Landgericht Düsseldorf Urteil, 03. Juni 2015 - 14c O 112/14
Tenor
I.
Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Einzelfall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle der Wiederholung bis zu zwei Jahren, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr in der Bundesrepublik Deutschland Handtaschen wie nachfolgend abgebildet, auch in anderen Farben des Korpus`, anzubieten oder anbieten zu lassen:
1.
2.
II.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtlichen Schaden zu ersetzen, der ihr durch Handlungen gemäß Ziffern I. 1 und 2 sowie durch das Anbieten oder Anbieten lassen, das Einführen, Ausführen oder durch die Inbesitznahme zu diesen Zwecken der nachfolgend abgebildeten Täschchens in der Europäischen Union entstanden ist oder noch entstehen wird:
III.
Die Beklagte wird verurteilt, schriftlich Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen über die Herkunft der Taschen gemäß Ziffer I. 1 und 2 sowie II. und den gesamten Umfang der in Ziffern I. 1 und 2 sowie II. bezeichneten Verletzungshandlungen und zwar unter Angabe
1.
von Namen und Anschrift aller Lieferanten sowie aller gewerblichen Abnehmer,
2.
der von ihr insgesamt bezogenen Stückzahlen, den Bezugszeitpunkten sowie den jeweiligen Einkaufspreisen,
3.
der von ihr insgesamt abgesetzten Stückzahlen, aufgeschlüsselt nach Filialen, Vertriebshandlungen im Wege des Fernabsatzes und den jeweiligen Kalenderdaten des Verkaufs sowie den jeweils erzielten Verkaufspreisen,
jeweils aufgeschlüsselt nach Artikeln und unter Vorlage von Rechnungen als Nachweis.
IV.
Die Beklagte wird verurteilt, die in ihrem Besitz oder Eigentum stehenden Täschchen gemäß Ziffer II. zur Vernichtung an den zuständigen Gerichtsvollzieher herauszugeben.
V.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 4.586,90 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22.08.2014 zu zahlen.
VI.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
VII.
Die Widerklage wird abgewiesen.
VIII.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 15 % und die Beklagte zu 85 %.
IX.
Das Urteil ist für die Klägerin vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 400.000,- € und für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
1
T a t b e s t a n d
2Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen des Vertriebs zweier Handtaschenmodelle aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz auf Unterlassung, Schadenersatzfeststellung, Auskunftserteilung und Rechnungslegung sowie auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten für die erfolgte Abmahnung der Beklagten in Anspruch. Weiter nimmt sie die Beklagte wegen des Vertriebs eines Täschchens zuletzt noch auf Schadenersatzfeststellung, Auskunftserteilung und Rechnungslegung, Herausgabe zum Zwecke der Vernichtung sowie auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten für die erfolgte Abmahnung der Beklagten aus einem eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmuster in Anspruch. Die Beklagte nimmt die Klägerin im Wege der Widerklage wegen einer angeblich unberechtigten Schutzrechtsverwarnung auf Erstattung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Anspruch.
3Die Klägerin ist ein französisches Unternehmen, das sich mit der Herstellung von hochwertigen Lederwaren, Handtaschen, Koffern und modischen Accessoires befasst. Zu ihrem Sortiment gehört seit Mitte der 1990er Jahre eine faltbare Handtasche aus Nylon, die sie unter der Bezeichnung „Le Pliage“ anbietet und in Deutschland über eine Tochtergesellschaft vertreibt. Die hier streitgegenständliche Handtasche wird dabei unter den Art-Nr. 1621, 1623 - 1625, 2605, #####/#### in verschiedenen Farben und Größen sowie in zwei verschiedenen Henkellängen von der Klägerin selbst bzw. von Dritten unter ihrer Produktionskontrolle hergestellt. Auf die Abbildungen in der Anlage K 1 wird insoweit Bezug genommen. Das nachfolgend in gefülltem und in zusammengefalteten Zustand wiedergegebene Modell trägt die Artikelnummer 1899 – vormals 2724:
4 5 6Das weitere nachfolgend in gefülltem Zustand wiedergegebene Modell trägt die Artikelnummer 1621:
7 8Die oben näher bezeichneten Ausführungsformen des Handtaschenmodells sind auf dem deutschen Markt außerordentlich erfolgreich. Im Jahre 2001 erzielte die deutsche Vertriebsgesellschaft der Klägerin, die M GmbH, mit diesen Taschen in Deutschland einen Umsatz von rund 900.000,- €, der sich im Jahr 2002 um etwa 50 % auf 1.400.000,- € erhöhte. Im Jahre 2003 verdoppelte sich der Umsatz auf 2.900.000,- €. Im Jahr 2004 und den darauf folgenden Jahren lag die Umsatzzahl bei jährlich über 3 Millionen €. In den Jahren danach konnte der Umsatz nochmals gesteigert werden. Allein von der Tasche mit der Artikelnummer 1899 setzte die Klägerin in Deutschland seit 2003 jährlich 30.000 Stück, im Jahr 2010 über 40.000 Stück und im Jahr 2011 über 60.000 Stück ab. In den Jahren 2012 und 2013 lagen die Absatzzahlen nochmals darüber. Von der Tasche mit der Artikelnummer 1621 setzte die Klägerin in Deutschland im Jahr 2009 über 40.000 Stück ab, 2010 über 60.000 Stück und 2011 sogar über 80.000 Stück. In den Jahren 2012 und 2013 lagen die Absatzzahlen nochmals darüber. Dabei tätigt die Klägerin schon seit längerem keine Ausgaben für Werbung.
9Über die in Rede stehenden Taschen der Klägerin wurde überdies seit #####/#### durch verschiedene Medien berichtet. So war die „Le Pliage“ Gegenstand von Berichterstattungen, u. a. in der Freundin (1994), Bild der Frau (1995), BUNTE (2005), Brigitte (2005), Welt am Sonntag (2005) und Vogue (2006) (vgl. Anlagen K 6.1 und 6.2, 7.1 bis 7.3 und 7.5). Die Tasche der Klägerin wird in der Öffentlichkeit zudem im Zusammenhang mit bekannten Persönlichkeiten abgebildet (vgl. Anlagen K 7.6, 7.8, 7.12). Schließlich werden die Taschen von Lufthansa im Rahmen ihres Bonusprogramms angeboten (Anlage K 7.14).
10Die Klägerin bietet unter der Oberbezeichnung „Le Pliage“ Variationen der unter der oben genannten Artikelserie vertriebenen Handtaschenmodelle an, wie sie sich beispielsweise aus den Anlagen FN 2 bis FN 9 ergeben. Größtenteils hat die Klägerin diese Artikel zum Anlass des 20-jährigen Vertriebs der „Le Pliage“ im Jahre 2014 entwickelt und auf den Markt gebracht. Die in den Anlagen FN 2, 5 und 10 abgebildeten Modelle, welche bereits seit längerem auf dem deutschen Markt vertrieben werden, machen weniger als 3 % der Umsatzzahlen der hier streitgegenständlichen Modelle aus.
