Landgericht Karlsruhe Urteil, 30. Apr. 2015 - 15 O 10/14 KfH IV

bei uns veröffentlicht am30.04.2015

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.340,27 EUR nebst Zinsen von fünf Prozentpunkten über Basiszins seit 01.10.2013 zu bezahlen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten der Streithelferin.

4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

 
Die Klägerin ist Warentransportversicherer der R. … GmbH in I. (künftig: R.). Sie nimmt die Beklagte als Frachtführer wegen verlorengegangener Pakete auf Schadensersatz in Anspruch.
Zwischen der Klägerin und der R. besteht eine Transport-General-Police vom 07.02.2011 mit einem Selbstbehalt von 1.000,00 EUR. Am 11.01.2013 übernahm die Beklagte durch den von ihr eingesetzten Unterfrachtführer, die Streithelferin Firma H., von R. eine größere Menge von Paketen, welche zumindest teilweise in die Tschechische Republik befördert werden sollten. Zwischen R. und der Beklagten bestand eine ständige Geschäftsbeziehung, in deren Rahmen die Beklagte Pakete übernahm und beförderte; auf den zwischen den Vertragsparteien geschlossenen "Dienstleistungsvertrag" mit dem Stand vom 12.09.2005 (Anlagenheft 377 ff.) wird wegen der Einzelheiten verwiesen. Die für die Tschechische Republik bestimmten Pakete gingen jedenfalls zu einem gewissen Teil aufgrund eines Diebstahls verloren, wobei ein Teil des Diebesgut später von der Polizei sichergestellt werden konnte.
Die Klägerin macht aus übergegangenem Recht einen Schadensersatzanspruch gemäß Art. 3, 17, 29 CMR geltend, weil die Beklagte bzw. die Streithelferin als Erfüllungsgehilfin den Schaden mindestens leichtfertig verursacht habe. Sie trägt hierzu vor, an ihre Versicherungsnehmerin (R.) unter Berücksichtigung des Selbstbehalts eine Entschädigungsleistung von 24.731,25 EUR über die F. … Versicherungsmakler GmbH geleistet zu haben. Sämtliche Ansprüche der R. seien ihr abgetreten worden, jedenfalls greife der gesetzliche Forderungsübergang gemäß § 86 VVG, welchem auch kein Abtretungsverbot entgegenstehe. Im Hinblick auf die Kenntnis der Beklagten von den Inhalten der Pakete hat die Klägerin zunächst vorgetragen, der Beklagten sei bekannt, dass R. mit elektronischen Bauteilen handele und die Sendungswerte pro Paket zum Teil 20.000,00 EUR und mehr erreichen könnten, wobei die Beklagte seit Jahren entsprechende Sendungen vorbehaltlos zur Beförderung annehme. Später hat sie formuliert, dass selbst für den Fall, dass die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten den Transportverträgen zugrunde liegen sollten, jedenfalls in allen Einzelheiten zwischen der Beklagten und R. vereinbart gewesen sei, dass R., die zur Kenntnis der Beklagten mit elektronischen Bauteilen handele, Sendungswerte pro Paket von bis zu 20.000,00 EUR zur "normalen" Beförderung übergebe und die Beklagte wisse, welche Werte pro Paket zum Versand kämen. Die Beklagte schließe solche Pakete nicht vom Versand aus, habe niemals auf eine Wertdeklaration oder darauf verwiesen, für solche Sendungen nicht einstehen zu wollen. Vielmehr habe sie mit R. dezidiert vereinbart, dass solche Sendungen ohne Wertdeklaration und ohne Höherversicherung transportiert würden. Schließlich hat die Klägerin nach gerichtlichem Hinweis sowie nach Hinweis der Beklagten auf Vortrag in einem Parallelverfahren ihr Vorbringen erneut wie folgt geändert: "Die Klägerin behauptet nicht, dass dies explizit abgesprochen worden wäre, vielmehr hat sie die entsprechenden Zeugen dahingehend benennen wollen und benannt, dass den jeweiligen Parteien dies bei den Vertragsverhandlungen im Sinne eines sachgedanklichen Mitbewusstseins bewusst war. Es bedurfte mithin, angesichts der Waren, welche die Firma R. herstellt und vertreibt, keines Hinweises darauf, dass die entsprechenden Klauseln in den AGB der Beklagten im Regelfall deren Versandwerte evident überschreiten würden, und dies beidseitig im Sinne der laufenden und ständigen Geschäftsbeziehung selbstverständlich nicht im Wege stehen soll."
Die Klägerin bestreitet die Geltung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten, hält diese jedenfalls für unwirksam. Die an die Beklagte übergebenen Pakete ergäben sich aus den als Anlage BLD 6 und 7 (Anlagenheft 55 ff.) vorgelegten Übernahmelisten, auf welche hier Bezug zu nehmen ist. Für den Sendungsinhalt spreche nach der Rechtsprechung eine Vermutung, wobei die Klägerin insoweit auf die als Anlagen BLD 8 ff. vorgelegten Rechnungen in tschechischer Sprache Bezug nimmt (Anlagenheft 133 ff.). Für die Zuordnung der Positionsnummern aus den Ladelisten zu den Rechnungen wird auf den klägerischen Vortrag im Schriftsatz vom 14.07.2014, Seite 5, AS. 293, verwiesen. Auf Hinweis des Gerichts hat die Klägerin ihren Vortrag mit Schriftsatz vom 11.03.2015, Seite 2 f., AS. 813 f., präzisiert; hierauf wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen. Danach sollen 22 Pakete verlustig gegangen sein. Die Klägerin ergänzt, soweit Diebesgut wiedergefunden wurde, habe es gleichwohl wegen der Feuchtigkeitsexposition bei Öffnung der Pakete durch die Diebe Totalschaden erlitten.
Die Klägerin wirft der Beklagten bzw. der Streithelferin vor, in Anbetracht ihres Wissens um die Versendung hochwertiger, diebstahlsgefährdeter Elektronik unzureichende Vorkehrungen gegen einen Diebstahl getroffen zu haben. Das qualifizierte Verschulden gemäß Art. 29 CMR i.V.m. § 435 HGB sei schon deswegen anzunehmen, weil die Beklagte ihrer sekundären Darlegungslast nicht nachgekommen sei. Aus der Strafakte ergäben sich Umstände des Diebstahls, die den Schluss darauf zuließen, dass die Beklagte bzw. die Streithelferin die Sicherheitsinteressen des Vertragspartners krass missachtet hätten. Wegen des Leichtfertigkeitsvorwurfs wird des Näheren auf den gesamten klägerischen Vortrag Bezug genommen. Die Klägerin ist der Auffassung, dass wegen Art. 41 CMR eine Haftungsbeschränkung nicht eintrete; der R. sei auch kein Mitverschulden anzulasten.
Die Klägerin beantragt:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 25.731,23 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 01.10.2013 zu bezahlen.
Sie stellt ferner hilfsweise folgenden Antrag:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin alle Ansprüche, die ihr gegen die H. … GmbH & Co. KG, …, aus dem Transport von 22 Paketen mit den Paketnummern … vom 12./13.01.2013 zustehen oder zustehen werden, an die Klägerin abzutreten.
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Die Beklagte beantragt
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Klagabweisung.
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Dem Rechtsstreit ist auf Seiten der Beklagten die Spedition H. … GmbH & Co. KG beigetreten, die ebenfalls beantragt hat,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte und die Streithelferin tragen übereinstimmend vor, ihnen sei weder allgemein noch im konkreten Fall bekannt gewesen, welchen Inhalt die übernommenen Pakete gehabt hätten. Aus den einbezogenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten ergebe sich, dass Werte über 520,00 EUR angegeben werden müssten und bei einem Wert von über 13.000,00 EUR ein Beförderungsausschluss greife. Ein Zusammenhang der vorgelegten Ladelisten mit dem streitgegenständlichen Transport werde bestritten, dasselbe gelte für den Zusammenhang der nicht in der Gerichtssprache verfassten und nicht aus sich heraus verständlichen Rechnungen mit den verlorengegangenen Gütern. Die übernommenen Pakete hätten sich zusammen mit Paketen anderer Versender in einer Kasten-Wechselbrücke mit angebrachter Plombe befunden. Der Lkw sei durch den Fahrer der Streithelferin am 12.01.2013 um 4.20 Uhr übernommen und um 6.00 Uhr gegenüber der rund um die Uhr besetzten Pforte des Depots der Beklagten an einer Durchgangsstraße des Gewerbegebiets in Nürnberg abgestellt worden, um ihn am Montagvormittag zur Weiterfahrt nach Tschechien wieder abzuholen. Die Örtlichkeit sei zur Nachtzeit gut beleuchtet, regelmäßig stünden dort Lkw's, so auch zur Tatzeit. Einen vergleichbaren Vorfall habe es vor dem Betriebsgelände der Beklagten in Nürnberg noch nicht gegeben. Die Diebe seien nach den polizeilichen Ermittlungen mit einem Kastenwagen an den Lkw herangefahren, was sich auch aus einer Videoaufzeichnung vom Gelände des Depots aus ergebe, ohne dass insoweit eine Pflicht zur ständigen Beobachtung der Videoaufzeichnung oder zum Einschreiten seitens Mitarbeitern der Beklagten bestanden hätte. Danach könne der Beklagten bzw. der Streithelferin der Vorwurf eines qualifizierten Verschuldens nicht gemacht werden.
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Wegen fehlender Wertdeklaration bzw. in einem Fall der Andienung von Verbotsgut müsse sich die Klägerin zudem ein haftungsausschließendes Mitverschulden entgegenhalten lassen. Im Hinblick auf die Schadenshöhe berufen sich die Beklagte und die Streithelferin darauf, einige der Pakete seien sehr wohl an ihrem Bestimmungsort abgeliefert worden. Im Hinblick auf die gewichtsbezogen begrenzte Haftung nach Art. 23 CMR müsse zunächst die Klägerin substantiiert zu den tatsächlich verlustig gegangenen Paketen vortragen, bevor das Gesamtgewicht der betroffenen Pakete, welches beim Einrollen im Depot erhoben werde, angegeben werden könne. Schließlich bringen die Beklagte und die Streithelferin im Hinblick auf den Hilfsantrag der Klägerin vor, dass zwischen ihnen vertraglich vereinbarte Regressregelungen nicht bestünden, vielmehr ebenfalls nur eine Haftung nach CMR im Raum stehe.
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Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 05.02.2015 hat die Beklagte die Aktivlegitimation der Klägerin unstreitig gestellt. Mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 23.04.2015 hat die Klägerin ergänzend zu den Gewichten der einzelnen Sendungen und zur Frage des qualifizierten Verschuldens vorgetragen.
17 
Wegen der Einzelheiten des Vortrags, insbesondere auch zur geltend gemachten Schadenshöhe, wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Ferner wird auf das Strafurteil des Landgerichts Fulda vom 25.04.2014 - 12 Js 2954/13 - 1 KLs - verwiesen (AS. 585 ff.).
18 
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Verlesung von Ausschnitten der Ermittlungsakte im Verfahren der Staatsanwaltschaft Fulda, 12 Js 2954/13, und durch Augenschein hinsichtlich der vorgelegten und in der Ermittlungsakte enthaltenen Lichtbilder. Wegen des Beweisergebnisses wird auf die Sitzungsniederschrift vom 05.02.2015 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
19 
Die Klage ist zulässig, insbesondere zu einem gem. Art. 31 Nr. 1 Satz 1 litt. b CMR zuständigen Gericht erhoben. Sie ist jedoch in der Sache nur zum kleinen Teil begründet, in ihrem Hilfsantrag ist sie abzuweisen.
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Ein erheblicher Teil des sich teilweise wiederholenden, teilweise wenig zielführend bestreitenden Vortrags der Parteien kann dahinstehen, zumal die Beklagte auf Hinweis des Gerichts zuletzt die Aktivlegitimation der Klägerin unstreitig gestellt hat. Daher ist zu Gunsten der Klägerin zu unterstellen bzw. zugrunde zu legen, dass sie als Warentransportversicherer der R. eine Entschädigungsleistung in der behaupteten Höhe geleistet hat und nunmehr aufgrund umfassender Abtretung seitens der R., jedenfalls aber aufgrund der Cessio legis des § 86 VVG berechtigt ist, Schadensersatz aus übergegangenem Recht geltend zu machen.
21 
Die Klage ist jedoch überwiegend abzuweisen, weil der Klägerin der Beweis einer leichtfertigen, die Sicherheitsinteressen der R. krass missachtenden Verursachung des Schadens nicht gelungen ist (A.). Die Klage ist damit nur insoweit begründet, als sich dies aus der Regelhaftung des Art. 23 CMR ergibt (B.). Der Hilfsantrag auf Abtretung von Regressansprüchen gegen die Streithelferin ist nicht begründet (C.).
A.
22 
Die Beklagte haftet nicht unbeschränkt nach Art. 29 CMR.
23 
1. Auf den von der Versicherungsnehmerin der Klägerin in Auftrag gegebenen Transport sind die Bestimmungen des Übereinkommens über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr (CMR) anwendbar. Die Vorschriften der CMR gelten nach Art. 1 Abs. 1 des Übereinkommens für jeden Vertrag über die entgeltliche Beförderung von Gütern auf der Straße mittels Fahrzeugen, wenn der Ort der Übernahme des Gutes und der für die Ablieferung vorgesehene Ort in zwei verschiedenen Staaten liegen, von denen mindestens einer ein Vertragsstaat ist. Im Streitfall sollte das Gut per Lkw von I. nach Tschechien befördert werden. Sowohl Deutschland als auch Tschechien gehören zu den Vertragsstaaten der CMR.
24 
2. Nach Art. 17 Abs. 1 CMR haftet der Frachtführer für den Verlust des Gutes, sofern der Verlust - wie hier - zwischen dem Zeitpunkt der Übernahme des Gutes und dem seiner Ablieferung eintritt. Vollen Schadensersatz über die Beschränkung des Art. 23 Abs. 3 CMR hinaus schuldet die Beklagte nur dann, wenn die Voraussetzungen des Art. 29 CMR vorliegen. Nach dieser Bestimmung kann sich der Frachtführer nicht auf Haftungsbeschränkungen berufen, wenn er den Schaden vorsätzlich oder durch ein dem Vorsatz gleichstehendes Verschulden verursacht hat (Art. 29 Abs. 1 CMR). Das Gleiche gilt, wenn seinen Bediensteten oder Verrichtungsgehilfen ein solches qualifiziertes Verschulden zur Last fällt (Art. 29 Abs. 2 Satz 1 CMR). Da auf den zwischen der Versicherungsnehmerin und der Beklagten geschlossenen Beförderungsvertrag gemäß Art. 5 Abs. 1 der Rom-I-VO deutsches Recht zur Anwendung kommt, ist ergänzend § 435 HGB heranzuziehen (vgl. BGH, Urteil vom 04.07.2013 - I ZR 156/12, TranspR 2014, 146 Rn. 15). Nach dieser Vorschrift kann sich der Frachtführer nicht auf gesetzliche oder vertraglich vereinbarte Haftungsbeschränkungen berufen, wenn der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen ist, die der Frachtführer oder eine in § 428 HGB genannte Person vorsätzlich oder bewusst leichtfertig begangen hat.
25 
Das Tatbestandsmerkmal der Leichtfertigkeit erfordert einen besonders schweren Pflichtenverstoß, bei dem sich der Frachtführer oder seine Leute in krasser Weise über die Sicherheitsinteressen des Vertragspartners hinwegsetzen. Das subjektive Erfordernis des Bewusstseins von der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts ist eine sich dem Handelnden aus seinem leichtfertigen Verhalten aufdrängende Erkenntnis, es werde wahrscheinlich ein Schaden entstehen (BGH, Urteil vom 12.01.2012 - I ZR 214/10, TranspR 2012, 107 Rn. 27). Welche Sicherheitsvorkehrungen der Frachtführer ergreifen muss, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Dabei kann sich die in § 435 HGB geforderte Leichtfertigkeit aus einer mangelhaften Organisation des Betriebsablaufs oder sonstigen Umständen ergeben. Je größer die mit der Güterbeförderung verbundenen Risiken sind, desto höhere Anforderungen sind an die zu treffenden Sicherheitsmaßnahmen zu stellen. Von erheblicher Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, ob das transportierte Gut leicht verwertbar und damit besonders diebstahlgefährdet ist, welchen Wert es hat, ob dem Frachtführer die besondere Gefahrenlage bekannt sein musste und welche konkreten Möglichkeiten einer gesicherten Fahrtunterbrechung es gab, um vorgeschriebene Ruhezeiten einzuhalten (BGH, Urteil vom 01.07.2010 - I ZR 176/08, BeckRS 2010, 29170, Rn. 21).
26 
3. Grundsätzlich hat der Anspruchsteller die Voraussetzungen für den Wegfall der zu Gunsten des Frachtführers bestehenden gesetzlichen oder vertraglichen Haftungsbegrenzungen darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen. Danach trägt er die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Frachtführer oder seine Leute vorsätzlich oder leichtfertig und in dem Bewusstsein gehandelt haben, dass ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde (BGH, Urteil vom 10.12.2009 - I ZR 154/07, NJW 2010, 1816 Rn. 16). Die dem Anspruchsteller obliegende Darlegungs- und Beweislast kann jedoch dadurch gemildert werden, dass der Frachtführer angesichts des unterschiedlichen Informationsstands der Vertragsparteien nach Treu und Glauben gehalten ist, soweit möglich und zumutbar zu den näheren Umständen des Schadensfalls eingehend vorzutragen. Eine solche sekundäre Darlegungslast des Anspruchsgegners ist zu bejahen, wenn der Klagevortrag ein qualifiziertes Verschulden mit gewisser Wahrscheinlichkeit nahelegt oder sich Anhaltspunkte für ein derartiges Verschulden aus dem unstreitigen Sachverhalt ergeben. Insbesondere hat der Frachtführer in diesem Fall substanziiert darzulegen, welche Sorgfalt er zur Vermeidung des eingetretenen Schadens konkret aufgewendet hat. An der Beweislast des Anspruchsstellers ändert dies indes nichts (BGH, a.a.O., Rn. 20; Koller, Transportrecht, 8. Aufl., § 435 HGB, Rn. 20 ff.).
27 
Im Streitfall bedarf es keiner Entscheidung, ob es in die sekundäre Darlegungslast der Beklagten gefallen wäre, neben dem Aktenzeichen der staatsanwaltlichen Ermittlungsakte auch dasjenige des sich anschließenden Gerichtsverfahren mitzuteilen, wie die Klägerin im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 23.04.2015 meint. Jedenfalls hat die Beklagte, unterstützt von der Streithelferin, umfassend dazu vorgetragen, wann, wo und in welcher Weise die unter anderem mit den streitgegenständlichen Paketen beladene Koffer-Wechselbrücke aufgebrochen und ihr Inhalt entwendet wurde. Die Beklagte durfte zu Recht davon ausgehen, dass eine weitergehende Obliegenheit zur Darlegung des Wegs der Pakete oder zur Vorlage einer Schnittstellendokumentation (vgl. BGH, Urteil vom 25.03.2004 - I ZR 205/01, BGHZ 158, 322, 330 f. m.w.N.; Urteil vom 22.05.2014 - I ZR 109/13, BeckRS 2014, 20661, Rn. 36) im Ergebnis nicht bestand. Denn wenn feststeht, wie die Pakete verlustig gegangen sind, scheiden andere Ursachen, die etwa im Verantwortungsbereich der Beklagten oder der Streithelferin liegen könnten, im Hinblick auf den konkreten Schadensfall denknotwendig aus.
28 
4. Der Klägerin ist der Beweis eines qualifizierten, der Beklagten nach Art. 3 CMR zurechenbaren Verschuldens der Streithelferin nicht gelungen. Im Gegenteil steht aufgrund der Beweisaufnahme zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die fraglichen Pakete wie von Beklagter und Streithelferin behauptet abhandengekommen sind und letztere bei dem Transport keine Sorgfaltsregeln in leichtfertiger Weise missachtet hat. Erst recht kann keine Rede davon sein, dass der Unterfrachtführer im Bewusstsein der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts gehandelt hätte.
29 
a) Wie sich aus der Inaugenscheinnahme der vorgelegten Fotos vom Tatort und der Verlesung der den Beteiligten bekannten Ermittlungs- bzw. Strafakte in Verbindung mit dem den Beteiligten ebenfalls vorliegenden Strafurteil des Landgerichts Fulda vom 25.04.2014 - 12 Js 2954/13 - 1 KLs - ergibt, haben die strafrechtlich rechtskräftig verurteilten Täter am Abend des 12.01.2013 die Verplombung des gegenüber dem Frachtumschlagplatz der Beklagten in der … in … bei Nürnberg abgestellten Containeranhängers mit dem amtl. Kennzeichen … aufgebrochen und daraus 171 Pakete mit unterschiedlichsten Waren im Wert von mindestens 90.000,- EUR entwendet, unter welchen sich unter anderem elektrische Bauteile sowie "Computerchips der Marke R.s" befanden (so das Strafurteil zum Tatkomplex Ziff. 20., S. 17 f. des Urteilsumdrucks). Der Fahrer des Lkw der Streithelferin, Herr …, hatte gegenüber der Polizei am 14.01.2013 zu Protokoll gegeben (S. 5 der Ermittlungsakte, Fallakte 46), er habe den Lkw mit Containersattel, der mit einer Plombe gesichert war, gegenüber der Ausfahrt der DPD am rechten Seitenstreifen geparkt. Die Örtlichkeit sei zur Nachtzeit ausreichend beleuchtet, aber am Sonntag wenig frequentiert. Der Mitarbeiter der Beklagten Herr … hatte angegeben (S. 20 der Fallakte), er habe den in Nürnberg aufgebrochenen Container verplombt. Die ermittelnden Beamten haben ferner eine Videoaufzeichnung ausgewertet, die von einer Überwachungskamera auf dem Gelände der Beklagten stammte. In ihrem Ermittlungsvermerk vom 03.05.2013 (S. 145 f. der Fallakte) beschreiben sie, wie auf dem Video das Heranfahren eines weißen Kastenwagens der später verurteilten Täter zu sehen sei. In diesem Bericht wird auch bereits erwähnt, dass die Prozessbevollmächtigten der Beklagten und der Streithelferin jeweils Akteneinsicht beantragt hätten. Schließlich ergibt sich ebenso wie aus dem Video (Standbilder hieraus befinden sich ausgedruckt in der Ermittlungsakte) auch aus den weiteren Lichtbildern des Tatorts, dass dieser zur Nachtzeit durch die Beleuchtung des DPD-Depots hell erleuchtet war und dort mehrere Lkw auf dem Seitenstreifen standen. Soweit die Klägerin im gem. § 296a ZPO verspäteten Schriftsatz vom 23.04.2015 vorbringt, der Lkw habe nicht im Lichtkegel einer - nicht vorhandenen - Straßenlaterne gestanden, so ergibt sich auch dies aus den Lichtbildern und könnte im Übrigen für wahr unterstellt werden.
