Landgericht Köln Urteil, 25. Juni 2014 - 26 S 37/13
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 20.8.2013 verkündete Urteil
des Amtsgerichts Köln – 111 C 583/12 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.
Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn die Beklagte nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
1
G r ü n d e:
2I.
3Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß § 540 ZPO auf die Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen. Mit diesem ist die Klage mit der Begründung abgewiesen worden, dass die von der Klägerin am 24.5.2912 erklärten Widersprüche gemäß § 5a Abs. 2 Satz 4 VVGa.F. verfristet gewesen seien. Schadensersatzansprüche auf Rückzahlung der geleisteten Prämien bestünden nicht, da die sog. „Kick-Back-Rechtsprechung“ des BGH auf den Abschluss von Lebensversicherungen nicht übertragbar sei. Soweit die Forderung der Klägerin nach Auszahlung eines weiteren Rückkaufswertes von der Beklagten in Höhe von 562,93 € anerkannt worden war, ist diese im Rahmen des Teil-Anerkenntnisurteils verurteilt worden.
4Die Berufung wendet sich gegen das Urteil, soweit die Klage abgewiesen worden ist. Mit ihr wird das erstinstanzliche Vorbringen wiederholt, nach dem eine wirksame Belehrung über das Widerspruchsrecht nicht erteilt worden sei, und dass die Jahresfrist des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG und auch das sog. „Policenmodell“ insgesamt europarechtswidrig seien.
5Nachdem die Parteien den Rechtsstreit hinsichtlich der Anträge zu Ziffer II (Auskunft pp. bezüglich Rückkaufswert und Deckungskapital) übereinstimmend für erledigt erklärt haben, beantragt die Berufungsklägerin
6das Urteil des AG Köln vom 20.8.2013, Az.: 111 C 583/12, zugestellt am 30.8.2013, aufzuheben, soweit die Klage abgewiesen worden ist, und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin weitere 3.966,87 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
7Die Berufungsbeklagte beantragt
8die Berufung zurückzuweisen.
9Sie hält an ihrer Ansicht fest, dass das Policen-Modell nicht europarechtswidrig sei, und dass die Vorschrift des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. auch für den Fall der Richtlinienwidrigkeit anwendbar sei.
10II.
11Die statthafte, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zwar zulässig, jedoch unbegründet.
12Wie das Amtsgericht im Ergebnis zutreffend entschieden hat, stehen der Klägerin keine bereicherungsrechtlichen Ansprüche (§ 812 Abs. 1 Satz 1 BGB) auf Rückzahlung der auf die beiden streitgegenständlichen fondsgebundenen Lebensversicherungen gezahlten Beiträge zu.
131.
14Soweit das Amtsgericht sich dabei auf die Versäumung der Jahresfrist des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. gestützt hat, kann dies die Klageabweisung im Hinblick auf die später ergangene Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 7.5.2014 – IV ZR 76/11 – zwar nicht tragen. Der Bundesgerichtshof hat dort nämlich ausgeführt, dass die Vorschrift des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. unter Berücksichtigung des Urteils des Gerichtshofes der Europäischen Union vom 19.12.2013 – C-209/12 – (für die nationalen Gerichte bindend) richtlinienkonform einschränkend dahin auszulegen sei, dass sie im Bereich der Lebens- und Rentenversicherung nicht anwendbar sei, so dass das Widerspruchsrecht des Versicherungsnehmers, der nicht ordnungsgemäß über sein Widerspruchsrecht belehrt worden sei und/oder die Versicherungsbedingungen oder eine Verbraucherinformation nicht erhalten habe, grundsätzlich fortbestehe.
152.
16Im vorliegenden Fall ist indes von einer wirksamen Widerspruchsbelehrung auszugehen mit der Folge, dass die Frist des § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. verstrichen ist. Die im Tatbestand des angefochtenen Urteils wörtlich wiedergegebenen und für die Information des Versicherungsnehmers allein maßgeblichen Belehrungen in den übersandten Versicherungspolicen (Bl. 18 und Bl. 60 d.A.) genügen den formellen und inhaltlichen Anforderungen:
17- Sie sind am Ende des Versicherungsscheins unmittelbar vor den Datums- und Unterschriftenzeilen durch die unterstrichenen Überschrift Widerspruchsbelehrung sowie durch Fettdruck des gesamten Textes der Belehrung in drucktechnisch deutlicher Form erfolgt, die sich in einer nicht zu übersehenden Weise aus dem übrigen Text hervorhebt (vgl. OLG Köln, 20 U 202/11, Urteil vom 2.3.2012; zur Hervorhebung durch Einrücken und Kursivdruck; OLG Köln, 20 U 141/12, Urteil vom 12.10.2012 zur Hervorhebung durch Fettdruck). Dem steht zur Überzeugung der Kammer nicht entgegen, dass vor dieser Belehrung weitere Hinweise zu den Folgen verspäteter Prämienzahlungen ebenfalls in Fettdruck aufgeführt sind. Die Hervorhebung weiterer wichtiger Hinweise hindert das Ins-Auge-Fallen der anderen Belehrung nicht.
18- Die Belehrung über Beginn und Dauer der Frist ist ordnungsgemäß erfolgt. Dazu gehört (neben dem unverzichtbaren Hinweis darauf, dass zur Wahrung der Frist die rechtzeitige Absendung des Widerspruchs genügt) die Benennung des Ereignisses, das die Frist in Gang setzt ("nach Zugang des Versicherungsscheins, der Versicherungsbedingungen und der übrigen Verbraucherinformationen"). Das konkrete Datum des Fristbeginns muss dabei ebenso wenig mitgeteilt werden wie die Grundsätze der Fristberechnung ( vgl. BGH NJW 2010, 3503; OLG Köln aaO.).
19- Die Belehrung macht dem Versicherungsnehmer im Einklang mit den gesetzlichen Vorgaben auch ausreichend deutlich, welche Unterlagen ihm vorliegen müssen, damit die Widerspruchsfrist beginnt. Es werden der Versicherungsschein, die Versicherungsbedingungen und die übrigen Verbraucherinformationen ausdrücklich aufgeführt.
20- Ferner muss sich die Belehrung auch nicht darauf erstrecken, dass der Widerspruch ohne Angabe von Gründen erfolgen kann. Im Gegensatz etwa zu § 360 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB wird die von § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. nicht verlangt (vgl. OLG Köln, Urteil vom 12.10.2012, 20 U 79/12; OLG München, Urteil vom 25.9.2012, 25 U 1828/12, bei juris). Auf § 8 VVG n.F. und die hierzu existierende Musterbelehrung kann zur Auslegung des § 5a Abs. 2 VVG a.F. nicht abgestellt werden. § 8 Abs. 2 Nr. 2 VVG verlangt in der Belehrung einen Hinweis auf die Regelung in § 8 Abs. 1 Satz 2 VVG n.F., wonach – u.a. – der Widerruf keiner Begründung bedarf. Eine solche Bestimmung enthält § 5a Abs. 2 VVG a.F. indes nicht. Eine entsprechende Anwendung der neuen Regel des § 8 Abs. 2 Nr. 2 mit Abs. 1 Satz 2 VVG auf früheres Recht kommt nicht in Betracht (OLG Köln, Beschluss vom 8.4.2013, 20 U 11/13).
21- Die Belehrung muss letztlich auch nicht auf die Rechtsfolgen eines Widerspruchs hinweisen; auch dies wird in § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. nicht gefordert (OLG Köln vom 3.2.2012 – 20 U 133/11).
22Soweit die Klägerin in der Klageschrift bezweifelt hat, ob die von der Beklagten vorgelegten Zweitschriften der Versicherungsscheine überhaupt dem Originalvertrag entsprächen, ist sie darauf weder im Lauf des erstinstanzlichen Verfahrens noch mit der Berufungsbegründung zurückgekommen, so dass es auf diese erkennbar „ins Blaue hinein“ aufgestellte Frage nicht mehr ankommt.
23Damit begann die Frist ab Erhalt der Versicherungsscheine vom 16.11.2006 zu laufen; die Widersprüche vom 24.5.2012 konnte die Frist deshalb ersichtlich nicht mehr wahren und die ordnungsgemäß in Lauf gesetzte Widerspruchsfrist nach § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG aF ist verstrichen.
243.
25Europarechtliche Bedenken gegen die Bestimmung des § 5a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. und das sog. Policenmodell insgesamt bestehen nach der einhelligen Rechtsprechung der Oberlandesgerichte nicht (vgl. etwa OLG Köln, VersR 2011, 245 ff und 248 ff.; OLG Hamm, VersR 2012, 745; zuletzt OLG Stuttgart, VersR 2012, 1373; OLG München, VersR 2012, 1545; OLG München vom 20.6.2013 – 14 U 103/13), und zwar auch nicht unter Berücksichtigung der Stellungnahme der Generalanwältin Eleanor Sharpston in ihren Schlussanträgen vom 11.7.2013 in der Rechtsache C 209/12, die sich inhaltlich über die eigentliche Vorlagefrage hinausgehend auch mit dem Policenmodell an sich beschäftigt (s. hierzu OLG Köln, Urteil vom 6.12.2013 – 20 U 50/13 – mit ausführlicher Begründung). Eine Vorlage dieser Frage an den EuGH ist nicht geboten, da offenkundig ist, dass das Policenmodell mit europäischem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist (OLG Stuttgart, VersR 2012, 1373; OLG Köln, BeckRS 2013, 01056). Auf die dortigen Argumentationen wird verwiesen.
264.
