Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 08. Dez. 2016 - 5 Sa 199/16

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2016:1208.5SA199.16.0A
bei uns veröffentlicht am08.12.2016

Tenor

1. Auf die Berufung der beklagten Bundesrepublik wird das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 24. März 2016, Az. 2 Ca 1437/15, abgeändert und die Klage abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz zu tragen.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über den Umfang des Direktionsrechts des Arbeitgebers.

2

Der 1960 geborene Kläger ist seit 1985 bei den US-Stationierungsstreitkräften am Flugplatz R. beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet der Tarifvertrag für die Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (TV AL II) Anwendung. Der Kläger wird als Angestellter nach Gehaltsgruppe C-4 vergütet. Seine wöchentliche Arbeitszeit beträgt 26,5 Stunden; das Teilzeitgehalt monatlich € 1.886,38 brutto. Daneben bezieht der Kläger, der mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 30 behindert ist, eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung.

3

Der Kläger wird seit 01.08.2005 als Betriebsbuchführer (Work Order Clerk) in der Beschäftigungsdienststelle "00th C. E. S.", dort in der für Haushaltsgeräte zuständigen Abteilung (A. Shop) eingesetzt. Bis Juli 2005 war er bei einer anderen Dienststelle mit anderen Arbeitsaufgaben in Vollzeit tätig. Der Wechsel erfolgte aus gesundheitlichen Gründen, deshalb wurde auch die Arbeitszeit des Klägers auf täglich 5,3 Stunden reduziert.

4

In der deutschen Übersetzung der Stellenbeschreibung "Betriebsbuchführer" heißt es auszugsweise:

5

I. Einführung: Zweck der Position ist das Führen und die Eingabe von Daten zur Kontrolle von Arbeitsaufträgen und des Bestandes an Haushaltsgeräten und der Gewährleistungs- und Garantiedatei.

6

II. Pflichten und Verantwortlichkeiten:

7

1. Führung und Berichterstattung von Daten: … Sammelt, stellt zusammen und konsolidiert Daten für erklärende, statistische, historische und tabellarische Berichte. …

8

2. Haushaltsgeräte-Inventur: Stelleninhaber entwickelt, führt und aktualisiert eine Masterliste aller in Staatsbesitz befindlichen Haushaltsgeräte …

9

3. Gewährleistungs-/Garantiedatei: Erhält die Gewährleistungs-/Garantiefälle von …, Leitet die Unterlagen zur formalen Prüfung weiter an den Leiter der Abteilung … Im Gewährleistungsfall fügt der Stelleninhaber die Geräte der Gewährleistungsdatei hinzu …

10

4. Tippen: Tippt eine kleine Auswahl von Quellendokumenten in Deutsch und Englisch …

11

5. Sonstige Aufgaben: Erhält, tätigt und leitet Telefonanrufe weiter; empfängt Besucher. Fragt nach dem Grund des Besuchs oder Anrufs und leitet an zuständige Stelle weiter. Gibt persönlich Auskünfte im Rahmen seiner Zuständigkeit und wendet dabei das im Arbeitsbereich erlangte Arbeitswissen an. Registriert die entsprechenden Personen. Füllt Zeit-und Anwesenheitslisten aus, Listen für Erschwerniszulagen und andere Formblätter auf der Grundlage der Informationen des Vorgesetzten.

12

Führt andere verwandte Tätigkeiten aus wie zugewiesen.

13

III. Steuerung der Arbeit: Arbeitet unter direkter Aufsicht des Vorgesetzten, …"

14

Seit Januar 2015 wird die Abteilung für Haushaltsgeräte von einer neuen Leiterin geführt. Diese stellte fest, dass der Kläger - was erstinstanzlich unstreitig war - von den in der Stellenbeschreibung aufgeführten Tätigkeiten nur noch die Erfassung der Arbeitszeitlisten der 15 bis 16 Mitarbeiter der Abteilung ausübte.

15

Der Kläger war vom 22.07. bis 01.11.2015 arbeitsunfähig erkrankt. Die Abteilungsleiterin wies ihn, nach anfänglichen Missverständnissen darüber, ob der Kläger zunächst eine Wiedereingliederungsmaßnahme absolvieren müsse, nach seiner Genesung an, beginnend ab dem 10.11.2015 Anfragen von Militärangehörigen in Bezug auf Erhalt oder Reparatur von Haushaltsgeräten anzunehmen und zu beantworten. Dabei sollte der Kläger sowohl Telefonate führen als auch Besucher empfangen, um deren Wünsche persönlich entgegenzunehmen. Für diese Tätigkeit sollte der Kläger in einen anderen Büroraum umziehen, der in demselben Gebäude auf demselben Flur gelegen ist.

16

Der Kläger, der einen Herzinfarkt erlitten hat, ist seit dem 19.11.2015 ununterbrochen arbeitsunfähig erkrankt. Mit seiner am 12.11.2015 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage vertritt er die Ansicht, seine Vorgesetzte habe ihr Direktionsrecht rechtswidrig überschritten.

17

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

18

1. festzustellen, dass seine von der Beschäftigungsdienststelle am 10.11.2015 vorgenommene Versetzung vom Arbeitsplatz "A. Shop" zum "A. Shop S. C. D." rechtswidrig ist,

19

2. die Beklagte zu verurteilen, ihn als Betriebsbuchführer in der Abteilung "A. Shop" nach Maßgabe des schriftlichen Vertrags vom 10.07.2014 in der Vergütungsgruppe C-4 weiter zu beschäftigen.

20

Die Beklagte hat beantragt,

21

die Klage abzuweisen.

22

Das Arbeitsgericht hat beiden Klageanträgen mit Urteil vom 24.03.2016 stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Vorgesetzte des Klägers habe bei der Versetzung billiges Ermessen nicht gewahrt. Der Kläger habe ein berechtigtes Interesse daran, genauso beschäftigt zu werden wie vor seiner Erkrankung. Die zahlreichen neuen Aufgaben, die er an einem anderen Ort ausüben solle, empfinde er als Schikane. Demgegenüber habe die Beklagte einen Grund für die Versetzung nicht angegeben. Es sei von der Willkürlichkeit der Maßnahme auszugehen. Der Kläger habe auch einen entsprechenden Beschäftigungsanspruch.

23

Gegen das am 20.04.2016 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit am 17.05.2016 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese innerhalb der bis zum 20.07.2016 verlängerten Begründungsfrist mit am 20.07.2016 eingegangenem Schriftsatz begründet.

24

Sie macht geltend, die neue Abteilungsleiterin habe im Januar 2015 festgestellt, dass der Kläger lediglich die Arbeitszeitlisten der 15 bis 16 ortsansässigen Beschäftigten der Abteilung für Haushaltsgeräte geführt habe. Für diese Tätigkeit sei ein täglicher Zeitaufwand von einer halben Stunde, höchstens von einer Stunde, zu veranschlagen. Da zum Monatsschluss noch vier Stunden hinzukämen, sei der Zeitaufwand mit 6 Stunden pro Woche bzw. 26 Stunden pro Monat zu kalkulieren. Der Kläger, dessen Arbeitszeit 26,5 Wochenstunden betrage, sei allein mit dieser Tätigkeit nicht ausreichend ausgelastet gewesen. Das Ungleichgewicht zwischen Arbeitsleistung und -vergütung sei durch früheres Missmanagement verursacht worden. Die neue Vorgesetzte des Klägers habe während seiner Erkrankung einen Vertreter finden müssen. Sie habe sich deshalb bereits im Juli 2015 entschlossen, die Erstellung der Arbeitszeitlisten neu zu organisieren. Die Liste werde nunmehr zentral für alle 107 ortsansässigen Beschäftigten der gesamten Dienststelle von dem in Vollzeit (38,5 Wochenstunden) tätigen Mitarbeiter S. erstellt. Er benötige hierfür durchschnittlich 12 bis 15 Wochenstunden. Nach seiner Genesung habe die Vorgesetzte den Kläger angewiesen, ab dem 10.11.2015 seine gesamte der Stellenbeschreibung entsprechende "Tätigkeitspalette" wahrzunehmen. Dazu gehörten auch das Führen von Telefongesprächen und der Empfang von Besuchern.

25

Die Beklagte beantragt zweitinstanzlich,

26

das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 24.03.2016, Az. 2 Ca 1437/15, abzuändern und die Klage abzuweisen.

27

Der Kläger beantragt,

28

die Berufung zurückzuweisen.

29

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil und macht geltend, der zweitinstanzliche Vortrag der Beklagten sei verspätet. Seine Tätigkeit, die er seit August 2005 ausübe, habe sich nicht in der Erfassung der Arbeitszeitlisten erschöpft. Er sei durch seine Tätigkeit voll ausgefüllt gewesen. Wegen seiner angegriffenen Gesundheit und der Zuerkennung einer Teilerwerbsminderungsrente betrage seine tägliche Arbeitszeit 5,3 Stunden. Die erstmals in der Berufungsbegründung aufgestellte Behauptung, seine Vorgesetzte habe bereits im Juli 2015 entschieden, die Erstellung der Arbeitszeitlisten auf Dauer umzuorganisieren, werde bestritten. Letztlich spiele dies auch keine Rolle, weil er mehr Arbeiten verrichtet habe, als die Erstellung dieser Listen. Die neue Tätigkeit sei grundlegend anders. An seinem alten Arbeitsplatz habe er keinen unmittelbaren Kundenkontakt gehabt. Er habe lediglich mittelbar Anfragen von anderen Sachbearbeitern bearbeitet. Seine neue Arbeit bestehe im Wesentlichen aus einem unmittelbaren telefonischen Kundenservice. Die Kunden hingen quasi in der Warteschleife, dh. er habe ständigen Telefonkontakt, er müsse während der Telefonate den PC bedienen, um Termine zu vergeben, um feststellen, ob Material am Lager sei, er müsse Arbeitskarten schreiben, dh. PC-Aufträge anlegen und im System an die ausliefernden Mitarbeiter weiterleiten. Hierdurch entstehe ein permanenter Leistungsdruck, dem er aufgrund seiner gesundheitlichen Einschränkungen, und erst Recht aufgrund des - durch die willkürlichen Attacken der Vorgesetzten letztlich mitausgelösten - Herzinfarktes nicht (mehr) gewachsen sei.

30

Die neu zugewiesene Tätigkeit entspreche nicht der Stellenbeschreibung (dort Ziff. 5 "sonstige Aufgaben"). Dort sei zwar von der Annahme und Durchführung von Telefonaten die Rede. Es sei aber nicht gesagt, dass damit auch Telefonate oder Gespräche mit Kunden gemeint seien. Der Umstand, dass hier nur ein kleiner nebensächlicher Teilbereich berührt sei, zeige, dass die Tätigkeit eines "Call-Center-Agenten" den Aufgaben eines Betriebsbuchführers nicht das Gepräge geben könnte. Die Weisung, zukünftig auf Dauer und ausschließlich Nebenpflichten zu erfüllen, die mit seiner eigentlichen Tätigkeit so gut wie nichts mehr zu tun hätten, entspreche nicht billigem Ermessen. Die neue Aufgabe sei nicht behindertengerecht und überfordere ihn, nicht erst seit seinem Herzinfarkt. Die Tätigkeit sei in erheblichem Maße fremdgesteuert, sie führe wegen der permanenten Inanspruchnahme und den hierfür notwendigen ständig wechselnden Arbeitsvorgängen und Zwangskörperhaltungen zu unüberwindbaren gesundheitlichen Problemen. Permanente Drehbewegung und Zwangshaltungen am Schreibtisch, einschließlich des Dauersitzens, die er in seiner neuen Funktion zu 100% ausüben müsse, seien ihm medizinisch untersagt.

31

Er habe im Juli 2016 eine Wiedereingliederungsmaßnahme absolvieren sollen und sich deshalb zur Dienststelle begeben. Die Vorgesetzte habe ihm erklärt, dass sie ihm keine schrittweise Heranführung an sein Arbeitsvermögen durch Tätigkeiten im "Innendienst" ermöglichen wolle; sie habe ihn vielmehr auf den stressigen Arbeitsplatz im Customer Service verwiesen. Daraufhin habe er die Wiedereingliederung abbrechen müssen und sei weiterhin arbeitsunfähig.

32

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und den Inhalt der Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

33

Die nach § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung der Beklagten ist gem. §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG iVm. §§ 519, 520 ZPO zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und ordnungsgemäß begründet worden.

II.

34

Die Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Beide Klageanträge sind entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts unbegründet. Das erstinstanzliche Urteil ist deshalb abzuändern und die Klage abzuweisen.

35

1. Die Klage ist zulässig. Es kann hinsichtlich des Antrags zu 1) dahinstehen, ob ein Feststellungsinteresse des Klägers nach § 256 Abs. 1 ZPO vorliegt, denn dieses ist Prozessvoraussetzung nur für das stattgebende Urteil (vgl. BAG 23.03.2016 - 5 AZR 758/13 - Rn. 18 mwN; BAG 15.07.2009 - 5 AZR 921/08 - Rn. 12 mwN).

36

2. Die Klage ist hinsichtlich beider Anträge unbegründet. Der Kläger kann weder die begehrte Beschäftigung (Antrag zu 2) noch die Feststellung verlangen (Antrag zu 1), dass die am 10.11.2015 vorgenommene Versetzung rechtswidrig ist. Die US-Stationierungsstreitkräfte haben, entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts, ihr Direktionsrecht im November 2015 nach Rückkehr des Klägers aus dem Krankenstand nicht rechtswidrig ausgeübt. Die Vorgesetzte des Klägers war vielmehr berechtigt, seine Arbeitstätigkeit in Abweichung von der bisherigen zu ändern und ihn insbesondere anzuweisen, Anfragen von Militärangehörigen in Bezug auf Erhalt oder Reparatur von Haushaltsgeräten telefonisch und/oder persönlich anzunehmen und zu beantworten. Sie war in Ausübung ihres Direktionsrechts auch berechtigt, dem Kläger zu diesem Zweck einen anderen Büroraum zuzuweisen. Die Grenzen billigen Ermessens (§ 106 GewO, § 315 BGB) hat sie dabei gewahrt.

37

a) Das Direktionsrecht oder Weisungsrecht erlaubt es dem Arbeitgeber, die Einzelheiten der zu erbringenden Arbeitsleistungen zu bestimmen, soweit diese im Arbeitsvertrag nicht anderweitig geregelt sind. Sein Umfang bestimmt sich vor allem nach dem Inhalt des Arbeitsvertrages. Es kann einzelvertraglich oder auch durch tarifliche Regelung innerhalb bestimmter Grenzen erweitert werden, soweit nicht zwingendes Recht entgegensteht (vgl. § 106 GewO).

38

aa) Der Kläger hat mit den US-Stationierungsstreitkräften den üblichen Formulararbeitsvertrag geschlossen. Danach wird der Arbeitnehmer regelmäßig nicht für eine bestimmte Tätigkeit eingestellt, sondern für einen allgemein umschriebenen Aufgabenbereich, der lediglich durch die Nennung der Vergütungsgruppe bezeichnet ist. Das Direktionsrecht der US-Stationierungsstreitkräfte erstreckt sich bei dieser Vertragsgestaltung auf alle Tätigkeiten, die die Merkmale der Gehaltsgruppe erfüllen, in die der Arbeitnehmer eingruppiert ist. Dem Arbeitnehmer können grundsätzlich auch neue Tätigkeiten zugewiesen werden, soweit sie den Merkmalen dieser Gehaltsgruppe entsprechen (vgl. BAG 25.09.2013 - 10 AZR 270/12 - Rn. 18 mwN).

39

bb) Der Kläger ist seit 01.08.2005 als Angestellter in die Gehaltsgruppe C-4 TVAL II eingruppiert, nachdem ihm die US-Stationierungsstreitkräfte aus gesundheitlichen Gründen sowohl eine andere Arbeitstätigkeit als auch eine Teilzeitbeschäftigung ermöglicht haben. Die maßgebende tarifliche Bestimmung lautet:

40

"Gehaltsgruppe 4

41

Angestellte, die unter unmittelbarer oder allgemeiner Aufsicht Arbeiten von mittlerem Schwierigkeitsgrad und gewisser Verantwortung im Büro, im Betrieb, im Verwaltungs- und Finanzwesen u.ä. ausführen, oder vergleichbare untergeordnete Arbeiten technischer Natur verrichten. …

42

Beispiele zu Gehaltsgruppe 4

43

Verwaltungsangestellter (allgemeine Verwaltung)
Verwaltungsangestellter (Mobilien)
Büroangestellter
…"

44

Dass ein Verwaltungs- bzw. Büroangestellter am PC arbeiten und im Rahmen seiner Tätigkeit auch Telefongespräche führen und/oder Besucher empfangen muss, ist selbstverständlich. Seine in der Klageschrift vertretene Ansicht, es handele sich um eine höherwertige Tätigkeit, die der Gehaltsgruppe C-5 TVAL II entspreche, hält der Kläger zweitinstanzlich nicht mehr aufrecht.

45

cc) Aus dem Inhalt der Stellenbeschreibung des Klägers ergibt sich kein Anspruch darauf, keine Telefongespräche mit US-Militärangehörigen führen oder sie als Besucher empfangen zu müssen, um ihre Anfragen in Bezug auf Erhalt oder Reparatur von Haushaltsgeräten anzunehmen und zu beantworten. In Ziff. 5 der Stellenbeschreibung ist vielmehr ausdrücklich festgelegt worden, dass der Stelleninhaber ua. Telefongespräche zu führen und Besucher zu empfangen hat. Die in zweiter Instanz vertretene Ansicht des Klägers, er sei hierzu nicht verpflichtet, weil es sich um einen "nebensächlichen Teilbereich" der Stellenbeschreibung handelt, ist nicht nachvollziehbar, zumal das Ausfüllen von "Zeit- und Anwesenheitslisten", womit der Kläger bisher beschäftigt worden ist, auch in Ziff. 5 unter "Sonstige Aufgaben" aufgeführt ist.

46

dd) Die langjährige Beschäftigung des Klägers mit der Erfassung von Arbeitszeitlisten (für wenige Mitarbeiter) führt für sich genommen nicht zu einer entsprechenden Konkretisierung des Arbeitsvertrags. Alleine die Nichtausübung des Direktionsrechts über einen längeren Zeitraum genügt hierfür nicht. Nur beim Hinzutreten besonderer Umstände, aufgrund derer der Arbeitnehmer darauf vertrauen darf, dass er nicht in anderer Weise eingesetzt werden soll, kann es durch konkludentes Verhalten zu einer vertraglichen Beschränkung der Ausübung des Direktionsrechts kommen (st. Rspr., vgl. zB BAG 17.08.2011 - 10 AZR 202/10 - Rn. 19 mwN). Solche Umstände sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

47

ee) Soweit der Kläger in seinem Klageantrag zu 2) auf einen schriftlichen Vertrag vom 10.07.2014 abstellt, handelt es sich bei dem als Anlage zur Klageschrift vorgelegten Formular um keinen Vertrag, sondern um die förmliche Bestätigung der Zuordnung der Beschäftigungsdienststelle des Klägers (00 CEG) innerhalb der Organisation der US-Luftwaffe nach der Richtlinie PAD 12-03. Auswirkungen auf Art und Umfang der Arbeitspflichten des Klägers, die sich aus der Stellenbeschreibung und der Eingruppierung ergeben, sind damit nicht verbunden.

48

b) Grundlage und Maßstab für die von der Vorgesetzten des Klägers im November 2015 angeordneten Arbeitsaufgaben ist deshalb das arbeitgeberseitige Direktionsrecht (§ 106 Satz 1 GewO). Die Vorgesetzte hat bei dessen Ausübung billiges Ermessen (§ 315 Abs. 3 BGB) gewahrt.

49

aa) Die Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen (§ 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB) verlangt eine Abwägung der wechselseitigen Interessen nach verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Wertentscheidungen, den allgemeinen Wertungsgrundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit. In die Abwägung sind alle Umstände des Einzelfalls einzubeziehen. Hierzu gehören die Vorteile aus einer Regelung, die Risikoverteilung zwischen den Vertragsparteien, die beiderseitigen Bedürfnisse, außervertragliche Vor- und Nachteile, Vermögens- und Einkommensverhältnisse sowie soziale Lebensverhältnisse wie familiäre Pflichten und Unterhaltsverpflichtungen (st. Rspr., zuletzt zB BAG 28.08.2013 - 10 AZR 569/12 - Rn. 40 mwN).

50

bb) Nach diesen Grundsätzen ist die Ermessensausübung der US-Stationierungsstreitkräfte nicht zu beanstanden.

51

Die US-Stationierungsstreitkräfte haben ein berechtigtes Interesse daran, dass der Kläger innerhalb der vertraglich vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit von 26,5 Wochenstunden mit Arbeitsaufgaben ausgelastet ist, die seiner Eingruppierung in die Gehaltsgruppe C-4 TVAL II entsprechen. Die Beklagte hat erstinstanzlich unwidersprochen vorgetragen, dass die neue Abteilungsleiterin festgestellt hat, dass der Kläger von den in der Stellenbeschreibung aufgeführten Arbeitspflichten nur die Aufgabe erledigt hat, für 15 bis 16 ortsansässige Beschäftigte der Abteilung für Haushaltsgeräte die Arbeitszeitlisten zu führen. Dass die Sollzeit für die Bewältigung dieser Arbeitsaufgabe nicht 5,3 Stunden pro Arbeitstag bzw. 26,5 Stunden pro Woche betragen kann, liegt auf der Hand. Soweit der Kläger zweitinstanzlich behauptet, seine Tätigkeit habe sich nicht im Führen der Arbeitszeitlisten erschöpft, hat er keine konkrete Arbeitsaufgabe genannt, die ihm von seinem (früheren) Vorgesetzten noch übertragen worden sein soll. Dass er sich in der Abteilung nur irgendwie nützlich gemacht hat, führt nicht dazu, dass ihm seine (neue) Vorgesetzte keine Arbeitsaufgaben übertragen dürfte, die der Eingruppierung nach Gehaltsgruppe C-4 TVAL II entsprechen und die tägliche Arbeitszeit von 5,3 Stunden möglichst effizient ausfüllen.

