Landgericht Bochum Urteil, 19. Feb. 2016 - 9 KLs 47/15
Tenor
Der Angeklagte L wird wegen bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 3 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 7 Jahren und 3 Monaten verurteilt.
Seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt wird angeordnet.
Vor der Vollziehung der Maßregel wird der Vorwegvollzug von 1 Jahr und 7 Monaten Freiheitsstrafe angeordnet.
Der Angeklagte M wird wegen bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 3 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 6 Jahren und 10 Monaten verurteilt.
Seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt wird angeordnet.
Gegen die Angeklagten wird der Verfall von Wertersatz in Höhe von 30.000,00 € als Gesamtschuldner angeordnet.
Die Angeklagten tragen die Kosten des Verfahrens sowie ihre notwendigen Auslagen.
Angewendete Vorschriften:
bzgl. des Angeklagten L: §§ 1, 3, 30a Abs. 1 BtMG, 25 Abs. 2, 53, 64, 73a, 73b, 73c StGB
bzgl. des Angeklagten M: §§ 1, 3, 30a Abs. 1 BtMG, 25 Abs. 2, 53, 64, 73a, 73b, 73c StGB
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Gründe
2I.
31. Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten L
4a) Allgemeine Feststellungen zur Person
5Der am 30.06.1983 geborene Angeklagte ist 32 Jahre alt und wurde in Leipzig geboren.
6Sein Vater, der 63 oder 64 Jahre alt ist, lebt in Düsseldorf. Er ist als Berater in einem Energieversorgungsunternehmen tätig. In gesundheitlicher Hinsicht geht es dem Vater gut. Die leibliche Mutter ist 61 oder 62 Jahre alt und lebt im Ort Ratingen. Sie ist von Beruf Zahnärztin in eigener Praxis. Sie hat vor kürzerer Zeit eine Krebserkrankung überwunden. Die Ehe seiner Eltern ist im Alter von etwa 16 Jahren des Angeklagten geschieden worden.
7Der Angeklagte hat eine Schwester Alice, die etwa 33 oder 34 Jahre alt ist und in Düsseldorf lebt. Nach einem abgeschlossenen Studium der Architektur ist sie in der Gegenwart arbeitslos. Die Schwester ist nicht verheiratet.
8Im Jahr 1988 zog der Angeklagte mit seiner Familie nach Ratingen um. Dort lebten bereits die Großeltern des Angeklagten, die bereits vor der Grenzöffnung nach entsprechender Ausreise sich in Ratingen niedergelassen hatten.
9Der Angeklagte wurde mit sieben Jahren eingeschult. Die Schulzeit war für den Angeklagten schwierig, es kam immer wieder zu Verhaltensauffälligkeiten und insbesondere dadurch bedingten Schulwechseln. Nach zweijährigem Aufenthalt in einer Grundschule musste er diese in der 2. Klasse verlassen, da bei ihm Auffälligkeiten zu beobachten waren. Er prügelte sich oftmals mit Mitschülern, auch störte er häufig den Unterricht. Von seinen Lehrern wurde er in dieser Zeit als „Unruhestifter“ eingeschätzt. Aus Sicht des Angeklagten traten die Mitschüler ihm gegenüber distanziert auf, wohl auch deshalb, weil der Angeklagte mit seinen Eltern nach Düsseldorf lediglich zugezogen war.
10Nach dem Schulwechsel zu einer anderen Grundschule konnte der Angeklagte im Klassenverband Fuß fassen und wechselte nach der Grundschule auf ein Gymnasium in Ratingen. Jedoch kam es sodann auf dem Gymnasium erneut zu Problemen im Umgang mit Mitschülern, aber auch Lehrern, sodass der Angeklagte erneut einen Schulwechsel nach der 5. Klasse durchführen musste, insbesondere auch weil er sich unruhig und überdreht verhielt.
11Fortan besuchte er die Realschule in Ratingen, der Schulwechsel führte jedoch nicht zu einer Besserung des Verhaltens des Angeklagten, vielmehr traten auch nach dem Schulwechsel erneut Probleme auf. Der Angeklagte konnte sich an die Schulnormen nicht halten, auch kam es zu körperlichen Auseinandersetzungen mit Mitschülern. Erneut war er laut und unruhig. Hinzu kamen Fehltage, der Angeklagte fehlte – was auch in den vorherigen Schulen vorkam – bei Unterrichtsstunden unentschuldigt. Der Angeklagte wechselte die Realschule, das Verhalten des Angeklagten besserte sich in der Folgezeit nicht, vielmehr ging er wegen gleicher Verhaltensweisen etwa in der 7. Klasse zur Hauptschule. Dort war er in der Lage, zumindest den Abschluss der Klasse 9 zu erzielen, wenngleich die schon vorab beschriebenen schulischen Schwierigkeiten weiter vorhanden waren.
12Die schulischen Schwierigkeiten des Angeklagten waren auch Anlass dafür, dass dieser noch während seiner Realschulzeit einem Psychologen vorgestellt wurde. Als Konsequenz aus den psychologischen Gesprächen wurde im häuslichen Umfeld des Angeklagten zunächst mehr miteinander geredet. Unabhängig davon wurde der Angeklagte für sein Verhalten durch seine Eltern sanktioniert.
13Nach dem Ende der Schulzeit führte der Angeklagte eine Ausbildung als Stahlbetonschlosser bei einer Firma in Ratingen über einen Zeitraum von zwei Jahren erfolgreich durch. Auch in der Ausbildung kam es zu Schwierigkeiten im Umgang mit den Vorgesetzten, auch zu sich häufenden Fehlzeiten. Die Ausbildung beendete der Angeklagte mit 18 oder 19 Jahren. Im Anschluss an seine Ausbildung war der Angeklagte für ein bis zwei Jahre bei einem Bauunternehmen beschäftigt. In dieser Zeit verbesserte er über eine Abendrealschule seinen Schulabschluss.
14Danach besuchte er für zirka 3 ½ Jahre das Abendgymnasium am Riehl-Kolleg, wobei die schulische Ausbildung tagsüber stattfand, und beendete die Schulzeit mit dem Abitur. Ein Semester musste er allerdings wiederholen. Finanziell verdiente er sich im Wachdienst und im Baugewerbe etwas dazu, sonst wurde er von seinen Eltern unterstützt, in der Zeit wohnte der Angeklagte bei seinem Vater. Seinen Abschluss machte der Angeklagte 2007.
15Im Anschluss nahm er in Darmstadt das Studium des Wirtschaftsbauingenieurs auf. Im Verlauf des Studiums kam es zu finanziellen Problemen, auch bedingt durch seinen sich verstärkenden Drogenkonsum. Er wechselte daraufhin etwa 2010 oder 2011 die Universität nach Essen und lebte ab dieser Zeit in Mühlheim. Das Studium ist nicht beendet, der Angeklagte nach wie vor als Student in der Universität eingeschrieben.
16Finanziell wurde der Angeklagte seitens seiner Eltern während des Studienganges in Darmstadt mit 600,00 Euro im Monat unterstützt. Dieses Geld reichte nicht aus, sodass er nebenbei arbeitete, auch nahm er einen zwischenzeitlich abgezahlten Studienkredit auf. Während seines Lebens in Mülheim und des Studiums in Essen wurde er von seinen Eltern noch mit 300,00 Euro im Monat finanziell unterstützt. Zuletzt hatte der Angeklagte nach dem Wechsel von Darmstadt nach Essen Schulden in einer Größenordnung von zirka 15.000 Euro aufgebaut. In dieser Zeit lernte er auch den Mitangeklagten M kennen.
17Das Verhältnis des Angeklagten zu seinen Eltern war im Hinblick auf seine schulischen Schwierigkeiten belastet. Er wuchs zunächst gemeinsam mit seiner Schwester im elterlichen Haushalt in einer Wohnung in Ratingen auf. Anfang der 90er-Jahre eröffnete die Mutter des Angeklagten ihre Zahnarztpraxis in Düsseldorf. Zunächst teilte sich der Angeklagte in der elterlichen Wohnung ein Zimmer mit der Schwester, später hatte der Angeklagte aufgrund eines Umbaus ein eigenes Zimmer. Wegen der frühen Schulauffälligkeiten des Angeklagten kam es in der Kinderzeit zu häufigen Streits zwischen dem Angeklagten und seinen Eltern. Nach der Scheidung der Eltern lebte der Angeklagte beim Vater und zog erst mit Studienbeginn in Darmstadt dort aus. Nach der Scheidung besserte sich das Verhältnis zu dem Vater, auch bedingt durch die schulischen Weiterbildungen des Angeklagten.
18Das Verhältnis zu seinen Eltern und Schwester ist derzeit gut. Diese haben den Angeklagten während seiner Inhaftierung im hiesigen Verfahren in der Justizvollzugsanstalt besucht.
19Bis in die Gegenwart hinein steht der Angeklagte in einem Kontakt zu einem Bekannten aus der Jugendzeit. In Darmstadt lebte er drei Jahre lang in einer schlagenden Verbindung und im entsprechenden Verbindungshaus. Auch zu einzelnen Freunden aus dieser Verbindung besteht ein Kontakt bis in die Gegenwart.
20Der Angeklagte interessiert sich für Politik und kann sich auch für Sport vielseitig begeistern. Er liest gerne und viel und lernt gerne andere Menschen kennen.
21Mit etwa 18 Jahren hatte er die erste längere Partnerschaft zu einer Frau, die über einen Zeitraum von etwa 2 ½ Jahren andauerte. Noch vor seinem Studienbeginn in Darmstadt lernte der Angeklagte seine letzte Lebensgefährtin kennen, die jünger als er selbst war, ihr Abitur absolvierte und als Industriekauffrau arbeitete. Diese zog mit ihm zusammen nach Darmstadt. Nach dem Umzug nach Mühlheim beendete der Angeklagte letztlich die Beziehung, auch weil es wegen seines nunmehr gehäuften Drogenkonsums zu immer größeren Konflikten zu ihr kam.
22Ein gewöhnlicher Tagesablauf in den Monaten vor seiner gegenwärtigen Inhaftierung gestaltete sich derart, dass der Angeklagte zunächst ausschlief, sich dann mit Freunden oder Kollegen traf und schaute, wo er sich Drogen besorgen kann. Sonst kümmerte sich der Angeklagte um den nachfolgend noch näher geschilderten Aufbau der Drogenplantage, indem er beispielsweise zu der angemieteten Halle fuhr, betrieb aber gelegentlich auch weiterhin Sport.
23Der Angeklagte ist vorbestraft. Sein Bundeszentralregisterauszug weist insgesamt 5 Eintragungen auf.
24Am 19.11.2003 verurteilte ihn das Amtsgericht Düsseldorf in dem Verfahren 24 Ls 70 Js 7760/03 – 154/03 – wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr zu einer Geldauflage, es wurde eine Sperre für die Fahrerlaubnis bis 18.04.2004 ausgesprochen.
25Unter dem 27.12.2004 verurteilte ihn das Amtsgericht Ratingen in dem Verfahren 30 Js 9375/04 22 Cs 656/04 wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 150 Tagessätzen zu je 10,00 Euro Geldstrafe.
26Mit Urteil des Amtsgerichts Ratingen vom 11.01.2007 – 40 Js 8280/05 22 Ds 110/06 – wurde gegen den Angeklagten eine Freiheitsstrafe von einem Jahr zur Bewährung wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung verhängt, die Bewährungszeit dauerte bis zum 10.01.2010 und wurde mit Wirkung vom 21.01.2010 erlassen. Der Angeklagte war einem Bewährungshelfer unterstellt worden.
27Am 02.04.2012 verurteilte das Amtsgericht Ratingen den Angeklagten in dem Verfahren 60 Js 1216/12 22 Cs 174/12 wegen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln zu einer Geldstrafe von 10 Tagessätzen zu 10 Euro.
28Zuletzt wurde der Angeklagte mit Urteil vom 12.05.2014 durch das Amtsgericht Weinheim in dem Verfahren 2 Cs 504 Js 6614/14 zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 20,00 Euro wegen vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs in Tatmehrheit mit Beleidigung verurteilt. Die Geldstrafe ist zwischenzeitlich bezahlt worden.
29b) Feststellungen zur gesundheitlichen Verfassung, insbesondere zum Betäubungsmittelkonsum des Angeklagten
30Ernsthafte gesundheitliche Erkrankungen bestehen nicht. Einmal kam es bei dem Angeklagten zu einer Entzündung des rechten Hüftgelenks, die aber nach einer Behandlung im Krankenhaus folgenlos verheilte.
31Mit 15 Jahren beim Schwänzen der Schule probierte der Angeklagte mit einem Bekannten erstmals Alkohol aus. Während seines Besuches der Hauptschule gab es eine Phase, in der er viel Alkohol an Wochenenden zu sich nahm, gleichzeitig trank er auch in der Woche immer wieder Bier. In späterer Zeit reduzierte der Angeklagte seinen Alkoholkonsum auf einen gelegentlichen Konsum am Wochenende. Alkoholbedingte Entzugserscheinungen traten nicht auf.
32Cannabis lernte der Angeklagte bereits frühzeitig mit 13 Jahren im Umfeld der Schule kennen und probierte dieses aus. Er empfand die Wirkung sofort gut. Ab etwa dem 15. Lebensjahr konsumierte er regelmäßig täglich Cannabis in unterschiedlichen Qualitäten. In den 90er-Jahren rauchte er Haschisch, später ging er zum Rauchen von Marihuana über. In Phasen reduzierte er seinen Konsum, er war auch in der Lage, Pausen einzulegen. Während seiner Abendrealschule wie auch Gymnasialzeit kam es wiederum zu einem täglichen Konsum, damals verkaufte er auch Cannabis. Während seines Studiums in Darmstadt konsumierte er zunächst Cannabis nach dem Ende seiner jeweiligen Universitätsbesuche weiter. Nach seinem Wohnortwechsel nach Mülheim nahm er erneut jeden Tag Cannabis zu sich. Er konsumierte zwischen 1 g und 2 g täglich.
33Mit 13 Jahren konsumierte der Angeklagte zum ersten Mal eine Ecstasy-Tablette und verspürte eine „heftige Wirkung“.
34Als Jugendlicher in den 90er-Jahren nahm er Ecstasy und verstärkt auch Amphetamin an Wochenenden bei Techno-Partys und privaten Feiern zu sich. Den Konsum synthetischer Drogen gab er etwa mit 20 Jahren vollständig auf. In Dieser Lebensphase nahm er ebenfalls immer wieder einmal LSD ein. Diesen Konsum gab er jedoch schon seit längerer Zeit auf. Weiterhin probierte er in der Phase des Konsums synthetischer Drogen auch halluzinogene Pilze aus. Er besitzt ebenfalls eine einmalige Erfahrung in der Einnahme von Meskalin. Die Droge erzielte aber keine Wirkung bei ihm; möglicherweise weil er damals das Meskalin zu gering dosierte.
35Im Mittelpunkt seiner Abhängigkeit steht der Konsum von Kokain. Diese Droge lernte der Angeklagte mit 16 Jahren kennen und empfand die eintretende Wirkung anfangs als „komisch“. Er nahm Taubheitsgefühle an seinem Körper wahr, wenngleich insgesamt ein „gutes Gefühl“ in ihm eintrat. Auch während seiner Abendreal- und Gymnasialzeit konsumierte er Kokain in großer Menge sowohl an Wochenenden als auch unter der Woche. Die recht kostenintensive Droge finanzierte er „durch Geschäfte im kriminellen Bereich“. Den Kokainkonsum führte er praktisch täglich bis zuletzt durch. Er nahm Kokain durch die Nase ein. Zumeist benötigte er ein bis zwei Bubbles. Manchmal kaufte er größere Mengen, um einen Vorrat zu haben. Kam dies vor, verbrauchte er dann jedoch den Vorrat binnen kurzer Zeit.
36Zuletzt bemerkte der Angeklagte eine Art der Veränderung bei sich. Gerade auch seinem engeren Geschäftspartner gegenüber wurde er immer misstrauischer. Es kamen Situationen auf, in denen er sich rasch, ebenfalls misstrauisch umdrehte, wenn das Zimmer betreten wurde oder es etwa an der Tür schellte.
372. Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten M
38a) Allgemeine Feststellungen zur Person
39Der am 30.05.1986 in Klimovsk in Russland geborene Angeklagte ist 29 Jahre alt und besitzt neben der ukrainischen auch die deutsche Staatsangehörigkeit.
40Der Vater des Angeklagten ist 61 Jahre alt und lebt in Wuppertal. Er ist von Beruf Ingenieur und bei guter Gesundheit. Er lebt zusammen mit seiner derzeitigen Lebensgefährtin. Die Eltern des Angeklagten trennten sich etwa im Jahr 1996 oder 1997.
41Die leibliche Mutter lebt 61-jährig in Düsseldorf. Sie ist von Beruf Vertreterin in der Textilbranche mit Reisetätigkeit. Auch der Mutter geht es gesundheitlich gut, sie lebt alleine.
42Der Angeklagte hat einen älteren Bruder H1, der 33-jährig in Sydney lebt. Er ist von Beruf als Finanzanalyst bei einer Ratingagentur tätig, hat eine gute Karriere absolviert und verdient entsprechend gut. Sein Bruder ist verheiratet und Vater eines Kindes. Mit ihm telefonierte der Angeklagte immer wieder, auch hat er einen Besuch seines Bruders in Australien durchgeführt.
43Die Mutter des Angeklagten entschloss sich nach dem Atomunfall in Tschernobyl, zur Geburt des Angeklagten in die Region um Moskau zu gehen. Sie konnte dort bei Verwandten leben. Nach einigen Monaten kehrte sie mit dem Säugling in ihren ursprünglichen Lebensort Kiew zurück.
44Von dort aus kam der Angeklagte im eigenen Alter von acht Jahren mit der Mutter nach Deutschland. Der Vater lebte damals bereits in Wuppertal. Von dort aus erfolgte ein Umzug nach Düsseldorf im Jahre 2007 zusammen mit der Mutter.
45Der Angeklagte wuchs in einer schwierigen familiären Lebenssituation auf. Sein Vater war bereits 1992 nach Deutschland gegangen, die Mutter folgte ihm zwei Jahre später mit dem Angeklagten nach. Die Mutter hatte erhebliche Bedenken einem Leben in Deutschland gegenüber geäußert, insbesondere wegen der ausländerfeindlichen Aktivitäten in der damaligen Zeit beispielsweise in Rostock. Nach der Ankunft beim Vater entwickelte dieser etwa ab 1994 eine Art „Alkoholproblem“. Zwar besaß er eine Anstellung in einer Autowerkstatt; der Vater des Angeklagten fühlte sich jedoch unterfordert. Seine ursprünglich erworbene berufliche Kompetenz konnte er nicht einsetzen. Er war zuhause aggressiv, es kam auch zu körperlichen Übergriffen, in deren Zusammenhang es auch zu Polizeieinsätzen und Beschwerden von Nachbarn wegen elterlicher Streitereien kam. Diese familiäre Phase verlief etwa zwei Jahre weiter. Schließlich zog der Vater aus. 2001 oder 2002 zog der Angeklagte mit seiner Mutter in einen anderen Stadtteil, der Bruder des Angeklagten hatte in dieser Phase bereits mit dem Studium begonnen und den Haushalt verlassen.
46Der Angeklagte wurde bereits in Kiew mit sieben Jahren in die erste Klasse eingeschult. In Deutschland lernte er sehr schnell Deutsch und wurde in die zweite Grundschulklasse aufgenommen. Danach wechselte er noch in Wuppertal zum Gymnasium. Dort waren seine Leistungen anfangs mittelmäßig. Der Angeklagte fühlte sich „fehl am Platz“, ggf. auch, weil der gesamte Freundeskreis des Angeklagten zur Realschule gewechselt ist. Die 7. und 8. Schulklasse musste er wiederholen.
47Wegen anhaltender schulischer Schwierigkeiten wechselte er zur Abendrealschule in Wuppertal etwa im Jahre 2003. An dieser Schule kam es auch zum Kontakt mit Menschen, die sich im kriminellen Milieu bewegten. Durch dieses Milieu bedingt begann der Angeklagte auch selbst oftmals Drogen zu konsumieren. Auch bedingt durch den Drogenkonsum fiel es dem Angeklagten schwer, sich auf den schulischen Inhalt zu konzentrieren. Dennoch gelang es ihm, etwa im Jahre 2005 den Realschulabschluss zu erzielen.
48In der Folge besuchte er das Berufskolleg in Wuppertal mit dem Ziel, das Abitur zu erreichen. In dieser Lebensphase konsumierte er allerdings bereits erhebliche Mengen Betäubungsmittel, weshalb er kein tatsächliches Interesse an den Schulfächern besaß. Etwa ein Jahr lang suchte er das Kolleg auf, anschließend brach er die Besuche jedoch ab.
49Auf Rat seiner Mutter begann der Angeklagte, einen Kurs an der Fernuniversität in Kiew zu absolvieren. Er selbst entschied sich für das Fach Geschichte. Während er im Haushalt seiner Mutter lebte, führte er das Fernstudium durch. Seine Mutter unterstützte den Angeklagten bei dem Studium, machte aber auch immer wieder Druck, damit dieser das Studium nicht aufgab. Im Jahre 2008 leistete der Angeklagte seinen Grundwehrdienst bei der Bundeswehr im Sanitätsbereich ab und führte das Studium parallel weiter durch. 2010 erhielt er seinen Abschluss mit Diplom.
50Daraufhin schrieb er sich im Jahre 2011 an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf ein, musste seinen Studiengang jedoch nach drei Semestern aufgegeben. In dieser Phase konsumierte er bereits sehr viele Betäubungsmittel, z. B. Kokain, war nervös und aggressiv. Er litt auch unter Schlafstörungen.
51Etwa in dieser Phase lernte er den Mitangeklagten L „über Freunde“ etwa 2010 oder 2011 kennen. Beide konsumierten dann auch gemeinsam Betäubungsmittel. Insbesondere auch aus dem Betäubungsmittelkonsum hatte der Angeklagte M zwischenzeitlich Schulden in Höhe von etwa 20.000,00 Euro angehäuft.
52Mit seinem Bruder versteht sich der Angeklagte gut, weshalb er diesen 2014 auch in Australien besuchte. Zu den Eltern des Angeklagten besteht lediglich ein eingeschränkter Kontakt.
53Der Angeklagte hat Freunde und Bekannte, die er beispielsweise über die Schule kennenlernte. Auch nach Verlassen des Gymnasiums ist er mit einem ehemaligen gymnasialen Mitschüler freundschaftlich in Kontakt geblieben, lernte über diese auch weitere Personen kennen.
54In seiner Freizeit betreibt der Angeklagte intensiv Sport. Bereits in Wuppertal war er im Fußballverein Grün-Weiß über einen Zeitraum von drei Jahren. Mit 16 Jahren boxte er über einen Zeitraum von zirka zwei Jahre. Auch betrieb er Kraftsport, Fitness und Joggen. Mit kleinen Pausen führte er seine sportlichen Aktivitäten im Sinne eines Hobbys bis zuletzt trotz seines Drogenkonsums durch.
55Seit drei Jahren lebt der Angeklagte in einer festen Beziehung zu der 32 Jahre alten F, die als Model und Hostess arbeitet. In der Zeit vor seiner Inhaftierung verbrachte der Angeklagte vor allem viel Zeit mit seiner Lebensgefährtin, den gemeinsamen Freunden, betrieb im Übrigen viel Sport.
56Finanziell wurde er von Geldern der Familie unterstützt, machte jedoch auch vermehrt Schulden.
57Der Angeklagte ist nicht vorbestraft. Sein Bundeszentralregisterauszug weist keine Eintragungen auf.
58b) Feststellungen zur gesundheitlichen Verfassung, insbesondere zum Betäubungsmittelkonsum des Angeklagten
59Gesundheitliche Beeinträchtigungen konnten bei dem Angeklagten nicht festgestellt werden.
60Zur psychiatrisch-psychotherapeutischen Krankheitsanamnese konnte festgestellt werden, dass der Angeklagte durch Interventionen seiner Mutter vielleicht im Jahr 1998 oder 1999 wegen seiner eingeschränkten schulischen Leistungen bei einem Psychologen vorgestellt wurde. Weil der Gesprächskontakt dem Angeklagten nicht gefiel, wurde dieser letztlich nicht weiter aufrechterhalten.
61Während seiner Bundeswehrzeit wurde der Angeklagte seitens eines vorgesetzten Offiziers nochmals zu einem Psychologen geschickt. Hintergrund war der Unfall seines damals besten Freundes zusammen mit einer Freundin, die bei einem Zugunfall zu Tode kamen. Letztlich wurden auch diese Gespräche nicht weiter verfolgt, der Angeklagte empfand den Psychologen als oberflächlich und uninteressiert. Ihm gelang es in der Folgezeit, durch Gespräche im Freundeskreis das Ereignis zu verarbeiten.
62Erstmals kam der Angeklagte im Alter von zehn oder elf Jahren bei einem Familienfest mit Alkohol in Kontakt. Die Wirkung sagte ihm nicht zu, er empfand diese vornehmlich als unangenehm. Mit 13 Jahren trank er zusammen mit Freunden erstmals auch Bier, was ihm ebenfalls nicht zusagte.
63Erst im Jahr 2011/2012 in einer Phase, in der der Angeklagte auch vermehrt Diskotheken besuchte, fand er Gefallen am Trinken von Whisky. In dieser Zeit ließ der Angeklagte kaum eine Gelegenheit zum Feiern mit Freunden und Bekannten aus. Hierbei wurde er auch von dem Angeklagten L immer wieder einmal begleitet. Dabei kombinierte der Angeklagte seinen Konsum nunmehr auch mit Kokain. Die getrunkene Menge Whisky, teilweise eine halbe Flasche abends, hing von dem jeweils eingenommenen Kokainkonsum ab. Dies hat sich bis heute derart verstärkt, dass der Angeklagte immer dann, wenn er den Geruch von dem Mischgetränk Whisky-Cola riecht, sogleich an Kokain denken muss. Der alleinige Genuss von Alkohol ohne Kokain gefiel dem Angeklagten nicht mehr.
64Cannabis lernte der Angeklagte im Alter von 13 Jahren mit Freunden vom Gymnasium in Form des Rauchens kennen. Die Wirkung der Droge gefiel ihm gut. Den Konsum wiederholte der Angeklagte daraufhin, damals sammelte er mit seinen Freunden Geld zur Beschaffung des Marihuanas. Im Rahmen der Abendrealschule beschaffte sich der Angeklagte das Marihuana auch von Mitschülern, die ihn beispielsweise als Gegenleistung bei der Hausaufgabenhilfe damit entlohnten. Der Konsum steigerte sich in dieser Zeit auf einen täglichen Konsum von 2 bis 3 Gramm am Tag. Teilweise rauchte der Angeklagte bereits morgens beim Frühstück Marihuana.
65In der Folge reduzierte der Angeklagte seinen Cannabiskonsum hinsichtlich der Menge, konsumierte jedoch weiterhin täglich. Während der Bundeswehrzeit reduzierte sich der Konsum auf die Wochenenden, um nach dem Ende wiederum nahezu täglich Cannabis zu konsumieren, insbesondere weil es dem Angeklagten leichter fiel, einzuschlafen. Das Rauchen von Cannabis begleitete den Lebensalltag des Angeklagten bis zu seiner Inhaftierung, die Konsummengen haben um die 2 Gramm pro Tag betragen.
66Synthetische Drogen wie Ecstasy, Amphetamine oder LSD probierte der Angeklagte vielleicht zweimal aus, die Wirkungen dieser Betäubungsmittel sagten dem Angeklagten hingegen nicht zu, er empfand sie vor allem als unangenehm. Ebenso ging es ihm nach dem Probieren mit halluzinogenen Pilzen.
67Kokain lernte der Angeklagte etwa im Alter von 18 Jahren im Kreis von Kollegen kennen. Zunächst nahm er diese Droge gelegentlich ein, immer nasal, nie – auch nicht zu späteren Zeiten – intravenös. Nachdem er 2010/2011 den Mitangeklagten L kennen lernte und viel feierte, nahm sein Kokainkonsum deutlich zu. Erst ab diesem Zeitpunkt begann er auch, Kokain selbständig einzukaufen. Die euphorisierende Wirkung des Kokains, das „Gefühl vollständigen Glücks“, gefiel dem Angeklagten. Zuletzt bis zu seiner Inhaftierung konsumierte er etwa 5 Gramm Kokain in der Woche, wobei er nichts mehr von dem erworbenen Kokain an andere abgab. Erst in der Endphase vor seiner Inhaftierung begann der Angeklagte auch, Kokain immer wieder alleine zu konsumieren. Letztlich konsumierte er so viel Kokain, wie möglich war.
