Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 11. März 2014 - 6 Sa 236/13

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2014:0311.6SA236.13.0A
bei uns veröffentlicht am11.03.2014

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 10. April 2013 - 11 Ca 2610/12 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt Kündigungsschutz mit der Begründung, er sei Arbeitnehmer der Beklagten gewesen.

2

Der Kläger wurde bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerinnen seit dem 01. September 1979 auf Basis eines Vertrages vom 14. März 1979 (Bl. 8 ff. d. A.) als Betriebsarzt tätig.

3

Im Vertrag vom 14. März 1979 heißt es unter anderem:

4

„§ 1 Tätigkeit

5

Herr Dr. med. H. M. A. übernimmt ab 1. September 1979 als freier Mitarbeiter der Firma die Aufgabe eines Betriebsarztes nach dem Arbeitssicherheitsgesetz. Sein Zuständigkeitsbereich bezieht sich auf das Werk K der Firma. Der Betriebsarzt ist dem für dieses Werk verantwortlichen Personaldirektor zugeordnet.

6

Der Betriebsarzt übernimmt verantwortlich die arbeitsmedizinische Betreuung der Betriebsangehörigen. In der Ausübung seiner arbeitsmedizinischen Tätigkeit ist er weisungsfrei und nur dem Gesetz unterworfen.

7

Die Firma stellt dem Betriebsarzt nach Maßgabe des § 2 Abs. 2 Arbeitssicherheitsgesetz das erforderliche Personal sowie Räume, Einrichtungen, Geräte und Mittel zur Verfügung. Der Betriebsarzt ist gegenüber dem ihm zur Verfügung gestellten Personal weisungsbefugt.

8

Die Firma informiert den Betriebsarzt über alle für seine Tätigkeit im Werk bedeutsamen Umstände.

9

§ 2 Aufgabengebiet

10

Dem Betriebsarzt werden die in § 3 Arbeitssicherheitsgesetz aufgeführten Aufgaben übertragen.

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§ 3 Dienstzeit

12

Der Betriebsarzt verpflichtet sich, regelmäßig an zwei Tagen in der Woche, insgesamt sechs Stunden tätig zu sein. Die Festlegung der Stunden erfolgt in Abstimmung mit dem Personaldirektor.

13

Im Falle einer länger dauernden Verhinderung (Urlaub, Krankheit oder ähnliches) bemüht sich der Betriebsarzt gemeinsam mit der Firmenleitung (Werksleitung) um eine geeignete Vertretung.

14

Der Betriebsarzt hat der Firma eine voraussehbare Verhinderung rechtzeitig mitzuteilen.

15

§ 4 Vergütung

16

Für seine Tätigkeit in der Firma erhält der Betriebsarzt ein am Monatsende zu zahlendes Honorar, mit dem sämtliche Kosten des Betriebsarztes abgedeckt sind.

17

Das Honorar beträgt für jede angefangene und geleistete Stunde DM 70,--, dh. regelmäßig DM 1.820,-- je Monat. Erforderliche Vertretungen vermindern den Monatsbetrag.
…“

18

Zuletzt erhielt der Kläger für eine Tätigkeit im Umfang von zehn Stunden pro Woche monatlich 4.480,00 EUR nebst Mehrwertsteuer. Der Kläger übte bzw. übt die Funktion eines Betriebsarztes auch für (jedenfalls) vier weitere in Koblenz ansässige Großunternehmen aus. Hierbei ist zwischen den Parteien streitig, ab wann der Kläger für welche bzw. wie viele weitere Unternehmen neben der Beklagten tätig war.

19

Der Kläger verrichtete seine Tätigkeit als Betriebsarzt in von der Beklagten zur Verfügung gestellten Räumen. Die verwaltungsmäßigen Aufgaben des betriebsärztlichen Dienstes und die Sanitätsstelle wurden üblicherweise vom Betriebssanitäter H erledigt. Zwischen den Parteien besteht Uneinigkeit über das Vorgehen bei Urlaub des Klägers. Dieser beteiligte sich während des Zeitraums seiner Beschäftigung jedenfalls nicht an den am Jahresanfang in den Abteilungen der Beklagten stattfindenden Jahresurlaubsplanungen. Der Kläger, der die Auffassung vertritt, er habe sich Urlaub wie ein Arbeitnehmer genehmigen lassen müssen, hat zwei mit "Meldung über Abwesenheit" überschriebene, nicht vollständig ausgefüllte Formblätter aus den Jahren 2000 und 2001 vorgelegt (vgl. Bl. 14 d. A). Diese sind jeweils im Feld "beantragt", mit "i. A." vom Betriebssanitäter H unterzeichnet und im Feld "genehmigt" abgezeichnet. Die vorgesehene Abwesenheitszeit ist einmal in der Zeile "Tarifurlaub" datumsmäßig konkretisiert, im anderen Formular findet sich die vorgesehene Abwesenheitszeit in der Zeile, die für die Angabe des Grundes einer Freistellung nach dem MTV vorgesehen ist. Die Beklagte, nach deren Behauptung der Kläger seine Urlaubszeiten - meist über den Zeugen H, teilweise auch persönlich - lediglich angezeigt hat, hat ein im Namen des Klägers an den ehemaligen Personalleiter der Beklagten R gerichtetes Memo aus dem Jahr 2003 zur Akte gereicht (Bl. 78 d. A.), in dem lediglich mitgeteilt wird, der Kläger wolle in den angegebenen Zeiten Urlaub machen und als Vertretung für zwei Tage ein Kollege des Klägers angekündigt wird. Während der Urlaubszeiten des Klägers zahlte die Beklagte dessen Vergütung fort.

20

Mit Schreiben vom 20. Juni 2012 (Bl. 7 d. A.), dem Kläger zugegangen am 27. Juni 2012, kündigte die Beklagte den mit dem Kläger geschlossenen Vertrag ordentlich zum 31. Dezember 2012. Die Kündigung wurde unterzeichnet vom Prokuristen und späteren Geschäftsführer der Beklagten Dr. D unter der Bezeichnung „Direktor Recht und Personal“.

21

Der Kläger hat gegen die Kündigung des Vertragsverhältnisses mit am Folgetag beim Arbeitsgericht Koblenz eingegangenem Schriftsatz vom 15. Juli 2012 Kündigungsschutzklage erhoben und zugleich die Feststellung begehrt, dass es sich bei dem Vertragsverhältnis der Parteien um ein Arbeitsverhältnis handelt. Am letztgenannten Feststellungsantrag und einem weiter angekündigten allgemeinen Feststellungsantrag hat der Kläger im Kammertermin vom 10. April 2013 vor dem Arbeitsgericht nicht festgehalten.

22

Der Kläger hat erstinstanzlich im Wesentlichen vorgetragen, nach der praktischen Durchführung des Vertragsverhältnisses habe er in einem Arbeitsverhältnis zu der mehrere hundert Mitarbeiter beschäftigenden Beklagten gestanden. Er sei vollständig - mit Personalakte - in die Personalabteilung integriert gewesen, was sich bereits daran zeige, dass er vertraglich entgegen § 8 Abs. 2 ASiG dem Personaldirektor unterstellt sei. Dass er in einem Arbeitsverhältnis stehe, ergebe sich zudem auch daraus, dass er in verschiedenen Punkten wie ein Mitarbeiter behandelt worden sei (Teilnahme an Abteilungsfeiern der Personalabteilung und an der Finanzierung gemeinsamer Geschenke, Aufnahme in die Geburtstagsliste, im internen Telefonverzeichnis und im großen Verteiler der internen Kommunikation). Zudem sei er zur Nutzung der Mitarbeiterparkplätze und nicht der Besucherparkplätze und zum Tragen einer gelben (Mitarbeiter-) und nicht einer roten (Besucher-) Warnweste angehalten worden. Er habe der Beklagten nie Rechnungen geschrieben. Seine Einsatzzeiten, die entgegen der Verpflichtung nach dem ASiG nicht den steigenden Mitarbeiterzahlen angepasst worden seien, seien ihm wie der Ort und die Dauer seines Arbeitseinsatzes einseitig von der Beklagten vorgegeben worden. Die Verlängerung der Einsatzzeiten seien erfolgt, weil die Beklagte den Mitarbeitern allgemeinmedizinische Dienstleistungen über das ASiG hinaus habe anbieten wollen. Weiterhin habe er für die Beklagte Zusatzaufgaben nach Anweisung ableisten müssen, so sei er mit Krankenbesuchen bei verunfallten Mitarbeitern beauftragt worden, habe am Tag der offenen Tür und an einer ganztägigen Veranstaltung bei der DRV in S teilnehmen müssen. Einen Ausgleich für diese Mehrbelastungen habe er nicht erhalten. Seinen Urlaub habe er - nach Abstimmung mit dem Betriebssanitäter auf einem einheitlichen Formular melden und genehmigen lassen müssen.

23

Der Kläger hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,

24

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung vom 20.06.2012 beendet ist.

25

Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,

26

die Klage abzuweisen.

27

Sie hat erstinstanzlich im Wesentlichen vorgetragen, das zwischen den Parteien bestehende Vertragsverhältnis sei rechtlich nicht als Arbeitsverhältnis zu qualifizieren, da der Kläger bereits ausweislich des Vertrags vom 14. März 1979 ausdrücklich als freier Mitarbeiter für sie tätig gewesen sei. Er sei als Betriebsarzt noch bei mindestens vier weiteren Unternehmen in K (T/L Automotive GmbH, S GmbH, K, K Bausysteme) wohl zu Honoraren in ähnlicher Größenordnung tätig; bei Beginn der Beschäftigung sei der Kläger jedenfalls auch bei K C und bei der P im Einsatz gewesen. Die Unterstellung im Vertrag unter den damaligen Personaldirektor, der zugleich Mitglied der Geschäftsführung gewesen sei, habe den Regelungen des ASiG entsprochen. Eine „Integration“ in die Personalabteilung habe nicht stattgefunden, die vom Kläger dargelegten zwischenmenschlichen Aktivitäten in Form von Abteilungsfeiern uä. belegten lediglich, dass sich die Beklagte an die einfachsten Regeln der Höflichkeit und des menschlichen Miteinanders halte. Auch der Vortrag zu Telefonliste, Postverteiler, Zuweisung eines Mitarbeiter-Parkplatzes (in Ermangelung von Parkplätzen für freie Mitarbeiter) und der (für Kenner des Betriebes vorgesehenen) gelben Warnweste ändere nichts an der rechtlichen Qualifikation des Vertragsverhältnisses, für das nie eine Personalakte, sondern lediglich eine ordnungsgemäße Aktenführung existiert habe. Hinsichtlich des Urlaubes habe der Kläger lediglich seine Planungen dem Betriebssanitäter H mitgeteilt, der wiederum sie informiert habe (z.B. über die vom Kläger vorgelegten Formulare). Es sei abgesprochen gewesen, dass der Kläger bei einer Abwesenheit von länger als zwei Wochen eine Vertretung organisiert, was auch weitgehend geschehen sei. Die Fortzahlung des Honorars während des Urlaubs sei aufgrund zwischen dem Kläger und dem (ehemaligen) Personalleiter R als Ausgleich für gelegentliche Einsätze des Klägers außerhalb der vereinbarten Anwesenheitszeiten vereinbart worden. Die Einsatz- und Sprechzeiten des Klägers seien abgestimmt und nicht einseitig von ihr vorgegeben gewesen, was wegen der Tätigkeit des Klägers für weitere Unternehmen auch gar nicht möglich gewesen sei. Alle allgemeinmedizinischen Leistungen seien ausnahmslos vom Kläger initiiert worden. Im Übrigen habe es bei Spitzenbelastungen des Klägers regelmäßig Zahlungen „außer der Reihe“ gegeben. Der Kläger habe auch Rechnungen geschrieben, wie die Rechnung vom 30. September 2001 (Bl. 89 d. A) zeige. Die Honorare seien in unregelmäßigen Abständen (nach oben) angepasst worden. Die weitere Rechnungsstellung sei in Ermangelung von Änderungen an der Rechnungshöhe irgendwann eingestellt worden.

28

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 10. April 2013, wegen dessen Tatbestand auf Bl. 95 bis 100 verwiesen wird, abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die auch im Rechtsweg als sic-non-Fall zulässige Klage sei nicht begründet, da das zwischen den Parteien bestehende Vertragsverhältnis nicht als Arbeitsverhältnis zu qualifizieren sei. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass die Tätigkeit eines Betriebsarztes nach dem ASiG sowohl im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses, als auch im Rahmen eines freien Mitarbeiterverhältnisses erbracht werden könne. Gegen ein Arbeitsverhältnis spreche, dass die Beklagte wegen des vertraglichen Abstimmungserfordernisses nicht berechtigt gewesen sei, die Lage der Arbeitszeit einseitig zu bestimmen, wobei die Bindung an Sprechzeiten und die Vorgabe des Tätigkeitsortes allein nicht für eine arbeitsrechtliche Beziehung spreche. Dass die Beklagte die Arbeitszeiten einseitig verändert oder über seine Arbeitszeit verfügt habe, habe der hinsichtlich des Erfordernisses der Arbeitszeitausweitung ohnehin widersprüchlich vortragende Kläger nicht ausreichend dargetan. Fachliche Weisungen habe die Beklagte nicht erteilt, eine Eingliederung in die betriebliche Organisation habe nicht vorgelegen. Dem Sanitäter gegenüber sei der Kläger nur fachlich weisungsbefugt gewesen. Dass der Kläger sich Urlaub habe genehmigen lassen müssen, sei angesichts der vorgelegten unvollständig ausgefüllten Formulare und der Tatsache, dass er unstreitig nicht an der Jahresurlaubsplanung teilgenommen habe, nicht erkennbar. Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe wird auf Bl. 101 bis 108 d. A. verwiesen.

29

Der Kläger hat gegen das seinen Prozessbevollmächtigten am 24. Mai 2013 zugestellte Urteil mit am 03. Juni 2014 beim Landesarbeitsgericht eigegangenem Schriftsatz vom gleichen Tag Berufung eingelegt und diese mit am gleichen Tag bei Gericht eingegangenem Schriftsatz vom 09. Juli 2013 begründet.

30

Der Kläger macht zur Begründung seiner Berufung nach Maßgabe seiner Berufungsbegründungsschrift vom 09. Juli 2013 (Bl. 127 ff. d. A.) und seines bei Gericht am 28. August 2013 eingegangenen Schriftsatzes (Bl. 191 f. d. A.), auf die ergänzend Bezug genommen wird, zweitinstanzlich zur Begründung eines Arbeitsverhältnisses im Wesentlichen geltend,
er sei hinsichtlich der Arbeitszeit unabhängig von der vertraglichen Regelung weisungsgebunden gewesen. Das Arbeitsgericht habe sich insoweit zu Unrecht auf die Bestimmungen des ASiG gestützt. Das gesetzliche Wahlrecht zwischen freiberuflichem Betriebsarztverhältnis und Arbeitsverhältnis als Betriebsarzt sei historisch vorgesehen worden, weil es bei Erlass des Gesetzes 1973 nur wenige ausgebildete Arbeitsmediziner gegeben habe und (kurzfristig geschulte) Allgemeinmediziner nur durch die Möglichkeit einer freien Mitarbeit für eine betriebsärztliche Betreuung zu rekrutieren gewesen seien. Trotz zwischenzeitlicher Abschaffung der Kurzfortbildungsmöglichkeit für Allgemeinmediziner und überwiegender Beschäftigung angestellter Betriebsärzte sei das ASiG nicht geändert worden, so dass sich die Frage stelle, ob die Formulierung des Gesetzes noch Gültigkeit beanspruchen könne. Schon die Vielzahl der Mitarbeiter und die Zurverfügungstellung von speziell ausgestatteten Räumlichkeiten habe seine Anwesenheit zu bestimmten Zeiten im Betrieb erfordert. Im Übrigen regele § 3 des Vertrages vom 14. März 1979 den Umfang der Arbeitszeit (6 Stunden) und nur die darüber hinausgehende zeitliche Inanspruchnahme habe „in Abstimmung“ erfolgen sollen. Ohne Genehmigung habe er keine Möglichkeit gehabt, die - auch ganz anders (zB abends oder ganztägig) organisierbaren - Arbeitszeiten zu bestimmen; das agierende Subjekt bei den Vereinbarungen zur Arbeitszeit sei die Beklagte gewesen. Da er für die Firma T erst in 1986 und für die Firma S erst in 1988 tätig geworden sei, habe ihm auch hinreichend Zeit zur Verfügung gestanden. Auch die in § 6 der vertraglichen Vereinbarung vorgesehene Genehmigungspflicht für Weiter- und Fortbildungsmaßnahmen spreche, da im Widerspruch zu § 2 Abs. 3 ASiG stehend, für einen Beschäftigtenstatus. Soweit das Arbeitsgericht fehlenden substantiierten Vortrag zu Einsätzen außerhalb des vereinbarten Rahmens moniere, übersehe es, dass Zeugen benannt worden seien. Es sei wenig verständlich, dass das Gericht die unter Beweis gestellten Sondereinsätze (vielhundertfache Einstellungsuntersuchungen, Tage der „offenen Tür“, Jugendarbeitsschutzuntersuchungen, sonstige Wunschuntersuchungen, Brand im Betrieb, zweitägiger Aufenthalt in England am 30/31. August 2005) in Frage stelle. Die zeitlichen Vorgaben hierfür seien ausschließlich nach den Vorgaben und Wünschen der Beklagten erfolgt. Auch die Tatsache, dass ihm ein Ort der Arbeitsleistung vorgegeben worden sei, könne nicht durch das insoweit keine Regelung enthaltende ASiG gerechtfertigt werden. Dies ergebe sich auch daraus, dass die Aufgaben von Betriebsärzten nach § 3 Abs. 1 ASiG überwiegend keinen festen Arbeitsplatz erforderten. Soweit das Arbeitsgericht die fehlende Einbindung in die betriebliche Organisation bemängele, übersehe es, dass er entgegen ASiG dem Personaldirektor unterstellt gewesen sei, der ihm auch gekündigt habe. Ob den Personen später auch noch andere Funktionen zugewiesen worden seien, spiele keine Rolle. Der Personalleiter habe das bestehende Rechtsverhältnis jedenfalls nicht kündigen können. Die vom Personalleiter ausgesprochene Kündigung sei ein Indiz für den Bestand eines Arbeitsverhältnisses, ebenso wie die ebenfalls ASiG-widrige Änderung seiner Zuordnung von der Personalabteilung zur Abteilung HSE ohne seine Zustimmung. Seine Tätigkeit als Betriebsarzt ermögliche es dem Betrieb entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts durch die Prüfung der Eignung der Beschäftigten erst, den betriebstechnischen Zweck zu verwirklichen; er habe praktisch mit allen Mitarbeitern Kontakt aufgenommen und zusammengearbeitet. Der Umstand, dass die Beklagte ihm sachliche und personelle Mittel gestellt habe, spreche - ebenso wie sein Weisungsrecht gegenüber dem Sanitäter - für eine abhängige Beschäftigung, da das ASiG nicht zwingend eine Gestellung vorsehe. In der Gesamtschau zu berücksichtigen sei ebenfalls die fehlende Rechnungserstellung, seine „Meldung über Abwesenheit“ wie bei regulären Urlaubsanträgen bei den Arbeitnehmern und jedem anderen Beschäftigten der Beklagten üblich und die Aufnahme in das Telefonverzeichnis mit Namen. Der Kläger beruft sich im Übrigen - wie überwiegend bereits erstinstanzlich - auf diverse weitere Einzelpunkte (wie Geburtstagsliste, Abteilungsveranstaltungen, Parkplatz, Warnweste, Haftplicht uä.). Schließlich rügt der Kläger die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrates vor Kündigungsausspruch.

31

Der Kläger beantragt,

32

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz - 11 Ca 2610/12 -, verkündet am 10. April 2013 festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung vom 20. Juni 2012 beendet ist.

33

Die Beklagte beantragt,

34

die Berufung zurückzuweisen.