27Ein – mit der Berufung auch nicht mehr weiter verfolgter – Schadensersatzanspruch kommt nach den zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Urteil nicht in Betracht.
285.
29Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 97 Abs.1, 91a ZPO. Soweit die Parteien den Rechtsstreit in zweiter Instanz bezüglich der hilfsweise gestellten Stufenklage zu Ziffer II übereinstimmend für erledigt erklärt haben, war die Beklagte zwar zunächst zur Auskunftserteilung (nur) bezüglich der Höhe des ungezillmerten Deckungskapitals verpflichtet, hat diese Auskünfte aber in der Klageerwiderung erteilt. Insoweit handelt es sich mangels eines früheren Auskunftsverlangens um ein auch im Rahmen der Kostenentscheidung nach § 91a ZPO zu berücksichtigendes sofortiges Anerkenntnis i.S.d. § 93 ZPO, so dass die Kosten auch insoweit der Klägerin aufzuerlegen sind.
30Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
316.
32Die Kammer lässt die Revision gemäß § 543 ZPO im Hinblick auf die Frage der Vereinbarkeit des Policenmodells mit europäischem Gemeinschaftsrecht zu.
33Streitwert für das Berufungsverfahren: 3.966,87 €
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Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 562,93 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.06.2012 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 12 % und die Beklagte zu 88 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird gestattet, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund
des Urteils gegen sie vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin schloss mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der B. Lebensversicherung AG, im November 2006 zwei Lebensversicherungsverträge mit den Nummern 000 (versicherte Person L1.) und 111 (versicherte Person L2.) ab, wobei die Geltung der Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Fondsgebundene Rentenversicherung (Tarif 63), die wegen ihrer Einzelheiten in Bezug genommen werden, in die Verträge einbezogen wurden.
3Mit Schreiben vom 16.11.2006 versandte die Rechtsvorgängerin der Beklagten die Versicherungspolicen zu den oben näher bezeichneten Verträgen an die Klägerin, die jeweils folgende Widerspruchsbelehrung enthalten:
4„Der Versicherungsnehmer hat das Recht dem Versicherungsvertrag
5bis zum Ablauf von 30 Tagen nach Zugang des Versicherungsscheins,
6der Versicherungsbedingungen und der übrigen Versicherungs-
7informationen zu widersprechen. Zur Wahrung der Frist
8genügt die rechtzeitige Absendung der Widerspruchserklärung
9in Textform an die B. Lebensversicherung AG.“
10Den Vertragsschlüssen vorranggegangen waren Anträge der Klägerin vom 05.11.2006, die auf vorformulierten Anträgen der Rechtsvorgängerin der Beklagten folgende Widerrufsbelehrung enthielten:
11„Sie können innerhalb einer Frist von 30 Tagen nach Abschluss der
12Versicherung in Textform widersprechen.
13Die Frist beginnt mit dem Zugang des Versicherungsscheins mit
14den Versicherungsbedingungen und der weiteren für den Vertrags-
15inhalt maßgeblichen Verbraucherinformationen gemäß § 10 a
16Versicherungsaufsichtsgesetzt (VAG).
17Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des
18Widerspruchs. Auf dieses Widerspruchsrecht werden wir sie mit
19dem Versicherungsschein nochmals gesondert hinweisen.“
20In den der Klägerin mit den Versicherungspolicen überlassenen Verbraucherinformationen ist eine gleichlautende Widerrufsbelehrung enthalten.
21Als monatlich zu zahlender Beitrag der Klägerin wurde ein Betrag in Höhe von je 50,00 € vereinbart.
22Auf beide Verträge zahlte die Klägerin in der Zeit vom 01.12.2006 bis zum 01.12.2009 einen Betrag in Höhe von insgesamt 3.600,00 €.
23Die Klägerin kündigte beide Versicherungsverträge zum 01.12.2009.
24Mit Schreiben vom 03.12.2009 rechnete die Rechtsvorgängerin der Beklagten die Versicherungsverträge wie folgt ab und brachte die errechneten Guthaben an die Klägerin zur Auszahlung:
25-Versicherung mit der Endnummer 000 (versicherte Person L1.):
26„Fondsguthaben EUR 234,50
27abzüglich bedingungsgemäßem Stornoabschlag EUR 45,90
28abzüglich Beitragsrückstände EUR 50,00
29Auszahlungsbetrag EUR 137,60“
30-Versicherung mit der Endnummer 111 (versicherte Person L2.):
31„Fondsguthaben EUR 230,96
32abzüglich bedingungsgemäßem Stornoabschlag EUR 46,19
33abzüglich Beitragsrückstände EUR 50,00
34Auszahlungsbetrag EUR 134,76“
35Mit Schreiben ihrer jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 24.05.2012 erklärte die Klägerin, dass sie dem Zustandekommen der Versicherungsverträge widerspreche und forderte die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 31.05.2012 zur Zahlung von 4.529,80 € auf. Diese Forderung, die die Klägerin mit dem vorliegenden Verfahren gegen die Beklagte geltend macht, errechneten die jetzigen Prozessbevollmächtigten der Klägerin im Schreiben vom 24.05.2012 wie folgt:
36„Unsere Mandantin hat in der Zeit vom 01.12.2006 bis 01.11.2009 je Vertrag insgesamt 1.800,00 € an Beiträgen geleistet. Diese Beiträge sind von ihnen mit den tatsächlich erzielten Nutzungen zu verzinsen, die wir hier mit 7,22 % ansetzen.
37Somit ist für den Vertrag mit der Endnummer000 ein Gesamtbetrag von 2.401,08 € zu erstatten auf welchen Sie bereits 137,60 € geleistet haben.
38Auf den Vertrag mit der Endziffer 111 sind 134,76 € gezahlt worden, so dass insofern noch 2.266,32 € zur Rückzahlung fällig sind.
39Die Gesamtansprüche unserer Mandantin beziffern sich somit auf 4.529,80 €.“
40Zwischenzeitlich hat die Beklagte im Schriftsatz vom 28.02.2013 gegenüber dem Abrechnungsschreiben vom 03.12.2009 eine Neuberechnung wie folgt vorgenommen:
41„Vertrag mit der Endnummer 000:
42Ohne den Stornoabschlag von 46,90 € hätte das Fondsguthaben (als versprochene Leistung) 281,40 € ausgemacht. Diese versprochene Leistung ist dem Mindestrückkaufswert (Hälfte des ungezilllmerten Deckungskapitals) gegenüberzustellen, also den oben genannten 514,69 €. Der Mindestrückkaufswert ist höher. Die Differenz zur versprochenen Leistung ist zu erstatten. Das macht 233,29 € aus. Hinzu kommt der Stornoabschlag von 46,90 €, also insgesamt 280,19 €.
43Vertrag mit der Endnummer 111:
44Ohne den Stornoabschlag von 46,19 € hätte das Fondsguthaben als versprochene Leistung nicht 230,96 €, sondern 277,15 € betragen. Diese „versprochene Leistung“ ist der Mindestrückkaufswert (wiederum Hälfte des ungezillmerten Deckungskapitals) gegenüberzustellen, was hier 513,70 € ausmacht. Die Differenz beträgt 236,55 €. Dazu kommt der Stornoabschlag von 46,19 €, mithin 282,74 €.“
45Den somit errechneten Gesamtbetrag in Höhe von 562,93 € nebst Zinsen hieraus in Höhe des gesetzlichen Zinssatzes von 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.06.2012 hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 30.07.2013 anerkannt.
46Die Klägerin ist der Ansicht, sie habe einen Anspruch auf Rückzahlung der gezahlten Beträge nebst Zinsen hieraus in Höhe von 7,22 % p.a., da sie die Verträge mit Schreiben ihrer jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 24.05.2012 wirksam widerrufen habe, da vorliegend keine den Anforderungen des § 5 a VVG a.F. entsprechende Widerrufsbelehrung verwendet worden sei. Insofern bestreitet die Klägerin mit Nichtwissen, dass die ihr überlassenen Versicherungsscheine vom 16.11.2006 die –was zwischen den Parteien unstreitig ist- lediglich Zweitschriften darstellen, mit den Originalen übereinstimmen. Selbst wenn jedoch die ihr überlassenen Versicherungsscheine hinsichtlich der Widerrufsbelehrungen den Originalversicherungsscheinen entsprechen sollten, läge eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung nicht vor, da diese von den Widerrufsbelehrungen in den Anträgen und in den Verbraucherinformationen abweichen würden.
47Die Klägerin ist der Ansicht, da ihr keine den Anforderungen des § 5 a VVG a.F. entsprechende Widerrufsbelehrung erteilt worden sei, sei die Widerrufsfrist nicht in Gang gesetzt worden mit der Folge, dass sie die Versicherungsverträge aus dem Jahr 2009 noch mit Schreiben vom 24.05.2012 wirksam habe widerrufen können.
48Die Klägerin bestreitet mit Nichtwissen, dass § 14 II der in die Verträge einbezogenen Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die fondsgebundene Rentenversicherung –wonach unstreitig maximal 4 % von den gezahlten Beiträgen zur Tilgung von Abschlusskosten herangezogen werden sollen, bei den Abrechnungen beachtet wurden. Sie ist der Ansicht, insofern habe sie einen diesbezüglichen Auskunftsanspruch. Einen hierauf gerichteten Auskunftsantrag hat die Klägerin jedoch nicht gestellt.
49Die Klägerin ist ferner der Ansicht, ihr stünden Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte unter dem Gesichtspunkt der vom BGH entwickelten „Kick-Back-Rechtsprechung“ wegen Verletzung von Aufklärungspflichten durch die Rechtsvorgängerin der Beklagten bei Vertragsschluss zu.