30 
b) Bei Würdigung der gesamten Umstände haben die Beklagte bzw. die Streithelferin bei dem Transport nicht leichtfertig gehandelt. Dabei kommt es entgegen der Ansicht der Klägerin im Schriftsatz vom 07.04.2014 nicht darauf an, welche sonstigen Güter sich in dem Container befanden. Die im Einzelfall erforderlichen konkreten Sicherungsmaßnahmen ergeben sich vielmehr im Verhältnis der Parteien ausschließlich aus dem Inhalt der übergebenen Pakete, soweit dieser der Beklagten bekannt war oder sein musste.
31 
aa) Anders als eingangs des vorliegenden Rechtsstreits hat die Klägerin indes zuletzt nicht mehr behauptet, ihre Versicherungsnehmerin habe der Beklagten eine konkrete Kenntnis vom Inhalt der Pakete und deren Wert vermittelt. Sie hat vielmehr nur noch vorgebracht, bei den Vertragsverhandlungen zwischen R. und der Beklagten sei es den Parteien im Sinne eines "sachgedanklichen Mitbewusstseins" bewusst gewesen, dass die entsprechenden Klauseln in den AGB der Beklagten im Regelfall deren Versandwerte evident überschreiten würden, und dies beidseitig im Sinne der Geschäftsbeziehung nicht im Wege stehen solle. Mit dieser missglückten Formulierung dürfte gemeint sein, dass R. und die Beklagte zwar nicht ausdrücklich vereinbart hätten, sich wohl aber darüber im Klaren gewesen seien, dass R. regelmäßig Waren versendet, deren Wert die Haftungsgrenzen gemäß den AGB der Beklagten (dortige Ziffern 4.1.4 sowie 9 i.V.m. 10.1 und 11.1) überschreitet. Daran will die Klägerin die rechtliche Folgerung knüpfen, dass diese Haftungsgrenzen abbedungen seien, so dass zum einen die Beklagte sich grundsätzlich nicht auf Haftungsausschlüsse aus den AGB berufen könne, zum anderen sie beim Transport solche besonderen Sicherungsmaßnahmen zu treffen habe, die für die wertvollen Güter der R. angezeigt seien. Dies alles soll sich augenscheinlich nur auf die Verhandlungen über den Rahmenvertrag zwischen R. und der Beklagten beziehen, nicht hingegen auf die konkludenten Vertragsschlüsse im Hinblick auf die Beförderung einzelner Pakete.
32 
bb) Damit kann die Klägerin in doppelter Hinsicht nicht durchdringen.
33 
(1) Unterstellt, der Beklagten sei der Wert der versendeten Güter bewusst gewesen, hätten ihr weitergehende Sicherungsmaßnahmen als die tatsächlich von der Streithelferin getroffenen nicht oblegen. Dabei ist davon auszugehen, dass die von R. versendeten elektronischen Bauteile zwar wertvoll sind und insbesondere gewichtsbezogen einen hohen Wert aufweisen, was für eine nennenswerte Diebstahlsgefahr spricht (vgl. anschaulich OLG Hamburg, Urteil vom 26.06.2014 - 6 U 172/12, BeckRS 2014, 23008, zu mehreren Studien zur Diebstahlsgefahr bei verschiedenen Warengruppen). Andererseits ist die Diebstahlsgefahr, worauf die Beklagte und die Streithelferin zutreffend hinweisen, bei zur Weiterverarbeitung bestimmten, für einen Endkunden nutzlosen Bauteilen wie den hier betroffenen deutlich geringer als bei relativ leicht absetzbaren Geräten für Endkunden wie Smartphones, Navigationsgeräten o.ä. oder bei Markenkleidung, Alkohol und Zigaretten. Dies zeigt sich hier auch daran, dass ein Teil der gestohlenen Bauteile von der Polizei sichergestellt werden konnte, mithin der Absatz bis zum Zeitpunkt des polizeilichen Zugriffs nicht möglich war.
34 
Daraus folgt für die erforderlichen Sicherungsmaßnahmen des Transporteurs, dass es jedenfalls ausreichend war, einen verschlossenen und verplombten Container anstelle eines Planen-Lkw zu verwenden ob auch ein Planen-Lkw genügt hätte, bedarf keiner Entscheidung (vgl. OLG Hamburg, a.a.O.: Planen-Lkw auch bei Kenntnis vom Transport von Flachbildfernsehern ausreichend). Auch gegen den Abstellort an einer beleuchteten Straße in einem Gewerbegebiet ist von Rechts wegen nichts zu erinnern. Den Lkw auf einem bewachten Parkplatz abzustellen wäre nur dann geboten gewesen, wenn die Versenderin eine entsprechende Vorgabe gemacht hätte.
35 
Dasselbe Ergebnis folgt bei Übertragung des Urteils des Bundesgerichtshofs vom 13.12.2012 - I ZR 236/11 - (juris, Rn. 19.f.) auf den vorliegenden Fall. Das Gericht hat es dort abgelehnt, ein leichtfertiges Verhalten des Unterfrachtführers aus dem Umstand abzuleiten, dass ein mit Sammelgut beladenes Transportfahrzeug über ein Wochenende in einem unbewachten Gewerbegebiet abgestellt und dem Frachtführer bekannt war, dass sich unter dem Sammelgut auch eine Palette mit leicht absetzbaren Tabakwaren befand. Ebenso wie im dortigen Fall ist auch hier nichts dafür ersichtlich, dass es im Gebiet des Tatorts bereits zuvor zu Diebstählen von Transportgut gekommen wäre; die Beklagte hat explizit das Gegenteil behauptet, dem ist die Klägerin nicht substanziiert entgegengetreten. Es ist auch nicht davon auszugehen, dass die Beklagte bzw. die Streithelferin (bzw. ihr Fahrer, Herr …) Kenntnis davon gehabt hätte, dass der ausgewählte Parkplatz besonders diebstahlgefährdet gewesen sei; Entsprechendes hat die Klägerin auch nicht behauptet.
36 
Das Gericht vermag sich auch nicht dem Argument der Klägerin anzuschließen, die Beklagte hätte der Streithelferin ein Abstellen des Lkw auf dem DPD-Gelände selbst ermöglichen müssen. Dabei mag dahinstehen, ob dies organisatorisch möglich wäre; jedenfalls ist es nicht geschuldet. Die Beklagte kann wie andere Unternehmen auch von ihrem Betriebsgelände die Fahrzeuge fremder Unternehmen ausschließen, auch wenn diese als Unterfrachtführer für sie tätig werden. Hierüber bedarf es aber schon deswegen keiner Entscheidung, weil der Umstand, dass eine noch sicherere Abstellmöglichkeit für das Fahrzeug denkbar und ggf. umsetzbar gewesen wäre, keinen Rückschluss darauf erlaubt, dass der gewählte Abstellort als i.S.v. Art. 29 CMR, § 435 HGB leichtfertig unsicher anzusehen wäre. Eine Steigerung des Sicherheitsniveaus ist stets vorstellbar. Daraus folgt indes nicht, dass der Frachtführer, um dem Vorwurf der Leichtfertigkeit zu entgehen, entsprechende gesteigerte Sicherungsmaßnahmen ergreifen müsste, welche regelmäßig auch mit höheren Kosten oder höherem Organisationsaufwand einhergehen und mithin nur bei diesbezüglicher vertraglicher Absprache mit dem Versender geschuldet sind.
37 
(2) Mit ihrer Auffassung liegt die Klägerin in einer weiteren Hinsicht unrichtig. Es ist hier nämlich schon nicht davon auszugehen, dass die Beklagte überhaupt gesteigerte Sicherungsmaßnahmen ergreifen musste, weil ihr nach dem eigenen Vortrag der Klägerin nicht in geeigneter Weise zur Kenntnis gebracht wurde, dass es sich um wertvolle, diebstahlsgefährdete Pakete handelt. Ein "sachgedankliches Mitbewusstsein", was auch immer damit konkret gemeint sein soll, genügt jedenfalls nicht. Ähnlich wie in dem Fall, über den der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 01.07.2010 entschieden hat (I ZR 176/08, BeckRS 2010, 29170) und der mindestens ebenso diebstahlsgefährdetes Transportgut betraf (Autoradios), fehlt es im Streitfall an ausdrücklichen oder wenigstens klar erkennbaren Hinweisen auf die Gefahrenlage. Der Bundesgerichtshof hat selbst den Hinweis "ACHTUNG: Diebstahlgefährdete Waren! Wagen wird verplombt!" nicht genügen lassen, um dem Frachtführer die erforderliche Kenntnis zu vermitteln, aufgrund derer er erst verpflichtet gewesen wäre, erhöhte Sicherungsmaßregeln zu ergreifen. Dementsprechend stellt der Bundesgerichtshof fest, es könne dem Frachtführer nicht als ein schwerwiegendes Organisationsverschulden angelastet werden, nicht dafür gesorgt zu haben, dass der Transport mit einem Koffer-Lkw anstelle eines Planen-Lkw durchgeführt wurde, denn ohne einen entsprechenden Auftrag habe keine generelle Verpflichtung bestanden, eine derartige Sicherheitsmaßnahme zu ergreifen (a.a.O., Rn. 23). Hier wie in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall gilt daher, dass das mit der Beförderung verbundene objektive Risiko für die Beklagte nicht hinreichend konkret erkennbar war. Es wäre vielmehr Sache der Auftraggeberin gewesen, der Beklagten durch klare Angaben im Frachtauftrag die objektiv gegebene besondere Gefahrenlage bei der Durchführung des Transports zu verdeutlichen. Damit genügt die von der Klägerin behauptete Kenntnis ("Mitbewusstsein") der Beklagten, dass R. wertvolle elektronische Bauteile herstellt und versendet, in keinem Fall.
38 
cc) Dieses Ergebnis folgt bereits aus dem Maßstab der Art. 29 CMR, § 435 HGB, so dass es auf die umstrittene (nach Auffassung des Gerichts allerdings nicht zu bezweifelnde) Einbeziehung der AGB der Beklagten einschließlich ihres Haftungsregimes in das Vertragsverhältnis der Versicherungsnehmerin mit der Beklagten nicht ankommt. Ebenso bedarf es keiner Prüfung, ob es der Versicherungsnehmerin und damit der Klägerin als Zessionarin (§ 404 BGB) zum Mitverschulden gereicht, dass der Wert der Pakete nicht deklariert wurde (vgl. dazu Koller, Transportrecht, 8. Aufl., § 435 HGB, Rn. 19b, 19c).
B.
39 
Die Haftung der Beklagten bestimmt sich danach in Gemäßheit von Art. 23 CMR.
40 
1. Es steht nicht im Streit und unterliegt keinem Zweifel, dass der Wert des elektronischen Transportguts weit über der Höchstgrenze des Art. 23 Nr. 3 CMR liegt. Somit beträgt die zuzusprechende Entschädigung 8,33 Rechnungseinheiten für jedes fehlende Kilogramm des Rohgewichts. Maßgebend für die Umrechnung in Euro ist nicht der Tag des Diebstahls, sondern gemäß Art. 23 Nr. 7 CMR der Tag des Urteils. Wegen der Anwendbarkeit der CMR ist § 431 Abs. 4 HGB (wonach der Tag der Übergabe maßgebend ist) nicht einschlägig (a.A. wohl LG Essen, TranspR 2014, 194, 197; wie hier Boesche, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, Handelsgesetzbuch, 2. Aufl. 2009, Art. 23 CMR, Rn. 7 m.w.N.). Der Wert eines Sonderziehungsrechts ist seitens des Internationalen Währungsfonds (IMF) im Zeitpunkt der Verkündung des vorliegenden Urteils nicht aktueller als für den 29.04.2015 festgesetzt, und zwar auf einen Wert von 1,269800 EUR pro Special Drawing Right (SDR); vgl. http://www.imf.org/external/np/fin/data/param_rms_mth.aspx.
41 
2. Bis zum Zeitpunkt gem. § 128 Abs. 2 ZPO ist das Bruttogewicht der abhanden gekommenen Pakete (also einschließlich Verpackung: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, a.a.O., Rn. 8 m.w.N.) streitig geblieben.
42 
Insoweit wird - soweit ersichtlich ohne nähere Begründung - vertreten, darlegungs- und beweispflichtig für die Voraussetzungen des Art. 23 Nr. 3 CMR, also das Gewicht der gestohlenen Gegenstände, sei der Frachtführer (so OLG Köln, NJW-RR 2003, 325, 326; Koller, Transportrecht, 8. Aufl. Art. 23 CMR, Rn. 9 a.E.; Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, a.a.O.). Hierbei wird nach Auffassung der Kammer verkannt, dass es grundsätzlich Sache des Anspruchstellers ist, die ihm günstigen rechtsbegründenden Tatsachen darzulegen und zu beweisen. Ist es ihm - wie hier - nicht gelungen, eine vom regulären Haftungsregime des Art. 23 CMR abweichende, nämlich unbeschränkte Haftung nach Maßgabe von Art. 29 CMR zu beweisen, fällt es wiederum in seine Darlegungs- und Beweislast im Hinblick auf die Höhe des ersatzfähigen Schadens, welches Gewicht die verlorenen Güter besaßen, denn hieran knüpft die Bemessung der Entschädigung nach Art. 23 Nr. 3 CMR an. Es ginge nach Auffassung der Kammer auch fehl, Art. 23 Nr. 3 CMR als dem Frachtführer günstige Beschränkung der Regelung in Art. 23 Nr. 1, 2 CMR anzusehen und ihm deswegen die Beweislast für das Rohgewicht aufzuerlegen. Art. 23 Nr. 3 CMR enthält eine Haftungsobergrenze, indes nicht im Sinne eines von bestimmten, zu beweisenden Voraussetzungen abhängigen Tatbestands, sondern als dem Gesetz zu entnehmende, durch einfache Rechenoperation mithilfe des Rohgewichts zu ermittelnde summenmäßige Begrenzung. Beweislastfragen werden insoweit, insbesondere durch die Regelungstechnik des Abkommens, nicht berührt. Die Vertragsstaaten werden davon ausgegangen sein, dass das Rohgewicht in aller Regel nicht zweifelhaft sein wird. Das Gewicht der Güter steht schließlich auch in keinen Zusammenhang mit der gegebenenfalls vom Frachtführer zu beweisenden Haftungsbeschränkung aus AGB, es stellt vielmehr die grundsätzliche Bemessungsgrundlage der Entschädigung dar. Allerdings trifft den Frachtführer regelmäßig eine sekundäre Darlegungslast, soweit der Auftraggeber die zu versendenden Pakete nicht ohnehin wiegt, wohingegen der Frachtführer - wie auch vorliegend - beim sog. Einrollen der Pakete das jeweilige Gewicht ermittelt und dokumentiert.
43 
3. Nach Maßgabe dieser Verteilung der Darlegungs- und Beweislast gilt im Streitfall das Folgende:
44 
Dem gerichtlichen Hinweis folgend hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 11.03.2015 für 22 nach ihrem Vortrag abhandengekommene Pakete einen Bezug zu den Positionsnummern aus der Packlisten (Anlagen BLD 6, 7) hergestellt, soweit dies möglich war. Entgegen früherem Vortrag stützt die Klägerin ihre Forderung auch auf Verluste von solchen Paketen, die den Packlisten gar nicht zu entnehmen sind. Die entsprechenden Paketnummern sollen sich aus einem "Schuldeingeständnis" ergeben, welches als Anlage BLD 22 (Anlagenheft 269) vorliegt. Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 23.03.2015 mit Anlagenkonvolut B19 (Anlagenheft 705 ff.) erneut (siehe bereits Anlage B 10, Anlagenheft 413 ff.) ihre Tracking-Ausdrucke vorgelegt. Aus diesen ergibt sich zunächst, dass das Abhandenkommen der 22 im letzten Schriftsatz der Klägerin enthaltenen Pakete offensichtlich unstreitig ist. Denn alle Ausdrucke zeigen für den 31.01.2013 ein einheitliches Clearing, welches nur mit dem Diebstahl erklärlich ist. Damit erledigt sich zugleich der Streit darüber, ob die von der Polizei sichergestellten elektronischen Bauteile aufgrund der Öffnung ihrer Verpackung unbrauchbar geworden sind. Dies hat die Klägerin nachvollziehbar vorgetragen, wurde indes beklagtenseits bestritten. Dieses Bestreiten ist nach Ansicht der Kammer hinfällig, da im Hinblick auf die Gewichtsermittlung unstreitig ist, dass die genannten 22 Pakete vollständig der Berechnung zugrunde zu legen sind.
45 
Die Beklagte hat mit ihrem letzten Schriftsatz vom 23.03.2015 auf Rechnungen abgehoben, auf welche die Klägerin ihre Klage gestützt hatte, welche jedoch nicht mit Paketscheinnummern korrelierten. Dabei scheint die Beklagte jedoch zu übersehen, dass die Klägerin, dem gerichtlichen Hinweis folgend, ihre Klageforderung nunmehr auf Pakete, nicht auf Rechnungen bezieht, denn letztere enthalten im Streitfall teilweise mehrere Pakete. Soweit sich die Beklagte früher auf die Ablieferung mehrerer in der Klageschrift genannter Pakete berufen und hierzu Quittungen des jeweiligen Empfängers und Trackingausdrucke vorgelegt hat (Anlagenheft 471 ff.), scheint die Klägerin ihren Vortrag insoweit stillschweigend fallen gelassen zu haben. Daher ist auch nicht mehr entscheidungserheblich, ob Art. 30 CMR eingreift, was nicht der Fall sein dürfte (vgl. Koller, Transportrecht, 8. Aufl., Art. 30 CMR, Rn. 1). Schließlich kommt es nicht mehr darauf an, ob zwischen den Parteien ein wirksamer Beförderungs- und damit Haftungsausschluss für Güter mit einem Wert von mehr als 13.000,- EUR vereinbart wurde. Die einzige insoweit infrage kommende Rechnung über 17.321,15 US-Dollar (Anlage BLD 11) ist ausweislich des jüngsten Schriftsatzes der Klägerin nicht mehr Gegenstand des Rechtsstreits.
46 
Gewichte hatte die Klägerin zunächst nur teilweise angegeben; mit dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 23.04.2015 hat sie die fehlenden Angaben ergänzt. Da dies übereinstimmend mit den Gewichtsangaben in den Tracking-Ausdrucken der Beklagten erfolgt und sich die Klägerin zudem die Gewichtsangaben der Beklagten im Übrigen zu eigen macht, kommt es auf die Präklusion gem. § 296a ZPO insoweit nicht an.
47 
Die Beklagte ist ihrer sekundären Darlegungslast mittels Anlagenkonvolut B19 nachgekommen, denn die Ausdrucke enthalten jeweils auch das Sendungsgewicht. Da die Paketnummern offensichtlich nach einiger Zeit erneut vergeben werden, ist insoweit stets auf die obere Gewichtsangabe mit Datum 11.01.2013 abzustellen. Bei einem Abgleich ergibt sich, dass für alle 22 - nunmehr unstreitig - verloren gegangenen Pakete Gewichtsangaben vorliegen. Soweit die Gewichtsangabe der Klägerin über den Angaben der Beklagten liegt, ist nur der niedrigere Wert beklagtenseits zugestanden und der höhere von der Klägerin nicht bewiesen bzw. unter Beweis gestellt. Bei Addition errechnet sich ein Gesamtgewicht von 126,71 kg.
48 
Insgesamt ergibt sich damit eine berechtigte Forderung von 8,33 * 1,269800 EUR * 126,71 kg = 1.340,27 EUR.
49 
4. Die Klägerin beruft sich zu Unrecht darauf, die versendeten Pakete seien nach den AGB der Beklagten mit einer Grundhaftung von je 520,- EUR versichert. Eine solche Versicherung bestünde nach Ziff. 10.1.2 i.V.m. 11.1 der AGB nur im Rahmen von Art. 23 Abs. 3 CMR und zudem gem. Ziff. 11.5 der AGB nur subsidiär zu anderweitiger - hier vorhandener - Versicherungsdeckung. Ob die AGB wirksam einbezogen wurden, bedarf daher auch insoweit keiner Erörterung.
50 
5. Die Zinsforderung ist auf der Grundlage von §§ 286, 288 BGB berechtigt, weil die Klägerin durch Schreiben vom 19.08.2013 zur Zahlung bis 30.09.2013 aufgefordert hat (Anlage BLD 25).
C.
51 
Da die Verurteilung der Beklagten hinter dem klägerischen Antrag zurückbleibt, ist zudem über den Hilfsantrag zu entscheiden. Ein Anspruch der Klägerin auf Abtretung von Ansprüchen der Beklagten gegen die Streithelferin aus dem Diebstahl vom Januar 2013 besteht nicht.
52 
1. Die Beklagte ist als Hauptfrachtführerin grundsätzlich verpflichtet, einen ihr gegen die Streithelferin zustehenden Schadensersatzanspruch gemäß §§ 667, 675 BGB an den Geschädigten abzutreten (BGH, Urteil vom 22.01.2015 - I ZR 127/13, BeckRS 2015, 05419, Rn. 22). Geschädigt war ursprünglich die Versicherungsnehmerin, die diesen Anspruch zwischenzeitlich an die Klägerin abgetreten hat. Die Aktivlegitimation der Klägerin wurde vorliegend außer Streit gestellt.
53 
Die Grundsätze der Drittschadensliquidation können im Geltungsbereich der CMR zur Anwendung kommen (BGH, a.a.O., Rn. 24 ff. m.w.N.). Danach ist die Beklagte als (Haupt-)Frachtführerin im Verhältnis zu der Streithelferin als der von ihr beauftragten Unterfrachtführerin zur Geltendmachung der Schäden aus dem Verlust des Transportgutes legitimiert, die der Versicherungsnehmerin als Vertragspartner der Beklagten erwachsen sind. Hierbei handelt es sich um Fälle, in denen der Geschädigte nicht seinen gesamten tatsächlich entstandenen Schaden vom ausführenden Frachtführer verlangen kann, sondern diesen nur in dem Umfang geltend machen kann, den er mit seinem Vertragspartner, dem Hauptfrachtführer, vereinbart hat, so dass ihm der darüber hinausgehende Schaden bestehen bleibt. Dasselbe muss nach Ansicht der Kammer gelten, wenn - wie hier - die Geltendmachung des vollen Schadens wegen der Nichterweislichkeit der Voraussetzungen aus Art. 29 CMR ausscheidet.
54 
2. Jedoch kann die Klägerin eine Abtretung vertraglicher Ansprüche der Beklagten gegen die Streithelferin deswegen nicht verlangen, weil solche Ansprüche von vornherein nicht in Betracht kommen. Die Klägerin geht selbst davon aus, dass ihr nur solche Ansprüche abzutreten wären, die "besser" sind als diejenigen im Verhältnis der R. zur Beklagten. Anders als im zitierten Fall, der dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorlag (BGH, a.a.O., Rn. 29), ist im Streitfall nicht vorgetragen oder ersichtlich sowie von Beklagter und Streithelferin bestritten, dass im Verhältnis der beiden Letztgenannten weitergehende Schadensersatzansprüche bestünden als im Verhältnis zu R.. Vielmehr haftet die Streithelferin der Beklagten ebenfalls nur im Rahmen der CMR.
D.
55 
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 101 Abs. 1 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.

