotte räumt die Beklagte selbst ein, dass diese zur Erfüllung der vertraglichen Voraussetzungen ebenfalls umgebaut werden müssten (Blatt 3 der Klageerwiderung). Der Umstand, dass zur vertragskonformen Leistungserbringung möglicherweise die Neuanschaffung von Fahrzeugen erforderlich wird, ist der Beklagten bereits im Ausschreibungsverfahren - wie sie selbst in Anlage B2 vorträgt - bekannt gewesen, kommt daher für sie nicht überraschend und erscheint unter keinem Gesichtspunkt unzumutbar.
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Soweit die Beklagte weiter meint, dass der Klägerin kein objektiv berechtigtes Interesse an der Umrüstung der bestehenden Fahrzeuge zustehe, greift dies zu kurz. Dabei berücksichtigt die Beklagte nicht ausreichend, dass die Klägerin als öffentlicher Auftraggeber schon im Interesse eines funktionierenden Wettbewerbes darauf zu achten hat, dass die Vorgaben einer öffentlichen Ausschreibung eingehalten werden.
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1.3. Hochdach
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Die Beklagte zieht nicht in Zweifel, dass sie auf Grund von § 5.8 des Vertrages verpflichtet ist, zur Schülerbeförderung Fahrzeuge mit einem Hochdach einzusetzen. Sie ist in diesem Punkt gegenüber der Klägerin zur Leistung verpflichtet, ohne dass sie sich darauf berufen könnte, dass ihrer Leistung ein Leistungshindernis entgegenstünde. Der Einwand der Beklagten, dass sie einen solchen Umbau der vorhandenen Fahrzeuge zurückstellen müsse, bis über die Beschaffenheit der Türen Klarheit bestehe, erscheint nichtdurchgreifend. Auch in diesem Punkt geht die Beklagte in rechtlich fehlerhafter Würdigung der vertraglichen Vereinbarung davon aus, dass der Umbau der in ihrem Bestand vorhandenen Fahrzeugflotte zur Erfüllung des Vertrages erforderlich wäre. Tatsächlich ist die Beklagte möglicherweise sogar verpflichtet, zur Erfüllung des Vertrages mit der Klägerin neue, vertragskonforme Fahrzeuge anzuschaffen, wie sie dies im Übrigen selbst auf Anlage B 2 im Angebotsstadium des Vergabeverfahrens angekündigt hat (siehe hierzu 1.2.).
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1.4. Fahrtenschreiber
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Gemäß § 5.8 schuldet die Beklagte der Klägerin den Einsatz von Fahrzeugen mit Fahrtenschreibern. Ob hierfür eine gesetzliche Verpflichtung bei Hilfsorganisationen wie der Beklagten besteht, kann vorliegend dahinstehen, da die Parteien - möglicherweise über die gesetzlichen Verpflichtungen hinausgehend - sich hier zur Erfüllung im Sinne der Klägerin vertraglich verpflichtet haben.
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Soweit die Beklagte geltend gemacht hat, dass die Parteien einvernehmlich das Vertragsverhältnis dahin gehend abgeändert hätten, dass die Klägerin der Beklagten auf deren Antrag vom 9. Dezember 2009 ihm die Genehmigung erteilt habe, Fahrtenschreiber nicht verwenden zu müssen (Seite sieben der Klageerwiderung), hat die Beklagte diesen, von der Klägerin bestrittenen Vortrag nicht unter Beweis gestellt und bleibt in diesem Punkt daher beweisfällig. Es kann daher nicht festgestellt werden, dass die Parteien im Bezug auf diesen Punkt den Vertrag geändert hätten.
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1.5. Hub-/Schwenklift
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1.5.1. Schließlich ist die Beklagte auch verpflichtet, im Einsatz der Fahrzeuge für den Schülertransport dafür Sorge zu tragen, dass die eingesetzten Fahrzeuge mit einer Hebebühne mit hydraulischem Schwenklift ausgestattet sind. Eine solche Verpflichtung ergibt sich eindeutig aus § 5.14 des Mustervertrages. Eine Abänderung dieser Leistungsverpflichtung hat weder in der Zeit bis zum verspäteten Zuschlag stattgefunden, noch erweist sich das Begehren der Klägerin in diesem Punkt als für die Beklagte unzumutbar.