68II.
691. Vortatgeschehen, Ausgang des Ermittlungsverfahrens, Aufbau der Plantage und erste Ernten
70Etwa im Jahr 2010 oder 2011 lernten sich die Angeklagten kennen. Beide hatten zu diesem Zeitpunkt über einen längeren Zeitraum bereits Drogen wie festgestellt konsumiert und insbesondere deshalb erhebliche Schulden aufgebaut. Sie überlegten, wie sie sich eine zusätzliche Einnahmequelle verschaffen könnten und kamen letztlich gemeinsam auf die Idee, eine größere Marihuanaplantage anzulegen, um sich aus dem Verkauf der Erträge aus der Plantage eine Einnahmequelle nicht unerheblichen Ausmaßes zu verschaffen, zum einen, um ihre Schulden zurückzuzahlen, aber auch den Konsum von Betäubungsmitteln fortwährend zu finanzieren. Spätestens etwa Mitte 2012 kamen die Angeklagten so überein, gemeinschaftlich eine Plantage zum Anbau von Marihuana zu betreiben, aus der heraus sie durch die professionelle Aufzucht, Aberntung und Aufbereitung der Ernte jeweils konsumfähiges Material erzielen wollten, welches die Grenze zur nicht geringen Menge jeweils um ein Vielfaches übertreffen sollte. Die so generierten Mengen von Betäubungsmitteln wollten sie folgend an Großabnehmer in den Niederlanden veräußern, um sich anschließend den Erlös einer Ernte in Höhe von jeweils mindestens 100.000,- Euro zu teilen.
71Zunächst informierten sich die Angeklagten über diverse einschlägige Foren im Internet über die erforderlichen Ausrüstungen zum Anbau von Cannabis. Dazu sahen sie sich auch detaillierte Filme im Internet an und kontaktierten verschiedene Coffee-Shops bzw. hörten sich in diesen im Hinblick auf den Anbau um. Gemeinsam machten sie sich dann einen Plan und entschlossen sich, eine größere Indoorplantage in einer dazu anzumietenden Halle einzurichten.
72Zu diesem Zweck mieteten sie schließlich zum 04.09.2012 Räumlichkeiten in der Liegenschaft X in Bochum-Wattenscheid zu 1.160 Euro pro Monat an, wobei die Anmietung durch den Angeklagten L unter den Aliaspersonalien T erfolgte. Unter diesen Personalien meldeten die Angeklagten auch einen Anschluss bei den Stadtwerken Bochum zur Versorgung mit Strom an, wobei sie hierzu in 2014 die weitere Aliaspersonalie C verwendeten und diesen Namen dann auch zusätzlich an dem Türschild zur Plantage anbrachten. In dem Objekt wurde in der Vergangenheit durch andere Mieter unter anderem ein Fleisch- und Fischgroßhandel betrieben. Gegenüber dem Vermieter gaben sie an, in der Halle Fitnessgeräte lagern, warten und reparieren zu wollen. Ursprünglich war von den Angeklagten geplant, die Plantage nur ein Jahr zu betreiben und daraus den größtmöglichen Gewinn zu erzielen, im Folgenden entschlossen sie sich dann jedoch Ende des Jahres 2013, die Plantage dauerhaft zu betreiben.
73Nachdem die Angeklagten 2012 den Entschluss gefasst und die Halle angemietet hatten, suchte der Angeklagte L Mitte des Jahres 2012 den vormals Mitangeklagten M1 auf, den er in den Jahren zwischen 2005 und 2007 in einer Diskothek kennen gelernt hatte und von dem er wusste, dass dieser sich mit Elektrik auskannte. Zunächst bat er ihn, einige Steckdosen und Lampen in der Wohnung eines Freundes, dem Angeklagten M anzubringen, den der Angeklagte L gegenüber M1 zunächst als „N“ vorstellte. Nachdem M1 diese Arbeiten fertig gestellt hatte, kamen der Angeklagte L und M1 hinsichtlich des Cannabisanbaus ins Gespräch, im Zuge dessen sich M1 nach kurzem Zögern bereit erklärte, sich die von den Angeklagten angemietete Halle anzusehen. Im Oktober 2012 erschienen sodann die Angeklagten bei M1 und baten diesen, gemeinsam mit ihnen nach Bochum in die Halle in der X zu fahren, die zu diesem Zeitpunkt noch leer war. Sie teilten M1 mit, dass sie beabsichtigten, in dieser Halle eine Plantage einzurichten und baten M1 darum, zu prüfen, ob er in der Lage sei, Strom vor dem Zähler abzuzweigen und die Elektrik mit Lampen einzurichten. Letztlich erklärte sich M1 dazu bereit, musste die Angeklagten aber auch darüber aufklären, dass mit dem vorhandenen Stromanschluss nach seiner Prüfung maximal 36 Lampen eingerichtet werden könnten.
74In der Folgezeit richtete M1 die elektrische Versorgung mit den von den Angeklagten – teilweise unter seiner Anleitung – beschafften und auch bezahlten Materialien ein, während die Angeklagten sich um den Aufbau einer Lüftungsanlage kümmerten. Zum Einrichten der elektronischen Anlage verband M1 an freigelegte Anschlussklemmen zwischen den beiden vorhandenen Stromzählern im Obergeschoss eine flexible Gummischlauchleitung mit 5 * 10 mm2 Kupferquerschnitt, sodass die über diese Leitung genutzte elektrische Energie von keinem der beiden Stromzähler erfasst wurde. Diese neu gelegte Leitung verlief dann quer über die Kellertreppe durch eine Wandöffnung zunächst in einen später als Hanfplantage genutzten Kellerbereich. Im weiteren Verlauf wurde die Leitung durch eine Türöffnung in einen angrenzenden Kellerraum geführt und an eine dort provisorisch installierte elektrische Unterverteilung angeschlossen.
75Die elektrische Unterverteilung enthielt unter anderem eine elektronische Zeitschaltuhr mit vier getrennt programmierbaren Kanälen sowie vier Schaltschütze. Mit den Schaltkontakten der entsprechenden Kanäle wurden dann die insgesamt 36 Lampen angesteuert, die in den später als Plantage genutzten Räumen aufgebaut waren. Bei jeder der Leuchten handelte es sich um eine 600 Watt Natriumdampf-Hochdrucklampe. Die 36 Vorschalt- bzw. Zündgeräte für die Lampen befanden sich in dem Raum mit der elektrischen Unterverteilung; sie wurden von den Angeklagten und M1 nach der Anleitung des M1 auf einer Schalttafel montiert. Auch wurde die von den Angeklagten aufgebaute Lüftungsanlage mit insgesamt 8 Lüftern installiert und an das provisorische Stromnetzt ebenfalls angeschlossen. M1 installierte die Anlage insbesondere auch mit programmierbaren Zeitschaltuhrkanälen, sodass es möglich war, die Lampen immer zu bestimmten Zeiten – je nach Wachstumsphase der Pflanzen – entsprechend der Anleitung durch die Angeklagten in Betrieb zu nehmen, ohne dass es einer manuellen Bedienung insoweit bedurft hätte. Die gesamten Arbeiten zogen sich über mehrere Wochen hin, Ende 2012 war die gesamte Anlage dann fertig eingerichtet und betriebsbereit.
76In der Folge richteten die Angeklagten in den angemieteten Räumlichkeiten eine professionelle Cannabisgroßplantage bestehend aus vier Anbaufeldern ein, die sie mit Setzlingen bepflanzten, diese später auch gemeinsam pflegten, abernteten und zu konsumfähigen Material verarbeiteten. Die von M1 angeschlossenen Natriumdampflampen dienten dabei zur Energieversorgung der Pflanzen und Wachstumsförderung. Das zum Betrieb notwendige Equipment beschafften die Angeklagten überwiegend aus den Niederlanden nach Deutschland, teilweise mieteten sie zu diesem Zweck einen Bus. Finanziert worden sind die dafür notwendigen Auslagen nur von den Angeklagten, Leo beteiligte sich daran – auch in der Folgezeit – nicht.
77Die Plantage war dabei in ein Obergeschoss und ein Untergeschoss unterteilt. Das Obergeschoss bestand aus insgesamt 12 Räumen und einem Innenhof. An der linken Steinwand neben der Haustür war ein Briefkasten angebracht, auf dem später ein Namensschild mit dem Namen „C“ angebracht war. In den oberen Räumlichkeiten wurden durch die Angeklagten in diversen Räumen insbesondere eine Vielzahl von Materialien und Werkzeuge gelagert, die für die Errichtung und Pflege der Anlage benötigt worden waren. In einem der Räume, einem länglichen Flur, befanden sich insbesondere auch die Stromzähler, die von M1 manipuliert wurden und von denen der Strom für die gesamte Plantage einschließlich der Beleuchtung und Belüftung abgezweigt wurde. Ferner wurde in einem der Räume, in welchem sich ein Lastenaufzug befand, der jedoch bereits stillgelegt war, die Lüftungsanlage eingerichtet. Dazu wurden Rohre verlegt, die aus der Bodenplatte des Aufzugs ragten und über die Belüftungsanlage in die unteren Räumlichkeiten des Kellers führten, wo sich die eigentliche Plantage befand.
78Die Kellerräumlichkeiten konnten über eine Kellertreppe, die von einem der Räumlichkeiten abging, erreicht werden. In den unteren Räumlichkeiten im Keller befand sich die eigentliche Plantage. Diese wurde an der rechten Längswand des größten Raums im Kellergeschoss angelegt und letztlich auf drei Felder ausgedehnt. Die Felder wurden durch die Angeklagten mit einer Teichfolie ausgelegt, die Ränder wurden eingemauert. Auf der Teichfolie wurden dann in Reihe viereckige Blumentöpfe aufgestellt und mit den Marihuanapflanzen bestückt. Über den Pflanzen wurden unterschiedlich viele Lampen angebracht, die Lampen bestanden aus einem Aluminiumschirm. Zudem wurde als Leuchtmittel jeweils eine 600 Watt Hochleistungslampe angebracht, insgesamt wurden 36 Lampen eingerichtet. An der Längswand befand sich der Lastenaufzug, durch diesen wurden Luftschläuche von der ersten Etage in das Kellergeschoss verlegt und verteilten sich über die einzelnen Cannabisfelder. Über den Feldern richteten die Angeklagten leistungsstarke Lüfter ein, die für einen Luftaustausch sorgen sollten. Die eigentliche Elektrik wurde in einem separaten Raum untergebracht. Dort wurden insbesondere 36 Vorschalt- bzw. Zündgeräte für die Lampen untergebracht, diese waren jeweils zu viert auf einer Schalttafel montiert. Ebenso wurden die insgesamt 8 installierten Lüfter jeweils zu zweit über einen Netzstecker an die vier ebenfalls verteilt angelegten Klimaregler angeschlossen. Von der Längswand des Raumes mit den Cannabisfeldern abgehend befand sich ein weiterer Raum, in dem das vierte Anbaufeld sich befand. Dieses wurde wie oben dargestellt ebenfalls mit einer entsprechenden Lüftung und Lampen versorgt.
79Für seine Arbeiten erhielt M1 später eine einmalige Zahlung von 5.000 Euro. Zunächst war von diesem auch nicht beabsichtigt, weiter an der Pflege oder der Ernte der Plantage zu partizipieren, er sollte vielmehr zunächst lediglich die Pflege der elektrischen Anlage durchführen, insbesondere wenn es zu Ausfällen beispielsweise wegen der Sicherungen kam.
80Nachdem L und M Ende 2012/Anfang 2013 Setzlinge beschafft hatten, wurden diese eingepflanzt und letztlich etwa Ende März bis Anfang April 2013 die erste selbst angelegte Plantage abgeerntet, wobei ein Teil der Ernte verschimmelte. Nachdem sie den Ertrag aus der Ernte verkauft hatten, erhielt M1 seinen verabredeten Anteil von 5.000 Euro. Zu dieser Zeit hatten lediglich die Angeklagten einen Schlüssel für die Anlage, sofern M1 diese wegen Arbeiten an der Elektrik betreten musste, wurde ihm daher meist von dem Angeklagten L aufgeschlossen.
81M1 sprach die Angeklagten im Folgenden an, dass es für ihn finanziell keinen Sinn mache, nur zu der Anlage zu fahren, wenn die Sicherungen herausflogen. Daraufhin kamen die drei überein, dass M1 auch zukünftig und auf Dauer angelegt nicht nur die Pflege der Elektrik übernimmt, sondern gegen eine Entlohnung von 5.000 Euro pro Ernte auch an der Neupflanzung und Ernte mit den Angeklagten beteiligt sein sollte. Lediglich der Vertrieb sollte allein durch die Angeklagten durchgeführt werden. Die Angeklagten und M1 versprachen sich davon insbesondere eine effektivere Bearbeitung der jeweiligen Plantagen, M1 eine zusätzliche und auf Dauer angelegte Einnahmequelle.
82Im Zuge des Austauschs der gesamten Schließanlage Anfang oder Mitte Mai 2013 erhielten alle drei, die Angeklagten sowie M1, einen Schlüssel, um die Anlage betreten zu können und sich in Umsetzung ihrer Absprache auch in Abwesenheit der anderen um die Pflege der Pflanzen und/oder die Elektrik zu kümmern.
83Dementsprechend führten die Angeklagten und M1 im September 2013 die zweite Ernte durch, nachdem zuvor etwa im Juli die erforderlichen Setzlinge durch die Angeklagten beschafft und gemeinsam mit M1 eingepflanzt worden waren. Während die Angeklagten die Pflanzen abschnitten und rupften und dabei die Blütenstände sammelten und Blätter und Äste auf den Boden warfen, bestand die Aufgabe des M1 darin, die vorbearbeiteten Blütenstände in eine Schneidemaschine zu geben und den Trennvorgang zu betreuen. Dazu gehörte, dass M1 die entfernten Reste wegschaffte, die von der Maschine in dafür bereit gehaltene blaue Müllsäcke befördert wurden. Die geernteten Blütenstände wurden in normalen Kartons gesammelt, damit sie nicht schimmelten. M1 war auch für die anschließende Reinigung der Maschine verantwortlich. Ein Erntevorgang dauerte zirka eine Woche, wobei die Angeklagten und M1 bis zu 8 Stunden täglich arbeiteten. Bei einer Ernte kamen mindestens 20 bis 40 Kilogramm Marihuanaknospen zusammen, die von den Angeklagten und M1 zum Trocknen aufgehängt wurden.
84Die Angeklagten wogen in der Folgezeit die getrockneten Knospen. Pro Ernte wurde ein Ertrag von 15 bis 16 Kilogramm erzielt. Die zweite Ernte aus Juli 2013 wurde von den Angeklagten später in den Niederlanden veräußert, M1 erhielt aus dem Verkaufserlös 5.000 Euro.
85Im Jahr 2014 wurde wiederum entsprechend der beschriebenen Vorgehensweise eine dritte und vierte Ernte durchgeführt, das heißt, die Angeklagten kümmerten sich um das Beschaffen der Setzlinge, jeweils etwa 800. Gemeinsam mit M1 wurden diese dann eingepflanzt, gepflegt und letztlich abgeerntet und getrocknet. Durch die Angeklagten wurden die Erträge dann in den Niederlanden an verschiedene Abnehmer veräußert, die ihnen zwischen 4,20 Euro und 4,80 Euro pro Gramm zahlten, in einem Fall war die Qualität der Ernte so gut, dass sie sogar 5,00 Euro pro Gramm erhielten, was sich später noch wiederholen sollte. Während die Angeklagten sich den Gewinn teilten, erhielt M1 für seine Mithilfe wiederum einen Betrag von 5.000 Euro pro Ernte. Eine der Ernten im Jahr 2014 fiel vollständig aus, weil die Angeklagten und M1 zu früh die Ernte durchführten bzw. den Ertrag nicht ausreichend trockneten und dieser daher von Schimmel befallen wurde.
862. Versuche der Anmietung einer anderen Halle zum Zwecke der Verlagerung der Plantage zur Ertragssteigerung sowie weitere Sicherungsmaßnahmen
87Ein Versuch der Angeklagten, Setzlinge selbst zu ziehen, schlug letztlich fehl, weil insbesondere auch die Stromversorgung in der angemieteten Halle in der X für einen gleichzeitigen Betrieb einer Plantage und einer parallel durchgeführten Aufzucht von Setzlingen nicht ausreichte und deshalb die Sicherung wiederholt heraussprang, die Setzlinge dadurch oder durch fehlerhafte Wasserzufuhr bedingt eingingen. Im Zuge dessen sahen sich die Angeklagten gemeinsam mit M1 nach einer Möglichkeit um, eine andere Halle mit besserer Stromzufuhr anzumieten, um die Plantage nach dorthin zu verlagern. Im Februar 2014 meldeten sie sich daraufhin als Mietinteressenten für eine Gewerbehalle in Bochum-Wattenscheid, X. Der Angeklagte L gab sich dabei gegenüber den Vermietern als T aus Düsseldorf aus.
88Weil die Angaben zu seiner Person Unstimmigkeiten im Hinblick auf die vorgelegten Ausweisdokumente ergaben, wandte sich ein Zeuge an die Polizei, die daraufhin ein geplantes Treffen in der Folgezeit am 17.02.2014 observierte und weitere Maßnahmen, insbesondere auch weitere Observationen, durchgeführte. Im Zuge dessen verdichteten sich die Hinweise gegen die Angeklagten wie auch M1, dass diese beabsichtigen, eine Indoorplantage einzurichten, insbesondere weil sie gegenüber den Vermietern darauf bestanden, umfangreiche Umbaumaßnahmen zur Abschirmung ihrer Tätigkeit in der Halle durchzuführen (Fenster mit Milchglasscheiben, eigene Strom- und Wasserversorgung und eigener Zugang zur Halle, sodass der Hausmeister diese nicht mehr betreten kann). Auch zahlten die Angeklagten in der Folgezeit sowohl die Mietkaution in Höhe von 15.000 Euro als auch die monatliche Miete ab dem 01.05.2014 von 2.220 Euro, bis zum Dezember 2014 waren so bereits insgesamt 17.760 Euro aufgelaufen, ohne dass eine Nutzung der Halle erkennbar wurde. Ferner fiel den observierenden Beamten auf, dass die Angeklagten darauf achteten, nie in der Nähe der Halle zu parken, sondern immer etwas Abseits.
89Nachdem sich M1 die Halle in der X und die durchgeführten Umbaumaßnahmen etwa im Mai 2015 angesehen hatte, wurde letztlich der Halle aufgegeben. Grund war, dass zwischenzeitlich Vermieterseits vier neue Stromzähler installiert worden waren und M1 nicht in der Lage war, von diesen Zählern Strom abzuzweigen. Weil die Halle an die Eigentümer zurückgegeben werden musste, baute M1 in der Folgezeit noch einen Motorschutzschalter ein.
90Auch ein weiterer Versuch der Anmietung eines Hochbunkers auf der X in 45896 Gelsenkirchen zur Verlagerung der Plantage, Steigerung des Ertrages und Aufzucht eigener Setzlinge etwa Mitte des Jahres 2015 schlug letztlich fehl. Dazu begaben sich zunächst die Angeklagten an das Objekt und gaben gegenüber dem Vermieter wiederum Falschpersonalien an und behaupteten, unter der Firma K eine Textilfirma mit Heißmangel und Bügelpresse einrichten zu wollen und dafür mehr Strom bräuchten. Zu diesem Zweck hielt der Angeklagte L auch gefälschte Ausweispapiere auf den Namen K vor, insoweit legte er eine auf seine Aliaspersonalie ausgestellte Visitenkarte dem Vermieter vor. Um bei eventuellen Kontrollen möglichst nicht aufzufallen, unterhielten sie zur Verschleierung eine Scheinfirma namens „K“, wofür sie in einem Bürokomplex an der X in Düsseldorf ein virtuelles Büro mit einem Firmenschild, einem Postkasten und einer Rufnummer betrieben. M1 Aufgabe war es bei weiteren Gesprächen, sich als technischer Leiter auszugeben und die Gespräche zu führen. Gegenüber dem Vermieter gab er sich als ein Herr „O“ aus. Letztlich riet er davon ab, die Anmietung des Bunkers durchzuführen, weil nach seiner Einschätzung die Stromversorgung kritisch war.
91Irgendwann zu einem nicht näher bestimmten Zeitpunkt erwarben die Angeklagten und M1 auf Drängen des Angeklagten L auch eine Alarmanlage, die jeder in seiner Privatwohnung installieren sollte. Zweck war, bei einer eventuellen Durchsuchung durch die Polizei auf dem jeweiligen Mobiltelefon gewarnt zu werden. Einen konkreten Plan, was im Falle des Auslösens dieses Alarms geschehen sollte, hatten die Angeklagten oder M1 jedoch nicht.
923. Tatgeschehen
93Konkret tätigten die Angeklagten aus dem Betrieb der Plantage an der X noch die folgenden Betäubungsmittelgeschäfte, die von der Anklage umfasst sind:
94a) Während eines nicht näher bestimmbaren Zeitraums seit Beginn des gemeinschaftlichen Cannabisanbaus etwa Ende 2014/Anfang 2015 erzielten sie mit einer fünften Ernte, die entsprechend der beschriebenen Vorgehensweise betrieben wurde, bei Veräußerung einen Erlös von mindestens 50.000,- Euro, wobei sie mindestens zehn Kilogramm konsumfähiges Marihuana erzeugt und veräußert hatten. Dazu begaben sich wiederum die Angeklagten in die Niederlande und veräußerten dort das Marihuana an Abnehmer. Ausgehend von einem Wert von 10 % Wirkstoffgehalt enthielt das veräußerte Marihuana damit mindestens 1.000 Gramm THC.
95b) In der Zeit vor dem 12.06.2015 bis spätestens zum 16.06.2015 erzielten die Angeklagten und M1 aus dem erneuten Anbau von ca. 800-900 Cannabispflanzen mindestens 20,682 kg konsumfähiges Marihuana (sechste Ernte). Davon veräußerten die Angeklagten mindestens 10 kg am 16.06.2015 in Eindhoven an unbekannte Abnehmer zu einem Preis von 50.000,- Euro. Das veräußerte Marihuana hatte mindestens einen Wirkstoffgehalt von 15 %, mithin 1.500 Gramm THC. Leo erhielt von den Einnahmen 10.000 Euro, wobei darin auch sein Anteil im Hinblick auf die Ernte davor enthalten war, der übrige Betrag wurde zwischen den Angeklagten aufgeteilt, soweit er nicht für laufende Kosten oder neue Setzlinge oder Equipment verbraucht wurde.
9610.682 g aus dieser Ernte konnten am 23.06.2015 sichergestellt werden, wobei eine Teilmenge von 8.114,08 Gramm einen Wirkstoffgehalt von 16,6 % aufwies und mithin 1.348 Gramm Wirkstoffmenge beinhaltete. Weitere 2.568,35 Gramm enthielten einen Wirkstoffgehalt von 11,1 %, mithin 286 Gramm Wirkstoffmenge, wobei diese Reste nicht mehr für den Verkauf gedacht waren, sondern entsorgt werden sollten.
97c) Am 12.06.2015 erwarben die Angeklagten L und M in Eindhoven (Niederlande) insgesamt 847 Setzlinge, welche sie folgend gemeinsam mit M1 anpflanzten und pflegten. Auch diese Pflanzen sollten entsprechend des vorherigen Vorgehens bis zur Erntereife gepflegt, sodann abgeerntet und zu konsumfähigen Material verarbeitet werden. Der Mindestertrag aus dieser Ernte hätte, wäre das Wachstum unter den vorgefundenen Bedingungen abgeschlossen worden, bei zirka 21 Kilogramm konsumfähigem Marihuana gelegen, was bei einem Wirkstoffgehalt von 15 % 3.150 Gramm THC entspricht.
983. Geschehen nach den Taten
99Am Dienstag, den 23.06.2015, 12:14 Uhr bis Mittwoch, 24.06.2015 ca. 16:00 Uhr wurde das Objekt in der X durch Polizeikräfte durchsucht. In dem Objekt X wurden zahlreiche Mittel zur Düngung und Pflege der Marihuanapflanzen sowie umfangreiches technisches Equipment zur Bestückung dieser und einer weiteren Plantage sichergestellt. Die gelagerten Materialien haben nach einer Schätzung der Kriminalbeamten einen Wert in Höhe von annähernd 24.000,- Euro. Unter anderem wurden elf Kanister Pflanzendünger, 5 Säcke á 25 kg Bodenausgleichsmasse, diverse Heizlüfter, diverse Standventilatoren, Abwasserpumpen, diverse Arbeitsmaterialien (Trennschleifer, Stichsäge, Fettpresse, Fuchsschwanzsäge etc.), mehrere Teichplanen, Kartons mit Reflektoren, duzende Blumentöpfe, weitere 26 Säcke á 50 Liter Pflanzendünger, 27 Stück Canna Terra Flores Single, 6 Stück Phosphor Kalim Präparat á 5 Liter, 12 Stück Ata Blütenstimulator 5 Liter Kanister, 9 Stück Cannazym Wachstumsförderer Enzympräparat, mehrere Filter á 6.000 m3, 3.250 m3, 2.500 m3 oder 1.000 m3 pro Stunde, mehrere Birnen á 600 Watt, Heizlüfter in unterschiedlichen Größen, Feuchtigkeitsmesser, eine Tauchpumpen, die zur Bewässerung der Anlage verwendet wurden, und sonstiges Equipment, das zum Betrieb der Anlage verwendet wurde, sichergestellt.
100An Betäubungsmitteln konnten im Zuge der Durchsuchung der Plantage die bereits dargestellten 10.682 Gramm und 2.568,35 Gramm Marihuana sichergestellt werden. Ferner konnten die 847 Setzlinge sichergestellt werden. Zu diesem Zeitpunkt hatten die neu eingesetzten Pflanzen mit einer Höhe von 10-25 cm bereits im Durchschnitt einen THC-Wirkstoffanteil von 1,98-2,29% erreicht. Bis zum 23.06.2015 war insgesamt von einer Gesamtwirkstoffmenge von 14,6g auszugehen.
101Der Angeklagte L wurde am 23.06.2015 vorläufig festgenommen und befindet sich seit demselben Tage in Untersuchungshaft in der Justizvollzugsanstalt Bochum aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts Bochum vom 22.06.2015 – 64 Gs 2125/15. Im Zuge der Durchsuchung seiner Wohnung in der X in Mühlheim a.d. Ruhr wurden insbesondere diverse gefälschte Ausweispapiere gefunden, so ein Litauischer Reisepass ausgestellt auf K1, eine ID-Card ausgestellt auf den gleichen Namen, ein slowenischer Reisepass ausgestellt auf den Namen L1, ein slowenischer Führerschein ausgestellt auf den gleichen Namen, eine slowenische ID-Card ebenfalls ausgestellt auf diesen Namen, mehrere Handys und ein Karton mit einer Alarmanlage mit Bewegungsmelder.
102Der Angeklagte M wurde am 23.06.2015 festgenommen und befindet sich seit demselben Tage in Untersuchungshaft in der Justizvollzugsanstalt Düsseldorf aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts Bochum vom 22.06.2015 – 64 Gs 2126/15.
103Der vormals Mitangeklagte M1 wurde ebenfalls am 23.06.2015 festgenommen und befand sich seit demselben Tage in Untersuchungshaft in der Justizvollzugsanstalt Essen aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts Bochum vom 22.06.2015 – 64 Gs 2127/15. Nachdem M1 noch vor Eröffnung des Verfahrens weitgehende Angaben zu seiner Tatbeteiligung und derjenigen der Angeklagten gemacht hatte, ohne dass dem eine Verständigung oder sonstige Absprachen vorausgegangen wären, wurde der Haftbefehl mit Beschluss der Kammer vom 04.11.2015 außer Vollzug gesetzt. Mit Beschluss der Kammer vom 05.02.2016 wurde der Haftbefehl aufgehoben.
104Bei der Durchsuchung der Wohnung des M1 in der X in Ratingen konnten ein Mobiltelefon der Marke Samsung, auf dem neben den Angeklagten als Kontakt eine Rufnummer # mit der Bezeichnung Alarm versehen ist und korrespondierend dazu die Verpackung zu einer Alarmanlage der Marke P sichergestellt werden. Ferner konnten in einem nicht verschlossenen Umschlag 100 Scheine zu je 100,- Euro, mithin 10.000,- Euro, gefunden werden, die er von den Angeklagten erhalten hatte, nachdem diese den Ertrag in den Niederlanden veräußert hatten und aus dem Verkaufserlös M1 seinen Anteil übergaben.
