Landgericht Bochum Urteil, 19. Feb. 2016 - 9 KLs 47/15
Gericht
Tenor
Der Angeklagte L wird wegen bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 3 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 7 Jahren und 3 Monaten verurteilt.
Seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt wird angeordnet.
Vor der Vollziehung der Maßregel wird der Vorwegvollzug von 1 Jahr und 7 Monaten Freiheitsstrafe angeordnet.
Der Angeklagte M wird wegen bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 3 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 6 Jahren und 10 Monaten verurteilt.
Seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt wird angeordnet.
Gegen die Angeklagten wird der Verfall von Wertersatz in Höhe von 30.000,00 € als Gesamtschuldner angeordnet.
Die Angeklagten tragen die Kosten des Verfahrens sowie ihre notwendigen Auslagen.
Angewendete Vorschriften:
bzgl. des Angeklagten L: §§ 1, 3, 30a Abs. 1 BtMG, 25 Abs. 2, 53, 64, 73a, 73b, 73c StGB
bzgl. des Angeklagten M: §§ 1, 3, 30a Abs. 1 BtMG, 25 Abs. 2, 53, 64, 73a, 73b, 73c StGB
1
Gründe
2I.
31. Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten L
4a) Allgemeine Feststellungen zur Person
5Der am 30.06.1983 geborene Angeklagte ist 32 Jahre alt und wurde in Leipzig geboren.
6Sein Vater, der 63 oder 64 Jahre alt ist, lebt in Düsseldorf. Er ist als Berater in einem Energieversorgungsunternehmen tätig. In gesundheitlicher Hinsicht geht es dem Vater gut. Die leibliche Mutter ist 61 oder 62 Jahre alt und lebt im Ort Ratingen. Sie ist von Beruf Zahnärztin in eigener Praxis. Sie hat vor kürzerer Zeit eine Krebserkrankung überwunden. Die Ehe seiner Eltern ist im Alter von etwa 16 Jahren des Angeklagten geschieden worden.
7Der Angeklagte hat eine Schwester Alice, die etwa 33 oder 34 Jahre alt ist und in Düsseldorf lebt. Nach einem abgeschlossenen Studium der Architektur ist sie in der Gegenwart arbeitslos. Die Schwester ist nicht verheiratet.
8Im Jahr 1988 zog der Angeklagte mit seiner Familie nach Ratingen um. Dort lebten bereits die Großeltern des Angeklagten, die bereits vor der Grenzöffnung nach entsprechender Ausreise sich in Ratingen niedergelassen hatten.
9Der Angeklagte wurde mit sieben Jahren eingeschult. Die Schulzeit war für den Angeklagten schwierig, es kam immer wieder zu Verhaltensauffälligkeiten und insbesondere dadurch bedingten Schulwechseln. Nach zweijährigem Aufenthalt in einer Grundschule musste er diese in der 2. Klasse verlassen, da bei ihm Auffälligkeiten zu beobachten waren. Er prügelte sich oftmals mit Mitschülern, auch störte er häufig den Unterricht. Von seinen Lehrern wurde er in dieser Zeit als „Unruhestifter“ eingeschätzt. Aus Sicht des Angeklagten traten die Mitschüler ihm gegenüber distanziert auf, wohl auch deshalb, weil der Angeklagte mit seinen Eltern nach Düsseldorf lediglich zugezogen war.
10Nach dem Schulwechsel zu einer anderen Grundschule konnte der Angeklagte im Klassenverband Fuß fassen und wechselte nach der Grundschule auf ein Gymnasium in Ratingen. Jedoch kam es sodann auf dem Gymnasium erneut zu Problemen im Umgang mit Mitschülern, aber auch Lehrern, sodass der Angeklagte erneut einen Schulwechsel nach der 5. Klasse durchführen musste, insbesondere auch weil er sich unruhig und überdreht verhielt.
11Fortan besuchte er die Realschule in Ratingen, der Schulwechsel führte jedoch nicht zu einer Besserung des Verhaltens des Angeklagten, vielmehr traten auch nach dem Schulwechsel erneut Probleme auf. Der Angeklagte konnte sich an die Schulnormen nicht halten, auch kam es zu körperlichen Auseinandersetzungen mit Mitschülern. Erneut war er laut und unruhig. Hinzu kamen Fehltage, der Angeklagte fehlte – was auch in den vorherigen Schulen vorkam – bei Unterrichtsstunden unentschuldigt. Der Angeklagte wechselte die Realschule, das Verhalten des Angeklagten besserte sich in der Folgezeit nicht, vielmehr ging er wegen gleicher Verhaltensweisen etwa in der 7. Klasse zur Hauptschule. Dort war er in der Lage, zumindest den Abschluss der Klasse 9 zu erzielen, wenngleich die schon vorab beschriebenen schulischen Schwierigkeiten weiter vorhanden waren.
12Die schulischen Schwierigkeiten des Angeklagten waren auch Anlass dafür, dass dieser noch während seiner Realschulzeit einem Psychologen vorgestellt wurde. Als Konsequenz aus den psychologischen Gesprächen wurde im häuslichen Umfeld des Angeklagten zunächst mehr miteinander geredet. Unabhängig davon wurde der Angeklagte für sein Verhalten durch seine Eltern sanktioniert.
13Nach dem Ende der Schulzeit führte der Angeklagte eine Ausbildung als Stahlbetonschlosser bei einer Firma in Ratingen über einen Zeitraum von zwei Jahren erfolgreich durch. Auch in der Ausbildung kam es zu Schwierigkeiten im Umgang mit den Vorgesetzten, auch zu sich häufenden Fehlzeiten. Die Ausbildung beendete der Angeklagte mit 18 oder 19 Jahren. Im Anschluss an seine Ausbildung war der Angeklagte für ein bis zwei Jahre bei einem Bauunternehmen beschäftigt. In dieser Zeit verbesserte er über eine Abendrealschule seinen Schulabschluss.
14Danach besuchte er für zirka 3 ½ Jahre das Abendgymnasium am Riehl-Kolleg, wobei die schulische Ausbildung tagsüber stattfand, und beendete die Schulzeit mit dem Abitur. Ein Semester musste er allerdings wiederholen. Finanziell verdiente er sich im Wachdienst und im Baugewerbe etwas dazu, sonst wurde er von seinen Eltern unterstützt, in der Zeit wohnte der Angeklagte bei seinem Vater. Seinen Abschluss machte der Angeklagte 2007.
15Im Anschluss nahm er in Darmstadt das Studium des Wirtschaftsbauingenieurs auf. Im Verlauf des Studiums kam es zu finanziellen Problemen, auch bedingt durch seinen sich verstärkenden Drogenkonsum. Er wechselte daraufhin etwa 2010 oder 2011 die Universität nach Essen und lebte ab dieser Zeit in Mühlheim. Das Studium ist nicht beendet, der Angeklagte nach wie vor als Student in der Universität eingeschrieben.
16Finanziell wurde der Angeklagte seitens seiner Eltern während des Studienganges in Darmstadt mit 600,00 Euro im Monat unterstützt. Dieses Geld reichte nicht aus, sodass er nebenbei arbeitete, auch nahm er einen zwischenzeitlich abgezahlten Studienkredit auf. Während seines Lebens in Mülheim und des Studiums in Essen wurde er von seinen Eltern noch mit 300,00 Euro im Monat finanziell unterstützt. Zuletzt hatte der Angeklagte nach dem Wechsel von Darmstadt nach Essen Schulden in einer Größenordnung von zirka 15.000 Euro aufgebaut. In dieser Zeit lernte er auch den Mitangeklagten M kennen.
17Das Verhältnis des Angeklagten zu seinen Eltern war im Hinblick auf seine schulischen Schwierigkeiten belastet. Er wuchs zunächst gemeinsam mit seiner Schwester im elterlichen Haushalt in einer Wohnung in Ratingen auf. Anfang der 90er-Jahre eröffnete die Mutter des Angeklagten ihre Zahnarztpraxis in Düsseldorf. Zunächst teilte sich der Angeklagte in der elterlichen Wohnung ein Zimmer mit der Schwester, später hatte der Angeklagte aufgrund eines Umbaus ein eigenes Zimmer. Wegen der frühen Schulauffälligkeiten des Angeklagten kam es in der Kinderzeit zu häufigen Streits zwischen dem Angeklagten und seinen Eltern. Nach der Scheidung der Eltern lebte der Angeklagte beim Vater und zog erst mit Studienbeginn in Darmstadt dort aus. Nach der Scheidung besserte sich das Verhältnis zu dem Vater, auch bedingt durch die schulischen Weiterbildungen des Angeklagten.
18Das Verhältnis zu seinen Eltern und Schwester ist derzeit gut. Diese haben den Angeklagten während seiner Inhaftierung im hiesigen Verfahren in der Justizvollzugsanstalt besucht.
19Bis in die Gegenwart hinein steht der Angeklagte in einem Kontakt zu einem Bekannten aus der Jugendzeit. In Darmstadt lebte er drei Jahre lang in einer schlagenden Verbindung und im entsprechenden Verbindungshaus. Auch zu einzelnen Freunden aus dieser Verbindung besteht ein Kontakt bis in die Gegenwart.
20Der Angeklagte interessiert sich für Politik und kann sich auch für Sport vielseitig begeistern. Er liest gerne und viel und lernt gerne andere Menschen kennen.
21Mit etwa 18 Jahren hatte er die erste längere Partnerschaft zu einer Frau, die über einen Zeitraum von etwa 2 ½ Jahren andauerte. Noch vor seinem Studienbeginn in Darmstadt lernte der Angeklagte seine letzte Lebensgefährtin kennen, die jünger als er selbst war, ihr Abitur absolvierte und als Industriekauffrau arbeitete. Diese zog mit ihm zusammen nach Darmstadt. Nach dem Umzug nach Mühlheim beendete der Angeklagte letztlich die Beziehung, auch weil es wegen seines nunmehr gehäuften Drogenkonsums zu immer größeren Konflikten zu ihr kam.
22Ein gewöhnlicher Tagesablauf in den Monaten vor seiner gegenwärtigen Inhaftierung gestaltete sich derart, dass der Angeklagte zunächst ausschlief, sich dann mit Freunden oder Kollegen traf und schaute, wo er sich Drogen besorgen kann. Sonst kümmerte sich der Angeklagte um den nachfolgend noch näher geschilderten Aufbau der Drogenplantage, indem er beispielsweise zu der angemieteten Halle fuhr, betrieb aber gelegentlich auch weiterhin Sport.
23Der Angeklagte ist vorbestraft. Sein Bundeszentralregisterauszug weist insgesamt 5 Eintragungen auf.
24Am 19.11.2003 verurteilte ihn das Amtsgericht Düsseldorf in dem Verfahren 24 Ls 70 Js 7760/03 – 154/03 – wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr zu einer Geldauflage, es wurde eine Sperre für die Fahrerlaubnis bis 18.04.2004 ausgesprochen.
25Unter dem 27.12.2004 verurteilte ihn das Amtsgericht Ratingen in dem Verfahren 30 Js 9375/04 22 Cs 656/04 wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 150 Tagessätzen zu je 10,00 Euro Geldstrafe.
26Mit Urteil des Amtsgerichts Ratingen vom 11.01.2007 – 40 Js 8280/05 22 Ds 110/06 – wurde gegen den Angeklagten eine Freiheitsstrafe von einem Jahr zur Bewährung wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung verhängt, die Bewährungszeit dauerte bis zum 10.01.2010 und wurde mit Wirkung vom 21.01.2010 erlassen. Der Angeklagte war einem Bewährungshelfer unterstellt worden.
27Am 02.04.2012 verurteilte das Amtsgericht Ratingen den Angeklagten in dem Verfahren 60 Js 1216/12 22 Cs 174/12 wegen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln zu einer Geldstrafe von 10 Tagessätzen zu 10 Euro.
28Zuletzt wurde der Angeklagte mit Urteil vom 12.05.2014 durch das Amtsgericht Weinheim in dem Verfahren 2 Cs 504 Js 6614/14 zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 20,00 Euro wegen vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs in Tatmehrheit mit Beleidigung verurteilt. Die Geldstrafe ist zwischenzeitlich bezahlt worden.
29b) Feststellungen zur gesundheitlichen Verfassung, insbesondere zum Betäubungsmittelkonsum des Angeklagten
30Ernsthafte gesundheitliche Erkrankungen bestehen nicht. Einmal kam es bei dem Angeklagten zu einer Entzündung des rechten Hüftgelenks, die aber nach einer Behandlung im Krankenhaus folgenlos verheilte.
31Mit 15 Jahren beim Schwänzen der Schule probierte der Angeklagte mit einem Bekannten erstmals Alkohol aus. Während seines Besuches der Hauptschule gab es eine Phase, in der er viel Alkohol an Wochenenden zu sich nahm, gleichzeitig trank er auch in der Woche immer wieder Bier. In späterer Zeit reduzierte der Angeklagte seinen Alkoholkonsum auf einen gelegentlichen Konsum am Wochenende. Alkoholbedingte Entzugserscheinungen traten nicht auf.
32Cannabis lernte der Angeklagte bereits frühzeitig mit 13 Jahren im Umfeld der Schule kennen und probierte dieses aus. Er empfand die Wirkung sofort gut. Ab etwa dem 15. Lebensjahr konsumierte er regelmäßig täglich Cannabis in unterschiedlichen Qualitäten. In den 90er-Jahren rauchte er Haschisch, später ging er zum Rauchen von Marihuana über. In Phasen reduzierte er seinen Konsum, er war auch in der Lage, Pausen einzulegen. Während seiner Abendrealschule wie auch Gymnasialzeit kam es wiederum zu einem täglichen Konsum, damals verkaufte er auch Cannabis. Während seines Studiums in Darmstadt konsumierte er zunächst Cannabis nach dem Ende seiner jeweiligen Universitätsbesuche weiter. Nach seinem Wohnortwechsel nach Mülheim nahm er erneut jeden Tag Cannabis zu sich. Er konsumierte zwischen 1 g und 2 g täglich.
33Mit 13 Jahren konsumierte der Angeklagte zum ersten Mal eine Ecstasy-Tablette und verspürte eine „heftige Wirkung“.
34Als Jugendlicher in den 90er-Jahren nahm er Ecstasy und verstärkt auch Amphetamin an Wochenenden bei Techno-Partys und privaten Feiern zu sich. Den Konsum synthetischer Drogen gab er etwa mit 20 Jahren vollständig auf. In Dieser Lebensphase nahm er ebenfalls immer wieder einmal LSD ein. Diesen Konsum gab er jedoch schon seit längerer Zeit auf. Weiterhin probierte er in der Phase des Konsums synthetischer Drogen auch halluzinogene Pilze aus. Er besitzt ebenfalls eine einmalige Erfahrung in der Einnahme von Meskalin. Die Droge erzielte aber keine Wirkung bei ihm; möglicherweise weil er damals das Meskalin zu gering dosierte.
35Im Mittelpunkt seiner Abhängigkeit steht der Konsum von Kokain. Diese Droge lernte der Angeklagte mit 16 Jahren kennen und empfand die eintretende Wirkung anfangs als „komisch“. Er nahm Taubheitsgefühle an seinem Körper wahr, wenngleich insgesamt ein „gutes Gefühl“ in ihm eintrat. Auch während seiner Abendreal- und Gymnasialzeit konsumierte er Kokain in großer Menge sowohl an Wochenenden als auch unter der Woche. Die recht kostenintensive Droge finanzierte er „durch Geschäfte im kriminellen Bereich“. Den Kokainkonsum führte er praktisch täglich bis zuletzt durch. Er nahm Kokain durch die Nase ein. Zumeist benötigte er ein bis zwei Bubbles. Manchmal kaufte er größere Mengen, um einen Vorrat zu haben. Kam dies vor, verbrauchte er dann jedoch den Vorrat binnen kurzer Zeit.
36Zuletzt bemerkte der Angeklagte eine Art der Veränderung bei sich. Gerade auch seinem engeren Geschäftspartner gegenüber wurde er immer misstrauischer. Es kamen Situationen auf, in denen er sich rasch, ebenfalls misstrauisch umdrehte, wenn das Zimmer betreten wurde oder es etwa an der Tür schellte.
372. Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten M
38a) Allgemeine Feststellungen zur Person
39Der am 30.05.1986 in Klimovsk in Russland geborene Angeklagte ist 29 Jahre alt und besitzt neben der ukrainischen auch die deutsche Staatsangehörigkeit.
40Der Vater des Angeklagten ist 61 Jahre alt und lebt in Wuppertal. Er ist von Beruf Ingenieur und bei guter Gesundheit. Er lebt zusammen mit seiner derzeitigen Lebensgefährtin. Die Eltern des Angeklagten trennten sich etwa im Jahr 1996 oder 1997.
41Die leibliche Mutter lebt 61-jährig in Düsseldorf. Sie ist von Beruf Vertreterin in der Textilbranche mit Reisetätigkeit. Auch der Mutter geht es gesundheitlich gut, sie lebt alleine.
42Der Angeklagte hat einen älteren Bruder H1, der 33-jährig in Sydney lebt. Er ist von Beruf als Finanzanalyst bei einer Ratingagentur tätig, hat eine gute Karriere absolviert und verdient entsprechend gut. Sein Bruder ist verheiratet und Vater eines Kindes. Mit ihm telefonierte der Angeklagte immer wieder, auch hat er einen Besuch seines Bruders in Australien durchgeführt.
43Die Mutter des Angeklagten entschloss sich nach dem Atomunfall in Tschernobyl, zur Geburt des Angeklagten in die Region um Moskau zu gehen. Sie konnte dort bei Verwandten leben. Nach einigen Monaten kehrte sie mit dem Säugling in ihren ursprünglichen Lebensort Kiew zurück.
