Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 07. Juni 2018 - 5 Sa 459/17

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2018:0607.5Sa459.17.00
bei uns veröffentlicht am07.06.2018

Tenor

1. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 30. August 2017, Az. 4 Ca 436/17, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Höhe des jährlichen Urlaubsanspruchs ab dem Jahr 2016.

2

Die zwölf Kläger waren bei der Busverkehr Rhein-Neckar GmbH (BRN) langjährig als Busfahrer beschäftigt, sie wurden im Linienbusverkehr der Stadt B-Stadt eingesetzt. Mit Wirkung ab 15.06.2014 wurde ua. das Linienbündel B-Stadt von der Vergabestelle für die Dauer von zehn Jahren neu vergeben. Die Beklagte erhielt im Rahmen der Ausschreibung den Zuschlag.

3

Die Vergabestelle hatte in den Ausschreibungsunterlagen von der Ermächtigung des Art. 4 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße Gebrauch gemacht und in Kapitel 8 der Leistungsbeschreibung folgendes angeordnet:

4

"8 PERSONAL

5

8.1 Tariftreue

6

Der Konzessionsträger ist verpflichtet, die Bestimmungen des Tariftreuegesetzes Rheinland-Pfalz sowohl im Hinblick auf die Einhaltung des ortsüblichen Tarifes als auch im Hinblick auf die Einhaltung des Mindestlohnes zu erfüllen …

7

8.2 Personalübernahme

8

Zum Schutze der Arbeitnehmer der bisherigen Betreiber, soweit sie mit mindestens 70 % ihrer regulären Arbeitszeit in den Linienbündeln im Fahrdienst eingesetzt sind, wird von der Ermächtigung des Art. 4 Abs. 5 VO(EG) Nr. 1370/2007 Gebrauch gemacht.

9

Der Bieter wird verpflichtet, den in den Mitarbeiterlisten aufgeführten Arbeitnehmern, die bei den Inhabern der derzeitigen Liniengenehmigungen bislang mit der Durchführung des bisherigen Verkehrsangebotes im Linienbündel beschäftigt waren, unter Maßgabe dieser Leistungsbeschreibung die Rechte zu gewähren, auf die sie Anspruch hätten, wenn ein Übergang im Sinne der Richtlinie 2001/23/EG erfolgen würde. Die zu gewährenden Rechte sind dabei auf die im Weiteren festgehaltenen Vorgaben der Leistungsbeschreibung beschränkt. Dies schließt den Übergang aller betroffenen Arbeitsverhältnisse ein, sofern dem Übergang nicht widersprochen wird. Maßgeblich wird auf die Rechte, die zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Vergabe gelten, abgestellt.

10

Demgemäß hat der Bieter zu erklären, dass er sich zu einer Übernahme aller betroffenen Arbeitnehmer verpflichtet. Die Arbeitnehmer sind gem. § 613a Abs. 5 BGB zu unterrichten.

11

Weiterhin hat sich der Bieter gem. Art. 4 Abs. 5 S. 2 VO(EG) Nr. 1370/2007 zu verpflichten, die zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Vergabe geltenden Sozialstandards im Hinblick auf die Entgelthöhe und die betriebliche Altersversorgung nach Maßgabe dieser Vergabeunterlagen als Mindestarbeitsbedingungen unbefristet einzuhalten. Insoweit erfolgen die nachfolgenden Angaben zu den vertraglichen Rechten und Bedingungen, unter denen die betreffenden Arbeitnehmer in einem Verhältnis zu den betreffenden Diensten stehen.

12

Abgesichert werden damit nur das in den Tarifverträgen dargestellte Lohnniveau und die Altersversorgung. Für alle anderen Details der zu übernehmenden Arbeitsverhältnisse (wie z.B. Pausenzeiten und Ähnliches) werden keine Vorgaben nach Art. 4 Abs. 5 VO 1370/2007 gemacht, so dass hier lediglich die Regelungen des Tariftreuegesetzes zu beachten sind.

13

Die betroffenen Arbeitnehmer sind beschäftigt bei der BRN …und der ….

14

Die Arbeitsbedingungen der Mitarbeiter sind grundsätzlich im Manteltarifvertrag sowie dem Entgelttarifvertrag geregelt.

15

16

Die Beschäftigungszeit beim bisherigen Arbeitgeber ist bei der tariflichen Eingruppierung, bei Fragen des Kündigungsschutzes sowie des aktiven und passiven Wahlrechts zum Betriebsrat zu berücksichtigen, nicht hingegen bei der Bemessung etwaiger Sozialplankosten am Ende der vergebenen Konzessionslaufzeit.

17

…"

18

Die Beklagte beschäftigt seit 15.06.2014 insgesamt 47 Arbeitnehmer, die vormals bei der BRN beschäftigt waren, darunter 44 Busfahrer, ua. die zwölf Kläger. Die Kläger haben dem Betreiberwechsel nicht widersprochen und arbeiten seit 15.06.2014 für die Beklagte zu einem Monatsverdienst von ca. € 2.300,00 brutto. Die Beklagte bot allen Mitarbeitern, die vormals bei der BRN beschäftigt waren - also auch den Klägern - schriftliche Arbeitsverträge an. Die Kläger lehnten die Angebote ab. Diese enthielten in Ziff. 22 folgende Regelungen:

19

"Das Arbeitsverhältnis ist nach Art. 4 Abs. 5 Verordnung 1370/2007 mit folgender Maßgabe auf die [Beklagte] übergegangen:

20

a) Die Beschäftigungszeit bei der BRN wird von der [Beklagten] bei der tariflichen Eingruppierung, bei Fragen des Kündigungsschutzes sowie des aktiven und passiven Wahlrechts zum Betriebsrat berücksichtigt, nicht hingegen bei der Bemessung etwaiger Sozialplankosten am Ende der vergebenen Konzessionslaufzeit. Als rechtliches Eintrittsdatum gilt für den Arbeitnehmer insoweit der […].

21

b) Die bei der BRN bestehende Regelung zur betrieblichen Altersversorgung wird von der [Beklagten] als Besitzstand unbefristet fortgeführt.

22

c) Die in MTV und ETV BRN zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Aus-schreibung festgelegten tariflichen Regelungen zur Höhe des Monatstabellenentgelts, zur Höhe der Zulagen, zur Höhe des Urlaubs- und Weihnachtsgelds, zur Höhe der VWL und zur Höhe der Aufwandsentschädigung werden von der [Beklagten] als Besitzstand unbefristet eingehalten.

d) ...

23

e) Die Höhe des Urlaubsanspruchs gehört nicht zum nach Art. 4 Abs. 5 Verordnung 1370/2007 gesicherten Besitzstand. Die [Beklagte] berechnet gleichwohl den Urlaubsanspruch auf Basis der Beschäftigungszeit BRN."

24

Die Kläger erhoben im Jahr 2014 Klage auf Feststellung, dass ihre Arbeitsverhältnisse zu unveränderten Bedingungen mit der Beklagten fortbestehen. Sie waren der Ansicht, ihre Arbeitsverhältnisse seien im Wege des Betriebsübergangs auf die Beklagte übergegangen. Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben; das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen (LAG Rheinland-Pfalz 01.02.2016 - 3 Sa 258/15) und zur Begründung ausgeführt, es liege kein Betriebsübergang iSv. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB - wie auch iSd. Richtlinie 2001/23/EG - vor. Das Bundesarbeitsgericht hat die Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger mit Beschluss vom 16.08.2016 (8 AZN 465/16) verworfen.

25

Die Beklagte gewährt den Klägern Erholungsurlaub nach den Bestimmungen des Manteltarifvertrages für die gewerblichen Arbeitnehmer im privaten Transport- und Verkehrsgewerbe in Rheinland-Pfalz. Die Betriebszugehörigkeit berechnet sie ab 15.06.2014. In § 22 MTV ist - soweit vorliegend von Interesse - folgendes geregelt:

26

II. Höhe des Urlaubs

27

(1) …

28

(2) Der Erholungsurlaub bei unbefristetem Arbeitsverhältnis beträgt 26 Tage.

29

Dazu wird folgender Zusatzurlaub entsprechend der Betriebszugehörigkeit gewährt:

30

nach 4 Jahren

1 Tag 

nach 6 Jahren

2 Tage

nach 8 Jahren

3 Tage

nach 10 Jahren

4 Tage.

31

Mitarbeiter, die zum 31.12.2005 bereits beschäftigt sind und mehr als 30 Tage Urlaub pro Jahr erhalten, genießen Bestands- und Vertrauensschutz."

32

Die Kläger machen nach vergeblicher Geltendmachung mit Schreiben vom 08.12.2016 mit ihren im März 2017 erhobenen Klagen, die das Arbeitsgericht verbunden hat, ab dem Jahr 2016 die Gewährung von vier zusätzlichen Urlaubstagen geltend. Die Beklagte gewähre ihnen nur 26 Urlaubstage, obwohl sie unter Berücksichtigung ihrer Betriebszugehörigkeit bei der BRN bereits über zehn Jahre beschäftigt seien und demnach jährlich 30 Urlaubstage beanspruchen könnten. Die Beklagte behandle sie gegenüber den Arbeitskollegen, die den angebotenen neuen Arbeitsvertrag angenommen und nicht im Vorprozess geklagt haben, schlechter. Deren Urlaubsanspruch berechne sie auf Basis der Beschäftigungszeit bei der BRN, während sie ihre Betriebszugehörigkeit erst ab dem 15.06.2014 berücksichtige. Diese Schlechterstellung stelle eine Maßregelung iSd. § 612a BGB dar und verstoße gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.

33

Die Kläger haben erstinstanzlich beantragt,

34

1. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Klägern ab 2016 zusätzliche vier Urlaubstage pro Kalenderjahr zu gewähren,

35

2. hilfsweise, den nicht gewährten Urlaub von vier Tagen im Jahre 2016 der Kläger bei der Beklagten abzugelten und folglich € 388,00 zu zahlen und festzustellen, dass die Beklagte ab 2017 den Klägern zusätzliche vier Urlaubstage zu gewähren hat,

36

3. hilfsweise, den Klägern einen Gesamtjahresurlaubsanspruch von 30 Tagen Urlaub zu gewähren,

37

4. hilfsweise, die Beklagte zu verurteilen, ab dem Jahre 2016 den Klägern vier Tage Urlaub zusätzlich pro Jahr neben den bereits zu gewährenden 26 Urlaubstagen zu gewähren.

38

Die Beklagte hat beantragt,

39

die Klagen abzuweisen.

40

Das Arbeitsgericht hat die Klagen mit Urteil vom 30.08.2017 abgewiesen und zur Begründung - zusammengefasst - ausgeführt, die Zulässigkeit der Klageanträge könne dahinstehen, weil den Klägern die geltend gemachten Ansprüche nicht zustünden. Die unterschiedliche Behandlung von Busfahrern, die den von der Beklagten angebotenen Arbeitsvertrag unterschrieben haben oder - wie die Kläger - nicht, sei nicht zu beanstanden. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz sei nicht verletzt worden, denn die Beklagte habe den Arbeitsvertrag sämtlichen Arbeitnehmern - also auch den Klägern - angeboten. Die unterschiedliche Behandlung stelle auch keine Maßregelung iSv. § 612a BGB dar, denn die Beklagte habe allen Arbeitnehmern das Vertragsangebot unterbreitet. Wegen der weiteren Einzelheiten der erstinstanzlichen Begründung wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

41

Gegen das am 04.10.2017 zugestellte Urteil habe die zwölf Kläger mit einem am 26.10.2017 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese innerhalb der bis zum 28.12.2017 verlängerten Begründungsfrist mit einem am 20.12.2017 eingegangenen Schriftsatz begründet.

42

Die Kläger sind der Ansicht, das Arbeitsgericht habe materielles Recht verletzt. Sie hätten den von der Beklagten angebotenen neuen Arbeitsvertrag nicht unterzeichnet, weil sie gerichtlich klären lassen wollten, ob ein Betriebsübergang iSd. § 613a BGB vorliege. Außerdem hätten sie sich für die Zukunft den Rechtsweg nicht abschneiden lassen wollen, insb. um bei Kündigungen oder im Fall eines Sozialplans gerichtlich klären lassen zu können, ob ihre langjährige Betriebszugehörigkeit bei dem vormaligen Betreiber BRN zu berücksichtigen sei. Zwar habe die Beklagte allen Arbeitnehmern einen neuen Arbeitsvertrags angeboten, es liege jedoch eine Ungleichbehandlung vor, weil sie keine "wirklich freie Wahl gehabt" hätten. Es sei auch zu berücksichtigen, dass sie am Tag des Betreiberwechsels - wie die Unterzeichner der neuen Arbeitsverträge - anstandslos weitergearbeitet und damit die Linienbündel garantiert hätten. Es sei deshalb rechtsmissbräuchlich sie anders zu behandeln, als die unterzeichnenden Arbeitnehmer. Hier müsse das Maßregelungsverbot des § 612a BGB in die Bewertung einfließen. Die Beklagte gewähre den Mitarbeiter, die nicht geklagt und den neuen Arbeitsvertrag unterzeichnet haben, Vorteile, die ihnen vorenthalten würden. Insofern liege eine Kausalität zwischen Rechtsausübung und Benachteiligung vor. Hinzu komme der Anspruch auf Gleichbehandlung. Die Beklagte habe nach dem Betreiberwechsel neue Strukturen im Hinblick auf den Urlaub geschaffen und Mitarbeitern, die den neuen Vertrag unterzeichnet haben, als "Belohnung" vier Tage Urlaub mehr zugesagt. Für ihre Ungleichbehandlung bestehe unter Berücksichtigung des Maßregelungsverbots kein sachlicher Grund.

43

Die Kläger beantragen zweitinstanzlich zuletzt,

44

das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 30.08.2017, Az. 4 Ca 436/17, abzuändern und festzustellen, dass ihnen gegen die Beklagte ab dem Jahr 2016 ein Erholungsurlaub in Höhe von 30 Tagen pro Jahr zusteht.

45

Die Beklagte beantragt,

46

die Berufung zurückzuweisen,

47

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

48

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den Inhalt der Sitzungsniederschriften Bezug genommen. Außerdem wird auf den Inhalt der zur Information des Gerichts beigezogenen Akte 3 Sa 258/15 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

49

Die nach § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung der Kläger ist gem. §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG iVm. §§ 519, 520 ZPO zulässig. Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und auch ordnungsgemäß begründet worden.

II.

50

In der Sache hat die Berufung der Kläger keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass die Kläger ab dem Jahr 2016 keine 30 Urlaubstage pro Kalenderjahr von der Beklagten beanspruchen können.

51

1. Der Feststellungsantrag ist zulässig.

52

Bei der Frage des Bestehens oder des Umfangs des Urlaubsgewährungsanspruchs eines Arbeitnehmers handelt es sich um ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis (vgl. BAG 22.09.2010 - 4 AZR 117/09 - Rn. 11 ff). Zwar ist der Zeitraum, innerhalb dessen der Urlaubsgewährungsanspruch in den Jahren 2016 und 2017 hätte erfüllt werden können, bereits abgelaufen. Das Rechtsschutzinteresse der Kläger an der begehrten Feststellung ist dadurch jedoch nicht entfallen. Die Kläger haben die Beklagte mit Schreiben vom 08.12.2016 aufgefordert, ihnen für das Jahr 2016 und auch für die zukünftigen Jahre zusätzlich vier Urlaubstage zu gewähren. Dies hat die Beklagte mit Schreiben vom 14.12.2016 abgelehnt. Damit hätten die Kläger nach bisheriger Rechtsprechung für diese Jahre als Schadensersatz einen Ersatzurlaubsanspruch, der grundsätzlich im Wege der Naturalrestitution durch Freistellung zu erfüllen wäre (vgl. BAG 24.05.2017 - 5 AZR 251/16 - Rn. 72 mwN).

53

2. Die Klage ist unbegründet. Es fehlt an einer Anspruchsgrundlage.

54

a) Ein Anspruch der Kläger auf 30 Tage Jahresurlaub ab dem Jahr 2016 folgt nicht aus § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB iVm. § 22 (2) MTV für die gewerblichen Arbeitnehmer des Transport- und Verkehrsgewerbes Rheinland-Pfalz. Es steht aufgrund des rechtskräftigen Urteils des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 01.02.2016 (3 Sa 258/15) fest, dass die Arbeitsverhältnisse der Kläger nicht im Wege eines Betriebsübergangs iSv. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB - wie auch iSd. Richtlinie 2001/23/EG - auf die Beklagte übergangen sind. Die präjudizielle Wirkung dieser Vorentscheidung ist ohne erneute sachliche Prüfung auch im vorliegenden Prozess zu beachten (vgl. BAG 23.03.2017 - 8 AZR 543/15 - Rn. 15 mwN). Damit ist die Beklagte gesetzlich nicht verpflichtet, die bisherigen Zeiten der Betriebszugehörigkeit der Kläger zur BRN bei der Ermittlung der Höhe des Urlaubsanspruchs zu berücksichtigen. Die Betriebszugehörigkeit bei der Beklagten beginnt - für den Urlaubsanspruch - erst am 15.06.2014. Die Beklagte ist ausweislich der Leistungsbeschreibung von der Vergabestelle, die von der Ermächtigung des Art. 4 Abs. 5 VO(EG) Nr. 1370/2007 Gebrauch gemacht hat, (lediglich) verpflichtet worden, die Beschäftigungszeit beim bisherigen Arbeitgeber bei der tariflichen Eingruppierung, bei Fragen des Kündigungsschutzes sowie des aktiven und passiven Wahlrechts zum Betriebsrat zu berücksichtigen. Die Berücksichtigung der Beschäftigungszeit beim bisherigen Betreiber für die Höhe des Urlaubsanspruchs gehört nicht zum nach Art. 4 Abs. 5 VO(EG) Nr. 1370/2007 gesicherten Besitzstand.

55

b) Die Kläger können den Anspruch auf 30 Urlaubstage ab dem Jahr 2016 nicht aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz herleiten.

56

aa) Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet dem Arbeitgeber, seine Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbst gesetzten Regel gleich zu behandeln. Damit verbietet der Gleichbehandlungsgrundsatz eine sachfremde Gruppenbildung und die willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb einer Gruppe (vgl. BAG 21.09.2011 - 5 AZR 520/10 - Rn. 18 mwN).

57

bb) Den Anforderungen des Gleichbehandlungsgrundsatzes hat die Beklagte genügt. Bei der Gewährung von vier zusätzlichen Urlaubstagen hat sie weder eine Gruppenbildung vorgenommen noch eine verteilende Entscheidung getroffen. Es liegt - entgegen der Ansicht der Kläger - auch kein rechtsmissbräuchliches Verhalten der Beklagten vor.

58

Die Beklagte hat allen Arbeitnehmern - auch den Klägern, deren Arbeitsverhältnisse durch den Betreiberwechsel zum 15.06.2014 betroffen waren, neue Arbeitsverträge angeboten. Die Teilung der Belegschaft in eine Gruppe, die das Angebot der Beklagten annahm und in eine solche, die es ablehnte, erfolgte unabhängig vom Willen der Beklagten durch die Entscheidung jedes einzelnen Arbeitnehmers für oder gegen den Abschluss eines Arbeitsvertrags. In dieser Entscheidung waren die Arbeitnehmer frei.

59

Das Argument der Kläger, sie hätten "keine wirklich freie Wahl gehabt" das Vertragsangebot anzunehmen oder abzulehnen, verhilft der Klage nicht zum Erfolg. Die Motive der Kläger für die Ablehnung der Vertragsangebote sind unbeachtlich. Unabhängig davon hätten sich die Kläger - entgegen ihrer Ansicht - bei einer Vertragsunterzeichnung nicht das Recht abgeschnitten, gerichtlich klären zu lassen, dass ihre Arbeitsverhältnisse mit der Beklagten zu bestimmten Arbeitsbedingungen, nämlich zu den Arbeitsbedingungen ihrer mit der BRN geschlossenen Arbeitsverträgen bestehen (vgl. BAG 25.08.2016 - 8 AZR 53/15 - Rn. 22). Eine Vereinbarung, die verhindern soll, dass der Betriebserwerber in sämtliche bestehende Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis eintritt, diente der Umgehung des § 613a Abs. 1 und Abs. 4 Satz 1 BGB und wäre gem. § 134 BGB nichtig (vgl. BAG 21.04.2010 - 4 AZR 768/08 - Rn. 23 mwN).

60

Der Gewährung von vier zusätzlichen Urlaubstagen nur an die Arbeitnehmer, die das Vertragsangebot angenommen hatten, LAG keine verteilende Entscheidung der Beklagten zugrunde. Die Beklagte ist lediglich ihren vertraglichen Verpflichtungen aus den abgeschlossenen Arbeitsverträgen nachgekommen. Wie der bloße Normenvollzug enthält auch die bloße Vertragserfüllung keine verteilende Entscheidung des Arbeitgebers. Eine solche trifft der Arbeitgeber erst dann, wenn er freiwillig, dh. ohne rechtliche Verpflichtung über die Vertragserfüllung hinaus Leistungen gewährt (vgl. BAG 21.09.2011 - 5 AZR 520/10 - Rn. 21 mwN). Die vier zusätzlichen Urlaubstage sind nicht eine über die bloße Vertragserfüllung hinausgehende zusätzliche freiwillige Leistung der Beklagten, sondern Bestandteil ihrer Verpflichtungen aus den abgeschlossenen Arbeitsverträgen.

61

c) Die Beklagte hat unabhängig davon, ob es sich überhaupt um eine Anspruchsgrundlage handelt, das Maßregelungsverbot des § 612a BGB nicht verletzt.

62

aa) Gemäß § 612a BGB darf der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme nicht benachteiligen, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt. Eine Benachteiligung liegt nicht nur vor, wenn der Arbeitnehmer eine Einbuße erleidet, sondern auch dann, wenn ihm Vorteile vorenthalten werden, die der Arbeitgeber Arbeitnehmern gewährt, falls diese Rechte nicht ausüben. Die Tatbestandvoraussetzung „Benachteiligung” ist jedoch nur erfüllt, wenn der Arbeitgeber zwischen verschiedenen Maßnahmen hat wählen können. Hat er sein Verhalten an der Rechtsordnung orientiert, liegt keine Benachteiligung des Arbeitnehmers vor. Knüpft eine Regelung an das (erlaubte) Verhalten des Arbeitnehmers eine diesem nachteilige Rechtsfolge, ist der Arbeitgeber nicht zum Ausgleich der dem Arbeitnehmer erwachsenden Nachteile verpflichtet. Dementsprechend ist der Vollzug einer kollektivrechtlichen Regelung oder einer vertraglichen Vereinbarung keine Benachteiligung iSv. § 612a BGB. Das Maßregelungsverbot setzt darüber hinaus voraus, dass zwischen der Benachteiligung und der Rechtsausübung ein unmittelbarer Zusammenhang besteht. Die zulässige Rechtsausübung muss der tragende Grund, dh. das wesentliche Motiv für die benachteiligende Maßnahme sein. Es reicht nicht aus, dass die Rechtsausübung nur den äußeren Anlass für die Maßnahme bildet (BAG 21.09.2011 - 5 AZR 520/10 - Rn. 27 mwN).

63

bb)  Nach diesen Grundsätzen liegt im Streitfall kein Verstoß gegen das Maßregelungsverbot vor. Die von den Klägern als benachteiligend empfundene Maßnahme der Beklagten hatte ihren Grund nicht in der zulässigen Ablehnung eines neuen Arbeitsvertrags durch die Kläger, sondern in der Erfüllung der Arbeitsverträge mit den Arbeitnehmern, die das Vertragsangebot der Beklagten angenommen hatten.

III.

64

Die Kläger haben gemäß §§ 97 Abs. 1, 100 Abs. 1 ZPO die Kosten zu gleichen Teilen zu tragen.

65

Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst, weil hierfür die gesetzlichen
Voraussetzungen (§ 72 Abs. 2 ArbGG) nicht vorliegen.

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(2) Der bisherige Arbeitgeber haftet neben dem neuen Inhaber für Verpflichtungen nach Absatz 1, soweit sie vor dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig werden, als Gesamtschuldner. Werden solche Verpflichtungen nach dem Zeitpunkt des Übergangs fällig, so haftet der bisherige Arbeitgeber für sie jedoch nur in dem Umfang, der dem im Zeitpunkt des Übergangs abgelaufenen Teil ihres Bemessungszeitraums entspricht.

(3) Absatz 2 gilt nicht, wenn eine juristische Person oder eine Personenhandelsgesellschaft durch Umwandlung erlischt.

(4) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebs oder eines Betriebsteils ist unwirksam. Das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen bleibt unberührt.

(5) Der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber hat die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform zu unterrichten über:

1.
den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs,
2.
den Grund für den Übergang,
3.
die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und
4.
die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.

(6) Der Arbeitnehmer kann dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden.

Der Arbeitgeber darf einen Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme nicht benachteiligen, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt.

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

(1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rechtsnormen eines Tarifvertrags oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, so werden sie Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden. Satz 2 gilt nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden. Vor Ablauf der Frist nach Satz 2 können die Rechte und Pflichten geändert werden, wenn der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung nicht mehr gilt oder bei fehlender beiderseitiger Tarifgebundenheit im Geltungsbereich eines anderen Tarifvertrags dessen Anwendung zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer vereinbart wird.

(2) Der bisherige Arbeitgeber haftet neben dem neuen Inhaber für Verpflichtungen nach Absatz 1, soweit sie vor dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig werden, als Gesamtschuldner. Werden solche Verpflichtungen nach dem Zeitpunkt des Übergangs fällig, so haftet der bisherige Arbeitgeber für sie jedoch nur in dem Umfang, der dem im Zeitpunkt des Übergangs abgelaufenen Teil ihres Bemessungszeitraums entspricht.

(3) Absatz 2 gilt nicht, wenn eine juristische Person oder eine Personenhandelsgesellschaft durch Umwandlung erlischt.

(4) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebs oder eines Betriebsteils ist unwirksam. Das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen bleibt unberührt.

(5) Der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber hat die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform zu unterrichten über:

1.
den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs,
2.
den Grund für den Übergang,
3.
die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und
4.
die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.

(6) Der Arbeitnehmer kann dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden.

Der Arbeitgeber darf einen Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme nicht benachteiligen, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 13. November 2008 - 15 Sa 794/08 - aufgehoben.

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn vom 3. April 2008 - 1 Ca 1933/07 - abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen Anspruch der Klägerin auf Zahlung einer tariflich geregelten Sonderzahlung und auf Gewährung eines zusätzlichen Urlaubstages.

2

Die Klägerin ist seit dem 1. August 1990 bei der Beklagten als Diplompsychologin und Diplomökotrophologin beschäftigt. In dem schriftlichen Arbeitsvertrag der Parteien vom 15. Mai 1990 heißt es ua.:

        

㤠2

        

Das Arbeitsverhältnis richtet sich nach dem Manteltarifvertrag (MTV) für die Arbeitnehmer der Kurverwaltung Bad Lippspringe GmbH und der Kuranstalten und Forschungsinstitute Bad Lippspringe GmbH.

        

…       

        

§ 10

        

Änderungen und Ergänzungen des Vertrages bedürfen der Schriftform.“

3

Die Klägerin war ursprünglich Mitglied der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di. Sie trat am 28. September 2006 aus der Gewerkschaft aus.

4

Am 25. Mai 2007 vereinbarten die Gewerkschaft ver.di und der Arbeitgeberverband für die Gebiete Paderborn, Büren, Warburg und Höxter e. V. (AGV) vor dem Hintergrund von erheblichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Beklagten eine „Modifizierung des Änderungstarifvertrages zum 3. Beschäftigungssicherungstarifvertrag (ÄTV z. 3. BSTV) und des Manteltarifvertrages MZG und KHK GmbH (MTV)“ (TV Modifizierung). Darin wird ua.

        

„ergänzend bzw. abweichend von den Regelungen des Änderungstarifvertrages zum 3. Beschäftigungssicherungstarifvertrag (ÄTV z. 3. BSTV) zur Vermeidung einer kurzfristigen Insolvenz Folgendes vereinbart:

        

§ 3 Ziff. 1 Abs. 1 ÄTV z. 3. BSTV wird wie folgt ergänzt:

        

1.    

        

Die Zuwendung nach § 36 MTV wird für das Jahr 2007 ausgesetzt. Diejenigen Arbeitnehmer der MZG Bad Lippspringe GmbH, der Karl-Hansen-Klinik GmbH und der MZG Pflege GmbH (...), die nachweislich Mitglied der tarifvertragsschließenden Gewerkschaft sind, erhalten als Anspruchsberechtigte stattdessen für das Kalenderjahr 2007 einen Festbetrag i. H. v. 250,00 Euro brutto und einen zusätzlichen Urlaubstag, soweit dies bis zum 01.09.2007 von den Anspruchsberechtigten geltend gemacht worden ist. ... Die Gewährung des zusätzlichen Urlaubstages erfolgt im Laufe der belegungsschwachen Zeiten vom 01. November 2007 bis 31. März 2008. 50 % des Festbetrages werden mit dem Gehalt für den Monat November 2007 und 50 % des Festbetrages werden mit dem Gehalt für den Monat März 2008 ausgezahlt.

        

…“    

5

Die Klägerin hat nach erfolgloser Geltendmachung des tariflichen Festbetrages und der Gewährung eines zusätzlichen Urlaubstages Klage erhoben und die Auffassung vertreten, die Beschränkung der Leistungen auf Gewerkschaftsmitglieder sei eine unzulässige Differenzierungsklausel. Sie enthalte ferner eine unwirksame Stichtagsregelung. Deswegen stehe ihr auch als Nicht-Gewerkschaftsmitglied diese Leistung zu.

6

Die Klägerin hat beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 250,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus je 125,00 Euro seit dem 1. Dezember 2007 und dem 1. April 2008 zu zahlen.

        

2.    

festzustellen, dass der Klägerin gegen die Beklagte aus dem Zeitraum vom 1. November 2007 bis zum 31. März 2008 ein zusätzlicher Urlaubstag zusteht.