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1.5.2. Soweit die Beklagte meint, dass sie wegen des in der Zeit vom 1. August 2009 bis 28. Oktober 2009 durchgeführten Interims-Auftrag berechtigt sei, auch nach Ende dieses Auftrags, namentlich nach Erteilung des Zuschlags im Verfahren der öffentlichen Ausschreibung für den Hauptauftrag, die Fahrzeuge, die sie für den Interims-Auftrag angeschafft hat, einzusetzen, vermag dies die Kammer nicht zu überzeugen. Zutreffend weist die Klägerin in diesem Zusammenhang darauf hin, dass sie keinerlei Vertrauenstatbestand für die Beklagte dahingehend geschaffen hat, dass sie die während des Interims-Auftrages eingesetzten Fahrzeuge auch zur Erfüllung der Leistungspflichten aus dem Mustervertrag einsetzen dürfe. Keineswegs stellt sich in diesem Zusammenhang der Vortrag der Beklagten als richtig heraus, wonach diese der Klägerin aus einer Notsituation heraus geholfen haben will. Vielmehr ergibt sich, wie die Klägerin durch Vorlage der Ausschreibungsunterlagen hat nachvollziehbar belegen können, dass auch der Interimsauftrag im Wege einer öffentlichen Ausschreibung vergeben worden ist. Bei dieser öffentlichen Ausschreibung hat die Klägerin gegenüber allen Bietern hinreichend deutlich gemacht, dass sie zwar für die Interims-Phase bereit wäre, auch andere Lifte hinzunehmen, dass sich aber damit an der Verpflichtung aus dem Hauptauftrag gemäß Mustervertrag nichts ändert (vergleiche Blatt 103 der Akte). Ein schutzwürdiges Vertrauen der Beklagten ist auch durch die verzögerte Vergabe damit nicht geschaffen worden.
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1.5.3. Schließlich erscheint auch in diesem Punkt die Leistungserbringung der Beklagten keineswegs unzumutbar. Soweit die Beklagte geltend macht, dass die von ihr eingesetzten Lift-Systeme moderner seien und auch die einschlägigen Normen erfüllten, lässt sich hieraus eine Unzumutbarkeit nicht herleiten. Denn auch in diesem Zusammenhang überragt das Leistungsinteresse der Klägerin bei weitem das Interesse der Beklagten an der Fortführung der vertragswidrigen Leistung. Zur Vermeidung von Wiederholungen kann in soweit auf die Ausführungen aus Ziffer 1.2.4 verwiesen werden.
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1.6. Der Erfüllung der im einzelnen unter 1.2. bis 1.5. dargestellten Verpflichtungen ist die Beklagte bisher nach unstreitigem Vorbringen nicht nachgekommen.
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2. Die Widerklage ist gemäß den §§ 33, 256 ZPO zulässig. Nachdem die Kammer der Klage umfassend stattgegeben hat, ist die innerprozessuale Bedingung der Hilfswiderklage eingetreten, so dass deren Berechtigung zu prüfen ist.
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Die zulässige Widerklage ist nicht begründet. Es lässt sich nicht feststellen, dass die Klägerin verpflichtet wäre, zur Erfüllung der vertraglichen Pflichten der Beklagten den Einsatz von Kraftfahrzeugen zu akzeptieren, die mit Schlag-/Schwingtüren mit einer Breite von allenfalls 60 cm ausgestattet sind. Eine solche Verpflichtung entspricht nicht der vertraglichen Vereinbarung der Parteien. Die Ausstattung der Fahrzeuge mit einem Zugang, der lediglich 60 cm breit ist widerspricht § 5.1 des Vertrages. Nach dieser Regelung hat die Beklagte als Unternehmer zu berücksichtigen, dass die von ihr beförderten Schüler in ihrer Motorik beeinträchtigt sind und daher nur bedingt deshalb ständig in das Fahrzeug ein- und aussteigen können. Zutreffend erkennt auch die Beklagte, dass es jedenfalls unter dem Gesichtspunkt des Vertragszweckes eine Selbstverständlichkeit darstellt, nur solche Fahrzeuge einzusetzen die für eine ordnungsgemäße Beförderung der Schülerinnen und Schüler geeignet sind (Seite 15 der Klageerwiderung). Soweit die Beklagte behauptet hat, dass Fahrzeuge mit einem seitlichen Eingang mit einer Breite von 60 cm zur Erfüllung der vertraglichen Pflichten geeignet wären, bedarf es einer Beweisaufnahme über diese - seitens der Klägerin bestrittenen - Behauptung nicht. Es ist gerichtsbekannt (§ 291 ZPO), dass ein Fahrzeug mit einer seitlichen Öffnung von 60 cm für einen Behindertentransport ungeeignet ist. Die Kammer hat im Termin zur mündlichen Verhandlung die für das Betreten des Fahrzeuges zur Verfügung stehende Breite anhand eines 60 cm breiten Seiles demonstriert. Bereits bei einfacher Betrachtung des sich zeigenden Maßes konnte auch ohne Einschaltung eines Sachverständigen erkennbar werden, dass ein erwachsener Mensch ohne Handicap nicht problemlos sich durch einen solchen Zugang Zutritt zum Fahrzeug verschaffen kann.Die Kammer sieht sich dazu in der Lage, hieraus erst recht zu folgern, dass einem in seiner Motorik eingeschränkten Menschen bei einer 60 cm breiten Öffnung das Betreten eines Transportfahrzeuges wesentlich erschwert würde.