50Die Klägerin beantragt,
51- 52
I. Die Beklagte zu verurteilen, an sie 4.529,80 € nebst Zinsen
in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem
5401.06.2012 zu zahlen.
55Hilfsweise beantragt die Klägerin,
56- 57
II. Die Beklagte zu verurteilen, an einen von der Klägerin zu
benennenden, mit Ausnahme gegenüber dem Gericht
59allgemein zur Verschwiegenheit verpflichteten Versicherungs-
60mathematiker hinsichtlich der vormals zwischen den Parteien
61bestehenden fondsgebundenen Rentenversicherungsverträgen
62mit den Nr. 000 und 111 Auskunft darüber zu
63erteilen,
64a.) welchen Rückkaufswert (gemäß § 176 Abs. 1 u. 3.
65VVG) der jeweiligen Versicherungsvertrag im
66Zeitpunkt seiner Beendigung hatte, dies jeweils ohne
67Durchführung eines „Abzugs“ gem. § 176 Abs. 4 bzw. § 174 Abs. 4 VVG;
68b.) wie hoch das mit den Rechnungsgrundlagen
69der Prämienkalkulation berechnete ungezillmerte
70Deckungskapital der Verträge im Zeitpunkt ihrer
71Beendigung war;
72c.) welche Überschussbeteiligung an den Verträgen
73im Zeitpunkt ihrer Beendigung bereits zugewiesen
74worden war und welche Kapitalertragsteuern und
75Solidaritätszuschläge hierauf an die Finanzver-
76waltung abgeführt wurden;
77d.) ob und wenn ja in welcher Höhe von Seiten der
78Kapitalanlagegesellschaft B. Investement
79Rückvergütungen an die Beklagte für die Anlage
80der Versicherungsbeiträge der Klägerin in
81Aktienfonds gezahlt worden sind:
82wobei die Auskunft durch Angabe der angewandten
83Formelwerke und der zur Anwendung der Formel-
84werke erforderlichen Einsatzwerte in nachvollzieh-
85barer und nachprüfbarer Weise zu erfolgen hat;
86e.) sowie einen sich nach Auskunft ergebenen Betrag
87nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über
88de Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
89Im Übrigen beantragt die Klägerin,
90das Verfahren auszusetzen und dem EUGH zur Entscheidung
91vorzulegen. Zur näheren Begründung werden insofern Seiten 9
92f. der Klageschrift in Bezug genommen.
93Die Beklagte erkennt die Klageforderung in Höhe von 562,93 € einschließlich der diesbezüglichen Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.06.2012 an und beantragt im Übrigen,
94die Klage abzuweisen.
95Die Beklagte ist der Ansicht, die Klägerin habe die Verträge aus dem November 2009 nicht mehr wirksam mit Schreiben ihrer jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 24.05.2012 widerrufen können. Sie bestreitet, dass sie aus den von der Beklagten gezahlten Beiträgen an Zinsen/Nutzungen jährlich 7,22 % erzielt habe.
96Die Beklagte ist der Ansicht, auch hinsichtlich der Hilfsanträge sei die Klage unbegründet.
97Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Prozessbevollmächtigten der Parteien gewechselten Schriftsätze und auf die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.
98E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
99Die Klage ist –über den von der Beklagten anerkannten Betrag in Höhe von 562,93 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.06.2012 hinaus- unbegründet.
100Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen weitergehenden Anspruch auf Rückzahlung der gezahlten Versicherungsprämien nebst Zinsen aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB.
101Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung, da die mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten abgeschlossenen Verträge trotz der von der Klägerin unter dem 24.05.2012 erklärten Widersprüche wirksam war.
102Die Klägerin konnte den im November 2006 geschlossenen Verträgen am 24.05.2012 nicht mehr wirksam widersprechen. Dabei kann letztlich –wofür einiges spricht- dahinstehen, ob die Klägerin über ihr Widerrufsrecht ordnungsgemäß belehrt worden ist. Denn die Widersprüche der Klägerin vom 24.05.2012 sind jedenfalls im Licht des § 5 a II Satz 4 VVG a.F. verfristet, da sie später als 1 Jahr nach Zahlung der ersten Prämien, die für beide Verträge im Dezember 2006 gezahlt worden sind, erklärt worden sind. Die Vorschrift des § 5 a II. Satz 4 VVG a.F. findet im Verhältnis zwischen den Parteien auch in Ansehung des Umstandes Anwendung, dass sie vom EUGH als nichtrichtlinienkonform erklärt worden ist. Abgesehen von der Frage, ob die in Artikel 31 der Richtlinien des Europäischen Rates in Verbindung mit Anhang Absatz 2, lit A der Richtlinie 92/96 vom 10.11.92 bzw. Artikel 36 Abs. 1 in Verbindung mit Anhang III, lit A der Richtlinie 2002/83 EG vom 05.11.2012 den Mitgliedsstaaten keine Vorgaben zum Versicherungsrecht machen, sondern Vorgaben für die Regelung zur Versicherungsaufsicht zum Inhalt haben, die durch § 10 a VAG hinreichend durch den innerstaatlichen Gesetzgeber umgesetzt worden sind (so LG Köln, Beschluss vom 26.03.2010 -20 U 150/05-; OLG Karlsruhe, Urteil vom 07.05.2009 -12 U 281/09-; OLG München, Urteil vom 20.09.2012 -14 U 1511/12-; OLG Köln, Urteil vom 02.03.2011 -20 U 178/11-; OLG Frankfurt, Urteil vom 14.12.2012 -7 U 182/12-), bedarf es ohnehin mangels erkennbaren Informationsinteresses jedenfalls nach Ablauf eines Jahres nach Zahlung der Erstprämie nicht mehr des von den Richtlinien intendierten Schutzes dieses Interesses, wohl aber des Schutzes des Interesses in das Bestehen des Versicherungsvertrages (OLG Düsseldorf, VersR 2001, 837; OLG Frankfurt, VersR 2005, 631; OLG Karlsruhe a.a.O.). Auch eine richtlinienkonforme Auslegung führt wegen dieser Erwägung zu keinem anderen Ergebnis.
103Da die Beklagte bzw. deren Rechtsvorgängerin die Prämien mit Rechtsgrund erhalten hat, schuldet sie auch keine Herausgabe eventuelle gezogener Nutzungen nach § 818 Abs. 1 BGB.
104Die Klägerin hat gegen die Beklagte auch keinen Anspruch auf vollständige Rückzahlung der gezahlten Versicherungsprämien unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes aufgrund einer vorvertraglichen Pflichtverletzung der Rechtsvorgängerin der Beklagten. Denn die sogenannte „Kick-Back- Rechtsprechung“ des Bundesgerichtshofs, wonach eine Bank beim Vertrieb von Fondsanteilen über Rückvergütungen aus dem Ausgabenaufschlag oder anderen Teilen des vom Anleger zu zahlenden Betrages aufzuklären hat, ist auf den Abschluss von Lebensversicherungsverträgen nicht übertragbar (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 29.10.10 -20 U 100/10-, I -20 U 100/10-, Juris, 248; a.A., LG Heidelberg, Urteil vom 13.07.2010 -2 O 444/09- bei Juris).
105Mangels Bestehens der Hauptforderung war die Klage auch hinsichtlich des geltend gemachten Zinsanspruchs abzuweisen.
106Das Gericht kann den Rechtsstreit vorliegend auch ohne die von der Klägerin beantragte Vorlage an den EUGH entscheiden. Denn gemäß Artikel 267 A EUGH ist eine Vorlage an den EUGH nur dann zwingend erforderlich, wenn es sich um eine letztinstanzliche Entscheidung handelt, was vorliegend nicht der Fall ist.
107Die Klage ist auch hinsichtlich der gestellten Hilfsanträge unbegründet.
108Die mit dem Hilfsantrag zu II. a.) begehrte Auskunft hat die Beklagte bereits in dem Abrechnungsschreiben vom 03.12.09 erteilt.
109Die mit dem Hilfsantrag zu II. b.), begehrte Auskunft hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 28.02.13 in diesem Verfahren erteilt (Bl. 155 d. Akte).
110Bezüglich der Hilfsanträge zu II. c.) u. d.) besteht ein Auskunftsanspruch der Klägerin gemäß § 259 BGB nicht, da sie auch im Falle einer Auskunft hierüber keine Rechte herleiten könnte (OLG Köln, Beschluss vom 05.07.2010 -20 U 150/09-, I -20 U 150/09-, Juris)
111Den Anspruch zu II. e.) hat die Beklagte ebenfalls erfüllt, in dem sie die Forderung der Klägerin nach Auskunftserteilung unter Herausrechnung der Stornokosten neu errechnet hat und den errechneten Zahlungsanspruch der Klägerin sodann anerkannt hat.
112Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
113Streitwert: 4.529,80 €
114Richterin am Amtsgericht
(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil
- 1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen, - 2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 562,93 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.06.2012 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 12 % und die Beklagte zu 88 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird gestattet, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund
des Urteils gegen sie vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin schloss mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der B. Lebensversicherung AG, im November 2006 zwei Lebensversicherungsverträge mit den Nummern 000 (versicherte Person L1.) und 111 (versicherte Person L2.) ab, wobei die Geltung der Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Fondsgebundene Rentenversicherung (Tarif 63), die wegen ihrer Einzelheiten in Bezug genommen werden, in die Verträge einbezogen wurden.