105Ursprünglich wurde das Verfahren gegen die Angeklagten und M1 unter dem urteilsgegenständlichen Aktenzeichen geführt. Mit Beschluss der Kammer vom 18.01.2016 wurde das Verfahren gegen den M1 zur gesonderten Verhandlung und Entscheidung abgetrennt und erhielt das Aktenzeichen 9 KLs AK 5/16. In diesem Verfahren wurde der Angeklagte M1 unter Berücksichtigung des § 31 BtMG zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Jahren 3 Monaten verurteilt.
106III.
1071. Feststellungen zur psychischen Befindlichkeit des Angeklagten L im Tatzeitraum und insgesamt
108Bei Begehung sämtlicher festgestellter Taten war der Angeklagte trotz anhaltenden Betäubungsmittelkonsums nicht in seiner Einsichts- und Steuerungsfähigkeit nach Maßgabe der Eingangskriterien der §§ 20, 21 StGB eingeschränkt. Intensität und Langjährigkeit des Suchtmittelkonsums bedingen allerdings eine notwendige therapeutische Behandlung.
109Zur psychischen Befindlichkeit des Angeklagten im Tatzeitraum sowie insgesamt hat die Kammer auf der Grundlage der forensisch-fachpsychiatrischen Ausführungen des hinzugezogenen Sachverständigen und Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie sowie Forensische Psychiatrie Priv.-Doz. Dr. med. M2 im Einzelnen Nachfolgendes festgestellt.
110Bei dem Angeklagten handelt es sich um eine hirnorganisch unbeeinträchtigte, geistig-seelisch gesunde Persönlichkeit mit einer allerdings bestehenden engen Anbindung an das Drogenmilieu aufgrund bestehender Kokainabhängigkeit. Diese Abhängigkeit hat allerdings keinen darüber hinausgehenden persönlichkeitsverändernden Störungsgrad im forensisch relevanten Sinn erreicht.
111Der Angeklagte erwies sich sowohl im Zuge einer außerhalb der Hauptverhandlung durchgeführten Exploration sowie im Verlauf der Hauptverhandlung als im neurologischen sowie psychischen Befund unbeeinträchtigt. Auffällig war im Zuge der durchgeführten Exploration eine verlangsamte Denk- und Sprechweise. Der Angeklagte verneinte die Frage des Sachverständigen, ob er am Untersuchungstag eine zentralwirksame Substanz eingenommen habe und führte die Auffälligkeit letztlich auf Erschöpfung oder einen zu niedrigen Blutdruck zurück.
112Der Angeklagte war in formalen Qualitäten, örtlich zeitlich und zur eigenen Person, allseits orientiert, der formale Gedankengang war an einigen Gesprächsstellen verlangsamt, inhaltliche Denkstörungen im Sinne einer Wahnbildung konnten nicht exploriert werden und wurden von dem Angeklagten auch nicht berichtet. Die kognitive Leistungsfähigkeit war im Bereich der Aufmerksamkeitsleistung und der konzentrativen Leistungsfähigkeit reduziert. Die Sprachfähigkeiten des Angeklagten waren unauffällig, es war möglich, auch in Dialogform mit ihm zu sprechen. Die Antworten des Angeklagten kamen jedoch teilweise verzögert, was in der Befragung in der Sitzung von der Kammer nicht mehr beobachtet werden konnte. Die Stimmung war zurückhaltend, wenig schwingungsfähig, das Antriebsniveau war altersentsprechend unauffällig.
113Den sachverständigen Erläuterungen zufolge, denen sich die Kammer nach eigener Prüfung anschließt, ist bei dem Angeklagten bei längs- und querschnittlicher Betrachtung der Persönlichkeit des Angeklagten im gesamten Explorationszeitraum kein Bezug im Bereich körperlicher oder psychiatrisch-psychotherapeutischer Grunderkrankungen feststellbar, ungeachtet des Umstandes, dass der Angeklagte wegen seiner Schulschwierigkeiten in der Realschulzeit auch zusammen mit seinen Eltern einen Psychologen aufgesucht hatte. Weitere Therapiemaßnahmen sind nicht durchgeführt worden.
114In der Gesamterfassung der Persönlichkeit ist bei biografischer Betrachtung eine Kokain- und Cannabisabhängigkeit unmissverständlich belegt. Das Einsetzen des Konsums psychotroper Substanzen zu Beginn der Pubertät sowie das Anhalten und die stattgefundene mengenmäßige Erweiterung des Konsums in den Jahren ab 2010 oder 2011 verbunden mit dem Umzug nach Mühlheim und dem letztlichen Beenden seiner Beziehung zeigen dies ebenso auf wie der Umstand, dass der Angeklagte bereits mit 13 Jahren erste Erfahrungen mit Cannabis als auch – was im Hinblick auf das Alter nach den Erfahrungen der Kammer aus ansonsten ähnlich gelagerten Fällen eher unüblich ist – auch schon mit härteren Drogen wie Ecstasy machte und damit einhergehend sich auch die schulischen Schwierigkeiten des Angeklagten weiter verstärkten. Die zahlreichen Schulwechsel sind insoweit ein deutliches Indiz für das Vorliegen der festgestellten Abhängigkeit. Belegt wird dies auch dadurch, dass der Angeklagte im Rahmen seiner Einlassung angab, letztlich sich zum Anlegen der Plantage entschlossen zu haben, um die bereits angefallenen erheblichen Drogenschulden abzuzahlen und darüber hinaus seinen fortwährenden Drogenkonsum, vor allem die Beschaffung der relativ kostspieligen Droge Kokain, finanzieren zu können. Angesichts des fortdauernden und bis zu seiner Inhaftierung bestehenden ausgeprägten Konsumwunsches des Angeklagten sowie der Ausrichtung seiner gesamten Lebensumstände dahin, den eigenen Konsum von Marihuana und Kokain nach Belieben abdecken und finanzieren zu können, sind diagnostisch die Voraussetzungen für ein Cannabis- und Kokainabhängigkeitssyndrom nach Maßgabe der geltenden ICD-10 F 12.2 und F14.2 Kriterien erfüllt.
115Aufgrund seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit ist jedoch ein weiteres soziales Abgleiten sowie ein Persönlichkeitsverfall nicht eingetreten.
116Der Angeklagte war letztlich in seiner Einsichts- und Steuerungsfähigkeit nicht eingeschränkt. Zwar kann die Cannabisabhängigkeit als auch Kokainabhängigkeit als stoffgebundene Suchterkrankung wegen der Vielzahl möglicher Ursachen, Ausprägungen sowie körperlicher und psychischer Folgen grundsätzlich sowohl die Voraussetzungen des Eingangsmerkmals der schweren anderen seelischen Abartigkeit im Sinne des § 20 StGB als auch – vor allem bei körperlicher Abhängigkeit – jene einer krankhaften seelischen Störung erfüllen. Unabhängig von dieser Einordnung begründet die Abhängigkeit von Betäubungsmitteln für sich allein jedoch noch nicht eine erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit, doch kann die Schuldfähigkeit in einem akuten Rauschzustand vermindert sein, ferner wenn eine langjährige „Drogenkarriere“ zu schweren Persönlichkeitsveränderungen geführt hat oder der Täter unter starken Entzugserscheinungen leidet und dadurch zu Beschaffungsstraftaten getrieben wird. Dabei muss es sich nicht stets um akute körperliche Entzugserscheinungen handeln. Maßgebend sind vielmehr die konkreten Erscheinungs- und Verlaufsformen der Sucht.
117Bei dem Angeklagten sind indes weder schwere Persönlichkeitsveränderungen feststellbar noch konnte die Kammer akuten Entzugs- oder Beschaffungsdruck feststellen. Auch rauschbedingte Intoxikationen waren zu den jeweiligen Tatzeitpunkten nicht zu verzeichnen. Der Angeklagte erlebte bei Begehung der Taten keine krankheitswertigen Störungen in der Bewusstseinslage und in der psychischen Disposition insgesamt. Vielmehr waren die Taten über einen langen Zeitraum geplant, von der Anmietung der Halle, der Beschaffung der Materialien, dem Anwerben des vormals Mitangeklagten M1, der wochenlangen Installation der Anlage, dem Beschaffen der Setzlinge, der Aufzucht bis hin zur Ernte, Trocknung und dem anschließenden Verkauf. Hinzu kommt, dass der Angeklagte gemeinsam mit seinen Mittätern auch Anstrengungen unternommen hat, den Ertrag der Plantage zu steigern und insbesondere Alternative Räumlichkeiten aufsuchte und dabei ein äußerst planvolles und umsichtiges Vorgehen zeigte, was sich beispielsweise in der Beschaffung von Aliaspersonalien oder dem Anlegen einer Scheinfirma zeigte.
118Das bestehende Abhängigkeitssyndrom erfordert allerdings zur Abwehr künftiger erheblicher Straftaten eine therapeutische Behandlung.
119Bei dem Angeklagten ist ein Hang festzustellen, Marihuana und Kokain im Übermaß zu sich zu nehmen. Von einem Hang ist auszugehen, wenn eine eingewurzelte, auf psychische Disposition zurückgehende oder durch Übung erworbene intensive Neigung besteht, immer wieder Rauschmittel zu konsumieren, wobei diese Neigung noch nicht den Grad physischer Abhängigkeit erreicht haben muss. Davon ist im Hinblick auf die Angaben des Angeklagten zu seinem Marihuana- und Kokainkonsum auszugehen. Er hat bereits seit dem 13. Lebensjahr die stark ausgeprägte Neigung zu anhaltendem Konsum von Marihuana und Kokain entwickelt und diesen – bis auf wenige Phasen – auch durchgehend beibehalten.
120Diese Neigung des Angeklagten hat zum einen zur Begehung der urteilsgegenständlichen Taten beigetragen. Ohne die Abhängigkeit wäre es nicht zu den angefallenen Drogenschulden und der damit einhergehenden Notwendigkeit gekommen, sich durch Straftaten eine Einnahmequelle nicht unerheblichen Ausmaßes zu beschaffen.
121Zugleich begründet die Neigung des suchtmedizinisch bisher unbehandelten Angeklagten L bereits aufgrund der auch aus seiner Sicht für erforderlich erachteten Beschaffung weiterer Betäubungsmittel für den Eigenkonsum die Gefahr der Begehung weiterer hiermit in Zusammenhang stehender Straftaten. Insoweit war auch zu berücksichtigen, dass der Angeklagte nach seinen eigenen Angaben bereits in der Vergangenheit seinen Drogenkonsum „durch Geschäfte im kriminellen Bereich“ finanzierte.
122Dabei kann dem Angeklagten insbesondere im Hinblick auf seine kognitiven Fähigkeiten eine positive Behandlungsprognose erstellt werden. Der Angeklagte hat sich im Zuge der Hauptverhandlung erkennbar auch mit seinem eigenen Drogenkonsum auseinandergesetzt und insbesondere im Rahmen des letzten Wortes erkennen lassen, dass auch aus seiner Sicht eine erfolgreiche Behandlung der Drogenproblematik unabdingbare Voraussetzung für ein zukünftig straffreies Leben ist. Diese Einsicht sowie die aus Sicht der Kammer ernstzunehmende Therapiebereitschaft rechtfertigen die Annahme einer aussichtsreichen und erfolgreichen Behandlung, wobei aus sachverständiger Sicht angesichts der Langjährigkeit des Drogenkonsums des Angeklagten die sucht- und verhaltenstherapeutische Aufarbeitung einen Zeitraum von wahrscheinlich 24 Monaten in Anspruch nehmen wird.
1232. Feststellungen zur psychischen Befindlichkeit des Angeklagten M im Tatzeitraum und insgesamt
124Bei Begehung sämtlicher festgestellter Taten war der Angeklagte M trotz anhaltenden Betäubungsmittelkonsums nicht in seiner Einsichts- und Steuerungsfähigkeit nach Maßgabe der Eingangskriterien der §§ 20, 21 StGB eingeschränkt. Im Hinblick auf die Mengen der konsumierten Betäubungsmittel und dem verhältnismäßig langen Zeitraum dieses Konsums bis zur Inhaftierung im vorliegenden Strafverfahren ist jedoch eine therapeutische Behandlung des Suchtmittelkonsums unbedingt erforderlich.
125Zur psychischen Befindlichkeit des Angeklagten im Tatzeitraum sowie insgesamt hat die Kammer auf der Grundlage der forensisch-fachpsychiatrischen Ausführungen des hinzugezogenen Sachverständigen und Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie sowie Forensische Psychiatrie Priv.-Doz. Dr. med. M2 im Einzelnen Nachfolgendes festgestellt.
126Der Angeklagte befindet sich in gutem Allgemein- und Ernährungszustand, die erhobene Krankheitsanamnese ergab keine Hinweise für das Vorliegen einer als ernsthaft oder chronifiziert zu bezeichnenden körperlichen Grunderkrankung. Der Angeklagte ist altersentsprechend gesund. Dies korrespondiert zu dem von dem Angeklagten geschilderten Hobby, bis in die Gegenwart hinein trotz des bestehenden Drogenkonsums auch Sport betrieben zu haben.
127Der Angeklagte erwies sich im Zuge der außerhalb der Hauptverhandlung durchgeführten Exploration sowie im Verlauf der Hauptverhandlung in den formalen Qualitäten allseits orientiert, sowohl örtlich, zeitlich als auch zur Person. Der formale und der inhaltliche Gedankengang waren psychopathologisch unauffällig, die kognitive Leistungsfähigkeit altersentsprechend. Das Sprach- und Kommunikationsverhalten des Angeklagten war von der motorischen Seite her unauffällig, es war auch in der Hauptverhandlung möglich, ein Gespräch in Dialogform mit dem Angeklagten zu führen. Die Stimmung war zurückhaltend, das Antriebsniveau altersentsprechend, ebenso Gestik, Mimik und Verhalten waren situationsadäquat. Klinische Hinweise für das Vorliegen einer Intoxikation oder beginnende Entzugssymptome fanden sich nicht.
128Der psychopathologische Befund war unauffällig. Hinweise auf irgendwie geartete psychische Störungen oder sonstige geistig-seelische Beeinträchtigungen, forensisch zu beleuchtende Persönlichkeitsakzentuierungen oder Verhaltensstörungen außerhalb der bestehenden Drogenabhängigkeit und dem schädlichen Gebrauch von Alkohol, Cannabis und Kokain, waren nicht erkennbar.
129Unter Berücksichtigung der gesamten Persönlichkeit des Angeklagten und seiner Biographie ist eine Störung durch multiplen Substanzgebrauch und Konsum sonstiger psychotroper Substanzen feststellbar. Das Einsetzen des Konsums psychotroper Substanzen begann bereits in den Jugendjahren, mit 13 Jahren trank der Angeklagte erstmals Bier und begann, Cannabis zu konsumieren, in der späteren Folge kombinierte er den Alkoholkonsum – vorwiegend Whiskey – mit der Einnahme von Cannabis und Kokain. Insbesondere die Kombination von Whiskey und Kokain begleitend mit dem Konsum von Cannabis stellt bei dem Angeklagten einen bestimmenden Anteil der zu dokumentierenden Suchterkrankung dar. Insoweit war festzustellen, dass Bestandteile verschiedener Substanzen hier untrennbar in den Betäubungsmittelkonsum vermischt wurden. Diagnostisch sind die Voraussetzungen für eine Verhaltensstörung durch multiplen Substanzgebrauch und Konsum anderer psychotroper Substanzen nach Maßgabe der geltenden ICD-10 F19.2 Kriterien erfüllt.
130Eine bedeutsame Einschränkung der Einsichts- und Steuerungsfähigkeit des Angeklagten im Tatzeitraum konnte sicher ausgeschlossen werden. Aus sachverständiger Sicht waren die Eingangsmerkmale des § 20 StGB insoweit nicht anzunehmen, die Taten waren langfristig geplant und vorbereitet sowie bis zur Entdeckung planvoll durchgeführt worden. Dem schließt sich die Kammer nach eingehender eigener Prüfung an. Auch bei dem Angeklagten M waren weder schwere Persönlichkeitsveränderungen zu eruieren noch konnte die Kammer akute Entzugs- oder Beschaffungserscheinungen feststellen. Der Angeklagte erlebte weder krankheitswertige Störungen seiner Bewusstseinslage noch sonst. Seine kognitiven Fähigkeiten, seine Wahrnehmung und sein Reaktionsvermögen waren unbeeinträchtigt. Er war in der Lage, gemeinsam mit dem Angeklagten L und dem vormals Mitangeklagten M1 die Plantage aufzubauen, abzuernten und mit dem Angeklagten L letztlich den Ertrag gewinnbringend in den Niederlanden weiter zu veräußern. Auch planvolles Handeln wie die Installation der Alarmanlage, den Versuchen, den Ertrag durch Verlagerung der Plantage in eine andere Halle etc. sprechen gegen eine erhebliche Einschränkung der Schuldfähigkeit des Angeklagten in dem lang andauernden Tatzeitraum.
131Die bestehende Störung durch multiplen Substanzgebrauch und Konsum sonstiger psychotroper Substanzen erfordert allerdings zur Abwehr künftiger erheblicher Straftaten eine therapeutische Behandlung.
132Bei dem Angeklagten ist ein Hang festzustellen, Marihuana sowie meist kombiniert Alkohol in Form von Whiskey und Kokain im Übermaß zu sich zu nehmen. Der Angeklagte hat seit dem 13. Lebensjahr eine stark ausgeprägte Neigung zu anhaltendem Konsum insbesondere von Cannabis, später auch von Alkohol und Kokain. Der Kokainkonsum begann etwa mit dem 18. Lebensjahr. Dann steigerte sich dieser Konsum zunächst auf 5 Gramm in der Woche, später hat der Angeklagte so viele Mengen konsumiert, wie er beschaffen und vertragen konnte.
133Diese Neigung hat zur Begehung der urteilsgegenständlichen Taten beigetragen. Der anhaltende Betäubungsmittelkonsum im Zusammenhang mit den Kontakten des Angeklagten zum Drogenmilieu zeigt seine enge Einbindung in diese kriminellen Strukturen. Die Neigung des suchtmedizinisch bislang unbehandelten Angeklagten M birgt auch die Gefahr der Begehung weiterer hiermit in Zusammenhang stehender Straftaten. Dabei ist nicht aus dem Blick gelangt, dass der Angeklagte bislang trotz seiner langjährigen Betäubungsmittelabhängigkeit unbestraft ist. Letztlich hat der Angeklagte jedoch bereits seit 2012 seine Betäubungsmittelabhängigkeit versucht durch den Aufbau einer Plantage zu finanzieren und insbesondere auch Drogenschulden abzubauen. Vor dem Hintergrund des insgesamt über Jahre andauernden Zeitraums dieser Tätigkeit sind die sachverständigen Ausführungen zur Gefahr des Rückfalls in kriminelle Verhaltensweisen auch bei dem Angeklagten M nachvollziehbar und schlüssig.
134Auch der Angeklagte M verfügt über kognitive Fähigkeiten sowie die Bereitschaft, seine Drogenproblematik in den Griff zu bekommen, sodass ihm eine günstige Behandlungsprognose zu stellen ist. Nach den nachvollziehbaren sachverständigen Ausführungen wird die sucht- und verhaltenstherapeutische Aufarbeitung einen Zeitraum von wahrscheinlich 24 Monaten in Anspruch nehmen. Auch der Angeklagte M hat sich insbesondere im Rahmen seines letzten Wortes mit seiner Drogenproblematik auseinander gesetzt und seine Behandlungsbereitschaft nachdrücklich bestätigt.
135IV.
136Die getroffenen Feststellungen beruhen im Wesentlichen auf den vollumfänglich geständigen Einlassungen der Angeklagten, des vormals Mitangeklagten M1, sowie auf den sonst ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls erhobenen Beweisen, insbesondere den Zeugenaussagen der einvernommenen Zeugen und hinsichtlich der gesundheitlichen Verfassung der Angeklagten jeweils insbesondere auf den Ausführungen des von der Kammer hinzugezogenen Sachverständigen Priv.-Doz. Dr. med. M2.
137Die Feststellungen zu den Vorstrafen des Angeklagten L beruhen auf dem Inhalt des in der Hauptverhandlung am 04.02.2016 verlesenen Bundeszentralregisterauszugs vom 08.12.2015, im Übrigen auch auf den Angaben des Angeklagten L, der die Vorstrafen entsprechend bestätigte.
138Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen der Angeklagten, insbesondere zum jeweiligen Betäubungsmittelkonsum seit der Kinder- und Jugendzeit beruhen auf den Angaben der Angeklagten, die die Kammer als plausibel und nachvollziehbar erachtet, im Übrigen auf den Ausführungen des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie und forensische Psychiatrie Priv.-Doz. Dr. med. M2. Die Angeklagten haben sowohl in den Explorationen vom 26.01.2016 bzw. 03.02.2016 als auch im Rahmen der Hauptverhandlung Angaben zum jeweiligen Betäubungsmittelkonsum wie festgestellt gemacht.
139Die Feststellungen zum Vortatgeschehen, den ersten Ernten, dem eigentlichen Tatgeschehen und dem Nachtatgeschehen beruhen auf den Einlassungen der Angeklagten, die die Taten wie festgestellt eingeräumt und nachvollziehbar und schlüssig jeder für sich die Phase des Kennenlernens, des Anbaus, der Ernte und der Veräußerung schilderten, ferner den Angaben des M1, dessen Angaben sich insoweit widerspruchsfrei deckten.
140Die Einlassungen der Angeklagten wurden auch durch die übrige Beweisaufnahme bestätigt. Der Ermittlungsführer EKHK E machte im Rahmen seiner Zeugenaussage den jeweiligen Einlassungen korrespondierende Angaben insbesondere zur Anmietung der Halle in der X, dem aus Sicht der Ermittler verdächtigem Verhalten der Angeklagten, welches zu den weiteren Ermittlungs-, insbesondere Observationsmaßnahmen führte, wie auch zu den Erkenntnissen aus der insoweit auch angeordneten Innenraumüberwachung. Die Angaben der Angeklagten hinsichtlich der jeweiligen Rollenverteilung, insbesondere der Aufgabe des M1 als Elektriker, deckten sich ebenso mit den Erkenntnissen der Ermittler, als auch die Feststellungen zu den Aliaspersonalien.
141Die Feststellungen zum Aufbau der Cannabisplantage werden neben den Angaben der Angeklagten und des M1 auch gedeckt durch die Zeugenaussage des Zeugen KHK I, welcher die Durchsuchung an der X leitete und insbesondere den dazu korrespondierenden Durchsuchungsbericht fertigte.
142Die Feststellungen deckten sich auch mit der Zeugenaussage der die Hauptsachbearbeitung übernehmenden Zeugin KHK’in Q, die insbesondere auch ihre Erkenntnisse aus der Telefonüberwachung der Kammer nachvollziehbar und schlüssig darlegte. Dabei deckten sich ihre Erkenntnisse auch mit der Rollenverteilung, wie sie die Angeklagten wiedergaben.
143Hinsichtlich der Wirkstoffgehalte der Betäubungsmittel betreffend die in der X in Bochum aufgefundenen und sichergestellten Betäubungsmittel beruhen die Feststellungen hierzu auf dem rechtsmedizinischen Gutachten des Dr. A des Landeskriminalamts NRW vom 03.08.2015 – Tagebuchnummer #. In den übrigen Fällen hat die Kammer die Wirkstoffgehalte aufgrund von Schätzungen unter Berücksichtigung eines Sicherheitsabschlages von 10 % zu Gunsten der Angeklagten festgestellt, im Fall der fünften Ernte unter Berücksichtigung eines weiteren Sicherheitsabschlags, weil Marihuana aus diesem Anbau nicht sichergestellt und untersucht wurde. Die geschätzten Wirkstoffgehalte entsprechen auch den Erkenntnissen der Kammer aus zahlreichen Verfahren aus dem Bereich des Betäubungsmittelgesetzes. Für die an die Angeklagten gezahlten Preise ist die festgestellte Qualität unabdingbare Voraussetzung, da die Betäubungsmittel ansonsten nicht absetzbar wären.
144Hinsichtlich der voraussichtlichen Ertragsmenge aus den bereits angepflanzten 847 Setzlingen beruhen die Feststellungen ebenfalls auf dem vorgenannten Gutachten des Dr. A. Dieser hat nachvollziehbar dargelegt, dass bei dauerhafter und gleichbleibender Bestückung ein Mindestbetrag pro Ernte bei 847 Pflanzen von zirka 21 Kilogramm Marihuana erzielt werden könne, wobei hierbei auch das Blattmaterial berücksichtigt worden ist.
145Die Feststellungen zur psychischen Befindlichkeit der Angeklagten beruhen hinsichtlich ihres fachpsychiatrischen und fachpsychologischen Hintergrundes im Wesentlichen auf den gutachterlichen Ausführungen des von der Kammer hinzugezogenen Sachverständigen. Der Sachverständige hat seine Erläuterungen auf eine umfassende Erhebungs- und Erkenntnisgrundlage gestützt. Beide Angeklagten erwiesen sich im Zuge der jeweiligen Explorationen als im psychopathologischen Befund unauffällig. Weder bei dem Angeklagten L noch bei dem Angeklagten M waren Anhaltspunkte für formale oder inhaltliche Denkstörungen, Wahnvorstellungen oder psychische Fehldispositionen erkennbar.
146Diese gutachterlichen Ausführungen deckten sich auch mit dem Eindruck, den die Kammer im Zuge der mehrtätigen Hauptverhandlung von beiden Angeklagten gewinnen konnte.
147Der Angeklagte L war zwar auch im Zuge der Hauptverhandlung teils in sich gekehrt und gab gelegentlich nur kurze Antworten auf die von der Kammer gestellten Fragen – sowohl zum Lebenslauf als auch zum Tatgeschehen, letztlich waren aber weder Auffälligkeiten im kognitiven Leistungsniveau noch sonst ersichtlich.
148Gleiches gilt für den Angeklagten M Auch dieser war bei ebenfalls mindestens durchschnittlichen intellektuellen Fähigkeiten bemüht, die Fragen der Kammer umfassend zu beantworten, wenngleich auch er teils nur auf Nachfrage zu einzelnen Komplexen Antworten gab und insbesondere seine innere Gefühlslage nur bedingt bereit war zu offenbaren.
149Gleichwohl hat die Kammer auch insoweit der sachverständigen Einschätzung folgend keine vernünftigen Zweifel, dass insbesondere die Angaben zum jeweiligen Konsumverhalten, insbesondere den Konsummengen und den jeweiligen Konsumzeiten stimmig sind und bei jeweils erhalten gebliebener Handlungsbestimmung insgesamt plausibel erscheinen lassen. Beide Angeklagten haben auch insoweit sehr detailreich ihr Konsumverhalten geschildert und dabei auch außergewöhnliche Details offenbart. Der Angeklagte L schilderte insoweit beispielsweise auch ihn selbst belastende Details wie den Umstand, die Betäubungsmittel bereits in der Vergangenheit mit Geschäften „im kriminellen Bereich“ finanziert zu haben. Auch vor dem Hintergrund der Vorstrafen des Angeklagten erschien das Konsumverhalten stimmig, aus der beigezogenen Akte die vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs betreffend ergaben sich angesichts des in den Akten geschilderten und in der Sitzung thematisierten Fahrverhaltens des Angeklagten L ebenfalls Hinweise auf Kokainkonsum.
150Der Angeklagte M berichtete über seinen Kokainkonsum und dessen Auswirkungen auch durch ungewöhnliche Details, beispielsweise dass er heute bei dem Geruch eines Mischgetränkes Whiskey-Cola wegen seines vergangenen Konsumverhaltens unmittelbar an Kokain denken müsse.
151Die Kammer schließt sich aus eigener Sachprüfung auch den Ausführungen des Sachverständigen an, soweit dieser hinsichtlich der Eingangskriterien der §§ 20, 21 StGB weder aufgrund einer Persönlichkeitsstörung, akuten Suchtdrucks noch infolge einer Intoxikation eine Einschränkung der Schuldfähigkeit angenommen hat. Unter Berücksichtigung des jeweiligen Tatverhaltens, bei welchem keiner der Angeklagten sich auf Symptome einer auch nur ansatzweise eingeschränkten Handlungsfähigkeit beruft, und dem planvollen und langjährig bestehendem Aufbau der Plantage sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die psychische Funktionsfähigkeit der Angeklagten bei Begehung der Taten in irgend einer Art und Weise beeinträchtigt gewesen sein könnte.