44Von dort aus kam der Angeklagte im eigenen Alter von acht Jahren mit der Mutter nach Deutschland. Der Vater lebte damals bereits in Wuppertal. Von dort aus erfolgte ein Umzug nach Düsseldorf im Jahre 2007 zusammen mit der Mutter.
45Der Angeklagte wuchs in einer schwierigen familiären Lebenssituation auf. Sein Vater war bereits 1992 nach Deutschland gegangen, die Mutter folgte ihm zwei Jahre später mit dem Angeklagten nach. Die Mutter hatte erhebliche Bedenken einem Leben in Deutschland gegenüber geäußert, insbesondere wegen der ausländerfeindlichen Aktivitäten in der damaligen Zeit beispielsweise in Rostock. Nach der Ankunft beim Vater entwickelte dieser etwa ab 1994 eine Art „Alkoholproblem“. Zwar besaß er eine Anstellung in einer Autowerkstatt; der Vater des Angeklagten fühlte sich jedoch unterfordert. Seine ursprünglich erworbene berufliche Kompetenz konnte er nicht einsetzen. Er war zuhause aggressiv, es kam auch zu körperlichen Übergriffen, in deren Zusammenhang es auch zu Polizeieinsätzen und Beschwerden von Nachbarn wegen elterlicher Streitereien kam. Diese familiäre Phase verlief etwa zwei Jahre weiter. Schließlich zog der Vater aus. 2001 oder 2002 zog der Angeklagte mit seiner Mutter in einen anderen Stadtteil, der Bruder des Angeklagten hatte in dieser Phase bereits mit dem Studium begonnen und den Haushalt verlassen.
46Der Angeklagte wurde bereits in Kiew mit sieben Jahren in die erste Klasse eingeschult. In Deutschland lernte er sehr schnell Deutsch und wurde in die zweite Grundschulklasse aufgenommen. Danach wechselte er noch in Wuppertal zum Gymnasium. Dort waren seine Leistungen anfangs mittelmäßig. Der Angeklagte fühlte sich „fehl am Platz“, ggf. auch, weil der gesamte Freundeskreis des Angeklagten zur Realschule gewechselt ist. Die 7. und 8. Schulklasse musste er wiederholen.
47Wegen anhaltender schulischer Schwierigkeiten wechselte er zur Abendrealschule in Wuppertal etwa im Jahre 2003. An dieser Schule kam es auch zum Kontakt mit Menschen, die sich im kriminellen Milieu bewegten. Durch dieses Milieu bedingt begann der Angeklagte auch selbst oftmals Drogen zu konsumieren. Auch bedingt durch den Drogenkonsum fiel es dem Angeklagten schwer, sich auf den schulischen Inhalt zu konzentrieren. Dennoch gelang es ihm, etwa im Jahre 2005 den Realschulabschluss zu erzielen.
48In der Folge besuchte er das Berufskolleg in Wuppertal mit dem Ziel, das Abitur zu erreichen. In dieser Lebensphase konsumierte er allerdings bereits erhebliche Mengen Betäubungsmittel, weshalb er kein tatsächliches Interesse an den Schulfächern besaß. Etwa ein Jahr lang suchte er das Kolleg auf, anschließend brach er die Besuche jedoch ab.
49Auf Rat seiner Mutter begann der Angeklagte, einen Kurs an der Fernuniversität in Kiew zu absolvieren. Er selbst entschied sich für das Fach Geschichte. Während er im Haushalt seiner Mutter lebte, führte er das Fernstudium durch. Seine Mutter unterstützte den Angeklagten bei dem Studium, machte aber auch immer wieder Druck, damit dieser das Studium nicht aufgab. Im Jahre 2008 leistete der Angeklagte seinen Grundwehrdienst bei der Bundeswehr im Sanitätsbereich ab und führte das Studium parallel weiter durch. 2010 erhielt er seinen Abschluss mit Diplom.
50Daraufhin schrieb er sich im Jahre 2011 an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf ein, musste seinen Studiengang jedoch nach drei Semestern aufgegeben. In dieser Phase konsumierte er bereits sehr viele Betäubungsmittel, z. B. Kokain, war nervös und aggressiv. Er litt auch unter Schlafstörungen.
51Etwa in dieser Phase lernte er den Mitangeklagten L „über Freunde“ etwa 2010 oder 2011 kennen. Beide konsumierten dann auch gemeinsam Betäubungsmittel. Insbesondere auch aus dem Betäubungsmittelkonsum hatte der Angeklagte M zwischenzeitlich Schulden in Höhe von etwa 20.000,00 Euro angehäuft.
52Mit seinem Bruder versteht sich der Angeklagte gut, weshalb er diesen 2014 auch in Australien besuchte. Zu den Eltern des Angeklagten besteht lediglich ein eingeschränkter Kontakt.
53Der Angeklagte hat Freunde und Bekannte, die er beispielsweise über die Schule kennenlernte. Auch nach Verlassen des Gymnasiums ist er mit einem ehemaligen gymnasialen Mitschüler freundschaftlich in Kontakt geblieben, lernte über diese auch weitere Personen kennen.
54In seiner Freizeit betreibt der Angeklagte intensiv Sport. Bereits in Wuppertal war er im Fußballverein Grün-Weiß über einen Zeitraum von drei Jahren. Mit 16 Jahren boxte er über einen Zeitraum von zirka zwei Jahre. Auch betrieb er Kraftsport, Fitness und Joggen. Mit kleinen Pausen führte er seine sportlichen Aktivitäten im Sinne eines Hobbys bis zuletzt trotz seines Drogenkonsums durch.
55Seit drei Jahren lebt der Angeklagte in einer festen Beziehung zu der 32 Jahre alten F, die als Model und Hostess arbeitet. In der Zeit vor seiner Inhaftierung verbrachte der Angeklagte vor allem viel Zeit mit seiner Lebensgefährtin, den gemeinsamen Freunden, betrieb im Übrigen viel Sport.
56Finanziell wurde er von Geldern der Familie unterstützt, machte jedoch auch vermehrt Schulden.
57Der Angeklagte ist nicht vorbestraft. Sein Bundeszentralregisterauszug weist keine Eintragungen auf.
58b) Feststellungen zur gesundheitlichen Verfassung, insbesondere zum Betäubungsmittelkonsum des Angeklagten
59Gesundheitliche Beeinträchtigungen konnten bei dem Angeklagten nicht festgestellt werden.
60Zur psychiatrisch-psychotherapeutischen Krankheitsanamnese konnte festgestellt werden, dass der Angeklagte durch Interventionen seiner Mutter vielleicht im Jahr 1998 oder 1999 wegen seiner eingeschränkten schulischen Leistungen bei einem Psychologen vorgestellt wurde. Weil der Gesprächskontakt dem Angeklagten nicht gefiel, wurde dieser letztlich nicht weiter aufrechterhalten.
61Während seiner Bundeswehrzeit wurde der Angeklagte seitens eines vorgesetzten Offiziers nochmals zu einem Psychologen geschickt. Hintergrund war der Unfall seines damals besten Freundes zusammen mit einer Freundin, die bei einem Zugunfall zu Tode kamen. Letztlich wurden auch diese Gespräche nicht weiter verfolgt, der Angeklagte empfand den Psychologen als oberflächlich und uninteressiert. Ihm gelang es in der Folgezeit, durch Gespräche im Freundeskreis das Ereignis zu verarbeiten.
62Erstmals kam der Angeklagte im Alter von zehn oder elf Jahren bei einem Familienfest mit Alkohol in Kontakt. Die Wirkung sagte ihm nicht zu, er empfand diese vornehmlich als unangenehm. Mit 13 Jahren trank er zusammen mit Freunden erstmals auch Bier, was ihm ebenfalls nicht zusagte.
63Erst im Jahr 2011/2012 in einer Phase, in der der Angeklagte auch vermehrt Diskotheken besuchte, fand er Gefallen am Trinken von Whisky. In dieser Zeit ließ der Angeklagte kaum eine Gelegenheit zum Feiern mit Freunden und Bekannten aus. Hierbei wurde er auch von dem Angeklagten L immer wieder einmal begleitet. Dabei kombinierte der Angeklagte seinen Konsum nunmehr auch mit Kokain. Die getrunkene Menge Whisky, teilweise eine halbe Flasche abends, hing von dem jeweils eingenommenen Kokainkonsum ab. Dies hat sich bis heute derart verstärkt, dass der Angeklagte immer dann, wenn er den Geruch von dem Mischgetränk Whisky-Cola riecht, sogleich an Kokain denken muss. Der alleinige Genuss von Alkohol ohne Kokain gefiel dem Angeklagten nicht mehr.
64Cannabis lernte der Angeklagte im Alter von 13 Jahren mit Freunden vom Gymnasium in Form des Rauchens kennen. Die Wirkung der Droge gefiel ihm gut. Den Konsum wiederholte der Angeklagte daraufhin, damals sammelte er mit seinen Freunden Geld zur Beschaffung des Marihuanas. Im Rahmen der Abendrealschule beschaffte sich der Angeklagte das Marihuana auch von Mitschülern, die ihn beispielsweise als Gegenleistung bei der Hausaufgabenhilfe damit entlohnten. Der Konsum steigerte sich in dieser Zeit auf einen täglichen Konsum von 2 bis 3 Gramm am Tag. Teilweise rauchte der Angeklagte bereits morgens beim Frühstück Marihuana.
65In der Folge reduzierte der Angeklagte seinen Cannabiskonsum hinsichtlich der Menge, konsumierte jedoch weiterhin täglich. Während der Bundeswehrzeit reduzierte sich der Konsum auf die Wochenenden, um nach dem Ende wiederum nahezu täglich Cannabis zu konsumieren, insbesondere weil es dem Angeklagten leichter fiel, einzuschlafen. Das Rauchen von Cannabis begleitete den Lebensalltag des Angeklagten bis zu seiner Inhaftierung, die Konsummengen haben um die 2 Gramm pro Tag betragen.
66Synthetische Drogen wie Ecstasy, Amphetamine oder LSD probierte der Angeklagte vielleicht zweimal aus, die Wirkungen dieser Betäubungsmittel sagten dem Angeklagten hingegen nicht zu, er empfand sie vor allem als unangenehm. Ebenso ging es ihm nach dem Probieren mit halluzinogenen Pilzen.
67Kokain lernte der Angeklagte etwa im Alter von 18 Jahren im Kreis von Kollegen kennen. Zunächst nahm er diese Droge gelegentlich ein, immer nasal, nie – auch nicht zu späteren Zeiten – intravenös. Nachdem er 2010/2011 den Mitangeklagten L kennen lernte und viel feierte, nahm sein Kokainkonsum deutlich zu. Erst ab diesem Zeitpunkt begann er auch, Kokain selbständig einzukaufen. Die euphorisierende Wirkung des Kokains, das „Gefühl vollständigen Glücks“, gefiel dem Angeklagten. Zuletzt bis zu seiner Inhaftierung konsumierte er etwa 5 Gramm Kokain in der Woche, wobei er nichts mehr von dem erworbenen Kokain an andere abgab. Erst in der Endphase vor seiner Inhaftierung begann der Angeklagte auch, Kokain immer wieder alleine zu konsumieren. Letztlich konsumierte er so viel Kokain, wie möglich war.
68II.
691. Vortatgeschehen, Ausgang des Ermittlungsverfahrens, Aufbau der Plantage und erste Ernten
70Etwa im Jahr 2010 oder 2011 lernten sich die Angeklagten kennen. Beide hatten zu diesem Zeitpunkt über einen längeren Zeitraum bereits Drogen wie festgestellt konsumiert und insbesondere deshalb erhebliche Schulden aufgebaut. Sie überlegten, wie sie sich eine zusätzliche Einnahmequelle verschaffen könnten und kamen letztlich gemeinsam auf die Idee, eine größere Marihuanaplantage anzulegen, um sich aus dem Verkauf der Erträge aus der Plantage eine Einnahmequelle nicht unerheblichen Ausmaßes zu verschaffen, zum einen, um ihre Schulden zurückzuzahlen, aber auch den Konsum von Betäubungsmitteln fortwährend zu finanzieren. Spätestens etwa Mitte 2012 kamen die Angeklagten so überein, gemeinschaftlich eine Plantage zum Anbau von Marihuana zu betreiben, aus der heraus sie durch die professionelle Aufzucht, Aberntung und Aufbereitung der Ernte jeweils konsumfähiges Material erzielen wollten, welches die Grenze zur nicht geringen Menge jeweils um ein Vielfaches übertreffen sollte. Die so generierten Mengen von Betäubungsmitteln wollten sie folgend an Großabnehmer in den Niederlanden veräußern, um sich anschließend den Erlös einer Ernte in Höhe von jeweils mindestens 100.000,- Euro zu teilen.
71Zunächst informierten sich die Angeklagten über diverse einschlägige Foren im Internet über die erforderlichen Ausrüstungen zum Anbau von Cannabis. Dazu sahen sie sich auch detaillierte Filme im Internet an und kontaktierten verschiedene Coffee-Shops bzw. hörten sich in diesen im Hinblick auf den Anbau um. Gemeinsam machten sie sich dann einen Plan und entschlossen sich, eine größere Indoorplantage in einer dazu anzumietenden Halle einzurichten.
72Zu diesem Zweck mieteten sie schließlich zum 04.09.2012 Räumlichkeiten in der Liegenschaft X in Bochum-Wattenscheid zu 1.160 Euro pro Monat an, wobei die Anmietung durch den Angeklagten L unter den Aliaspersonalien T erfolgte. Unter diesen Personalien meldeten die Angeklagten auch einen Anschluss bei den Stadtwerken Bochum zur Versorgung mit Strom an, wobei sie hierzu in 2014 die weitere Aliaspersonalie C verwendeten und diesen Namen dann auch zusätzlich an dem Türschild zur Plantage anbrachten. In dem Objekt wurde in der Vergangenheit durch andere Mieter unter anderem ein Fleisch- und Fischgroßhandel betrieben. Gegenüber dem Vermieter gaben sie an, in der Halle Fitnessgeräte lagern, warten und reparieren zu wollen. Ursprünglich war von den Angeklagten geplant, die Plantage nur ein Jahr zu betreiben und daraus den größtmöglichen Gewinn zu erzielen, im Folgenden entschlossen sie sich dann jedoch Ende des Jahres 2013, die Plantage dauerhaft zu betreiben.
73Nachdem die Angeklagten 2012 den Entschluss gefasst und die Halle angemietet hatten, suchte der Angeklagte L Mitte des Jahres 2012 den vormals Mitangeklagten M1 auf, den er in den Jahren zwischen 2005 und 2007 in einer Diskothek kennen gelernt hatte und von dem er wusste, dass dieser sich mit Elektrik auskannte. Zunächst bat er ihn, einige Steckdosen und Lampen in der Wohnung eines Freundes, dem Angeklagten M anzubringen, den der Angeklagte L gegenüber M1 zunächst als „N“ vorstellte. Nachdem M1 diese Arbeiten fertig gestellt hatte, kamen der Angeklagte L und M1 hinsichtlich des Cannabisanbaus ins Gespräch, im Zuge dessen sich M1 nach kurzem Zögern bereit erklärte, sich die von den Angeklagten angemietete Halle anzusehen. Im Oktober 2012 erschienen sodann die Angeklagten bei M1 und baten diesen, gemeinsam mit ihnen nach Bochum in die Halle in der X zu fahren, die zu diesem Zeitpunkt noch leer war. Sie teilten M1 mit, dass sie beabsichtigten, in dieser Halle eine Plantage einzurichten und baten M1 darum, zu prüfen, ob er in der Lage sei, Strom vor dem Zähler abzuzweigen und die Elektrik mit Lampen einzurichten. Letztlich erklärte sich M1 dazu bereit, musste die Angeklagten aber auch darüber aufklären, dass mit dem vorhandenen Stromanschluss nach seiner Prüfung maximal 36 Lampen eingerichtet werden könnten.
74In der Folgezeit richtete M1 die elektrische Versorgung mit den von den Angeklagten – teilweise unter seiner Anleitung – beschafften und auch bezahlten Materialien ein, während die Angeklagten sich um den Aufbau einer Lüftungsanlage kümmerten. Zum Einrichten der elektronischen Anlage verband M1 an freigelegte Anschlussklemmen zwischen den beiden vorhandenen Stromzählern im Obergeschoss eine flexible Gummischlauchleitung mit 5 * 10 mm2 Kupferquerschnitt, sodass die über diese Leitung genutzte elektrische Energie von keinem der beiden Stromzähler erfasst wurde. Diese neu gelegte Leitung verlief dann quer über die Kellertreppe durch eine Wandöffnung zunächst in einen später als Hanfplantage genutzten Kellerbereich. Im weiteren Verlauf wurde die Leitung durch eine Türöffnung in einen angrenzenden Kellerraum geführt und an eine dort provisorisch installierte elektrische Unterverteilung angeschlossen.
75Die elektrische Unterverteilung enthielt unter anderem eine elektronische Zeitschaltuhr mit vier getrennt programmierbaren Kanälen sowie vier Schaltschütze. Mit den Schaltkontakten der entsprechenden Kanäle wurden dann die insgesamt 36 Lampen angesteuert, die in den später als Plantage genutzten Räumen aufgebaut waren. Bei jeder der Leuchten handelte es sich um eine 600 Watt Natriumdampf-Hochdrucklampe. Die 36 Vorschalt- bzw. Zündgeräte für die Lampen befanden sich in dem Raum mit der elektrischen Unterverteilung; sie wurden von den Angeklagten und M1 nach der Anleitung des M1 auf einer Schalttafel montiert. Auch wurde die von den Angeklagten aufgebaute Lüftungsanlage mit insgesamt 8 Lüftern installiert und an das provisorische Stromnetzt ebenfalls angeschlossen. M1 installierte die Anlage insbesondere auch mit programmierbaren Zeitschaltuhrkanälen, sodass es möglich war, die Lampen immer zu bestimmten Zeiten – je nach Wachstumsphase der Pflanzen – entsprechend der Anleitung durch die Angeklagten in Betrieb zu nehmen, ohne dass es einer manuellen Bedienung insoweit bedurft hätte. Die gesamten Arbeiten zogen sich über mehrere Wochen hin, Ende 2012 war die gesamte Anlage dann fertig eingerichtet und betriebsbereit.