3Mit Schreiben vom 16.11.2006 versandte die Rechtsvorgängerin der Beklagten die Versicherungspolicen zu den oben näher bezeichneten Verträgen an die Klägerin, die jeweils folgende Widerspruchsbelehrung enthalten:
4„Der Versicherungsnehmer hat das Recht dem Versicherungsvertrag
5bis zum Ablauf von 30 Tagen nach Zugang des Versicherungsscheins,
6der Versicherungsbedingungen und der übrigen Versicherungs-
7informationen zu widersprechen. Zur Wahrung der Frist
8genügt die rechtzeitige Absendung der Widerspruchserklärung
9in Textform an die B. Lebensversicherung AG.“
10Den Vertragsschlüssen vorranggegangen waren Anträge der Klägerin vom 05.11.2006, die auf vorformulierten Anträgen der Rechtsvorgängerin der Beklagten folgende Widerrufsbelehrung enthielten:
11„Sie können innerhalb einer Frist von 30 Tagen nach Abschluss der
12Versicherung in Textform widersprechen.
13Die Frist beginnt mit dem Zugang des Versicherungsscheins mit
14den Versicherungsbedingungen und der weiteren für den Vertrags-
15inhalt maßgeblichen Verbraucherinformationen gemäß § 10 a
16Versicherungsaufsichtsgesetzt (VAG).
17Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des
18Widerspruchs. Auf dieses Widerspruchsrecht werden wir sie mit
19dem Versicherungsschein nochmals gesondert hinweisen.“
20In den der Klägerin mit den Versicherungspolicen überlassenen Verbraucherinformationen ist eine gleichlautende Widerrufsbelehrung enthalten.
21Als monatlich zu zahlender Beitrag der Klägerin wurde ein Betrag in Höhe von je 50,00 € vereinbart.
22Auf beide Verträge zahlte die Klägerin in der Zeit vom 01.12.2006 bis zum 01.12.2009 einen Betrag in Höhe von insgesamt 3.600,00 €.
23Die Klägerin kündigte beide Versicherungsverträge zum 01.12.2009.
24Mit Schreiben vom 03.12.2009 rechnete die Rechtsvorgängerin der Beklagten die Versicherungsverträge wie folgt ab und brachte die errechneten Guthaben an die Klägerin zur Auszahlung:
25-Versicherung mit der Endnummer 000 (versicherte Person L1.):
26„Fondsguthaben EUR 234,50
27abzüglich bedingungsgemäßem Stornoabschlag EUR 45,90
28abzüglich Beitragsrückstände EUR 50,00
29Auszahlungsbetrag EUR 137,60“
30-Versicherung mit der Endnummer 111 (versicherte Person L2.):
31„Fondsguthaben EUR 230,96
32abzüglich bedingungsgemäßem Stornoabschlag EUR 46,19
33abzüglich Beitragsrückstände EUR 50,00
34Auszahlungsbetrag EUR 134,76“
35Mit Schreiben ihrer jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 24.05.2012 erklärte die Klägerin, dass sie dem Zustandekommen der Versicherungsverträge widerspreche und forderte die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 31.05.2012 zur Zahlung von 4.529,80 € auf. Diese Forderung, die die Klägerin mit dem vorliegenden Verfahren gegen die Beklagte geltend macht, errechneten die jetzigen Prozessbevollmächtigten der Klägerin im Schreiben vom 24.05.2012 wie folgt:
36„Unsere Mandantin hat in der Zeit vom 01.12.2006 bis 01.11.2009 je Vertrag insgesamt 1.800,00 € an Beiträgen geleistet. Diese Beiträge sind von ihnen mit den tatsächlich erzielten Nutzungen zu verzinsen, die wir hier mit 7,22 % ansetzen.
37Somit ist für den Vertrag mit der Endnummer000 ein Gesamtbetrag von 2.401,08 € zu erstatten auf welchen Sie bereits 137,60 € geleistet haben.
38Auf den Vertrag mit der Endziffer 111 sind 134,76 € gezahlt worden, so dass insofern noch 2.266,32 € zur Rückzahlung fällig sind.
39Die Gesamtansprüche unserer Mandantin beziffern sich somit auf 4.529,80 €.“
40Zwischenzeitlich hat die Beklagte im Schriftsatz vom 28.02.2013 gegenüber dem Abrechnungsschreiben vom 03.12.2009 eine Neuberechnung wie folgt vorgenommen:
41„Vertrag mit der Endnummer 000:
42Ohne den Stornoabschlag von 46,90 € hätte das Fondsguthaben (als versprochene Leistung) 281,40 € ausgemacht. Diese versprochene Leistung ist dem Mindestrückkaufswert (Hälfte des ungezilllmerten Deckungskapitals) gegenüberzustellen, also den oben genannten 514,69 €. Der Mindestrückkaufswert ist höher. Die Differenz zur versprochenen Leistung ist zu erstatten. Das macht 233,29 € aus. Hinzu kommt der Stornoabschlag von 46,90 €, also insgesamt 280,19 €.
43Vertrag mit der Endnummer 111:
44Ohne den Stornoabschlag von 46,19 € hätte das Fondsguthaben als versprochene Leistung nicht 230,96 €, sondern 277,15 € betragen. Diese „versprochene Leistung“ ist der Mindestrückkaufswert (wiederum Hälfte des ungezillmerten Deckungskapitals) gegenüberzustellen, was hier 513,70 € ausmacht. Die Differenz beträgt 236,55 €. Dazu kommt der Stornoabschlag von 46,19 €, mithin 282,74 €.“
45Den somit errechneten Gesamtbetrag in Höhe von 562,93 € nebst Zinsen hieraus in Höhe des gesetzlichen Zinssatzes von 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.06.2012 hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 30.07.2013 anerkannt.
46Die Klägerin ist der Ansicht, sie habe einen Anspruch auf Rückzahlung der gezahlten Beträge nebst Zinsen hieraus in Höhe von 7,22 % p.a., da sie die Verträge mit Schreiben ihrer jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 24.05.2012 wirksam widerrufen habe, da vorliegend keine den Anforderungen des § 5 a VVG a.F. entsprechende Widerrufsbelehrung verwendet worden sei. Insofern bestreitet die Klägerin mit Nichtwissen, dass die ihr überlassenen Versicherungsscheine vom 16.11.2006 die –was zwischen den Parteien unstreitig ist- lediglich Zweitschriften darstellen, mit den Originalen übereinstimmen. Selbst wenn jedoch die ihr überlassenen Versicherungsscheine hinsichtlich der Widerrufsbelehrungen den Originalversicherungsscheinen entsprechen sollten, läge eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung nicht vor, da diese von den Widerrufsbelehrungen in den Anträgen und in den Verbraucherinformationen abweichen würden.
47Die Klägerin ist der Ansicht, da ihr keine den Anforderungen des § 5 a VVG a.F. entsprechende Widerrufsbelehrung erteilt worden sei, sei die Widerrufsfrist nicht in Gang gesetzt worden mit der Folge, dass sie die Versicherungsverträge aus dem Jahr 2009 noch mit Schreiben vom 24.05.2012 wirksam habe widerrufen können.
48Die Klägerin bestreitet mit Nichtwissen, dass § 14 II der in die Verträge einbezogenen Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die fondsgebundene Rentenversicherung –wonach unstreitig maximal 4 % von den gezahlten Beiträgen zur Tilgung von Abschlusskosten herangezogen werden sollen, bei den Abrechnungen beachtet wurden. Sie ist der Ansicht, insofern habe sie einen diesbezüglichen Auskunftsanspruch. Einen hierauf gerichteten Auskunftsantrag hat die Klägerin jedoch nicht gestellt.
49Die Klägerin ist ferner der Ansicht, ihr stünden Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte unter dem Gesichtspunkt der vom BGH entwickelten „Kick-Back-Rechtsprechung“ wegen Verletzung von Aufklärungspflichten durch die Rechtsvorgängerin der Beklagten bei Vertragsschluss zu.
50Die Klägerin beantragt,
51- 52
I. Die Beklagte zu verurteilen, an sie 4.529,80 € nebst Zinsen
in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem
5401.06.2012 zu zahlen.
55Hilfsweise beantragt die Klägerin,
56- 57
II. Die Beklagte zu verurteilen, an einen von der Klägerin zu
benennenden, mit Ausnahme gegenüber dem Gericht
59allgemein zur Verschwiegenheit verpflichteten Versicherungs-
60mathematiker hinsichtlich der vormals zwischen den Parteien
61bestehenden fondsgebundenen Rentenversicherungsverträgen
62mit den Nr. 000 und 111 Auskunft darüber zu
63erteilen,
64a.) welchen Rückkaufswert (gemäß § 176 Abs. 1 u. 3.
65VVG) der jeweiligen Versicherungsvertrag im
66Zeitpunkt seiner Beendigung hatte, dies jeweils ohne
67Durchführung eines „Abzugs“ gem. § 176 Abs. 4 bzw. § 174 Abs. 4 VVG;
68b.) wie hoch das mit den Rechnungsgrundlagen
69der Prämienkalkulation berechnete ungezillmerte
70Deckungskapital der Verträge im Zeitpunkt ihrer
71Beendigung war;
72c.) welche Überschussbeteiligung an den Verträgen
73im Zeitpunkt ihrer Beendigung bereits zugewiesen
74worden war und welche Kapitalertragsteuern und
75Solidaritätszuschläge hierauf an die Finanzver-
76waltung abgeführt wurden;
77d.) ob und wenn ja in welcher Höhe von Seiten der
78Kapitalanlagegesellschaft B. Investement
79Rückvergütungen an die Beklagte für die Anlage
80der Versicherungsbeiträge der Klägerin in
81Aktienfonds gezahlt worden sind:
82wobei die Auskunft durch Angabe der angewandten
83Formelwerke und der zur Anwendung der Formel-
84werke erforderlichen Einsatzwerte in nachvollzieh-
85barer und nachprüfbarer Weise zu erfolgen hat;
86e.) sowie einen sich nach Auskunft ergebenen Betrag
87nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über
88de Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
89Im Übrigen beantragt die Klägerin,
90das Verfahren auszusetzen und dem EUGH zur Entscheidung
91vorzulegen. Zur näheren Begründung werden insofern Seiten 9
92f. der Klageschrift in Bezug genommen.