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3. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.
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Annotations
(1) Verliert eine Partei die Prozessfähigkeit oder stirbt der gesetzliche Vertreter einer Partei oder hört seine Vertretungsbefugnis auf, ohne dass die Partei prozessfähig geworden ist, so wird das Verfahren unterbrochen, bis der gesetzliche Vertreter oder der neue gesetzliche Vertreter von seiner Bestellung dem Gericht Anzeige macht oder der Gegner seine Absicht, das Verfahren fortzusetzen, dem Gericht angezeigt und das Gericht diese Anzeige von Amts wegen zugestellt hat.
(2) Die Anzeige des gesetzlichen Vertreters ist dem Gegner der durch ihn vertretenen Partei, die Anzeige des Gegners ist dem Vertreter zuzustellen.
(3) Diese Vorschriften sind entsprechend anzuwenden, wenn eine Nachlassverwaltung angeordnet wird.
(1) Durch den Werkvertrag wird der Unternehmer zur Herstellung des versprochenen Werkes, der Besteller zur Entrichtung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.
(2) Gegenstand des Werkvertrags kann sowohl die Herstellung oder Veränderung einer Sache als auch ein anderer durch Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführender Erfolg sein.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Kraftomnibusse sind Kraftfahrzeuge zur Personenbeförderung mit mehr als acht Sitzplätzen außer dem Fahrersitz.
(2) Kraftomnibusaufbauten, die als selbstständige technische Einheiten die gesamte innere und äußere Spezialausrüstung dieser Kraftfahrzeugart umfassen, gelten als Kraftomnibusse nach Absatz 1.
(3) Kraftomnibusse müssen den im Anhang zu dieser Vorschrift genannten Bestimmungen entsprechen.
(4) Kraftomnibusse mit Stehplätzen, die die Beförderung von Fahrgästen auf Strecken mit zahlreichen Haltestellen ermöglichen und mehr als 22 Fahrgastplätze haben, müssen zusätzlich den Vorschriften über technische Einrichtungen für die Beförderung von Personen mit eingeschränkter Mobilität nach den im Anhang zu dieser Vorschrift genannten Bestimmungen entsprechen. Dies gilt für andere Kraftomnibusse, die mit technischen Einrichtungen für die Beförderung von Personen mit eingeschränkter Mobilität ausgestattet sind, entsprechend.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Verlangt der Besteller Nacherfüllung, so kann der Unternehmer nach seiner Wahl den Mangel beseitigen oder ein neues Werk herstellen.
(2) Der Unternehmer hat die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen, insbesondere Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten zu tragen.
(3) Der Unternehmer kann die Nacherfüllung unbeschadet des § 275 Abs. 2 und 3 verweigern, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist.
(4) Stellt der Unternehmer ein neues Werk her, so kann er vom Besteller Rückgewähr des mangelhaften Werkes nach Maßgabe der §§ 346 bis 348 verlangen.
(1) Bei dem Gericht der Klage kann eine Widerklage erhoben werden, wenn der Gegenanspruch mit dem in der Klage geltend gemachten Anspruch oder mit den gegen ihn vorgebrachten Verteidigungsmitteln in Zusammenhang steht.
(2) Dies gilt nicht, wenn für eine Klage wegen des Gegenanspruchs die Vereinbarung der Zuständigkeit des Gerichts nach § 40 Abs. 2 unzulässig ist.
(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.
(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.
Tatsachen, die bei dem Gericht offenkundig sind, bedürfen keines Beweises.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.