76In der Folge richteten die Angeklagten in den angemieteten Räumlichkeiten eine professionelle Cannabisgroßplantage bestehend aus vier Anbaufeldern ein, die sie mit Setzlingen bepflanzten, diese später auch gemeinsam pflegten, abernteten und zu konsumfähigen Material verarbeiteten. Die von M1 angeschlossenen Natriumdampflampen dienten dabei zur Energieversorgung der Pflanzen und Wachstumsförderung. Das zum Betrieb notwendige Equipment beschafften die Angeklagten überwiegend aus den Niederlanden nach Deutschland, teilweise mieteten sie zu diesem Zweck einen Bus. Finanziert worden sind die dafür notwendigen Auslagen nur von den Angeklagten, Leo beteiligte sich daran – auch in der Folgezeit – nicht.
77Die Plantage war dabei in ein Obergeschoss und ein Untergeschoss unterteilt. Das Obergeschoss bestand aus insgesamt 12 Räumen und einem Innenhof. An der linken Steinwand neben der Haustür war ein Briefkasten angebracht, auf dem später ein Namensschild mit dem Namen „C“ angebracht war. In den oberen Räumlichkeiten wurden durch die Angeklagten in diversen Räumen insbesondere eine Vielzahl von Materialien und Werkzeuge gelagert, die für die Errichtung und Pflege der Anlage benötigt worden waren. In einem der Räume, einem länglichen Flur, befanden sich insbesondere auch die Stromzähler, die von M1 manipuliert wurden und von denen der Strom für die gesamte Plantage einschließlich der Beleuchtung und Belüftung abgezweigt wurde. Ferner wurde in einem der Räume, in welchem sich ein Lastenaufzug befand, der jedoch bereits stillgelegt war, die Lüftungsanlage eingerichtet. Dazu wurden Rohre verlegt, die aus der Bodenplatte des Aufzugs ragten und über die Belüftungsanlage in die unteren Räumlichkeiten des Kellers führten, wo sich die eigentliche Plantage befand.
78Die Kellerräumlichkeiten konnten über eine Kellertreppe, die von einem der Räumlichkeiten abging, erreicht werden. In den unteren Räumlichkeiten im Keller befand sich die eigentliche Plantage. Diese wurde an der rechten Längswand des größten Raums im Kellergeschoss angelegt und letztlich auf drei Felder ausgedehnt. Die Felder wurden durch die Angeklagten mit einer Teichfolie ausgelegt, die Ränder wurden eingemauert. Auf der Teichfolie wurden dann in Reihe viereckige Blumentöpfe aufgestellt und mit den Marihuanapflanzen bestückt. Über den Pflanzen wurden unterschiedlich viele Lampen angebracht, die Lampen bestanden aus einem Aluminiumschirm. Zudem wurde als Leuchtmittel jeweils eine 600 Watt Hochleistungslampe angebracht, insgesamt wurden 36 Lampen eingerichtet. An der Längswand befand sich der Lastenaufzug, durch diesen wurden Luftschläuche von der ersten Etage in das Kellergeschoss verlegt und verteilten sich über die einzelnen Cannabisfelder. Über den Feldern richteten die Angeklagten leistungsstarke Lüfter ein, die für einen Luftaustausch sorgen sollten. Die eigentliche Elektrik wurde in einem separaten Raum untergebracht. Dort wurden insbesondere 36 Vorschalt- bzw. Zündgeräte für die Lampen untergebracht, diese waren jeweils zu viert auf einer Schalttafel montiert. Ebenso wurden die insgesamt 8 installierten Lüfter jeweils zu zweit über einen Netzstecker an die vier ebenfalls verteilt angelegten Klimaregler angeschlossen. Von der Längswand des Raumes mit den Cannabisfeldern abgehend befand sich ein weiterer Raum, in dem das vierte Anbaufeld sich befand. Dieses wurde wie oben dargestellt ebenfalls mit einer entsprechenden Lüftung und Lampen versorgt.
79Für seine Arbeiten erhielt M1 später eine einmalige Zahlung von 5.000 Euro. Zunächst war von diesem auch nicht beabsichtigt, weiter an der Pflege oder der Ernte der Plantage zu partizipieren, er sollte vielmehr zunächst lediglich die Pflege der elektrischen Anlage durchführen, insbesondere wenn es zu Ausfällen beispielsweise wegen der Sicherungen kam.
80Nachdem L und M Ende 2012/Anfang 2013 Setzlinge beschafft hatten, wurden diese eingepflanzt und letztlich etwa Ende März bis Anfang April 2013 die erste selbst angelegte Plantage abgeerntet, wobei ein Teil der Ernte verschimmelte. Nachdem sie den Ertrag aus der Ernte verkauft hatten, erhielt M1 seinen verabredeten Anteil von 5.000 Euro. Zu dieser Zeit hatten lediglich die Angeklagten einen Schlüssel für die Anlage, sofern M1 diese wegen Arbeiten an der Elektrik betreten musste, wurde ihm daher meist von dem Angeklagten L aufgeschlossen.
81M1 sprach die Angeklagten im Folgenden an, dass es für ihn finanziell keinen Sinn mache, nur zu der Anlage zu fahren, wenn die Sicherungen herausflogen. Daraufhin kamen die drei überein, dass M1 auch zukünftig und auf Dauer angelegt nicht nur die Pflege der Elektrik übernimmt, sondern gegen eine Entlohnung von 5.000 Euro pro Ernte auch an der Neupflanzung und Ernte mit den Angeklagten beteiligt sein sollte. Lediglich der Vertrieb sollte allein durch die Angeklagten durchgeführt werden. Die Angeklagten und M1 versprachen sich davon insbesondere eine effektivere Bearbeitung der jeweiligen Plantagen, M1 eine zusätzliche und auf Dauer angelegte Einnahmequelle.
82Im Zuge des Austauschs der gesamten Schließanlage Anfang oder Mitte Mai 2013 erhielten alle drei, die Angeklagten sowie M1, einen Schlüssel, um die Anlage betreten zu können und sich in Umsetzung ihrer Absprache auch in Abwesenheit der anderen um die Pflege der Pflanzen und/oder die Elektrik zu kümmern.
83Dementsprechend führten die Angeklagten und M1 im September 2013 die zweite Ernte durch, nachdem zuvor etwa im Juli die erforderlichen Setzlinge durch die Angeklagten beschafft und gemeinsam mit M1 eingepflanzt worden waren. Während die Angeklagten die Pflanzen abschnitten und rupften und dabei die Blütenstände sammelten und Blätter und Äste auf den Boden warfen, bestand die Aufgabe des M1 darin, die vorbearbeiteten Blütenstände in eine Schneidemaschine zu geben und den Trennvorgang zu betreuen. Dazu gehörte, dass M1 die entfernten Reste wegschaffte, die von der Maschine in dafür bereit gehaltene blaue Müllsäcke befördert wurden. Die geernteten Blütenstände wurden in normalen Kartons gesammelt, damit sie nicht schimmelten. M1 war auch für die anschließende Reinigung der Maschine verantwortlich. Ein Erntevorgang dauerte zirka eine Woche, wobei die Angeklagten und M1 bis zu 8 Stunden täglich arbeiteten. Bei einer Ernte kamen mindestens 20 bis 40 Kilogramm Marihuanaknospen zusammen, die von den Angeklagten und M1 zum Trocknen aufgehängt wurden.
84Die Angeklagten wogen in der Folgezeit die getrockneten Knospen. Pro Ernte wurde ein Ertrag von 15 bis 16 Kilogramm erzielt. Die zweite Ernte aus Juli 2013 wurde von den Angeklagten später in den Niederlanden veräußert, M1 erhielt aus dem Verkaufserlös 5.000 Euro.
85Im Jahr 2014 wurde wiederum entsprechend der beschriebenen Vorgehensweise eine dritte und vierte Ernte durchgeführt, das heißt, die Angeklagten kümmerten sich um das Beschaffen der Setzlinge, jeweils etwa 800. Gemeinsam mit M1 wurden diese dann eingepflanzt, gepflegt und letztlich abgeerntet und getrocknet. Durch die Angeklagten wurden die Erträge dann in den Niederlanden an verschiedene Abnehmer veräußert, die ihnen zwischen 4,20 Euro und 4,80 Euro pro Gramm zahlten, in einem Fall war die Qualität der Ernte so gut, dass sie sogar 5,00 Euro pro Gramm erhielten, was sich später noch wiederholen sollte. Während die Angeklagten sich den Gewinn teilten, erhielt M1 für seine Mithilfe wiederum einen Betrag von 5.000 Euro pro Ernte. Eine der Ernten im Jahr 2014 fiel vollständig aus, weil die Angeklagten und M1 zu früh die Ernte durchführten bzw. den Ertrag nicht ausreichend trockneten und dieser daher von Schimmel befallen wurde.
862. Versuche der Anmietung einer anderen Halle zum Zwecke der Verlagerung der Plantage zur Ertragssteigerung sowie weitere Sicherungsmaßnahmen
87Ein Versuch der Angeklagten, Setzlinge selbst zu ziehen, schlug letztlich fehl, weil insbesondere auch die Stromversorgung in der angemieteten Halle in der X für einen gleichzeitigen Betrieb einer Plantage und einer parallel durchgeführten Aufzucht von Setzlingen nicht ausreichte und deshalb die Sicherung wiederholt heraussprang, die Setzlinge dadurch oder durch fehlerhafte Wasserzufuhr bedingt eingingen. Im Zuge dessen sahen sich die Angeklagten gemeinsam mit M1 nach einer Möglichkeit um, eine andere Halle mit besserer Stromzufuhr anzumieten, um die Plantage nach dorthin zu verlagern. Im Februar 2014 meldeten sie sich daraufhin als Mietinteressenten für eine Gewerbehalle in Bochum-Wattenscheid, X. Der Angeklagte L gab sich dabei gegenüber den Vermietern als T aus Düsseldorf aus.
88Weil die Angaben zu seiner Person Unstimmigkeiten im Hinblick auf die vorgelegten Ausweisdokumente ergaben, wandte sich ein Zeuge an die Polizei, die daraufhin ein geplantes Treffen in der Folgezeit am 17.02.2014 observierte und weitere Maßnahmen, insbesondere auch weitere Observationen, durchgeführte. Im Zuge dessen verdichteten sich die Hinweise gegen die Angeklagten wie auch M1, dass diese beabsichtigen, eine Indoorplantage einzurichten, insbesondere weil sie gegenüber den Vermietern darauf bestanden, umfangreiche Umbaumaßnahmen zur Abschirmung ihrer Tätigkeit in der Halle durchzuführen (Fenster mit Milchglasscheiben, eigene Strom- und Wasserversorgung und eigener Zugang zur Halle, sodass der Hausmeister diese nicht mehr betreten kann). Auch zahlten die Angeklagten in der Folgezeit sowohl die Mietkaution in Höhe von 15.000 Euro als auch die monatliche Miete ab dem 01.05.2014 von 2.220 Euro, bis zum Dezember 2014 waren so bereits insgesamt 17.760 Euro aufgelaufen, ohne dass eine Nutzung der Halle erkennbar wurde. Ferner fiel den observierenden Beamten auf, dass die Angeklagten darauf achteten, nie in der Nähe der Halle zu parken, sondern immer etwas Abseits.
89Nachdem sich M1 die Halle in der X und die durchgeführten Umbaumaßnahmen etwa im Mai 2015 angesehen hatte, wurde letztlich der Halle aufgegeben. Grund war, dass zwischenzeitlich Vermieterseits vier neue Stromzähler installiert worden waren und M1 nicht in der Lage war, von diesen Zählern Strom abzuzweigen. Weil die Halle an die Eigentümer zurückgegeben werden musste, baute M1 in der Folgezeit noch einen Motorschutzschalter ein.
90Auch ein weiterer Versuch der Anmietung eines Hochbunkers auf der X in 45896 Gelsenkirchen zur Verlagerung der Plantage, Steigerung des Ertrages und Aufzucht eigener Setzlinge etwa Mitte des Jahres 2015 schlug letztlich fehl. Dazu begaben sich zunächst die Angeklagten an das Objekt und gaben gegenüber dem Vermieter wiederum Falschpersonalien an und behaupteten, unter der Firma K eine Textilfirma mit Heißmangel und Bügelpresse einrichten zu wollen und dafür mehr Strom bräuchten. Zu diesem Zweck hielt der Angeklagte L auch gefälschte Ausweispapiere auf den Namen K vor, insoweit legte er eine auf seine Aliaspersonalie ausgestellte Visitenkarte dem Vermieter vor. Um bei eventuellen Kontrollen möglichst nicht aufzufallen, unterhielten sie zur Verschleierung eine Scheinfirma namens „K“, wofür sie in einem Bürokomplex an der X in Düsseldorf ein virtuelles Büro mit einem Firmenschild, einem Postkasten und einer Rufnummer betrieben. M1 Aufgabe war es bei weiteren Gesprächen, sich als technischer Leiter auszugeben und die Gespräche zu führen. Gegenüber dem Vermieter gab er sich als ein Herr „O“ aus. Letztlich riet er davon ab, die Anmietung des Bunkers durchzuführen, weil nach seiner Einschätzung die Stromversorgung kritisch war.
91Irgendwann zu einem nicht näher bestimmten Zeitpunkt erwarben die Angeklagten und M1 auf Drängen des Angeklagten L auch eine Alarmanlage, die jeder in seiner Privatwohnung installieren sollte. Zweck war, bei einer eventuellen Durchsuchung durch die Polizei auf dem jeweiligen Mobiltelefon gewarnt zu werden. Einen konkreten Plan, was im Falle des Auslösens dieses Alarms geschehen sollte, hatten die Angeklagten oder M1 jedoch nicht.
923. Tatgeschehen
93Konkret tätigten die Angeklagten aus dem Betrieb der Plantage an der X noch die folgenden Betäubungsmittelgeschäfte, die von der Anklage umfasst sind:
94a) Während eines nicht näher bestimmbaren Zeitraums seit Beginn des gemeinschaftlichen Cannabisanbaus etwa Ende 2014/Anfang 2015 erzielten sie mit einer fünften Ernte, die entsprechend der beschriebenen Vorgehensweise betrieben wurde, bei Veräußerung einen Erlös von mindestens 50.000,- Euro, wobei sie mindestens zehn Kilogramm konsumfähiges Marihuana erzeugt und veräußert hatten. Dazu begaben sich wiederum die Angeklagten in die Niederlande und veräußerten dort das Marihuana an Abnehmer. Ausgehend von einem Wert von 10 % Wirkstoffgehalt enthielt das veräußerte Marihuana damit mindestens 1.000 Gramm THC.
95b) In der Zeit vor dem 12.06.2015 bis spätestens zum 16.06.2015 erzielten die Angeklagten und M1 aus dem erneuten Anbau von ca. 800-900 Cannabispflanzen mindestens 20,682 kg konsumfähiges Marihuana (sechste Ernte). Davon veräußerten die Angeklagten mindestens 10 kg am 16.06.2015 in Eindhoven an unbekannte Abnehmer zu einem Preis von 50.000,- Euro. Das veräußerte Marihuana hatte mindestens einen Wirkstoffgehalt von 15 %, mithin 1.500 Gramm THC. Leo erhielt von den Einnahmen 10.000 Euro, wobei darin auch sein Anteil im Hinblick auf die Ernte davor enthalten war, der übrige Betrag wurde zwischen den Angeklagten aufgeteilt, soweit er nicht für laufende Kosten oder neue Setzlinge oder Equipment verbraucht wurde.
9610.682 g aus dieser Ernte konnten am 23.06.2015 sichergestellt werden, wobei eine Teilmenge von 8.114,08 Gramm einen Wirkstoffgehalt von 16,6 % aufwies und mithin 1.348 Gramm Wirkstoffmenge beinhaltete. Weitere 2.568,35 Gramm enthielten einen Wirkstoffgehalt von 11,1 %, mithin 286 Gramm Wirkstoffmenge, wobei diese Reste nicht mehr für den Verkauf gedacht waren, sondern entsorgt werden sollten.
97c) Am 12.06.2015 erwarben die Angeklagten L und M in Eindhoven (Niederlande) insgesamt 847 Setzlinge, welche sie folgend gemeinsam mit M1 anpflanzten und pflegten. Auch diese Pflanzen sollten entsprechend des vorherigen Vorgehens bis zur Erntereife gepflegt, sodann abgeerntet und zu konsumfähigen Material verarbeitet werden. Der Mindestertrag aus dieser Ernte hätte, wäre das Wachstum unter den vorgefundenen Bedingungen abgeschlossen worden, bei zirka 21 Kilogramm konsumfähigem Marihuana gelegen, was bei einem Wirkstoffgehalt von 15 % 3.150 Gramm THC entspricht.
