Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 19. Apr. 2017 - 4 Sa 401/16

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2017:0419.4Sa401.16.00
bei uns veröffentlicht am19.04.2017

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens - vom 9.6.2016, AZ: 6 Ca 132/16, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Insolvenzforderungen des Klägers.

2

Der Kläger war vom 24.02.2014 bis zum 15.01.2015 bei der K. Holzverarbeitungs GmbH & Co KG beschäftigt. Der dieser Beschäftigung zugrundeliegende Arbeitsvertrag enthält u.a. folgende Bestimmungen:

3

"§ 3 Tätigkeit

4

Der Angestellte wird als Buchhalter gem. § 5 Abs. 3 BetrVG eingestellt und untersteht unmittelbar dem Geschäftsführer.

5

Der Angestellte ist leitender Angestellter für folgende Arbeitsbereiche:

6

Buchhaltung und Personal"

7

"§ 4 Arbeitsvergütung

8

Als Vergütung für die Tätigkeit in Teilzeit (100 Std/mtl.) des Angestellten nach diesem Vertrag zahlt das Unternehmen ein Jahresbruttogehalt von 18.705,00 Euro, das in 12 gleichen Teilbeträgen jeweils zum Ende eines Monats fällig wird und auf ein von dem Angestellten anzugebendes Gehaltskonto überwiesen wird.
…"

9

"§ 4.2 Lohnoptimierung

10

Im Rahmen einer Lohnoptimierung erhält der Angestellte zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn Barzuschüsse zu arbeitstäglichen Mahlzeiten in Form von Essenmarken ( E.--Restaurantschecks), die von einer Gaststätte oder vergleichbaren Einrichtung (Annahmestelle) bei der Abgabe in Zahlung genommen werden.

11

Die Höhe des Barzuschusses, der in Form von E.--Restaurantschecks geleistet wird, beträgt arbeitstäglich z. Z. EUR 5,97 und wird für 15 Arbeitstage im Monat gewährt. Der Arbeitnehmer erhält monatlich E.--Restaurantschecks in einer Gesamthöhe von z. Z. EUR 89,55 (15 Tage x EUR 5,97).

12

Der Angestellte erhält zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn einen Zuschuss zu seinen Aufwendungen für die Internetnutzung in Höhe von EUR 40,00 monatlich.

13

Zu den Kosten des Internetzugangs zählen sowohl die laufenden Kosten (Grundgebühr und laufende Gebühren, Flatrate), als auch die Kosten der Einrichtung (DSL-Anschluss, Modem, PC). Der Angestellte versichert mit seiner Unterschrift unter diesen Vertrag, dass ihm Aufwendungen für die laufende Internetnutzung in Höhe von EUR 40,00 monatlich entstehen. Er verpflichtet sich, dem Unternehmen unverzüglich Anzeige zu erstatten, sollten seine Aufwendungen für die Internetnutzung durch Kündigung des Internetanschlusses entfallen.

14

Der Angestellte erhält zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn einen Zuschuss zu seinen Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte in Höhe von 37,50 € monatlich.

15

Der Angestellte erhält zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn einen Sachlohnanspruch auf Kraftstoff zur Verwendung im eigenen oder ihm zur Nutzung überlassenen Kraftfahrzeug des Unternehmens.

16

Die Höhe des Sachlohnanspruchs, der in Form von E.--Tankgutscheinen geleistet wird, beträgt monatlich EUR 44,00. Der Angestellte darf diesen Geldbetrag ausschließlich zum Eigenerwerb von Kraftstoff im Monat der Überlassung des Geldbetrags verwenden.

17

Der Anspruch auf Lohnoptimierung besteht auch im Fall von Krankheit in voller Höhe fort."

18

"§ 12 Verfall-/Ausschlussfristen

19

Die Vertragsparteien müssen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb von drei Monaten nach ihrer Fälligkeit schriftlich geltend machen und im Falle der Ablehnung durch die Gegenseite innerhalb von weiteren drei Monaten einklagen.

20

Andernfalls erlöschen sie. Für Ansprüche aus unerlaubter Handlung verbleibt es bei der gesetzlichen Regelung."

21

Mit Beschluss des Amtsgerichts Zweibrücken vom 01.04.2015 wurde über das Vermögen der K. Holzbearbeitungs GmbH & Co KG das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt.

22

Mit Schreiben vom 27.05.2015 hat der Kläger mehrere Forderungen beim Beklagten angemeldet. Wegen der Einzelheiten dieser Anmeldung wird auf Blatt 13 f d. A. Bezug genommen. Im Prüfungstermin hat der Beklagte die vom Kläger angemeldeten Forderungen vorläufig bestritten.

23

Von einer weitergehenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes sowie des erstinstanzlichen streitigen Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen. Insoweit wird Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens - vom 09.06.2016 (Bl. 131 - 136 d. A.).

24

Der Kläger hat beantragt,

25

festzustellen, dass die Insolvenzforderung in Höhe von 8.384,94 EUR brutto, sowie 1.265,74 EUR netto zur Insolvenztabelle festzustellen ist.

26

Der Beklagte hat einen Teil der Klage in Höhe von 2.369,18 € brutto (Urlaubsabgeltungsanspruch des Klägers) anerkannt und im Übrigen beantragt,

27

die Klage abzuweisen.

28

Das Arbeitsgericht hat mit Teilanerkenntnis- und Endurteil vom 09.06.2016 festgestellt, dass die Forderung des Klägers auf Zahlung von Urlaubsabgeltung in Höhe von 2.369,18 € brutto sowie eine Forderung des Klägers auf Zahlung von 2.443,25 € brutto (Vergütung für bis zum 31.08.2014 insgesamt geleistete 168,5 Überstunden) zur Insolvenztabelle festzustellen sind. Im Übrigen hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Zur Darstellung der maßgeblichen Entscheidungsgründe wird auf die Seiten 7 - 12 (= Bl. 136 - 141 d. A.) verwiesen.

29

Gegen das ihm am 11.08.2016 zugestellte Urteil hat der Kläger am 09.09.2016 Berufung eingelegt und diese am 07.10.2016 begründet.

30

Der Kläger macht im Wesentlichen geltend, entgegen den Ausführungen des Arbeitsgerichts im erstinstanzlichen Urteil habe er regelmäßig erhebliche Mehrarbeitsstunden geleistet. Dies ergebe sich bereits daraus, dass ihm seitens der Insolvenzschuldnerin bestätigt worden sei, dass er bis zum 31.08.2014 insgesamt 168,5 Überstunden erbracht habe. Darüber hinaus habe er jedoch einen weitergehenden Anspruch auf Zahlung von Überstundenvergütung. Die entsprechenden Mehrarbeitsstunden habe er erstinstanzlich ausreichend dargestellt, indem er auf seine handschriftlichen Aufzeichnungen verwiesen habe. Demgegenüber stünden die Arbeitszeitnachweise, die von seiten des Arbeitgebers erstellt worden seien. Die darin enthaltenen Angaben seien daher vom Arbeitgeber eingeräumt und als feststehend zu übernehmen. Der Beklagte könne sich nicht darauf zurückziehen, die behaupteten Zeiten einfach zu bestreiten. Auch auf die vertraglich vereinbarte Ausschlussfrist könne sich der Beklagte nicht berufen, da die getroffene Lohnvereinbarung nach § 138 Abs. 1 BGB als wucherähnliches Geschäft sittenwidrig und daher nichtig sei. Es bestehe ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung. Allein das von ihm abverlangte Aufgabenfeld mache deutlich, dass zwischen verlangter Tätigkeit und der tatsächlich ausgezahlten Vergütung eine große Diskrepanz bestehe. In diesem Zusammenhang sei zu berücksichtigen, dass - wie sich aus einer Information des Handelsblatts ergebe - beispielsweise ein Bilanzbuchhalter im ersten Jahr bei Vollzeittätigkeit über ein Jahreseinkommen von 43.000,00 € bis 47.000,00 € verfüge. Ein Finanzbuchhalter erhalte im 1. Jahr ein Jahresgehalt von 33.000,00 bis 37.000,00 € Euro. Die ihm übertragenen Verantwortungsbereiche gingen jedoch noch über diejenigen dieser Berufsgruppen hinaus. Zu berücksichtigen sei auch, dass die Insolvenzschuldnerin noch nicht einmal die arbeitsvertraglich vereinbarten Entgelte zur Auszahlung gebracht, sondern noch (unberechtigte) Abzüge vorgenommen habe.

31

Zur Darstellung aller Einzelheiten des Vorbringens des Klägers im Berufungsverfahren wird auf dessen Berufungsbegründungsschrift vom 07.10.2016 (Bl. 169 - 175 d. A.) Bezug genommen. Soweit der Kläger in einem persönlich verfassten Schreiben vom 12.04.2017 (Bl. 224 - 226 d. A.) weitere Ausführungen gemacht hat, so konnten diese keine Berücksichtigung finden, weil dem Kläger insoweit gemäß § 11 Abs. 4 ArbGG die Postulationsbefugnis fehlt. Auch hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers in der Berufungsverhandlung vom 19.04.2017 nicht etwa auf diese Ausführungen Bezug genommen oder sie in sonstiger Weise wirksam zu einem zu berücksichtigenden Berufungsvorbringen des Klägers gemacht.

32

Der Kläger beantragt,

33

das erstinstanzliche Urteil teilweise abzuändern und festzustellen, dass weitere 3.572,51 € brutto sowie 1.265,74 € netto zur Insolvenztabelle festgestellt werden.

34

Der Beklagte beantragt,

35

die Berufung zurückzuweisen.

36

Der Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil nach Maßgabe seiner Berufungserwiderungsschrift vom 05.01.2016 (Bl. 198 - 202 d. A.), auf die Bezug genommen wird.

Entscheidungsgründe

I.

37

Gegen die Zulässigkeit der Berufung bestehen erhebliche Bedenken.

38

Zwar ist die Berufung sowohl form- als auch fristgerecht eingelegt und begründet worden. Es erscheint indessen zweifelhaft, ob die Berufung den nach § 64 Abs. 2 b ArbGG erforderlichen Wert des Beschwerdegegenstandes von mehr als 600,00 € erreicht.

39

Der Wert einer Klage auf Feststellung von Forderungen zur Insolvenztabelle richtet sich nach § 182 InsO. Danach ist der Betrag maßgebend, der bei der Verteilung der Insolvenzmasse für die Forderung zu erwarten ist. Dieser ist nach gerichtlichem Ermessen zu schätzen. Maßgebend ist dabei die Sicht des über die Statthaftigkeit des Rechtsmittels entscheidenden Berufungsgerichts (BAG v. 07.12.2016 - 4 AZR 414/14 - juris m.w.N.).

40

Der Prozessbevollmächtigte des Beklagten hat in der Güteverhandlung vom 30.10.2015 zu Protokoll erklärt, dass sich die zu erwartende Insolvenzquote voraussichtlich auf lediglich 1 - 3 % der angemeldeten Forderungen belaufen werde. Hiervon ausgehend würde die mit der Berufung begehrte Feststellung von insgesamt 4.838,25 € zur Insolvenztabelle den in § 64 Abs. 2 b genannten Wert keinesfalls erreichen. Das Erreichen des erforderlichen Wertes des Beschwerdegegenstandes ergibt sich auch nicht daraus, dass das Arbeitsgericht im angefochtenen Urteil den Streitwert auf 9.650,68 € festgesetzt hat. Die Streitwertfestsetzung des Arbeitsgerichts ist offensichtlich fehlerhaft und entfaltet daher keine Bindungswirkung (BAG v. 07.12.2016 - 4 AZR 414/14 - juris m.w.N.; Schwab/Weth, ArbGG, 2. Aufl. § 64 Rz. 64). Das Arbeitsgericht hat bei seiner Wertbemessung erkennbar nicht - wie erforderlich - darauf abgestellt, welcher Betrag bei der Verteilung der Insolvenzmasse für die geltend gemachte Gesamtforderung zu erwarten ist, sondern auf den Gesamtbetrag der nach Ansicht des Klägers festzustellenden Forderungen selbst.

41

Die Zulässigkeit der Berufung kann jedoch vorliegend dahingestellt bleiben. Denn die Zulässigkeit eines Rechtsmittels kann offenbleiben, wenn zwischen seiner Verwerfung als unzulässig und seiner Zurückweisung als unbegründet weder hinsichtlich der Rechtskraftwirkung noch hinsichtlich der Anfechtbarkeit der Rechtsmittelentscheidung Unterschiede bestehen (BGH v. 02.02.2010 - VI ZR 92/09 - NJW-RR 2010, 664 m.w.N.). Diese Voraussetzung ist hier gegeben. Der Erteilung einer Auflage an den Berufungskläger, nach § 511 Abs. 3 ZPO den Wert des Beschwerdegegenstandes glaubhaft zu machen, bedurfte es daher nicht.

II.

42

Die Berufung ist unbegründet.

1.

43

Soweit der Kläger im Berufungsverfahren einen Anspruch auf Feststellung einer Forderung auf Zahlung von 1.265,74 € netto zur Insolvenztabelle mit der Begründung weiterverfolgt, die Insolvenzschuldnerin habe in dieser Höhe von seinen Gehaltsansprüchen unberechtigte Abzüge vorgenommen, so erweist sich die Klage insoweit bereits als unzulässig.

44

Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Insolvenzfeststellungsklage ist gemäß § 181 InsO, dass die festzustellende Forderung zuvor nach § 174 InsO angemeldet wurde. Dies ist vorliegend - bezogen auf den geltend gemachten Nettozahlungsanspruch - nicht erfolgt. Der Kläger hat den betreffenden Anspruch, wie sich aus seiner Forderungsanmeldung vom 27.05.2015 (Bl. 13 f. d. A.) ergibt, nicht angemeldet. Im Übrigen hat der Kläger dies bereits in seiner Klageschrift (dort S. 5 = Bl. 8 d. A.) selbst eingeräumt.

45

Die Klage ist daher insoweit als unzulässig abzuweisen.

2.

46

Im Übrigen ist die Klage, soweit ihr das Arbeitsgericht nicht stattgegeben hat, unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung einer weiteren Bruttoforderung von 3.572,51 € zur Insolvenztabelle.