93Die Beklagte erkennt die Klageforderung in Höhe von 562,93 € einschließlich der diesbezüglichen Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.06.2012 an und beantragt im Übrigen,
94die Klage abzuweisen.
95Die Beklagte ist der Ansicht, die Klägerin habe die Verträge aus dem November 2009 nicht mehr wirksam mit Schreiben ihrer jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 24.05.2012 widerrufen können. Sie bestreitet, dass sie aus den von der Beklagten gezahlten Beiträgen an Zinsen/Nutzungen jährlich 7,22 % erzielt habe.
96Die Beklagte ist der Ansicht, auch hinsichtlich der Hilfsanträge sei die Klage unbegründet.
97Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Prozessbevollmächtigten der Parteien gewechselten Schriftsätze und auf die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.
98E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
99Die Klage ist –über den von der Beklagten anerkannten Betrag in Höhe von 562,93 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.06.2012 hinaus- unbegründet.
100Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen weitergehenden Anspruch auf Rückzahlung der gezahlten Versicherungsprämien nebst Zinsen aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB.
101Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung, da die mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten abgeschlossenen Verträge trotz der von der Klägerin unter dem 24.05.2012 erklärten Widersprüche wirksam war.
102Die Klägerin konnte den im November 2006 geschlossenen Verträgen am 24.05.2012 nicht mehr wirksam widersprechen. Dabei kann letztlich –wofür einiges spricht- dahinstehen, ob die Klägerin über ihr Widerrufsrecht ordnungsgemäß belehrt worden ist. Denn die Widersprüche der Klägerin vom 24.05.2012 sind jedenfalls im Licht des § 5 a II Satz 4 VVG a.F. verfristet, da sie später als 1 Jahr nach Zahlung der ersten Prämien, die für beide Verträge im Dezember 2006 gezahlt worden sind, erklärt worden sind. Die Vorschrift des § 5 a II. Satz 4 VVG a.F. findet im Verhältnis zwischen den Parteien auch in Ansehung des Umstandes Anwendung, dass sie vom EUGH als nichtrichtlinienkonform erklärt worden ist. Abgesehen von der Frage, ob die in Artikel 31 der Richtlinien des Europäischen Rates in Verbindung mit Anhang Absatz 2, lit A der Richtlinie 92/96 vom 10.11.92 bzw. Artikel 36 Abs. 1 in Verbindung mit Anhang III, lit A der Richtlinie 2002/83 EG vom 05.11.2012 den Mitgliedsstaaten keine Vorgaben zum Versicherungsrecht machen, sondern Vorgaben für die Regelung zur Versicherungsaufsicht zum Inhalt haben, die durch § 10 a VAG hinreichend durch den innerstaatlichen Gesetzgeber umgesetzt worden sind (so LG Köln, Beschluss vom 26.03.2010 -20 U 150/05-; OLG Karlsruhe, Urteil vom 07.05.2009 -12 U 281/09-; OLG München, Urteil vom 20.09.2012 -14 U 1511/12-; OLG Köln, Urteil vom 02.03.2011 -20 U 178/11-; OLG Frankfurt, Urteil vom 14.12.2012 -7 U 182/12-), bedarf es ohnehin mangels erkennbaren Informationsinteresses jedenfalls nach Ablauf eines Jahres nach Zahlung der Erstprämie nicht mehr des von den Richtlinien intendierten Schutzes dieses Interesses, wohl aber des Schutzes des Interesses in das Bestehen des Versicherungsvertrages (OLG Düsseldorf, VersR 2001, 837; OLG Frankfurt, VersR 2005, 631; OLG Karlsruhe a.a.O.). Auch eine richtlinienkonforme Auslegung führt wegen dieser Erwägung zu keinem anderen Ergebnis.
103Da die Beklagte bzw. deren Rechtsvorgängerin die Prämien mit Rechtsgrund erhalten hat, schuldet sie auch keine Herausgabe eventuelle gezogener Nutzungen nach § 818 Abs. 1 BGB.
104Die Klägerin hat gegen die Beklagte auch keinen Anspruch auf vollständige Rückzahlung der gezahlten Versicherungsprämien unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes aufgrund einer vorvertraglichen Pflichtverletzung der Rechtsvorgängerin der Beklagten. Denn die sogenannte „Kick-Back- Rechtsprechung“ des Bundesgerichtshofs, wonach eine Bank beim Vertrieb von Fondsanteilen über Rückvergütungen aus dem Ausgabenaufschlag oder anderen Teilen des vom Anleger zu zahlenden Betrages aufzuklären hat, ist auf den Abschluss von Lebensversicherungsverträgen nicht übertragbar (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 29.10.10 -20 U 100/10-, I -20 U 100/10-, Juris, 248; a.A., LG Heidelberg, Urteil vom 13.07.2010 -2 O 444/09- bei Juris).
105Mangels Bestehens der Hauptforderung war die Klage auch hinsichtlich des geltend gemachten Zinsanspruchs abzuweisen.
106Das Gericht kann den Rechtsstreit vorliegend auch ohne die von der Klägerin beantragte Vorlage an den EUGH entscheiden. Denn gemäß Artikel 267 A EUGH ist eine Vorlage an den EUGH nur dann zwingend erforderlich, wenn es sich um eine letztinstanzliche Entscheidung handelt, was vorliegend nicht der Fall ist.
107Die Klage ist auch hinsichtlich der gestellten Hilfsanträge unbegründet.
108Die mit dem Hilfsantrag zu II. a.) begehrte Auskunft hat die Beklagte bereits in dem Abrechnungsschreiben vom 03.12.09 erteilt.
109Die mit dem Hilfsantrag zu II. b.), begehrte Auskunft hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 28.02.13 in diesem Verfahren erteilt (Bl. 155 d. Akte).
110Bezüglich der Hilfsanträge zu II. c.) u. d.) besteht ein Auskunftsanspruch der Klägerin gemäß § 259 BGB nicht, da sie auch im Falle einer Auskunft hierüber keine Rechte herleiten könnte (OLG Köln, Beschluss vom 05.07.2010 -20 U 150/09-, I -20 U 150/09-, Juris)
111Den Anspruch zu II. e.) hat die Beklagte ebenfalls erfüllt, in dem sie die Forderung der Klägerin nach Auskunftserteilung unter Herausrechnung der Stornokosten neu errechnet hat und den errechneten Zahlungsanspruch der Klägerin sodann anerkannt hat.
112Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
113Streitwert: 4.529,80 €
114Richterin am Amtsgericht
(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.
(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 14. September 2011 verkündete Urteil der 26. Zivilkammer des Landgerichts Köln ‑ 26 O 441/10 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Gründe
2I.
Von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß § 540 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.
3II.
4Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg.
5Die Klägerin hat keinen Anspruch auf verzinsliche Erstattung der von ihr auf den Versicherungsvertrag geleisteten Prämien abzüglich des ausgekehrten Rückkaufswerts gemäß § 812 Abs. 1 BGB. Der Versicherungsvertrag ist auf der Grundlage des Policenmodells gemäß § 5 a Abs. 1 VVG a.F. wirksam mit Versicherungsbeginn zum 1. August 2003 zustande gekommen. Die Klägerin hat dem Vertragsschluss nicht binnen der vorliegend maßgebenden Frist von 14 Tagen nach Überlassung des Versicherungsscheins, der Versicherungsbedingungen und der Verbraucherinformationen widersprochen (§ 5 a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F.). Der erst mit Anwaltsschreiben vom 28. Juni 2010 erklärte Widerspruch war verfristet.
6Nach § 5 a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. beginnt der Lauf der Frist erst, wenn dem Versicherungsnehmer der Versicherungsschein und die Unterlagen nach Absatz 1 (Versicherungsbedingungen und Verbraucherinformationen nach § 10 a VAG) vollständig vorliegen und der Versicherungsnehmer bei Aushändigung des Versicherungsscheins schriftlich, in drucktechnisch deutlicher Form über das Widerspruchsrecht, den Fristbeginn und die Dauer belehrt worden ist.
7Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Klägerin mit dem Versicherungsschein auch die Versicherungsbedingungen und die Verbraucherinformationen übersandt worden sind.
8Die Widerspruchsbelehrung, die im 2-seitigen Policenbegleitschreiben vom 11. September 2003 (GA 184 f.) enthalten ist, ist formal und inhaltlich nicht zu beanstanden. Zur näheren Begründung nimmt der Senat Bezug auf die Ausführungen in dem in dieser Sache ergangenen Urteil vom 16. März 2012, an denen auch nach erneuter Prüfung in vollem Umfang festgehalten wird. Der Senat hatte in jenem Urteil bereits dazu Stellung bezogen, dass die Belehrung drucktechnisch hinreichend hervorgehoben ist. Ergänzend ist anzuführen, dass § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. nicht verlangt, darüber zu belehren, dass der Widerspruch ohne Angabe von Gründen erfolgen kann. Auch über die Rechtsfolgen des Widerspruchs muss nicht belehrt werden.