11Weiter bietet die Klägerin seit über 10 Jahren zu den in Rede stehenden Handtaschen weitere Taschen und Accessoires (Kosmetiktäschchen, Portmonnaies) an. Insoweit ist die Klägerin Inhaberin des am 26.05.2003 angemeldeten und am 11.11.2003 eingetragenen und veröffentlichten Gemeinschaftsgeschmacksmuster (im Folgenden: Klagegeschmacksmuster). Das Klagegeschmacksmuster steht in Kraft und zeigt ein Täschchen wie nachfolgend abgebildet:
12 13Die Beklagte betreibt Im- und Export von Waren aller Art, insbesondere von Spielzeugen, Geschenkartikeln, Bekleidung und Haarartikeln sowie Groß- und Einzelhandel mit diesen Waren mit Schwerpunkt im deutschen, europäischen und mediterranen Raum. Durch eine nach Abmahnung abgegebene umfassende Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung der Firma E 2014 erlangte die Klägerin Kenntnis davon, dass die Beklagte die im Urteilstenor bildlich wiedergegebenen Erzeugnisse an die Firma E zum Zwecke des Verkauf geliefert hatte.
14Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 25.03.2014 mahnte die Klägerin die Beklagte ab und forderte sie zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungs-erklärung auf (Anlage K 15). Eine Antwort erfolgte nicht.
15Die Klägerin ist der Auffassung, die „Le Pliage“-Tasche verfüge über wettbewerbliche Eigenart. Ihr unter den Art-Nr. 1621, 1623 - 1625, 2605, #####/#### in verschiedenen Farben und Größen sowie in zwei verschiedenen Henkellängen vertriebenes Handtaschenmodell hebe sich deutlich von den übrigen, gegenwärtig am Markt erhältlichen Handtaschen ab, wie beispielsweise die als Anlage K 2 vorgelegte Marktübersicht, veröffentlicht in der Frauenzeitschrift „Cosmopolitan“ im Jahre 2003 zeige. Die von der Beklagten vertriebenen und nunmehr angegriffenen beiden Taschenmodelle stellten eine nahezu identische Leistungsübernahme ihres Taschenmodells dar und führten bei den Abnehmern die Gefahr einer vermeidbaren Täuschung über die betriebliche Herkunft herbei und nutzten die Wertschätzung der Taschen der Klägerin aus. Auch wenn die angegriffenen Taschen über keinen echten „Überschlag“, der von der Rückseite der Tasche über den oberseitigen Reißverschlss auf die Vorderseite verlaufe, aufweisen würden, sondern einen sog. Trompe l´œil-Überschlag, der unmittelbar unterhalb des oberseitigen Reißverschlusses aufgebracht sei, nicht aber über diesen auf die Rückseite hinausreiche, sei dies für den interessierten Verbraucher schon nicht wahrnehmbar. Auch die geringere Größe falle nicht auf. Ohnehin würde der Verbraucher auch dann ohne Weiteres davon ausgehen, die Klägerin biete den von ihren Accessoires bekannten Miniaturüberschlag nunmehr auch für die „Le Pliage“ an. Auch der auf der Vorderseite des einen beanstandeten Taschenmodells angebrachte Reißverschluss stelle lediglich eine praktische – funktionale – Ergänzung ihres Handtaschenmodells dar, so dass der Verkehr hierin jedenfalls nur eine weitere Ausführungsform der „Le Pliage“ sehe.
16Das angegriffene kleine Täschchen sei eine Verletzung des Klagegeschmacks-musters. Allein die Anbringung einer Trageschlaufe am oberseitigen Reißverschluss-zug sei nicht geeignet, dieses aus dem Schutzbereich des Klagegeschmacksmusters herauszuführen.
17Die Klägerin hat mit der am 25.07.2014 bei Gericht eingegangenen und am 21.08.2014 zugestellten Klageschrift zunächst begehrt,
18I.
19die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr in der Bundesrepublik Deutschland, beziehungsweise, nämlich bezüglich des nachfolgend unter 3 abgebildeten Erzeugnisses, in der Europäischen Union, Handtaschen und Täschchen wie nachfolgend abgebildet, auch in anderen Farben des Korpus‘, anzubieten oder anbieten zu lassen und – bezüglich des nachfolgend unter 3 abgebildeten Erzeugnisses - in die Europäische Union einzuführen oder auszuführen oder zu diesen Zwecken zu besitzen:
201.
21 222.
23 243.
25 26II.
27festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtlichen Schaden zu erstatten, der ihr durch Handlungen gemäß Ziffern I. 1. bis I. 3. entstanden ist und noch entstehen wird;
28III.
29die Beklagte zu verurteilen, schriftlich Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen über die Herkunft der Taschen gemäß Ziffern I. 1. bis I. 3. und den gesamten Umfang der in Ziffern I. 1. bis I. 3. bezeichneten Vertriebshandlungen und zwar unter Angabe
30- 31
1. von Namen und Anschrift aller Lieferanten sowie aller gewerblichen Abnehmer,
- 33
2. der von ihr insgesamt bezogenen Stückzahlen, den Bezugszeitpunkten sowie den jeweiligen Einkaufspreisen,
- 35
3. der von ihr insgesamt abgesetzten Stückzahlen, aufgeschlüsselt nach Filialen, Vertriebshandlungen im Wege des Fernabsatzes und den jeweiligen Kalenderdaten des Verkaufs sowie den jeweils erzielten Verkaufspreisen,
jeweils aufgeschlüsselt nach Artikeln und unter Vorlage von Rechnungen als Nachweis;
37IV.
38die Beklagte zu verurteilen, die in ihrem Besitz oder Eigentum stehenden Taschen gemäß Ziffer I. 3. zur Vernichtung an den zuständigen Gerichtsvollzieher herauszugeben;
39V.
40die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin € 4.586,90 zzgl. Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22.08.2014 zu zahlen.
41Nachdem die Beklagte mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 16.10.2014 eine strafbewehrte Unterlassungserklärung entsprechend dem angekündigten Klageantrag zu I. 3 abgegeben und die Klägerin diese angenommen hat, haben die Parteien den Rechtsstreit insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt.
42Die Klägerin beantragt nunmehr unter Berücksichtigung der teilweisen übereinstimmenden Erledigungserklärung im Übrigen entsprechend des Antrags aus der Klageschrift zu erkennen.
43Hilfsweise zu I. 1 und 2, II. und III. beantragt sie,
44zu erkennen wie geschehen.
45Die Beklagte beantragt,
46die Klage abzuweisen.
47Widerklagend beantragt sie,
48die Klägerin zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von 4.411,25 € zuzüglich Zinsen ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
49Die Klägerin beantragt,
50die Widerklage abzuweisen.