47

Das Berufungsgericht folgt insoweit den zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts unter II., III. und IV. letzter Absatz (= Seite 11 3. Absatz) der Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils und stellt dies gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG fest. Das Berufungsvorbringen des Klägers bietet lediglich Anlass zu folgenden Ergänzungen:

a)

48

Die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche auf Zahlung restlicher Arbeitsvergütung für die Monate März bis Oktober 2014 sind verfallen. Dies gilt ebenso für die nach Behauptung des Klägers aus diesem Zeitraum resultierenden Ansprüche auf Zahlung von Überstundenvergütung, soweit das Arbeitsgericht der Klage insoweit im Hinblick auf das Bestätigungsschreiben vom 31.08.2014 (Bl. 45 d. A.) nicht in Höhe eines Teilbetrages von 2.443,25 € brutto stattgegeben hat.

49

Gemäß § 12 des Arbeitsvertrages verfallen die Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, wenn sie nicht innerhalb einer Frist von drei Monaten nach ihrer Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden. Eine schriftliche Geltendmachung von Ansprüchen erfolgte frühestens mit Schreiben des Klägers vom 26.02.2015 (Bl. 89 d. A.) und somit nach Ablauf der gemäß § 4 des Arbeitsvertrages zum 30.10.2014 auch für den Monat Oktober 2014 eingetretenen Fälligkeit der Arbeitsvergütungsansprüche des Klägers.

50

Entgegen der Ansicht des Klägers ist es dem Beklagten nicht verwehrt, sich auf die Ausschlussfrist zu berufen. Die Vereinbarung einer sittenwidrigen Arbeitsvergütung, die u. U. der Anwendung der vertraglich vereinbarten Ausschlussfrist entgegenstehen könnte (vgl. hierzu: LAG Hamm v. 18.03.2009 - 6 Sa 1372/08 - juris) liegt nicht vor.

51

Ein wucherähnliches und damit sittenwidriges Geschäft i. S. v. § 138 Abs. 1 BGB ist dann gegeben, wenn Leistung und Gegenleistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen und weitere sittenwidrige Umstände wie z. B. eine verwerfliche Gesinnung des durch den Vertrag objektiv Begünstigten hinzutreten (BAG v. 16.05.2012 - 5 AZR 268/11 - AP Nr. 66 zu § 138 BGB m. w. N.).

52

Im Streitfall hat der Kläger nicht dargetan, dass die von ihm zu erbringende Arbeitsleistung und die vereinbarte Gegenleistung in einem auffälligen Missverhältnis standen. Damit ist der objektive Tatbestand des wucherähnlichen Geschäfts nicht erfüllt.

53

Das auffällige Missverhältnis bestimmt sich nach dem objektiven Wert der Leistung des Arbeitnehmers. Ausgangspunkt der Wertbestimmung sind hierbei in der Regel die Tarifentgelte des jeweiligen Wirtschaftszweigs. Ein Missverhältnis ist dann auffällig, wenn die vereinbarte Arbeitsvergütung unterhalb der maßgeblichen Grenze von zwei Dritteln des Tarifentgelts liegt (BAG v. 16.05.2012 a. a. O.).

54

Die vertraglich vereinbarte Arbeitsvergütung des Klägers für dessen Teilzeittätigkeit (100 Stunden monatlich) umfasste ein monatliches Gehalt von 1.558,75 € sowie gemäß § 4.2 des Arbeitsvertrages weitere Zahlungen (Zuschüsse) von insgesamt 211,05 € monatlich. Die Gesamt-Arbeitsvergütung belief sich somit auf 1.769,80 € brutto monatlich. Bei einer Vollzeittätigkeit (40 Stunden wöchentlich) entspricht dies einem Monatsgehalt von 3.061,75 € bzw. einem Jahresgehalt von 36.741,00 €. Der letztgenannte Betrag übersteigt die Grenze von zwei Dritteln der nach Behauptung des Klägers an Finanz- und/oder Bilanzbuchhalter im ersten Jahr üblicherweise bzw. durchschnittlich gezahlten Jahresvergütung deutlich, so dass von einem auffälligen Missverhältnis zwischen vereinbarter Arbeitsleistung und vereinbarter Arbeitsvergütung nicht die Rede sein kann. Der Umstand, dass die Insolvenzschuldnerin - nach Behauptung des Klägers - die vereinbarte Arbeitsvergütung nicht in vollem Umfang zur Auszahlung gebracht hat, ist insoweit ohne Belang, da dies keine Auswirkungen auf die Wirksamkeit der getroffenen Vergütungsvereinbarung hat und daher nicht zu deren Sittenwidrigkeit führen kann.

b)

55

Der Kläger hat auch keine zur Insolvenztabelle festzustellenden Ansprüche auf Zahlung von Vergütung von 1,5 Überstunden aus November 2014 und auf restliche Entgeltfortzahlung für die Monate November und Dezember 2014 mit der Begründung, dass bei der ausgezahlten Entgeltfortzahlung die in der Vergangenheit nach seiner Behauptung regelmäßig angefallenen Überstunden nicht berücksichtigt worden seien.

56

Verlangt ein Arbeitnehmer Arbeitsvergütung für Überstunden, so hat er darzulegen und - im Bestreitensfall zu beweisen - dass er Arbeit in einem die Normalarbeitszeit übersteigenden zeitlichen Umfang verrichtet hat. Dabei genügt der Arbeitnehmer seiner Darlegungslast, wenn er schriftsätzlich vorträgt, an welchen Tagen er von wann bis wann Arbeit geleistet oder sich auf Weisung des Arbeitgebers zur Arbeit bereitgehalten hat. Dieser Darlegungslast genügt der Arbeitnehmer jedoch nicht durch bloße Bezugnahme auf den Schriftsätzen als Anlagen beigefügte Stundenaufstellungen oder sonstige Aufzeichnungen. Anlagen können lediglich zur Erläuterung des schriftsätzlichen Vortrags dienen, diesen aber nicht ersetzen. Die Darlegung der Leistung von Überstunden durch den Arbeitnehmer hat vielmehr entsprechend § 130 Nr. 3, Nr. 4 ZPO schriftsätzlich zu erfolgen. Beigefügte Anlagen können den schriftsätzlichen Vortrag lediglich erläutern oder belegen, verpflichten das Gericht aber nicht, sich die unstreitigen oder streitigen Arbeitszeiten aus den Anlagen selbst zusammenzusuchen (BAG v. 16.05.2012 - 5 AZR 347/11 - AP Nr. 53 zu § 611 BGB Mehrarbeitsvergütung).

57

Dieser Darlegungslast hat der Kläger demnach bereits deshalb nicht Genüge getan, da er sich sowohl was die behaupteten 1,5 Überstunden im November 2014 als auch die zuvor nach seiner Behauptung regelmäßig angefallenen Überstunden betrifft, ausschließlich auf die als Anlagen zu seinen erstinstanzlichen Schriftsätzen beigefügten Aufstellungen bezogen hat. An einem schriftsätzlichen Vortrag fehlt es insoweit. Hierauf hat auch bereits das Arbeitsgericht in den Entscheidungsgründen des erstinstanzlichen Urteils ausdrücklich hingewiesen.

58

Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger im November 2014 1,5 Überstunden geleistet hat. Ebensowenig kann davon ausgegangen werden, dass er vor seiner im November 2014 eingetretenen Arbeitsunfähigkeit Überstunden in einer solchen Regelmäßigkeit erbracht hat, dass diese - entgegen § 4 Abs. 1 a EFZG - bei der Bemessung der Entgeltfortzahlung zu berücksichtigen sind.

III.

59

Nach alledem war die Berufung des Klägers mit der sich aus § 97 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen.

60

Für die Zulassung der Revision bestand keine Veranlassung. Auf die Möglichkeit, die Nichtzulassung der Revision selbständig durch Beschwerde anzufechten (§ 72 a ArbGG), wird hingewiesen.

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(1) Arbeitnehmer (Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer) im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeiter und Angestellte einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten, unabhängig davon, ob sie im Betrieb, im Außendienst oder mit Telearbeit beschäftigt werden. Als Arbeitnehmer gelten auch die in Heimarbeit Beschäftigten, die in der Hauptsache für den Betrieb arbeiten. Als Arbeitnehmer gelten ferner Beamte (Beamtinnen und Beamte), Soldaten (Soldatinnen und Soldaten) sowie Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten, die in Betrieben privatrechtlich organisierter Unternehmen tätig sind.

(2) Als Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes gelten nicht

1.
in Betrieben einer juristischen Person die Mitglieder des Organs, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen ist;
2.
die Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft oder die Mitglieder einer anderen Personengesamtheit, soweit sie durch Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung der Personengesamtheit oder zur Geschäftsführung berufen sind, in deren Betrieben;
3.
Personen, deren Beschäftigung nicht in erster Linie ihrem Erwerb dient, sondern vorwiegend durch Beweggründe karitativer oder religiöser Art bestimmt ist;
4.
Personen, deren Beschäftigung nicht in erster Linie ihrem Erwerb dient und die vorwiegend zu ihrer Heilung, Wiedereingewöhnung, sittlichen Besserung oder Erziehung beschäftigt werden;
5.
der Ehegatte, der Lebenspartner, Verwandte und Verschwägerte ersten Grades, die in häuslicher Gemeinschaft mit dem Arbeitgeber leben.

(3) Dieses Gesetz findet, soweit in ihm nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist, keine Anwendung auf leitende Angestellte. Leitender Angestellter ist, wer nach Arbeitsvertrag und Stellung im Unternehmen oder im Betrieb

1.
zur selbständigen Einstellung und Entlassung von im Betrieb oder in der Betriebsabteilung beschäftigten Arbeitnehmern berechtigt ist oder
2.
Generalvollmacht oder Prokura hat und die Prokura auch im Verhältnis zum Arbeitgeber nicht unbedeutend ist oder
3.
regelmäßig sonstige Aufgaben wahrnimmt, die für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens oder eines Betriebs von Bedeutung sind und deren Erfüllung besondere Erfahrungen und Kenntnisse voraussetzt, wenn er dabei entweder die Entscheidungen im Wesentlichen frei von Weisungen trifft oder sie maßgeblich beeinflusst; dies kann auch bei Vorgaben insbesondere aufgrund von Rechtsvorschriften, Plänen oder Richtlinien sowie bei Zusammenarbeit mit anderen leitenden Angestellten gegeben sein.
Für die in Absatz 1 Satz 3 genannten Beamten und Soldaten gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend.

(4) Leitender Angestellter nach Absatz 3 Nr. 3 ist im Zweifel, wer

1.
aus Anlass der letzten Wahl des Betriebsrats, des Sprecherausschusses oder von Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer oder durch rechtskräftige gerichtliche Entscheidung den leitenden Angestellten zugeordnet worden ist oder
2.
einer Leitungsebene angehört, auf der in dem Unternehmen überwiegend leitende Angestellte vertreten sind, oder
3.
ein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt erhält, das für leitende Angestellte in dem Unternehmen üblich ist, oder,
4.
falls auch bei der Anwendung der Nummer 3 noch Zweifel bleiben, ein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt erhält, das das Dreifache der Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch überschreitet.

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.

(1) Die Parteien können vor dem Arbeitsgericht den Rechtsstreit selbst führen. Parteien, die eine fremde oder ihnen zum Zweck der Einziehung auf fremde Rechnung abgetretene Geldforderung geltend machen, müssen sich durch einen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten vertreten lassen, soweit sie nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 zur Vertretung des Gläubigers befugt wären oder eine Forderung einziehen, deren ursprünglicher Gläubiger sie sind.

(2) Die Parteien können sich durch einen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Arbeitsgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte der Partei oder eines mit ihr verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
selbständige Vereinigungen von Arbeitnehmern mit sozial- oder berufspolitischer Zwecksetzung für ihre Mitglieder,
4.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
5.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nummer 4 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 bis 3 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

(4) Vor dem Bundesarbeitsgericht und dem Landesarbeitsgericht müssen sich die Parteien, außer im Verfahren vor einem beauftragten oder ersuchten Richter und bei Prozesshandlungen, die vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vorgenommen werden können, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Als Bevollmächtigte sind außer Rechtsanwälten nur die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 4 und 5 bezeichneten Organisationen zugelassen. Diese müssen in Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht durch Personen mit Befähigung zum Richteramt handeln. Eine Partei, die nach Maßgabe des Satzes 2 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten; Satz 3 bleibt unberührt.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) In der Verhandlung können die Parteien mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Parteien den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von der Partei vorgebracht, soweit es nicht von dieser sofort widerrufen oder berichtigt wird.

Der Wert des Streitgegenstands einer Klage auf Feststellung einer Forderung, deren Bestand vom Insolvenzverwalter oder von einem Insolvenzgläubiger bestritten worden ist, bestimmt sich nach dem Betrag, der bei der Verteilung der Insolvenzmasse für die Forderung zu erwarten ist.

Tenor

1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 30. Juli 2013 - 6 Sa 237/13 - aufgehoben.

2. Die Berufung des Beklagten gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Bamberg, Kammer Coburg, vom 18. April 2013 - 4 Ca 548/12 - wird zurückgewiesen.

3. Der Beklagte hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Begründetheit einer zur Insolvenztabelle angemeldeten Forderung.

2

Die Klägerin ist bei der Schuldnerin und ihrer Rechtsvorgängerin als Krankenschwester beschäftigt. Sie erhielt bei einer monatlichen Arbeitszeit von zuletzt 120 Stunden ein Entgelt iHv. 1.851,15 Euro brutto.

3

Im Arbeitsvertrag vom 30. September 1992 heißt es ua.:

        

㤠2

        

Anwendung von Tarifverträgen

        

Auf das Arbeitsverhältnis finden in der jeweils gültigen Fassung Anwendung:

        

a) der Bundesmanteltarifvertrag zwischen dem Bundesverband Deutscher Privatkrankenanstalten e. V. (BDPK) einerseits und der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr sowie der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft andererseits,

        

b) der Vergütungs- und Lohntarifvertrag zwischen dem Verband der Privatkrankenanstalten (Landesverband der BDPK) einerseits und der Bezirksverwaltung ………. der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr sowie dem Landesverband ………. der Deutschen Angestellten Gewerkschaft andererseits.