52

Es ist nicht ermessensfehlerhaft, dass die neue Abteilungsleiterin die Erstellung der Arbeitszeitlisten neu organisiert hat. Sie lässt die Listen nach dem Vortrag der Beklagten nunmehr zentral für alle 107 ortsansässigen Beschäftigten der gesamten Dienststelle von einem Mitarbeiter erstellen, der für diese Aufgabe durchschnittlich 12 bis 15 Wochenstunden benötigt. Der Kläger bestreitet zweitinstanzlich ohne Erfolg, dass seine Vorgesetzte diese "unternehmerische Entscheidung" getroffen hat. Weil die Vorgesetzte die Organisationsänderung offensichtlich bereits umgesetzt hat, sah sich der Kläger zur Erhebung der vorliegenden Klage veranlasst.

53

Dem Gericht obliegt nicht die Prüfung, ob die Entscheidung der Vorgesetzten des Klägers die beste, effizienteste oder wirtschaftlich vernünftigste Lösung darstellt, um zu erreichen, dass der Kläger innerhalb seiner Arbeitszeit von 26,5 Wochenstunden ein erhöhtes Arbeitspensum erledigt. Im Rahmen der Ausübung des Direktionsrechts steht dem Arbeitgeber ein nach billigem Ermessen auszufüllender Entscheidungsspielraum zu. Innerhalb dieses Spielraums können ihm mehrere Entscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Dem Gericht obliegt (lediglich) die Prüfung, ob der Arbeitgeber als Gläubiger die Grenzen seines Bestimmungsrechts beachtet hat (vgl. BAG 26.09.2012 - 10 AZR 311/11 - Rn. 28 mwN).

54

Dem betrieblichen Interesse der US-Stationierungsstreitkräfte, den Kläger nicht mehr mit der Führung der Arbeitszeitlisten zu betrauen, steht auf Seiten des Klägers (allein) das Interesse gegenüber, weiterhin mit dieser Tätigkeit beschäftigt zu werden. Darüber hinausgehende Umstände oder schutzwürdige Belange hat er nicht aufgezeigt. Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb der Kläger meint, die neue Arbeitsaufgabe sei nicht "behindertengerecht". Der Kläger muss - wie bisher - in Teilzeit (5,3 Std. pro Arbeitstag) an einem Schreibtisch sitzen und einen PC bedienen. Weshalb der Kläger befürchtet, dass er beim Führen von Telefongesprächen oder dem Empfang von Besuchern - im Gegensatz zum Erstellen von Arbeitszeitlisten - "Zwangskörperhaltungen" und "permanenten Drehbewegungen" ausgesetzt sei, die "unüberwindbare" gesundheitliche Problemen verursachten, erschließt sich nicht. Die Berufungskammer vermag auch nicht zu erkennen, worin der unzumutbare "permanente Leistungsdruck" bestehen soll, wenn der Kläger mit US-Militärangehörigen Telefongespräche führt und/oder sie als Besucher empfängt. Es mag sein, dass die Erfüllung der Leistungserwartung der neuen Vorgesetzten eine höhere Anstrengung des Klägers erfordert, dies macht ihre Weisungen jedoch nicht ermessensfehlerhaft oder gar willkürlich.

55

Der Umstand, dass sich der Arbeitsplatz des Klägers innerhalb des Gebäudes (auf demselben Flur) verlagert hat, ist eine unbedeutende Geringfügigkeit. Innerbetriebliche Umsetzungen, also die Weisung, auf einem anderen Arbeitsplatz zu arbeiten im Sinne der konkreten Stelle, an der die Arbeit zu leisten ist, haben in der Regel eine räumliche Veränderung zum Gegenstand; eine geringfügige räumliche Verlegung des bisherigen Arbeitsplatzes - wie hier - ist jedoch noch keine Versetzung (vgl. BAG 29.02.2000 - 1 ABR 5/99 - zu B II 2 b der Gründe mwN).

III.

56

Der Kläger hat nach § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz zu tragen.

57

Ein Grund, der nach den hierfür maßgeblichen gesetzlichen Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG die Zulassung der Revision rechtfertigen könnte, besteht nicht.

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(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

Tenor

1. Auf die Revision des beklagten Landes wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 16. Juli 2013 - 11 Sa 142/13 - aufgehoben, soweit es auf die Berufung der Klägerin das Urteil des Arbeitsgerichts Osnabrück vom 14. Dezember 2012 - 3 Ca 453/12 Ö - abgeändert und zugunsten der Klägerin „einen Anspruch auf ein Zeitguthaben in Höhe von 109,75 Stunden für das Schuljahr 2011/2012“ festgestellt hat.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Osnabrück zurückgewiesen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben die Klägerin 73 % und das beklagte Land 27 % zu tragen, von denen des Berufungsverfahrens die Klägerin 68 % und das beklagte Land 32 %. Die Kosten der Revision werden der Klägerin auferlegt.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über das Bestehen eines Zeitguthabens der Klägerin aufgrund im Schuljahr 2011/2012 erbrachter Arbeitsleistungen.

2

Die 1960 geborene Klägerin ist beim beklagten Land seit dem 1. August 2004 als pädagogische Mitarbeiterin an der Grundschule B beschäftigt. Der Arbeitsvertrag vom 5. Juli 2004 (im Folgenden Arbeitsvertrag) regelt ua.:

        

㤠1

        

Frau S

        

wird als nicht vollbeschäftigte pädagogische Mitarbeiterin

        

☒      

zur regelmäßigen stundenweisen Erteilung von schulspezifischen unterrichtsergänzenden Angeboten mit regelmäßig drei Stunden wöchentlich,

                 

das entspricht einer Gesamtstundenzahl von 120 Stunden im Schuljahr

                 

(durchschnittliche Wochenstundenzahl x 40 Wochen im Schuljahr bzw. x Anzahl der Schulwochen bei kürzeren Zeiträumen)

                 

(Vertrag für den regelmäßigen Einsatz)            

                 

☒       

und (bei kombinierten Verträgen)

        

☒       

zum stundenweisen Einsatz auf Abruf im Rahmen des Vertretungskonzeptes

                 

nach den Vorgaben des § 12 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG) vom 21.12.2000 in der jeweils geltenden Fassung

                 

mit durchschnittlich regelmäßig 10 Stunden wöchentlich,

                 

das entspricht einer Gesamtstundenzahl von 400 Stunden im Schuljahr

                 

(durchschnittliche Wochenstundenzahl x 40 Wochen im Schuljahr bzw. x Anzahl der Schulwochen bei kürzeren Zeiträumen)

                 

(Stundenrahmenvertrag)

        

an der GS B (Schule(n) - ggf. Stammschule unterstreichen!)

        

eingestellt.

        

…       

        

§ 2

        

Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) jeweils geltenden Fassung. Außerdem finden die im Bereich des Arbeitgebers jeweils geltenden sonstigen einschlägigen Tarifverträge Anwendung.

        

…       

        

§ 4

        

Die/Der Angestellte ist kraft dieses Arbeitsvertrages in die Vergütungsgruppe

        

☐   V b

☒   VI b

☐   VII BAT eingruppiert.

        

…“    

        
3

Am 1. Februar 2006 schlossen die Parteien einen „Änderungsvertrag zum Arbeitsvertrag vom 5.7.2004“ (im Folgenden Änderungsvertrag) der auszugsweise lautet:

        

㤠1

        

☒       

Die in § 1 des o.g. Arbeitsvertrages festgelegte Stundenzahl zur regelmäßigen Erteilung von schulspezifischen unterrichtsergänzenden Angeboten wird ab 1.2.2006 unbefristet von bisher 3 Stunden auf nunmehr 5 Stunden wöchentlich erhöht.

        

☒      

Die in § 1 des o.g. Arbeitsvertrages festgelegte Stundenzahl zum stundenweisen Einsatz auf Abruf im Rahmen des Vertretungskonzeptes wird ab 1.2.2006 unbefristet von bisher 10 Stunden auf nunmehr 7 Stunden wöchentlich gekürzt.

        

Das entspricht einer Gesamtstundenzahl von nunmehr 480 Stunden im Schuljahr.“

4

Die Klägerin erhält auch während der Schulferien eine verstetigte monatliche Vergütung. Ein Arbeitszeitkonto wird für die Klägerin nicht geführt.

5

Das beklagte Land verfolgt das Konzept der sog. „Verlässlichen Grundschule“, das durch unterrichtsergänzende Angebote an Grundschulen ein täglich mindestens fünf Zeitstunden umfassendes Schulangebot sicherstellen soll. Zur Durchführung des Konzepts wird den einzelnen Grundschulen ein Budget entsprechend dem Runderlass „Beschäftigung von pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Grundschule“ des Niedersächsischen Kultusministeriums vom 18. Mai 2004 (im Folgenden Runderlass) zugewiesen. Darin heißt es auszugsweise:

        

„2.3 Bewirtschaftung des Budgets

        

…       

        

Beim Einsatz von pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Rahmen der unterrichtsergänzenden Angebote sind Zeitstunden zugrunde zu legen, beim Einsatz während der Unterrichtszeit in einer Klasse ist eine Unterrichtsstunde wie eine Zeitstunde zu rechnen.

        

…“    

6

Bis zum Ende des Schuljahres 2008/2009 rechnete das beklagte Land die auf Abruf erbrachten Einsätze der Klägerin während der Unterrichtszeit mit einer Dauer von 45 Minuten (sog. Vertretungsstunden) und ihre regelmäßigen Einsätze im Rahmen der unterrichtsergänzenden Angebote (sog. Betreuungsstunden) gleichermaßen je angefangene Stunde als eine Zeitstunde (60 Minuten) auf die vereinbarte Gesamtstundenzahl an. Seit Beginn des Schuljahres 2009/2010 berücksichtigt das beklagte Land unterrichtsergänzende Betreuungsleistungen minutengenau.

7

Die Klägerin hat geltend gemacht, ihre regelmäßigen Einsätze im Rahmen der unterrichtsergänzenden Angebote seien nicht minutengenau, sondern unabhängig von der tatsächlichen Dauer mit 60 Minuten je angefangener Zeitstunde zu bewerten. Die für Vertretungsstunden geltenden Grundsätze seien zu übertragen. Dies ergebe sich aus § 1 Arbeitsvertrag und § 1 Änderungsvertrag sowie Ziff. 2.3 Runderlass. Während der Vertretungsstunden seien die Schüler lediglich zu beaufsichtigen, demgegenüber erfordere die Durchführung unterrichtsergänzender Angebote, im Rahmen derer sie zB Basteln, Tänze und Italienisch anbiete, eine erhebliche Vorbereitungszeit. Bei zutreffender Bewertung der Betreuungszeiten im Schuljahr 2011/2012 habe sie mehr Stunden geleistet als vertraglich vereinbart. Sie habe ein rechtliches Interesse an der Feststellung des zu ihren Gunsten bestehenden Zeitguthabens.

8

Die Klägerin hat - soweit in der Revision noch von Bedeutung - in den Vorinstanzen beantragt

        

festzustellen, dass ihr gegen das beklagte Land ein Anspruch auf ein Zeitguthaben in Höhe von 112,75 Stunden für das Schuljahr 2011/2012 zusteht.

9

Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Eine Anspruchsgrundlage für die von der Klägerin verlangte Berechnung sei nicht ersichtlich. Bei Tätigkeiten im Rahmen der unterrichtsergänzenden Angebote seien Vorbereitungszeiten nicht zu berücksichtigen.

10

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht der Klage - soweit in der Revision noch von Bedeutung - überwiegend stattgegeben und zugunsten der Klägerin ein Zeitguthaben in Höhe von 109,75 Stunden festgestellt. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt das beklagte Land seinen Klageabweisungsantrag weiter.

11

Mit Verfügung vom 29. Februar 2016 hat der Senat darauf hingewiesen, dass ein Interesse der Klägerin an der begehrten Feststellung iSv. § 256 ZPO nicht ersichtlich und dem Antrag nicht mit der in § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO geforderten Bestimmtheit die Bedeutung des Begriffs „Zeitguthaben“ zu entnehmen sei. Danach hat die Klägerin die Klage erweitert und beantragt nunmehr hilfsweise, das beklagte Land zu verurteilen, an die Klägerin für das Schuljahr 2011/2012 eine restliche Vergütung von 1.962,33 Euro brutto (109,75 Stunden x 17,88 Euro brutto) zu zahlen.

12

Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin erklärt, er sei von der Vorinstanz nicht auf die mögliche Unbestimmtheit des Antrags und ein etwaig fehlendes Feststellungsinteresse hingewiesen worden. Wäre dies erfolgt, hätte er einen Zahlungsantrag gestellt.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision der Beklagten ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Berufung der Klägerin gegen das den Feststellungsantrag abweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Unrecht teilweise stattgegeben (A). Der erstmals in der Revision hilfsweise gestellte Zahlungsantrag ist unzulässig (B).

14

A. Das Landesarbeitsgericht hat den Feststellungsantrag zu Unrecht für zulässig erachtet.

15

I. Es fehlt bereits am erforderlichen Feststellungsinteresse. Die Klägerin hat mit ihrem Antrag, ein „Zeitguthaben von 109,75 Stunden für das Schuljahr 2011/2012“ festzustellen, eine unzulässige Elementenfeststellungsklage erhoben.

16

1. Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses erhoben werden, wenn die Klagepartei ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Die Feststellungsklage kann sich auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken - sog. Elementenfeststellungsklage - (BAG 28. Mai 2014 - 5 AZR 794/12 - Rn. 18; 25. März 2015 - 5 AZR 874/12 - Rn. 13 f.). Ein Feststellungsinteresse ist in diesem Fall jedoch nur dann gegeben, wenn durch die Entscheidung über den Feststellungsantrag der Streit insgesamt beseitigt wird und das Rechtsverhältnis der Parteien abschließend geklärt werden kann. Die Rechtskraft der Entscheidung muss weitere gerichtliche Auseinandersetzungen über die zwischen den Parteien strittigen Fragen um denselben Fragenkomplex ausschließen (BAG 25. März 2015 - 5 AZR 874/12 - Rn. 15). Es fehlt, wenn durch die Entscheidung kein Rechtsfrieden geschaffen wird, weil nur einzelne Elemente eines Rechtsverhältnisses zur Entscheidung des Gerichts gestellt werden.

17

2. Die von der Klägerin begehrte Feststellung wäre nicht geeignet, weitere gerichtliche Auseinandersetzungen zwischen den Parteien ausschließen. Der Feststellungsantrag ist lediglich auf die Entscheidung über eine - vorgreifliche - Rechtsfrage gerichtet, deren Klärung nicht zum Rechtsfrieden zwischen den Parteien führen könnte. Mit einer klagestattgebenden Entscheidung wäre, wie vom Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt, nur das Bestehen eines Zeitguthabens, nicht aber die Rechtsnatur und weitere Behandlung desselben geklärt. Es bliebe zwischen den Parteien offen, ob und ggf. mit welchen Modalitäten das Stundenguthaben in Geld oder Freizeit abzugelten oder möglicherweise im laufenden oder einem folgenden Schuljahr vom vereinbarten Stundenkontingent abzuziehen wäre. Die Abwicklung des festgestellten „Zeitguthabens“ könnte von den Parteien nicht ohne weiteres, wie für die Zulässigkeit einer Elementenfeststellungsklage erforderlich, vergleichbar mit einer einfachen Rechenaufgabe (vgl. BAG 25. März 2015 - 5 AZR 874/12 - Rn. 15), umgesetzt werden.

18

II. Dem Senat ist ein Sachurteil nicht möglich, obwohl das Feststellungsinteresse echte Prozessvoraussetzung nur für das stattgebende Urteil ist (vgl. BAG 24. September 2008 - 6 AZR 76/07 - Rn. 13 mwN, BAGE 128, 73; 15. Juli 2009 - 5 AZR 921/08 - Rn. 12) und das Revisionsgericht auch bei seinem Fehlen jedenfalls dann zu einer Sachentscheidung befugt ist, wenn gewichtige prozessökonomische Gründe gegen eine Prozessabweisung sprechen, etwa wenn die Klage eindeutig und unzweifelhaft abweisungsreif ist (vgl. BAG 24. September 2008 - 6 AZR 76/07 - BAGE 128, 73; 6. Oktober 2011 - 6 AZR 172/10 - Rn. 16).

19

1. Die Klage wäre zwar in der Sache abweisungsreif, denn das beklagte Land ist nicht verpflichtet, die Betreuungstätigkeiten der Klägerin unabhängig von der tatsächlichen Dauer mit 60 Minuten je angefangener Zeitstunde auf die von der Klägerin als Gegenleistung für die Vergütung zu erbringenden Arbeitsstunden anzurechnen. Für die von der Klägerin begehrte Gewichtung der Betreuungszeiten fehlt es an einer Anspruchsgrundlage, die abweichend vom im Arbeitsverhältnis geltenden Grundsatz „Ohne Arbeit kein Lohn“ (vgl. BAG GS 17. Dezember 1959 - GS 2/59 - zu B IV der Gründe, BAGE 8, 285; 18. April 2012 - 5 AZR 248/11 - Rn. 14, BAGE 141, 144) eine Vergütungspflicht oder Freizeitausgleich als gleichwertige Leistung (vgl. BAG 1. Februar 2006 - 5 AZR 422/04 - Rn. 23; 9. Dezember 2015 - 10 AZR 423/14 - Rn. 22) ohne Arbeit regelte. Ziff. 2.3 Runderlass sieht die von der Klägerin begehrte Rechtsfolge - unbeschadet der weiteren, von der Klägerin nicht dargelegten Voraussetzungen unter denen der Runderlass als anspruchsbegründend herangezogen werden könnte (vgl. hierzu BAG 22. Mai 2012 - 9 AZR 423/10 - Rn. 30; 10. Juli 2013 - 10 AZR 915/12 - Rn. 48, BAGE 145, 341) - ausdrücklich nur für Vertretungsstunden vor. § 1 Arbeitsvertrag regelt ebenso wie § 1 Änderungsvertrag die Art des Einsatzes der Klägerin und das Volumen der geschuldeten Arbeitsleistung, nicht aber die Gewichtung erbrachter Arbeitsleistungen.

20

2. Ein klageabweisendes Sachurteil scheidet jedoch aus, weil der Feststellungsantrag nicht hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO und die Klage auch aus diesem Grund unzulässig ist. Dem Antrag der Klägerin ist die Bedeutung des Begriffs „Zeitguthaben“ nicht mit der erforderlichen Bestimmtheit zu entnehmen. Die eigentliche Streitfrage könnte, selbst wenn man das Feststellungsinteresse dahinstehen ließe, zwischen den Parteien nicht mit Rechtskraftwirkung entschieden werden.

21

a) Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss die Klageschrift die bestimmte Angabe des Gegenstands und des Grundes des erhobenen Anspruchs sowie einen bestimmten Antrag enthalten. Die Klagepartei muss eindeutig festlegen, welche Entscheidung sie begehrt. Dazu hat sie den Streitgegenstand so genau zu bezeichnen, dass der Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis (§ 308 ZPO) keinem Zweifel unterliegt und die eigentliche Streitfrage mit Rechtskraftwirkung zwischen den Parteien entschieden werden kann (§ 322 ZPO). Sowohl bei einer der Klage stattgebenden als auch bei einer sie abweisenden Sachentscheidung muss zuverlässig feststellbar sein, worüber das Gericht entschieden hat (BAG 24. September 2014 - 5 AZR 593/12 - Rn. 18, BAGE 149, 169). An die Bestimmtheit eines Feststellungsantrags sind keine geringeren Anforderungen zu stellen als an die eines Leistungsantrags (BAG 12. Dezember 2012 - 5 AZR 918/11 - Rn. 35). Auch wenn das Bestehen oder der Umfang eines Rechtsverhältnisses oder eines Anspruchs zur gerichtlichen Entscheidung gestellt wird, muss zuverlässig erkennbar sein, worüber das Gericht eine Sachentscheidung treffen soll (BAG 18. Mai 2011 - 5 AZR 181/10 - Rn. 10; 21. September 2011 - 5 AZR 520/10 - Rn. 14, BAGE 139, 190; 14. Dezember 2011 - 5 AZR 675/10 - Rn. 11).

22

b) Der Antrag lässt auch bei gebotener, auf die Ermöglichung einer Sachentscheidung gerichteten Auslegung (vgl. BAG 14. Dezember 2011 - 4 AZR 242/10 - Rn. 11; 11. November 2009 - 7 AZR 387/08 - Rn. 11) den Inhalt der von der Klägerin begehrten Entscheidung nicht erkennen.

23

aa) Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts wird für die Klägerin ein Arbeitszeitkonto nach tariflichen Bestimmungen nicht geführt. Ohne die Führung eines Arbeitszeitkontos bleibt offen, was unter einem „Zeitguthaben“ zu verstehen sein soll und welche Ansprüche sich hieraus für die Klägerin ergeben könnten. Es bleibt ungewiss, was Inhalt eines ggf. festgestellten Zeitguthabens wäre und was als Folge der Feststellung vom beklagten Land verlangt würde.