51Die Beklagte ist der Auffassung, dem klägerischen Taschenmodell fehle es an wettbewerblicher Eigenart. Taschen mit den Merkmalen, wie sie die Klägerin für ihr Modell in Anspruch nehme, seien in Deutschland dem Verkehr seit Jahrzehnten bekannt, wobei sie auf die Taschen von Mrs. D (Anlagen FN 29 bis 35 b) und von Picard (Anlagen FN 16 bis 18) verweist. Jedenfalls seien die das klägerische Taschenmodell prägenden Merkmale inzwischen Allgemeingut geworden, wie eine Vielzahl anderer Handtaschen zeige (Anlagen FN 15 bis 19). Die Klägerin selbst habe zu der Verwässerung der wettbewerblichen Eigenart ihres Taschenmodells beigetragen. So biete die Klägerin mittlerweile so viele verschiedene Ausführungsformen der Taschen an (Anlagen FN 2 bis 10), dass nicht mehr von einem typischen, auf sie hinweisenden Gesamteindruck gesprochen werden könne. Wenn überhaupt werde die wettbewerbliche Eigenart der Le Pliage nur noch durch den Überschlag, welcher sich mittig zwischen den Henkeln befinde, begründet. Gerade dieses Merkmal des Überschlags sei bei den angegriffenen Taschen-modellen nicht zu finden. Entsprechend seien ihren Taschen – unstreitig – auch nicht faltbar. Bei der angegriffenen kleineren Tasche falle überdies sofort ins Auge, dass diese eine kleine Außentasche mit Reißverschluss besitze.
52Sie sei bezüglich des angegriffenen Täschchens, wie es sich aus dem inzwischen übereinstimmend für erledigten Klageantrag zu I. 3. ergebe, auch nicht zur Auskunftserteilung, Vernichtung und Schadenersatzzahlung verpflichtet. Denn es weise gegenüber dem Klagegeschmacksmuster Unterschiede auf, die zu einem abweichenden Gesamteindruck führten. So sei es im Gegensatz zum geschützten Täschchen stark durchsichtig; außerdem besitze es eine Tragschlaufe. Hierdurch wirke es anders als das geschützte Muster nicht wie ein schicker, modischer und tendenziell feiner Geldbeutel, vielmehr wie ein praktisches, preiswertes und einfaches Utensil.
53Da es sich mithin insgesamt um eine unberechtigte Schutzrechtverwarnung handele, sei die Klägerin zur Erstattung vorprozessualer Rechtsanwaltskosten in Höhe der Widerklageforderung (nicht anrechenbare 1,25 Gebühr aus 600.000,- € zzgl. 20,- € Auslagenpauschale) verpflichtet.
54Mit nicht nachgelassenen Schriftsätzen vom 15. und 16.01.2015 hat die Klägerin jeweils ein Exemplar ihrer Artikel mit der Nr. 1899, 1621 sowie 3693 zur Akte gereicht sowie weiter vorgetragen. Die Beklagte hat mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 29.01.2015 weiter vorgetragen.
55Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien überreichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die tatsächlichen Feststellungen in den nachfolgenden Entscheidungsgründen Bezug genommen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
56Die Klage ist im Hauptantrag teilweise bereits unzulässig und hat insoweit erst mit dem Hilfsantrag Erfolg. Soweit sie zulässig ist, ist sie auch begründet. Die Widerklage hat keinen Erfolg.
57A.
58Die Klage ist hinsichtlich des Hauptantrags zu I. 1 und 2 und dem folgend teilweise bezüglich der Hauptanträge zu II. und III. bereits unzulässig, da diese Anträge nicht dem Bestimmtheitsgebot des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO genügen. Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO darf ein Verbotsantrag nicht derart undeutlich gefasst sein, dass sich der Beklagte deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und es in der Zwangsvollstreckung, wenn dem gestellten Antrag im Erkenntnisverfahren Rechnung getragen würde, die Entscheidung darüber, was dem Beklagten verboten ist, dem Vollstreckungsgericht überlassen wäre (BGH, GRUR 2011, 152 ff. – Kinderhochstühle im Internet; BGH, GRUR 1998, 489 ff. – Unbestimmter Unterlassungsantrag III; Köhler/Bornkamm-Köhler, Wettbewerbsrecht, UWG, 33. Aufl. 2015, § 12 Rz. 2.35).
59So liegt der Fall hier. Den zum Gegenstand der Klageanträge zu Ziffern I. 1 und 2 und damit auch II. und III. gemachten Abbildungen lässt sich die Gestaltung der Taschen nicht hinreichend klar entnehmen. Wie die Klägerin selbst mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 19.11.2014 vorgetragen hat, ist auf den Bildern nicht erkennbar, ob die jeweils zwischen den Henkeln angeordnete Lederapplikation wie beim Original über den oberseitigen Reißverschluss führt oder nicht, was ein für die Frage der unlauteren Nachahmung wichtiges Detail der angegriffenen Taschen ist. Zwar ist ein Klageantrag im Grundsatz auslegungsfähig. Auf den Hinweis der Kammer im Termin zur mündlichen Verhandlung am 13.01.2015 hat die Klägerin indes auf dem Antrag in der angekündigten Fassung bestanden, so dass bei entsprechender Tenorierung in einem etwaigen Vollstreckungsverfahren die Gefahr bestünde, dass Streit darüber entsteht, ob von dem Tenor nur Taschen mit einem echten Überschlag erfasst sind oder auch solche, die ihn nur andeuten.
60B.
61Indes hat die Klage mit den insoweit hilfsweise geltend gemachten Anträgen vollumfänglich Erfolg. Die Klägerin kann von der Beklagten Unterlassung, Auskunft bzw. Rechnungslegung und Schadenersatz in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang verlangen.
62I.
63Der Unterlassungsanspruch folgt aus § 8 Abs. 1 in Verbindung mit §§ 3, 4 Nr. 9 lit. a UWG.
641.
65Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Anspruchsberechtigt für die Geltendmachung von Ansprüchen nach § 1 UWG in Verbindung mit den Grundsätzen des ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes ist der Hersteller des Originals, also derjenige, der das Produkt in eigener Verantwortung herstellt oder von einem Dritten herstellen lässt und über das Inverkehrbringen entscheidet (OLG München, GRUR-RR 2004, 85; Köhler/Bornkamm-Köhler, Wettbewerbsrecht, 33. Aufl. 2015, § 4 Rz. 9.85). Dies ist vorliegend unbestritten die Klägerin.
66Überdies sind die Parteien Mitbewerber im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG, da sie auf dem deutschen Markt für Handtaschen in einem konkreten Wettbewerbs-verhältnis stehen.
672.
68Der Vertrieb eines nachahmenden Erzeugnisses ist wettbewerbswidrig, wenn das nachgeahmte Produkt über wettbewerbliche Eigenart verfügt und besondere Umstände hinzutreten, welche die Nachahmung als unlauter erscheinen lassen. Dies ist der Fall, wenn die Nachahmung geeignet ist, eine Herkunftstäuschung hervorzurufen und der Nachahmer geeignete und zumutbare Maßnahmen zur Vermeidung der Herkunftstäuschung unterlässt (§ 4 Nr. 9 a) UWG) oder wenn ein Nachahmer die Wertschätzung der nachgeahmten Ware unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt (§ 4 Nr. 9 b) UWG). Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen dem Grad der wettbewerblichen Eigenart, der Art und Weise und der Intensität der Übernahme sowie den besonderen wettbewerblichen Umständen, so dass bei einer größeren wettbewerblichen Eigenart und einem höheren Grad der Übernahme geringere Anforderungen an die besonderen Umstände zu stellen sind, die die Wettbewerbswidrigkeit der Nachahmung begründen und umgekehrt (st. Rspr.: vgl. nur BGH, GRUR 2010, 80 – LIKEaBIKE; BGH, GRUR 2009, 79 Rn. 27 - Gebäckpresse).