Gründe

 
19 
Die Klage ist zulässig, insbesondere zu einem gem. Art. 31 Nr. 1 Satz 1 litt. b CMR zuständigen Gericht erhoben. Sie ist jedoch in der Sache nur zum kleinen Teil begründet, in ihrem Hilfsantrag ist sie abzuweisen.
20 
Ein erheblicher Teil des sich teilweise wiederholenden, teilweise wenig zielführend bestreitenden Vortrags der Parteien kann dahinstehen, zumal die Beklagte auf Hinweis des Gerichts zuletzt die Aktivlegitimation der Klägerin unstreitig gestellt hat. Daher ist zu Gunsten der Klägerin zu unterstellen bzw. zugrunde zu legen, dass sie als Warentransportversicherer der R. eine Entschädigungsleistung in der behaupteten Höhe geleistet hat und nunmehr aufgrund umfassender Abtretung seitens der R., jedenfalls aber aufgrund der Cessio legis des § 86 VVG berechtigt ist, Schadensersatz aus übergegangenem Recht geltend zu machen.
21 
Die Klage ist jedoch überwiegend abzuweisen, weil der Klägerin der Beweis einer leichtfertigen, die Sicherheitsinteressen der R. krass missachtenden Verursachung des Schadens nicht gelungen ist (A.). Die Klage ist damit nur insoweit begründet, als sich dies aus der Regelhaftung des Art. 23 CMR ergibt (B.). Der Hilfsantrag auf Abtretung von Regressansprüchen gegen die Streithelferin ist nicht begründet (C.).
A.
22 
Die Beklagte haftet nicht unbeschränkt nach Art. 29 CMR.
23 
1. Auf den von der Versicherungsnehmerin der Klägerin in Auftrag gegebenen Transport sind die Bestimmungen des Übereinkommens über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr (CMR) anwendbar. Die Vorschriften der CMR gelten nach Art. 1 Abs. 1 des Übereinkommens für jeden Vertrag über die entgeltliche Beförderung von Gütern auf der Straße mittels Fahrzeugen, wenn der Ort der Übernahme des Gutes und der für die Ablieferung vorgesehene Ort in zwei verschiedenen Staaten liegen, von denen mindestens einer ein Vertragsstaat ist. Im Streitfall sollte das Gut per Lkw von I. nach Tschechien befördert werden. Sowohl Deutschland als auch Tschechien gehören zu den Vertragsstaaten der CMR.
24 
2. Nach Art. 17 Abs. 1 CMR haftet der Frachtführer für den Verlust des Gutes, sofern der Verlust - wie hier - zwischen dem Zeitpunkt der Übernahme des Gutes und dem seiner Ablieferung eintritt. Vollen Schadensersatz über die Beschränkung des Art. 23 Abs. 3 CMR hinaus schuldet die Beklagte nur dann, wenn die Voraussetzungen des Art. 29 CMR vorliegen. Nach dieser Bestimmung kann sich der Frachtführer nicht auf Haftungsbeschränkungen berufen, wenn er den Schaden vorsätzlich oder durch ein dem Vorsatz gleichstehendes Verschulden verursacht hat (Art. 29 Abs. 1 CMR). Das Gleiche gilt, wenn seinen Bediensteten oder Verrichtungsgehilfen ein solches qualifiziertes Verschulden zur Last fällt (Art. 29 Abs. 2 Satz 1 CMR). Da auf den zwischen der Versicherungsnehmerin und der Beklagten geschlossenen Beförderungsvertrag gemäß Art. 5 Abs. 1 der Rom-I-VO deutsches Recht zur Anwendung kommt, ist ergänzend § 435 HGB heranzuziehen (vgl. BGH, Urteil vom 04.07.2013 - I ZR 156/12, TranspR 2014, 146 Rn. 15). Nach dieser Vorschrift kann sich der Frachtführer nicht auf gesetzliche oder vertraglich vereinbarte Haftungsbeschränkungen berufen, wenn der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen ist, die der Frachtführer oder eine in § 428 HGB genannte Person vorsätzlich oder bewusst leichtfertig begangen hat.
25 
Das Tatbestandsmerkmal der Leichtfertigkeit erfordert einen besonders schweren Pflichtenverstoß, bei dem sich der Frachtführer oder seine Leute in krasser Weise über die Sicherheitsinteressen des Vertragspartners hinwegsetzen. Das subjektive Erfordernis des Bewusstseins von der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts ist eine sich dem Handelnden aus seinem leichtfertigen Verhalten aufdrängende Erkenntnis, es werde wahrscheinlich ein Schaden entstehen (BGH, Urteil vom 12.01.2012 - I ZR 214/10, TranspR 2012, 107 Rn. 27). Welche Sicherheitsvorkehrungen der Frachtführer ergreifen muss, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Dabei kann sich die in § 435 HGB geforderte Leichtfertigkeit aus einer mangelhaften Organisation des Betriebsablaufs oder sonstigen Umständen ergeben. Je größer die mit der Güterbeförderung verbundenen Risiken sind, desto höhere Anforderungen sind an die zu treffenden Sicherheitsmaßnahmen zu stellen. Von erheblicher Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, ob das transportierte Gut leicht verwertbar und damit besonders diebstahlgefährdet ist, welchen Wert es hat, ob dem Frachtführer die besondere Gefahrenlage bekannt sein musste und welche konkreten Möglichkeiten einer gesicherten Fahrtunterbrechung es gab, um vorgeschriebene Ruhezeiten einzuhalten (BGH, Urteil vom 01.07.2010 - I ZR 176/08, BeckRS 2010, 29170, Rn. 21).
26 
3. Grundsätzlich hat der Anspruchsteller die Voraussetzungen für den Wegfall der zu Gunsten des Frachtführers bestehenden gesetzlichen oder vertraglichen Haftungsbegrenzungen darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen. Danach trägt er die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Frachtführer oder seine Leute vorsätzlich oder leichtfertig und in dem Bewusstsein gehandelt haben, dass ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde (BGH, Urteil vom 10.12.2009 - I ZR 154/07, NJW 2010, 1816 Rn. 16). Die dem Anspruchsteller obliegende Darlegungs- und Beweislast kann jedoch dadurch gemildert werden, dass der Frachtführer angesichts des unterschiedlichen Informationsstands der Vertragsparteien nach Treu und Glauben gehalten ist, soweit möglich und zumutbar zu den näheren Umständen des Schadensfalls eingehend vorzutragen. Eine solche sekundäre Darlegungslast des Anspruchsgegners ist zu bejahen, wenn der Klagevortrag ein qualifiziertes Verschulden mit gewisser Wahrscheinlichkeit nahelegt oder sich Anhaltspunkte für ein derartiges Verschulden aus dem unstreitigen Sachverhalt ergeben. Insbesondere hat der Frachtführer in diesem Fall substanziiert darzulegen, welche Sorgfalt er zur Vermeidung des eingetretenen Schadens konkret aufgewendet hat. An der Beweislast des Anspruchsstellers ändert dies indes nichts (BGH, a.a.O., Rn. 20; Koller, Transportrecht, 8. Aufl., § 435 HGB, Rn. 20 ff.).
27 
Im Streitfall bedarf es keiner Entscheidung, ob es in die sekundäre Darlegungslast der Beklagten gefallen wäre, neben dem Aktenzeichen der staatsanwaltlichen Ermittlungsakte auch dasjenige des sich anschließenden Gerichtsverfahren mitzuteilen, wie die Klägerin im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 23.04.2015 meint. Jedenfalls hat die Beklagte, unterstützt von der Streithelferin, umfassend dazu vorgetragen, wann, wo und in welcher Weise die unter anderem mit den streitgegenständlichen Paketen beladene Koffer-Wechselbrücke aufgebrochen und ihr Inhalt entwendet wurde. Die Beklagte durfte zu Recht davon ausgehen, dass eine weitergehende Obliegenheit zur Darlegung des Wegs der Pakete oder zur Vorlage einer Schnittstellendokumentation (vgl. BGH, Urteil vom 25.03.2004 - I ZR 205/01, BGHZ 158, 322, 330 f. m.w.N.; Urteil vom 22.05.2014 - I ZR 109/13, BeckRS 2014, 20661, Rn. 36) im Ergebnis nicht bestand. Denn wenn feststeht, wie die Pakete verlustig gegangen sind, scheiden andere Ursachen, die etwa im Verantwortungsbereich der Beklagten oder der Streithelferin liegen könnten, im Hinblick auf den konkreten Schadensfall denknotwendig aus.
28 
4. Der Klägerin ist der Beweis eines qualifizierten, der Beklagten nach Art. 3 CMR zurechenbaren Verschuldens der Streithelferin nicht gelungen. Im Gegenteil steht aufgrund der Beweisaufnahme zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die fraglichen Pakete wie von Beklagter und Streithelferin behauptet abhandengekommen sind und letztere bei dem Transport keine Sorgfaltsregeln in leichtfertiger Weise missachtet hat. Erst recht kann keine Rede davon sein, dass der Unterfrachtführer im Bewusstsein der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts gehandelt hätte.
29 
a) Wie sich aus der Inaugenscheinnahme der vorgelegten Fotos vom Tatort und der Verlesung der den Beteiligten bekannten Ermittlungs- bzw. Strafakte in Verbindung mit dem den Beteiligten ebenfalls vorliegenden Strafurteil des Landgerichts Fulda vom 25.04.2014 - 12 Js 2954/13 - 1 KLs - ergibt, haben die strafrechtlich rechtskräftig verurteilten Täter am Abend des 12.01.2013 die Verplombung des gegenüber dem Frachtumschlagplatz der Beklagten in der … in … bei Nürnberg abgestellten Containeranhängers mit dem amtl. Kennzeichen … aufgebrochen und daraus 171 Pakete mit unterschiedlichsten Waren im Wert von mindestens 90.000,- EUR entwendet, unter welchen sich unter anderem elektrische Bauteile sowie "Computerchips der Marke R.s" befanden (so das Strafurteil zum Tatkomplex Ziff. 20., S. 17 f. des Urteilsumdrucks). Der Fahrer des Lkw der Streithelferin, Herr …, hatte gegenüber der Polizei am 14.01.2013 zu Protokoll gegeben (S. 5 der Ermittlungsakte, Fallakte 46), er habe den Lkw mit Containersattel, der mit einer Plombe gesichert war, gegenüber der Ausfahrt der DPD am rechten Seitenstreifen geparkt. Die Örtlichkeit sei zur Nachtzeit ausreichend beleuchtet, aber am Sonntag wenig frequentiert. Der Mitarbeiter der Beklagten Herr … hatte angegeben (S. 20 der Fallakte), er habe den in Nürnberg aufgebrochenen Container verplombt. Die ermittelnden Beamten haben ferner eine Videoaufzeichnung ausgewertet, die von einer Überwachungskamera auf dem Gelände der Beklagten stammte. In ihrem Ermittlungsvermerk vom 03.05.2013 (S. 145 f. der Fallakte) beschreiben sie, wie auf dem Video das Heranfahren eines weißen Kastenwagens der später verurteilten Täter zu sehen sei. In diesem Bericht wird auch bereits erwähnt, dass die Prozessbevollmächtigten der Beklagten und der Streithelferin jeweils Akteneinsicht beantragt hätten. Schließlich ergibt sich ebenso wie aus dem Video (Standbilder hieraus befinden sich ausgedruckt in der Ermittlungsakte) auch aus den weiteren Lichtbildern des Tatorts, dass dieser zur Nachtzeit durch die Beleuchtung des DPD-Depots hell erleuchtet war und dort mehrere Lkw auf dem Seitenstreifen standen. Soweit die Klägerin im gem. § 296a ZPO verspäteten Schriftsatz vom 23.04.2015 vorbringt, der Lkw habe nicht im Lichtkegel einer - nicht vorhandenen - Straßenlaterne gestanden, so ergibt sich auch dies aus den Lichtbildern und könnte im Übrigen für wahr unterstellt werden.
30 
b) Bei Würdigung der gesamten Umstände haben die Beklagte bzw. die Streithelferin bei dem Transport nicht leichtfertig gehandelt. Dabei kommt es entgegen der Ansicht der Klägerin im Schriftsatz vom 07.04.2014 nicht darauf an, welche sonstigen Güter sich in dem Container befanden. Die im Einzelfall erforderlichen konkreten Sicherungsmaßnahmen ergeben sich vielmehr im Verhältnis der Parteien ausschließlich aus dem Inhalt der übergebenen Pakete, soweit dieser der Beklagten bekannt war oder sein musste.
31 
aa) Anders als eingangs des vorliegenden Rechtsstreits hat die Klägerin indes zuletzt nicht mehr behauptet, ihre Versicherungsnehmerin habe der Beklagten eine konkrete Kenntnis vom Inhalt der Pakete und deren Wert vermittelt. Sie hat vielmehr nur noch vorgebracht, bei den Vertragsverhandlungen zwischen R. und der Beklagten sei es den Parteien im Sinne eines "sachgedanklichen Mitbewusstseins" bewusst gewesen, dass die entsprechenden Klauseln in den AGB der Beklagten im Regelfall deren Versandwerte evident überschreiten würden, und dies beidseitig im Sinne der Geschäftsbeziehung nicht im Wege stehen solle. Mit dieser missglückten Formulierung dürfte gemeint sein, dass R. und die Beklagte zwar nicht ausdrücklich vereinbart hätten, sich wohl aber darüber im Klaren gewesen seien, dass R. regelmäßig Waren versendet, deren Wert die Haftungsgrenzen gemäß den AGB der Beklagten (dortige Ziffern 4.1.4 sowie 9 i.V.m. 10.1 und 11.1) überschreitet. Daran will die Klägerin die rechtliche Folgerung knüpfen, dass diese Haftungsgrenzen abbedungen seien, so dass zum einen die Beklagte sich grundsätzlich nicht auf Haftungsausschlüsse aus den AGB berufen könne, zum anderen sie beim Transport solche besonderen Sicherungsmaßnahmen zu treffen habe, die für die wertvollen Güter der R. angezeigt seien. Dies alles soll sich augenscheinlich nur auf die Verhandlungen über den Rahmenvertrag zwischen R. und der Beklagten beziehen, nicht hingegen auf die konkludenten Vertragsschlüsse im Hinblick auf die Beförderung einzelner Pakete.
32 
bb) Damit kann die Klägerin in doppelter Hinsicht nicht durchdringen.
33 
(1) Unterstellt, der Beklagten sei der Wert der versendeten Güter bewusst gewesen, hätten ihr weitergehende Sicherungsmaßnahmen als die tatsächlich von der Streithelferin getroffenen nicht oblegen. Dabei ist davon auszugehen, dass die von R. versendeten elektronischen Bauteile zwar wertvoll sind und insbesondere gewichtsbezogen einen hohen Wert aufweisen, was für eine nennenswerte Diebstahlsgefahr spricht (vgl. anschaulich OLG Hamburg, Urteil vom 26.06.2014 - 6 U 172/12, BeckRS 2014, 23008, zu mehreren Studien zur Diebstahlsgefahr bei verschiedenen Warengruppen). Andererseits ist die Diebstahlsgefahr, worauf die Beklagte und die Streithelferin zutreffend hinweisen, bei zur Weiterverarbeitung bestimmten, für einen Endkunden nutzlosen Bauteilen wie den hier betroffenen deutlich geringer als bei relativ leicht absetzbaren Geräten für Endkunden wie Smartphones, Navigationsgeräten o.ä. oder bei Markenkleidung, Alkohol und Zigaretten. Dies zeigt sich hier auch daran, dass ein Teil der gestohlenen Bauteile von der Polizei sichergestellt werden konnte, mithin der Absatz bis zum Zeitpunkt des polizeilichen Zugriffs nicht möglich war.
34 
Daraus folgt für die erforderlichen Sicherungsmaßnahmen des Transporteurs, dass es jedenfalls ausreichend war, einen verschlossenen und verplombten Container anstelle eines Planen-Lkw zu verwenden ob auch ein Planen-Lkw genügt hätte, bedarf keiner Entscheidung (vgl. OLG Hamburg, a.a.O.: Planen-Lkw auch bei Kenntnis vom Transport von Flachbildfernsehern ausreichend). Auch gegen den Abstellort an einer beleuchteten Straße in einem Gewerbegebiet ist von Rechts wegen nichts zu erinnern. Den Lkw auf einem bewachten Parkplatz abzustellen wäre nur dann geboten gewesen, wenn die Versenderin eine entsprechende Vorgabe gemacht hätte.
35 
Dasselbe Ergebnis folgt bei Übertragung des Urteils des Bundesgerichtshofs vom 13.12.2012 - I ZR 236/11 - (juris, Rn. 19.f.) auf den vorliegenden Fall. Das Gericht hat es dort abgelehnt, ein leichtfertiges Verhalten des Unterfrachtführers aus dem Umstand abzuleiten, dass ein mit Sammelgut beladenes Transportfahrzeug über ein Wochenende in einem unbewachten Gewerbegebiet abgestellt und dem Frachtführer bekannt war, dass sich unter dem Sammelgut auch eine Palette mit leicht absetzbaren Tabakwaren befand. Ebenso wie im dortigen Fall ist auch hier nichts dafür ersichtlich, dass es im Gebiet des Tatorts bereits zuvor zu Diebstählen von Transportgut gekommen wäre; die Beklagte hat explizit das Gegenteil behauptet, dem ist die Klägerin nicht substanziiert entgegengetreten. Es ist auch nicht davon auszugehen, dass die Beklagte bzw. die Streithelferin (bzw. ihr Fahrer, Herr …) Kenntnis davon gehabt hätte, dass der ausgewählte Parkplatz besonders diebstahlgefährdet gewesen sei; Entsprechendes hat die Klägerin auch nicht behauptet.
36 
Das Gericht vermag sich auch nicht dem Argument der Klägerin anzuschließen, die Beklagte hätte der Streithelferin ein Abstellen des Lkw auf dem DPD-Gelände selbst ermöglichen müssen. Dabei mag dahinstehen, ob dies organisatorisch möglich wäre; jedenfalls ist es nicht geschuldet. Die Beklagte kann wie andere Unternehmen auch von ihrem Betriebsgelände die Fahrzeuge fremder Unternehmen ausschließen, auch wenn diese als Unterfrachtführer für sie tätig werden. Hierüber bedarf es aber schon deswegen keiner Entscheidung, weil der Umstand, dass eine noch sicherere Abstellmöglichkeit für das Fahrzeug denkbar und ggf. umsetzbar gewesen wäre, keinen Rückschluss darauf erlaubt, dass der gewählte Abstellort als i.S.v. Art. 29 CMR, § 435 HGB leichtfertig unsicher anzusehen wäre. Eine Steigerung des Sicherheitsniveaus ist stets vorstellbar. Daraus folgt indes nicht, dass der Frachtführer, um dem Vorwurf der Leichtfertigkeit zu entgehen, entsprechende gesteigerte Sicherungsmaßnahmen ergreifen müsste, welche regelmäßig auch mit höheren Kosten oder höherem Organisationsaufwand einhergehen und mithin nur bei diesbezüglicher vertraglicher Absprache mit dem Versender geschuldet sind.
37 
(2) Mit ihrer Auffassung liegt die Klägerin in einer weiteren Hinsicht unrichtig. Es ist hier nämlich schon nicht davon auszugehen, dass die Beklagte überhaupt gesteigerte Sicherungsmaßnahmen ergreifen musste, weil ihr nach dem eigenen Vortrag der Klägerin nicht in geeigneter Weise zur Kenntnis gebracht wurde, dass es sich um wertvolle, diebstahlsgefährdete Pakete handelt. Ein "sachgedankliches Mitbewusstsein", was auch immer damit konkret gemeint sein soll, genügt jedenfalls nicht. Ähnlich wie in dem Fall, über den der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 01.07.2010 entschieden hat (I ZR 176/08, BeckRS 2010, 29170) und der mindestens ebenso diebstahlsgefährdetes Transportgut betraf (Autoradios), fehlt es im Streitfall an ausdrücklichen oder wenigstens klar erkennbaren Hinweisen auf die Gefahrenlage. Der Bundesgerichtshof hat selbst den Hinweis "ACHTUNG: Diebstahlgefährdete Waren! Wagen wird verplombt!" nicht genügen lassen, um dem Frachtführer die erforderliche Kenntnis zu vermitteln, aufgrund derer er erst verpflichtet gewesen wäre, erhöhte Sicherungsmaßregeln zu ergreifen. Dementsprechend stellt der Bundesgerichtshof fest, es könne dem Frachtführer nicht als ein schwerwiegendes Organisationsverschulden angelastet werden, nicht dafür gesorgt zu haben, dass der Transport mit einem Koffer-Lkw anstelle eines Planen-Lkw durchgeführt wurde, denn ohne einen entsprechenden Auftrag habe keine generelle Verpflichtung bestanden, eine derartige Sicherheitsmaßnahme zu ergreifen (a.a.O., Rn. 23). Hier wie in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall gilt daher, dass das mit der Beförderung verbundene objektive Risiko für die Beklagte nicht hinreichend konkret erkennbar war. Es wäre vielmehr Sache der Auftraggeberin gewesen, der Beklagten durch klare Angaben im Frachtauftrag die objektiv gegebene besondere Gefahrenlage bei der Durchführung des Transports zu verdeutlichen. Damit genügt die von der Klägerin behauptete Kenntnis ("Mitbewusstsein") der Beklagten, dass R. wertvolle elektronische Bauteile herstellt und versendet, in keinem Fall.
38 
cc) Dieses Ergebnis folgt bereits aus dem Maßstab der Art. 29 CMR, § 435 HGB, so dass es auf die umstrittene (nach Auffassung des Gerichts allerdings nicht zu bezweifelnde) Einbeziehung der AGB der Beklagten einschließlich ihres Haftungsregimes in das Vertragsverhältnis der Versicherungsnehmerin mit der Beklagten nicht ankommt. Ebenso bedarf es keiner Prüfung, ob es der Versicherungsnehmerin und damit der Klägerin als Zessionarin (§ 404 BGB) zum Mitverschulden gereicht, dass der Wert der Pakete nicht deklariert wurde (vgl. dazu Koller, Transportrecht, 8. Aufl., § 435 HGB, Rn. 19b, 19c).
B.
39 
Die Haftung der Beklagten bestimmt sich danach in Gemäßheit von Art. 23 CMR.
40 
1. Es steht nicht im Streit und unterliegt keinem Zweifel, dass der Wert des elektronischen Transportguts weit über der Höchstgrenze des Art. 23 Nr. 3 CMR liegt. Somit beträgt die zuzusprechende Entschädigung 8,33 Rechnungseinheiten für jedes fehlende Kilogramm des Rohgewichts. Maßgebend für die Umrechnung in Euro ist nicht der Tag des Diebstahls, sondern gemäß Art. 23 Nr. 7 CMR der Tag des Urteils. Wegen der Anwendbarkeit der CMR ist § 431 Abs. 4 HGB (wonach der Tag der Übergabe maßgebend ist) nicht einschlägig (a.A. wohl LG Essen, TranspR 2014, 194, 197; wie hier Boesche, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, Handelsgesetzbuch, 2. Aufl. 2009, Art. 23 CMR, Rn. 7 m.w.N.). Der Wert eines Sonderziehungsrechts ist seitens des Internationalen Währungsfonds (IMF) im Zeitpunkt der Verkündung des vorliegenden Urteils nicht aktueller als für den 29.04.2015 festgesetzt, und zwar auf einen Wert von 1,269800 EUR pro Special Drawing Right (SDR); vgl. http://www.imf.org/external/np/fin/data/param_rms_mth.aspx.
41 
2. Bis zum Zeitpunkt gem. § 128 Abs. 2 ZPO ist das Bruttogewicht der abhanden gekommenen Pakete (also einschließlich Verpackung: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, a.a.O., Rn. 8 m.w.N.) streitig geblieben.
42 
Insoweit wird - soweit ersichtlich ohne nähere Begründung - vertreten, darlegungs- und beweispflichtig für die Voraussetzungen des Art. 23 Nr. 3 CMR, also das Gewicht der gestohlenen Gegenstände, sei der Frachtführer (so OLG Köln, NJW-RR 2003, 325, 326; Koller, Transportrecht, 8. Aufl. Art. 23 CMR, Rn. 9 a.E.; Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, a.a.O.). Hierbei wird nach Auffassung der Kammer verkannt, dass es grundsätzlich Sache des Anspruchstellers ist, die ihm günstigen rechtsbegründenden Tatsachen darzulegen und zu beweisen. Ist es ihm - wie hier - nicht gelungen, eine vom regulären Haftungsregime des Art. 23 CMR abweichende, nämlich unbeschränkte Haftung nach Maßgabe von Art. 29 CMR zu beweisen, fällt es wiederum in seine Darlegungs- und Beweislast im Hinblick auf die Höhe des ersatzfähigen Schadens, welches Gewicht die verlorenen Güter besaßen, denn hieran knüpft die Bemessung der Entschädigung nach Art. 23 Nr. 3 CMR an. Es ginge nach Auffassung der Kammer auch fehl, Art. 23 Nr. 3 CMR als dem Frachtführer günstige Beschränkung der Regelung in Art. 23 Nr. 1, 2 CMR anzusehen und ihm deswegen die Beweislast für das Rohgewicht aufzuerlegen. Art. 23 Nr. 3 CMR enthält eine Haftungsobergrenze, indes nicht im Sinne eines von bestimmten, zu beweisenden Voraussetzungen abhängigen Tatbestands, sondern als dem Gesetz zu entnehmende, durch einfache Rechenoperation mithilfe des Rohgewichts zu ermittelnde summenmäßige Begrenzung. Beweislastfragen werden insoweit, insbesondere durch die Regelungstechnik des Abkommens, nicht berührt. Die Vertragsstaaten werden davon ausgegangen sein, dass das Rohgewicht in aller Regel nicht zweifelhaft sein wird. Das Gewicht der Güter steht schließlich auch in keinen Zusammenhang mit der gegebenenfalls vom Frachtführer zu beweisenden Haftungsbeschränkung aus AGB, es stellt vielmehr die grundsätzliche Bemessungsgrundlage der Entschädigung dar. Allerdings trifft den Frachtführer regelmäßig eine sekundäre Darlegungslast, soweit der Auftraggeber die zu versendenden Pakete nicht ohnehin wiegt, wohingegen der Frachtführer - wie auch vorliegend - beim sog. Einrollen der Pakete das jeweilige Gewicht ermittelt und dokumentiert.
43 
3. Nach Maßgabe dieser Verteilung der Darlegungs- und Beweislast gilt im Streitfall das Folgende:
44 
Dem gerichtlichen Hinweis folgend hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 11.03.2015 für 22 nach ihrem Vortrag abhandengekommene Pakete einen Bezug zu den Positionsnummern aus der Packlisten (Anlagen BLD 6, 7) hergestellt, soweit dies möglich war. Entgegen früherem Vortrag stützt die Klägerin ihre Forderung auch auf Verluste von solchen Paketen, die den Packlisten gar nicht zu entnehmen sind. Die entsprechenden Paketnummern sollen sich aus einem "Schuldeingeständnis" ergeben, welches als Anlage BLD 22 (Anlagenheft 269) vorliegt. Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 23.03.2015 mit Anlagenkonvolut B19 (Anlagenheft 705 ff.) erneut (siehe bereits Anlage B 10, Anlagenheft 413 ff.) ihre Tracking-Ausdrucke vorgelegt. Aus diesen ergibt sich zunächst, dass das Abhandenkommen der 22 im letzten Schriftsatz der Klägerin enthaltenen Pakete offensichtlich unstreitig ist. Denn alle Ausdrucke zeigen für den 31.01.2013 ein einheitliches Clearing, welches nur mit dem Diebstahl erklärlich ist. Damit erledigt sich zugleich der Streit darüber, ob die von der Polizei sichergestellten elektronischen Bauteile aufgrund der Öffnung ihrer Verpackung unbrauchbar geworden sind. Dies hat die Klägerin nachvollziehbar vorgetragen, wurde indes beklagtenseits bestritten. Dieses Bestreiten ist nach Ansicht der Kammer hinfällig, da im Hinblick auf die Gewichtsermittlung unstreitig ist, dass die genannten 22 Pakete vollständig der Berechnung zugrunde zu legen sind.
45 
Die Beklagte hat mit ihrem letzten Schriftsatz vom 23.03.2015 auf Rechnungen abgehoben, auf welche die Klägerin ihre Klage gestützt hatte, welche jedoch nicht mit Paketscheinnummern korrelierten. Dabei scheint die Beklagte jedoch zu übersehen, dass die Klägerin, dem gerichtlichen Hinweis folgend, ihre Klageforderung nunmehr auf Pakete, nicht auf Rechnungen bezieht, denn letztere enthalten im Streitfall teilweise mehrere Pakete. Soweit sich die Beklagte früher auf die Ablieferung mehrerer in der Klageschrift genannter Pakete berufen und hierzu Quittungen des jeweiligen Empfängers und Trackingausdrucke vorgelegt hat (Anlagenheft 471 ff.), scheint die Klägerin ihren Vortrag insoweit stillschweigend fallen gelassen zu haben. Daher ist auch nicht mehr entscheidungserheblich, ob Art. 30 CMR eingreift, was nicht der Fall sein dürfte (vgl. Koller, Transportrecht, 8. Aufl., Art. 30 CMR, Rn. 1). Schließlich kommt es nicht mehr darauf an, ob zwischen den Parteien ein wirksamer Beförderungs- und damit Haftungsausschluss für Güter mit einem Wert von mehr als 13.000,- EUR vereinbart wurde. Die einzige insoweit infrage kommende Rechnung über 17.321,15 US-Dollar (Anlage BLD 11) ist ausweislich des jüngsten Schriftsatzes der Klägerin nicht mehr Gegenstand des Rechtsstreits.
46 
Gewichte hatte die Klägerin zunächst nur teilweise angegeben; mit dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 23.04.2015 hat sie die fehlenden Angaben ergänzt. Da dies übereinstimmend mit den Gewichtsangaben in den Tracking-Ausdrucken der Beklagten erfolgt und sich die Klägerin zudem die Gewichtsangaben der Beklagten im Übrigen zu eigen macht, kommt es auf die Präklusion gem. § 296a ZPO insoweit nicht an.
47 
Die Beklagte ist ihrer sekundären Darlegungslast mittels Anlagenkonvolut B19 nachgekommen, denn die Ausdrucke enthalten jeweils auch das Sendungsgewicht. Da die Paketnummern offensichtlich nach einiger Zeit erneut vergeben werden, ist insoweit stets auf die obere Gewichtsangabe mit Datum 11.01.2013 abzustellen. Bei einem Abgleich ergibt sich, dass für alle 22 - nunmehr unstreitig - verloren gegangenen Pakete Gewichtsangaben vorliegen. Soweit die Gewichtsangabe der Klägerin über den Angaben der Beklagten liegt, ist nur der niedrigere Wert beklagtenseits zugestanden und der höhere von der Klägerin nicht bewiesen bzw. unter Beweis gestellt. Bei Addition errechnet sich ein Gesamtgewicht von 126,71 kg.
48 
Insgesamt ergibt sich damit eine berechtigte Forderung von 8,33 * 1,269800 EUR * 126,71 kg = 1.340,27 EUR.
49 
4. Die Klägerin beruft sich zu Unrecht darauf, die versendeten Pakete seien nach den AGB der Beklagten mit einer Grundhaftung von je 520,- EUR versichert. Eine solche Versicherung bestünde nach Ziff. 10.1.2 i.V.m. 11.1 der AGB nur im Rahmen von Art. 23 Abs. 3 CMR und zudem gem. Ziff. 11.5 der AGB nur subsidiär zu anderweitiger - hier vorhandener - Versicherungsdeckung. Ob die AGB wirksam einbezogen wurden, bedarf daher auch insoweit keiner Erörterung.
50 
5. Die Zinsforderung ist auf der Grundlage von §§ 286, 288 BGB berechtigt, weil die Klägerin durch Schreiben vom 19.08.2013 zur Zahlung bis 30.09.2013 aufgefordert hat (Anlage BLD 25).
C.
51 
Da die Verurteilung der Beklagten hinter dem klägerischen Antrag zurückbleibt, ist zudem über den Hilfsantrag zu entscheiden. Ein Anspruch der Klägerin auf Abtretung von Ansprüchen der Beklagten gegen die Streithelferin aus dem Diebstahl vom Januar 2013 besteht nicht.
52 
1. Die Beklagte ist als Hauptfrachtführerin grundsätzlich verpflichtet, einen ihr gegen die Streithelferin zustehenden Schadensersatzanspruch gemäß §§ 667, 675 BGB an den Geschädigten abzutreten (BGH, Urteil vom 22.01.2015 - I ZR 127/13, BeckRS 2015, 05419, Rn. 22). Geschädigt war ursprünglich die Versicherungsnehmerin, die diesen Anspruch zwischenzeitlich an die Klägerin abgetreten hat. Die Aktivlegitimation der Klägerin wurde vorliegend außer Streit gestellt.
53 
Die Grundsätze der Drittschadensliquidation können im Geltungsbereich der CMR zur Anwendung kommen (BGH, a.a.O., Rn. 24 ff. m.w.N.). Danach ist die Beklagte als (Haupt-)Frachtführerin im Verhältnis zu der Streithelferin als der von ihr beauftragten Unterfrachtführerin zur Geltendmachung der Schäden aus dem Verlust des Transportgutes legitimiert, die der Versicherungsnehmerin als Vertragspartner der Beklagten erwachsen sind. Hierbei handelt es sich um Fälle, in denen der Geschädigte nicht seinen gesamten tatsächlich entstandenen Schaden vom ausführenden Frachtführer verlangen kann, sondern diesen nur in dem Umfang geltend machen kann, den er mit seinem Vertragspartner, dem Hauptfrachtführer, vereinbart hat, so dass ihm der darüber hinausgehende Schaden bestehen bleibt. Dasselbe muss nach Ansicht der Kammer gelten, wenn - wie hier - die Geltendmachung des vollen Schadens wegen der Nichterweislichkeit der Voraussetzungen aus Art. 29 CMR ausscheidet.
54 
2. Jedoch kann die Klägerin eine Abtretung vertraglicher Ansprüche der Beklagten gegen die Streithelferin deswegen nicht verlangen, weil solche Ansprüche von vornherein nicht in Betracht kommen. Die Klägerin geht selbst davon aus, dass ihr nur solche Ansprüche abzutreten wären, die "besser" sind als diejenigen im Verhältnis der R. zur Beklagten. Anders als im zitierten Fall, der dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorlag (BGH, a.a.O., Rn. 29), ist im Streitfall nicht vorgetragen oder ersichtlich sowie von Beklagter und Streithelferin bestritten, dass im Verhältnis der beiden Letztgenannten weitergehende Schadensersatzansprüche bestünden als im Verhältnis zu R.. Vielmehr haftet die Streithelferin der Beklagten ebenfalls nur im Rahmen der CMR.
D.
55 
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 101 Abs. 1 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