24

bb) Die an der Schule geführte Liste über geleistete Vertretungsstunden betrifft nicht die vorliegend im Streit stehenden regelmäßigen Einsätze von pädagogischen Mitarbeitern im Rahmen unterrichtsergänzender Angebote. Der Antrag wäre im Übrigen auch dann unbestimmt, wollte man hierin nicht nur interne Aufzeichnungen der Schule, sondern eine mit einem Arbeitszeitkonto vergleichbare Aufstellung sehen. Es ist nicht ersichtlich, in welcher Weise ein festzustellendes „Zeitguthaben“ in die Liste eingehen sollte. Wie der Antrag, einem Arbeitszeitkonto Stunden „gutzuschreiben“, erforderte die hinreichende Bestimmtheit (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) eines auf Feststellung eines Zeitguthabens auf einer Stundenaufstellung gerichteten Antrags - unbeschadet der weiteren Zulässigkeitsvoraussetzungen - eine Konkretisierung, an welcher Stelle der Aufstellung das Guthaben Eingang finden soll (vgl. BAG 17. November 2011 - 5 AZR 681/09 - Rn. 12; 12. Dezember 2012 - 5 AZR 918/11 - Rn. 33; 21. Oktober 2015 - 5 AZR 843/14 - Rn. 14, 16; 19. März 2014 - 5 AZR 954/12 - Rn. 10).

25

III. Eine Auslegung des Feststellungsantrags, die Klägerin begehre, wie von ihr im Schriftsatz vom 10. Juni 2013 für den Fall des Fehlens einer Rechtsgrundlage für ein Arbeitszeitkonto in den Raum gestellt, die Feststellung eines Vergütungsanspruchs, ist nicht möglich.

26

1. Die Gerichte sind gehalten, Klageanträge nach Möglichkeit so auszulegen, dass hierdurch eine vom Antragsteller erkennbar erstrebte Sachentscheidung ermöglicht wird (BAG 21. April 2010 - 4 AZR 755/08 - Rn. 21; 27. August 2014 - 4 AZR 518/12 - Rn. 15; 25. März 2015 - 5 AZR 874/12 - Rn. 12). Im Zweifel ist gewollt, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der richtig verstandenen Interessenlage entspricht. Die Grenzen der Auslegung oder auch der Umdeutung eines Klageantrags sind jedoch erreicht, wenn eine Klagepartei unmissverständlich ein bestimmtes Prozessziel verfolgt, auch wenn dieses Vorgehen ihrem wohlverstandenen Eigeninteresse widerspricht. Dies dient nicht zuletzt der hinreichenden Berücksichtigung der schutzwürdigen Belange der Gegenpartei als Adressatin der Prozesserklärung. Sie muss sich zur Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Verteidigung darauf verlassen können, dass ausschließlich über den gestellten Antrag entschieden wird und nicht über den Antrag, der richtigerweise gestellt worden wäre (vgl. BAG 17. März 2015 - 9 AZR 702/13 - Rn. 13 mwN).

27

2. Der Antrag der Klägerin ist nach Wortlaut und Begründung eindeutig auf die Feststellung eines Zeitguthabens gerichtet. Gegen eine Auslegung, ein Vergütungsanspruch solle festgestellt werden, spricht zudem das Festhalten der Klägerin an ihrem Antrag in seiner bisherigen Fassung, obwohl im Berufungsverfahren unstreitig wurde, dass es an einer Rechtsgrundlage für die Führung eines Arbeitszeitkontos fehlte und ein solches für sie weder geführt wurde noch geführt wird. Wollte die Klägerin einen Vergütungsanspruch festgestellt wissen, hätte es ihr frei gestanden, einen Hilfsantrag zu stellen. Die hilfsweise Auslegung eines Klageantrags gibt es nicht (vgl. BAG 17. März 2015 - 9 AZR 702/13 - Rn. 16).

28

3. Einen Hilfsantrag hat die Klägerin nach den bindenden Feststellungen des Berufungsurteils (§ 559 Abs. 1 ZPO) in den Vorinstanzen nicht gestellt. Sie hat ausweislich des Tatbestands des Berufungsurteils und des Protokolls der Berufungsverhandlung den Antrag auf Feststellung eines Zeitguthabens aus dem Schriftsatz vom 6. Februar 2013 gestellt, nicht aber (hilfsweise) beantragt, einen Vergütungsanspruch festzustellen, wie im Schriftsatz vom 10. Juni 2013 angedacht. Die Klägerin hat weder die Berichtigung des Protokolls noch die des Tatbestands des Berufungsurteils beantragt.

29

4. Ein auf Feststellung eines Anspruchs auf Vergütung von weiteren 112,75 Stunden für das Schuljahr 2011/2012 gerichteter Hilfsantrag wäre zudem wegen fehlender Bestimmtheit iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO unzulässig gewesen. Der Inhalt des zur Feststellung gestellten Anspruchs wäre unter Zugrundelegung des Vortrags der Klägerin und des unstreitigen Parteivorbringens nicht, wie nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO erforderlich(vgl. BAG 21. September 2011 - 5 AZR 520/10 - Rn. 14, BAGE 139, 190), bestimmbar gewesen. Es fehlte an jeglichen Angaben, auf welcher Grundlage die Höhe der beanspruchten Vergütung zu berechnen sei, welche Vergütungsbestandteile einzubeziehen seien und auf welchen Zeitpunkt, den der Leistung der Stunden oder den der Feststellung des Anspruchs, abzustellen sei.

30

B. Der erstmals in der Revisionsinstanz hilfsweise gestellte Zahlungsantrag ist unzulässig. Insoweit liegt eine in der Revisionsinstanz unzulässige Klageänderung vor.

31

I. Ein neuer Klageantrag in der Revisionsinstanz erfordert, dass die klagende Partei Rechtsmittelführer ist. Andernfalls kommt eine Ausnahme von § 559 Abs. 1 ZPO - unbeschadet der sonstigen Voraussetzungen - nicht in Betracht(BAG 28. Mai 2014 - 5 AZR 794/12 - Rn. 12). Allein die Einlegung der Revision oder Anschlussrevision eröffnet den Parteien die Möglichkeit, Sachanträge zu stellen. Ließe man eine Antragstellung außerhalb des eingelegten Rechtsmittels zu, würden die gesetzlichen Regelungen der Revision und Anschlussrevision umgangen. Dies gilt auch für die Einführung eines neuen Hilfsantrags.

32

II. Zudem stellt die Einführung eines zusätzlichen Hilfsantrags in der Revisionsinstanz eine nachträgliche Anspruchshäufung (§ 260 ZPO)und damit eine Klageänderung (§ 263 ZPO) dar.

33

1. Nach dem für das arbeitsgerichtliche Urteilsverfahren geltenden zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff wird der Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens durch den dort gestellten Antrag (Klageantrag) und den ihm zugrunde liegenden Lebenssachverhalt (Klagegrund) bestimmt. Der Streitgegenstand ändert sich dementsprechend iSv. § 263 ZPO, wenn der gestellte Antrag oder der ihm zugrunde liegende Lebenssachverhalt ein anderer wird(BAG 13. Dezember 2011 - 1 AZR 508/10 - Rn. 21; 26. Juni 2013 - 5 AZR 428/12 - Rn. 16).

34

Der Hilfsantrag aus dem Schriftsatz vom 7. März 2016 betrifft einen anderen Streitgegenstand, denn der Klageantrag ist ein anderer. Zudem liegt diesem nicht nur der bisherige, sondern ein erweiterter und damit anderer Lebenssachverhalt zugrunde.

35

2. Die Klageänderung ist nach § 559 Abs. 1 ZPO unzulässig.

36

a) Nach § 559 Abs. 1 ZPO ist eine Klageänderung in der Revisionsinstanz grundsätzlich ausgeschlossen. Der Schluss der mündlichen Verhandlung in zweiter Instanz bildet nicht nur bezüglich des tatsächlichen Vorbringens, sondern auch hinsichtlich der Anträge der Parteien die Entscheidungsgrundlage für das Revisionsgericht. Hiervon hat das Bundesarbeitsgericht Ausnahmen in den Fällen des § 264 Nr. 2 ZPO sowie dann zugelassen, wenn sich der geänderte Sachantrag auf einen in der Berufungsinstanz festgestellten oder von den Parteien übereinstimmend vorgetragenen Sachverhalt stützen kann, sich das rechtliche Prüfprogramm nicht wesentlich ändert und die Verfahrensrechte der anderen Partei durch eine Sachentscheidung nicht verkürzt werden(BAG 26. Juni 2013 - 5 AZR 428/12 - Rn. 18; 15. Oktober 2013 - 9 AZR 855/12 - Rn. 18; 28. Mai 2014 - 5 AZR 794/12 - Rn. 14).

37

b) Im Streitfall ist - selbst wenn die Klägerin Anschlussrevision eingelegt hätte - eine Ausnahme von dem Grundsatz des § 559 Abs. 1 ZPO nicht eröffnet. Ein Fall des § 264 Nr. 2 ZPO liegt nicht vor. Die Klägerin hat nicht lediglich ohne Änderung des Klagegrundes den Klageantrag in der Hauptsache erweitert oder beschränkt, sondern einen völlig neuen Antrag gestellt. Sie begehrt mit dem Hilfsantrag im Vergleich zum Feststellungsantrag nicht ein Mehr oder ein Weniger, sondern etwas anderes. Sie verlangt nunmehr, über Feststellungen zum Grund des Anspruchs hinaus, die Zahlung eines bestimmten Geldbetrags. Das erfordert ein erweitertes Prüfprogramm. Während der Feststellungsantrag - seine Zulässigkeit unterstellt - die Prüfung verlangte, mit welchem Zeitfaktor die von der Klägerin geleisteten Betreuungsstunden zu bewerten sind, ist bei dem nunmehr gestellten Hilfsantrag zu prüfen, auf welcher Grundlage sich der geltend gemachte Zahlungsbetrag ergibt. Der Antrag kann sich nicht allein auf die vom Berufungsgericht festgestellten Tatsachen stützen, sondern erfordert neuen Tatsachenvortrag zur Vergütung.

38

C. Der Senat kann nach § 563 Abs. 3 ZPO abschließend entscheiden und der Revision des beklagten Landes mit der Maßgabe stattgeben, dass - soweit in der Revision noch von Bedeutung - die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und die Klage als unzulässig abgewiesen wird. Die Klägerin hat keine ordnungsgemäß begründete verfahrensrechtliche Gegenrüge erhoben. Ein Verstoß des Landesarbeitsgerichts gegen die Pflicht aus § 139 Abs. 3 ZPO, auf die von Amts wegen zu berücksichtigende Unzulässigkeit des Klageantrags hinzuweisen, kann deshalb in der Revision nicht berücksichtigt werden, § 557 Abs. 3 Satz 2, § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO (BAG 19. Oktober 2010 - 6 AZR 120/10 - Rn. 24).

39

I. Die Klägerin war als Revisionsbeklagte nicht gehindert, wegen einer Verletzung der Hinweispflicht durch das Landesarbeitsgericht bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Revisionsgericht eine auf § 139 Abs. 3 ZPO gestützte Verfahrensrüge („Gegenrüge“) zu erheben(vgl. BAG 28. September 2005 - 10 AZR 587/04 - zu III 3 a der Gründe; BGH 6. Oktober 2015 - KZR 87/13 - Rn. 39; Musielak/Voit/Ball 13. Aufl. ZPO § 551 Rn. 12; MüKoZPO/Krüger 4. Aufl. § 551 Rn. 20).

40

II. Sie hat jedoch keine ausreichend begründete verfahrensrechtliche Gegenrüge nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO erhoben.

41

1. Besteht ein Verfahrensmangel darin, dass das Landesarbeitsgericht den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt hat, weil es der Hinweispflicht aus § 139 Abs. 3 ZPO nicht nachgekommen ist, muss konkret dargelegt werden, welchen Hinweis das Gericht hätte geben müssen und welche Reaktion auf einen entsprechenden Hinweis erfolgt wäre(BAG 18. September 2014 - 6 AZR 145/13 - Rn. 34). Wer die Verletzung des § 139 ZPO durch das Berufungsgericht rügt, muss im Einzelnen vortragen, was er auf einen entsprechenden Hinweis vorgebracht hätte. Der zunächst unterbliebene Vortrag muss vollständig nachgeholt und über die Rüge aus § 139 ZPO schlüssig gemacht werden. Hierzu ist vorzutragen, welcher tatsächliche Vortrag gehalten oder welche für die Entscheidung erheblichen rechtlichen Ausführungen gemacht worden wären (vgl. BAG 16. Dezember 2010 - 2 AZR 770/09 - Rn. 10; 16. Oktober 2013 - 10 AZR 9/13 - Rn. 46). Nur so kann das Revisionsgericht feststellen, ob die gerügte Verletzung für das Urteil kausal war (BAG 24. März 2009 - 9 AZR 983/07 - Rn. 32, BAGE 130, 119; 19. Oktober 2010 - 6 AZR 120/10 - Rn. 24).

42

2. Derartiger Vortrag der Klägerin ist nicht erfolgt. Die Rüge, die Vorinstanz habe nicht auf die mögliche Unbestimmtheit des Antrags und ein etwaig fehlendes Feststellungsinteresse hingewiesen, genügt nicht den Anforderungen an eine Verfahrensrüge. Welchen entscheidungserheblichen Vortrag die Klägerin bei einem Hinweis auf die Unzulässigkeit des Feststellungsantrags geleistet hätte, ist nicht dargelegt worden.

43

D. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1, § 98 Satz 2 ZPO.

        

    Müller-Glöge    

        

    Weber    

        

    Volk     

        

        

        

    Zoller     

        

    Bormann    

                 

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.

(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 12. September 2011 - 8 Sa 355/11 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten der Revision hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Klägerin, eine elektronische Signaturkarte zu beantragen und bei ihrer Tätigkeit einzusetzen.

2

Die 1956 geborene Klägerin ist seit 1980 bei der Beklagten als Angestellte beschäftigt. Sie wird im Wasser- und Schifffahrtsamt (WSA) Cuxhaven eingesetzt. Auf das Arbeitsverhältnis finden kraft arbeitsvertraglicher Vereinbarung die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes in der für den Bund geltenden Fassung Anwendung. Die Klägerin wird nach Entgeltgruppe 5 TVöD vergütet.

3

Nach der Dienstpostenbeschreibung vom 12. Juni 1996 umfasst das Aufgabengebiet der Klägerin ua. Schreibarbeiten, die Koordinierung von Terminen sowie die Durchführung des inneren Dienstes der Dienststelle einschließlich der Zusammenstellung von Ausschreibungsunterlagen. Bestandteil ihrer Tätigkeit ist die Veröffentlichung von Vergabeunterlagen im Rahmen von Ausschreibungen der Beklagten.

4

Am 10. Dezember 2003 beschloss die Bundesregierung, die Vergabeverfahren aller Bundesbehörden sukzessive auf ein elektronisches Vergabesystem umzustellen. Am 8./13. März 2006 schloss das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (im Folgenden: BMVBS) mit dem bei ihm gebildeten Hauptpersonalrat eine „Dienstvereinbarung zur Nutzung qualifizierter digitaler Signaturen“ (DV Digitale Signaturen).

5

Mit Erlass vom 11. Dezember 2009 verfügte das BMVBS, dass ab dem 1. Januar 2010 alle Vergabebekanntmachungen gemäß der Verdingungsordnung für Leistungen (VOL) und der Verdingungsordnung für freiberufliche Leistungen (VOF) über die elektronische Vergabeplattform des Bundes zu erstellen und entsprechend zu veröffentlichen seien. Voraussetzung für die Veröffentlichung von Vergabeunterlagen auf der elektronischen Vergabeplattform des Bundes ist ein qualifiziertes Zertifikat mit qualifizierter elektronischer Signatur (im Folgenden: elektronische Signaturkarte) nach dem Signaturgesetz (SigG), das nur natürlichen Personen erteilt wird (§ 2 Nr. 7 SigG). Die Ausstellung einer elektronischen Signaturkarte setzt voraus, dass der Antragsteller von dem Zertifizierungsdiensteanbieter anhand des Personalausweises oder gleichwertiger Dokumente identifiziert worden ist (§ 5 Abs. 1 SigG, § 3 Abs. 1 SigV).

6

Mit Schreiben vom 15. März 2010 forderte die Amtsleitung des WSA die Klägerin auf, bei der T GmbH, einem Tochterunternehmen der D AG, eine elektronische Signaturkarte zu beantragen. Mit Schreiben vom 18. März 2010 teilte die Klägerin mit, sie sei nicht bereit, einen entsprechenden Antrag zu stellen, weil sie Bedenken habe, ihre persönlichen Daten einer privaten Firma zur Verfügung zu stellen. Das WSA wandte sich daraufhin über das BMVBS an die Bundesnetzagentur. Diese teilte mit E-Mail vom 4. Mai 2010 mit, dass aus ihrer Sicht kein Anlass bestehe, an der Datensicherheit und der Integrität der Systeme des von der Beklagten verwendeten Zertifizierungsdiensteanbieters zu zweifeln. Anschließend forderte die Amtsleitung des WSA die Klägerin mit Schreiben vom 22. Juni 2010 erneut auf, eine elektronische Signaturkarte zu beantragen. Nachdem sich die Klägerin zunächst wiederum weigerte, beantragte sie am 7. September 2010 „unter Vorbehalt und unter Protest“ eine elektronische Signaturkarte, die sie kurz darauf erhielt.

7

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, sie sei nicht verpflichtet, eine elektronische Signaturkarte zu beantragen und zu nutzen. Eine Nutzung der elektronischen Signaturkarte durch sie sei nicht erforderlich. Die Diplom-Ingenieure, welche die Ausschreibungsunterlagen erstellten, könnten diese selbst auf der elektronischen Vergabeplattform des Bundes veröffentlichen. Außerdem gebe es andere Beschäftigte im WSA, die bereits über eine Signaturkarte verfügten und daher in der Lage seien, die Veröffentlichungen vorzunehmen. Entgegen den Vorgaben der DV Digitale Signaturen sei die Klägerin im Umgang mit der elektronischen Signaturkarte nicht geschult worden. Darüber hinaus verletze die Weisung der Beklagten das Recht der Klägerin auf informationelle Selbstbestimmung, weil sie ihre persönlichen Daten gegen ihren Willen einer privaten Firma mitteilen müsse. Sie habe Angst, dass mit ihren Daten Missbrauch getrieben werde.

8

Die Klägerin hat, soweit in der Revision noch von Interesse, beantragt

        

festzustellen, dass sie nicht verpflichtet ist, ein qualifiziertes Zertifikat nach dem Signaturgesetz zu beantragen und im Rahmen des elektronischen Vergabeverfahrens einzusetzen.

9

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie ist der Ansicht, sie habe ihr Direktionsrecht rechtmäßig ausgeübt. Insbesondere bestünden keine Anhaltspunkte für die Behauptung der Klägerin, mit ihren persönlichen Daten könne Missbrauch getrieben werden.

10

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Bundesarbeitsgericht insoweit zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Feststellungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision ist unbegründet. Die Klägerin war verpflichtet, bei der T GmbH ein qualifiziertes Zertifikat mit qualifizierter elektronischer Signatur (elektronische Signaturkarte) zu beantragen, und sie ist verpflichtet, unter dessen Nutzung Ausschreibungsunterlagen auf der elektronischen Vergabeplattform des Bundes zu veröffentlichen. Das Landesarbeitsgericht hat die Rechtmäßigkeit der entsprechenden Weisung zutreffend beurteilt.

12

I. Die Klage ist mit dem in der Revision noch anhängigen Feststellungsantrag zulässig.

13

1. Eine Feststellungsklage kann sich auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken (st. Rspr., vgl. BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 779/10 - Rn. 22). Die Wirksamkeit einer Weisung kann zulässiger Gegenstand einer Feststellungsklage sein (BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 12, BAGE 135, 239). Die begehrte Feststellung ist hinreichend bestimmt und geeignet, die Reichweite des Direktionsrechts der Beklagten klarzustellen.

14

2. Die Klägerin hat das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche rechtliche Interesse an der begehrten Feststellung. Die Beklagte nimmt in Anspruch, die Klägerin zur Beantragung und Nutzung einer elektronischen Signaturkarte verpflichten zu können; die Klägerin leugnet dies. Das Feststellungsinteresse ist auch nicht dadurch entfallen, dass die Klägerin zwischenzeitlich eine elektronische Signaturkarte beantragt und erhalten hat und im Rahmen ihrer Tätigkeit für die Beklagte nutzt. Dies erfolgte nur „unter Protest“ und damit unter erkennbarer Aufrechterhaltung ihrer Rechtsauffassung.

15

II. Die Klage ist unbegründet. Die Weisung der Beklagten ist wirksam.

16

1. Nach § 106 Satz 1 GewO kann der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrags oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind.

17

2. Die Veröffentlichung von Ausschreibungsunterlagen unter Einsatz einer elektronischen Signaturkarte gehört zum vertraglich vereinbarten Aufgabenbereich der Klägerin.

18

a) Die Klägerin wird gemäß § 1 des Arbeitsvertrags vom 13. Februar 1980 als Angestellte beschäftigt; aufgrund des 2. Nachtrags zum Arbeitsvertrag vom 29. Mai 1981 wurde sie in die Vergütungsgruppe VII BAT höhergruppiert und später in die EG 5 TVöD übergeleitet. Das Direktionsrecht des Arbeitgebers im öffentlichen Dienst erstreckt sich bei einer Vertragsgestaltung, die den vertraglichen Aufgabenbereich allein durch eine allgemeine Tätigkeitsbezeichnung und die Nennung der Vergütungsgruppe beschreibt, auf solche Tätigkeiten des allgemein umschriebenen Aufgabenbereichs, welche die Merkmale der Vergütungsgruppe erfüllen, in die der Arbeitnehmer eingestuft ist. Dem Arbeitnehmer können andere, dem allgemein umschriebenen Aufgabenbereich zuzuordnende Tätigkeiten nur zugewiesen werden, soweit sie den Merkmalen dieser Vergütungsgruppe entsprechen (st. Rspr., zuletzt zB BAG 17. August 2011 -  10 AZR 322/10  - Rn. 15).