69a)
70Die von der Klägerin hergestellten Taschen besitzen wettbewerbliche Eigenart. Ein Erzeugnis besitzt wettbewerbliche Eigenart, wenn die konkrete Ausgestaltung oder bestimmte Merkmale des Erzeugnisses geeignet sind, die angesprochenen Verkehrskreise auf seine betriebliche Herkunft oder seine Besonderheiten hinzuweisen (BGH, GRUR 2007, 795, 797 - Handtasche). Die wettbewerbliche Eigenart eines Produktes kann sich sowohl aus ästhetischen, als auch aus technischen Merkmalen ergeben. Auf die Neuheit oder schöpferische Eigentümlichkeit der Gestaltung kommt es dabei ebenso wenig an wie darauf, ob die zur Gestaltung eines Produktes verwendeten Einzelmerkmale originell sind. Entscheidend ist vielmehr, ob sie in ihrer Kombination dem Produkt ein Gepräge geben, das dem Verkehr einen Rückschluss auf die betriebliche Herkunft oder seine Besonderheiten ermöglicht (BGH, GRUR 2013, 1052, 1054 - Einkaufswagen III; Köhler/Bornkamm-Köhler, a.a.O., § 4 Rn. 9.27). Die Bekanntheit eines Produktes im Verkehr ist hierfür nicht Voraussetzung, sie kann aber zur Steigerung der wettbewerblichen Eigenart beitragen (BGH, GRUR 2010, 1125, Rn. 24 - Femur-Teil).
71Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist davon auszugehen, dass die „Le Pliage“-Taschen der Klägerin über wettbewerbliche Eigenart verfügen.
72Die verschiedenen Modelle der Falttasche „Le Pliage“ weisen alle die folgenden Merkmale auf:
73a) Querformatiger, trapezförmiger Korpus aus Nylon oder nylonartigem Material,
74b) dessen Oberseite sich mit einem Reißverschluss öffnen und verschließen lässt,
75c) beidseits unmittelbar neben dem Reißverschluss sind mit Sichtnähten voluminös ausgestaltete, schlauchförmige Tragegriffe und zwischen diesen ein Überschlag angebracht,
76d) an beiden Enden des Reißverschlusses befinden sich leicht ansteigend überstehende Besatzstücke („Ohren“),
77e) Tragegriffe, Überschlag und Besatzstücke sind aus Leder gefertigt, welches in farblichem Kontrast zum Korpus steht,
78f) die Tasche ist faltbar mit der Möglichkeit, die Faltung mittels des Überwurfs zu fixieren.
79Diese Elemente vermitteln der Tasche in ihrer Kombination ein ganz eigenes Gepräge, das sie deutlich vom vorbekannten Formenschatz abhebt. Das zeigt insbesondere die in der Ausgabe Mai 2003 der Zeitschrift „Cosmopolitan“ präsentierte und als Anlage K 2 vorgelegte Übersicht „101 Taschen“, in der die Tasche der Klägerin als Nr. 23 aufgeführt ist, wobei sie sich deutlich von anderen Modellen abhebt.
80Dass bei der Markteinführung von „Le Pliage“, dessen Zeitpunkt in den Jahren #####/#### die Klägerin durch Verweis auf aus dieser Zeit stammende Medienberichte (Anlagen K 6.1 und 6.2) hinreichend dargelegt hat und dem die Beklagte nicht entgegen getreten ist, eine Tasche bekannt gewesen wäre, die eine identische Merkmalskombination mit der beschriebenen Kontrastwirkung vorweggenommen hätte, hat die Beklagte nicht darzulegen vermocht. Die von dieser angeführten D Taschen (Anlagen FN 29 bis 35 b) weisen teils zwar einen querformatigen, trapezförmigen Korpus auf und verfügen über zwei Tragegriffe, zwischen denen ein Überschlag angebracht ist. Bereits mit ihren horizontalen Lederstreifen oben und unten sowie dem erkennbar steifen und überdies stark verzierten Korpusmaterial wirken sie erkennbar verspielter, zugleich aber auch steifer als das sportlich-schicke, unaufdringliche Taschenmodell der Klägerin. Hinsichtlich der weiteren als Anlagen FN 16 bis 19 angeführten Entgegenhaltungen hat die Beklagte schon nicht ausreichend dargetan, dass diese Tasche bereits im Zeitpunkt der Markteinführung der Taschen der Klägerin vertrieben worden sind und damit eine vorrangige Priorität genießen. Selbst die entgegengehaltene Picard-Tasche ist nach eigenem Vorbringen der Beklagten allenfalls zeitgleich mit dem klägerischen Taschenmodell, nämlich im Jahr 1995, auf den Markt gekommen. Sie stehen der wettbewerblichen Eigenart zum Zeitpunkt der Markteinführung deshalb nicht entgegen. Dass möglicherweise einzelne Merkmale des Taschenmodells der Klägerin für sich genommen vorbekannt waren, ist unschädlich, da die wettbewerbliche Eigenart – wie bereits ausgeführt – nicht Neuheit voraussetzt.
81Die durch das eigene Gepräge der Tasche der Klägerin geschaffene Möglichkeit des Rückschlusses auf die betriebliche Herkunft ist auch nicht durch die zwischenzeitliche Entwicklung verloren gegangen. Die Beklagte, die für die tatsächlichen Voraussetzungen des nachträglichen Entfallen einer einmal begründeten wettbewerblichen Eigenart darlegungs- und beweisbelastet ist (BGH, GRUR 1998, 477 – Trachtenjanker), hat zwar verschiedene Taschen (Anlagen FN 16 bis 19) angeführt, die ihrer Ansicht nach die eigentümlichen Merkmale der Tasche „Le Pliage“ nahezu identisch oder jedenfalls ähnlich aufweisen. Diese Annahme trifft indes in Teilen erkennbar schon nicht zu. So weisen die Taschen der Serie „Easy“ des Herstellers Picard (Anlagen 16 bis 18) alle eine auffallend andere, nämlich jaquardmusterartige Stoffstruktur auf, die diesem Modell eine sehr spezielle und damit selbständige Gesamtanmutung geben.