35

Die Beklagte verteidigt das vom Kläger angefochtene Urteil nach Maßgabe des Schriftsatzes vom 12. August 2013, auf den Bezug genommen wird (Bl. 180 ff. d. A.), zweitinstanzlich im Wesentlichen wie folgt:

36

der Sinn des rechtshistorischen Exkurses des Klägers erschließe sich nicht, die Beschäftigung von Betriebsärzten als freie Mitarbeiter sei keine „äußerst seltene Organisationsform“, sondern mit Ausnahme von Großkonzernen die Regel. Selbstverständlich habe sie ein Interesse daran gehabt, dass der Kläger zu bestimmten Zeiten und nicht irgendwann im Betrieb gewesen sei, aber die Lage der Zeiten seien eben (genauso wie die Lage von und nicht die grundsätzliche Teilnahme an Fort- und Weiterbildungen) mit dem Kläger vereinbart gewesen. Im Übrigen könne das Fehlen einer Beweiserhebung zugänglichen Vortrags nicht durch die Benennung noch so vieler Zeugen geheilt werden. Der Vortrag des Klägers sei nach wie vor unsubstantiiert.

37

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A.

38

Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet.

39

I. Die Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist statthaft, wurde vom Kläger nach Zustellung des erstinstanzlichen Urteils am 24. Mai 2013 mit am 03. Juni 2013 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz vom gleichen Tag form- und fristgerecht eingelegt (§ 66 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 64 Abs. 6 ArbGG iVm. § 519 ZPO) und mit Schriftsatz vom 09. Juli 2013, bei Gericht eingegangen am gleichen Tag, rechtzeitig und ordnungsgemäß begründet (§ 66 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 64 Abs. 6 ArbGG iVm. § 520 ZPO).

40

II. Die Berufung ist in der Sache nicht erfolgreich. Der Kündigungsschutzklage des Klägers bleibt der Erfolg verwehrt, weil ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht bestanden hat. Die Berufung war zurückzuweisen.

41

1. Das Arbeitsgericht hat mit ausführlicher und sorgfältiger Begründung zu Recht angenommen, dass es sich bei der vertraglichen Beziehung der Parteien nicht um ein Arbeitsverhältnis gehandelt hat. Die Berufungskammer macht sich zur Vermeidung von Wiederholungen die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts in Ziffer II der Entscheidungsgründe (Bl. 102 bis 107 d. A.) zu eigen und stellt dies ausdrücklich fest (§ 69 Abs. 2 ArbGG).

42

2. Auch die Angriffe der Berufung führen zu keiner anderen Betrachtung. Die Darlegungen des Klägers im Berufungsverfahren zeigen keine neuen Gesichtspunkte auf.

43

2.1. Nach den Grundsätzen, die das Bundesarbeitsgericht zur Abgrenzung eines Arbeitsverhältnisses von dem Rechtsverhältnis eines freien Dienstnehmers aufgestellt hat und denen sich die Berufungskammer anschließt, unterscheiden sich beide durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit, in der sich der zur Dienstleistung Verpflichtete befindet. Arbeitnehmer ist, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist. Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen. Arbeitnehmer ist derjenige Mitarbeiter, der nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann (vgl. § 84 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 HGB). Dabei sind alle Umstände des Einzelfalls in Betracht zu ziehen und in ihrer Gesamtheit zu würdigen. Der jeweilige Vertragstyp ergibt sich aus dem wirklichen Geschäftsinhalt. Die zwingenden gesetzlichen Regelungen für Arbeitsverhältnisse können nicht dadurch abbedungen werden, dass die Parteien ihrem Arbeitsverhältnis eine andere Bezeichnung geben. Der objektive Geschäftsinhalt ist den ausdrücklich getroffenen Vereinbarungen und der praktischen Durchführung des Vertrags zu entnehmen. Widersprechen sich Vereinbarung und tatsächliche Durchführung, ist letztere maßgebend (BAG 17. April 2013 - 10 AZR 272/1229 - Rn. 15, 29. August 2012 - 10 AZR 499/11 - Rn. 14, 15, 20. Januar 2010 - 5 AZR 99/09 - Rn. 14; jeweils zitiert nach juris).

44

2.2. Gemessen hieran war der Kläger kein Arbeitnehmer der Beklagten.

45

a) Der Kläger war als Betriebsarzt unstreitig gegenüber der Beklagten fachlich nicht weisungsgebunden, da er - wie zwischen den Parteien in § 1 Abs. 2 des Vertrages vom 14. März 1979 ausdrücklich vereinbart - die inhaltliche Ausübung seiner arbeitsmedizinischen Tätigkeit frei bestimmen konnte.

46

b) Da die fachliche Weisungsfreiheit bei inhaltlich besonders qualifizierten Tätigkeiten wie beispielsweise der eines Arztes der Arbeitnehmereigenschaft nicht entgegen steht, muss diese aus anderen Gründen abgeleitet werden können. Dies ist vorliegend nicht der Fall.

47

aa) Der Kläger war nicht wie ein Arbeitnehmer zeitlich gegenüber der Beklagten weisungsgebunden.

48

Weisungsabhängigkeit in zeitlicher Hinsicht ist gegeben, wenn ständige Dienstbereitschaft erwartet wird oder wenn der Mitarbeiter in nicht unerheblichem Umfang auch ohne entsprechende Vereinbarung herangezogen wird, ihm also die Arbeitszeiten letztlich „zugewiesen“ werden (BAG 15. Februar 2012 - 10 AZR 301/10 - Rn. 17; 9. Juni 2010 - 5 AZR 332/09 - Rn. 21 ff., 20. Mai 2009 - 5 AZR 31/08 - Rn. 22; jeweils zitiert nach juris). Der Kläger war im Kern seiner Tätigkeit nicht durch die zeitliche und organisatorische Planung der Beklagten an deren einseitige Weisungen gebunden. Ausgehend von § 3 Abs. 1 Satz 1 des Vertrages vom 14. März 1979 haben die Parteien den grundsätzlichen Umfang der Dienstverpflichtung des Klägers mit zum damaligen Zeitpunkt sechs, zuletzt vereinbarungsgemäß zehn Wochenstunden festgelegt. Auch die Lage der jeweiligen Arbeitszeit wurde entgegen der vom Kläger vertretenen Ansicht nicht einseitig von der Beklagten vorgegeben. Dies ergibt sich zunächst aus § 3 Abs. 1 Satz 2 des genannten Vertrages, nach dem die Festlegung der Stunden in Abstimmung mit der Beklagten zu erfolgen hatte. Der Kläger hat nicht in Abrede gestellt, dass er die Zeiten, zu denen er im Betrieb der Beklagten regelmäßig als Betriebsarzt tätig wurde, wie im Vertrag vorgesehen, mit der Beklagten vereinbart hat. Damit konnte die Beklagte, unabhängig davon, ob sie in den Verhandlungen bestimmte Anwesenheitszeiten erbeten hat, die Zeiten, zu denen der Kläger im Einsatz sein sollte, nicht mehr einseitig vorgeben, sondern es lag ihnen eine Abmachung der Parteien zu Grunde, an die sich nicht nur der auch Kläger, sondern auch die Beklagte zu halten hatte. Dies dürfte dem auch in anderen Firmen als Betriebsarzt tätigen Kläger die Koordinierung seiner Einsätze zumindest erleichtert haben. Dass die konkrete Lage der Einsatzzeiten des Klägers grundsätzlich auch anders hätte organisiert werden können, steht dem Vorliegen einer das einseitige Zuweisungsrecht der Beklagten ausschließenden Abrede der Parteien nicht entgegen.

49

Soweit der Kläger sich darauf berufen hat, die Beklagte habe ihn vielfach zu Sondereinsätzen nach ihren zeitlichen Vorstellungen herangezogen, hat bereits das Arbeitsgericht zu Recht darauf hingewiesen, dass es an substantiiertem Sachvortrag zu derartigen Einsätzen fehlte. Um von einem für ein Arbeitsverhältnis sprechenden Weisungsrecht der Arbeitgeberin ausgehen zu können, ist die Darlegung erforderlich, dass der Mitarbeiter in nicht unerheblichem Umfang auch ohne entsprechende Vereinbarung zur Tätigkeit herangezogen wird. Zum Umfang des Spielraums bei der Arbeitszeit ist nicht der beklagte Arbeitgeber, sondern der Kläger darlegungs- und beweisbelastet (BAG 20. August 2003 - 5 AZR 610/02 - Rn. 19, 15. Dezember 1999 - 5 AZR 169/99 - Rn. 68; jeweils zitiert nach juris). Dem ist der Kläger auch im Berufungsverfahren nicht nachgekommen. Soweit er vorgetragen hat, die Beklagte habe ihn zu „vielhundertfachen“ Einstellungsuntersuchungen, Tagen der offenen Tür, Jugendarbeitsschutzuntersuchungen und sonstigen Wunschuntersuchungen bestimmt, lässt sich aus diesem Vortrag der konkrete Umfang der vorgeblich von der Beklagten bestimmten Einsätze des Klägers im immerhin über 30 Jahre andauernden Beschäftigungsverhältnis nicht ermitteln und die Frage, ob der Kläger in nicht unerheblichem Umfang zeitlich von der Beklagten zur Arbeit, insbesondere auch zu einer Tätigkeit außerhalb des Aufgabenkatalogs nach dem ASiG, bestimmt wurde, nicht beantworten. Eine Beweisaufnahme wäre einem unzulässigen Ausforschungsbeweis gleich gekommen und kam vor diesem Hintergrund - worauf bereits das Arbeitsgericht zutreffend hingewiesen hat - nicht in Betracht. Dass vereinzelte Einsätze - wie etwa ein Betriebsbrand oder eine Fortbildungsmaßnahme - angesichts der jahrzehntelangen Beschäftigungsdauer des Klägers nicht geeignet sind, ein zeitliches Weisungsrecht der Beklagten in nicht unerheblichem Maße zu belegen, bedarf keiner weiteren Erörterung.

50

bb) Auch im Übrigen ergeben sich keine ausreichenden Anhaltspunkte für ein Arbeitsverhältnis.

51

Der Kläger war nicht wie in einem Arbeitsverhältnis in die betriebliche Organisation der Beklagten eingebunden. Entgegen der vom Kläger im Berufungsverfahren vertretenen Auffassung führt nicht allein die Tatsache, dass er die Arbeitnehmer entsprechend seiner Aufgabe als Betriebsarzt nach § 3 Abs. 2 ASiG untersucht hat, dazu, dass er mit diesen wie ein Arbeitnehmer in wechselseitiger Abstimmung zur Erreichung des Betriebszweckes der Beklagten zusammengearbeitet hätte. Dass der Kläger die Arbeitnehmer der Beklagten arbeitsmedizinisch zu beurteilen hatte, gehörte zu seinen ureigenen Aufgaben als Betriebsarzt. Seine organisatorische Eingliederung ergibt sich auch nicht daraus, dass der Kläger seine Sprechstunden in Räumen der Beklagten abhielt und dass ihm die Beklagte ihm einen (seinem Weisungsrecht unterstehenden) Betriebssanitäter zur Verfügung stellte (vgl. lag Köln 25. August 1999 - 2 Sa 611/99 - Rn. 28, lag München 02. August 1984 - 7 Sa 632/83 - jeweils zitiert nach juris). Die Beklagte hat nach § 2 Abs. 2 Satz 2 ASiG den Betriebsarzt bei der Erfüllung seiner Aufgaben zu unterstützen; insbesondere ist sie verpflichtet, ihm, soweit dies zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist, Hilfspersonal sowie Räume, Einrichtungen, Geräte und Mittel zur Verfügung zu stellen. Da das ASiG sowohl vorsieht, einen Betriebsarzt als Arbeitnehmer zu beschäftigen, als auch, ihn als freien Mitarbeiter einzusetzen, kann allein die Tatsache der Zurverfügungstellung von Räumen und Personal nicht zur Begründung eines Arbeitsverhältnisses dienen. Soweit der Kläger im Berufungsverfahren zur historischen Begründung der Beschäftigung von Betriebsärzten als freie Mitarbeiter vorgetragen hat, vermochte die Berufungskammer seiner Schlussfolgerung, wegen heute geänderter Bedingungen für Betriebsärzte bedürfe es einer freien Mitarbeiterschaft nicht länger, auch dann nicht zu folgen, wenn man seine historischen Herleitungen als zutreffend unterstellt. Trotz mehrfacher Gesetzesänderungen, zuletzt durch das Gesetz zur Umsetzung des Seearbeitsübereinkommens 2006 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 20. April 2013 (BGBl I 2013, 868), hat der Gesetzgeber keine Veranlassung gesehen, von den beiden möglichen Gestaltungsformen der Betriebsarzttätigkeit abzusehen. Aus welchen Gründen die Regelungen des ASiG keine Berücksichtigung bei der Beurteilung, ob ein Arbeitsverhältnis vorliegt, finden können sollen, erschloss sich der Berufungskammer nicht. Zutreffend geht das Arbeitsgericht im Übrigen davon aus, dass die Beteiligung des Klägers an Geburtstagsgeschenken, Geburtstagslisten oder Abteilungsfeiern ebenso wie seine Aufnahme in Telefonlisten, Email-Verteiler, die Zuweisung von Parkplätzen oder die Pflicht, eine bestimmte Warnweste zu tragen, nicht geeignet sind, seine Arbeitnehmereigenschaft zu begründen. Zum einen handelt es sich um Umstände, die ungeachtet der Qualifizierung des Beschäftigungsverhältnisses dem zwischenmenschlichen Umgang geschuldet sind, zum anderen um solche, die die Organisation der Wahrnehmung der Aufgaben des Klägers als Betriebsarzt nach dem ASiG mit sich bringt.

52

Der Kläger hat auch nicht ausreichend dargelegt, dass das Vorgehen bei der Urlaubsgewährung ihm gegenüber wie bei den Arbeitnehmern der Beklagten gestaltet war, insbesondere nicht, dass er verpflichtet war, seinen Urlaub von der Beklagten genehmigen zu lassen. Sein pauschaler Vortrag, es habe insoweit eine Genehmigungspflicht bestanden, genügte nicht, um der Berufungskammer die Prüfung des klägerischen Vortrags im Rahmen einer Beweisaufnahme zu ermöglichen. Eine solche Verpflichtung des unstreitig nicht an den Jahresurlaubsplanungen der Mitarbeiter teilnehmenden Klägers ergibt sich auch nicht aus den beiden nur unvollständig, bereits vom Inhalt her unterschiedlich und auch nicht vom Kläger ausgefüllten Meldungen über Abwesenheit aus den Jahren 2000 und 2001. Diese stehen zudem im Widerspruch zu dem von der Beklagten vorgelegten Memo aus dem Jahr 2003, mit dem der Kläger lediglich seine urlaubsbedingte Abwesenheit anzeigt, ohne dass die Möglichkeit der Einflussnahme der Beklagten ersichtlich wäre. Dass der Kläger sich - wie dem Memo aus 2003 zu entnehmen und § 3 Abs. 2 des Vertrages vom 14. März 1979 entsprechend - um einen externen Kollegen zur Urlaubsvertretung bemüht, spricht im Übrigen nicht für den Bestand eines Arbeitsverhältnisses.

53

Entgegen der Auffassung des Klägers lässt sich ein Arbeitsverhältnis auch nicht zwingend damit begründen, dass er vertraglich dem Personaldirektor unterstellt war. Gemäß § 8 Abs. 2 ASiG ist ein Arbeitgeber verpflichtet, angestellte Betriebsärzte unmittelbar dem Leiter des Betriebs im Rahmen einer Stabsstelle fachlich und disziplinarisch zu unterstellen; die gesetzlich vorgeschriebene Zuweisung einer bestimmten Stellung innerhalb der betrieblichen Hierarchiestrukturen gehört zu den strukturprägenden Grundsätzen des ASiG; sie dient sowohl der Sicherung der fachlichen Unabhängigkeit als auch der Herausstellung der Bedeutung der Funktion des Betriebsarztes (vgl. zur Fachkraft für Arbeitssicherheit: BAG 15. Dezember 2009 - 9 AZR 769/08 - Rn. 29, zitiert nach juris). Es kann dahinstehen, ob der Vortrag der Beklagten zutrifft, ihr Personaldirektor sei zugleich Mitglied der Geschäftsführung gewesen, so dass bei Bestehen eines Arbeitsverhältnisses § 8 Abs. 2 ASiG genüge getan gewesen wäre, nach dem die Unterstellungmindestens unter den Leiter des Betriebs erforderlich ist (vgl. BAG 15. Dezember 2009 - 9 AZR 769/08 - Rn. 29, aaO). Selbst wenn der Kläger nicht unmittelbar dem Betriebsleiter iSd. § 8 Abs. 2 ASiG unterstellt gewesen sein sollte, ist nicht ersichtlich, warum dieser Umstand dafür sprechen sollte, dass der Kläger seine Tätigkeit als Betriebsarzt im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses erbracht hat. Dass der Personaldirektor ihm konkrete fachliche oder disziplinarische Anweisungen erteilt hätte, hat der Kläger nicht behauptet. Darüber hinaus schließt auch § 8 Abs. 2 ASiG nicht aus, dass die personalwirtschaftliche Durchführung eines (unterstellten) Arbeitsverhältnisses anderen Stellen übertragen wird, so lange damit keine Einbindung in eine anderer Organisation verbunden ist(BAG 15. Dezember 2009 - 9 AZR 769/08 - Rn. 33, aaO).

54

c) In einer Gesamtschau aller relevanten Umstände vermochte die Berufungskammer daher insgesamt nicht vom Bestand eines Arbeitsverhältnisses auszugehen. Der lediglich in einem Umfang von zehn Stunden wöchentlich bei der Beklagten und im Übrigen für weitere Unternehmen als freiberuflicher Betriebsarzt tätige Kläger, der mit der Beklagten ausdrücklich einen Vertrag als freier Mitarbeiter geschlossen und Aufgaben nach dem Arbeitssicherheitsgesetz wahrgenommen hat, war weder zeitlich weisungsgebunden, noch organisatorisch in den Betrieb der Beklagten wie ein Arbeitnehmer eingegliedert, noch ist er aus sonstigen Gründen als Arbeitnehmer der Beklagten zu betrachten.

B.

55

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

56

Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des § 72 Abs. 2 ArbGG sind nicht gegeben.

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Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72 Grundsatz


(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 64 Grundsatz


(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt. (2) Die Berufung kann nur eingelegt werden, a) wenn sie in dem Urtei

Zivilprozessordnung - ZPO | § 520 Berufungsbegründung


(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen. (2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der

Zivilprozessordnung - ZPO | § 519 Berufungsschrift


(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt. (2) Die Berufungsschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;2.die Erklärung, dass gegen dieses Urtei

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 66 Einlegung der Berufung, Terminbestimmung


(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Mona

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 69 Urteil


(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Woch

Handelsgesetzbuch - HGB | § 84


(1) Handelsvertreter ist, wer als selbständiger Gewerbetreibender ständig damit betraut ist, für einen anderen Unternehmer (Unternehmer) Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen. Selbständig ist, wer im wesentlichen frei seine Tätig

Gesetz über Betriebsärzte, Sicherheitsingenieure und andere Fachkräfte für Arbeitssicherheit - ASiG | § 3 Aufgaben der Betriebsärzte


(1) Die Betriebsärzte haben die Aufgabe, den Arbeitgeber beim Arbeitsschutz und bei der Unfallverhütung in allen Fragen des Gesundheitsschutzes zu unterstützen. Sie haben insbesondere 1. den Arbeitgeber und die sonst für den Arbeitsschutz und die Unf

Gesetz über Betriebsärzte, Sicherheitsingenieure und andere Fachkräfte für Arbeitssicherheit - ASiG | § 8 Unabhängigkeit bei der Anwendung der Fachkunde


(1) Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit sind bei der Anwendung ihrer arbeitsmedizinischen und sicherheitstechnischen Fachkunde weisungsfrei. Sie dürfen wegen der Erfüllung der ihnen übertragenen Aufgaben nicht benachteiligt werden. Bet

Gesetz über Betriebsärzte, Sicherheitsingenieure und andere Fachkräfte für Arbeitssicherheit - ASiG | § 2 Bestellung von Betriebsärzten


(1) Der Arbeitgeber hat Betriebsärzte schriftlich zu bestellen und ihnen die in § 3 genannten Aufgaben zu übertragen, soweit dies erforderlich ist im Hinblick auf 1. die Betriebsart und die damit für die Arbeitnehmer verbundenen Unfall- und Gesundhei

Referenzen - Urteile

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Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 11. März 2014 - 6 Sa 236/13 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 11. März 2014 - 6 Sa 236/13 zitiert 4 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 17. Apr. 2013 - 10 AZR 272/12

bei uns veröffentlicht am 17.04.2013

Tenor 1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 24. Januar 2012 - 6 Sa 411/11 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 15. Feb. 2012 - 10 AZR 301/10

bei uns veröffentlicht am 15.02.2012

Tenor 1. Die Revision des beklagten Landes gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 27. Januar 2010 - 5 Sa 627/09 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 09. Juni 2010 - 5 AZR 332/09

bei uns veröffentlicht am 09.06.2010

Tenor 1. Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 31. März 2009 - 14 Sa 728/08 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 20. Jan. 2010 - 5 AZR 99/09

bei uns veröffentlicht am 20.01.2010

Tenor 1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 25. November 2008 - 8 Sa 243/08 - wird zurückgewiesen.