19

b) Die Veröffentlichung von Vergabeunterlagen gehört zum Aufgabenbereich der Klägerin und entspricht den Merkmalen der Vergütungsgruppe VII BAT (nunmehr EG 5 TVöD). Nach der Dienstpostenbeschreibung vom 12. Juni 1996, die zwischen den Parteien ebenso wenig im Streit steht wie die Eingruppierung selbst, gehört zu den Aufgaben der Klägerin die Durchführung des inneren Dienstes der Dienststelle einschließlich der Zusammenstellung von Ausschreibungsunterlagen. Zu den administrativen Aufgaben im Zusammenhang mit Ausschreibungsunterlagen gehört nach der Verkehrsanschauung (vgl. ErfK/Preis 13. Aufl. § 106 GewO Rn. 5) auch deren Veröffentlichung. Dementsprechend hat die Klägerin bereits in der Vergangenheit regelmäßig Vergabeunterlagen - unter anderem im Intranet - veröffentlicht. Der geforderte Einsatz einer elektronischen Signaturkarte verändert den Aufgabenbereich der Klägerin nicht; lediglich die Art und Weise der Veröffentlichung und die dazu genutzten Arbeitsmittel werden technischen Entwicklungen angepasst.

20

3. Die Weisung der Beklagten ist unter Wahrung der Mitbestimmungsrechte nach dem BPersVG erfolgt (vgl. zur Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung im Anwendungsbereich des BPersVG zuletzt: BAG 22. Mai 2012 - 1 AZR 94/11 - Rn. 29). Der Hauptpersonalrat des BMVBS (§ 82 Abs. 1, § 53 Abs. 1 BPersVG) hat seine Rechte nach dem BPersVG im Zusammenhang mit der Einführung qualifizierter digitaler Signaturen (vgl. § 75 Abs. 3 Nr. 17 BPersVG) durch den Abschluss der DV Digitale Signaturen ausgeübt.

21

Die Weisung der Beklagten verstößt auch nicht gegen Vorschriften dieser Dienstvereinbarung. Insbesondere wurden entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin die Vorgaben für die Schulung der Beschäftigten eingehalten. Dabei kann dahinstehen, ob deren Verletzung überhaupt zu einer Unwirksamkeit der Weisung führen oder nur einen nachträglichen Schulungsanspruch auslösen würde. Mit dem Schreiben der Amtsleitung des WSA vom 15. März 2010 wurde der Klägerin eine Kopie der Dienstvereinbarung übersandt. In dem Schreiben wird zudem auf eine „geplante Schulung in der IT-Anwendung“ Bezug genommen. Eine weitere Schulung fand im März 2011 statt. Dass die Klägerin an dieser krankheitsbedingt nicht teilnehmen konnte, stellt die Erfüllung der Pflichten aus der Dienstvereinbarung durch die Beklagte nicht infrage. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte die Schulung der Klägerin vorenthalten wollte oder sie nicht nachschulen würde, soweit die Klägerin hieran mitwirkt und teilnimmt.

22

4. Die Weisung zur Beantragung und Nutzung der elektronischen Signaturkarte verstößt nicht gegen Bestimmungen des BDSG.

23

a) Die Beklagte selbst erhebt, verarbeitet oder nutzt im Zusammenhang mit der Beantragung des qualifizierten Zertifikats mit qualifizierter elektronischer Signatur und der Erstellung der Signaturkarte keine Daten iSd. Bestimmungen des BDSG.

24

aa) Zwar ist das WSA als Bundesbehörde (vgl. Art. 87 Abs. 1 Satz 1, Art. 89 Abs. 2 GG) eine öffentliche Stelle iSd. § 1 Abs. 2 Nr. 1, § 2 Abs. 1 Satz 1 BDSG. Bei den Daten, welche die Klägerin im Rahmen der Beantragung der elektronischen Signaturkarte mitzuteilen hat, handelt es sich auch um personenbezogene Daten iSd. § 3 Abs. 1 BDSG. In Bezug auf diese Daten ist das WSA jedoch nicht verantwortliche Stelle iSd. BDSG.

25

(1) Normadressat der im BDSG niedergelegten Rechte und Pflichten ist die jeweils verantwortliche Stelle (ErfK/Franzen § 1 BDSG Rn. 12; Simitis/Dammann BDSG 7. Aufl. § 3 Rn. 224 f.; Gola/Schomerus BDSG 11. Aufl. § 3 Rn. 48). Das ist gemäß § 3 Abs. 7 BDSG jede Person oder Stelle, die personenbezogene Daten für sich selbst erhebt, verarbeitet oder nutzt oder dies durch andere im Auftrag vornehmen lässt.

26

(2) Personenbezogene Daten, die für die Erstellung und Nutzung einer elektronischen Signaturkarte erforderlich sind, werden von dem betreffenden Zertifizierungsdiensteanbieter unter Berücksichtigung der Vorgaben des SigG erhoben, verarbeitet und genutzt (§ 5 ff. SigG). Hinsichtlich des Umgangs mit diesen Daten unterliegt der Zertifizierungsdiensteanbieter daher - neben den speziellen Datenschutzbestimmungen des SigG - den Regelungen des BDSG (vgl. Roßnagel/Roßnagel Handbuch Datenschutzrecht Abschnitt 7.7 Rn. 29). Er ist insoweit die verantwortliche Stelle iSd. § 3 Abs. 7 BDSG.

27

(3) Das WSA ist demgegenüber weder in die Beschaffung noch in die Verarbeitung der Daten eingeschaltet. Vielmehr wurde die Klägerin aufgefordert, die elektronische Signaturkarte direkt beim Zertifizierungsdiensteanbieter zu beantragen (vgl. Schreiben vom 15. März 2010; DV Digitale Signaturen „Antragstellung durch den Beschäftigten“). Diese Vorgehensweise entspricht dem Modell des BDSG, wonach personenbezogene Daten grundsätzlich beim Betroffenen zu erheben sind (§ 4 Abs. 2 Satz 1 BDSG), und den Vorgaben des Signaturgesetzes (§ 14 Abs. 1 SigG). Das WSA nutzt auch nicht die zur Ausstellung der elektronischen Signaturkarte durch die T GmbH erhobenen Daten. Ein Nutzen von Daten iSv. § 3 Abs. 5 BDSG liegt vor, wenn die Daten mit einer bestimmten Zweckbestimmung ausgewertet, zusammengestellt, abgerufen oder ansonsten zielgerichtet zur Kenntnis genommen werden sollen(Gola/Schomerus BDSG § 3 Rn. 42; Gola/Wronka Handbuch zum Arbeitnehmerdatenschutz 5. Aufl. Rn. 911). Bei einem Einsatz der elektronischen Signaturkarte durch die Klägerin werden deren personenbezogene Daten durch das WSA nicht zielgerichtet zur Kenntnis genommen. Das WSA hat keinen Zugriff auf diese Daten.

28

bb) Zwischen dem WSA und dem Zertifizierungsdiensteanbieter besteht kein Auftragsverhältnis iSd. § 3 Abs. 7, § 11 BDSG. Die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten im Auftrag ist dadurch gekennzeichnet, dass sich eine verantwortliche Stelle eines Dienstleistungsunternehmens bedient, das lediglich weisungsgebunden mit den Daten umgeht (Gola/Schomerus BDSG § 11 Rn. 3; Simitis/Petri BDSG § 11 Rn. 20). Die verantwortliche Stelle bestimmt weiterhin allein über die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung der Daten und behält die uneingeschränkte Verfügungsgewalt (Gola/Wronka Handbuch zum Arbeitnehmerdatenschutz Rn. 983; Wedde in Däubler/Klebe/Wedde/Weichert BDSG 3. Aufl. § 11 Rn. 5). Der Bereich der Auftragsdatenvergabe wird verlassen, sobald dem Dienstleistungsunternehmen eine eigenständige rechtliche Zuständigkeit für die Aufgabe, deren Erfüllung die Datenverarbeitung oder -nutzung dient, zugewiesen wird (Gola/Schomerus BDSG § 11 Rn. 9). Nach den Vorgaben des SigG ist der Zertifizierungsdiensteanbieter allein für die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung der personenbezogenen Daten des Antragstellers verantwortlich. Er entscheidet selbst über den Umgang mit den von ihm erhobenen Daten und hat dabei die zwingenden gesetzlichen Vorgaben insbesondere des SigG zu beachten. Das WSA hat keinen Zugriff auf und damit keine Verfügungsgewalt über die Daten. Ihm stehen auch keinerlei Kontroll- oder Weisungsrechte im Hinblick auf den Umgang mit den Daten zu.

29

b) Ein Verstoß gegen Bestimmungen des BDSG im Zusammenhang mit der Datenerhebung durch die T GmbH als Zertifizierungsdiensteanbieter ist nicht erkennbar.

30

aa) Das Unternehmen ist verantwortliche Stelle iSd. BDSG, es erhebt, verarbeitet und nutzt im Zusammenhang mit der Ausstellung der elektronischen Signaturkarte als nicht-öffentliche Stelle Daten der Klägerin (§ 1 Abs. 2 Nr. 3, § 2 Abs. 4 Satz 1, § 3 Abs. 7 BDSG).

31

bb) Die Erhebung der Daten erfolgt unmittelbar bei der Klägerin auf Grundlage der DV Digitale Signaturen (§ 4 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 BDSG); ihre Einwilligung (§ 4a BDSG) ist deshalb nicht erforderlich.

32

(1) Nach § 4 Abs. 1 BDSG ist die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten nur zulässig, soweit das BDSG oder eine andere Rechtsvorschrift dies erlaubt oder anordnet oder der Betroffene einwilligt. Rechtsvorschriften in diesem Sinne sind auch Tarifverträge (BAG 25. Juni 2002 - 9 AZR 405/00 - zu A II 4 d der Gründe, BAGE 101, 357) und Betriebs- oder Dienstvereinbarungen (BAG 27. Mai 1986 - 1 ABR 48/84 - zu B II 3 b aa der Gründe, BAGE 52, 88; 20. Dezember 1995 - 7 ABR 8/95 - zu B III 2 der Gründe, BAGE 82, 36 [jeweils zu Betriebsvereinbarungen]; ErfK/Franzen § 4 BDSG Rn. 2).

33

(2) Eine solche Erlaubnis enthalten die Bestimmungen der DV Digitale Signaturen. Danach wird jeder IT-Arbeitsplatz im Bereich der elektronischen Vergabe mit einem Kartenlesegerät und Chipkarten nach den Regelungen des SigG ausgestattet. Durch den jeweiligen Beschäftigten persönlich erfolgt eine entsprechende Antragstellung beim Zertifizierungsdiensteanbieter, die seine zuverlässige Identifizierung anhand der Personalausweisdaten erfordert. Unter diese Dienstvereinbarung fällt auch die Klägerin; sie gilt unmittelbar und zwingend (§§ 73, 75 Abs. 3 Nr. 17 BPersVG; Weber in Richardi/Dörner/Weber Personalvertretungsrecht 4. Aufl. § 73 BPersVG Rn. 21). Dem steht nicht entgegen, dass die Dienstvereinbarung eine Hergabe der Daten an Dritte verlangt. Durch § 2 Nr. 7 SigG ist vorgegeben, dass eine elektronische Signaturkarte nur von einer natürlichen Person beantragt werden kann und ihre Ausstellung durch Zertifizierungsdiensteanbieter erfolgt(§ 4 f. SigG).

34

Bedenken gegen die Wirksamkeit der DV Digitale Signaturen hat die Klägerin nicht geltend gemacht, sie sind auch nicht ersichtlich. Insbesondere begrenzt die Dienstvereinbarung den Kreis der Zertifizierungsdiensteanbieter auf solche, die gemäß § 15 SigG akkreditiert sind und damit einer weiter gehenden aufsichtsbehördlichen Kontrolle unterliegen. Auch beinhaltet die DV Digitale Signaturen weitere Bestimmungen zum Schutz der Beschäftigten, wie beispielsweise eine Haftungsausschlussregelung. Die Dienstvereinbarung beschränkt insgesamt den Eingriff in das Recht der Beschäftigten auf informationelle Selbstbestimmung auf das zur Erfüllung der Arbeitsaufgaben zwingend notwendige Maß; ein übermäßiger Eingriff wird durch sie nicht erlaubt (vgl. im Einzelnen zu 5 b dd).

35

c) Die Klägerin hat nicht behauptet, das WSA erhebe, verarbeite oder nutze Daten der Klägerin im Zusammenhang mit dem Einsatz der elektronischen Signaturkarte, Feststellungen hat das Landesarbeitsgericht hierzu nicht getroffen. Allerdings liegt nahe, dass die bei der elektronischen Vergabe notwendigen Außenverbindungen zum Zwecke der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung oder zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs der Datenverarbeitung in streng zweckgebundenen Protokolldateien registriert werden (§ 14 Abs. 4 BDSG; vgl. zum Inhalt der Zweckbindung zB Simitis/Dammann BDSG § 14 Rn. 114). Dabei ergeben sich durch den Einsatz der elektronischen Signaturkarte keine Besonderheiten. Vielmehr erhöht diese die Sicherheit, dass der Kommunikationsinhalt unverändert übermittelt wird und Dritte von dessen Kenntnisnahme ausgeschlossen werden (Roßnagel/Roßnagel Handbuch Datenschutzrecht Abschnitt 7.7 Rn. 16). Zur Leistungs- und Verhaltenskontrolle dürfen eventuell anfallende Daten nach den Bestimmungen der DV Digitale Signaturen nicht genutzt werden.

36

5. Die Weisung der Beklagten entspricht billigem Ermessen.

37

a) Eine Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen, wenn die wesentlichen Umstände des Falls abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind (st. Rspr., zuletzt zB BAG 29. August 2012 - 10 AZR 385/11 - Rn. 45; 12. Oktober 2011 - 10 AZR 746/10 - Rn. 26, BAGE 139, 283). Das bei der Ausübung des Leistungsbestimmungsrechts zu wahrende billige Ermessen wird inhaltlich durch die Grundrechte des Arbeitnehmers mitbestimmt. Kollidieren diese mit dem Recht des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer eine von der vertraglichen Vereinbarung gedeckte Tätigkeit zuzuweisen, sind die gegensätzlichen Rechtspositionen grundrechtskonform auszugleichen (vgl. BAG 24. Februar 2011 - 2 AZR 636/09 - Rn. 23 mwN, BAGE 137, 164; 13. August 2010 - 1 AZR 173/09 - Rn. 10, BAGE 135, 203). Dabei sind die betroffenen Interessen des Arbeitnehmers und des Arbeitgebers im Sinne einer praktischen Konkordanz so abzuwägen, dass die geschützten Rechtspositionen für alle Beteiligten möglichst weitgehend wirksam werden (BAG 23. August 2012 - 8 AZR 804/11 - Rn. 36; 24. Februar 2011 - 2 AZR 636/09 - aaO ). Ob die Entscheidung der Billigkeit entspricht, unterliegt der vollen gerichtlichen Kontrolle ( BAG 26. September 2012 - 10 AZR 311/11 - Rn. 28; 12. Oktober 2011 - 10 AZR 746/10 - Rn. 46 mwN, aaO ).

38

b) Diese Sachentscheidung ist wegen der zu berücksichtigenden Umstände des Einzelfalls vorrangig den Tatsachengerichten vorbehalten (BAG 12. Oktober 2011 - 10 AZR 746/10 - Rn. 46, aaO; 10. Mai 2005 - 9 AZR 294/04 - zu B II 3 b und B IV 1 der Gründe; vgl. zur Kontroverse über den Umfang der revisionsrechtlichen Überprüfung: GMP/Müller-Glöge 8. Aufl. § 73 Rn. 10). Unabhängig hiervon hält die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts auch einer uneingeschränkten Überprüfung stand.

39

aa) Die Beklagte hat ein berechtigtes Interesse daran, die Vergabe öffentlicher Aufträge mithilfe eines elektronischen Vergabesystems durchzuführen. Wie sich dem Beschluss der Bundesregierung vom 10. Dezember 2003 entnehmen lässt, dient die Einführung des elektronischen Vergabesystems der Steigerung von Effizienz und Kompetenz bei der Beschaffung von Gütern und Dienstleistungen durch die öffentliche Hand. Durch die elektronische Vergabe öffentlicher Aufträge sollen erhebliche Einsparungen sowohl bei den Kosten der Vergabe als auch bei den Preisen für die beschafften Leistungen erzielt werden. Die Einführung des elektronischen Vergabesystems dient damit legitimen Zwecken.

40

bb) Die Amtsleitung des WSA hat keine Möglichkeit, die Veröffentlichung von Vergabeunterlagen anders zu gestalten. Das WSA ist eine dem BMVBS nachgeordnete Behörde. Der Erlass des BMVBS vom 11. Dezember 2009, nach dem ab dem 1. Januar 2010 alle Vergabebekanntmachungen über die elektronische Vergabeplattform des Bundes zu veröffentlichen sind, ist daher für das WSA bindend (vgl. Ehlers in Erichsen/Ehlers Allgemeines Verwaltungsrecht 13. Aufl. § 2 Rn. 62 ff.). Eine Veröffentlichung der Vergabeunterlagen auf anderem Wege scheidet aus. Das betrifft alle Bediensteten der nachgeordneten Behörden gleichermaßen.

41

cc) Der Einwand der Klägerin, eine Veröffentlichung der Vergabeunterlagen durch sie selbst sei nicht erforderlich, weil die Unterlagen auch durch Diplom-Ingenieure oder Beschäftigte, die bereits über ein Signaturkarte verfügen, veröffentlicht werden könnten, steht der Weisung der Beklagten nicht entgegen.

42

(1) Dem Gericht obliegt nicht die Prüfung, ob die Weisung der Beklagten die beste, effizienteste oder wirtschaftlich vernünftigste Lösung darstellt. Im Rahmen der Ausübung des Direktionsrechts steht dem Arbeitgeber ein nach billigem Ermessen auszufüllender Entscheidungsspielraum zu. Innerhalb dieses Spielraums können ihm mehrere Entscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Dem Gericht obliegt (lediglich) die Prüfung, ob der Arbeitgeber als Gläubiger die Grenzen seines Bestimmungsrechts beachtet hat (vgl. BAG 26. September 2012 - 10 AZR 311/11 - Rn. 28; 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 - Rn. 28; BGH 18. Oktober 2007 - III ZR 277/06 - Rn. 20, BGHZ 174, 48).

43

(2) Das ist hier der Fall. Die Diplom-Ingenieure sind für die Erstellung und den Inhalt der Vergabeunterlagen verantwortlich. Angesichts ihrer besonderen Ausbildung und Qualifikation ist es nachvollziehbar und nicht zu beanstanden, wenn sich die Beklagte dazu entschließt, sie nicht mit rein administrativen Tätigkeiten wie der Veröffentlichung der Vergabeunterlagen zu betrauen, sondern diese Aufgabe von anderen Beschäftigten erledigen zu lassen. Dass andere Beschäftigte des WSA bereits über eine elektronische Signaturkarte verfügen, lässt das Bedürfnis für die Beantragung und Nutzung einer elektronische Signaturkarte durch die Klägerin ebenfalls nicht entfallen. Abwesenheitszeiten einzelner Mitarbeiter (zB aufgrund von Krankheit oder Urlaub) können es erforderlich machen, dass mehrere Mitarbeiter über eine elektronische Signaturkarte verfügen. Nur so kann sichergestellt werden, dass die Vergabeunterlagen unabhängig von den jeweils in der Dienststelle anwesenden Beschäftigten zeitnah veröffentlicht werden können. Es lag nahe, auch die Klägerin für diese Tätigkeit heranzuziehen, weil die Veröffentlichung von Vergabeunterlagen bereits vor dem 1. Januar 2010 zu ihrem Aufgabengebiet gehörte.

44

dd) Der mit der Weisung verbundene Eingriff in das Recht der Klägerin auf informationelle Selbstbestimmung ist dieser zumutbar.

45

(1) Das in Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 1 Abs. 1 GG verankerte Recht auf informationelle Selbstbestimmung gewährleistet dem Einzelnen die Befugnis, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung persönlicher Daten zu bestimmen und darüber zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden ( BVerfG 15. Dezember 1983 - 1 BvR 209/83, 1 BVR 269/83 ua - zu C II 1 a der Gründe, BVerfGE 65, 1 ; 27. Februar 2008 -  1 BvR 370/07 , 1 BvR 595/07 - Rn. 180 , BVerfGE 120, 274 ). Wer nicht mit hinreichender Sicherheit überschauen kann, welche ihn betreffenden Informationen in bestimmten Bereichen seiner sozialen Umwelt bekannt sind, und wer das Wissen möglicher Kommunikationspartner nicht einigermaßen abzuschätzen vermag, kann in seiner Freiheit wesentlich gehemmt werden, aus eigener Selbstbestimmung zu planen oder zu entscheiden ( BVerfG 4. April 2006 - 1 BvR 518/02 - Rn. 69 , BVerfGE 115, 320 ). Dabei kommt es nicht darauf an, ob es sich um Daten der Privat- oder gar der Intimsphäre handelt. Ein „belangloses“ Datum gibt es aus Sicht der Verfassung nicht (vgl. BVerfG 15. Dezember 1983 - 1 BvR 209/83, 1 BvR 269/83 ua. - zu C II 2 der Gründe, aaO). Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung findet eine Entsprechung im Unionsrecht. Gemäß Art. 8 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union hat jede Person das Recht auf Schutz der sie betreffenden personenbezogenen Daten.

46

(2) In das Recht der Klägerin auf informationelle Selbstbestimmung wird durch die streitgegenständliche Weisung eingegriffen, weil die Klägerin nicht mehr frei entscheiden kann, wann sie wem welche Daten zur Verfügung stellt. Durch die Weisung wird sie verpflichtet, einem von der Beklagten ausgewählten Zertifizierungsdiensteanbieter die aus dem Personalausweis ersichtlichen Daten zur Verfügung zu stellen.

47

(3) Dieser Eingriff ist der Klägerin zumutbar (ebenso für die an einen Beamten gerichtete Anordnung, eine elektronische Signaturkarte zu beantragen und zu nutzen: Bayer. VGH 2. November 2011 - 6 CE 11.1342 -).