82Ob hinsichtlich der weiteren angeführten Taschen angenommen werden kann, dass diese - zumindest überwiegend - die eigentümlichen Merkmale der „Le Pliage"-Taschen übernehmen, kann dahinstehen. Allein der Umstand, dass ein Modell vielfach nachgeahmt wird, lässt die wettbewerbliche Eigenart jedenfalls dann nicht entfallen, sofern die prägenden Gestaltungsmerkmale infolge der Vielzahl oder des großen Umfangs von Nachahmungen noch nicht Allgemeingut geworden sind und der Verkehr noch zwischen dem Original und den Nachahmungen unterscheidet (vgl. BGH, GRUR 2005, 600 – Handtuchklemmen; BGH, GRUR 2007, 795 Rn. 28 - Handtaschen). Die Klägerin hat durch die Vorlage zahlreicher Gerichts-entscheidungen und Unterlassungserklärungen substantiiert dargelegt, dass sie Nachahmungen ernsthaft und umfangreich verfolgt. Anhaltspunkte dafür, dass die das Taschenmodell der Klägerin prägende Merkmalskombination trotzdem bereits Allgemeingut wäre, bestehen nicht. So fehlen – trotz des dahingehenden Hinweises der Klägerin – konkrete Angaben zu Vertriebszeitraum und Absatzzahlen bezüglich der mit den Anlagen FN 15 und 19 sowie FN 29 bis 35 b entgegen gehaltenen Taschen sowie der angeführten Hexagona-Tasche (Abbildung Bl. 75 GA). Solche zuverlässigen Angaben ergeben sich – entgegen der Ansicht der Beklagten – auch nicht aus den Anlagen FN 29 bis 33 selbst. Angesichts der unstreitigen Umsatzzahlen des in Streit stehenden klägerischen Taschenmodells hätte das Entfallen wettbewerblicher Eigenart aber erst bei einem besonders intensiven Vertrieb von Nachahmungen angenommen werden können. Das klägerische Handtaschenmodell ist auch nicht aufgrund seines durchschlagenden Erfolgs zum Allgemeingut geworden, wie die Beklagte meint. Im Gegenteil vermag die Bekanntheit eines Erzeugnisses den Grad der wettbewerblichen Eigenart zu steigern (BGH, GRUR 2013, 1052 Rz. 24 – Einkaufswagen III; Köhler/Bornkamm-Köhler, a.a.O., § 4 Rz. 9.25). Schließlich vermag auch der Umstand, dass die Klägerin bei Sonderausführungen einzelne Merkmale des hier in Streit stehenden Taschenmodells verändert hat (Anlagen FN 2 bis 10), eine relevante Verwässerung seiner wettbewerblichen Eigenart nicht herbeizuführen. Ebenso wie die Eigenart nicht schon dann verloren geht, wenn der Hersteller das Original (u.U. schon jahrelang) nicht mehr vertreibt (Köhler/Bornkamm-Köhler, a.a.O., § 4 Rz. 9.26), vermögen auch Weiterentwicklungen und Varianten die wettbewerbliche Eigenart allenfalls dann zu schwächen, wenn sie in einem relevanten Umfang vertrieben werden. Hiervon kann indes nicht ausgegangen werden, da unstreitig geblieben ist, dass die Variationen überwiegend erst im Jahre 2014 auf den Markt gekommen sind und im Übrigen nur einen geringen einstelligen Prozentsatz des Gesamtumsatzes ausmachen.
83b)
84Die beiden von der Beklagten angebotenen Handtaschenmodelle stellen eine Nachahmung des klägerischen Taschenmodells dar.
85Bei der Beurteilung der Übereinstimmung oder Ähnlichkeit ist grundsätzlich auf die Gesamtwirkung der sich gegenüberstehenden Produkte abzustellen (BGH, GRUR 2007, 795 Rz. 32 – Handtaschen). Denn der Verkehr nimmt ein Produkt in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen wahr, ohne es einer analysierenden Betrachtung zu unterziehen (BGH, GRUR 2010, 80 Rz. 39 – LIKEaBIKE). Daher genügt es nicht, nur einzelne Gestaltungsmerkmale zu vergleichen, um den Grad der Ähnlichkeit zu bestimmen.
86Eine nahezu identische Nachahmung liegt vor, wenn die Nachahmung nur geringfügige, im Gesamteindruck unerhebliche Abweichungen vom Original aufweist (vgl. BGH, GRUR 2000, 521, 524 – Modulgerüst I; BGH, GRUR 2010, 1125 Rz. 25 – Femur-Teil). Eine nachschaffende Nachahmung ist anzunehmen, wenn die fremde Leistung nicht identisch oder nahezu identisch nachgeahmt, sondern lediglich als Vorbild benutzt und nachschaffend unter Einsatz eigener Leistung wiederholt wird, somit eine bloße Annäherung an das Originalprodukt vorliegt (BGH, GRUR 2007, 795 Rz. 22 – Handtaschen; Köhler/Bornkamm-Köhler, a.a.O., § 4 Rz. 9.37).
87Eine Anwendung der vorstehenden Grundsätze führt zur Annahme, dass jedenfalls eine nachschaffende Leistungsübernahme anzunehmen ist.
88Das Gesamterscheinungsbild beider Taschen der Beklagten, die wie die Taschen der Klägerin einen querformatigen, trapezförmigen Korpus aus nylonartigem Material aufweisen, wird ebenfalls durch die Zweifarbigkeit der Elemente Tragegriffe/Besatzstücke einerseits und Korpus andererseits geprägt. Die unifarbenen Elemente der angegriffenen Ausführungsformen zeichnen sich weiter in Bezug auf ihre Anordnung und spezifische Formgebung ebenso wie das Original durch voluminös ausgestaltete, schlauchförmige Tragegriffe und Besatzstücke „Ohren“ an den Reißverschlussenden aus. Ferner sind auch die angegriffenen Ausführungsformen oben mit einem Reißverschluss ausgestaltet.
89Der Umstand, dass die kleinere der beiden angegriffenen Taschen über eine Außentasche auf der Vorderseite verfügt, die mittels eines sichtbaren Reißverschlusses verschlossen werden kann, sowie dass beide angegriffenen Taschen keinen Überschlag im eigentlichen Sinne aufweisen und auch nicht faltbar sind, steht der Annahme einer zumindest nachschaffenden Leistungsübernahme nicht entgegen. Denn hierdurch setzen sich beide Erzeugnisse nicht deutlich genug von dem Original ab. Im Gegenteil zeigen beide Erzeugnisse ein an derselben Stelle wie das Original zwischen den Henkeln angeordnetes, ledernes Zierelement, welches – wenn auch deutlich verkleinert – dieselbe Form wie der Überschlag und auch einen mittig angeordneten goldfarbenen Knopf hat. Damit bleibt das Original ohne Weiteres als Vorbild erkennbar.
90c)
91Es besteht auch die Gefahr einer Herkunftstäuschung, § 4 Nr. 9 lit. a) UWG. Die Beklagte hat zumutbare und geeignete Maßnahmen zur Vermeidung der Herkunftstäuschung unterlassen.
92Bei der Beurteilung der Herkunftstäuschung ist der Erfahrungssatz zu berücksichtigen, dass der Verkehr die fraglichen Produkte regelmäßig nicht gleichzeitig wahrnimmt und miteinander vergleicht, sondern seine Auffassung auf Grund eines Erinnerungseindrucks gewinnt. Dabei treten regelmäßig die übereinstimmenden Merkmale stärker hervor, so dass es mehr auf die Übereinstimmungen als auf die Unterschiede ankommt (st. Rspr.; vgl. nur BGH, GRUR 2007, 795 – Handtaschen; BGH, GRUR 2010, 80 – LIKEaBIKE). Die Herkunftstäuschung setzt nicht voraus, dass alle Gestaltungsmerkmale übernommen werden; vielmehr kommt es darauf an, dass gerade die übernommenen Gestaltungsmerkmale geeignet sind, im Verkehr auf die betriebliche Herkunft hinzuweisen (Köhler/Bornkamm-Köhler, a.a.O., § 4 Rn. 9.43). Überdies ist bei der Beurteilung der Übereinstimmung oder Ähnlichkeit von Produkten auf den Gesamteindruck abzustellen, den Original und Nachahmung bei ihrer bestimmungsgemäßen Benutzung dem Betrachter vermitteln (BGH, GRUR 2002, 629, 632; Köhler/Bornkamm-Köhler, a.a.O., § 4 Rz. 9.43). Schließlich genügt für die Gefahr einer Täuschung über die betriebliche Herkunft, wenn der Verkehr bei einem nachgeahmten Produkt annimmt, es handele sich um eine neue Serie oder um eine Zweitmarke des Originalherstellers oder es bestünden lizenz- oder gesellschaftsvertragliche Beziehungen zwischen den beteiligten Unternehmen (BGH, GRUR 2009, 1073 – Ausbeinmesser).