152V.
153Die Angeklagten haben sich nach den getroffenen Feststellungen wegen bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen gemäß §§ 1, 3, 30a Abs. 1 BtMG, 25 Abs. 2, 53 StGB schuldig gemacht.
154Indem die Angeklagten sich gemeinsam mit dem vormals Mitangeklagten M1 zusammenschlossen und die Plantage in der X in Bochum betrieben, aus zwei Ernten jeweils mindestens 10.000 Gramm Marihuana veräußerten und eine dritte Plantage mit 847 Setzlingen zum gewinnbringenden Verkauf des daraus beabsichtigten Ertrages einrichteten, verwirklichten sie den objektiven und subjektiven Tatbestand des bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln rechtswidrig und schuldhaft.
155Die Angeklagten handelten insbesondere auch als Mitglied einer Bande. Nach der Entscheidung des Großen Senats für Strafsachen des Bundesgerichtshofs vom 22. März 2001 - GSSt 1/00 - (BGHSt 46, 321 = NStZ 2001, 421) setzt der Begriff der Bande den Zusammenschluss von mindestens drei Personen voraus, die sich mit dem Willen verbunden haben, künftig für eine gewisse Dauer mehrere selbständige, im Einzelnen noch ungewisse Straftaten des im Gesetz genannten Deliktstyps zu begehen. Danach unterscheidet sich die Bande von der Mittäterschaft durch das Element der auf eine gewisse Dauer angelegten Verbindung mehrerer Personen zu zukünftiger gemeinsamer Deliktsbegehung. Mitglied einer Bande kann auch sein, wem nach der – stillschweigend möglichen – Bandenabrede nur Aufgaben zufallen, die sich bei wertender Betrachtung als Gehilfentätigkeiten darstellen (BGH, Urteil vom 14. Februar 2002 – 4 StR 281/01). Zu berücksichtigen ist, dass aus der Beteiligung an einer Bandentat nicht zwingend auch die Bandenmitgliedschaft folgt. Die Beteiligung an Bandentaten und die Bandenmitgliedschaft sind vielmehr unabhängig voneinander zu beurteilen (vgl. BGH, Beschluss vom 05.11.2014 – 2 StR 186/14).
156Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe waren die zwei Angeklagten und M1 Mitglieder einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verbunden hatten (§ 30a Abs. 1 BtMG). Dabei verkennt die Kammer nicht, dass die Aufgabe des M1 zunächst lediglich in der Installation der Elektrik bestand, eine darüber hinausgehende Bandenabrede mithin zu Beginn der Aufnahme der Tätigkeit der Angeklagten im Jahre 2012 noch nicht festgestellt werden konnte. Spätestens jedoch nachdem die Angeklagten mit Leo übereinkamen, dass dieser nunmehr auch zukünftig an den Ernten wie festgestellt mithelfen und an jeder Ernte mit einer Entlohnung von 5.000 Euro partizipieren sollte hatten die Angeklagten gemeinsam mit diesem den Entschluss gefasst, auf unbestimmte Zeit gemeinsam die Plantage zu bewirtschaften. Dabei war auch zu berücksichtigen, dass die Ernten auch nicht, wie ursprünglich geplant, nur auf ein Jahr angelegt waren, sondern nunmehr aufgrund eines gemeinsamen Tatentschlusses etwa Ende 2013 auf unbestimmte Dauer – ggf. in einer anderen Halle – durchgeführt werden sollten. Spätestens zu diesem Zeitpunkt waren die beiden Angeklagten und Leo in eine auf Dauer angelegte deliktische Gruppierung eingebunden, die vom Erwerb der Setzlinge, der Überwachung des Wachstums und diesen begleitenden Elektrik, der Ernte bis hin zum späteren Verkauf des Ertrags in den Niederlanden arbeitsteilig aufgebaut war. Die hier festgestellte Arbeitsteilung, beispielsweise die Rolle der Angeklagten als Verkäufer, ist typisch für eine organisierte Bandentätigkeit, selbst wenn die Aufgaben einzelner Mitglieder teilweise von untergeordneter Rolle gewesen sein können.
157Insbesondere steht der Annahme einer Bande nicht entgegen, dass M1 nach dem Vortrag der Angeklagten kein Ausfallrisiko zu tragen hatte, letztlich immer für seine Mithilfe mit 5.000 Euro pro Ernte entlohnt wurde. Das hindert die Beteiligung auch des M1 als Mitglied der Bande nicht. Alle Angeklagten, auch M1, der zwar erst später in die Bandenstruktur eintrat und durch sein Mitwirken erst die Voraussetzungen zum Vorliegen einer Bande schuf, der aber durch die Errichtung der Elektrik, deren Beaufsichtigung, der Mithilfe bei der Suche nach einer Ausweichhalle und der Hilfe sowohl bei der Anpflanzung als auch der späteren Ernte nicht nur völlig untergeordnete Beiträge erbrachte, haben zur Verwirklichung des Bandenzwecks maßgeblich beigetragen.
158Der Betrag der nicht geringen Menge war in den ersten beiden Fällen um das zirka 133fache bzw. zirka 379fache überschritten. Bei einem auf spätere Veräußerung zielenden Anbau von Cannabispflanzen – hier der Anpflanzung von 847 Setzlingen – war für die Abgrenzung des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln vom Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge die Menge maßgeblich, die mit der bereits begonnenen Aufzucht der Pflanzen letztlich erzielt und gewinnbringend veräußert werden soll (BGH, Urteil vom 20. Dezember 2012 – 3 StR 407/12 –, BGHSt 58, 99-102). Danach war von einem erzielbaren Ertrag von zirka 21 Kilogramm auszugehen. Selbst bei konservativer Schätzung eines Wirkstoffgehaltes von lediglich 10 % wäre der Betrag der nicht geringen Menge um etwa das 280fache überschritten worden.
159VI.
1601. Bei der vorzunehmenden Strafzumessung waren zunächst die jeweils anwendbaren Strafrahmen festzustellen.
161a) Bei dem Angeklagten L war hinsichtlich sämtlicher zur Verurteilung gelangten Anklagefälle des unerlaubten bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge von dem Strafrahmen des § 30a Abs. 1 BtMG auszugehen, der Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren vorsieht.
162Zu einer Absenkung des Strafrahmens für einen jeweils minder schweren Fall nach Maßgabe des § 30a Abs. 3 BtMG, der Einzelstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren vorsieht, hat die Wertung der Kammer in keinem der zur Verurteilung gelangten Fälle geführt. Die Voraussetzungen eines minder schweren Falles gemäß § 30a Abs. 3 BtMG hat die Kammer in jedem einzelnen Fall geprüft und abgelehnt.
163Unter zusammenfassender Würdigung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände die für die Wertung der Tat und des Angeklagten in Betracht kommen sowie insbesondere im Hinblick auf die Menge der angebauten und gehandelten Betäubungsmittel hat die Kammer nicht feststellen können, dass das gesamte Tatbild einschließlich aller subjektiven Momente von der Täterpersönlichkeit vom Durchschnitt der erfahrungsgemäß vorkommenden Fälle in einem Maße abweicht, welches die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens als geboten erscheinen lässt. Die Kammer verkennt dabei nicht, dass hinsichtlich der Ernte, die Gegenstand des Anklagevorwurfs Ziffer 2 der Anklage ist, ein großer Anteil letztlich sichergestellt wurde und nicht mehr in den Verkauf gelangte. Ferner ist auch in den Blick genommen worden, dass die 847 Setzlinge, die zum Zeitpunkt der Durchsuchung am 23.06.2015 aufgefunden wurden und die Gegenstand des Anklagevorwurfs zu Ziffer 3 sind, in einem frühen Wachstumsstadium sichergestellt wurden und Betäubungsmittel daraus ebenfalls nicht mehr in den Handel gelangen konnten. Unter umfassender Würdigung auch der Vorstrafen des Angeklagten, seines Tatbeitrages innerhalb der Bandenstruktur sowie sämtlicher sonstiger vorangestellt wie nachfolgend bei der Strafzumessung näher dargestellten Umstände von Tat und Täterpersönlichkeit war letztlich aber die Annahme eines minder schweren Falles im Sinne der vorgenannten Kriterien nicht gerechtfertigt.
164b) Bei dem Angeklagten M war hinsichtlich der drei Fälle des bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge ebenfalls vom Strafrahmen des § 30a Abs. 1 BtMG auszugehen.
165Zu einer Absenkung des Strafrahmens für einen jeweils minder schweren Fall nach Maßgabe des § 30a Abs. 3 BtMG, der Einzelstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren vorsieht, hat die Wertung der Kammer in keinem der zur Verurteilung gelangten Fälle geführt. Die Voraussetzungen eines minder schweren Falles gemäß dieser Bestimmung hat die Kammer in jedem einzelnen Fall geprüft und ebenfalls abgelehnt. Unter zusammenfassender Würdigung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände die für die Wertung der Tat und des Angeklagten in Betracht kommen sowie insbesondere in Hinblick auf seinen Tatbeitrag, die Menge der angebauten und gehandelten Betäubungsmittel konnte die Kammer auch bei dem Angeklagten M nicht erkennen, dass das gesamte Tatbild einschließlich aller subjektiven Momente von der Täterpersönlichkeit vom Durchschnitt der erfahrungsgemäß vorkommenden Fälle in einem Maße abweicht, welches die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens als geboten erscheinen lässt. Die Kammer verkennt dabei nicht, dass der Angeklagte nicht vorbestraft ist. Unter umfassender Würdigung der gesamten Tatumstände einschließlich der Rolle des Angeklagten in der Bande, seines Tatbeitrages sowie sämtlicher sonstiger vorangestellten und nachfolgend bei der Strafzumessung dargestellten Umstände von Tat und Täterpersönlichkeit war letztlich aber die Annahme eines minder schweren Falles im Sinne der vorgenannten Kriterien ebenfalls nicht gerechtfertigt.
1662. Bei der Bemessung der jeweils konkreten Strafen innerhalb des jeweils maßgeblichen Strafrahmens wie auch zuvor bereits bei der Strafrahmenwahl hat die Kammer die in § 46 StGB genannten Strafzumessungsgesichtspunkte und dabei insbesondere die nachfolgenden Aspekte berücksichtigt:
167a) Bei dem Angeklagten L war zu seinen Gunsten insbesondere zu berücksichtigen, dass er sich seit dem 23.06.2015 in Untersuchungshaft befindet. Dabei verkennt die Kammer nicht, dass grundsätzlich Untersuchungshaft im Rahmen der Strafzumessung nicht als strafmilderndes Kriterium gewürdigt werden kann. Dies ist jedoch anders, wenn mit ihrem Vollzug ungewöhnliche, über die üblichen deutlich hinausgehende Beschwernisse verbunden waren (BGH, Urteil vom 19. Dezember 2013 – 4 StR 302/13). Solche Beschwernisse konnte die Kammer bei dem Angeklagten feststellen. Der Angeklagte ist Erstverbüßer, die Untersuchungshaft und auch die Hauptverhandlung hat den Angeklagten sichtlich beeindruckt. Auch wurde berücksichtigt, dass der Angeklagte jedenfalls zu Beginn vor allem handelte, um seine aus dem Drogenkonsum resultierenden Schulden abzuzahlen und sich den weiteren Drogenkonsum zu finanzieren. Auch war die Anordnung der Maßregel nach § 64 StGB zu Gunsten des Angeklagten zu berücksichtigen. Ganz erheblich zu Gunsten des Angeklagten wirkte sich das umfassende Geständnis aus. Der Angeklagte hat sämtliche Taten umfassend eingeräumt und dadurch die Hauptverhandlung erheblich verkürzt, wobei die Kammer nicht verkennt, dass sich der Angeklagte einer erdrückenden Beweislage ausgesetzt sah. Dass es sich bei Marihuana um eine sogenannte „weiche Droge“ handelt, wurde ebenfalls im Rahmen der Strafzumessung berücksichtigt, wie auch der Umstand, dass große Mengen bei der Durchsuchung sichergestellt werden konnten und nicht mehr in den Verkauf gelangten. Letztlich ist auch ein großer Teil der Einnahmen aus den Betäubungsmittelgeschäften für letztlich verloren gegangene Investitionen aus dem Vermögen des Angeklagten gelangt, wie beispielsweise die erheblichen Barmittel, die für die Anmietung der Ersatzhalle in der X aufgewandt wurden. Berücksichtigt worden ist auch, dass wegen des verdächtigen Vorgehens der Angeklagten in Bezug auf geforderte Umbaumaßnahmen gegenüber ihren Vermietern letztlich die Angeklagten bereits ab Februar 2014 in den Fokus der Ermittler gerieten, auch wenn keine Anhaltspunkte dafür gefunden werden konnten, dass ein früheres Einschreiten der Ermittlungsbeamten geboten gewesen wäre.
168Zu Lasten des Angeklagten wirkten sich die, teilweise auch einschlägigen, Vorstrafen aus. Ferner wurden die Mengen der gehandelten Betäubungsmittel und die erhebliche Überschreitung des Betrages der nicht geringen Menge berücksichtigt. Allein das Marihuana, das Gegenstand des ersten Anklagevorwurfs ist, überschritt den Betrag der nicht geringen Menge um das etwa 133fache, die 10.000 Gramm gehandeltes Marihuana, die Gegenstand des zweiten Anklagevorwurfs waren, überschritten bei einem Wirkstoffgehalt von 15 % die nicht geringe Menge um das 200fache, die sichergestellten 8.114,08 Gramm überschritten die nicht geringe Menge um mehr als das 170fache. Letztlich wäre bei erfolgreicher Aufzucht der sichergestellten Setzlinge ein Ertrag von etwa 21.000 Gramm entstanden, der selbst bei konservativer Schätzung eines Wirkstoffgehaltes von lediglich 10 % den Betrag der nicht geringen Menge um das etwa 280fache überschritten hätte. Das professionelle Vorgehen – Verwendung von Aliaspersonalien, Einrichten einer Alarmanlage in den Privatwohnungen – wurde ebenfalls bei der Strafzumessung berücksichtigt wie die hohe Tatfrequenz. Der hohe Ertrag von 100.000 Euro war ebenfalls zu berücksichtigen.
169Insbesondere angesichts der jeweiligen Mengen der gehandelten Betäubungsmittel vermochte die Kammer – auch unter Berücksichtigung des umfassenden Geständnisses – in der Gesamtgewichtung kein wesentliches Überwiegen der strafmildernden Gesichtspunkte festzuhalten.
170Unter Berücksichtigung sämtlicher für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände hat die Kammer, auch in Ansehung der jeweils angebauten Mengen und verkauften bzw. sichergestellten Betäubungsmittel, auf folgende Einzelstrafen – Freiheitsstrafen – erkannt:
171Ziffer 1 der Anklage 6 Jahre
172Ziffer 2 der Anklage 6 Jahre 4 Monate
173Ziffer 3 der Anklage 5 Jahre 3 Monate
174Nach erneuter Abwägung dieser sowie aller sonstigen – namentlich der in § 46 StGB genannten – für und gegen den Angeklagten L sprechenden Strafzumessungsgesichtspunkte, insbesondere auch der Mengen der gehandelten Betäubungsmittel, hat die Kammer unter maßvoller Erhöhung der verwirkten höchsten Einzelstrafe von 6 Jahren und 4 Monaten als Einsatzstrafe, auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von7 Jahren 3 Monaten erkannt, die sie für unrechts-, schuld- und sühneangemessen sowie zur Einwirkung auf den Angeklagten unbedingt erforderlich, aber auch ausreichend erachtet.
175Dabei hat die Kammer im Wege des Härteausgleichs zudem berücksichtigt, dass die Einbeziehung der Geldstrafe von 50 Tagessätzen aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Weinheim vom 12.05.2014 – 2 Cs 504 Js 6614/14 – nicht mehr möglich war, da die Geldstrafe zwischenzeitlich bezahlt worden ist. Die Kammer hat deshalb bei Bildung der Gesamtfreiheitsstrafe 1 Monat in Abzug gebracht.
176b) Bei dem Angeklagten M war zu seinen Gunsten zu berücksichtigen, dass dieser nicht vorbestraft ist, ebenso entsprechend der bereits dargestellten Grundsätze war die erlittene Untersuchungshaft zu berücksichtigen. Auch der Angeklagte Mi litt erkennbar unter den Einwirkungen des Strafvollzugs, er ist ebenfalls Erstverbüßer. Ebenso war ganz erheblich zu berücksichtigen, dass der Angeklagte die Taten letztlich im Rahmen der Hauptverhandlung vollumfänglich eingeräumt hat. Das Geständnis war auch von ehrlicher Reue geprägt. Dabei konnte zu Gunsten des Angeklagten auch die angeordnete Maßregel nach § 64 StGB berücksichtigt werden, die eine belastende Maßnahme darstellt. Dass es sich bei Marihuana um eine weiche Droge handelt, wurde ebenfalls nicht aus dem Blick gelassen wie der Umstand, dass große Teile der Ernten durch das Einschreiten der Ermittlungsbeamten sichergestellt werden konnten und dadurch nicht mehr in der Verkauf gelangten. Dass der Angeklagte handelte, um seine Drogenschulden zu reduzieren, wurde ebenfalls zugunsten des Angeklagten berücksichtigt. Ebenso wie der Mitangeklagte L hat auch der Angeklagte M einen großen Anteil seiner Erträge aus der Plantage wieder in verloren gegangene Investitionen gesteckt und so letztlich nur eine geringe tatsächliche Ausbeute aus dem Verkauf der Betäubungsmittel erzielt. Dass die Angeklagten bereits seit Februar 2014 in dem Fokus der Ermittlungsbeamten standen, ist ebenfalls berücksichtigt worden.
177Zu Lasten des Angeklagten wirkte sich demgegenüber die Menge der gehandelten Betäubungsmittel aus, hinsichtlich deren Berechnung und Überschreiten des Betrages der nicht geringen Menge auf die obigen Ausführungen Bezug genommen wird. Auch das professionelle Vorgehen wurde berücksichtigt. Der Angeklagte hat mit den Taten einen erheblichen Ertrag (100.000 Euro) erlangt und hat die Taten mit hoher Frequenz begangen.
178Insbesondere angesichts der jeweiligen Mengen der gehandelten Betäubungsmittel vermochte die Kammer – auch unter Berücksichtigung des umfassenden Geständnisses – in der Gesamtgewichtung kein wesentliches Überwiegen der strafmildernden Gesichtspunkte festzuhalten.
179Unter Berücksichtigung sämtlicher für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände hat die Kammer, auch in Ansehung der jeweils angebauten Mengen und verkauften bzw. sichergestellten Betäubungsmittel, auf folgende Einzelstrafen – Freiheitsstrafen – erkannt:
180Ziffer 1 der Anklage 5 Jahre 9 Monate
181Ziffer 2 der Anklage 6 Jahre
182Ziffer 3 der Anklage 5 Jahre 3 Monate
183Nach erneuter Abwägung dieser sowie aller sonstigen – namentlich der in § 46 StGB genannten – für und gegen den Angeklagten M sprechenden Strafzumessungsgesichtspunkte, insbesondere auch der Mengen der gehandelten Betäubungsmittel, hat die Kammer unter maßvoller Erhöhung der verwirkten höchsten Einzelstrafe von 6 Jahren als Einsatzstrafe, auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von6 Jahren 10 Monaten erkannt, die sie für unrechts-, schuld- und sühneangemessen sowie zur Einwirkung auf den Angeklagten unbedingt erforderlich, aber auch ausreichend erachtet.
184VII.
1851. Die Kammer hatte gemäß § 64 StGB die Unterbringung des Angeklagten L in einer Entziehungsanstalt anzuordnen. Die Voraussetzungen für die Maßregelanordnung liegen vor.
186Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt soll angeordnet werden, wenn ein Angeklagter den Hang hat, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel zu sich zu nehmen und die Gefahr besteht, dass er infolge seines Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird, wobei eine hinreichend konkrete Aussicht bestehen muss, den Angeklagten durch die Behandlung mit einer Entziehungsanstalt zu heilen.
187Der Angeklagte hat die unter II. festgestellten rechtswidrigen Taten begangen, die auf den bei ihm bestehenden Hang, Betäubungsmittel als berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, zurückgingen.
188Für einen Hang ist nach ständiger Rechtsprechung ausreichend eine eingewurzelte, auf psychische Disposition zurückgehende oder durch Übung erworbene Neigung, immer wieder Rauschmittel zu konsumieren, wobei diese Neigung noch nicht den Grad einer physischen Abhängigkeit erreicht haben muss. Ein übermäßiger Genuss von Rauschmitteln ist jedenfalls dann gegeben, wenn der Betroffene auf Grund seiner psychischen Abhängigkeit sozial gefährdet oder gefährlich erscheint. Nicht erforderlich ist, dass beim Täter bereits eine Persönlichkeitsdepravation eingetreten ist. Für die Maßregelanordnung nach § 64 StGB kommt es nicht darauf an, dass der Angeklagte die Taten im Zustand zumindest verminderter Schuldfähigkeit begangen hat (vgl. BGH, Beschluss vom 21.08.2012 – 4 StR 311/12).
189Bei dem Angeklagten besteht aufgrund der diagnostizierten Cannabis- und Kokainabhängigkeit die intensive Neigung zu fortwährendem Betäubungsmittelkonsum. Der Angeklagte konsumiert Betäubungsmittel bereits seit dem 13. Lebensjahr, beginnend mit Cannabis, das er in der Schule kennenlernte. Nach seinen eigenen Angaben in der Hauptverhandlung hat er keine Konzepte, wie er mit der Drogenabhängigkeit insbesondere auch in Bezug auf den bereits in jungen Jahren mit 16. beginnenden Kokainkonsum umgehen soll. Insoweit besteht ein dringender Therapiebedarf, zumal nach den sachverständigen Ausführungen auch verhaltenstherapeutische Maßnahmen im Hinblick auf die seit der Jugendzeit bestehenden Verhaltensauffälligkeiten des Angeklagten notwendig sind.
190Die Neigung zum Konsum steht auch in notwendigen symptomatischen Zusammenhang mit den urteilsgegenständlichen Taten. Nach ständiger Rechtsprechung ist nicht erforderlich, dass der Hang die alleinige Ursache für die Anlasstaten ist. Vielmehr ist ein symptomatischer Zusammenhang auch dann zu bejahen, wenn der Hang neben anderen Umständen mit dazu beigetragen hat, dass der Angeklagte erhebliche rechtswidrige Taten begangen hat, und dies bei unverändertem Suchtverhalten auch für die Zukunft zu besorgen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 21.08.2012 – 4 StR 311/12).
191Diese Voraussetzungen liegen zweifellos vor, denn die bestehende Abhängigkeit ist jedenfalls ein Leitmotiv für die Tatbegehung. Durch den Konsum von Cannabis hat der Angeklagte die notwendigen Kenntnisse in der Betäubungsmittelszene erlernt, letztlich sollten die Einnahmen aus der Plantage zur Sicherstellung seines Eigenkonsums, zu Beginn zum Abbau der Drogenschulden dienen. Ohne gezielte therapeutische Behandlung seiner Drogenabhängigkeit, zu deren Bekämpfung dem Angeklagten eigene Konzepte gänzlich fehlen, ist die Begehung neuerlicher erheblicher Straftaten mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten.
192Bei dem bislang suchtmedizinisch nicht behandelten Angeklagten besteht auch die hinreichend konkrete Aussicht, ihn durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf seinen Hang zurückgehen, § 64 S. 2 StGB. Der Angeklagte hat im Rahmen der Hauptverhandlung seine ernsthafte Therapiebereitschaft dargelegt und auch näher ausgeführt, dass ihm insbesondere die Zeit der Untersuchungshaft vor Augen geführt habe, dass eine Behandlung seiner Suchtmittelerkrankung erforderlich ist, um nunmehr zukünftig ein straffreies Leben führen zu können. Er ist zudem sowohl nach dem unmittelbaren Eindruck der Kammer sowie auch der Einschätzung des Sachverständigen im Hinblick auf seine physischen und psychischen Kompetenzen grundsätzlich in der Lage, die durchaus anspruchsvolle und auf einzel- und gegebenenfalls gruppentherapeutisch angelegte suchttherapeutische Behandlung für sich nutzen zu können. Hierfür sprechen nicht nur die intellektuellen Kommunikationsfähigkeiten sowie das hinreichende Maß an Problembewusstsein des Angeklagten, sondern auch dessen ernsthafte Pläne im Anschluss an die Entlassung aus der Therapie. Der Angeklagte hat im Rahmen der Hauptverhandlung erklärt die feste Absicht zu haben, später im Baugewerbe unterzukommen, eine Tätigkeit, in der er bereits in der Vergangenheit gute Erfahrungen gesammelt hat.
193Die Kammer hat insgesamt die Überzeugung gewonnen, dass der Angeklagte nunmehr gewillt ist, seinen Suchtmittelkonsum in den Griff zu bekommen und letztlich ein straffreies Leben zu führen. Dabei ist nach Einschätzung des Sachverständigen bei erfolgreichem Therapieverlauf angesichts der langjährigen Abhängigkeit des Angeklagten eine Therapiedauer von bis zu 24 Monaten erforderlich, um die darauf ausgerichteten Ziele zu erreichen. Diesen nachvollziehbaren Ausführungen hat sich die Kammer in Anbetracht des seit dem 13. Lebensjahr bestehenden Betäubungsmittelkonsums nach eigener kritischer Würdigung angeschlossen.
1942. Die Kammer hatte gemäß § 64 StGB die Unterbringung des Angeklagten M in einer Entziehungsanstalt anzuordnen. Die Voraussetzungen für die Maßregelanordnung liegen vor.
195Der Angeklagte hat die unter II. festgestellten rechtswidrigen Taten begangen, die auf den bei ihm bestehenden Hang, Betäubungsmittel als berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, zurückgingen.
196Bei dem Angeklagten besteht aufgrund der diagnostizierten Cannabis- und Kokainabhängigkeit die intensive Neigung zu fortwährendem Betäubungsmittelkonsum. Der Angeklagte konsumiert bereits seit dem 13. Lebensjahr Alkohol und Cannabis, mit 18. Jahren begann er auch Kokain zu konsumieren, später steigerte er diesen Konsum auf etwa 5 Gramm in der Woche und mehr. Aufgrund des jahrelangen Konsums besteht auch eine gewachsene Anbindung an das Drogenmilieu.
197Die Neigung zum Konsum steht in notwendigem symptomatischem Zusammenhang mit den begangenen Straftaten. Letztlich hat der Angeklagte die Taten begangen, um zum einen seine sich zunehmend angehäuften Drogenschulden zu begleichen, darüber hinaus auch, um den fortwährenden Konsum von Betäubungsmitteln zu finanzieren. Der symptomatische Zusammenhang liegt somit auf der Hand.
198Bei dem bislang suchtmedizinisch nicht behandelten Angeklagten besteht auch die hinreichend konkrete Aussicht, ihn durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf seinen Hang zurückgehen, § 64 S. 2 StGB. Der Angeklagte ist sich seiner Betäubungsmittelabhängigkeit bewusst, sieht aber keine Möglichkeit, eigeninitiativ diese zu bekämpfen. Die Gespräche mit dem Sachverständigen haben ihm nach seinen Angaben im letzten Wort „die Augen geöffnet“, er verspürt den Wunsch, die Probleme nunmehr in den Griff zu bekommen. Diese Absicht sieht die Kammer als belastbar an. All diese Aspekte, auch die im Zuge der Exploration gezeigte umfangreiche Bereitschaft zur Mitarbeit lassen eine positive Behandlungsaussicht annehmen. Dabei geht die Kammer sachverständig beraten von einer voraussichtlichen Therapiedauer von bis zu 24 Monaten aus, um anhaltend suchttherapeutisch die erforderlichen Ziele zu erreichen.
199VIII.