48

(a) Die Veröffentlichung der Vergabeunterlagen durch die Klägerin ist ohne Eingriff in ihr Recht auf informationelle Selbstbestimmung nicht möglich. Nach den für den Senat bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts (§ 559 Abs. 2 ZPO) ist für die Veröffentlichung von Vergabeunterlagen auf der elektronischen Vergabeplattform des Bundes der Einsatz einer elektronischen Signaturkarte unverzichtbar. Dieser Einsatz setzt wiederum zwingend voraus, dass die Klägerin selbst die Karte unter Mitteilung ihrer personenbezogenen Daten beim Zertifizierungsdiensteanbieter beantragt hat. Gemäß § 2 Nr. 7 SigG kann eine elektronische Signaturkarte nur von einer natürlichen Person beantragt werden(vgl. Spindler/Schuster/Gramlich Recht der elektronischen Medien 2. Aufl. § 2 SigG Rn. 16). Die Beantragung einer elektronischen Signaturkarte für die gesamte Dienststelle oder auch nur für mehrere Beschäftigte ist nicht möglich. Auch die Nutzung einer für einen anderen Beschäftigten ausgestellten elektronischen Signaturkarte durch die Klägerin kommt nicht in Betracht, weil die mit der Signaturkarte verbundenen Rechte nur von den jeweiligen Antragstellern ausgeübt werden dürfen; dies legt die DV Digitale Signaturen („Rechte und Pflichten“) ausdrücklich fest. Im Übrigen würde eine solche Handhabung dem Zweck der elektronischen Signaturkarte als sicherem Identifizierungsmittel des jeweiligen Absenders zuwiderlaufen.

49

(b) Die Weisung stellt keinen besonders schwerwiegenden Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung dar. Die aus dem Personalausweis ersichtlichen Daten betreffen den äußeren Bereich der Privatsphäre. Insbesondere Name, Alter und Adresse gehören zu den „Stammdaten“ des Arbeitnehmers, deren Erhebung für die Durchführung eines Arbeitsverhältnisses regelmäßig erforderlich ist (BAG 23. August 2012 - 8 AZR 804/11 - Rn. 38 mwN). Diese Daten werden auch im allgemeinen Geschäftsverkehr häufig eingesetzt. Bei den Angaben im Personalausweis handelt es sich nicht um besonders sensible Daten iSv. § 3 Abs. 9 BDSG, für die nach § 4a Abs. 3, § 28 Abs. 6 bis Abs. 9 BDSG erhöhte Anforderungen an die Erhebung und Speicherung zu stellen sind(vgl. zum Umgang mit solchen Daten im Rahmen der Personalaktenführung: BAG 12. September 2006 - 9 AZR 271/06 - BAGE 119, 238). Dass die Angaben - insbesondere das Passfoto und die ausgewiesene Staatsangehörigkeit - mittelbar Rückschlüsse auf die ethnische Herkunft zulassen, reicht für eine Anwendung der genannten Vorschriften nicht aus, weil eine entsprechende Auswertungsabsicht nicht besteht; die Datenerhebung dient allein der Identifizierung (vgl. Gola/Schomerus BDSG § 3 Rn. 56a; zur Abgrenzung von Staatsangehörigkeit und ethnischer Herkunft: BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 364/11 - Rn. 31).

50

Darüber hinaus werden die Daten nicht der allgemeinen Öffentlichkeit oder einer unbestimmten Anzahl von Personen bekannt gegeben, sondern nur einem einzigen Zertifizierungsdiensteanbieter übermittelt. Dieser darf die Daten zudem nur insoweit erheben und nutzen, als dies für Zwecke einer elektronischen Signaturkarte erforderlich ist (§ 14 Abs. 1 Satz 1 SigG). Zu anderen Zwecken dürfen die Daten nur verwendet werden, wenn das SigG es erlaubt oder der Betroffene eingewilligt hat (§ 14 Abs. 1 Satz 3 SigG).

51

(c) Der Schutz der personenbezogenen Daten der Klägerin wird durch Vorschriften des Signaturgesetzes und der Signaturverordnung sichergestellt. Einen Zertifizierungsdienst darf danach nur anbieten, wer die für den Betrieb erforderliche Zuverlässigkeit und Fachkunde nachweist (§ 4 Abs. 2 Satz 1 SigG) und der zuständigen Behörde ein Sicherheitskonzept vorgelegt hat, in dem die Maßnahmen zur Erfüllung der Sicherheitsanforderungen nach dem SigG und der SigV im Einzelnen aufgezeigt werden (§ 4 Abs. 2 Satz 4 SigG, § 2 SigV). Der Zertifizierungsdiensteanbieter hat für die Ausübung der Zertifizierungstätigkeit zuverlässiges Personal und zuverlässige Produkte für elektronische Signaturen einzusetzen (§ 5 Abs. 5 SigG, § 5 Abs. 3 SigV). Die Daten eines Antragstellers dürfen nur unmittelbar bei diesem selbst und grundsätzlich nur für Zwecke einer elektronischen Signaturkarte erhoben werden (§ 14 Abs. 1 Satz 1 SigG). Der Zertifizierungsdiensteanbieter hat das Sicherheitskonzept einschließlich etwaiger Änderungen, die Unterlagen zur Fachkunde der im Betrieb tätigen Personen und die vertraglichen Vereinbarungen mit den Antragstellern zu dokumentieren (§ 10 Abs. 1 SigG, § 8 SigV). Dem Antragsteller ist auf Verlangen jederzeit Einblick in die ihn betreffenden Daten zu gewähren (§ 10 Abs. 2 SigG).

52

Über diese zwingenden gesetzlichen Vorgaben hinaus bestimmt die DV Digitale Signaturen, dass als Zertifizierungsdiensteanbieter nur solche in Betracht kommen, die sich gemäß § 15 ff. SigG bei der zuständigen Behörde freiwillig akkreditiert haben. Die freiwillige Akkreditierung beinhaltet eine regelmäßige Überprüfung des Sicherheitskonzepts des Zertifizierungsdiensteanbieters durch öffentlich anerkannte fachkundige Dritte (§ 15 Abs. 2, § 18 SigG) und gewährleistet damit ein Sicherheitskonzept von besonders hoher Qualität (vgl. Spindler/Schuster/Gramlich Recht der elektronischen Medien § 15 SigG Rn. 6; Roßnagel/Roßnagel Handbuch Datenschutzrecht Abschnitt 7.7 Rn. 26). Der von der Beklagten ausgewählte Zertifizierungsdiensteanbieter entspricht diesen Vorgaben.

53

(d) Angesichts der Sicherheitsvorkehrungen bestehen keine Anhaltspunkte für die Befürchtung der Klägerin, mit ihren Daten könnte Missbrauch getrieben werden. Konkrete Tatsachen, die auf die Möglichkeit eines Missbrauchs hindeuten, hat die Klägerin nicht vorgetragen. Die Beklagte hat die Bedenken der Klägerin dennoch aufgegriffen und sich bei der gemäß § 3 SigG zuständigen Bundesnetzagentur nach der Reputation der T GmbH erkundigt. Auch nach Auskunft der Bundesnetzagentur besteht kein Anlass, an der Datensicherheit und der Integrität der Systeme zu zweifeln.

54

ee) Die Weisung der Beklagten stellt zwar einen Eingriff in die durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützte Vertragsfreiheit (vgl. BVerfG 16. Juli 2012 - 1 BvR 2983/10 - Rn. 21 mwN) der Klägerin dar, weil sie verpflichtet wird, gegen ihren Willen ein Vertragsverhältnis mit dem Zertifizierungsdiensteanbieter einzugehen. Dieser Eingriff ist der Klägerin aber ebenfalls zumutbar. Zur Begründung kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden. Ergänzend ist zu berücksichtigen, dass der vom Arbeitgeber geforderte Vertragsschluss einen unmittelbaren Bezug zur geschuldeten Arbeitsleistung aufweist und der Klägerin durch ihn keine Zahlungspflichten auferlegt werden. Sämtliche Kosten für die Leistungen des Zertifizierungsdiensteanbieters trägt nach der DV Digitale Signaturen die Beklagte.

55

ff) Soweit die Weisung die Verpflichtung der Klägerin beinhaltet, die elektronische Signaturkarte bei der Veröffentlichung der Vergabeunterlagen zu nutzen, begegnet sie ebenfalls keinen Bedenken. Besondere, speziell mit der dienstlichen Nutzung der elektronischen Signaturkarte für sie verbundene Gefahren benennt die Klägerin nicht. Die Klägerin hat nach den Bestimmungen der DV Digitale Signaturen einen Schulungsanspruch gegenüber der Beklagten; die Dienstvereinbarung legt bestimmte Verhaltensweisen zur sicheren Nutzung durch die Beschäftigten fest. Den Interessen der Klägerin wird zudem durch eine Haftungsfreistellung Rechnung getragen: Nach der DV Digitale Signaturen stellt das BMVBS die Beschäftigten von etwaigen Haftungsansprüchen des Zertifizierungsdiensteanbieters oder anderer Dritter frei, die im Zusammenhang mit einer fehlerhaften Nutzung der Signaturkarte zu dienstlichen Zwecken erhoben werden können. Die DV Digitale Signaturen („Anwendung“) stellt schließlich klar, dass aufgrund des Einsatzes der elektronischen Signaturkarte beim Arbeitgeber gewonnene Daten nicht zur Leistungs- und Verhaltenskontrolle verwendet werden dürfen. Eine Nutzung der elektronischen Signaturkarte über den dienstlichen Einsatz hinaus, insbesondere zu privaten Zwecken, wird von der Klägerin nicht verlangt.

56

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Mikosch    

        

    W. Reinfelder    

        

    Mestwerdt    

        

        

        

    Simon    

        

    A. Effenberger    

                 

Tenor

1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 12. November 2009 - 6 Sa 104/09 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Kammer des Landesarbeitsgerichts zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Versetzung.

2

Die 1965 geborene und verheiratete Klägerin ist seit dem 1. Juni 1993 als vollzeitbeschäftigte Angestellte für den beklagten Freistaat gegen ein Bruttomonatsentgelt von zuletzt 3.542,86 Euro tätig. Nach § 2 des Arbeitsvertrags bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts - Manteltarifliche Vorschriften -(BAT-O) vom 10. Dezember 1990 und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder jeweils geltenden Fassung.

3

Die Klägerin ist zuständig für die Erteilung von Betriebserlaubnissen für Kindertagesstätten gemäß § 45 SGB VIII. Ihre Stelle ist im Sächsischen Landesjugendamt angesiedelt. Im Einstellungsschreiben vom 10. Mai 1993 wurde der Klägerin ein Arbeitsplatz in der Zweigstelle D zugewiesen. Sie betreute bis zum 31. Juli 2008 den N-Kreis, den Kreis Bautzen und 1/3 des Stadtgebiets der Stadt D. Seit dem 1. August 2008 ist die Klägerin für den neuen Kreis B und weiterhin für einen Teil der Stadt D zuständig. Im Durchschnitt an einem Arbeitstag pro Woche prüft sie die Einrichtungen vor Ort.

4

Die Klägerin ist mit ihrem in der Werbebranche selbstständig tätigen Ehemann Eigentümerin eines kreditbelasteten Wohn- und Geschäftshauses in D. Kinder leben nicht mehr im ehelichen Haushalt.

5

Im Zuge der Verwaltungsreform durch das Sächsische Verwaltungsneuordnungsgesetz vom 29. Januar 2008 wurde das Sächsische Landesamt für Familie und Soziales, dem die Zweigstelle D des Sächsischen Landesjugendamts zugeordnet war, aufgelöst. Das nunmehr zuständige Sächsische Staatsministerium für Soziales beschloss, die Verwaltung des Sächsischen Landesjugendamts in C zu konzentrieren und die Zweigstellen in D und L aufzulösen.

6

Nach Anhörung der Klägerin und Zustimmung des Hauptpersonalrats wurde die Klägerin mit Schreiben vom 14. Juli 2008 zum 1. August 2008 an das Sächsische Landesjugendamt mit Dienstsitz in C versetzt. Der einfache Arbeitsweg von der Wohnung der Klägerin in D zur Arbeitsstelle in C nimmt bei Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel zwischen 1 Stunde 45 Minuten und 2 Stunden 12 Minuten in Anspruch. Ortstermine kann die Klägerin nach wie vor von D aus wahrnehmen.

7

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, ihr Arbeitsverhältnis habe sich auf eine Tätigkeit in D konzentriert. Ein Umzug nach C sei wegen der selbstständigen Berufstätigkeit des Ehemanns und des erworbenen Wohn- und Geschäftshauses ausgeschlossen. Sie könne entweder in einem Büro in D unter Beibehaltung ihrer bisherigen Tätigkeit oder nach Versetzung in eine andere Dienststelle in D weiterbeschäftigt werden.

8

Die Klägerin hat beantragt

        

festzustellen, dass sie nicht verpflichtet ist, der Versetzungsanordnung vom 14. Juli 2008 Folge zu leisten und ihre Arbeitskraft in C anzubieten.

9

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen, und die Auffassung vertreten, eine weitere Beschäftigung der Klägerin in D sei nicht möglich, weil deren Arbeitsaufgaben dort nicht mehr angesiedelt seien. Das Sächsische Landesjugendamt sei in C zusammengeführt worden, um den fachlichen Austausch zwischen den Mitarbeitern zu verbessern und Kontakt- und Informationsverluste auszuschließen. Alle Mitarbeiter der ehemaligen Zweigstellen seien nach C versetzt worden. Diese Versetzung sei der Klägerin zuzumuten.

10

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision begehrt der Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision ist begründet. Mit der Begründung des Landesarbeitsgerichts, die Versetzung sei rechtsunwirksam, weil der Zeitaufwand bei Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel die Zeitgrenzen des § 121 SGB III überschreite, kann die Berufung des Beklagten nicht zurückgewiesen werden. Der Senat kann mangels ausreichender Feststellungen nicht abschließend über die Wirksamkeit der Versetzung entscheiden. Die Revision führt daher zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

12

I. Die Klage ist zulässig.

13

Der Antrag bedarf der Auslegung. Er ist dem Wortlaut nach auf Feststellung gerichtet, dass die Klägerin der Versetzungsanordnung vom 14. Juli 2008 keine Folge zu leisten und ihre Arbeitskraft nicht in C anzubieten hat. Der Sache nach begehrt die Klägerin die Feststellung, dass die Versetzung rechtsunwirksam ist. Mit diesem Inhalt ist die Klage als Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO zulässig. Bei einem Streit über die Berechtigung einer Versetzung kann der Arbeitnehmer diese im Rahmen einer Feststellungsklage klären lassen (st. Rspr., zB BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 12, AP GewO § 106 Nr. 11 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 49).

14

II. Die Klage könnte unbegründet sein.

15

Nach § 106 Satz 1 GewO kann der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrags oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind.

16

1. Die Parteien haben den Arbeitsort D vertraglich nicht festgelegt.

17

a) Der schriftliche Arbeitsvertrag vom 21. April 1993, dessen äußeres Erscheinungsbild eine tatsächliche Vermutung für das Vorliegen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen begründet (vgl. BAG 9. Juni 2010 - 5 AZR 498/09 - Rn. 14, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 82), enthält keine Festlegung des Arbeitsorts, sondern nur den im öffentlichen Dienst üblichen Verweis auf die geltenden Tarifverträge (zur Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Hinblick auf einen vertraglich vereinbarten Tätigkeitsort: BAG 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 12, AP BGB § 307 Nr. 50 = EzA GewO § 106 Nr. 7; 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 18, AP GewO § 106 Nr. 11 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 49). Auch dem Einstellungsschreiben vom 10. Mai 1993 ist ein Angebot auf Festlegung des Arbeitsorts D nicht zu entnehmen; mit diesem Schreiben hat der Beklagte lediglich sein Direktionsrecht ausgeübt und der Klägerin den dortigen Arbeitsplatz zugewiesen.

18

b) Der Arbeitsvertrag hat sich im Hinblick auf den Arbeitsort nicht dadurch auf D konkretisiert, dass die Klägerin seit ihrer Einstellung bis zur Versetzung nach C über 15 Jahre dort tätig gewesen ist. Eine den Arbeitsvertrag abändernde Vereinbarung haben die Parteien nicht getroffen.

19

aa) Es ist nicht grundsätzlich ausgeschlossen, dass Arbeitspflichten sich nach längerer Zeit auf bestimmte Arbeitsbedingungen konkretisieren (vgl. BAG 13. März 2007 - 9 AZR 433/06 - Rn. 50, AP BGB § 307 Nr. 26; 3. Juni 2004 - 2 AZR 577/03 - zu C II 2 b der Gründe, AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 141 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 55). Die Nichtausübung des Direktionsrechts über einen längeren Zeitraum schafft regelmäßig aber keinen Vertrauenstatbestand, dass der Arbeitgeber von diesem vertraglich und/oder gesetzlich eingeräumten Recht keinen Gebrauch mehr machen will. Die Nichtausübung des Direktionsrechts hat keinen Erklärungswert. Nur beim Hinzutreten besonderer Umstände, aufgrund derer der Arbeitnehmer darauf vertrauen darf, dass er nicht in anderer Weise eingesetzt werden soll, kann es durch konkludentes Verhalten zu einer vertraglichen Beschränkung der Ausübung des Direktionsrechts kommen (vgl. BAG 13. März 2007 - 9 AZR 433/06 - Rn. 50, aaO; 11. April 2006 - 9 AZR 557/05 - Rn. 47, BAGE 118, 22).

20

bb) Solche Umstände hat die Klägerin nicht vorgetragen. Dass sie sich auf eine ausgeschriebene Stelle in D beworben und ihr dieser Arbeitsplatz zugewiesen wurde, konnte für sich genommen keinen Vertrauenstatbestand begründen und keine Konkretisierung der Arbeitspflicht auf diesen Arbeitsort bewirken.

21

2. Die Zuweisung des Arbeitsorts C mit Schreiben vom 14. Juli 2008 könnte billigem Ermessen iSv. § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB entsprechen. Soweit das Landesarbeitsgericht wegen der Überschreitung der in § 121 Abs. 4 Satz 1 und Satz 2 SGB III festgelegten Grenzen für zumutbare Pendelzeiten die Versetzung für ermessensfehlerhaft erachtet hat, hat es den Regelungsgehalt der Norm verkannt.

22

a) Die Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen verlangt eine Abwägung der wechselseitigen Interessen nach verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Wertentscheidungen, allgemeinen Wertungsgrundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit. In die Abwägung sind alle Umstände des Einzelfalls einzubeziehen. Hierzu gehören die Vorteile aus einer Regelung, die Risikoverteilung zwischen den Vertragsparteien, die beiderseitigen Bedürfnisse, außervertragliche Vor- und Nachteile, Vermögens- und Einkommensverhältnisse sowie soziale Lebensverhältnisse, wie familiäre Pflichten und Unterhaltsverpflichtungen (BAG 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 40, AP BGB § 307 Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 47; 21. Juli 2009 - 9 AZR 404/08 - Rn. 22, EzA TVG § 4 Luftfahrt Nr. 18; bereits auch: 28. November 1989 - 3 AZR 118/88 - zu II 1 a der Gründe, BAGE 63, 267). Eine soziale Auswahl wie im Falle des § 1 Abs. 3 KSchG findet entgegen der Auffassung der Klägerin nicht statt.

23

b) Es unterliegt der gerichtlichen Kontrolle, ob die Entscheidung des Arbeitgebers der Billigkeit entspricht, § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB. Ob die Entscheidung des Berufungsgerichts wegen der zu berücksichtigenden Umstände des Einzelfalls nur eingeschränkt durch das Revisionsgericht überprüft werden kann (vgl. zB BAG 15. September 2009 - 9 AZR 643/08 - Rn. 29, AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 44 = EzA TVG § 4 Altersteilzeit Nr. 31; aA zB 24. April 1996 - 5 AZR 1031/94 - Rn. 11, AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 48 = EzA BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 18; vgl. GMP/Müller-Glöge ArbGG 7. Aufl. § 73 Rn. 10), bedarf keiner Entscheidung. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hält bereits einer eingeschränkten Überprüfung nicht stand.

24

aa) Nach § 121 Abs. 4 Satz 1 SGB III ist einem Arbeitslosen aus personenbezogenen Gründen eine Beschäftigung nicht zumutbar, wenn die täglichen Pendelzeiten zwischen seiner Wohnung und der Arbeitsstätte im Vergleich zur Arbeitszeit unverhältnismäßig lang sind. Als unverhältnismäßig lang sind nach § 121 Abs. 4 Satz 2 SGB III im Regelfall Pendelzeiten von insgesamt mehr als zweieinhalb Stunden bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs Stunden und Pendelzeiten von mehr als zwei Stunden bei einer Arbeitszeit von sechs Stunden und weniger anzusehen.

25

bb) Entgegen einer in der Rechtsprechung vertretenen Auffassung (LAG Hamm 24. Mai 2007 - 8 Sa 51/07 - NZA-RR 2008, 175; LAG Rheinland-Pfalz 9. Dezember 2004 - 6 Sa 326/04 -) kann aus den sozialrechtlichen Regeln über die Zumutbarkeit einer Beschäftigung kein belastbarer Maßstab für die arbeitsrechtliche Beurteilung des Ermessensgebrauchs nach § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB bei einer Versetzung abgeleitet werden. Dies zeigt bereits die Regelungssystematik der Norm, weil nach § 121 Abs. 4 Satz 4 und Satz 5 SGB III bei nicht nur kurzfristiger Arbeitslosigkeit sogar ein Umzug zur Aufnahme einer Beschäftigung außerhalb des zumutbaren Pendelbereichs zumutbar ist. Auch der Regelungsgehalt der Norm steht einer Heranziehung der dort festgelegten Zumutbarkeitsgrenzen im Rahmen der Ermessenskontrolle entgegen. Die Norm bestimmt das Rechtsverhältnis zwischen dem Arbeitslosen und der Arbeitsverwaltung. Sie dient der Bekämpfung von Leistungsmissbrauch und der Erhöhung der Verantwortung des Arbeitslosen für die Beendigung der Arbeitslosigkeit (BT-Drucks. 13/4941 S. 238 und 13/5676 S. 2). Die Versagung des Arbeitslosengelds bei Ablehnung einer zumutbaren Beschäftigung ist eine öffentlich-rechtliche Sanktion für mangelnde eigene Leistungsbereitschaft des Leistungsempfängers bei Bezug einer sozialversicherungsrechtlichen Leistung (BAG 6. November 2007 - 1 AZR 960/06 - Rn. 25, BAGE 124, 335).