983. Geschehen nach den Taten
99Am Dienstag, den 23.06.2015, 12:14 Uhr bis Mittwoch, 24.06.2015 ca. 16:00 Uhr wurde das Objekt in der X durch Polizeikräfte durchsucht. In dem Objekt X wurden zahlreiche Mittel zur Düngung und Pflege der Marihuanapflanzen sowie umfangreiches technisches Equipment zur Bestückung dieser und einer weiteren Plantage sichergestellt. Die gelagerten Materialien haben nach einer Schätzung der Kriminalbeamten einen Wert in Höhe von annähernd 24.000,- Euro. Unter anderem wurden elf Kanister Pflanzendünger, 5 Säcke á 25 kg Bodenausgleichsmasse, diverse Heizlüfter, diverse Standventilatoren, Abwasserpumpen, diverse Arbeitsmaterialien (Trennschleifer, Stichsäge, Fettpresse, Fuchsschwanzsäge etc.), mehrere Teichplanen, Kartons mit Reflektoren, duzende Blumentöpfe, weitere 26 Säcke á 50 Liter Pflanzendünger, 27 Stück Canna Terra Flores Single, 6 Stück Phosphor Kalim Präparat á 5 Liter, 12 Stück Ata Blütenstimulator 5 Liter Kanister, 9 Stück Cannazym Wachstumsförderer Enzympräparat, mehrere Filter á 6.000 m3, 3.250 m3, 2.500 m3 oder 1.000 m3 pro Stunde, mehrere Birnen á 600 Watt, Heizlüfter in unterschiedlichen Größen, Feuchtigkeitsmesser, eine Tauchpumpen, die zur Bewässerung der Anlage verwendet wurden, und sonstiges Equipment, das zum Betrieb der Anlage verwendet wurde, sichergestellt.
100An Betäubungsmitteln konnten im Zuge der Durchsuchung der Plantage die bereits dargestellten 10.682 Gramm und 2.568,35 Gramm Marihuana sichergestellt werden. Ferner konnten die 847 Setzlinge sichergestellt werden. Zu diesem Zeitpunkt hatten die neu eingesetzten Pflanzen mit einer Höhe von 10-25 cm bereits im Durchschnitt einen THC-Wirkstoffanteil von 1,98-2,29% erreicht. Bis zum 23.06.2015 war insgesamt von einer Gesamtwirkstoffmenge von 14,6g auszugehen.
101Der Angeklagte L wurde am 23.06.2015 vorläufig festgenommen und befindet sich seit demselben Tage in Untersuchungshaft in der Justizvollzugsanstalt Bochum aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts Bochum vom 22.06.2015 – 64 Gs 2125/15. Im Zuge der Durchsuchung seiner Wohnung in der X in Mühlheim a.d. Ruhr wurden insbesondere diverse gefälschte Ausweispapiere gefunden, so ein Litauischer Reisepass ausgestellt auf K1, eine ID-Card ausgestellt auf den gleichen Namen, ein slowenischer Reisepass ausgestellt auf den Namen L1, ein slowenischer Führerschein ausgestellt auf den gleichen Namen, eine slowenische ID-Card ebenfalls ausgestellt auf diesen Namen, mehrere Handys und ein Karton mit einer Alarmanlage mit Bewegungsmelder.
102Der Angeklagte M wurde am 23.06.2015 festgenommen und befindet sich seit demselben Tage in Untersuchungshaft in der Justizvollzugsanstalt Düsseldorf aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts Bochum vom 22.06.2015 – 64 Gs 2126/15.
103Der vormals Mitangeklagte M1 wurde ebenfalls am 23.06.2015 festgenommen und befand sich seit demselben Tage in Untersuchungshaft in der Justizvollzugsanstalt Essen aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts Bochum vom 22.06.2015 – 64 Gs 2127/15. Nachdem M1 noch vor Eröffnung des Verfahrens weitgehende Angaben zu seiner Tatbeteiligung und derjenigen der Angeklagten gemacht hatte, ohne dass dem eine Verständigung oder sonstige Absprachen vorausgegangen wären, wurde der Haftbefehl mit Beschluss der Kammer vom 04.11.2015 außer Vollzug gesetzt. Mit Beschluss der Kammer vom 05.02.2016 wurde der Haftbefehl aufgehoben.
104Bei der Durchsuchung der Wohnung des M1 in der X in Ratingen konnten ein Mobiltelefon der Marke Samsung, auf dem neben den Angeklagten als Kontakt eine Rufnummer # mit der Bezeichnung Alarm versehen ist und korrespondierend dazu die Verpackung zu einer Alarmanlage der Marke P sichergestellt werden. Ferner konnten in einem nicht verschlossenen Umschlag 100 Scheine zu je 100,- Euro, mithin 10.000,- Euro, gefunden werden, die er von den Angeklagten erhalten hatte, nachdem diese den Ertrag in den Niederlanden veräußert hatten und aus dem Verkaufserlös M1 seinen Anteil übergaben.
105Ursprünglich wurde das Verfahren gegen die Angeklagten und M1 unter dem urteilsgegenständlichen Aktenzeichen geführt. Mit Beschluss der Kammer vom 18.01.2016 wurde das Verfahren gegen den M1 zur gesonderten Verhandlung und Entscheidung abgetrennt und erhielt das Aktenzeichen 9 KLs AK 5/16. In diesem Verfahren wurde der Angeklagte M1 unter Berücksichtigung des § 31 BtMG zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Jahren 3 Monaten verurteilt.
106III.
1071. Feststellungen zur psychischen Befindlichkeit des Angeklagten L im Tatzeitraum und insgesamt
108Bei Begehung sämtlicher festgestellter Taten war der Angeklagte trotz anhaltenden Betäubungsmittelkonsums nicht in seiner Einsichts- und Steuerungsfähigkeit nach Maßgabe der Eingangskriterien der §§ 20, 21 StGB eingeschränkt. Intensität und Langjährigkeit des Suchtmittelkonsums bedingen allerdings eine notwendige therapeutische Behandlung.
109Zur psychischen Befindlichkeit des Angeklagten im Tatzeitraum sowie insgesamt hat die Kammer auf der Grundlage der forensisch-fachpsychiatrischen Ausführungen des hinzugezogenen Sachverständigen und Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie sowie Forensische Psychiatrie Priv.-Doz. Dr. med. M2 im Einzelnen Nachfolgendes festgestellt.
110Bei dem Angeklagten handelt es sich um eine hirnorganisch unbeeinträchtigte, geistig-seelisch gesunde Persönlichkeit mit einer allerdings bestehenden engen Anbindung an das Drogenmilieu aufgrund bestehender Kokainabhängigkeit. Diese Abhängigkeit hat allerdings keinen darüber hinausgehenden persönlichkeitsverändernden Störungsgrad im forensisch relevanten Sinn erreicht.
111Der Angeklagte erwies sich sowohl im Zuge einer außerhalb der Hauptverhandlung durchgeführten Exploration sowie im Verlauf der Hauptverhandlung als im neurologischen sowie psychischen Befund unbeeinträchtigt. Auffällig war im Zuge der durchgeführten Exploration eine verlangsamte Denk- und Sprechweise. Der Angeklagte verneinte die Frage des Sachverständigen, ob er am Untersuchungstag eine zentralwirksame Substanz eingenommen habe und führte die Auffälligkeit letztlich auf Erschöpfung oder einen zu niedrigen Blutdruck zurück.
112Der Angeklagte war in formalen Qualitäten, örtlich zeitlich und zur eigenen Person, allseits orientiert, der formale Gedankengang war an einigen Gesprächsstellen verlangsamt, inhaltliche Denkstörungen im Sinne einer Wahnbildung konnten nicht exploriert werden und wurden von dem Angeklagten auch nicht berichtet. Die kognitive Leistungsfähigkeit war im Bereich der Aufmerksamkeitsleistung und der konzentrativen Leistungsfähigkeit reduziert. Die Sprachfähigkeiten des Angeklagten waren unauffällig, es war möglich, auch in Dialogform mit ihm zu sprechen. Die Antworten des Angeklagten kamen jedoch teilweise verzögert, was in der Befragung in der Sitzung von der Kammer nicht mehr beobachtet werden konnte. Die Stimmung war zurückhaltend, wenig schwingungsfähig, das Antriebsniveau war altersentsprechend unauffällig.
113Den sachverständigen Erläuterungen zufolge, denen sich die Kammer nach eigener Prüfung anschließt, ist bei dem Angeklagten bei längs- und querschnittlicher Betrachtung der Persönlichkeit des Angeklagten im gesamten Explorationszeitraum kein Bezug im Bereich körperlicher oder psychiatrisch-psychotherapeutischer Grunderkrankungen feststellbar, ungeachtet des Umstandes, dass der Angeklagte wegen seiner Schulschwierigkeiten in der Realschulzeit auch zusammen mit seinen Eltern einen Psychologen aufgesucht hatte. Weitere Therapiemaßnahmen sind nicht durchgeführt worden.
114In der Gesamterfassung der Persönlichkeit ist bei biografischer Betrachtung eine Kokain- und Cannabisabhängigkeit unmissverständlich belegt. Das Einsetzen des Konsums psychotroper Substanzen zu Beginn der Pubertät sowie das Anhalten und die stattgefundene mengenmäßige Erweiterung des Konsums in den Jahren ab 2010 oder 2011 verbunden mit dem Umzug nach Mühlheim und dem letztlichen Beenden seiner Beziehung zeigen dies ebenso auf wie der Umstand, dass der Angeklagte bereits mit 13 Jahren erste Erfahrungen mit Cannabis als auch – was im Hinblick auf das Alter nach den Erfahrungen der Kammer aus ansonsten ähnlich gelagerten Fällen eher unüblich ist – auch schon mit härteren Drogen wie Ecstasy machte und damit einhergehend sich auch die schulischen Schwierigkeiten des Angeklagten weiter verstärkten. Die zahlreichen Schulwechsel sind insoweit ein deutliches Indiz für das Vorliegen der festgestellten Abhängigkeit. Belegt wird dies auch dadurch, dass der Angeklagte im Rahmen seiner Einlassung angab, letztlich sich zum Anlegen der Plantage entschlossen zu haben, um die bereits angefallenen erheblichen Drogenschulden abzuzahlen und darüber hinaus seinen fortwährenden Drogenkonsum, vor allem die Beschaffung der relativ kostspieligen Droge Kokain, finanzieren zu können. Angesichts des fortdauernden und bis zu seiner Inhaftierung bestehenden ausgeprägten Konsumwunsches des Angeklagten sowie der Ausrichtung seiner gesamten Lebensumstände dahin, den eigenen Konsum von Marihuana und Kokain nach Belieben abdecken und finanzieren zu können, sind diagnostisch die Voraussetzungen für ein Cannabis- und Kokainabhängigkeitssyndrom nach Maßgabe der geltenden ICD-10 F 12.2 und F14.2 Kriterien erfüllt.
115Aufgrund seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit ist jedoch ein weiteres soziales Abgleiten sowie ein Persönlichkeitsverfall nicht eingetreten.
116Der Angeklagte war letztlich in seiner Einsichts- und Steuerungsfähigkeit nicht eingeschränkt. Zwar kann die Cannabisabhängigkeit als auch Kokainabhängigkeit als stoffgebundene Suchterkrankung wegen der Vielzahl möglicher Ursachen, Ausprägungen sowie körperlicher und psychischer Folgen grundsätzlich sowohl die Voraussetzungen des Eingangsmerkmals der schweren anderen seelischen Abartigkeit im Sinne des § 20 StGB als auch – vor allem bei körperlicher Abhängigkeit – jene einer krankhaften seelischen Störung erfüllen. Unabhängig von dieser Einordnung begründet die Abhängigkeit von Betäubungsmitteln für sich allein jedoch noch nicht eine erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit, doch kann die Schuldfähigkeit in einem akuten Rauschzustand vermindert sein, ferner wenn eine langjährige „Drogenkarriere“ zu schweren Persönlichkeitsveränderungen geführt hat oder der Täter unter starken Entzugserscheinungen leidet und dadurch zu Beschaffungsstraftaten getrieben wird. Dabei muss es sich nicht stets um akute körperliche Entzugserscheinungen handeln. Maßgebend sind vielmehr die konkreten Erscheinungs- und Verlaufsformen der Sucht.
117Bei dem Angeklagten sind indes weder schwere Persönlichkeitsveränderungen feststellbar noch konnte die Kammer akuten Entzugs- oder Beschaffungsdruck feststellen. Auch rauschbedingte Intoxikationen waren zu den jeweiligen Tatzeitpunkten nicht zu verzeichnen. Der Angeklagte erlebte bei Begehung der Taten keine krankheitswertigen Störungen in der Bewusstseinslage und in der psychischen Disposition insgesamt. Vielmehr waren die Taten über einen langen Zeitraum geplant, von der Anmietung der Halle, der Beschaffung der Materialien, dem Anwerben des vormals Mitangeklagten M1, der wochenlangen Installation der Anlage, dem Beschaffen der Setzlinge, der Aufzucht bis hin zur Ernte, Trocknung und dem anschließenden Verkauf. Hinzu kommt, dass der Angeklagte gemeinsam mit seinen Mittätern auch Anstrengungen unternommen hat, den Ertrag der Plantage zu steigern und insbesondere Alternative Räumlichkeiten aufsuchte und dabei ein äußerst planvolles und umsichtiges Vorgehen zeigte, was sich beispielsweise in der Beschaffung von Aliaspersonalien oder dem Anlegen einer Scheinfirma zeigte.
118Das bestehende Abhängigkeitssyndrom erfordert allerdings zur Abwehr künftiger erheblicher Straftaten eine therapeutische Behandlung.
119Bei dem Angeklagten ist ein Hang festzustellen, Marihuana und Kokain im Übermaß zu sich zu nehmen. Von einem Hang ist auszugehen, wenn eine eingewurzelte, auf psychische Disposition zurückgehende oder durch Übung erworbene intensive Neigung besteht, immer wieder Rauschmittel zu konsumieren, wobei diese Neigung noch nicht den Grad physischer Abhängigkeit erreicht haben muss. Davon ist im Hinblick auf die Angaben des Angeklagten zu seinem Marihuana- und Kokainkonsum auszugehen. Er hat bereits seit dem 13. Lebensjahr die stark ausgeprägte Neigung zu anhaltendem Konsum von Marihuana und Kokain entwickelt und diesen – bis auf wenige Phasen – auch durchgehend beibehalten.
120Diese Neigung des Angeklagten hat zum einen zur Begehung der urteilsgegenständlichen Taten beigetragen. Ohne die Abhängigkeit wäre es nicht zu den angefallenen Drogenschulden und der damit einhergehenden Notwendigkeit gekommen, sich durch Straftaten eine Einnahmequelle nicht unerheblichen Ausmaßes zu beschaffen.
121Zugleich begründet die Neigung des suchtmedizinisch bisher unbehandelten Angeklagten L bereits aufgrund der auch aus seiner Sicht für erforderlich erachteten Beschaffung weiterer Betäubungsmittel für den Eigenkonsum die Gefahr der Begehung weiterer hiermit in Zusammenhang stehender Straftaten. Insoweit war auch zu berücksichtigen, dass der Angeklagte nach seinen eigenen Angaben bereits in der Vergangenheit seinen Drogenkonsum „durch Geschäfte im kriminellen Bereich“ finanzierte.
122Dabei kann dem Angeklagten insbesondere im Hinblick auf seine kognitiven Fähigkeiten eine positive Behandlungsprognose erstellt werden. Der Angeklagte hat sich im Zuge der Hauptverhandlung erkennbar auch mit seinem eigenen Drogenkonsum auseinandergesetzt und insbesondere im Rahmen des letzten Wortes erkennen lassen, dass auch aus seiner Sicht eine erfolgreiche Behandlung der Drogenproblematik unabdingbare Voraussetzung für ein zukünftig straffreies Leben ist. Diese Einsicht sowie die aus Sicht der Kammer ernstzunehmende Therapiebereitschaft rechtfertigen die Annahme einer aussichtsreichen und erfolgreichen Behandlung, wobei aus sachverständiger Sicht angesichts der Langjährigkeit des Drogenkonsums des Angeklagten die sucht- und verhaltenstherapeutische Aufarbeitung einen Zeitraum von wahrscheinlich 24 Monaten in Anspruch nehmen wird.
1232. Feststellungen zur psychischen Befindlichkeit des Angeklagten M im Tatzeitraum und insgesamt
124Bei Begehung sämtlicher festgestellter Taten war der Angeklagte M trotz anhaltenden Betäubungsmittelkonsums nicht in seiner Einsichts- und Steuerungsfähigkeit nach Maßgabe der Eingangskriterien der §§ 20, 21 StGB eingeschränkt. Im Hinblick auf die Mengen der konsumierten Betäubungsmittel und dem verhältnismäßig langen Zeitraum dieses Konsums bis zur Inhaftierung im vorliegenden Strafverfahren ist jedoch eine therapeutische Behandlung des Suchtmittelkonsums unbedingt erforderlich.
125Zur psychischen Befindlichkeit des Angeklagten im Tatzeitraum sowie insgesamt hat die Kammer auf der Grundlage der forensisch-fachpsychiatrischen Ausführungen des hinzugezogenen Sachverständigen und Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie sowie Forensische Psychiatrie Priv.-Doz. Dr. med. M2 im Einzelnen Nachfolgendes festgestellt.
126Der Angeklagte befindet sich in gutem Allgemein- und Ernährungszustand, die erhobene Krankheitsanamnese ergab keine Hinweise für das Vorliegen einer als ernsthaft oder chronifiziert zu bezeichnenden körperlichen Grunderkrankung. Der Angeklagte ist altersentsprechend gesund. Dies korrespondiert zu dem von dem Angeklagten geschilderten Hobby, bis in die Gegenwart hinein trotz des bestehenden Drogenkonsums auch Sport betrieben zu haben.