7

Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag damit begründet, dass die Klägerin die Anspruchsvoraussetzung einer Mitgliedschaft in der tarifvertragsschließenden Gewerkschaft nicht erfülle. Die Klausel sei wirksam.

8

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte weiterhin die Klageabweisung. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist begründet. Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch nicht zu.

10

I. Die Klage ist - auch hinsichtlich des Feststellungsantrages - zulässig. Allerdings bedarf der Antrag der Auslegung.

11

1. Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Die Feststellungsklage kann sich auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken - sog. Elementenfeststellungsklage -. Auch die Anwendbarkeit eines bestimmten Tarifvertrages oder Tarifwerkes auf ein Arbeitsverhältnis kann Gegenstand einer Feststellungsklage sein (BAG 22. Oktober 2008 - 4 AZR 784/07 - Rn. 11 mwN, BAGE 128, 165 ). Das von § 256 Abs. 1 ZPO vorausgesetzte besondere Feststellungsinteresse muss als Sachurteilsvoraussetzung in jeder Lage des Verfahrens, auch noch in der Revisionsinstanz, gegeben sein. Sein Vorliegen ist von Amts wegen zu prüfen (st. Rspr., etwa BAG 17. Oktober 2007 - 4 AZR 1005/06 - Rn. 14, BAGE 124, 240).

12

2. Danach ist die Klage auch hinsichtlich des Feststellungsantrages zu 2. zulässig. Bei der Frage des Bestehens oder des Umfangs des Urlaubsgewährungsanspruchs eines Arbeitnehmers handelt es sich um ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis. Zwar ist der Zeitraum, innerhalb dessen der Urlaubsgewährungsanspruch nach dem Wortlaut des TV Modifizierung hätte erfüllt werden können, bereits abgelaufen. Das Rechtsschutzinteresse der Klägerin an der begehrten Feststellung ist dadurch jedoch nicht entfallen. Die Klägerin hatte mit ihrem Geltendmachungsschreiben vom 6. August 2007 die Beklagte aufgefordert, ihr mitzuteilen, ob diese bereit ist, ihr den zusätzlichen Urlaubstag zu gewähren. Dies hat die Beklagte in ihrem Schreiben vom 17. September 2007 an die Bevollmächtigten der Klägerin abgelehnt. Damit ist die Beklagte hinsichtlich eines evtl. Urlaubsgewährungsanspruchs der Klägerin in Verzug geraten, was sie - im Falle des Bestehens des Urlaubsgewährungsanspruchs - zum Schadensersatz in Form der Gewährung eines Ersatzurlaubes im gleichen Umfang verpflichten kann (st. Rspr., vgl. nur BAG 11. April 2006 - 9 AZR 523/05 - Rn. 24 mwN, AP BUrlG § 7 Übertragung Nr. 28 = EzA BUrlG § 7 Nr. 116). Zwar gerät ein Arbeitgeber hinsichtlich der Urlaubsgewährung erst dann in Verzug, wenn er eine konkrete Geltendmachung unter Angabe des vom Arbeitnehmer gewünschten Zeitraumes zu Unrecht abgelehnt hat (BAG 25. Juni 1996 - 9 AZR 182/95 - BAGE 83, 225). Eine solche konkrete Geltendmachung des zusätzlichen Urlaubsanspruchs der Klägerin war aber nach dem Grundgedanken des § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB entbehrlich, da die Beklagte den Bestand des Anspruchs grundsätzlich verneint und damit eine entsprechende Leistung ernsthaft und endgültig verweigert hat.

13

Die Klägerin kann auch nicht auf eine - vorrangige - Leistungsklage auf Gewährung eines Urlaubstages verwiesen werden. Der Urlaub ist nach § 7 Abs. 2 Satz 1 BUrlG grundsätzlich zusammenhängend zu gewähren. Der Urlaubsgewährung geht regelmäßig eine konkret nach Datum festgelegte Urlaubsforderung des Arbeitnehmers und damit eine Planung mit einer bestimmten Anzahl von zu gewährenden Urlaubstagen voraus. Ist lediglich die Zahl der zu gewährenden Urlaubstage grundsätzlich im Streit, kann diese in geeigneten Fällen auch vor einer konkreten Urlaubsforderung im Wege einer Feststellungsklage geklärt werden.

14

II. Der Antrag ist aber nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrten Leistungen. Ungeachtet dessen, ob die allein als Anspruchsgrundlage in Betracht kommende Verweisungsklausel überhaupt den Tarifvertrag vom 25. Mai 2007 erfasst, erfüllt die Klägerin jedenfalls nicht die dort genannte Voraussetzung einer Mitgliedschaft in der Gewerkschaft ver.di. Die Tarifregelung ist auch nicht unwirksam. Im Übrigen hätte die Klägerin auch bei Unwirksamkeit der Klausel keinen Anspruch auf die begehrte Leistung.

15

1. Das Landesarbeitsgericht hat die Beklagte zur Gewährung der im Antrag genannten Leistungen für verpflichtet gehalten, weil in der vertraglichen Verweisungsklausel eine Gleichstellungsabrede zu sehen sei, die nicht tarifgebundene Arbeitnehmer so stellt, als seien sie tarifgebunden. Wäre die Klägerin zum Zeitpunkt des Abschlusses der tariflichen Vereinbarung vom 25. Mai 2007 noch ver.di-Mitglied gewesen, seien die dort für die Mitglieder vereinbarten Leistungen auch ihr zu gewähren. Auf die Wirksamkeit der Differenzierungsklausel als solche komme es deshalb nicht an.

16

2. Dies ist unzutreffend. Die Verweisungsklausel im Arbeitsvertrag verleiht der Klägerin nicht auf vertraglicher Grundlage den Status eines Gewerkschaftsmitglieds, sondern bindet die Parteien lediglich an das im Arbeitsvertrag in Bezug genommene Tarifwerk. Selbst wenn hierzu auch der TV Modifizierung gehören sollte, ist die dort genannte Anspruchsvoraussetzung der Mitgliedschaft in der Gewerkschaft ver.di zulässig und wird von der Klägerin nicht erfüllt.

17

a) Ein normativ aus dem TV Modifizierung unmittelbar begründeter Anspruch besteht nicht.

18

aa) Der TV Modifizierung ist zwar ein Tarifvertrag. Er ist eine Vereinbarung zwischen den Tarifvertragsparteien ver.di Landesbezirk NRW und dem AGV. Er ändert den ÄndTV zum 3. BSTV, der seinerseits als - zeitlich begrenzt - den Manteltarifvertrag des Medizinischen Zentrums für Gesundheit Bad Lippspringe GmbH, der Karl-Hansen-Klinik GmbH und der MZG-Pflege GmbH (MTV MZG KHK) ändernder Tarifvertrag anzusehen ist. Damit ist der TV Modifizierung ein Tarifvertrag, weil mit ihm die Tarifvertragsparteien des 3. BSTV dessen zwingend und unmittelbar wirkende Normen (§ 4 Abs. 1 TVG)ändern wollten und damit ihrerseits zwingend und unmittelbar wirkende Normen geschaffen haben.

19

bb) Die Klägerin ist jedoch nicht Mitglied der vertragsschließenden Gewerkschaft ver.di iSv. § 4 Abs. 1 TVG. Sie ist zum 28. September 2006 aus der Gewerkschaft ausgetreten und damit an die Normen des später geschlossenen TV Modifizierung nicht mehr normativ gebunden.

20

b) Auch aus der einzelvertraglichen Verweisungsklausel ergibt sich ein solcher Anspruch nicht. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Verweisungsklausel den TV Modifizierung überhaupt erfasst. Selbst wenn er Anwendung auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet, erfüllt die Klägerin nicht die in der von ihr geltend gemachten Anspruchsgrundlage in Ziff. 1 genannte Anspruchsvoraussetzung einer Mitgliedschaft in der Gewerkschaft ver.di. Gegen die Wirksamkeit dieser Tarifregelung bestehen weder aus verfassungsrechtlicher noch aus tarifrechtlicher Sicht Bedenken.

21

aa) Dabei kann zu Gunsten der Klägerin unterstellt werden, dass die arbeitsvertragliche Verweisungsklausel den TV Modifizierung erfasst. Hiervon sind die Vorinstanzen und die Parteien ersichtlich ausgegangen. Zwar verweist der Arbeitsvertrag lediglich auf den „Manteltarifvertrag (MTV) für die Arbeitnehmer der Kurverwaltung Bad Lippspringe GmbH und der Kuranstalten und Forschungsinstitute Bad Lippspringe GmbH“. Selbst wenn man diese Klausel als eine dynamische Verweisung verstünde - nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist eine Verweisungsklausel „im Zweifel“ als dynamische Klausel auszulegen (vgl. 17. Januar 2006 - 9 AZR 41/05 - Rn. 30, BAGE 116, 366, 372; 27. Februar 2002 - 9 AZR 562/00 - BAGE 100, 339, 345; vgl. aber auch 19. September 2007 - 4 AZR 710/06 - Rn. 22, AP BGB § 133 Nr. 54 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 36; im Übrigen ist seit dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform die gesetzliche Auslegungsregel in § 305c Abs. 2 BGB zu beachten) -, erschließt sich aus ihrem Wortlaut nicht unmittelbar die Erfassung des vom TV Modifizierung und dem ÄndTV geänderten 3. BSTV zum MTV MZG KHK. Hierzu mangelt es an jedem Vortrag der Klägerin in den Tatsacheninstanzen. Diese Frage kann aber letztlich dahinstehen.

22

bb) Denn selbst wenn man die Anwendung des MTV MZG KHK als für das Arbeitsverhältnis der Parteien vereinbart ansieht, folgt hieraus nicht ohne weiteres der geltend gemachte Anspruch auf die Zahlung und die Gewährung des zusätzlichen Urlaubstages. Die Mitgliedschaft in der Gewerkschaft ver.di ist eine eigenständige Voraussetzung für diese Ansprüche und hat eine eigenständige konstitutive Bedeutung (vgl. BAG 18. März 2009 - 4 AZR 64/08 - Rn. 25, BAGE 130, 43).

23

(1) In Ziff. 1 TV Modifizierung wird als eigenständige rechtsbegründende Anspruchsvoraussetzung die Mitgliedschaft in der Gewerkschaft ver.di festgelegt. Die Bestimmung wiederholt nicht lediglich deklaratorisch die Voraussetzung für eine normative Wirkung des Tarifvertrages nach § 4 Abs. 1 TVG. Dies ergibt sich aus einer Gegenüberstellung der Sätze 1 und 2 von Ziff. 1 TV Modifizierung. Während die Aussetzung der manteltariflich geregelten Zuwendung für das Jahr 2007 allgemein bestimmt ist, wird für die hierfür erkennbar als Kompensation - nämlich „stattdessen“ - bestimmte Leistung eines Festbetrages und eines zusätzlichen Urlaubstages ausdrücklich die Mitgliedschaft in der Gewerkschaft ver.di als Tatbestandsmerkmal aufgeführt. Da ein Tarifvertrag ohnehin nur tarifgebundenen Arbeitnehmern ohne weiteres einen Anspruch verschaffen kann, muss die Sonderregelung für ver.di-Mitglieder nach dem Willen der Tarifvertragsparteien eine eigene, konstitutive Bedeutung haben.

24

(2) Die in Ziff. 1 TV Modifizierung als Anspruchsvoraussetzung genannte Mitgliedschaft in der Gewerkschaft ver.di wird von der Klägerin nicht inhaltlich durch die einzelvertragliche Verweisung auf den MTV MZG KHK und damit auf den TV Modifizierung erfüllt. Diese bewirkt lediglich die Anwendbarkeit des Tarifvertrages, ersetzt jedoch nicht die als besondere Anspruchsvoraussetzung für die Sonderleistungen im Tarifvertrag festgeschriebene Mitgliedschaft in der Gewerkschaft ver.di.

25

Nach der Senatsrechtsprechung ist die erkennbar gewollte Rechtsfolge einer arbeitsvertraglichen Verweisungsklausel, die Anwendung der Tarifnormen im Arbeitsverhältnis herbeizuführen, und nicht etwa, dem Arbeitnehmer allgemein den Status eines Gewerkschaftsmitgliedes zu verschaffen oder ihn zu fingieren. Deshalb wird die Voraussetzung der Gewerkschaftsmitgliedschaft bei einer einfachen Differenzierungsklausel auch nicht bereits durch eine individualvertragliche Verweisungsklausel erfüllt (vgl. ausf. 18. März 2009 - 4 AZR 64/08 - Rn. 29 f. mwN, BAGE 130, 43). Nur diese Auslegung entspricht der strikten Trennung zwischen der durch die Verweisungsklausel bewirkten Rechtslage und der durch die kongruente Tarifgebundenheit bewirkten Geltung des jeweiligen Tarifvertrages, die zur Anwendung des Günstigkeitsprinzips führt, wenn es zu einer Kollision von anzuwendenden Regelungen kommt (vgl. dazu nur BAG 29. August 2007 - 4 AZR 767/06 - BAGE 124, 34; 22. Oktober 2008 - 4 AZR 784/07 - BAGE 128, 165).

26

cc) Die Klägerin hat auch nicht deshalb einen Anspruch auf die begehrte Leistung, weil Ziff. 1 TV Modifizierung mit der dort enthaltenen Anspruchsvoraussetzung einer ver.di-Mitgliedschaft als unzulässige Differenzierung anzusehen wäre und daraus möglicherweise die Erstreckung des Anspruchs auf Nichtorganisierte folgte. Die tarifliche Regelung in Ziff. 1 TV Modifizierung ist wirksam. Gegen sie bestehen weder verfassungsrechtliche noch tarifrechtliche Bedenken.

27

(1) Eine Tarifregelung wie diejenige in Ziff. 1 TV Modifizierung ist eine einfache Differenzierungsklausel. Sie normiert als zusätzliches Tatbestandsmerkmal für das Entstehen eines einzelnen Anspruchs die Mitgliedschaft in der tarifschließenden Gewerkschaft. Die Koalitionen sind bei der Bestimmung der tatbestandlichen Voraussetzungen für tariflich geregelte Ansprüche weitgehend frei. Der Maßstab für die Zulässigkeit von Differenzierungsklauseln ist die negative Koalitionsfreiheit, insbesondere der Außenseiter. Diese wird durch eine einfache Differenzierungsklausel nicht beeinträchtigt, weil die Normsetzungsmacht der Tarifvertragsparteien sich von Verfassungs und von Gesetzes wegen ausschließlich auf ihre Mitglieder beschränkt. Die normative Wirkung einer Tarifregelung auf Außenseiter ist ausgeschlossen. Eine einfache Differenzierungsklausel schränkt auch die Handlungs- und insbesondere Vertragsfreiheit des Arbeitgebers nicht ein, da es ihm unbenommen bleibt, seine vertraglichen Beziehungen zu nicht oder anders organisierten Arbeitnehmern frei zu gestalten und durchzuführen. Der Rechtskreis der nicht oder anders organisierten Arbeitnehmer kann durch eine Tarifnorm nicht wirksam betroffen werden. Soweit eine Tarifnorm sich auf das Arbeitsverhältnis von Außenseitern auswirkt, beruht dies nicht auf der normativen Wirkung des Tarifvertrages, sondern auf der privatautonom gestalteten Arbeitsvertragsbeziehung zwischen dem Außenseiter und dem Arbeitgeber. Die Beeinträchtigung der negativen Koalitionsfreiheit eines Außenseiters allein durch die Vereinbarung einer Tarifnorm wie der einfachen Differenzierungsklausel ist bereits deshalb ausgeschlossen (vgl. dazu ausf. BAG 18. März 2009 - 4 AZR 64/08 - Rn. 46 bis 59 mwN, BAGE 130, 43).

28

(2) Hilfsweise und ergänzend ist aber auch festzustellen, dass selbst wenn man davon ausgehen sollte, dass ein Tarifvertrag möglicherweise grundsätzlich geeignet sein muss, alle Arbeitsverhältnisse in seinem Geltungsbereich zu regeln, die vorliegende Klausel nicht unwirksam ist, weil sie nach Art und Umfang der geregelten Differenzierung keinen - im Verhältnis zu einem von Rechts wegen schützenswert verfolgten Ziel - unverhältnismäßigen, einen Zwang ähnlichen Druck ausübt, das Recht auf Fernbleiben von einer Koalition aufzugeben (vgl. dazu ausf. BAG 18. März 2009 - 4 AZR 64/08 - Rn. 60 bis 83 mwN, BAGE 130, 43). Der nach dem TV Modifizierung den Gewerkschaftsmitgliedern vorbehaltene Anspruch auf die Sonderzahlung und den Sonderurlaub ist weder seiner Art noch der absoluten Höhe nach geeignet, einen unverhältnismäßigen Zwang auf die Klägerin auszuüben. Es handelt sich um eine zwei Mal jährlich, und damit außerhalb des laufenden Austauschverhältnisses liegende Leistung von insgesamt 250,00 Euro sowie um einen zusätzlichen Urlaubstag, der vom Arbeitsgericht unbeanstandet mit einem Wert von 200,00 Euro geschätzt wurde. Damit liegt im Fall der Klägerin eine Gesamtjahreszusatzleistung von etwa einem Zehntel einer Monatsvergütung vor; das entspricht im Kalenderjahr einem Betrag von deutlich weniger als einem Prozent der Bruttovergütung. Ein verständiger Arbeitnehmer wird allein im Hinblick darauf keinen mit Zwang vergleichbaren Druck verspüren, von seiner Entscheidung gegen eine Gewerkschaftszugehörigkeit Abstand zu nehmen.

29

dd) Ziff. 1 Satz 2 TV Modifizierung ist entgegen der Ansicht der Klägerin auch nicht deshalb unwirksam, weil in der Norm eine Stichtagsregelung für die Gewerkschaftsmitglieder enthalten wäre.

30

(1) Ziff. 1 TV Modifizierung bindet den tariflichen Anspruch auf die genannten Sonderleistungen daran, dass die berechtigten Arbeitnehmer „nachweislich Mitglied der tarifvertragsschließenden Gewerkschaft sind“.

31

(2) Gegen die Wirksamkeit dieser Regelung einer Anspruchsvoraussetzung bestehen keine Bedenken. Die Vertragsparteien eines (Haus-)Tarifvertrages sind weitgehend frei bei der Bestimmung der Voraussetzungen, unter denen Sonderzahlungen geleistet werden. Vorliegend ist lediglich die Mitgliedschaft in der tarifvertragsschließenden Gewerkschaft zur - gesonderten - tariflichen Anspruchsvoraussetzung gemacht worden. Anders als die Klägerin offenbar meint, ist nicht jede Stichtagsregelung als solche bereits ein Grund für die Unwirksamkeit der zugrunde liegenden Bestimmung. Vorliegend ist keine Stichtagsregelung gegeben, die der vom Senat am 9. Mai 2007 (- 4 AZR 275/06 - AP TVG § 3 Verbandszugehörigkeit Nr. 23 = EzA GG Art. 9 Nr. 91)beanstandeten vergleichbar wäre. Ohnehin ging es seinerzeit um eine monatlich zu zahlende, laufende Vergütungserhöhung, die aber auch an später eintretende Gewerkschaftsmitglieder entgegen § 4 Abs. 1 TVG nicht gezahlt werden sollte. Dass eine tariflich geregelte, auf Gewerkschaftsmitglieder beschränkte einmalige Sonderleistung nur an diejenigen Arbeitnehmer gezahlt wird, die zu diesem Zeitpunkt Mitglied der Gewerkschaft sind, ist eine der in § 4 Abs. 1 TVG gesetzlich angeordneten normativen Wirkung von Tarifverträgen entsprechende Rechtswirkung. Auch dort kommt es allein auf den Beginn der Gewerkschaftszugehörigkeit an (vgl. dazu Wiedemann/Oetker TVG 7. Aufl. § 3 Rn. 34 mwN; zur tarifrechtlichen Unwirksamkeit der Vereinbarung einer früheren Rechtswirkung des Gewerkschaftsbeitritts vgl. BAG 22. November 2000 - 4 AZR 688/99 - AP TVG § 3 Verbandszugehörigkeit Nr. 20 = EzA TVG § 3 Nr. 20). Deshalb wird aus der Anspruchsvoraussetzung einer Gewerkschaftsmitgliedschaft keine zu beanstandende Stichtagsregelung. Ferner begründet die im Streitfall zu beurteilende Tarifklausel keine Rückzahlungspflicht für Arbeitnehmer, die später aus der Gewerkschaft ausscheiden, worauf der Senat im herangezogenen Urteil jedoch weiterhin entscheidend abgestellt hatte (9. Mai 2007 - 4 AZR 275/06 - Rn. 34 f., aaO).

32

3. Die Klage ist darüber hinaus deshalb unbegründet, weil selbst bei einer Unwirksamkeit der Differenzierungsklausel in Ziff. 1 Satz 2 TV Modifizierung ein Anspruch der Klägerin auf die dort gewährte Leistung nicht bestehen würde.

33

a) Dabei kann dahinstehen, ob eine - hier angenommene - Unwirksamkeit der Differenzierungsklausel in Ziff. 1 Satz 2 TV Modifizierung lediglich dazu führen würde, dass allein die beanstandete Regelung unwirksam ist, der Tarifvertrag im Übrigen aber unberührt bleibt, oder ob die Unwirksamkeit der Klausel zur Unwirksamkeit des gesamten TV Modifizierung führen würde. In keinem Fall hätte die Klägerin einen Anspruch auf die begehrte Leistung.

34

aa) Geht man davon aus, dass lediglich Ziff. 1 Satz 2 TV Modifizierung unwirksam ist, so kann die Klägerin hieraus keinen Anspruch herleiten. Sie beruft sich zur Begründung ihrer Klage gerade auf die in dieser Regelung enthaltene Rechtsfolge und meint allein, die tarifliche Bestimmung des Tatbestandsmerkmales der ver.di-Mitgliedschaft als Voraussetzung für die geregelte Rechtsfolge sei wegen Verstoßes gegen die negative Koalitionsfreiheit nicht gerechtfertigt. Ist aber die Begrenzung des Anspruchs auf ver.di-Mitglieder unwirksam, so ergibt sich hieraus nicht die Erstreckung des Anspruchs auf alle Arbeitnehmer der Beklagten, sondern lediglich die Unwirksamkeit der gesamten Klausel. Selbst wenn man eine dadurch entstandene „Tarifvertragslücke“ annehmen wollte, könnte diese nicht durch das Gericht dergestalt geschlossen werden, dass an die Stelle der beanstandeten Regelung nunmehr eine neue Regelung träte, die auf sämtliche Arbeitnehmer der Beklagten oder jedenfalls diejenigen, die eine Verweisungsklausel in ihrem Arbeitsvertrag haben, erstreckt werden würde. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Tarifvertragsparteien eine solche Erstreckung vereinbart hätten, wenn sie von einer Unwirksamkeit der Differenzierungsklausel ausgegangen wären. Hierfür gibt es gerade in Ansehung der Situation der Beklagten, bei der bei Abschluss des TV Modifizierung nach übereinstimmender Vorstellung der Tarifvertragsparteien Sanierungsbedarf bestand, keinen Anhaltspunkt.

35

bb) Geht man hingegen davon aus, dass der TV Modifizierung durch eine mögliche Unwirksamkeit von Ziff. 1 Satz 2 insgesamt unwirksam werden würde, so ist die Anspruchsgrundlage, auf die sich die Klägerin beruft, ebenfalls entfallen. Möglicherweise wäre in einer solchen Situation ein Anspruch nach dem - dann nicht mehr „ausgesetzten“ - § 36 MTV MZG KHK gegeben; einen solchen hat die Klägerin aber nicht geltend gemacht.

36

b) Der Senat muss auch nicht abschließend entscheiden, ob hier ausnahmsweise ein Anspruch auf „Gleichbehandlung nach oben“ in Betracht käme. Die hierfür vorausgesetzte bereits erfolgte - und nicht mehr rückgängig zu machende - Leistungserbringung an die - bei unterstellter Unwirksamkeit der Klausel - zu Unrecht begünstigten Gewerkschaftsmitglieder (vgl. dazu BAG 26. Oktober 1995 - 6 AZR 125/95 - BAGE 81, 207, 212 f.; Hanau FS Hromadka S. 115, 119) ist vom Landesarbeitsgericht nicht festgestellt worden. Hierfür wäre die Klägerin darlegungs- und ggf. beweispflichtig gewesen, weil es sich dabei um eine Ausnahmeregelung handelt, deren Voraussetzungen von demjenigen vorzutragen sind, der sich auf sie beruft (vgl. dazu BAG 18. März 2009 - 4 AZR 64/08 - Rn. 127, BAGE 130, 43). Die Klägerin hat hierzu keinen Vortrag erbracht, obwohl sie von Beginn des Rechtsstreits an die Unwirksamkeit gerade derjenigen Klausel behauptet hat, die Anspruchsgrundlage für ihre eigene Forderung sein soll. Im Übrigen ist es nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auch grundsätzlich ausgeschlossen, allein aus der Befolgung eines - unterstellt - unwirksamen Normbefehls durch den Arbeitgeber eine Pflicht des Arbeitgebers zur Gleichbehandlung zu entnehmen. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz bindet den Arbeitgeber an selbst aufgestellte Regeln, nicht an die Befolgung auf ihn - auch vermeintlich - von außen einwirkenden Normbefehlen (vgl. zB BAG 14. März 2007 - 5 AZR 420/06 - BAGE 122, 1, 5). Dazu, dass die Beklagte die tariflich den Gewerkschaftsmitgliedern vorbehaltenen Leistungen in Kenntnis einer vermeintlichen Unwirksamkeit von Ziff. 1 Satz 2 TV Modifizierung eigenständig regelbegründend unabhängig erbracht hätte, hat die Klägerin ebenfalls nichts vorgetragen.

37

III. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin als unterlegene Partei zu tragen (§ 91 Abs. 1 ZPO).

        

    Bepler    

        

    Winter    

        

    Creutzfeldt    

        

        

        

    Hannig    

        

    Rupprecht    

                 

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird - unter Zurückweisung der Revision im Übrigen - das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 20. Oktober 2015 - 8 Sa 1091/13 - in seiner Ziffer 1 insoweit aufgehoben, als die Beklagte verurteilt worden ist, an die Klägerin mehr als 2.797,20 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Februar 2013 zu zahlen.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Vergütung und Schadensersatz wegen verfallenen Urlaubs.

2

Die Klägerin war von August 2007 bis 31. Januar 2013 - mit Unterbrechung vom 1. Januar bis 30. Juni 2011 - bei der Beklagten als Busbegleiterin beschäftigt. Sie hatte vormittags gemeinsam mit dem Busfahrer und einer weiteren Busbegleiterin behinderte Personen an verschiedenen Zusteigepunkten abzuholen, zu einer Einrichtung zu bringen, in der diese betreut werden und nachmittags von dort wieder abzuholen und zurück nach Hause zu begleiten. Dabei wurde sie selbst für beide Touren von zu Hause abgeholt und dorthin zurückgebracht.

3

Die Beklagte ist Mitglied des Verbandes Nordrhein-Westfälischer Omnibusunternehmen e. V., dem im Jahr 2009 432 und im März 2013 450 der 718 privaten Omnibusunternehmen im Land Nordrhein-Westfalen angehörten.

4

Die Parteien schlossen zunächst keinen schriftlichen Arbeitsvertrag. Die Beklagte vergütete die Tätigkeit der Klägerin mit jeweils 7,50 Euro pro Tour. Zahlungen wurden nur für erbrachte Arbeit geleistet. Entgeltfortzahlung für Feiertage oder bei Arbeitsunfähigkeit erhielt die Klägerin ebenso wenig wie bezahlten Erholungsurlaub.

5

Am 13. Juli 2012 schlossen die Parteien folgende schriftliche Vereinbarung:

        

„Hiermit vereinbaren die oben aufgeführten Vertragsparteien einvernehmlich, dass das bestehende Arbeitsverhältnis bis zum 21.08.12 ordentlich abgerechnet wurde.

        

Sämtliche beiderseitigen Forderungen sind bis zum oben genannten Zeitpunkt abgegolten, sein sie bekannt oder unbekannt genannt oder unbenannt.“

6

Ebenfalls am 13. Juli 2012 wurde ein schriftlicher Formulararbeitsvertrag geschlossen, der ua. bestimmt:

        

„1.     

Tätigkeitsbereich, … Arbeitszeit

                 

…       

        
                 

c)    

Die durchschnittliche regelmäßige Arbeitszeit beträgt ca. 20,5 Wochenstunden. Soweit die Schliesszeiten-, Ferien- der Schulen und oder Werkstätten den zustehenden Jahresurlaub überschreiten, ruht während der Zeit das Arbeitsverhältnis mit allen Rechten und Pflichten. Diese Zeit gilt als unbezahlte Freizeit und wird nicht vergütet. …

                 

…       

        
        

2.    

Arbeitsort

                 

Der Einsatz beginnt am Betriebssitz …, oder an der vom Arbeitgeber bekanntgegebenen Einsatzstelle.

        

…       

        
        

5.    

Tätigkeitsbeginn

                 

Das Arbeitsverhältnis beginnt am: 22.08.12

        

…       

        
        

8.    

Tätigkeitsvergütung

                 

A       

Eine Vergütung erfolgt nach gefahrenen Touren bzw. nach Einsatzplan. Die Zeiten zwischen den jeweils angewiesenen Touren sind Freizeiten und werden nicht vergütet. …

                          

Der Arbeitnehmer erhält … entsprechend dem Umfang seiner Tätigkeit einen anteiligen Urlaubsanspruch von 20 Urlaubstagen jährlich. ...

                          

Der Stundenlohn beträgt brutto 9,00 Euro.

        

…       

                 
        

13.     

Kollektivregelungen

                 

Das Arbeitsverhältnis unterliegt im Übrigen den … Tarifverträgen für die gewerblichen Arbeitnehmer des privaten Omnibusgewerbes des Landes Nordrhein-Westfalen NWO in ihrer jeweils letzten Fassung.