26

cc) Damit ist weder eine Übertragung der in § 121 Abs. 4 Satz 1 und Satz 2 SGB III enthaltenen Wertungen auf die Gestaltung von Sozialplänen(vgl. BAG 6. November 2007 - 1 AZR 960/06 - Rn. 25, BAGE 124, 335) noch auf die Ausübung billigen Ermessens nach § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB möglich. Regelungsziel der gesetzlichen Vorschriften über die Ausübung billigen Ermessens ist es, im Einzelfall eine Entscheidung herbeizuführen, die den wechselseitigen Interessen der Arbeitsvertragsparteien angemessen Rechnung trägt. Dies setzt eine individuelle Abwägung aller betroffenen Interessen voraus und schließt eine starre Anwendung sozialrechtlicher Zumutbarkeitsregeln aus. Das berechtigte Interesse des Arbeitnehmers an kurzen Pendelzeiten und geringem finanziellen Aufwand ist im Rahmen der Abwägung ein wesentliches Kriterium. Ob diese Interessen angemessen berücksichtigt wurden, kann nur durch Abwägung mit den dienstlichen Gründen des Arbeitgebers ermittelt werden, die zu der Ausübung des Direktionsrechts geführt haben. Bei wichtigen dienstlichen Gründen können längere Pendelzeiten zumutbar, bei Gründen von geringerem Gewicht aber bereits kürzere Pendelzeiten unzumutbar sein. Feste Grenzen lassen sich nicht definieren. § 121 Abs. 4 Satz 1 und Satz 2 SGB III enthalten keinen belastbaren Maßstab für die Kontrolle des Ermessensgebrauchs. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts ist deshalb aufzuheben.

27

3. Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Zwar ist eine abschließende Entscheidung des Revisionsgerichts dann geboten, wenn die maßgeblichen Tatsachen feststehen und nur eine bestimmte Entscheidung dem Maßstab der Billigkeit entspricht (BAG 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 39, AP BGB § 307 Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 47; 15. September 2009 - 9 AZR 643/08 - Rn. 29 mwN, AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 44 = EzA TVG § 4 Altersteilzeit Nr. 31). Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall. Es fehlt an Feststellungen im Hinblick auf das Bestehen oder Nichtbestehen alternativer Beschäftigungsmöglichkeiten in D; das Landesarbeitsgericht hat auch keine umfassende Abwägung der wechselseitigen Interessen vorgenommen. Dies wird nachzuholen sein.

28

a) Zu berücksichtigen ist, dass die Zweigstelle des Sächsischen Landesjugendamts in D aufgelöst wurde und die dortigen Arbeitsaufgaben nunmehr in C angesiedelt sind. Werden im Zuge einer Verwaltungsreform Arbeitsaufgaben verlagert, besteht regelmäßig ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers, diese Aufgaben am neuen Arbeitsort weiter von dem dafür qualifizierten und eingearbeiteten Personal wahrnehmen zu lassen (vgl. insoweit zum Personalübergang nach Verlagerung der Aufgaben auf einen anderen Träger: BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 182/09 - Rn. 56 f., AP GG Art. 12 Nr. 143). Dies gilt besonders dann, wenn qualifizierte Tätigkeiten verlagert werden. Durch die Versetzung des Personals kann die kontinuierliche und sachgerechte Aufgabenerfüllung sichergestellt werden.

29

b) Gegenüber diesem Interesse des Beklagten an der Versetzung der Klägerin nach C könnte das Interesse der Klägerin an der Beibehaltung ihres Arbeitsplatzes in D zurückzutreten haben.

30

aa) Die Klägerin muss keine elterliche Sorge gegenüber minderjährigen Kindern mehr auszuüben. Dass sie Miteigentümerin eines kreditbelasteten Hauses und der Ehemann beruflich an den Wohnort D gebunden ist, steht einer Versetzung nach C nicht entgegen. Die Klägerin muss bei einem Wechsel des Arbeitsplatzes ihren Wohnort nicht ändern. Dass sie aus finanziellen Gründen zu einem Notverkauf des Hauses gezwungen ist, ist nicht erkennbar.

31

bb) Der geltend gemachte zeitliche Aufwand ist individuell beeinflussbar. Die Klägerin kann öffentliche Verkehrsmittel nutzen oder mit einem eigenen Pkw zum neuen Dienstort fahren, wodurch der Zeitaufwand sich beträchtlich reduziert. Ob der Nutzung eines Pkws gesundheitliche Gründe entgegenstehen, muss ggf. geprüft werden. Möglichen finanziellen Mehrbelastungen der Klägerin wird teilweise dadurch Rechnung getragen, dass sie ihre Arbeitsleistungen zum Teil nach wie vor von ihrem Wohnort aus erbringen kann.

32

cc) Nicht festgestellt ist, ob es zum Zeitpunkt der Versetzung für die Klägerin alternative Beschäftigungsmöglichkeiten in D gab. Der Beklagte war zwar nicht verpflichtet, von sich aus nach alternativen Arbeitsplätzen für die Klägerin in D zu suchen, weil regelmäßig zunächst ein berechtigtes Interesse besteht, besonders qualifizierte Aufgaben weiter von den eingearbeiteten Arbeitskräften wahrnehmen zu lassen. Macht ein Arbeitnehmer allerdings geltend, es gebe konkrete alternative Beschäftigungsmöglichkeiten, ist der Arbeitgeber verpflichtet, diese zu prüfen und im Rahmen der Ausübung des billigen Ermessens ggf. in die Abwägung der wechselseitigen Interessen mit einzubeziehen. Soweit die Klägerin sich allerdings in diesem Zusammenhang bisher auf die Versetzung einer Arbeitnehmerin von C nach D im März 2008 berufen hat, wäre dieser Arbeitsplatz in D nicht in die Abwägung einzubeziehen, wenn er tariflich niedriger bewertet war und die Klägerin dorthin nicht durch Ausübung des Direktionsrechts versetzt werden konnte.

33

III. Abschließende, durch das Verfahren nicht veranlasste Erwägungen des Landesarbeitsgerichts lassen es geboten erscheinen, von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch zu machen und den Rechtsstreit an eine andere Kammer zurückzuverweisen.

        

    Mikosch    

        

    Eylert    

        

    Mestwerdt    

        

        

        

    Simon    

        

    Alex    

                 

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.

(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.

(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 22. März 2012 - 15 Sa 1204/11 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

1

Die Klägerin hat die Unwirksamkeit einer Versetzung und einer vorsorglich ausgesprochenen Änderungskündigung geltend gemacht.

2

Die Beklagte ist ein Luftverkehrsunternehmen mit Sitz in Düsseldorf, das neben Flugkapitänen und Copiloten ca. 100 Flugbegleiter beschäftigt.

3

Die 1969 geborene Klägerin steht als Flugbegleiterin in den Diensten der Beklagten. Sie war zuletzt bei einem monatlichen Bruttogehalt von rund 2.500,00 Euro von Münster/Osnabrück aus tätig.

4

In dem Arbeitsvertrag der Klägerin vom 8. Dezember 1994 heißt es ua.:

        

1.    

Beginn der Tätigkeit

                 

Die Mitarbeiterin wird ab 03.12.1994 im Bereich Flugbetrieb, Beschäftigungsort Münster/Osnabrück, als Flugbegleiterin eingestellt.

        

2.    

Rechte und Pflichten

                 

Die Rechte und Pflichten der Mitarbeiterin ergeben sich aus den einschlägigen Gesetzen, den jeweils gültigen Vergütungsvereinbarungen, den Betriebsvereinbarungen sowie den Dienstvorschriften der Eurowings AG. Durch ihre Unterschrift bestätigt die Mitarbeiterin gleichzeitig den Erhalt der Betriebsvereinbarung.“

5

Die Betriebsvereinbarung Nr. 1 für das Bordpersonal der Eurowings vom 15. September 1993 (im Folgenden: BV Nr. 1) ist seinerzeit von der Arbeitgeberin und einer informell eingerichteten „Bordvertretung“ geschlossen worden. § 3 Abs. 8 der BV Nr. 1 lautet:

        

„Der Mitarbeiter kann unter Berücksichtigung seiner Kenntnisse und Fähigkeiten je nach betrieblichen Erfordernissen an einen anderen dienstlichen Wohnsitz versetzt werden und mit anderen im Rahmen der Geschäftstätigkeit des Flugbetriebes der Eurowings liegenden Aufgaben im In- und Ausland betraut werden. Dies gilt auch bei vorübergehendem oder aushilfsweisem Einsatz in Zusammenhang mit dem Flug- und Verkehrsbetrieb.“

6

Der Manteltarifvertrag Nr. 2 für die Beschäftigten des Kabinenpersonals der Eurowings Luftverkehrs AG vom 15. März 2006 (im Folgenden: MTV Nr. 2), den die Beklagte anwendet, enthält in § 4 Abs. 6 ua. die nachfolgenden Regelungen:

        

„a)     

Der Beschäftigte kann unter Berücksichtigung seiner Kenntnisse und Fähigkeiten, je nach den betrieblichen Erfordernissen, an einen anderen Einsatzort versetzt werden und mit anderen im Rahmen der Geschäftstätigkeit des Flugbetriebes der Eurowings liegenden Aufgaben im In- und Ausland betraut werden. Bei Schwangerschaft ist EW berechtigt, die Beschäftigte für eine Diensttätigkeit am Boden einzusetzen, sofern auch die Zustimmung des örtlich zuständigen Bodenbetriebsrates vorliegt. Hierbei sind die Bestimmungen des Mutterschutzgesetzes zu beachten.

        

b)    

Alle Beschäftigten, die zum 01.04.2004 an einen neuen dienstlichen Einsatzort versetzt worden sind, erhalten auf Antrag die Möglichkeit, auf eigene Kosten zu ihrem ehemaligen dienstlichen Einsatzort oder an eine 4-Base-Station zurückzukehren. Für diese einmalige Rückkehrmöglichkeit gilt eine Ausschlussfrist bis zum 30.06.2006. Der Rückkehrantrag muss innerhalb dieser Ausschlussfrist schriftlich bei der EW-Personalleitung eingegangen sein. EW wird eine Vorlaufzeit zur Umsetzung des Rückkehrantrages von 3 Monaten nach Antragstellung eingeräumt, und zwar zum Monatsersten des nach Ablauf dieses 3-Monatszeitraums folgenden Kalendermonats.

                 

Die Rückkehrmöglichkeit gemäß b) Satz 1 gilt nicht für die Beschäftigten, denen ein unbefristeter Arbeitsvertrag an einem 4-Base-Standort angeboten wurde.“

7

Unter dem 24. Januar 2011 schlossen die Arbeitgeberin und die bei ihr auf der Basis des Tarifvertrags Personalvertretung Nr. 1 vom 19. März/7. April 2008 gebildete Personalvertretung für die Kabinenmitarbeiter (im Folgenden: PV Kabine) einen Interessenausgleich sowie einen Sozialplan. Aus Ziff. 2 des Interessenausgleichs ergibt sich, dass von den dienstlichen Einsatzorten Köln, Dortmund, Münster/Osnabrück, Hannover, München, Nürnberg, Paderborn, Stuttgart und Berlin aus keine Einsätze von Mitarbeitern mehr erfolgen und daher die diesen Einsatzorten zugeordneten Arbeitsplätze gestrichen werden. Nach Ziff. 1 des Interessenausgleichs wird der Einsatz der Mitarbeiter ausschließlich ab Düsseldorf oder Hamburg erfolgen. Die Versetzungen sollen zum 1. Juni bzw. 1. August 2011 durchgeführt werden. In Härtefällen können Arbeitnehmer bis zum 31. März 2014 an ihren bisherigen Einsatzorten bleiben (Ziff. 3 Buchst. e des Interessenausgleichs). Im Sozialplan vom 24. Januar 2011 sind unter bestimmten Voraussetzungen verschiedene Kompensationszahlungen an von Versetzungen betroffene Arbeitnehmer vorgesehen.

8

Am 24. März 2011 übergab die Beklagte der PV Kabine das Unterrichtungsschreiben vom 23. März 2011 und bat um Zustimmung zur beabsichtigten Versetzung der Klägerin von ihrem bisherigen Einsatzort nach Düsseldorf.

9

Mit Schreiben vom 1. April 2011 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie zum 1. Juni 2011 von ihrem bisherigen dienstlichen Einsatzort an den neuen dienstlichen Einsatzort Düsseldorf versetzt werde. Gegen diese arbeitgeberseitige Maßnahme wehrt sich die Klägerin mit ihrer Klage.

10

Unter dem 31. Mai 2011 kündigte die Beklagte „vorsorglich“ das Arbeitsverhältnis zum 30. November 2011 und bot der Klägerin zugleich die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit neuem dienstlichen Einsatzort Düsseldorf an. Die Klägerin nahm das Änderungsangebot unter Vorbehalt an. Auch gegen diese Änderungskündigung wendet sich die Klägerin mit der vorliegenden Klage.

11

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die arbeitgeberseitige Maßnahme vom 1. April 2011 sei unwirksam. Es fehle bereits an einer rechtlichen Versetzungsgrundlage. Der Dienstort sei vertraglich vereinbart und könne nicht einseitig geändert werden. Die Versetzung entspreche zudem nicht billigem Ermessen. Sie sei nicht durch betriebliche Erfordernisse gerechtfertigt und treffe die Klägerin in ihren persönlichen Belangen übermäßig hart. Die Personalvertretung sei nicht ordnungsgemäß über die Versetzung unterrichtet worden. Die Änderungskündigung sei sozialwidrig.

12

Die Klägerin hat beantragt

        

1.    

festzustellen, dass die Versetzung der Beklagten vom 1. April 2011 unwirksam ist,

        

2.    

festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch Änderungskündigung vom 31. Mai 2011 sozial ungerechtfertigt und unwirksam ist.

13

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Ansicht vertreten, die Versetzung sei nicht bereits nach dem Arbeitsvertrag ausgeschlossen. Der Vertrag lege den Arbeitsort nicht fest. Die Versetzung entspreche billigem Ermessen. Ihr liege die durch den Interessenausgleich festgeschriebene unternehmerische Entscheidung zugrunde, in Zukunft die Flugbegleiter nur noch von Düsseldorf und Hamburg aus einzusetzen, wo die Umläufe hauptsächlich begönnen. Ohne Versetzung müssten die nicht in Düsseldorf oder Hamburg stationierten Flugbegleiter - wie bisher schon in erheblichem Umfang - zu den Abflugorten gebracht werden, was unproduktive Kosten verursache. Diese Flugbegleiter stünden dann aufgrund der tarifvertraglichen Regelungen über die Flugdienstzeit nur noch mit geringeren Stundenzahlen zum Einsatz zur Verfügung. Durch die Verlagerung könne deshalb das Arbeitszeitpotenzial der Flugbegleiter besser genutzt werden. Die Versetzung halte einer Interessenabwägung stand, zumal die Klägerin mit anderen betroffenen Flugbegleiterinnen gemeinsam eine Wohnung am neuen Einsatzort anmieten und die sie treffenden Nachteile steuerlich geltend machen könne. Auch sehe der Sozialplan einen gewissen Ausgleich vor. Die vorsorglich ausgesprochene Änderungskündigung sei wirksam, weil die angebotenen Vertragsänderungen aus den Gründen der Versetzung gerechtfertigt seien.

14

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge weiter.

Entscheidungsgründe

15

Die Revision hat keinen Erfolg. Die Vorinstanzen haben im Ergebnis richtig entschieden. Die Klage ist unbegründet.

16

A. Die von der Beklagten ausgesprochene Versetzung ist wirksam. Die Beklagte war nach dem Arbeitsvertrag nicht daran gehindert, der Klägerin in Ausübung des Direktionsrechts einen anderen als den ursprünglichen Arbeitsort zuzuweisen (zu I). Die Versetzung hält auch der erforderlichen Ausübungskontrolle stand (§ 106 GewO). Die vom Landesarbeitsgericht vertretene Auffassung, einer Abwägung der Belange des Arbeitnehmers mit denen des Arbeitgebers bedürfe es bei Vorliegen einer nicht missbräuchlichen Unternehmerentscheidung nicht, ist zwar mit § 106 GewO nicht vereinbar(zu II). Diese unzutreffende rechtliche Bewertung hat sich jedoch auf das Ergebnis nicht ausgewirkt. Denn die vom Landesarbeitsgericht zur Begründung seiner Entscheidung selbständig tragend in Bezug genommenen Entscheidungsgründe des arbeitsgerichtlichen Urteils rechtfertigen die Klageabweisung. Die vom Arbeitsgericht vorgenommene Abwägung der beiderseitigen Interessen ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden (zu III). Die Zustimmung der Personalvertretung gilt nach § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG als erteilt(zu IV). Die Änderungsschutzklage hat keinen Erfolg (zu V).

17

I. Das vertragliche Weisungsrecht der Beklagten umfasst die Befugnis, der Klägerin nach Maßgabe des § 106 GewO einen anderen Einsatzort als den bisherigen zuzuweisen(vgl. für einen gleich gelagerten Fall: BAG 26. September 2012 - 10 AZR 311/11 -).

18

1. Bei der Prüfung der Wirksamkeit einer Versetzung, die auf Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen gemäß § 305 ff. BGB beruht, ist zunächst durch Auslegung der Inhalt der vertraglichen Regelungen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu ermitteln (im Einzelnen: BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 17 ff., BAGE 135, 239). Festzustellen ist, ob ein bestimmter Tätigkeitsinhalt und Tätigkeitsort vertraglich festgelegt sind und welchen Inhalt ein gegebenenfalls vereinbarter Versetzungsvorbehalt hat (BAG 26. September 2012 - 10 AZR 311/11 - Rn. 16; 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 12).

19

a) Die Bestimmung eines Orts der Arbeitsleistung in Kombination mit einer im Arbeitsvertrag durch Versetzungsvorbehalt geregelten Einsatzmöglichkeit im gesamten Unternehmen verhindert regelmäßig die vertragliche Beschränkung auf den im Vertrag genannten Ort der Arbeitsleistung (BAG 26. September 2012 - 10 AZR 311/11 - Rn. 18; 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 15; 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 27). Es macht keinen Unterschied, ob im Arbeitsvertrag auf eine Festlegung des Orts der Arbeitsleistung verzichtet und diese dem Arbeitgeber im Rahmen von § 106 GewO vorbehalten bleibt oder ob der Ort der Arbeitsleistung bestimmt, aber die Möglichkeit der Zuweisung eines anderen Orts vereinbart wird. In diesem Fall wird lediglich klargestellt, dass § 106 Satz 1 GewO gelten und eine Versetzungsbefugnis an andere Arbeitsorte bestehen soll.

20

b) Fehlt es an einer Festlegung des Inhalts oder des Orts der Leistungspflicht im Arbeitsvertrag, ergibt sich der Umfang der Weisungsrechte des Arbeitgebers aus § 106 GewO. Auf die Zulässigkeit eines darüber hinaus vereinbarten Versetzungsvorbehalts kommt es dann nicht an. Weist der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen anderen Arbeitsort zu, so unterliegt dies der Ausübungskontrolle gemäß § 106 Satz 1 GewO, § 315 Abs. 3 BGB(BAG 26. September 2012 - 10 AZR 311/11 - Rn. 19).

21

2. Die Auslegung des Arbeitsvertrags der Klägerin ergibt, dass ihr Einsatzort nicht vertraglich festgelegt ist.

22

a) Das Landesarbeitsgericht ist davon ausgegangen, dass es sich bei dem Arbeitsvertrag der Parteien um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt, auf die die Vorschriften des § 305 ff. BGB zur Anwendung kommen. Die Parteien sind dieser angesichts des Erscheinungsbildes des Arbeitsvertrags sich aufdrängenden Annahme nicht entgegengetreten. Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen durch das Berufungsgericht unterliegt der vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung (BAG 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 15, BAGE 124, 259).

23

b) Der Arbeitsvertrag enthält keine das Direktionsrecht beschränkende Festlegung des Arbeitsorts.

24

aa) Unter Ziff. 1 des Arbeitsvertrags ist vorgesehen, dass die Klägerin am Beschäftigungsort Münster/Osnabrück „eingestellt“ wird. Darin liegt keine vertragliche Beschränkung des Direktionsrechts auf Münster/Osnabrück als Arbeitsort. Die betreffende Passage des Vertrags ist mit „Beginn der Tätigkeit“ überschrieben und legt lediglich fest, wo die Arbeitnehmerin bei Vertragsbeginn ihre Arbeit aufnehmen soll. Die Regelung bestimmt nicht den Inhalt der geschuldeten Arbeitsleistung, sondern den Ort ihrer erstmaligen Ausübung. Die Regelung in § 3 Abs. 8 BV Nr. 1, nach der der Mitarbeiter unter Berücksichtigung seiner Kenntnisse und Fähigkeiten an einen anderen dienstlichen Wohnsitz versetzt werden kann, beschreibt den Umfang des Weisungsrechts, der ausdrücklich auch die Arbeitsleistung an anderen Orten einschließt.