Referenzen

(1) Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit sind bei der Anwendung ihrer arbeitsmedizinischen und sicherheitstechnischen Fachkunde weisungsfrei. Sie dürfen wegen der Erfüllung der ihnen übertragenen Aufgaben nicht benachteiligt werden. Betriebsärzte sind nur ihrem ärztlichen Gewissen unterworfen und haben die Regeln der ärztlichen Schweigepflicht zu beachten.

(2) Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit oder, wenn für einen Betrieb mehrere Betriebsärzte oder Fachkräfte für Arbeitssicherheit bestellt sind, der leitende Betriebsarzt und die leitende Fachkraft für Arbeitssicherheit, unterstehen unmittelbar dem Leiter des Betriebs.

(3) Können sich Betriebsärzte oder Fachkräfte für Arbeitssicherheit über eine von ihnen vorgeschlagene arbeitsmedizinische oder sicherheitstechnische Maßnahme mit dem Leiter des Betriebs nicht verständigen, so können sie ihren Vorschlag unmittelbar dem Arbeitgeber und, wenn dieser eine juristische Person ist, dem zuständigen Mitglied des zur gesetzlichen Vertretung berufenen Organs unterbreiten. Ist für einen Betrieb oder ein Unternehmen ein leitender Betriebsarzt oder eine leitende Fachkraft für Arbeitssicherheit bestellt, steht diesen das Vorschlagsrecht nach Satz 1 zu. Lehnt der Arbeitgeber oder das zuständige Mitglied des zur gesetzlichen Vertretung berufenen Organs den Vorschlag ab, so ist dies den Vorschlagenden schriftlich mitzuteilen und zu begründen; der Betriebsrat erhält eine Abschrift.

(1) Der Arbeitgeber hat Betriebsärzte schriftlich zu bestellen und ihnen die in § 3 genannten Aufgaben zu übertragen, soweit dies erforderlich ist im Hinblick auf

1.
die Betriebsart und die damit für die Arbeitnehmer verbundenen Unfall- und Gesundheitsgefahren,
2.
die Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer und die Zusammensetzung der Arbeitnehmerschaft und
3.
die Betriebsorganisation, insbesondere im Hinblick auf die Zahl und die Art der für den Arbeitsschutz und die Unfallverhütung verantwortlichen Personen.

(2) Der Arbeitgeber hat dafür zu sorgen, daß die von ihm bestellten Betriebsärzte ihre Aufgaben erfüllen. Er hat sie bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zu unterstützen; insbesondere ist er verpflichtet, ihnen, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist, Hilfspersonal sowie Räume, Einrichtungen, Geräte und Mittel zur Verfügung zu stellen. Er hat sie über den Einsatz von Personen zu unterrichten, die mit einem befristeten Arbeitsvertrag beschäftigt oder ihm zur Arbeitsleistung überlassen sind.

(3) Der Arbeitgeber hat den Betriebsärzten die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderliche Fortbildung unter Berücksichtigung der betrieblichen Belange zu ermöglichen. Ist der Betriebsarzt als Arbeitnehmer eingestellt, so ist er für die Zeit der Fortbildung unter Fortentrichtung der Arbeitsvergütung von der Arbeit freizustellen. Die Kosten der Fortbildung trägt der Arbeitgeber. Ist der Betriebsarzt nicht als Arbeitnehmer eingestellt, so ist er für die Zeit der Fortbildung von der Erfüllung der ihm übertragenen Aufgaben freizustellen.

(1) Die Betriebsärzte haben die Aufgabe, den Arbeitgeber beim Arbeitsschutz und bei der Unfallverhütung in allen Fragen des Gesundheitsschutzes zu unterstützen. Sie haben insbesondere

1.
den Arbeitgeber und die sonst für den Arbeitsschutz und die Unfallverhütung verantwortlichen Personen zu beraten, insbesondere bei
a)
der Planung, Ausführung und Unterhaltung von Betriebsanlagen und von sozialen und sanitären Einrichtungen,
b)
der Beschaffung von technischen Arbeitsmitteln und der Einführung von Arbeitsverfahren und Arbeitsstoffen,
c)
der Auswahl und Erprobung von Körperschutzmitteln,
d)
arbeitsphysiologischen, arbeitspsychologischen und sonstigen ergonomischen sowie arbeitshygienischen Fragen, insbesondere
des Arbeitsrhythmus, der Arbeitszeit und der Pausenregelung,der Gestaltung der Arbeitsplätze, des Arbeitsablaufs und der Arbeitsumgebung,
e)
der Organisation der "Ersten Hilfe" im Betrieb,
f)
Fragen des Arbeitsplatzwechsels sowie der Eingliederung und Wiedereingliederung Behinderter in den Arbeitsprozeß,
g)
der Beurteilung der Arbeitsbedingungen,
2.
die Arbeitnehmer zu untersuchen, arbeitsmedizinisch zu beurteilen und zu beraten sowie die Untersuchungsergebnisse zu erfassen und auszuwerten,
3.
die Durchführung des Arbeitsschutzes und der Unfallverhütung zu beobachten und im Zusammenhang damit
a)
die Arbeitsstätten in regelmäßigen Abständen zu begehen und festgestellte Mängel dem Arbeitgeber oder der sonst für den Arbeitsschutz und die Unfallverhütung verantwortlichen Person mitzuteilen, Maßnahmen zur Beseitigung dieser Mängel vorzuschlagen und auf deren Durchführung hinzuwirken,
b)
auf die Benutzung der Körperschutzmittel zu achten,
c)
Ursachen von arbeitsbedingten Erkrankungen zu untersuchen, die Untersuchungsergebnisse zu erfassen und auszuwerten und dem Arbeitgeber Maßnahmen zur Verhütung dieser Erkrankungen vorzuschlagen,
4.
darauf hinzuwirken, daß sich alle im Betrieb Beschäftigten den Anforderungen des Arbeitsschutzes und der Unfallverhütung entsprechend verhalten, insbesondere sie über die Unfall- und Gesundheitsgefahren, denen sie bei der Arbeit ausgesetzt sind, sowie über die Einrichtungen und Maßnahmen zur Abwendung dieser Gefahren zu belehren und bei der Einsatzplanung und Schulung der Helfer in "Erster Hilfe" und des medizinischen Hilfspersonals mitzuwirken.

(2) Die Betriebsärzte haben auf Wunsch des Arbeitnehmers diesem das Ergebnis arbeitsmedizinischer Untersuchungen mitzuteilen; § 8 Abs. 1 Satz 3 bleibt unberührt.

(3) Zu den Aufgaben der Betriebsärzte gehört es nicht, Krankmeldungen der Arbeitnehmer auf ihre Berechtigung zu überprüfen.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

(1) Handelsvertreter ist, wer als selbständiger Gewerbetreibender ständig damit betraut ist, für einen anderen Unternehmer (Unternehmer) Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen. Selbständig ist, wer im wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann.

(2) Wer, ohne selbständig im Sinne des Absatzes 1 zu sein, ständig damit betraut ist, für einen Unternehmer Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen, gilt als Angestellter.

(3) Der Unternehmer kann auch ein Handelsvertreter sein.

(4) Die Vorschriften dieses Abschnittes finden auch Anwendung, wenn das Unternehmen des Handelsvertreters nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert.

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 24. Januar 2012 - 6 Sa 411/11 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin als Cutterin Arbeitnehmerin der beklagten Rundfunkanstalt und als solche im Umfang von 68 vH einer Vollzeitkraft zu beschäftigen ist.

2

Die Klägerin ist seit dem Jahr 2001 bei der Beklagten als Cutterin im Bereich Bearbeitung/Editing der Hauptabteilung Produktionsbetrieb Fernsehen beschäftigt. Sie erhielt für ihre Tätigkeit jeweils eine Tagesgage.

3

Die Beklagte hält für die bei ihr regelmäßig anfallenden Bildschneidearbeiten entsprechende Dienste von Cuttern vor, die in Schneideräumen der Beklagten eingesetzt werden und auf deren Tätigkeit Autoren, Reporter usw. zurückgreifen können. Zu diesem Zweck erstellt die Beklagte Dienstpläne, durch die entsprechende Arbeitskapazitäten zu bestimmten Zeiten (Schichten) gewährleistet sind. Für die durch fest angestellte Cutter nicht gedeckten Zeiten fragt die Beklagte telefonisch die Bereitschaft zur Übernahme der freien Schichten in einem Kreis von Cuttern ab, die von der Beklagten als freie Mitarbeiter angesehen werden. Zu diesem Kreis gehört auch die Klägerin. Die Klägerin kann die ihr regelmäßig angebotenen Einsätze ablehnen und machte von der Ablehnungsmöglichkeit gelegentlich, wenn auch nicht häufig, Gebrauch.

4

Die Klägerin arbeitet in den Räumen der Beklagten mit den jeweils für den zu erstellenden Bildbeitrag Verantwortlichen und technischen Mitarbeitern zusammen. Sie benutzt dabei die am Arbeitsort in den Räumen der Beklagten installierten technischen Vorrichtungen.

5

Der Umfang der Beschäftigung der Klägerin in den Jahren 2002 bis 2009 ist unter den Parteien streitig. Im Jahr 2009 war die Klägerin erkrankt und wegen einer Rehabilitations- und Physiotherapiemaßnahme nicht uneingeschränkt verfügbar. Die Beklagte leistete für diese Zeiten keine Entgeltfortzahlung. Seit 2010 ist die Klägerin wieder als Cutterin für die Beklagte tätig.

6

Mit ihrer Klage hat die Klägerin geltend gemacht, sie sei Arbeitnehmerin der Beklagten und müsse auch in Zukunft als solche beschäftigt werden. Sie sei 2002 an 186 Tagen, 2003 an 199 Tagen, 2004 an 207 Tagen, 2005 an 57 Tagen, 2006 an 104 Tagen, 2007 an 188 Tagen und 2008 an 231 Tagen tätig gewesen. 2009 sei sie krankheitsbedingt kaum eingesetzt worden. Aus diesen Beschäftigungszeiten - ausgenommen das Jahr 2009, das wegen der langen Erkrankung ihrer Ansicht nach nicht einzubeziehen ist - ergebe sich eine durchschnittliche Beschäftigung als Cutterin an 167,5 Tagen im Jahr. Sie sei wie die fest angestellten Cutter in den Dienstplänen der Beklagten aufgeführt worden und habe ihre Arbeitsleistung zu den vorgegebenen Zeiten erbracht. Die Dienstpläne habe der/die jeweils zuständige Personaldisponent/-in einseitig vorgegeben. Sie habe von den Arbeitseinsätzen telefonisch oder durch Einsicht in den aushängenden Dienstplan Kenntnis genommen. Teilweise sei ihr eine Produktionsmeldung auch ins Fach gelegt worden. Wegen der oft kurzfristigen Arbeitseinteilung sei eine ständige Einsatzbereitschaft von ihr erwartet worden. Im Rahmen ihrer Einsätze habe sie nicht nur Anweisungen des Fachvorgesetzten, sondern auch inhaltliche Vorgaben der bei der Beklagten beschäftigten Redakteure und Autoren erhalten und befolgen müssen.

7

Die Klägerin hat beantragt

        

1.    

festzustellen, dass zwischen den Parteien seit November 2001 ein Arbeitsverhältnis besteht,

        

2.    

für den Fall, dass das Arbeitsgericht das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses feststellt,

                          

die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin in Form eines Arbeitsverhältnisses als Cutterin in ihren Betrieben in München in einem Volumen von 90 vH einer Vollzeitkraft zu beschäftigen und tätig werden zu lassen, hilfsweise in dem vom Gericht festgestellten Volumen.

8

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie ist der Ansicht, zwischen den Parteien bestehe kein Arbeits-, sondern ein freies Dienstverhältnis. Die Klägerin übe programmgestaltende Tätigkeit aus. Indem sie Filmmaterial für die Ausstrahlung der Sendungen passend zusammenschneide, vollziehe sie einen schöpferischen Akt. Sie beeinflusse den Inhalt und den Aussagegehalt der Sendungen, indem sie entscheide, welches Material für die Sendung verwendet werde. Das Beschäftigungsvolumen der Klägerin habe erheblichen Schwankungen unterlegen; so sei sie 2002 an 181 Tagen, 2003 an 184 Tagen, 2004 an 179 Tagen, 2005 an 47 Tagen, 2006 an 77 Tagen, 2007 an 181 Tagen, 2008 an 203 Tagen und 2009 an 20 Tagen beschäftigt gewesen. Seit Anfang 2009 sei der Beschäftigungsbedarf für freie Mitarbeiter deutlich zurückgegangen, weswegen die Klägerin in deutlich geringerem Umfang als in den Vorjahren eingesetzt worden sei. Hinsichtlich der durchschnittlichen Arbeitszeit sei auf die Einsätze in den Jahren 2002 bis 2010 abzustellen. Die freien Mitarbeiter, also auch die Klägerin, hätten die Möglichkeit gehabt, die telefonisch angefragten Termine abzulehnen. Demnach habe keine Weisungsgebundenheit hinsichtlich der Arbeitszeit bestanden. Demgegenüber komme der örtlichen Weisungsgebundenheit nur geringe Aussagekraft zu. Jedenfalls könne sich die Klägerin nach Treu und Glauben nicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses berufen. Sie habe die bisherigen Bedingungen so lange akzeptiert, dass sie nun nicht plötzlich mit der gegenteiligen Auffassung hervortreten könne. Wenn allerdings doch ein Arbeitsverhältnis bestehe, dann handele es sich um ein Abrufarbeitsverhältnis nach § 12 TzBfG und die Beklagte müsse die Klägerin lediglich zehn Stunden wöchentlich einsetzen(§ 12 Abs. 1 Satz 3 TzBfG).

9

Das Arbeitsgericht hat über die Praxis der Heranziehung der Klägerin im Rahmen der Dienstplangestaltung Beweis erhoben und hinsichtlich des Antrags zu 1. nach Klageantrag erkannt, im Übrigen die Beklagte zur Beschäftigung der Klägerin im Umfang von 68 vH einer Vollzeitkraft verurteilt und die weiter gehende Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die allein von der Beklagten eingelegte Berufung zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf vollständige Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision hat keinen Erfolg. Die Vorinstanzen haben im Ergebnis richtig entschieden.

11

A. Die Klage ist im noch zur Überprüfung durch den Senat stehenden Umfang begründet. Die Klägerin ist Arbeitnehmerin der Beklagten (zu I). Sie hat das Recht auf Feststellung des Arbeitnehmerstatus nicht verwirkt (zu II). Die Beklagte ist verpflichtet, die Klägerin als Cutterin im Umfang von 68 vH eines Vollzeitarbeitsverhältnisses zu beschäftigen (zu III).

12

I. Die Klägerin ist mit der Beklagten durch einen unbefristeten Arbeitsvertrag, gerichtet auf die Leistung von Diensten als Cutterin, verbunden.

13

1. Die Klägerin stand der Beklagten seit dem Jahr 2001 dauerhaft zur Leistung von Diensten als Cutterin zur Verfügung. Die Parteien haben den dem Leistungsaustausch zugrunde liegenden Vertrag nicht durch Abgabe ausdrücklicher übereinstimmender Willenserklärungen abgeschlossen. Ein Vertrag kann jedoch durch übereinstimmendes schlüssiges Verhalten (Realofferte und deren konkludente Annahme) zustande kommen (vgl. BGH 22. März 2012 - VII ZR 102/11 - Rn. 11, BGHZ 193, 10). So liegt es hier. Die Parteien haben über einen Zeitraum von mehreren Jahren einvernehmlich Dienstleistung und Vergütung ausgetauscht. Die Klägerin war nach Anforderung der Beklagten als Cutterin tätig und die Beklagte hat ihr dafür Vergütung gezahlt und weitere vertragliche Leistungen erbracht. Zwischen den Parteien bestand damit ein Dienstvertrag iSd. § 611 BGB(vgl. zum Dienstvertrag als Grundtyp des Arbeitsvertrags: MüKoBGB/Müller-Glöge 6. Aufl. § 611 Rn. 1 ff.; BeckOK BGB/Fuchs § 611 Rn. 1 ff. mwN). Davon geht auch die Beklagte aus. Allerdings handelte es sich nicht, wie die Beklagte meint, um einen freien Dienstvertrag, sondern um einen Arbeitsvertrag. Die entsprechende Würdigung des Landesarbeitsgerichts ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.

14

2. Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend von den rechtlichen Grundsätzen ausgegangen, die das Bundesarbeitsgericht zur Abgrenzung eines Arbeitsverhältnisses von dem Rechtsverhältnis eines freien Dienstnehmers aufgestellt hat.

15

a) Hiernach unterscheiden sich beide durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit, in der sich der zur Dienstleistung Verpflichtete befindet. Arbeitnehmer ist, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist. Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen. Arbeitnehmer ist derjenige Mitarbeiter, der nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann (vgl. § 84 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 HGB). Dabei sind alle Umstände des Einzelfalls in Betracht zu ziehen und in ihrer Gesamtheit zu würdigen. Der jeweilige Vertragstyp ergibt sich aus dem wirklichen Geschäftsinhalt. Die zwingenden gesetzlichen Regelungen für Arbeitsverhältnisse können nicht dadurch abbedungen werden, dass die Parteien ihrem Arbeitsverhältnis eine andere Bezeichnung geben. Der objektive Geschäftsinhalt ist den ausdrücklich getroffenen Vereinbarungen und der praktischen Durchführung des Vertrags zu entnehmen. Widersprechen sich Vereinbarung und tatsächliche Durchführung, ist letztere maßgebend (st. Rspr., vgl. zuletzt BAG 29. August 2012 - 10 AZR 499/11 - Rn. 14, 15).

16

b) Diese Grundsätze sind auch im Bereich Funk und Fernsehen anzuwenden (BAG 20. Mai 2009 - 5 AZR 31/08 - Rn. 20 mwN), wobei der verfassungsrechtliche Schutz der Rundfunkfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG zu beachten ist. Allgemein müssen die Gerichte Grundrechte interpretationsleitend berücksichtigen, damit deren wertsetzender Gehalt auch auf der Rechtsanwendungsebene gewahrt bleibt (vgl. BVerfG 15. Januar 1958 - 1 BvR 400/51 - zu II 1 der Gründe, BVerfGE 7, 198). Das verlangt im Hinblick auf Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG in der Regel eine fallbezogene Abwägung zwischen der Bedeutung der Rundfunkfreiheit auf der einen und dem Rang der von den Normen des Arbeitsrechts geschützten Rechtsgüter auf der anderen Seite(grundlegend BVerfG 13. Januar 1982 - 1 BvR 848/77 ua. - zu C II und III der Gründe, BVerfGE 59, 231; 18. Februar 2000 - 1 BvR 491/93 ua. - zu II 2 b bb der Gründe). Die Rundfunkfreiheit erstreckt sich auf das Recht der Rundfunkanstalten, dem Gebot der Vielfalt der zu vermittelnden Programminhalte auch bei der Auswahl, Einstellung und Beschäftigung derjenigen Mitarbeiter Rechnung zu tragen, die bei der Gestaltung der Programme mitwirken sollen (BVerfG 18. Februar 2000 - 1 BvR 491/93 ua. - zu II 2 b aa der Gründe). Es ist von Verfassungs wegen nicht ausgeschlossen, auch im Rundfunkbereich von den für das Arbeitsrecht allgemein entwickelten Merkmalen abhängiger Arbeit auszugehen (BVerfG 18. Februar 2000 - 1 BvR 491/93 ua. -; 22. August 2000 - 1 BvR 2121/94 - zu 2 der Gründe). Allerdings muss das durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG geschützte Recht der Rundfunkanstalten, frei von fremder Einflussnahme über die Auswahl, Einstellung und Beschäftigung programmgestaltender Mitarbeiter zu bestimmen, angemessen berücksichtigt werden. Eine Beeinträchtigung kommt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in Betracht, wenn die verfügbaren Vertragsgestaltungen - wie Teilzeitbeschäftigungs- oder Befristungsabreden - zur Sicherung der Aktualität und Flexibilität der Berichterstattung in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht nicht in gleicher Weise geeignet sind wie die Beschäftigung in freier Mitarbeit (vgl. BVerfG 18. Februar 2000 - 1 BvR 491/93 ua. - zu II 2 c bb der Gründe).