                 

Ansprüche aus Mehrarbeit … sowie alle übrigen Ansprüche sind spätestens 3 Monate nach Fälligkeit schriftlich geltend zu machen. …“

7

Der Lohntarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer des privaten Omnibusgewerbes des Landes Nordrhein-Westfalen vom 23. Juli 2007 bestimmt ua.:

        

㤠1

        

Geltungsbereich

        

Dieser Lohntarifvertrag gilt:

        

räumlich: für das Land Nordrhein-Westfalen,

        

fachlich:

für     

                 

a)    

alle Betriebe des privaten Kraftomnibusgewerbes,

                 

…       

        
        

persönlich:

        

für alle in diesen Betrieben tätigen gewerblichen Arbeitnehmer mit Ausnahme derjenigen, die in dieser Tätigkeit weniger als 15 Wochenarbeitsstunden beschäftigt sind.

        

…       

        

§ 3

        

Lohngruppeneinteilung

        

Die Arbeitnehmer, die unter den Geltungsbereich dieses Lohntarifvertrages fallen, werden wie folgt eingruppiert:

        

…       

                          
        

2.    

Fahrdienst

                 

Lohngruppe 1

                 

Ungelernte Arbeiter

                 

…       

        

§ 4

        

Entlohnung

        

(1)     

Die Löhne betragen je Stunde im

                 

…       

        
                                            

ab    

                                   

…       

01.10.2008

                 

II.     

Fahrdienst in

        

Lohngruppe 1

…       

€ 9,25“

8

Die Lohntarifverträge für die gewerblichen Arbeitnehmer des privaten Omnibusgewerbes des Landes Nordrhein-Westfalen vom 8. Juli 2009 und vom 24. August 2011 idF vom 1. Dezember 2011 enthalten - soweit in der Revision von Bedeutung - identische Regelungen, mit Ausnahme der Lohnhöhe. Diese entwickelte sich für die Lohngruppe 1 im Fahrdienst von 9,44 Euro ab 1. Oktober 2009, über 9,56 Euro ab 1. Oktober 2010 auf 9,76 Euro ab 1. Oktober 2011.

9

Der Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer des privaten Omnibusgewerbes des Landes Nordrhein-Westfalen vom 8. Juli 2009 (im Folgenden MTV) bestimmt ua.:

        

㤠21

        

Ausschlußfristen für die Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis

        

…       

        
        

(2)     

Ansprüche aus Mehrarbeit … sowie alle übrigen Ansprüche aus dem Arbeitsvertrag sind spätestens 3 Monate nach Fälligkeit schriftlich geltend zu machen. Dies gilt auch für Ansprüche des Arbeitgebers. Ausgenommen von diesen Ausschlußfristen sind Ansprüche aus unerlaubter Handlung.

        

(3)     

Nach Ablauf der angeführten Frist ist die Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschlossen, es sei denn, dass sie dem Arbeitgeber … gegenüber bzw. vom Arbeitgeber gegenüber dem Arbeitnehmer … vorher erfolglos schriftlich geltend gemacht worden sind. …“

10

Mit Schreiben vom 7. November 2012 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit Wirkung zum 30. November 2012 und setzte die Klägerin ab dem 7. November 2012 nicht mehr ein. Am 23. November 2012 erklärte die Beklagte die Rücknahme der Kündigung. Die Klägerin teilte mit Schreiben vom 27. November 2012 mit, derzeit zu einer einvernehmlichen Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht bereit zu sein.

11

Die Klägerin hat zunächst Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung erhoben. Mit Klageerweiterungen forderte sie weitere Vergütung, Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung sowie Schadensersatz wegen verfallenen Urlaubs.

12

Die Klägerin meint - soweit in der Revision von Belang -, die Beklagte schulde für die Zeit vom 1. Januar 2009 bis 31. Dezember 2010 sowie 1. Juli 2011 bis 21. August 2012 weitere Vergütung, weil der gezahlte Lohn sittenwidrig sei. Vor Abschluss des schriftlichen Vertrags habe die tägliche Arbeitszeit vier Stunden betragen. Zum rechtzeitigen Erreichen der Abholorte hätten gewisse Zeitpuffer berücksichtigt werden müssen. An der Einrichtung habe es wegen der Abfertigung der parallel ankommenden/abfahrenden Busse Standzeiten gegeben. Auch die Leerfahrten ohne Passagiere seien zu vergütende Arbeitszeit. Dem gezahlten Stundenlohn von 3,75 Euro stünde der einschlägige Tarifstundenlohn gegenüber. Vergütung schulde die Beklagte auch für die Ferien. Für die Zeit ab 22. August 2012 schulde die Beklagte für 20,5 Wochenstunden 9,00 Euro brutto/Stunde, nach Ausspruch der Kündigung Vergütung wegen Annahmeverzugs. Daneben fordert die Klägerin Schadensersatz wegen verfallenen Urlaubs, weil kein bezahlter Erholungsurlaub gewährt worden sei. Die Beklagte habe ihren Pflichten aus dem Nachweisgesetz verletzt.

13

Die Klägerin hat - soweit für die Revision relevant - beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 24.623,88 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 3.025,80 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

14

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Als Arbeitszeit sei nur die Fahrzeit mit Passagieren zu und von der Einrichtung zu vergüten, die ca. 52 Minuten pro Tour betrage. Die Klägerin werde nur aus Gefälligkeit abgeholt. Die bis 21. August 2012 gezahlte Vergütung entspreche dem Branchenüblichen. Bei Prüfung der Sittenwidrigkeit sei mangels Vergleichbarkeit von Brutto- und Nettozahlung ein Aufschlag von 25 % einzurechnen. Außerdem handele es sich um sog. freigestellten Verkehr, der keiner Tarifbindung unterliege. Wenn überhaupt, sei der Referenzwert für die Sittenwidrigkeit aus dem Tariftreue- und Vergabegesetz des Landes Nordrhein-Westfalen für freigestellten Verkehr herzuleiten. Ab 22. August 2012 bestünden keine weiteren Vergütungsansprüche. Die im Arbeitsvertrag genannte Wochenstundenzahl habe die maximale Arbeitszeit darstellen sollen. Während der Schließzeiten der Einrichtung und nach Rücknahme der Kündigung sei ein förmliches Angebot der Klägerin erforderlich gewesen. Ein Anspruch auf Schadensersatz wegen verfallenen Urlaubs könne nicht auf die Verletzung des Nachweisgesetzes gestützt werden.

15

Das Arbeitsgericht hat der Kündigungsschutzklage stattgegeben, weitere Vergütung für die Zeit vom 1. September bis 23. November 2012 iHv. 1.107,90 Euro brutto nebst Zinsen zugesprochen und die Klage im Übrigen abgewiesen. In der Berufungsinstanz haben die Parteien einen Teilvergleich geschlossen. Danach endete das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 7. November 2012 mit Ablauf des 31. Januar 2013 gegen Zahlung einer Abfindung. Hinsichtlich der weiteren Streitpunkte hat das Landesarbeitsgericht auf die Berufung der Klägerin - nach Vernehmung einer von dieser zur geleisteten Arbeitszeit benannten Zeugin -, unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen, das erstinstanzliche Urteil teilweise abgeändert und die Beklagte zur Zahlung weiterer 24.614,16 Euro brutto nebst Zinsen verurteilt. Die Anschlussberufung der Beklagten wurde zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

16

Die Revision der Beklagten ist nur teilweise zulässig. Im Umfang ihrer Zulässigkeit ist die Revision nur teilweise begründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Klägerin zu Recht weitere Vergütung für die Zeit vom 22. bis 31. August 2012 und vom 23. November 2012 bis 31. Januar 2013 sowie Schadensersatz wegen verfallenen Urlaubs für das Jahr 2012 zugesprochen. Ob darüber hinaus weitere Vergütungs- und Schadensersatzansprüche bestehen, vermag der Senat aufgrund der vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen nicht zu beurteilen. Das führt zur teilweisen Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

17

A. Die Revision ist mangels einer den gesetzlichen Anforderungen genügenden Begründung unzulässig, soweit das Landesarbeitsgericht die Berufung der Beklagten in Bezug auf ihre Verurteilung zur Zahlung von Vergütung wegen Annahmeverzugs für die Zeit vom 1. September bis 22. November 2012 zurückgewiesen und auf die Berufung der Klägerin weitere Vergütung für die Zeit vom 22. bis 31. August 2012 zugesprochen hat.

18

I. Zur ordnungsgemäßen Begründung der Revision müssen gemäß § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO die Revisionsgründe angegeben werden. Bei Sachrügen sind diejenigen Umstände bestimmt zu bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt (§ 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a ZPO). Die Revisionsbegründung muss den angenommenen Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts so aufzeigen, dass Gegenstand und Richtung des Revisionsangriffs erkennbar sind. Das erfordert eine Auseinandersetzung mit den tragenden Gründen der angefochtenen Entscheidung. Der Revisionsführer muss darlegen, warum er die Begründung des Berufungsgerichts für unrichtig hält. Allein die Darstellung anderer Rechtsansichten ohne jede Auseinandersetzung mit den Gründen des Berufungsurteils genügt den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Revisionsbegründung ebenso wenig wie die Wiedergabe des bisherigen Vorbringens. Es reicht auch nicht aus, wenn der Revisionsführer die tatsächlichen und/oder rechtlichen Würdigungen des Berufungsgerichts lediglich mit formelhaften Wendungen rügt. Verfahrensrügen müssen nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO die genaue Bezeichnung der Tatsachen enthalten, die den Mangel ergeben, auf den sich die Revision stützen will. Dazu muss auch die Kausalität zwischen Verfahrensmangel und Ergebnis des Berufungsurteils dargelegt werden (BAG 17. Februar 2016 - 10 AZR 600/14 - Rn. 11).

19

II. Diesen Anforderungen wird die Revisionsbegründung in Bezug auf die vorgenannten Zeiträume nicht gerecht.

20

1. Das Landesarbeitsgericht hat einen Anspruch auf Vergütung wegen Annahmeverzugs für die Zeit vom 1. September bis 22. November 2012 bejaht und dabei ein Angebot der Arbeitsleistung für entbehrlich angesehen. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung setzt sich die Revisionsbegründung entgegen § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a ZPO nicht auseinander.

21

2. An der nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO erforderlichen Rüge fehlt es auch, soweit das Landesarbeitsgericht der Klägerin weitere Vergütung für die Zeit vom 22. bis 31. August 2012 zugesprochen hat. Eine darauf bezogene Sachrüge hat die Revision nicht erhoben. Ihre Rüge, das Berufungsgericht habe Vortrag und Beweisangebote zur Arbeitszeitvereinbarung übergangen, genügt nicht den in § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO bestimmten Anforderungen an eine Verfahrensrüge. Die Revision hat nicht im Einzelnen dargetan, welches wesentliche und entscheidungserhebliche Vorbringen das Landesarbeitsgericht bei seiner Entscheidung übergangen haben bzw. zu welchem Beweisthema eine an sich gebotene Beweisaufnahme rechtsfehlerhaft unterlassen worden sein soll und welches Ergebnis diese voraussichtlich gehabt hätte (vgl. BAG 31. Mai 2006 - 5 AZR 342/06 (F) - Rn. 6, BAGE 118, 229).

22

B. Im Umfang ihrer Zulässigkeit hat die Revision der Beklagten nur teilweise Erfolg.

23

I. Die Revision ist unbegründet, soweit das Landesarbeitsgericht der Klägerin Vergütung wegen Annahmeverzugs für die Zeit vom 23. November 2012 bis 31. Januar 2013 zugesprochen hat. Der Vergütungsanspruch folgt aus § 611 Abs. 1 BGB iVm. Arbeitsvertrag, § 615 Satz 1 BGB.

24

1. Die Beklagte befand sich nach Ausspruch der Kündigung weiterhin in Annahmeverzug, § 293 BGB. Eines Angebots der Arbeitsleistung bedurfte es auch nach der unter dem 23. November 2012 erklärten „Rücknahme“ der Kündigung nicht. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Beklagte habe auf ein solches Angebot verzichtet, erweist sich als rechtsfehlerfrei.

25

a) Auch im bestehenden Arbeitsverhältnis kann ein Angebot der Arbeitsleistung ausnahmsweise entbehrlich sein, wenn offenkundig ist, dass der Gläubiger auf seiner Weigerung, die geschuldete Leistung anzunehmen, beharrt (BAG 24. September 2014 - 5 AZR 611/12 - Rn. 22, BAGE 149, 144). Dies kann insbesondere anzunehmen sein, wenn er zuvor durch die einseitige Freistellung des Arbeitnehmers von der Arbeit auf das Angebot der Arbeitsleistung verzichtet hat (BAG 26. Juni 2013 - 5 AZR 432/12 - Rn. 18). Da der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Arbeit zuweisen muss, endet der Annahmeverzug bei einer „Rücknahme“ der Kündigung nur dann, wenn der Erklärung des Arbeitgebers mit hinreichender Deutlichkeit die Aufforderung zu entnehmen ist, der Arbeitnehmer möge zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort die Arbeit wieder aufnehmen (BAG 12. Dezember 2012 - 5 AZR 93/12 - Rn. 22; Schaub ArbR-Hdb/Linck 17. Aufl. § 95 Rn. 62).

26

b) Die unter dem 23. November 2012 erklärte „Rücknahme“ der Kündigung hat danach nicht zur Beendigung des Annahmeverzugs geführt.

27

Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts (§ 559 Abs. 2 ZPO)hat die Beklagte mit Ausspruch der Kündigung am 7. November 2012 zugleich die weitere Beschäftigung der Klägerin mit sofortiger Wirkung verweigert und damit auf ein Angebot der Arbeitsleistung verzichtet. Die Klägerin konnte daher eine Arbeitsaufforderung der Beklagten abwarten. Eine solche hat das Landesarbeitsgericht nicht festgestellt. Soweit die Beklagte erstmals in der Revision vorträgt, die Klägerin sei „aufgefordert worden, sich im Betrieb zu melden“, ist dies als neuer Sachvortrag in der Revisionsinstanz nicht berücksichtigungsfähig.

28

2. Die Klägerin war in der Zeit nach dem 27. November 2012 nicht leistungsunwillig iSd. § 297 BGB.

29

a) Der subjektive Leistungswille ist eine vom Leistungsangebot und dessen Entbehrlichkeit unabhängige Voraussetzung, die während des gesamten Verzugszeitraums vorliegen muss (vgl. BAG 17. August 2011 - 5 AZR 251/10 - Rn. 15, 17).

30

b) Das Landesarbeitsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, die Reaktion der Klägerin auf die Rücknahme der Kündigung mit Schreiben vom 27. November 2012 indiziere nicht deren Leistungsunwillen.

31

aa) Eine fehlende Leistungsbereitschaft ist indiziert, wenn der Arbeitnehmer auf eine Arbeitsaufforderung des Arbeitgebers eine Reaktion unterlässt, sich quasi in Schweigen hüllt (BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 251/11 - Rn. 19, BAGE 141, 340). An einer solchen Arbeitsaufforderung der Beklagten fehlt es indes.

32

bb) Das Landesarbeitsgericht musste allein aus dem Schreiben der Klägerin vom 27. November 2012 nicht auf ihre Leistungsunwilligkeit schließen.

33

(1) Bei dem Schreiben handelt sich um eine atypische Willenserklärung. Deren Auslegung ist vorrangig Aufgabe der Tatsachengerichte. Sie kann in der Revisionsinstanz nur darauf überprüft werden, ob das Berufungsgericht Auslegungsregeln verletzt hat oder gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen, wesentliche Tatsachen unberücksichtigt gelassen oder eine gebotene Auslegung unterlassen hat (st. Rspr., vgl. BAG 24. August 2016 - 5 AZR 129/16 - Rn. 20, BAGE 156, 157).

34

(2) Gemessen daran begegnet die Auslegung des Landesarbeitsgerichts keinen revisionsrechtlichen Bedenken. Das Berufungsgericht hat das Schreiben dahingehend gewürdigt, die Klägerin habe das Fortsetzungsangebot der Beklagten abgelehnt, um sich einen Auflösungsantrag nach §§ 9, 10 KSchG vorzubehalten. Dies lässt weder einen revisiblen Rechtsfehler erkennen noch wird ein solcher von der Revision aufgezeigt.

35

3. Die Rüge der Beklagten, das Landesarbeitsgericht habe ihren Vortrag übergangen, bis zum 30. November 2012 sei ordnungsgemäß abgerechnet und gezahlt worden, ist - ihre Zulässigkeit unterstellt - jedenfalls unbegründet. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass ein Gericht das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Die Gerichte brauchen nicht jedes Vorbringen in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich zu behandeln (BVerfG 8. Oktober 2003 - 2 BvR 949/02 - Rn. 20). Das Landesarbeitsgericht hat den Vortrag nicht übergangen. Vielmehr ist er im Tatbestand der angefochtenen Entscheidung enthalten und als unstreitig dargestellt. Die Beklagte hat keine besonderen Umstände deutlich gemacht, dass ihr tatsächliches Vorbringen bei der Entscheidung nicht erwogen wurde (vgl. BAG 26. Januar 2006 - 9 AZA 11/05 - Rn. 40). Dass dem Berufungsgericht bei der Berechnung der Annahmeverzugsvergütung Fehler unterlaufen sind, wird von der Revision nicht aufgezeigt und ist auch sonst nicht ersichtlich.

36

II. Die Revision ist im Sinn einer Zurückverweisung begründet, soweit das Landesarbeitsgericht über die auf Sittenwidrigkeit gestützten Vergütungsansprüche der Klägerin in der Zeit vom 1. Januar 2009 bis 31. Dezember 2010 sowie vom 1. Juli 2011 bis 21. August 2012 entschieden hat. Das Berufungsgericht hat bei der Feststellung des Umfangs der von der Klägerin geleisteten Arbeitszeit den sich aus Art. 103 Abs. 1 GG ergebenden Anspruch der Beklagten auf Gewährung von rechtlichem Gehör verletzt. Daneben hat es keine ausreichenden Feststellungen zu den Zeiträumen getroffen, in denen die Betreuungseinrichtung geschlossen war. Aus diesem Grund kann der Senat nicht beurteilen, ob die mit der Klägerin vereinbarte Vergütung nach § 138 BGB sittenwidrig ist und die Klägerin die geltend gemachte Vergütung deshalb innerhalb der streitgegenständlichen Zeiträume für Tage, an denen sie gearbeitet hat, aus § 611 Abs. 1 iVm. § 612 Abs. 2 BGB und für Feiertage aus § 2 Abs. 1 EFZG verlangen kann.

37

1. Nach § 138 Abs. 2 BGB ist ein Rechtsgeschäft nichtig, durch das sich jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit oder des Mangels an Urteilsvermögen eines anderen für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.

38

a) Die Regelung gilt auch für das auffällige Missverhältnis zwischen dem Wert der Arbeitsleistung und der Lohnhöhe in einem Arbeitsverhältnis. Ein wucherähnliches Geschäft liegt nach § 138 Abs. 1 BGB vor, wenn Leistung und Gegenleistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen und weitere sittenwidrige Umstände, zB eine verwerfliche Gesinnung des durch den Vertrag objektiv Begünstigten, hinzutreten. Verstößt die Entgeltabrede gegen § 138 BGB, schuldet der Arbeitgeber gemäß § 612 Abs. 2 BGB die übliche Vergütung. Bei arbeitsvertraglichen Vergütungsvereinbarungen kommt es auf den jeweils streitgegenständlichen Zeitraum an (BAG 18. November 2015 - 5 AZR 814/14 - Rn. 20).

39

b) Das auffällige Missverhältnis bestimmt sich nach dem objektiven Wert der Leistung des Arbeitnehmers. Das Missverhältnis ist auffällig, wenn es einem Kundigen, ggf. nach Aufklärung des Sachverhalts, ohne weiteres ins Auge springt. Erreicht die Arbeitsvergütung nicht einmal zwei Drittel eines in dem Wirtschaftszweig üblicherweise gezahlten Tarifentgelts, liegt eine ganz erhebliche, ohne weiteres ins Auge fallende und regelmäßig nicht mehr hinnehmbare Abweichung vor, für die es einer spezifischen Rechtfertigung bedarf. Dasselbe gilt, wenn bei fehlender Maßgeblichkeit der Tarifentgelte die vereinbarte Vergütung mehr als ein Drittel unter dem Lohnniveau, das sich für die auszuübende Tätigkeit in der Wirtschaftsregion gebildet hat, bleibt. Von der Üblichkeit der Tarifvergütung kann ohne weiteres ausgegangen werden, wenn mehr als 50 % der Arbeitgeber eines Wirtschaftsgebiets tarifgebunden sind oder wenn die organisierten Arbeitgeber mehr als 50 % der Arbeitnehmer eines Wirtschaftsgebiets beschäftigen (BAG 18. November 2015 - 5 AZR 814/14 - Rn. 21).

40

2. Das Landesarbeitsgericht hat bei der Feststellung des Umfangs der täglichen Arbeitszeit der Klägerin in einer nicht mit Art. 103 Abs. 1 GG zu vereinbarenden Weise das Beweisangebot der Beklagten übergangen.

41

a) Art. 103 Abs. 1 GG gibt den am Verfahren Beteiligten ua. das Recht, Anträge und somit auch Beweisanträge zu stellen und verpflichtet im Gegenzug das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Daher gebietet die Norm in Verbindung mit den Grundsätzen der Zivilprozessordnung, erhebliche Beweisanträge zu berücksichtigen. Zwar verbietet es Art. 103 Abs. 1 GG den Gerichten nicht, Vorbringen der Beteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts unberücksichtigt zu lassen, doch verstößt die Nichtberücksichtigung eines erheblichen Beweisangebots gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wenn es im Prozessrecht keine Stütze mehr findet(st. Rspr., vgl. BVerfG 26. Juni 2012 - 2 BvR 1013/11 - Rn. 32; 19. Dezember 2016 - 2 BvR 1997/15 - Rn. 15).

42

b) Gemessen daran hat das Landesarbeitsgericht den Anspruch der Beklagten auf rechtliches Gehör verletzt.

43

aa) Nach seinen Feststellungen hat die vergütungspflichtige Arbeitszeit der Klägerin täglich vier Stunden betragen. Zu dieser Würdigung ist das Berufungsgericht nach der Einvernahme einer von der Klägerin benannten Zeugin gelangt. Die Beklagte rügt dabei zu Recht, das Landesarbeitsgericht habe die von ihr angebotene Zeugin F, die bestätigen könne, die Arbeitszeit habe jeweils nur etwa eine Stunde pro Tour betragen, zu Unrecht nicht gehört.

44

bb) Die Begründung der angefochtenen Entscheidung, die sich bei der Dauer der Touren allein auf die Aussage der von der Klägerin benannten Zeugin stützt, lässt nicht erkennen, dass das Landesarbeitsgericht das (gegenbeweisliche) Angebot zur Einvernahme der von der Beklagten benannten Zeugin zur Kenntnis genommen hat. Dieses wird in den Gründen überhaupt nicht erwähnt. Auch aus der sonstigen vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung wird nicht erkennbar, dass der Nichtberücksichtigung des Beweisangebots ein verfahrens- oder beweisrechtlicher Grund zu Grunde gelegen haben könnte.

45

cc) Danach kann der Senat für die Zeit vom 1. Januar 2009 bis 31. Dezember 2010 sowie vom 1. Juli 2011 bis 21. August 2012 nicht von einer täglichen Arbeitszeit der Klägerin von vier Stunden ausgehen. Für die Beurteilung des Verhältnisses zwischen objektivem Wert der Arbeitsleistung und tatsächlich gezahlter Vergütung fehlt es daher an den erforderlichen tatsächlichen Grundlagen. In der neuen Verhandlung wird das Berufungsgericht zunächst - was bislang nicht erfolgt ist - den Vortrag der Beklagten, wonach die Arbeitszeit „jeweils nur etwa eine Stunde pro Tour“ betragen habe, dahingehend zu würdigen haben, ob mit diesem der von der Klägerin gehaltene Vortrag überhaupt ausreichend bestritten worden ist. Dies könnte deshalb zweifelhaft sein, weil die Beklagte nach ihrem weiteren Vorbringen die Fahrzeiten des von ihr eingesetzten Busses digital aufgezeichnet hat. In diesem Fall wäre die Beklagte nach § 138 Abs. 2 ZPO zunächst gehalten, ihren Vortrag zu den aus ihrer Sicht von der Klägerin geleisteten Arbeitszeiten auf der Grundlage ihrer Aufzeichnungen in das Verfahren einzuführen. Sollte der Umfang der Fahrzeiten auch nach einem etwaig neuen ergänzenden Vortrag zwischen den Parteien streitig bleiben, wird das Berufungsgericht darüber zu befinden haben, ob Beweis zu erheben ist oder auf Grundlage des festgestellten Sachverhalts nach § 287 Abs. 2 ZPO nicht wenigstens die Schätzung eines Mindestumfangs benötigter Fahrzeiten möglich ist(vgl. BAG 26. Oktober 2016 - 5 AZR 168/16 - Rn. 31 f.).

46

3. Die Sache ist auch zur erneuten Verhandlung zurückzuverweisen, weil das Landesarbeitsgericht keine Feststellungen dazu getroffen hat, an welchen Tagen die Betreuungseinrichtung geschlossen war. Denn die Klage ist unbegründet, soweit Vergütung auch für Schließzeiten der Einrichtung zugesprochen wurde. Dies hat der Senat in einem Parallelverfahren entschieden, worauf zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird (BAG 18. November 2015 - 5 AZR 814/14 - Rn. 49 - 52). Der vorliegende Sachverhalt entspricht insoweit demjenigen des vorgenannten Verfahrens. Mangels Vergütungsanspruch sind die Schließzeiten im Rahmen der Prüfung der Sittenwidrigkeit der Vergütungsvereinbarung nicht zu berücksichtigen.

47

4. Die weiteren Erwägungen des Landesarbeitsgerichts zum maßgeblichen Rahmen der vergütungspflichtigen Arbeitszeit und der Höhe des Referenzwerts für die Beurteilung der Sittenwidrigkeit des vereinbarten Arbeitsentgelts sind hingegen frei von Rechtsfehlern.

48

a) Das Landesarbeitsgericht hat in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise den Rahmen der vergütungspflichtigen Arbeitszeit bestimmt. Seine tatrichterliche Würdigung, dass die Klägerin im Rahmen ihrer Tätigkeit als Busbegleiterin jeweils an ihrer Wohnung mit dem Bus abgeholt bzw. dorthin zurückgebracht werden sollte, ist frei von Rechtsfehlern. Diese Vereinbarung schloss den Umfang der zu vergütenden Arbeitszeit mit ein. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die vom Senat gegebene Begründung in einem Parallelverfahren verwiesen (BAG 18. November 2015 - 5 AZR 814/14 - Rn. 25 f.).

49

b) Das Landesarbeitsgericht hat auch den Referenzwert für die Beurteilung der Sittenwidrigkeit im Streitzeitraum zutreffend berechnet.

50

aa) Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend die Lohngruppe 1 als Vergleichsgruppe gewählt. Die Lohngruppe 1 umfasst „ungelernte Arbeiter“ und damit sämtliche Arbeitnehmer, die nicht von den weiteren Lohngruppen, die höhere Qualifikationen voraussetzen, einbezogen werden. Hierzu zählt die Tätigkeit einer Busbegleiterin.

51

bb) Basierend auf Lohngruppe 1 (Fahrdienst) der jeweiligen Lohntarifverträge für die gewerblichen Arbeitnehmer des privaten Omnibusgewerbes des Landes Nordrhein-Westfalen ist das Berufungsgericht von dem objektiven Wert der Arbeitsleistung pro Stunde von 9,25 Euro brutto vom 1. Januar bis 30. September 2009, von 9,44 Euro brutto vom 1. Oktober 2009 bis 30. September 2010, von 9,56 Euro brutto vom 1. Oktober 2010 bis 30. September 2011 und von 9,76 Euro brutto vom 1. Oktober 2011 bis zum Ende des Streitzeitraums ausgegangen. Nach seinen nicht angegriffenen Feststellungen (§ 559 Abs. 2 ZPO) waren im Jahr 2009 in Nordrhein-Westfalen 432 und im März 2013 450 der 718 privaten Omnibusunternehmen im Arbeitgeberverband organisiert, womit die Tarifbindung der Arbeitgeber im Wirtschaftsgebiet jeweils mehr als 50 % betragen hat.

52

cc) Entgegen der Revision gelten die Lohntarifverträge für die gewerblichen Arbeitnehmer des privaten Omnibusgewerbes des Landes Nordrhein-Westfalen auch für die Begleitung von Behindertenfahrdiensten. Dies hat der Senat bereits in einem Parallelverfahren entschieden, worauf zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird (BAG 18. November 2015 - 5 AZR 814/14 - Rn. 36 - 40).

53

c) Der Vergleich zwischen Tariflohn und gezahltem Lohn ist ohne Aufschlag für den Nettozufluss vorzunehmen. Denn nach den nicht mit einer - ordnungsgemäßen - Rüge angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts haben die Parteien keine Nettolohnvereinbarung getroffen.

54

5. Ob der subjektive Tatbestand des wucherähnlichen Geschäfts iSd. § 138 Abs. 1 BGB bzw. des Lohnwuchers iSd. § 138 Abs. 2 BGB erfüllt ist, hängt auch von dem festzustellenden Verhältnis von Leistung und Gegenleistung ab(hierzu BAG 18. November 2015 - 5 AZR 814/14 - Rn. 42; 16. Mai 2012 - 5 AZR 268/11 - Rn. 29 f., BAGE 141, 348).

55

6. Rechtsfolge eines Verstoßes gegen § 138 BGB wäre ein Anspruch auf die übliche Vergütung nach § 612 Abs. 2 BGB(BAG 26. April 2006 - 5 AZR 549/05 - Rn. 26, BAGE 118, 66) unter Zugrundelegung des tariflichen Stundenlohns ohne Zuschläge, Zulagen und Sonderleistungen (BAG 18. November 2015 - 5 AZR 814/14 - Rn. 44; 22. April 2009 - 5 AZR 436/08 - Rn. 18, BAGE 130, 338).