25

(1) Die BV Nr. 1 ist unstreitig keine Betriebsvereinbarung iSd. Betriebsverfassungsgesetzes. Sie gilt demnach nicht aufgrund von § 77 Abs. 4 BetrVG.

26

(2) Bei der BV Nr. 1 handelt es sich um vom Arbeitgeber ohne kollektivrechtliche Grundlage mit Vertretern der Belegschaft verabredete Allgemeine Arbeitsbedingungen. Sie gelten nur dann, wenn die Parteien des Arbeitsvertrags ihre Geltung wirksam vereinbart haben.

27

(3) Letzteres ist hier der Fall. Im Arbeitsvertrag ist die Geltung der „Betriebsvereinbarung“ ausdrücklich vorgesehen. Gemeint war die BV Nr. 1. Ein Exemplar wurde der Klägerin bei Vertragsschluss ausgehändigt.

28

(4) Die damit gegebene Bezugnahme auf die Allgemeinen Arbeitsbedingungen (BV Nr. 1) als solche ist nicht nach § 305 ff. BGB zu beanstanden. Soweit allerdings auf die „jeweilige“ Fassung der Betriebsvereinbarung Bezug genommen wird, dürfte dies nach § 308 Nr. 4 BGB unwirksam sein(vgl. BAG 11. Februar 2009 - 10 AZR 222/08 - Rn. 23 ff.; vgl. auch Preis NZA 2010, 361). Hierauf kommt es aber nicht an, da es allein um die bei Vertragsschluss ausgehändigte Fassung geht.

29

(5) Die in Bezug genommene Klausel ist hinreichend eindeutig, transparent und angemessen. Sie knüpft die Ausübung des Weisungsrechts in Bezug auf den Arbeitsort an betriebliche Erfordernisse und enthält damit jedenfalls nicht weniger strenge Voraussetzungen als das Gesetz.

30

bb) Zusätzlich ist die Versetzungsbefugnis durch § 4 Abs. 6 Buchst. a MTV Nr. 2, der für die Parteien kraft Verbandszugehörigkeit gilt und ebenfalls eine Versetzungsmöglichkeit bei betrieblichen Erfordernissen vorsieht, gegeben. Der Wortlaut der Regelung ist nahezu identisch mit § 3 Abs. 8 BV Nr. 1.

31

c) Etwas anderes ergibt sich nicht aus den im Bereich der Luftfahrt geltenden Regelungen über Flug-, Dienst- und Ruhezeiten. Nach § 20 ArbZG iVm. § 5 Abs. 1 der Zweiten Durchführungsverordnung zur Betriebsordnung für Luftfahrtgerät(2. DV LuftBO) bzw. nach Art. 1 iVm. Ziff. 3.1 des Anhangs III Abschn. Q OPS 1.1090 der Verordnung (EG) Nr. 859/2008 vom 20. August 2008 (ABl. EU L 254 vom 20. September 2008 S. 1, 223) ist die Beklagte verpflichtet, für jedes Besatzungsmitglied eine Heimatbasis anzugeben. Aus diesen Vorschriften ergibt sich aber nicht die Verpflichtung, die Heimatbasis arbeitsvertraglich so festzuschreiben, dass eine Änderung nur im Wege einer Änderungskündigung erfolgen könnte. Vielmehr schließen auch diese Vorschriften nicht aus, dass der Arbeitgeber im Rahmen der vertraglichen Regelungen im Wege des Direktionsrechts die Heimatbasis verändert und gegenüber dem Besatzungsmitglied neu benennt.

32

d) Die Arbeitspflicht der Klägerin hat sich nicht dadurch auf den bisherigen Einsatzort räumlich konkretisiert, dass die Klägerin seit Vertragsbeginn im Wesentlichen von dort aus tätig gewesen ist. Eine den Arbeitsvertrag abändernde Vereinbarung haben die Parteien nicht - insbesondere auch nicht stillschweigend - getroffen.

33

aa) Es ist nicht grundsätzlich ausgeschlossen, dass Arbeitspflichten sich, ohne dass darüber ausdrückliche Erklärungen ausgetauscht werden, nach längerer Zeit auf bestimmte Arbeitsbedingungen konkretisieren (vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - Rn. 19 mwN). Die Nichtausübung des Direktionsrechts über einen längeren Zeitraum schafft aber regelmäßig keinen Vertrauenstatbestand dahin gehend, dass der Arbeitgeber von diesem vertraglich und/oder gesetzlich eingeräumten Recht in Zukunft keinen Gebrauch mehr machen will. Die Nichtausübung des Direktionsrechts hat keinen Erklärungswert. Nur beim Hinzutreten besonderer Umstände, aufgrund derer der Arbeitnehmer darauf vertrauen darf, dass er nicht in anderer Weise eingesetzt werden soll, kann es durch konkludentes Verhalten zu einer vertraglichen Beschränkung der Ausübung des Direktionsrechts kommen (vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - aaO).

34

bb) Derartige besondere Umstände hat die Klägerin nicht vorgetragen. Sie sind auch ansonsten nicht ersichtlich. Allein die lange Verweildauer am bisherigen Einsatzort lässt keinen Rückschluss darauf zu, die Parteien hätten - in Abänderung ihres Vertrags - nunmehr den bisherigen Ort zum vertraglich vereinbarten Arbeitsort bestimmt. Zu Recht weist das Landesarbeitsgericht darauf hin, dass sich Gegenteiliges nicht aus § 4 Abs. 6 MTV Nr. 2 ergibt. Das Rückkehrrecht nach dessen Buchst. b sagt nichts darüber aus, ob die vorangegangene Bestimmung des Einsatzorts auf einer Vertragsänderung oder der Ausübung des Weisungsrechts beruhte.

35

e) Die Auffassung der Revision, es handele sich bei der Maßnahme der Beklagten deshalb um eine nur durch Änderungskündigung durchsetzbare Vertragsänderung, weil die Versetzung mit einem beträchtlichen Eingriff in das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung sowie in weitere maßgebliche Interessen der Klägerin verbunden sei, greift nicht durch.

36

aa) Mit der Versetzung greift die Beklagte nicht in das vom Vertrag festgelegte Verhältnis von Leistung und Gegenleistung ein. Die Dauer der Arbeitszeit hat sich ebenso wenig geändert wie die Höhe der für die Arbeit zu leistenden Vergütung. Geändert hat sich zu einem gewissen Teil die von der Klägerin während der Arbeitszeit zu erbringende Tätigkeit. Sie besteht im Wesentlichen nur noch aus der an Bord verbrachten Zeit. Einen Anspruch, die Arbeitszeit nicht mit der Arbeit an Bord zu verbringen, hat die Klägerin nicht. Sie muss jetzt erheblich höhere Reisekosten für die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsort tragen. Dies erhöht die mit der Berufsausübung verbundenen Belastungen, verringert jedoch nicht die vertraglich vereinbarte Arbeitsvergütung.

37

bb) Auch die weiteren Beeinträchtigungen des persönlichen Lebens der Klägerin führen nicht dazu, dass die Ausübung des Weisungsrechts allein um deswillen die rechtliche Qualität einer Vertragsänderung aufwiese. Diese Umstände sind vielmehr, ebenso wie die Erhöhung der finanziellen Belastungen, bei der Ausübungskontrolle im Rahmen der Prüfung, ob die Beklagte bei der Versetzung billiges Ermessen gewahrt hat, zu berücksichtigen.

38

II. Die Auffassung des Landesarbeitsgerichts, es habe bei der hier gegebenen Sachlage einer umfassenden Ausübungskontrolle nach § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB in Bezug auf die Versetzung nicht bedurft, ist unzutreffend. Sie steht mit dem Gesetz nicht im Einklang.

39

1. Dem Inhaber des Bestimmungsrechts nach § 106 GewO, § 315 Abs. 1 BGB verbleibt auch im Falle der Versetzung für die rechtsgestaltende Leistungsbestimmung ein - hier freilich auf betriebliche Gründe beschränkter - nach billigem Ermessen auszufüllender Spielraum. Innerhalb des Spielraums können dem Bestimmungsberechtigten mehrere Entscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Dem Gericht obliegt nach § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB die Prüfung, ob der Arbeitgeber als Gläubiger die Grenzen seines Bestimmungsrechts beachtet hat(vgl. BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 - Rn. 28; BGH 18. Oktober 2007 - III ZR 277/06 - Rn. 20, BGHZ 174, 48).

40

2. Die Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen (§ 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB) verlangt eine Abwägung der wechselseitigen Interessen nach verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Wertentscheidungen, den allgemeinen Wertungsgrundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit. In die Abwägung sind alle Umstände des Einzelfalls einzubeziehen. Hierzu gehören die Vorteile aus einer Regelung, die Risikoverteilung zwischen den Vertragsparteien, die beiderseitigen Bedürfnisse, außervertragliche Vor- und Nachteile, Vermögens- und Einkommensverhältnisse sowie soziale Lebensverhältnisse wie familiäre Pflichten und Unterhaltsverpflichtungen (BAG 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 40; 21. Juli 2009 - 9 AZR 404/08 - Rn. 22; bereits auch: 28. November 1989 - 3 AZR 118/88 - zu II 1 a der Gründe, BAGE 63, 267).

41

a) Beruht die Weisung auf einer unternehmerischen Entscheidung, so kommt dieser besonderes Gewicht zu. Eine unternehmerische Entscheidung führt aber nicht dazu, dass die Abwägung mit Interessen des Arbeitnehmers von vornherein ausgeschlossen wäre und sich die Belange des Arbeitnehmers nur in dem vom Arbeitgeber durch die unternehmerische Entscheidung gesetzten Rahmen durchsetzen könnten. Das unternehmerische Konzept ist zwar nicht auf seine Zweckmäßigkeit hin zu überprüfen. Die Arbeitsgerichte können vom Arbeitgeber nicht verlangen, von ihm nicht gewollte Organisationsentscheidungen zu treffen. Wohl aber kann die Abwägung mit den Belangen des Arbeitnehmers ergeben, dass ein Konzept auch unter Verzicht auf die Versetzung durchsetzbar war.

42

b) Die gegenteilige Auffassung des Landesarbeitsgerichts findet im Gesetz keine Stütze; § 106 GewO verlangt eine umfassende und offene Abwägung aller in Betracht kommenden Belange(BAG 17. August 2011- 10 AZR 202/10 - Rn. 28 ff.). Die unternehmerische Entscheidung ist dabei ein wichtiger, aber nicht der alleinige, sondern regelmäßig nur einer unter mehreren Abwägungsgesichtspunkten. Im Einzelfall können besonders schwerwiegende, zB auch verfassungsrechtlich geschützte Interessen des Arbeitnehmers entgegenstehen (vgl. BeckOK ArbR/Tillmanns Stand 1. März 2013 GewO § 106 Rn. 52 mit zahlreichen Nachweisen). Es kommt darauf an, ob das Interesse des Arbeitgebers an der Durchsetzung seiner Organisationsentscheidung auch im Einzelfall die Weisung rechtfertigt (BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 - Rn. 31). Das ist der Fall, wenn die zugrunde liegende unternehmerische Entscheidung die Versetzung auch angesichts der für den Arbeitnehmer entstehenden Nachteile nahelegt und sie nicht willkürlich oder missbräuchlich erscheinen lässt (BAG 26. September 2012 - 10 AZR 412/11 - Rn. 37).

43

3. Eine soziale Auswahl wie im Fall des § 1 Abs. 3 KSchG findet nicht statt. Soweit es auf die Zumutbarkeit des neu zugewiesenen Arbeitsorts ankommt, kann aus den sozialrechtlichen Regeln über die Zumutbarkeit einer Beschäftigung kein belastbarer Maßstab für die arbeitsrechtliche Beurteilung des Ermessensgebrauchs nach § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB bei einer Versetzung abgeleitet werden(vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - Rn. 22, 25).

44

III. Die Anwendung dieser Maßstäbe auf den Streitfall ergibt, dass die Versetzung der Klägerin billigem Ermessen entspricht. Die Auffassung des Landesarbeitsgerichts, eine einzelfallbezogene Interessenabwägung habe in Fällen der vorliegenden Art nicht stattzufinden, steht zwar, wie ausgeführt, nicht mit dem Gesetz im Einklang. Jedoch ist die vom Landesarbeitsgericht als selbständig tragende Entscheidungsbegründung in Bezug genommene Würdigung des Arbeitsgerichts, die Beklagte habe bei der Ausübung ihres Weisungsrechts billiges Ermessen (§ 106 GewO, § 315 BGB) gewahrt, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

45

1. Zutreffend ist die Würdigung, dass auf Seiten der Beklagten die unternehmerische Entscheidung zur Neuordnung der Stationierung der Flugbegleiter zu berücksichtigen ist. Die Zweckmäßigkeit dieser Neuordnung war auch keiner Kontrolle zu unterziehen. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, die Neuordnung sei etwa nur vorgeschoben, um lästig gewordene Vertragspflichten abzuschütteln. Anzeichen für Missbräuchlichkeit der Reorganisation als solcher sind nicht erkennbar. Angesichts des Umstands, dass die Beklagte seit dem Juni 2010 ihre Flugumläufe nahezu ausschließlich von Düsseldorf und Hamburg beginnen ließ, ist die Entscheidung, dort auch die Flugbegleiter zu stationieren, naheliegend. Auch die von der Beklagten vorgelegten Aufstellungen über die Auslastung des Personals mit Flugarbeitszeit zeigen, dass die getroffenen Entscheidungen einleuchtend sind. Das gilt selbst dann, wenn die Beklagte nicht aus jeder einzelnen Versetzung finanziellen Nutzen zieht. Einer durch viele Einzelmaßnahmen umgesetzten Neuordnung kann die Plausibilität nicht mit der Begründung abgesprochen werden, einer oder mehrere Teilakte seien für sich genommen nicht gewinnbringend. Für die Beurteilung der unternehmerischen Entscheidung ist vielmehr ihr Gesamtkonzept maßgeblich. Die Entscheidung ist ersichtlich nicht etwa nur für einen kurzen Zeitraum oder unter dem Vorbehalt alsbaldiger Änderung getroffen worden. Vielmehr zeugen die umfangreichen Reorganisationen der Beklagten von dem anhaltend, ernsthaft und nachdrücklich verfolgten Bestreben, ihre Tätigkeit auf die beiden Orte Hamburg und Düsseldorf zu konzentrieren. Auch der Abschluss von Interessenausgleich und Sozialplan sowie insbesondere die Zusage, bis zum Jahr 2015 keine betriebsbedingten Kündigungen auszusprechen, zeigen, dass die Entscheidung der Beklagten auf langfristigen Überlegungen und Berechnungen beruht.

46

2. Das Interesse der Klägerin an der Beibehaltung ihres bisherigen Einsatzorts muss demgegenüber zurücktreten. Unzumutbare persönliche, familiäre oder sonstige außervertraglich entstandene Belastungen hat die Klägerin nicht vorgetragen. Von Bedeutung ist dabei, dass der Tätigkeit einer Flugbegleiterin eine gewisse Volatilität stets innewohnt und die Erwartung der sozialen und sonstigen Vorteile eines ortsfesten Arbeitseinsatzes zu dauerhaft unveränderten Zeiten vom Vertragszweck von vornherein nicht gedeckt sein kann. Die Versetzung unterstreicht diese Besonderheiten, verursacht sie aber nicht. Die zweifellos auftretenden Unbequemlichkeiten und zusätzlich entstehenden Kosten muss die Klägerin hinnehmen, wie das Arbeitsgericht nachvollziehbar angenommen hat. Sie gehen im Grundsatz nicht über das hinaus, was Arbeitnehmern regelmäßig zugemutet wird, nämlich die Belastungen des Wegs zur und von der Arbeit zu tragen. Aufgrund des abgeschlossenen Sozialplans gewährt die Beklagte einen nicht unbeachtlichen finanziellen Ausgleich. Insbesondere hatte die Klägerin auch die Möglichkeit, den Misslichkeiten einer längeren Anfahrt zum Arbeitsort durch einen Umzug auszuweichen.

47

IV. Die Versetzung ist nicht nach § 117 Abs. 2, § 99 BetrVG unwirksam. Die Beklagte hat die PV Kabine mit Schreiben vom 23. März 2011 unterrichtet. Inwiefern die Unterrichtung nicht ausreichend gewesen sein soll, ist nicht erkennbar. Der angegebene Versetzungsgrund war die Reduzierung der Einsatzorte auf zwei. Damit war nicht ausgeschlossen, dass übergangsweise noch einzelne Umläufe von anderen Einsatzorten aus stattfanden. Insbesondere sieht die im Interessenausgleich vorgesehene Härtefallregelung eine zeitliche Übergangsphase für die Versetzungen ausdrücklich vor. All dies ändert nichts an der für die Versetzung maßgeblichen Grundentscheidung. Dass die Beklagte ihr bekannte und wesentliche Umstände gegenüber der PV Kabine verschwiegen hätte, ist nicht ersichtlich. Die Personalvertretung hat auch keine Nachfragen angebracht. Nach § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG gilt ihre Zustimmung als erteilt.

48

V. Die erhobene Änderungsschutzklage ist unbegründet. Hat der Arbeitnehmer - wie hier - das Änderungsangebot des Arbeitgebers unter Vorbehalt angenommen und Änderungsschutzklage nach § 4 Satz 2 KSchG erhoben, streiten die Parteien nicht über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses und damit nicht über die Rechtswirksamkeit der ausgesprochenen Kündigung, sondern nur über die Berechtigung des Angebots auf Änderung der Arbeitsbedingungen. Streitgegenstand der Änderungsschutzklage ist allein der Inhalt der für das Arbeitsverhältnis geltenden Vertragsbedingungen (BAG 19. Juli 2012 - 2 AZR 25/11 - Rn. 20; 26. Januar 2012 - 2 AZR 102/11 - Rn. 13, BAGE 140, 328; 26. August 2008 - 1 AZR 353/07 - Rn. 17). Vom Arbeitgeber erstrebte Änderungen, die sich schon durch die Ausübung des Weisungsrechts gemäß § 106 Satz 1 GewO durchsetzen lassen, halten sich im Rahmen der vertraglichen Vereinbarungen und sind keine „Änderung der Arbeitsbedingungen“ iSv. § 2 Satz 1, § 4 Satz 2 KSchG. Soll der bestehende Vertragsinhalt nicht geändert werden, liegt in Wirklichkeit kein Änderungsangebot vor; die vermeintlich erst herbeizuführenden Vertragsbedingungen gelten bereits. Die Änderungskündigung ist „überflüssig“. Eine Änderungsschutzklage ist dann unbegründet (BAG 19. Juli 2012 - 2 AZR 25/11 - Rn. 21; 26. Januar 2012 - 2 AZR 102/11 - Rn. 14, aaO).

49

B. Die Kosten des Revisionsverfahrens fallen der Klägerin nach § 97 Abs. 1 ZPO zur Last.

        

    Mikosch    

        

    Mestwerdt    

        

    Schmitz-Scholemann    

        

        

        

    Schürmann    

        

    R. Bicknase    

                 

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 1. März 2011 - 1 Sa 571/10 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Versetzung und einer hilfsweise ausgesprochenen Änderungskündigung.

2

Die 1972 geborene, ledige Klägerin ist seit dem 25. Oktober 1999 als Flugbegleiterin tätig, zuletzt mit einer Bruttomonatsvergütung von 2.020,00 Euro.

3

In einem Schreiben vom 1. April 2000 heißt es auszugsweise:

        

Stationierung

        

Sehr geehrte Frau S,

        

wir freuen uns, Ihnen mit Wirkung zum 01.04.2000 eine Stationierung in Hannover anbieten zu können.

        

Die übrigen Bedingungen Ihres Arbeitsvertrages behalten weiterhin Gültigkeit.

        

Wir weisen bei dieser Gelegenheit ausdrücklich darauf hin, dass diese Versetzung auf eigenen Wunsch erfolgt und somit keine Umzugskosten erstattet werden können.

                 
        

Bitte senden Sie die beiliegende Kopie als Zeichen Ihres Einverständnisses bis zum 24.03.2000 unterschrieben an uns zurück.“

4

Im Arbeitsvertrag vom 26. November 2001 heißt es auszugsweise:

        

„1.     

Beginn, Art und Ort der Beschäftigung

                 

Der Mitarbeiter wird ab 01.12.2001 als Flugbegleiter/in im Teilzeitmodell 3 Y mit einer verkürzten Arbeitszeit in HAJ beschäftigt.

                 

Danach beträgt die jährliche reduzierte Arbeitszeit 75 % der Arbeitszeit eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Mitarbeiters.

                 

…       

                 

C ist berechtigt, aus betrieblichen Gründen mit einer Vorlauffrist von einem Monat zum monatlichen Planungsbeginn, Änderungen des vertraglich vereinbarten Teilzeitmodells vorzunehmen.

                 

Der Mitarbeiter und C können jederzeit einvernehmliche Änderungen vereinbaren.

                          
                 

…       

                 

C kann den Mitarbeiter vorübergehend oder auf Dauer auf einem anderen Flugzeugmuster, einem anderen Ort sowie befristet auch bei einem anderen Unternehmen einsetzen.

                          
        

2.    

Rechte und Pflichten

                 

Die gegenseitigen Rechte und Pflichten ergeben sich aus dem Gesetz, den Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen der C  in ihrer jeweils geltenden Fassung sowie aus den Dienstvorschriften der C und den Bestimmungen dieses Vertrages.“

5

Aus organisatorischen Gründen beginnt und endet der Einsatz der Crews bei der Beklagten nicht durchweg an ihrem Stationierungsort. In den Fällen, in denen der Einsatz von anderen Flughäfen aus erfolgt und auch dort endet, hat die Beklagte nach den anwendbaren tarifvertraglichen Regelungen die erforderlichen Transporte zu gewährleisten und die Transportzeiten als Arbeitszeit zu bezahlen (Dead-Head-Kosten).