17

c) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist als „programmgestaltend“ der Kreis derjenigen Rundfunkmitarbeiter anzusehen, „die an Hörfunk- und Fernsehsendungen inhaltlich gestaltend mitwirken. Das gilt namentlich, wenn sie typischerweise ihre eigene Auffassung zu politischen, wirtschaftlichen, künstlerischen oder anderen Sachfragen, ihre Fachkenntnisse und Informationen, ihre individuelle künstlerische Befähigung und Aussagekraft in die Sendung einbringen, wie dies bei Regisseuren, Moderatoren, Kommentatoren, Wissenschaftlern und Künstlern der Fall ist.“ Nicht zu den programmgestaltenden Mitarbeitern gehören das betriebstechnische und das Verwaltungspersonal sowie diejenigen, die zwar bei der Verwirklichung des Programms mitwirken, aber keinen inhaltlichen Einfluss darauf haben (BVerfG 13. Januar 1982 - 1 BvR 848/77 ua. - zu C II 1 b der Gründe, BVerfGE 59, 231; BAG 19. Januar 2000 - 5 AZR 644/98 - zu B III 2 a der Gründe, BAGE 93, 218).

18

d) Auch bei programmgestaltenden Mitarbeitern kann entgegen der ausdrücklich getroffenen Vereinbarung ein Arbeitsverhältnis vorliegen, wenn sie weitgehenden inhaltlichen Weisungen unterliegen, ihnen also nur ein geringes Maß an Gestaltungsfreiheit, Eigeninitiative und Selbstständigkeit verbleibt, und der Sender innerhalb eines zeitlichen Rahmens über ihre Arbeitsleistung verfügen kann. Letzteres ist dann der Fall, wenn ständige Dienstbereitschaft erwartet wird oder wenn der Mitarbeiter in nicht unerheblichem Umfang auch ohne entsprechende Vereinbarung durch Dienstpläne herangezogen wird, ihm also die Arbeiten letztlich zugewiesen werden (BAG 20. Mai 2009 - 5 AZR 31/08 - Rn. 22 mwN).

19

e) Bei nicht programmgestaltenden Mitarbeitern von Rundfunkanstalten ist die Arbeitnehmereigenschaft anhand der allgemeinen Kriterien zu prüfen. Auch sie können je nach Lage des Falls freie Mitarbeiter sein. Das Bundesarbeitsgericht hat verschiedentlich ausgeführt, nicht programmgestaltende Tätigkeit in Rundfunkanstalten lasse sich regelmäßig nur in Arbeitsverhältnissen ausführen (BAG 30. November 1994 - 5 AZR 704/93 - zu B II 3 der Gründe mwN, BAGE 78, 343). Soweit darin die Aufstellung einer verbindlichen rechtlichen Regel zu sehen wäre, hält der Senat daran nicht fest. In Wahrheit handelte es sich bei jener Aussage nicht um einen Rechtssatz in dem Sinne, dass mit dem Fehlen der programmgestaltenden Qualität eines Rundfunkmitarbeiters zugleich dessen Status als Arbeitnehmer feststünde und es entbehrlich wäre, die Arbeitnehmereigenschaft von nicht programmgestaltenden Mitarbeitern anhand der allgemeinen Kriterien zu überprüfen. Vielmehr ist die genannte Aussage lediglich als Hinweis auf einen Erfahrungswert zu verstehen: So werden nicht programmgestaltende Mitarbeiter häufiger die Kriterien eines Arbeitnehmers erfüllen, als es bei programmgestaltenden Mitarbeitern zu erwarten ist.

20

f) An der Unterscheidung zwischen programmgestaltender und nicht programmgestaltender Tätigkeit in diesem Sinne hält der Senat fest. Die Unterscheidung ist deswegen von Bedeutung, weil bestimmte Gegebenheiten je nachdem, ob es sich um programmgestaltende Mitarbeiter handelt oder nicht, unterschiedlichen Aussagewert im Hinblick auf den Arbeitnehmerstatus haben können. Die rechtliche Differenzierung findet ihre Grundlage in erheblichen tatsächlichen Unterschieden der Arbeit in einer Rundfunkanstalt. So wird die zeitliche und räumliche Einbindung bei programmgestaltenden Mitarbeitern oft nicht ohne Weiteres als Hinweis auf eine Leistung in persönlicher Abhängigkeit gewertet werden können. Es ist zB ein Unterschied, ob ein Mitarbeiter als Nachrichtentechniker in einem Tonarchiv zu festgelegten Zeiten ihm vorgeschriebene archivarische Leistungen zu erbringen hat oder ob er sich zu bestimmten Zeiten in einem Studio einzufinden und dort humoristische Beiträge individuell extemporierend zu gestalten hat, die für das Programm derart prägend sind, dass in der öffentlichen Wahrnehmung der Sender mit der Stimme des Sprechers nachgerade identifiziert wird (vgl. dazu BAG 8. November 2006 - 5 AZR 706/05 - BAGE 120, 104).

21

3. Gemessen an diesen Grundsätzen ist die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, dass die Parteien in einem Arbeitsverhältnis zueinander stehen, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das Landesarbeitsgericht hat die maßgeblichen rechtlichen Gesichtspunkte widerspruchsfrei und vollständig berücksichtigt. Es hat überdies die erforderliche Gesamtwürdigung der in Betracht kommenden Tatsachen vorgenommen.

22

a) Die Klägerin ist nicht programmgestaltende Mitarbeiterin der Beklagten. Ihr Einfluss auf den Inhalt der ausgestrahlten Beiträge ist gering. Sie kann weder die Themen bestimmen noch das zu bearbeitende Bild- und Tonmaterial. Beides wird vorgegeben. Aus dem Bild- und Tonmaterial muss eine Auswahl getroffen werden, die aber im Wesentlichen durch das Thema, die vorgegebene Länge des Beitrags und die Vorstellung des jeweiligen Redakteurs oder Autors von der zu übermittelnden „Botschaft“ geprägt ist, nicht aber von inhaltlichen Vorstellungen oder vom Formwillen der Klägerin. Dass und in welcher Form die Klägerin auch nur einen der von ihr bearbeiteten Beiträge maßgeblich nach eigenen ästhetischen oder inhaltlichen Konzepten gestaltet hätte, hat das Landesarbeitsgericht nicht festgestellt. Wenn auch die Tätigkeit einer Cutterin künstlerische Fähigkeiten voraussetzt, so ist sie doch nicht allein um deswillen zwangsläufig programmgestaltend (vgl. zur Geigerin in einem Orchester: BVerfG 13. Januar 1982 - 1 BvR 848/77 ua. - zu C IV der Gründe, BVerfGE 59, 231). Abgesehen davon ist nicht ersichtlich, welche schnittkünstlerische Handschrift die Klägerin den von ihr bearbeiteten Beiträgen gegeben haben sollte, wie sich diese besondere Note von anderen Gestaltungsmöglichkeiten unterschied und inwiefern sie als formale oder inhaltliche Programmaussage gewirkt haben könnte. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht in diesem Zusammenhang auch darauf hingewiesen, dass die Klägerin keine Möglichkeit hatte, etwa die Aussage eines Films zu verändern, indem sie die vom Filmautor gewünschten Passagen gegen andere austauschte, sei es aus ästhetischen, sei es aus inhaltlichen Gründen. Dass bei anderen Filmformaten, etwa Spielfilmen oder ambitionierten Dokumentarfilmen, die Schnittmeisterin uU eine andere, nämlich bestimmende Rolle spielen kann, ist für den Streitfall nicht entscheidend. Es ist nicht erkennbar, dass die Klägerin an solchen Vorhaben gearbeitet hätte.

23

b) Da die Klägerin nicht programmgestaltende Mitarbeiterin der Beklagten ist, ist ihre Arbeitnehmereigenschaft anhand der allgemeinen Kriterien zu ermitteln. Deren Anwendung führt zum Ergebnis, dass die Klägerin zur Beklagten im Arbeitsverhältnis steht.

24

aa) Die Klägerin ist fachlich weisungsgebunden. Sie hat den Schnitt so vorzunehmen, wie es den Vorstellungen des jeweiligen Autors oder Redakteurs entspricht. Soweit technische Fragen in Betracht kommen, mag die Klägerin auch eigene Vorstellungen in die Realisierung einbringen. Dass sie auf die Gestaltung der betreffenden Beiträge einen inhaltlich oder formal maßgeblichen Einfluss ausübt oder ausüben könnte, ist - wie ausgeführt - nicht ersichtlich.

25

bb) Die Klägerin ist bei ihrer Tätigkeit örtlich gebunden. Wenn sie Dienst verrichtet, hat das ausschließlich an dem von der Beklagten dafür vorgesehenen Ort zu geschehen. Diese räumliche Gebundenheit beruht auf einer - zwar stillschweigenden, aber nicht zwingend vorgegebenen - Entscheidung der Beklagten, den Schnitt in eigenen Räumen vornehmen zu lassen. Externe Schnittstudios werden auf dem Markt zur Miete angeboten. Es besteht für Rundfunkanstalten keine Notwendigkeit, Schnittarbeiten im Hause erledigen zu lassen. Geschieht es dennoch, so ist die räumliche Einbindung auch Ausdruck des engen, von der Beklagten gestalteten Arbeitszusammenhangs, dem die Klägerin bei Ausübung ihrer Arbeit unterworfen ist.

26

cc) Die Klägerin ist auch ansonsten in die Arbeitsorganisation bei der Beklagten eingebunden. Sie verrichtet ihre Tätigkeit nicht allein, sondern hat sowohl mit Redakteuren und Autoren als auch mit technischen Mitarbeitern der Beklagten zusammenzuwirken. Dies geschieht unter Inanspruchnahme der von der Beklagten zur Verfügung gestellten und nach ihren Vorstellungen eingerichteten technischen Einrichtungen und gemäß den von ihr aufgestellten arbeitsorganisatorischen Vorgaben. Auch diese Einbindung ist Ausdruck des Willens der Beklagten, die Schnittarbeit in den von ihr gestalteten Arbeitszusammenhang einzupassen und sie damit zu lenken und zu beherrschen.

27

dd) Die zeitliche Weisungsgebundenheit der Klägerin ist insoweit strikt, als sie nur im Rahmen der von der Beklagten für alle Cutterinnen und Cutter vorgeschriebenen Schichtpläne arbeiten kann. Die Anfangs- und Endzeiten ihrer Schichten und die Reihenfolge der Arbeiten an den Tagen, an denen sie Dienst tut, liegen fest und die Klägerin muss sich daran halten. Insoweit gibt die Klägerin ihre Zeitsouveränität auf und fügt sich in den von der Beklagten vorgegebenen Arbeitsrhythmus ein. Sie hat keine Möglichkeit, die Schicht nach Bedarf etwas früher oder später anzutreten, als es in den Dienstplänen vorgesehen ist. Sie kann ebenso wenig die Reihenfolge der Arbeiten selbst bestimmen oder die Arbeit nach eigenen zeitlichen Bedürfnissen unterbrechen, verschieben usw. Sie muss sich vielmehr in das festgelegte Zeitraster einfügen. Indes bestand für die Klägerin insoweit ein für Arbeitsverhältnisse hohes Maß an Ungebundenheit in zeitlicher Hinsicht, als sie grundsätzlich die Übernahme von Diensten ablehnen konnte, dies offenbar mitunter auch getan hat und jedenfalls gelegentlich nicht ohne Weiteres für die Beklagte erreichbar war. Auch diesen Umstand hat aber das Landesarbeitsgericht in seine Gesamtbetrachtung einbezogen und bewertet. Zu Recht hat es gemeint, dass die Möglichkeit der Klägerin die Übernahme von Diensten abzulehnen, hier nicht die Bejahung der Arbeitnehmereigenschaft hindert. Die Einbindung in einseitig bestimmte Dienstpläne ist weder notwendige noch hinreichende Bedingung für die Arbeitnehmereigenschaft. Vielmehr sind die Besonderheiten der jeweiligen Handhabung zu beachten. Im Streitfall hat die Klägerin zwar gelegentlich, keineswegs aber regelhaft von ihrem Ablehnungsrecht Gebrauch gemacht; es wurde nicht etwa „von Fall zu Fall“ jeweils neu entschieden, sondern die Beklagte ging grundsätzlich davon aus, dass die angebotenen Schichten übernommen wurden. Das zeigt sich ua. daran, dass die Klägerin Dienste kurzfristig schriftlich zugewiesen erhielt, ohne dass die Beklagte noch eine besondere Bestätigung eingeholt hätte. Weiter hat das Landesarbeitsgericht zu Recht berücksichtigt, dass die Beklagte auch von fest angestellten Cuttern nicht bedingungslose Befolgung jeder Diensteinteilung erwartete, sondern - zB bei persönlichen Animositäten zwischen Cutter und Redakteur oder Autor - auf die Wünsche der Cutter Rücksicht nahm. Dies zeigt, dass kein statusrelevanter fundamentaler Unterschied zwischen der zeitlichen Einbindung der festen und der „freien“ Cutter bei der Beklagten besteht, sondern dass es sich um Schattierungen und fließende Übergänge handelt. Vor allem aber ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin ohnehin nicht im Umfang einer Vollzeitkraft eingesetzt wird. Schließlich kann die Beklagte auch von fest angestellten Teilzeitbeschäftigten nur in begrenztem Rahmen erwarten, dass sie auf Abruf ohne Weiteres zur Verfügung stehen (§ 12 Abs. 2 TzBfG).

28

ee) Jedenfalls ist es nicht zu beanstanden, dass das Landesarbeitsgericht in der Gesamtbetrachtung die auf den Arbeitnehmerstatus deutenden Umstände als deutlich vorherrschend angesehen und dem freilich nicht zu leugnenden Maß zeitlicher Unabhängigkeit der Klägerin in dem festgestellten Zusammenhang keine entscheidende Bedeutung zugemessen hat.

29

4. Soweit die Revision geltend macht, hinsichtlich des Beginns des Arbeitsverhältnisses im Jahr 2001 sei kein Feststellungsinteresse gegeben, kann sie keinen Erfolg haben. Die Feststellung des Beginns des Arbeitsverhältnisses kann für etwaige hieran anknüpfende Ansprüche der Klägerin Bedeutung gewinnen. Damit ist ein Feststellungsinteresse gegeben.

30

II. Die Klägerin handelt nicht missbräuchlich, indem sie sich auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses beruft.

31

1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. BAG 8. November 2006 - 5 AZR 706/05 - Rn. 21, BAGE 120, 104; 4. Dezember 2002 - 5 AZR 556/01 - zu II 4 a der Gründe, BAGE 104, 86) kann sich ein Beschäftigter gegenüber seinem Vertragspartner nicht darauf berufen, zu ihm in einem Arbeitsverhältnis zu stehen, wenn dies unter dem Gesichtspunkt des widersprüchlichen Verhaltens rechtsmissbräuchlich geschähe. Wer durch seine Erklärung oder durch sein Verhalten bewusst oder unbewusst eine Sach- oder Rechtslage geschaffen hat, auf die sich der andere Teil verlassen durfte und verlassen hat, darf den anderen Teil in seinem Vertrauen nicht enttäuschen. Es würde gegen Treu und Glauben verstoßen und das Vertrauen im Rechtsverkehr untergraben, wenn es erlaubt wäre, sich nach Belieben mit seinen früheren Erklärungen und seinem früheren Verhalten in Widerspruch zu setzen. Das widersprüchliche Verhalten ist rechtsmissbräuchlich, wenn für den anderen Teil ein schützenswerter Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist oder wenn andere besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen.

32

2. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, treuwidriges Verhalten der Klägerin liege nicht vor, ist nach diesen Maßgaben nicht zu beanstanden. Die Klägerin hat sich nicht widersprüchlich verhalten. Sie hat lediglich die Beschäftigung so angenommen, wie sie von der Beklagten geboten wurde. Daraus konnte die Beklagte nicht schlussfolgern, der Klägerin wäre es unangenehm als fest angestellte Cutterin zu arbeiten oder sie wünsche das nicht. Aus den Einsatzzeiten der Klägerin war ersichtlich, dass sie nicht für andere Auftraggeber tätig war. Umstände, die auf ein besonderes Interesse der Klägerin am Status einer freien Mitarbeiterin schließen ließen, sind nicht erkennbar. Ein Vertrauenstatbestand ist nicht geschaffen worden. Auf die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Köln vom 14. Mai 2003 (- 7 Sa 863/02 -) kann sich die Beklagte in diesem Zusammenhang schon deshalb nicht berufen, weil diese Entscheidung sich nicht zur Frage der treuwidrigen Berufung auf die Arbeitnehmereigenschaft äußerte, sondern bereits ein Arbeitsverhältnis für nicht gegeben hielt.

33

III. Die Klage ist auch mit dem Beschäftigungsantrag begründet. Das Landesarbeitsgericht hat - wie schon das Arbeitsgericht - angenommen, die Arbeitszeit sei mit 68 vH einer Vollzeitkraft vereinbart worden. Es hat deshalb die Beklagte in diesem Umfang zur Beschäftigung der Klägerin verurteilt. Das ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

34

1. Haben die Parteien - wie im Streitfall - einen Arbeitsvertrag nicht durch den Austausch ausdrücklicher Willenserklärungen, sondern durch Realofferte und deren Annahme geschlossen, kann für die Bestimmung der regelmäßigen vertraglichen Arbeitszeit auf das gelebte Rechtsverhältnis als Ausdruck des wirklichen Parteiwillens abgestellt werden (BAG 26. September 2012 - 10 AZR 336/11 - Rn. 14; 25. April 2007 - 5 AZR 504/06 - Rn. 12 ff.). Dabei entspricht, wenn der Beurteilung eine mehrjährig übereinstimmend und ohne entgegenstehende Bekundungen geübte Vertragspraxis zugrunde liegt, die vom Landesarbeitsgericht angewandte Referenzmethode am ehesten dem durch tatsächliche Befolgung geäußerten Parteiwillen. Sie vermeidet die Überbetonung von auf Zufälligkeiten beruhenden Ausschlägen nach oben und unten.

35

2. Auch der vom Landesarbeitsgericht gewählte Referenzzeitraum der Jahre von 2002 bis 2008, in denen die Parteien ohne erkennbare Sondereinflüsse regelmäßig zusammengearbeitet haben, ist nicht zu beanstanden. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht das Jahr der Klageerhebung (2010) und das Jahr 2009 außer Acht gelassen, in dem die Klägerin wegen einer Krankheit weitgehend arbeitsunfähig war. Aus der Nichtbeschäftigung in längeren Krankheitszeiten kann kein Rückschluss auf den die Dauer der regelmäßigen Arbeitszeit betreffenden Parteiwillen gezogen werden.

36

3. Die auch rechnerisch richtige Ermittlung der regelmäßigen Arbeitszeit wird von der Beklagten im Übrigen nur insoweit angegriffen, als sie auf dem Standpunkt steht, sie sei nach § 12 Abs. 1 Satz 3 TzBfG nur zur Beschäftigung im Umfang von zehn Wochenstunden verpflichtet. Das ist jedoch schon deshalb nicht richtig, weil die Parteien eine höhere Arbeitszeit vereinbart haben. Es kommt nicht darauf an, ob die Beklagte nach den konkludenten vertraglichen Abreden die Arbeitsleistung - anders als sie selbst geltend macht - abrufen, also deren Lage einseitig bestimmen darf.