56

7. Das Landesarbeitsgericht hat schließlich zutreffend erkannt, dass - soweit der Klägerin weitere Vergütung zusteht - dem Anspruch keine durchgreifenden Einwendungen entgegenstehen.

57

a) In der Vereinbarung vom 13. Juli 2012 liegt kein Verzicht der Klägerin.

58

aa) Es handelt sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung (§ 305 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BGB). Das steht zwischen den Parteien im Ergebnis außer Streit und entspricht den tatsächlichen Feststellungen und der rechtlichen Wertung des Landesarbeitsgerichts. Anhaltspunkte dafür, die Klausel sei zwischen den Parteien „ausgehandelt“ iSv. § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB liegen nicht vor. Die Beklagte hat selbst nicht vorgebracht, der Klägerin die Möglichkeit der Einflussnahme auf die streitgegenständliche Klausel eingeräumt zu haben (vgl. BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 253/09 - Rn. 25). Für die Auslegung kommt es deshalb darauf an, wie die Klausel - ausgehend vom Vertragswortlaut - nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden wird, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zu Grunde zu legen sind. Dabei unterliegt die Auslegung der uneingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht (st. Rspr., vgl. BAG 13. Februar 2013 - 5 AZR 2/12 - Rn. 15).

59

bb) Ausgehend vom Wortlaut, das bestehende Arbeitsverhältnis sei bis zum 21. August 2012 „ordentlich abgerechnet“, erscheint schon fraglich, ob die Vereinbarung rechtsgeschäftliche Erklärungen enthalten soll, die eine Erfüllung etwaiger noch offener Vergütungsansprüche der Klägerin betreffen. Von der „Abrechnung“ des Arbeitsentgelts in Textform iSd. § 108 GewO ist der Vergütungsanspruch zu trennen. Die Beklagte konnte auch angesichts des Wortlauts „sämtliche beiderseitigen Forderungen seien abgegolten“ - anders als in Fällen eines bereits zwischen den Parteien bestehenden Streits (vgl. zu einer Ausgleichsklausel im gerichtlichen Vergleich BAG 27. Mai 2015 - 5 AZR 137/14 - Rn. 21, BAGE 151, 382 und zu einer Verzichtsklausel im Aufhebungsvertrag BAG 24. Februar 2016 - 5 AZR 258/14 - Rn. 28, BAGE 154, 178) - nicht davon ausgehen, die Klägerin wolle den Bestand ihrer Rechte verändern und damit auf ihre Ansprüche verzichten. Bei objektiver Auslegung bestätigt die Klägerin damit nur, wechselseitige Ansprüche seien ihres Wissens vollständig erfüllt. Dies berechtigt allenfalls zur Annahme eines deklaratorischen negativen Schuldanerkenntnisses. Dieses hindert die weitere Geltendmachung der Ansprüche nicht. Die Klägerin kann die Unrichtigkeit der Erklärung beweisen, indem sie ihre Ansprüche beweist (st. Rspr., vgl. BAG 18. November 2015 - 5 AZR 814/14 - Rn. 47; 7. November 2007 - 5 AZR 880/06 - Rn. 24, BAGE 124, 349).

60

b) Die Ausschlussfrist in Nr. 13 Satz 2 Arbeitsvertrag steht Vergütungsansprüchen der Klägerin nicht entgegen. Diese findet auf vor dem 22. August 2012 entstandene Ansprüche keine Anwendung. Nach den mit der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts (§ 559 Abs. 2 ZPO) handelt es sich auch bei den Regelungen des Arbeitsvertrags um Allgemeine Geschäftsbedingungen (§ 305 Abs. 1 Satz 1 BGB). Diese hat das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgelegt.

61

Ausgehend vom objektiven Verständnishorizont erfasst die Ausschlussklausel nur Ansprüche, die ab Inkrafttreten des schriftlichen Arbeitsvertrags entstanden sind. Dies folgt aus einer Gesamtschau unter Berücksichtigung der übrigen Bestimmungen des Arbeitsvertrags. So beginnt das durch diesen Vertrag geregelte Arbeitsverhältnis nach Nr. 5 Arbeitsvertrag „am 22.08.12“. Zu Recht nimmt daher das Landesarbeitsgericht an, das schon seit 2007 bestehende Arbeitsverhältnis werde mit dem schriftlichen Vertrag auf eine neue Grundlage gestellt. Mangels zeitlicher Erstreckung auf vor dem 22. August 2012 entstandene Ansprüche kann die Ausschlussfrist in diesem Zeitraum entstandenen Vergütungsansprüchen nicht entgegenstehen.

62

c) Etwaige Vergütungsansprüche der Klägerin wären von der Ausschlussfrist in § 21 MTV nicht erfasst. Auf diese Bestimmung bezieht sich die Bezugnahmeklausel in Nr. 13 Satz 1 Arbeitsvertrag nicht. Das ergibt deren Auslegung.

63

Die Klausel verweist nach ihrem Wortlaut „im Übrigen“ auf die entsprechenden Tarifverträge. Es handelt sich um eine Globalverweisung, bei der grundsätzlich sämtliche tarifvertraglichen Bestimmungen, die Abschluss, Inhalt und Beendigung eines Arbeitsverhältnisses regeln, in Bezug genommen werden. Doch gilt dies nur vorbehaltlich der eigenständigen vertraglichen Regelung (vgl. Schaub ArbR-HdB/Treber 17. Aufl. § 206 Rn. 18). Eine solche hat das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen. Der Arbeitsvertrag enthält in Nr. 13 Satz 2 eine eigenständige Ausschlussfristenregelung. Abweichend vom Inhalt des § 21 MTV erstreckt sich der Geltungsbereich nicht - wie dort - auch auf Arbeitgeberansprüche und nimmt Ansprüche aus unerlaubter Handlung nicht - wie dort - vom Anwendungsbereich aus.

64

III. Die Revision ist begründet, soweit das Landesarbeitsgericht der Klägerin Schadensersatz wegen verfallenen Urlaubs für die Jahre 2009 bis 2011 zugesprochen hat. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann das Urteil nicht aufrechterhalten werden. Dies führt ebenfalls zur Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht.

65

Hingegen erweist sich die Revision in Bezug auf die vom Landesarbeitsgericht zuerkannten Urlaubsansprüche für das Jahr 2012 als unbegründet.

66

1. Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts folgen Schadensersatzansprüche der Klägerin nicht aus einer - unstreitigen - Verletzung der sich aus § 2 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 8 NachwG ergebenden Nachweispflicht der Beklagten.

67

a) Die Pflicht des Arbeitgebers nach § 2 Abs. 1 Satz 1 NachwG, die wesentlichen Vertragsbedingungen spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses schriftlich niederzulegen, zu unterschreiben und dem Arbeitnehmer auszuhändigen, umfasst ua. die Dauer des jährlichen Erholungsurlaubs (§ 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 NachwG) und damit auch den Hinweis auf den gesetzlichen Mindesturlaub, sofern nicht arbeits- oder tarifvertraglich weitergehende Urlaubsansprüche bestehen. Dies folgt aus § 2 Abs. 3 Satz 2 NachwG, der ua. für den Urlaub den Verweis auf die gesetzliche Bestimmung (§ 3 BUrlG) genügen lässt, sofern keine weitergehenden vertraglichen oder kollektivrechtlichen Absprachen getroffen sind (ErfK/Preis 17. Aufl. § 2 NachwG Rn. 34). Indes verlangt die Regelung des § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 NachwG nur die Angabe der Urlaubsdauer, hingegen nicht die Angabe weiterer Modalitäten der Urlaubsgewährung(vgl. ErfK/Preis 17. Aufl. § 2 NachwG Rn. 21) oder der Befristung des Urlaubsanspruchs.

68

b) Zwar hat die Beklagte die Klägerin entgegen § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 NachwG in den Jahren 2009 bis 2011 nicht auf die Dauer ihres jährlichen Erholungsurlaubs hingewiesen. Doch begründet diese Pflichtverletzung für sich allein genommen keinen Schadenersatzanspruch der Klägerin. Die Feststellungen des Landesarbeitsgerichts tragen seine Annahme nicht, der eingetretene Schaden beruhe auf der Pflichtverletzung. Die Klägerin hat nicht vorgetragen, dass sie - wenn sie vom Urlaubsanspruch Kenntnis gehabt hätte - diesen rechtzeitig geltend gemacht hätte. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat die Klägerin lediglich vorgetragen, sie habe das Bestehen eines Mindesturlaubsanspruchs nicht gekannt. Damit fehlt es an schlüssigem Vortrag zur Kausalität der Pflichtverletzung für den eingetretenen Schaden. Zu Unrecht beruft sich die Klägerin auf die Senatsrechtsprechung zu der bei einem Verstoß des Arbeitgebers gegen § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 10 NachwG aufgestellten Vermutung des aufklärungsgemäßen Verhaltens(BAG 20. April 2011 - 5 AZR 171/10 - Rn. 27, BAGE 137, 375). Beweisregeln ersetzen keinen Parteivortrag (BAG 5. November 2003 - 5 AZR 676/02 - zu III 3 c der Gründe).

69

c) Ein Schadensersatzanspruch folgt auch nicht aus deliktsrechtlichen Vorschriften. § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 NachwG ist kein Schutzgesetz iSd. § 823 Abs. 2 Satz 1 BGB(vgl. zu § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 10 NachwG BAG 21. Februar 2012 - 9 AZR 486/10 - Rn. 37).

70

2. Der Senat kann derzeit nicht entscheiden, ob und ggf. in welcher Höhe Schadensersatzansprüche der Klägerin aufgrund Nichtgewährung von Urlaub entstanden sind. Nach bisheriger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts wären die Urlaubsansprüche der Jahre 2009 bis 2011 mit Ablauf des jeweiligen Kalenderjahres verfallen. Ob an dieser Rechtsprechung aus unionsrechtlichen Gründen festzuhalten ist, obliegt im Streitfall zunächst der Beurteilung des Landesarbeitsgerichts.

71

a) Der gesetzliche Urlaubsanspruch aus § 1 BUrlG, auf den sich die Klägerin allein beruft, ist für die Dauer des Urlaubsjahres befristet, § 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG. Grundsätzlich erlischt er mit Ablauf des Kalenderjahres, sofern kein Übertragungsgrund nach § 7 Abs. 3 Satz 2 BUrlG gegeben ist. Bei Vorliegen eines Übertragungsgrundes ist dies spätestens mit dem Ende des Übertragungszeitraums der Fall, § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG(BAG 10. Juli 2012 - 9 AZR 11/11 - Rn. 18). Zu Übertragungsgründen hat die insoweit darlegungsbelastete Klägerin schon keinen Vortrag gehalten.

72

b) Nach bisheriger Rechtsprechung hätte die Klägerin für diese Jahre nur dann einen Schadensersatzanspruch nach § 275 Abs. 1, § 280 Abs. 1, §§ 283, 286, 287 Satz 2, § 251 Abs. 1 BGB, wenn sie den Urlaubsanspruch der jeweiligen Jahre rechtzeitig erfolglos geltend gemacht, damit die Beklagte in Verzug gesetzt und diese die Erfüllung rechtswidrig und schuldhaft verweigert hätte. Dann wäre als Schadensersatz ein Ersatzurlaubsanspruch entstanden, der grundsätzlich im Wege der Naturalrestitution durch Freistellung zu erfüllen wäre (BAG 3. Juni 2014 - 9 AZR 944/12 - Rn. 10). Doch wäre wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine solche Erfüllung unmöglich, weshalb die Beklagte die Klägerin dann in Geld zu entschädigen hätte (BAG 26. Juni 1986 - 8 AZR 75/83 - zu II 1 der Gründe, BAGE 52, 254). An einer solchen Geltendmachung fehlt es indes, weshalb ihre auf das BUrlG gestützten Ansprüche insoweit verfallen wären.

73

c) Ob diese Rechtsprechung, wonach ein Schadensersatzanspruch aufgrund Verfall von Urlaubsansprüchen nur nach erfolgloser rechtzeitiger Geltendmachung des Urlaubs durch den Arbeitnehmer anzunehmen ist, aufrechterhalten werden kann, hängt von der Antwort des Gerichtshofs der Europäischen Union auf den Vorlagebeschluss des Neunten Senats ab (BAG 13. Dezember 2016 - 9 AZR 541/15 (A) -). Dieser hat dem Gerichtshof der Europäischen Union folgende Fragen vorgelegt:

        

„Steht Art. 7 EGRL 88/2003 oder Art. 31 Abs. 2 GRC einer nationalen Regelung wie der in § 7 BUrlG entgegen, die als Modalität für die Wahrnehmung des Anspruchs auf Erholungsurlaub vorsieht, dass der Arbeitnehmer unter Angabe seiner Wünsche bezüglich der zeitlichen Festlegung des Urlaubs diesen beantragen muss, damit der Urlaubsanspruch am Ende des Bezugszeitraums nicht ersatzlos untergeht, und die den Arbeitgeber damit nicht verpflichtet, von sich aus einseitig und für den Arbeitnehmer verbindlich die zeitliche Lage des Urlaubs innerhalb des Bezugszeitraums festzulegen? Falls dies bejaht wird, gilt dies auch dann, wenn das Arbeitsverhältnis zwischen Privatpersonen bestand?“

74

Dies könnte dafür sprechen, dass das Landesarbeitsgericht vor einer erneuten Entscheidung die Beantwortung der Vorlagefragen durch den Gerichtshof der Europäischen Union abwartet.

75

3. Für das Urlaubsjahr 2012 hat das Landesarbeitsgericht der Klägerin hingegen zu Recht Schadensersatz für verfallenen Urlaub zugesprochen. Die Beklagte erhebt keine Rüge gegen die Feststellung des Landesarbeitsgerichts, die Klägerin habe den Urlaubsanspruch Ende November 2012 und damit rechtzeitig geltend gemacht. Damit ist bereits nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ein Schadensersatzanspruch entstanden. Die Revision wendet sich auch nicht gegen die Annahme des Landesarbeitsgerichts, der Beklagtenvortrag zur Erfüllung des Urlaubsanspruchs sei nicht ausreichend substantiiert.

76

IV. Soweit ein Zahlungsanspruch der Klägerin besteht, folgt der Anspruch auf Prozesszinsen aus §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB.

        

    Biebl    

        

    Volk     

        

    Weber    

        

        

        

    Menssen     

        

    Dr. Rahmstorf    

                 

(1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rechtsnormen eines Tarifvertrags oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, so werden sie Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden. Satz 2 gilt nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden. Vor Ablauf der Frist nach Satz 2 können die Rechte und Pflichten geändert werden, wenn der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung nicht mehr gilt oder bei fehlender beiderseitiger Tarifgebundenheit im Geltungsbereich eines anderen Tarifvertrags dessen Anwendung zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer vereinbart wird.

(2) Der bisherige Arbeitgeber haftet neben dem neuen Inhaber für Verpflichtungen nach Absatz 1, soweit sie vor dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig werden, als Gesamtschuldner. Werden solche Verpflichtungen nach dem Zeitpunkt des Übergangs fällig, so haftet der bisherige Arbeitgeber für sie jedoch nur in dem Umfang, der dem im Zeitpunkt des Übergangs abgelaufenen Teil ihres Bemessungszeitraums entspricht.

(3) Absatz 2 gilt nicht, wenn eine juristische Person oder eine Personenhandelsgesellschaft durch Umwandlung erlischt.

(4) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebs oder eines Betriebsteils ist unwirksam. Das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen bleibt unberührt.

(5) Der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber hat die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform zu unterrichten über:

1.
den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs,
2.
den Grund für den Übergang,
3.
die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und
4.
die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.

(6) Der Arbeitnehmer kann dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden.

Ein Verein, dessen Zweck auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist, erlangt in Ermangelung besonderer bundesgesetzlicher Vorschriften Rechtsfähigkeit durch staatliche Verleihung. Die Verleihung steht dem Land zu, in dessen Gebiet der Verein seinen Sitz hat.

Die Volljährigkeit tritt mit der Vollendung des 18. Lebensjahres ein.

(1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rechtsnormen eines Tarifvertrags oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, so werden sie Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden. Satz 2 gilt nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden. Vor Ablauf der Frist nach Satz 2 können die Rechte und Pflichten geändert werden, wenn der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung nicht mehr gilt oder bei fehlender beiderseitiger Tarifgebundenheit im Geltungsbereich eines anderen Tarifvertrags dessen Anwendung zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer vereinbart wird.

(2) Der bisherige Arbeitgeber haftet neben dem neuen Inhaber für Verpflichtungen nach Absatz 1, soweit sie vor dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig werden, als Gesamtschuldner. Werden solche Verpflichtungen nach dem Zeitpunkt des Übergangs fällig, so haftet der bisherige Arbeitgeber für sie jedoch nur in dem Umfang, der dem im Zeitpunkt des Übergangs abgelaufenen Teil ihres Bemessungszeitraums entspricht.

(3) Absatz 2 gilt nicht, wenn eine juristische Person oder eine Personenhandelsgesellschaft durch Umwandlung erlischt.

(4) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebs oder eines Betriebsteils ist unwirksam. Das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen bleibt unberührt.

(5) Der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber hat die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform zu unterrichten über:

1.
den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs,
2.
den Grund für den Übergang,
3.
die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und
4.
die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.

(6) Der Arbeitnehmer kann dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden.

Tenor

1. Die Revision der Kläger gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 9. Juni 2010 - 7 Sa 195/10 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Kläger die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz zu gleichen Teilen zu tragen haben.

2. Die Kläger haben die Kosten der Revision zu gleichen Teilen zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Ansprüche auf Lohnerhöhung und Einmalzahlung.

2

Die Klägerin zu 16. und die Kläger zu 1. bis 15. und 17. bis 21. (im Folgenden: Kläger) sind Mitglieder der Gewerkschaft ver.di und vor dem 1. Januar 2002 bei einer an die Tarifverträge für die Papier und Pappe verarbeitende Industrie gebundenen Rechtsvorgängerin der Beklagten in ein Arbeitsverhältnis getreten. Am 1. Oktober 2007 übernahm die zum damaligen Zeitpunkt nicht tarifgebundene Beklagte den Betrieb in Neuss, in dem ca. 460 Arbeitnehmer beschäftigt sind. Rückwirkend zum 1. Mai 2008 erhöhte sie entsprechend einem Tarifabschluss in der Papier und Pappe verarbeitenden Industrie die Entgelte um 3,9 %. In einem innerbetrieblichen Aushang hierzu heißt es:

        

„…    

        

Da das Werk derzeit ohne Tarifbindung ist, haben Betriebsrat und Werkleitung lange über diese Erhöhung verhandelt. Nach langwierigen Gesprächen hat die Werkleitung die Erhöhung beschlossen und wird sie entsprechend mit der Juni-Abrechnung rückwirkend umsetzen.

        

…       

        

Die Erhöhung der Löhne, Gehälter und Ausbildungsvergütungen erfolgt freiwillig, wird ohne Anerkennung einer Rechtspflicht gewährt und ist an keinen Tarif gebunden. Auch wiederholte Gewährung frei ausgehandelter Entgelterhöhungen mit dem Betriebsrat begründen keinen Rechtsanspruch für die Zukunft.“

3

Entsprechend einer im Dezember 2008 mit dem Betriebsrat geschlossenen „Anpassungsbetriebsvereinbarung“, in der die Betriebspartner das gemeinsame Ziel bekundeten, eine einheitliche kollektivrechtliche Geltung der Arbeitsbedingungen auf der Grundlage der Tarifverträge für die Arbeitnehmer der papiererzeugenden Industrie herbeizuführen, bot die Beklagte allen Arbeitnehmern Ende Februar/Anfang März 2009 eine Ergänzung ihrer Arbeitsverträge an. Danach sollten mit dem Inkrafttreten eines mit der Gewerkschaft BCE noch abzuschließenden Haustarifvertrags dessen Bestimmungen und mit Wirksamwerden einer von der Beklagten langfristig angestrebten Vollmitgliedschaft im Arbeitgeberverband der rheinisch-westfälischen papiererzeugenden Industrie die Tarifverträge für diese Branche Anwendung finden. Für die Übergangszeit und - falls es aus irgendeinem Grund weder zum Abschluss eines Haustarifvertrags noch zu einer Vollmitgliedschaft der Beklagten im Arbeitgeberverband kommen sollte - ggf. dauerhaft, sah das Änderungsangebot die dynamische Geltung der Tarifverträge für die papiererzeugende Industrie vor, flankiert durch ergänzende Regelungen zur Besitzstandswahrung. Bei Unterzeichnung der Ergänzung des Arbeitsvertrags vor dem 1. April 2009 sollte sich das bisher bezogene Monatsentgelt entsprechend einem Tarifabschluss für die Beschäftigten der papiererzeugenden Industrie im Tarifbezirk Nordrhein rückwirkend ab dem 1. Januar 2009, bei späterer Unterzeichnung ab dem Monat der Unterschrift erhöhen. Allen Arbeitnehmern, die das Änderungsangebot vor dem 1. April 2009 annahmen, gewährte die Beklagte entsprechend dem Tarifabschluss eine prozentuale Entgelterhöhung um 2,1 % und eine Einmalzahlung iHv. 200,00 Euro brutto.

4

Die Kläger nahmen das Änderungsangebot nicht an.

5

Mit ihrer Klage haben sie die ihnen vorenthaltene prozentuale Entgelterhöhung und Einmalzahlung verlangt und geltend gemacht, die Ablehnung des Änderungsangebots dürfe ihnen wegen § 612a BGB nicht zum Nachteil gereichen, sie genüge auch nicht zur Rechtfertigung einer Differenzierung bei der Entgelterhöhung. Die Ergänzungsvereinbarungen seien unwirksam. Sie zielten auf einen unrechtmäßigen Tarifwechsel und verletzten die Arbeitnehmer in ihrer individuellen Koalitionsfreiheit.

6

Die Kläger haben zuletzt in der Revisionsinstanz unter teilweiser Klagerücknahme sinngemäß beantragt

        

1.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Klägern beginnend ab dem 1. Januar 2009 eine Lohnerhöhung iHv. 2,1 % zu zahlen;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger jeweils eine Einmalzahlung iHv. 200,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24. Juli 2009 zu zahlen.

7

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, sie habe allen Arbeitnehmern eine Ergänzung des Arbeitsvertrags angeboten und mit der prozentualen Entgelterhöhung sowie der Einmalzahlung nur vertragliche Ansprüche erfüllt.

8

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit dem bei ihm gestellten Leistungsantrag auf Lohnerhöhung und Einmalzahlung stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Beklagten die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihre Ansprüche mit den wiedergegebenen Anträgen weiter.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Kläger ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.

10

I. Die Klage ist unzulässig, soweit die Kläger eine prozentuale Lohnerhöhung verlangen.

11

1. Der in den Vorinstanzen auf Zahlung einer Lohnerhöhung von 2,1 % gerichtete Antrag war als Leistungsantrag nicht hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Er war unbeziffert und damit nicht vollstreckungsfähig.

12

2. Auch der zuletzt in der Revisionsinstanz gestellte Feststellungsantrag ist unzulässig.

13

Dabei kann der Senat offen lassen, ob für den auf die Feststellung eines Anspruchs gerichteten Antrag ein Feststellungsinteresse nach § 256 Abs. 1 ZPO besteht(zu dem Feststellungsinteresse bei einer sog. Elementenfeststellungsklage, vgl. BAG 21. April 2010 - 4 AZR 755/08 - Rn. 21 mwN, AP ZPO 1977 § 256 Nr. 101 = EzA ZPO 2002 § 256 Nr. 9; 6. Juli 2011 - 4 AZR 424/09 -). Dem Feststellungsantrag mangelt es schon an der hinreichenden Bestimmtheit.

14

a) Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss die Klageschrift die bestimmte Angabe des Gegenstands und des Grundes des erhobenen Anspruchs sowie einen bestimmten Antrag enthalten. Der Kläger muss eindeutig festlegen, welche Entscheidung er begehrt. Er hat den Streitgegenstand so genau zu bezeichnen, dass der Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis (§ 308 ZPO) keinem Zweifel unterliegt und die eigentliche Streitfrage mit Rechtskraftwirkung zwischen den Parteien entschieden werden kann (§ 322 ZPO). Bei einer Feststellungsklage sind grundsätzlich keine geringeren Anforderungen an die Bestimmtheit zu stellen als bei einer Leistungsklage. Auch wenn das Bestehen oder der Umfang eines Rechtsverhältnisses oder eines Anspruchs zur gerichtlichen Entscheidung gestellt wird, muss zuverlässig erkennbar sein, worüber das Gericht eine Sachentscheidung treffen soll (BAG 18. Mai 2011 - 5 AZR 181/10 - Rn. 10, PflR 2011, 403; 11. November 2009 - 7 AZR 387/08 - Rn. 11 mwN, AP ZPO § 253 Nr. 50 = EzA ZPO 2002 § 253 Nr. 3).

15

b) Diesen Anforderungen genügt der Feststellungsantrag nicht. Die Feststellung einer Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung einer Lohnerhöhung iHv. 2,1 % lässt nicht erkennen, worüber die Sachentscheidung konkret ergehen soll. Weder aus dem Antrag noch dem Sachvortrag der Kläger ergibt sich, was unter dem Begriff „Lohn“ zu verstehen sein soll. Es bleibt unerläutert, ob nur der Stundenlohn der Kläger oder auch andere Vergütungsbestandteile wie Zulagen, Zuschläge, Einmalzahlungen, Mehrarbeitsvergütungen und ähnliche Leistungen erfasst werden. Des Weiteren lassen die Kläger den Ausgangswert für die Lohnerhöhung offen und stellen nicht klar, ob Basis der Lohnerhöhung der von ihnen bis zum 31. Dezember 2008 in jeweils welcher Höhe tatsächlich bezogene oder ein nicht näher bestimmter Tariflohn sein soll.

16

II. Die Klage auf Einmalzahlung ist nicht begründet. Es fehlt an einer Anspruchsgrundlage.

17

1. Die Kläger können den Anspruch nicht aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz herleiten.

18

a) Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet dem Arbeitgeber, seine Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbst gesetzten Regel gleichzubehandeln. Damit verbietet der Gleichbehandlungsgrundsatz eine sachfremde Gruppenbildung und die willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb einer Gruppe. Im Bereich der Arbeitsvergütung ist er trotz des Vorrangs der Vertragsfreiheit anwendbar, wenn Arbeitsentgelte durch eine betriebliche Einheitsregelung generell angehoben werden und der Arbeitgeber die Leistungen nach einem bestimmten erkennbaren und generalisierenden Prinzip gewährt, indem der Arbeitgeber bestimmte Voraussetzungen oder Zwecke festlegt (BAG 17. März 2010 - 5 AZR 168/09 - Rn. 14 mwN, AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 211 = EzA BGB 2002 § 242 Gleichbehandlung Nr. 22).

19

b) Den Anforderungen des Gleichbehandlungsgrundsatzes hat die Beklagte genügt. Bei der Leistung der streitbefangenen Einmalzahlung hat sie weder eine Gruppenbildung vorgenommen noch eine verteilende Entscheidung getroffen.

20

aa) Die Beklagte hat allen Arbeitnehmern (auch den Klägern), deren arbeitsvertragliche Bezugnahme auf die Tarifverträge für die Papier und Pappe verarbeitende Industrie infolge des Übergangs ihrer Arbeitsverhältnisse auf die nicht an diese Tarifverträge gebundene Beklagte statisch geworden war (vgl. dazu BAG 18. November 2009 - 4 AZR 514/08 - Rn. 17 f., BAGE 132, 261; 14. Dezember 2005 - 4 AZR 536/04 - Rn. 13, BAGE 116, 326), eine Ergänzung ihrer Arbeitsverträge um eine temporäre, ggf. dauerhafte dynamische Bezugnahme auf die Tarifverträge für die papiererzeugende Industrie angeboten. Die Teilung der Belegschaft in eine Gruppe, die das Angebot der Beklagten annahm und in eine solche, die es ablehnte, erfolgte unabhängig vom Willen der Beklagten durch die Entscheidung jedes einzelnen Arbeitnehmers für oder gegen die Ergänzung des Arbeitsvertrags.

21

bb) Der Gewährung der Einmalzahlung nur an die Arbeitnehmer, die das Ergänzungsangebot angenommen hatten, lag keine verteilende Entscheidung der Beklagten zugrunde. Die Beklagte ist lediglich ihren vertraglichen Verpflichtungen aus den geänderten Arbeitsverträgen nachgekommen. Wie der bloße Normenvollzug (vgl. dazu BAG 31. August 2005 - 5 AZR 517/04 - Rn. 17, BAGE 115, 367) enthält auch die bloße Vertragserfüllung keine verteilende Entscheidung des Arbeitgebers. Eine solche trifft der Arbeitgeber erst dann, wenn er freiwillig, dh. ohne rechtliche Verpflichtung über die Vertragserfüllung hinaus Leistungen gewährt (zu einer solchen Fallgestaltung, vgl. zB BAG 23. Februar 2011 - 5 AZR 84/10 - EzA BGB 2002 § 242 Gleichbehandlung Nr. 24; 14. März 2007 - 5 AZR 420/06 - BAGE 122, 1 - jeweils mwN).

22

cc) Ob die eine verteilende Entscheidung ausschließende Vertragserfüllung auch dann anzunehmen ist, wenn der Arbeitsvertrag objektiv an Wirksamkeitsmängeln leidet, die Vertragsparteien aber übereinstimmend von seiner Wirksamkeit ausgehen und ihn erfüllen, braucht der Senat nicht zu entscheiden. Das Vorbringen der Kläger bietet keine Anhaltspunkte für Zweifel an der Wirksamkeit der auch ihnen angebotenen Ergänzungsvereinbarungen.