Zivilprozessordnung - ZPO | § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung


Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 288 Verzugszinsen und sonstiger Verzugsschaden


#BJNR001950896BJNE028103377 (1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. (2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, betr

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 286 Verzug des Schuldners


#BJNR001950896BJNE027902377 (1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Z

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 247 Basiszinssatz


#BJNR001950896BJNE024003377 (1) Der Basiszinssatz beträgt 3,62 Prozent. Er verändert sich zum 1. Januar und 1. Juli eines jeden Jahres um die Prozentpunkte, um welche die Bezugsgröße seit der letzten Veränderung des Basiszinssatzes gestiegen oder gef

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 675 Entgeltliche Geschäftsbesorgung


(1) Auf einen Dienstvertrag oder einen Werkvertrag, der eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat, finden, soweit in diesem Untertitel nichts Abweichendes bestimmt wird, die Vorschriften der §§ 663, 665 bis 670, 672 bis 674 und, wenn dem Verpflichte

Zivilprozessordnung - ZPO | § 128 Grundsatz der Mündlichkeit; schriftliches Verfahren


(1) Die Parteien verhandeln über den Rechtsstreit vor dem erkennenden Gericht mündlich. (2) Mit Zustimmung der Parteien, die nur bei einer wesentlichen Änderung der Prozesslage widerruflich ist, kann das Gericht eine Entscheidung ohne mündliche V

Zivilprozessordnung - ZPO | § 296a Vorbringen nach Schluss der mündlichen Verhandlung


Nach Schluss der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, können Angriffs- und Verteidigungsmittel nicht mehr vorgebracht werden. § 139 Abs. 5, §§ 156, 283 bleiben unberührt.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 667 Herausgabepflicht


Der Beauftragte ist verpflichtet, dem Auftraggeber alles, was er zur Ausführung des Auftrags erhält und was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt, herauszugeben.

Versicherungsvertragsgesetz - VVG 2008 | § 86 Übergang von Ersatzansprüchen


(1) Steht dem Versicherungsnehmer ein Ersatzanspruch gegen einen Dritten zu, geht dieser Anspruch auf den Versicherer über, soweit der Versicherer den Schaden ersetzt. Der Übergang kann nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers geltend gemacht werd

Handelsgesetzbuch - HGB | § 435 Wegfall der Haftungsbefreiungen und -begrenzungen


Die in diesem Unterabschnitt und im Frachtvertrag vorgesehenen Haftungsbefreiungen und Haftungsbegrenzungen gelten nicht, wenn der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen ist, die der Frachtführer oder eine in § 428 genannte Person

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 404 Einwendungen des Schuldners


Der Schuldner kann dem neuen Gläubiger die Einwendungen entgegensetzen, die zur Zeit der Abtretung der Forderung gegen den bisherigen Gläubiger begründet waren.

Handelsgesetzbuch - HGB | § 431 Haftungshöchstbetrag


(1) Die nach den §§ 429 und 430 zu leistende Entschädigung wegen Verlust oder Beschädigung ist auf einen Betrag von 8,33 Rechnungseinheiten für jedes Kilogramm des Rohgewichts des Gutes begrenzt. (2) Besteht das Gut aus mehreren Frachtstücken (Se

Handelsgesetzbuch - HGB | § 428 Haftung für andere


Der Frachtführer hat Handlungen und Unterlassungen seiner Leute in gleichem Umfange zu vertreten wie eigene Handlungen und Unterlassungen, wenn die Leute in Ausübung ihrer Verrichtungen handeln. Gleiches gilt für Handlungen und Unterlassungen anderer

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(1) Steht dem Versicherungsnehmer ein Ersatzanspruch gegen einen Dritten zu, geht dieser Anspruch auf den Versicherer über, soweit der Versicherer den Schaden ersetzt. Der Übergang kann nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers geltend gemacht werden.

(2) Der Versicherungsnehmer hat seinen Ersatzanspruch oder ein zur Sicherung dieses Anspruchs dienendes Recht unter Beachtung der geltenden Form- und Fristvorschriften zu wahren und bei dessen Durchsetzung durch den Versicherer soweit erforderlich mitzuwirken. Verletzt der Versicherungsnehmer diese Obliegenheit vorsätzlich, ist der Versicherer zur Leistung insoweit nicht verpflichtet, als er infolgedessen keinen Ersatz von dem Dritten erlangen kann. Im Fall einer grob fahrlässigen Verletzung der Obliegenheit ist der Versicherer berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen; die Beweislast für das Nichtvorliegen einer groben Fahrlässigkeit trägt der Versicherungsnehmer.

(3) Richtet sich der Ersatzanspruch des Versicherungsnehmers gegen eine Person, mit der er bei Eintritt des Schadens in häuslicher Gemeinschaft lebt, kann der Übergang nach Absatz 1 nicht geltend gemacht werden, es sei denn, diese Person hat den Schaden vorsätzlich verursacht.

Die in diesem Unterabschnitt und im Frachtvertrag vorgesehenen Haftungsbefreiungen und Haftungsbegrenzungen gelten nicht, wenn der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen ist, die der Frachtführer oder eine in § 428 genannte Person vorsätzlich oder leichtfertig und in dem Bewußtsein, daß ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde, begangen hat.

*

(1) Der Basiszinssatz beträgt 3,62 Prozent. Er verändert sich zum 1. Januar und 1. Juli eines jeden Jahres um die Prozentpunkte, um welche die Bezugsgröße seit der letzten Veränderung des Basiszinssatzes gestiegen oder gefallen ist. Bezugsgröße ist der Zinssatz für die jüngste Hauptrefinanzierungsoperation der Europäischen Zentralbank vor dem ersten Kalendertag des betreffenden Halbjahrs.

(2) Die Deutsche Bundesbank gibt den geltenden Basiszinssatz unverzüglich nach den in Absatz 1 Satz 2 genannten Zeitpunkten im Bundesanzeiger bekannt.

(1) Steht dem Versicherungsnehmer ein Ersatzanspruch gegen einen Dritten zu, geht dieser Anspruch auf den Versicherer über, soweit der Versicherer den Schaden ersetzt. Der Übergang kann nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers geltend gemacht werden.

(2) Der Versicherungsnehmer hat seinen Ersatzanspruch oder ein zur Sicherung dieses Anspruchs dienendes Recht unter Beachtung der geltenden Form- und Fristvorschriften zu wahren und bei dessen Durchsetzung durch den Versicherer soweit erforderlich mitzuwirken. Verletzt der Versicherungsnehmer diese Obliegenheit vorsätzlich, ist der Versicherer zur Leistung insoweit nicht verpflichtet, als er infolgedessen keinen Ersatz von dem Dritten erlangen kann. Im Fall einer grob fahrlässigen Verletzung der Obliegenheit ist der Versicherer berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen; die Beweislast für das Nichtvorliegen einer groben Fahrlässigkeit trägt der Versicherungsnehmer.

(3) Richtet sich der Ersatzanspruch des Versicherungsnehmers gegen eine Person, mit der er bei Eintritt des Schadens in häuslicher Gemeinschaft lebt, kann der Übergang nach Absatz 1 nicht geltend gemacht werden, es sei denn, diese Person hat den Schaden vorsätzlich verursacht.

Die in diesem Unterabschnitt und im Frachtvertrag vorgesehenen Haftungsbefreiungen und Haftungsbegrenzungen gelten nicht, wenn der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen ist, die der Frachtführer oder eine in § 428 genannte Person vorsätzlich oder leichtfertig und in dem Bewußtsein, daß ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde, begangen hat.

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2. Vollen Schadensersatz - über die Beschränkung des Art. 23 Abs. 3 CMR hinaus - schuldet die Beklagte aber nur dann, wenn die Voraussetzungen des Art. 29 CMR vorliegen. Nach dieser Bestimmung kann sich der Frachtführer nicht auf Haftungsbeschränkungen berufen, wenn er den Schaden vorsätzlich oder durch ein dem Vorsatz gleichstehendes Verschulden verursacht hat. Das Gleiche gilt, wenn seinen Bediensteten oder Verrichtungsgehilfen ein solches qualifiziertes Verschulden zur Last fällt (Art. 29 Abs. 2 Satz 1 CMR). Da auf den zwischen der Versicherungsnehmerin und der Beklagten geschlossenen Beförderungsvertrag jedenfalls gemäß Art. 27 Abs. 1 EGBGB, der im Streitfall noch maßgeblich ist, deutsches Recht zur Anwendung kommt - beide Parteien haben während des Rechtsstreits ausschließlich auf der Grundlage des deutschen Rechts vorgetragen -, ist im Rahmen von Art. 29 Abs. 1 CMR ergänzend § 435 HGB heranzuziehen. Nach dieser Vorschrift kann sich der Frachtführer nicht auf gesetzliche oder vertraglich vereinbarte Haftungsbeschränkungen berufen, wenn der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen ist, die der Frachtführer oder eine in § 428 HGB genannte Person vorsätzlich oder bewusst leichtfertig begangen hat. Davon ist im Streitfall auszugehen.

Der Frachtführer hat Handlungen und Unterlassungen seiner Leute in gleichem Umfange zu vertreten wie eigene Handlungen und Unterlassungen, wenn die Leute in Ausübung ihrer Verrichtungen handeln. Gleiches gilt für Handlungen und Unterlassungen anderer Personen, deren er sich bei Ausführung der Beförderung bedient.

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aa) Das Tatbestandsmerkmal der Leichtfertigkeit erfordert einen besonders schweren Pflichtenverstoß, bei dem sich der Frachtführer oder seine Leute im Sinne von § 428 Abs. 2 HGB in krasser Weise über die Sicherheitsinteressen des Vertragspartners hinwegsetzen. Das subjektive Erfordernis des Bewusstseins von der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts ist eine sich dem Handelnden aus seinem leichtfertigen Verhalten aufdrängende Erkenntnis, es werde wahrscheinlich ein Schaden entstehen. Dabei reicht die Erfüllung des Tatbestandsmerkmals der Leichtfertigkeit für sich allein nicht aus, um auf das Bewusstsein von der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts schließen zu können. Eine solche Erkenntnis als innere Tatsache ist vielmehr erst dann anzunehmen , wenn das leichtfertige Verhalten nach seinem Inhalt und nach den Umständen, unter denen es aufgetreten ist, diese Folgerung rechtfertigt (BGH, Urteil vom 6. Juni 2007 - I ZR 121/04, TranspR 2007, 423 Rn. 17 = VersR 2008, 1134; BGH, TranspR 2011, 218 Rn. 19).

Die in diesem Unterabschnitt und im Frachtvertrag vorgesehenen Haftungsbefreiungen und Haftungsbegrenzungen gelten nicht, wenn der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen ist, die der Frachtführer oder eine in § 428 genannte Person vorsätzlich oder leichtfertig und in dem Bewußtsein, daß ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde, begangen hat.

21
aa) Welche Sicherheitsvorkehrungen der Transportunternehmer zur Erfüllung seiner vertraglichen Verpflichtung, das ihm anvertraute Transportgut während der Beförderung vor Diebstahl oder Raub zu bewahren, ergreifen muss, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Es kommt entscheidend darauf an, ob die getroffenen Maßnahmen den für den durchzuführenden Transport erforderlichen Sorgfaltsanforderungen genügen. Je größer die mit der Güterbeförderung verbundenen Risiken sind, desto höhere Anforderungen sind an die zu treffenden Sicherheitsmaßnahmen zu stellen. Von erheblicher Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, ob das transportierte Gut leicht verwertbar und damit besonders diebstahlgefährdet ist, welchen Wert es hat, ob dem Frachtführer die besondere Gefahrenlage bekannt sein musste und welche konkreten Möglichkeiten einer gesicherten Fahrtunterbrechung es gab, um vorgeschriebene Ruhezeiten einzuhalten (BGH TranspR 2007, 423 Tz. 19 m.w.N.).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 205/01 Verkündet am:
25. März 2004
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Das Tatbestandsmerkmal der Leichtfertigkeit in § 435 HGB erfordert einen
besonders schweren Pflichtenverstoß, bei dem sich der Frachtführer oder
seine "Leute" in krasser Weise über die Sicherheitsinteressen der Vertragspartner
hinwegsetzen.

b) Bei einer Betriebsorganisation des Spediteurs/Frachtführers, die Ein- und
Ausgangskontrollen beim Umschlag von Transportgütern nicht durchgängig
vorsieht, ist im Regelfall der Vorwurf eines leichtfertigen Verhaltens gerechtfertigt
, weil es sich bei diesen Kontrollen um elementare Vorkehrungen gegen
Verlust von Ware handelt.

c) Ein Spediteur/Frachtführer, der elementare Sorgfaltspflichten vernachlässigt
(hier: die Durchführung von ausreichenden Ausgangskontrollen), handelt im
allgemeinen in dem Bewußtsein, daß es aufgrund des Mangels dieser Vorkehrungen
zu einem Schadenseintritt kommen kann.
BGH, Urt. v. 25. März 2004 - I ZR 205/01 - OLG Köln
LG Köln
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 25. März 2004 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und
die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Pokrant, Dr. Büscher und Dr. Bergmann

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 19. Juni 2001 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin ist Transportversicherer der B. GmbH (im folgenden: Versicherungsnehmerin) in Achern. Sie nimmt das beklagte Speditionsunternehmen aus übergegangenem Recht ihrer Versicherungsnehmerin wegen Verlustes von Transportgut auf Schadensersatz in Anspruch.
Die Versicherungsnehmerin beauftragte die Beklagte Ende Februar 1999 zu festen Kosten mit der Besorgung des Transports einer Computeranlage im Wert von 66.000 DM von Achern nach Hannover. Die Sendung wurde einem
von der Beklagten beauftragten Nahverkehrsunternehmer am 1. März 1999 übergeben. Dieser sollte das Gut zunächst im Depot der Beklagten in Herbolzheim abliefern. Von dort sollte es zum Zentrallager der Beklagten in Dietzenbach gebracht und anschließend über ihr Depot in Hannover an die Empfängerin ausgeliefert werden. Die Sendung hat die Empfängerin nicht erreicht. Wo sie abhanden gekommen ist, konnte nicht geklärt werden.
Die Klägerin hat an ihre Versicherungsnehmerin für den Verlust eine Entschädigung in Höhe von 66.000 DM gezahlt. Von diesem Betrag hat die Beklagte der Klägerin lediglich 729 DM erstattet.
Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagte hafte für den eingetretenen Verlust unbeschränkt. Die Beklagte könne sich weder auf eine gesetzliche noch auf die in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen vorgesehene Haftungsbeschränkung berufen, da sie den Geschehensablauf nicht ausreichend habe darlegen können. Die Beklagte habe leichtfertig gehandelt.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 65.271 DM nebst Zinsen zu zahlen.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten und hat zur Handhabung ihrer Betriebsorganisation bei der Abwicklung von Versandaufträgen insbesondere folgendes vorgetragen:
Ein Nahverkehrsunternehmer hole die Sendung beim Kunden ab und bringe sie zum jeweiligen Abgangsdepot. Nach der Entladung würden die Sen-
dungsdaten erfaßt und über ihren Zentralrechner an das jeweilige Empfangsdepot bzw. Umschlagzentrum übermittelt. Anschließend erfolge die Verladung der Packstücke für die Fernverkehrsbeförderung in Kofferwechselbrücken, die dann verschlossen und verplombt würden. Dabei werde nicht positiv anhand einer Packliste geprüft, ob eine Sendung in eine bestimmte Kofferwechselbrücke verbracht worden sei. Der Umschlag werde vielmehr nach dem sogenannten Negativsystem durchgeführt. Danach sei für jeden Arbeitstag vorgeschrieben , daß kein Packstück zurückbleiben dürfe. Dementsprechend führten ihre Mitarbeiter nach Abschluß der Nahverkehrsentladung und der Beladung der Kofferwechselbrücken für die Fernverkehrsbeförderung täglich einen "Lagersturz" durch, bei dem die gesamte Umschlaghalle planmäßig nach liegengebliebenen Sendungen abgesucht werde. Gefundene Sendungen würden in das EDV-System eingegeben und deren Absender und Empfänger unterrichtet.
Ihr organisatorisch geschlossenes System, das durch weitere Sicherheitseinrichtungen (Umzäunung des Depots, strikte Eingangskontrollen von betriebsfremden Personen, Ausweispflicht, stichprobenartige Überprüfung der Nahverkehrsfahrzeuge) ergänzt werde, führe dazu, daß nahezu 100 % aller ihr, der Beklagten, übergebenen Sendungen ordnungsgemäß an den Empfänger ausgeliefert würden.
Die streitgegenständliche in Verlust geratene Sendung sei in ihrem Depot in Herbolzheim abgeliefert worden. Ein Verlust der Sendung auf der Fernverkehrsstrecke könne ausgeschlossen werden, da sie schon nicht in ihrem Umschlagsdepot in Dietzenbach eingetroffen sei. Auch in anderen Depots habe die Sendung nicht aufgefunden werden können. Der Verlust sei daher wahrscheinlich bereits in ihrem Depot in Herbolzheim eingetreten. Als Ursache für eine Fehlleitung der Sendung komme ein der Versicherungsnehmerin zuzu-
rechnender Markierungsfehler in Betracht, da die Versenderin den vorgedruckten Versandauftrag umgeschrieben habe. Denkbar sei aber auch eine kriminelle Umgehung ihres Systems durch den Fahrer des Nah- oder Fernverkehrsunternehmens , ohne daß sie, die Beklagte, dies behaupten könne oder wolle.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, sie habe ihrer Einlassungsobliegenheit genügt. Ihr Vortrag zum Ablauf ihrer Betriebsorganisation rechtfertige nicht den Vorwurf eines qualifizierten Verschuldens i.S. von § 435 HGB.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben (OLG Köln TranspR 2001, 407 ff.).
Mit der Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter.

Entscheidungsgründe:


A. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Klägerin stehe aus übergegangenem Recht (§ 67 VVG) ihrer Versicherungsnehmerin gemäß § 425 Abs. 1, § 429 Abs. 1, §§ 435, 459 HGB ein Anspruch auf Schadensersatz gegen die Beklagte zu, ohne daß sich die Beklagte auf gesetzliche oder vertraglich vereinbarte Haftungsbegrenzungen berufen könne. Die Beklagte hafte gemäß § 435 HGB für den Verlust der Ware unbeschränkt, weil dieser - wie das Berufungsgericht näher ausgeführt hat - leichtfertig und in dem Bewußtsein, daß ein Schaden wahrscheinlich eintreten werde, herbeigeführt worden sei. Für das Verhalten ihrer Leute und anderer Personen, deren sich die Beklagte bei
der Ausführung der Beförderung bedient habe, habe die Beklagte gemäß § 428 HGB in gleichem Umfang wie für eigenes Verschulden einzustehen.
B. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.
I. Ohne Rechtsverstoß hat das Berufungsgericht die Voraussetzungen einer vertraglichen Haftung der Beklagten nach § 425 HGB bejaht.
Es ist dabei zutreffend und von der Revision auch unbeanstandet davon ausgegangen, daß die Beklagte von der Versicherungsnehmerin der Klägerin als Fixkostenspediteurin i.S. von § 459 HGB beauftragt worden ist und daß sich ihre Haftung daher grundsätzlich nach den Bestimmungen über die Haftung des Frachtführers (§§ 425 ff. HGB) und - bei wirksamer vertraglicher Einbeziehung - ihren Allgemeinen Beförderungsbedingungen beurteilt, soweit diese mit den in § 449 Abs. 2 HGB enthaltenen Regelungen in Einklang stehen (vgl. dazu BGHZ 153, 308, 310 f.).
II. Die Revision wendet sich ohne Erfolg gegen die Annahme des Berufungsgerichts , die Beklagte hafte für den streitgegenständlichen Schaden gemäß § 435 HGB unbeschränkt.
Nach § 435 HGB gelten die in diesem Unterabschnitt und im Frachtvertrag vorgesehenen Haftungsbefreiungen und Haftungsbegrenzungen nicht, wenn der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen ist, die der Frachtführer oder eine der in § 428 HGB genannten Personen vorsätzlich oder leichtfertig und in dem Bewußtsein begangen hat, daß ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde.

1. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Gesetzgeber habe mit der Neufassung des § 435 HGB einen gegenüber der groben Fahrlässigkeit strengeren Haftungsmaßstab in die gesetzliche Regelung einführen wollen, so daß nicht jede grobe Fahrlässigkeit auch ein leichtfertiges Verhalten darstelle. Ein solcher besonders schwerer Fall der groben Fahrlässigkeit sei im Streitfall gegeben. Die Beklagte gehe selbst davon aus, daß die in ihrer Obhut abhanden gekommene Sendung in ihrem Lager in Herbolzheim in Verlust geraten sein müsse. Die Beklagte habe es pflichtwidrig unterlassen, in diesem Lager für ein lückenloses Kontrollsystem zu sorgen, das den Verbleib der Sendung hätte aufklären können. Das angewandte "Negativsystem" verhindere es gerade nicht, daß ein Verlust von Sendungen zunächst unentdeckt bleibe. Die Beklagte habe keinen ausreichenden Überblick über den Inhalt der beladenen Wechselbrücken sowie den Lauf und Verbleib der ein- und ausgehenden Sendungen gehabt mit der Folge, daß nach einer außer Kontrolle geratenen Sendung nicht systematisch habe gesucht werden können. Erst eine wirksame Ein- und Ausgangskontrolle hätte die gebotenen Nachforschungen ermöglicht. Dieses hohe Risiko sei die Beklagte bewußt eingegangen.
Die Beklagte bzw. die für sie tätigen Personen hätten auch in dem Bewußtsein gehandelt, daß ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde. Dieses subjektive Tatbestandsmerkmal setze voraus, daß das Risiko eines Schadenseintritts bei der gehandhabten Betriebsorganisation hoch oder naheliegend sei. Es komme darauf an, ob ein Geschehen vorliege, bei dem ein unbeteiligter Beobachter zu der Entscheidung gelange, daß es "noch einmal gutgegangen" sei. Das Bewußtsein der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts könne schon dann festgestellt werden, wenn das leichtfertige Verhalten nach seinem Inhalt und nach den Umständen, unter denen es aufgetreten sei, diese
Folgerung rechtfertige. Ausgehend von dem besonders schwerwiegenden Organisationsverschulden der Beklagten stehe zur Überzeugung des Senats fest, daß bei der Beklagten das Bewußtsein der Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts vorgelegen habe. Die Beklagte habe - wie sie selbst vortrage - zur Vermeidung von Kosten bewußt auf eine lückenlose Kontrolle verzichtet.
Umstände, die gegen die Schadensursächlichkeit des Organisationsmangels sprechen könnten, habe die Beklagte nicht dargelegt.
2. Diese Beurteilung hält den Angriffen der Revision stand.
Die tatrichterliche Beurteilung der Frage, ob eine bewußte Leichtfertigkeit i.S. von § 435 HGB vorliegt, ist durch das Revisionsgericht nur in eingeschränktem Maße nachprüfbar. Die Prüfung muß sich darauf beschränken, ob das Berufungsgericht den Rechtsbegriff der bewußten Leichtfertigkeit verkannt hat oder ob Verstöße gegen § 286 ZPO, gegen die Denkgesetze oder gegen Erfahrungssätze vorliegen (vgl. zur groben Fahrlässigkeit: BGHZ 149, 337, 345; BGH, Urt. v. 13.2.2003 - I ZR 128/00, TranspR 2003, 255, 257 = VersR 2003, 1017). Solche Rechtsfehler läßt das Berufungsurteil nicht erkennen.

a) Die aufgrund des Transportrechtsreformgesetzes vom 25. Juni 1998 (BGBl. I S. 1588) mit Wirkung vom 1. Juli 1998 in Kraft getretene Neufassung des § 435 HGB ist Ausdruck des schon bis dahin im gesamten Transportrecht geltenden Prinzips, daß dem Frachtführer die ihm wegen vertragstypischer Risiken eingeräumten Haftungsprivilegien nicht zugute kommen sollen, wenn ihn oder eine Person, deren er sich bei der Ausführung der Beförderung bedient, ein qualifiziertes Verschulden, also ein über die einfache Fahrlässigkeit hinausgehender Verschuldensvorwurf, trifft (vgl. § 430 Abs. 3 HGB a.F.; § 607a
Abs. 4, § 660 Abs. 3 HGB, Art. 29 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 CMR, Art. 44 CIM, Art. 25 WA 1955; s. auch die Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung , BT-Drucks. 13/8445, S. 71).

b) Der Verschuldensmaßstab des § 435 HGB, der - wenn nicht Vorsatz gegeben ist - neben der Leichtfertigkeit das Bewußtsein voraussetzt, daß ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde, ist an den Wortlaut deutscher Übersetzungen internationaler Transportrechtsübereinkommen (u.a. Art. 25 WA 1955) angelehnt. Der Begriff der Leichtfertigkeit bezweckt einen möglichst weitgehenden Einklang des deutschen Transportrechts mit dem internationalen Recht (vgl. Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung, BTDrucks. 13/8445, S. 72). Der Gesetzgeber ist dabei von dem Bedeutungsgehalt ausgegangen, der dem Begriff schon bisher in der deutschen Rechtsprechung zu Art. 25 WA 1955 zukam (vgl. BT-Drucks. 13/8445, S. 72). Dem entsprechend muß die Auslegung des neuen Verschuldensbegriffs in erster Linie diesem Verständnis entnommen werden (vgl. Fremuth in: Fremuth/Thume, Transportrecht , § 435 HGB Rdn. 12; Thume, TranspR 2002, 1, 2; Starck in Festgabe für Herber, 2000, S. 128, 131 f.; a.A. Koller, Transportrecht, 5. Aufl., § 435 HGB Rdn. 6, 12).
Das Tatbestandsmerkmal der Leichtfertigkeit erfordert einen besonders schweren Pflichtenverstoß, bei dem sich der Frachtführer oder seine "Leute" in krasser Weise über die Sicherheitsinteressen der Vertragspartner hinwegsetzen (vgl. BGH, Urt. v. 12.1.1982 - VI ZR 286/80, TranspR 1982, 100, 101 = VersR 1982, 369; BGHZ 145, 170, 183). Das subjektive Erfordernis des Bewußtseins von der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts ist eine sich dem Handelnden aus seinem leichtfertigen Verhalten aufdrängende Erkenntnis, es werde wahrscheinlich ein Schaden entstehen. Dabei reicht die Erfüllung des Tatbestands-
merkmals der Leichtfertigkeit für sich allein allerdings nicht aus, um auf das Bewußtsein von der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts schließen zu können. Eine solche Erkenntnis als innere Tatsache ist vielmehr erst dann anzunehmen , wenn das leichtfertige Verhalten nach seinem Inhalt und nach den Umständen, unter denen es aufgetreten ist, diese Folgerung rechtfertigt. Es bleibt der tatrichterlichen Würdigung vorbehalten, ob das Handeln nach dem äußeren Ablauf des zu beurteilenden Geschehens vom Bewußtsein getragen wurde, daß der Eintritt eines Schadens mit Wahrscheinlichkeit drohe (vgl. BGHZ 74, 162, 168 f.; 145, 170, 186). Dabei sind in erster Linie Erfahrungssätze heranzuziehen. Zudem kann der Schluß auf das Bewußtsein der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts auch im Rahmen typischer Geschehensabläufe naheliegen (vgl. BGH, Urt. v. 5.6.2003 - I ZR 234/00, TranspR 2003, 467, 470 f.; Urt. v. 9.10.2003 - I ZR 275/00, TranspR 2004, 175, 177; Urt. v. 23.10.2003 - I ZR 55/01, Umdr. S. 11).
Von diesem Verständnis des Verschuldensmaßstabs der bewußten Leichtfertigkeit ist - wie die Revision nicht verkennt - auch das Berufungsgericht ausgegangen.

c) Die Ausführungen, mit denen das Berufungsgericht im Streitfall das Vorliegen einer bewußten Leichtfertigkeit i.S. von § 435 HGB bejaht hat, halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.
Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht den Vorwurf qualifizierten Verschuldens nicht aus einer unzureichenden Erfüllung der Einlassungsobliegenheit der Beklagten hergeleitet. Fehl geht daher die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe die Anforderungen an die (sekundäre) Darlegungslast der Beklagten überspannt. Das Berufungsgericht hat den Vor-
wurf eines qualifizierten Verschuldens ersichtlich nur aus der eigenen Darstellung der Organisation im Betrieb der Beklagten hergeleitet, wonach es jedenfalls in ihrem Lager in Herbolzheim an einer wirksamen Ausgangskontrolle fehle. Die Formulierungen des Berufungsgerichts, die Beklagte habe ihrer Einlassungspflicht nicht genügt und ihr allgemein gehaltener Vortrag reiche nicht aus, um den Schluß auf ein leichtfertiges Organisationsverschulden auszuräumen, mögen für sich allein genommen zwar mißverständlich sein. Aus dem Gesamtzusammenhang der Entscheidungsgründe wird jedoch hinreichend deutlich, daß nicht der fehlende Sachvortrag der Beklagten zu ihrer Betriebsorganisation der tragende Grund für das vom Berufungsgericht angenommene bewußt leichtfertige Organisationsverschulden gewesen ist, sondern das sich aus dem Vortrag der Beklagten selbst ergebende Fehlen einer wirksamen Ausgangskontrolle im Lager Herbolzheim.

d) Dem Berufungsgericht sind bei der Anwendung des Verschuldensmaßstabs der bewußten Leichtfertigkeit im Streitfall keine Rechtsfehler unterlaufen.
aa) Der Senat geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, daß es sich beim Umschlag von Transportgütern, wie er hier in Rede steht, um einen besonders schadensanfälligen Bereich handelt, der deshalb so organisiert werden muß, daß in der Regel Ein- und Ausgang der Güter kontrolliert werden, damit Fehlbestände frühzeitig festgehalten werden können. Denn ohne ausreichende Ein- und Ausgangskontrollen, die im Regelfall einen körperlichen Abgleich der papier- bzw. EDV-mäßig erfaßten Ware erfordern, kann ein verläßlicher Überblick über Lauf und Verbleib der in den einzelnen Umschlagstationen ein- und abgehenden Güter nicht gewonnen werden mit der Folge, daß der Eintritt eines Schadens und der Schadensbereich in zeitlicher, räumlicher und personeller
Hinsicht nicht eingegrenzt werden können. Das Erfordernis von Schnittstellenkontrollen wird noch verstärkt, wenn - wie im Streitfall - rechtlich selbständige Drittunternehmen in die Erbringung der Transportleistung eingebunden sind. Deshalb ist in der Rechtsprechung zu § 429 Abs. 1 HGB a.F. von einem grob fahrlässigen Verschulden ausgegangen worden, wenn der Spediteur den schadensanfälligen Umschlag ohne ausreichende Ein- und Ausgangskontrollen organisiert (vgl. BGHZ 129, 345, 351; 149, 337, 347 f. m.w.N.; BGH TranspR 2003, 255, 257).
bb) Auch die in § 435 HGB geforderte Leichtfertigkeit des Frachtführers oder seiner "Leute" kann sich aus einer mangelhaften Organisation des Betriebsablaufs ergeben, die keinen hinreichenden Schutz der zu befördernden Frachtgüter gewährleistet und sich in krasser Weise über die Sicherheitsinteressen der Vertragspartner hinwegsetzt (vgl. BGHZ 145, 170, 183 m.w.N. zu Art. 25 WA 1955). Bei einer Betriebsorganisation, die Ein- und Ausgangskontrollen beim Umschlag von Transportgütern nicht durchgängig vorsieht, ist im Regelfall der Vorwurf eines leichtfertigen Verhaltens gerechtfertigt, weil es sich bei diesen Maßnahmen um elementare Vorkehrungen gegen Verlust von Ware handelt.
cc) Entgegen der Auffassung der Revision besteht keine ausreichende Ausgangskontrolle, wenn die Beklagte - wie sie selbst vorgetragen hat - lediglich eine Eingangskontrolle im Abgangsdepot in Herbolzheim und eine Ausgangskontrolle im Empfangsdepot in Hannover durchführt. Auch die tägliche Durchführung eines "Lagersturzes" (sog. Negativsystem) in allen Depots und Umschlagzentren der Beklagten sowie die Beförderung des Frachtgutes auf der Fernverkehrsstrecke in verplombten Kofferwechselbrücken gewährleisten keine ausreichende Kontrolle des Warenumschlags. Die Beklagte räumt die Möglich-
keit von Fehlverladungen, die erst im Empfangsdepot festgestellt werden, bei ihrem System selbst ein.
Aus der Möglichkeit von Fehlverladungen ergibt sich entgegen der Auffassung der Revision nicht nur eine Verzögerung der Auslieferung, sondern es folgt daraus auch ein erhöhtes Verlustrisiko. Die Beklagte hat selbst vorgetragen , daß eine Fehlverladung zu einer Auslieferung an einen falschen Empfänger führen könne und ein Empfänger, der mehr bekomme, als er nach dem Frachtbrief zu erhalten habe, dies nicht immer reklamiere. Die Ausgangskontrolle im Empfangsdepot kann die Ausgangskontrolle im Abgangsdepot schon deshalb nicht ersetzen, weil die Beklagte bei einer solchen Kontrolle des Warenumschlags den Bereich des Schadenseintritts in zeitlicher, räumlicher und personeller Hinsicht nicht hinreichend eingrenzen und nach einer verlorengegangenen Sendung daher nicht gezielt suchen kann. Dementsprechend hat sie es selbst lediglich für wahrscheinlich gehalten, daß der Verlust der Sendung bereits in ihrem Abgangsdepot in Herbolzheim eingetreten sein müsse. Andererseits konnte sie aber auch nicht ausschließen, daß die Sendung in ihrem Umschlagsdepot in Dietzenbach oder in ihrem Empfangsdepot in Hannover verlorengegangen ist. Hätte die Beklagte in ihrem Abgangsdepot Herbolzheim eine wirksame Ausgangskontrolle durchgeführt, wäre ein in diesem Depot eingetretener Verlust zeitnah entdeckt worden und hätte die Suche nach der abhanden gekommenen Sendung gezielt auf dieses Depot und die im maßgeblichen Zeitraum am Warenumschlag in diesem Depot Beteiligten beschränkt werden können.
Ohne Erfolg macht die Revision auch geltend, daß eine systematische Suche nach außer Kontrolle geratenen Sendungen durch die EDV-mäßige Vernetzung sämtlicher Depots und Umschlagzentren möglich sei. Die Beklagte hat
zu dem streitgegenständlichen Verlustfall lediglich vorgetragen, daß eine zentral gesteuerte Suchmeldung in allen ihren Depots und Umschlagzentren mit negativem Ergebnis durchgeführt worden sei. Da der Eingang der Sendung bereits in ihrem zentralen Umschlagsdepot in Dietzenbach nicht habe festgestellt werden können und ein Verlust von Sendungen auf der Fernverkehrsstrecke mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden könne , sei der Verlust der Sendung "wahrscheinlich" bereits in ihrem Depot in Herbolzheim eingetreten. Damit räumt die Beklagte selbst ein, daß durch ihr EDVSystem nicht mit Sicherheit festgestellt werden konnte, wo genau der Verlust der Sendung eingetreten ist, um dort eine gezielte Suche zu ermöglichen. Vielmehr bleibt ihr bei ihrem System, in dem lediglich eine Eingangskontrolle im Abgangsdepot und eine Ausgangskontrolle im Empfangsdepot durchgeführt wird, nur die Möglichkeit, eine Suche in allen ihren Depots und Umschlagzentren und somit gerade keine gezielte Suche in einem bestimmten Depot oder Umschlagzentrum zu veranlassen.
Der Vortrag der Beklagten, sie habe eine Zertifizierung nach der ISONorm 9002 durchgeführt, steht der Annahme eines leichtfertigen Organisationsverschuldens schon deshalb nicht entgegen, weil diese DIN-Vorschrift keine spezifischen Anforderungen an die Sorgfalt des Spediteurs beim Warenumschlag , sondern lediglich allgemeine Merkmale eines effektiven Qualitätsmanagementsystems regelt, so daß die Erteilung des Zertifikats nicht den Rückschluß auf einen ausreichenden Schutz des Frachtgutes vor Verlust zuläßt.

e) Entgegen der Ansicht der Revision ist es revisionsrechtlich auch nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht aus der Organisation des Warenumschlags durch die Beklagte auf deren Bewußtsein geschlossen hat, daß ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde. Wer wie im Streitfall elemen-
tare Sorgfaltsvorkehrungen unterläßt, handelt in dem Bewußtsein, daß es aufgrund des Mangels dieser Vorkehrungen zu einem Schadenseintritt kommen kann. Wer also eine Ein- oder Ausgangskontrolle unterläßt, obwohl er weiß oder hätte wissen müssen, daß es darauf entscheidend ankommt, hat das Bewußtsein , es werde mit Wahrscheinlichkeit ein Schaden an dem anvertrauten Gut entstehen (vgl. BGHZ 74, 162, 172).
aa) Die von der Beklagten behauptete, im Verhältnis zu der Anzahl der bei ihr umgeschlagenen Sendungen geringe Schadensquote von 0,1 bis 0,2 ‰ sowie die behauptete Aufklärungsquote von 99 % bei Fehlleitungen von Sendungen widerlegen für sich allein nicht die Annahme des Bewußtseins der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts. Dies folgt schon daraus, daß die Beklagte verpflichtet ist, jeglichem Verlust des in ihre Obhut gelangten Gutes durch geeignete und ausreichende Sicherheitsvorkehrungen entgegenzuwirken. Aus der geringen Schadensquote und der hohen Aufklärungsquote ergeben sich im übrigen auch keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Annahme, daß im hier maßgeblichen Zeitraum keine schwerwiegenden Mängel in der theoretischen oder praktischen Durchführung der Organisation der Beklagten vorgelegen haben (vgl. BGH, Urt. v. 25.9.1997 - I ZR 156/95, TranspR 1998, 262, 264 f. = VersR 1998, 657; BGH TranspR 2003, 467, 471; TranspR 2004, 175, 177; BGH, Urt. v. 23.10.2003 - I ZR 55/01, Umdr. S. 11 f.).
bb) In der Rechtsprechung und Literatur wird die Auffassung vertreten, die erforderliche Wahrscheinlichkeit sei ein mittlerer Grad von Gewißheit, der zwischen Möglichkeit und absoluter Gewißheit angesiedelt sei. Das Bewußtsein von der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts sei daher quantitativ in dem Sinne zu bestimmen, daß die Wahrscheinlichkeit erst anzunehmen sei, wenn die Möglichkeit, daß das Schadensereignis eintrete, mehr als 50 % betrage, die
Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts also größer sei als die des Nichteintritts (vgl. OLG Frankfurt VersR 1981, 164, 165; MünchKomm.HGB/Kronke, Art. 25 WA 1955 Rdn. 30; Giemulla in: Giemulla/Schmid, Frankfurter Kommentar zum Luftverkehrsrecht, Art. 25 WA Rdn. 45; Gass in: Ebenroth/Boujong/ Joost, HGB, § 435 Rdn. 3; Fremuth in: Fremuth/Thume, Transportrecht, § 435 HGB Rdn. 16; Thume, TranspR 2002, 1, 3; Neumann, TranspR 2002, 413, 416; vgl. auch: Seyffert, Die Haftung des ausführenden Frachtführers im neuen deutschen Frachtrecht, S. 130).
Dieser Ansicht kann nicht beigetreten werden. Hierauf kommt es im Fall der Verletzung elementarer Sorgfaltsvorkehrungen in der Organisation eines Betriebs aber auch nicht an, weil schon die Kenntnis des grob mangelhaften Betriebsablaufs das Bewußtsein der Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts einschließt.
Es ist daher entgegen der Auffassung der Revision weder erfahrungswidrig noch verstößt es gegen Denkgesetze, wenn das Berufungsgericht trotz der von der Beklagten behaupteten geringen Schadens- und hohen Aufklärungsquote aufgrund der beim Warenumschlag bei der Beklagten bestehenden Kontrollücken auf deren Bewußtsein geschlossen hat, daß ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde.
C. Danach war die Revision der Beklagten mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Ullmann v. Ungern-Sternberg Pokrant
Büscher Bergmann
36
Der Senat geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass es sich beim Umschlag von Transportgütern, wie er hier in Rede steht, um einen besonders schadensanfälligen Bereich handelt, der deshalb so organisiert werden muss, dass in der Regel Ein- und Ausgang der Güter kontrolliert werden, damit Fehlbestände frühzeitig festgehalten werden können. Ohne ausreichende Einund Ausgangskontrollen, die im Regelfall einen körperlichen Abgleich der papier - bzw. EDV-mäßig erfassten Ware erfordern, kann ein verlässlicher Überblick über Lauf und Verbleib der in den einzelnen Umschlagstationen ein- und abgehenden Güter nicht gewonnen werden mit der Folge, dass der Eintritt eines Schadens und der Schadensbereich in zeitlicher, räumlicher und personeller Hinsicht nicht eingegrenzt werden können. Das Erfordernis von Schnittstellenkontrollen wird noch verstärkt, wenn - wie im Streitfall - rechtlich selbständige Drittunternehmen in die Erbringung der Transportleistung eingebunden sind. Die in § 435 HGB geforderte Leichtfertigkeit des Frachtführers oder seiner "Leute" kann sich aus einer mangelhaften Organisation des Betriebsablaufs ergeben. Bei einer Betriebsorganisation, die Ein- und Ausgangskontrollen beim Umschlag von Transportgütern nicht durchgängig vorsieht, ist im Regelfall der Vorwurf eines leichtfertigen Verhaltens gerechtfertigt, weil es sich bei diesen Maßnahmen um elementare Vorkehrungen gegen Verlust von Ware handelt (BGH, Urteil vom 25. März 2004 - I ZR 205/01, BGHZ 158, 322, 330 f. mwN.).

Nach Schluss der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, können Angriffs- und Verteidigungsmittel nicht mehr vorgebracht werden. § 139 Abs. 5, §§ 156, 283 bleiben unberührt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 236/11 Verkündet am:
13. Dezember 2012
Bürk
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Das Abstellen eines mit Sammelgut beladenen Transportfahrzeugs (Zugmaschine
nebst Kastenauflieger) am Wochenende in einem unbewachten Gewerbegebiet
einer deutschen Großstadt rechtfertigt nicht ohne weiteres den Vorwurf
eines qualifizierten Verschuldens im Sinne von § 435 HGB. Dies gilt auch
dann, wenn dem Frachtführer bekannt ist, dass sich unter dem Sammelgut eine
Palette mit leicht absetzbaren Gütern (hier: Tabakwaren) befindet.
BGH, Urteil vom 13. Dezember 2012 - I ZR 236/11 - OLG Oldenburg
LG Osnabrück
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. Dezember 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm
und die Richter Pokrant, Prof. Dr. Büscher, Prof. Dr. Schaffert und
Dr. Koch

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Streithelfers zu 2 der Beklagten wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 1. Dezember 2011 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin ist Transportversicherungsassekuradeur der S. N. GmbH in Bremen, die Tabakwaren vertreibt (im Weiteren: Versicherungsnehmerin ). Sie nimmt das beklagte Speditionsunternehmen aus abgetretenem Recht der Versicherungsnehmerin wegen Verlustes von Transportgut auf Schadensersatz in Anspruch.
2
Die Versicherungsnehmerin beauftragte die Beklagte Anfang April 2008 zu festen Kosten mit der Versendung von auf einer Palette verpackten Tabakwaren von Bremen nach Hartmannsdorf/Sachsen. Die Beklagte gab den Auftrag an ihre Streithelferin zu 1 weiter, die ihrerseits ihren Streithelfer zu 2 mit der Durchführung des Transports beauftragte. Ein Fahrer des Streithelfers zu 2 übernahm das Gut am 5. April 2008 (einem Freitag) in Bremen und beförderte es im Wege eines Sammelladungstransports zunächst bis Chemnitz. Dort stellte er das Fahrzeug nebst beladenem Kastenauflieger gegen 23.45 Uhr in einem unbewachten Gewerbegebiet ab. Die Fortsetzung der Fahrt zu einem Umschlagslager der Beklagten in Großschirma/Sachsen erfolgte am 8. April 2008 gegen 2.00 Uhr. Nach der Ankunft im Umschlagslager wurde festgestellt, dass der Kastenauflieger während der Standzeit in Chemnitz geöffnet und ein Teil des Gutes der Versicherungsnehmerin entwendet worden war.
3
Die Klägerin hat den der Versicherungsnehmerin entstandenen Schaden auf 25.344,22 € beziffert. Sie ist der Ansicht, die Beklagte müsse als Frachtführerin für den aufgrund des Diebstahls entstandenen Schaden unbegrenzt haften , weil das Abstellen des beladenen Transportfahrzeugs für zwei Tage in einem unbewachten Gewerbebetrieb besonders leichtfertig gewesen sei.
4
Die Klägerin hat die Beklagte daher auf Zahlung von 25.344,22 € nebst Zinsen in Anspruch genommen.
5
Die Beklagte und ihre Streithelfer sind dem entgegengetreten. Sie haben insbesondere geltend gemacht, das Abstellen des beladenen Transportfahrzeugs in einem Gewerbebetrieb von Chemnitz sei nicht grob pflichtwidrig gewesen , zumal den Streithelfern nicht bekannt gewesen sei, dass die Sammelgutsendung auch eine Palette mit Tabakwaren umfasst habe. Der Streithelfer zu 2 habe daher nicht von einer besonderen Gefahrenlage für das Transportgut ausgehen müssen. Die Fahrzeuge des Streithelfers zu 2 würden seit 2006 in der betreffenden Gegend abgestellt. Bis zu dem Diebstahl im April 2008 sei es zu keinen besonderen Vorkommnissen gekommen. Darüber hinaus haben die Beklagte und ihre Streithelfer die Höhe des behaupteten Schadens bestritten und die Einrede der Verjährung erhoben.
6
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die dagegen gerichtete Berufung der Streithelfer der Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Streithelfer zu 2 seinen Antrag auf Abweisung der Klage weiter. Die Klägerin beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