37

B. Die Kosten der Revision fallen der Beklagten nach § 97 Abs. 1 ZPO zur Last.

        

    Mikosch    

        

    Mestwerdt    

        

    Schmitz-Scholemann    

        

        

        

    Simon    

        

    Trümner    

                 

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 25. November 2008 - 8 Sa 243/08 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über den Bestand eines Arbeitsverhältnisses.

2

Der beklagte Markt ist ein Heilklimatischer Kurort in O, der Kurkonzerte veranstaltet. Diese führte der Kläger seit 1985 als Organisator und Dirigent mit von ihm engagierten Musikern jeweils während der Spielzeit von Mitte Mai bis Mitte September durch. Grundlage der Zusammenarbeit der Parteien waren - zum Teil auf ein Jahr, zum Teil auf zwei Jahre - befristete Verträge. Die letzte Vereinbarung vom 30. November 2004, abgeschlossen zwischen dem Beklagten und „der Musikagentur H, vertreten durch Herrn Musikdirektor H“ regelte ua.:

        

㤠1 Vertragsgegenstand/Vertragslaufzeit

        

Gemäß des Beschlusses des Marktgemeinderates vom 16. September 2004 übernimmt Herr H. in den Jahren 2005 und 2006 als selbständiger Unternehmer für die Zeit von jeweils Mitte Mai bis Mitte September (Spielzeit: 16 Wochen) die Durchführung der musikalischen Unterhaltung im Kurpark G. (‚Live-Musik im Kurpark G.’).

        

Die genaue Spielzeit (Spieltage und Uhrzeiten) wird Herrn H. jeweils zum 1. Dezember 2004 und 2005 mitgeteilt (jeweils mit dem Zusatz: ‚Änderungen vorbehalten’; siehe hierzu auch die Regelungen gem. § 9).

        

Vorliegender Vertrag endet mit der Spielzeit 2006, ohne dass es einer separaten Kündigung bedarf.

        

Der Markt wird rechtzeitig eine Entscheidung über die Fortführung der musikalischen Unterhaltung über die Jahre nach der Spielzeit 2006 im Kurpark G. herbeiführen.

        

§ 2 Vergütung/Zahlungsmodalitäten

        

Für das Gesamtpaket ‚musikalische Unterhaltung im Kurpark G.’ steht (unter Beachtung von § 10) insgesamt ein Betrag in Höhe von € 180.000,-- (zzgl. der gesetzlichen Mehrwertsteuer) zur Verfügung.

        

…       

        

§ 3 Umfang der musikalischen Unterhaltung

        

Folgende musikalischen Veranstaltungen (10 Auftritte pro Woche) sind grundsätzlich in der nachfolgend aufgeführten Häufigkeit und Besetzung von Herrn H. bereitzustellen (Änderungen hierzu sind rechtzeitig vorher vom Markt zu genehmigen), der zu diesem Zwecke Musiker bzw. Musikgruppen auf seine Kosten engagiert, insbesondere:

        

‚Kur’-Orchester G.

(Besetzung: 17+1)

1 Auftritt/Woche

        
        

Big Band G.

(Besetzung: 15)

1 Auftritt/Woche

        
        

W. Blasmusik

(Besetzung: 11)

1 Auftritt/Woche

        
        

Z.musik (oder ähnliche Gruppe)

(Besetzung: 9)

1 Auftritt/Woche

        
        

verschiedene Musikkapellen

(wechselnde Besetzung)

1 Auftritt/Woche

        
        

verschiedene Musikgruppen

(Besetzung: 3-5)

2 Auftritte/Woche

        
        

Duo (z.B. Violine/ Piano)

(Besetzung: 2)

3 Auftritte/Woche

        
        

Es ist Aufgabe von Herrn H., die engagierten Musiker/Musikgruppen zu entlohnen und alle gesetzlichen und steuerlichen Verpflichtungen gegenüber diesen zu erfüllen. Zwischen dem Markt G. und den Mitgliedern der einzelnen Musikgruppen bestehen keine Rechtsbeziehungen. Herr H. stellt den Markt G. von allen Ansprüchen frei, welche diese Musiker/Musikgruppen geltend machen sollten.

        

In dringenden Fällen ist Herr H. berechtigt, in Absprache mit dem Markt mit einer anderen Besetzung als vorgesehen aufzutreten.

        

Diese Änderungen dürfen jedoch nicht zu Lasten der og. Häufigkeiten der Veranstaltungen pro Kategorie gehen.

        

Der Gesamtspielplan ist dem Markt bis spätestens 1. März der jeweiligen Spielsaison vorzulegen.

        

§ 4 Spielorte

        

Grundsätzlich finden die Veranstaltungen im Rahmen dieser Vereinbarung - soweit es die Wetterbedingungen zulassen - im Kurpark G. statt. Als Schlechtwetteralternative wird Herrn H. ein entsprechender Raum zur Verfügung gestellt.

        

Der Markt hat das Recht, Spielorte innerhalb des Ortsbereiches G. nach rechtzeitiger vorheriger Abstimmung zu verlegen.

        

…       

        

§ 5 Spielzeiten/Ablauf

        

Jede Veranstaltung ist mit 90 Minuten angesetzt (Ausnahmen hierzu gestattet § 4 Abs. 2 und 3).

        

An einem Tag in der Woche, und zwar in der Regel am Freitag, finden keine Konzerte (Konzert der Musikkapelle G.) statt. Ebenso spielfrei ist der Mittwochabend (Konzert der Musikkapelle P.).

        

Bei Nachmittags- und Abendkonzerten ist jeweils eine Pause vorgesehen, die jedoch fünfzehn Minuten nicht überschreiten darf. Die Zeit zwischen den einzelnen Darbietungen während des Konzertes soll im Normalfall nicht mehr als zwei Minuten betragen.

        

…       

        

§ 6 Programmzusammenstellung

        

Die Zusammenstellung des Programms für die ‚Live-Musik im Kurpark G.’ obliegt Herrn H. Er wird dabei dem Charakter des Heilklimatischen Kurortes G. und den Wünschen des Marktes Rechnung tragen, ebenso den saisonalen Besonderheiten.

        

§ 7 Proben

        

Notwendige Probenzeiten, Proben- sowie Garderobenräume und ein Büroraum sind jeweils mit dem Markt zu vereinbaren.

        

§ 8 Leistungsumfang von Herrn H.

        

Als Gesamtverantwortlicher für die Durchführung der musikalischen Unterhaltung im Kurpark G. (§ 3) übernimmt Herr H. folgende Aufgaben auf selbständiger Basis:

        

-       

Organisation der Musikgruppen

        

-       

Abrechnung der Musikgruppen

        

-       

Erstellung eines wöchentlichen bzw. monatlichen Werbe-Flyers (in Absprache mit G. Tourismus); die Verteilung wird von G. Tourismus übernommen

        

-       

Information der lokalen Presse (in Abstimmung mit G. Tourismus)

        

-       

Auf- und Abbau der Ton- und Lichtanlage (Transport wird von G. Tourismus übernommen)

        

-       

Mischung der PA-Anlage der verschiedenen Musikgruppen

        

§ 9 Programmänderungen/Ausfall von Veranstaltungen

        

Besetzungsänderungen bzw. Änderungswünsche i.S.v. § 3 sind dem Markt unverzüglich bekanntzugeben.

        

Diese Mitteilungspflicht gilt für den Markt analog.

        

…       

        

§ 10 Abrechnung/GEMA

        

Nach Abschluss der Spielzeiten 2005 und 2006 hat Herr H. bis jeweils spätestens 31.12. dem Rechnungsprüfungsamt des Marktes eine detaillierte Abrechnung mit Originalbelegen vorzulegen, aus der sämtliche Einzel-Ausgaben und -Einnahmen ersichtlich sind. …“

3

Unter dem Betreff „Modalitäten zum Vertragsende“ informierte der Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 2. August 2006, dass er die Kurmusik 2007 europaweit ausschreiben werde. Der Kläger antwortete mit Schreiben vom 17. August 2006:

        

„Sehr geehrter Herr Bürgermeister B,

        

am 14. Februar 2006 habe ich einen Antrag auf Vertragsverlängerung gestellt. In Ihrem Schreiben vom 18. Juli 2006 haben Sie mir mitgeteilt, dass eine Ausschreibung für die kommenden Kurmusik-Saisonen zwingend notwendig ist.

        

Bitte nehmen Sie bei der Terminierung der Ausschreibung Rücksicht auf meinen Auslandsaufenthalt, der schon vor vielen Monaten der Tourismus-Direktion mitgeteilt wurde.

        

Zuerst habe ich eine vertragliche Zusicherung an die Deutsche Bundeswehr gegeben, das Oktoberfest auf der A in N zu spielen.

        

Abwesenheit: 14. September bis 27. September.

        

Es spielt die Musikkapelle G.

        

Dann gibt es ein großes Stadtfest in B, an dem die Musikkapelle und das Z-Trio teilnehmen wird.

        

Termin: 28. September bis 9. Oktober.

        

Zuletzt dann spielt die Zmusik wieder auf dem Oktoberfest in L und auf dem Oktoberfest in Q.

        

Abwesenheit: 16. Oktober bis 13. November.

        

…       

        

Da auch meine Post in dieser Zeit nicht geöffnet wird und ich leider auch telefonisch nur in Notfällen erreichbar bin, bitte ich, die geplante Ausschreibung nicht in der Zeit vor dem 13. November vorzunehmen. …“

4

Am 20. Dezember 2006 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass er sich für einen anderen Bewerber entschieden habe.

5

Mit der am 15. Januar 2007 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage hat der Kläger, nach Rücknahme eines Kündigungsschutzantrags und eines Befristungskontrollantrags, die Feststellung eines Arbeitsverhältnisses begehrt. Er sei kein selbständiger Unternehmer gewesen. Er habe kein unternehmerisches Risiko getragen. Sämtliche Kosten der Musiker des Kurorchesters seien in die vereinbarte Vergütung einbezogen und somit vom Beklagten getragen worden. Der Beklagte habe Weisungen erteilt.

6

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Im Berufungsrechtszug hat der Kläger beantragt

        

festzustellen, dass zwischen den Parteien ein unbefristetes Arbeitsverhältnis über den 15. September 2006 hinaus fortbesteht.

7

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Er habe als Veranstalter der Kurkonzerte mit dem Kläger bzw. dessen Agentur für die jeweilige Saison Werkverträge geschlossen. Der Kläger sei weder in die Betriebsorganisation des Beklagten eingebunden noch weisungsabhängig gewesen. Vorgaben hinsichtlich des Spielbetriebs hätten sich lediglich aus den Belegungsplänen des Kurparks bzw. des Kongresshauses sowie den Erwartungen der Gäste ergeben.

8

Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision hat der Kläger innerhalb der Revisionsbegründungsfrist die Aufhebung des Urteils des Landesarbeitsgerichts und die Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landesarbeitsgericht beantragt. Mit Schriftsatz vom 12. Januar 2010 hat der Kläger beantragt

        

festzustellen, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis besteht;

        

hilfsweise festzustellen, dass zwischen den Parteien ein unbefristetes Arbeitsverhältnis über den 15. September 2006 hinaus fortbesteht.

Entscheidungsgründe

9

I. Die Revision des Klägers ist zulässig. Der Kläger hat zwar innerhalb der Revisionsbegründungsfrist keinen förmlichen Sachantrag gestellt. Doch genügt sein lediglich auf Aufhebung und Zurückverweisung gerichteter Antrag, weil die innerhalb der Rechtsmittelfrist eingereichten Schriftsätze ihrem gesamten Inhalt nach das Rechtsschutzbegehren hinreichend deutlich haben erkennen lassen.Danach hat der Kläger in der Revision zumindest auch den in der Berufungsinstanz gestellten Befristungskontrollantrag weiterverfolgen wollen. Dieses Rechtsschutzbegehren hat er durch die mit Schriftsatz vom 12. Januar 2010 formulierten Sachanträge bestätigt.

10

II. Die Revision des Klägers ist unbegründet.

11

1. Die mit dem Hauptantrag verfolgte allgemeine Statusfeststellungsklage (§ 256 ZPO) ist unzulässig. Die mit der erneuten Stellung des allgemeinen Feststellungsantrags in der Revisionsinstanz verbundene Klageänderung ist unzulässig. Der neu formulierte, auf Feststellung eines Arbeitsverhältnisses der Parteien gerichtete Hauptantrag ist von der Befristungskontrollklage, wie sie am Landesarbeitsgericht ausschließlich Gegenstand des Rechtsstreits war und mit dem neuen Hilfsantrag weiterverfolgt wird, zu unterscheiden (vgl. BAG 16. April 2003 - 7 AZR 119/02 - BAGE 106, 72). Eine derartige Klageänderung ist in der Revisionsinstanz wegen § 559 Abs. 1 ZPO nicht mehr möglich. Der Schluss der mündlichen Verhandlung in zweiter Instanz bildet nicht nur bezüglich des tatsächlichen Vorbringens, sondern auch bezüglich der Anträge der Parteien die Entscheidungsgrundlage für das Revisionsgericht (st. Rspr., BAG 8. September 1971 - 4 AZR 405/70  - AP BAT §§ 22, 23 Nr. 46; 28. Juni 2005 - 1 ABR 25/04 - BAGE 115, 165 ).

12

2. Die mit dem Hilfsantrag weiterverfolgte Befristungskontrollklage, mit der der Kläger geltend macht, sein Arbeitsverhältnis habe über den Fristablauf hinaus bestanden, ist unbegründet. Zwischen den Parteien bestand am 15. September 2006 kein Arbeitsverhältnis.

13

a) Arbeitnehmer ist, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist. Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen. Arbeitnehmer ist derjenige Mitarbeiter, der nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann ( § 84 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 HGB). Der Grad der persönlichen Abhängigkeit hängt dabei auch von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab. Abstrakte, für alle Arbeitsverhältnisse geltende Merkmale lassen sich nicht aufstellen. Letztlich kommt es für die Beantwortung der Frage, welches Rechtsverhältnis im konkreten Fall vorliegt, auf eine Gesamtwürdigung aller maßgebenden Umstände des Einzelfalls an. Der jeweilige Vertragstyp ergibt sich aus dem wirklichen Geschäftsinhalt. Die zwingenden gesetzlichen Regelungen für Arbeitsverhältnisse können nicht dadurch abbedungen werden, dass die Parteien ihrem Arbeitsverhältnis eine andere Bezeichnung geben. Der objektive Geschäftsinhalt ist den ausdrücklich getroffenen Vereinbarungen und der praktischen Durchführung des Vertrags zu entnehmen. Widersprechen sich Vereinbarung und tatsächliche Durchführung, ist letztere maßgebend (Senat 20. Mai 2009 - 5 AZR 31/08 - EzA BGB 2002 § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 15; 14. März 2007 - 5 AZR 499/06 - mwN, AP BGB § 611 Arbeitnehmerähnlichkeit Nr. 13 = EzA BGB 2002 § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 10 ; 25. Mai 2005 - 5 AZR 347/04 - zu I der Gründe, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 117 = EzA BGB 2002 § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 6) .

14

b) Die Parteien standen nicht in einem Arbeitsverhältnis. Ein solches ist weder durch die schriftlichen Verträge noch deren tatsächliche Durchführung begründet worden. Vielmehr betrieb der Kläger die musikalische Unterhaltung im Kurpark und bei sonstigen Veranstaltungen des Beklagten als Selbständiger.

15

aa) Der Kläger hatte die vertraglich geschuldete Leistung nicht in Person zu erbringen, sondern schuldete die Durchführung der musikalischen Veranstaltungen als Ganzes und nicht nur die Tätigkeit eines Dirigenten. Dazu musste er Musiker auswählen, engagieren, zur Verfügung stellen, entlohnen und die gesetzlichen Abgaben leisten. Die Arbeitsbedingungen konnte er selbständig mit den Musikern aushandeln. Im Verhältnis zu diesen war er Arbeitgeber. Es war seine Aufgabe, die Musiker einzuweisen, die notwendigen Proben selbst durchzuführen oder durchführen zu lassen und für die Durchführung der Veranstaltungen zu sorgen. Dies sind wesentliche Merkmale selbständiger Arbeit (vgl. Senat 12. Dezember 2001 - 5 AZR 253/00 - AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 111 = EzA BGB § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 87; 16. Juli 1997 - 5 AZR 312/96 - BAGE 86, 170). Für diese Tätigkeit erhielt der Kläger zuletzt eine Gesamtvergütung von 180.000,00 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer. Für die Statusbeurteilung ist es unerheblich, welche Kalkulation diesem Betrag zugrunde lag und ob der Beklagte im Falle tariflicher Vergütungserhöhungen Beträge nachgeschossen hat oder weitere Aufwendungen ersetzte.

16

Des Weiteren spricht für die Selbständigkeit des Klägers seine Berechtigung, andere berufliche und gewerbliche Aktivitäten zu entfalten (vgl. Senat 12. Dezember 2001 - 5 AZR 253/00 - AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 111 = EzA BGB § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 87). Der Kläger war für andere Auftraggeber ua. im Ausland tätig.

17

bb) Der Kläger begründete keine mittelbaren Arbeitsverhältnisse der Musiker zum Beklagten. Weil der Kläger die geschuldeten Dienstleistungen nicht allein erbringen konnte, stellte er im eigenen Namen und für eigene Rechnung von ihm frei ausgewählte Arbeitskräfte ein, denen er allein weisungsberechtigt war. Rechtsbeziehungen der von ihm beschäftigten Arbeitskräfte zum Beklagten entstanden nicht (vgl. Senat 12. Dezember 2001 - 5 AZR 253/00 - mwN, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 111 = EzA BGB § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 87). Der Beklagte hat keine konkreten Weisungen zur Einstellung von Arbeitnehmern erteilt. Er hat auch kein Weisungsrecht gegenüber den vom Kläger eingestellten Beschäftigten ausgeübt.

18

cc) Der Kläger war auch in zeitlicher Hinsicht nicht weisungsgebunden. Die Zeit der Dienstleistungen der verschiedenen vom Kläger gebildeten Klangkörper war im Wesentlichen vertraglich festgelegt. In § 1 des Vertrags erklärte sich der Kläger damit einverstanden, dass der Beklagte einen Spielplan mit Spieltagen und Uhrzeiten für die musikalische Unterhaltung in den Spielzeiten 2004 und 2005 aufstellte. Dabei war in § 3 der Umfang der musikalischen Unterhaltung bzw. die Anzahl der wöchentlichen Auftritte genau festgelegt, ebenso in § 5 die Dauer der einzelnen Veranstaltungen. Zudem hatten die Parteien in § 5 vereinbart, an welchen Tagen keine Aufführungen stattfinden sollten. Notwendige Probenzeiten waren zwischen den Parteien zu vereinbaren, konnten somit nicht einseitig vom Beklagten vorgegeben werden. Damit war der Kläger hinsichtlich der Zeit und des Umfangs seiner Vertragsleistung bereits vertraglich so gebunden, dass der Beklagte arbeitgeberseitige Weisungen nicht mehr ausüben konnte. Den genauen Zeitpunkt konkretisierende Vereinbarungen belegen kein Weisungsrecht des Beklagten, sondern die Gleichrangigkeit beider Vertragspartner. Soweit der Kläger in der Berufungsbegründung Vorgaben des Beklagten hinsichtlich zusätzlicher Veranstaltungen in den Jahren 2002 bis 2004 behauptet hat, belegen auch diese Ausführungen keine einseitigen Weisungen des Beklagten, sondern die Erteilung zusätzlicher Aufträge.

19

dd) Die Parteien haben den Ort der Dienstleistung vertraglich festgelegt. Die Veranstaltungen sollten im Kurpark stattfinden, bei schlechtem Wetter in einem vom Beklagten zur Verfügung zu stellenden Raum.