6

Nach Maßgabe einer Geschäftsführungsvorlage vom 26. September 2008 entschied sich die Beklagte zur Stationsschließung in Hannover zum 31. Dezember 2009. Am Standort Hannover beschäftigte die Beklagte zuletzt ca. 40 Arbeitnehmer. Flugzeuge sind in Hannover nicht mehr stationiert und es beginnen dort keine Flüge mehr mit einer von Hannover aus eingesetzten Crew. Die vorher bestehenden Postfächer und ein Raum für die Mitarbeiter/innen wurden abgeschafft.

7

Nachdem die Beklagte ihr Flugprogramm ab Hannover seit Mai 2008 zumindest erheblich reduziert hatte, schloss sie am 7. Juli 2009 mit der nach § 117 Abs. 2 BetrVG eingerichteten Personalvertretung eine „Vereinbarung über die Beendigung der Stationierung von Cockpit - Kabinenpersonal in Hannover“. Die Präambel lautet:

        

„C beabsichtigt, am Ende des Kalenderjahres 2009 den Stationierungsort Hannover für das fliegende Personal aufzugeben. Hierdurch fallen an diesem Stationierungsort insgesamt 43 Arbeitsplätze für das fliegende Personal (5 Flugkapitäne, 1 Copilot, 10 Purser, 27 Flugbegleiter) mit einem Vollzeitäquivalent von 33,9 Stellen weg. Dies ist im Hinblick auf die dauerhafte Streichung von regelmäßigen An- und Abflügen ex Hannover unumgänglich.“

8

Ein Teil der betroffenen Mitarbeiter/innen bewarb sich auf freie Arbeitsplätze in Frankfurt am Main und Hamburg. Des Weiteren bot die Beklagte die Möglichkeit eines Einsatzes von Hannover aus im Wege der Abordnung zur Tochtergesellschaft C B (CiB) an, der allerdings mit schlechteren tariflichen Bedingungen verbunden war. Einzelheiten regelte ein von der Beklagten mit der Personalvertretung abgeschlossener „Teilinteressenausgleich Kabine über die Beendigung der Stationierung von Cockpit- und Kabinenpersonal am Flughafen Hannover“ vom 13. März 2009. Die Klägerin war nur bereit, zu unveränderten Arbeitsbedingungen bei der CiB tätig zu werden.

9

Nach Beteiligung der Personalvertretung, die sich nicht äußerte, versetzte die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 17. September 2009 mit Wirkung zum 1. Januar 2010 unter Beibehaltung ihrer bisherigen Funktion als Flugbegleiterin von Hannover nach Frankfurt am Main. Hilfsweise kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis betriebsbedingt zum nächstmöglichen Termin unter gleichzeitigem Angebot der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ab dem 1. April 2010 mit der Maßgabe, dass Stationierungsort nunmehr Frankfurt am Main sein solle. Dieses Angebot nahm die Klägerin unter Vorbehalt an.

10

Die Klägerin hat die Versetzung für unwirksam gehalten. Als Arbeitsort sei vertraglich Hannover vereinbart. Das Weisungsrecht der Beklagten umfasse nicht die Befugnis, den Arbeitsort einseitig zu ändern. Die Vertragsklausel, auf die sich die Beklagte stütze, sei unwirksam. Sie verstoße gegen § 307 BGB. Die Änderungskündigung sei sozial ungerechtfertigt. Auch bei vollständiger Schließung des Stationierungsorts Hannover könne die Klägerin von dort aus eingesetzt werden, gegebenenfalls bei der Tochtergesellschaft CiB.

11

Die Klägerin hat beantragt

        

1.    

festzustellen, dass die Änderungen der Arbeitsbedingungen im Zusammenhang mit der ordentlichen Änderungskündigung der Beklagten gemäß dem Schreiben vom 17. September 2009 sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam sind,

        

2.    

festzustellen, dass der Inhalt des Arbeitsverhältnisses der Parteien durch die Änderungskündigung der Beklagten vom 17. September 2009 nicht geändert wird,

        

3.    

die Beklagte zu verurteilen, sie zu unveränderten Bedingungen des Arbeitsvertrags vom 26. November 2001 als Flugbegleiterin in Vollzeit vom Stationierungsort Hannover zu beschäftigen.

12

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Als „Arbeitsort“ sei für die Klägerin vertraglich nicht Hannover festgelegt, die im Jahr 2000 erfolgte Zuordnung der Klägerin zum Flughafen Hannover habe das Direktionsrecht der Beklagten nicht eingeschränkt. Die Stationierung fliegenden Personals in Hannover sei unwirtschaftlich geworden. Während die in Hannover stationierten Mitarbeiter bis Anfang 2008 weit überwiegend auch von Hannover aus eingesetzt wurden, seien im Jahr 2009 90 % der Einsätze nach vorheriger Dead-Head-Anreise erfolgt. Hierdurch seien monatliche Mehrkosten in Höhe von 96.950,00 Euro wegen zusätzlicher Dead-Head-Transporte, Übernachtungskosten und Bezahlung zusätzlicher Einsatztage entstanden.

13

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Klage insgesamt abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.

Entscheidungsgründe

14

Die zulässige Revision ist unbegründet. Die mit Schreiben vom 17. September 2009 erfolgte Versetzung von Hannover nach Frankfurt am Main ist wirksam. Dies hat auch die Unbegründetheit der gegen die vorsorglich ausgesprochene Änderungskündigung erhobenen Klage zur Folge.

15

I. Das vertragliche Weisungsrecht der Beklagten umfasst die Befugnis, der Klägerin nach Maßgabe des § 106 GewO einen anderen Einsatzort als den bisherigen zuzuweisen(vgl. BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 -).

16

1. Bei der Prüfung der Wirksamkeit einer Versetzung, die auf Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen gemäß § 305 ff. BGB beruht, ist zunächst durch Auslegung der Inhalt der vertraglichen Regelungen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu ermitteln (im Einzelnen: BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 17 ff., BAGE 135, 239). Festzustellen ist, ob ein bestimmter Tätigkeitsinhalt und Tätigkeitsort vertraglich festgelegt sind und welchen Inhalt ein gegebenenfalls vereinbarter Versetzungsvorbehalt hat (BAG 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 12, AP BGB § 307 Nr. 50 = EzA GewO § 106 Nr. 7).

17

a) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind dabei nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der konkreten Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist der Wortlaut eines Formularvertrags nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus der Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss (zB BAG 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - Rn. 14, AP BGB § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 40). Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten (BAG 9. Juni 2010 - 5 AZR 332/09 - Rn. 36, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 121 = EzA BGB 2002 § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 18).

18

b) Bei der Auslegung der vertraglichen Bestimmungen ist zu beachten, dass die Bestimmung eines Orts der Arbeitsleistung in Kombination mit einer im Arbeitsvertrag durch Versetzungsvorbehalt geregelten Einsatzmöglichkeit im gesamten Unternehmen regelmäßig die vertragliche Beschränkung auf den im Vertrag genannten Ort der Arbeitsleistung verhindert (BAG 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 15, AP BGB § 307 Nr. 50 = EzA GewO § 106 Nr. 7; 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 27, AP BGB § 307 Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 47; Preis/Genenger NZA 2008, 969, 970). Es macht keinen Unterschied, ob im Arbeitsvertrag auf eine Festlegung des Orts der Arbeitsleistung verzichtet und diese dem Arbeitgeber im Rahmen von § 106 GewO vorbehalten bleibt oder ob der Ort der Arbeitsleistung bestimmt, aber die Möglichkeit der Zuweisung eines anderen Orts vereinbart wird. In diesem Fall wird lediglich klargestellt, dass § 106 Satz 1 GewO gelten und eine Versetzungsbefugnis an andere Arbeitsorte bestehen soll.

19

c) Fehlt es an einer Festlegung des Inhalts oder des Orts der Leistungspflicht im Arbeitsvertrag, ergibt sich der Umfang der Weisungsrechte des Arbeitgebers aus § 106 GewO. Auf die Zulässigkeit eines darüber hinaus vereinbarten Versetzungsvorbehalts kommt es dann nicht an. Weist der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen anderen Arbeitsort zu, so unterliegt dies der Ausübungskontrolle gemäß § 106 Satz 1 GewO, § 315 Abs. 3 BGB.

20

2. Die Auslegung des Arbeitsvertrags der Klägerin ergibt, dass ihr Einsatzort nicht vertraglich festgelegt ist.

21

a) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts haben die Parteien einen Formularvertrag geschlossen, auf den die Vorschriften über Allgemeine Geschäftsbedingungen nach § 305 ff. BGB zur Anwendung kommen. Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen durch das Berufungsgericht unterliegt der vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung (BAG 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 15, BAGE 124, 259).

22

b) Der schriftliche Arbeitsvertrag vom 26. November 2001 enthält keine Festlegung des Arbeitsorts. Es heißt dort, die Klägerin werde in HAJ (= Hannover) beschäftigt, der Arbeitgeber könne die Klägerin auch „vorübergehend oder auf Dauer … [an] einem anderen Ort … einsetzen“. Damit ist hinreichend klargestellt, dass die Bestimmung des Einsatzorts im Vertrag lediglich die damalige Ausübung des Weisungsrechts in Bezug auf den Arbeitsort darstellt. Daran konnte für die Beteiligten kein Zweifel bestehen. Auch unter Berücksichtigung der Mitteilung der Beklagten vom 1. April 2000 ergibt sich keine vertragliche Festlegung des Arbeitsorts; abgesehen davon wurde der Vertrag vom 26. November 2001 zeitlich nach dieser Mitteilung geschlossen. Nach dem Schreiben vom 1. April 2000 wurde der Stationierungsort auf Wunsch der Klägerin nach Hannover verlegt. Diese im Schreiben selbst als „Versetzung“ bezeichnete Maßnahme hielt sich im Rahmen der durch den Arbeitsvertrag beschriebenen Grenzen des Weisungsrechts. Die Vertragsbedingungen sollten - abgesehen von der Versetzung - ausdrücklich unverändert bleiben. Entgegen der Auffassung der Revision bleibt hier auch kein Raum für die Anwendung der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB; erhebliche Zweifel an der Richtigkeit des gefundenen Auslegungsergebnisses bestehen nicht (vgl. dazu BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 20, BAGE 135, 239).

23

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den im Bereich der Luftfahrt geltenden Regelungen über Flug-, Dienst- und Ruhezeiten. Nach § 20 ArbZG iVm. § 5 Abs. 1 der Zweiten Durchführungsverordnung zur Betriebsordnung für Luftfahrtgerät(2. DV LuftBO) bzw. nach Art. 1 iVm. Ziff. 3.1 des Anhangs III Abschn. Q OPS 1.1090 der Verordnung (EG) Nr. 859/2008 vom 20. August 2008 (ABl. EU L 254 vom 20. September 2008 S. 1, 223) ist die Beklagte verpflichtet, für jedes Besatzungsmitglied eine Heimatbasis anzugeben. Aus diesen Vorschriften ergibt sich aber nicht die Verpflichtung, die Heimatbasis arbeitsvertraglich so festzuschreiben, dass eine Änderung nur im Wege einer Änderungskündigung erfolgen könnte. Vielmehr schließen auch diese Vorschriften nicht aus, dass der Arbeitgeber im Rahmen der vertraglichen Regelungen im Wege des Direktionsrechts diese Heimatbasis verändert und gegenüber dem Besatzungsmitglied neu benennt. Eine solche Neubenennung ist durch die Versetzung vom 17. September 2009 erfolgt.

24

c) Der Arbeitsvertrag hat sich im Hinblick auf den Arbeitsort nicht dadurch auf Hannover konkretisiert, dass die Klägerin seit dem Jahr 2000 dort tätig gewesen ist. Eine den Arbeitsvertrag abändernde Vereinbarung haben die Parteien nicht - insbesondere auch nicht stillschweigend - getroffen.

25

aa) Es ist nicht grundsätzlich ausgeschlossen, dass Arbeitspflichten sich, ohne dass darüber ausdrückliche Erklärungen ausgetauscht werden, nach längerer Zeit auf bestimmte Arbeitsbedingungen konkretisieren (vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - Rn. 19 mwN, EzA GewO § 106 Nr. 9). Die Nichtausübung des Direktionsrechts über einen längeren Zeitraum schafft aber regelmäßig keinen Vertrauenstatbestand dahin gehend, dass der Arbeitgeber von diesem vertraglich und/oder gesetzlich eingeräumten Recht in Zukunft keinen Gebrauch mehr machen will. Die Nichtausübung des Direktionsrechts hat keinen Erklärungswert. Nur beim Hinzutreten besonderer Umstände, aufgrund derer der Arbeitnehmer darauf vertrauen darf, dass er nicht in anderer Weise eingesetzt werden soll, kann es durch konkludentes Verhalten zu einer vertraglichen Beschränkung der Ausübung des Direktionsrechts kommen (vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - aaO).

26

bb) Derartige besondere Umstände hat die Klägerin nicht vorgetragen. Dass die Beklagte im Jahr 2000 auf den Wunsch der Klägerin nach Versetzung eingegangen ist und sie in Hannover stationiert hat, konnte für sich genommen keinen Vertrauenstatbestand begründen und keine Konkretisierung der Arbeitspflicht auf diesen Arbeitsort bewirken; im Übrigen ist der Arbeitsvertrag zeitlich nachfolgend einschließlich der Versetzungsklausel neu abgeschlossen worden.

27

II. Die Beklagte hat von ihrem Weisungsrecht nach billigem Ermessen (§ 106 GewO, § 315 BGB) Gebrauch gemacht.

28

1. Dem Inhaber des Bestimmungsrechts nach § 315 Abs. 1 BGB verbleibt für die rechtsgestaltende Leistungsbestimmung ein nach billigem Ermessen auszufüllender Spielraum. Innerhalb des Spielraums können dem Bestimmungsberechtigten mehrere Entscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Dem Gericht obliegt nach § 315 Abs. 3 BGB die Prüfung, ob der Arbeitgeber als Gläubiger die Grenzen seines Bestimmungsrechts beachtet hat(vgl. BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 - Rn. 28; BGH 18. Oktober 2007 - III ZR 277/06 - Rn. 20, BGHZ 174, 48).

29

2. Die Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen (§ 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB) verlangt eine Abwägung der wechselseitigen Interessen nach verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Wertentscheidungen, den allgemeinen Wertungsgrundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit.

30

a) In die Abwägung sind alle Umstände des Einzelfalls einzubeziehen. Hierzu gehören die Vorteile aus einer Regelung, die Risikoverteilung zwischen den Vertragsparteien, die beiderseitigen Bedürfnisse, außervertragliche Vor- und Nachteile, Vermögens- und Einkommensverhältnisse sowie soziale Lebensverhältnisse, wie familiäre Pflichten und Unterhaltsverpflichtungen (BAG 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 40, AP BGB § 307 Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 47; 21. Juli 2009 - 9 AZR 404/08 - Rn. 22, EzA TVG § 4 Luftfahrt Nr. 18; bereits auch: 28. November 1989 - 3 AZR 118/88 - zu II 1 a der Gründe, BAGE 63, 267). Eine soziale Auswahl wie im Falle des § 1 Abs. 3 KSchG findet nicht statt. Soweit es auf die Zumutbarkeit des neu zugewiesenen Arbeitsorts ankommt, kann aus den sozialrechtlichen Regeln über die Zumutbarkeit einer Beschäftigung kein belastbarer Maßstab für die arbeitsrechtliche Beurteilung des Ermessensgebrauchs nach § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB bei einer Versetzung abgeleitet werden(vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - Rn. 22, 25, EzA GewO § 106 Nr. 9).

31

b) Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Beklagte habe bei ihrer Versetzungsentscheidung billiges Ermessen gewahrt, nicht zu beanstanden.

32

Dabei kann dahinstehen, ob die Kontrolle der Ausübung des billigen Ermessens wegen der zu berücksichtigenden Umstände des Einzelfalls nur einer eingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht unterliegt (vgl. dazu BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 182/09 - Rn. 92 mwN, BAGE 135, 128). Die landesarbeitsgerichtliche Entscheidung hält auch einer vollen Überprüfung durch das Revisionsgericht stand.

33

Das Landesarbeitsgericht hat alle maßgeblichen Faktoren in seine Erwägungen mit einbezogen. Es hat zugunsten der Beklagten die unternehmerische Entscheidung zur Schließung des Standorts Hannover und die entsprechenden wirtschaftlichen Erwägungen berücksichtigt. Entgegen der Auffassung der Klägerin bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die unternehmerische Entscheidung der Beklagten nicht „nachhaltig“ gewesen sei. Dies gilt unabhängig von der Frage, ob, wie die Klägerin meint, eine unternehmerische Organisationsentscheidung im Rahmen einer Versetzung auf „Nachhaltigkeit“ iSd. Rechtsprechung zu betriebsbedingten Kündigungen (BAG 17. Juni 1999 - 2 AZR 141/99 - BAGE 92, 71) zu überprüfen ist (vgl. dazu BAG 26. September 2012 - 10 AZR 412/11 -).

34

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Ausübungskontrolle ist der Zeitpunkt, zu dem der Arbeitgeber die Ermessensentscheidung zu treffen hat (BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 182/09 - Rn. 89 mwN, BAGE 135, 128). Dies war hier die Entscheidung über die der Klägerin mit Schreiben vom 17. September 2009 mitgeteilte Versetzung. Es gibt nach den insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass zu diesem Zeitpunkt davon auszugehen war, dass die Beklagte in absehbarer Zeit oder überhaupt wieder einmal Flüge in relevantem Umfang von Hannover beginnen lassen würde. Vielmehr hatte sich die Beklagte nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts zur Schließung der Station in Hannover entschlossen und hat dies auch entsprechend umgesetzt. Flugzeuge sind nicht mehr in Hannover stationiert und es beginnen dort keine Flüge mehr mit einer von Hannover aus eingesetzten Crew. Mit der zuständigen Personalvertretung sind am 13. März 2009 ein Teilinteressenausgleich und am 7. Juli 2009 eine „Vereinbarung über die Beendigung der Stationierung von Cockpit - Kabinenpersonal in Hannover“ geschlossen worden. Die letztgenannte Vereinbarung beinhaltet umfangreiche Regelungen über die daraus folgenden personellen Maßnahmen und über die Abmilderung der wirtschaftlichen Folgen für die Beschäftigten. Auch die Klägerin hat in den Tatsacheninstanzen weder greifbare Anhaltspunkte dafür benannt, dass es sich nur um eine vorübergehende Maßnahme handelte noch dafür, dass ab Hannover erneut Flüge stattfinden würden und damit die zur Begründung der Versetzung herangezogenen wirtschaftlichen Umstände nur für einen vorübergehenden Zeitraum vorliegen würden. Bei den Ausführungen im Schriftsatz vom 31. August 2012 handelt es sich um neuen Sachvortrag, der in der Revisionsinstanz gemäß § 559 ZPO keine Beachtung mehr finden kann.

35

Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht weiter die von der Beklagten mit der Personalvertretung vereinbarten Regelungen zur Abmilderung der für die Arbeitnehmer entstehenden Mehraufwendungen an Freizeit und Fahrtkosten berücksichtigt. Andererseits hat es die für die Klägerin bestehenden Belastungen, die insbesondere in den Kosten für zusätzliche Fahrten und dem erhöhten Freizeitaufwand bestehen, einbezogen. Weitere Umstände, die vom Landesarbeitsgericht fehlerhafterweise nicht berücksichtigt worden wären, benennt auch die Revision nicht. Ihre Angriffe betreffen vielmehr im Wesentlichen die Frage der Nachhaltigkeit der getroffenen unternehmerischen Entscheidung, an der aber aus den oben genannten Gründen keine Zweifel ersichtlich sind.

36

III. Die erhobene Änderungsschutzklage ist unbegründet. Hat der Arbeitnehmer - wie hier - das Änderungsangebot des Arbeitgebers unter Vorbehalt angenommen und Änderungsschutzklage nach § 4 Satz 2 KSchG erhoben, streiten die Parteien nicht über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses und damit nicht über die Rechtswirksamkeit der ausgesprochenen Kündigung, sondern nur noch über die Berechtigung des Angebots auf Änderung der Arbeitsbedingungen. Streitgegenstand der Änderungsschutzklage ist nicht die Wirksamkeit der Kündigung, sondern der Inhalt der für das Arbeitsverhältnis geltenden Vertragsbedingungen (BAG 19. Juli 2012 - 2 AZR 25/11 - Rn. 20, NZA 2012, 1038; 26. Januar 2012 - 2 AZR 102/11 - Rn. 13, EzA KSchG § 2 Nr. 84; 26. August 2008 - 1 AZR 353/07 - Rn. 17, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 139 = EzA KSchG § 2 Nr. 72). Vom Arbeitgeber erstrebte Änderungen, die sich schon durch die Ausübung des Weisungsrechts gemäß § 106 Satz 1 GewO durchsetzen lassen, halten sich im Rahmen der vertraglichen Vereinbarungen und sind keine „Änderung der Arbeitsbedingungen“ iSv. § 2 Satz 1, § 4 Satz 2 KSchG. Soll der bestehende Vertragsinhalt nicht geändert werden, liegt in Wirklichkeit kein Änderungsangebot vor; die vermeintlich erst herbeizuführenden Vertragsbedingungen gelten bereits. Eine Änderungskündigung ist „überflüssig“. Eine Änderungsschutzklage ist dann unbegründet (BAG 19. Juli 2012 - 2 AZR 25/11 - Rn. 21, aaO; 26. Januar 2012 - 2 AZR 102/11 - Rn. 14, aaO).

37

IV. Aus den genannten Gründen besteht auch kein Anspruch auf Beschäftigung vom Stationierungsort Hannover aus.

38

V. Die Klägerin hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.

        

    Schmitz-Scholemann    

        

    W. Reinfelder    

        

    Mestwerdt    

        

        

        

    R. Baschnagel    

        

    Stefan Fluri    

                 

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.