23

(1) Entgegen der Auffassung der Kläger ist der nicht tarifgebundene Arbeitgeber nicht gehalten, arbeitsvertraglich die Geltung nur solcher Tarifverträge zu vereinbaren, die von der für den Betrieb tarifzuständigen Gewerkschaft abgeschlossen wurden. Für eine derartige Verpflichtung besteht keine Rechtsgrundlage. Arbeitgeber und Arbeitnehmer steht es im Rahmen ihrer privatautonomen Gestaltungsmacht frei, für ihr Arbeitsverhältnis die Geltung jedes beliebigen Tarifvertrags zu vereinbaren. Kommt es fürderhin zur beiderseitigen Tarifgebundenheit, setzt sich der normativ geltende gegenüber dem nur individualvertraglich in Bezug genommenen Tarifvertrag durch, § 4 Abs. 1 TVG, es sei denn, letzterer enthielte für den Arbeitnehmer günstigere Regelungen, § 4 Abs. 3 TVG(vgl. BAG 22. Oktober 2008 - 4 AZR 784/07 - Rn. 34, BAGE 128, 165; 29. August 2007 - 4 AZR 767/06 - Rn. 20, BAGE 124, 34 - jeweils mwN).

24

(2) Die Koalitionsfreiheit der Kläger und der weiteren Beschäftigten des Werks N ist durch die angebotenen Ergänzungsvereinbarungen nicht berührt worden. Ihnen ist weder unmittelbar noch mittelbar die Begründung oder Änderung der Gewerkschaftszugehörigkeit angesonnen worden. Die Geltung der Tarifverträge der papiererzeugenden Industrie sollte allein aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung unabhängig von der Gewerkschaftszugehörigkeit der Arbeitnehmer eintreten. Die individualrechtliche Inbezugnahme eines Tarifvertrags führt nicht zu dessen tarifrechtlicher Geltung (BAG 22. Oktober 2008 - 4 AZR 784/07 - Rn. 34, BAGE 128, 165) und beeinträchtigt damit weder Rechte der für den Betrieb tarifzuständigen Gewerkschaft noch ihrer Mitglieder. Nur wenn es um die von arbeitsvertraglichen Vereinbarungen unabhängige kollektivrechtliche Wirkungsweise von Tarifnormen geht, lässt sich die Verbindlichkeit von Rechten und Pflichten mit der Wahrnehmung von negativer oder positiver Koalitionsfreiheit begründen (vgl. BAG 24. Februar 2010 - 4 AZR 691/08 - Rn. 47 ff., AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 75 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 47; 10. November 2010 - 5 AZR 633/09 - Rn. 22, ZTR 2011, 150).

25

dd) Die streitgegenständliche Einmalzahlung ist nicht eine über die bloße Vertragserfüllung hinausgehende zusätzliche freiwillige Leistung der Beklagten, sondern Bestandteil ihrer Verpflichtungen aus den vor dem 1. April 2009 abgeschlossenen Ergänzungsvereinbarungen. Nach dem Tarifabschluss für die Beschäftigten in der papiererzeugenden Industrie war die Einmalzahlung (vgl. zum Begriff etwa, BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 31 mwN, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 73 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44) eine pauschale Lohnerhöhung für Arbeitnehmer, die sich am 25. November 2008 in einem ungekündigtem Arbeitsverhältnis befanden, und spätestens am 31. Januar 2009 fällig. Die Zusage der Beklagten, bei Annahme des Angebots zur Änderungsvereinbarung vor dem 1. April 2009 die Entgelte rückwirkend zum 1. Januar 2009 entsprechend dem Tarifabschluss zu erhöhen, durften die Arbeitnehmer übereinstimmend mit der Intention der Beklagten als die Einmalzahlung einschließend verstehen. Davon ist auch das Landesarbeitsgericht ausgegangen.

26

2. Die Beklagte hat unabhängig davon, ob es sich überhaupt um eine Anspruchsgrundlage handelt, das Maßregelungsverbot des § 612a BGB nicht verletzt.

27

a) Gemäß § 612a BGB darf der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme nicht benachteiligen, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt. Eine Benachteiligung liegt nicht nur vor, wenn der Arbeitnehmer eine Einbuße erleidet, sondern auch dann, wenn ihm Vorteile vorenthalten werden, die der Arbeitgeber Arbeitnehmern gewährt, falls diese Rechte nicht ausüben (BAG 14. März 2007 - 5 AZR 420/06 - Rn. 34 mwN, BAGE 122, 1). Die Tatbestandvoraussetzung „Benachteiligung” ist jedoch nur erfüllt, wenn der Arbeitgeber zwischen verschiedenen Maßnahmen hat wählen können. Hat er sein Verhalten an der Rechtsordnung orientiert, liegt keine Benachteiligung des Arbeitnehmers vor (BAG 14. Februar 2007 - 7 AZR 95/06 - BAGE 121, 247). Knüpft eine Regelung an das (erlaubte) Verhalten des Arbeitnehmers eine diesem nachteilige Rechtsfolge, ist der Arbeitgeber nicht zum Ausgleich der dem Arbeitnehmer erwachsenden Nachteile verpflichtet (BAG 15. September 2009 - 9 AZR 685/08 - AP BGB § 611 Lehrer, Dozenten Nr. 186). Dementsprechend ist der Vollzug einer kollektivrechtlichen Regelung oder einer vertraglichen Vereinbarung keine Benachteiligung iSv. § 612a BGB. Das Maßregelungsverbot setzt darüber hinaus voraus, dass zwischen der Benachteiligung und der Rechtsausübung ein unmittelbarer Zusammenhang besteht. Die zulässige Rechtsausübung muss der tragende Grund, dh. das wesentliche Motiv für die benachteiligende Maßnahme sein. Es reicht nicht aus, dass die Rechtsausübung nur den äußeren Anlass für die Maßnahme bildet (BAG 17. März 2010 - 5 AZR 168/09 - Rn. 28 mwN, AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 211 = EzA BGB 2002 § 242 Gleichbehandlung Nr. 22).

28

b) Nach diesen Grundsätzen liegt im Streitfall kein Verstoß gegen das Maßregelungsverbot vor. Die von den Klägern als benachteiligend empfundene Maßnahme der Beklagten hatte ihren Grund nicht in der zulässigen Ablehnung einer Ergänzungsvereinbarung durch die Kläger, sondern in der Erfüllung der Arbeitsverträge mit den Arbeitnehmern, die das Änderungsangebot der Beklagten angenommen hatten.

29

III. Die Kläger haben gemäß § 97 Abs. 1, § 100 Abs. 1 ZPO die Kosten zu gleichen Teilen zu tragen.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    Zorn    

        

    Bürger    

                 

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 26. November 2014 - 4 Sa 274/13 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob das Arbeitsverhältnis der Klägerin zum 1. Juni 2011 im Wege des Betriebsübergangs von dem J e.V. (im Folgenden J) auf den Beklagten übergegangen ist.

2

Der Beklagte ist im Zuge der Kreisgebietsneuregelung nach § 4 des Gesetzes zur Kreisgebietsneuregelung vom 11. November 2005 (LKGebNRG - GVBl. LSA S. 692) aus den Landkreisen M und S hervorgegangen.

3

Der J führte bis zum 31. Mai 2011 den bodengebundenen Rettungsdienst im Altkreis S durch. Er betrieb Rettungswachen in den Gemeinden S, R, Sch sowie in A. Über die Räumlichkeiten der Rettungswachen in R, Sch und A bestanden zwischen dem J und dem Beklagten Untermietverträge, über die Räumlichkeiten der Rettungswache in S, die im Eigentum des Beklagten stehen, hatten dieser und der J einen Mietvertrag geschlossen. Der J beschäftigte in den Rettungswachen insgesamt 41 Arbeitnehmer. Die Rettungsleitstelle wurde vom Beklagten betrieben.

4

Der J führte den Rettungsdienst zuletzt mit fünf Rettungstransportwagen (im Folgenden RTW), einem Krankentransportwagen (im Folgenden KTW) sowie einem Notarzteinsatzfahrzeug (im Folgenden NEF) durch. Er hatte sämtliche Fahrzeuge im Jahr 2006 erworben. Entsprechend dem Rettungsdienstbereichsplan des Beklagten (zum Rettungsdienstbereichsplan des Beklagten vom 9. Dezember 2010 vgl. Amtsblatt des Landkreises Mansfeld-Südharz vom 31. Dezember 2010 S. 1) waren die Rettungswache S mit einem KTW, zwei RTW sowie einem NEF und die Rettungswachen R, Sch und A mit jeweils einem RTW ausgestattet.

5

Die Klägerin war seit dem 20. April 2001 bei dem JUH - zuletzt als Rettungsassistentin - beschäftigt. Im Dienstvertrag der Klägerin heißt es ua.:

        

§ 2   

        

Vertragsgrundlage

        

Für das Dienstverhältnis gelten die Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in Deutschland (AVR) in der jeweils gültigen Fassung, …

        

…       

        

§ 5   

        

Altersversorgung

        

Im Sinne des § 27 Abs. 1 Satz 2 AVR sichert die J eine angemessene zusätzliche Alters- und Hinterbliebenenversicherung nach Ablauf einer Wartezeit von fünf Jahren zu. …“

6

Die in § 5 des Dienstvertrags zugesagte betriebliche Altersversorgung wurde über die G AG durchgeführt.

7

Ende 2010 entschloss sich der Beklagte, den bodengebundenen Rettungsdienst ab dem 1. Juni 2011 auf der Grundlage einer verwaltungsinternen Vereinbarung durch den „Eigenbetrieb Rettungsdienst“ selbst durchzuführen. In der Folgezeit kündigte er die Unter-/Mietverhältnisse mit dem J über die Rettungswachen zum 31. Mai 2011. Zu diesem Zeitpunkt endete auch die Genehmigung des J zur Durchführung der Notfallrettung.

8

Anfang 2011 erteilte der Beklagte einen Auftrag für die Lieferung und den Ausbau von Neufahrzeugen für den Betrieb der Rettungswachen mit zum Teil veränderter medizintechnischer Ausstattung, und zwar für fünf RTW, einen KTW und ein NEF. Die Fahrzeuge wurden im Mai 2011 an den Beklagten ausgeliefert.

9

Der Beklagte hatte sich entschlossen, den für den Betrieb der Rettungswachen ab dem 1. Juni 2011 erforderlichen Personalbedarf durch Neueinstellungen abzudecken, und hatte zu diesem Zweck bundesweit Stellen von Rettungsassistenten und Rettungssanitätern ausgeschrieben. Da er beabsichtigte, den Rettungsdienst in einem Zweischichtmodell mit einer 40-Stundenwoche zu betreiben, suchte er insgesamt mehr als 50 Beschäftigte. Auf die Stellenausschreibung gingen beim Beklagten etwa 70 Bewerbungen ein. Hieraus wählte er in einem Auswahlverfahren mehr als 50 Bewerber aus, darunter alle zuvor beim J beschäftigten 41 Mitarbeiter. Ende Mai 2011 schloss er mit diesen neue Arbeitsverträge, in denen es auszugsweise heißt:

        

㤠1

        

(1) ... wird ab 01.06.2011 auf unbestimmte Zeit

        

…       

        

eingestellt.

        

§ 2

        

Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach der durchgeschriebenen Fassung des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst (TVöD) für den Dienstleistungsbereich

        

☒       

Verwaltung (TVöD-V)

        

und den ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) jeweils geltenden Fassung …

        

§ 3

        

Die Probezeit beträgt sechs Monate.“

10

Ab dem 1. Juni 2011 übernahm der Beklagte die Rettungswachen an den Standorten S, R, Sch sowie A einschließlich der Einrichtungsgegenstände vom J und betrieb dort den Rettungsdienst mit den von ihm angeschafften Einsatzfahrzeugen. Für den Erwerb des Inventars der Rettungswachen zahlte er im Juni 2011 an den J insgesamt 10.000,00 Euro. Die Rettungsfahrzeuge des J übernahm er nicht.

11

Anfang Juni 2011 versahen die Beschäftigten ihren Dienst noch in der bisherigen Dienstkleidung des J. Darüber hinaus fand in den ersten Tagen noch der bisherige, beim J gültige Dienstplan Anwendung.

12

Die Klägerin hat mit ihrer Klage die Feststellung begehrt, dass zwischen ihr und dem Beklagten infolge eines Betriebsübergangs seit dem 1. Juni 2011 ein Arbeitsverhältnis besteht. Zudem hat sie den Beklagten auf Zahlung - auf der Basis der AVR errechneter - rückständiger Differenzvergütung an sich sowie auf Zahlung von Beiträgen für die betriebliche Altersversorgung an die G AG in Anspruch genommen.

13

Sie hat die Auffassung vertreten, der Rettungsdienst sei zum 1. Juni 2011 im Wege des Betriebsübergangs gemäß § 613a BGB auf den Beklagten übergegangen. Nach der gebotenen Gesamtschau aller Umstände sei von einem identitätswahrenden Übergang des Betriebs auszugehen. Der Beklagte habe die Rettungswachen nebst Inventar sowie alle ehemaligen Mitarbeiter des J übernommen und setze diese in ihren bisherigen Funktionen ein. Ebenso sei die Kundschaft übergegangen. Die Art des Betriebs sei auch über den 31. Mai 2011 hinaus gleich geblieben. Dass der Beklagte nicht die beim J vorhandenen Fahrzeuge übernommen habe, stehe der Annahme eines Betriebsübergangs nicht entgegen. Beim Rettungsdienst komme es im Wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft an. Die Fahrzeuge nebst ihrer technischen Ausstattung seien - anders als die Mitarbeiter, die von Gesetzes wegen über eine bestimmte Qualifikation verfügen müssten - ohne Weiteres kurzfristig austauschbar. Sie stünden dem jeweiligen Betreiber des Rettungsdienstes zudem nur „temporär“ zur Verfügung. Sie würden über einen Zeitraum von sechs Jahren abgeschrieben. Danach finanzierten die Krankenkassen neue Fahrzeuge. Vor diesem Hintergrund sei nicht nur davon auszugehen, dass der Beklagte, sofern er von den Krankenkassen keine Finanzierungszusage für die von ihm neu beschafften Fahrzeuge erhalten hätte, die Fahrzeuge des J übernommen hätte. Auch der J hätte Neuanschaffungen vorgenommen, wenn er den Rettungsdienst fortgeführt hätte. Der Umstand, dass sie mit dem Beklagten einen Arbeitsvertrag geschlossen habe, spreche nicht gegen einen Betriebsübergang. Dieser Vertrag sei nach § 134 BGB wegen Umgehung von § 613a BGB nichtig.

14

Die Klägerin hat - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass ihr Arbeitsverhältnis mit dem J zum 1. Juni 2011 im Wege des Betriebsübergangs nach § 613a BGB auf den Beklagten übergegangen ist.

15

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Er hat die Auffassung vertreten, beim Rettungsdienst handele es sich um einen betriebsmittelgeprägten Betrieb, bei dem insbesondere die Rettungsfahrzeuge mit der darin befindlichen Medizintechnik identitätsprägend seien. Er habe indes - was unstreitig ist - weder die Fahrzeuge des J noch die darin befindliche Medizintechnik übernommen, sondern - was ebenfalls unstreitig ist - neue Fahrzeuge mit einer zum Teil anderen medizintechnischen Ausstattung angeschafft. Dass die Fahrzeuge abgeschrieben gewesen seien, sei unerheblich. Sie hätten noch Verwendung finden können und seien vom J - wenn auch an anderer Stelle - weiterhin zum Zwecke des Rettungsdienstes eingesetzt worden. Auch dies ist unstreitig. Da § 613a BGB an die tatsächliche Fortführung anknüpfe, komme es auch nicht darauf an, warum er die Fahrzeuge des J nicht übernommen habe. Im Hinblick auf die zuvor beim J beschäftigten Mitarbeiter, mit denen er neue Arbeitsverträge geschlossen habe, müsse berücksichtigt werden, dass diese sich auf die bundesweite Stellenausschreibung beworben hätten und von ihm in einem Auswahlverfahren nach Bestenauslesegesichtspunkten ausgewählt worden seien. Zudem wirke sich aus, dass er ein anderes Schichtmodell praktiziere, weshalb seine Arbeitsorganisation grundverschieden sei. Das Inventar der Rettungswachen sei nicht identitätsprägend.

16

Das Arbeitsgericht hat, nachdem es die Zahlungsanträge abgetrennt hatte, der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Beklagten das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Feststellungsbegehren weiter. Der Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

17

Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die Klage ist zulässig, aber unbegründet, weil der Betrieb „Rettungsdienst“ nicht iSv. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf den Beklagten übergegangen ist.

18

I. Der auf Feststellung gerichtete Antrag der Klägerin ist in der gebotenen Auslegung zulässig.

19

1. Der Klageantrag bedarf der Auslegung.

20

a) Das Revisionsgericht hat prozessuale Willenserklärungen selbstständig auszulegen. Maßgebend sind die für Willenserklärungen des bürgerlichen Rechts entwickelten Grundsätze. Entsprechend § 133 BGB ist nicht am buchstäblichen Sinn des in der Prozesserklärung gewählten Ausdrucks zu haften, vielmehr ist der in der Erklärung verkörperte Wille zu ermitteln. Im Zweifel sind prozessuale Willenserklärungen so auszulegen, dass das gewollt ist, was aus Sicht der Prozesspartei nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der wohlverstandenen Interessenlage entspricht. Dabei sind die schutzwürdigen Belange des Prozessgegners zu berücksichtigen (vgl. etwa BAG 7. Juli 2015 - 10 AZR 416/14  - Rn. 18 , BAGE 152, 108; 2. September 2014 -  3 AZR 951/12  - Rn. 34 ).

21

b) Die Auslegung des Klageantrags ergibt, dass die Klägerin - wie sie im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat zudem ausdrücklich klargestellt hat - die Feststellung begehrt, dass zwischen ihr und dem Beklagten seit dem 1. Juni 2011 ein Arbeitsverhältnis zu den Bedingungen ihres mit dem J geschlossenen Arbeitsvertrags besteht.

22

Zwar ist der Antrag der Klägerin seinem Wortlaut nach darauf gerichtet festzustellen, dass ihr Arbeitsverhältnis mit dem J zum 1. Juni 2011 im Wege des Betriebsübergangs nach § 613a BGB auf den Beklagten übergegangen ist. Vor dem Hintergrund, dass die Klägerin mit dem Beklagten einen neuen Arbeitsvertrag geschlossen hatte und geltend macht, dieser sei wegen Umgehung von § 613a BGB nach § 134 BGB nichtig, beschränkt sich das Rechtsschutzbegehren der Klägerin allerdings erkennbar nicht auf die Feststellung, dass es zu einem Betriebsübergang auf den Beklagten gekommen ist; vielmehr geht es der Klägerin auch um die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis mit dem Beklagten zu bestimmten Arbeitsbedingungen, nämlich zu den Arbeitsbedingungen ihres mit dem J geschlossenen Arbeitsvertrags besteht. Bereits aus diesem Grund kann dahinstehen, ob der Übergang des Arbeitsverhältnisses als solcher ein Rechtsverhältnis iSv. § 256 Abs. 1 ZPO ist und Gegenstand einer Feststellungsklage sein kann(ablehnend BAG 16. Mai 2002 - 8 AZR 320/01 - zu B II 1 der Gründe; MüKoBGB/Müller-Glöge 7. Aufl. BGB § 613a Rn. 206; bejahend wohl BAG 24. September 2015 - 2 AZR 593/14 - Rn. 22).

23

2. Der Klageantrag ist in dieser Auslegung zulässig, insbesondere besteht das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse. Der Beklagte stellt eine Verpflichtung, die Klägerin zu den Bedingungen des mit dem J geschlossenen Arbeitsvertrags zu beschäftigen, in Abrede. Auch der grundsätzliche Vorrang der Leistungsklage steht der Zulässigkeit des Feststellungsantrags nicht entgegen. Da die auf den unveränderten Bestand eines Arbeitsverhältnisses gerichtete Feststellungsklage nicht nur Grundlage für Zahlungsansprüche ist, sondern auch für eine Reihe weiterer verschiedener gegenseitiger Ansprüche relevant sein kann, kann sie auch neben einem Leistungsantrag erhoben werden (vgl. etwa BAG 10. Mai 2012 - 8 AZR 434/11 - Rn. 22).

24

II. Die Klage ist unbegründet. Der Betrieb „Rettungsdienst“ ist - wie das Landesarbeitsgericht im Ergebnis zutreffend angenommen hat - nicht im Wege des Betriebsübergangs iSv. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf den Beklagten übergegangen, weshalb der Arbeitsvertrag zwischen der Klägerin und dem Beklagten nicht wegen Umgehung von § 613a BGB nach § 134 BGB nichtig sein kann.

25

1. Ein Betriebs(teil)übergang iSv. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB - wie auch iSd. Richtlinie 2001/23/EG - liegt vor, wenn die für den Betrieb verantwortliche natürliche oder juristische Person, die die Arbeitgeberverpflichtungen gegenüber den Beschäftigten eingeht, im Rahmen vertraglicher Beziehungen wechselt und die in Rede stehende Einheit nach der Übernahme durch den neuen Inhaber ihre Identität bewahrt (vgl. nur EuGH 26. November 2015 - C-509/14 - [Aira Pascual ua.] Rn. 28; 6. März 2014 - C-458/12 - [Amatori ua.] Rn. 29 f. mwN; BAG 22. Januar 2015 - 8 AZR 139/14 - Rn. 13 mwN; 18. September 2014 - 8 AZR 733/13 - Rn. 18).

26

a) Dabei muss es um eine auf Dauer angelegte wirtschaftliche Einheit gehen, deren Tätigkeit nicht auf die Ausführung eines bestimmten Vorhabens beschränkt ist (ua. EuGH 6. März 2014 - C-458/12 - [Amatori ua.] Rn. 31; 13. September 2007 - C-458/05 - [Jouini ua.] Rn. 31, Slg. 2007, I - 7301; 15. Dezember 2005 - C-232/04 und C-233/04 - [Güney-Görres und Demir] Rn. 32, Slg. 2005, I-11237; 10. Dezember 1998 - C-127/96, C-229/96 und C-74/97 - [Hernández Vidal ua.] Rn. 26 mwN, Slg. 1998, I-8179; 19. September 1995 - C-48/94 - [Rygaard] Rn. 20, Slg. 1995, I-2745). Um eine solche Einheit handelt es sich bei jeder hinreichend strukturierten und selbstständigen Gesamtheit von Personen und Sachen zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigenem Zweck (EuGH 6. März 2014 - C-458/12 - [Amatori ua.] Rn. 31 f. mwN). Die Kontinuität der im Rahmen einer wirtschaftlichen Einheit bestehenden Arbeitsverhältnisse soll unabhängig von einem Inhaberwechsel gewährleistet werden. Entscheidend für einen Übergang iSv. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB ist daher, dass die betreffende Einheit ihre Identität bewahrt, was namentlich dann zu bejahen ist, wenn der Betrieb tatsächlich weitergeführt oder wieder aufgenommen wird(EuGH 9. September 2015 - C-160/14 - [Ferreira da Silva e Brito ua.] Rn. 25 mwN).

27

b) Den für das Vorliegen eines Übergangs maßgebenden Kriterien kommt je nach der Art des betroffenen Unternehmens oder Betriebs, je nach der ausgeübten Tätigkeit und je nach den Produktions- oder Betriebsmethoden unterschiedliches Gewicht zu (näher EuGH 15. Dezember 2005 - C-232/04 und C-233/04 - [Güney-Görres und Demir] Rn. 35, Slg. 2005, I-11237; BAG 18. September 2014 - 8 AZR 733/13 - Rn. 18). Bei der Prüfung, ob eine solche Einheit ihre Identität bewahrt, müssen sämtliche den betreffenden Vorgang kennzeichnenden Tatsachen berücksichtigt werden. Dazu gehören namentlich die Art des Unternehmens oder Betriebs, der etwaige Übergang der materiellen Betriebsmittel wie Gebäude und bewegliche Güter, der Wert der immateriellen Aktiva im Zeitpunkt des Übergangs, die etwaige Übernahme der Hauptbelegschaft durch den neuen Inhaber, der etwaige Übergang der Kundschaft sowie der Grad der Ähnlichkeit zwischen den vor und nach dem Übergang verrichteten Tätigkeiten und die Dauer einer eventuellen Unterbrechung dieser Tätigkeiten. Diese Umstände sind jedoch nur Teilaspekte der vorzunehmenden Gesamtbewertung und dürfen deshalb nicht isoliert betrachtet werden (vgl. ua. EuGH 26. November 2015 - C-509/14 - [Aira Pascual ua.] Rn. 32; 20. Januar 2011 - C-463/09 - [CLECE] Rn. 34 mwN, Slg. 2011, I-95; BAG 18. September 2014 - 8 AZR 733/13 - aaO; 22. Mai 2014 - 8 AZR 1069/12 - Rn. 21, BAGE 148, 168).

28

aa) Kommt es im Wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft an, kann eine strukturierte Gesamtheit von Arbeitnehmern trotz des Fehlens nennenswerter materieller oder immaterieller Vermögenswerte eine wirtschaftliche Einheit darstellen. Wenn eine Einheit ohne nennenswerte Vermögenswerte funktioniert, kann die Wahrung ihrer Identität nach ihrer Übernahme nicht von der Übernahme derartiger Vermögenswerte abhängen. Die Wahrung der Identität der wirtschaftlichen Einheit ist in einem solchen Fall anzunehmen, wenn der neue Betriebsinhaber nicht nur die betreffende Tätigkeit weiterführt, sondern auch einen nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teil des Personals übernimmt (vgl. EuGH 6. September 2011 - C-108/10 - [Scattolon] Rn. 49, Slg. 2011, I-7491; BAG 22. Mai 2014 - 8 AZR 1069/12 - Rn. 22, BAGE 148, 168).

29

bb) Kommt es nicht im Wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft an, da die Tätigkeit beispielsweise in erheblichem Umfang materielle Betriebsmittel erfordert, ist bei der Würdigung zu berücksichtigen, ob diese vom alten auf den neuen Inhaber übergegangen sind (vgl. EuGH 25. Januar 2001 - C-172/99 - [Liikenne] Rn. 39, Slg. 2001, I-745). Vor diesem Hintergrund kann der Übergang materieller Betriebsmittel ein wesentliches Kriterium sein, aufgrund dessen ein Betriebsübergang anzunehmen ist (vgl. EuGH 9. September 2015 - C-160/14 - [Ferreira da Silva e Brito ua.] Rn. 29).

30

cc) Allein in der bloßen Fortführung einer Tätigkeit durch einen anderen (Funktionsnachfolge) oder der bloßen Auftragsnachfolge zeigt sich kein Betriebs(teil)übergang (vgl. EuGH 20. Januar 2011 - C-463/09 - [CLECE] Rn. 36 und 41, Slg. 2011, I-95; BAG 22. Mai 2014 - 8 AZR 1069/12 - Rn. 23, BAGE 148, 168).

31

2. Danach ist die wirtschaftliche Einheit „Rettungsdienst“ nicht unter Wahrung ihrer Identität vom J auf den Beklagten übergegangen.

32

a) Zwar führt der Beklagte seit dem 1. Juni 2011, dh. ohne zeitliche Unterbrechung, den bodengebundenen Rettungsdienst selbst durch und nutzt hierfür die zuvor vom J genutzten Rettungswachen samt Inventar. Auch beschäftigt der Beklagte all die Personen, die zuvor für den J tätig waren. Dabei kann vorliegend dahinstehen, ob diesem Umstand bereits deshalb kein besonderes Gewicht zukommt, weil der Beklagte sich entschlossen hatte, den Personalbedarf durch Neueinstellungen abzudecken und ob er seine Auswahlentscheidung den Vorgaben von Art. 33 Abs. 2 GG entsprechend nach dem Grundsatz der Bestenauslese getroffen hat mit der Folge, dass er nicht mehr frei war in der Entscheidung, die ursprünglich beim J Beschäftigten einzustellen. Ebenso kann offenbleiben, ob und ggf. wie sich im Rahmen der Gesamtbewertung der Umstand auswirken kann, dass der Beklagte mehr Personal im Rettungsdienst beschäftigt als zuvor beim J zum Einsatz kam und dass er die Dienstpläne anders gestaltet.

33

b) Ein Betriebsübergang iSv. § 613a Abs. 1 BGB scheitert vorliegend daran, dass der Beklagte sämtliche Fahrzeuge, mit denen der J bis zum 31. Mai 2011 den bodengebundenen Rettungsdienst durchführte, nämlich die fünf RTW, den KTW sowie das NEF, nicht übernommen hat. Diesen Fahrzeugen kommt im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtbewertung neben dem Personal und den Rettungswachen eine identitätsbestimmende Wirkung zu. Sie sind für die wirtschaftliche Einheit „Rettungsdienst“ unverzichtbar.

34

aa) Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts sind zwar nicht (ausschließlich) die materiellen Betriebsmittel - insbesondere die Fahrzeuge - für den Betrieb „Rettungsdienst“ identitätsbestimmend. Vielmehr wird die Identität des Rettungsdienstes ebenso durch das Rettungspersonal mitgeprägt, das für die ordnungsgemäße Durchführung des Rettungsdienstes unverzichtbar ist, über eine bestimmte Ausbildung/Qualifizierung verfügen muss und nicht ohne Weiteres durch anderes Rettungspersonal ersetzt werden kann. Soweit sich aus den Urteilen des Senats vom 10. Mai 2012 (- 8 AZR 434/11 - Rn. 36 ff.; - 8 AZR 639/10 - Rn. 36 ff.; - 8 AZR 433/11 - Rn. 33 ff. und - 8 AZR 436/11 - Rn. 37 ff.) etwas anderes ergibt, hält der Senat hieran nicht fest.