200Die Kammer hatte gem. § 67 Abs. 2 StGB eine Entscheidung darüber zu treffen, dass und mit welcher Dauer ein Teil der ausgeurteilten Gesamtfreiheitsstrafe vor der Maßregel zu vollziehen ist. Dabei hatte sich gem. § 67 Abs. 2 S. 3 StGB die Länge des Vorwegvollzuges zwingend am Halbstrafenzeitpunkt zu orientieren, wobei unter Berücksichtigung dieser Bestimmung erlittene Untersuchungshaft im Vollstreckungsverfahren gemäß § 51 Abs. 1 Satz 1 StGB auf die Dauer des vor der Unterbringung zu vollziehenden Teils der Strafe anzurechnen ist und deshalb bei der Bestimmung der Dauer des Vorwegvollzugs außer Ansatz zu bleiben hat (vgl. BGH, Beschluss vom 18. November 2014 – 4 StR 505/14).
201Angesichts der erforderlichen Therapiedauer von 24 Monaten bei beiden Angeklagten sind danach vor Beginn des Maßregelvollzuges zunächst 1 Jahr und 7 Monate Freiheitsstrafe bei dem Angeklagten Lbzw. 1 Jahr und 5 Monate bei dem Angeklagten M zu vollziehen.
202IX.
203Gegen die Angeklagten wir der Verfall von Wertersatz in Höhe von 30.000 Euro als Gesamtschuldner anzuordnen.
204Nach Maßgabe der für den Verfall geltenden und hier einschlägigen Vorschriften gem. §§ 73, 73a, 73c StGB erstreckt sich der Verfall auf Vermögensgegenstände des Angeklagten, die unmittelbar für oder aus den rechtswidrigen Taten erlangt worden sind. Soweit der Zugriff auf das unmittelbar Erlangte nicht mehr möglich ist und vom Verfall eines Ersatzgegenstandes abgesehen wird, ist nach § 73a Abs. 1 StGB der Verfall eines Geldbetrages anzuordnen, der dem Wert des Erlangten entspricht.
205Diese Voraussetzungen liegen vor. Über erlangte Geld- oder Erlösbeträge aus den Taten selbst verfügen die Angeklagten ebenso wie über weiteres Vermögen nicht mehr. Das eingenommene Geld ist entweder zur Tilgung von Schulden oder Beschaffung von letztlich sichergestellten Betäubungsmitteln, auch zum Eigenkonsum, verwandt worden.
206Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen haben die Angeklagten mindestens 20.000 Gramm Marihuana veräußert, wobei sie pro Gramm zuletzt 5,00 Euro von ihren Abnehmern erzielten, was einen Betrag in Höhe von 100.000 Euro entspricht, den beide zur gemeinsamen Verfügungsgewalt zunächst in den Niederlanden erhielten und später untereinander aufteilten. Davon ist ein Teilbetrag in Höhe von 10.000 Euro letztlich an den vormals Mitangeklagten M1 ausgekehrt worden.
207Die Kammer hat von diesem Betrag unter teilweiser Annahme der Voraussetzungen des § 73c StGB einen großzügigen Abschlag vorgenommen und den Verfall in Bezug auf beide Angeklagten nicht angeordnet, soweit ein Betrag von 30.000 Euro überstiegen wird. Gem. § 73c Abs. 1 S. 2 StGB kann die Anordnung unterbleiben, soweit der Wert des Erlangten zur Zeit der Anordnung in dem Vermögen des Betroffenen nicht mehr vorhanden ist oder wenn das Erlangte nur einen geringen Wert hat.
208Davon hat die Kammer in Bezug auf den Angeklagten L wie auch M Gebrauch gemacht, weil die Voraussetzungen der Norm in Bezug auf beide Angeklagten eingehend geprüft und von der Kammer angenommen worden. Die Kammer konnte feststellen, dass werthaltiges Vermögen bei den Angeklagten nicht mehr vorhanden ist. Vielmehr haben diese ihren jeweiligen Anteil aus den eingenommenen Geldern zur Reduzierung ihrer Schulden verwandt, im Übrigen wurden die Einnahmen aus den urteilsgegenständlichen Taten zur Bezahlung weiterer Betäubungsmittel – auch hinsichtlich des jeweiligen Eigenkonsums – aufgebraucht. Die Kammer hat sich bei der Reduzierung des Wertersatzverfalls auch von der Erwägung tragen lassen, den Angeklagten eine Sozialisierung nicht unnötig zu erschweren. Ein gänzliches Absehen von der Verfallsanordnung erschien jedoch insbesondere auch vor dem Hintergrund der beträchtlichen Höhe der eingenommenen Gelder und der professionellen Vorgehensweise nicht sachgerecht.
209Die Kammer war auch aus sonstigen Gründen nicht gehindert, die Verfallsanordnung wie erkannt zu treffen. Insbesondere war nicht ersichtlich, dass die Verfallsanordnung, soweit sie getroffen wurde, für einen der Angeklagten eine unbillige Härte im Sinne von § 73c Abs. 1 S. 1 StGB darstellen könnte. Eine unbillige Härte ist erst dann gegeben, wenn die Anordnung des Verfalls schlechthin ungerecht wäre und das Übermaßverbot verletzen würde. Die Auswirkungen des Verfalls müssten mithin im konkreten Einzelfall außer Verhältnis zu dem vom Gesetzgeber mit der Maßnahme angestrebten Zweck stehen. Das Nichtvorhandensein des Erlangten bzw. eines Gegenwertes im Vermögen des von der Verfallsanordnung Betroffenen kann für sich genommen regelmäßig noch keine unbillige Härte begründen. Maßgeblich für das Vorliegen einer unbilligen Härte ist vielmehr, wie sich die Verfallsanordnung auf das davon betroffene Vermögen auswirken würde (vgl. BGH, Beschluss vom 16.07.2015 – 4 StR 265/15, NStZ-RR 2015, 307).
210Gemessen an diesen Voraussetzungen vermag die Kammer nicht zu ersehen, dass die Anordnung eines gesamtschuldnerischen Wertersatzverfalls von 30.000 Euro gegen die Angeklagten schlechthin ungerecht wäre und das Übermaßverbot verletzen würde. Dabei verkennt die Kammer nicht, dass sowohl der Angeklagte L als auch der Angeklagte M über keine nennenswerten Vermögenswerte mehr verfügen. Ungeachtet dessen verfügen beide Angeklagten über kognitive und soziale Fähigkeiten, sodass die Kammer im Hinblick auf beide Angeklagten die begründete Erwartung hat, dass diese zukünftig in der Lage sein werden, den Wertersatzverfall gesamtschuldnerisch in Höhe von insgesamt 30.000 Euro abzutragen.
211Durchgreifende Besonderheiten in der jeweiligen Vermögenssituation der Angeklagten, die eine unterschiedliche Behandlung der Angeklagten im Hinblick auf die Verfallsanordnung gerechtfertigt hätten, vermochte die Kammer nicht zu ersehen, auch unter nochmaliger Abwägung der gesamten Umstände der Tat einschließlich der Persönlichkeit der Angeklagten und ihrer jeweiligen Biographien.
212Da die Angeklagten L und M gemeinsam in die Niederlande gefahren sind und dort die Betäubungsmittel veräußerten und den Erlös – 100.000 Euro – gemeinsam entgegen nahmen, hatten sie zunächst (Mit-)Verfügungsmacht an den an sie ausgekehrten Erlösanteilen und haften daher beim Verfall von Wertersatz in diesem Umfang als Gesamtschuldner (vgl. zur gesamtschuldnerischen Haftung BGH, Beschluss vom 20.01.2016 – 4 StR 376/15).
213X.
214Die Kosten- und Auslagenentscheidung beruht auf § 465 StPO.
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(1) Betäubungsmittel im Sinne dieses Gesetzes sind die in den Anlagen I bis III aufgeführten Stoffe und Zubereitungen.
(2) Die Bundesregierung wird ermächtigt, nach Anhörung von Sachverständigen durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Anlagen I bis III zu ändern oder zu ergänzen, wenn dies
- 1.
nach wissenschaftlicher Erkenntnis wegen der Wirkungsweise eines Stoffes, vor allem im Hinblick auf das Hervorrufen einer Abhängigkeit, - 2.
wegen der Möglichkeit, aus einem Stoff oder unter Verwendung eines Stoffes Betäubungsmittel herstellen zu können, oder - 3.
zur Sicherheit oder zur Kontrolle des Verkehrs mit Betäubungsmitteln oder anderen Stoffen oder Zubereitungen wegen des Ausmaßes der mißbräuchlichen Verwendung und wegen der unmittelbaren oder mittelbaren Gefährdung der Gesundheit
(3) Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt in dringenden Fällen zur Sicherheit oder zur Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates Stoffe und Zubereitungen, die nicht Arzneimittel oder Tierarzneimittel sind, in die Anlagen I bis III aufzunehmen, wenn dies wegen des Ausmaßes der mißbräuchlichen Verwendung und wegen der unmittelbaren oder mittelbaren Gefährdung der Gesundheit erforderlich ist. Eine auf der Grundlage dieser Vorschrift erlassene Verordnung tritt nach Ablauf eines Jahres außer Kraft.
(4) Das Bundesministerium für Gesundheit (Bundesministerium) wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates die Anlagen I bis III oder die auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen zu ändern, soweit das auf Grund von Änderungen der Anhänge zu dem Einheits-Übereinkommen von 1961 über Suchtstoffe in der Fassung der Bekanntmachung vom 4. Februar 1977 (BGBl. II S. 111) und dem Übereinkommen von 1971 über psychotrope Stoffe (BGBl. 1976 II S. 1477) (Internationale Suchtstoffübereinkommen) oder auf Grund von Änderungen des Anhangs des Rahmenbeschlusses 2004/757/JI des Rates vom 25. Oktober 2004 zur Festlegung von Mindestvorschriften über die Tatbestandsmerkmale strafbarer Handlungen und die Strafen im Bereich des illegalen Drogenhandels (ABl. L 335 vom 11.11.2004, S. 8), der durch die Richtlinie (EU) 2017/2103 (ABl. L 305 vom 21.11.2017, S. 12) geändert worden ist, erforderlich ist.
(1) Einer Erlaubnis des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte bedarf, wer
- 1.
Betäubungsmittel anbauen, herstellen, mit ihnen Handel treiben, sie, ohne mit ihnen Handel zu treiben, einführen, ausführen, abgeben, veräußern, sonst in den Verkehr bringen, erwerben oder - 2.
ausgenommene Zubereitungen (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) herstellen
(2) Eine Erlaubnis für die in Anlage I bezeichneten Betäubungsmittel kann das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte nur ausnahmsweise zu wissenschaftlichen oder anderen im öffentlichen Interesse liegenden Zwecken erteilen.
(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren wird bestraft, wer Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie ein- oder ausführt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.
(2) Ebenso wird bestraft, wer
- 1.
als Person über 21 Jahre eine Person unter 18 Jahren bestimmt, mit Betäubungsmitteln unerlaubt Handel zu treiben, sie, ohne Handel zu treiben, einzuführen, auszuführen, zu veräußern, abzugeben oder sonst in den Verkehr zu bringen oder eine dieser Handlungen zu fördern, oder - 2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt oder sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt oder sich verschafft und dabei eine Schußwaffe oder sonstige Gegenstände mit sich führt, die ihrer Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt sind.
(3) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren.
(1) Betäubungsmittel im Sinne dieses Gesetzes sind die in den Anlagen I bis III aufgeführten Stoffe und Zubereitungen.
(2) Die Bundesregierung wird ermächtigt, nach Anhörung von Sachverständigen durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Anlagen I bis III zu ändern oder zu ergänzen, wenn dies
- 1.
nach wissenschaftlicher Erkenntnis wegen der Wirkungsweise eines Stoffes, vor allem im Hinblick auf das Hervorrufen einer Abhängigkeit, - 2.
wegen der Möglichkeit, aus einem Stoff oder unter Verwendung eines Stoffes Betäubungsmittel herstellen zu können, oder - 3.
zur Sicherheit oder zur Kontrolle des Verkehrs mit Betäubungsmitteln oder anderen Stoffen oder Zubereitungen wegen des Ausmaßes der mißbräuchlichen Verwendung und wegen der unmittelbaren oder mittelbaren Gefährdung der Gesundheit
(3) Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt in dringenden Fällen zur Sicherheit oder zur Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates Stoffe und Zubereitungen, die nicht Arzneimittel oder Tierarzneimittel sind, in die Anlagen I bis III aufzunehmen, wenn dies wegen des Ausmaßes der mißbräuchlichen Verwendung und wegen der unmittelbaren oder mittelbaren Gefährdung der Gesundheit erforderlich ist. Eine auf der Grundlage dieser Vorschrift erlassene Verordnung tritt nach Ablauf eines Jahres außer Kraft.
(4) Das Bundesministerium für Gesundheit (Bundesministerium) wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates die Anlagen I bis III oder die auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen zu ändern, soweit das auf Grund von Änderungen der Anhänge zu dem Einheits-Übereinkommen von 1961 über Suchtstoffe in der Fassung der Bekanntmachung vom 4. Februar 1977 (BGBl. II S. 111) und dem Übereinkommen von 1971 über psychotrope Stoffe (BGBl. 1976 II S. 1477) (Internationale Suchtstoffübereinkommen) oder auf Grund von Änderungen des Anhangs des Rahmenbeschlusses 2004/757/JI des Rates vom 25. Oktober 2004 zur Festlegung von Mindestvorschriften über die Tatbestandsmerkmale strafbarer Handlungen und die Strafen im Bereich des illegalen Drogenhandels (ABl. L 335 vom 11.11.2004, S. 8), der durch die Richtlinie (EU) 2017/2103 (ABl. L 305 vom 21.11.2017, S. 12) geändert worden ist, erforderlich ist.
(1) Einer Erlaubnis des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte bedarf, wer
- 1.
Betäubungsmittel anbauen, herstellen, mit ihnen Handel treiben, sie, ohne mit ihnen Handel zu treiben, einführen, ausführen, abgeben, veräußern, sonst in den Verkehr bringen, erwerben oder - 2.
ausgenommene Zubereitungen (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) herstellen
(2) Eine Erlaubnis für die in Anlage I bezeichneten Betäubungsmittel kann das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte nur ausnahmsweise zu wissenschaftlichen oder anderen im öffentlichen Interesse liegenden Zwecken erteilen.
(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren wird bestraft, wer Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie ein- oder ausführt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.
(2) Ebenso wird bestraft, wer
- 1.
als Person über 21 Jahre eine Person unter 18 Jahren bestimmt, mit Betäubungsmitteln unerlaubt Handel zu treiben, sie, ohne Handel zu treiben, einzuführen, auszuführen, zu veräußern, abzugeben oder sonst in den Verkehr zu bringen oder eine dieser Handlungen zu fördern, oder - 2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt oder sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt oder sich verschafft und dabei eine Schußwaffe oder sonstige Gegenstände mit sich führt, die ihrer Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt sind.
(3) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren.
Das Gericht kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 des Strafgesetzbuches mildern oder, wenn der Täter keine Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren verwirkt hat, von Strafe absehen, wenn der Täter
- 1.
durch freiwilliges Offenbaren seines Wissens wesentlich dazu beigetragen hat, daß eine Straftat nach den §§ 29 bis 30a, die mit seiner Tat im Zusammenhang steht, aufgedeckt werden konnte, oder - 2.
freiwillig sein Wissen so rechtzeitig einer Dienststelle offenbart, daß eine Straftat nach § 29 Abs. 3, § 29a Abs. 1, § 30 Abs. 1, § 30a Abs. 1 die mit seiner Tat im Zusammenhang steht und von deren Planung er weiß, noch verhindert werden kann.
Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.
Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.
Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.
Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.
Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.
Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.
(1) Betäubungsmittel im Sinne dieses Gesetzes sind die in den Anlagen I bis III aufgeführten Stoffe und Zubereitungen.
(2) Die Bundesregierung wird ermächtigt, nach Anhörung von Sachverständigen durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Anlagen I bis III zu ändern oder zu ergänzen, wenn dies
- 1.
nach wissenschaftlicher Erkenntnis wegen der Wirkungsweise eines Stoffes, vor allem im Hinblick auf das Hervorrufen einer Abhängigkeit, - 2.
wegen der Möglichkeit, aus einem Stoff oder unter Verwendung eines Stoffes Betäubungsmittel herstellen zu können, oder - 3.
zur Sicherheit oder zur Kontrolle des Verkehrs mit Betäubungsmitteln oder anderen Stoffen oder Zubereitungen wegen des Ausmaßes der mißbräuchlichen Verwendung und wegen der unmittelbaren oder mittelbaren Gefährdung der Gesundheit
(3) Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt in dringenden Fällen zur Sicherheit oder zur Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates Stoffe und Zubereitungen, die nicht Arzneimittel oder Tierarzneimittel sind, in die Anlagen I bis III aufzunehmen, wenn dies wegen des Ausmaßes der mißbräuchlichen Verwendung und wegen der unmittelbaren oder mittelbaren Gefährdung der Gesundheit erforderlich ist. Eine auf der Grundlage dieser Vorschrift erlassene Verordnung tritt nach Ablauf eines Jahres außer Kraft.
(4) Das Bundesministerium für Gesundheit (Bundesministerium) wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates die Anlagen I bis III oder die auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen zu ändern, soweit das auf Grund von Änderungen der Anhänge zu dem Einheits-Übereinkommen von 1961 über Suchtstoffe in der Fassung der Bekanntmachung vom 4. Februar 1977 (BGBl. II S. 111) und dem Übereinkommen von 1971 über psychotrope Stoffe (BGBl. 1976 II S. 1477) (Internationale Suchtstoffübereinkommen) oder auf Grund von Änderungen des Anhangs des Rahmenbeschlusses 2004/757/JI des Rates vom 25. Oktober 2004 zur Festlegung von Mindestvorschriften über die Tatbestandsmerkmale strafbarer Handlungen und die Strafen im Bereich des illegalen Drogenhandels (ABl. L 335 vom 11.11.2004, S. 8), der durch die Richtlinie (EU) 2017/2103 (ABl. L 305 vom 21.11.2017, S. 12) geändert worden ist, erforderlich ist.
(1) Einer Erlaubnis des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte bedarf, wer
- 1.
Betäubungsmittel anbauen, herstellen, mit ihnen Handel treiben, sie, ohne mit ihnen Handel zu treiben, einführen, ausführen, abgeben, veräußern, sonst in den Verkehr bringen, erwerben oder - 2.
ausgenommene Zubereitungen (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) herstellen
(2) Eine Erlaubnis für die in Anlage I bezeichneten Betäubungsmittel kann das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte nur ausnahmsweise zu wissenschaftlichen oder anderen im öffentlichen Interesse liegenden Zwecken erteilen.
(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren wird bestraft, wer Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie ein- oder ausführt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.
(2) Ebenso wird bestraft, wer
- 1.
als Person über 21 Jahre eine Person unter 18 Jahren bestimmt, mit Betäubungsmitteln unerlaubt Handel zu treiben, sie, ohne Handel zu treiben, einzuführen, auszuführen, zu veräußern, abzugeben oder sonst in den Verkehr zu bringen oder eine dieser Handlungen zu fördern, oder - 2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt oder sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt oder sich verschafft und dabei eine Schußwaffe oder sonstige Gegenstände mit sich führt, die ihrer Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt sind.
(3) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren.
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zum bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Die auf die Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge Erfolg.
- 2
- I. Der Schuldspruch wegen Beihilfe zum bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Den Urteilsgründen lässt sich nicht entnehmen, dass der Angeklagte als Mitglied einer Bande gehandelt hat.
- 3
- Nach den Feststellungen vereinbarte der in Deutschland lebende Angeklagte im Februar 2012 mit den ihm aus seiner Jugendzeit bekannten V. und M. , dem Kopf einer im Betäubungsmittelhandel tätigen Gruppierung, Geld in Deutschland entgegenzunehmen und es nach Ma. zu bringen bzw. bringen zu lassen. Dabei war dem Angeklagten klar, dass die von ihm ins Ausland zu verschaffenden Gelder nicht aus legalen Geschäften , sondern aus dem Handel mit Drogen stammten. Er kannte zudem die Struktur der Gruppierung, für die - wie der Angeklagte wusste - nicht nur V. , sondern weitere Personen in Deutschland arbeiteten. Im Rahmen dieser Abrede kam es zu drei Fällen, in denen er Gelder in Empfang nahm und weiterleitete.
- 4
- Anfang Dezember 2012 sollte das gesamte durch Drogengeschäfte verdiente Geld eingesammelt und nach Ma. gebracht werden. Aus diesem Grund überbrachte der von V. hierzu aufgeforderte Angeklagte am 4. Dezember 2012 zusammen mit diesem einen aus Heroinverkäufen stammenden Betrag von 46.800 € einem ma. Staatsangehörigen, der bereits am nächsten Tag - vermutlich nach Ma. - abreiste. Eine Entlohnung erhielt er hierfür nicht.
- 5
- Am 5. Januar 2013 nahm der Angeklagte von einem weiteren Mitglied der Gruppierung, P. , einen Betrag von 19.930 € entgegen, der aus Heroinverkäufen stammte und den er in der Folgezeit in seiner Wohnung verwahrte. Im Februar 2013 brachte er hiervon 8.000-9.000 €, Mitte März weitere 7.000 € persönlich nach Ma. . Den Rest des Geldes - abgesehen von Reisespesen und einer Entlohnung von 300 € - überwies er per Western Union nach Ma. .
- 6
- Am 20. Januar 2013 sammelte der hierzu von V. angewiesene Angeklagte bei einem Drogenkäufer den ausstehenden Kaufpreis von 1.200 € ein und schickte das Geld zusammen mit seiner Frau nach Ma. . Dafür erhielt er 100 € als Entlohnung.
- 7
- II. Dies belegt nicht, dass der Angeklagte als Mitglied einer Bande gehandelt hat, die sich zur fortgesetzten Begehung von Betäubungsmittelstraftaten verbunden hat. Zwar ist davon auszugehen, dass sich bereits vor der im Februar 2012 mit dem Angeklagten getroffenen Abrede eine international agierende Bande von mehreren Personen gebildet hatte, um Betäubungsmittel in Deutschland gewinnbringend weiter zu verkaufen. Doch ist nicht belegt, dass sich der Angeklagte als Mitglied dieser Bande angeschlossen hat. Nicht jeder Beteiligte an einer Bandentat ist hierdurch schon Bandenmitglied; Bandenmitgliedschaft und Beteiligung an Bandentaten sind unabhängig voneinander zu beurteilen (vgl. Fischer, StGB, 61. Aufl., § 244, Rn. 39). Weder der ursprünglich getroffenen Vereinbarung im Februar 2012 noch den einzelnen Unterstützungsleistungen des Angeklagten lässt sich aber entnehmen, dass damit der Angeklagte der erforderlichen auf Dauer angelegten Verbindung mehrerer Täter zu künftiger gemeinsamer Tatbegehung beigetreten ist. Es ist - auch wenn nicht ausgeschlossen ist, dass nach der Bandenabrede Beteiligte bei allen Bandentaten nur Gehilfen sein sollen (vgl. BGHSt 47, 214, 218 f.) - zu bedenken, dass der Angeklagte lediglich auf kurzfristige Anweisung untergeordnete Unterstützungsleistungen erbracht hat, für die er nicht oder nur in geringem Umfang entlohnt worden ist. Zu berücksichtigen ist zudem, dass seit der eigentlichen Abrede im Februar 2012 mehr als neun Monate vergingen, bevor es zur ersten Unterstützungshandlung des Angeklagten kam. Dies spricht auf den ersten Blick jedenfalls dafür, dass mit der im Februar 2012 getroffenen Vereinbarung noch keine verbindliche Bandenabrede mit dem Angeklagten getroffen worden ist. Ob dies im Folgenden - konkludent im Zusammenhang mit den einzelnen Taten - geschehen ist, erscheint auf der Grundlage der getroffenen Vereinbarung und mit Blick auf die jeweilige konkrete Anforderung der Hilfeleistung des Angeklagten gleichfalls zweifelhaft.
- 8
- Die Bandeneigenschaft ist ein besonderes persönliches Merkmal im Sinne des § 28 Abs. 2 StGB; fehlt sie bei einem Tatbeteiligten, kann dieser nur wegen Beteiligung am Grunddelikt bestraft werden (vgl. BGH NStZ 2013, 102, 103). Der Senat sieht davon ab, den Schuldspruch entsprechend umzustellen, sondern hebt die Entscheidung insgesamt mit den Feststellungen auf.
- 9
- Zum einen erscheint es nicht ausgeschlossen, dass sich noch Feststellungen treffen lassen, die eine bandenmäßige Einbindung des Angeklagten belegen. Zum anderen ergeben sich auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen Zweifel daran, ob die Annahme des Landgerichts (in den Fällen II.1 und II.2) zutrifft, die Tathandlungen des Angeklagten, Erlöse aus Heroinverkäufen entgegenzunehmen und an einen Hintermann in Ma. weiterzuleiten , seien noch Teil des noch nicht beendeten Rauschgiftdelikts. Die bloße Weiterbeförderung von Rauschgifterlösen an Hintermänner gehört nicht ohne Weiteres zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln, mögen diese auch - als Lieferanten der Letztverkäufer - ihrerseits Ansprüche gegen diese haben. Dies ist nur dann anders, wenn der Weiterbeförderer mittäterschaftlich in ein eingespieltes Bezugs- und Vertriebssystem eingebunden ist und die Beförderung des Geldes in diesem Rahmen erfolgt (vgl. BGH StV 1992, 161; StV 1995, 641). Ob dies vorliegend der Fall ist oder ob stattdessen eine Strafbarkeit lediglich wegen Begünstigung oder Geldwäsche in Betracht kommt, wird der neue Tatrichter zu prüfen haben.
- 10
- III. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat mit Blick auf den Fall II.3 darauf hin, dass die Annahme einer eigenständigen Tat dann nicht in Betracht kommt, wenn sich, etwa angesichts einer näheren Bestimmung des Zeit- punkts der Rauschgiftlieferung, konkrete Anhaltspunkte dafür ergeben, dass sich das dort eingesammelte Geld auf eine Heroinlieferung bezieht, die aus einer Gesamtmenge (der Gruppierung) stammt, hinsichtlich deren Veräußerung der Angeklagte in den Fällen II.2 oder II.3 Gelder verwahrt und weitergeleitet hätte. Insoweit läge nur eine Haupttat vor, die der Angeklagte durch zwei Beihilfehandlungen unterstützt hätte. Richter am Bundesgerichtshof Krehl Eschelbach Prof. Dr. Schmitt ist an der Unterschriftsleistung tatsächlich verhindert. Krehl Ott Zeng
(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren wird bestraft, wer Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie ein- oder ausführt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.
(2) Ebenso wird bestraft, wer
- 1.
als Person über 21 Jahre eine Person unter 18 Jahren bestimmt, mit Betäubungsmitteln unerlaubt Handel zu treiben, sie, ohne Handel zu treiben, einzuführen, auszuführen, zu veräußern, abzugeben oder sonst in den Verkehr zu bringen oder eine dieser Handlungen zu fördern, oder - 2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt oder sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt oder sich verschafft und dabei eine Schußwaffe oder sonstige Gegenstände mit sich führt, die ihrer Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt sind.
(3) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
a) auf die Revision der Staatsanwaltschaft,
b) auf die Revisionen der Angeklagten T. sowie P. insofern , als diese wegen der Taten 3. bis 8. verurteilt worden sind, und
c) auf die Revisionen der Angeklagten S. sowie Sch. in dem diese jeweils betreffenden Umfang. 3. Die weitergehenden Revisionen der Staatsanwaltschaft und der Angeklagten T. , P. sowie Y. werden verworfen. 4. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat - nach der Entscheidungsformel seines Urteils - - die Angeklagten T. und P. wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sieben Fällen und Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zu Gesamtfreiheitsstrafen von jeweils drei Jahren und elf Monaten, - den Angeklagten S. wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in fünf Fällen und Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren, - den Angeklagten Y. wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in fünf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von elf Monaten und - die Angeklagte Sch. wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sechs Fällen und Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt. Die Vollstreckung der gegen die Angeklagten S. , Y. und Sch. verhängten Strafen hat es ebenso zur Bewährung ausgesetzt wie die Vollstreckung der gegen den Angeklagten S. zudem angeordneten Unterbringung in einer Entziehungsanstalt. Ferner hat es gegen die Angeklagten T. und P. gesamtschuldnerisch den Verfall von Wertersatz in Höhe von 48.600 € angeordnet. Schließlich hat es die Angeklagten von weiteren Tatvorwürfen freigesprochen.