        

…       

        

§ 6

        

Vergütung

        

1.    

Fr. M... wird in die Vergütungsgruppe KR IV (§ 4/Anlage 4 des Vergütungstarifvertrages) eingereiht. …“

4

Die Schuldnerin wechselte zum 1. Januar 1994 von einer tarifgebundenen in eine außerordentliche Mitgliedschaft (ohne Tarifbindung) im Verband der Privatkrankenanstalten in Bayern e. V. (VPKA), welcher seinerseits Mitglied im BDPK (jetzt Bundesverband Deutscher Privatkliniken e. V.) ist. Seit dem Wechsel in die außerordentliche Mitgliedschaft vergütet die Schuldnerin neu eingetretene Arbeitnehmer nach einem eigenen Regelwerk.

5

Im Laufe des Arbeitsverhältnisses wurde die vertragliche Arbeitszeit der Klägerin mehrfach geändert. In der Änderungsvereinbarung vom 9. Dezember 2003 heißt es ua.:

        

„Die Vertragsparteien stimmen überein, dass der § 7 - Beschäftigungszeit - des am 30.09.1992 geschlossenen Arbeitsvertrages gegenstandslos ist und durch den folgenden ersetzt wird.

        

§ 7

        

Beschäftigungszeit

        

(1) Die Beschäftigungszeit (§ 9 des Bundesmanteltarifvertrages) beginnt am 01.09.2003.

        

Frau B wird auf Ihren eigenen Wunsch mit 100 Stunden monatlich beschäftigt.

        

Weitere Paragraphen des Arbeitsvertrages vom 30.09.1992 bleiben unberührt.“

6

Die mit Schreiben vom 3. Januar 2012 geltend gemachten weiter gehenden Zahlungsansprüche auf der Grundlage der „aktuellen Entgelttabelle“ wies die Schuldnerin zurück.

7

Mit ihrer am 3. Juli 2012 erhobenen Klage hat die Klägerin zunächst die Zahlung tariflicher Vergütungsdifferenzen für den Zeitraum von Juli 2011 bis Juni 2012 begehrt. Nachdem das Amtsgericht Coburg am 30. Juli 2012 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet und den Beklagten zum Insolvenzverwalter bestellt hatte, hat die Klägerin den Rechtsstreit gegen den Beklagten wieder aufgenommen und ihre Klage nunmehr auf Feststellung der Forderung zur Insolvenztabelle umgestellt.

8

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, ihr ursprünglicher Arbeitsvertrag verweise auf die im Tarifbezirk Bayern geltenden Vergütungs- bzw. Entgelttarifverträge. Ihre in § 6 des Arbeitsvertrags aufgeführte Bruttovergütung habe dem Betrag entsprochen, der ihr nach dem damaligen Vergütungstarifvertrag zugestanden hätte. Auch seien auf ihr Arbeitsverhältnis tatsächlich die für das Tarifgebiet Bayern maßgebenden Tarifverträge im Übrigen angewandt worden. Die Bezugnahmeklausel sei nicht mehr als Gleichstellungsabrede zu verstehen, sondern enthalte nach der Änderungsvereinbarung vom 9. Dezember 2003 eine unbedingte zeitdynamische Verweisung auf den zwischen der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di), Landesbezirk Bayern, und dem VPKA abgeschlossenen Entgelttarifvertrag Nr. 3 (ETV Nr. 3 VPKA).

9

Die Klägerin hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass ihr im Insolvenzverfahren über das Vermögen der D GmbH zur Insolvenztabelle laufende Nr. 194 eine Insolvenzforderung iHv. 7.304,54 Euro brutto zusteht.

10

Der Beklagte hat zur Begründung seines Klageabweisungsantrags ausgeführt, die Änderungsvereinbarung vom 9. Dezember 2003 sei nur auf Wunsch der Klägerin an die wöchentliche Arbeitszeit angepasst worden. § 2 des ursprünglichen Arbeitsvertrags sei nicht Gegenstand der Vertragsänderung gewesen. Der Satz, nach dem weitere Paragrafen des Arbeitsvertrags unberührt bleiben sollten, sei lediglich floskelhaft aufgenommen worden. Der Klägerin sei bekannt gewesen, dass nach dem 1. Januar 1994 nur Arbeitsverträge ohne Bezugnahmeklauseln abgeschlossen worden seien.

11

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben, den Wert des Streitgegenstands auf 547,84 Euro festgesetzt und die Berufung nicht zugelassen. Das Landesarbeitsgericht hat das Urteil des Arbeitsgerichts auf die - von ihm für zulässig gehaltene - Berufung des Beklagten abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

12

Die zulässige Revision der Klägerin ist begründet. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts war deshalb aufzuheben und die Berufung des Beklagten zurückzuweisen (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 3 ZPO).

13

I. Die Revision ist nicht schon deshalb begründet, weil die Berufung des Beklagten unzulässig gewesen wäre.

14

1. Gemäß § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG iVm. § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO ist die Berufung nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600,00 Euro übersteigt. Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen (§ 64 Abs. 5 Halbs. 1 ArbGG).

15

Das Arbeitsgericht ist unter Zugrundelegung einer geschätzten Quote von 7,5 vH von einem Wert des Streitgegenstands von 547,84 Euro ausgegangen und hat die Berufung nicht zugelassen. Der Beklagte hat hingegen glaubhaft gemacht, dass der Wert des Beschwerdegegenstands 3.652,27 Euro beträgt.

16

a) Der Wert einer Klage auf Feststellung von Forderungen zur Insolvenztabelle richtet sich nach § 182 InsO. Danach ist der Betrag maßgebend, der bei der Verteilung der Insolvenzmasse für die Forderung zu erwarten ist. Dieser ist nach gerichtlichem Ermessen zu schätzen (vgl. nur Hessisches LAG 5. August 2013 - 1 Ta 217/13 -; LAG Baden-Württemberg 3. Mai 2012 - 5 Ta 3/12 -; LAG Rheinland-Pfalz 1. März 2010 - 1 Ta 16/10 -). Maßgebend ist dabei die Sicht des über die Statthaftigkeit des Rechtsmittels entscheidenden Berufungsgerichts (vgl. BAG 16. Mai 2007 - 2 AZB 53/06 - Rn. 7; 13. Februar 1984 - 7 AZB 22/83 -).

17

b) Der Beklagte hat in der Berufungsschrift vorgetragen, laut Bericht des Insolvenzverwalters habe die zu erwartende Quote - anders als vom Arbeitsgericht geschätzt - mindestens 50 vH betragen. Diese Angabe hat die Klägerin nicht bestritten.

18

2. Der Statthaftigkeit der Berufung steht die Streitwertfestsetzung durch das Arbeitsgericht nicht entgegen (zur Bindungswirkung der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung vgl. BAG 4. Juni 2008 - 3 AZB 37/08 -; 16. Mai 2007 - 2 AZB 53/06 - Rn. 6 mwN; grundlegend 2. März 1983 - 5 AZR 594/82 - BAGE 44, 13; kritisch BCF/Friedrich ArbGG 5. Aufl. § 64 Rn. 9; GK-ArbGG/Vossen Stand November 2016 § 64 Rn. 32 ff.). Die Schätzung des Arbeitsgerichts war offensichtlich unzutreffend. Das Arbeitsgericht hat die zu erwartende Quote mangels tatsächlicher Anhaltspunkte unter Heranziehung allgemeiner Erfahrungswerte geschätzt. Das Landesarbeitsgericht durfte der Streitwertbemessung demgegenüber die in der Berufungsinstanz von dem Beklagten - erstmals - vorgetragene und von der Klägerin nicht bestrittene Quote von 50 vH zugrunde legen. Der danach zutreffende Wert übersteigt 600,00 Euro.

19

II. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage in der Sache zu Unrecht abgewiesen. Die Klage ist begründet. Der Klägerin steht eine Arbeitsvergütung nach § 611 BGB iVm. §§ 2 und 6 des Arbeitsvertrags vom 30. September 1992 sowie § 2 ETV Nr. 3 VPKA als Insolvenzforderung iSv. §§ 174 ff. InsO iHv. 7.304,54 Euro zu.

20

1. Nach § 6 iVm. § 2 des Arbeitsvertrags vom 30. September 1992 hat die Klägerin einen Anspruch auf Vergütung nach der Entgeltgruppe 8 Anlage 1 zu § 2 ETV Nr. 3 VPKA in Höhe des aktuellen Tarifentgelts. Die arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel enthält eine unbedingte zeitdynamische Verweisung auf den ETV Nr. 3 VPKA. Das ergibt deren Auslegung.

21

a) Der Arbeitsvertrag vom 30. September 1992 ist - ebenso wie die Änderungsvereinbarung vom 9. Dezember 2003 - ein Formularvertrag, dessen Bestimmungen nach den Regelungen über Allgemeine Geschäftsbedingungen auszulegen sind (zu den Maßstäben sh. nur BAG 14. Dezember 2011 - 4 AZR 28/10 - Rn. 29 mwN). Die Auslegung von typischen Vertragsklauseln ist der uneingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht zugänglich (st. Rspr. des BAG, zB 19. März 2003 - 4 AZR 331/02 - zu I 2 a der Gründe, BAGE 105, 284; 19. Oktober 2004 - 9 AZR 647/03 - zu III der Gründe, BAGE 112, 214). Das gilt auch für dynamische Verweisungsklauseln (BAG 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 24, BAGE 122, 74).

22

b) In Anwendung dieser Grundsätze ist der ETV Nr. 3 VPKA von der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel erfasst.

23

aa) Dessen wirksamer Inbezugnahme steht nicht entgegen, dass der Landesverband Bayern (VPKA) sowie die entsprechende Bezirksverwaltung bzw. der entsprechende Landesverband der Gewerkschaften nicht ausdrücklich in der Bezugnahmeklausel genannt werden. Das hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt. Die Parteien haben in der Revision insoweit auch keine Rüge erhoben.

24

bb) Die Bezugnahmeklausel umfasst über ihren Wortlaut hinaus auch die Tarifverträge, die der VPKA mit der Gewerkschaft ver.di, Landesbezirk Bayern, abgeschlossen hat.

25

(1) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts handelt es sich bei einer Bezugnahmeklausel, die - wie hier - auf bestimmte Tarifverträge „in der jeweils gültigen Fassung“ verweist, regelmäßig um eine sog. kleine dynamische Verweisungsklausel, die sich zumindest auch auf die in Bezug genommenen ändernden Tarifverträge bezieht (vgl. nur BAG 22. Februar 2012 - 4 AZR 24/10 - Rn. 19; 7. Juli 2011 - 4 AZR 501/09 - Rn. 24).

26

(2) Der ETV Nr. 3 VPKA ist ein den ursprünglich in Bezug genommenen Vergütungstarifvertrag ändernder Tarifvertrag. Einer ergänzenden Vertragsauslegung bedarf es deshalb nicht.

27

(a) Dem steht nicht entgegen, dass nunmehr die Gewerkschaft ver.di Tarifvertragspartei ist. Am 1. Juli 2001 verschmolzen fünf Gewerkschaften, darunter die ÖTV und die DAG, zur Gewerkschaft ver.di. Diese ist dadurch als Tarifvertragspartei an die Stelle der Gründungsgewerkschaften getreten, deren vor der Verschmelzung abgeschlossene Tarifverträge nach § 95 der Satzung für ver.di als Rechtsnachfolger unverändert fortgalten (vgl. dazu BAG 11. Mai 2005 - 4 AZR 315/04 - zu I 2 c der Gründe, BAGE 114, 332). Die nunmehr von der Gewerkschaft ver.di abgeschlossenen Tarifverträge sind danach die ursprünglichen Tarifverträge ändernde Tarifverträge und damit von der Bezugnahmeklausel umfasst.

28

(b) Der ETV Nr. 3 VPKA ist auch nicht deshalb ein gänzlich anderes Tarifwerk, weil die Bezugnahmeklausel auf den „Vergütungs- und Lohntarifvertrag“ verweist. Bei den Entgelttarifverträgen handelt es sich lediglich um eine - sprachliche und inhaltliche - Zusammenfassung der Vergütungs- und Lohntarifverträge. Eine weiter gehende - grundsätzliche - Änderung des bisherigen Tarifsystems und der bisherigen Tarifwerke ist mit der Neufassung nicht verbunden gewesen.

29

c) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts handelt es sich bei der Bezugnahmeklausel nicht um eine sog. Gleichstellungsabrede, die eine unbedingte zeitdynamische Verweisung ausschließen könnte.

30

aa) Nach der früheren Rechtsprechung des Senats galt die - widerlegbare - Vermutung, es gehe einem an arbeitsvertraglich in Bezug genommene Tarifverträge gebundenen Arbeitgeber nur darum, durch die Bezugnahme die nicht organisierten Arbeitnehmer mit den organisierten Beschäftigten hinsichtlich der Geltung des in Bezug genommenen Tarifwerks gleichzustellen. Der Senat ging davon aus, mit einer solchen von einem tarifgebundenen Arbeitgeber gestellten Vertragsklausel sollte lediglich die möglicherweise fehlende Gebundenheit des Arbeitnehmers an die im Arbeitsvertrag genannten Tarifverträge ersetzt werden, um jedenfalls zu einer vertraglichen Anwendung des einschlägigen Tarifvertrags für alle Beschäftigten zu kommen. Daraus hat der Senat die Konsequenz gezogen, ohne weitere Anhaltspunkte im Vertragstext oder aus den Begleitumständen bei Vertragsschluss seien im Falle der normativen Gebundenheit des Arbeitgebers an die in Bezug genommenen Tarifverträge Bezugnahmeklauseln in aller Regel als sog. Gleichstellungsabreden auszulegen. Die Verweisung auf einen Tarifvertrag oder ein Tarifwerk in der jeweils geltenden Fassung wurde deshalb einschränkend dahin ausgelegt, die auf diese Weise zum Ausdruck gebrachte Dynamik gehe nur so weit, wie sie bei einem tarifgebundenen Arbeitnehmer reiche, sie ende also dann, wenn der Arbeitgeber wegen Wegfalls der eigenen Tarifgebundenheit nicht mehr normativ an künftige Tarifentwicklungen gebunden sei (st. Rspr., sh. nur BAG 23. Februar 2011 - 4 AZR 536/09 - Rn. 17 f. mwN).