7
I. Das Berufungsgericht hat in Übereinstimmung mit dem Landgericht eine unbeschränkte Haftung der Beklagten für den Verlust der Tabakwaren gemäß §§ 459, 425 Abs. 1, §§ 435, 428 HGB bejaht. Dazu hat es ausgeführt:
8
Die Beklagte schulde vollen Schadensersatz, da im Streitfall die Voraussetzungen des § 435 HGB erfüllt seien. Diese Beurteilung rechtfertige sich schon aus dem Umstand, dass das beladene Transportfahrzeug über das Wochenende an einem unbewachten Ort in einem Gewerbegebiet abgestellt worden sei.
9
Der durch den Diebstahl der Tabakwaren entstandene Schaden belaufe sich auf 25.344,22 €. Die Schadenshöhe habe das Landgericht aufgrund einer nicht zu beanstandenden Würdigung der Aussage des erstinstanzlich vernommenen Zeugen R. zutreffend festgestellt.
10
II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision des Streithelfers zu 2 der Beklagten ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
11
1. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei die Voraussetzungen einer vertraglichen Haftung der Beklagten nach § 425 Abs. 1 HGB für den aufgrund des Diebstahls der Tabakwaren entstandenen Schaden bejaht. Es ist dabei zutreffend davon ausgegangen, dass die Beklagte von der Versicherungsnehmerin als Fixkostenspediteurin im Sinne von § 459 HGB beauftragt worden ist und sich ihre Haftung demgemäß grundsätzlich nach den Bestimmungen über die Haftung des Frachtführers (§§ 425 ff. HGB) richtet. Der Diebstahl des Gutes hat sich während der Obhutszeit des mit der Durchführung des Transports von Bremen nach Großschirma beauftragten Streithelfers zu 2 der Beklagten ereignet. Hierfür hat die Beklagte nach § 428 HGB einzustehen.
12
2. Der Umfang des von der Beklagten gemäß § 425 Abs. 1, § 428 HGB zu leistenden Schadensersatzes bestimmt sich nach § 429 Abs. 1 HGB. Danach hat der Frachtführer für gänzlichen oder teilweisen Verlust Schadensersatz zu leisten, der sich nach dem Wert des Gutes am Ort und zur Zeit der Übernahme zur Beförderung bemisst. Der gemäß § 429 Abs. 1 HGB zu berechnende Schadensersatz wird allerdings - wenn kein qualifiziertes Verschulden nach § 435 HGB vorliegt (dazu nachfolgend unter II 3) - durch die Regelungen in § 431 Abs. 1 und 2 HGB begrenzt. Gemäß § 431 Abs. 1 HGB haftet der Frachtführer wegen Verlustes der gesamten Sendung höchstens bis zu einem Betrag von 8,33 Rechnungseinheiten für jedes Kilogramm des Rohgewichts der Sendung. Sind nur einzelne Frachtstücke der Sendung abhandengekommen , so ist die Haftung des Frachtführers nach § 431 Abs. 2 HGB auf einen Betrag von 8,33 Rechnungseinheiten für jedes Kilogramm des Rohgewichts der gesamten Sendung begrenzt, wenn die gesamte Sendung entwertet ist (Fall 1). Ist - wie im vorliegenden Fall - nur ein Teil der Sendung abhandengekommen, haftet der Frachtführer höchstens auf einen Betrag von 8,33 Rechnungseinheiten für jedes Kilogramm des Rohgewichts des in Verlust geratenen Teils der Sendung (Fall 2).
13
3. Mit Erfolg wendet sich die Revision gegen die Auffassung des Berufungsgerichts , der Beklagten sei es im Streitfall nach § 435 HGB verwehrt, sich auf die Haftungsbegrenzungen gemäß § 431 Abs. 1 und 2 HGB zu berufen, weil der durch den Verlust des Transportguts eingetretene Schaden auf ein qualifiziertes Verschulden des mit der Durchführung des Transports beauftragten Unterfrachtführers zurückzuführen sei, das sich die Beklagte gemäß § 428 HGB zurechnen lassen müsse.
14
a) Gemäß § 435 HGB gelten die gesetzlichen und im Frachtvertrag vorgesehenen Haftungsbefreiungen und Haftungsbegrenzungen nicht, wenn der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen ist, die der Frachtführer oder eine der in § 428 HGB genannten Personen leichtfertig und in dem Bewusstsein begangen hat, dass ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten wird. Nach der Rechtsprechung des Senats hat grundsätzlich der Anspruchsteller die Voraussetzungen für den Wegfall der zugunsten des Frachtführers bestehenden gesetzlichen oder vertraglichen Haftungsbegrenzungen darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen (BGH, Urteil vom 22. November 2007 - I ZR 74/05, BGHZ 174, 244 Rn. 25; Urteil vom 13. Januar 2011 - I ZR 188/08, TranspR 2011, 218 Rn. 15 = VersR 2011, 1161; Urteil vom 13. Juni 2012 - I ZR 87/11, TranspR 2012, 463 Rn. 16). Die dem Anspruchsteller obliegende Darlegungs- und Beweislast kann jedoch - wovon auch das Berufungsgericht im Ansatz zutreffend ausgegangen ist - dadurch gemildert werden , dass der Frachtführer angesichts des unterschiedlichen Informationsstands der Vertragsparteien nach Treu und Glauben gehalten ist, soweit möglich und zumutbar zu den näheren Umständen des Schadensfalls eingehend vorzutragen. Eine solche sekundäre Darlegungslast des Anspruchsgegners setzt allerdings voraus, dass der Klagevortrag ein qualifiziertes Verschulden des Anspruchsgegners mit gewisser Wahrscheinlichkeit nahelegt oder sich An- haltspunkte für ein derartiges Verschulden aus dem unstreitigen Sachverhalt ergeben (BGH, TranspR 2011, 218 Rn. 15; TranspR 2012, 463 Rn. 17).
15
b) Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass der Vortrag der Klägerin mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit auf ein qualifiziertes Verschulden der Beklagten oder des mit der Durchführung des Transports beauftragten Unterfrachtführers schließen lässt. Es hat angenommen, das Abstellen des beladenen Transportfahrzeugs über ein Wochenende an einem unbewachten Ort in einem Gewerbegebiet sei besonders leichtfertig gewesen, weil die Beklagte, auf deren Kenntnis es ankomme, den Gegenstand der Fracht gekannt und daher gewusst habe, dass das Gut leicht verwertbar und deshalb besonders diebstahlsgefährdet gewesen sei. Unter den gegebenen Umständen sei nicht nur das Tatbestandsmerkmal der Leichtfertigkeit zu bejahen, sondern auch das Bewusstsein einer Schadenswahrscheinlichkeit anzunehmen. Es müsse zudem davon ausgegangen werden, dass es dem Fahrer des Streithelfers zu 2 möglich gewesen wäre, das beladene Transportfahrzeug an einem anderen, nicht derart menschenleeren Ort abzustellen.
16
c) Die Revision rügt mit Erfolg, dass die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen für die Annahme eines bewusst leichtfertigen Handelns (§ 435 HGB) der Beklagten oder ihres Unterfrachtführers nicht ausreichen.
17
aa) Das Tatbestandsmerkmal der Leichtfertigkeit erfordert einen besonders schweren Pflichtenverstoß, bei dem sich der Frachtführer oder seine Leute im Sinne von § 428 HGB in krasser Weise über die Sicherheitsinteressen des Vertragspartners hinwegsetzen. Das subjektive Erfordernis des Bewusstseins von der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts ist eine sich dem Handelnden aus seinem leichtfertigen Verhalten aufdrängende Erkenntnis, es werde wahrscheinlich ein Schaden entstehen. Dabei reicht die Erfüllung des Tatbestands- merkmals der Leichtfertigkeit für sich allein nicht aus, um auf das Bewusstsein von der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts schließen zu können. Eine solche Erkenntnis als innere Tatsache ist vielmehr erst dann anzunehmen, wenn das leichtfertige Verhalten nach seinem Inhalt und nach den Umständen, unter denen es aufgetreten ist, diese Folgerung rechtfertigt (BGH, Urteil vom 30. September 2010 - I ZR 39/09, BGHZ 187, 141 Rn. 24; BGH, TranspR 2011, 218 Rn. 19 mwN).
18
bb) Die tatrichterliche Beurteilung der Frage, ob eine bewusste Leichtfertigkeit vorliegt, kann das Revisionsgericht nur in eingeschränktem Maße nachprüfen. Die Prüfung muss sich darauf beschränken, ob der Tatrichter den Rechtsbegriff der bewussten Leichtfertigkeit verkannt hat oder ob ihm Verstöße gegen § 286 ZPO, gegen die Denkgesetze oder gegen Erfahrungssätze unterlaufen sind (BGH, Urteil vom 25. März 2004 - I ZR 205/01, BGHZ 158, 322, 327; BGHZ 187, 141 Rn. 25). Die Revision rügt mit Recht, dass das Berufungsgericht zu geringe Anforderungen an das Vorliegen einer bewussten Leichtfertigkeit gestellt hat.
19
cc) Die Klägerin hat den von ihr erhobenen Vorwurf eines qualifizierten Verschuldens im Sinne von § 435 HGB allein darauf gestützt, dass der Fahrer des Streithelfers zu 2 das mit Sammelgut beladene Transportfahrzeug über ein Wochenende in einem unbewachten Gewerbegebiet von Chemnitz abgestellt hat und der Beklagten bekannt war, dass sich unter dem Sammelgut auch eine Palette mit Tabakwaren befand. Die Revision macht mit Recht geltend, dass dieser Sachverhalt den Schluss auf ein bewusst leichtfertiges Verhalten der Beklagten oder des von der Streithelferin zu 1 beauftragten Unterfrachtführers nicht zulässt.
20
Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass es dem Fahrer des Streithelfers zu 2 hätte bewusst sein müssen, es könnte zu einem Diebstahl des Transportgutes kommen, wenn er das beladene Transportfahrzeug in dem nicht bewachten Gewerbegebiet abstellt, sind vom Berufungsgericht nicht festgestellt und von der Klägerin auch nicht vorgetragen worden. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass es in diesem Gebiet zuvor bereits zu Diebstählen von Transportgut gekommen ist. Die Versicherungsnehmerin hatte der Beklagten - unstreitig - keine konkreten Weisungen für die Durchführung des Transports erteilt. Ebenso wenig hatte die Beklagte der Versicherungsnehmerin besondere Sicherungsvorkehrungen bei der Durchführung des Transports zugesagt. Das Gut befand sich in einem verschlossenen Kastenauflieger, der im Vergleich zu einem Planenwagen im Allgemeinen eine wesentlich größere Sicherheit gegen eine Entwendung der transportierten Güter bietet. Die Klägerin hat auch nicht dargelegt, dass das äußere Erscheinungsbild des Transportfahrzeugs Anlass zu der Annahme gab, es könnten sich darin besonders wertvolle Güter befinden. Schließlich hat die Klägerin auch nicht dargelegt, dass es dem Streithelfer zu 2 möglich und zumutbar war, das beladene Transportfahrzeug über das Wochenende auf einem bewachten Parkplatz oder einem zumindest sichereren Platz - beispielsweise auf einem umzäunten und abgeschlossenen Gelände - abzustellen. Unter den gegebenen Umständen brauchte der Streithelfer zu 2 der Beklagten nicht das Bewusstsein zu haben, es werde mit Wahrscheinlichkeit zu einem Diebstahl des im Kastenauflieger befindlichen Transportguts kommen, wenn das Transportfahrzeug in einem unbewachten Gewerbegebiet von Chemnitz abgestellt wird.
21
Da die Feststellungen des Berufungsgerichts schon nicht den Schluss auf ein qualifiziertes Verschulden der Beklagten oder des mit der Durchführung des Transports beauftragten Unterfrachtführers rechtfertigen, kommt es nicht darauf an, ob das Berufungsgericht - wie die Revision rügt - den Vortrag des Streithelfers zu 2 in seinem Schriftsatz vom 1. März 2011, den das Berufungsgericht zur Erfüllung der sekundären Darlegungslast der Beklagten für ausreichend erachtet hat, hätte berücksichtigen müssen.
22
4. Der Senat kann den Rechtsstreit nicht abschließend entscheiden. Zwar lässt sich aufgrund der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen ein qualifiziertes Verschulden der Beklagten oder des mit der Durchführung des Transports beauftragten Unterfrachtführers verneinen; die Revisionserwiderung hat auch nicht gerügt, dass das Berufungsgericht insofern erheblichen Vortrag der Klägerin übergangen hätte. Das Berufungsgericht hat aber noch keine Feststellungen zur Regelhaftung der Beklagten nach § 429 Abs. 1, § 431 Abs. 1 und 2 HGB getroffen. Hier stellt sich zunächst die Frage der Verjährung; gegebenenfalls müssen auch noch Feststellungen zur Höhe des Wertersatzes getroffen werden.
23
Die Beklagte und der Streithelfer zu 2 haben die Einrede der Verjährung erhoben. Da die Voraussetzungen für ein qualifiziertes Verschulden der Beklagten nicht erfüllt sind, beträgt die Verjährungsfrist gemäß § 439 Abs. 1 Satz 1 HGB lediglich ein Jahr. Sofern der Lauf der Verjährungsfrist nicht gemäß § 439 Abs. 3 Satz 1 HGB oder § 203 BGB gehemmt wurde, wäre der aus § 429 Abs. 1, § 431 Abs. 1 und 2 HGB abzuleitende Anspruch auf Wertersatz bei Einreichung der Klage am 2. September 2010 bereits verjährt gewesen. Den bislang getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts lässt sich auch nicht entnehmen, dass der Lauf der Verjährung gehemmt worden ist. Das Telefaxschreiben der Versicherungsnehmerin an die Beklagte vom 10. April 2008 (Anlage K 5), mit dem der Beklagten mitgeteilt wurde, dass sie für haftbar gehalten werde, konnte eine Hemmung nach § 439 Abs. 3 Satz 1 HGB jedenfalls nicht bewirken, weil es insofern an der erforderlichen Schriftform des § 126 Abs. 1 BGB fehlt (vgl. BGH, Urteil vom 20. September 2012 - I ZR 75/11, TranspR 2013, 156 Rn. 13 ff.).
24
Ist keine Verjährung eingetreten, stellt sich die weitere Frage nach der Höhe des Ersatzanspruchs. In Ermangelung eines besonders schweren Pflichtenverstoßes der Beklagten ist die geschuldete Entschädigung auf 8,33 Rechnungseinheiten für jedes fehlende Kilogramm des Rohgewichts begrenzt (§ 431 Abs. 1 und 2 HGB). Hierzu hat das Berufungsgericht - aus seiner Sicht folgerichtig - bislang ebenfalls noch keine Feststellungen getroffen.
25
III. Das Berufungsurteil kann danach keinen Bestand haben (§ 562 ZPO). Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil sie nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Bornkamm Pokrant Büscher
Schaffert Koch
Vorinstanzen:
LG Osnabrück, Entscheidung vom 08.03.2011 - 14 O 441/10 -
OLG Oldenburg, Entscheidung vom 01.12.2011 - 8 U 60/11 -

Die in diesem Unterabschnitt und im Frachtvertrag vorgesehenen Haftungsbefreiungen und Haftungsbegrenzungen gelten nicht, wenn der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen ist, die der Frachtführer oder eine in § 428 genannte Person vorsätzlich oder leichtfertig und in dem Bewußtsein, daß ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde, begangen hat.

21
aa) Welche Sicherheitsvorkehrungen der Transportunternehmer zur Erfüllung seiner vertraglichen Verpflichtung, das ihm anvertraute Transportgut während der Beförderung vor Diebstahl oder Raub zu bewahren, ergreifen muss, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Es kommt entscheidend darauf an, ob die getroffenen Maßnahmen den für den durchzuführenden Transport erforderlichen Sorgfaltsanforderungen genügen. Je größer die mit der Güterbeförderung verbundenen Risiken sind, desto höhere Anforderungen sind an die zu treffenden Sicherheitsmaßnahmen zu stellen. Von erheblicher Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, ob das transportierte Gut leicht verwertbar und damit besonders diebstahlgefährdet ist, welchen Wert es hat, ob dem Frachtführer die besondere Gefahrenlage bekannt sein musste und welche konkreten Möglichkeiten einer gesicherten Fahrtunterbrechung es gab, um vorgeschriebene Ruhezeiten einzuhalten (BGH TranspR 2007, 423 Tz. 19 m.w.N.).

Die in diesem Unterabschnitt und im Frachtvertrag vorgesehenen Haftungsbefreiungen und Haftungsbegrenzungen gelten nicht, wenn der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen ist, die der Frachtführer oder eine in § 428 genannte Person vorsätzlich oder leichtfertig und in dem Bewußtsein, daß ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde, begangen hat.

Der Schuldner kann dem neuen Gläubiger die Einwendungen entgegensetzen, die zur Zeit der Abtretung der Forderung gegen den bisherigen Gläubiger begründet waren.

(1) Die nach den §§ 429 und 430 zu leistende Entschädigung wegen Verlust oder Beschädigung ist auf einen Betrag von 8,33 Rechnungseinheiten für jedes Kilogramm des Rohgewichts des Gutes begrenzt.

(2) Besteht das Gut aus mehreren Frachtstücken (Sendung) und sind nur einzelne Frachtstücke verloren oder beschädigt worden, so ist der Berechnung nach Absatz 1

1.
die gesamte Sendung zu Grunde zu legen, wenn die gesamte Sendung entwertet ist, oder
2.
der entwertete Teil der Sendung zu Grunde zu legen, wenn nur ein Teil der Sendung entwertet ist.

(3) Die Haftung des Frachtführers wegen Überschreitung der Lieferfrist ist auf den dreifachen Betrag der Fracht begrenzt.

(4) Die in den Absätzen 1 und 2 genannte Rechnungseinheit ist das Sonderziehungsrecht des Internationalen Währungsfonds. Der Betrag wird in Euro entsprechend dem Wert des Euro gegenüber dem Sonderziehungsrecht am Tag der Übernahme des Gutes zur Beförderung oder an dem von den Parteien vereinbarten Tag umgerechnet. Der Wert des Euro gegenüber dem Sonderziehungsrecht wird nach der Berechnungsmethode ermittelt, die der Internationale Währungsfonds an dem betreffenden Tag für seine Operationen und Transaktionen anwendet.

(1) Die Parteien verhandeln über den Rechtsstreit vor dem erkennenden Gericht mündlich.

(2) Mit Zustimmung der Parteien, die nur bei einer wesentlichen Änderung der Prozesslage widerruflich ist, kann das Gericht eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung treffen. Es bestimmt alsbald den Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können, und den Termin zur Verkündung der Entscheidung. Eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ist unzulässig, wenn seit der Zustimmung der Parteien mehr als drei Monate verstrichen sind.

(3) Ist nur noch über die Kosten oder Nebenforderungen zu entscheiden, kann die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ergehen.

(4) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

Nach Schluss der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, können Angriffs- und Verteidigungsmittel nicht mehr vorgebracht werden. § 139 Abs. 5, §§ 156, 283 bleiben unberührt.

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

Der Beauftragte ist verpflichtet, dem Auftraggeber alles, was er zur Ausführung des Auftrags erhält und was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt, herauszugeben.

(1) Auf einen Dienstvertrag oder einen Werkvertrag, der eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat, finden, soweit in diesem Untertitel nichts Abweichendes bestimmt wird, die Vorschriften der §§ 663, 665 bis 670, 672 bis 674 und, wenn dem Verpflichteten das Recht zusteht, ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen, auch die Vorschriften des § 671 Abs. 2 entsprechende Anwendung.

(2) Wer einem anderen einen Rat oder eine Empfehlung erteilt, ist, unbeschadet der sich aus einem Vertragsverhältnis, einer unerlaubten Handlung oder einer sonstigen gesetzlichen Bestimmung ergebenden Verantwortlichkeit, zum Ersatz des aus der Befolgung des Rates oder der Empfehlung entstehenden Schadens nicht verpflichtet.

(3) Ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, die Anmeldung oder Registrierung des anderen Teils zur Teilnahme an Gewinnspielen zu bewirken, die von einem Dritten durchgeführt werden, bedarf der Textform.

22
a) Die Beklagte ist als Hauptfrachtführerin verpflichtet, einen ihr gegen die Streithelferin zustehenden Schadensersatzanspruch gemäß §§ 667, 675 BGB, die vorliegend anwendbar sind (vgl. Koller, Transportrecht, 8. Aufl., § 407 HGB Rn. 80), an den tatsächlichen Geschädigten abzutreten. Nach § 667 BGB ist der Beauftragte verpflichtet, dem Auftraggeber alles, was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt, herauszugeben. Dazu rechnet auch ein Schadensersatzanspruch , den der Beauftragte gegen einen Unterbeauftragten erlangt hat (vgl. RGZ 109, 288, 291 ff.). Geschädigte war ursprünglich die Versicherungsnehmerin , die zwischenzeitlich diesen Anspruch an die Klägerin abgetreten hat.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.

(1) Steht dem Versicherungsnehmer ein Ersatzanspruch gegen einen Dritten zu, geht dieser Anspruch auf den Versicherer über, soweit der Versicherer den Schaden ersetzt. Der Übergang kann nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers geltend gemacht werden.

(2) Der Versicherungsnehmer hat seinen Ersatzanspruch oder ein zur Sicherung dieses Anspruchs dienendes Recht unter Beachtung der geltenden Form- und Fristvorschriften zu wahren und bei dessen Durchsetzung durch den Versicherer soweit erforderlich mitzuwirken. Verletzt der Versicherungsnehmer diese Obliegenheit vorsätzlich, ist der Versicherer zur Leistung insoweit nicht verpflichtet, als er infolgedessen keinen Ersatz von dem Dritten erlangen kann. Im Fall einer grob fahrlässigen Verletzung der Obliegenheit ist der Versicherer berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen; die Beweislast für das Nichtvorliegen einer groben Fahrlässigkeit trägt der Versicherungsnehmer.

(3) Richtet sich der Ersatzanspruch des Versicherungsnehmers gegen eine Person, mit der er bei Eintritt des Schadens in häuslicher Gemeinschaft lebt, kann der Übergang nach Absatz 1 nicht geltend gemacht werden, es sei denn, diese Person hat den Schaden vorsätzlich verursacht.

Die in diesem Unterabschnitt und im Frachtvertrag vorgesehenen Haftungsbefreiungen und Haftungsbegrenzungen gelten nicht, wenn der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen ist, die der Frachtführer oder eine in § 428 genannte Person vorsätzlich oder leichtfertig und in dem Bewußtsein, daß ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde, begangen hat.

15
2. Vollen Schadensersatz - über die Beschränkung des Art. 23 Abs. 3 CMR hinaus - schuldet die Beklagte aber nur dann, wenn die Voraussetzungen des Art. 29 CMR vorliegen. Nach dieser Bestimmung kann sich der Frachtführer nicht auf Haftungsbeschränkungen berufen, wenn er den Schaden vorsätzlich oder durch ein dem Vorsatz gleichstehendes Verschulden verursacht hat. Das Gleiche gilt, wenn seinen Bediensteten oder Verrichtungsgehilfen ein solches qualifiziertes Verschulden zur Last fällt (Art. 29 Abs. 2 Satz 1 CMR). Da auf den zwischen der Versicherungsnehmerin und der Beklagten geschlossenen Beförderungsvertrag jedenfalls gemäß Art. 27 Abs. 1 EGBGB, der im Streitfall noch maßgeblich ist, deutsches Recht zur Anwendung kommt - beide Parteien haben während des Rechtsstreits ausschließlich auf der Grundlage des deutschen Rechts vorgetragen -, ist im Rahmen von Art. 29 Abs. 1 CMR ergänzend § 435 HGB heranzuziehen. Nach dieser Vorschrift kann sich der Frachtführer nicht auf gesetzliche oder vertraglich vereinbarte Haftungsbeschränkungen berufen, wenn der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen ist, die der Frachtführer oder eine in § 428 HGB genannte Person vorsätzlich oder bewusst leichtfertig begangen hat. Davon ist im Streitfall auszugehen.

Der Frachtführer hat Handlungen und Unterlassungen seiner Leute in gleichem Umfange zu vertreten wie eigene Handlungen und Unterlassungen, wenn die Leute in Ausübung ihrer Verrichtungen handeln. Gleiches gilt für Handlungen und Unterlassungen anderer Personen, deren er sich bei Ausführung der Beförderung bedient.

27
aa) Das Tatbestandsmerkmal der Leichtfertigkeit erfordert einen besonders schweren Pflichtenverstoß, bei dem sich der Frachtführer oder seine Leute im Sinne von § 428 Abs. 2 HGB in krasser Weise über die Sicherheitsinteressen des Vertragspartners hinwegsetzen. Das subjektive Erfordernis des Bewusstseins von der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts ist eine sich dem Handelnden aus seinem leichtfertigen Verhalten aufdrängende Erkenntnis, es werde wahrscheinlich ein Schaden entstehen. Dabei reicht die Erfüllung des Tatbestandsmerkmals der Leichtfertigkeit für sich allein nicht aus, um auf das Bewusstsein von der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts schließen zu können. Eine solche Erkenntnis als innere Tatsache ist vielmehr erst dann anzunehmen , wenn das leichtfertige Verhalten nach seinem Inhalt und nach den Umständen, unter denen es aufgetreten ist, diese Folgerung rechtfertigt (BGH, Urteil vom 6. Juni 2007 - I ZR 121/04, TranspR 2007, 423 Rn. 17 = VersR 2008, 1134; BGH, TranspR 2011, 218 Rn. 19).

Die in diesem Unterabschnitt und im Frachtvertrag vorgesehenen Haftungsbefreiungen und Haftungsbegrenzungen gelten nicht, wenn der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen ist, die der Frachtführer oder eine in § 428 genannte Person vorsätzlich oder leichtfertig und in dem Bewußtsein, daß ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde, begangen hat.

21
aa) Welche Sicherheitsvorkehrungen der Transportunternehmer zur Erfüllung seiner vertraglichen Verpflichtung, das ihm anvertraute Transportgut während der Beförderung vor Diebstahl oder Raub zu bewahren, ergreifen muss, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Es kommt entscheidend darauf an, ob die getroffenen Maßnahmen den für den durchzuführenden Transport erforderlichen Sorgfaltsanforderungen genügen. Je größer die mit der Güterbeförderung verbundenen Risiken sind, desto höhere Anforderungen sind an die zu treffenden Sicherheitsmaßnahmen zu stellen. Von erheblicher Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, ob das transportierte Gut leicht verwertbar und damit besonders diebstahlgefährdet ist, welchen Wert es hat, ob dem Frachtführer die besondere Gefahrenlage bekannt sein musste und welche konkreten Möglichkeiten einer gesicherten Fahrtunterbrechung es gab, um vorgeschriebene Ruhezeiten einzuhalten (BGH TranspR 2007, 423 Tz. 19 m.w.N.).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 205/01 Verkündet am:
25. März 2004
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Das Tatbestandsmerkmal der Leichtfertigkeit in § 435 HGB erfordert einen
besonders schweren Pflichtenverstoß, bei dem sich der Frachtführer oder
seine "Leute" in krasser Weise über die Sicherheitsinteressen der Vertragspartner
hinwegsetzen.

b) Bei einer Betriebsorganisation des Spediteurs/Frachtführers, die Ein- und
Ausgangskontrollen beim Umschlag von Transportgütern nicht durchgängig
vorsieht, ist im Regelfall der Vorwurf eines leichtfertigen Verhaltens gerechtfertigt
, weil es sich bei diesen Kontrollen um elementare Vorkehrungen gegen
Verlust von Ware handelt.

c) Ein Spediteur/Frachtführer, der elementare Sorgfaltspflichten vernachlässigt
(hier: die Durchführung von ausreichenden Ausgangskontrollen), handelt im
allgemeinen in dem Bewußtsein, daß es aufgrund des Mangels dieser Vorkehrungen
zu einem Schadenseintritt kommen kann.
BGH, Urt. v. 25. März 2004 - I ZR 205/01 - OLG Köln
LG Köln
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 25. März 2004 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und
die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Pokrant, Dr. Büscher und Dr. Bergmann

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 19. Juni 2001 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin ist Transportversicherer der B. GmbH (im folgenden: Versicherungsnehmerin) in Achern. Sie nimmt das beklagte Speditionsunternehmen aus übergegangenem Recht ihrer Versicherungsnehmerin wegen Verlustes von Transportgut auf Schadensersatz in Anspruch.
Die Versicherungsnehmerin beauftragte die Beklagte Ende Februar 1999 zu festen Kosten mit der Besorgung des Transports einer Computeranlage im Wert von 66.000 DM von Achern nach Hannover. Die Sendung wurde einem
von der Beklagten beauftragten Nahverkehrsunternehmer am 1. März 1999 übergeben. Dieser sollte das Gut zunächst im Depot der Beklagten in Herbolzheim abliefern. Von dort sollte es zum Zentrallager der Beklagten in Dietzenbach gebracht und anschließend über ihr Depot in Hannover an die Empfängerin ausgeliefert werden. Die Sendung hat die Empfängerin nicht erreicht. Wo sie abhanden gekommen ist, konnte nicht geklärt werden.
Die Klägerin hat an ihre Versicherungsnehmerin für den Verlust eine Entschädigung in Höhe von 66.000 DM gezahlt. Von diesem Betrag hat die Beklagte der Klägerin lediglich 729 DM erstattet.
Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagte hafte für den eingetretenen Verlust unbeschränkt. Die Beklagte könne sich weder auf eine gesetzliche noch auf die in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen vorgesehene Haftungsbeschränkung berufen, da sie den Geschehensablauf nicht ausreichend habe darlegen können. Die Beklagte habe leichtfertig gehandelt.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 65.271 DM nebst Zinsen zu zahlen.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten und hat zur Handhabung ihrer Betriebsorganisation bei der Abwicklung von Versandaufträgen insbesondere folgendes vorgetragen:
Ein Nahverkehrsunternehmer hole die Sendung beim Kunden ab und bringe sie zum jeweiligen Abgangsdepot. Nach der Entladung würden die Sen-
dungsdaten erfaßt und über ihren Zentralrechner an das jeweilige Empfangsdepot bzw. Umschlagzentrum übermittelt. Anschließend erfolge die Verladung der Packstücke für die Fernverkehrsbeförderung in Kofferwechselbrücken, die dann verschlossen und verplombt würden. Dabei werde nicht positiv anhand einer Packliste geprüft, ob eine Sendung in eine bestimmte Kofferwechselbrücke verbracht worden sei. Der Umschlag werde vielmehr nach dem sogenannten Negativsystem durchgeführt. Danach sei für jeden Arbeitstag vorgeschrieben , daß kein Packstück zurückbleiben dürfe. Dementsprechend führten ihre Mitarbeiter nach Abschluß der Nahverkehrsentladung und der Beladung der Kofferwechselbrücken für die Fernverkehrsbeförderung täglich einen "Lagersturz" durch, bei dem die gesamte Umschlaghalle planmäßig nach liegengebliebenen Sendungen abgesucht werde. Gefundene Sendungen würden in das EDV-System eingegeben und deren Absender und Empfänger unterrichtet.
Ihr organisatorisch geschlossenes System, das durch weitere Sicherheitseinrichtungen (Umzäunung des Depots, strikte Eingangskontrollen von betriebsfremden Personen, Ausweispflicht, stichprobenartige Überprüfung der Nahverkehrsfahrzeuge) ergänzt werde, führe dazu, daß nahezu 100 % aller ihr, der Beklagten, übergebenen Sendungen ordnungsgemäß an den Empfänger ausgeliefert würden.
Die streitgegenständliche in Verlust geratene Sendung sei in ihrem Depot in Herbolzheim abgeliefert worden. Ein Verlust der Sendung auf der Fernverkehrsstrecke könne ausgeschlossen werden, da sie schon nicht in ihrem Umschlagsdepot in Dietzenbach eingetroffen sei. Auch in anderen Depots habe die Sendung nicht aufgefunden werden können. Der Verlust sei daher wahrscheinlich bereits in ihrem Depot in Herbolzheim eingetreten. Als Ursache für eine Fehlleitung der Sendung komme ein der Versicherungsnehmerin zuzu-
rechnender Markierungsfehler in Betracht, da die Versenderin den vorgedruckten Versandauftrag umgeschrieben habe. Denkbar sei aber auch eine kriminelle Umgehung ihres Systems durch den Fahrer des Nah- oder Fernverkehrsunternehmens , ohne daß sie, die Beklagte, dies behaupten könne oder wolle.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, sie habe ihrer Einlassungsobliegenheit genügt. Ihr Vortrag zum Ablauf ihrer Betriebsorganisation rechtfertige nicht den Vorwurf eines qualifizierten Verschuldens i.S. von § 435 HGB.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben (OLG Köln TranspR 2001, 407 ff.).
Mit der Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter.