20

ee) Der Inhalt der Tätigkeit ergab sich aus dem Vertrag und konnte vom Beklagten nicht mehr einseitig bestimmt werden. Die Programmzusammenstellung oblag dem Kläger, der dabei vereinbarungsgemäß dem Charakter des beklagten Kurorts Rechnung tragen sollte. Im Übrigen hatte er freie Hand. Soweit der Kläger Weisungen (zB Vorgaben zur Moderation im Jahr 1999 oder „Dienstanordnungen an Musiker“) behauptet, fallen diese angesichts des Gesamtbefunds nicht ins Gewicht bzw. stellen nur die Ausübung eines Rügerechts dar, wie sie auch in anderen Rechtsverhältnissen möglich ist. Hinsichtlich der vom Kläger mitunterzeichneten Dienstanordnungen hat der Kläger nicht dargelegt, dass diese überhaupt an ihn persönlich gerichtet gewesen seien.

21

ff) Äußere Umstände wie ein „eigener“ Schreibtisch, ein „eigenes“ Büro, die Aufnahme in ein internes Telefonverzeichnis oder ein „Dienstausweis“ sind für die Begründung eines Arbeitsverhältnisses für sich genommen nicht entscheidend (Senat 22. Februar 1995 - 5 AZR 757/93 - zu B I 2 a der Gründe, AfP 1995, 693). Zudem war nach § 7 des Vertrags ein Büroraum mit dem Beklagten zu vereinbaren. Unerheblich ist auch, ob Musikinstrumente teilweise im Eigentum des Beklagten standen und von diesem versichert wurden.

22

gg) Schließlich belegt die Tatsache, dass die Parteien über lange Zeit zusammenarbeiteten, keine persönliche Abhängigkeit des Klägers vom Beklagten. Allein die wirtschaftliche Abhängigkeit vermag kein Arbeitsverhältnis zu begründen (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 2 ArbGG; Senat 27. März 1991 - 5 AZR 194/90 - AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 53 = EzA BGB § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 38).

23

3. Im Übrigen hat das Landesarbeitsgericht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. Senat 20. August 2003 - 5 AZR 362/02 - AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 245) zutreffend erkannt, dass die dreiwöchige Klagefrist des § 17 TzBfG auch dann anläuft, wenn der Arbeitnehmerstatus während eines befristeten Rechtsverhältnisses nicht abschließend geklärt ist.

24

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Gallner    

        

        

        

    Sappa    

        

    Kremser    

                 

Tenor

1. Die Revision des beklagten Landes gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 27. Januar 2010 - 5 Sa 627/09 - wird zurückgewiesen.

2. Das beklagte Land hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger in einem Arbeitsverhältnis zu dem beklagten Land steht.

2

Der Kläger wurde auf der Grundlage eines schriftlichen Vertrags mit Wirkung vom 29. Juni 1998 unbefristet als „nicht hauptamtliche Lehrkraft“ für die Unterrichtstätigkeit in der Justizvollzugsanstalt (JVA) I eingestellt.

3

Nach § 2 des Vertrags hat der Kläger als Lehrkraft in den Klassen der Untersuchungshaft durchschnittlich 13 Wochenstunden zu je 45 Minuten Aufbauunterricht zu erteilen und muss darüber hinaus nach Bedarf in den Ferien unterrichten. Weiter heißt es, dass er als Lehrkraft in den Stundenplan eingebunden ist. Nach § 3 des Vertrags erhält der Kläger für die Erteilung des Unterrichts für jede Einzelstunde den Vergütungssatz, der jeweils im Geschäftsbereich des Kultusministers des Landes Nordrhein-Westfalen für die Erteilung nebenamtlichen Unterrichts festgesetzt ist. Nach § 4 des Vertrags ist der Kläger sicherheitsüberprüft und unterliegt allen Bestimmungen über Datenschutz, Verschwiegenheit, Geschäftsverbot und anderen die Sicherheit und Ordnung betreffenden Vorschriften. Er hat insoweit den Weisungen der Justizbediensteten Folge zu leisten.

4

In der JVA wird unterschieden zwischen schulpflichtigen und nicht schulpflichtigen jungen Untersuchungsgefangenen. Der Kläger unterrichtet in der für die nicht schulpflichtigen Häftlinge eingerichteten „Unterrichtsgruppe“. Er soll die ihm zugewiesenen Schüler auf die Ausbildung in der Strafhaft vorbereiten und ihnen das dafür notwendige Vorwissen im Sinne einer Alphabetisierung und Vermittlung der Grundrechenarten nahebringen. Die von ihm betreute Gruppe umfasst zwischen einem und zehn Schülern im Alter von 14 bis 21 Jahren unterschiedlicher Nationalität. Aufgrund der besonderen Situation der Untersuchungshaft berücksichtigt der Unterrichtsinhalt die individuellen Gegebenheiten. Dies erfordert ein eher situatives Arbeiten, das der Kläger nach den Sprachfähigkeiten, der Vorbildung, dem Alter und auch nach den jeweiligen Charakteren der Schüler ausrichtet.

5

Zwei andere Vorklassen erhalten Unterricht durch beamtete Justizlehrer. Wenn, was gelegentlich vorkommt, in diesen für Schulpflichtige vorgesehenen Gruppen Erziehungsschwierigkeiten auftreten, werden die betreffenden Gefangenen ausgeschlossen und der Gruppe des Klägers zugewiesen. Der Kläger hat keine Lehramtsbefähigung. Die Anstaltsleitung schätzt seinen Umgang mit der ihm zugewiesenen Gruppe als „geschickt“ ein.

6

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er sei aufgrund der von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien als Arbeitnehmer anzusehen.

7

Der Kläger hat beantragt

        

festzustellen, dass zwischen den Parteien seit dem 29. Juni 1998 ein Arbeitsverhältnis besteht.

8

Das beklagte Land hat Klageabweisung beantragt. Es hat die Auffassung vertreten, ein Arbeitsverhältnis sei nicht begründet worden. Die Tätigkeit des Klägers sei eher mit der eines Gastdozenten als derjenigen eines Lehrers zu vergleichen. Auch der geringe zeitliche Umfang der Tätigkeit des Klägers spreche gegen seine Arbeitnehmereigenschaft.

9

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat nach dem Klageantrag erkannt. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision erstrebt das beklagte Land die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision hat keinen Erfolg.

11

I. Die Klage ist begründet. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, dass es sich bei dem Vertragsverhältnis der Parteien um ein Arbeitsverhältnis handelt, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

12

1. Das Landesarbeitsgericht ist von den Grundsätzen ausgegangen, die das Bundesarbeitsgericht zur Abgrenzung eines Arbeitsverhältnisses von dem Rechtsverhältnis eines freien Mitarbeiters aufgestellt hat.

13

a) Hiernach unterscheidet sich das Arbeitsverhältnis von dem Rechtsverhältnis eines freien Mitarbeiters durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit, in der sich der zur Dienstleistung Verpflichtete befindet. Arbeitnehmer ist, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist (BAG 14. März 2007 - 5 AZR 499/06 - Rn. 13 mwN, AP BGB § 611 Arbeitnehmerähnlichkeit Nr. 13 = EzA BGB 2002 § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 10). Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen. Arbeitnehmer ist derjenige Mitarbeiter, der nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann (vgl. § 84 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 HGB; BAG 25. Mai 2005 - 5 AZR 347/04 - zu I der Gründe mwN, BAGE 115, 1). Der Grad der persönlichen Abhängigkeit hängt dabei auch von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab. Letztlich kommt es für die Beantwortung der Frage, welches Rechtsverhältnis im konkreten Fall vorliegt, auf eine Gesamtwürdigung aller maßgebenden Umstände des Einzelfalls an. Der jeweilige Vertragstyp ergibt sich aus dem wirklichen Geschäftsinhalt. Die zwingenden gesetzlichen Regelungen für Arbeitsverhältnisse können nicht dadurch abbedungen werden, dass die Parteien ihrem Arbeitsverhältnis eine andere Bezeichnung geben. Der objektive Geschäftsinhalt ist den ausdrücklich getroffenen Vereinbarungen und der praktischen Durchführung des Vertrags zu entnehmen. Widersprechen sich Vereinbarung und tatsächliche Durchführung, ist Letztere maßgebend (BAG 20. Mai 2009 - 5 AZR 31/08 - Rn. 19 mwN, AP BGB § 611 Arbeitnehmerähnlichkeit Nr. 16 = EzA BGB 2002 § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 15).

14

b) Diese Grundsätze gelten auch für Unterrichtstätigkeiten. Entscheidend ist, wie intensiv die Lehrkraft in den Unterrichtsbetrieb eingebunden ist, in welchem Umfang sie den Unterrichtsinhalt, die Art und Weise der Unterrichtserteilung, ihre Arbeitszeit und die sonstigen Umstände der Dienstleistung mitgestaltet und inwieweit sie zu Nebenarbeiten herangezogen werden kann. Wer an einer allgemeinbildenden Schule unterrichtet, ist in der Regel Arbeitnehmer, auch wenn er seinen Beruf nebenberuflich ausübt. Dagegen können etwa Volkshochschuldozenten, die außerhalb schulischer Lehrgänge unterrichten, oder Lehrkräfte, die nur Zusatzunterricht erteilen, als freie Mitarbeiter beschäftigt werden (BAG 20. Januar 2010 - 5 AZR 106/09 - Rn. 19 mwN, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 120 = EzA BGB 2002 § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 17).

15

2. Gemessen an diesen Grundsätzen ist die Würdigung des Landesarbeitsgerichts revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das Landesarbeitsgericht hat die maßgeblichen rechtlichen Gesichtspunkte widerspruchsfrei und vollständig berücksichtigt. Es hat überdies eine Gesamtwürdigung der in Betracht kommenden Tatsachen vorgenommen.

16

a) Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht die von ihm bindend festgestellte zeitliche und organisatorische Einordnung des Klägers in den Unterrichtsbetrieb hervorgehoben. Es hat dabei zutreffend sowohl auf das durch den Vertrag der Parteien vermittelte rechtliche Band als auch auf dessen Bekräftigung durch die tatsächliche Gestaltung der Arbeitsbeziehung Bedacht genommen.

17

aa) Weisungsabhängigkeit in zeitlicher Hinsicht ist gegeben, wenn ständige Dienstbereitschaft erwartet wird oder wenn der Mitarbeiter in nicht unerheblichem Umfang auch ohne entsprechende Vereinbarung herangezogen wird, ihm also die Arbeitszeiten letztlich „zugewiesen“ werden (BAG 9. Juni 2010 - 5 AZR 332/09 - Rn. 21 ff., AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 121 = EzA BGB 2002 § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 18; 20. Mai 2009 - 5 AZR 31/08 - Rn. 22, AP BGB § 611 Arbeitnehmerähnlichkeit Nr. 16 = EzA BGB 2002 § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 15). Die ständige Dienstbereitschaft kann sich sowohl aus den ausdrücklich getroffenen Vereinbarungen der Parteien als auch aus der praktischen Durchführung der Vertragsbeziehungen ergeben. Insofern stellt die Einteilung eines Mitarbeiters in Stundenpläne ohne vorherige Absprache ein starkes Indiz für die Arbeitnehmereigenschaft dar (BAG 14. März 2007 - 5 AZR 499/06 - Rn. 28, AP BGB § 611 Arbeitnehmerähnlichkeit Nr. 13 = EzA BGB 2002 § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 10: Einseitige Einteilung eines Sportredakteurs in Dienstpläne; 30. Oktober 1991 - 7 ABR 19/91 - zu B II 4 d der Gründe, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 59 = EzA BGB § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 44).

18

bb) Nach dem Vertrag der Parteien richtet sich der Unterrichtseinsatz des Klägers nach dem Stundenplan. Die jeweilige Lage der Arbeitszeit ist nicht vertraglich vereinbart, sondern wird vom Arbeitgeber durch Weisung einseitig festgelegt. Der Kläger ist damit im Kern seiner Arbeitstätigkeit durch die zeitliche und organisatorische Planung seines Arbeitgebers an dessen Weisungen gebunden.

19

(1) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts war nur die durchschnittliche wöchentliche Dauer der Arbeitszeit vertraglich vereinbart. Dies ergibt sich aus § 2 Satz 1 des Vertrags. Nur insoweit besteht kein Weisungsrecht des beklagten Landes. Über die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage als auch über Beginn und Ende der Arbeitszeit kann das beklagte Land nach dem Vertrag einseitig entscheiden. Das beklagte Land hat die Stundenpläne jeweils einseitig aufgestellt. Das Landesarbeitsgericht hat den Verweis in § 2 Satz 3 des Vertrags auf die Einbindung in den Stundenplan zu Recht nicht als statische, sondern als dynamische Verweisung ausgelegt im Sinne einer Einbindung in den „jeweiligen“ Stundenplan. Der Kläger ist bei der Gestaltung der Arbeitszeit somit in die Unterrichtsabläufe bei dem beklagten Land eingegliedert. Weder die Wochentage noch die zeitliche Lage am jeweiligen Tag kann der Kläger frei wählen (vgl. dazu BAG 20. Januar 2010 - 5 AZR 106/09 - Rn. 23, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 120 = EzA BGB 2002 § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 17).

20

(2) Auch die Regelung des § 2 Satz 2 des Vertrags schränkt den Kläger in seiner Zeitsouveränität ein. Hiernach hat er in den Ferien Unterricht dem Bedarf entsprechend zu erteilen. Ob es sich bei der Teilnahme des Klägers an Ferienprojekten außerhalb der Schulzeit tatsächlich um eine Unterrichtstätigkeit handelt, ist unerheblich. Entscheidend ist, dass vom Kläger ständige Dienstleistungsbereitschaft erwartet und er in nicht unerheblichem Umfang auch ohne entsprechende Vereinbarung herangezogen wird, ihm also auch insoweit die Arbeitszeiten letztlich „zugewiesen“ werden (vgl. BAG 14. März 2007 - 5 AZR 499/06 - Rn. 28, AP BGB § 611 Arbeitnehmerähnlichkeit Nr. 13 = EzA BGB 2002 § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 16).

21

(3) Außerdem ist der Kläger, wenn auch in geringem Umfang, zu Vertretungen herangezogen worden. Er hat im Rahmen seiner 13. Unterrichtsstunde, also zur Erfüllung seiner Arbeitspflicht, an Dienstbesprechungen teilgenommen. Auch dieser Umstand steht der selbstbestimmten Gestaltung der Arbeitszeit entgegen (vgl. BAG 20. Januar 2010 - 5 AZR 106/09 - Rn. 24, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 120 = EzA BGB 2002 § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 17). Es ist nicht festgestellt, dass die Justizlehrerdienstbesprechungen jeweils an einem bestimmten Wochentag stattfanden (vgl. BAG 9. Juni 2010 - 5 AZR 332/09 - Rn. 25, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 121 = EzA BGB 2002 § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 18).

22

cc) Der Kläger ist auch abgesehen von den zeitlichen Vorgaben in die Arbeitsorganisation des beklagten Landes eingebunden. Die Schüler werden ihm vom beklagten Land zugewiesen. Gemäß § 1 Satz 2 des Vertrags ist er hinsichtlich seiner Aufgaben, Rechte und Pflichten als Lehrkraft an die maßgeblichen Verwaltungsvorschriften und die ergänzend ergangenen Bestimmungen sowie die allgemeinen Lehrplanrichtlinien des Kultusbereichs gebunden. Auch darin kommt seine persönliche Abhängigkeit aufgrund der fremdorganisierten Arbeit zum Ausdruck.

23

dd) Wie das Landesarbeitsgericht festgestellt hat, weicht die tatsächliche Gestaltung der Arbeitsbeziehung nicht von den rechtlichen Vorgaben ab. Der Kläger wird in der im Vertrag vorgesehenen Weise zur Unterrichtstätigkeit herangezogen. Der Kläger wird, so hat das beklagte Land eingeräumt, zum Unterricht „eingeteilt“. Wenn dies, wie das beklagte Land ausgeführt hat, „in der Natur der Sache“ liegt, weil der Gegenstand der Tätigkeit des Klägers, nämlich die Unterrichtserteilung, keine freie Zeiteinteilung erlaube, bestätigt eben dies die tatsächliche Einbindung des Klägers in die Arbeitsorganisation.

24

b) Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht darauf abgestellt, dass der Kläger an die vom beklagten Land vorgegebene Zielsetzung des Unterrichts gebunden ist. Der Arbeitnehmereigenschaft des Klägers steht nicht entgegen, dass er bei der inhaltlichen Ausgestaltung und Durchführung seiner Unterrichtserteilung im Wesentlichen frei von Weisungen ist. Da es sich bei den vom Kläger zu unterrichtenden Jugendlichen vielfach um nicht oder nur schwer sozialisierbare Menschen handelt, ist das Maß der inhaltlichen Gestaltungsfreiheit gemäß der Natur der Unterrichtsverpflichtung vorgegeben. Ihm kommt nach der zutreffenden Würdigung des Landesarbeitsgerichts keine entscheidende Bedeutung zu.

25

c) Die Tätigkeit des Klägers ist nicht mit der eines Dozenten in einer Volkshochschule vergleichbar. Denn dafür ist charakteristisch, dass die Verbindung der Schüler oder Kursteilnehmer zum Unterrichtsträger deutlich lockerer ist, weil zB kein Schulzwang besteht und sich die Schüler leicht von der Schule lösen können und es regelmäßig keine förmlichen Abschlüsse gibt. An dem Unterricht der Klassen des Klägers nehmen hingegen bisweilen auch diejenigen Jugendlichen teil, die an sich der Schulpflicht unterliegen. Diese in Artikel 8 der Verfassung für das Land Nordrhein-Westfalen vorgesehene allgemeine Schulpflicht besteht auch in der Justizvollzugsanstalt fort. Der Unterricht der von ihm vornehmlich zu unterrichtenden nicht schulpflichtigen Untersuchungshäftlingen hat zum Ziel, dass diese später an anderen Unterrichtungsangeboten teilnehmen können. Der Kläger ist bei seiner Tätigkeit dem von dem beklagten Land bei der JVA I vorgegebenen Erziehungsauftrag unterworfen. Der Unterricht ist nicht als Weiterbildungsempfehlung zu verstehen, etwa um den Gefangenen eine Abwechslung anzubieten.

26

d) Der Einordnung des Vertrags vom 24. August 1998 als Arbeitsverhältnis steht nicht entgegen, dass die Parteien ihre Rechtsbeziehung nicht ausdrücklich als Arbeitsvertrag bezeichnet haben. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kommt es nicht darauf an, wie die Parteien das Vertragsverhältnis bezeichnen (seit BAG 8. Juni 1967 - 5 AZR 461/66 - zu 1 der Gründe, BAGE 19, 324; 13. November 1991 - 7 AZR 31/91 - zu III 1 der Gründe, BAGE 60, 62).

27

e) Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, die Bezeichnung des Klägers in § 1 Satz 1 des Vertrags als „nicht hauptamtliche Lehrkraft“ schließe die Annahme eines Arbeitsverhältnisses jedenfalls nicht aus. Dem Hinweis des beklagten Landes, wonach maßgeblich für die Qualifizierung des Klägers als Honorarlehrkraft insbesondere der zeitliche Umfang der Tätigkeit sei, hat das Landesarbeitsgericht zu Recht keine Bedeutung beigemessen. Auch bei der Ausführung von Tätigkeiten in geringem zeitlichen Umfang kann ein ausreichend hohes Maß an Weisungsgebundenheit bestehen. Wenn eine hauptberufliche Vollzeitbeschäftigung auf eine für Arbeitsverhältnisse typische persönliche Abhängigkeit hindeuten sollte, bedeutet dies nicht, dass eine Nebenbeschäftigung mit geringer Arbeitszeit gegen ein Arbeitsverhältnis spricht (BAG 30. Oktober 1991 - 7 ABR 19/91 - zu B II 3 b der Gründe, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 59 = EzA BGB § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 44).

28

f) Das Landesarbeitsgericht hat es zu Recht für die Einstufung des Rechtsverhältnisses als unerheblich angesehen, dass nach § 3 Satz 4 des Vertrags der Vergütungssatz dem Steuerabzug nach allgemeinen Grundsätzen unterliegen soll. Die Art der Vergütung spielt schon deshalb keine nennenswerte Rolle, weil entscheidend die Eigenart der Dienstleistung ist, nicht aber die Abwicklung der Entgeltzahlung (BAG 30. Oktober 1991 - 7 ABR 19/91 - zu B II 3 a bb der Gründe, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 59 = EzA BGB § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 44).