31

bb) Diese Rechtsprechung hat der Senat für vertragliche Bezugnahmeklauseln, die nach dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am 1. Januar 2002 vereinbart worden sind, aufgegeben. Er wendet die Auslegungsregel lediglich aus Gründen des Vertrauensschutzes weiterhin auf Bezugnahmeklauseln an, die vor dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform vereinbart worden sind (BAG 14. Dezember 2005 - 4 AZR 536/04 - Rn. 24 ff., BAGE 116, 326; 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 29 ff., BAGE 122, 74; bestätigt durch BVerfG 26. März 2009 - 1 BvR 3564/08 - und 21. April 2009 - 1 BvR 784/09 -). Bei Arbeitsverträgen, die vor dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform zum 1. Januar 2002 abgeschlossen worden sind („Altverträge“), kommt die Anwendung der früheren Auslegungsregel jedoch dann nicht - mehr - zum Tragen, wenn sie nach dem 31. Dezember 2001 geändert worden sind. Dabei kommt es für die Beurteilung, ob es sich hinsichtlich der Auslegung dieser Klausel um einen Neu- oder Altvertrag handelt, maßgebend darauf an, ob die Klausel zum Gegenstand der rechtsgeschäftlichen Willensbildung der Vertragsparteien gemacht worden ist. Nur wenn dies der Fall ist, wird die jeweilige Klausel von der Vertragsänderung erfasst (BAG 8. Juli 2015 - 4 AZR 51/14 - Rn. 26; 24. Februar 2010 - 4 AZR 691/08 - Rn. 25 mwN). Ein deutlicher Ausdruck dafür, dass eine zuvor bestehende Verweisungsklausel erneut zum Gegenstand der rechtsgeschäftlichen Willensbildung der Vertragsparteien gemacht worden ist und die Parteien trotz der geänderten Gesetzeslage auch nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts am 1. Januar 2002 ausdrücklich an den zuvor getroffenen Abreden festhalten, liegt beispielsweise in der ausdrücklichen Erklärung, dass „alle anderen Vereinbarungen aus dem Anstellungsvertrag unberührt bleiben“ (vgl. BAG 30. Juli 2008 - 10 AZR 606/07 - Rn. 49). Eine solche Regelung hindert die Annahme eines „Altvertrags“ und eine Rechtsfolgenkorrektur unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes (BAG 18. November 2009 - 4 AZR 514/08 - Rn. 25, BAGE 132, 261).

32

cc) Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe handelt es sich im Streitfall um einen sog. Neuvertrag.

33

(1) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts haben die Arbeitsvertragsparteien mit dem Änderungsvertrag vom 9. Dezember 2003 nicht lediglich die Arbeitszeit verändert. Mit der weiteren Formulierung „Weitere Paragraphen des Arbeitsvertrages vom 30.09.1992 bleiben unberührt“ haben sie vielmehr deutlich gemacht, dass sie sämtliche vorherigen Vereinbarungen und damit auch die bisherige Bezugnahmeklausel in ihre rechtsgeschäftliche Willensbildung einbezogen haben.

34

(2) Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Schuldnerin ihre tarifgebundene Mitgliedschaft im VPKA bereits neun Jahre vor der Vertragsänderung beendet hatte. Selbst wenn sich die tatsächlichen Arbeitsbedingungen in diesem Zeitraum geändert haben sollten, haben die Arbeitsvertragsparteien ausdrücklich die ursprüngliche Vertragsklausel und gerade nicht die tatsächlichen Arbeitsbedingungen zum Gegenstand ihrer Willensbildung gemacht (anders im Sachverhalt in BAG 19. Oktober 2011 - 4 AZR 811/09 -).

35

(3) Ein abweichendes Verständnis der Vertragsklausel im Änderungsvertrag vom 9. Dezember 2003 ist auch nicht deshalb geboten, weil die Schuldnerin mit den Arbeitnehmern, die nach ihrem Wechsel in eine außerordentliche Verbandsmitgliedschaft in das Unternehmen eingetreten sind, andere Arbeitsvertragsbedingungen vereinbart hat. Selbst wenn die Klägerin hiervon Kenntnis gehabt haben sollte, musste sie die angebotene Vertragsänderung nach dem objektiven Empfängerhorizont nicht dahin gehend verstehen, dass die Bezugnahmeklausel entgegen dem Wortlaut des Vertragstextes nicht novelliert werden sollte. Vereinbarungen, die der Arbeitgeber mit neu eingetretenen Arbeitnehmern trifft, lassen nicht ohne Weiteres den Schluss zu, die Arbeitgeberin wolle auch im Verhältnis zu den bisherigen Arbeitnehmern nicht an den vertraglichen Abreden festhalten. Dies gilt umso mehr, wenn sie - wie hier - in einem Zeitpunkt, zu dem sie ihre tarifgebundene Mitgliedschaft im Arbeitgeberverband bereits beendet hatte, einen Änderungsvertrag unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die bisherigen vertraglichen Regelungen schließt und die Gelegenheit gerade nicht dazu nutzt, die Bezugnahmeklausel an die geänderten rechtlichen Rahmenbedingungen anzupassen.

36

2. Die Entgeltdifferenzansprüche stehen der Klägerin unter Zugrundelegung der Entgelttabelle des ETV Nr. 3 VPKA auch der Höhe nach zu. Insoweit hat der Beklagte keine Einwände erhoben. Weiter gehende Ansprüche, die sich für den Zeitraum vom 1. Januar bis 30. Juni 2012 aus dem am 12. Dezember 2011 abgeschlossenen ETV Nr. 4 VPKA ergeben könnten, hat die Klägerin nicht geltend gemacht.

37

III. Der Beklagte hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

        

    Eylert    

        

    Klose    

        

    Rinck    

        

        

        

    Lippok    

        

    Krüger    

                 

(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt.

(2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder
2.
das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

(3) Der Berufungskläger hat den Wert nach Absatz 2 Nr. 1 glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf er nicht zugelassen werden.

(4) Das Gericht des ersten Rechtszuges lässt die Berufung zu, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und
2.
die Partei durch das Urteil mit nicht mehr als 600 Euro beschwert ist.
Das Berufungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

Die Feststellung kann nach Grund, Betrag und Rang der Forderung nur in der Weise begehrt werden, wie die Forderung in der Anmeldung oder im Prüfungstermin bezeichnet worden ist.

(1) Die Insolvenzgläubiger haben ihre Forderungen schriftlich beim Insolvenzverwalter anzumelden. Der Anmeldung sollen die Urkunden, aus denen sich die Forderung ergibt, in Abdruck beigefügt werden. Zur Vertretung des Gläubigers im Verfahren nach diesem Abschnitt sind auch Personen befugt, die Inkassodienstleistungen erbringen (registrierte Personen nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Rechtsdienstleistungsgesetzes).

(2) Bei der Anmeldung sind der Grund und der Betrag der Forderung anzugeben sowie die Tatsachen, aus denen sich nach Einschätzung des Gläubigers ergibt, dass ihr eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung, eine vorsätzliche pflichtwidrige Verletzung einer gesetzlichen Unterhaltspflicht oder eine Steuerstraftat des Schuldners nach den §§ 370, 373 oder § 374 der Abgabenordnung zugrunde liegt.

(3) Die Forderungen nachrangiger Gläubiger sind nur anzumelden, soweit das Insolvenzgericht besonders zur Anmeldung dieser Forderungen auffordert. Bei der Anmeldung solcher Forderungen ist auf den Nachrang hinzuweisen und die dem Gläubiger zustehende Rangstelle zu bezeichnen.

(4) Die Anmeldung kann durch Übermittlung eines elektronischen Dokuments erfolgen, wenn der Insolvenzverwalter der Übermittlung elektronischer Dokumente ausdrücklich zugestimmt hat. Als Urkunde im Sinne des Absatzes 1 Satz 2 kann in diesem Fall auch eine elektronische Rechnung übermittelt werden. Auf Verlangen des Insolvenzverwalters oder des Insolvenzgerichts sind Ausdrucke, Abschriften oder Originale von Urkunden einzureichen.

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 17. Februar 2011 - 11 Sa 567/10 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Vergütungsansprüche.

2

Der 1981 geborene Kläger nahm von 2002 bis Anfang 2009 Dienste als Rettungssanitäter für die Rettungswache R wahr. Diese Rettungswache wurde bis zum 31. Dezember 2006 durch den DRK-Kreisverband K e. V. betrieben und ab 1. Januar 2007 dem Beklagten zu 1. zugeordnet. Zum 1. April 2008 übertrug der Beklagte zu 1. den Betriebsbereich Rettungsdienst auf die von ihm gegründete Beklagte zu 2. Die Arbeitsverträge des Klägers wurden nicht schriftlich niedergelegt.

3

Die Beklagte zu 2. ist in der Wirtschaftsregion Westpfalz, die dem Rettungsdienstbereich Kaiserslautern iSd. § 4 RettDG Rheinland-Pfalz entspricht, die einzige im Rettungsdienstbereich tätige DRK-Anbieterin. Sie führte 2008 83 % aller rettungsdienstlichen Einsatzfahrten durch.

4

Der Kläger ist seit Mai 2008 Mitglied der Gewerkschaft ver.di mit Tarifbindung ab Juni 2008. Die Beklagten sind Mitglieder der Landestarifgemeinschaft des Deutschen Roten Kreuzes in Rheinland-Pfalz, die nach § 1 Abs. 3 ihrer Satzung wiederum Mitglied der Bundestarifgemeinschaft des Deutschen Roten Kreuzes ist. Der zwischen der Bundestarifgemeinschaft des Deutschen Roten Kreuzes und der Gewerkschaft ver.di abgeschlossene DRK-Reformtarifvertrag vom 22. Dezember 2006 enthält in Anlage 5 Sonderregelungen für geringfügig Beschäftigte. § 3 der Anlage 5 bestimmt in der auf die Rettungssanitäter anwendbaren VergGr. III in der seit dem 1. Januar 2007 geltenden Fassung ein Stundenentgelt von 8,00 Euro. § 41 DRK-Reformtarifvertrag regelt eine sechsmonatige Ausschlussfrist.

5

Der Kläger und ca. 200 weitere in gleicher Weise eingesetzte Rettungsassistenten bzw. -sanitäter durchweg Mitarbeiter im Nebenerwerb oder Studenten, konnten sich - nach Eintragung der Vollzeitbeschäftigten in den Jahresdienstplan - auf die noch 20 bis 30 % offenen Dienste bei den Wachleitern „bewerben“. Hierzu trugen sie sich im Vormonat im PC der Rettungswache ein oder teilten dem Wachenleiter fernmündlich mit, an welchen Tagen/Nächten des folgenden Monats sie Dienste leisten könnten. Aus den so angegebenen Diensten wählte der Wachenleiter aus und teilte kurz vor Beginn des nächsten Monats mit, ob und wenn ja welche und wie viele Dienste der jeweilige Rettungsassistent bzw. -sanitäter bekommen habe. Darüber hinaus riefen die Beklagten bei (zB krankheitsbedingtem) Ausfall eines Vollzeitbeschäftigten den Kläger oder andere Rettungsassistenten bzw. -sanitäter kurzfristig an und fragten deren Bereitschaft ab, den Dienst zu übernehmen. Zur Übernahme eines solchen Dienstes bestand keine Verpflichtung. Auch eine Stornierung bereits übernommener Dienste durch die einzelnen Rettungsassistenten bzw. -sanitäter war möglich.

6

Bis zum 31. Dezember 2007 zahlte der Beklagte zu 1. an den Kläger 3,20 Euro für Nachtdienststunden und 5,20 Euro für Tagdienststunden, ab dem 1. Januar 2008 ein einheitliches Stundenentgelt von 5,11 Euro. Letzteres zahlte auch die Beklagte zu 2. ab 1. April 2008.

7

Der Kläger und die Beklagte zu 2. führten einen Rechtsstreit, in dem die Anträge des Klägers auf Feststellung eines ungekündigten Arbeitsverhältnisses sowie auf Zahlung von Annahmeverzugsvergütung für die Zeit von Januar bis Juni 2009 rechtskräftig abgewiesen wurden.

8

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, das gezahlte Entgelt sei sittenwidrig, weil ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vorliege und ein strukturelles Ungleichgewicht zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bestehe. Er habe in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis gestanden, welches vom DRK-Kreisverband K e. V. auf den Beklagten zu 1. und sodann auf die Beklagte zu 2. übergegangen sei, so dass die Beklagten als Gesamtschuldner auch für die Ansprüche aus 2005 und 2006 hafteten.

9

Die Forderung von Arbeitsentgelt für Januar 2009 hat der Kläger erstmals mit der Klageänderung vom 29. Juni 2010 geltend gemacht.

10

Der Kläger hat - soweit für die Revision von Interesse - zuletzt sinngemäß beantragt,

        

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 8.665,28 Euro brutto nebst Zinsen zu zahlen.

        

Hilfsweise

        

a)    

den Beklagten zu 1. zu verurteilen, an den Kläger 5.301,68 Euro brutto nebst Zinsen zu zahlen und

        

b)    

die Beklagte zu 2. zu verurteilen, an den Kläger weitere 317,69 Euro brutto nebst Zinsen zu zahlen.

11

Die Beklagten haben Klageabweisung beantragt. Ansprüche aus 2005 und 2006 müssten sie nicht erfüllen, weil kein mit dem DRK-Kreisverband K e. V. bestehendes Arbeitsverhältnis auf den Beklagten zu 1. übergegangen sei. Die Vergütung sei auch nicht sittenwidrig gewesen.

12

Das Arbeitsgericht hat der Klage - soweit sie in die Revisionsinstanz gelangt ist - stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seine zuletzt gestellten Anträge weiter.