- 2
- Die Staatsanwaltschaft stützt ihre zuungunsten der Angeklagten eingelegte Revision auf eine Verfahrensrüge und die Sachrüge. Sie wendet sich gegen die Freisprüche und beanstandet zudem vor allem, dass die Angeklagten P. , T. und S. nicht wegen bandenmäßiger Begehungsweise verurteilt wurden. Die gegen die Verurteilungen gerichteten Revisionen der Angeklagten rügen jeweils die Verletzung materiellen Rechts, die Angeklagten P. , T. und S. erheben zudem zwei identische Verfahrensrügen. Die Revisionen der Angeklagten Sch. und S. haben insgesamt Erfolg, die übrigen Revisionen jeweils nur in dem sich aus der Urteilsformel ergebenden Umfang.
A.
- 3
- Das Landgericht hat im Wesentlichen die folgenden Feststellungen und Wertungen getroffen:
- 4
- Die Angeklagten T. und P. mieteten unter fremden Namen von der Angeklagten Sch. in H. eine Wohnung (Nr. 106) an, um darin Cannabispflanzen anzubauen und das geerntete Cannabis zur Aufbesserung ihrer finanziellen Lage zu verkaufen. An der Vermietung war der Angeklagte Y. , der damalige Lebensgefährte der Angeklagten Sch. , beteiligt; er hatte auch Kenntnis von der geplanten Nutzung der Wohnung. Von Mitte April 2009 bis Anfang Dezember 2009 pflanzten die Angeklagten T. und P. zweimal achtzig Cannabissetzlinge, ernteten zumindest einmal die Pflanzen und erzielten dabei 2 kg Marihuana mit einem Wirkstoffanteil von zehn Prozent Tetrahydrocannabinol (THC), das sie - wie von Beginn an geplant - verkauften. Die zweite Anpflanzung ging ein und erbrachte keinen Ertrag. Der Angeklagte Y. war an der Pflege der Pflanzen beteiligt. Im Herbst 2009 erfuhr die An- geklagte Sch. , zu welchem Zweck und von wem die Wohnung genutzt wurde , tolerierte jedoch den Anbau, da sie sich auf die Mietzahlungen angewiesen fühlte.
- 5
- Im November 2009 mieteten die Angeklagten T. und P. eine weitere Wohnung (Nr. 127) im selben Haus von der Angeklagten Sch. , um dort ebenfalls eine Cannabisplantage zu errichten. Etwa Anfang 2010 pflanzten die Angeklagten P. und T. zeitgleich in den beiden Wohnungen Cannabispflanzen an. Während der Angeklagte Y. weiterhin lediglich die Plantage in der zuerst angemieteten Wohnung mit betreute, half der Angeklagte S. im Jahr 2010 in beiden Wohnungen. Im April 2010 sowie August 2010 kam es jeweils zu Aberntungen und - nach vollständigem Verkauf - zu Neuanpflanzungen. Als am 19. September 2010 die beiden Plantagen entdeckt und die Pflanzen sichergestellt wurden, waren demnach seit Jahresbeginn in beiden Wohnungen jeweils zwei erfolgreiche Ernten durchgeführt worden. Der Ertrag betrug stets in der einen Wohnung 2 kg und in der anderen Wohnung 2,4 kg cannabishaltigen Materials mit einem Wirkstoffgehalt von mindestens 10 Prozent THC. Die in beiden Wohnungen sichergestellten Cannabissetzlinge wiesen eine Wirkstoffmenge von insgesamt 4,3 g THC auf.
- 6
- Das Landgericht ist in den schriftlichen Urteilsgründen - abweichend von der Urteilsformel - davon ausgegangen, dass sich die Angeklagten P. und T. in den insgesamt fünf Fällen einer erfolgreichen Ernte des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und in den anderen drei Fällen, also hinsichtlich der im Jahr 2009 verkümmerten sowie der im September 2010 in beiden Wohnungen sichergestellten Pflanzen, des (gewerbsmäßigen ) Handeltreibens mit Betäubungsmitteln schuldig gemacht hätten. Die Beiträge des Angeklagten S. seien (hinsichtlich der erfolgreichen Ernten im Jahr 2010) als Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht gerin- ger Menge in vier Fällen und (hinsichtlich der sichergestellten Pflanzen) als Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in zwei Fällen zu werten, die Beiträge des Angeklagten Y. entsprechend als Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen und als Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in zwei Fällen. Die Angeklagte Sch. habe sich wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen und Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in drei Fällen strafbar gemacht. Da sie ab Herbst 2009 von der Anpflanzung in der zuerst vermieteten Wohnung gewusst habe, habe sie sich insoweit durch Unterlassen strafbar gemacht, weil sie als "Wohnungsinhaberin" verpflichtet gewesen sei, gegen die zweckentfremdete Nutzung einzuschreiten.
- 7
- Im Übrigen wurden die Angeklagten freigesprochen, soweit ihnen im Hinblick auf einen zunächst angenommenen kürzeren Erntezyklus weitere Anpflanzungen in den beiden von der Angeklagten Sch. vermieteten Wohnungen zur Last gelegt worden waren.
- 8
- Darüber hinaus hat das Landgericht die Angeklagten P. , T. und S. von dem Vorwurf freigesprochen, sie hätten von Oktober 2009 bis September 2010 in einem anderen Haus eine weitere Indoor-Plantage betrieben und dort vier Mal Cannabis geerntet.
- 9
- I. Das Verfahren ist gemäß § 354 Abs. 1, § 260 Abs. 3 StPO einzustellen , soweit das Landgericht die Angeklagten wegen der letzten beiden Anpflanzungen , die nicht mehr abgeerntet, sondern sichergestellt wurden, verurteilt hat (nach den Urteilsgründen die Angeklagten P. und T. wegen Handeltrei- bens mit Betäubungsmitteln in zwei Fällen, die Angeklagten S. und Sch. wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in zwei Fällen sowie den Angeklagten Y. wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln). Insofern besteht ein Verfahrenshindernis, weil die Taten nicht Gegenstand der Anklage sind und eine Nachtragsanklage (§ 266 StPO) nicht erhoben worden ist.
- 10
- 1. Die Urteilsfindung hat die Tat im verfahrensrechtlichen Sinne zum Gegenstand (§ 264 Abs. 1 StPO). Diese bestimmt sich nach dem von der zugelassenen Anklage umschriebenen geschichtlichen Vorgang, innerhalb dessen der Angeklagte einen Straftatbestand verwirklicht haben soll. Sie erstreckt sich auf das gesamte Verhalten des Täters, das nach natürlicher Auffassung ein mit diesem geschichtlichen Vorgang einheitliches Geschehen bildet (vgl. BGH, Beschluss vom 27. November 2011 - 3 StR 255/11, NStZ 2012, 168, 169). Liegen nach dieser Maßgabe verschiedene Lebenssachverhalte und mithin mehrere selbständige prozessuale Taten vor, so sind diese nur dann vollumfänglich Gegenstand der Urteilsfindung, wenn sich nach dem aus der Anklageschrift erkennbaren Willen der Staatsanwaltschaft ergibt, dass sie sämtlich einer Aburteilung zugeführt werden sollen (vgl. BGH, Urteil vom 15. Mai 1997 - 1 StR 233/96, BGHSt 43, 96, 99 ff.).
- 11
- 2. Die insoweit unverändert zur Hauptverhandlung zugelassene Anklage hat in Bezug auf die beiden Wohnungen, welche die Angeklagte Sch. vermietete , insgesamt neun Cannabis-Ernten zum Gegenstand, nämlich sechs Ernten in der ersten und drei Ernten in der zweiten Wohnung. Den Angeklagten P. , T. und S. ist zur Last gelegt worden, ab Mitte März 2009 alle drei Monate eine Ernte von mindestens 2,5 kg Marihuana erzielt zu haben, wozu die Angeklagte Sch. in allen neun Fällen und der Angeklagte Y. in sechs Fällen Beihilfe geleistet haben sollen. Die letzten Anpflanzungen von nicht geernteten und später sichergestellten Cannabissetzlingen werden im Anklagesatz nicht aufgeführt. Lediglich im wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen wird zur Erläuterung der erzielten Erntemengen mitgeteilt, dass sich zum Zeitpunkt der Durchsuchungen eine bestimmte Anzahl von Setzlingen in den Wohnungen befunden habe.
- 12
- Danach stellt die jeweils letzte Anpflanzung in den beiden Wohnungen weder eine einheitliche prozessuale Tat mit den vorangegangenen Anpflanzungen dar noch wird deutlich, dass sich der Verfolgungswille der Staatsanwaltschaft hierauf erstreckte. Vielmehr richtete er sich lediglich auf diejenigen Anbauvorgänge im Tatzeitraum, die der letzten, sodann sichergestellten Anpflanzung vorausgingen.
- 13
- a) Das konkrete Vorkommnis, auf das sich die Urteilsfindung bezieht, ist danach jeweils der Anbau und die drei Monate später durchgeführte Ernte von Cannabispflanzen, die in der einen Wohnung Mitte März 2009 und in der anderen Wohnung im Dezember 2009 begannen. Allein dadurch, dass Anbau und Ernte in denselben Wohnungen mehrfach hintereinander stattgefunden haben sollen, ergibt sich noch kein einheitlicher Vorgang. Da die jeweiligen Anpflanzungen mit der Ernte ihr Ende fanden und es danach zu Neuanpflanzungen kam, stellt sich die getrennte Betrachtung der verschiedenen Anpflanzungen gerade nicht als unnatürliche Aufspaltung eines einheitlichen Lebensvorgangs (vgl. BGH, Urteil vom 24. Juli 1987 - 3 StR 36/87, BGHSt 35, 14, 17), sondern als sachlich naheliegend dar.
- 14
- Dies entspricht auch der Beurteilung in materiellrechtlicher Hinsicht. So sind gesonderte Anbauvorgänge, die auf gewinnbringende Veräußerung der dadurch erzeugten Betäubungsmittel abzielen, grundsätzlich als für sich selbständige , zueinander in Tatmehrheit stehende Taten des Handeltreibens zu bewerten (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Juni 2011 - 3 StR 485/10, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Konkurrenzen 11 mwN).
- 15
- b) Daraus, dass die Anklageschrift im wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen die Anzahl der in den Wohnungen aufgefundenen Setzlinge mitteilt, ergibt sich noch kein Verfolgungswille der Staatsanwaltschaft. Da diese letzten Anpflanzungen weder in abstrakter noch in konkreter Weise Eingang in den Anklagesatz gefunden haben, ist angesichts der näheren Umstände davon auszugehen, dass sie lediglich zur Schilderung der Tathintergründe in das Ermittlungsergebnis aufgenommen wurden, ohne dass die Staatsanwaltschaft sie zur Anklage bringen wollte.
- 16
- 3. Das Verfahren ist daher insoweit auf Kosten der Staatskasse (§ 467 Abs. 1 StPO) einzustellen. Die zulasten der Angeklagten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft wirkt sich insoweit zu deren Gunsten aus (§ 301 StPO). Die Einstellung steht einer Anklageerhebung hinsichtlich der bislang nicht angeklagten Taten (und einer etwaigen Verbindung mit dem hiesigen Verfahren) nicht entgegen.
- 17
- II. Soweit das Landgericht die Angeklagten verurteilt hat und das Verfahren nicht eingestellt ist, ist das Urteil bereits deshalb aufzuheben, weil das Landgericht ein Handeln der Angeklagten als Bandenmitglieder nicht rechtsfehlerfrei verneint hat (unten zu 1.). Zudem hat es nicht bedacht, dass bei dem auf den späteren Weiterverkauf gerichteten Cannabisanbau ein Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unter Umständen bereits vorliegen kann, bevor die Wirkstoffmenge der aufgezogenen Pflanzen den Grenzwert der nicht geringen Menge erreicht (zu 2.). Ferner tragen die Feststellungen nicht die konkurrenzrechtliche Bewertung, dass die Tatbeiträge der Angeklagten P. , T. , S. und Sch. in Bezug auf jeweils parallele Anbauvorgänge in zwei Wohnungen als Tatmehrheit zu werten seien (zu 3.). Schließlich sind die die Angeklagte Sch. betreffenden Schuldsprüche auch deshalb nicht hinreichend belegt, weil - soweit eine Strafbarkeit wegen Unterlassens angenommen wurde - eine Garantenstellung nicht dargetan ist und - soweit ihr Tatbeitrag im Übrigen in der Vermietung einer weiteren Wohnung lag - jeweils einzelne, die verschiedenen Haupttaten fördernde Handlungen fehlen, die für die Annahme einer tatmehrheitlichen Beihilfe erforderlich wären (zu 4.).
- 18
- 1. Die Begründung, mit der das Landgericht das Vorliegen einer Bande oder möglicherweise mehrerer Banden abgelehnt hat, ist nicht tragfähig.
- 19
- a) Da die Staatsanwaltschaft die Sachrüge ausdrücklich "umfassend erhoben" hat, hat der Senat nicht allein die von der Revision der Staatsanwaltschaft ausdrücklich erörterte bandenmäßige Begehungsweise durch die Angeklagten T. , P. und S. , sondern auch eine etwaige Bandenmitgliedschaft der weiteren Angeklagten Sch. und Y. zu prüfen.
- 20
- b) Eine Bande im Sinne von § 30 Abs. 1 Nr. 1, § 30a Abs. 1 BtMG setzt den Zusammenschluss von mindestens drei Personen voraus, die sich mit dem Willen verbunden haben, künftig für eine gewisse Dauer mehrere selbständige, im Einzelnen noch ungewisse der im Gesetz genannten Betäubungsmitteldelikte zu begehen. Dabei kann Mitglied einer Bande auch derjenige Tatbeteiligte sein, dem nach der Bandenabrede nur Aufgaben zufallen, die sich bei wertender Betrachtung als Gehilfentätigkeit darstellen (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Januar 2002 - 4 StR 499/01, BGHSt 47, 214; Urteil vom 23. April 2009 - 3 StR 83/09, BGHR BtMG § 30 Abs. 1 Nr. 1 Bande 9).
- 21
- Daher sind die von der Kammer herangezogenen Umstände, dass die Angeklagten S. und Y. lediglich Hilfsarbeiten erbrachten, keinen bestimmenden Einfluss auf die Aufzucht der Pflanzen sowie den An- und Ver- kauf hatten, sich ihr Interesse allein auf cannabishaltiges Material zum Eigenkonsum erstreckte und sie keinen Gewinnanteil erhielten, für das Vorliegen einer Bande nicht maßgeblich und schließen eine solche nicht aus. Vielmehr kann insbesondere das wiederholte deliktische Zusammenwirken - wenn auch nicht ohne Weiteres - für eine zumindest stillschweigende Bandenabrede sprechen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 15. Januar 2002 - 4 StR 499/01, BGHSt 47, 214, 220; vom 10. November 2011 - 3 StR 355/11, NStZ 2012, 518; Urteil vom 23. April 2009 - 3 StR 83/09, BGHR BtMG § 30 Abs. 1 Nr. 1 Bande 9). Dass sämtliche Angeklagte sich untereinander kennen und gemeinsam an der Abrede beteiligt waren, ist dafür nicht erforderlich (s. BGH, Urteil vom 23. April 2009 - 3 StR 83/09 aaO).
- 22
- Da das Landgericht somit bei der Prüfung der Bande rechtlich unzutreffende Maßstäbe zugrunde gelegt hat und nicht auszuschließen ist, dass sich die Voraussetzungen einer Bande feststellen lassen, ist das Urteil aufzuheben, soweit das Landgericht die Angeklagten verurteilt hat und das Verfahren nicht einzustellen war. Dies betrifft sämtliche Angeklagte, auch die Angeklagte Sch. . Zwar hat diese nach den bisherigen Feststellungen lediglich einmal die weitere Wohnung zum Cannabisanbau zur Verfügung gestellt, so dass eine Bandenmitgliedschaft weniger naheliegt als bei den anderen Angeklagten. Indes kann der Senat nicht mit Sicherheit ausschließen, dass sich eine Bandenmitgliedschaft belegen lassen könnte, wenn das Landgericht in diesem Zusammenhang von den zutreffenden rechtlichen Maßstäben ausgeht.
- 23
- 2. Ein Rechtsfehler ist ferner darin zu sehen, dass das Landgericht im Falle der Missernte nicht von einem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (oder gegebenenfalls einer Beihilfe dazu) ausgegangen ist.
- 24
- a) Das Landgericht hat im Ansatz zutreffend gesehen, dass es für ein vollendetes Handeltreiben ausreichen kann, dass Cannabissetzlinge mit dem Ziel einer späteren Ernte und des gewinnbringenden Weiterverkaufs angepflanzt werden, auch wenn es dazu letztlich nicht mehr kommt. Der Begriff des Handeltreibens ist umfassend dahin zu verstehen, dass er jede eigennützige auf den Umsatz von Betäubungsmitteln gerichtete Tätigkeit umfasst, soweit es sich nicht lediglich um typische Vorbereitungen handelt, die weit im Vorfeld des beabsichtigten Güterumsatzes liegen (BGH, Beschluss vom 26. Oktober 2005 - GSSt 1/05, BGHSt 50, 252, 256, 265 f.). Demgemäß geht der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass bereits die Aufzucht von Cannabispflanzen den Tatbestand des Handeltreibens erfüllen kann, wenn der Anbau - wie hier - auf die gewinnbringende Veräußerung der herzustellenden Betäubungsmittel zielt (vgl. BGH, Beschluss vom 3. August 2011 - 2 StR 228/11, NStZ 2012, 43 mwN; Weber, BtMG, 3. Aufl., § 29 Rn. 109; Körner /Patzak, BtMG, 7. Aufl., § 29 Rn. 98; MüKoStGB/Rahlf, 1. Aufl., § 29 BtMG Rn. 92).
- 25
- b) Stellt bereits die Aufzucht ein Handeltreiben dar, kommt es konsequenterweise für die Beurteilung der Handelsmenge wie auch sonst nicht entscheidend darauf an, welchen Wirkstoffgehalt die angebauten Pflanzen konkret haben, sondern auf welchen geplanten Umsatz die Aufzucht gerichtet ist.
- 26
- aa) Der Bundesgerichtshof hat bereits mehrfach entschieden, dass bei einem auf spätere Veräußerung zielenden Anbau von Cannabispflanzen bis in das Stadium, in dem sie eine nicht geringe Menge THC enthalten, ein unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Betracht kommen kann (vgl. BGH, Urteil vom 27. Juli 2005 - 2 StR 192/05, NStZ 2006, 578, 579; Beschluss vom 12. Januar 2005 - 1 StR 476/04, BGHR BtMG § 29a Abs. 1 Nr. 2 Handeltreiben 4). Auch wenn die dort gewählten Formulierungen sich dahin verstehen lassen können, Voraussetzung einer solchen Strafbarkeit sei stets, dass die Pflanzen bereits eine nicht geringe Menge THC aufweisen, verhalten sich die Entscheidungen dazu nicht näher. Diese Frage war für die Entscheidungen unerheblich, da die Pflanzen dort jeweils einen den Grenzwert der nicht geringen Menge übersteigenden Wirkstoffgehalt enthielten.
- 27
- Der Senat folgt für die hier in Rede stehende Fallkonstellation seiner in einer früheren Entscheidung (Beschluss vom 28. Oktober 2008 - 3 StR 409/08, BGHR BtMG § 29a Abs. 1 Nr. 2 Handeltreiben 5) bereits angedeuteten Ansicht, dass für die Abgrenzung des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln nach § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG vom Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG) die Menge maßgeblich ist, die mit der bereits begonnenen Aufzucht der Pflanzen letztlich erzielt und gewinnbringend veräußert werden soll.
- 28
- bb) Für ein solches Ergebnis spricht die Definition des Handeltreibens, nach der es nicht auf ein tatsächlich erfolgreiches Umsatzgeschäft, sondern auf ein Verhalten ankommt, das auf ein solches gerichtet ist. Dementsprechend ist anerkannt, dass ein als bindend gewollter Abschluss eines Erwerbsgeschäfts ein vollendetes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln unabhängig davon darstellt , ob das zu liefernde Rauschgift überhaupt bereitsteht oder vorhanden ist (vgl. BGH, Urteil vom 14. April 1999 - 3 StR 22/99, NJW 1999, 2683, 2684 mwN; Beschluss vom 21. April 2009 - 3 StR 107/09, StraFo 2009, 344). Ähnlich war nach den Feststellungen auch hier die bereits begonnene Pflanzenaufzucht darauf gerichtet, letztlich mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge Handel zu treiben.
- 29
- cc) Durch die begonnene Aufzucht bestand zudem eine spezifische Gefährdungslage für das durch die §§ 29 ff. BtMG geschützte Rechtsgut (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 18. September 2006 - 2 BvR 2126/05, NJW 2007, 1193, 1194). Bei planmäßigem Verlauf wäre es - anders als in Fällen, in denen überhaupt noch keine Anpflanzung vorgenommen wurde (dazu etwa BGH, Urteil vom 15. März 2012 - 5 StR 559/11, NStZ 2012, 514 mit abl. Anm. Patzak) - ohne besondere weitere Zwischenschritte zur Ernte und zum Verkauf von Cannabis in nicht geringer Menge gekommen. Hinge in der vorliegenden Fallkonstellation die Strafbarkeit wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge davon ab, dass der Wirkstoffgehalt in den Pflanzen tatsächlich den Grenzwert bereits übersteigt, würde die besondere Gefährdung, die sich schon durch den auf die Weiterveräußerung nicht geringer Mengen gerichteten Anbau ergibt, nicht in ihrem ganzen Umfang erfasst.
- 30
- 3. Im Übrigen ergibt die Revision der Staatsanwaltschaft (zugunsten der Angeklagten T. , P. , S. und Sch. ), dass die Annahme von jeweils tatmehrheitlichem Handeltreiben hinsichtlich der zeitgleichen Aufzucht in verschiedenen Wohnungen durch die Feststellungen bislang nicht hinreichend belegt ist.
- 31
- In rechtlicher Hinsicht ist davon auszugehen, dass gesonderte Anbauvorgänge , die auf die gewinnbringende Veräußerung der erzeugten Betäubungsmittel abzielen, grundsätzlich als für sich selbständige, zueinander in Tatmehrheit stehende Taten des Handeltreibens zu bewerten sind. Soweit der Täter allerdings mehrere der durch die einzelnen Anbauvorgänge erzielten Erträge in einem einheitlichen Umsatzgeschäft veräußert, führt dies zu einer Teilidentität der Ausführungshandlungen und verknüpft die Fälle des Handeltreibens zur Tateinheit (BGH, Beschluss vom 28. Juni 2011 - 3 StR 485/10, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Konkurrenzen 11).
- 32
- Nach den Feststellungen des Landgerichts ist bereits zweifelhaft, ob überhaupt gesonderte Anbauvorgänge vorliegen, da die Setzlinge in zwei im selben Haus gelegenen Appartements jeweils zeitgleich angepflanzt wurden. Ein solcher paralleler Anbau in örtlicher Nähe kann - je nach den näheren Umständen des Einzelfalles - als ein einheitlicher Anbauvorgang zu bewerten sein. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Ausführungshandlungen teilweise identisch sind. So kann beispielsweise auch der einheitliche Einkauf von Setzlingen oder sonstigem Pflanzmaterial dafür sprechen, die gleichzeitigen Pflanzungen als einheitlichen Vorgang zu bewerten. Zu diesen nach der Sachlage naheliegenden Möglichkeiten sind bisher indes keine näheren Feststellungen getroffen.
- 33
- Überdies hat die Kammer nicht in den Blick genommen, ob das gleichzeitig abgeerntete sowie in größeren Einzelmengen ab etwa 500 Gramm an unbekannt gebliebene Dritte veräußerte Cannabismaterial möglicherweise für den Verkauf zusammengeführt wurde und zumindest unter diesem Gesichtspunkt jeweils ein einziger Fall des Handeltreibens vorliegt.
- 34
- Somit bedarf die Sache auch insofern neuer Verhandlung und Entscheidung , als die Kammer hinsichtlich der jeweils parallelen Anpflanzungen in den beiden im selben Haus gelegenen Wohnungen von Tatmehrheit ausgegangen ist.
- 35
- 4. Unabhängig davon ist der Schuldspruch zu Lasten der Angeklagten Sch. auch aus anderen Gründen nicht frei von Rechtsfehlern.
- 36
- a) Das Landgericht ist davon ausgegangen, die Angeklagte Sch. habe sich hinsichtlich des in der zunächst vermieteten Wohnung gepflanzten Cannabis wegen Beihilfe durch Unterlassen strafbar gemacht, weil sie nicht gegen die Nutzung der Wohnung zum Anbau von Cannabispflanzen eingeschritten sei, nachdem sie von dieser erfahren habe. Jedoch ergibt sich nicht, wieso die Angeklagte zum Einschreiten rechtlich im Sinne des § 13 Abs. 1 StGB verpflichtet war. Allein aus der Stellung als Wohnungsinhaber oder Vermieter folgt eine solche Pflicht im Allgemeinen nicht (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom 17. November 2011 - 2 StR 348/11, NStZ-RR 2012, 58 f.; vom 12. Februar 2009 - 3 StR 12/09, NStZ-RR 2009, 184; Fischer, StGB, 60. Aufl., § 13 Rn. 62; Weber, BtMG, 3. Aufl., § 29 Rn. 51 ff., 85 f.). Das angefochtene Urteil legt nicht näher dar, auf welcher rechtlichen Grundlage sich eine solche Pflicht in dem Fall ergeben soll, dass eine Wohnung "völlig zweckentfremdet" und nicht mehr zu Wohnzwecken genutzt wird. Soweit die Angeklagte nach öffentlichem Recht (etwa § 61 NBauO) für den Zustand der Wohnung verantwortlich sein könnte, ergibt sich daraus nicht ohne Weiteres, dass sie damit zugleich auch für die Abwendung des straftatbestandlichen Erfolges des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln einzustehen hat.
- 37
- Soweit eine Strafbarkeit der Angeklagten Sch. wegen eines Betäubungsmitteldelikts ausscheidet, ist eine etwaige Strafbarkeit wegen Geldwäsche (§ 261 Abs. 2 StGB) in Bedacht zu nehmen, weil die Angeklagte - so die bisherigen Feststellungen - nach Kenntnis vom Cannabisanbau weiterhin Miete erhielt (vgl. Fischer, StGB, 60. Aufl., § 261 Rn. 39) und das Geld aus dem Verkaufserlös der ersten Ernte stammen könnte.
- 38
- b) Da die Angeklagte Sch. die weitere Wohnung in Kenntnis des beabsichtigten Verwendungszwecks vermietete, kann dies zwar grundsätzlich für eine Strafbarkeit wegen Beihilfe durch aktives Tun ausreichen, ohne dass es auf eine Garantenpflicht ankommt. Auf Bedenken stößt insofern aber die konkurrenzrechtliche Bewertung.
- 39
- Bei einer Deliktserie unter Beteiligung mehrerer Personen ist die Frage, ob die einzelnen Taten tateinheitlich oder tatmehrheitlich zusammentreffen, für jeden einzelnen Beteiligten gesondert zu prüfen und dabei auf seinen individuellen Tatbeitrag abzustellen. Erbringt ein Gehilfe Tatbeiträge, durch die alle oder mehrere Taten der Haupttäter gleichzeitig gefördert werden, so sind ihm die gleichzeitig geförderten einzelnen Straftaten als tateinheitlich begangen zuzurechnen (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juni 2004 - 3 StR 344/03, NJW 2004, 2840, 2841 mwN).
- 40
- Nach diesen Maßstäben ergeben die Feststellungen nicht, dass die Angeklagte Sch. im Zusammenhang mit der später vermieteten Wohnung je individuelle, tatmehrheitliche Unterstützungshandlungen für jede aus dieser Wohnung gewonnene Ernte und damit zu den einzelnen Fällen des Handeltreibens geleistet hätte. Die Angeklagte vermietete lediglich die Wohnung in Kenntnis der Tatsache, dass diese zur Aufzucht und zum dauerhaften Betrieb einer Indoor-Plantage genutzt werden sollte. Dass sie im Folgenden Tatbeiträge in Bezug auf die verschiedenen einzelnen Anpflanzungen erbrachte, ist nicht ersichtlich. Es liegt somit nur eine Beihilfehandlung vor (Fischer, StGB, 60. Aufl., § 27 Rn. 31 mwN).
- 41
- 5. Weil das Urteil aus den dargelegten Gründen auf die Revision der Staatsanwaltschaft insgesamt aufzuheben war, soweit die Angeklagten verurteilt worden sind, bedarf keiner näheren Erörterung, dass die rechtliche Würdigung in den Gründen des angefochtenen Urteils nicht mit den in der Urteilsformel aufgeführten Schuldsprüchen übereinstimmt.