93Eine Prüfung anhand dieser Kriterien ergibt, dass der Beklagten eine vermeidbare Herkunftstäuschung zur Last fällt. Zwar sind bei einer lediglich nachschaffenden Übernahme die Anforderungen an die wettbewerbliche Eigenart und die sonstigen, die Unlauterkeit begründenden Merkmale höher als bei einer nahezu identischen Übernahme. Vor dem Hintergrund der aufgrund großer Verkehrsbekanntheit sehr hohen wettbewerblichen Eigenart der Taschen der Klägerin führt die Gesamtabwägung hier dennoch zu dem Ergebnis, dass wettbewerblich unzulässige Nachahmungen vorliegen.
94So mögen das Fehlen des Überschlags und – bei der kleineren Tasche – das Vorhandensein einer mittels Reißverschluss verschließbaren Außentasche dem interessierten Verbraucher auffallen. Angesichts der im Übrigen nahezu identisch übernommenen Gestaltungsmerkmale bis hin zur kreisrunden, goldfarbenen Reißverschlussschlaufe wird der Verkehr indes annehmen, es handele sich um eine neue Serie des Originalherstellers oder es bestünden lizenzvertragliche Beziehungen zwischen den beteiligten Unternehmen. Hierfür spricht nicht zuletzt, dass die Klägerin auf ihren Accessoires das bei den angegriffenen Erzeugnissen mittig zwischen den Henkeln aufgebrachte lederne Zierelement in identischer Ausführung anstelle eines Überschlags einsetzt, diese Variante also – auch für den Verbraucher – durchaus naheliegend ist und mithin keinen Grund zu Zweifeln an der Herkunft aufkommen lässt. Die zusätzliche Außentasche auf der Vorderseite des angegriffenen kleineren Taschenmodells wird der interessierte Verbraucher lediglich als praktische Ergänzung des klägerischen Handtaschenmodells ansehen.
95Schließlich steht auch der Umstand, dass die angegriffenen Erzeugnisse mit einem kleinen Label an der Seite gekennzeichnet sind, der Annahme der Gefahr einer Herkunftstäuschung nicht entgegen. Denn die Kennzeichnung tritt bereits aufgrund ihrer Größe nicht in Erscheinung.
96II.
97Die Ordnungsmittelandrohung hat ihre Grundlage in § 890 Abs. 2 ZPO.
98III.
99Gemäß § 9 S. 1 UWG ist die Beklagte der Klägerin zum Schadenersatz verpflichtet. Die Beklagte hätte bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt mit einer Rechtsverletzung rechnen müssen, § 276 BGB. An der Feststellung der Schadenersatzpflicht hat die Klägerin auch ein rechtliches Interesse, § 256 ZPO, da sie Art und Umfang der rechtsverletzenden Handlungen bisher nicht kennt.
100IV.
101Der geltend gemachte Auskunftsanspruch einschließlich des Rechnungslegungsanspruchs der Klägerin folgt aus §§ 242, 259 BGB. Die Klägerin ist auf die Auskünfte angewiesen, um ihren Schadenersatzanspruch ermitteln und weitere Verletzungen verhindern zu können.
102C.
103Auch die geltend gemachten geschmacksmusterrechtlichen Folgeansprüche sind vollumfänglich gegeben.
104Der Vertrieb des im Tenor zu Ziffer II. abgebildeten Täschchens stellt eine verbotene Benutzung des Klagegeschmacksmusters, dessen Rechtsgültigkeit gemäß Art. 85 Abs. 1 S. 1 Gemeinschaftsgeschmacksmusterverordnung (GGV) vermutet wird, im Sinne des Art. 19 GGV dar, da es einen übereinstimmenden Gesamteindruck mit diesem aufweist. Die vorhandenen Unterschiede in Gestalt der Trageschlaufe sowie der Transparenz des verwandten Materials vermögen aus dem zumindest durchschnittlichen Schutzbereich des Klagegeschmacksmusters nicht hinauszuführen. Denn die das Klagegeschmacksmuster prägenden Gestaltungsmerkmale, sprich der trapezförmige Korpus, die an beiden Enden des Reißverschlusses sich befindenden überstehenden Besatzstücke („Ohren“) sowie das unterhalb des Reißverschlusses auf einer Seite angebrachte Lederlement mit mittig angeordnetem goldenen Knopf, sind identisch übernommen.
105In der Folge ist die Beklagte gemäß Art. 19 Abs. 1, 88 Abs. 2 GGV i.V.m. §§ 38, 42 Abs. 2 DesignG der Klägerin zum Schadenersatz verpflichtet. Die Beklagte hätte die Geschmacksmusterverletzung bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt erkennen können, § 276 BGB. An der Feststellung der Schadenersatzpflicht hat die Klägerin auch ein rechtliches Interesse im Sinne des § 256 ZPO, da sie Art und Umfang der rechtsverletzenden Handlungen bisher nicht kennt.
106Der Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch der Klägerin folgt aus Art. 19 Abs. 1, 88 Abs. 2 GGV i.V. m. §§ 46 Abs. 1, Abs. 3, 38 DesignG, § 242 BGB.
107Der Vernichtungsanspruch ist begründet aus Art. 19 Abs. 1, 89 Abs. 1 d) GGV i.V.m. § 43 DesignG.
108D.
109Schließlich hat die Klägerin gegen die Beklagte einen Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten in geltend gemachter Höhe unter dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag, §§ 677, 683 S. 1, 670 BGB.
110E.
111Die Widerklage der Beklagten unterliegt der Abweisung, da die Abmahnung der Klägerin – wie die obigen Ausführungen zeigen – zu Recht erfolgte und mithin schon deshalb kein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten unter dem Gesichtspunkt einer unberechtigten Schutzrechtsverwarnung in Betracht kommt.
112F.
113Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 709 S. 1 und 2 ZPO. Soweit die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben, waren die Kosten in entsprechender Anwendung des § 91 a ZPO der Beklagten aufzuerlegen, da ohne Abgabe der Unterlassungserklärung die Beklagte entsprechend aus Art. 19 GGV zu verurteilen gewesen wäre.
114Streitwert:
115bis zum 20.11.2014: 604.411,25 €
116vom 21.11.2014 bis 12.01.2015: 529.411,25 €
117danach: 629.411,25 €
ra.de-Urteilsbesprechung zu Landgericht Düsseldorf Urteil, 03. Juni 2015 - 14c O 112/14
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Referenzen - Gesetze
(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).
(2) Die Klageschrift muss enthalten:
- 1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts; - 2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.
(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:
- 1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen; - 2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht; - 3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.