Entscheidungsgründe

13

I. Die Revision ist gemäß § 551 Abs. 3 Nr. 2 ZPO unzulässig, soweit der Kläger mit dem Hauptantrag weiterhin die Verurteilung der Beklagten als Gesamtschuldner für Ansprüche aus den Jahren 2007 und 2008 begehrt. Das Landesarbeitsgericht hat insoweit eine gesamtschuldnerische Haftung der Beklagten unter II. 2.5. und II. 1. der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verneint, weil die Voraussetzungen eines bei Betriebsübergang bestehenden Arbeitsverhältnisses nach § 613a BGB nicht vorlägen. Hiermit setzt sich die Revisionsbegründung nicht auseinander. Die Ausführungen unter II. 1. der Revisionsbegründung betreffen ausdrücklich nur die Ansprüche aus den Jahren 2005 und 2006 und damit einen anderen Streitgegenstand.

14

II. Im Übrigen ist die Revision des Klägers unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage in Höhe der noch streitigen Ansprüche zu Recht abgewiesen.

15

1. Die mit dem Hauptantrag geltend gemachten Ansprüche für 2005 und 2006 bestehen nicht. Die Beklagten haften nicht als Gesamtschuldner für Ansprüche aus den Jahren 2005 und 2006. In diesem Zeitraum bestand weder zum Beklagten zu 1. noch zu der Beklagten zu 2. ein Arbeitsverhältnis. Auch eine Haftung gemäß § 613a Abs. 2 BGB scheidet aus, weil kein Arbeitsverhältnis des Klägers zum DRK-Kreisverband K e. V. infolge eines Betriebsübergangs gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf den Beklagten zu 1. übergegangen ist. Ein Arbeitsverhältnis ist auch nicht vom Beklagten zu 1. auf die Beklagte zu 2. gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB übergegangen, so dass auch eine gesamtschuldnerische Haftung der Beklagten untereinander ausscheidet. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass der Kläger lediglich im Rahmen auf den konkreten Einsatz bezogener, befristeter Ein-Tages-Arbeitsverhältnisse beschäftigt war, die zum Zeitpunkt der jeweiligen Betriebsübergänge nicht mehr bestanden.

16

a) Der Kläger und der DRK-Kreisverband K e. V. haben weder ausdrücklich noch konkludent einen unbefristeten Arbeitsvertrag abgeschlossen.

17

aa) Notwendige Voraussetzung für die Annahme eines Arbeitsverhältnisses ist nach § 611 Abs. 1 BGB, dass sich der Arbeitnehmer vertraglich zur Leistung von Diensten verpflichtet(BAG 31. Juli 2002 - 7 AZR 181/01 - zu B 1 a der Gründe, AP TzBfG § 4 Nr. 2 = EzA TzBfG § 12 Nr. 1). Allerdings muss die Arbeitsleistung nicht schon von vornherein im Einzelnen festgelegt sein. Die arbeitsvertragliche Vereinbarung kann auch beinhalten, dass der Arbeitgeber die konkrete Verpflichtung zur Arbeitsleistung erst durch eine einseitige, gemäß § 106 Satz 1 GewO zu treffende Weisung auslöst(vgl. BAG 31. Juli 2002 - 7 AZR 181/01 - aaO). Ebenso kann vereinbart werden, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung entsprechend dem Arbeitsanfall zu erbringen hat (vgl. § 12 Abs. 1 Satz 1 TzBfG). Demgegenüber ist ein Vertrag, der keine Verpflichtung zur Dienstleistung begründet, kein Dienstvertrag und damit auch kein Arbeitsvertrag (BAG 15. Februar 2012 - 10 AZR 111/11 - Rn. 15, NZA 2012, 733; 12. November 2008 - 7 ABR 73/07 - Rn. 18; 16. April 2003 - 7 AZR 187/02 - zu I 1 der Gründe, BAGE 106, 79; 31. Juli 2002 - 7 AZR 181/01 - aaO). Ob ein unbefristeter Arbeitsvertrag oder einzelne, jeweils befristete Arbeitsverträge geschlossen werden, richtet sich allein nach dem Parteiwillen. Dieser kann sich aus den ausdrücklichen Erklärungen der Vertragsparteien, aber auch aus der praktischen Handhabung der Vertragsbeziehungen ergeben, soweit sie Rückschlüsse auf den Willen der Vertragsparteien zulassen (BAG 31. Juli 2002 - 7 AZR 181/01 - aaO; 13. Februar 1985 - 7 AZR 345/82 - zu B I 1 der Gründe).

18

bb) Hiernach stand der Kläger nicht in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis. Er hat keine dauerhaften Dienste zugesagt und sich nicht dauerhaft zur Erbringung von Diensten verpflichtet. Den Beklagten wurde auch nicht das Recht eingeräumt, durch Ausübung eines Leistungsbestimmungsrechts die konkrete Leistungspflicht des Klägers herbeizuführen (BAG 15. Februar 2012 - 10 AZR 111/11 - Rn. 18; 16. April 2003 - 7 AZR 187/02 - zu I 1 der Gründe, BAGE 106, 79). Die tatsächliche Durchführung der Tätigkeit des Klägers lässt nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ebenfalls nicht darauf schließen, dass dem Arbeitgeber über den einzelnen vereinbarten Einsatz hinaus das Recht eingeräumt werden sollte, einseitig die konkrete Leistungspflicht des Klägers herbeizuführen. Die Initiative zur Ableistung eines Dienstes ging - ausgenommen von kurzfristigen Krankheitsvertretungen - regelmäßig vom Kläger aus. Dieser bewarb sich durch die Eintragung im PC der Rettungswache oder durch telefonische Mitteilung um bestimmte Dienste. In der Bereitstellung eines leeren Dienstplanformulars - oder wie hier, der Möglichkeit, sich im PC für einen Dienst einzutragen - ist nichts anderes zu sehen als die Mitteilung, dass der Arbeitgeber grundsätzlich bereit ist, mit den eingetragenen dienstbereiten Personen für den Fall seines konkreten Bedarfs und für den Fall der persönlichen Eignung auf Dauer des Einsatzes begrenzte Arbeitsverträge abzuschließen (vgl. BAG 13. Januar 1993 - 5 AZR 54/92 - zu II der Gründe, ZTR 1993, 248). Der Kläger war auch nicht verpflichtet, sich stets für eine bestimmte Anzahl von Diensten zu bewerben. Die Parteien hatten keinen festen (Mindest-)Umfang der monatlichen oder jährlichen Arbeitszeit vereinbart. Die mittel- und längerfristig erbrachte Arbeitszeit unterlag vielmehr deutlichen Schwankungen.

19

Auch die einzelnen Tage, an denen der Kläger tätig wurde, variierten. Er konnte zudem nicht gegen seinen Willen zu einem Dienst eingeteilt werden. Es bedurfte immer einer einvernehmlichen Einigung. Bezüglich des konkreten Arbeitseinsatzes bestand das Konsensprinzip (BAG 15. Februar 2012 - 10 AZR 111/11 - Rn. 20, NZA 2012, 733). Schließlich war er sogar berechtigt, kurzfristig Dienste, für die er bereits eingeteilt war, wieder zu stornieren. All dies spricht gegen die Annahme, der Kläger habe den Willen erklärt, sich dauerhaft zu einer Arbeitsleistung zu verpflichten.

20

Aus den monatlichen Entgeltabrechnungen und der Anmeldung bei der Bayerischen Versorgungskammer zur Zusatzversorgung lässt sich ebenfalls kein unbefristetes Arbeitsverhältnis schließen. Entsprechende Handhabungen liegen auch bei häufig wiederkehrenden, jeweils kurzzeitig befristeten Arbeitsverhältnissen nahe und sprechen nicht für ein unbefristetes Dauerarbeitsverhältnis (vgl. BAG 31. Juli 2002 - 7 AZR 181/01 - zu B 1 b der Gründe, AP TzBfG § 4 Nr. 2 = EzA TzBfG § 12 Nr. 1; 30. Oktober 1991 - 7 AZR 653/90 - zu I b der Gründe).

21

b) Die auf den jeweiligen Einsatz bezogenen Ein-Tages-Arbeitsverhältnisse stellen nach ihrem objektiven Geschäftsinhalt keine unzulässige, zu einem unbefristeten Dauerarbeitsverhältnis führende Vertragsgestaltung dar. Es liegt weder eine Gesetzesumgehung noch der Missbrauch einer an sich zulässigen rechtlichen Gestaltungsmöglichkeit vor. Die Arbeitsvertragsparteien sind nicht gezwungen, statt Einzelarbeitsverträgen ein Abrufarbeitsverhältnis nach § 12 TzBfG zu begründen. § 12 TzBfG verbietet den Abschluss jeweils befristeter Einzelarbeitsverträge nicht. Auch kann der Arbeitnehmer ein Interesse an einer solchen Vertragskonstruktion haben; denn er kann dadurch über seine Zeit frei verfügen und läuft nicht Gefahr, dass seine anderweitigen Dispositionen und Verpflichtungen mit der Verpflichtung zur Arbeitsleistung kollidieren (grundlegend BAG 31. Juli 2002 - 7 AZR 181/01 - zu B 3 a der Gründe mwN, AP TzBfG § 4 Nr. 2 = EzA TzBfG § 12 Nr. 1; zuletzt 15. Februar 2012 - 10 AZR 111/11 - Rn. 22 ff. mwN, NZA 2012, 733). Der durch Art. 12 Abs. 1 GG gebotene Bestandsschutz wird nicht in unzulässiger Weise beseitigt oder beschränkt. Es unterliegt der vollen Überprüfung durch die Arbeitsgerichte, ob eine Verpflichtung zur Erbringung von Arbeitsleistung und damit ein Arbeitsverhältnis begründet wird. Auch wenn dies nicht der Fall ist, unterliegen die zwischen den Parteien geschlossenen Einzelvereinbarungen der arbeitsgerichtlichen Befristungskontrolle (vgl. BAG 16. April 2003 - 7 AZR 187/02 - zu I 2 der Gründe, BAGE 106, 79). Nach dem TzBfG kommt es nicht darauf an, ob die Wartezeit des § 1 KSchG erfüllt ist(BAG 6. November 2003 - 2 AZR 690/02 - zu B I 2 a der Gründe, BAGE 108, 269).

22

c) Der Senat kann eine abschließende Sachentscheidung treffen. Es besteht keine Verpflichtung, ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union (im Folgenden: EuGH) zu richten ( Art. 267 AEUV ). Die vom Kläger aufgeworfene Frage, ob auch in Zeiten zwischen dem Ablauf eines befristeten Arbeitsverhältnisses und der Neubegründung eines weiteren befristeten Arbeitsverhältnisses von einem bestehenden Arbeitsverhältnis iSd. Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 2001/23/EG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen auszugehen ist, wenn in diesem Zeitraum ein Betriebsübergang stattfindet, ist unzweifelhaft aus dem Wortlaut der Richtlinie heraus zu beantworten und zudem vom EuGH geklärt(vgl. EuGH 6. Oktober 1982 - C-283/81 - [C.I.L.F.I.T. ua.] Slg. 1982, 3415; BVerfG 30. August 2010 - 1 BvR 1631/08  - Rn. 56, NJW 2011, 288 ; 4. Oktober 2011 - 1 BvL 3/08 - Rn. 51, NJW 2012, 45).

23

aa) Die Betriebsübergangsrichtlinie basiert auf einem einzelstaatlichen Arbeitnehmerbegriff, Art. 2 Abs. 2 Buchst. a, b der Richtlinie 2001/23/EG. Der EuGH entschied bereits zur Vorgängerrichtlinie 77/187/EWG in der Rechtssache Danmols Inventar (11. Juli 1985 - C-105/84 - Slg. 1985, 2639), dass eine gemeinschaftsrechtliche Definition des Arbeitnehmerbegriffs nicht erforderlich sei. Art. 2 der Richtlinie 2001/23/EG schrieb diese Rechtsprechung fest. Arbeitnehmer ist hiernach zunächst jede Person, die in dem betreffenden Mitgliedstaat aufgrund des einzelstaatlichen Arbeitsrechts geschützt ist. Nach Art. 2. Abs. 2 der Richtlinie 2001/23/EG lässt diese das einzelstaatliche Recht in Bezug auf die Begriffsbestimmung des Arbeitsvertrags oder des Arbeitsverhältnisses unberührt. Die Mitgliedstaaten können vom Anwendungsbereich der Richtlinie lediglich Arbeitsverträge und Arbeitsverhältnisse nicht allein deshalb ausschließen, weil entweder a) nur eine bestimmte Anzahl von Arbeitsstunden geleistet wird oder zu leisten ist oder b) es sich um Arbeitsverhältnisse aufgrund eines befristeten Arbeitsvertrags iSv. Art. 1 Nr. 1 der Richtlinie 91/383/EWG des Rates vom 25. Juni 1991 zur Ergänzung der Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes von Arbeitnehmern mit befristetem Arbeitsverhältnis oder Leiharbeitsverhältnis handelt oder aber c) es sich um Leiharbeitsverhältnisse iSv. Art. 1 Nr. 2 der Richtlinie 91/383/EWG und bei dem übertragenen Unternehmen oder dem übertragenen Betrieb oder Unternehmens- bzw. Betriebsteil als Verleihunternehmen oder Teil eines Verleihunternehmens um den Arbeitgeber handelt.

24

bb) Damit folgt bereits unmittelbar aus dem Wortlaut der geänderten Betriebsübergangsrichtlinie 2001/23/EG, dass nur die Arbeitnehmer geschützt werden, bei denen zum Zeitpunkt des Übergangs ein Arbeitsvertrag oder ein Arbeitsverhältnis besteht, und dass die Frage, ob zu diesem Zeitpunkt ein Vertrag oder ein Arbeitsverhältnis bestehe oder nicht, nach dem innerstaatlichen Recht zu beurteilen ist (EuGH 15. September 2010 - C-386/09 - [Briot] AP Richtlinie 2001/23/EG Nr. 6 unter Bezugnahme auf 15. Juni 1988 - C-101/87 - [Bork International ua.] Slg. 1988, 3057; vgl. auch Ziegler Arbeitnehmerbegriffe im Europäischen Arbeitsrecht S. 213 ff.; Wank EuZA 2008, 184, 193; Lunk/Rodenbusch GmbHR 2012, 188, 190 f.).