- 42
- III. Soweit die Angeklagten hinsichtlich weiterer ihnen zur Last gelegter Anpflanzungen in den beiden von der Angeklagten Sch. vermieteten Wohnungen freigesprochen worden sind, ist dies rechtsfehlerfrei. Das Landgericht hat hinreichend dargelegt, aus welchen Gründen es im Tatzeitraum nicht zu über die festgestellte Aufzucht hinausgehenden Anpflanzungen gekommen und eine Beteiligung der Angeklagten S. sowie Sch. an den ersten Taten nicht festzustellen ist.
- 43
- IV. Die von der Staatsanwaltschaft erhobenen verfahrensrechtlichen und materiellrechtlichen Beanstandungen, mit denen sie sich gegen den - eine Plantage in einer dritten Wohnung betreffenden - Teilfreispruch der Angeklagten P. , T. und S. wendet, haben keinen Erfolg.
- 44
- 1. Mit der Verfahrensrüge beanstandet die Revision vergeblich, dass das Landgericht einen Antrag auf Inaugenscheinnahme überwachter Telefongespräche aus tatsächlichen Gründen als für die Entscheidung bedeutungslos abgelehnt hat (§ 244 Abs. 3 Satz 2 Var. 2 StPO). Die Rüge ist jedenfalls unbegründet.
- 45
- Der Beschluss, mit dem das Landgericht die begehrte Inaugenscheinnahme abgelehnt hat, genügt den an diesen zu stellenden Anforderungen: Er führt die Erwägungen auf, aus denen das Tatgericht den unter Beweis gestellten Gesprächen keine Bedeutung für den Schuldspruch beimisst, und wahrt dabei die zu beachtenden Darlegungserfordernisse, die grundsätzlich denjenigen bei der Würdigung von durch die Beweisaufnahme gewonnenen Indiztatsachen in den Urteilsgründen entsprechen (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 22. November 2007 - 3 StR 430/07, NStZ 2008, 299 mwN).
- 46
- Das Landgericht hat im Hinblick auf die weitere Beweislage dargelegt, aus welchen Gründen es von einer Plantage in der in einem anderen Haus gelegenen dritten Wohnung auch dann nicht überzeugt wäre, wenn sich die Angeklagten P. , S. und T. über die Räumung der Wohnung sowie die Entsorgung von "Kartons mit Töpfen" unterhalten hätten.
- 47
- 2. Der Teilfreispruch hält auch auf die Sachrüge revisionsrechtlicher Überprüfung stand. Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters, dem es obliegt, das Ergebnis der Hauptverhandlung festzustellen und zu würdigen. Die revisionsgerichtliche Überprüfung ist darauf beschränkt, ob dem Tatrichter Rechtsfehler unterlaufen sind. Dies ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist, gegen Denk- oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt oder wenn das Tatgericht zu hohe Anforderungen an die Überzeugungsbildung stellt. Sind Rechtsfehler nicht gegeben, hat das Revisionsgericht die vom Tatrichter vorgenommene Würdigung hinzunehmen, auch wenn ein anderes Ergebnis ebenso möglich oder gar näherliegend gewesen wäre (st. Rspr.; z.B. BGH, Urteil vom 9. Juni 2005 - 3 StR 269/04, NJW 2005, 2322, 2326).
- 48
- So liegt es hier. Das Landgericht hat sich mit den für und gegen einen Cannabisanbau sprechenden Indizien im Einzelnen auseinandergesetzt. Es hat die von der Revision hervorgehobenen Gesichtspunkte gesehen, ihnen aber insgesamt ein geringeres Gewicht beigemessen.
- 49
- I. Die Revisionen der Angeklagten T. sowie P. haben mit der Sachrüge teilweise Erfolg und führen zur Aufhebung des Urteils, soweit diese Angeklagten wegen der gleichzeitig in den beiden Wohnungen vorgenommenen Anpflanzungen verurteilt worden sind (Taten 3. bis 8. unter II. 4. der Urteilsgründe ). Im Übrigen ist ihre Revision (hinsichtlich der verbleibenden Taten 1. und 2. unter II. 2.) unbegründet. Insofern liegen weder die von beiden Angeklagten geltend gemachten Verfahrensfehler noch die Angeklagten beschwerende sachlichrechtliche Mängel vor. Hierzu im Einzelnen:
- 50
- 1. Die Schuldsprüche zu den letzten sechs Taten, welche die jeweils gleichzeitige Cannabisaufzucht in den beiden von der Angeklagten Sch. angemieteten Wohnungen betrafen, können aus den bereits dargelegten Gründen nicht bestehen bleiben: Für die letzten beiden Taten, die der Verurteilung zugrundeliegen, fehlt es an einer Anklageerhebung als erforderliche Verfahrensvoraussetzung. Bei den anderen vier Taten ist die Annahme von Tatmehrheit nicht rechtsfehlerfrei dargetan, weil es sich bei den gleichzeitigen Anpflanzungen jeweils um eine Tat im materiellrechtlichen Sinne handeln kann und somit lediglich zwei statt vier selbständige Taten vorliegen können.
- 51
- 2. Die Verurteilungen der Angeklagten T. und P. wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln, weil sie im Jahr 2009 in der ersten angemieteten Wohnung einmal erfolgreich und einmal letztlich erfolglos Cannabispflanzen mit dem Ziel des gewinnbringenden Weiterverkaufs aufzogen, enthalten keine diese beschwerenden Rechtsfehler. Dass das Landgericht - wie bereits dargelegt - ein bandenmäßiges Handeln und bei dem fehlgeschlagenen Anbau ein Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nicht rechtsfehlerfrei abgelehnt hat, wirkt sich nicht zulasten der Angeklagten aus. Die beiden von ihnen in gleicher Weise erhobenen Verfahrensrügen greifen nicht durch.
- 52
- a) Die Angeklagten beanstanden, dass das mit zwei Berufsrichtern besetzte Landgericht nicht ordnungsgemäß besetzt gewesen sei, da nach Umfang und Schwierigkeit der Sache die Mitwirkung eines dritten Richters notwendig gewesen sei (§ 338 Nr. 1 StPO, § 76 Abs. 2 Satz 1 GVG aF). Diese Rüge ist zulässig, aber unbegründet.
- 53
- aa) Beide Angeklagten haben die mit Beschluss vom 7. September 2009 festgelegte Gerichtsbesetzung bereits vor der Vernehmung des ersten Ange- klagten zur Sache beanstandet und diese Beanstandung näher ausgeführt (§ 338 Nr. 1 Buchst. b, § 222b Abs. 1 StPO).
- 54
- bb) Die Rüge, die Gerichtsbesetzung verstoße gegen § 76 Abs. 2 GVG aF, hat keinen Erfolg. Denn dazu wäre erforderlich, dass die Entscheidung der Strafkammer objektiv willkürlich ist, weil diese den ihr zustehenden Beurteilungsspielraum in unvertretbarer Weise überschritten hat (BGH, Urteil vom 23. Dezember 1998 - 3 StR 343/98, BGHSt 44, 328, 333; Beschluss vom 14. August 2003 - 3 StR 199/03, NJW 2003, 3644, 3645). Das ist nicht der Fall.
- 55
- Wie sich insbesondere aus dem die Besetzungseinwände zurückweisenden Beschluss der Kammer ergibt, ist diese von den zutreffenden Maßstäben bei der Beantwortung der Frage ausgegangen, ob die Hinzuziehung eines dritten Richters notwendig erscheint. Dabei hat sie die Anzahl von fünf Angeklagten und zehn Verteidigern, der insgesamt 13 Delikte sowie der 22 Zeugen bedacht. Zudem hat sie berücksichtigt, dass die Anklagevorwürfe gegen die Angeklagten weitgehend gleichgelagert waren, die Hinzuziehung von Dolmetschern entbehrlich war, die Akten vier Bände nebst einigen Sonderheften umfassten , sich zwei Angeklagte im Ermittlungsverfahren umfangreich eingelassen hatten und zwei gegebenenfalls einzuholende Sachverständigengutachten keinen besonderen Umfang erwarten ließen. Demnach hat sich die Kammer weder auf sachfremde Erwägungen gestützt noch den ihr eingeräumten Beurteilungsspielraum in unvertretbarer Weise überschritten. Dass gegebenenfalls auch eine andere Beurteilung möglich gewesen wäre oder sogar näher gelegen haben könnte und die Hauptverhandlung schließlich an 17 Tagen stattfand, lässt es nicht zu, die ursprüngliche Besetzungsentscheidung als objektiv willkürlich zu bewerten.
- 56
- b) Ebenso wenig hat die Rüge Erfolg, der Verwertung der aus Wohnungsdurchsuchungen stammenden Erkenntnisse stehe entgegen, dass der Richtervorbehalt nicht beachtet worden sei (§ 105 Abs. 1 Satz 1 StPO, Art. 13 Abs. 2 GG).
- 57
- aa) Der Rüge liegt im Wesentlichen der folgende Verfahrensgang zugrunde :
- 58
- Am Abend des 19. September 2010, einem Sonntag, nahmen Polizeibeamte aus einer der beiden zur Cannabisaufzucht genutzten Wohnungen (Nr. 127) starken Marihuanageruch war. Sie setzten davon einen Staatsanwalt in Kenntnis, der gegen 19.20 Uhr telefonisch die Durchsuchung der Wohnung anordnete, da ein Ermittlungsrichter erst am nächsten Tag erreichbar gewesen wäre. Während die Wohnung sodann durchsucht wurde, informierte ein Hausbewohner die Beamten über Hinweise auf Marihuanageruch auch aus einer anderen Wohnung. Aufgrund verschiedener Anhaltspunkte durchsuchten die Beamten schließlich auch die zweite zur Aufzucht genutzte Wohnung (Nr. 106). Die Verteidigung hat in der Hauptverhandlung der Verwertung der im Rahmen der Durchsuchungen gewonnenen Beweismittel widersprochen.
- 59
- bb) Die Rüge hat bereits deshalb keinen Erfolg, weil sie nicht zulässig erhoben ist. Die Revisionsbegründungen geben die den angeblichen Mangel begründenden Tatsachen nicht hinreichend an (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Nach gefestigter Rechtsprechung muss der Revisionsführer, der eine Verletzung des Verfahrensrechts geltend machen will, die den Mangel enthaltenden Tatsachen so vollständig und so genau angeben, dass das Revisionsgericht allein auf Grund der Rechtfertigungsschrift prüfen kann, ob ein Verfahrensfehler vorläge, wenn die behaupteten Tatsachen erwiesen wären (BVerfG, Beschluss vom 25. Januar 2005 - 2 BvR 656/99 u.a., NJW 2005, 1999, 2001 mwN). Dem genügt das Revisionsvorbringen nicht, da nicht deutlich wird, von welchem tatsächlichen Geschehensablauf der Durchsuchungen die Revisionen ausgehen. Anstatt die tatsächlichen Umstände der Durchsuchungen selbst geschlossen mit Bestimmtheit darzulegen, geben die Revisionsbegründungen lediglich den Verfahrensgang in der Hauptverhandlung wieder, der die Verwertbarkeit der Durchsuchungsergebnisse betrifft. Damit bleibt beispielsweise unklar, ob die Revisionen davon ausgehen, dass - wie in der Widerspruchsbegründung vom 24. Oktober 2011 vorgetragen - eine Ermittlungsrichterin bis 19.30 Uhr erreichbar gewesen ist, oder davon, dass - wie die von der Kammer eingeholte Mitteilung des Präsidenten des Amtsgerichts Hannover nahelegt - der Bereitschaftsdienst um 14.40 Uhr beendet war und danach die Richterin telefonisch nicht mehr zur Verfügung stand.
- 60
- II. Die Revision des Angeklagten S. hat mit der Sachrüge insgesamt Erfolg. Einer näheren Erörterung der erhobenen Verfahrensrügen, die den durch die Angeklagten T. und P. erhobenen Rügen entsprechen, bedarf es daher nicht.
- 61
- Zum einen fehlt es hinsichtlich der letzten beiden Taten an einer Anklageerhebung. Zum anderen ist die Wertung des Landgerichts, auch bei den parallelen Anpflanzungen sei jeweils von einer selbständigen Tat auszugehen, nicht rechtsfehlerfrei. Wegen der Einzelheiten wird auf die obigen Ausführungen Bezug genommen.
- 62
- III. Die von der Angeklagten Sch. erhobene Sachrüge ist ebenfalls insgesamt erfolgreich aus den Gründen, die bereits im Rahmen der Revision der Staatsanwaltschaft erörtert worden sind.
- 63
- IV. Die Revision des Angeklagten Y. ist lediglich insofern erfolgreich, als die letzte Tat, wegen derer er verurteilt worden ist, nicht Gegenstand der Anklage war. Ansonsten hat die Nachprüfung des Urteils aufgrund seiner Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zu seinem Nachteil erbracht. Zwar lassen die Urteilsgründe nicht erkennen, dass das Landgericht auch bedacht hat, ob ein minder schwerer Fall nach § 29a Abs. 2 BtMG dann in Betracht kommt, wenn in die gebotene Gesamtwürdigung neben den allgemeinen Strafzumessungserwägungen zusätzlich einer oder beide der hier gegebenen vertypten Strafmilderungsgründe einbezogen wird (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Oktober 2011 - 2 StR 218/11, NStZ 2012, 271, 272). Allerdings kann der Senat ausschließen , dass die Strafe darauf beruht; denn das Landgericht hat in den Fällen des § 29a BtMG letztlich dieselben Strafen verhängt wie in den Fällen des § 29 BtMG.
D.
Becker Pfister Schäfer Mayer RiBGH Gericke befindet sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren wird bestraft, wer Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie ein- oder ausführt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.
(2) Ebenso wird bestraft, wer
- 1.
als Person über 21 Jahre eine Person unter 18 Jahren bestimmt, mit Betäubungsmitteln unerlaubt Handel zu treiben, sie, ohne Handel zu treiben, einzuführen, auszuführen, zu veräußern, abzugeben oder sonst in den Verkehr zu bringen oder eine dieser Handlungen zu fördern, oder - 2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt oder sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt oder sich verschafft und dabei eine Schußwaffe oder sonstige Gegenstände mit sich führt, die ihrer Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt sind.
(3) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren.
(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.
(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:
die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende, die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille, das Maß der Pflichtwidrigkeit, die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat, das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie sein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.
(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
2. Auf die Revision des Angeklagten wird das vorgenannte Urteil im Schuldspruch in den Fällen B. II. und B. I. 1.e der Urteilsgründe, im Strafausspruch im Fall B. I. 1.a der Urteilsgründe sowie im Gesamtstrafenausspruch jeweils mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Die weiter gehende Revision des Angeklagten wird verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebungen wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen fünffachen bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln sowie wegen Nöti- gung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Gegen dieses Urteil richten sich die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützten Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft. Die vom Generalbundesanwalt vertretene Revision der Staatsanwaltschaft ist wirksam auf den Strafausspruch in den Fällen B. I. 1.a bis 1.d und 1.f sowie den Gesamtstrafenausspruch beschränkt. Die Revision des Angeklagten hat teilweise, die Revision der Staatsanwaltschaft hat in vollem Umfang Erfolg.
I.
- 2
- Nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils schloss sich der Angeklagte spätestens im Sommer 2011 mit den gesondert verfolgten B. und M. zusammen, um mit Kokain in nicht geringen Mengen Handel zu treiben. Im Dezember 2011 schloss sich ihnen noch der gesondert verfolgte Bo. an. In den Fällen B. I. 1.a bis 1.d und 1.f der Urteilsgründe bezog die Bande zu Handelszwecken jeweils mindestens 500 g, 150 g, 200 g, 910 g und 100 g Kokain mit 10 % Wirkstoffgehalt. Im Fall B. I. 1.d waren zunächst 910 g Kokain in den Besitz der Bande gelangt; 410 g davon hatte man mangels Absatzmöglichkeit an den Lieferanten zurückgegeben. Im Fall B. I. 1.e der Urteilsgründe bewahrte der Angeklagte am 8. Mai 2012 179,8 g Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von 6,95 % in seiner Wohnung auf. Das Marihuana war für den Eigenkonsum und als Zahlungsmittel für Kokain bestimmt. Das Landgericht hat im Fall 1.a eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten, in den Fällen 1.b bis 1.d eine Freiheitsstrafe von jeweils zwei Jahren und in den Fällen 1.e und 1.f eine solche von jeweils einem Jahr verhängt.
- 3
- Im Fall B. II. der Urteilsgründe hat die Strafkammer folgende Feststellungen getroffen:
- 4
- Am 10. Februar 2012 kam es zu einer tätlichen Auseinandersetzung zwischen dem L. und dem Angeklagten. Hintergrund der Auseinandersetzung war, dass M. und B. den Eindruck hatten, L. verkaufe Betäubungsmittel an „Kunden“ des Angeklagten. L. ging mit einem Schlagstock in der Hand auf den von B. herbeigerufenen Angeklagten zu. Dem Angeklagten gelang es während der tätlichen Auseinandersetzung, L. den Schlagstock abzunehmen und ihn zu treten. Der Schlagstock wurde von seinem Begleiter M. über einen Zaun geworfen. Nach dieser Auseinandersetzung äußerte L. , er wolle sich mit dem S. schlagen, der daraufhin telefonisch hinzugezogen wurde. Während der sich anschließenden tätlichen Auseinandersetzung zwischen L. und S. besprühte der Bo. den L. mit CS-Gas. Danach lief L. davon. Für diese Tat hat das Landgericht auf eine Einzelstrafe von zwei Jahren erkannt.
II.
- 5
- Der Strafausspruch in den von der Staatsanwaltschaft angegriffenen Fällen hat keinen Bestand.
- 6
- 1. Schon die Erwägungen, mit denen die Strafkammer den Strafrahmen des § 30a Abs. 3 BtMG bejaht hat, begegnen rechtlichen Bedenken. Die Formulierung , „der Gesetzgeber hatte bei Schaffung des zusätzlich verschärften Verbrechenstatbestandes des § 30a BtMG international organisierte Drogensyndikate im Blick, die nicht nur mittels Kurieren Drogen in die Bundesrepublik einschleusen, sondern auch Absatzorganisationen aufbauen und Maßnahmen für das Waschen und den Rückfluss der Gelder aus Rauschgifthandel treffen“ lässt besorgen, dass die Strafkammer im Rahmen der Gesamtabwägung zu hohe Anforderungen an die Annahme eines „Normalfalles“ nach§ 30a Abs. 1 BtMG gestellt hat (vgl. BGH, Urteil vom 25. Januar 1996 – 5 StR 402/95, BGHR BtMG § 30a Bande 2; Urteil vom 18. Juni 2009 – 3 StR 171/09, NStZ-RR 2009, 320, 321). Zudem sind die Wertungen zur Bandenstruktur widersprüchlich. Bei der Erörterung des minder schweren Falles geht die Strafkammer davon aus, dass die Bande um den Angeklagten besonders schlecht organisiert war (UA S. 16). Bei der rechtlichen Würdigung spricht sie hingegen von einer „ausgeklügelten Organisationsstruktur“ (UA S. 13).
- 7
- 2. Rechtsfehlerhaft hat die Strafkammer außerdem bei der konkreten Strafzumessung eine zu geringe Strafrahmenuntergrenze zugrunde gelegt, indem sie den Strafrahmen von sechs Monaten bis zehn JahrenFreiheitsstrafe des § 30a Abs. 3 BtMG angewendet hat. Dabei hat sie übersehen, dass die durch den schwereren Qualifikationstatbestand des § 30a Abs. 1 BtMG im Wege der Gesetzeskonkurrenz verdrängten Tatbestände sowohl des § 29a Abs. 1 BtMG als auch des § 30 Abs. 1 BtMG eine Sperrwirkung hinsichtlich der Mindeststrafe entfalten (BGH, Urteil vom 13. Februar 2003 – 3 StR 349/02, BGHR BtMG § 30a Abs. 3 Strafzumessung 1); für die Höchststrafe gilt demgegenüber nach der ständigen Rechtsprechung die für den Schuldspruch maßgebliche Bestimmung (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Mai 2010 – 1 StR 59/10, NStZ 2011, 98, 99; Beschluss vom 14. August 2013 – 2 StR 144/13; vgl. aber auch Beschluss vom 25. Juli 2013 – 3 StR 143/13 Rn. 7 ff., juris).
- 8
- Die Strafkammer hat nicht erwogen, ob auch minder schwere Fälle nach § 29a Abs. 2 und § 30 Abs. 2 BtMG vorliegen. Der Senat kann deshalb nicht ausschließen, dass die Einzelstrafen in den Fällen des bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln auf diesem Fehler beruhen. Im Fall I. 1.f unterschreitet die Einzelstrafe den Strafrahmen des § 30 Abs. 1 BtMG, in den Fällen I. 1.b bis 1.d ist auf die Mindeststrafe des § 30 Abs. 1 BtMG erkannt worden. Im Fall I. 1.a ist lediglich auf eine die Mindeststrafe des § 30 Abs. 1 BtMG geringfügig übersteigende Einzelstrafe erkannt worden. Überdies lässt das Urteil zum Fall I. 1.a angesichts der Betäubungsmittelmenge, die nicht über der im Fall I. 1.d gehandelten lag, eine nachvollziehbare Begründung für die Bemessung dieser Strafe vermissen. Insoweit wirkt die Aufhebung auch zugunsten des Angeklagten (§ 301 StPO).
- 9
- 3. Hinzu kommt ein weiterer Fehler zugunsten des Angeklagten bei der Bemessung aller Einzelstrafen. Das Landgericht hat im Rahmen der konkreten Strafzumessung die erlittene Untersuchungshaft strafmildernd berücksichtigt. Untersuchungshaft ist indes, jedenfalls bei der Verhängung einer zu verbüßenden Freiheitsstrafe, kein Strafmilderungsgrund, es sei denn, mit ihrem Vollzug wären ungewöhnliche, über die üblichen deutlich hinausgehende Beschwernisse verbunden (BGH, Urteile vom 28. März 2013 – 4 StR 467/12 Rn. 25 und vom 10. Oktober 2013 – 4 StR 258/13, Rn. 18, jeweils mwN). Will der Tatrichter wegen besonderer Nachteile für den Angeklagten den Vollzug der Untersuchungshaft bei der Strafzumessung mildernd berücksichtigen, müssen diese Nachteile in den Urteilsgründen dargelegt werden (BGH, Urteil vom 14. Juni 2006 – 2 StR 34/06, NJW 2006, 2645). Daran fehlt es hier.
- 10
- 4. Die Aufhebung der Einzelstrafen führt auch zur Aufhebung der Gesamtstrafe.
III.
- 11
- Die Revision des Angeklagten hat in dem aus dem Urteilstenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Im Übrigen ist seine Revision aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 12. September 2013 unbegründet.
- 12
- 1. Die Verurteilung wegen (vollendeter) Nötigung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
- 13
- a) Die Strafkammer hat bei der rechtlichen Würdigung zum Fall B. II. der Urteilsgründe lediglich ausgeführt, dass der Angeklagte mit M. , B. , Bo. und S. unter Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben von L. verlangt hat, dieser solle Drogengeschäfte mit Kunden des Angeklagten unterlassen. In welchen konkreten Verhaltensweisen sie eine Nötigungshandlung gesehen hat, ist nicht angegeben. Dass bei der Tat eine Drohung ausgesprochen worden wäre, ist nicht festgestellt, ebenso wenig, dass die geschilderten Tätlichkeiten des Angeklagten der Durchsetzung einer solchen Forderung dienten. Die Nötigung ist außerdem als Erfolgsdelikt ausgestaltet (BGH, Beschluss vom 11. Dezember 2003 – 3 StR 421/03, BGHR StGB § 240 Abs. 1 Nötigungserfolg 3). Die Gewaltanwendung muss in kausalem Sinne zu dem vom Täter geforderten Verhalten des Opfers führen. Vollendet ist die Nötigung erst dann, wenn der Genötigte die verlangte Handlung vorgenommen oder zumindest mit ihrer Ausführung begonnen hat. Auch dazu enthalten die Urteilsgründe keinerlei Angaben.
- 14
- b) Bereits deshalb hat die tateinheitliche Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung nach § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB keinen Bestand. Zudem lässt der geschilderte Tatablauf es nicht ausgeschlossen erscheinen, dass sich der Angeklagte gegen L. , der mit einem Schlagstock in der Hand auf ihn zuging , zur Wehr gesetzt hat.
- 15
- 2. Der Schuldspruch im Fall B. I. 1.e der Urteilsgründe wegen unerlaubten Besitzes einer nicht geringen Menge Marihuana in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln kann nicht bestehen bleiben. Der Besitz einer nicht geringen Menge Marihuana ist nicht rechtsfehlerfrei festgestellt, weil die Urteilsgründe nicht erkennen lassen, worauf die Feststellung eines Wirkstoffgehalts von 6,95 % Tetrahydrocannabinol (THC) beruht. In der Beweiswürdigung setzt sich die Strafkammer nur mit den Angaben des Angeklagten und der gesondert verfolgten Bandenmitglieder zum Wirkstoffgehalt des Kokains auseinander. Dass der Angeklagte einen Wirkstoffgehalt des Marihuanas von genau 6,95 % THC gestanden haben könnte, schließt der Senat aus.
- 16
- Der Schuldspruch begegnet aber auch deshalb Bedenken, weil die Absicht des Angeklagten, einen Teil des Marihuanas als Zahlungsmittel für Kokain einzusetzen, nicht hinreichend in Bezug auf ein bestimmtes Kokaingeschäft konkretisiert ist. Allein in dem Bereithalten eines Zahlungsmittels für noch völlig ungewisse Betäubungsmittelgeschäfte liegt weder ein versuchtes noch ein vollendetes Handeltreiben (vgl. BGH, Urteil vom 1. August 1990 – 2 StR 147/90, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 22; Weber, BtMG, 4. Aufl., § 29 Rn. 225, 555).
- 17
- Auch der Strafausspruch für diese Tat weist Rechtsfehler auf. Eigenständige Strafzumessungserwägungen fehlen völlig. Es lässt sich daher nicht ausschließen, dass das Landgericht bei der Strafzumessung – wie ausdrücklich bei der rechtlichen Würdigung – fehlerhaft von einem mehrfachen Überschreiten der nicht geringen Menge THC ausgegangen ist.
Mutzbauer Quentin
Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.
(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.
(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:
die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende, die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille, das Maß der Pflichtwidrigkeit, die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat, das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie sein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.
(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.
Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.
(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.
(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:
die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende, die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille, das Maß der Pflichtwidrigkeit, die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat, das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie sein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.
(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.
Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Bandendiebstahls in 30 Fällen, wobei es in acht Fällen beim Versuch blieb, sowie wegen Diebstahls, Computerbetrugs und versuchter Nötigung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten verurteilt. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision.
- 2
- Die Überprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung hat zum Schuld- und Strafausspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO). Das Rechtsmittel hat jedoch insoweit Erfolg , als das Landgericht davon abgesehen hat, die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB anzuordnen.
- 3
- 1. Nach den Feststellungen konsumierte der Angeklagte ab dem 13. Lebensjahr Cannabis und steigerte seinen Konsum bis zu einem täglichen Bedarf von 2 Gramm im Alter von 14 Jahren. Ab dem 16. Lebensjahr kamen am Wochenende ca. 2 Gramm Amphetamin hinzu, wobei er die jeweilige Dosis nasal zu sich nahm. Den aus Anlass seiner ersten Inhaftierung im Jahre 2006 unterbrochenen Amphetaminkonsum setzte er unmittelbar nach der Haftentlassung wieder fort. Nach weiteren Verurteilungen sowie einer nachträglich gebildeten Einheitsjugendstrafe von zwei Jahren trat der Angeklagte am 22. Juni 2007, nachdem die Vollstreckung eines Strafrestes zur Bewährung ausgesetzt worden war, eine Drogentherapie im Rahmen des § 35 BtMG an. Nach Bewährungswiderruf befand er sich von November 2008 bis Dezember 2009 in Strafhaft. Ab Beginn des Jahres 2010 schnupfte und rauchte der Angeklagte auch Kokain, wobei eine Menge von 1 Gramm für zwei bis drei Tage ausreichte. Daneben konsumierte er Kokain zusammen mit den MitangeklagtenS. und O. sowie dem ehemaligen Mitangeklagten R. . Nach erneuter Inhaftierung im Jahre 2010 wurde der Angeklagte am 7. September 2010 zur Durchführung einer weiteren Drogentherapie nach § 35 BtMG aus der Haft entlassen. Bereits eine Woche später brach er die Therapie jedoch ab und kaufte sich von dem Übergangsgeld der JVA Marihuana, um Joints zu rauchen (UA S. 9 RS).