35

Nach § 3 Abs. 1 RettDVO-LSA vom 15. November 1994 (im Folgenden RettDVO-LSA) müssen die im Rettungsdienst eingesetzten Rettungswagen und Krankentransportwagen im Einsatz mit mindestens zwei Personen besetzt sein, von denen zumindest in der Notfallrettung mindestens eine die Erlaubnis zur Führung der Berufsbezeichnung „Rettungsassistent“ oder „Rettungsassistentin“ haben muss, während die Übrigen mindestens die Ausbildung zu Rettungssanitätern erfolgreich abgeschlossen haben müssen. Auch der Rettungsdienstbereichsplan des Beklagten enthält klare - auch zeitliche - Vorgaben für die Besetzung der Fahrzeuge. Danach müssen der KTW in S von Montag bis Freitag in der Zeit von 7:00 Uhr bis 17:00 Uhr mit zwei Rettungssanitätern, die RTW in S, A, R und Sch durchgängig mit je einem Rettungsassistenten und einem Rettungssanitäter und das NEF in S - ebenfalls durchgängig - mit einem Rettungssanitäter und einem Notarzt besetzt sein.

36

Entgegen der Auffassung des Beklagten ist das Rettungspersonal auch nicht ohne Weiteres durch anderes ersetzbar. Dies zeigt schon der Umstand, dass sich auf die Ausschreibung des Beklagten, mit der dieser mehr als 50 Rettungssanitäter/innen und Rettungsassistenten/innen suchte, über die 41 zuvor beim J Beschäftigten hinaus lediglich 29 Personen beworben haben und der Beklagte mit diesen allein die offenen Stellen nicht hätte besetzen und damit den Rettungsdienst nicht hätte durchführen können.

37

bb) Allerdings verbleibt es dabei, dass vorliegend die Identität des Rettungsdienstes auch durch die Fahrzeuge, die der Beklagte nicht übernommen hat, entscheidend mitgeprägt wird. Auch diese sind für die Durchführung des Rettungsdienstes unverzichtbar. Die Fahrzeuge müssen zudem bestimmten Vorgaben im Hinblick auf die medizintechnische Ausstattung genügen. Nach § 2 Abs. 1 RettDVO-LSA sollen die im Rettungsdienst eingesetzten Rettungsmittel dem Stand der Technik entsprechen. Nach § 2 Abs. 2 RettDVO-LSA sind die Fahrzeuge für die Notfallrettung bzw. für den qualifizierten Krankentransport auszustatten. Dies schließt die Ausstattung mit der erforderlichen medizintechnischen Ausrüstung mit ein. Bereits aus diesem Grund kommt die Einheit „Rettungsdienst“ - entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin - nicht ohne nennenswerte materielle Vermögenswerte aus, es kommt beim Rettungsdienst damit nicht „im Wesentlichen“ auf die menschliche Arbeitskraft an.

38

(1) Aus dem von der Klägerin angeführten Umstand, dass die Fahrzeuge bereits „buchhalterisch“ abgeschrieben waren, ergibt sich nichts anderes.

39

Zwar haben Abschreibungen die Funktion, Wertminderungen zu erfassen und zu verrechnen, die bei Vermögensgegenständen des Umlauf- oder Anlagevermögens eintreten (vgl. etwa Baumbach/Hopt/Merkt HGB 37. Aufl. § 253 Rn. 10). Die Abschreibung besagt aber nichts darüber, ob der entsprechende Vermögensgegenstand tatsächlich noch verwendbar und damit werthaltig ist. Deshalb besagt die „buchhalterische“ Behandlung der Rettungsfahrzeuge nichts darüber, ob diese noch funktions- und einsatzfähig waren. Nur hierauf kommt es vorliegend aber an. § 613a Abs. 1 BGB macht - im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zur Richtlinie 2001/23/EG - den Übergang der Arbeitsverhältnisse davon abhängig, dass der Betrieb unter Wahrung seiner Identität übernommen wurde, wobei im Rahmen der Gesamtbewertung auch der etwaige Übergang der materiellen Betriebsmittel zu berücksichtigen ist. Der Beklagte hätte die Fahrzeuge, die noch funktions- und einsatzfähig waren und die vom J ab dem 1. Juni 2011 in einem anderen Rettungsdienstbereich eingesetzt wurden, übernehmen können. Er hat dies aber nicht getan, sondern neue Fahrzeuge mit einer zum Teil veränderten medizintechnischen Ausstattung angeschafft.

40

(2) Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, die Fahrzeuge seien dem jeweiligen Betreiber des Rettungsdienstes nur „temporär“ zugewiesen, was sich daraus ergebe, dass diese über einen Zeitraum von sechs Jahren abgeschrieben würden und die Krankenkassen danach neue Fahrzeuge finanzierten.

41

Abgesehen davon, dass der J letztmalig im Jahr 2006 Neufahrzeuge beschafft hatte und der Abschreibungszeitraum von sechs Jahren weder zum Zeitpunkt der Bestellung der Neufahrzeuge durch den Beklagten Anfang 2011 noch am 1. Juni 2011, ab dem der Beklagte den Rettungsdienst selbst durchführte, abgelaufen war, rechtfertigt die von der Klägerin angeführte „Finanzierung“ der Neufahrzeuge durch die Krankenkassen nicht die Annahme, die Fahrzeuge, die vom J auf eigene Rechnung angeschafft worden waren, seien diesem nur temporär bis zum Ablauf des Abschreibungszeitraums zugewiesen worden. Zwar gehören die Abschreibungen auf die Fahrzeuge zu den betriebswirtschaftlichen Kosten des Rettungsdienstes, die die Träger des bodengebundenen Rettungsdienstes iSv. § 3 Abs. 1 RettDG LSA vom 21. März 2006 (im Folgenden RettDG LSA) und ggf. die Leistungserbringer iSv. § 3 Abs. 2 RettDG LSA nach § 12 Abs. 1 RettDG LSA für ihren jeweiligen Bereich unter Berücksichtigung der entstandenen und der voraussehbaren Aufwendungen ermitteln und auf deren Grundlage sie nach § 12 Abs. 2 RettDG LSA mit der Gesamtheit der zuständigen Träger der Sozialversicherung (Kostenträger) kostendeckende Benutzungsentgelte vereinbaren, die vom Träger des Rettungsdienstes gemäß § 12 Abs. 4 RettDG LSA in der so festgesetzten Höhe durch Satzung gegenüber allen Nutzern des Rettungsdienstes bestimmt werden. Diese mittelbare Refinanzierung der Anschaffungskosten der Fahrzeuge über die Benutzungsentgelte, die ihrerseits letztlich von den Kostenträgern, dh. den Krankenkassen bzw. den Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung getragen werden, ändert allerdings nichts daran, dass die vom J angeschafften Rettungsfahrzeuge auch nach Ablauf des Abschreibungszeitraums weiter genutzt werden konnten. Der J hat von dieser Möglichkeit auch Gebrauch gemacht und die Fahrzeuge - wenn auch in einem anderen Rettungsdienstbereich - eingesetzt.

42

(3) Letztlich ist es auch unerheblich, ob der Beklagte, sofern er von den Krankenkassen keine „Finanzierungszusage“ für die von ihm neu beschafften Fahrzeuge erhalten hätte, die Fahrzeuge des J übernommen hätte und ob der J, wenn er den Rettungsdienst fortgeführt hätte, Neufahrzeuge angeschafft hätte. Ein Betriebs(teil)übergang iSv. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB setzt voraus, dass die in Rede stehende Einheit nach der Übernahme durch den neuen Inhaber tatsächlich ihre Identität bewahrt. Danach ist hier für eine hypothetische Betrachtung kein Raum.

43

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Schlewing    

        

    Vogelsang    

        

    Roloff    

        

        

        

    Volz    

        

    R. Kandler    

                 

(1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rechtsnormen eines Tarifvertrags oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, so werden sie Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden. Satz 2 gilt nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden. Vor Ablauf der Frist nach Satz 2 können die Rechte und Pflichten geändert werden, wenn der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung nicht mehr gilt oder bei fehlender beiderseitiger Tarifgebundenheit im Geltungsbereich eines anderen Tarifvertrags dessen Anwendung zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer vereinbart wird.

(2) Der bisherige Arbeitgeber haftet neben dem neuen Inhaber für Verpflichtungen nach Absatz 1, soweit sie vor dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig werden, als Gesamtschuldner. Werden solche Verpflichtungen nach dem Zeitpunkt des Übergangs fällig, so haftet der bisherige Arbeitgeber für sie jedoch nur in dem Umfang, der dem im Zeitpunkt des Übergangs abgelaufenen Teil ihres Bemessungszeitraums entspricht.

(3) Absatz 2 gilt nicht, wenn eine juristische Person oder eine Personenhandelsgesellschaft durch Umwandlung erlischt.

(4) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebs oder eines Betriebsteils ist unwirksam. Das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen bleibt unberührt.

(5) Der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber hat die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform zu unterrichten über:

1.
den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs,
2.
den Grund für den Übergang,
3.
die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und
4.
die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.

(6) Der Arbeitnehmer kann dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden.

Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 28. Mai 2008 - 6 Sa 1690/07 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Entgeltansprüche des Klägers und in diesem Zusammenhang über die Anwendbarkeit tariflicher Regelungen auf das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis.

2

Der Kläger, Mitglied der Gewerkschaft ver.di, war seit dem 1. Januar 1997 als Kassierer bei der Travelex Deutschland GmbH (nachfolgend: Travelex) beschäftigt. Diese betrieb aufgrund eines Dienstleistungsvertrages mit der Fraport AG deren Wechselstuben in den Terminals 1 und 2 des Flughafens Frankfurt am Main. Die Arbeitnehmer waren weder einer bestimmten Wechselstube noch einem der beiden Terminals fest zugeordnet, sondern rollierend tätig. Die Travelex schloss am 21. Januar 2003 mit der Landesbezirksleitung Hessen der Gewerkschaft ver.di ua. einen Manteltarifvertrag (MTV) und einen Gehaltstarifvertrag (GTV). Nach einer Neuausschreibung des Dienstleistungsauftrages für die bisher von der Travelex betriebenen fünf Wechselstuben im Terminal 2 erhielt die nicht tarifgebundene Beklagte den Zuschlag. In einem Formularvertrag vom 25. November 2003 vereinbarten der Kläger, die Travelex und die Beklagte ua. Folgendes:


        

        
zwischen
        
, …
        
(im folgenden „TRAVELEX“)
        
und
        
, …
        
(im folgenden „INTEX“)
        
und
        
H W
        
        
1.   

TRAVELEX betreibt derzeit in Terminal 1 und 2 des Frankfurter Flughafens jeweils auf Basis befristeter Verträge mit der Fraport AG Büros für Geld- und Währungswechsel. Die Lizenz für das Betreiben der fünf Wechselstuben in Terminal 2 wurde TRAVELEX befristet bis zum 31.12.2003 erteilt. Bei der Neuausschreibung des Betriebs der Wechselstuben in Terminal 2 erhielt das Angebot der INTEX von der Fraport AG den Zuschlag. Ab dem 15.01.2004 werden die Wechselstuben in Terminal 2 folglich nicht mehr von TRAVELEX, sondern von INTEX betrieben.
        
2.   

Die TRAVELEX-Mitarbeiter rotieren zwischen den Wechselstuben in Terminal 1 und 2, so dass den Wechselstuben in Terminal 1 und 2 kein Personal fest zugeordnet war. Entsprechend muss der Personalstand seitens der TRAVELEX auf 36 Mitarbeiter reduziert und seitens INTEX für das Betreiben von Terminal 2 um 24 Mitarbeiter aufgebaut werden. Der Betriebsrat der TRAVELEX wurde hierüber im Rahmen von Interessenausgleichsverhandlungen umfassend unterrichtet. Die Parteien sind sich einig, dass kein absoluter oder relativer Schwerpunkt der Tätigkeit der TRAVELEX-Mitarbeiter, insbesondere von Herrn/Frau _______________ für Terminal 1 oder 2 feststellbar ist. Die Parteien gehen daher davon aus, dass es sich bei den Wechselstuben in Terminal 2 nicht um eine selbständige organisatorische Untergliederung der TRAVELEX handelt, welche unter Wahrung ihrer Identität von INTEX fortgeführt wird.
        
3.   

Zur Vermeidung betriebsbedingter Kündigungen seitens TRAVELEX und zum reibungslosen Betreiben der Wechselstuben durch INTEX in Terminal 2 schließen die Parteien daher nachfolgende dreiseitige Vereinbarung:
        
     

                 
TRAVELEX und Herr/ Frau ________________ sind sich darüber einig, dass das zwischen ihnen bestehende Anstellungsverhältnis mit Ablauf des 14.01.2004 auf Veranlassung der TRAVELEX aus betriebsbedingten Gründen einvernehmlich enden wird. Bis zum Beendigungsdatum wird das Arbeitsverhältnis beiderseits vertragsgemäß abgewickelt.
        
…       
        
        
     

        
(1)

Herr/ Frau ___________ erhält bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses von TRAVELEX ein wohlwollendes qualifiziertes Zeugnis sowie sämtliche Arbeitspapiere.
        
…       
        
        
     

        
(1)

INTEX und Herr/ Frau _________ bestätigen, dass ihnen jeweils eine schriftliche Ausfertigung des Arbeitsvertrages zwischen TRAVELEX und Herrn/Frau ______________ vom ____________ vorliegen.
        
(2)

INTEX und Herr/ Frau _______________ sind sich einig, ab dem 15.01.2004 das ursprünglich mit TRAVELEX bestehende Arbeitsverhältnis zu den bisherigen Bedingungen fortzusetzen. Die Betriebszugehörigkeit wird vollumfänglich angerechnet. Arbeitsort ist Terminal 2 des Frankfurter Flughafens. Die übrigen Arbeitsbedingungen, insbesondere Zusammensetzung und Höhe des Arbeitsentgelts, die Arbeitszeit, die Dauer des jährlichen Erholungsurlaubs und die Fristen für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses bleiben unverändert (‚Übernahme 1 : 1’). Es besteht Einvernehmen, dass das KSchG vom ersten Tag an (15.01.2004) des mit Herrn/Frau ______________ begründeten Arbeitsverhältnisses Anwendung findet.
        
     

        
(1)

INTEX und TRAVELEX sind sich darüber einig, dass TRAVELEX für solche Verbindlichkeiten gegenüber Herrn/Frau ______________ als Gesamtschuldner neben INTEX für solche Verbindlichkeiten haftet, die bis zum 14.01. 2005 bereits entstanden sind und vor Ablauf eines Jahres fällig werden.
        
…“   
        
3

Der Kläger ist seit dem 15. Januar 2004 bei der Beklagten tätig. Auch weitere 23 vormals bei der Travelex beschäftigte Arbeitnehmer sind bei der Beklagten im Terminal 2 tätig.

4

Die Beklagte schloss am 2. Mai 2005 mit dem bei ihr bestehenden Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung (BV 2005) „zur Lohngestaltung“. Darin heißt es ua.:


        

„§ 4 Sonderregelung für ‚Ex-Travelex-Mitarbeiter’
        
Die vertragliche Situation derjenigen Mitarbeiter, die im Januar 2004 von der Firma Travelex Deutschland GmbH übernommen wurden, bleibt erhalten. Daher gelten für diese Mitarbeiter die Regelungen des § 3 nicht.
        
Die vertraglich vorgesehenen Gehaltssteigerungen für 2005 werden gezahlt. Eine weitere Erhöhung ist während der Laufzeit dieser Betriebsvereinbarung ausgeschlossen.
        
Die Geschäftsleitung kann auch diese Mitarbeiter an Bonussystemen teilnehmen lassen, etwa dergestalt, dass für Terminal 2 ein monatliches Umsatzziel ausgegeben wird, bei dessen Überschreiten diese Mitarbeiter prozentual am Überschuss beteiligt werden.“
5

Die Beklagte zahlte an den Kläger bis zum Ende des Jahres 2005 eine Vergütung nach den Bestimmungen des MTV und des GTV. Mit Schreiben vom 18. Oktober 2006 machte der Kläger gegenüber der Beklagten erfolglos eine höhere Vergütung geltend, weil er nach § 2 Abs. 3 GTV seit Beginn des Jahres 2006 ein höheres Entgelt nach der Tarifgruppe 1 im 10. Jahr der Betriebszugehörigkeit beanspruchen könne.

6

Mit seiner Klage verlangt der Kläger die Vergütungsdifferenz zum Entgelt im 9. Jahr der Betriebszugehörigkeit und macht weitere, sich aus dem höheren Entgelt ergebende Ansprüche hinsichtlich des tariflich vorgesehenen Urlaubs- und Weihnachtsgeldes sowie der Feiertagsvergütung geltend. Die Ansprüche ergäben sich aus § 7 Abs. 2 des Übernahmevertrages. Nachdem der Kläger zunächst geltend gemacht hatte, ein Betriebsübergang auf die Beklagte liege nicht vor, hat er sich in der Berufungsinstanz den dahin gehenden Vortrag der Beklagten zu eigen gemacht. Deshalb sei sein Anspruch auch nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB berechtigt. Ein anderes Ergebnis folge nicht aus der BV 2005. Die Regelung in § 4 Abs. 2 BV 2005 verstoße gegen § 77 Abs. 3 BetrVG. Diese Betriebsvereinbarung könne auch nicht in arbeitsvertragliche Ansprüche eingreifen.

7

Der Kläger hat zuletzt beantragt,


        

1.   

die Beklagte wird verurteilt, an ihn 675,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 2. Mai 2007 zu zahlen,
        
2.   

die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 45,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 2. Mai 2007 zu zahlen,
        
3.   

die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 40,32 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 2. Mai 2007 zu zahlen,
        
4.   

die Beklagte wird des Weiteren verurteilt, an den Kläger weitere 180,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19. Juli 2007 zu zahlen,
        
5.   

die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 35,64 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24. August 2007 zu zahlen.
8

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Bei der Fortführung der Wechselstuben im Terminal 2 handele es sich um einen Betriebsübergang. Sie habe zur nahtlosen Fortführung des Geldwechselgeschäfts Arbeitnehmer der Travelex übernommen und unverändert weiterbeschäftigt. Vorliegend sei die Übernahme im Wege eines dreiseitigen Rechtsgeschäftes zur Übertragung der Arbeitsverhältnisse auf die Beklagte vereinbart worden, nicht aber die Fortgeltung der Bestimmungen des MTV und des GTV. Die Beklagte sei von einem Betriebsübergang ausgegangen und habe nur die gesetzlichen Vorgaben vollzogen. Die nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB transformierten tariflichen Regelungen seien nach Ablauf der einjährigen Veränderungssperre durch die BV 2005 geändert worden. Die Sperre des § 77 Abs. 3 TVG greife nicht ein, weil die BV 2005 vom Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Ziffer 10 BetrVG gedeckt sei.

9

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht ihr stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage im Ergebnis zu Recht stattgeben.

11

I. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts ist entgegen der Auffassung des Klägers zulässig und daher nicht nach § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 552 Abs. 1 Satz 2 ZPO zu verwerfen.

12

1. Zur ordnungsgemäßen Begründung der Revision müssen die Revisionsgründe angegeben werden, § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO. Bei Sachrügen sind diejenigen Umstände bestimmt zu bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt, § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a) ZPO. Die Revisionsbegründung muss die Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts so aufzeigen, dass Gegenstand und Richtung des Revisionsangriffs erkennbar sind. Daher muss die Revisionsbegründung eine Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen Urteils enthalten. Die bloße Darstellung anderer Rechtsansichten ohne jede Auseinandersetzung mit den Gründen des Berufungsurteils genügt den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Revisionsbegründung nicht(s. nur BAG 28. Januar 2009 - 4 AZR 912/07 - Rn. 11 mwN, AP ZPO § 551 Nr. 66 = EzA ZPO 2002 § 551 Nr. 10).

13

2. Diesen Anforderungen wird die Revisionsbegründung der Beklagten im Schriftsatz vom 25. November 2008 noch gerecht. Die Beklagte führt an, das Landesarbeitsgericht habe eine beiderseitige Tarifgebundenheit des Klägers und der Travelex angenommen, obwohl deren Verbandsmitgliedschaft vom Kläger nicht behauptet worden sei. Zudem unterlägen nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB transformierte tarifliche Regelungen nur einer einjährigen Veränderungssperre, weshalb die BV 2005 individualvertragliche Ansprüche des Klägers habe abändern können. Die Revisionsbegründung lässt in ausreichender Weise erkennen, dass und aus welchen Gründen die Beklagte die rechtliche Würdigung des Landesarbeitsgerichts für fehlerhaft hält. Ob diese Rechtsauffassungen zutreffend sind, ist für die Zulässigkeit der Revision ohne Belang.

14

II. Die danach zulässige Revision ist jedoch unbegründet. Der Kläger kann von der Beklagten gemäß § 2 Abs. 3 GTV eine Vergütung nach der Tarifgruppe 1 im 10. Jahr der Beschäftigung und deshalb für den streitgegenständlichen Zeitraum von der Beklagten die rechnerisch unstreitigen Vergütungsdifferenzen im beantragten Umfang verlangen.

15

1. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, dass die Regelungen des MTV und des GTV nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB aufgrund eines Betriebsübergangs oder jedenfalls eines Betriebsteilübergangs der Wechselstuben im Terminal 2 in das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis transformiert worden seien. Zudem hätten die Parteien im Übernahmevertrag einvernehmlich die Rechtsfolgen eines Betriebsübergangs herbeiführen wollen. In der Folge stehe dem Kläger ein Anspruch auf ein tarifliches Entgelt nach der Tarifgruppe 1 im 10. Jahr der Betriebszugehörigkeit zu. Die BV 2005 habe die arbeitsvertragliche Rechtsposition des Klägers nicht beeinträchtigen können. Eine Ablösung transformierter tarifvertraglicher Regelungen durch eine Betriebsvereinbarung im Wege einer sogenannten Über-Kreuz-Ablösung nach § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB sei nicht möglich.

16

2. Dem folgt der Senat im Ergebnis und in Teilen der Begründung.

17

a) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts kann nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass sich der Anspruch des Klägers bereits aufgrund der in § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB vorgesehenen Transformation der bei der Travelex geltenden tariflichen Regelungen ergibt. Das würde voraussetzen, dass es sich bei der Fortführung der Wechselstuben im Terminal 2 durch die Beklagte um einen Betriebsübergang oder jedenfalls um einen Betriebsteilübergang handelt, infolgedessen das Arbeitsverhältnis des Klägers entsprechend der Regelung in § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf die Beklagte übergegangen ist. Voraussetzung hierfür ist allerdings ein mit einem Veräußerer bestehendes Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs. Dabei hat das Landesarbeitsgericht jedoch zu Unrecht den ua. zwischen den Parteien geschlossenen Übernahmevertrag nicht berücksichtigt.

18

b) Nach dem Inhalt der vertraglichen Vereinbarung vom 25. November 2003 sollte das mit der Travelex bestehenden Arbeitsverhältnis des Klägers zum Zeitpunkt des vom Landesarbeitsgericht angenommenen Betriebsübergangs vertraglich beendet und ein neues Arbeitsverhältnis mit der Beklagten begründet werden. Nach dem Inhalt der Regelung sollte es gerade nicht zu einem sich kraft Gesetzes vollziehenden Übergang des Arbeitsverhältnisses kommen. Das ergibt die Auslegung des Übernahmevertrages.

19

aa) Nach dem Formularvertrag vom 25. November 2003, der der vollen revisionsrechtlichen Überprüfung unterliegt(st. Rspr., etwa BAG 30. August 2000 - 4 AZR 581/99 - zu I 1 b der Gründe mwN, BAGE 95, 296), endete nach dessen § 2 das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der Travelex mit Ablauf des 14. Januar 2004 und damit zum Zeitpunkt eines etwaigen Betriebsübergangs.

20

bb) Der weitere Inhalt des Übernahmevertrages spricht dagegen, dass die Parteien von einem Betriebs- oder Betriebsteilübergang ausgegangen sind und die Abreden dieses Vertrages lediglich die sich aus § 613a BGB ergebenden Rechtsfolgen nochmals vertraglich festhalten wollten. Zwar bestimmt § 7 Abs. 2 des Übernahmevertrages, dass die Parteien das „ursprünglich mit TRAVELEX bestehende Arbeitsverhältnis zu den bisherigen Bedingungen“ fortsetzen. Diese Regelung könnte dahin verstanden werden, die Parteien seien von einer Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ausgegangen, weil es bereits infolge der Regelung des § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf die Beklagte übergehen würde. In diesem Fall wären allerdings die Bestimmungen in § 1 Abs. 3(„zur Vermeidung betriebsbedingter Kündigungen“) und § 2 des Übernahmevertrages(„aus betriebsbedingten Gründen einvernehmlich enden wird“) ebenso entbehrlich gewesen wie diejenige über die sofortige Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes in § 7 Abs. 2 Satz 1 des Übernahmevertrages. Ebenso spricht die in § 1 Abs. 2 des Übernahmevertrages niedergelegte Annahme - unabhängig von ihrer Unwirksamkeit wegen eines etwaigen Verstoßes gegen das Klauselverbot in § 309 Nr. 12 Buchst. b) BGB -, es handele sich „bei den Wechselstuben im Terminal 2 nicht um eine selbständige organisatorische Untergliederung der TRAVELEX“, „welche unter Wahrung ihrer Identität von INTEX fortgeführt“ werden, gegen ein Verständnis der Parteien, es sollten lediglich die gesetzlichen Rechtsfolgen eines Betriebsübergangs zusätzlich vertraglich festgelegt werden. Gleiches lässt sich für die in § 3 Abs. 2 des Vertrages vereinbarte Zahlung eines „Sonderbonus aus dem sogenannten Sozialfond“ durch die Travelex an den Kläger anführen.

21

c) Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts erweist sich im Ergebnis jedoch als zutreffend. Dabei muss der Senat nicht abschließend entscheiden, ob aufgrund der bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts tatsächlich von einem Betriebs- oder einem Betriebsteilübergang auf die Beklagte ausgegangen werden kann(dazu ausf. BAG 17. Dezember 2009 - 8 AZR 1019/08 - Rn. 17 ff., NZA 2010, 499), in dessen Folge das Arbeitsverhältnis des Klägers nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf sie übergegangen sein könnte.

22

Hat ein Betriebsübergang oder Betriebsteilübergang auf die Beklagte nicht stattgefunden, ergibt sich der Anspruch des Klägers vorliegend aufgrund der zwischen den Parteien und der Travelex getroffenen dreiseitigen Vereinbarung vom 25. November 2003, dem dadurch mit der Beklagten begründeten Arbeitsverhältnis und der dortigen Regelung in § 7 Abs. 2(unter aa).

23

Ist es infolge der Fortführung der Wechselstuben im Terminal 2 durch die Beklagte zu einem Betriebsübergang oder einem Betriebsteilübergang gekommen, infolgedessen das Arbeitsverhältnis des Klägers kraft Gesetzes - gegebenenfalls unter Zuordnung seines Arbeitsverhältnisses zu dem übernommenen Betrieb oder Betriebsteil(s. dazu etwa BAG 25. September 2003 - 8 AZR 446/02 - zu II 2 b der Gründe, AP BGB § 613a Nr. 256 = EzA ZPO 2002 § 50 Nr. 2) - auf die Beklagte übergegangen wäre, ist sein Anspruch auch dann begründet. Es kann in diesem Zusammenhang dahinstehen, ob die mit einem Aufhebungsvertrag verbundene vertragliche Übernahmevereinbarung im Falle eines an sich nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB bereits kraft Gesetzes vollziehenden Übergangs des Arbeitsverhältnisses gemäß § 134 BGB nichtig ist, weil sie der Umgehung der zwingenden Rechtsfolgen des § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB gedient hätte(für einen Aufhebungsvertrag vgl. BAG 18. August 2005 - 8 AZR 523/04 - Rn. 27, BAGE 115, 340). Dies könnte etwa dann der Fall sein, wenn deren objektive Zielsetzung in der Beseitigung der Kontinuität des Arbeitsverhältnisses bei einem gleichzeitigen Erhalt des Arbeitsplatzes besteht (vgl. dazu BAG 25. Oktober 2007 - 8 AZR 917/06 - Rn. 43, AP BGB § 613a Nr. 333 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 82)oder die Vereinbarung verhindern soll, dass der künftige Betriebserwerber in sämtliche bestehende Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis eintritt (vgl. BAG 19. März 2009 - 8 AZR 722/07 - Rn. 27, AP BGB § 613a Nr. 369 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 108). Ist der Übernahmevertrag wirksam, ergibt sich der Anspruch des Klägers aus dessen § 7 Abs. 2(unter aa). Ist er nach § 134 BGB unwirksam, folgt der Anspruch aus § 611 Abs. 1 iVm. § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB(unter bb).

24

aa) Der Anspruch des Klägers auf die begehrten Entgeltdifferenzen ergibt sich im Falle der Wirksamkeit der Vereinbarung vom 25. November 2003 aus deren § 7 Abs. 2.

25

(1) Bei der Regelung in § 7 Abs. 2 des Übernahmevertrages handelt es sich nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts um eine Allgemeine Geschäftsbedingung iSv. § 305 Abs. 1 BGB, die der vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung unterliegt(etwa BAG 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06  - BAGE 124, 259 ). Sie sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der konkreten Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Soweit auch der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist, kann das nur in Bezug auf typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Ziele gelten (st. Rspr., etwa 24. Oktober 2007 -  10 AZR 825/06  - Rn. 13 mwN, aaO).

26

(2) Die Parteien haben mit dem Übernahmevertrag eine Vereinbarung getroffen, dass trotz der Beendigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers mit der Travelex und der Neubegründung eines Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten ihm zumindest diejenigen Arbeitsbedingungen erhalten bleiben sollten, die bereits bei der Travelex für ihn galten. Danach sind für das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis die Regelungen des GTV und des MTV maßgebend. Das beinhaltet auch eine zum Zeitpunkt des 15. Januar 2004 im GTV bereits fest vereinbarte Dynamik der Erhöhung des Tarifentgelts bei einer längeren Dauer der Betriebszugehörigkeit, wie sie in § 2 Abs. 3 GTV vorgesehen ist.