25

cc) Die Parteien haben gerade kein unbefristetes Abrufarbeitsverhältnis iSd. § 12 TzBfG abgeschlossen. Die jeweils auf den einzelnen Dienst bezogenen Befristungen standen zudem in keinem Zusammenhang mit den Betriebsübergängen. Die Konstruktion der befristeten Ein-Tages-Arbeitsverhältnisse wurden vom DRK-Kreisverband K e. V. und dem Kläger schon Jahre vor dem Betriebsübergang praktiziert. Die letzte Befristung endete auch nicht zeitgleich mit dem Betriebsübergang am 31. Dezember 2006, sondern mit Ablauf des Tages, an dem der Kläger im Jahre 2006 seinen letzten Dienst für den DRK-Kreisverband K e. V. verrichtete. Fehlt es aber schon an einem Zusammenhang der Befristung mit dem Betriebsübergang, wurden durch die Vertragswahl der Befristung auch keine zwingenden Vorschriften der Richtlinie 2001/23/EG über den Schutz der Arbeitnehmer gegen eine wegen des Übergangs erfolgten Kündigung missachtet.

26

dd) Die vom Kläger angezogene Entscheidung des EuGH vom 20. September 2007 (- C-116/06 - [Kiiski] Slg. 2007, I-7643) betrifft nicht die Auslegung des Arbeitnehmerbegriffs iSd. Richtlinie 2001/23/EG, sondern den Begriff der „schwangeren Arbeitnehmerin“ iSd. Art. 2 der Richtlinie 92/85/EWG und den der Richtlinie 76/207/EWG des Rates vom 9. Februar 1976 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen. Dort gilt aber ein anderer Arbeitnehmerbegriff (vgl. EuGH 19. März 2002 - C-476/99 - [Lommers] Slg. 2002, I-2891; 7. Dezember 2000 - C-79/99 - [Schnorbus] Slg. 2000, I-10997). Die in der Entscheidung des EuGH vom 20. September 2007 (- C-116/06 - [Kiiski] aaO) zitierten weiteren Urteile des EuGH betrafen durchweg den Arbeitnehmerbegriff iSd. Art. 48 EWG-Vertrag bzw. iSd. Art. 39 EGV (Freizügigkeit der Arbeitnehmer). Auch dort gilt aber ein eigenständiger Arbeitnehmerbegriff (vgl. EuGH 23. März 1982 - C-53/81 - [Levin] Slg. 1982, 1035).

27

ee) Die Überprüfung einer missbräuchlichen Verwendung aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge aufgrund anderer Bestimmungen des Unionsrechts, insbesondere der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zu der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge, kommt nicht in Betracht (zu dieser Anforderung EuGH 15. September 2010 - C-386/09 - [Briot] Rn. 36, AP Richtlinie 2001/23/EG Nr. 6). Zwar waren die einzelnen Befristungen der Arbeitsverträge schon mangels Einhaltung der Schriftform des § 14 Abs. 4 TzBfG unwirksam. Sie gelten jedoch gemäß § 17 Satz 2 TzBfG iVm. § 7 KSchG als wirksam, weil der Kläger keine Befristungskontrollklagen erhob(§ 17 Satz 1 TzBfG).

28

2. Der Kläger hat keine Ansprüche auf Differenzvergütung gegen den Beklagten zu 1. für die Zeit vom 1. Januar bis zum 31. März 2008 und gegen die Beklagte zu 2. für die Zeit vom 1. April bis zum 31. Mai 2008.

29

a) Die zwischen den Parteien getroffenen Entgeltvereinbarungen waren nicht wegen Lohnwuchers unwirksam. Nach § 138 Abs. 2 BGB ist ein Rechtsgeschäft nichtig, durch das sich jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit oder des Mangels an Urteilsvermögen eines anderen für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Tatbestand des Lohnwuchers nicht erfüllt sei, weil der Kläger nicht dargelegt habe, dass die Beklagten eine Zwangslage oder seine Unerfahrenheit ausgebeutet hätten. Gegen diese Würdigung werden von der Revision keine Einwände erhoben.

30

b) Zu Recht hat das Berufungsgericht die Voraussetzungen eines wucherähnlichen Geschäfts iSd. § 138 Abs. 1 BGB verneint. Ein wucherähnliches Geschäft liegt vor, wenn Leistung und Gegenleistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen und weitere sittenwidrige Umstände wie zB eine verwerfliche Gesinnung des durch den Vertrag objektiv Begünstigten hinzutreten (BAG 22. April 2009 - 5 AZR 436/08 - Rn. 9, BAGE 130, 338; 26. April 2006 - 5 AZR 549/05 - BAGE 118, 66; BGH 13. Juni 2001 - XII ZR 49/99 - zu 4 b der Gründe, NJW 2002, 55, jeweils mwN).

31

aa) Im Streitfall standen Leistung und Gegenleistung in einem auffälligen Missverhältnis. Damit ist der objektive Tatbestand des wucherähnlichen Geschäfts erfüllt.

32

(1) Das auffällige Missverhältnis bestimmt sich nach dem objektiven Wert der Leistung des Arbeitnehmers. Ausgangspunkt der Wertbestimmung sind hierbei in der Regel die Tarifentgelte des jeweiligen Wirtschaftszweigs. Sie drücken den objektiven Wert der Arbeitsleistung aus, wenn sie in dem betreffenden Wirtschaftsgebiet üblicherweise gezahlt werden (BAG 22. April 2009 - 5 AZR 436/08 - Rn. 14, BAGE 130, 338; 18. April 2012 - 5 AZR 630/10 -). Von der Üblichkeit der Tarifvergütung kann ohne weiteres ausgegangen werden, wenn mehr als 50 % der Arbeitgeber eines Wirtschaftsgebiets tarifgebunden sind oder wenn die organisierten Arbeitgeber mehr als 50 % der Arbeitnehmer eines Wirtschaftsgebiets beschäftigen (vgl. BAG 22. April 2009 - 5 AZR 436/08 - Rn. 24, aaO; LAG Mecklenburg-Vorpommern 2. November 2010 - 5 Sa 91/10 - Rn. 55).

33

(2) Die vom Kläger angezogene tarifliche Vergütung ist die im Wirtschaftsgebiet übliche. Nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten ist die tarifgebundene Beklagte zu 2. Marktführerin mit 83 % aller rettungsdienstlichen Einsätze der Region. Zugunsten des Klägers ist mit dem Landesarbeitsgericht deshalb davon auszugehen, dass sie als tarifgebundene Arbeitgeberin des Wirtschaftsgebiets mehr als 50 % der (vergleichbaren) Arbeitnehmer beschäftigte.

34

(3) Das Missverhältnis der Vergütung des Klägers zu der tariflichen Vergütung war in den Jahren 2007 und 2008 auffällig, denn diese lag unterhalb der maßgeblichen Grenze von zwei Dritteln des Tarifentgelts (vgl. BAG 22. April 2009 - 5 AZR 436/08 - Rn. 17, BAGE 130, 338 und BGH 22. April 1997 - 1 StR 701/96 - BGHSt 43, 53).

35

bb) Die Beklagten handelten, wie das Landesarbeitsgericht zu Recht ausgeführt hat, nicht in verwerflicher Gesinnung. Damit fehlt der subjektive Tatbestand des wucherähnlichen Geschäfts.

36

(1) Kann ein besonders grobes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung festgestellt werden, weil der Wert der Leistung (mindestens) doppelt so hoch ist wie der Wert der Gegenleistung, gestattet dies den tatsächlichen Schluss auf eine verwerfliche Gesinnung des Begünstigten (vgl. BAG 22. April 2009 - 5 AZR 436/08 - Rn. 27, BAGE 130, 338 unter Hinweis auf BGH 13. Juni 2001 - XII ZR 49/99 - zu 4 b der Gründe, NJW 2002, 55; BGH 8. März 2012 - IX ZR 51/11 - Rn. 13 mwN, NJW 2012, 2099; 9. Oktober 2009 - V ZR 178/08 - Rn. 12, NJW 2010, 363). Dann bedarf es zwar noch der Behauptung der verwerflichen Gesinnung (BGH 9. Oktober 2009 - V ZR 178/08 - Rn. 11, aaO), doch sind an diesen Vortrag keine hohen Anforderungen zu stellen. Es genügt, dass die benachteiligte Vertragspartei sich auf die tatsächliche Vermutung einer verwerfliche Gesinnung der anderen Vertragspartei beruft ( BGH 9. Oktober 2009 - V ZR 178/08 - Rn. 19, aaO; 8. März 2012 - IX ZR 51/11 - Rn. 19, aaO).

37

(2) Die mit einem besonders groben Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung begründete tatsächliche Vermutung der verwerflichen Gesinnung des begünstigten Vertragsteils kann im Einzelfall durch besondere Umstände erschüttert werden. Insoweit trägt die begünstigte Vertragspartei die Darlegungs- und Beweislast (BGH 10. Februar 2012 - V ZR 51/11 - Rn. 10 mwN, NJW 2012, 1570; 29. Juni 2007 -  V ZR 1/06  - NJW 2007, 2841 ).

38

(3) Liegt ein besonders grobes Missverhältniss von Leistung und Gegenleistung nicht vor, bedarf es zusätzlicher Umstände, aus denen geschlossen werden kann, der Arbeitgeber habe die Not oder einen anderen den Arbeitnehmer hemmenden Umstand in verwerflicher Weise zu seinem Vorteil ausgenutzt. Dafür ist der Arbeitnehmer darlegungs- und beweispflichtig.

39

cc) Im Streitfall ist eine verwerfliche Gesinnung der Beklagten nicht festzustellen. Der Kläger hat diese nicht im Einzelnen dargelegt, sondern lediglich pauschal auf ein strukturelles Ungleichgewicht zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer sowie das Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung hingewiesen. Zugunsten des Klägers streitet, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, auch keine tatsächliche Vermutung einer verwerflichen Gesinnung aufgrund eines besonders groben Missverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung, denn der Wert der von ihm erbrachten Arbeitsleistung war nicht (mindestens) doppelt so hoch ist wie die gezahlte Vergütung.

40

Die unstreitigen Gesamtumstände belegen nicht, dass die Beklagten als überlegene Vertragsparteien eine schwächere Lage des Klägers bewusst zu ihrem Vorteil ausgenutzt oder sich leichtfertig der Einsicht verschlossen haben, der Kläger lasse sich nur wegen seiner schwächeren Lage oder unter dem Zwang der Verhältnisse auf die ungünstigen Bedingungen ein. Das Gegenteil ist der Fall. Der zu Beginn des Klagezeitraums immerhin 23-jährige Kläger akzeptierte, wie 200 andere in gleicher Weise eingesetzten und häufig ehrenamtlich tätigen Rettungsassistenten bzw. -sanitäter, durchweg Mitarbeiter im Nebenerwerb oder Studenten, die Vertragsbedingungen bei jedem Einsatz immer wieder neu. Die Bedingungen waren bekannt. Dass der Kläger sie jeweils unter einem irgend gearteten Druck und aus einer Notsituation heraus annahm, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Zudem ist im Rahmen des § 138 Abs. 1 BGB zu beachten, dass die Beklagten als Untergliederungen des Deutschen Roten Kreuzes ausschließlich gemeinnützige und mildtätige Zwecke iSd. §§ 51 ff. AO verfolgen. Zu einer Gewinnerzielung sind sie nicht berechtigt.

41

3. Der Kläger kann von der Beklagten zu 2. keine Vergütung für Januar 2009 beanspruchen.

42

a) Es kann offenbleiben, ob die Ansprüche bereits im Vorprozess rechtskräftig abgewiesen wurden. Die Ansprüche sind jedenfalls nach § 41 des DRK-Reformtarifvertrags verfallen. Der Kläger hat die auf § 611 BGB gestützten, mit tatsächlicher Arbeitsleistung begründeten Ansprüche erstmals mit Schriftsatz vom 29. Juni 2010 beziffert geltend gemacht. Das Schreiben vom 23. Mai 2008 wahrte die Ausschlussfrist nicht, weil zu diesem Zeitpunkt ein Vergütungsanspruch des Klägers für den Monat Januar 2009 überhaupt noch nicht entstanden war (vgl. BAG 10. Juli 2003 - 6 AZR 283/02 - zu 3 a der Gründe, EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 168; 20. Juli 1989 - 6 AZR 774/87 - zu III 3 a der Gründe, ZTR 1990, 155).

43

b) Das Berufen auf die Ausschlussfrist ist nicht treuwidrig iSd. § 242 BGB. Dies käme nur in Betracht, wenn die zum Verfall des Anspruchs führende Untätigkeit durch ein positives Tun oder pflichtwidriges Unterlassen der Gegenpartei veranlasst worden ist (BAG 13. Oktober 2010 - 5 AZR 648/09 - Rn. 19 f., AP BGB § 814 Nr. 2 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 199; 15. Juli 2009 - 5 AZR 867/08 - Rn. 30, BAGE 131, 215; 18. November 2004 - 6 AZR 651/03 - zu 6 a der Gründe, BAGE 112, 351; 5. Juni 2003 - 6 AZR 249/02 - zu II 2 c aa der Gründe mwN, EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 167). Die Beklagte zu 2. hat den Kläger von einer Geltendmachung der Ansprüche nicht abgehalten. Als die Vergütung für den Monat Januar 2009 fällig wurde, hatte der gewerkschaftlich vertretene Kläger bereits die Vergütung für Juni bis Dezember 2008 eingeklagt. Dass er die Vergütung für im Januar 2009 geleistete Dienste nicht geltend gemacht hat, lag nicht an einem treuwidrigen Verhalten der Beklagten zu 2., sondern daran, dass er während der gesamten Dauer des Vorprozesses lediglich Annahmeverzugsansprüche für Januar 2009 mit der Begründung forderte, er sei 2009 nicht mehr zum Dienst eingeteilt worden.