9Der Hinweisbeschluss des OLG Stuttgart vom 19. August 2014 (7 U 60/14) betrifft die Belehrung einer anderen Versicherung. Sie ist mit der vorliegend erteilten Belehrung nicht vergleichbar. Dazu, dass die Formulierung „nach Erhalt dieser Unterlagen“ den gesetzlichen Anforderungen genügt, hat sich der Senat bereits im Urteil vom 16. März 2012 erklärt; es reicht aus, dass der Versicherungsnehmer aus dem Gesamtinhalt des Policenbegleitschreibens und der mit dem Schreiben übersandten Unterlagen erkennen kann, welche Unterlagen ihm vorliegen müssen, um den Lauf der Widerspruchsfrist in Gang zu setzen. Daran hält der Senat weiterhin fest.
10§ 5a Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 2 S. 1 VVG a.F. verstößt nicht gegen europäisches Recht. Diese Gesetzesbestimmungen stellen sich insbesondere nicht als fehlerhafte Umsetzung der Bestimmungen in Art. 31 Abs. 1 in Verbindung mit Anhang II Buchstabe A der Richtlinie 92/96 EWG des Rates vom 10. November 1992 bzw. Art. 36 Abs. 1 in Verbindung mit Anhang III Buchstabe A der die erstgenannte Richtlinie ablösenden Richtlinie 2002/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. November 2002 dar. Das Policenmodell steht auch im Einklang mit Art. 15 der Zweiten Lebensversicherungsrichtlinie (Richtlinie 90/619/EWG vom 8. November 1990) bzw. Art. 35 der die vorgenannte Richtlinie ablösenden Richtlinie 2002/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. November 2002. Das hat nunmehr der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 16. Juli 2014 – IV ZR 73/13 – (VersR 2014, 1065) entschieden, und dies entspricht auch der bisherigen ständigen Senatsrechtsprechung (zuletzt etwa Urt. v. 11. Juli 2014 - 20 U 68/14 -, Urt. v. 16. Mai 2014 - 20 U 31/14 -). Der Senat hält hieran fest und verweist zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen in den vorstehend zitierten Entscheidungen.
11Der Senat ist auch nicht gehalten, die Frage der Europarechtskonformität des Policenmodells dem Europäischen Gerichtshof vorzulegen. Dazu besteht schon deshalb keine Veranlassung, weil die Europarechtskonformität des Policenmodells außer Zweifel steht (so jetzt ausdrücklich BGH, aaO, Rz. 16; das hat auch der Senat in früheren Entscheidungen so vertreten, s. etwa Urt. v. 22. März 2013 - 20 U 178/12 -). Eine Vorlagepflicht scheidet darüber hinaus jedenfalls deshalb aus, weil es auf die Frage, ob das Policenmodell mit den in Rede stehenden gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen unvereinbar ist, nicht entscheidungserheblich ankommt (vgl. dazu auch BVerfG, WM 2014, 647, Rz. 48 f.)
12Hierzu hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass es einem Versicherungsnehmer, der mit Überlassung der Versicherungspolice die Versicherungsbedingungen, die Verbraucherinformationen und eine ordnungsgemäße Widerspruchsbelehrung nach § 5a VVG a.F. erhalten hat, auch im Falle einer unterstellten Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des Policenmodells nach nationalem Recht gemäß den Grundsätzen von Treu und Glauben wegen widersprüchlicher Rechtsausübung verwehrt ist, sich nach jahrelanger Durchführung des Vertrages auf dessen angebliche Unwirksamkeit zu berufen und daraus Bereicherungsansprüche herzuleiten (BGH, aaO, Rz. 32 ff.). Dem schließt sich der Senat an.
13Es bedarf auch keiner Vorlage an den EuGH zur Entscheidung darüber, ob das Recht zur Lösung vom Vertrag verwirkt sein kann. Die Anwendung der Grundsätze von Treu und Glauben auf den Einzelfall obliegt dem nationalen Gericht. Die generellen Maßstäbe für eine Berücksichtigung der Gesichtspunkte von Treu und Glauben sind in der Rechtsprechung des EuGH geklärt. Danach ist eine missbräuchliche Berufung auf Gemeinschaftsrecht nicht gestattet (zuletzt etwa EuGH, ZfZ 2014, 100, Rn. 29). Rechtsmissbräuchliches Verhalten kann sich auf der Grundlage lediglich objektiver Kriterien ergeben, soweit die mit der einschlägigen Bestimmung verfolgten Zwecke beachtet werden (so insbes. EuGH, Slg. 2000, I-1705, Rz. 34). Wenn – wie vorliegend – der Versicherungsnehmer über sein Vertragslösungsrecht vor Wirksamwerden des Vertrags ordnungsgemäß belehrt wird und er die notwendigen Vertragsunterlagen rechtzeitig erhalten hat, dann sind die mit der Dritten Richtlinie Lebensversicherung angestrebten Ziele erreicht worden (s. BGH, aaO, Rz. 42). Demgemäß ist es treuwidrig, wenn sich der solchermaßen belehrte und informierte Versiche-rungsnehmer unter Berufung auf ein (unterstelltes) gemeinschaftswidriges Zustandekommen des Vertrags von diesem nach Jahren wieder lösen will. Er würde sich dadurch gegenüber den vertragstreuen Versicherungsnehmern einen objektiv widerrechtlichen Vorteil verschaffen.
14Die Treuwidrigkeit des Verhaltens der Klägerin ergibt sich vorliegend daraus, dass sie den Vertrag bis zur Widerspruchserklärung fast 7 Jahre lang durch Zahlung der Prämien durchgeführt und dadurch bei der Beklagten ein schutzwürdiges Vertrauen in den Bestand des Vertrags begründet hat.
15Auf einen Schadensersatzanspruch wegen unterlassener Aufklärung über Rückvergütungen („Kick-back“) stützt sich die Klägerin im Berufungsrechtszug nicht mehr. Hierzu hat der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs zwischenzeitlich auch entschieden, dass die Kick-back-Rechtsprechung nur für eine Kapitalanlageberatung durch eine Bank gilt (Urt. v. 3. September 2014 ‑ IV ZR 145/12, Rz. 10 a.E.).
16Auf ein Widerrufsrecht nach § 355 BGB (unterjährige Zahlung als entgeltlicher Zahlungsaufschub) hat sich die Klägerin erstinstanzlich nicht berufen. Die Ausführungen des Landgerichts hierzu gehen daher ins Leere. Soweit die Klägerin sich in der Berufung nunmehr auf ein Widerrufsrecht nach § 355 BGB stützen will, handelt es sich - wie bereits im Senatsurteil vom 16. März 2012 ausgeführt - um neues Vorbringen, das nicht berücksichtigungsfähig ist (§ 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO). Der Bundesgerichtshof hat inzwischen aber auch entschieden, dass die vertraglich vereinbarte unterjährige Zahlung von Versicherungsprämien keine Kreditgewährung in Form eines entgeltlichen Zahlungsaufschubs darstellt (BGHZ 196, 150).
17Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.
18Zur Zulassung der Revision besteht nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 16. Juli 2014 keine Veranlassung mehr. Auch im Übrigen stellen sich keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung.
19Berufungsstreitwert: 3.225,15 €
20(zur Streitwertberechnung s. Senatsbeschl. v. 28. Januar 2015 - 20 W 72/14 -)
(1) Hat der Verbraucher seine auf den Abschluss eines Vertrags gerichtete Willenserklärung wirksam widerrufen und liegen die Voraussetzungen für einen verbundenen Vertrag nicht vor, so ist er auch an seine auf den Abschluss eines damit zusammenhängenden Vertrags gerichtete Willenserklärung nicht mehr gebunden. Auf die Rückabwicklung des zusammenhängenden Vertrags ist § 358 Absatz 4 Satz 1 bis 3 entsprechend anzuwenden. Widerruft der Verbraucher einen Teilzeit-Wohnrechtevertrag oder einen Vertrag über ein langfristiges Urlaubsprodukt, hat er auch für den zusammenhängenden Vertrag keine Kosten zu tragen; § 357c Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.
(2) Ein zusammenhängender Vertrag liegt vor, wenn er einen Bezug zu dem widerrufenen Vertrag aufweist und eine Leistung betrifft, die von dem Unternehmer des widerrufenen Vertrags oder einem Dritten auf der Grundlage einer Vereinbarung zwischen dem Dritten und dem Unternehmer des widerrufenen Vertrags erbracht wird. Ein Darlehensvertrag ist auch dann ein zusammenhängender Vertrag, wenn das Darlehen, das ein Unternehmer einem Verbraucher gewährt, ausschließlich der Finanzierung des widerrufenen Vertrags dient und die Leistung des Unternehmers aus dem widerrufenen Vertrag in dem Darlehensvertrag genau angegeben ist.
Gründe
Oberlandesgericht München
Az.: 14 U 103/13
IM NAMEN DES VOLKES
Verkündet am 12.11.2015
21 O 868/12 LG Kempten (Allgäu)
... Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Nichtamtlicher Leitsatz:
In dem Rechtsstreit
…
- Klägerin und Berufungsbeklagte -
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte …
gegen
…
- Beklagte und Berufungsklägerin -
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte …
wegen Forderung
erlässt das Oberlandesgericht München - 14. Zivilsenat - durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht …, den Richter am Oberlandesgericht … und die Richterin am Oberlandesgericht … aufgrund des Sachstands vom 08.10.2015 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 128 Abs. 2 ZPO folgendes
Endurteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Kempten
1. Die Klägerin und Widerbeklagte wird verurteilt, an die Beklagte und Widerklägerin 3.065,18 € zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 1.5.2012 zu zahlen.
2. Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen und die Berufung gegen die Abweisung der Widerklage zurückgewiesen.
3. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin und Widerbeklagte 34%, die Beklagte und Widerklägerin 66%.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Jede Partei kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
1. Die beklagte Partei zu verurteilen, an die Klägerin 390,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz des BGB jeweils aus 195,00 Euro seit dem 2.5.2010, 2.6.2010 sowie 10,00 Euro vorgerichtlicher Mahnkosten und als weitere Nebenforderung 64,26 Euro Rechtsanwaltsgebühren (Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG) zu zahlen.
2. Gemäß § 108 Abs. 1 S. 2 ZPO eine von Kläger zu erbringende Sicherheit durch eine schriftliche, unwiderrufliche, unbedingte und unbefristete Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts leisten zu können.
3. Ferner beantragt sie die Abweisung nachstehender Widerklageanträge.
Klageabweisung und darüber hinaus,
1. die Klägerin wird verurteilt, an die Beklagte 8.678,10 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
2. Die Klägerin wird verurteilt, an die Beklagte Rechtsanwaltskosten für die außergerichtliche Tätigkeit in Höhe von 1.737,64 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über den jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 20 .Februar 2013 verkündete Urteil der 26. Zivilkammer des Landgerichts Köln ‑ 26 O 287/12 - wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn die Beklagte nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird zugelassen.
1
Gründe
2I.
3Der Kläger unterhielt bei der Beklagten eine fondsgebundene Rentenversicherung mit Versicherungsbeginn zum 1. September 2006. Mit Anwaltsschreiben vom 26. Oktober 2011 erklärte der Kläger u.a. den Widerspruch nach § 5a VVG, hilfsweise die Kündigung. Die Beklagte zahlte zum Abrechnungsstichtag 1. Dezember 2012 abzüglich eines Beitragsrückstandes von 330,76 € und eines Stornoabzugs von 364,40 € einen Rückkaufswert von 5.138,88 € aus. Den Stornoabzug erstattete sie im Februar 2013.
4Mit der Klage verlangt der Kläger von der Beklagten die verzinsliche Rückerstattung der geleisteten Prämien (9.754,95 €) abzüglich des ausgekehrten Rückkaufswerts.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er sei berechtigt gewesen, dem Vertragsschluss noch im Jahr 2011 gemäß § 5 a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. zu widersprechen. Er hat in Abrede gestellt, über sein Widerspruchsrecht ordnungsgemäß belehrt worden zu sein. Den Erhalt des Versicherungsscheins hat er mit Nichtwissen bestritten. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, das in § 5 a VVG a.F. normierte Policenmodell, insbesondere die Jahresfrist des § 5 a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. verstoße gegen europäisches Gemeinschaftsrecht. Ferner hat der Kläger die Klageforderung darauf gestützt, dass er von der Beklagten nicht über die Zahlung verdeckter Rückforderungen unterrichtet worden sei, weshalb diese ihm zur Leistung von Schadensersatz verpflichtet sei. Hilfsweise verfolgt der Kläger einen Anspruch auf Zahlung der Hälfte des ungezillmerten Deckungskapitals.
5Der Kläger hat beantragt,
61. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 6.917,60 € € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
72. hilfsweise für den Fall, dass der Klageantrag zu Ziffer 1. nicht durchgreift, die Beklagte zu verurteilen, an einen von ihm zu benennenden, mit Ausnahme gegenüber dem Gericht allgemein zur Verschwiegenheit verpflichteten Versicherungsmathematiker hinsichtlich des vormals zwischen den Parteien bestehenden fondsgebundenen Rentenversicherungsvertrages mit der Nr. 3168xxxxx Auskunft darüber zu erteilen,
8a)
9welchen Rückkaufswert (gemäß § 176 Abs. 1 und 3 VVG) der Versicherungsvertrag im Zeitpunkt seiner Beendigung hatte, dies jeweils ohne Durchführung eines „Abzugs“ gemäß § 176 Abs. 4 VVG bzw. § 174 Abs. 4 VVG;
10b)
11wie hoch das mit den Rechnungsgrundlagen der Prämienkalkulation berechnete ungezillmerte Deckungskapital des Vertrags im Zeitpunkt seiner Beendigung war;
12c)
13welche Überschussbeteiligung an dem Vertrag im Zeitpunkt seiner Beendigung bereits zugewiesen worden war und welche Kapitalertragssteuern und Solidaritätszuschläge hierauf an die Finanzverwaltung abgeführt wurden;
14d)
15ob und wenn ja in welcher Höhe von Seiten der Kapitalanlagegesellschaft K Management S.a.R.I., B S.A.; G, U Funds S.A., B2 GmbH, oder der O Funds S.A. Rückvergütungen an die Beklagte für die Anlage seiner Versicherungsbeiträge in Aktienfonds gezahlt worden sind;
16wobei die Auskunft durch die Abgabe der angewandten Formelwerke und der zur Anwendung der Formelwerke erforderlichen Einsatzwerte in nachvollziehbarer und nachprüfbarer Weise zu erfolgen hat,
17e)
18sowie einen sich nach Auskunft ergebenden Betrag nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
19Die Beklagte hat beantragt,
20die Klage abzuweisen.
21Sie hat behauptet, der Kläger habe den Versicherungsschein mit allen notwendigen Unterlagen erhalten. Die Belehrung über das Widerspruchsrecht sei wirksam. Das Policenmodell sei europarechtskonform. Etwaige Ansprüche seien zudem verwirkt.
22Den Klageantrag zu 2. b) haben die Parteien übereinstimmend für erledigt erklärt. Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 20. Februar 2013, auf das wegen der tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen wird, abgewiesen.
23Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der den erstinstanzlich gestellten Hauptantrag auf Zahlung von 6.917,60 € abzüglich des erstatteten Stornoabzugs von 364,40 € - insoweit haben die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt – weiterverfolgt. Er hält die Widerspruchsbelehrung für formal fehlerhaft; es fehle an einer ausreichenden drucktechnischen Hervorhebung. Mit Blick darauf, dass er nicht mehr im Besitz des Original-Versicherungsscheins ist, bestreitet der Kläger weiterhin „den Inhalt der Original-Widerspruchsbelehrung“. Das Policenmodell hält er für europarechtswidrig.
24Die Beklagte, die die Zurückweisung der Berufung beantragt, verteidigt das angefochtene Urteil.
25Wegen aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
26II.
27Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg.
28Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen in vollem Umfang Bezug auf die Ausführungen im Hinweisbeschluss vom 17. Juli 2013, an denen festgehalten wird.
29Ergänzend ist unter Berücksichtigung des Schriftsatzes des Klägers vom 5. September 2013 lediglich folgendes auszuführen:
30Der Kläger macht geltend, die Widerspruchsbelehrung sei deshalb unzureichend, weil die Beklagte ihn mehrfach unterschiedlich, nämlich außer im Versicherungsschein noch im Antrag (s. GA 67, Ziffer 6 der Schlusserklärung) und in den Verbraucherinformationen (GA 20), belehrt habe. In diesem Fall könne nicht alleine auf die Belehrung im Versicherungsschein abgestellt werden.
31Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Belehrung im Versicherungsschein maßgebend (VersR 2004, 497). Wird der Versicherungsnehmer – wie hier – mehrfach belehrt, kann dies an der Wirksamkeit der Belehrung allenfalls dann etwas ändern, wenn die weiteren Belehrungen fehlerhaft sind und deshalb in einem Widerspruch zur Belehrung im Versicherungsschein stehen. Das aber ist vorliegend nicht der Fall. Die Belehrung in Ziff. 6 der Schlusserklärung im Antrag und die Belehrung in den Verbraucherinformationen lauten jeweils wortgleich:
32Sie können innerhalb einer Frist von 30 Tagen nach Abschluss der Versicherung in Textform widersprechen. Diese Frist beginnt mit dem Zugang des Versicherungsscheins mit den Versicherungsbedingungen und den weiteren für den Vertragsinhalt maßgebenden Verbraucherinformationen gemäß § 10a Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG). Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerspruchs.
33Diese Belehrung ist inhaltlich zutreffend und entspricht der Belehrung im Versicherungsschein.
34Die Ausführungen der Generalanwältin T in ihren Schlussanträgen vom 11. Juli 2013 in der Rechtssache C-209/12, die sich ‑ über die Frage des Vorlagebeschlusses des Bundesgerichtshofs vom 28. März 2012 (IV ZR 76/11, VersR 2012, 608) hinaus – in der Sache auch mit der Europarechtskonformität des Policenmodells als solchem beschäftigen, geben dem Senat keinen Anlass, von seiner bisherigen Auffassung, wonach das Policenmodell als solches mit europäischem Recht in Einklang steht, abzuweichen.