Entscheidungsgründe:


A. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Klägerin stehe aus übergegangenem Recht (§ 67 VVG) ihrer Versicherungsnehmerin gemäß § 425 Abs. 1, § 429 Abs. 1, §§ 435, 459 HGB ein Anspruch auf Schadensersatz gegen die Beklagte zu, ohne daß sich die Beklagte auf gesetzliche oder vertraglich vereinbarte Haftungsbegrenzungen berufen könne. Die Beklagte hafte gemäß § 435 HGB für den Verlust der Ware unbeschränkt, weil dieser - wie das Berufungsgericht näher ausgeführt hat - leichtfertig und in dem Bewußtsein, daß ein Schaden wahrscheinlich eintreten werde, herbeigeführt worden sei. Für das Verhalten ihrer Leute und anderer Personen, deren sich die Beklagte bei
der Ausführung der Beförderung bedient habe, habe die Beklagte gemäß § 428 HGB in gleichem Umfang wie für eigenes Verschulden einzustehen.
B. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.
I. Ohne Rechtsverstoß hat das Berufungsgericht die Voraussetzungen einer vertraglichen Haftung der Beklagten nach § 425 HGB bejaht.
Es ist dabei zutreffend und von der Revision auch unbeanstandet davon ausgegangen, daß die Beklagte von der Versicherungsnehmerin der Klägerin als Fixkostenspediteurin i.S. von § 459 HGB beauftragt worden ist und daß sich ihre Haftung daher grundsätzlich nach den Bestimmungen über die Haftung des Frachtführers (§§ 425 ff. HGB) und - bei wirksamer vertraglicher Einbeziehung - ihren Allgemeinen Beförderungsbedingungen beurteilt, soweit diese mit den in § 449 Abs. 2 HGB enthaltenen Regelungen in Einklang stehen (vgl. dazu BGHZ 153, 308, 310 f.).
II. Die Revision wendet sich ohne Erfolg gegen die Annahme des Berufungsgerichts , die Beklagte hafte für den streitgegenständlichen Schaden gemäß § 435 HGB unbeschränkt.
Nach § 435 HGB gelten die in diesem Unterabschnitt und im Frachtvertrag vorgesehenen Haftungsbefreiungen und Haftungsbegrenzungen nicht, wenn der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen ist, die der Frachtführer oder eine der in § 428 HGB genannten Personen vorsätzlich oder leichtfertig und in dem Bewußtsein begangen hat, daß ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde.

1. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Gesetzgeber habe mit der Neufassung des § 435 HGB einen gegenüber der groben Fahrlässigkeit strengeren Haftungsmaßstab in die gesetzliche Regelung einführen wollen, so daß nicht jede grobe Fahrlässigkeit auch ein leichtfertiges Verhalten darstelle. Ein solcher besonders schwerer Fall der groben Fahrlässigkeit sei im Streitfall gegeben. Die Beklagte gehe selbst davon aus, daß die in ihrer Obhut abhanden gekommene Sendung in ihrem Lager in Herbolzheim in Verlust geraten sein müsse. Die Beklagte habe es pflichtwidrig unterlassen, in diesem Lager für ein lückenloses Kontrollsystem zu sorgen, das den Verbleib der Sendung hätte aufklären können. Das angewandte "Negativsystem" verhindere es gerade nicht, daß ein Verlust von Sendungen zunächst unentdeckt bleibe. Die Beklagte habe keinen ausreichenden Überblick über den Inhalt der beladenen Wechselbrücken sowie den Lauf und Verbleib der ein- und ausgehenden Sendungen gehabt mit der Folge, daß nach einer außer Kontrolle geratenen Sendung nicht systematisch habe gesucht werden können. Erst eine wirksame Ein- und Ausgangskontrolle hätte die gebotenen Nachforschungen ermöglicht. Dieses hohe Risiko sei die Beklagte bewußt eingegangen.
Die Beklagte bzw. die für sie tätigen Personen hätten auch in dem Bewußtsein gehandelt, daß ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde. Dieses subjektive Tatbestandsmerkmal setze voraus, daß das Risiko eines Schadenseintritts bei der gehandhabten Betriebsorganisation hoch oder naheliegend sei. Es komme darauf an, ob ein Geschehen vorliege, bei dem ein unbeteiligter Beobachter zu der Entscheidung gelange, daß es "noch einmal gutgegangen" sei. Das Bewußtsein der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts könne schon dann festgestellt werden, wenn das leichtfertige Verhalten nach seinem Inhalt und nach den Umständen, unter denen es aufgetreten sei, diese
Folgerung rechtfertige. Ausgehend von dem besonders schwerwiegenden Organisationsverschulden der Beklagten stehe zur Überzeugung des Senats fest, daß bei der Beklagten das Bewußtsein der Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts vorgelegen habe. Die Beklagte habe - wie sie selbst vortrage - zur Vermeidung von Kosten bewußt auf eine lückenlose Kontrolle verzichtet.
Umstände, die gegen die Schadensursächlichkeit des Organisationsmangels sprechen könnten, habe die Beklagte nicht dargelegt.
2. Diese Beurteilung hält den Angriffen der Revision stand.
Die tatrichterliche Beurteilung der Frage, ob eine bewußte Leichtfertigkeit i.S. von § 435 HGB vorliegt, ist durch das Revisionsgericht nur in eingeschränktem Maße nachprüfbar. Die Prüfung muß sich darauf beschränken, ob das Berufungsgericht den Rechtsbegriff der bewußten Leichtfertigkeit verkannt hat oder ob Verstöße gegen § 286 ZPO, gegen die Denkgesetze oder gegen Erfahrungssätze vorliegen (vgl. zur groben Fahrlässigkeit: BGHZ 149, 337, 345; BGH, Urt. v. 13.2.2003 - I ZR 128/00, TranspR 2003, 255, 257 = VersR 2003, 1017). Solche Rechtsfehler läßt das Berufungsurteil nicht erkennen.

a) Die aufgrund des Transportrechtsreformgesetzes vom 25. Juni 1998 (BGBl. I S. 1588) mit Wirkung vom 1. Juli 1998 in Kraft getretene Neufassung des § 435 HGB ist Ausdruck des schon bis dahin im gesamten Transportrecht geltenden Prinzips, daß dem Frachtführer die ihm wegen vertragstypischer Risiken eingeräumten Haftungsprivilegien nicht zugute kommen sollen, wenn ihn oder eine Person, deren er sich bei der Ausführung der Beförderung bedient, ein qualifiziertes Verschulden, also ein über die einfache Fahrlässigkeit hinausgehender Verschuldensvorwurf, trifft (vgl. § 430 Abs. 3 HGB a.F.; § 607a
Abs. 4, § 660 Abs. 3 HGB, Art. 29 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 CMR, Art. 44 CIM, Art. 25 WA 1955; s. auch die Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung , BT-Drucks. 13/8445, S. 71).

b) Der Verschuldensmaßstab des § 435 HGB, der - wenn nicht Vorsatz gegeben ist - neben der Leichtfertigkeit das Bewußtsein voraussetzt, daß ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde, ist an den Wortlaut deutscher Übersetzungen internationaler Transportrechtsübereinkommen (u.a. Art. 25 WA 1955) angelehnt. Der Begriff der Leichtfertigkeit bezweckt einen möglichst weitgehenden Einklang des deutschen Transportrechts mit dem internationalen Recht (vgl. Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung, BTDrucks. 13/8445, S. 72). Der Gesetzgeber ist dabei von dem Bedeutungsgehalt ausgegangen, der dem Begriff schon bisher in der deutschen Rechtsprechung zu Art. 25 WA 1955 zukam (vgl. BT-Drucks. 13/8445, S. 72). Dem entsprechend muß die Auslegung des neuen Verschuldensbegriffs in erster Linie diesem Verständnis entnommen werden (vgl. Fremuth in: Fremuth/Thume, Transportrecht , § 435 HGB Rdn. 12; Thume, TranspR 2002, 1, 2; Starck in Festgabe für Herber, 2000, S. 128, 131 f.; a.A. Koller, Transportrecht, 5. Aufl., § 435 HGB Rdn. 6, 12).
Das Tatbestandsmerkmal der Leichtfertigkeit erfordert einen besonders schweren Pflichtenverstoß, bei dem sich der Frachtführer oder seine "Leute" in krasser Weise über die Sicherheitsinteressen der Vertragspartner hinwegsetzen (vgl. BGH, Urt. v. 12.1.1982 - VI ZR 286/80, TranspR 1982, 100, 101 = VersR 1982, 369; BGHZ 145, 170, 183). Das subjektive Erfordernis des Bewußtseins von der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts ist eine sich dem Handelnden aus seinem leichtfertigen Verhalten aufdrängende Erkenntnis, es werde wahrscheinlich ein Schaden entstehen. Dabei reicht die Erfüllung des Tatbestands-
merkmals der Leichtfertigkeit für sich allein allerdings nicht aus, um auf das Bewußtsein von der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts schließen zu können. Eine solche Erkenntnis als innere Tatsache ist vielmehr erst dann anzunehmen , wenn das leichtfertige Verhalten nach seinem Inhalt und nach den Umständen, unter denen es aufgetreten ist, diese Folgerung rechtfertigt. Es bleibt der tatrichterlichen Würdigung vorbehalten, ob das Handeln nach dem äußeren Ablauf des zu beurteilenden Geschehens vom Bewußtsein getragen wurde, daß der Eintritt eines Schadens mit Wahrscheinlichkeit drohe (vgl. BGHZ 74, 162, 168 f.; 145, 170, 186). Dabei sind in erster Linie Erfahrungssätze heranzuziehen. Zudem kann der Schluß auf das Bewußtsein der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts auch im Rahmen typischer Geschehensabläufe naheliegen (vgl. BGH, Urt. v. 5.6.2003 - I ZR 234/00, TranspR 2003, 467, 470 f.; Urt. v. 9.10.2003 - I ZR 275/00, TranspR 2004, 175, 177; Urt. v. 23.10.2003 - I ZR 55/01, Umdr. S. 11).
Von diesem Verständnis des Verschuldensmaßstabs der bewußten Leichtfertigkeit ist - wie die Revision nicht verkennt - auch das Berufungsgericht ausgegangen.

c) Die Ausführungen, mit denen das Berufungsgericht im Streitfall das Vorliegen einer bewußten Leichtfertigkeit i.S. von § 435 HGB bejaht hat, halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.
Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht den Vorwurf qualifizierten Verschuldens nicht aus einer unzureichenden Erfüllung der Einlassungsobliegenheit der Beklagten hergeleitet. Fehl geht daher die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe die Anforderungen an die (sekundäre) Darlegungslast der Beklagten überspannt. Das Berufungsgericht hat den Vor-
wurf eines qualifizierten Verschuldens ersichtlich nur aus der eigenen Darstellung der Organisation im Betrieb der Beklagten hergeleitet, wonach es jedenfalls in ihrem Lager in Herbolzheim an einer wirksamen Ausgangskontrolle fehle. Die Formulierungen des Berufungsgerichts, die Beklagte habe ihrer Einlassungspflicht nicht genügt und ihr allgemein gehaltener Vortrag reiche nicht aus, um den Schluß auf ein leichtfertiges Organisationsverschulden auszuräumen, mögen für sich allein genommen zwar mißverständlich sein. Aus dem Gesamtzusammenhang der Entscheidungsgründe wird jedoch hinreichend deutlich, daß nicht der fehlende Sachvortrag der Beklagten zu ihrer Betriebsorganisation der tragende Grund für das vom Berufungsgericht angenommene bewußt leichtfertige Organisationsverschulden gewesen ist, sondern das sich aus dem Vortrag der Beklagten selbst ergebende Fehlen einer wirksamen Ausgangskontrolle im Lager Herbolzheim.

d) Dem Berufungsgericht sind bei der Anwendung des Verschuldensmaßstabs der bewußten Leichtfertigkeit im Streitfall keine Rechtsfehler unterlaufen.
aa) Der Senat geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, daß es sich beim Umschlag von Transportgütern, wie er hier in Rede steht, um einen besonders schadensanfälligen Bereich handelt, der deshalb so organisiert werden muß, daß in der Regel Ein- und Ausgang der Güter kontrolliert werden, damit Fehlbestände frühzeitig festgehalten werden können. Denn ohne ausreichende Ein- und Ausgangskontrollen, die im Regelfall einen körperlichen Abgleich der papier- bzw. EDV-mäßig erfaßten Ware erfordern, kann ein verläßlicher Überblick über Lauf und Verbleib der in den einzelnen Umschlagstationen ein- und abgehenden Güter nicht gewonnen werden mit der Folge, daß der Eintritt eines Schadens und der Schadensbereich in zeitlicher, räumlicher und personeller
Hinsicht nicht eingegrenzt werden können. Das Erfordernis von Schnittstellenkontrollen wird noch verstärkt, wenn - wie im Streitfall - rechtlich selbständige Drittunternehmen in die Erbringung der Transportleistung eingebunden sind. Deshalb ist in der Rechtsprechung zu § 429 Abs. 1 HGB a.F. von einem grob fahrlässigen Verschulden ausgegangen worden, wenn der Spediteur den schadensanfälligen Umschlag ohne ausreichende Ein- und Ausgangskontrollen organisiert (vgl. BGHZ 129, 345, 351; 149, 337, 347 f. m.w.N.; BGH TranspR 2003, 255, 257).
bb) Auch die in § 435 HGB geforderte Leichtfertigkeit des Frachtführers oder seiner "Leute" kann sich aus einer mangelhaften Organisation des Betriebsablaufs ergeben, die keinen hinreichenden Schutz der zu befördernden Frachtgüter gewährleistet und sich in krasser Weise über die Sicherheitsinteressen der Vertragspartner hinwegsetzt (vgl. BGHZ 145, 170, 183 m.w.N. zu Art. 25 WA 1955). Bei einer Betriebsorganisation, die Ein- und Ausgangskontrollen beim Umschlag von Transportgütern nicht durchgängig vorsieht, ist im Regelfall der Vorwurf eines leichtfertigen Verhaltens gerechtfertigt, weil es sich bei diesen Maßnahmen um elementare Vorkehrungen gegen Verlust von Ware handelt.
cc) Entgegen der Auffassung der Revision besteht keine ausreichende Ausgangskontrolle, wenn die Beklagte - wie sie selbst vorgetragen hat - lediglich eine Eingangskontrolle im Abgangsdepot in Herbolzheim und eine Ausgangskontrolle im Empfangsdepot in Hannover durchführt. Auch die tägliche Durchführung eines "Lagersturzes" (sog. Negativsystem) in allen Depots und Umschlagzentren der Beklagten sowie die Beförderung des Frachtgutes auf der Fernverkehrsstrecke in verplombten Kofferwechselbrücken gewährleisten keine ausreichende Kontrolle des Warenumschlags. Die Beklagte räumt die Möglich-
keit von Fehlverladungen, die erst im Empfangsdepot festgestellt werden, bei ihrem System selbst ein.
Aus der Möglichkeit von Fehlverladungen ergibt sich entgegen der Auffassung der Revision nicht nur eine Verzögerung der Auslieferung, sondern es folgt daraus auch ein erhöhtes Verlustrisiko. Die Beklagte hat selbst vorgetragen , daß eine Fehlverladung zu einer Auslieferung an einen falschen Empfänger führen könne und ein Empfänger, der mehr bekomme, als er nach dem Frachtbrief zu erhalten habe, dies nicht immer reklamiere. Die Ausgangskontrolle im Empfangsdepot kann die Ausgangskontrolle im Abgangsdepot schon deshalb nicht ersetzen, weil die Beklagte bei einer solchen Kontrolle des Warenumschlags den Bereich des Schadenseintritts in zeitlicher, räumlicher und personeller Hinsicht nicht hinreichend eingrenzen und nach einer verlorengegangenen Sendung daher nicht gezielt suchen kann. Dementsprechend hat sie es selbst lediglich für wahrscheinlich gehalten, daß der Verlust der Sendung bereits in ihrem Abgangsdepot in Herbolzheim eingetreten sein müsse. Andererseits konnte sie aber auch nicht ausschließen, daß die Sendung in ihrem Umschlagsdepot in Dietzenbach oder in ihrem Empfangsdepot in Hannover verlorengegangen ist. Hätte die Beklagte in ihrem Abgangsdepot Herbolzheim eine wirksame Ausgangskontrolle durchgeführt, wäre ein in diesem Depot eingetretener Verlust zeitnah entdeckt worden und hätte die Suche nach der abhanden gekommenen Sendung gezielt auf dieses Depot und die im maßgeblichen Zeitraum am Warenumschlag in diesem Depot Beteiligten beschränkt werden können.
Ohne Erfolg macht die Revision auch geltend, daß eine systematische Suche nach außer Kontrolle geratenen Sendungen durch die EDV-mäßige Vernetzung sämtlicher Depots und Umschlagzentren möglich sei. Die Beklagte hat
zu dem streitgegenständlichen Verlustfall lediglich vorgetragen, daß eine zentral gesteuerte Suchmeldung in allen ihren Depots und Umschlagzentren mit negativem Ergebnis durchgeführt worden sei. Da der Eingang der Sendung bereits in ihrem zentralen Umschlagsdepot in Dietzenbach nicht habe festgestellt werden können und ein Verlust von Sendungen auf der Fernverkehrsstrecke mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden könne , sei der Verlust der Sendung "wahrscheinlich" bereits in ihrem Depot in Herbolzheim eingetreten. Damit räumt die Beklagte selbst ein, daß durch ihr EDVSystem nicht mit Sicherheit festgestellt werden konnte, wo genau der Verlust der Sendung eingetreten ist, um dort eine gezielte Suche zu ermöglichen. Vielmehr bleibt ihr bei ihrem System, in dem lediglich eine Eingangskontrolle im Abgangsdepot und eine Ausgangskontrolle im Empfangsdepot durchgeführt wird, nur die Möglichkeit, eine Suche in allen ihren Depots und Umschlagzentren und somit gerade keine gezielte Suche in einem bestimmten Depot oder Umschlagzentrum zu veranlassen.
Der Vortrag der Beklagten, sie habe eine Zertifizierung nach der ISONorm 9002 durchgeführt, steht der Annahme eines leichtfertigen Organisationsverschuldens schon deshalb nicht entgegen, weil diese DIN-Vorschrift keine spezifischen Anforderungen an die Sorgfalt des Spediteurs beim Warenumschlag , sondern lediglich allgemeine Merkmale eines effektiven Qualitätsmanagementsystems regelt, so daß die Erteilung des Zertifikats nicht den Rückschluß auf einen ausreichenden Schutz des Frachtgutes vor Verlust zuläßt.

e) Entgegen der Ansicht der Revision ist es revisionsrechtlich auch nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht aus der Organisation des Warenumschlags durch die Beklagte auf deren Bewußtsein geschlossen hat, daß ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde. Wer wie im Streitfall elemen-
tare Sorgfaltsvorkehrungen unterläßt, handelt in dem Bewußtsein, daß es aufgrund des Mangels dieser Vorkehrungen zu einem Schadenseintritt kommen kann. Wer also eine Ein- oder Ausgangskontrolle unterläßt, obwohl er weiß oder hätte wissen müssen, daß es darauf entscheidend ankommt, hat das Bewußtsein , es werde mit Wahrscheinlichkeit ein Schaden an dem anvertrauten Gut entstehen (vgl. BGHZ 74, 162, 172).
aa) Die von der Beklagten behauptete, im Verhältnis zu der Anzahl der bei ihr umgeschlagenen Sendungen geringe Schadensquote von 0,1 bis 0,2 ‰ sowie die behauptete Aufklärungsquote von 99 % bei Fehlleitungen von Sendungen widerlegen für sich allein nicht die Annahme des Bewußtseins der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts. Dies folgt schon daraus, daß die Beklagte verpflichtet ist, jeglichem Verlust des in ihre Obhut gelangten Gutes durch geeignete und ausreichende Sicherheitsvorkehrungen entgegenzuwirken. Aus der geringen Schadensquote und der hohen Aufklärungsquote ergeben sich im übrigen auch keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Annahme, daß im hier maßgeblichen Zeitraum keine schwerwiegenden Mängel in der theoretischen oder praktischen Durchführung der Organisation der Beklagten vorgelegen haben (vgl. BGH, Urt. v. 25.9.1997 - I ZR 156/95, TranspR 1998, 262, 264 f. = VersR 1998, 657; BGH TranspR 2003, 467, 471; TranspR 2004, 175, 177; BGH, Urt. v. 23.10.2003 - I ZR 55/01, Umdr. S. 11 f.).
bb) In der Rechtsprechung und Literatur wird die Auffassung vertreten, die erforderliche Wahrscheinlichkeit sei ein mittlerer Grad von Gewißheit, der zwischen Möglichkeit und absoluter Gewißheit angesiedelt sei. Das Bewußtsein von der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts sei daher quantitativ in dem Sinne zu bestimmen, daß die Wahrscheinlichkeit erst anzunehmen sei, wenn die Möglichkeit, daß das Schadensereignis eintrete, mehr als 50 % betrage, die
Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts also größer sei als die des Nichteintritts (vgl. OLG Frankfurt VersR 1981, 164, 165; MünchKomm.HGB/Kronke, Art. 25 WA 1955 Rdn. 30; Giemulla in: Giemulla/Schmid, Frankfurter Kommentar zum Luftverkehrsrecht, Art. 25 WA Rdn. 45; Gass in: Ebenroth/Boujong/ Joost, HGB, § 435 Rdn. 3; Fremuth in: Fremuth/Thume, Transportrecht, § 435 HGB Rdn. 16; Thume, TranspR 2002, 1, 3; Neumann, TranspR 2002, 413, 416; vgl. auch: Seyffert, Die Haftung des ausführenden Frachtführers im neuen deutschen Frachtrecht, S. 130).
Dieser Ansicht kann nicht beigetreten werden. Hierauf kommt es im Fall der Verletzung elementarer Sorgfaltsvorkehrungen in der Organisation eines Betriebs aber auch nicht an, weil schon die Kenntnis des grob mangelhaften Betriebsablaufs das Bewußtsein der Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts einschließt.
Es ist daher entgegen der Auffassung der Revision weder erfahrungswidrig noch verstößt es gegen Denkgesetze, wenn das Berufungsgericht trotz der von der Beklagten behaupteten geringen Schadens- und hohen Aufklärungsquote aufgrund der beim Warenumschlag bei der Beklagten bestehenden Kontrollücken auf deren Bewußtsein geschlossen hat, daß ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde.
C. Danach war die Revision der Beklagten mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Ullmann v. Ungern-Sternberg Pokrant
Büscher Bergmann
36
Der Senat geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass es sich beim Umschlag von Transportgütern, wie er hier in Rede steht, um einen besonders schadensanfälligen Bereich handelt, der deshalb so organisiert werden muss, dass in der Regel Ein- und Ausgang der Güter kontrolliert werden, damit Fehlbestände frühzeitig festgehalten werden können. Ohne ausreichende Einund Ausgangskontrollen, die im Regelfall einen körperlichen Abgleich der papier - bzw. EDV-mäßig erfassten Ware erfordern, kann ein verlässlicher Überblick über Lauf und Verbleib der in den einzelnen Umschlagstationen ein- und abgehenden Güter nicht gewonnen werden mit der Folge, dass der Eintritt eines Schadens und der Schadensbereich in zeitlicher, räumlicher und personeller Hinsicht nicht eingegrenzt werden können. Das Erfordernis von Schnittstellenkontrollen wird noch verstärkt, wenn - wie im Streitfall - rechtlich selbständige Drittunternehmen in die Erbringung der Transportleistung eingebunden sind. Die in § 435 HGB geforderte Leichtfertigkeit des Frachtführers oder seiner "Leute" kann sich aus einer mangelhaften Organisation des Betriebsablaufs ergeben. Bei einer Betriebsorganisation, die Ein- und Ausgangskontrollen beim Umschlag von Transportgütern nicht durchgängig vorsieht, ist im Regelfall der Vorwurf eines leichtfertigen Verhaltens gerechtfertigt, weil es sich bei diesen Maßnahmen um elementare Vorkehrungen gegen Verlust von Ware handelt (BGH, Urteil vom 25. März 2004 - I ZR 205/01, BGHZ 158, 322, 330 f. mwN.).