29

II. Als unterlegener Partei fallen dem beklagten Land nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zur Last.

        

    Mikosch    

        

    W. Reinfelder    

        

    Schmitz-Scholemann    

        

        

        

    Kay Ohl    

        

    Frese    

                 

Tenor

1. Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 31. März 2009 - 14 Sa 728/08 - wird zurückgewiesen.

2. Der Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Rückzahlung von Provisionsvorschüssen und - im Wege der Widerklage - die Zahlung einer üblichen Vergütung.

2

Der Kläger ist ein Versicherungsunternehmen. Der Beklagte war bei ihm vom 1. Februar 2005 bis zum 31. Mai 2006 als Versicherungsvertreter tätig. Grundlage der Zusammenarbeit war ein „Vertretervertrag für hauptberufliche Vertreter (§§ 84 ff. HGB)“ vom 10./16. Januar 2005 (im Folgenden: Vertretervertrag), in dem es auszugsweise heißt:


        

     

                 
Der Vertreter übernimmt im Hauptberuf eine Vertretung für die D. Die Übernahme der Vertretung geschieht unter den nachstehenden Bedingungen sowie gemäß den diesem Vertrag beigefügten und den noch zu erlassenden schriftlichen Geschäftsanweisungen, soweit sie diesem Vertrag nicht zuwiderlaufen.
                 
Die Vertragspartner sind sich einig, dass der Vertreter die Anforderungen des Ausbildungsprogramms zum/zur ‚Versicherungsfachmann/-fachfrau (BWV)’ zu erfüllen hat. Steht endgültig fest, dass er diesen Anforderungen nicht genügt, so wird der Vertretervertrag grundsätzlich ordentlich gekündigt.
        
       

                 
Der Vertreter ist als selbstständiger Gewerbetreibender im Hauptberuf (§§ 84 ff. HGB) ständig damit betraut, für die D Versicherungsverträge zu vermitteln. Über seine Zeit und die Art der Durchführung seiner Tätigkeit kann der Vertreter im Wesentlichen frei bestimmen.
                 
Für die Erfüllung seiner sonstigen Verpflichtungen (z. B. Anmeldung seines Gewerbes nach § 14 der Gewerbeordnung und Versteuerung seiner Einkünfte) ist der Vertreter selbst verantwortlich.
                 
Der Vertreter ist Vermittlungsagent im Sinne des § 43 Versicherungsvertragsgesetz (VVG). …
                 
…       
        
       

                 
Der Vertreter erhält nach Maßgabe der beigefügten Provisionsbestimmungen Provisionen, die das volle Entgelt für seine Vermittlungs- und Betreuungstätigkeit darstellen. Er ist nicht berechtigt, besondere Gebühren für die Aufnahme des Antrags oder aus anderen Gründen zu erheben.
        
…“   
        
3

Mit gleichem Datum schlossen die Parteien „Besondere Vereinbarungen zum Vertretervertrag vom 1. Februar 2005“ (im Folgenden: Besondere Vereinbarungen), in denen sie ua. regelten:


        

„1.

Zur Gründung und Konsolidierung seiner Existenz als selbständiger Gewerbetreibender nach Maßgabe des § 84 HGB kann der Vertreter für den Zeitraum vom 01.02.2005 bis zum 30.04.2005 eine Aufbauhilfe in Form eines gleichbleibenden Vorschusses in Höhe von € 1900,00 pro Monat, im Zeitraum vom 01.05.2005 bis zum 31.07.2005 einen gleichbleibenden Vorschuss in Höhe von € 1700,00 und im Zeitraum vom 01.08.2005 bis zum 31.01.2006 einen gleichbleibenden Vorschuss in Höhe von € 1500,00 von der D bekommen.
        
…       
        
        
3.   

Die Summe aller vorgetragenen und noch nicht verrechneten Vorschüsse (offene D-Forderungen) ist während des gesamten Aufbauhilfezeitraumes auf € 15.500,00 begrenzt. Erreicht das Vertreterkonto diesen Forderungsbetrag, endet die Zahlung der Aufbauhilfe ungeachtet des in Ziffer 1 vereinbarten Zeitraumes.
        
4.   

Die Aufbauhilfe wird jeweils monatlich mit den auf der Grundlage des Vertretervertrages erworbenen Ansprüchen auf Provision, der vereinbarten Bonifikation sowie sonstigen Vergütungen verrechnet.
                 
Ist eine vollständige Verrechnung in einem Monat nicht möglich, wird der sich ergebende Vorschußsaldo vorgetragen und ab dem 25. Tätigkeitsmonat mit evtl. bestehenden Überschüssen in den Folgemonaten verrechnet. Sofern das Vertreterkonto ausgeglichen ist, werden sich ergebende Überschüsse ausgezahlt.
                 
Der Unterschuß wird bis zur vollständigen Verrechnung bzw. Beendigung des Vertretervortrages vorgetragen.
        
5.   

Etwaige nach Auslaufen der Aufbauhilfe sich ergebende Unterschüsse werden ab dem 25. Tätigkeitsmonat mit noch anfallenden Provisionen und sonstigen Vergütungen einschließlich Bonifikation verrechnet.
        
6.   

Die Vorschußzahlungen enden sofort mit Ausspruch der Kündigung bzw. bei Abschluß einer Beendigungsvereinbarung. Alle danach noch anfallenden Vergütungen werden auf einen evtl. Unterschuß angerechnet.
        
7.   

Bei Ausspruch der Kündigung des Vertretervertrages bzw. Abschluß einer Beendigungsvereinbarung ist ein noch ausstehender Unterschuß vom Vertreter sofort auszugleichen.
                 
Kündigt der Vertreter, ist, um das Kündigungsrecht des Vertreters nicht zu erschweren, ein etwaiger sich nach Verrechnung mit verdienten Provisionen, Bonifikationen und sonstigen Vergütungen ergebender Unterschuß nach Vertragsbeendigung in 12 gleichen Monatsraten an die D zurückzuzahlen. Die erste Rate ist zum Schluss des auf das Vertragsende folgenden Monats zu zahlen. Die folgenden Raten werden zum Ende der jeweils folgenden Monate zur Zahlung fällig. Nach Vertragsbeendigung noch anfallende Vergütungen werden ebenfalls auf den Unterschuß angerechnet. Der Vertreter paßt die Ratenzahlung entsprechend an (d.h. Verkürzung des Ratenzahlungszeitraums und/oder Reduzierung der letzten Ratenzahlung).
        
…       
        
        
9.   

Der Schwerpunkt des Tätigkeitsgebietes liegt im Zuständigkeitsgebiet des Herrn L.“
4

Ebenfalls unter dem 10./16. Januar 2005 trafen die Parteien eine „Bonifikationsvereinbarung zum Vertretervertrag vom 01.02.2005“, nach der der Beklagte zusätzlich zu den Provisionen eine freiwillige Bonifikation iHv. 10.000,00 Euro bei Erreichen von Nettoabschlussprovisionen iHv. 35.266,67 Euro in den ersten 24 Tätigkeitsmonaten oder von 21.050,00 Euro vom 13. - 24. Tätigkeitsmonat erhalten sollte. Vorausgesetzt wurde ferner, dass der Vertretervertrag im 25. Tätigkeitsmonat auf unbestimmte Dauer fortbesteht. Mit dem Inhaber der Agentur L schloss der Kläger mit Datum 10./14. Januar 2005 eine Vereinbarung über die Zuordnung des Beklagten zu der Agentur L, in der es heißt:


        

„…   
        
1.   

Der Agenturvertreter (V) wird dem Vertreter zugeordnet.
                 
Damit soll eine optimale Kundenbetreuung und eine höhere Bestandsproduktivität erzielt werden.
                 
Der Vertreter stellt dem Agenturvertreter hierfür alle notwendigen Informationen und Hilfsmittel zur Verfügung.
        
2.   

Das Neukundengeschäft des Agenturvertreters fließt für die Dauer der Zusammenarbeit unter Berücksichtigung der Regelung in Ziffer 4 in den Bestand des Vertreters ein.
        
3.   

Die im Rahmen der Zusammenarbeit erzielte Jahresnetto-Abschlußprovisionen des v.g. Agenturvertreters wird auch bei Ermittlung des erhöhten Abschlußprovisionszuschusses für den Vertreter berücksichtigt.
        
4.   

Sollte die Zusammenarbeit zwischen Vertreter und Agenturvertreter entweder vom Vertreter, vom Agenturvertreter oder von der D nicht mehr gewünscht werden, wird die Vermittler-Zuordnung beendet. Das bis dahin dem Vertreter zugeflossene bestands- bzw. servicevergütungspflichtige Geschäft verbleibt im Bestand des Vertreters.
        
…“   
        
5

Mit einem Nachtrag vom 22./27. Dezember 2005 wurde die Zuordnung des Beklagten zur Agentur L zum 31. Dezember 2005 beendet. Auf seinen Wunsch wechselte er zur Agentur V.

6

Zur Erlangung der Qualifikation „Versicherungsfachmann/-fachfrau (BWV)“ veranstaltet der Kläger in seiner Zentrale in K eine Seminarreihe, bestehend aus sieben Grundseminaren und einem prüfungsvorbereitenden Seminar. Die Seminare dauern in der Regel fünf Arbeitstage und sollen innerhalb eines Zeitraums von 18 Monaten durchlaufen werden. Der Beklagte erhielt regelmäßig Einladungen zur Teilnahme an den Seminaren.

7

Im Rahmen seiner Tätigkeit übermittelte der Beklagte dem für ihn zuständigen Organisationsleiter des Klägers regelmäßig montags bis 12:00 Uhr einen Wochenbericht für die zurückliegende Woche und eine Planung für die folgende.

8

Im Zeitraum Februar 2005 bis Januar 2006 zahlte der Kläger an den Beklagten gem. Ziff. 1 Besondere Vereinbarungen unter Verrechnung verdienter Provisionen 10.344,73 Euro.

9

Mit Schreiben vom 30. März 2006 kündigte der Beklagte das Vertragsverhältnis zum 31. Mai 2006. Zu diesem Zeitpunkt ergab sich unter Verrechnung von Stornoreserveguthaben ein Saldo iHv. 9.698,24 Euro zu seinen Lasten.

10

Mit der zunächst zum Landgericht erhobenen und von diesem an das Arbeitsgericht verwiesenen Klage hat der Kläger unter Berufung auf Ziff. 7 Besondere Vereinbarungen den Ausgleich des Negativsaldos begehrt und geltend gemacht, bei der dem Beklagten gewährten Aufbauhilfe habe es sich um Vorschüsse auf(noch) nicht ins Verdienen gebrachte Provisionen gehandelt, zu deren Rückzahlung der Beklagte verpflichtet sei. Der Beklagte sei als selbständiger Versicherungsvertreter entsprechend den vertraglichen Vereinbarungen bei ihm tätig gewesen.

11

Der Kläger hat, soweit für die Revision noch von Interesse, beantragt,


        

1.   

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 9.698,24 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 7.273,71 Euro seit dem 1. März 2007 sowie aus 2.424,53 Euro seit dem 9. August 2007 zu zahlen,
        
2.   

die Widerklage abzuweisen.
12

Der Beklagte hat beantragt,


        

1.   

die Klage abzuweisen,
        
2.   

den Kläger zu verurteilen, an ihn 6.565,78 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Juni 2006 zu zahlen.
13

Der Beklagte hat geltend gemacht, keine Provisionsvorschüsse erhalten zu haben. Die Besonderen Vereinbarungen seien dahingehend auszulegen, dass die Aufbauhilfe als Vergütung während der Startphase garantiert sein solle. Das ergebe sich zumindest bei Anwendung der Unklarheitenregelung des § 305c Abs. 2 BGB. Darüber hinaus benachteilige ihn die Rückzahlungsklausel unangemessen iSd. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB.

14

In zweiter Linie hat der Beklagte geltend gemacht, sein Vertragsverhältnis zum Kläger sei als Arbeitsverhältnis einzuordnen, und vorgebracht, er habe seine Tätigkeit nicht frei gestalten und seine Arbeitszeit nicht frei bestimmen können. Die Zuordnung zu den Agenturen L und V hätte ihn örtlich eingeschränkt, zudem sei er an die Bürozeiten der jeweiligen Agentur gebunden gewesen. Auf Anweisung des Klägers habe er mindestens 15 bis 20 Termine pro Woche vereinbaren und wahrnehmen müssen, davon mindestens drei bis vier in den Abendstunden.

15

Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, eine Vergütung allein auf Provisionsbasis sei im Arbeitsverhältnis sittenwidrig. Deshalb könne er die übliche Vergütung beanspruchen, die sich aus den Tarifverträgen für das private Versicherungsgewerbe ergebe. Danach habe er für den Zeitraum seiner Tätigkeit beim Kläger insgesamt 28.624,13 Euro brutto zu beanspruchen. Abzüglich erhaltener Zahlungen iHv. 21.893,35 Euro verbleibe ein restlicher Vergütungsanspruch iHv. 6.730,78 Euro brutto.

16

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag und sein Widerklagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

17

Die Revision des Beklagten ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Beklagten gegen das der Klage stattgebende und die Widerklage abweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen.

18

I. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht das Rechtsverhältnis der Parteien nicht als Arbeitsverhältnis eingeordnet. Der Beklagte war sowohl nach dem Vertretervertrag vom 10./16. Januar 2005 als auch dessen praktischer Durchführung selbständiger Versicherungsvertreter iSd. § 92 Abs. 1, § 84 Abs. 1 HGB.

19

1. Nach § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB ist selbständig, wer im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Auch im Rahmen von § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB sind alle Umstände des Falls in Betracht zu ziehen und schließlich in ihrer Gesamtheit zu würdigen. Die heranzuziehenden Anknüpfungspunkte müssen sich den gesetzlichen Unterscheidungsmerkmalen zuordnen lassen(Senat 15. Dezember 1999 - 5 AZR 169/99 - zu B II 2 der Gründe, BAGE 93, 132; 15. Dezember 1999 - 5 AZR 3/99 - zu II 2 der Gründe, BAGE 93, 112; 20. September 2000 - 5 AZR 271/99 - zu II 1 der Gründe, BAGE 95, 324). Der objektive Geschäftsinhalt ist den ausdrücklich getroffenen Vereinbarungen und der praktischen Durchführung des Vertrags zu entnehmen. Widersprechen sich Vereinbarung und tatsächliche Durchführung, ist letztere maßgebend (Senat 25. Mai 2005 - 5 AZR 347/04 - zu I der Gründe, BAGE 115, 1; 30. September 1998 - 5 AZR 563/97 - BAGE 90, 36). Das bedeutet aber nicht, dass die Vertragstypenwahl der Parteien gänzlich bedeutungslos wäre. Kann die vertraglich vereinbarte Tätigkeit typologisch sowohl in einem Arbeitsverhältnis als auch selbständig erbracht werden, ist die Entscheidung der Vertragsparteien für einen bestimmten Vertragstypus im Rahmen der bei jeder Statusbeurteilung erforderlichen Gesamtabwägung aller Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen.

20

2. Unter beiden Aspekten des § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB war der Beklagte in einem für den Selbständigenstatus erforderlichen Maße frei von Weisungen.

21

a) Das gilt zunächst für die Arbeitszeit.

22

aa) Der Vertretervertrag enthält zu Beginn und Ende einer täglichen Arbeitszeit keinerlei Vorgaben. Der Beklagte hatte keine festen Arbeitszeiten. Aus der Vereinbarung der Zuordnung des Beklagten zu der Agentur L vom 10./14. Januar 2005 ergibt sich keine verbindliche Festlegung seiner Arbeitszeiten in Anlehnung an die Öffnungszeiten des Agenturbüros. Diese Vereinbarung ist die rechtliche Grundlage für die in Ziff. 9 Besondere Vereinbarungen getroffene Regelung, der Schwerpunkt des Tätigkeitsgebiets des Beklagten solle im Zuständigkeitsgebiet des Herrn L liegen. Damit wurde ein Tätigkeitsbezirk festgelegt, jedoch keine zeitliche Weisungsgebundenheit begründet.

23

bb) Die tatsächliche Durchführung des Vertretervertrags lässt eine zeitliche Weisungsgebundenheit nicht erkennen.

24

Der Beklagte macht zwar geltend, in den Agenturen L und V festen Arbeitszeiten unterworfen gewesen zu sein. Es fehlt aber an hinreichend substantiiertem Tatsachenvortrag dazu, wann der Beklagte von welchem Vertreter des Klägers eine Weisung welchen Inhalts erhalten hätte.

25

Der Arbeitszeitsouveränität des Beklagten steht die von ihm behauptete Verpflichtung zur Teilnahme an Besprechungsterminen mit einem Organisationsleiter des Klägers nicht entgegen. In einer verbindlichen Teilnahme an Besprechungsterminen liegt zwar eine Beeinträchtigung der Freiheit zur Bestimmung der Lage der Arbeitszeit. Eine Anordnung, an einem bestimmten Wochentag an einer Besprechung teilzunehmen, stellt jedoch keinen so gravierenden Eingriff dar, dass er mit dem Status eines Selbständigen unvereinbar wäre(Senat 15. Dezember 1999 - 5 AZR 169/99 - zu B II 2 a aa der Gründe, BAGE 93, 132).

26

Ebenso wenig führen die vom Beklagten behaupteten Vorgaben des Klägers, pro Woche 15 bis 20 Kunden besuchen zu müssen, davon mindestens drei bis vier in den Abendstunden, zu einer zeitlichen Weisungsgebundenheit. Zwar kann sich eine solche aus der Festlegung eines in einer bestimmten Zeitspanne zu erledigenden Mindestsolls ergeben. Das ist aber nicht anzunehmen, wenn die Grenzen so gesetzt sind, dass dem Mitarbeiter ein erheblicher Spielraum verbleibt(Senat 15. Dezember 1999 - 5 AZR 770/98 - zu II 1 b der Gründe, AP HGB § 92 Nr. 6 = EzA BGB § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 79; 26. Mai 1999 - 5 AZR 469/98 - AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 104 = EzA BGB § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 75). Insoweit fehlt es an Sachvortrag des Beklagten zur zeitlichen Inanspruchnahme der von ihm behaupteten Zahl von Kundenbesuchen und einer damit verbundenen Einengung seines Spielraums zur Bestimmung von Dauer und Lage seiner Arbeitszeit. Im Übrigen liegt es für einen Versicherungsvertreter im Hauptberuf nahe, dass er möglichst viele Kunden besucht.

27

b) Der Beklagte war auch bei der Gestaltung seiner Tätigkeit im Wesentlichen frei.

28

aa) Dem Beklagten war vertraglich kein bestimmter Arbeitsort vorgegeben. Er musste weder die Räumlichkeiten des Klägers noch die der Agenturen L bzw. V aufsuchen, um von dort aus tätig zu werden. Sollte er das gleichwohl getan haben, so lag dem keine entsprechende Verpflichtung durch den Kläger zugrunde. Die bloße „Zuordnung“ zu einer bestimmten Agentur - Ziff. 9 Besondere Vereinbarungen - begründete keinen Zwang, von dort aus der Vertretertätigkeit nachzugehen. Der Beklagte durfte, musste jedoch nicht auf die Ressourcen der Agenturen zurückgreifen.

29

Durch die Zuordnung zu einer Agentur gem. Ziff. 9 Besondere Vereinbarungen war dem Beklagten allerdings ein bestimmter Arbeitsbezirk vorgegeben. Die Zuweisung eines bestimmten Bezirks oder eines bestimmten Kundenkreises ist jedoch mit dem Status eines selbständigen Handelsvertreters vereinbar. Dies ergibt sich bereits aus § 87 Abs. 2 HGB, in dem eine solche Abrede vorausgesetzt wird. Für den Beklagten als Versicherungsvertreter gilt nichts anderes(vgl. ausf. Senat 15. Dezember 1999 - 5 AZR 3/99 - zu II 2 b aa der Gründe, BAGE 93, 112). Im Übrigen wird die Freiheit zur Gestaltung der Tätigkeit iSv. § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB durch die Festlegung eines geografischen Bereichs, innerhalb dessen die betreffende Tätigkeit entfaltet werden soll, nicht berührt.