35Soweit es eine mögliche Europarechtswidrigkeit in Bezug auf Art. 31 der Dritten Lebensversicherungsrichtlinie (Richtlinie 92/96/EWG vom 10. November 1992) angeht, bleibt es bei den im vorgenannten Hinweisbeschluss angeführten Erwägungen. Die Generalanwältin dürfte zwar (anders als die Europäische Kommission in ihrer Stellungnahme vom 12. Oktober 2006 im Vertragsverletzungsverfahren 2007/5046) die Konstruktion einer schwebenden Vertragsunwirksamkeit bis zum Ablauf der wirksam in Gang gesetzten Widerspruchsfrist, die dem Policenmodell des § 5a Abs. 1 VVG a.F. zugrunde liegt, erkannt haben (Schlussanträge Ziff. 28). Sie argumentiert indes, die nach der Richtlinie erforderlichen Informationen müssten vor der Wahl eines bestimmten Versicherers und eines bestimmten Vertrags erfolgen (Ziff. 59), also letztlich vor der Abgabe eines konkreten Angebots des Versicherungsnehmers auf Abschluss eines Lebensversicherungsvertrags (vgl. Ziff. 62). Hergeleitet wird dies aus dem Zweck der Mitteilungspflicht, den Versicherungsnehmer in die Lage zu versetzen, den seinen Bedürfnissen am ehesten entsprechenden Vertrag auszuwählen (Ziff. 59). Dies wird gestützt auf den 23. Erwägungsgrund der Dritten Lebensversicherungsrichtlinie, der lautet:
36Im Rahmen eines einheitlichen Versicherungsmarkts wird dem Verbraucher eine größere und weiter gefächerte Auswahl von Verträgen zur Verfügung stehen. Um diese Vielfalt und den verstärkten Wettbewerb voll zu nutzen, muß er im Besitz der notwendigen Informationen sein, um den seinen Bedürfnissen am ehesten entsprechenden Vertrag auszuwählen. Da die Dauer der Verpflichtungen sehr lang sein kann, ist diese Information für den Verbraucher noch wichtiger. Folglich sind die Mindestvorschriften zu koordinieren, damit er klare und genaue Angaben über die wesentlichen Merkmale der ihm angebotenen Produkte und über die Stellen erhält, an die etwaige Beschwerden der Versicherungsnehmer, Versicherten oder Begünstigten des Vertrages zu richten sind.
37Aus der Formulierung in Satz 2 des 23. Erwägungsgrundes („…Vertrag auszuwählen“) kann aber nicht zwingend hergeleitet werden, dass die notwendigen Informationen erfolgen müssen, bevor der Versicherungsnehmer eine ihn wegen des Widerspruchsrechts gemäß § 5a Abs. 1 VVG a.F. noch nicht bindende Vertragserklärung abgegeben hat. Demgemäß heißt es in Art. 31 Absatz 1 der Dritten Lebensversicherungsrichtlinie auch nicht, dass die erforderlichen Informationen vor Abgabe einer auf einen Vertragsschluss gerichteten Willenserklärung, sondern „vor Abschluss des Versicherungsvertrags“ zu erfolgen haben. Daraus muss gefolgert werden, dass dem Zweck der Informationspflicht auch dann genügt ist, wenn die Informationen erfolgen, bevor für den Versicherungsnehmer eine vertragliche Bindung eingetreten ist. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung des EFTA-Gerichtshofs vom 13. Juni 2013 in der Rechtssache E-11/12. Dort ist lediglich ausgeführt, Ziel der Dritten Lebensversicherungsrichtline sei es, den Verbraucher dadurch zu schützen, dass dieser im Besitz der notwendigen Informationen ist, wenn er seine Wahl trifft (Ziff. 62 der Entscheidungsgründe). Diese Wahl kann der Versicherungsnehmer beim Vertragsschluss nach dem Policenmodell durch die Ausübung des Widerspruchsrechts, das keiner näheren Begründung bedarf, ausüben.
38Das Policenmodell steht auch im Einklang mit Art. 15 der Zweiten Lebensversicherungsrichtlinie (Richtlinie 90/619/EWG vom 8. November 1990). Nach Abs. 1 des Art. 15 der Zweiten Lebensversicherungsrichtlinie muss einem Versicherungsnehmer bei einem Lebensversicherungsvertrag von dem Zeitpunkt an, zu dem er davon in Kenntnis gesetzt wird, dass der Vertrag geschlossen ist, eine Frist zwischen 14 und 30 Tagen eingeräumt werden, um vom Vertrag zurücktreten zu können. Den Ausführungen der Generalanwältin dürfte zu entnehmen sein, dass sie die Auffassung vertritt, Art. 15 Absatz 1 verlange, dass das Rücktrittsrecht zu einem Zeitpunkt zu gewähren ist, zu dem der Vertrag bereits für beide Teile bindend geschlossen worden ist (s. Ziff. 60 der Schlussanträge: „Es liegt auf der Hand, dass ein Rücktritt von einem Vertrag, der noch nicht geschlossen ist, weil kein Angebot und keine Annahme vorliegen, die zu einer Vereinbarung der Parteien mit bindenden Vertragsbedingungen führen, nicht möglich ist.“).
39Nach nationalem Recht hat der Versicherungsnehmer bei einem Vertragsabschluss nach dem Policenmodell kein Rücktrittsrecht. Dieses wird nach der ausdrücklichen Regelung in § 8 Abs. 6 VVG a.F. durch das Widerspruchsrecht nach § 5a VVG a.F. ersetzt. Die Generalanwältin scheint demgegenüber verlangen zu wollen, dass dem Versicherungsnehmer bei der Konstruktion des Vertragsabschlusses nach dem Policenmodell ein Rücktrittsrecht einzuräumen ist, wenn der Vertrag mit Ablauf der Widerspruchsfrist bindend geworden ist (so Ziff. 63 und 64).
40Art. 15 Absatz 1 Zweite Richtlinie Leben geht davon aus, dass die Rücktrittsfrist beginnt, wenn der Versicherungsnehmer davon in Kenntnis gesetzt wird, „dass der Vertrag geschlossen ist“. Damit muss aber nicht zwingend ein für beide Seiten uneingeschränkt bindender Vertrag gemeint sein Die vom deutschen Gesetzgeber gewählte Konstruktion der schwebenden Unwirksamkeit des Vertrags bis zum Ablauf der Widerspruchsfrist bei Abschluss nach dem Policenmodell bedeutet nicht, dass der Vertrag bis zum Ablauf der Frist ohne jegliche Bindung ist. Auch ein schwebend unwirksamer Vertrag entfaltet eine Bindungswirkung: Insbesondere kann sich der andere Vertragspartner (vorliegend die Versicherung) nicht einseitig vom Vertrag lösen (vgl. zur Bindungswirkung bei schwebender Unwirksamkeit: Staudinger-Knothe, Neubearbeitung 2011, § 108 BGB, Rn. 3). Wenn die Versicherung beim Vertragsschluss nach dem Policenmodell den Versicherungsschein nebst den erforderlichen Unterlagen und der Belehrung über das Widerspruchsrecht übersendet, dann lässt sich das durchaus als Mitteilung, dass damit der Vertrag geschlossen ist, deuten (so auch OLG München, Urt. v. 10. Oktober 2013 – 14 U 1804/13 -, juris-Rz. 40). Aus Art. 15 Abs. 1 der Zweiten Lebensversicherungsrichtlinie lässt sich nicht herleiten, dass dem Versicherungsnehmer bei Abschluss nach dem Policenmodell zwei Lösungsrechte zugebilligt werden müssen (nämlich ein Widerspruchsrecht und anschließend noch ein Rücktrittsrecht). Auch bei Vertragsschluss nach dem Policenmodell hat der Versicherungsnehmer die Möglichkeit, sich innerhalb der Frist, die Art. 15 Absatz 1 der Zweiten Lebensversicherungsrichtlinie vorschreibt, vom Versicherungsvertrag zu lösen, indem er den Widerspruch erklärt. Dass diese Erklärung nach der Konstruktion des Policenmodells bewirkt, dass der Vertrag als von vornherein nicht zustande gekommen anzusehen ist, begünstigt den Versicherungsnehmer sogar, weil das europarechtliche Rücktrittsrecht eine solche Rückwirkung nicht notwendig entfalten muss, denn die Rechtswirkungen des Rücktritts beschreibt Art. 15 Abs. 1 Satz 2 der Zweiten Lebensversicherungsrichtlinie dahin, dass der Versicherungsnehmer für die Zukunft von allen aus dem Vertrag resultierenden Verpflichtungen befreit ist.
41Nach allem hält der Senat das Policenmodell als solches weiterhin für europarechtskonform. Welche Folgen sich aus einer etwaigen Europarechtswidrigkeit des Policenmodells bzw. der Regelung über die Jahresfrist des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. für die Anwendung des nationalen Rechts ergeben würden, bedarf keiner Erörterung (vgl. dazu OLG München, aaO).
42Der Senat lässt die Revision zu. Ob das Policenmodell als solches europarechtskonform ist, dürfte sich unter Berücksichtigung der Äußerungen der Generalanwältin T nunmehr als eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung darstellen. Mit Blick auf die Revisionszulassung sieht der Senat von einer Vorlage an den Europäischen Gerichtshof ab (vgl. Art. 267 AEUV).
43Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 91a Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Soweit der Rechtsstreit in der Berufungsinstanz teilweise nach Rückerstattung des Stornoabzugs übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist, ist eine anteilige Belastung der Beklagten mit den Kosten in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO nicht angezeigt.
44Berufungsstreitwert: 6.917,60 €, ab dem 15.11.2013: 6.553,20 €
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
(1) Haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung oder durch Einreichung eines Schriftsatzes oder zu Protokoll der Geschäftsstelle den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, so entscheidet das Gericht über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen durch Beschluss. Dasselbe gilt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes widerspricht, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.
(2) Gegen die Entscheidung findet die sofortige Beschwerde statt. Dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt. Vor der Entscheidung über die Beschwerde ist der Gegner zu hören.
Hat der Beklagte nicht durch sein Verhalten zur Erhebung der Klage Veranlassung gegeben, so fallen dem Kläger die Prozesskosten zur Last, wenn der Beklagte den Anspruch sofort anerkennt.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.