44

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    S. Röth-Ehrmann    

        

    A. Christen    

                 

(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.

Die vorbereitenden Schriftsätze sollen enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und ihrer gesetzlichen Vertreter nach Namen, Stand oder Gewerbe, Wohnort und Parteistellung; die Bezeichnung des Gerichts und des Streitgegenstandes; die Zahl der Anlagen;
1a.
die für eine Übermittlung elektronischer Dokumente erforderlichen Angaben, sofern eine solche möglich ist;
2.
die Anträge, welche die Partei in der Gerichtssitzung zu stellen beabsichtigt;
3.
die Angabe der zur Begründung der Anträge dienenden tatsächlichen Verhältnisse;
4.
die Erklärung über die tatsächlichen Behauptungen des Gegners;
5.
die Bezeichnung der Beweismittel, deren sich die Partei zum Nachweis oder zur Widerlegung tatsächlicher Behauptungen bedienen will, sowie die Erklärung über die von dem Gegner bezeichneten Beweismittel;
6.
die Unterschrift der Person, die den Schriftsatz verantwortet, bei Übermittlung durch einen Telefaxdienst (Telekopie) die Wiedergabe der Unterschrift in der Kopie.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 14. Oktober 2010 - 6 Sa 343/10 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten - soweit für die Revision von Interesse - über die Vergütung von Überstunden.

2

Der Kläger war vom 14. April 2008 bis zum 13. April 2009 bei der Beklagten aufgrund eines auf diesen Zeitraum befristeten Arbeitsvertrags als Kraftfahrer in der Lebendtierabteilung beschäftigt. Der Arbeitsvertrag enthält ua. folgende Regelungen:

        

„Arbeitsvertrag

                 
        

(außertariflich)

                 
        

…       

        
        

§ 2 Tätigkeit

        
        

1.    

Der Arbeitnehmer wird als Kraftfahrer eingestellt und ist mit allen einschlägigen Arbeiten nach näherer Anweisung der Geschäftsleitung bzw. der Vorgesetzten beschäftigt. Er ist verpflichtet, auch andere zumutbare Tätigkeiten zu verrichten. Der Arbeitnehmer verpflichtet sich zudem, während seiner Tätigkeit auf ihn zukommende Aufgaben gewissenhaft nach bestem Vermögen zu erfüllen, in jeder Hinsicht die Interessen der Firma zu wahren und seine ganze Arbeitskraft ausschließlich dem Unternehmen zu widmen.

        
        

§ 3 Vergütung

        
        

Die monatliche Vergütung des Arbeitnehmers errechnet sich wie folgt:

        
        

außertarifliches Grundgehalt/Monat (brutto):

1.100,00 €

                 
        

Euro in Worten.

Eintausendeinhundert

                                                              
        

Weiterhin erhalten Sie eine

                                            
                                                              
        

freiwillige Leistungs - und Sorgfaltsprämie/Tag (brutto):

10,00 €

                          
        

wenn und soweit unfall- und schadensfrei gefahren wird und Ordnung, Sauberkeit und Fahrzeugpflege voll gewahrt werden und fehlerfreie Fahrweise, geringen Dieselverbrauch und korrektes Auftreten beim Kunden stattfindet und festgestellt wird bei Nichteinhaltung der Voraussetzungen wird die Leistungsprämie widerrufen, siehe dazu auch den Sorgfaltskatalog.

        

freiwillige Treueprämie/Tag (brutto):

10,00 €

                          
        

für jeden gefahrenen Tag über 6 Stunden Fahr-/Lenkzeit

                 
        

freiwilliger Sonntagszuschlag/Tag (brutto):***

10,00 €

                          
                 

(steuer- u. sv-frei)

                          
        

für jeden gefahrenen Sonntag über 6 Stunden Fahr-/Lenkzeit

                 
        

freiwilliger Feiertagszuschlag/Tag (brutto):***

20,00 €

                          
                 

(steuer- u. sv-frei)

                          
        

für jeden gefahrenen Feiertag über 6 Stunden Fahr-/Lenkzeit

        
                          
        

freiwilliger Nachtzuschlag/Tag (brutto):***

10,00 €**

                 

(steuer- u. sv-frei)

        

für Nachtfahrten (in der Zeit von 22:00 - 4:00 Uhr)

        
                          
        

**    

Prämie gilt bei Besetzung der Fahrzeuge mit nur einem/ einer Fahrer/-in. Bei mehr Fahrern/Fahrerinnen wird die Prämie anteilig gezahlt.

                                                     
        

***     

wird solange steuer- und sozialversicherungsfrei gezahlt, wie es der Gesetzgeber zulässt

                                                     
                 

Bei Zusammentreffen mehrerer Zuschläge gilt der jeweils höhere Zuschlag. Die Abrechnung der Spesen erfolgt nach gesetzlichen Regelungen.

                                                     
                 
        

Die Vertragspartner sind sich darüber einig, dass eventuelle Mehrarbeit mit dem Gehalt pauschal abgegolten ist.

                 
        

1.    

Der Arbeitnehmer erhält die freiwillige Leistungsprämie i. H. v. 10,00 € je gefahrenen Tag für den sorgfältigen und gewissenhaften Umgang mit den ihr anvertrauten Fahrzeugen nebst den Transportbehältnissen, sowie für den ordnungsgemäßen Umgang mit den zu beförderten Tieren. Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, bei Unfällen, Verlusten und Beschädigungen unverzüglich unter Angabe sämtlicher Einzelheiten der Firma zu melden und hierüber spätestens einen Tag später schriftliche Meldung zu machen. Versäumt der Arbeitnehmer diese Meldung sowohl in mündlicher, als auch in schriftlicher Form, muss der Arbeitnehmer mit der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen rechnen, die aus einer verspäteten Meldung erwachsen können. Es gilt der jeweilige Sorgfaltskatalog. Ist der Fahrantritt ein Sonntag, wird dies dem Montag zugeordnet.

                          
        

…       

                                   
                                                     
        

§ 4 Arbeitszeit

                 
        

1.    

Der Beginn und das Ende der täglichen Arbeitszeit richtet sich nach der betrieblichen Ordnung. Im Falle betrieblicher Notwendigkeit erklärt sich der Arbeitnehmer mit einer geänderten Einteilung der Arbeitszeit einverstanden (z. B. Havarie).

        

2.    

In Fällen dringenden betrieblichen Bedarfs ist der Arbeitnehmer verpflichtet, vorübergehend Mehrarbeit (Überstunden) zu leisten.

        

3.    

Bei Gehaltsempfängern sind die Überstunden, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit durch Zahlung des Gehaltes pauschal abgegolten.

        

…“    

                                                              
3

Mit der am 23. September 2009 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage hat der Kläger zuletzt Vergütung von 978,5 Überstunden mit einem aus dem Grundgehalt abgeleiteten Stundensatz von 6,35 Euro brutto geltend gemacht. Er hat die Auffassung vertreten, die pauschale Abgeltung von Überstunden sei unwirksam. Mangels einer Regelung zum Umfang der Arbeitspflicht sei auf die betriebliche Arbeitszeit im Unternehmen der Beklagten abzustellen, die 40 Stunden pro Woche betrage. Der Kläger hat unter Vorlage und Berufung auf von ihm gefertigter Listen vorgebracht, an welchem Tag er zu welcher Uhrzeit seine Arbeit im Betrieb begonnen habe, wann er vom Betrieb allein oder mit anderen Fahrern zu welchen Orten oder Mästern gefahren, er wieder in den Betrieb zurückgekehrt sei und das Fahrzeug an den Schlachthof übergeben habe. Er hat behauptet, nach einer internen Anweisung seien die Kraftfahrer der Beklagten verpflichtet, 30 bis 60 Minuten vor der geplanten Abfahrt im Betrieb zu erscheinen und die notwendigen Arbeitsvorbereitungen (technische Überprüfung, Behebung von Mängeln, Betanken etc.) vorzunehmen. Beim jeweiligen Mäster müsse dessen Personal bei der Beladung des LKW unterstützt werden. Sämtliche Fahrten seien von der Beklagten angeordnet gewesen, und zwar im Wesentlichen von der Disponentin Frau H, bei deren Verhinderung von Herrn W.

4

Der Kläger hat zuletzt sinngemäß beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 6.213,50 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach bestimmter zeitlicher Staffelung zu zahlen.

5

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, die Vergütung von Überstunden sei mit dem vereinbarten Gehalt abgegolten. Zudem habe der Kläger einen eventuellen Vergütungsanspruch verwirkt. Die Arbeitszeit des Klägers habe sich gemäß § 4 Arbeitsvertrag nach der betrieblichen Ordnung - also bei Vollzeit 40 Wochenstunden/173,33 Monatsstunden - und, weil es sich beim Kläger um einen Fahrer bzw. Beifahrer von LKW mit mehr als 3,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht gehandelt habe, nach den gesetzlichen Bestimmungen für Fahrpersonal in § 21a ArbZG gerichtet. Danach sei eine Arbeitszeit von 48 Wochenstunden zulässig und die Beifahrerzeit nicht vergütungspflichtig. Überstunden habe sie weder angeordnet noch gebilligt.

6

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision des Klägers ist begründet.

8

I. Mit der Begründung des Landesarbeitsgerichts kann die Berufung des Klägers gegen das die Klage abweisende Urteil des Arbeitsgerichts nicht zurückgewiesen werden. Das Landesarbeitsgericht hat nicht beachtet, dass § 21a Abs. 3 ArbZG die Vergütung von Beifahrerzeiten nicht ausschließt, und zudem die Substantiierungslast des Arbeitnehmers im Überstundenprozess überspannt.

9

1. Der Kläger hat auch während der als Beifahrer verbrachten Zeit gearbeitet und die von ihm geschuldete Tätigkeit als Kraftfahrer erbracht. Er musste sich aufgrund der Arbeitseinteilung der Beklagten an seinem Arbeitsplatz, dem LKW, aufhalten und konnte nicht frei über die Nutzung seiner Zeit bestimmen. Nach § 21a Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 ArbZG ist zwar für Arbeitnehmer, die sich beim Fahren abwechseln, die während der Fahrt neben dem Fahrer oder in einer Schlafkabine verbrachte Zeit abweichend von § 2 Abs. 1 ArbZG keine Arbeitszeit. Die Vorschrift enthält jedoch keine Modifizierung dessen, was unter Arbeit zu verstehen ist, und schließt eine Vergütung für die Arbeit als Beifahrer nicht aus (BAG 20. April 2011 - 5 AZR 200/10 - Rn. 19 ff., AP BGB § 307 Nr. 51 = EzA BGB 2002 § 611 Mehrarbeit Nr. 3). Der Kläger kann daher auch für Beifahrertätigkeit die in § 3 Arbeitsvertrag vereinbarte Vergütung beanspruchen. Eine gesonderte Vergütungsregelung für die als Beifahrer verbrachte Zeit haben die Parteien nicht getroffen. Der Kläger war deshalb nicht gehalten, bei der Darlegung von Überstunden zwischen Zeiten, in denen er den LKW selbst gefahren hat, und solchen, in denen er als Beifahrer auf dem LKW mitgefahren ist, zu differenzieren.

10

2. Die Darlegung der Leistung von Überstunden ist nicht aus den vom Landesarbeitsgericht angenommenen Gründen unschlüssig.

11

Das Landesarbeitsgericht moniert, dem Vortrag des Klägers sei nicht zu entnehmen, wann er Pausen gemacht habe. Die Nichtangabe von Pausenzeiten impliziert zunächst aber nur die Behauptung, der Arbeitnehmer habe solche nicht gemacht. Bei Zweifeln hätte das Landesarbeitsgericht nach § 139 Abs. 1 Satz 1 ZPO nachfragen müssen, ob der Sachvortrag des Klägers dahingehend zu verstehen sei, er habe keine Pausen gemacht. Hätte der Kläger dies bejaht, wäre sein Vorbringen unter Berücksichtigung einer etwaigen Einlassung der Beklagten hierzu nach § 286 Abs. 1 ZPO zu würdigen gewesen. Hätte der Kläger die Frage verneint, wäre das Landesarbeitsgericht nach § 139 Abs. 1 Satz 2 ZPO verpflichtet gewesen, auf eine Ergänzung des Sachvortrags hinzuwirken. Dasselbe gilt für den Vorwurf, dem Sachvortrag des Klägers sei nicht zu entnehmen, warum nach Abschluss der Fahrten regelmäßig exakt 30 Minuten bis zur Übergabe des Fahrzeugs an den Schlachthof berücksichtigt seien.

12

II. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts erweist sich nicht aus anderen Gründen als richtig.

13

1. Ein Anspruch des Klägers auf Überstundenvergütung ist nicht nach § 3 iVm. § 4 Ziff. 3 Arbeitsvertrag ausgeschlossen.

14

a) Auf die genannten Regelungen des Arbeitsvertrags sind jedenfalls § 305c Abs. 2, §§ 306 und 307 bis 309 BGB anzuwenden(§ 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB). Die Beklagte hat den Arbeitsvertrag vorformuliert, dem Kläger in dieser Form angeboten und damit im Rechtssinne gestellt. Ob es sich dabei um für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen handelte (§ 305 Abs. 1 BGB), bedarf keiner weiteren Aufklärung, denn der Arbeitsvertrag ist ein Verbrauchervertrag iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB(vgl. BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 253/09 - Rn. 20 ff., AP BGB § 310 Nr. 13 = EzA BGB 2002 § 310 Nr. 10). Auf den Inhalt der vorformulierten Klausel zur Vergütung von Überstunden konnte der Kläger unstreitig keinen Einfluss nehmen.

15

b) Die in § 3 iVm. § 4 Ziff. 3 Arbeitsvertrag geregelte Pauschalabgeltung von Überstunden ist mangels hinreichender Transparenz unwirksam, § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.