30

bb) Ebenso wenig beeinträchtigen die vom Beklagten vorgetragenen Berichtspflichten seine Freiheit bei der Gestaltung seiner Tätigkeit in einem mit dem Selbständigenstatus nicht mehr zu vereinbarenden Maße. Nach § 86 Abs. 2 HGB hat der Handelsvertreter dem Unternehmer die erforderlichen Nachrichten zu geben, namentlich ihm von jeder Geschäftsvermittlung und von jedem Geschäftsabschluss unverzüglich Mitteilung zu machen. Über diese Berichtspflicht eines selbständigen Handelsvertreters ginge eine dem Beklagten abverlangte Vorlage von Wochenberichten nicht hinaus. Die vorgetragene Weisung, einem Organisationsleiter des Klägers jeweils montags bis 12:00 Uhr eine Planung für die folgende Woche zu übermitteln, vermag die selbstbestimmte Gestaltung der Tätigkeit solange nicht zu beeinträchtigen, wie der Handelsvertreter seine Planung ohne verbindliche Vorgaben des Unternehmers eigenständig vornehmen kann.

31

Entsprechendes gilt für die von dem Beklagten behaupteten Kontrollanrufe bei zwei von ihm besuchten Kunden. Diese sind von der Interessenwahrnehmungspflicht des § 86 Abs. 1 HGB abgedeckt(vgl. Senat 20. September 2000 - 5 AZR 271/99 - zu II 2 b ee der Gründe, BAGE 95, 324).

32

c) Die Teilnahme des Beklagten an dem tätigkeitsbegleitenden Ausbildungsprogramm „zum/zur Versicherungsfachmann/-fachfrau (BWV)“ steht der Annahme eines selbständigen Versicherungsvertreterverhältnisses nicht entgegen. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob und unter welchen Voraussetzungen eine verpflichtende tätigkeitsbegleitende Ausbildung zur Einordnung eines Vertragsverhältnisses als Arbeitsverhältnis führen kann. Denn zum einen entspringt die Ausbildung des Beklagten zum Versicherungsfachmann dem berechtigten Interesse des Klägers an einer möglichst effizienten Tätigkeit des Beklagten, der wiederum seinerseits von einer solchen Ausbildung profitieren konnte(vgl. Senat 20. September 2000 - 5 AZR 271/99 - zu II 2 b ff der Gründe, BAGE 95, 324). Zum anderen führt der vom Landesarbeitsgericht festgestellte Umfang der Ausbildung - insgesamt 35 Arbeitstage im Jahr - angesichts des Nutzens für den Beklagten zu keiner übermäßigen Beschränkung der freien Gestaltung von Arbeitszeit und Tätigkeit.

33

d) Die von der Revision zu Recht als fehlend gerügte Gesamtwürdigung kann der Senat aufgrund der Feststellungen des Landesarbeitsgerichts selbst vornehmen. Sie kann nur zu dem Ergebnis führen, dass das Rechtsverhältnis der Parteien nicht als Arbeitsverhältnis einzuordnen ist. Die Freiheit des Beklagten bei der Gestaltung von Arbeitszeit und Tätigkeit wurde von dem Kläger nicht in einem mit dem Selbständigenstatus nicht mehr zu vereinbarenden Umfang eingeschränkt. Da die Tätigkeit eines Versicherungsvertreters sowohl selbständig - § 92 Abs. 1 HGB in Verb. mit § 84 Abs. 1 HGB - als auch im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses - § 92 Abs. 1 in Verb. mit § 84 Abs. 2 HGB - erbracht werden kann, ist bei der Gesamtwürdigung zudem die Vertragstypenwahl der Parteien zu berücksichtigen. Wenn die tatsächliche Handhabung nicht zwingend für ein Arbeitsverhältnis spricht, müssen sich die Parteien an dem von ihnen gewählten Vertragstypus festhalten lassen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Parteien oder eine von ihnen im Geschäftsverkehr gänzlich unerfahren sind. Das ist aber weder bei dem Kläger als Versicherungsunternehmen, noch beim Beklagten der Fall. Nach dem vom Landesarbeitsgericht in Bezug genommenen Akteninhalt war der Beklagte nach eigenem Vorbringen bereits zuvor als freier Handelsvertreter für verschiedene Unternehmen tätig. Nach dem Vertretervertrag vom 10./16. Januar 2005 war der Beklagte „ständig damit betraut, für die D Versicherungsverträge zu vermitteln“. Dabei wurde er als selbständiger Versicherungsvertreter iSd. § 92 Abs. 1, § 84 Abs. 1 Satz 1 HGB tätig.

34

II. Die Klage ist begründet. Der Kläger kann vom Beklagten die Rückzahlung nicht ins Verdienen gebrachter Provisionsvorschüsse verlangen. Der Anspruch ergibt sich aus Ziff. 7 Besondere Vereinbarungen.

35

1. Nach Ziff. 7 Abs. 1 Besondere Vereinbarungen ist der Beklagte verpflichtet, bei Beendigung des Vertretervertrags nach Maßgabe der Ratenregelung in Abs. 2 einen noch ausstehenden Unterschuss auszugleichen.

36

a) Bei den Regelungen zur Aufbauhilfe in den Besonderen Vereinbarungen handelt es sich nach der vom Landesarbeitsgericht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats(1. März 2006 - 5 AZR 363/05 - Rn. 20 ff., BAGE 117, 155) vorgenommenen rechtlichen Wertung, die von den Parteien nicht angegriffen wird, um Allgemeine Geschäftsbedingungen (§ 305 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB),die vom Kläger für eine Vielzahl von Verträgen gleichlautend verwendet und dem Beklagten bei Vertragsschluss gestellt wurden. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Anhaltspunkt für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten (Senat 19. März 2008 - 5 AZR 429/07 - Rn. 24, BAGE 126, 198). Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist durch das Revisionsgericht uneingeschränkt zu überprüfen (Senat 26. September 2007 - 5 AZR 808/06 - Rn. 13, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 58 = EzA BGB 2002 § 305c Nr. 13).

37

b) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die vereinbarte Aufbauhilfe als Vorschuss auf Provisionen zu qualifizieren, der nach Ziff. 7 Besondere Vereinbarungen bei Vorliegen eines „Unterschusses“ zum Zeitpunkt der Vertragsbeendigung zurückzuzahlen ist.

38

aa) Schon der Wortlaut von Ziff. 1 Besondere Vereinbarungen ist eindeutig. Danach wird die Aufbauhilfe zur Gründung und Konsolidierung der Existenz des Beklagten als selbständiger Gewerbetreibender „in Form eines gleichbleibenden Vorschusses“ nach Maßgabe der dort aufgeführten zeitlichen Staffelung gezahlt. Durch die dreimalige Verwendung des Begriffs „gleichbleibender Vorschuss“ kann die Regelung von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise nur als bloße Vorschussregelung verstanden werden, zumal es in Ziff. 4 Vertretervertrag heißt, die Provisionen stellten „das volle Entgelt für seine Vermittlungs- und Betreuungstätigkeit“ dar. Die weiteren Regelungen in den Besonderen Vereinbarungen bestätigen, dass die Zahlung eines Vorschusses, nicht aber eines garantierten(Mindest-)Entgelts vereinbart war. So sieht Ziff. 4 vor, dass die Aufbauhilfe jeweils monatlich mit den auf der Grundlage des Vertretervertrags erworbenen Ansprüchen auf Provision, der vereinbarten Bonifikation sowie sonstigen Vergütungen verrechnet wird. Ziff. 3 begrenzt die Summe aller vorgetragenen und noch nicht verrechneten Vorschüsse auf eine bestimmte Summe. In Ziff. 6 heißt es, die Vorschusszahlungen endeten sofort mit Ausspruch einer Kündigung bzw. des Abschlusses einer Beendigungsvereinbarung. Auch der allgemeine Sprachgebrauch schließt ein Verständnis des Begriffs „Vorschuss“ als „Garantieeinkommen“, „Mindestentgelt“ oder „Fixum“ aus.

39

bb) Angesichts der Eindeutigkeit der Regelung ist für die Anwendung des § 305c Abs. 2 BGB kein Raum. Die Unklarheitenregelung setzt voraus, dass die Auslegung einer Allgemeinen Geschäftsbedingung mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt und keines den klaren Vorzug verdient. Es müssen „erhebliche Zweifel“ an der richtigen Auslegung bestehen. Die entfernte Möglichkeit, zu einem anderen Ergebnis zu kommen, genügt für die Anwendung der Bestimmung nicht(BAG 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - Rn. 15, AP BGB § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 40).

40

cc) Die in Ziff. 7 Besondere Vereinbarungen vorgesehene Rückzahlungspflicht unterliegt nicht der uneingeschränkten Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB, weil sie keine von Rechtsvorschriften abweichende Regelung ist, § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB.

41

Rechtsvorschriften iSd. § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB sind nicht nur die Gesetzesbestimmungen selbst, sondern die dem Gerechtigkeitsgebot entsprechenden allgemein anerkannten Rechtsgrundsätze, die Regeln des Richterrechts oder die aufgrund ergänzender Auslegung nach §§ 157, 242 BGB und aus der Natur des jeweiligen Schuldverhältnisses zu entnehmenden Rechte und Pflichten(Senat 11. Oktober 2006 - 5 AZR 721/05 - Rn. 18, AP BGB § 308 Nr. 6 = EzA BGB 2002 § 308 Nr. 6). Der Beklagte wäre auch ohne Ziff. 7 Besondere Vereinbarungen verpflichtet, nicht ins Verdienen gebrachte Provisionsvorschüsse zurückzuzahlen. Ein Vorschuss ist eine vorweggenommene Vergütungstilgung. Entsteht die Forderung nicht oder nicht zeitgerecht, ist der Vorschussnehmer verpflichtet, den erhaltenen Vorschuss dem Vorschussgeber zurückzugewähren. Wird der Vertrag beendet, ist der Vorschuss auszugleichen (BAG 25. September 2002 - 10 AZR 7/02 - zu II 3 a der Gründe, BAGE 103, 1).

42

dd) Eine hiervon abweichende und damit die uneingeschränkte Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB eröffnende Wirkung erhält Ziff. 7 Besondere Vereinbarungen nicht dadurch, dass der Beklagte durch die Gewährung von Vorschüssen in einer seine Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG beeinträchtigenden Weise an den Kläger gebunden würde(vgl. zu einer Vereinbarung, nach der ein Handelsvertreter dem Unternehmer Schulungskosten anteilig zu erstatten hat BAG 24. Oktober 2002 - 6 AZR 632/00 - zu II 3 b der Gründe, BAGE 103, 180; zur Bindung eines Arbeitnehmers durch eine Sonderzahlung BAG 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 24, BAGE 124, 259).

43

Mit seiner „Aufbauhilfe“ bindet der Kläger den Beklagten zwar insofern an sich, als bei Vertragsschluss damit zu rechnen war, der Beklagte werde als in der Versicherungsbranche Unerfahrener in der Anfangsphase seiner Tätigkeit die Vorschüsse nicht sogleich in voller Höhe ins Verdienen bringen können und sich zunächst bei dem Kläger „verschulden“. Die Vorschüsse lagen aber primär im Interesse des Beklagten, der sie nach Ziff. 1 Besondere Vereinbarungen beanspruchen konnte, aber nicht musste. Sie gewährleisteten ihm in der Anfangsphase des Vertragsverhältnisses kontinuierliche Einnahmen unabhängig vom Erfolg seiner Vermittlungstätigkeit. Außerdem waren sie zeitlich auf ein Jahr und in der Höhe auf max. 15.500,00 Euro begrenzt. Schließlich mussten die Vorschüsse, sofern sie nicht ins Verdienen gebracht wurden, bei einer Kündigung des Versicherungsvertreters nicht sofort in voller Höhe, sondern in zwölf gleichen Monatsraten zurückgezahlt werden.

44

2. Die Vergütung eines freien Versicherungsvertreters nur auf der von § 92 Abs. 3 HGB vorgesehenen Provisionsbasis ohne Gewährung eines - wie auch immer gearteten - Garantieeinkommens(Ziff. 4 Vertretervertrag) ist AGB-rechtlich nicht zu beanstanden. Klauseln, die den Umfang der von den Parteien geschuldeten Vertragsleistung festlegen, unterliegen nicht der uneingeschränkten Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB. Der eingeschränkten Kontrolle auf einen Verstoß gegen das Transparenzgebot gem. § 307 Abs. 3 Satz 2 in Verb. mit § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB hält die Vergütungsvereinbarung Stand. Ziff. 4 Vertretervertrag regelt klar und verständlich, dass die vereinbarte Provision das volle Entgelt für die Tätigkeit des Beklagten darstellt.

45

3. Die Höhe der nicht ins Verdienen gebrachten Provisionsvorschüsse ist zwischen den Parteien unstreitig. Der Zinsanspruch des Klägers ergibt sich aus § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 2, § 291 BGB.

46

III. Die Widerklage ist unbegründet.

47

Der Beklagte kann eine übliche Vergütung nach § 612 Abs. 2 BGB nicht beanspruchen. Die Höhe der Vergütung ist bestimmt durch die Vergütungsvereinbarung in Ziff. 4 Vertretervertrag. Dass die dort in Bezug genommenen Provisionsbestimmungen unwirksam wären, hat der Beklagte nicht geltend gemacht.

48

IV. Der Beklagte hat gem. § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der erfolglosen Revision zu tragen.


        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    R. Rehwald    

        

    Wolf    
                 

(1) Die Betriebsärzte haben die Aufgabe, den Arbeitgeber beim Arbeitsschutz und bei der Unfallverhütung in allen Fragen des Gesundheitsschutzes zu unterstützen. Sie haben insbesondere

1.
den Arbeitgeber und die sonst für den Arbeitsschutz und die Unfallverhütung verantwortlichen Personen zu beraten, insbesondere bei
a)
der Planung, Ausführung und Unterhaltung von Betriebsanlagen und von sozialen und sanitären Einrichtungen,
b)
der Beschaffung von technischen Arbeitsmitteln und der Einführung von Arbeitsverfahren und Arbeitsstoffen,
c)
der Auswahl und Erprobung von Körperschutzmitteln,
d)
arbeitsphysiologischen, arbeitspsychologischen und sonstigen ergonomischen sowie arbeitshygienischen Fragen, insbesondere
des Arbeitsrhythmus, der Arbeitszeit und der Pausenregelung,der Gestaltung der Arbeitsplätze, des Arbeitsablaufs und der Arbeitsumgebung,
e)
der Organisation der "Ersten Hilfe" im Betrieb,
f)
Fragen des Arbeitsplatzwechsels sowie der Eingliederung und Wiedereingliederung Behinderter in den Arbeitsprozeß,
g)
der Beurteilung der Arbeitsbedingungen,
2.
die Arbeitnehmer zu untersuchen, arbeitsmedizinisch zu beurteilen und zu beraten sowie die Untersuchungsergebnisse zu erfassen und auszuwerten,
3.
die Durchführung des Arbeitsschutzes und der Unfallverhütung zu beobachten und im Zusammenhang damit
a)
die Arbeitsstätten in regelmäßigen Abständen zu begehen und festgestellte Mängel dem Arbeitgeber oder der sonst für den Arbeitsschutz und die Unfallverhütung verantwortlichen Person mitzuteilen, Maßnahmen zur Beseitigung dieser Mängel vorzuschlagen und auf deren Durchführung hinzuwirken,
b)
auf die Benutzung der Körperschutzmittel zu achten,
c)
Ursachen von arbeitsbedingten Erkrankungen zu untersuchen, die Untersuchungsergebnisse zu erfassen und auszuwerten und dem Arbeitgeber Maßnahmen zur Verhütung dieser Erkrankungen vorzuschlagen,
4.
darauf hinzuwirken, daß sich alle im Betrieb Beschäftigten den Anforderungen des Arbeitsschutzes und der Unfallverhütung entsprechend verhalten, insbesondere sie über die Unfall- und Gesundheitsgefahren, denen sie bei der Arbeit ausgesetzt sind, sowie über die Einrichtungen und Maßnahmen zur Abwendung dieser Gefahren zu belehren und bei der Einsatzplanung und Schulung der Helfer in "Erster Hilfe" und des medizinischen Hilfspersonals mitzuwirken.

(2) Die Betriebsärzte haben auf Wunsch des Arbeitnehmers diesem das Ergebnis arbeitsmedizinischer Untersuchungen mitzuteilen; § 8 Abs. 1 Satz 3 bleibt unberührt.

(3) Zu den Aufgaben der Betriebsärzte gehört es nicht, Krankmeldungen der Arbeitnehmer auf ihre Berechtigung zu überprüfen.

(1) Der Arbeitgeber hat Betriebsärzte schriftlich zu bestellen und ihnen die in § 3 genannten Aufgaben zu übertragen, soweit dies erforderlich ist im Hinblick auf

1.
die Betriebsart und die damit für die Arbeitnehmer verbundenen Unfall- und Gesundheitsgefahren,
2.
die Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer und die Zusammensetzung der Arbeitnehmerschaft und
3.
die Betriebsorganisation, insbesondere im Hinblick auf die Zahl und die Art der für den Arbeitsschutz und die Unfallverhütung verantwortlichen Personen.

(2) Der Arbeitgeber hat dafür zu sorgen, daß die von ihm bestellten Betriebsärzte ihre Aufgaben erfüllen. Er hat sie bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zu unterstützen; insbesondere ist er verpflichtet, ihnen, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist, Hilfspersonal sowie Räume, Einrichtungen, Geräte und Mittel zur Verfügung zu stellen. Er hat sie über den Einsatz von Personen zu unterrichten, die mit einem befristeten Arbeitsvertrag beschäftigt oder ihm zur Arbeitsleistung überlassen sind.

(3) Der Arbeitgeber hat den Betriebsärzten die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderliche Fortbildung unter Berücksichtigung der betrieblichen Belange zu ermöglichen. Ist der Betriebsarzt als Arbeitnehmer eingestellt, so ist er für die Zeit der Fortbildung unter Fortentrichtung der Arbeitsvergütung von der Arbeit freizustellen. Die Kosten der Fortbildung trägt der Arbeitgeber. Ist der Betriebsarzt nicht als Arbeitnehmer eingestellt, so ist er für die Zeit der Fortbildung von der Erfüllung der ihm übertragenen Aufgaben freizustellen.

(1) Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit sind bei der Anwendung ihrer arbeitsmedizinischen und sicherheitstechnischen Fachkunde weisungsfrei. Sie dürfen wegen der Erfüllung der ihnen übertragenen Aufgaben nicht benachteiligt werden. Betriebsärzte sind nur ihrem ärztlichen Gewissen unterworfen und haben die Regeln der ärztlichen Schweigepflicht zu beachten.

(2) Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit oder, wenn für einen Betrieb mehrere Betriebsärzte oder Fachkräfte für Arbeitssicherheit bestellt sind, der leitende Betriebsarzt und die leitende Fachkraft für Arbeitssicherheit, unterstehen unmittelbar dem Leiter des Betriebs.

(3) Können sich Betriebsärzte oder Fachkräfte für Arbeitssicherheit über eine von ihnen vorgeschlagene arbeitsmedizinische oder sicherheitstechnische Maßnahme mit dem Leiter des Betriebs nicht verständigen, so können sie ihren Vorschlag unmittelbar dem Arbeitgeber und, wenn dieser eine juristische Person ist, dem zuständigen Mitglied des zur gesetzlichen Vertretung berufenen Organs unterbreiten. Ist für einen Betrieb oder ein Unternehmen ein leitender Betriebsarzt oder eine leitende Fachkraft für Arbeitssicherheit bestellt, steht diesen das Vorschlagsrecht nach Satz 1 zu. Lehnt der Arbeitgeber oder das zuständige Mitglied des zur gesetzlichen Vertretung berufenen Organs den Vorschlag ab, so ist dies den Vorschlagenden schriftlich mitzuteilen und zu begründen; der Betriebsrat erhält eine Abschrift.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.