127Der Angeklagte erwies sich im Zuge der außerhalb der Hauptverhandlung durchgeführten Exploration sowie im Verlauf der Hauptverhandlung in den formalen Qualitäten allseits orientiert, sowohl örtlich, zeitlich als auch zur Person. Der formale und der inhaltliche Gedankengang waren psychopathologisch unauffällig, die kognitive Leistungsfähigkeit altersentsprechend. Das Sprach- und Kommunikationsverhalten des Angeklagten war von der motorischen Seite her unauffällig, es war auch in der Hauptverhandlung möglich, ein Gespräch in Dialogform mit dem Angeklagten zu führen. Die Stimmung war zurückhaltend, das Antriebsniveau altersentsprechend, ebenso Gestik, Mimik und Verhalten waren situationsadäquat. Klinische Hinweise für das Vorliegen einer Intoxikation oder beginnende Entzugssymptome fanden sich nicht.
128Der psychopathologische Befund war unauffällig. Hinweise auf irgendwie geartete psychische Störungen oder sonstige geistig-seelische Beeinträchtigungen, forensisch zu beleuchtende Persönlichkeitsakzentuierungen oder Verhaltensstörungen außerhalb der bestehenden Drogenabhängigkeit und dem schädlichen Gebrauch von Alkohol, Cannabis und Kokain, waren nicht erkennbar.
129Unter Berücksichtigung der gesamten Persönlichkeit des Angeklagten und seiner Biographie ist eine Störung durch multiplen Substanzgebrauch und Konsum sonstiger psychotroper Substanzen feststellbar. Das Einsetzen des Konsums psychotroper Substanzen begann bereits in den Jugendjahren, mit 13 Jahren trank der Angeklagte erstmals Bier und begann, Cannabis zu konsumieren, in der späteren Folge kombinierte er den Alkoholkonsum – vorwiegend Whiskey – mit der Einnahme von Cannabis und Kokain. Insbesondere die Kombination von Whiskey und Kokain begleitend mit dem Konsum von Cannabis stellt bei dem Angeklagten einen bestimmenden Anteil der zu dokumentierenden Suchterkrankung dar. Insoweit war festzustellen, dass Bestandteile verschiedener Substanzen hier untrennbar in den Betäubungsmittelkonsum vermischt wurden. Diagnostisch sind die Voraussetzungen für eine Verhaltensstörung durch multiplen Substanzgebrauch und Konsum anderer psychotroper Substanzen nach Maßgabe der geltenden ICD-10 F19.2 Kriterien erfüllt.
130Eine bedeutsame Einschränkung der Einsichts- und Steuerungsfähigkeit des Angeklagten im Tatzeitraum konnte sicher ausgeschlossen werden. Aus sachverständiger Sicht waren die Eingangsmerkmale des § 20 StGB insoweit nicht anzunehmen, die Taten waren langfristig geplant und vorbereitet sowie bis zur Entdeckung planvoll durchgeführt worden. Dem schließt sich die Kammer nach eingehender eigener Prüfung an. Auch bei dem Angeklagten M waren weder schwere Persönlichkeitsveränderungen zu eruieren noch konnte die Kammer akute Entzugs- oder Beschaffungserscheinungen feststellen. Der Angeklagte erlebte weder krankheitswertige Störungen seiner Bewusstseinslage noch sonst. Seine kognitiven Fähigkeiten, seine Wahrnehmung und sein Reaktionsvermögen waren unbeeinträchtigt. Er war in der Lage, gemeinsam mit dem Angeklagten L und dem vormals Mitangeklagten M1 die Plantage aufzubauen, abzuernten und mit dem Angeklagten L letztlich den Ertrag gewinnbringend in den Niederlanden weiter zu veräußern. Auch planvolles Handeln wie die Installation der Alarmanlage, den Versuchen, den Ertrag durch Verlagerung der Plantage in eine andere Halle etc. sprechen gegen eine erhebliche Einschränkung der Schuldfähigkeit des Angeklagten in dem lang andauernden Tatzeitraum.
131Die bestehende Störung durch multiplen Substanzgebrauch und Konsum sonstiger psychotroper Substanzen erfordert allerdings zur Abwehr künftiger erheblicher Straftaten eine therapeutische Behandlung.
132Bei dem Angeklagten ist ein Hang festzustellen, Marihuana sowie meist kombiniert Alkohol in Form von Whiskey und Kokain im Übermaß zu sich zu nehmen. Der Angeklagte hat seit dem 13. Lebensjahr eine stark ausgeprägte Neigung zu anhaltendem Konsum insbesondere von Cannabis, später auch von Alkohol und Kokain. Der Kokainkonsum begann etwa mit dem 18. Lebensjahr. Dann steigerte sich dieser Konsum zunächst auf 5 Gramm in der Woche, später hat der Angeklagte so viele Mengen konsumiert, wie er beschaffen und vertragen konnte.
133Diese Neigung hat zur Begehung der urteilsgegenständlichen Taten beigetragen. Der anhaltende Betäubungsmittelkonsum im Zusammenhang mit den Kontakten des Angeklagten zum Drogenmilieu zeigt seine enge Einbindung in diese kriminellen Strukturen. Die Neigung des suchtmedizinisch bislang unbehandelten Angeklagten M birgt auch die Gefahr der Begehung weiterer hiermit in Zusammenhang stehender Straftaten. Dabei ist nicht aus dem Blick gelangt, dass der Angeklagte bislang trotz seiner langjährigen Betäubungsmittelabhängigkeit unbestraft ist. Letztlich hat der Angeklagte jedoch bereits seit 2012 seine Betäubungsmittelabhängigkeit versucht durch den Aufbau einer Plantage zu finanzieren und insbesondere auch Drogenschulden abzubauen. Vor dem Hintergrund des insgesamt über Jahre andauernden Zeitraums dieser Tätigkeit sind die sachverständigen Ausführungen zur Gefahr des Rückfalls in kriminelle Verhaltensweisen auch bei dem Angeklagten M nachvollziehbar und schlüssig.
134Auch der Angeklagte M verfügt über kognitive Fähigkeiten sowie die Bereitschaft, seine Drogenproblematik in den Griff zu bekommen, sodass ihm eine günstige Behandlungsprognose zu stellen ist. Nach den nachvollziehbaren sachverständigen Ausführungen wird die sucht- und verhaltenstherapeutische Aufarbeitung einen Zeitraum von wahrscheinlich 24 Monaten in Anspruch nehmen. Auch der Angeklagte M hat sich insbesondere im Rahmen seines letzten Wortes mit seiner Drogenproblematik auseinander gesetzt und seine Behandlungsbereitschaft nachdrücklich bestätigt.
135IV.
136Die getroffenen Feststellungen beruhen im Wesentlichen auf den vollumfänglich geständigen Einlassungen der Angeklagten, des vormals Mitangeklagten M1, sowie auf den sonst ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls erhobenen Beweisen, insbesondere den Zeugenaussagen der einvernommenen Zeugen und hinsichtlich der gesundheitlichen Verfassung der Angeklagten jeweils insbesondere auf den Ausführungen des von der Kammer hinzugezogenen Sachverständigen Priv.-Doz. Dr. med. M2.
137Die Feststellungen zu den Vorstrafen des Angeklagten L beruhen auf dem Inhalt des in der Hauptverhandlung am 04.02.2016 verlesenen Bundeszentralregisterauszugs vom 08.12.2015, im Übrigen auch auf den Angaben des Angeklagten L, der die Vorstrafen entsprechend bestätigte.
138Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen der Angeklagten, insbesondere zum jeweiligen Betäubungsmittelkonsum seit der Kinder- und Jugendzeit beruhen auf den Angaben der Angeklagten, die die Kammer als plausibel und nachvollziehbar erachtet, im Übrigen auf den Ausführungen des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie und forensische Psychiatrie Priv.-Doz. Dr. med. M2. Die Angeklagten haben sowohl in den Explorationen vom 26.01.2016 bzw. 03.02.2016 als auch im Rahmen der Hauptverhandlung Angaben zum jeweiligen Betäubungsmittelkonsum wie festgestellt gemacht.
139Die Feststellungen zum Vortatgeschehen, den ersten Ernten, dem eigentlichen Tatgeschehen und dem Nachtatgeschehen beruhen auf den Einlassungen der Angeklagten, die die Taten wie festgestellt eingeräumt und nachvollziehbar und schlüssig jeder für sich die Phase des Kennenlernens, des Anbaus, der Ernte und der Veräußerung schilderten, ferner den Angaben des M1, dessen Angaben sich insoweit widerspruchsfrei deckten.
140Die Einlassungen der Angeklagten wurden auch durch die übrige Beweisaufnahme bestätigt. Der Ermittlungsführer EKHK E machte im Rahmen seiner Zeugenaussage den jeweiligen Einlassungen korrespondierende Angaben insbesondere zur Anmietung der Halle in der X, dem aus Sicht der Ermittler verdächtigem Verhalten der Angeklagten, welches zu den weiteren Ermittlungs-, insbesondere Observationsmaßnahmen führte, wie auch zu den Erkenntnissen aus der insoweit auch angeordneten Innenraumüberwachung. Die Angaben der Angeklagten hinsichtlich der jeweiligen Rollenverteilung, insbesondere der Aufgabe des M1 als Elektriker, deckten sich ebenso mit den Erkenntnissen der Ermittler, als auch die Feststellungen zu den Aliaspersonalien.
141Die Feststellungen zum Aufbau der Cannabisplantage werden neben den Angaben der Angeklagten und des M1 auch gedeckt durch die Zeugenaussage des Zeugen KHK I, welcher die Durchsuchung an der X leitete und insbesondere den dazu korrespondierenden Durchsuchungsbericht fertigte.
142Die Feststellungen deckten sich auch mit der Zeugenaussage der die Hauptsachbearbeitung übernehmenden Zeugin KHK’in Q, die insbesondere auch ihre Erkenntnisse aus der Telefonüberwachung der Kammer nachvollziehbar und schlüssig darlegte. Dabei deckten sich ihre Erkenntnisse auch mit der Rollenverteilung, wie sie die Angeklagten wiedergaben.
143Hinsichtlich der Wirkstoffgehalte der Betäubungsmittel betreffend die in der X in Bochum aufgefundenen und sichergestellten Betäubungsmittel beruhen die Feststellungen hierzu auf dem rechtsmedizinischen Gutachten des Dr. A des Landeskriminalamts NRW vom 03.08.2015 – Tagebuchnummer #. In den übrigen Fällen hat die Kammer die Wirkstoffgehalte aufgrund von Schätzungen unter Berücksichtigung eines Sicherheitsabschlages von 10 % zu Gunsten der Angeklagten festgestellt, im Fall der fünften Ernte unter Berücksichtigung eines weiteren Sicherheitsabschlags, weil Marihuana aus diesem Anbau nicht sichergestellt und untersucht wurde. Die geschätzten Wirkstoffgehalte entsprechen auch den Erkenntnissen der Kammer aus zahlreichen Verfahren aus dem Bereich des Betäubungsmittelgesetzes. Für die an die Angeklagten gezahlten Preise ist die festgestellte Qualität unabdingbare Voraussetzung, da die Betäubungsmittel ansonsten nicht absetzbar wären.
144Hinsichtlich der voraussichtlichen Ertragsmenge aus den bereits angepflanzten 847 Setzlingen beruhen die Feststellungen ebenfalls auf dem vorgenannten Gutachten des Dr. A. Dieser hat nachvollziehbar dargelegt, dass bei dauerhafter und gleichbleibender Bestückung ein Mindestbetrag pro Ernte bei 847 Pflanzen von zirka 21 Kilogramm Marihuana erzielt werden könne, wobei hierbei auch das Blattmaterial berücksichtigt worden ist.
145Die Feststellungen zur psychischen Befindlichkeit der Angeklagten beruhen hinsichtlich ihres fachpsychiatrischen und fachpsychologischen Hintergrundes im Wesentlichen auf den gutachterlichen Ausführungen des von der Kammer hinzugezogenen Sachverständigen. Der Sachverständige hat seine Erläuterungen auf eine umfassende Erhebungs- und Erkenntnisgrundlage gestützt. Beide Angeklagten erwiesen sich im Zuge der jeweiligen Explorationen als im psychopathologischen Befund unauffällig. Weder bei dem Angeklagten L noch bei dem Angeklagten M waren Anhaltspunkte für formale oder inhaltliche Denkstörungen, Wahnvorstellungen oder psychische Fehldispositionen erkennbar.
146Diese gutachterlichen Ausführungen deckten sich auch mit dem Eindruck, den die Kammer im Zuge der mehrtätigen Hauptverhandlung von beiden Angeklagten gewinnen konnte.
147Der Angeklagte L war zwar auch im Zuge der Hauptverhandlung teils in sich gekehrt und gab gelegentlich nur kurze Antworten auf die von der Kammer gestellten Fragen – sowohl zum Lebenslauf als auch zum Tatgeschehen, letztlich waren aber weder Auffälligkeiten im kognitiven Leistungsniveau noch sonst ersichtlich.
148Gleiches gilt für den Angeklagten M Auch dieser war bei ebenfalls mindestens durchschnittlichen intellektuellen Fähigkeiten bemüht, die Fragen der Kammer umfassend zu beantworten, wenngleich auch er teils nur auf Nachfrage zu einzelnen Komplexen Antworten gab und insbesondere seine innere Gefühlslage nur bedingt bereit war zu offenbaren.
149Gleichwohl hat die Kammer auch insoweit der sachverständigen Einschätzung folgend keine vernünftigen Zweifel, dass insbesondere die Angaben zum jeweiligen Konsumverhalten, insbesondere den Konsummengen und den jeweiligen Konsumzeiten stimmig sind und bei jeweils erhalten gebliebener Handlungsbestimmung insgesamt plausibel erscheinen lassen. Beide Angeklagten haben auch insoweit sehr detailreich ihr Konsumverhalten geschildert und dabei auch außergewöhnliche Details offenbart. Der Angeklagte L schilderte insoweit beispielsweise auch ihn selbst belastende Details wie den Umstand, die Betäubungsmittel bereits in der Vergangenheit mit Geschäften „im kriminellen Bereich“ finanziert zu haben. Auch vor dem Hintergrund der Vorstrafen des Angeklagten erschien das Konsumverhalten stimmig, aus der beigezogenen Akte die vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs betreffend ergaben sich angesichts des in den Akten geschilderten und in der Sitzung thematisierten Fahrverhaltens des Angeklagten L ebenfalls Hinweise auf Kokainkonsum.
150Der Angeklagte M berichtete über seinen Kokainkonsum und dessen Auswirkungen auch durch ungewöhnliche Details, beispielsweise dass er heute bei dem Geruch eines Mischgetränkes Whiskey-Cola wegen seines vergangenen Konsumverhaltens unmittelbar an Kokain denken müsse.
151Die Kammer schließt sich aus eigener Sachprüfung auch den Ausführungen des Sachverständigen an, soweit dieser hinsichtlich der Eingangskriterien der §§ 20, 21 StGB weder aufgrund einer Persönlichkeitsstörung, akuten Suchtdrucks noch infolge einer Intoxikation eine Einschränkung der Schuldfähigkeit angenommen hat. Unter Berücksichtigung des jeweiligen Tatverhaltens, bei welchem keiner der Angeklagten sich auf Symptome einer auch nur ansatzweise eingeschränkten Handlungsfähigkeit beruft, und dem planvollen und langjährig bestehendem Aufbau der Plantage sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die psychische Funktionsfähigkeit der Angeklagten bei Begehung der Taten in irgend einer Art und Weise beeinträchtigt gewesen sein könnte.
152V.
153Die Angeklagten haben sich nach den getroffenen Feststellungen wegen bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen gemäß §§ 1, 3, 30a Abs. 1 BtMG, 25 Abs. 2, 53 StGB schuldig gemacht.
154Indem die Angeklagten sich gemeinsam mit dem vormals Mitangeklagten M1 zusammenschlossen und die Plantage in der X in Bochum betrieben, aus zwei Ernten jeweils mindestens 10.000 Gramm Marihuana veräußerten und eine dritte Plantage mit 847 Setzlingen zum gewinnbringenden Verkauf des daraus beabsichtigten Ertrages einrichteten, verwirklichten sie den objektiven und subjektiven Tatbestand des bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln rechtswidrig und schuldhaft.
155Die Angeklagten handelten insbesondere auch als Mitglied einer Bande. Nach der Entscheidung des Großen Senats für Strafsachen des Bundesgerichtshofs vom 22. März 2001 - GSSt 1/00 - (BGHSt 46, 321 = NStZ 2001, 421) setzt der Begriff der Bande den Zusammenschluss von mindestens drei Personen voraus, die sich mit dem Willen verbunden haben, künftig für eine gewisse Dauer mehrere selbständige, im Einzelnen noch ungewisse Straftaten des im Gesetz genannten Deliktstyps zu begehen. Danach unterscheidet sich die Bande von der Mittäterschaft durch das Element der auf eine gewisse Dauer angelegten Verbindung mehrerer Personen zu zukünftiger gemeinsamer Deliktsbegehung. Mitglied einer Bande kann auch sein, wem nach der – stillschweigend möglichen – Bandenabrede nur Aufgaben zufallen, die sich bei wertender Betrachtung als Gehilfentätigkeiten darstellen (BGH, Urteil vom 14. Februar 2002 – 4 StR 281/01). Zu berücksichtigen ist, dass aus der Beteiligung an einer Bandentat nicht zwingend auch die Bandenmitgliedschaft folgt. Die Beteiligung an Bandentaten und die Bandenmitgliedschaft sind vielmehr unabhängig voneinander zu beurteilen (vgl. BGH, Beschluss vom 05.11.2014 – 2 StR 186/14).
156Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe waren die zwei Angeklagten und M1 Mitglieder einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verbunden hatten (§ 30a Abs. 1 BtMG). Dabei verkennt die Kammer nicht, dass die Aufgabe des M1 zunächst lediglich in der Installation der Elektrik bestand, eine darüber hinausgehende Bandenabrede mithin zu Beginn der Aufnahme der Tätigkeit der Angeklagten im Jahre 2012 noch nicht festgestellt werden konnte. Spätestens jedoch nachdem die Angeklagten mit Leo übereinkamen, dass dieser nunmehr auch zukünftig an den Ernten wie festgestellt mithelfen und an jeder Ernte mit einer Entlohnung von 5.000 Euro partizipieren sollte hatten die Angeklagten gemeinsam mit diesem den Entschluss gefasst, auf unbestimmte Zeit gemeinsam die Plantage zu bewirtschaften. Dabei war auch zu berücksichtigen, dass die Ernten auch nicht, wie ursprünglich geplant, nur auf ein Jahr angelegt waren, sondern nunmehr aufgrund eines gemeinsamen Tatentschlusses etwa Ende 2013 auf unbestimmte Dauer – ggf. in einer anderen Halle – durchgeführt werden sollten. Spätestens zu diesem Zeitpunkt waren die beiden Angeklagten und Leo in eine auf Dauer angelegte deliktische Gruppierung eingebunden, die vom Erwerb der Setzlinge, der Überwachung des Wachstums und diesen begleitenden Elektrik, der Ernte bis hin zum späteren Verkauf des Ertrags in den Niederlanden arbeitsteilig aufgebaut war. Die hier festgestellte Arbeitsteilung, beispielsweise die Rolle der Angeklagten als Verkäufer, ist typisch für eine organisierte Bandentätigkeit, selbst wenn die Aufgaben einzelner Mitglieder teilweise von untergeordneter Rolle gewesen sein können.
157Insbesondere steht der Annahme einer Bande nicht entgegen, dass M1 nach dem Vortrag der Angeklagten kein Ausfallrisiko zu tragen hatte, letztlich immer für seine Mithilfe mit 5.000 Euro pro Ernte entlohnt wurde. Das hindert die Beteiligung auch des M1 als Mitglied der Bande nicht. Alle Angeklagten, auch M1, der zwar erst später in die Bandenstruktur eintrat und durch sein Mitwirken erst die Voraussetzungen zum Vorliegen einer Bande schuf, der aber durch die Errichtung der Elektrik, deren Beaufsichtigung, der Mithilfe bei der Suche nach einer Ausweichhalle und der Hilfe sowohl bei der Anpflanzung als auch der späteren Ernte nicht nur völlig untergeordnete Beiträge erbrachte, haben zur Verwirklichung des Bandenzwecks maßgeblich beigetragen.
158Der Betrag der nicht geringen Menge war in den ersten beiden Fällen um das zirka 133fache bzw. zirka 379fache überschritten. Bei einem auf spätere Veräußerung zielenden Anbau von Cannabispflanzen – hier der Anpflanzung von 847 Setzlingen – war für die Abgrenzung des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln vom Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge die Menge maßgeblich, die mit der bereits begonnenen Aufzucht der Pflanzen letztlich erzielt und gewinnbringend veräußert werden soll (BGH, Urteil vom 20. Dezember 2012 – 3 StR 407/12 –, BGHSt 58, 99-102). Danach war von einem erzielbaren Ertrag von zirka 21 Kilogramm auszugehen. Selbst bei konservativer Schätzung eines Wirkstoffgehaltes von lediglich 10 % wäre der Betrag der nicht geringen Menge um etwa das 280fache überschritten worden.
159VI.
1601. Bei der vorzunehmenden Strafzumessung waren zunächst die jeweils anwendbaren Strafrahmen festzustellen.
161a) Bei dem Angeklagten L war hinsichtlich sämtlicher zur Verurteilung gelangten Anklagefälle des unerlaubten bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge von dem Strafrahmen des § 30a Abs. 1 BtMG auszugehen, der Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren vorsieht.
162Zu einer Absenkung des Strafrahmens für einen jeweils minder schweren Fall nach Maßgabe des § 30a Abs. 3 BtMG, der Einzelstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren vorsieht, hat die Wertung der Kammer in keinem der zur Verurteilung gelangten Fälle geführt. Die Voraussetzungen eines minder schweren Falles gemäß § 30a Abs. 3 BtMG hat die Kammer in jedem einzelnen Fall geprüft und abgelehnt.
163Unter zusammenfassender Würdigung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände die für die Wertung der Tat und des Angeklagten in Betracht kommen sowie insbesondere im Hinblick auf die Menge der angebauten und gehandelten Betäubungsmittel hat die Kammer nicht feststellen können, dass das gesamte Tatbild einschließlich aller subjektiven Momente von der Täterpersönlichkeit vom Durchschnitt der erfahrungsgemäß vorkommenden Fälle in einem Maße abweicht, welches die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens als geboten erscheinen lässt. Die Kammer verkennt dabei nicht, dass hinsichtlich der Ernte, die Gegenstand des Anklagevorwurfs Ziffer 2 der Anklage ist, ein großer Anteil letztlich sichergestellt wurde und nicht mehr in den Verkauf gelangte. Ferner ist auch in den Blick genommen worden, dass die 847 Setzlinge, die zum Zeitpunkt der Durchsuchung am 23.06.2015 aufgefunden wurden und die Gegenstand des Anklagevorwurfs zu Ziffer 3 sind, in einem frühen Wachstumsstadium sichergestellt wurden und Betäubungsmittel daraus ebenfalls nicht mehr in den Handel gelangen konnten. Unter umfassender Würdigung auch der Vorstrafen des Angeklagten, seines Tatbeitrages innerhalb der Bandenstruktur sowie sämtlicher sonstiger vorangestellt wie nachfolgend bei der Strafzumessung näher dargestellten Umstände von Tat und Täterpersönlichkeit war letztlich aber die Annahme eines minder schweren Falles im Sinne der vorgenannten Kriterien nicht gerechtfertigt.
164b) Bei dem Angeklagten M war hinsichtlich der drei Fälle des bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge ebenfalls vom Strafrahmen des § 30a Abs. 1 BtMG auszugehen.
165Zu einer Absenkung des Strafrahmens für einen jeweils minder schweren Fall nach Maßgabe des § 30a Abs. 3 BtMG, der Einzelstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren vorsieht, hat die Wertung der Kammer in keinem der zur Verurteilung gelangten Fälle geführt. Die Voraussetzungen eines minder schweren Falles gemäß dieser Bestimmung hat die Kammer in jedem einzelnen Fall geprüft und ebenfalls abgelehnt. Unter zusammenfassender Würdigung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände die für die Wertung der Tat und des Angeklagten in Betracht kommen sowie insbesondere in Hinblick auf seinen Tatbeitrag, die Menge der angebauten und gehandelten Betäubungsmittel konnte die Kammer auch bei dem Angeklagten M nicht erkennen, dass das gesamte Tatbild einschließlich aller subjektiven Momente von der Täterpersönlichkeit vom Durchschnitt der erfahrungsgemäß vorkommenden Fälle in einem Maße abweicht, welches die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens als geboten erscheinen lässt. Die Kammer verkennt dabei nicht, dass der Angeklagte nicht vorbestraft ist. Unter umfassender Würdigung der gesamten Tatumstände einschließlich der Rolle des Angeklagten in der Bande, seines Tatbeitrages sowie sämtlicher sonstiger vorangestellten und nachfolgend bei der Strafzumessung dargestellten Umstände von Tat und Täterpersönlichkeit war letztlich aber die Annahme eines minder schweren Falles im Sinne der vorgenannten Kriterien ebenfalls nicht gerechtfertigt.
1662. Bei der Bemessung der jeweils konkreten Strafen innerhalb des jeweils maßgeblichen Strafrahmens wie auch zuvor bereits bei der Strafrahmenwahl hat die Kammer die in § 46 StGB genannten Strafzumessungsgesichtspunkte und dabei insbesondere die nachfolgenden Aspekte berücksichtigt:
167a) Bei dem Angeklagten L war zu seinen Gunsten insbesondere zu berücksichtigen, dass er sich seit dem 23.06.2015 in Untersuchungshaft befindet. Dabei verkennt die Kammer nicht, dass grundsätzlich Untersuchungshaft im Rahmen der Strafzumessung nicht als strafmilderndes Kriterium gewürdigt werden kann. Dies ist jedoch anders, wenn mit ihrem Vollzug ungewöhnliche, über die üblichen deutlich hinausgehende Beschwernisse verbunden waren (BGH, Urteil vom 19. Dezember 2013 – 4 StR 302/13). Solche Beschwernisse konnte die Kammer bei dem Angeklagten feststellen. Der Angeklagte ist Erstverbüßer, die Untersuchungshaft und auch die Hauptverhandlung hat den Angeklagten sichtlich beeindruckt. Auch wurde berücksichtigt, dass der Angeklagte jedenfalls zu Beginn vor allem handelte, um seine aus dem Drogenkonsum resultierenden Schulden abzuzahlen und sich den weiteren Drogenkonsum zu finanzieren. Auch war die Anordnung der Maßregel nach § 64 StGB zu Gunsten des Angeklagten zu berücksichtigen. Ganz erheblich zu Gunsten des Angeklagten wirkte sich das umfassende Geständnis aus. Der Angeklagte hat sämtliche Taten umfassend eingeräumt und dadurch die Hauptverhandlung erheblich verkürzt, wobei die Kammer nicht verkennt, dass sich der Angeklagte einer erdrückenden Beweislage ausgesetzt sah. Dass es sich bei Marihuana um eine sogenannte „weiche Droge“ handelt, wurde ebenfalls im Rahmen der Strafzumessung berücksichtigt, wie auch der Umstand, dass große Mengen bei der Durchsuchung sichergestellt werden konnten und nicht mehr in den Verkauf gelangten. Letztlich ist auch ein großer Teil der Einnahmen aus den Betäubungsmittelgeschäften für letztlich verloren gegangene Investitionen aus dem Vermögen des Angeklagten gelangt, wie beispielsweise die erheblichen Barmittel, die für die Anmietung der Ersatzhalle in der X aufgewandt wurden. Berücksichtigt worden ist auch, dass wegen des verdächtigen Vorgehens der Angeklagten in Bezug auf geforderte Umbaumaßnahmen gegenüber ihren Vermietern letztlich die Angeklagten bereits ab Februar 2014 in den Fokus der Ermittler gerieten, auch wenn keine Anhaltspunkte dafür gefunden werden konnten, dass ein früheres Einschreiten der Ermittlungsbeamten geboten gewesen wäre.
168Zu Lasten des Angeklagten wirkten sich die, teilweise auch einschlägigen, Vorstrafen aus. Ferner wurden die Mengen der gehandelten Betäubungsmittel und die erhebliche Überschreitung des Betrages der nicht geringen Menge berücksichtigt. Allein das Marihuana, das Gegenstand des ersten Anklagevorwurfs ist, überschritt den Betrag der nicht geringen Menge um das etwa 133fache, die 10.000 Gramm gehandeltes Marihuana, die Gegenstand des zweiten Anklagevorwurfs waren, überschritten bei einem Wirkstoffgehalt von 15 % die nicht geringe Menge um das 200fache, die sichergestellten 8.114,08 Gramm überschritten die nicht geringe Menge um mehr als das 170fache. Letztlich wäre bei erfolgreicher Aufzucht der sichergestellten Setzlinge ein Ertrag von etwa 21.000 Gramm entstanden, der selbst bei konservativer Schätzung eines Wirkstoffgehaltes von lediglich 10 % den Betrag der nicht geringen Menge um das etwa 280fache überschritten hätte. Das professionelle Vorgehen – Verwendung von Aliaspersonalien, Einrichten einer Alarmanlage in den Privatwohnungen – wurde ebenfalls bei der Strafzumessung berücksichtigt wie die hohe Tatfrequenz. Der hohe Ertrag von 100.000 Euro war ebenfalls zu berücksichtigen.
169Insbesondere angesichts der jeweiligen Mengen der gehandelten Betäubungsmittel vermochte die Kammer – auch unter Berücksichtigung des umfassenden Geständnisses – in der Gesamtgewichtung kein wesentliches Überwiegen der strafmildernden Gesichtspunkte festzuhalten.
170Unter Berücksichtigung sämtlicher für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände hat die Kammer, auch in Ansehung der jeweils angebauten Mengen und verkauften bzw. sichergestellten Betäubungsmittel, auf folgende Einzelstrafen – Freiheitsstrafen – erkannt:
171Ziffer 1 der Anklage 6 Jahre
172Ziffer 2 der Anklage 6 Jahre 4 Monate
173Ziffer 3 der Anklage 5 Jahre 3 Monate
174Nach erneuter Abwägung dieser sowie aller sonstigen – namentlich der in § 46 StGB genannten – für und gegen den Angeklagten L sprechenden Strafzumessungsgesichtspunkte, insbesondere auch der Mengen der gehandelten Betäubungsmittel, hat die Kammer unter maßvoller Erhöhung der verwirkten höchsten Einzelstrafe von 6 Jahren und 4 Monaten als Einsatzstrafe, auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von7 Jahren 3 Monaten erkannt, die sie für unrechts-, schuld- und sühneangemessen sowie zur Einwirkung auf den Angeklagten unbedingt erforderlich, aber auch ausreichend erachtet.
175Dabei hat die Kammer im Wege des Härteausgleichs zudem berücksichtigt, dass die Einbeziehung der Geldstrafe von 50 Tagessätzen aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Weinheim vom 12.05.2014 – 2 Cs 504 Js 6614/14 – nicht mehr möglich war, da die Geldstrafe zwischenzeitlich bezahlt worden ist. Die Kammer hat deshalb bei Bildung der Gesamtfreiheitsstrafe 1 Monat in Abzug gebracht.
176b) Bei dem Angeklagten M war zu seinen Gunsten zu berücksichtigen, dass dieser nicht vorbestraft ist, ebenso entsprechend der bereits dargestellten Grundsätze war die erlittene Untersuchungshaft zu berücksichtigen. Auch der Angeklagte Mi litt erkennbar unter den Einwirkungen des Strafvollzugs, er ist ebenfalls Erstverbüßer. Ebenso war ganz erheblich zu berücksichtigen, dass der Angeklagte die Taten letztlich im Rahmen der Hauptverhandlung vollumfänglich eingeräumt hat. Das Geständnis war auch von ehrlicher Reue geprägt. Dabei konnte zu Gunsten des Angeklagten auch die angeordnete Maßregel nach § 64 StGB berücksichtigt werden, die eine belastende Maßnahme darstellt. Dass es sich bei Marihuana um eine weiche Droge handelt, wurde ebenfalls nicht aus dem Blick gelassen wie der Umstand, dass große Teile der Ernten durch das Einschreiten der Ermittlungsbeamten sichergestellt werden konnten und dadurch nicht mehr in der Verkauf gelangten. Dass der Angeklagte handelte, um seine Drogenschulden zu reduzieren, wurde ebenfalls zugunsten des Angeklagten berücksichtigt. Ebenso wie der Mitangeklagte L hat auch der Angeklagte M einen großen Anteil seiner Erträge aus der Plantage wieder in verloren gegangene Investitionen gesteckt und so letztlich nur eine geringe tatsächliche Ausbeute aus dem Verkauf der Betäubungsmittel erzielt. Dass die Angeklagten bereits seit Februar 2014 in dem Fokus der Ermittlungsbeamten standen, ist ebenfalls berücksichtigt worden.
177Zu Lasten des Angeklagten wirkte sich demgegenüber die Menge der gehandelten Betäubungsmittel aus, hinsichtlich deren Berechnung und Überschreiten des Betrages der nicht geringen Menge auf die obigen Ausführungen Bezug genommen wird. Auch das professionelle Vorgehen wurde berücksichtigt. Der Angeklagte hat mit den Taten einen erheblichen Ertrag (100.000 Euro) erlangt und hat die Taten mit hoher Frequenz begangen.
178Insbesondere angesichts der jeweiligen Mengen der gehandelten Betäubungsmittel vermochte die Kammer – auch unter Berücksichtigung des umfassenden Geständnisses – in der Gesamtgewichtung kein wesentliches Überwiegen der strafmildernden Gesichtspunkte festzuhalten.
179Unter Berücksichtigung sämtlicher für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände hat die Kammer, auch in Ansehung der jeweils angebauten Mengen und verkauften bzw. sichergestellten Betäubungsmittel, auf folgende Einzelstrafen – Freiheitsstrafen – erkannt:
180Ziffer 1 der Anklage 5 Jahre 9 Monate
181Ziffer 2 der Anklage 6 Jahre
182Ziffer 3 der Anklage 5 Jahre 3 Monate
183Nach erneuter Abwägung dieser sowie aller sonstigen – namentlich der in § 46 StGB genannten – für und gegen den Angeklagten M sprechenden Strafzumessungsgesichtspunkte, insbesondere auch der Mengen der gehandelten Betäubungsmittel, hat die Kammer unter maßvoller Erhöhung der verwirkten höchsten Einzelstrafe von 6 Jahren als Einsatzstrafe, auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von6 Jahren 10 Monaten erkannt, die sie für unrechts-, schuld- und sühneangemessen sowie zur Einwirkung auf den Angeklagten unbedingt erforderlich, aber auch ausreichend erachtet.
184VII.
1851. Die Kammer hatte gemäß § 64 StGB die Unterbringung des Angeklagten L in einer Entziehungsanstalt anzuordnen. Die Voraussetzungen für die Maßregelanordnung liegen vor.
186Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt soll angeordnet werden, wenn ein Angeklagter den Hang hat, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel zu sich zu nehmen und die Gefahr besteht, dass er infolge seines Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird, wobei eine hinreichend konkrete Aussicht bestehen muss, den Angeklagten durch die Behandlung mit einer Entziehungsanstalt zu heilen.
187Der Angeklagte hat die unter II. festgestellten rechtswidrigen Taten begangen, die auf den bei ihm bestehenden Hang, Betäubungsmittel als berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, zurückgingen.
188Für einen Hang ist nach ständiger Rechtsprechung ausreichend eine eingewurzelte, auf psychische Disposition zurückgehende oder durch Übung erworbene Neigung, immer wieder Rauschmittel zu konsumieren, wobei diese Neigung noch nicht den Grad einer physischen Abhängigkeit erreicht haben muss. Ein übermäßiger Genuss von Rauschmitteln ist jedenfalls dann gegeben, wenn der Betroffene auf Grund seiner psychischen Abhängigkeit sozial gefährdet oder gefährlich erscheint. Nicht erforderlich ist, dass beim Täter bereits eine Persönlichkeitsdepravation eingetreten ist. Für die Maßregelanordnung nach § 64 StGB kommt es nicht darauf an, dass der Angeklagte die Taten im Zustand zumindest verminderter Schuldfähigkeit begangen hat (vgl. BGH, Beschluss vom 21.08.2012 – 4 StR 311/12).
189Bei dem Angeklagten besteht aufgrund der diagnostizierten Cannabis- und Kokainabhängigkeit die intensive Neigung zu fortwährendem Betäubungsmittelkonsum. Der Angeklagte konsumiert Betäubungsmittel bereits seit dem 13. Lebensjahr, beginnend mit Cannabis, das er in der Schule kennenlernte. Nach seinen eigenen Angaben in der Hauptverhandlung hat er keine Konzepte, wie er mit der Drogenabhängigkeit insbesondere auch in Bezug auf den bereits in jungen Jahren mit 16. beginnenden Kokainkonsum umgehen soll. Insoweit besteht ein dringender Therapiebedarf, zumal nach den sachverständigen Ausführungen auch verhaltenstherapeutische Maßnahmen im Hinblick auf die seit der Jugendzeit bestehenden Verhaltensauffälligkeiten des Angeklagten notwendig sind.
190Die Neigung zum Konsum steht auch in notwendigen symptomatischen Zusammenhang mit den urteilsgegenständlichen Taten. Nach ständiger Rechtsprechung ist nicht erforderlich, dass der Hang die alleinige Ursache für die Anlasstaten ist. Vielmehr ist ein symptomatischer Zusammenhang auch dann zu bejahen, wenn der Hang neben anderen Umständen mit dazu beigetragen hat, dass der Angeklagte erhebliche rechtswidrige Taten begangen hat, und dies bei unverändertem Suchtverhalten auch für die Zukunft zu besorgen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 21.08.2012 – 4 StR 311/12).
191Diese Voraussetzungen liegen zweifellos vor, denn die bestehende Abhängigkeit ist jedenfalls ein Leitmotiv für die Tatbegehung. Durch den Konsum von Cannabis hat der Angeklagte die notwendigen Kenntnisse in der Betäubungsmittelszene erlernt, letztlich sollten die Einnahmen aus der Plantage zur Sicherstellung seines Eigenkonsums, zu Beginn zum Abbau der Drogenschulden dienen. Ohne gezielte therapeutische Behandlung seiner Drogenabhängigkeit, zu deren Bekämpfung dem Angeklagten eigene Konzepte gänzlich fehlen, ist die Begehung neuerlicher erheblicher Straftaten mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten.
192Bei dem bislang suchtmedizinisch nicht behandelten Angeklagten besteht auch die hinreichend konkrete Aussicht, ihn durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf seinen Hang zurückgehen, § 64 S. 2 StGB. Der Angeklagte hat im Rahmen der Hauptverhandlung seine ernsthafte Therapiebereitschaft dargelegt und auch näher ausgeführt, dass ihm insbesondere die Zeit der Untersuchungshaft vor Augen geführt habe, dass eine Behandlung seiner Suchtmittelerkrankung erforderlich ist, um nunmehr zukünftig ein straffreies Leben führen zu können. Er ist zudem sowohl nach dem unmittelbaren Eindruck der Kammer sowie auch der Einschätzung des Sachverständigen im Hinblick auf seine physischen und psychischen Kompetenzen grundsätzlich in der Lage, die durchaus anspruchsvolle und auf einzel- und gegebenenfalls gruppentherapeutisch angelegte suchttherapeutische Behandlung für sich nutzen zu können. Hierfür sprechen nicht nur die intellektuellen Kommunikationsfähigkeiten sowie das hinreichende Maß an Problembewusstsein des Angeklagten, sondern auch dessen ernsthafte Pläne im Anschluss an die Entlassung aus der Therapie. Der Angeklagte hat im Rahmen der Hauptverhandlung erklärt die feste Absicht zu haben, später im Baugewerbe unterzukommen, eine Tätigkeit, in der er bereits in der Vergangenheit gute Erfahrungen gesammelt hat.
193Die Kammer hat insgesamt die Überzeugung gewonnen, dass der Angeklagte nunmehr gewillt ist, seinen Suchtmittelkonsum in den Griff zu bekommen und letztlich ein straffreies Leben zu führen. Dabei ist nach Einschätzung des Sachverständigen bei erfolgreichem Therapieverlauf angesichts der langjährigen Abhängigkeit des Angeklagten eine Therapiedauer von bis zu 24 Monaten erforderlich, um die darauf ausgerichteten Ziele zu erreichen. Diesen nachvollziehbaren Ausführungen hat sich die Kammer in Anbetracht des seit dem 13. Lebensjahr bestehenden Betäubungsmittelkonsums nach eigener kritischer Würdigung angeschlossen.
1942. Die Kammer hatte gemäß § 64 StGB die Unterbringung des Angeklagten M in einer Entziehungsanstalt anzuordnen. Die Voraussetzungen für die Maßregelanordnung liegen vor.
195Der Angeklagte hat die unter II. festgestellten rechtswidrigen Taten begangen, die auf den bei ihm bestehenden Hang, Betäubungsmittel als berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, zurückgingen.
196Bei dem Angeklagten besteht aufgrund der diagnostizierten Cannabis- und Kokainabhängigkeit die intensive Neigung zu fortwährendem Betäubungsmittelkonsum. Der Angeklagte konsumiert bereits seit dem 13. Lebensjahr Alkohol und Cannabis, mit 18. Jahren begann er auch Kokain zu konsumieren, später steigerte er diesen Konsum auf etwa 5 Gramm in der Woche und mehr. Aufgrund des jahrelangen Konsums besteht auch eine gewachsene Anbindung an das Drogenmilieu.
197Die Neigung zum Konsum steht in notwendigem symptomatischem Zusammenhang mit den begangenen Straftaten. Letztlich hat der Angeklagte die Taten begangen, um zum einen seine sich zunehmend angehäuften Drogenschulden zu begleichen, darüber hinaus auch, um den fortwährenden Konsum von Betäubungsmitteln zu finanzieren. Der symptomatische Zusammenhang liegt somit auf der Hand.
198Bei dem bislang suchtmedizinisch nicht behandelten Angeklagten besteht auch die hinreichend konkrete Aussicht, ihn durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf seinen Hang zurückgehen, § 64 S. 2 StGB. Der Angeklagte ist sich seiner Betäubungsmittelabhängigkeit bewusst, sieht aber keine Möglichkeit, eigeninitiativ diese zu bekämpfen. Die Gespräche mit dem Sachverständigen haben ihm nach seinen Angaben im letzten Wort „die Augen geöffnet“, er verspürt den Wunsch, die Probleme nunmehr in den Griff zu bekommen. Diese Absicht sieht die Kammer als belastbar an. All diese Aspekte, auch die im Zuge der Exploration gezeigte umfangreiche Bereitschaft zur Mitarbeit lassen eine positive Behandlungsaussicht annehmen. Dabei geht die Kammer sachverständig beraten von einer voraussichtlichen Therapiedauer von bis zu 24 Monaten aus, um anhaltend suchttherapeutisch die erforderlichen Ziele zu erreichen.
199VIII.
200Die Kammer hatte gem. § 67 Abs. 2 StGB eine Entscheidung darüber zu treffen, dass und mit welcher Dauer ein Teil der ausgeurteilten Gesamtfreiheitsstrafe vor der Maßregel zu vollziehen ist. Dabei hatte sich gem. § 67 Abs. 2 S. 3 StGB die Länge des Vorwegvollzuges zwingend am Halbstrafenzeitpunkt zu orientieren, wobei unter Berücksichtigung dieser Bestimmung erlittene Untersuchungshaft im Vollstreckungsverfahren gemäß § 51 Abs. 1 Satz 1 StGB auf die Dauer des vor der Unterbringung zu vollziehenden Teils der Strafe anzurechnen ist und deshalb bei der Bestimmung der Dauer des Vorwegvollzugs außer Ansatz zu bleiben hat (vgl. BGH, Beschluss vom 18. November 2014 – 4 StR 505/14).
201Angesichts der erforderlichen Therapiedauer von 24 Monaten bei beiden Angeklagten sind danach vor Beginn des Maßregelvollzuges zunächst 1 Jahr und 7 Monate Freiheitsstrafe bei dem Angeklagten Lbzw. 1 Jahr und 5 Monate bei dem Angeklagten M zu vollziehen.
202IX.
203Gegen die Angeklagten wir der Verfall von Wertersatz in Höhe von 30.000 Euro als Gesamtschuldner anzuordnen.
204Nach Maßgabe der für den Verfall geltenden und hier einschlägigen Vorschriften gem. §§ 73, 73a, 73c StGB erstreckt sich der Verfall auf Vermögensgegenstände des Angeklagten, die unmittelbar für oder aus den rechtswidrigen Taten erlangt worden sind. Soweit der Zugriff auf das unmittelbar Erlangte nicht mehr möglich ist und vom Verfall eines Ersatzgegenstandes abgesehen wird, ist nach § 73a Abs. 1 StGB der Verfall eines Geldbetrages anzuordnen, der dem Wert des Erlangten entspricht.
205Diese Voraussetzungen liegen vor. Über erlangte Geld- oder Erlösbeträge aus den Taten selbst verfügen die Angeklagten ebenso wie über weiteres Vermögen nicht mehr. Das eingenommene Geld ist entweder zur Tilgung von Schulden oder Beschaffung von letztlich sichergestellten Betäubungsmitteln, auch zum Eigenkonsum, verwandt worden.
206Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen haben die Angeklagten mindestens 20.000 Gramm Marihuana veräußert, wobei sie pro Gramm zuletzt 5,00 Euro von ihren Abnehmern erzielten, was einen Betrag in Höhe von 100.000 Euro entspricht, den beide zur gemeinsamen Verfügungsgewalt zunächst in den Niederlanden erhielten und später untereinander aufteilten. Davon ist ein Teilbetrag in Höhe von 10.000 Euro letztlich an den vormals Mitangeklagten M1 ausgekehrt worden.
207Die Kammer hat von diesem Betrag unter teilweiser Annahme der Voraussetzungen des § 73c StGB einen großzügigen Abschlag vorgenommen und den Verfall in Bezug auf beide Angeklagten nicht angeordnet, soweit ein Betrag von 30.000 Euro überstiegen wird. Gem. § 73c Abs. 1 S. 2 StGB kann die Anordnung unterbleiben, soweit der Wert des Erlangten zur Zeit der Anordnung in dem Vermögen des Betroffenen nicht mehr vorhanden ist oder wenn das Erlangte nur einen geringen Wert hat.
208Davon hat die Kammer in Bezug auf den Angeklagten L wie auch M Gebrauch gemacht, weil die Voraussetzungen der Norm in Bezug auf beide Angeklagten eingehend geprüft und von der Kammer angenommen worden. Die Kammer konnte feststellen, dass werthaltiges Vermögen bei den Angeklagten nicht mehr vorhanden ist. Vielmehr haben diese ihren jeweiligen Anteil aus den eingenommenen Geldern zur Reduzierung ihrer Schulden verwandt, im Übrigen wurden die Einnahmen aus den urteilsgegenständlichen Taten zur Bezahlung weiterer Betäubungsmittel – auch hinsichtlich des jeweiligen Eigenkonsums – aufgebraucht. Die Kammer hat sich bei der Reduzierung des Wertersatzverfalls auch von der Erwägung tragen lassen, den Angeklagten eine Sozialisierung nicht unnötig zu erschweren. Ein gänzliches Absehen von der Verfallsanordnung erschien jedoch insbesondere auch vor dem Hintergrund der beträchtlichen Höhe der eingenommenen Gelder und der professionellen Vorgehensweise nicht sachgerecht.
209Die Kammer war auch aus sonstigen Gründen nicht gehindert, die Verfallsanordnung wie erkannt zu treffen. Insbesondere war nicht ersichtlich, dass die Verfallsanordnung, soweit sie getroffen wurde, für einen der Angeklagten eine unbillige Härte im Sinne von § 73c Abs. 1 S. 1 StGB darstellen könnte. Eine unbillige Härte ist erst dann gegeben, wenn die Anordnung des Verfalls schlechthin ungerecht wäre und das Übermaßverbot verletzen würde. Die Auswirkungen des Verfalls müssten mithin im konkreten Einzelfall außer Verhältnis zu dem vom Gesetzgeber mit der Maßnahme angestrebten Zweck stehen. Das Nichtvorhandensein des Erlangten bzw. eines Gegenwertes im Vermögen des von der Verfallsanordnung Betroffenen kann für sich genommen regelmäßig noch keine unbillige Härte begründen. Maßgeblich für das Vorliegen einer unbilligen Härte ist vielmehr, wie sich die Verfallsanordnung auf das davon betroffene Vermögen auswirken würde (vgl. BGH, Beschluss vom 16.07.2015 – 4 StR 265/15, NStZ-RR 2015, 307).
210Gemessen an diesen Voraussetzungen vermag die Kammer nicht zu ersehen, dass die Anordnung eines gesamtschuldnerischen Wertersatzverfalls von 30.000 Euro gegen die Angeklagten schlechthin ungerecht wäre und das Übermaßverbot verletzen würde. Dabei verkennt die Kammer nicht, dass sowohl der Angeklagte L als auch der Angeklagte M über keine nennenswerten Vermögenswerte mehr verfügen. Ungeachtet dessen verfügen beide Angeklagten über kognitive und soziale Fähigkeiten, sodass die Kammer im Hinblick auf beide Angeklagten die begründete Erwartung hat, dass diese zukünftig in der Lage sein werden, den Wertersatzverfall gesamtschuldnerisch in Höhe von insgesamt 30.000 Euro abzutragen.
211Durchgreifende Besonderheiten in der jeweiligen Vermögenssituation der Angeklagten, die eine unterschiedliche Behandlung der Angeklagten im Hinblick auf die Verfallsanordnung gerechtfertigt hätten, vermochte die Kammer nicht zu ersehen, auch unter nochmaliger Abwägung der gesamten Umstände der Tat einschließlich der Persönlichkeit der Angeklagten und ihrer jeweiligen Biographien.
212Da die Angeklagten L und M gemeinsam in die Niederlande gefahren sind und dort die Betäubungsmittel veräußerten und den Erlös – 100.000 Euro – gemeinsam entgegen nahmen, hatten sie zunächst (Mit-)Verfügungsmacht an den an sie ausgekehrten Erlösanteilen und haften daher beim Verfall von Wertersatz in diesem Umfang als Gesamtschuldner (vgl. zur gesamtschuldnerischen Haftung BGH, Beschluss vom 20.01.2016 – 4 StR 376/15).
213X.
214Die Kosten- und Auslagenentscheidung beruht auf § 465 StPO.
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(1) Betäubungsmittel im Sinne dieses Gesetzes sind die in den Anlagen I bis III aufgeführten Stoffe und Zubereitungen.
(2) Die Bundesregierung wird ermächtigt, nach Anhörung von Sachverständigen durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Anlagen I bis III zu ändern oder zu ergänzen, wenn dies
- 1.
nach wissenschaftlicher Erkenntnis wegen der Wirkungsweise eines Stoffes, vor allem im Hinblick auf das Hervorrufen einer Abhängigkeit, - 2.
wegen der Möglichkeit, aus einem Stoff oder unter Verwendung eines Stoffes Betäubungsmittel herstellen zu können, oder - 3.
zur Sicherheit oder zur Kontrolle des Verkehrs mit Betäubungsmitteln oder anderen Stoffen oder Zubereitungen wegen des Ausmaßes der mißbräuchlichen Verwendung und wegen der unmittelbaren oder mittelbaren Gefährdung der Gesundheit
(3) Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt in dringenden Fällen zur Sicherheit oder zur Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates Stoffe und Zubereitungen, die nicht Arzneimittel oder Tierarzneimittel sind, in die Anlagen I bis III aufzunehmen, wenn dies wegen des Ausmaßes der mißbräuchlichen Verwendung und wegen der unmittelbaren oder mittelbaren Gefährdung der Gesundheit erforderlich ist. Eine auf der Grundlage dieser Vorschrift erlassene Verordnung tritt nach Ablauf eines Jahres außer Kraft.