(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.
(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.
(1) Dieses Gesetz dient dem Schutz der Mitbewerber, der Verbraucher sowie der sonstigen Marktteilnehmer vor unlauteren geschäftlichen Handlungen. Es schützt zugleich das Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb.
(2) Vorschriften zur Regelung besonderer Aspekte unlauterer geschäftlicher Handlungen gehen bei der Beurteilung, ob eine unlautere geschäftliche Handlung vorliegt, den Regelungen dieses Gesetzes vor.
(1) Im Sinne dieses Gesetzes ist
- 1.
„geschäftliche Entscheidung“ jede Entscheidung eines Verbrauchers oder sonstigen Marktteilnehmers darüber, ob, wie und unter welchen Bedingungen er ein Geschäft abschließen, eine Zahlung leisten, eine Ware oder Dienstleistung behalten oder abgeben oder ein vertragliches Recht im Zusammenhang mit einer Ware oder Dienstleistung ausüben will, unabhängig davon, ob der Verbraucher oder sonstige Marktteilnehmer sich entschließt, tätig zu werden; - 2.
„geschäftliche Handlung“ jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens vor, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrags über Waren oder Dienstleistungen unmittelbar und objektiv zusammenhängt; als Waren gelten auch Grundstücke und digitale Inhalte, Dienstleistungen sind auch digitale Dienstleistungen, als Dienstleistungen gelten auch Rechte und Verpflichtungen; - 3.
„Marktteilnehmer“ neben Mitbewerber und Verbraucher auch jede weitere Person, die als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen tätig ist; - 4.
„Mitbewerber“ jeder Unternehmer, der mit einem oder mehreren Unternehmern als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis steht; - 5.
„Nachricht“ jede Information, die zwischen einer endlichen Zahl von Beteiligten über einen öffentlich zugänglichen elektronischen Kommunikationsdienst ausgetauscht oder weitergeleitet wird; nicht umfasst sind Informationen, die als Teil eines Rundfunkdienstes über ein elektronisches Kommunikationsnetz an die Öffentlichkeit weitergeleitet werden, soweit diese Informationen nicht mit dem identifizierbaren Teilnehmer oder Nutzer, der sie erhält, in Verbindung gebracht werden können; - 6.
„Online-Marktplatz“ ein Dienst, der es Verbrauchern ermöglicht, durch die Verwendung von Software, die von einem Unternehmer oder in dessen Namen betrieben wird, einschließlich einer Website, eines Teils einer Website oder einer Anwendung, Fernabsatzverträge (§ 312c des Bürgerlichen Gesetzbuchs) mit anderen Unternehmern oder Verbrauchern abzuschließen; - 7.
„Ranking“ die von einem Unternehmer veranlasste relative Hervorhebung von Waren oder Dienstleistungen, unabhängig von den hierfür verwendeten technischen Mitteln; - 8.
„Unternehmer“ jede natürliche oder juristische Person, die geschäftliche Handlungen im Rahmen ihrer gewerblichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit vornimmt, und jede Person, die im Namen oder Auftrag einer solchen Person handelt; - 9.
„unternehmerische Sorgfalt“ der Standard an Fachkenntnissen und Sorgfalt, von dem billigerweise angenommen werden kann, dass ein Unternehmer ihn in seinem Tätigkeitsbereich gegenüber Verbrauchern nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der anständigen Marktgepflogenheiten einhält; - 10.
„Verhaltenskodex“ jede Vereinbarung oder Vorschrift über das Verhalten von Unternehmern, zu welchem diese sich in Bezug auf Wirtschaftszweige oder einzelne geschäftliche Handlungen verpflichtet haben, ohne dass sich solche Verpflichtungen aus Gesetzes- oder Verwaltungsvorschriften ergeben; - 11.
„wesentliche Beeinflussung des wirtschaftlichen Verhaltens des Verbrauchers“ die Vornahme einer geschäftlichen Handlung, um die Fähigkeit des Verbrauchers, eine informierte Entscheidung zu treffen, spürbar zu beeinträchtigen und damit den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.
(2) Für den Verbraucherbegriff ist § 13 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend anwendbar.
(1) Handelt der Schuldner der Verpflichtung zuwider, eine Handlung zu unterlassen oder die Vornahme einer Handlung zu dulden, so ist er wegen einer jeden Zuwiderhandlung auf Antrag des Gläubigers von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu einem Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, zur Ordnungshaft oder zur Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu verurteilen. Das einzelne Ordnungsgeld darf den Betrag von 250.000 Euro, die Ordnungshaft insgesamt zwei Jahre nicht übersteigen.
(2) Der Verurteilung muss eine entsprechende Androhung vorausgehen, die, wenn sie in dem die Verpflichtung aussprechenden Urteil nicht enthalten ist, auf Antrag von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges erlassen wird.
(3) Auch kann der Schuldner auf Antrag des Gläubigers zur Bestellung einer Sicherheit für den durch fernere Zuwiderhandlungen entstehenden Schaden auf bestimmte Zeit verurteilt werden.
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig eine nach § 3 oder § 7 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, ist den Mitbewerbern zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Wer vorsätzlich oder fahrlässig eine nach § 3 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt und hierdurch Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlasst, die sie andernfalls nicht getroffen hätten, ist ihnen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Dies gilt nicht für unlautere geschäftliche Handlungen nach den §§ 3a, 4 und 6 sowie nach Nummer 32 des Anhangs.
(3) Gegen verantwortliche Personen von periodischen Druckschriften kann der Anspruch auf Schadensersatz nach den Absätzen 1 und 2 nur bei einer vorsätzlichen Zuwiderhandlung geltend gemacht werden.
(1) Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos, zu entnehmen ist. Die Vorschriften der §§ 827 und 828 finden entsprechende Anwendung.
(2) Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.
(3) Die Haftung wegen Vorsatzes kann dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden.
(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.
(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Wer verpflichtet ist, über eine mit Einnahmen oder Ausgaben verbundene Verwaltung Rechenschaft abzulegen, hat dem Berechtigten eine die geordnete Zusammenstellung der Einnahmen oder der Ausgaben enthaltende Rechnung mitzuteilen und, soweit Belege erteilt zu werden pflegen, Belege vorzulegen.
(2) Besteht Grund zu der Annahme, dass die in der Rechnung enthaltenen Angaben über die Einnahmen nicht mit der erforderlichen Sorgfalt gemacht worden sind, so hat der Verpflichtete auf Verlangen zu Protokoll an Eides statt zu versichern, dass er nach bestem Wissen die Einnahmen so vollständig angegeben habe, als er dazu imstande sei.
(3) In Angelegenheiten von geringer Bedeutung besteht eine Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nicht.
(1) Das eingetragene Design gewährt seinem Rechtsinhaber das ausschließliche Recht, es zu benutzen und Dritten zu verbieten, es ohne seine Zustimmung zu benutzen. Eine Benutzung schließt insbesondere die Herstellung, das Anbieten, das Inverkehrbringen, die Einfuhr, die Ausfuhr, den Gebrauch eines Erzeugnisses, in das das eingetragene Design aufgenommen oder bei dem es verwendet wird, und den Besitz eines solchen Erzeugnisses zu den genannten Zwecken ein.