16

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist eine die pauschale Vergütung von Überstunden regelnde Klausel nur dann klar und verständlich, wenn sich aus dem Arbeitsvertrag selbst ergibt, welche Arbeitsleistungen in welchem zeitlichen Umfang von ihr erfasst werden sollen. Der Arbeitnehmer muss bereits bei Vertragsschluss erkennen können, was ggf. „auf ihn zukommt“ und welche Leistungen er für die vereinbarte Vergütung maximal erbringen muss (vgl. dazu im Einzelnen zuletzt BAG 17. August 2011 - 5 AZR 406/10 - Rn. 14 mwN, EzA BGB 2002 § 612 Nr. 10; 22. Februar 2012 - 5 AZR 765/10 - Rn. 15 f.).

17

Nach diesen Grundsätzen ist § 3 iVm. § 4 Ziff. 3 Arbeitsvertrag nicht klar und verständlich. Der Umfang der davon erfassten Überstunden ist im Arbeitsvertrag ebenso wenig bestimmt, wie die Voraussetzungen, unter denen Überstunden zu leisten sind, also ein „Fall dringenden betrieblichen Bedarfs“ (§ 4 Ziff. 2 Arbeitsvertrag) vorliegen soll. Insbesondere lässt sich weder der Klausel selbst noch den arbeitsvertraglichen Bestimmungen im Übrigen eine Begrenzung auf die nach § 21a Abs. 4 ArbZG zulässige Höchstarbeitszeit eines als Fahrer oder Beifahrer bei Straßenverkehrstätigkeiten iSv. § 21a Abs. 1 ArbZG eingesetzten Arbeitnehmers entnehmen. Die Verwendung des Begriffs „Mehrarbeit“ in § 3 und als Synonym für Überstunden in § 4 Ziff. 2 Arbeitsvertrag deuten im Gegenteil darauf hin, dass auch eine Überschreitung der gesetzlichen Arbeitszeit von der Klausel erfasst sein soll, zumal die Beklagte den Kläger nach § 2 Ziff. 1 Arbeitsvertrag verpflichten wollte, seine „ganze Arbeitskraft“ der Beklagten zu widmen.

18

c) Ist im Arbeitsvertrag die Vergütung von Überstunden weder positiv noch negativ geregelt, kommt als Anspruchsgrundlage dafür nur § 612 Abs. 1 BGB in Betracht. Danach gilt eine Vergütung als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. Die danach erforderliche - objektive - Vergütungserwartung (vgl. dazu BAG 17. August 2011 - 5 AZR 406/10 - Rn. 20, EzA BGB 2002 § 612 Nr. 10; 21. September 2011 - 5 AZR 629/10 - Rn. 31, EzA BGB 2002 § 612 Nr. 11, jeweils mwN) ist gegeben. Der Kläger schuldet weder Dienste höherer Art, noch erhält er eine deutlich herausgehobene Vergütung. Die ihm nach § 3 Arbeitsvertrag zustehende Vergütung liegt auch unter Berücksichtigung der nach dem Willen der Beklagten freiwillig sein sollenden Leistungs-, Sorgfalts- und Treueprämien sowie den Zuschlägen für Sonn-, Feiertags- und Nachtarbeit ganz erheblich unter der Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung(zu deren Bedeutung vgl. BAG 22. Februar 2012 - 5 AZR 765/10 - Rn. 21).

19

2. Ein Anspruch des Klägers auf Überstundenvergütung ist entgegen der Auffassung der Beklagten nicht verwirkt.

20

Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung. Sie setzt voraus, dass der Gläubiger sein Recht längere Zeit nicht geltend gemacht hat und dabei unter Umständen untätig geblieben ist, die den Eindruck erwecken konnten, er wolle auch künftig sein Recht nicht mehr geltend machen. Zudem muss der Verpflichtete sich darauf einstellen dürfen, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden (BAG 23. August 2011 - 3 AZR 575/09 - Rn. 57, EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 20; vgl. auch 22. April 2009 - 5 AZR 292/08 - Rn. 28, AP BGB § 611 Wegezeit Nr. 11).

21

Ob eine Verwirkung des Anspruchs auf Überstundenvergütung vor Eintritt der gesetzlichen Verjährung schon deshalb ausscheidet, weil sich der Arbeitgeber, der dem Arbeitnehmer einen Formulararbeitsvertrag anbietet, durch vertragliche Ausschlussfristen (zu den Anforderungen an deren Wirksamkeit vgl. BAG 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - BAGE 115, 19; 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 - BAGE 116, 66) davor schützen kann, länger als drei Monate nach Fälligkeit des Anspruchs mit einer Geltendmachung konfrontiert zu werden, bedarf keiner Entscheidung. Denn unbeschadet der Frage, ob im Streitfall überhaupt das Zeitmoment erfüllt ist, kann sich jedenfalls ein Arbeitgeber, der - wie die Beklagte - dem Arbeitnehmer eine unwirksame Klausel zur Pauschalabgeltung von Überstunden stellt, nicht schutzwürdig darauf einrichten, der Arbeitnehmer werde die Unwirksamkeit der Klausel schon nicht erkennen und Überstundenvergütung nicht geltend machen (vgl. BAG 22. Februar 2012 - 5 AZR 765/10 - Rn. 24).

22

III. Ob und ggf. in welchem Umfang die Klage begründet ist, kann der Senat aufgrund der bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht entscheiden. Das führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht, § 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Im erneuten Berufungsverfahren wird das Landesarbeitsgericht Folgendes zu beachten haben:

23

1. Der mit „Arbeitszeit“ überschriebene § 4 Arbeitsvertrag enthält zwar keine ausdrückliche Vereinbarung über eine bestimmte wöchentliche oder monatliche Arbeitszeit. Über den Verweis auf die „betriebliche Ordnung“ lässt sich aber mittelbar eine Normalarbeitszeit erschließen, deren Dauer zwischen den Parteien unstreitig ist.

24

Der Kläger hat vorgetragen, die betriebliche Arbeitszeit bei der Beklagten betrage 40 Wochenstunden. Dem ist die Beklagte nicht nur nicht entgegengetreten, sondern hat selbst vorgebracht, die Arbeitszeit des Klägers richte sich gemäß § 4 Arbeitsvertrag nach der betrieblichen Ordnung und das seien bei Vollzeit 40 Wochenstunden/173,33 Stunden im Monat. Weiter hat die Beklagte gemeint, weil es sich bei dem Kläger um einen Fahrer bzw. Beifahrer von LKW mit mehr als 3,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht handele, gölten auch die gesetzlichen Bestimmungen für Fahrpersonal. Das trifft zu, führt aber nicht zu einer Erhöhung der vom Kläger geschuldeten Normalarbeitszeit. § 21a Abs. 4 ArbZG regelt nur die Arbeitszeit eines Kraftfahrers, die arbeitsschutzrechtlich nicht überschritten werden darf. Die Vorschrift ersetzt nicht eine vertragliche Vereinbarung über die Arbeitszeit und tritt bei deren Fehlen nicht an deren Stelle. Einen - als vertragliche Vereinbarung auslegbaren - Hinweis auf das Arbeitszeitgesetz, insbesondere dessen § 21a Abs. 4, enthält § 4 Arbeitsvertrag nicht.

25

2. Für die Darlegung und den Beweis der Leistung von Überstunden gelten die Grundsätze wie für die Behauptung des Arbeitnehmers, die geschuldete (Normal-)Arbeit verrichtet zu haben.

26

a) Ausgehend von den Vorschriften des allgemeinen Schuldrechts in Verbindung mit § 614 BGB gilt im Arbeitsverhältnis der Grundsatz „Ohne Arbeit kein Lohn“. Verlangt der Arbeitnehmer gem. § 611 BGB Arbeitsvergütung für Arbeitsleistungen, hat er deshalb darzulegen und - im Bestreitensfall - zu beweisen, dass er Arbeit verrichtet oder einer der Tatbestände vorgelegen hat, der eine Vergütungspflicht ohne Arbeit regelt(zB § 1 BUrlG, §§ 615, 616 Satz 1 BGB, § 2 Abs. 1, § 3 Abs. 1 EntgeltFG, § 37 Abs. 2 BetrVG). Da die konkret zu leistende Arbeit in der Regel vom Arbeitgeber durch Weisungen zu bestimmen ist (§ 106 GewO), genügt der Arbeitnehmer seiner Darlegungslast, indem er vorträgt, er habe sich zur rechten Zeit am rechten Ort bereitgehalten, um Arbeitsanweisungen des Arbeitgebers zu befolgen. Auf diesen Vortrag muss der Arbeitgeber im Rahmen einer gestuften Darlegungslast substantiiert erwidern. Deshalb hat der Arbeitgeber im Einzelnen vorzutragen, welche Arbeiten er dem Arbeitnehmer zugewiesen hat und ob der Arbeitnehmer den Weisungen nachgekommen ist. Trägt er nichts vor oder lässt er sich nicht substantiiert ein, gelten die vom Arbeitnehmer vorgetragenen Arbeitsstunden als zugestanden (vgl. zum Ganzen BAG 18. April 2012 - 5 AZR 248/11 - Rn. 14).

27

b) Nichts anderes gilt für die Behauptung des Arbeitnehmers, er habe die geschuldete Arbeit in einem die Normalarbeitszeit übersteigenden zeitlichen Umfang verrichtet. Verlangt der Arbeitnehmer aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung, tarifvertraglicher Verpflichtung des Arbeitgebers oder § 612 Abs. 1 BGB Arbeitsvergütung für Überstunden, hat er darzulegen und - im Bestreitensfall - zu beweisen, dass er Arbeit in einem die Normalarbeitszeit übersteigenden zeitlichen Umfang verrichtet hat. Dabei genügt der Arbeitnehmer seiner Darlegungslast, indem er vorträgt, an welchen Tagen er von wann bis wann Arbeit geleistet oder sich auf Weisung des Arbeitgebers zur Arbeit bereitgehalten hat. Auf diesen Vortrag muss der Arbeitgeber im Rahmen einer gestuften Darlegungslast substantiiert erwidern und im Einzelnen vortragen, welche Arbeiten er dem Arbeitnehmer zugewiesen hat und an welchen Tagen der Arbeitnehmer von wann bis wann diesen Weisungen - nicht - nachgekommen ist.

28

Diese Grundsätze dürfen aber nicht gleichsam schematisch angewendet werden, sondern bedürfen stets der Berücksichtigung der im jeweiligen Streitfall zu verrichtenden Tätigkeit und der konkreten betrieblichen Abläufe. So kann ein Kraftfahrer wie der Kläger, dem vom Arbeitgeber bestimmte Touren zugewiesen werden, seiner Darlegungslast bereits dadurch genügen, dass er vorträgt, an welchen Tagen er welche Tour wann begonnen und wann beendet hat. Im Rahmen der gestuften Darlegungslast ist es dann Sache des Arbeitgebers, unter Auswertung der Aufzeichnungen nach § 21a Abs. 7 Satz 1 ArbZG substantiiert darzulegen, an welchen Tagen der Arbeitnehmer aus welchen Gründen in geringerem zeitlichen Umfang als von ihm behauptet gearbeitet haben muss.

29

c) Ihrer Darlegungslast genügen weder Arbeitnehmer noch Arbeitgeber durch die bloße Bezugnahme auf den Schriftsätzen als Anlagen beigefügte Stundenaufstellungen oder sonstige Aufzeichnungen. Anlagen können lediglich zur Erläuterung des schriftsätzlichen Vortrags dienen, diesen aber nicht ersetzen (BGH 2. Juli 2007 - II ZR 111/05 - Rn. 25 mwN, NJW 2008, 69; vgl. auch BVerfG 30. Juni 1994 - 1 BvR 2112/93 - zu III 2 a der Gründe, NJW 1994, 2683). Die Darlegung der Leistung von Überstunden durch den Arbeitnehmer bzw. die substantiierte Erwiderung hierauf durch den Arbeitgeber hat vielmehr entsprechend § 130 Nr. 3 und Nr. 4 ZPO schriftsätzlich zu erfolgen. Beigefügte Anlagen können den schriftsätzlichen Vortrag lediglich erläutern oder belegen, verpflichten das Gericht aber nicht, sich die unstreitigen oder streitigen Arbeitszeiten aus den Anlagen selbst zusammenzusuchen.

30

Nachdem das Landesarbeitsgericht die Art und Weise des Vorbringens der Parteien nicht beanstandet hat, muss ihnen im erneuten Berufungsverfahren Gelegenheit gegeben werden, ihrer jeweiligen Darlegungslast zur Leistung bzw. Nichtleistung von Überstunden schriftsätzlich nachzukommen.

31

3. Soweit die Beklagte bislang die Anordnung von Überstunden - pauschal - bestritten hat, ist das unbehelflich. Wenn ein Kraftfahrer für eine angewiesene Tour eine bestimmte Zeit benötigt und sie nur unter Leistung von Überstunden ausführen kann, waren die Überstunden - unabhängig von einer ausdrücklichen Anordnung - jedenfalls zur Erledigung der geschuldeten Arbeit notwendig (vgl. BAG 25. Mai 2005 - 5 AZR 319/04 - zu II 1 a der Gründe mwN, AP TVG § 1 Tarifverträge: Gebäudereinigung Nr. 17 = EzA BGB 2002 § 611 Mehrarbeit Nr. 1). Etwas anderes gilt nur, wenn der Arbeitgeber darlegen kann, dass die von ihm dem Arbeitnehmer zugewiesene Tour unter Beachtung der Rechtsordnung, insbesondere der für die Beschäftigung von Arbeitnehmern als Fahrer oder Beifahrer bei Straßenverkehrstätigkeiten geltenden (Sozial-)Vorschriften und des Straßenverkehrsrechts, innerhalb der Normalarbeitszeit gefahren werden kann. Erst dann obliegt es wiederum dem Arbeitnehmer, besondere Umstände darzutun, die zur Überschreitung der Normalarbeitszeit geführt haben.

32

IV. Ob die Lohnabzüge wegen vermeintlich mangelnder Wagenpflege tatsächlich gerechtfertigt waren, ist wegen der beschränkten Revisionszulassung nicht mehr Gegenstand des erneuten Berufungsverfahrens.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    S. Röth-Ehrmann    

        

    Christen    

                 

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)