(4) Das Bundesministerium für Gesundheit (Bundesministerium) wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates die Anlagen I bis III oder die auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen zu ändern, soweit das auf Grund von Änderungen der Anhänge zu dem Einheits-Übereinkommen von 1961 über Suchtstoffe in der Fassung der Bekanntmachung vom 4. Februar 1977 (BGBl. II S. 111) und dem Übereinkommen von 1971 über psychotrope Stoffe (BGBl. 1976 II S. 1477) (Internationale Suchtstoffübereinkommen) oder auf Grund von Änderungen des Anhangs des Rahmenbeschlusses 2004/757/JI des Rates vom 25. Oktober 2004 zur Festlegung von Mindestvorschriften über die Tatbestandsmerkmale strafbarer Handlungen und die Strafen im Bereich des illegalen Drogenhandels (ABl. L 335 vom 11.11.2004, S. 8), der durch die Richtlinie (EU) 2017/2103 (ABl. L 305 vom 21.11.2017, S. 12) geändert worden ist, erforderlich ist.
(1) Einer Erlaubnis des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte bedarf, wer
- 1.
Betäubungsmittel anbauen, herstellen, mit ihnen Handel treiben, sie, ohne mit ihnen Handel zu treiben, einführen, ausführen, abgeben, veräußern, sonst in den Verkehr bringen, erwerben oder - 2.
ausgenommene Zubereitungen (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) herstellen
(2) Eine Erlaubnis für die in Anlage I bezeichneten Betäubungsmittel kann das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte nur ausnahmsweise zu wissenschaftlichen oder anderen im öffentlichen Interesse liegenden Zwecken erteilen.
(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren wird bestraft, wer Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie ein- oder ausführt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.
(2) Ebenso wird bestraft, wer
- 1.
als Person über 21 Jahre eine Person unter 18 Jahren bestimmt, mit Betäubungsmitteln unerlaubt Handel zu treiben, sie, ohne Handel zu treiben, einzuführen, auszuführen, zu veräußern, abzugeben oder sonst in den Verkehr zu bringen oder eine dieser Handlungen zu fördern, oder - 2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt oder sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt oder sich verschafft und dabei eine Schußwaffe oder sonstige Gegenstände mit sich führt, die ihrer Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt sind.
(3) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren.
(1) Betäubungsmittel im Sinne dieses Gesetzes sind die in den Anlagen I bis III aufgeführten Stoffe und Zubereitungen.
(2) Die Bundesregierung wird ermächtigt, nach Anhörung von Sachverständigen durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Anlagen I bis III zu ändern oder zu ergänzen, wenn dies
- 1.
nach wissenschaftlicher Erkenntnis wegen der Wirkungsweise eines Stoffes, vor allem im Hinblick auf das Hervorrufen einer Abhängigkeit, - 2.
wegen der Möglichkeit, aus einem Stoff oder unter Verwendung eines Stoffes Betäubungsmittel herstellen zu können, oder - 3.
zur Sicherheit oder zur Kontrolle des Verkehrs mit Betäubungsmitteln oder anderen Stoffen oder Zubereitungen wegen des Ausmaßes der mißbräuchlichen Verwendung und wegen der unmittelbaren oder mittelbaren Gefährdung der Gesundheit
(3) Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt in dringenden Fällen zur Sicherheit oder zur Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates Stoffe und Zubereitungen, die nicht Arzneimittel oder Tierarzneimittel sind, in die Anlagen I bis III aufzunehmen, wenn dies wegen des Ausmaßes der mißbräuchlichen Verwendung und wegen der unmittelbaren oder mittelbaren Gefährdung der Gesundheit erforderlich ist. Eine auf der Grundlage dieser Vorschrift erlassene Verordnung tritt nach Ablauf eines Jahres außer Kraft.
(4) Das Bundesministerium für Gesundheit (Bundesministerium) wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates die Anlagen I bis III oder die auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen zu ändern, soweit das auf Grund von Änderungen der Anhänge zu dem Einheits-Übereinkommen von 1961 über Suchtstoffe in der Fassung der Bekanntmachung vom 4. Februar 1977 (BGBl. II S. 111) und dem Übereinkommen von 1971 über psychotrope Stoffe (BGBl. 1976 II S. 1477) (Internationale Suchtstoffübereinkommen) oder auf Grund von Änderungen des Anhangs des Rahmenbeschlusses 2004/757/JI des Rates vom 25. Oktober 2004 zur Festlegung von Mindestvorschriften über die Tatbestandsmerkmale strafbarer Handlungen und die Strafen im Bereich des illegalen Drogenhandels (ABl. L 335 vom 11.11.2004, S. 8), der durch die Richtlinie (EU) 2017/2103 (ABl. L 305 vom 21.11.2017, S. 12) geändert worden ist, erforderlich ist.
(1) Einer Erlaubnis des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte bedarf, wer
- 1.
Betäubungsmittel anbauen, herstellen, mit ihnen Handel treiben, sie, ohne mit ihnen Handel zu treiben, einführen, ausführen, abgeben, veräußern, sonst in den Verkehr bringen, erwerben oder - 2.
ausgenommene Zubereitungen (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) herstellen
(2) Eine Erlaubnis für die in Anlage I bezeichneten Betäubungsmittel kann das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte nur ausnahmsweise zu wissenschaftlichen oder anderen im öffentlichen Interesse liegenden Zwecken erteilen.
(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren wird bestraft, wer Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie ein- oder ausführt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.
(2) Ebenso wird bestraft, wer
- 1.
als Person über 21 Jahre eine Person unter 18 Jahren bestimmt, mit Betäubungsmitteln unerlaubt Handel zu treiben, sie, ohne Handel zu treiben, einzuführen, auszuführen, zu veräußern, abzugeben oder sonst in den Verkehr zu bringen oder eine dieser Handlungen zu fördern, oder - 2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt oder sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt oder sich verschafft und dabei eine Schußwaffe oder sonstige Gegenstände mit sich führt, die ihrer Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt sind.
(3) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren.
Das Gericht kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 des Strafgesetzbuches mildern oder, wenn der Täter keine Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren verwirkt hat, von Strafe absehen, wenn der Täter
- 1.
durch freiwilliges Offenbaren seines Wissens wesentlich dazu beigetragen hat, daß eine Straftat nach den §§ 29 bis 30a, die mit seiner Tat im Zusammenhang steht, aufgedeckt werden konnte, oder - 2.
freiwillig sein Wissen so rechtzeitig einer Dienststelle offenbart, daß eine Straftat nach § 29 Abs. 3, § 29a Abs. 1, § 30 Abs. 1, § 30a Abs. 1 die mit seiner Tat im Zusammenhang steht und von deren Planung er weiß, noch verhindert werden kann.
Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.
Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.
Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.
Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.
Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.
Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.
(1) Betäubungsmittel im Sinne dieses Gesetzes sind die in den Anlagen I bis III aufgeführten Stoffe und Zubereitungen.
(2) Die Bundesregierung wird ermächtigt, nach Anhörung von Sachverständigen durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Anlagen I bis III zu ändern oder zu ergänzen, wenn dies
- 1.
nach wissenschaftlicher Erkenntnis wegen der Wirkungsweise eines Stoffes, vor allem im Hinblick auf das Hervorrufen einer Abhängigkeit, - 2.
wegen der Möglichkeit, aus einem Stoff oder unter Verwendung eines Stoffes Betäubungsmittel herstellen zu können, oder - 3.
zur Sicherheit oder zur Kontrolle des Verkehrs mit Betäubungsmitteln oder anderen Stoffen oder Zubereitungen wegen des Ausmaßes der mißbräuchlichen Verwendung und wegen der unmittelbaren oder mittelbaren Gefährdung der Gesundheit
(3) Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt in dringenden Fällen zur Sicherheit oder zur Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates Stoffe und Zubereitungen, die nicht Arzneimittel oder Tierarzneimittel sind, in die Anlagen I bis III aufzunehmen, wenn dies wegen des Ausmaßes der mißbräuchlichen Verwendung und wegen der unmittelbaren oder mittelbaren Gefährdung der Gesundheit erforderlich ist. Eine auf der Grundlage dieser Vorschrift erlassene Verordnung tritt nach Ablauf eines Jahres außer Kraft.
(4) Das Bundesministerium für Gesundheit (Bundesministerium) wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates die Anlagen I bis III oder die auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen zu ändern, soweit das auf Grund von Änderungen der Anhänge zu dem Einheits-Übereinkommen von 1961 über Suchtstoffe in der Fassung der Bekanntmachung vom 4. Februar 1977 (BGBl. II S. 111) und dem Übereinkommen von 1971 über psychotrope Stoffe (BGBl. 1976 II S. 1477) (Internationale Suchtstoffübereinkommen) oder auf Grund von Änderungen des Anhangs des Rahmenbeschlusses 2004/757/JI des Rates vom 25. Oktober 2004 zur Festlegung von Mindestvorschriften über die Tatbestandsmerkmale strafbarer Handlungen und die Strafen im Bereich des illegalen Drogenhandels (ABl. L 335 vom 11.11.2004, S. 8), der durch die Richtlinie (EU) 2017/2103 (ABl. L 305 vom 21.11.2017, S. 12) geändert worden ist, erforderlich ist.
(1) Einer Erlaubnis des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte bedarf, wer
- 1.
Betäubungsmittel anbauen, herstellen, mit ihnen Handel treiben, sie, ohne mit ihnen Handel zu treiben, einführen, ausführen, abgeben, veräußern, sonst in den Verkehr bringen, erwerben oder - 2.
ausgenommene Zubereitungen (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) herstellen
(2) Eine Erlaubnis für die in Anlage I bezeichneten Betäubungsmittel kann das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte nur ausnahmsweise zu wissenschaftlichen oder anderen im öffentlichen Interesse liegenden Zwecken erteilen.
(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren wird bestraft, wer Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie ein- oder ausführt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.
(2) Ebenso wird bestraft, wer
- 1.
als Person über 21 Jahre eine Person unter 18 Jahren bestimmt, mit Betäubungsmitteln unerlaubt Handel zu treiben, sie, ohne Handel zu treiben, einzuführen, auszuführen, zu veräußern, abzugeben oder sonst in den Verkehr zu bringen oder eine dieser Handlungen zu fördern, oder - 2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt oder sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt oder sich verschafft und dabei eine Schußwaffe oder sonstige Gegenstände mit sich führt, die ihrer Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt sind.
(3) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren.
(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.
(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:
die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende, die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille, das Maß der Pflichtwidrigkeit, die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat, das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie sein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.
(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.
Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.
(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.
(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:
die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende, die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille, das Maß der Pflichtwidrigkeit, die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat, das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie sein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.
(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.
Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.
(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.
(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:
die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende, die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille, das Maß der Pflichtwidrigkeit, die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat, das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie sein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.
(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.
Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.
(1) Wird die Unterbringung in einer Anstalt nach den §§ 63 und 64 neben einer Freiheitsstrafe angeordnet, so wird die Maßregel vor der Strafe vollzogen.
(2) Das Gericht bestimmt jedoch, daß die Strafe oder ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist, wenn der Zweck der Maßregel dadurch leichter erreicht wird. Bei Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt neben einer zeitigen Freiheitsstrafe von über drei Jahren soll das Gericht bestimmen, dass ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist. Dieser Teil der Strafe ist so zu bemessen, dass nach seiner Vollziehung und einer anschließenden Unterbringung eine Entscheidung nach Absatz 5 Satz 1 möglich ist. Das Gericht soll ferner bestimmen, dass die Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist, wenn die verurteilte Person vollziehbar zur Ausreise verpflichtet und zu erwarten ist, dass ihr Aufenthalt im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes während oder unmittelbar nach Verbüßung der Strafe beendet wird.
(3) Das Gericht kann eine Anordnung nach Absatz 2 Satz 1 oder Satz 2 nachträglich treffen, ändern oder aufheben, wenn Umstände in der Person des Verurteilten es angezeigt erscheinen lassen. Eine Anordnung nach Absatz 2 Satz 4 kann das Gericht auch nachträglich treffen. Hat es eine Anordnung nach Absatz 2 Satz 4 getroffen, so hebt es diese auf, wenn eine Beendigung des Aufenthalts der verurteilten Person im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes während oder unmittelbar nach Verbüßung der Strafe nicht mehr zu erwarten ist.
(4) Wird die Maßregel ganz oder zum Teil vor der Strafe vollzogen, so wird die Zeit des Vollzugs der Maßregel auf die Strafe angerechnet, bis zwei Drittel der Strafe erledigt sind.
(5) Wird die Maßregel vor der Strafe oder vor einem Rest der Strafe vollzogen, so kann das Gericht die Vollstreckung des Strafrestes unter den Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 zur Bewährung aussetzen, wenn die Hälfte der Strafe erledigt ist. Wird der Strafrest nicht ausgesetzt, so wird der Vollzug der Maßregel fortgesetzt; das Gericht kann jedoch den Vollzug der Strafe anordnen, wenn Umstände in der Person des Verurteilten es angezeigt erscheinen lassen.
(6) Das Gericht bestimmt, dass eine Anrechnung nach Absatz 4 auch auf eine verfahrensfremde Strafe erfolgt, wenn deren Vollzug für die verurteilte Person eine unbillige Härte wäre. Bei dieser Entscheidung sind insbesondere das Verhältnis der Dauer des bisherigen Freiheitsentzugs zur Dauer der verhängten Strafen, der erzielte Therapieerfolg und seine konkrete Gefährdung sowie das Verhalten der verurteilten Person im Vollstreckungsverfahren zu berücksichtigen. Die Anrechnung ist in der Regel ausgeschlossen, wenn die der verfahrensfremden Strafe zugrunde liegende Tat nach der Anordnung der Maßregel begangen worden ist. Absatz 5 Satz 2 gilt entsprechend.
(1) Hat der Verurteilte aus Anlaß einer Tat, die Gegenstand des Verfahrens ist oder gewesen ist, Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung erlitten, so wird sie auf zeitige Freiheitsstrafe und auf Geldstrafe angerechnet. Das Gericht kann jedoch anordnen, daß die Anrechnung ganz oder zum Teil unterbleibt, wenn sie im Hinblick auf das Verhalten des Verurteilten nach der Tat nicht gerechtfertigt ist.
(2) Wird eine rechtskräftig verhängte Strafe in einem späteren Verfahren durch eine andere Strafe ersetzt, so wird auf diese die frühere Strafe angerechnet, soweit sie vollstreckt oder durch Anrechnung erledigt ist.
(3) Ist der Verurteilte wegen derselben Tat im Ausland bestraft worden, so wird auf die neue Strafe die ausländische angerechnet, soweit sie vollstreckt ist. Für eine andere im Ausland erlittene Freiheitsentziehung gilt Absatz 1 entsprechend.
(4) Bei der Anrechnung von Geldstrafe oder auf Geldstrafe entspricht ein Tag Freiheitsentziehung einem Tagessatz. Wird eine ausländische Strafe oder Freiheitsentziehung angerechnet, so bestimmt das Gericht den Maßstab nach seinem Ermessen.
(5) Für die Anrechnung der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a der Strafprozeßordnung) auf das Fahrverbot nach § 44 gilt Absatz 1 entsprechend. In diesem Sinne steht der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis die Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 94 der Strafprozeßordnung) gleich.
(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.
(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.
(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat
(1) Ist eine rechtswidrige Tat begangen worden, so ordnet das Gericht die Einziehung von Gegenständen des Täters oder Teilnehmers auch dann an, wenn diese Gegenstände durch andere rechtswidrige Taten oder für sie erlangt worden sind.
(2) Hat sich der Täter oder Teilnehmer vor der Anordnung der Einziehung nach Absatz 1 an einer anderen rechtswidrigen Tat beteiligt und ist erneut über die Einziehung seiner Gegenstände zu entscheiden, berücksichtigt das Gericht hierbei die bereits ergangene Anordnung.
Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht die Einziehung eines Geldbetrages an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Eine solche Anordnung trifft das Gericht auch neben der Einziehung eines Gegenstandes, soweit dessen Wert hinter dem Wert des zunächst Erlangten zurückbleibt.
(1) Ist eine rechtswidrige Tat begangen worden, so ordnet das Gericht die Einziehung von Gegenständen des Täters oder Teilnehmers auch dann an, wenn diese Gegenstände durch andere rechtswidrige Taten oder für sie erlangt worden sind.
(2) Hat sich der Täter oder Teilnehmer vor der Anordnung der Einziehung nach Absatz 1 an einer anderen rechtswidrigen Tat beteiligt und ist erneut über die Einziehung seiner Gegenstände zu entscheiden, berücksichtigt das Gericht hierbei die bereits ergangene Anordnung.
Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht die Einziehung eines Geldbetrages an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Eine solche Anordnung trifft das Gericht auch neben der Einziehung eines Gegenstandes, soweit dessen Wert hinter dem Wert des zunächst Erlangten zurückbleibt.
(1) Die Kosten des Verfahrens hat der Angeklagte insoweit zu tragen, als sie durch das Verfahren wegen einer Tat entstanden sind, wegen derer er verurteilt oder eine Maßregel der Besserung und Sicherung gegen ihn angeordnet wird. Eine Verurteilung im Sinne dieser Vorschrift liegt auch dann vor, wenn der Angeklagte mit Strafvorbehalt verwarnt wird oder das Gericht von Strafe absieht.
(2) Sind durch Untersuchungen zur Aufklärung bestimmter belastender oder entlastender Umstände besondere Auslagen entstanden und sind diese Untersuchungen zugunsten des Angeklagten ausgegangen, so hat das Gericht die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, wenn es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten. Dies gilt namentlich dann, wenn der Angeklagte wegen einzelner abtrennbarer Teile einer Tat oder wegen einzelner von mehreren Gesetzesverletzungen nicht verurteilt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für die notwendigen Auslagen des Angeklagten. Das Gericht kann anordnen, dass die Erhöhung der Gerichtsgebühren im Falle der Beiordnung eines psychosozialen Prozessbegleiters ganz oder teilweise unterbleibt, wenn es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten.
(3) Stirbt ein Verurteilter vor eingetretener Rechtskraft des Urteils, so haftet sein Nachlaß nicht für die Kosten.