(2) Der Schutz aus einem eingetragenen Design erstreckt sich auf jedes Design, das beim informierten Benutzer keinen anderen Gesamteindruck erweckt. Bei der Beurteilung des Schutzumfangs wird der Grad der Gestaltungsfreiheit des Entwerfers bei der Entwicklung seines Designs berücksichtigt.
(3) Während der Dauer der Aufschiebung der Bekanntmachung (§ 21 Absatz 1 Satz 1) setzt der Schutz nach den Absätzen 1 und 2 voraus, dass das Design das Ergebnis einer Nachahmung des eingetragenen Designs ist.
(1) Wer entgegen § 38 Absatz 1 Satz 1 ein eingetragenes Design benutzt (Verletzer), kann von dem Rechtsinhaber oder einem anderen Berechtigten (Verletzten) auf Beseitigung der Beeinträchtigung und bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch auf Unterlassung besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht.
(2) Handelt der Verletzer vorsätzlich oder fahrlässig, ist er zum Ersatz des daraus entstandenen Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung des eingetragenen Designs eingeholt hätte.
(1) Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos, zu entnehmen ist. Die Vorschriften der §§ 827 und 828 finden entsprechende Anwendung.
(2) Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.
(3) Die Haftung wegen Vorsatzes kann dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden.
(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.
(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.
(1) Der Verletzte kann den Verletzer auf unverzügliche Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der rechtsverletzenden Erzeugnisse in Anspruch nehmen.
(2) In Fällen offensichtlicher Rechtsverletzung oder in Fällen, in denen der Verletzte gegen den Verletzer Klage erhoben hat, besteht der Anspruch unbeschadet von Absatz 1 auch gegen eine Person, die in gewerblichem Ausmaß
- 1.
rechtsverletzende Erzeugnisse in ihrem Besitz hatte, - 2.
rechtsverletzende Dienstleistungen in Anspruch nahm, - 3.
für rechtsverletzende Tätigkeiten genutzte Dienstleistungen erbrachte oder - 4.
nach den Angaben einer in Nummer 1, 2 oder Nummer 3 genannten Person an der Herstellung, Erzeugung oder am Vertrieb solcher Erzeugnisse beteiligt war,
(3) Der zur Auskunft Verpflichtete hat Angaben zu machen über
- 1.
Namen und Anschrift der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer der Erzeugnisse oder Dienstleistungen sowie der gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen, für die sie bestimmt waren, und - 2.
die Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie über die Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse oder Dienstleistungen bezahlt wurden.
(4) Die Ansprüche nach den Absätzen 1 und 2 sind ausgeschlossen, wenn die Inanspruchnahme im Einzelfall unverhältnismäßig ist.
(5) Erteilt der zur Auskunft Verpflichtete die Auskunft vorsätzlich oder grob fahrlässig falsch oder unvollständig, so ist er dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(6) Wer eine wahre Auskunft erteilt hat, ohne dazu nach Absatz 1 oder Absatz 2 verpflichtet gewesen zu sein, haftet Dritten gegenüber nur, wenn er wusste, dass er zur Auskunftserteilung nicht verpflichtet war.
(7) In Fällen offensichtlicher Rechtsverletzung kann die Verpflichtung zur Erteilung der Auskunft im Wege der einstweiligen Verfügung nach den §§ 935 bis 945 der Zivilprozessordnung angeordnet werden.
(8) Die Erkenntnisse dürfen in einem Strafverfahren oder in einem Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten wegen einer vor der Erteilung der Auskunft begangenen Tat gegen den Verpflichteten oder gegen einen in § 52 Absatz 1 der Strafprozessordnung bezeichneten Angehörigen nur mit Zustimmung des Verpflichteten verwertet werden.
(9) Kann die Auskunft nur unter Verwendung von Verkehrsdaten (§ 3 Nummer 70 des Telekommunikationsgesetzes) erteilt werden, ist für ihre Erteilung eine vorherige richterliche Anordnung über die Zulässigkeit der Verwendung der Verkehrsdaten erforderlich, die von dem Verletzten zu beantragen ist. Für den Erlass dieser Anordnung ist das Landgericht, in dessen Bezirk der zur Auskunft Verpflichtete seinen Wohnsitz, seinen Sitz oder eine Niederlassung hat, ohne Rücksicht auf den Streitwert ausschließlich zuständig. Die Entscheidung trifft die Zivilkammer. Für das Verfahren gelten die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend. Die Kosten der richterlichen Anordnung trägt der Verletzte. Gegen die Entscheidung des Landgerichts ist die Beschwerde statthaft. Die Beschwerde ist binnen einer Frist von zwei Wochen einzulegen. Die Vorschriften zum Schutz personenbezogener Daten bleiben im Übrigen unberührt.
(10) Durch Absatz 2 in Verbindung mit Absatz 9 wird das Grundrecht des Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10 des Grundgesetzes) eingeschränkt.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Der Verletzte kann den Verletzer auf Vernichtung der im Besitz oder Eigentum des Verletzers befindlichen rechtswidrig hergestellten, verbreiteten oder zur rechtswidrigen Verbreitung bestimmten Erzeugnisse in Anspruch nehmen. Satz 1 ist entsprechend auf die im Eigentum des Verletzers stehenden Vorrichtungen anzuwenden, die vorwiegend zur Herstellung dieser Erzeugnisse gedient haben.
(2) Der Verletzte kann den Verletzer auf Rückruf von rechtswidrig hergestellten, verbreiteten oder zur rechtswidrigen Verbreitung bestimmten Erzeugnissen oder auf deren endgültiges Entfernen aus den Vertriebswegen in Anspruch nehmen.
(3) Statt der in Absatz 1 vorgesehenen Maßnahmen kann der Verletzte verlangen, dass ihm die Erzeugnisse, die im Eigentum des Verletzers stehen, gegen eine angemessene Vergütung, welche die Herstellungskosten nicht übersteigen darf, überlassen werden.
(4) Die Ansprüche nach den Absätzen 1 bis 3 sind ausgeschlossen, wenn die Maßnahme im Einzelfall unverhältnismäßig ist. Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit sind auch die berechtigten Interessen Dritter zu berücksichtigen.
(5) Wesentliche Bestandteile von Gebäuden nach § 93 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie ausscheidbare Teile von Erzeugnissen und Vorrichtungen, deren Herstellung und Verbreitung nicht rechtswidrig ist, unterliegen nicht den in den Absätzen 1 bis 3 vorgesehenen Maßnahmen.
Wer ein Geschäft für einen anderen besorgt, ohne von ihm beauftragt oder ihm gegenüber sonst dazu berechtigt zu sein, hat das Geschäft so zu führen, wie das Interesse des Geschäftsherrn mit Rücksicht auf dessen wirklichen oder mutmaßlichen Willen es erfordert.
Entspricht die Übernahme der Geschäftsführung dem Interesse und dem wirklichen oder dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn, so kann der Geschäftsführer wie ein Beauftragter Ersatz seiner Aufwendungen verlangen. In den Fällen des § 679 steht dieser Anspruch dem Geschäftsführer zu, auch wenn die Übernahme der Geschäftsführung mit dem Willen des Geschäftsherrn in Widerspruch steht.
(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn
- 1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder - 2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.