Nach Schluss der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, können Angriffs- und Verteidigungsmittel nicht mehr vorgebracht werden. § 139 Abs. 5, §§ 156, 283 bleiben unberührt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 236/11 Verkündet am:
13. Dezember 2012
Bürk
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Das Abstellen eines mit Sammelgut beladenen Transportfahrzeugs (Zugmaschine
nebst Kastenauflieger) am Wochenende in einem unbewachten Gewerbegebiet
einer deutschen Großstadt rechtfertigt nicht ohne weiteres den Vorwurf
eines qualifizierten Verschuldens im Sinne von § 435 HGB. Dies gilt auch
dann, wenn dem Frachtführer bekannt ist, dass sich unter dem Sammelgut eine
Palette mit leicht absetzbaren Gütern (hier: Tabakwaren) befindet.
BGH, Urteil vom 13. Dezember 2012 - I ZR 236/11 - OLG Oldenburg
LG Osnabrück
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. Dezember 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm
und die Richter Pokrant, Prof. Dr. Büscher, Prof. Dr. Schaffert und
Dr. Koch

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Streithelfers zu 2 der Beklagten wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 1. Dezember 2011 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin ist Transportversicherungsassekuradeur der S. N. GmbH in Bremen, die Tabakwaren vertreibt (im Weiteren: Versicherungsnehmerin ). Sie nimmt das beklagte Speditionsunternehmen aus abgetretenem Recht der Versicherungsnehmerin wegen Verlustes von Transportgut auf Schadensersatz in Anspruch.
2
Die Versicherungsnehmerin beauftragte die Beklagte Anfang April 2008 zu festen Kosten mit der Versendung von auf einer Palette verpackten Tabakwaren von Bremen nach Hartmannsdorf/Sachsen. Die Beklagte gab den Auftrag an ihre Streithelferin zu 1 weiter, die ihrerseits ihren Streithelfer zu 2 mit der Durchführung des Transports beauftragte. Ein Fahrer des Streithelfers zu 2 übernahm das Gut am 5. April 2008 (einem Freitag) in Bremen und beförderte es im Wege eines Sammelladungstransports zunächst bis Chemnitz. Dort stellte er das Fahrzeug nebst beladenem Kastenauflieger gegen 23.45 Uhr in einem unbewachten Gewerbegebiet ab. Die Fortsetzung der Fahrt zu einem Umschlagslager der Beklagten in Großschirma/Sachsen erfolgte am 8. April 2008 gegen 2.00 Uhr. Nach der Ankunft im Umschlagslager wurde festgestellt, dass der Kastenauflieger während der Standzeit in Chemnitz geöffnet und ein Teil des Gutes der Versicherungsnehmerin entwendet worden war.
3
Die Klägerin hat den der Versicherungsnehmerin entstandenen Schaden auf 25.344,22 € beziffert. Sie ist der Ansicht, die Beklagte müsse als Frachtführerin für den aufgrund des Diebstahls entstandenen Schaden unbegrenzt haften , weil das Abstellen des beladenen Transportfahrzeugs für zwei Tage in einem unbewachten Gewerbebetrieb besonders leichtfertig gewesen sei.
4
Die Klägerin hat die Beklagte daher auf Zahlung von 25.344,22 € nebst Zinsen in Anspruch genommen.
5
Die Beklagte und ihre Streithelfer sind dem entgegengetreten. Sie haben insbesondere geltend gemacht, das Abstellen des beladenen Transportfahrzeugs in einem Gewerbebetrieb von Chemnitz sei nicht grob pflichtwidrig gewesen , zumal den Streithelfern nicht bekannt gewesen sei, dass die Sammelgutsendung auch eine Palette mit Tabakwaren umfasst habe. Der Streithelfer zu 2 habe daher nicht von einer besonderen Gefahrenlage für das Transportgut ausgehen müssen. Die Fahrzeuge des Streithelfers zu 2 würden seit 2006 in der betreffenden Gegend abgestellt. Bis zu dem Diebstahl im April 2008 sei es zu keinen besonderen Vorkommnissen gekommen. Darüber hinaus haben die Beklagte und ihre Streithelfer die Höhe des behaupteten Schadens bestritten und die Einrede der Verjährung erhoben.
6
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die dagegen gerichtete Berufung der Streithelfer der Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Streithelfer zu 2 seinen Antrag auf Abweisung der Klage weiter. Die Klägerin beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


7
I. Das Berufungsgericht hat in Übereinstimmung mit dem Landgericht eine unbeschränkte Haftung der Beklagten für den Verlust der Tabakwaren gemäß §§ 459, 425 Abs. 1, §§ 435, 428 HGB bejaht. Dazu hat es ausgeführt:
8
Die Beklagte schulde vollen Schadensersatz, da im Streitfall die Voraussetzungen des § 435 HGB erfüllt seien. Diese Beurteilung rechtfertige sich schon aus dem Umstand, dass das beladene Transportfahrzeug über das Wochenende an einem unbewachten Ort in einem Gewerbegebiet abgestellt worden sei.
9
Der durch den Diebstahl der Tabakwaren entstandene Schaden belaufe sich auf 25.344,22 €. Die Schadenshöhe habe das Landgericht aufgrund einer nicht zu beanstandenden Würdigung der Aussage des erstinstanzlich vernommenen Zeugen R. zutreffend festgestellt.
10
II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision des Streithelfers zu 2 der Beklagten ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
11
1. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei die Voraussetzungen einer vertraglichen Haftung der Beklagten nach § 425 Abs. 1 HGB für den aufgrund des Diebstahls der Tabakwaren entstandenen Schaden bejaht. Es ist dabei zutreffend davon ausgegangen, dass die Beklagte von der Versicherungsnehmerin als Fixkostenspediteurin im Sinne von § 459 HGB beauftragt worden ist und sich ihre Haftung demgemäß grundsätzlich nach den Bestimmungen über die Haftung des Frachtführers (§§ 425 ff. HGB) richtet. Der Diebstahl des Gutes hat sich während der Obhutszeit des mit der Durchführung des Transports von Bremen nach Großschirma beauftragten Streithelfers zu 2 der Beklagten ereignet. Hierfür hat die Beklagte nach § 428 HGB einzustehen.
12
2. Der Umfang des von der Beklagten gemäß § 425 Abs. 1, § 428 HGB zu leistenden Schadensersatzes bestimmt sich nach § 429 Abs. 1 HGB. Danach hat der Frachtführer für gänzlichen oder teilweisen Verlust Schadensersatz zu leisten, der sich nach dem Wert des Gutes am Ort und zur Zeit der Übernahme zur Beförderung bemisst. Der gemäß § 429 Abs. 1 HGB zu berechnende Schadensersatz wird allerdings - wenn kein qualifiziertes Verschulden nach § 435 HGB vorliegt (dazu nachfolgend unter II 3) - durch die Regelungen in § 431 Abs. 1 und 2 HGB begrenzt. Gemäß § 431 Abs. 1 HGB haftet der Frachtführer wegen Verlustes der gesamten Sendung höchstens bis zu einem Betrag von 8,33 Rechnungseinheiten für jedes Kilogramm des Rohgewichts der Sendung. Sind nur einzelne Frachtstücke der Sendung abhandengekommen , so ist die Haftung des Frachtführers nach § 431 Abs. 2 HGB auf einen Betrag von 8,33 Rechnungseinheiten für jedes Kilogramm des Rohgewichts der gesamten Sendung begrenzt, wenn die gesamte Sendung entwertet ist (Fall 1). Ist - wie im vorliegenden Fall - nur ein Teil der Sendung abhandengekommen, haftet der Frachtführer höchstens auf einen Betrag von 8,33 Rechnungseinheiten für jedes Kilogramm des Rohgewichts des in Verlust geratenen Teils der Sendung (Fall 2).
13
3. Mit Erfolg wendet sich die Revision gegen die Auffassung des Berufungsgerichts , der Beklagten sei es im Streitfall nach § 435 HGB verwehrt, sich auf die Haftungsbegrenzungen gemäß § 431 Abs. 1 und 2 HGB zu berufen, weil der durch den Verlust des Transportguts eingetretene Schaden auf ein qualifiziertes Verschulden des mit der Durchführung des Transports beauftragten Unterfrachtführers zurückzuführen sei, das sich die Beklagte gemäß § 428 HGB zurechnen lassen müsse.
14
a) Gemäß § 435 HGB gelten die gesetzlichen und im Frachtvertrag vorgesehenen Haftungsbefreiungen und Haftungsbegrenzungen nicht, wenn der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen ist, die der Frachtführer oder eine der in § 428 HGB genannten Personen leichtfertig und in dem Bewusstsein begangen hat, dass ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten wird. Nach der Rechtsprechung des Senats hat grundsätzlich der Anspruchsteller die Voraussetzungen für den Wegfall der zugunsten des Frachtführers bestehenden gesetzlichen oder vertraglichen Haftungsbegrenzungen darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen (BGH, Urteil vom 22. November 2007 - I ZR 74/05, BGHZ 174, 244 Rn. 25; Urteil vom 13. Januar 2011 - I ZR 188/08, TranspR 2011, 218 Rn. 15 = VersR 2011, 1161; Urteil vom 13. Juni 2012 - I ZR 87/11, TranspR 2012, 463 Rn. 16). Die dem Anspruchsteller obliegende Darlegungs- und Beweislast kann jedoch - wovon auch das Berufungsgericht im Ansatz zutreffend ausgegangen ist - dadurch gemildert werden , dass der Frachtführer angesichts des unterschiedlichen Informationsstands der Vertragsparteien nach Treu und Glauben gehalten ist, soweit möglich und zumutbar zu den näheren Umständen des Schadensfalls eingehend vorzutragen. Eine solche sekundäre Darlegungslast des Anspruchsgegners setzt allerdings voraus, dass der Klagevortrag ein qualifiziertes Verschulden des Anspruchsgegners mit gewisser Wahrscheinlichkeit nahelegt oder sich An- haltspunkte für ein derartiges Verschulden aus dem unstreitigen Sachverhalt ergeben (BGH, TranspR 2011, 218 Rn. 15; TranspR 2012, 463 Rn. 17).
15
b) Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass der Vortrag der Klägerin mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit auf ein qualifiziertes Verschulden der Beklagten oder des mit der Durchführung des Transports beauftragten Unterfrachtführers schließen lässt. Es hat angenommen, das Abstellen des beladenen Transportfahrzeugs über ein Wochenende an einem unbewachten Ort in einem Gewerbegebiet sei besonders leichtfertig gewesen, weil die Beklagte, auf deren Kenntnis es ankomme, den Gegenstand der Fracht gekannt und daher gewusst habe, dass das Gut leicht verwertbar und deshalb besonders diebstahlsgefährdet gewesen sei. Unter den gegebenen Umständen sei nicht nur das Tatbestandsmerkmal der Leichtfertigkeit zu bejahen, sondern auch das Bewusstsein einer Schadenswahrscheinlichkeit anzunehmen. Es müsse zudem davon ausgegangen werden, dass es dem Fahrer des Streithelfers zu 2 möglich gewesen wäre, das beladene Transportfahrzeug an einem anderen, nicht derart menschenleeren Ort abzustellen.
16
c) Die Revision rügt mit Erfolg, dass die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen für die Annahme eines bewusst leichtfertigen Handelns (§ 435 HGB) der Beklagten oder ihres Unterfrachtführers nicht ausreichen.
17
aa) Das Tatbestandsmerkmal der Leichtfertigkeit erfordert einen besonders schweren Pflichtenverstoß, bei dem sich der Frachtführer oder seine Leute im Sinne von § 428 HGB in krasser Weise über die Sicherheitsinteressen des Vertragspartners hinwegsetzen. Das subjektive Erfordernis des Bewusstseins von der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts ist eine sich dem Handelnden aus seinem leichtfertigen Verhalten aufdrängende Erkenntnis, es werde wahrscheinlich ein Schaden entstehen. Dabei reicht die Erfüllung des Tatbestands- merkmals der Leichtfertigkeit für sich allein nicht aus, um auf das Bewusstsein von der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts schließen zu können. Eine solche Erkenntnis als innere Tatsache ist vielmehr erst dann anzunehmen, wenn das leichtfertige Verhalten nach seinem Inhalt und nach den Umständen, unter denen es aufgetreten ist, diese Folgerung rechtfertigt (BGH, Urteil vom 30. September 2010 - I ZR 39/09, BGHZ 187, 141 Rn. 24; BGH, TranspR 2011, 218 Rn. 19 mwN).
18
bb) Die tatrichterliche Beurteilung der Frage, ob eine bewusste Leichtfertigkeit vorliegt, kann das Revisionsgericht nur in eingeschränktem Maße nachprüfen. Die Prüfung muss sich darauf beschränken, ob der Tatrichter den Rechtsbegriff der bewussten Leichtfertigkeit verkannt hat oder ob ihm Verstöße gegen § 286 ZPO, gegen die Denkgesetze oder gegen Erfahrungssätze unterlaufen sind (BGH, Urteil vom 25. März 2004 - I ZR 205/01, BGHZ 158, 322, 327; BGHZ 187, 141 Rn. 25). Die Revision rügt mit Recht, dass das Berufungsgericht zu geringe Anforderungen an das Vorliegen einer bewussten Leichtfertigkeit gestellt hat.
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cc) Die Klägerin hat den von ihr erhobenen Vorwurf eines qualifizierten Verschuldens im Sinne von § 435 HGB allein darauf gestützt, dass der Fahrer des Streithelfers zu 2 das mit Sammelgut beladene Transportfahrzeug über ein Wochenende in einem unbewachten Gewerbegebiet von Chemnitz abgestellt hat und der Beklagten bekannt war, dass sich unter dem Sammelgut auch eine Palette mit Tabakwaren befand. Die Revision macht mit Recht geltend, dass dieser Sachverhalt den Schluss auf ein bewusst leichtfertiges Verhalten der Beklagten oder des von der Streithelferin zu 1 beauftragten Unterfrachtführers nicht zulässt.
20
Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass es dem Fahrer des Streithelfers zu 2 hätte bewusst sein müssen, es könnte zu einem Diebstahl des Transportgutes kommen, wenn er das beladene Transportfahrzeug in dem nicht bewachten Gewerbegebiet abstellt, sind vom Berufungsgericht nicht festgestellt und von der Klägerin auch nicht vorgetragen worden. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass es in diesem Gebiet zuvor bereits zu Diebstählen von Transportgut gekommen ist. Die Versicherungsnehmerin hatte der Beklagten - unstreitig - keine konkreten Weisungen für die Durchführung des Transports erteilt. Ebenso wenig hatte die Beklagte der Versicherungsnehmerin besondere Sicherungsvorkehrungen bei der Durchführung des Transports zugesagt. Das Gut befand sich in einem verschlossenen Kastenauflieger, der im Vergleich zu einem Planenwagen im Allgemeinen eine wesentlich größere Sicherheit gegen eine Entwendung der transportierten Güter bietet. Die Klägerin hat auch nicht dargelegt, dass das äußere Erscheinungsbild des Transportfahrzeugs Anlass zu der Annahme gab, es könnten sich darin besonders wertvolle Güter befinden. Schließlich hat die Klägerin auch nicht dargelegt, dass es dem Streithelfer zu 2 möglich und zumutbar war, das beladene Transportfahrzeug über das Wochenende auf einem bewachten Parkplatz oder einem zumindest sichereren Platz - beispielsweise auf einem umzäunten und abgeschlossenen Gelände - abzustellen. Unter den gegebenen Umständen brauchte der Streithelfer zu 2 der Beklagten nicht das Bewusstsein zu haben, es werde mit Wahrscheinlichkeit zu einem Diebstahl des im Kastenauflieger befindlichen Transportguts kommen, wenn das Transportfahrzeug in einem unbewachten Gewerbegebiet von Chemnitz abgestellt wird.
21
Da die Feststellungen des Berufungsgerichts schon nicht den Schluss auf ein qualifiziertes Verschulden der Beklagten oder des mit der Durchführung des Transports beauftragten Unterfrachtführers rechtfertigen, kommt es nicht darauf an, ob das Berufungsgericht - wie die Revision rügt - den Vortrag des Streithelfers zu 2 in seinem Schriftsatz vom 1. März 2011, den das Berufungsgericht zur Erfüllung der sekundären Darlegungslast der Beklagten für ausreichend erachtet hat, hätte berücksichtigen müssen.
22
4. Der Senat kann den Rechtsstreit nicht abschließend entscheiden. Zwar lässt sich aufgrund der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen ein qualifiziertes Verschulden der Beklagten oder des mit der Durchführung des Transports beauftragten Unterfrachtführers verneinen; die Revisionserwiderung hat auch nicht gerügt, dass das Berufungsgericht insofern erheblichen Vortrag der Klägerin übergangen hätte. Das Berufungsgericht hat aber noch keine Feststellungen zur Regelhaftung der Beklagten nach § 429 Abs. 1, § 431 Abs. 1 und 2 HGB getroffen. Hier stellt sich zunächst die Frage der Verjährung; gegebenenfalls müssen auch noch Feststellungen zur Höhe des Wertersatzes getroffen werden.
23
Die Beklagte und der Streithelfer zu 2 haben die Einrede der Verjährung erhoben. Da die Voraussetzungen für ein qualifiziertes Verschulden der Beklagten nicht erfüllt sind, beträgt die Verjährungsfrist gemäß § 439 Abs. 1 Satz 1 HGB lediglich ein Jahr. Sofern der Lauf der Verjährungsfrist nicht gemäß § 439 Abs. 3 Satz 1 HGB oder § 203 BGB gehemmt wurde, wäre der aus § 429 Abs. 1, § 431 Abs. 1 und 2 HGB abzuleitende Anspruch auf Wertersatz bei Einreichung der Klage am 2. September 2010 bereits verjährt gewesen. Den bislang getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts lässt sich auch nicht entnehmen, dass der Lauf der Verjährung gehemmt worden ist. Das Telefaxschreiben der Versicherungsnehmerin an die Beklagte vom 10. April 2008 (Anlage K 5), mit dem der Beklagten mitgeteilt wurde, dass sie für haftbar gehalten werde, konnte eine Hemmung nach § 439 Abs. 3 Satz 1 HGB jedenfalls nicht bewirken, weil es insofern an der erforderlichen Schriftform des § 126 Abs. 1 BGB fehlt (vgl. BGH, Urteil vom 20. September 2012 - I ZR 75/11, TranspR 2013, 156 Rn. 13 ff.).
24
Ist keine Verjährung eingetreten, stellt sich die weitere Frage nach der Höhe des Ersatzanspruchs. In Ermangelung eines besonders schweren Pflichtenverstoßes der Beklagten ist die geschuldete Entschädigung auf 8,33 Rechnungseinheiten für jedes fehlende Kilogramm des Rohgewichts begrenzt (§ 431 Abs. 1 und 2 HGB). Hierzu hat das Berufungsgericht - aus seiner Sicht folgerichtig - bislang ebenfalls noch keine Feststellungen getroffen.
25
III. Das Berufungsurteil kann danach keinen Bestand haben (§ 562 ZPO). Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil sie nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Bornkamm Pokrant Büscher
Schaffert Koch
Vorinstanzen:
LG Osnabrück, Entscheidung vom 08.03.2011 - 14 O 441/10 -
OLG Oldenburg, Entscheidung vom 01.12.2011 - 8 U 60/11 -

Die in diesem Unterabschnitt und im Frachtvertrag vorgesehenen Haftungsbefreiungen und Haftungsbegrenzungen gelten nicht, wenn der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen ist, die der Frachtführer oder eine in § 428 genannte Person vorsätzlich oder leichtfertig und in dem Bewußtsein, daß ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde, begangen hat.

21
aa) Welche Sicherheitsvorkehrungen der Transportunternehmer zur Erfüllung seiner vertraglichen Verpflichtung, das ihm anvertraute Transportgut während der Beförderung vor Diebstahl oder Raub zu bewahren, ergreifen muss, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Es kommt entscheidend darauf an, ob die getroffenen Maßnahmen den für den durchzuführenden Transport erforderlichen Sorgfaltsanforderungen genügen. Je größer die mit der Güterbeförderung verbundenen Risiken sind, desto höhere Anforderungen sind an die zu treffenden Sicherheitsmaßnahmen zu stellen. Von erheblicher Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, ob das transportierte Gut leicht verwertbar und damit besonders diebstahlgefährdet ist, welchen Wert es hat, ob dem Frachtführer die besondere Gefahrenlage bekannt sein musste und welche konkreten Möglichkeiten einer gesicherten Fahrtunterbrechung es gab, um vorgeschriebene Ruhezeiten einzuhalten (BGH TranspR 2007, 423 Tz. 19 m.w.N.).

Die in diesem Unterabschnitt und im Frachtvertrag vorgesehenen Haftungsbefreiungen und Haftungsbegrenzungen gelten nicht, wenn der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen ist, die der Frachtführer oder eine in § 428 genannte Person vorsätzlich oder leichtfertig und in dem Bewußtsein, daß ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde, begangen hat.

Der Schuldner kann dem neuen Gläubiger die Einwendungen entgegensetzen, die zur Zeit der Abtretung der Forderung gegen den bisherigen Gläubiger begründet waren.

(1) Die nach den §§ 429 und 430 zu leistende Entschädigung wegen Verlust oder Beschädigung ist auf einen Betrag von 8,33 Rechnungseinheiten für jedes Kilogramm des Rohgewichts des Gutes begrenzt.

(2) Besteht das Gut aus mehreren Frachtstücken (Sendung) und sind nur einzelne Frachtstücke verloren oder beschädigt worden, so ist der Berechnung nach Absatz 1

1.
die gesamte Sendung zu Grunde zu legen, wenn die gesamte Sendung entwertet ist, oder
2.
der entwertete Teil der Sendung zu Grunde zu legen, wenn nur ein Teil der Sendung entwertet ist.

(3) Die Haftung des Frachtführers wegen Überschreitung der Lieferfrist ist auf den dreifachen Betrag der Fracht begrenzt.

(4) Die in den Absätzen 1 und 2 genannte Rechnungseinheit ist das Sonderziehungsrecht des Internationalen Währungsfonds. Der Betrag wird in Euro entsprechend dem Wert des Euro gegenüber dem Sonderziehungsrecht am Tag der Übernahme des Gutes zur Beförderung oder an dem von den Parteien vereinbarten Tag umgerechnet. Der Wert des Euro gegenüber dem Sonderziehungsrecht wird nach der Berechnungsmethode ermittelt, die der Internationale Währungsfonds an dem betreffenden Tag für seine Operationen und Transaktionen anwendet.

(1) Die Parteien verhandeln über den Rechtsstreit vor dem erkennenden Gericht mündlich.

(2) Mit Zustimmung der Parteien, die nur bei einer wesentlichen Änderung der Prozesslage widerruflich ist, kann das Gericht eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung treffen. Es bestimmt alsbald den Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können, und den Termin zur Verkündung der Entscheidung. Eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ist unzulässig, wenn seit der Zustimmung der Parteien mehr als drei Monate verstrichen sind.

(3) Ist nur noch über die Kosten oder Nebenforderungen zu entscheiden, kann die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ergehen.

(4) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

Nach Schluss der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, können Angriffs- und Verteidigungsmittel nicht mehr vorgebracht werden. § 139 Abs. 5, §§ 156, 283 bleiben unberührt.

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

Der Beauftragte ist verpflichtet, dem Auftraggeber alles, was er zur Ausführung des Auftrags erhält und was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt, herauszugeben.

(1) Auf einen Dienstvertrag oder einen Werkvertrag, der eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat, finden, soweit in diesem Untertitel nichts Abweichendes bestimmt wird, die Vorschriften der §§ 663, 665 bis 670, 672 bis 674 und, wenn dem Verpflichteten das Recht zusteht, ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen, auch die Vorschriften des § 671 Abs. 2 entsprechende Anwendung.

(2) Wer einem anderen einen Rat oder eine Empfehlung erteilt, ist, unbeschadet der sich aus einem Vertragsverhältnis, einer unerlaubten Handlung oder einer sonstigen gesetzlichen Bestimmung ergebenden Verantwortlichkeit, zum Ersatz des aus der Befolgung des Rates oder der Empfehlung entstehenden Schadens nicht verpflichtet.

(3) Ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, die Anmeldung oder Registrierung des anderen Teils zur Teilnahme an Gewinnspielen zu bewirken, die von einem Dritten durchgeführt werden, bedarf der Textform.

22
a) Die Beklagte ist als Hauptfrachtführerin verpflichtet, einen ihr gegen die Streithelferin zustehenden Schadensersatzanspruch gemäß §§ 667, 675 BGB, die vorliegend anwendbar sind (vgl. Koller, Transportrecht, 8. Aufl., § 407 HGB Rn. 80), an den tatsächlichen Geschädigten abzutreten. Nach § 667 BGB ist der Beauftragte verpflichtet, dem Auftraggeber alles, was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt, herauszugeben. Dazu rechnet auch ein Schadensersatzanspruch , den der Beauftragte gegen einen Unterbeauftragten erlangt hat (vgl. RGZ 109, 288, 291 ff.). Geschädigte war ursprünglich die Versicherungsnehmerin , die zwischenzeitlich diesen Anspruch an die Klägerin abgetreten hat.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.