27

(a) Nach § 7 Abs. 2 Satz 1 des Übernahmevertrages haben die Parteien vereinbart, dass das „ursprünglich mit TRAVELEX bestehende Arbeitsverhältnis zu den bisherigen Bedingungen“ mit der Beklagten fortgesetzt werden soll. In Satz 2 wird hinsichtlich der „Zusammensetzung“ und der „Höhe“ des Entgelts nochmals ausdrücklich festgeschrieben, dass die darauf bezogenen Arbeitsbedingungen unverändert bleiben sollen.

28

Zu den „bisherigen Arbeitsbedingungen“ des Klägers im Arbeitsverhältnis mit der Travelex gehörten kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit auch die durch den MTV und den GTV festgelegten Entgeltregelungen. Soweit die Beklagte die Tarifgebundenheit der Travelex in Abrede stellt, weil sie deren Mitgliedschaft in einem Arbeitgeberverband bestreitet, übersieht sie, dass es sich bei den beiden in Frage stehenden Tarifverträgen um Firmentarifverträge handelt. Die Tarifgebundenheit folgt als Tarifvertragspartei des GTV und des MTV unmittelbar aus § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 TVG. Einer Mitgliedschaft der Travelex in einem Arbeitgeberverband bedarf es nicht.

29

Die Regelung umfasst auch bereits vereinbarte Entgeltsteigerungen. Die Regelungen des GTV gelten als „bisherige Arbeitsbedingungen“ zwar lediglich mit dem Inhalt, der zum 15. Januar 2005 maßgebend war. Eine zu diesem Zeitpunkt bereits in dessen Normen selbst angelegte Dynamik bleibt aber für das Arbeitsverhältnis der Parteien aufrecht erhalten. Eine Begrenzung des nominalen Entgeltniveaus auf dasjenige zum Beginn des Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien kommt in der vertraglichen Abrede nicht zum Ausdruck. Dieses Verständnis der vertraglichen Regelung, wonach der Kläger keine Schlechterstellung hinsichtlich der nunmehr mit der Beklagten geltenden Arbeitsbedingungen erfahren soll, wird auch durch den Klammerzusatz in § 7 Abs. 2 Satz 3 des Vertrages - „Übernahme 1 : 1“ - verdeutlicht. Danach sollen in dem neuen Arbeitsverhältnis die bisherigen Arbeitsbedingungen vollständig übernommen werden und weiterhin gelten.

30

(b) Für ein solches Verständnis spricht auch die Vertragspraxis sowie die Regelung in § 4 Abs. 2 BV 2005.

31

(aa) Bei den Begleitumständen, die Rückschlüsse auf den erklärten Geschäftswillen haben können, sind bei der Auslegung grundsätzlich nur diejenigen zu berücksichtigen, die bei Abschluss des Rechtsgeschäfts erkennbar waren. Soweit gleichwohl ein nachträgliches Verhalten der Parteien bei der Auslegung berücksichtigt wird, muss es „Rückschlüsse auf den tatsächlichen Willen und das tatsächliche Verständnis der an dem Rechtsgeschäft Beteiligten zulassen“(BAG 28. Januar 2009 - 4 AZR 904/07 - Rn. 35 mwN, AP BGB § 133 Nr. 56).

32

(bb) Die Beklagte zahlte auch in den Jahren 2004 und 2005, nachdem sie zunächst eine Entgeltsteigerung aufgrund einer längeren Betriebszugehörigkeit nicht vorgenommen hatte, nach Aufforderung des Klägers und weiterer von ihm benannter Arbeitnehmer, die zuvor bei der Travelex beschäftigt waren, ein Entgelt einschließlich der im GTV vorgesehenen Vergütungssteigerungen infolge längerer Betriebszugehörigkeit.

33

Die Beklagte ging auch beim Abschluss der BV 2005 davon aus, dass den vormals bei der Travelex beschäftigten Arbeitnehmern aufgrund der Bestimmung in § 7 Abs. 2 des Übernahmevertrages ein vertraglicher Anspruch auf die nach dem GTV vorgesehenen Entgeltsteigerungen infolge längerer Betriebszugehörigkeit zusteht. Das zeigt § 4 Abs. 2 Satz 1 BV 2005, in dem von „vertraglich vorgesehenen Gehaltssteigerungen“ die Rede ist, die ab dem Jahre 2006 für die Laufzeit der Betriebsvereinbarung ausgeschlossen sein sollen. Dementsprechend hat die Beklagte im Jahre 2005 dem Kläger das höhere Entgelt noch geleistet, nicht aber im darauf folgenden Jahr.

34

(3) Das Vorbringen der Beklagten steht dieser Auslegung nicht entgegen.

35

(a) Der Einwand der Beklagten, die Regelung in § 7 Abs. 2 des Übernahmevertrages sei nicht geeignet, eine individualvertragliche Inbezugnahme auf die bei der Travelex geltenden Tarifverträge zu begründen, ist unerheblich. § 7 Abs. 2 des Übernahmevertrages regelt nicht die vertragliche Inbezugnahme eines bestimmten Tarifvertrages. Bezugnahmeobjekt der dort getroffenen Vereinbarung, die den Inhalt des zwischen den Parteien geschlossenen Arbeitsverhältnisses regeln soll, sind die „bisherigen Arbeitsbedingungen“. Zu diesen gehören auch der GTV und der MTV. Einer ausdrücklichen Inbezugnahme der beiden Tarifverträge bedarf es danach nicht.

36

(b) Ohne Erfolg ist auch der Einwand der Beklagten, die Formulierung in § 7 Abs. 2 des Vertrages sei unklar. Sie ist Verwender iSv. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB, da nach § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB die Allgemeinen Geschäftsbedingungen als von ihr gestellt gelten.Die Unklarheitenregel beruht auf dem Gedanken, dass es Sache des Verwenders ist, die von ihm vorgegebenen Vertragsbedingungen klar und unmissverständlich zu formulieren. Der Verwender kann sich nicht darauf berufen, er habe dieser Pflicht nicht genügt, weshalb die betreffende Regelung nicht zu seinem Nachteil angewendet werden dürfe. Ihm ist deshalb die Berufung auf die Unklarheitenregelung des § 305c BGB versagt(BAG 9. November 2005 - 5 AZR 128/05 - Rn. 16, BAGE 116, 185). Zudem kann auf diese Regel nur zurückgegriffen werden, wenn nach Ausschöpfung aller anerkannten Auslegungsmethoden „erhebliche Zweifel“ an der richtigen Auslegung bestehen (BAG 21. Oktober 2009 - 4 AZR 880/07 - Rn. 34 mwN; 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - Rn. 15, AP BGB § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 40). Derartige Zweifel sind, wie die Auslegung zeigt, vorliegend nicht gegeben. Allein die entfernte Möglichkeit, auch zu einem anderen Auslegungsergebnis zu kommen, genügt für die Anwendung von § 305c Abs. 2 BGB nicht(BAG 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - aaO).

37

(4) Die individualvertraglich vereinbarten Entgeltbedingungen konnten durch die BV 2005 nicht zum Nachteil des Klägers verändert werden. Die Regelungen in § 4 Satz 2 der BV 2005 entfalten im Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund des Günstigkeitsprinzips keine Wirkung.

38

(a) Im Verhältnis von vertraglich begründeten Ansprüchen und anspruchsgewährenden Normen einer Betriebsvereinbarung gilt grundsätzlich das Günstigkeitsprinzip(BAG GS 16. September 1986 - GS 1/82 - zu C der Gründe, BAGE 53, 42; BAG 6. November 2007 - 1 AZR 862/06 - Rn. 23, BAGE 124, 323). Die Betriebsparteien können vertragliche Rechtspositionen der Arbeitnehmer nicht wirksam verschlechtern. Günstigere einzelvertragliche Vereinbarungen sind gegenüber belastenden Regelungen einer Betriebsvereinbarung vorrangig (BAG 12. Dezember 2006 - 1 AZR 96/06 - Rn. 21, BAGE 120, 308). Etwas anderes kommt nur in Betracht, wenn vertragliche Ansprüche, die bestimmte Sozialleistungen betreffen, auf eine vom Arbeitgeber gesetzte Einheitsregelung oder eine Gesamtzusage zurückgehen und die Neuregelung durch eine Betriebsvereinbarung insgesamt bei kollektiver Betrachtung nicht ungünstiger ist (BAG GS 16. September 1986 - GS 1/82 - aaO). Das ist hier nicht der Fall.

39

(b) Die mit der Regelung in § 7 Abs. 2 des Übernahmevertrages verbundenen individualrechtlichen Ansprüche des Klägers auf ein den Regelungen des GTV entsprechendes Entgelt konnten danach durch die BV 2005 nicht verkürzt werden. Die Verschlechterung der vertraglichen Vergütungsregelungen wird auch nicht dadurch ausgeglichen, dass die in der Betriebsvereinbarung vorgesehene Regelung nach deren § 2 auch dazu dient, die Schließung von Betriebsstätten zu verhindern und nach § 6 BV 2005 betriebsbedingte Kündigungen bis zum 31. Dezember 2006 ausgeschlossen werden. Bei einem Günstigkeitsvergleich können nur die Regelungen miteinander verglichen werden, die in einem sachlichen Zusammenhang stehen - „Sachgruppenvergleich“. Arbeitsentgelt einerseits und eine Beschäftigungsgarantie andererseits sind unterschiedlich geartete Regelungsgegenstände, für deren Bewertung es keinen gemeinsamen, einen wertenden Vergleich ermöglichenden Maßstab gibt. Eine Beschäftigungssicherung durch den Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen ist daher nicht geeignet, Verschlechterungen bei der Arbeitszeit oder dem Arbeitsentgelt zu rechtfertigen(st. Rspr., s. nur BAG 1. Juli 2009 - 4 AZR 261/08 - Rn. 60 mwN, AP TVG § 3 Verbandsaustritt Nr. 14 = EzA TVG § 3 Verbandsaustritt Nr. 3).

40

(c) Der Einwand der Revision, sowohl der Arbeitsvertrag des Klägers vom 2. Januar 1997 als auch der Übernahmevertrag seien „betriebsvereinbarungsoffen“ gestaltet worden, ist ohne Erfolg.

41

(aa) Soweit sich die Beklagte auf den in der Revisionsinstanz vorgelegten Arbeitsvertrag des Klägers vom 2. Januar 1997 bezieht, handelt es sich um einen in der Revisionsinstanz nach § 559 Abs. 2 ZPO unzulässigen neuen Tatsachenvortrag. Zudem bleibt offen, aufgrund welcher Abreden die arbeitsvertraglichen Regelungen unter dem Vorbehalt einer späteren Änderung durch eine betriebliche Regelung(zu diesem Erfordernis etwa BAG 3. November 1987 - 8 AZR 316/81 - zu II 3 der Gründe, BAGE 56, 289) stehen sollen. Dem Arbeitsvertrag können sie nicht entnommen werden.

42

(bb) Gleiches gilt für den Übernahmevertrag. Die Revision führt letztlich auch keine darin enthaltene Regelung für ihre Auffassung an, sondern behauptet nur pauschal die für sie günstige Rechtslage. Auch § 7 des Übernahmevertrages kann nicht entnommen werden, die vertraglich mit der Beklagten vereinbarten Arbeitsbedingungen könnten, soweit sie in dem Arbeitsverhältnis des Klägers mit der Travelex kraft unmittelbarer Tarifgebundenheit galten, bei der Beklagten durch eine tarifliche oder betriebliche Regelung entsprechend der in § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB vorgesehenen Regelung auch zum Nachteil des Klägers abgelöst werden.

43

(d) Selbst wenn man zugunsten der Beklagten davon ausgehen würde, die „Übernahme“ der bisherigen Arbeitsbedingungen des Klägers seien dergestalt vereinbart worden, dass die vormals durch Tarifvertrag geregelten Arbeitsbedingungen entsprechend § 613 Abs. 1 Satz 3 BGB durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrages oder durch eine andere Betriebsvereinbarung abgelöst werden könnten, würde die Regelung in § 4 BV 2005 vorliegend zu keinem anderen Ergebnis führen. Dabei kann es dahinstehen, ob hinsichtlich der BV 2005 nicht bereits die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 BetrVG eingreift. Eine Ersetzung der Bestimmungen des GTV durch die Regelungen einer Betriebsvereinbarung scheidet aus.

44

(aa) Der Erste Senat hat mit Urteil vom 6. November 2007 entschieden, dass im Rahmen von § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB Regelungen einer beim nicht tarifgebundenen Betriebserwerber geltenden Betriebsvereinbarung nicht geeignet sind, Rechtsnormen eines zwischen Veräußerer und Arbeitnehmer aufgrund beiderseitiger Tarifbindung geltenden Tarifvertrages verschlechternd abzulösen. Dies gelte auch dann, wenn mangels Sperrwirkung eines Tarifvertrages nicht schon § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG einer solchen Ablösung entgegensteht. Jedenfalls außerhalb des Bereichs der erzwingbaren Mitbestimmung des Betriebsrats sei für eine sog. Über-Kreuz-Ablösung der Rechtsnormen eines Tarifvertrages durch Regelungen einer Betriebsvereinbarung kein Raum. Zur Begründung hat der Erste Senat sich auf systematische und teleologische Gründe berufen. Die Möglichkeit einer Über-Kreuz-Ablösung würde gegen den Schutzzweck von § 613a Abs. 1 BGB und der ihm zugrunde liegenden Richtlinie 77/187/EWG des Rates vom 14. Februar 1977 in ihrer Fassung durch die Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 verstoßen. Art. 3 der Richtlinie und § 613a Abs. 1 BGB verfolgten ersichtlich das Ziel, die Rechtsstellung der Arbeitnehmer vor Verschlechterungen aus Anlass eines Betriebsübergangs weitgehend zu schützen. Dem widerspräche es, wenn es dem Erwerber ermöglicht würde, ursprünglich tarifvertraglich begründete Rechtsansprüche der Arbeitnehmer nach dem Betriebsübergang durch ungünstigere Regelungen einer Betriebsvereinbarung abzulösen. Außerhalb eines Betriebsübergangs könnten die Betriebsparteien allein wegen § 4 Abs. 3 TVG tarifliche Regelungen nicht durch Betriebsvereinbarung verschlechtern. Auch eine gemäß § 4 Abs. 5 TVG nur nachwirkende Tarifnorm könnte zumindest außerhalb des Bereichs der zwingenden Mitbestimmung nicht durch eine ungünstigere Betriebsvereinbarung abgelöst werden(ausf. BAG 6. November 2007 - 1 AZR 862/06 - Rn. 32 ff., BAGE 124, 323).

45

Dem hat sich der Dritte Senat des Bundesarbeitsgerichts für tariflich geregelte Ansprüche auf betriebliche Altersversorgung angeschlossen. Solche könnten nicht im Wege der sogenannten Über-Kreuz-Lösung durch eine beim Erwerber bestehende Betriebsvereinbarung abgelöst werden. Zwar habe der Betriebsrat auch bei Leistungen der betrieblichen Altersversorgung gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 8 bzw. Nr. 10 BetrVG mitzubestimmen. Entscheidend sei jedoch, dass der Regelungsgegenstand „Altersversorgung“ nur teilmitbestimmt ist. Der Arbeitgeber bestimme eigenverantwortlich, ob er eine betriebliche Altersversorgung schaffen, wie viele Mittel er hierfür bereitstellen und welchen Personenkreis er begünstigen will. Demgegenüber beziehe sich das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats im Wesentlichen auf den Leistungsplan und die Heranziehung der Arbeitnehmer zu Beiträgen. Damit fehle es für den Regelungsgegenstand der betrieblichen Altersversorgung an der erforderlichen Kongruenz des Umfangs der „erzwingbaren“ Regelungsmacht der Tarifpartner auf der einen und der Betriebspartner auf der anderen Seite(BAG 13. November 2007 - 3 AZR 191/06 - Rn. 31, BAGE 125, 1).

46

(bb) Für die hier vorliegende Betriebsvereinbarung gilt nichts anderes. Betriebsvereinbarungen wie die BV 2005 über finanzielle Leistungen des Arbeitgebers und damit verbunden die betriebliche Lohngestaltung sind teilmitbestimmt. Während der Arbeitgeber den Dotierungsrahmen mitbestimmungsfrei vorgeben kann, bedarf er für die Ausgestaltung, also für den Verteilungs- und Leistungsplan nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG, der Zustimmung des Betriebsrats. Ist der Arbeitgeber nicht tarifgebunden, kann er - jedenfalls kollektivrechtlich - das gesamte Volumen der von ihm für die Vergütung der Arbeitnehmer bereitgestellten Mittel mitbestimmungsfrei festlegen(BAG 26. August 2008 - 1 AZR 354/07 - Rn. 15, 21 mwN, BAGE 127, 297). Damit fehlt es auch hier an der kongruenten Regelungsmacht des Betriebsrats. Ob es sich bei der speziellen Regelung in § 4 Abs. 2 Satz 2 BV 2005 überhaupt um eine mitbestimmungspflichtige Frage der betrieblichen Lohngestaltung handelt(dazu BAG 2. März 2004 - 1 AZR 271/03 - zu IV 1 a der Gründe, BAGE 109, 369), muss der Senat daher nicht entscheiden.

47

bb) Sollte ein Betriebsübergang oder ein Betriebsteilübergang auf die Beklagte vorliegen, infolge dessen das Arbeitsverhältnis des Klägers kraft Gesetzes auf die Beklagte übergegangen ist, weil sich der Übernahmevertrag nach § 134 BGB als unwirksam erweist, ist der Anspruch gleichfalls begründet. Der Kläger hat dann gegen die Beklagte einen vertraglichen Anspruch nach § 611 Abs. 1 iVm. § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB auf Zahlung einer Vergütung nach der Tarifgruppe 1 im 10. Jahr der Beschäftigung gemäß § 2 Abs. 3 GTV.

48

(1) Die Rechtsnormen des GTV, in dem ua. eine Vergütungserhöhung mit steigender Betriebszugehörigkeit geregelt ist, waren zum Zeitpunkt eines etwaigen Betriebsübergangs Inhalt des Arbeitsverhältnisses des Klägers mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten, die beide normativ tarifgebunden waren, § 3 Abs. 1 TVG.

49

(2) Die tariflichen Verpflichtungen aus dem GTV sind mit einem Betriebsübergang auf die Beklagte gemäß § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB Inhalt des nunmehr zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsverhältnisses geworden. Da die Beklagte nicht tarifgebunden ist und eine anderweitige kollektivrechtliche Geltung dieser Tarifnormen ausscheidet, greift für die bis dahin normativ geltenden Rechte und Pflichten die Auffangregelung des § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB ein. Zu den auf die Beklagte nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB übergegangenen Pflichten des GTV gehört auch die Weitergabe des höheren Entgelts infolge längerer Betriebszugehörigkeit.

50

(a) Die entsprechend der Grundregel in § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB zum Zeitpunkt des Übergangs des Arbeitsverhältnisses bestehenden Rechte und Pflichten beschreiben das Arbeitsverhältnis umfassend, wie es zu diesem Zeitpunkt existiert. Dazu gehören nicht nur die aktuell realisierten Rechte und Pflichten, sondern alle, auf die sich eine der Vertragsparteien bei unveränderter Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses berufen könnte. Dabei tritt der Erwerber an die Stelle des Veräußerers und nimmt dessen Rechtsstellung unverändert ein. Diese umfasst alle Rechtspositionen aus Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, die zu dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs den Inhalt des Arbeitsverhältnisses bestimmen. Daher gehen auch diejenigen Rechte und Pflichten des Arbeitsverhältnisses auf den Betriebserwerber über, die in Kollektivnormen geregelt sind, ohne dass spätere Änderungen der Kollektivnormen selbst Einfluss auf die Weitergeltung nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB haben. Auch diese gehen in dem Zustand über, in dem sie sich zum Zeitpunkt des Übergangs befinden. Sie gelten zwar statisch fort, aber eine in der - statisch - fortgeltenden Norm selbst angelegte Dynamik bleibt aufrechterhalten. Das hat der Senat bereits mehrfach entschieden und ausführlich begründet(grdl. BAG 19. September 2007 - 4 AZR 711/06 - Rn. 23 ff., BAGE 124, 123; s. auch BAG 22. April 2009 - 4 AZR 100/08 - Rn. 82 ff., AP BGB § 613a Nr. 371 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 110). Daran hält der Senat fest.

51

(b) Diese Auslegung des § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB verstößt nicht gegen die verfassungsrechtlich geschützte negative Koalitionsfreiheit der Beklagten(ausf. BAG 19. September 2007 - 4 AZR 711/06 - Rn. 31, BAGE 124, 123). In der Bindung an einen im Zeitpunkt des Betriebsübergangs bereits vereinbarten und in Kraft getretenen Tarifvertrag liegt auch weder eine Beeinträchtigung der negativen Koalitionsfreiheit iSd. Art. 11 EMRK vor noch verstößt die vorliegende Auslegung gegen die Grundsätze, auf die sich der EuGH insbesondere in seiner Entscheidung vom 9. März 2006 bezogen hat (- C-499/04 - [Werhof] - insb. Rn. 34 ff., Slg. 2006, I-2397). Das hat der Senat bereits ausführlich begründet (BAG 19. September 2007 - 4 AZR 711/06 - Rn. 23 ff., aaO). Auch daran hält der Senat fest.

52

(3) Eine Ablösung der nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB transformierten vormaligen tariflichen Regelungen durch die BV 2005 scheidet aus den bereits genannten Gründen(unter aa [4] [d]) ebenso aus wie eine nachteilige Veränderung des Vertragsinhalts durch diese Betriebsvereinbarung (oben unter aa [4] [a] bis [c] [bb]).

53

d) Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 291 Satz 1, § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB.

54

III. Die Kosten der erfolglosen Revision hat nach § 97 ZPO die Beklagte zu tragen.


        

    Bepler    

        

    Creutzfeldt    

        

    Treber    

        

        

        

    Hannig    

        

    Drechsler    
                 

Tenor

1. Die Revision der Kläger gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 9. Juni 2010 - 7 Sa 195/10 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Kläger die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz zu gleichen Teilen zu tragen haben.

2. Die Kläger haben die Kosten der Revision zu gleichen Teilen zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Ansprüche auf Lohnerhöhung und Einmalzahlung.

2

Die Klägerin zu 16. und die Kläger zu 1. bis 15. und 17. bis 21. (im Folgenden: Kläger) sind Mitglieder der Gewerkschaft ver.di und vor dem 1. Januar 2002 bei einer an die Tarifverträge für die Papier und Pappe verarbeitende Industrie gebundenen Rechtsvorgängerin der Beklagten in ein Arbeitsverhältnis getreten. Am 1. Oktober 2007 übernahm die zum damaligen Zeitpunkt nicht tarifgebundene Beklagte den Betrieb in Neuss, in dem ca. 460 Arbeitnehmer beschäftigt sind. Rückwirkend zum 1. Mai 2008 erhöhte sie entsprechend einem Tarifabschluss in der Papier und Pappe verarbeitenden Industrie die Entgelte um 3,9 %. In einem innerbetrieblichen Aushang hierzu heißt es:

        

„…    

        

Da das Werk derzeit ohne Tarifbindung ist, haben Betriebsrat und Werkleitung lange über diese Erhöhung verhandelt. Nach langwierigen Gesprächen hat die Werkleitung die Erhöhung beschlossen und wird sie entsprechend mit der Juni-Abrechnung rückwirkend umsetzen.

        

…       

        

Die Erhöhung der Löhne, Gehälter und Ausbildungsvergütungen erfolgt freiwillig, wird ohne Anerkennung einer Rechtspflicht gewährt und ist an keinen Tarif gebunden. Auch wiederholte Gewährung frei ausgehandelter Entgelterhöhungen mit dem Betriebsrat begründen keinen Rechtsanspruch für die Zukunft.“

3

Entsprechend einer im Dezember 2008 mit dem Betriebsrat geschlossenen „Anpassungsbetriebsvereinbarung“, in der die Betriebspartner das gemeinsame Ziel bekundeten, eine einheitliche kollektivrechtliche Geltung der Arbeitsbedingungen auf der Grundlage der Tarifverträge für die Arbeitnehmer der papiererzeugenden Industrie herbeizuführen, bot die Beklagte allen Arbeitnehmern Ende Februar/Anfang März 2009 eine Ergänzung ihrer Arbeitsverträge an. Danach sollten mit dem Inkrafttreten eines mit der Gewerkschaft BCE noch abzuschließenden Haustarifvertrags dessen Bestimmungen und mit Wirksamwerden einer von der Beklagten langfristig angestrebten Vollmitgliedschaft im Arbeitgeberverband der rheinisch-westfälischen papiererzeugenden Industrie die Tarifverträge für diese Branche Anwendung finden. Für die Übergangszeit und - falls es aus irgendeinem Grund weder zum Abschluss eines Haustarifvertrags noch zu einer Vollmitgliedschaft der Beklagten im Arbeitgeberverband kommen sollte - ggf. dauerhaft, sah das Änderungsangebot die dynamische Geltung der Tarifverträge für die papiererzeugende Industrie vor, flankiert durch ergänzende Regelungen zur Besitzstandswahrung. Bei Unterzeichnung der Ergänzung des Arbeitsvertrags vor dem 1. April 2009 sollte sich das bisher bezogene Monatsentgelt entsprechend einem Tarifabschluss für die Beschäftigten der papiererzeugenden Industrie im Tarifbezirk Nordrhein rückwirkend ab dem 1. Januar 2009, bei späterer Unterzeichnung ab dem Monat der Unterschrift erhöhen. Allen Arbeitnehmern, die das Änderungsangebot vor dem 1. April 2009 annahmen, gewährte die Beklagte entsprechend dem Tarifabschluss eine prozentuale Entgelterhöhung um 2,1 % und eine Einmalzahlung iHv. 200,00 Euro brutto.

4

Die Kläger nahmen das Änderungsangebot nicht an.

5

Mit ihrer Klage haben sie die ihnen vorenthaltene prozentuale Entgelterhöhung und Einmalzahlung verlangt und geltend gemacht, die Ablehnung des Änderungsangebots dürfe ihnen wegen § 612a BGB nicht zum Nachteil gereichen, sie genüge auch nicht zur Rechtfertigung einer Differenzierung bei der Entgelterhöhung. Die Ergänzungsvereinbarungen seien unwirksam. Sie zielten auf einen unrechtmäßigen Tarifwechsel und verletzten die Arbeitnehmer in ihrer individuellen Koalitionsfreiheit.

6

Die Kläger haben zuletzt in der Revisionsinstanz unter teilweiser Klagerücknahme sinngemäß beantragt

        

1.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Klägern beginnend ab dem 1. Januar 2009 eine Lohnerhöhung iHv. 2,1 % zu zahlen;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger jeweils eine Einmalzahlung iHv. 200,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24. Juli 2009 zu zahlen.

7

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, sie habe allen Arbeitnehmern eine Ergänzung des Arbeitsvertrags angeboten und mit der prozentualen Entgelterhöhung sowie der Einmalzahlung nur vertragliche Ansprüche erfüllt.

8

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit dem bei ihm gestellten Leistungsantrag auf Lohnerhöhung und Einmalzahlung stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Beklagten die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihre Ansprüche mit den wiedergegebenen Anträgen weiter.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Kläger ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.

10

I. Die Klage ist unzulässig, soweit die Kläger eine prozentuale Lohnerhöhung verlangen.

11

1. Der in den Vorinstanzen auf Zahlung einer Lohnerhöhung von 2,1 % gerichtete Antrag war als Leistungsantrag nicht hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Er war unbeziffert und damit nicht vollstreckungsfähig.

12

2. Auch der zuletzt in der Revisionsinstanz gestellte Feststellungsantrag ist unzulässig.

13

Dabei kann der Senat offen lassen, ob für den auf die Feststellung eines Anspruchs gerichteten Antrag ein Feststellungsinteresse nach § 256 Abs. 1 ZPO besteht(zu dem Feststellungsinteresse bei einer sog. Elementenfeststellungsklage, vgl. BAG 21. April 2010 - 4 AZR 755/08 - Rn. 21 mwN, AP ZPO 1977 § 256 Nr. 101 = EzA ZPO 2002 § 256 Nr. 9; 6. Juli 2011 - 4 AZR 424/09 -). Dem Feststellungsantrag mangelt es schon an der hinreichenden Bestimmtheit.

14

a) Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss die Klageschrift die bestimmte Angabe des Gegenstands und des Grundes des erhobenen Anspruchs sowie einen bestimmten Antrag enthalten. Der Kläger muss eindeutig festlegen, welche Entscheidung er begehrt. Er hat den Streitgegenstand so genau zu bezeichnen, dass der Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis (§ 308 ZPO) keinem Zweifel unterliegt und die eigentliche Streitfrage mit Rechtskraftwirkung zwischen den Parteien entschieden werden kann (§ 322 ZPO). Bei einer Feststellungsklage sind grundsätzlich keine geringeren Anforderungen an die Bestimmtheit zu stellen als bei einer Leistungsklage. Auch wenn das Bestehen oder der Umfang eines Rechtsverhältnisses oder eines Anspruchs zur gerichtlichen Entscheidung gestellt wird, muss zuverlässig erkennbar sein, worüber das Gericht eine Sachentscheidung treffen soll (BAG 18. Mai 2011 - 5 AZR 181/10 - Rn. 10, PflR 2011, 403; 11. November 2009 - 7 AZR 387/08 - Rn. 11 mwN, AP ZPO § 253 Nr. 50 = EzA ZPO 2002 § 253 Nr. 3).

15

b) Diesen Anforderungen genügt der Feststellungsantrag nicht. Die Feststellung einer Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung einer Lohnerhöhung iHv. 2,1 % lässt nicht erkennen, worüber die Sachentscheidung konkret ergehen soll. Weder aus dem Antrag noch dem Sachvortrag der Kläger ergibt sich, was unter dem Begriff „Lohn“ zu verstehen sein soll. Es bleibt unerläutert, ob nur der Stundenlohn der Kläger oder auch andere Vergütungsbestandteile wie Zulagen, Zuschläge, Einmalzahlungen, Mehrarbeitsvergütungen und ähnliche Leistungen erfasst werden. Des Weiteren lassen die Kläger den Ausgangswert für die Lohnerhöhung offen und stellen nicht klar, ob Basis der Lohnerhöhung der von ihnen bis zum 31. Dezember 2008 in jeweils welcher Höhe tatsächlich bezogene oder ein nicht näher bestimmter Tariflohn sein soll.