- 4
- Das Landgericht hat in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen die Voraussetzungen für die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB verneint, da weder eine psychische Abhängigkeit, gravierende Entzugserscheinungen, eine erheblich verminderte Steuerungsfähigkeit zu den Tatzeitpunkten oder eine Drogendepravation noch eine erhebliche Beeinträchtigung der Gesundheit sowie der Arbeit- oder Leistungsfähigkeit vorlägen. Ein symptomatischer Zusammenhang zwischen den dem Angeklagten zur Last gelegten Taten und einer „womöglich vorgelegenen Cannabisabhängigkeit“ sei ebenfalls nicht ersichtlich.
- 5
- 2. Diese Ausführungen lassen besorgen, dass die Strafkammer rechtsfehlerhaft von einem zu engen Verständnis eines Hanges im Sinne von § 64 StGB sowie des erforderlichen symptomatischen Zusammenhangs zwischen den abgeurteilten Taten und dem Hang ausgegangen ist.
- 6
- a) Für einen Hang ist nach ständiger Rechtsprechung ausreichend eine eingewurzelte, auf psychische Disposition zurückgehende oder durch Übung erworbene Neigung, immer wieder Rauschmittel zu konsumieren, wobei diese Neigung noch nicht den Grad einer physischen Abhängigkeit erreicht haben muss. Ein übermäßiger Genuss von Rauschmitteln ist jedenfalls dann gegeben, wenn der Betroffene auf Grund seiner psychischen Abhängigkeit sozial gefährdet oder gefährlich erscheint (st. Rspr., vgl. Senatsbeschlüsse vom 6. September 2007 – 4 StR 318/07, NStZ-RR 2008, 8, und vom 1. April 2008 – 4 StR 56/08, NStZ 2008, 198, 199; BGH, Beschluss vom 12. April 2012 – 5 StR 87/12). Nicht erforderlich ist, dass beim Täter bereits eine Persönlichkeitsdepravation eingetreten ist (Senatsbeschluss vom 6. September 2007 – 4 StR 318/07, NStZ-RR 2008, 8). Dem Umstand, dass durch den Rauschmit- telkonsum die Gesundheit sowie die Arbeits- und Leistungsfähigkeit des Betroffenen beeinträchtigt sind, kommt nur eine indizielle Bedeutung zu. Das Fehlen solcher Beeinträchtigungen schließt nicht notwendigerweise die Bejahung eines Hanges aus (Senatsbeschluss vom 1. April 2008 – 4 StR 56/08, NStZ 2008, 198). Für die Maßregelanordnung nach § 64 StGB kommt es auch nicht darauf an, dass der Angeklagte die Taten im Zustand zumindest verminderter Schuldfähigkeit begangen hat (Senatsbeschluss vom 30. September 2003 – 4 StR 382/03, NStZ-RR 2004, 78, 79).
- 7
- Danach drängt sich hier das Vorliegen eines Hanges schon angesichts des festgestellten Konsumverhaltens des Angeklagten und der beiden (abgebrochenen ) Drogentherapien aus den Jahren 2007 und 2010 auf. Demgegenüber hat das Landgericht seine Auffassung, dass eine psychische Abhängigkeit zu verneinen sei, nicht näher begründet. Es hat außerdem davon abgesehen, den Inhalt der Ausführungen des Sachverständigen hierzu mitzuteilen.
- 8
- b) Auch der Symptomwert der festgestellten Taten für den Hang des Angeklagten liegt – entgegen der Auffassung des Landgerichts – ausgesprochen nahe. Nach ständiger Rechtsprechung ist nicht erforderlich, dass der Hang die alleinige Ursache für die Anlasstaten ist. Vielmehr ist ein symptomatischer Zusammenhang auch dann zu bejahen, wenn der Hang neben anderen Umständen mit dazu beigetragen hat, dass der Angeklagte erhebliche rechtswidrige Taten begangen hat, und dies bei unverändertem Suchtverhalten auch für die Zukunft zu besorgen ist (vgl. Senatsbeschlüsse vom 30. September 2003 – 4 StR 382/03, NStZ-RR 2004, 78, vom 25. Mai 2011 – 4 StR 27/11, NStZ-RR 2011, 309, und vom 25. Oktober 2011 – 4 StR 416/11). So liegt es hier. Denn der berufs- und arbeitslose Angeklagte hat seinen beträchtlichen Drogenkonsum ganz überwiegend durch die gewerbsmäßige Begehung von Einbruchsdiebstählen finanziert (UA S. 12 RS). Damit liegt nahe, dass der Drogenkonsum des Angeklagten die abgeurteilten Taten mit ausgelöst hat.
- 9
- c) Den bisher getroffenen Feststellungen ist auch nicht zu entnehmen, dass die Maßregel jedenfalls deswegen ausscheiden müsste, weil es an der hinreichend konkreten Aussicht eines Behandlungserfolges fehlt (§ 64 Satz 2 StGB). Der Angeklagte ist noch vergleichsweise jung. Die in den Jahren 2007 und 2010 (abgebrochenen) Therapieversuche stehen § 64 StGB nicht zwingend entgegen (vgl. Senatsbeschlüsse vom 7. Januar 1997 – 4 StR 628/96, und vom 10. April 1997 – 4 StR 130/97, beide bei Detter, NStZ 1997, 476, 480).
- 10
- Die Frage der Anordnung der Maßregel der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt bedarf deshalb unter Hinzuziehung eines Sachverständigen (§ 246a Satz 2 StPO) der erneuten Prüfung und Entscheidung. Der neue Tatrichter wird gegebenenfalls § 67 Abs. 2 StGB zu beachten haben.
- 11
- 3. Dass nur der Angeklagte Revision eingelegt hat, hindert die Nachholung der Unterbringungsanordnung nicht (§ 358 Abs. 2 Satz 3 StPO; BGH, Urteil vom 10. April 1990 – 1 StR 9/90, BGHSt 37, 5, 9). Der Beschwerdeführer hat die Nichtanwendung des § 64 StGB durch das Tatgericht auch nicht vom Rechtsmittelangriff ausgenommen (vgl. BGH, Urteil vom 7. Oktober 1992 – 2 StR 374/92, BGHSt 38, 362 f.).
- 12
- 4. Der Senat kann ausschließen, dass das Landgericht bei Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt mildere Einzelstrafen oder eine geringere Gesamtstrafe verhängt hätte. Der Strafausspruch kann deshalb bestehen bleiben.
- 13
- 5. Eine Erstreckung der Entscheidung (§ 357 StPO) auf die nicht Revision führenden Mitangeklagten kommt nicht in Betracht (vgl. Senatsbeschluss vom 4. Juli 2012 – 4 StR 173/12; Meyer-Goßner, StPO, 55. Aufl., § 357 Rn. 15 mwN).
Quentin Reiter
Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.
(1) Wird die Unterbringung in einer Anstalt nach den §§ 63 und 64 neben einer Freiheitsstrafe angeordnet, so wird die Maßregel vor der Strafe vollzogen.
(2) Das Gericht bestimmt jedoch, daß die Strafe oder ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist, wenn der Zweck der Maßregel dadurch leichter erreicht wird. Bei Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt neben einer zeitigen Freiheitsstrafe von über drei Jahren soll das Gericht bestimmen, dass ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist. Dieser Teil der Strafe ist so zu bemessen, dass nach seiner Vollziehung und einer anschließenden Unterbringung eine Entscheidung nach Absatz 5 Satz 1 möglich ist. Das Gericht soll ferner bestimmen, dass die Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist, wenn die verurteilte Person vollziehbar zur Ausreise verpflichtet und zu erwarten ist, dass ihr Aufenthalt im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes während oder unmittelbar nach Verbüßung der Strafe beendet wird.
(3) Das Gericht kann eine Anordnung nach Absatz 2 Satz 1 oder Satz 2 nachträglich treffen, ändern oder aufheben, wenn Umstände in der Person des Verurteilten es angezeigt erscheinen lassen. Eine Anordnung nach Absatz 2 Satz 4 kann das Gericht auch nachträglich treffen. Hat es eine Anordnung nach Absatz 2 Satz 4 getroffen, so hebt es diese auf, wenn eine Beendigung des Aufenthalts der verurteilten Person im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes während oder unmittelbar nach Verbüßung der Strafe nicht mehr zu erwarten ist.
(4) Wird die Maßregel ganz oder zum Teil vor der Strafe vollzogen, so wird die Zeit des Vollzugs der Maßregel auf die Strafe angerechnet, bis zwei Drittel der Strafe erledigt sind.
(5) Wird die Maßregel vor der Strafe oder vor einem Rest der Strafe vollzogen, so kann das Gericht die Vollstreckung des Strafrestes unter den Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 zur Bewährung aussetzen, wenn die Hälfte der Strafe erledigt ist. Wird der Strafrest nicht ausgesetzt, so wird der Vollzug der Maßregel fortgesetzt; das Gericht kann jedoch den Vollzug der Strafe anordnen, wenn Umstände in der Person des Verurteilten es angezeigt erscheinen lassen.
(6) Das Gericht bestimmt, dass eine Anrechnung nach Absatz 4 auch auf eine verfahrensfremde Strafe erfolgt, wenn deren Vollzug für die verurteilte Person eine unbillige Härte wäre. Bei dieser Entscheidung sind insbesondere das Verhältnis der Dauer des bisherigen Freiheitsentzugs zur Dauer der verhängten Strafen, der erzielte Therapieerfolg und seine konkrete Gefährdung sowie das Verhalten der verurteilten Person im Vollstreckungsverfahren zu berücksichtigen. Die Anrechnung ist in der Regel ausgeschlossen, wenn die der verfahrensfremden Strafe zugrunde liegende Tat nach der Anordnung der Maßregel begangen worden ist. Absatz 5 Satz 2 gilt entsprechend.
(1) Hat der Verurteilte aus Anlaß einer Tat, die Gegenstand des Verfahrens ist oder gewesen ist, Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung erlitten, so wird sie auf zeitige Freiheitsstrafe und auf Geldstrafe angerechnet. Das Gericht kann jedoch anordnen, daß die Anrechnung ganz oder zum Teil unterbleibt, wenn sie im Hinblick auf das Verhalten des Verurteilten nach der Tat nicht gerechtfertigt ist.
(2) Wird eine rechtskräftig verhängte Strafe in einem späteren Verfahren durch eine andere Strafe ersetzt, so wird auf diese die frühere Strafe angerechnet, soweit sie vollstreckt oder durch Anrechnung erledigt ist.
(3) Ist der Verurteilte wegen derselben Tat im Ausland bestraft worden, so wird auf die neue Strafe die ausländische angerechnet, soweit sie vollstreckt ist. Für eine andere im Ausland erlittene Freiheitsentziehung gilt Absatz 1 entsprechend.
(4) Bei der Anrechnung von Geldstrafe oder auf Geldstrafe entspricht ein Tag Freiheitsentziehung einem Tagessatz. Wird eine ausländische Strafe oder Freiheitsentziehung angerechnet, so bestimmt das Gericht den Maßstab nach seinem Ermessen.
(5) Für die Anrechnung der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a der Strafprozeßordnung) auf das Fahrverbot nach § 44 gilt Absatz 1 entsprechend. In diesem Sinne steht der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis die Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 94 der Strafprozeßordnung) gleich.
BUNDESGERICHTSHOF
2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit versuchter Nötigung und wegen Raubes in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung, unter Einbeziehung der Strafe aus einem Strafbefehl , zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt, seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet und bestimmt, dass acht Monate und eine Woche der Freiheitsstrafe vor der Unterbringung zu vollziehen sind. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung sachlichen Rechts.
- 2
- 1. Die Überprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung hat zum Schuld- und Strafausspruch sowie zu der Unterbringungsanordnung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Auch der Ausspruch über den Vorwegvollzug eines Teils der verhängten Strafe ist für sich genommen rechtlich bedenkenfrei. Jedoch hat das Landgericht die Dauer des Vorwegvollzugs fehlerhaft bestimmt.
- 3
- Es hat bei der Festsetzung des Teils der Gesamtfreiheitsstrafe, der gemäß § 67 Abs. 2 StGB vor der Maßregel zu vollziehen ist, die vollzogene Untersuchungshaft in Abzug gebracht. Diese Verfahrensweise verstößt gegen § 67 Abs. 2 Satz 3 StGB, weil erlittene Untersuchungshaft im Vollstreckungsverfahren gemäß § 51 Abs. 1 Satz 1 StGB auf die Dauer des vor der Unterbringung zu vollziehenden Teils der Strafe anzurechnen ist und deshalb bei der Bestimmung der Dauer des Vorwegvollzugs außer Ansatz zu bleiben hat (st. Rspr.; vgl. nur Senatsbeschluss vom 26. Februar 2014 – 4 StR 654/13 mwN). Angesichts der vom Landgericht rechtsfehlerfrei bestimmten voraussichtlich erforderlichen Behandlungsdauer von zwei Jahren ist daher ein Vorwegvollzug von einem Jahr anzuordnen. Der Senat kann die Dauer der vor der Maßregel zu vollziehenden Strafe in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO selbst bestimmen.
- 4
- 2. Der geringe Teilerfolg des Rechtsmittels rechtfertigt es nicht, den Beschwerdeführer von einem Teil der Kosten und Auslagen zu entlasten (§ 473 Abs. 4 StPO).
Bender Quentin
(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.
(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.
(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat
(1) Ist eine rechtswidrige Tat begangen worden, so ordnet das Gericht die Einziehung von Gegenständen des Täters oder Teilnehmers auch dann an, wenn diese Gegenstände durch andere rechtswidrige Taten oder für sie erlangt worden sind.
(2) Hat sich der Täter oder Teilnehmer vor der Anordnung der Einziehung nach Absatz 1 an einer anderen rechtswidrigen Tat beteiligt und ist erneut über die Einziehung seiner Gegenstände zu entscheiden, berücksichtigt das Gericht hierbei die bereits ergangene Anordnung.
Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht die Einziehung eines Geldbetrages an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Eine solche Anordnung trifft das Gericht auch neben der Einziehung eines Gegenstandes, soweit dessen Wert hinter dem Wert des zunächst Erlangten zurückbleibt.
(1) Ist eine rechtswidrige Tat begangen worden, so ordnet das Gericht die Einziehung von Gegenständen des Täters oder Teilnehmers auch dann an, wenn diese Gegenstände durch andere rechtswidrige Taten oder für sie erlangt worden sind.
(2) Hat sich der Täter oder Teilnehmer vor der Anordnung der Einziehung nach Absatz 1 an einer anderen rechtswidrigen Tat beteiligt und ist erneut über die Einziehung seiner Gegenstände zu entscheiden, berücksichtigt das Gericht hierbei die bereits ergangene Anordnung.
Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht die Einziehung eines Geldbetrages an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Eine solche Anordnung trifft das Gericht auch neben der Einziehung eines Gegenstandes, soweit dessen Wert hinter dem Wert des zunächst Erlangten zurückbleibt.
BUNDESGERICHTSHOF
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freispruch im Übrigen wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sieben Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt und den Verfall von Wertersatz in Höhe von 27.700 € angeordnet. Die mit der Sachrüge geführte Revision des Angeklagten erzielt den aus der Entschei- dungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
- 2
- 1. Nach den Feststellungen baute der Angeklagte seit „September/ Oktober 2012 bis Mitte April 2014“ in einem Nebengebäude auf dem Anwesen seiner Mutter in K. Cannabispflanzen an. Er gewann aus sieben gesonderten Anbauvorgängen insgesamt 10,786 kg Marihuana (mindestens 400,22 g THC), das er – abgesehen von der letzten, sichergestellten Aufzucht – für insgesamt mindestens 27.700 € gewinnbringend veräußerte.
- 3
- 2. Der Schuld- und Strafausspruch des angefochtenen Urteils weist keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf. Das angefochtene Urteil ist jedoch rechtsfehlerhaft, soweit die Strafkammer im Rahmen des angeordneten Wertersatzverfalls die Anwendung der Härtevorschrift des § 73c StGB abgelehnt hat.
- 4
- a) Bedenken begegnet bereits die vom Tatrichter beobachtete Prüfungsreihenfolge innerhalb des § 73c Abs. 1 StGB.
- 5
- Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ergibt sich aus dem systematischen Verhältnis zwischen der bei „unbilliger Härte“ zwingend zum Ausschluss der Verfallsanordnung führenden Regelung in § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB einerseits und der Ermessensvorschrift in § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB andererseits , dass regelmäßig zunächst auf der Grundlage letztgenannter Vorschrift zu prüfen ist, ob von einer Anordnung des Verfalls oder Wertersatzverfalls abgesehen werden kann (BGH, Beschlüsse vom 21. März 2013 – 3 StR 52/13, StV 2013, 630 f., und vom 13. Februar 2014 – 1 StR 336/13).
- 6
- Das Landgericht hätte also nicht in umgekehrter Reihenfolge zunächst die Frage einer unbilligen Härte prüfen dürfen.
- 7
- b) Den im Rahmen des § 73c Abs. 1 StGB anzulegenden Maßstäben ist das Landgericht aber auch inhaltlich weder bei der Anwendung der Ermessensvorschrift in § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB noch bei der Härteklausel aus § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB in ausreichendem Maße gerecht geworden.
- 8
- aa) Zu der Ermessensvorschrift in § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB hat die Strafkammer lediglich mitgeteilt, dass eine Gefährdung der Resozialisierung mit der Anordnung des Wertersatzverfalls nicht verbunden sei. Jedoch scheidet eine Ermessensentscheidung nach § 73c Abs. 1 Satz 2 1. Alt. StGB aus, soweit der Angeklagte über Vermögen verfügt, das wertmäßig nicht hinter dem anzuordnenden Verfallsbetrag zurückbleibt (vgl. BGH, Urteile vom 10. Oktober 2002 – 4 StR 233/02, BGHR StGB § 73c Wert 3 und vom 27. Oktober 2011 – 5 StR 14/11, NStZ 2012, 267; Beschluss vom 2. Dezember 2004 – 3 StR 246/04, NStZ-RR 2005, 104, 105). Hierzu hat das Landgericht keine hinreichenden Feststellungen getroffen. Den Urteilsgründen lässt sich entnehmen, dass dem Angeklagten insgesamt aus dem Verkauf des Marihuanas (mindestens) 27.700 € zugeflossen sind. Feststellungen dazu, ob „der Angeklagte über besondere Vermögenswerte verfügte oder einen teuren Lebensstil pflegte“ (UA 15), vermochte das Landgericht nicht zu treffen. Damit ist dem angefochtenen Urteil, auch in seinem Gesamtzusammenhang, nicht zu entnehmen, in welchem Umfang noch wertmäßig aus den Taten des Angeklagten Erlangtes in seinem Vermögen vorhanden und somit die Ausübung tatrichterlichen Ermessens überhaupt erst eröffnet ist (zu den hierbei anzustellenden Billigkeitserwägungen vgl. Fischer, StGB, 62. Aufl., § 73c Rn. 5 mwN).
- 9
- bb) In Bezug auf eine „unbillige Härte“ im Sinne von § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB erschöpft sich das Urteil in der Behauptung des Fehlens einer solchen „auch unter Berücksichtigung der finanziellen Verhältnisse des Angeklagten“ (UA 20). Das genügt nicht, um die Anwendung der Vorschrift auszuschließen. Freilich ist eine „unbillige Härte“ erst dann gegeben, wenn die Anordnung des Verfalls schlechthin ungerecht wäre und das Übermaßverbot verletzen würde. Die Auswirkungen des Verfalls müssten mithin im konkreten Einzelfall außer Verhältnis zu dem vom Gesetzgeber mit der Maßnahme angestrebten Zweck stehen (st. Rspr.; s. nur BGH, Beschluss vom 13. Februar 2014 – 1 StR 336/13). Das Nichtvorhandensein des Erlangten bzw. eines Gegenwertes im Vermögen des von der Verfallsanordnung Betroffenen kann nach der aufgezeigten Systematik des § 73c Abs. 1 StGB für sich genommen regelmäßig noch keine unbillige Härte begründen (BGH, Urteil vom 26. März 2009 – 3 StR 579/08, NStZ 2010, 86 f.; Beschluss vom 13. Februar 2014, aaO). Maßgeblich für das Vorliegen einer „unbilligen Härte“ gemäß § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB ist vielmehr, wie sich die Verfallsanordnung auf das davon betroffene Vermögen auswirken würde (BGH, Urteil vom 13. Juni 2001 – 3 StR 131/01, wistra 2001, 388, 389). Da sich das angefochtene Urteil nicht näher zu der „unbilligen Härte“ verhält, ist dem Senat die Überprüfung nicht möglich, ob das Tatgericht das genannte Merkmal rechtsfehlerfrei ausgelegt hat.
Bender Quentin
BUNDESGERICHTSHOF
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und der Beschwerdeführer am 20. Januar 2016 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
richten.
2. Die weiter gehenden Revisionen der Angeklagten werden verworfen.
3. Die Angeklagten tragen die Kosten ihrer Rechtsmittel.
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten D. unter Freisprechung im Übrigen wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu der Freiheitsstrafe von vier Jahren und die Angeklagten Q. N. , P. und L. N. jeweils wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen zu Gesamtfreiheitsstrafen von sechs Jahren (Q. N. ), vier Jahren und sechs Monaten (P. ) und fünf Jahren und sechs Monaten (L. N. ) verurteilt. Des Weiteren hat es gegen alle Angeklagten jeweils den Verfall von Wertersatz in Höhe von 8.000 € angeordnet. Hiergegen richten sich die auf Verfahrensrügen und die Sachbeschwerde gestützten Revisionen der Angeklagten. Die Rechtsmittel führen lediglich zu einer Änderung der Verfallsanordnungen.
- 2
- 1. Hinsichtlich der Schuld- und Strafaussprüche sind die Revisionen der Angeklagten unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO, weil die Nachprüfung des angefochtenen Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigungen insoweit keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben hat. Zu den Verfahrensrügen ist ergänzend zum Verwerfungsantrag des Generalbundesanwalts anzumerken:
- 3
- Entgegen der Auffassung der Revisionen ist die Strafkammer durch den Umstand, dass die beiden Übersetzer im Ermittlungsverfahren bei der Übertragung aufgezeichneter Telefongespräche in die deutsche Sprache als Sachverständige tätig waren, nicht gehindert gewesen, sie in der Hauptverhandlung ausschließlich als Zeugen zum Gegenstand ihrer sinnlichen Wahrnehmung zu vernehmen (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Oktober 2002 – 5 StR 42/02, NJW 2003, 150, 151; Trück in MüKo-StPO, § 85 Rn. 15; vgl. auch BGH, Urteil vom 7. Mai 1965 – 2 StR 92/65, BGHSt 20, 222, 223 f.; Beschlüsse vom 15. August 2001 – 3 StR 225/01, NStZ 2002, 44; vom 18. März 2010 – 3 StR 426/09, NStZ-RR 2010, 210 [Ls]).
- 4
- Die Rüge, mit welcher der Angeklagte P. beanstandet, dass die beiden Übersetzer vor ihrer zweiten Zeugenvernehmung in der Hauptverhandlung auf Veranlassung des Gerichts einzelne Telefongespräche erneut anhörten, ist nicht ordnungsgemäß ausgeführt (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Dabei kann da- hinstehen, ob der pauschale Verweis der Revision auf eine Vorgabe „des Gerichts“ den Darlegungsanforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO genügt, weil sich aus den Urteilsgründen, die der Senat aufgrund der gleichfalls erhobenen Sachrüge zur Kenntnis nimmt, ergibt, dass die Aufforderung zum erneuten Abhören einiger Telefongespräche durch den Vorsitzenden der Strafkammer am 16. Hauptverhandlungstag erfolgte. Die Rüge ist aber unzulässig, weil dem Revisionsvorbringen nicht zu entnehmen ist, dass der Beschwerdeführer die Aufforderung des Vorsitzenden, bei der es sich um eine auf die Sachleitung bezogene Anordnung handelte (vgl. Schneider in KK-StPO, 7. Aufl., § 238 Rn. 11), nach § 238 Abs. 2 StPO beanstandet hat. Der Senat braucht daher nicht zu entscheiden, ob die Grundsätze, die für die Vorbereitung von Zeugenvernehmungen zu in amtlicher Eigenschaft gemachten Wahrnehmungen gelten (vgl. BGH, Urteile vom 28. November 1950 – 2 StR 50/50, BGHSt 1, 4, 8; vom 11. November 1952 – 1 StR 465/52, BGHSt 3, 281, 283; vom 21. März 2012 – 1 StR 43/12, NStZ 2012, 521, 522 f.; Schmitt in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 69 Rn. 8; Ignor/Bertheau in Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 69 Rn. 9; Franke in Satzger/Schluckebier/Widmaier, StPO, 2. Aufl., § 69 Rn. 4), auf von der Polizei im Ermittlungsverfahren hinzugezogene sachverständige Hilfspersonen übertragen werden können.
- 5
- 2. Die im angefochtenen Urteil getroffenen Verfallsanordnungen halten dagegen einer rechtlichen Prüfung insoweit nicht stand, als das Landgericht die zum Teil bestehende gesamtschuldnerische Haftung der Angeklagten nicht berücksichtigt hat.
- 6
- Nach den Feststellungen veräußerten die Angeklagten Q. . N. und D. jeweils Teile des geernteten Marihuanas, wobei der Angeklagte Q. N. insgesamt 160.000 € und der Angeklagte D. 5.500 € erlangten. Von diesen Beträgen kehrten die Angeklagten Q. N. jeweils 7.000 € und der Angeklagte D. jeweils 1.000 € an die jeweiligen anderen Tatgenossen aus. Da die Angeklagten Q. N. und D. mithin zunächst (Mit-)Verfügungsmacht an den an die jeweils anderen Angeklagten ausgekehrten Erlösanteilen hatten, haften die Angeklagten beim Verfall von Wertersatz in diesem Umfang als Gesamtschuldner (vgl. BGH, Beschlüsse vom 16. Juli 2013 – 4 StR 144/13 Rn. 7; vom 23. November 2011 – 4 StR 516/11, NStZ 2012, 382, 383; vom 25. September 2012 – 4 StR 137/12, NStZ 2013, 401). Der Umstand, dass das Landgericht bei den Angeklagten Q. N. und D. nach § 73c StGB von einer den Betrag des ihnen jeweils verbleibenden Erlösanteils übersteigenden Verfallsanordnung abgesehen hat, lässt das Gesamtschuldverhältnis unberührt (vgl. BGH, Beschluss vom 25. September 2012 – 4 StR 137/12 aaO). Die Aussprüche über die Anordnungen des Wertersatzverfalls sind daher entsprechend zu ergänzen.
- 7
- 3. Der geringfügige Teilerfolg der Rechtsmittel rechtfertigt es nicht, die Angeklagten teilweise von den durch ihre Rechtsmittel veranlassten Kosten und Auslagen freizustellen (§ 473 Abs. 1 und 4 StPO).
Franke Bender
(1) Die Kosten des Verfahrens hat der Angeklagte insoweit zu tragen, als sie durch das Verfahren wegen einer Tat entstanden sind, wegen derer er verurteilt oder eine Maßregel der Besserung und Sicherung gegen ihn angeordnet wird. Eine Verurteilung im Sinne dieser Vorschrift liegt auch dann vor, wenn der Angeklagte mit Strafvorbehalt verwarnt wird oder das Gericht von Strafe absieht.
(2) Sind durch Untersuchungen zur Aufklärung bestimmter belastender oder entlastender Umstände besondere Auslagen entstanden und sind diese Untersuchungen zugunsten des Angeklagten ausgegangen, so hat das Gericht die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, wenn es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten. Dies gilt namentlich dann, wenn der Angeklagte wegen einzelner abtrennbarer Teile einer Tat oder wegen einzelner von mehreren Gesetzesverletzungen nicht verurteilt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für die notwendigen Auslagen des Angeklagten. Das Gericht kann anordnen, dass die Erhöhung der Gerichtsgebühren im Falle der Beiordnung eines psychosozialen Prozessbegleiters ganz oder teilweise unterbleibt, wenn es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten.
(3) Stirbt ein Verurteilter vor eingetretener Rechtskraft des Urteils, so haftet sein Nachlaß nicht für die Kosten.