16

II. Die Klage auf Einmalzahlung ist nicht begründet. Es fehlt an einer Anspruchsgrundlage.

17

1. Die Kläger können den Anspruch nicht aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz herleiten.

18

a) Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet dem Arbeitgeber, seine Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbst gesetzten Regel gleichzubehandeln. Damit verbietet der Gleichbehandlungsgrundsatz eine sachfremde Gruppenbildung und die willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb einer Gruppe. Im Bereich der Arbeitsvergütung ist er trotz des Vorrangs der Vertragsfreiheit anwendbar, wenn Arbeitsentgelte durch eine betriebliche Einheitsregelung generell angehoben werden und der Arbeitgeber die Leistungen nach einem bestimmten erkennbaren und generalisierenden Prinzip gewährt, indem der Arbeitgeber bestimmte Voraussetzungen oder Zwecke festlegt (BAG 17. März 2010 - 5 AZR 168/09 - Rn. 14 mwN, AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 211 = EzA BGB 2002 § 242 Gleichbehandlung Nr. 22).

19

b) Den Anforderungen des Gleichbehandlungsgrundsatzes hat die Beklagte genügt. Bei der Leistung der streitbefangenen Einmalzahlung hat sie weder eine Gruppenbildung vorgenommen noch eine verteilende Entscheidung getroffen.

20

aa) Die Beklagte hat allen Arbeitnehmern (auch den Klägern), deren arbeitsvertragliche Bezugnahme auf die Tarifverträge für die Papier und Pappe verarbeitende Industrie infolge des Übergangs ihrer Arbeitsverhältnisse auf die nicht an diese Tarifverträge gebundene Beklagte statisch geworden war (vgl. dazu BAG 18. November 2009 - 4 AZR 514/08 - Rn. 17 f., BAGE 132, 261; 14. Dezember 2005 - 4 AZR 536/04 - Rn. 13, BAGE 116, 326), eine Ergänzung ihrer Arbeitsverträge um eine temporäre, ggf. dauerhafte dynamische Bezugnahme auf die Tarifverträge für die papiererzeugende Industrie angeboten. Die Teilung der Belegschaft in eine Gruppe, die das Angebot der Beklagten annahm und in eine solche, die es ablehnte, erfolgte unabhängig vom Willen der Beklagten durch die Entscheidung jedes einzelnen Arbeitnehmers für oder gegen die Ergänzung des Arbeitsvertrags.

21

bb) Der Gewährung der Einmalzahlung nur an die Arbeitnehmer, die das Ergänzungsangebot angenommen hatten, lag keine verteilende Entscheidung der Beklagten zugrunde. Die Beklagte ist lediglich ihren vertraglichen Verpflichtungen aus den geänderten Arbeitsverträgen nachgekommen. Wie der bloße Normenvollzug (vgl. dazu BAG 31. August 2005 - 5 AZR 517/04 - Rn. 17, BAGE 115, 367) enthält auch die bloße Vertragserfüllung keine verteilende Entscheidung des Arbeitgebers. Eine solche trifft der Arbeitgeber erst dann, wenn er freiwillig, dh. ohne rechtliche Verpflichtung über die Vertragserfüllung hinaus Leistungen gewährt (zu einer solchen Fallgestaltung, vgl. zB BAG 23. Februar 2011 - 5 AZR 84/10 - EzA BGB 2002 § 242 Gleichbehandlung Nr. 24; 14. März 2007 - 5 AZR 420/06 - BAGE 122, 1 - jeweils mwN).

22

cc) Ob die eine verteilende Entscheidung ausschließende Vertragserfüllung auch dann anzunehmen ist, wenn der Arbeitsvertrag objektiv an Wirksamkeitsmängeln leidet, die Vertragsparteien aber übereinstimmend von seiner Wirksamkeit ausgehen und ihn erfüllen, braucht der Senat nicht zu entscheiden. Das Vorbringen der Kläger bietet keine Anhaltspunkte für Zweifel an der Wirksamkeit der auch ihnen angebotenen Ergänzungsvereinbarungen.

23

(1) Entgegen der Auffassung der Kläger ist der nicht tarifgebundene Arbeitgeber nicht gehalten, arbeitsvertraglich die Geltung nur solcher Tarifverträge zu vereinbaren, die von der für den Betrieb tarifzuständigen Gewerkschaft abgeschlossen wurden. Für eine derartige Verpflichtung besteht keine Rechtsgrundlage. Arbeitgeber und Arbeitnehmer steht es im Rahmen ihrer privatautonomen Gestaltungsmacht frei, für ihr Arbeitsverhältnis die Geltung jedes beliebigen Tarifvertrags zu vereinbaren. Kommt es fürderhin zur beiderseitigen Tarifgebundenheit, setzt sich der normativ geltende gegenüber dem nur individualvertraglich in Bezug genommenen Tarifvertrag durch, § 4 Abs. 1 TVG, es sei denn, letzterer enthielte für den Arbeitnehmer günstigere Regelungen, § 4 Abs. 3 TVG(vgl. BAG 22. Oktober 2008 - 4 AZR 784/07 - Rn. 34, BAGE 128, 165; 29. August 2007 - 4 AZR 767/06 - Rn. 20, BAGE 124, 34 - jeweils mwN).

24

(2) Die Koalitionsfreiheit der Kläger und der weiteren Beschäftigten des Werks N ist durch die angebotenen Ergänzungsvereinbarungen nicht berührt worden. Ihnen ist weder unmittelbar noch mittelbar die Begründung oder Änderung der Gewerkschaftszugehörigkeit angesonnen worden. Die Geltung der Tarifverträge der papiererzeugenden Industrie sollte allein aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung unabhängig von der Gewerkschaftszugehörigkeit der Arbeitnehmer eintreten. Die individualrechtliche Inbezugnahme eines Tarifvertrags führt nicht zu dessen tarifrechtlicher Geltung (BAG 22. Oktober 2008 - 4 AZR 784/07 - Rn. 34, BAGE 128, 165) und beeinträchtigt damit weder Rechte der für den Betrieb tarifzuständigen Gewerkschaft noch ihrer Mitglieder. Nur wenn es um die von arbeitsvertraglichen Vereinbarungen unabhängige kollektivrechtliche Wirkungsweise von Tarifnormen geht, lässt sich die Verbindlichkeit von Rechten und Pflichten mit der Wahrnehmung von negativer oder positiver Koalitionsfreiheit begründen (vgl. BAG 24. Februar 2010 - 4 AZR 691/08 - Rn. 47 ff., AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 75 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 47; 10. November 2010 - 5 AZR 633/09 - Rn. 22, ZTR 2011, 150).

25

dd) Die streitgegenständliche Einmalzahlung ist nicht eine über die bloße Vertragserfüllung hinausgehende zusätzliche freiwillige Leistung der Beklagten, sondern Bestandteil ihrer Verpflichtungen aus den vor dem 1. April 2009 abgeschlossenen Ergänzungsvereinbarungen. Nach dem Tarifabschluss für die Beschäftigten in der papiererzeugenden Industrie war die Einmalzahlung (vgl. zum Begriff etwa, BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 31 mwN, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 73 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44) eine pauschale Lohnerhöhung für Arbeitnehmer, die sich am 25. November 2008 in einem ungekündigtem Arbeitsverhältnis befanden, und spätestens am 31. Januar 2009 fällig. Die Zusage der Beklagten, bei Annahme des Angebots zur Änderungsvereinbarung vor dem 1. April 2009 die Entgelte rückwirkend zum 1. Januar 2009 entsprechend dem Tarifabschluss zu erhöhen, durften die Arbeitnehmer übereinstimmend mit der Intention der Beklagten als die Einmalzahlung einschließend verstehen. Davon ist auch das Landesarbeitsgericht ausgegangen.

26

2. Die Beklagte hat unabhängig davon, ob es sich überhaupt um eine Anspruchsgrundlage handelt, das Maßregelungsverbot des § 612a BGB nicht verletzt.

27

a) Gemäß § 612a BGB darf der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme nicht benachteiligen, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt. Eine Benachteiligung liegt nicht nur vor, wenn der Arbeitnehmer eine Einbuße erleidet, sondern auch dann, wenn ihm Vorteile vorenthalten werden, die der Arbeitgeber Arbeitnehmern gewährt, falls diese Rechte nicht ausüben (BAG 14. März 2007 - 5 AZR 420/06 - Rn. 34 mwN, BAGE 122, 1). Die Tatbestandvoraussetzung „Benachteiligung” ist jedoch nur erfüllt, wenn der Arbeitgeber zwischen verschiedenen Maßnahmen hat wählen können. Hat er sein Verhalten an der Rechtsordnung orientiert, liegt keine Benachteiligung des Arbeitnehmers vor (BAG 14. Februar 2007 - 7 AZR 95/06 - BAGE 121, 247). Knüpft eine Regelung an das (erlaubte) Verhalten des Arbeitnehmers eine diesem nachteilige Rechtsfolge, ist der Arbeitgeber nicht zum Ausgleich der dem Arbeitnehmer erwachsenden Nachteile verpflichtet (BAG 15. September 2009 - 9 AZR 685/08 - AP BGB § 611 Lehrer, Dozenten Nr. 186). Dementsprechend ist der Vollzug einer kollektivrechtlichen Regelung oder einer vertraglichen Vereinbarung keine Benachteiligung iSv. § 612a BGB. Das Maßregelungsverbot setzt darüber hinaus voraus, dass zwischen der Benachteiligung und der Rechtsausübung ein unmittelbarer Zusammenhang besteht. Die zulässige Rechtsausübung muss der tragende Grund, dh. das wesentliche Motiv für die benachteiligende Maßnahme sein. Es reicht nicht aus, dass die Rechtsausübung nur den äußeren Anlass für die Maßnahme bildet (BAG 17. März 2010 - 5 AZR 168/09 - Rn. 28 mwN, AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 211 = EzA BGB 2002 § 242 Gleichbehandlung Nr. 22).

28

b) Nach diesen Grundsätzen liegt im Streitfall kein Verstoß gegen das Maßregelungsverbot vor. Die von den Klägern als benachteiligend empfundene Maßnahme der Beklagten hatte ihren Grund nicht in der zulässigen Ablehnung einer Ergänzungsvereinbarung durch die Kläger, sondern in der Erfüllung der Arbeitsverträge mit den Arbeitnehmern, die das Änderungsangebot der Beklagten angenommen hatten.

29

III. Die Kläger haben gemäß § 97 Abs. 1, § 100 Abs. 1 ZPO die Kosten zu gleichen Teilen zu tragen.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    Zorn    

        

    Bürger    

                 

Der Arbeitgeber darf einen Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme nicht benachteiligen, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt.

Tenor

1. Die Revision der Kläger gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 9. Juni 2010 - 7 Sa 195/10 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Kläger die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz zu gleichen Teilen zu tragen haben.

2. Die Kläger haben die Kosten der Revision zu gleichen Teilen zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Ansprüche auf Lohnerhöhung und Einmalzahlung.

2

Die Klägerin zu 16. und die Kläger zu 1. bis 15. und 17. bis 21. (im Folgenden: Kläger) sind Mitglieder der Gewerkschaft ver.di und vor dem 1. Januar 2002 bei einer an die Tarifverträge für die Papier und Pappe verarbeitende Industrie gebundenen Rechtsvorgängerin der Beklagten in ein Arbeitsverhältnis getreten. Am 1. Oktober 2007 übernahm die zum damaligen Zeitpunkt nicht tarifgebundene Beklagte den Betrieb in Neuss, in dem ca. 460 Arbeitnehmer beschäftigt sind. Rückwirkend zum 1. Mai 2008 erhöhte sie entsprechend einem Tarifabschluss in der Papier und Pappe verarbeitenden Industrie die Entgelte um 3,9 %. In einem innerbetrieblichen Aushang hierzu heißt es:

        

„…    

        

Da das Werk derzeit ohne Tarifbindung ist, haben Betriebsrat und Werkleitung lange über diese Erhöhung verhandelt. Nach langwierigen Gesprächen hat die Werkleitung die Erhöhung beschlossen und wird sie entsprechend mit der Juni-Abrechnung rückwirkend umsetzen.

        

…       

        

Die Erhöhung der Löhne, Gehälter und Ausbildungsvergütungen erfolgt freiwillig, wird ohne Anerkennung einer Rechtspflicht gewährt und ist an keinen Tarif gebunden. Auch wiederholte Gewährung frei ausgehandelter Entgelterhöhungen mit dem Betriebsrat begründen keinen Rechtsanspruch für die Zukunft.“

3

Entsprechend einer im Dezember 2008 mit dem Betriebsrat geschlossenen „Anpassungsbetriebsvereinbarung“, in der die Betriebspartner das gemeinsame Ziel bekundeten, eine einheitliche kollektivrechtliche Geltung der Arbeitsbedingungen auf der Grundlage der Tarifverträge für die Arbeitnehmer der papiererzeugenden Industrie herbeizuführen, bot die Beklagte allen Arbeitnehmern Ende Februar/Anfang März 2009 eine Ergänzung ihrer Arbeitsverträge an. Danach sollten mit dem Inkrafttreten eines mit der Gewerkschaft BCE noch abzuschließenden Haustarifvertrags dessen Bestimmungen und mit Wirksamwerden einer von der Beklagten langfristig angestrebten Vollmitgliedschaft im Arbeitgeberverband der rheinisch-westfälischen papiererzeugenden Industrie die Tarifverträge für diese Branche Anwendung finden. Für die Übergangszeit und - falls es aus irgendeinem Grund weder zum Abschluss eines Haustarifvertrags noch zu einer Vollmitgliedschaft der Beklagten im Arbeitgeberverband kommen sollte - ggf. dauerhaft, sah das Änderungsangebot die dynamische Geltung der Tarifverträge für die papiererzeugende Industrie vor, flankiert durch ergänzende Regelungen zur Besitzstandswahrung. Bei Unterzeichnung der Ergänzung des Arbeitsvertrags vor dem 1. April 2009 sollte sich das bisher bezogene Monatsentgelt entsprechend einem Tarifabschluss für die Beschäftigten der papiererzeugenden Industrie im Tarifbezirk Nordrhein rückwirkend ab dem 1. Januar 2009, bei späterer Unterzeichnung ab dem Monat der Unterschrift erhöhen. Allen Arbeitnehmern, die das Änderungsangebot vor dem 1. April 2009 annahmen, gewährte die Beklagte entsprechend dem Tarifabschluss eine prozentuale Entgelterhöhung um 2,1 % und eine Einmalzahlung iHv. 200,00 Euro brutto.

4

Die Kläger nahmen das Änderungsangebot nicht an.

5

Mit ihrer Klage haben sie die ihnen vorenthaltene prozentuale Entgelterhöhung und Einmalzahlung verlangt und geltend gemacht, die Ablehnung des Änderungsangebots dürfe ihnen wegen § 612a BGB nicht zum Nachteil gereichen, sie genüge auch nicht zur Rechtfertigung einer Differenzierung bei der Entgelterhöhung. Die Ergänzungsvereinbarungen seien unwirksam. Sie zielten auf einen unrechtmäßigen Tarifwechsel und verletzten die Arbeitnehmer in ihrer individuellen Koalitionsfreiheit.

6

Die Kläger haben zuletzt in der Revisionsinstanz unter teilweiser Klagerücknahme sinngemäß beantragt

        

1.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Klägern beginnend ab dem 1. Januar 2009 eine Lohnerhöhung iHv. 2,1 % zu zahlen;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger jeweils eine Einmalzahlung iHv. 200,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24. Juli 2009 zu zahlen.

7

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, sie habe allen Arbeitnehmern eine Ergänzung des Arbeitsvertrags angeboten und mit der prozentualen Entgelterhöhung sowie der Einmalzahlung nur vertragliche Ansprüche erfüllt.

8

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit dem bei ihm gestellten Leistungsantrag auf Lohnerhöhung und Einmalzahlung stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Beklagten die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihre Ansprüche mit den wiedergegebenen Anträgen weiter.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Kläger ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.

10

I. Die Klage ist unzulässig, soweit die Kläger eine prozentuale Lohnerhöhung verlangen.

11

1. Der in den Vorinstanzen auf Zahlung einer Lohnerhöhung von 2,1 % gerichtete Antrag war als Leistungsantrag nicht hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Er war unbeziffert und damit nicht vollstreckungsfähig.

12

2. Auch der zuletzt in der Revisionsinstanz gestellte Feststellungsantrag ist unzulässig.

13

Dabei kann der Senat offen lassen, ob für den auf die Feststellung eines Anspruchs gerichteten Antrag ein Feststellungsinteresse nach § 256 Abs. 1 ZPO besteht(zu dem Feststellungsinteresse bei einer sog. Elementenfeststellungsklage, vgl. BAG 21. April 2010 - 4 AZR 755/08 - Rn. 21 mwN, AP ZPO 1977 § 256 Nr. 101 = EzA ZPO 2002 § 256 Nr. 9; 6. Juli 2011 - 4 AZR 424/09 -). Dem Feststellungsantrag mangelt es schon an der hinreichenden Bestimmtheit.

14

a) Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss die Klageschrift die bestimmte Angabe des Gegenstands und des Grundes des erhobenen Anspruchs sowie einen bestimmten Antrag enthalten. Der Kläger muss eindeutig festlegen, welche Entscheidung er begehrt. Er hat den Streitgegenstand so genau zu bezeichnen, dass der Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis (§ 308 ZPO) keinem Zweifel unterliegt und die eigentliche Streitfrage mit Rechtskraftwirkung zwischen den Parteien entschieden werden kann (§ 322 ZPO). Bei einer Feststellungsklage sind grundsätzlich keine geringeren Anforderungen an die Bestimmtheit zu stellen als bei einer Leistungsklage. Auch wenn das Bestehen oder der Umfang eines Rechtsverhältnisses oder eines Anspruchs zur gerichtlichen Entscheidung gestellt wird, muss zuverlässig erkennbar sein, worüber das Gericht eine Sachentscheidung treffen soll (BAG 18. Mai 2011 - 5 AZR 181/10 - Rn. 10, PflR 2011, 403; 11. November 2009 - 7 AZR 387/08 - Rn. 11 mwN, AP ZPO § 253 Nr. 50 = EzA ZPO 2002 § 253 Nr. 3).

15

b) Diesen Anforderungen genügt der Feststellungsantrag nicht. Die Feststellung einer Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung einer Lohnerhöhung iHv. 2,1 % lässt nicht erkennen, worüber die Sachentscheidung konkret ergehen soll. Weder aus dem Antrag noch dem Sachvortrag der Kläger ergibt sich, was unter dem Begriff „Lohn“ zu verstehen sein soll. Es bleibt unerläutert, ob nur der Stundenlohn der Kläger oder auch andere Vergütungsbestandteile wie Zulagen, Zuschläge, Einmalzahlungen, Mehrarbeitsvergütungen und ähnliche Leistungen erfasst werden. Des Weiteren lassen die Kläger den Ausgangswert für die Lohnerhöhung offen und stellen nicht klar, ob Basis der Lohnerhöhung der von ihnen bis zum 31. Dezember 2008 in jeweils welcher Höhe tatsächlich bezogene oder ein nicht näher bestimmter Tariflohn sein soll.

16

II. Die Klage auf Einmalzahlung ist nicht begründet. Es fehlt an einer Anspruchsgrundlage.

17

1. Die Kläger können den Anspruch nicht aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz herleiten.

18

a) Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet dem Arbeitgeber, seine Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbst gesetzten Regel gleichzubehandeln. Damit verbietet der Gleichbehandlungsgrundsatz eine sachfremde Gruppenbildung und die willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb einer Gruppe. Im Bereich der Arbeitsvergütung ist er trotz des Vorrangs der Vertragsfreiheit anwendbar, wenn Arbeitsentgelte durch eine betriebliche Einheitsregelung generell angehoben werden und der Arbeitgeber die Leistungen nach einem bestimmten erkennbaren und generalisierenden Prinzip gewährt, indem der Arbeitgeber bestimmte Voraussetzungen oder Zwecke festlegt (BAG 17. März 2010 - 5 AZR 168/09 - Rn. 14 mwN, AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 211 = EzA BGB 2002 § 242 Gleichbehandlung Nr. 22).

19

b) Den Anforderungen des Gleichbehandlungsgrundsatzes hat die Beklagte genügt. Bei der Leistung der streitbefangenen Einmalzahlung hat sie weder eine Gruppenbildung vorgenommen noch eine verteilende Entscheidung getroffen.

20

aa) Die Beklagte hat allen Arbeitnehmern (auch den Klägern), deren arbeitsvertragliche Bezugnahme auf die Tarifverträge für die Papier und Pappe verarbeitende Industrie infolge des Übergangs ihrer Arbeitsverhältnisse auf die nicht an diese Tarifverträge gebundene Beklagte statisch geworden war (vgl. dazu BAG 18. November 2009 - 4 AZR 514/08 - Rn. 17 f., BAGE 132, 261; 14. Dezember 2005 - 4 AZR 536/04 - Rn. 13, BAGE 116, 326), eine Ergänzung ihrer Arbeitsverträge um eine temporäre, ggf. dauerhafte dynamische Bezugnahme auf die Tarifverträge für die papiererzeugende Industrie angeboten. Die Teilung der Belegschaft in eine Gruppe, die das Angebot der Beklagten annahm und in eine solche, die es ablehnte, erfolgte unabhängig vom Willen der Beklagten durch die Entscheidung jedes einzelnen Arbeitnehmers für oder gegen die Ergänzung des Arbeitsvertrags.

21

bb) Der Gewährung der Einmalzahlung nur an die Arbeitnehmer, die das Ergänzungsangebot angenommen hatten, lag keine verteilende Entscheidung der Beklagten zugrunde. Die Beklagte ist lediglich ihren vertraglichen Verpflichtungen aus den geänderten Arbeitsverträgen nachgekommen. Wie der bloße Normenvollzug (vgl. dazu BAG 31. August 2005 - 5 AZR 517/04 - Rn. 17, BAGE 115, 367) enthält auch die bloße Vertragserfüllung keine verteilende Entscheidung des Arbeitgebers. Eine solche trifft der Arbeitgeber erst dann, wenn er freiwillig, dh. ohne rechtliche Verpflichtung über die Vertragserfüllung hinaus Leistungen gewährt (zu einer solchen Fallgestaltung, vgl. zB BAG 23. Februar 2011 - 5 AZR 84/10 - EzA BGB 2002 § 242 Gleichbehandlung Nr. 24; 14. März 2007 - 5 AZR 420/06 - BAGE 122, 1 - jeweils mwN).

22

cc) Ob die eine verteilende Entscheidung ausschließende Vertragserfüllung auch dann anzunehmen ist, wenn der Arbeitsvertrag objektiv an Wirksamkeitsmängeln leidet, die Vertragsparteien aber übereinstimmend von seiner Wirksamkeit ausgehen und ihn erfüllen, braucht der Senat nicht zu entscheiden. Das Vorbringen der Kläger bietet keine Anhaltspunkte für Zweifel an der Wirksamkeit der auch ihnen angebotenen Ergänzungsvereinbarungen.

23

(1) Entgegen der Auffassung der Kläger ist der nicht tarifgebundene Arbeitgeber nicht gehalten, arbeitsvertraglich die Geltung nur solcher Tarifverträge zu vereinbaren, die von der für den Betrieb tarifzuständigen Gewerkschaft abgeschlossen wurden. Für eine derartige Verpflichtung besteht keine Rechtsgrundlage. Arbeitgeber und Arbeitnehmer steht es im Rahmen ihrer privatautonomen Gestaltungsmacht frei, für ihr Arbeitsverhältnis die Geltung jedes beliebigen Tarifvertrags zu vereinbaren. Kommt es fürderhin zur beiderseitigen Tarifgebundenheit, setzt sich der normativ geltende gegenüber dem nur individualvertraglich in Bezug genommenen Tarifvertrag durch, § 4 Abs. 1 TVG, es sei denn, letzterer enthielte für den Arbeitnehmer günstigere Regelungen, § 4 Abs. 3 TVG(vgl. BAG 22. Oktober 2008 - 4 AZR 784/07 - Rn. 34, BAGE 128, 165; 29. August 2007 - 4 AZR 767/06 - Rn. 20, BAGE 124, 34 - jeweils mwN).

24

(2) Die Koalitionsfreiheit der Kläger und der weiteren Beschäftigten des Werks N ist durch die angebotenen Ergänzungsvereinbarungen nicht berührt worden. Ihnen ist weder unmittelbar noch mittelbar die Begründung oder Änderung der Gewerkschaftszugehörigkeit angesonnen worden. Die Geltung der Tarifverträge der papiererzeugenden Industrie sollte allein aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung unabhängig von der Gewerkschaftszugehörigkeit der Arbeitnehmer eintreten. Die individualrechtliche Inbezugnahme eines Tarifvertrags führt nicht zu dessen tarifrechtlicher Geltung (BAG 22. Oktober 2008 - 4 AZR 784/07 - Rn. 34, BAGE 128, 165) und beeinträchtigt damit weder Rechte der für den Betrieb tarifzuständigen Gewerkschaft noch ihrer Mitglieder. Nur wenn es um die von arbeitsvertraglichen Vereinbarungen unabhängige kollektivrechtliche Wirkungsweise von Tarifnormen geht, lässt sich die Verbindlichkeit von Rechten und Pflichten mit der Wahrnehmung von negativer oder positiver Koalitionsfreiheit begründen (vgl. BAG 24. Februar 2010 - 4 AZR 691/08 - Rn. 47 ff., AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 75 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 47; 10. November 2010 - 5 AZR 633/09 - Rn. 22, ZTR 2011, 150).

25

dd) Die streitgegenständliche Einmalzahlung ist nicht eine über die bloße Vertragserfüllung hinausgehende zusätzliche freiwillige Leistung der Beklagten, sondern Bestandteil ihrer Verpflichtungen aus den vor dem 1. April 2009 abgeschlossenen Ergänzungsvereinbarungen. Nach dem Tarifabschluss für die Beschäftigten in der papiererzeugenden Industrie war die Einmalzahlung (vgl. zum Begriff etwa, BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 31 mwN, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 73 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44) eine pauschale Lohnerhöhung für Arbeitnehmer, die sich am 25. November 2008 in einem ungekündigtem Arbeitsverhältnis befanden, und spätestens am 31. Januar 2009 fällig. Die Zusage der Beklagten, bei Annahme des Angebots zur Änderungsvereinbarung vor dem 1. April 2009 die Entgelte rückwirkend zum 1. Januar 2009 entsprechend dem Tarifabschluss zu erhöhen, durften die Arbeitnehmer übereinstimmend mit der Intention der Beklagten als die Einmalzahlung einschließend verstehen. Davon ist auch das Landesarbeitsgericht ausgegangen.

26

2. Die Beklagte hat unabhängig davon, ob es sich überhaupt um eine Anspruchsgrundlage handelt, das Maßregelungsverbot des § 612a BGB nicht verletzt.

27

a) Gemäß § 612a BGB darf der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme nicht benachteiligen, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt. Eine Benachteiligung liegt nicht nur vor, wenn der Arbeitnehmer eine Einbuße erleidet, sondern auch dann, wenn ihm Vorteile vorenthalten werden, die der Arbeitgeber Arbeitnehmern gewährt, falls diese Rechte nicht ausüben (BAG 14. März 2007 - 5 AZR 420/06 - Rn. 34 mwN, BAGE 122, 1). Die Tatbestandvoraussetzung „Benachteiligung” ist jedoch nur erfüllt, wenn der Arbeitgeber zwischen verschiedenen Maßnahmen hat wählen können. Hat er sein Verhalten an der Rechtsordnung orientiert, liegt keine Benachteiligung des Arbeitnehmers vor (BAG 14. Februar 2007 - 7 AZR 95/06 - BAGE 121, 247). Knüpft eine Regelung an das (erlaubte) Verhalten des Arbeitnehmers eine diesem nachteilige Rechtsfolge, ist der Arbeitgeber nicht zum Ausgleich der dem Arbeitnehmer erwachsenden Nachteile verpflichtet (BAG 15. September 2009 - 9 AZR 685/08 - AP BGB § 611 Lehrer, Dozenten Nr. 186). Dementsprechend ist der Vollzug einer kollektivrechtlichen Regelung oder einer vertraglichen Vereinbarung keine Benachteiligung iSv. § 612a BGB. Das Maßregelungsverbot setzt darüber hinaus voraus, dass zwischen der Benachteiligung und der Rechtsausübung ein unmittelbarer Zusammenhang besteht. Die zulässige Rechtsausübung muss der tragende Grund, dh. das wesentliche Motiv für die benachteiligende Maßnahme sein. Es reicht nicht aus, dass die Rechtsausübung nur den äußeren Anlass für die Maßnahme bildet (BAG 17. März 2010 - 5 AZR 168/09 - Rn. 28 mwN, AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 211 = EzA BGB 2002 § 242 Gleichbehandlung Nr. 22).

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b) Nach diesen Grundsätzen liegt im Streitfall kein Verstoß gegen das Maßregelungsverbot vor. Die von den Klägern als benachteiligend empfundene Maßnahme der Beklagten hatte ihren Grund nicht in der zulässigen Ablehnung einer Ergänzungsvereinbarung durch die Kläger, sondern in der Erfüllung der Arbeitsverträge mit den Arbeitnehmern, die das Änderungsangebot der Beklagten angenommen hatten.

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III. Die Kläger haben gemäß § 97 Abs. 1, § 100 Abs. 1 ZPO die Kosten zu gleichen Teilen zu tragen.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    Zorn    

        

    Bürger    

                 

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.