Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 13. März 2017 - 3 Sa 499/16

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2017:0313.3Sa499.16.00
bei uns veröffentlicht am13.03.2017

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 13.10.2016, Az.: 8 Ca 834/16, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten über Vergütungsansprüche des Klägers für Umkleidezeiten sowie für innerbetriebliche Wege- und Rüstzeiten.

2

Der Kläger ist seit 1997 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin als Lokomotivführer zu einem monatlichen Tarifentgelt von 2.871,00 € brutto bei einer Arbeitszeit von 169,66 Stunden/Monat beschäftigt. Er ist Mitglied in der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL), die Beklagte ist Mitglied des Arbeitgeber- und Wirtschaftsverbandes der Mobilitäts- und Verkehrsdienstleister e. V. (AGV MoVe).

3

Die Einsatzstelle des Klägers ist L-Stadt. Von dort aus tritt der Kläger regelmäßig seine Arbeitsschichten an.

4

Während Zugbegleiter und Kundenbetreuer im Nahverkehr verpflichtet sind, Unternehmensbekleidung (Ubk) zu tragen, sind Lokomotivführer wie der Kläger von dieser Tragepflicht ausgenommen gemäß Ziff. 1 Abs. 2 der "Richtlinie Unternehmensbekleidung bestellen und tragen" i. V. m. der Anlage 1 der "Konzernbetriebsvereinbarung über die Ausstattung mit Unternehmensbekleidung (KBV Ubk)". Die Lokomotivführer sind berechtigt, die Ubk zu tragen; sie müssen dies aber nicht. Wenn sie sich dagegen entscheiden, ist gemäß Ziff. 11 der "Richtlinie Unternehmensbekleidung bestellen und tragen" zu beachten:

5

"(1)… Soweit ein Ubk-Berechtigter auf sein Tragerecht der Ubk ganz oder teilweise verzichtet, ist die für die Arbeit zu tragende Kleidung so zu wählen, dass sie einem adäquaten Erscheinungsbild entspricht und mit den Kleidungsstücken der Ubk in Farbe und Form harmoniert. Hierfür dienen folgende Grundsätze:

6

- Hemden/Blusen oder Poloshirt hell unifarben (weiß oder hellblau)
- Strickjacke oder Pullover dunkel unifarben (schwarz/anthrazit oder dunkelblau)
- Lange Unterbekleidung (Hose oder Röcke) dunkel unifarben (schwarz/anthrazit oder dunkelblau)."

7

Der Kläger hat sich am 16.03.2016 und am 18.03.2016 von einem Zeugen begleiten lassen und die Zeiten für das Anlegen der Ubk und die Empfangnahme und Vorbereitung der Arbeitsmittel protokolliert. Die Protokollierungen sind als Anlage K 4 (= Bl. 37 ff d. A.) zur Akte gereicht worden.

8

Für jeden Lokomotivführer wird vor dem Antritt der eigentlichen Arbeitstätigkeit auf einem Zug unter anderem eine persönliche Vorbereitungszeit (sogenannte Teilarbeiten persönlicher Art) in der Schicht- und Einsatzplanung berücksichtigt. Diese ist pauschaliert, gilt als Arbeitszeit und wird dementsprechend vergütet. Diese Teilarbeiten persönlicher Art erfassen z. B. das Einsehen von Unterlagen, die Auf- und Entgegennahme sowie Abgabe von Arbeitsmitteln oder das Melden zur Arbeit ab. Einzelheiten dazu sind in der Richtlinie Nr. 498.2031 (Teilarbeiten persönlicher Art) festgelegt.

9

Der Kläger hat vorgetragen,
zwar sei er nicht zum Tragen der Ubk verpflichtet, er besitze aber keine private Kleidung, die dem von der Beklagten vorgegebenen Dresscode entspräche. Er müsse sich daher eigens "private" Kleidungsstücke anschaffen, um diese nur für die Arbeit zu nutzen. Die einzige Möglichkeit, eigene Ausgaben in diesem Zusammenhang zu vermeiden, sei das Tragen der Ubk, zu deren Anschaffung die Beklagte jährlich ein Budget von 160,80 zur Verfügung stelle. Im Übrigen genüge die pauschalvergütete persönliche Zusatzzeit nicht für die notwendigen Vor- und Nachbereitungen. Auch die Zeit des An- und Ablegens der Ubk sei vergütungspflichtig.

10

Der Kläger hat beantragt,

11

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für Umkleide- und Rüstzeiten am 16.03.2016 und 18.03.2016 6,72 € brutto, ersatzweise eine Zeitgutschrift von 24 Minuten, zu leisten.

12

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Zeit des An- und Ablegens der Unternehmensbekleidung im Betrieb, sowie die Empfangnahme, Abgabe und Bereitstellung von Arbeitsmitteln, einschließlich dabei veranlasster Wegezeiten als Arbeitszeit auf dem Arbeitszeitkonto des Klägers zu berücksichtigen, bei Schichtbeginn und -ende an der Einsatzstelle L-Stadt im Umfang von 17 Minuten abzüglich 1 Minute je Schicht, hilfsweise ist diese Arbeitszeit finanziell abzugelten.

13

Die Beklagte beantragt,

14

die Klage abzuweisen.

15

Die Beklagte hat vorgetragen,
zunächst seien die im Einzelnen protokollierten Zeiten des Klägers für die Vorbereitungsschritte mit Nichtwissen zu bestreiten. Im Übrigen sei dem Kläger weder das Tragen von Ubk - unstreitig - noch das An- und Ablegen der Ubk im Betrieb - unstreitig - vorgeschrieben. Die darüber hinaus vom Kläger geltend gemachten Zeiten berücksichtige sie bereits ausreichend im Rahmen der vergüteten Teilarbeiten persönlicher Art.

16

Das Arbeitsgericht Ludwigshafen hat die Klage daraufhin durch Urteil vom 13.10.2016 - 8 Ca 834/16 - abgewiesen. Hinsichtlich des Inhalts von Tatbestand und Entscheidungsgründen wird auf Blatt 162 bis 168 d. A. Bezug genommen.

17

Gegen das ihm am 02.11.2016 zugestellte Urteil hat der Kläger durch am 30.11.2016 beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt. Er hat die Berufung durch am 08.12.2016 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

18

Der Kläger wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen und hebt insbesondere hervor, er sei zum Tragen der Unternehmenskleidung berechtigt und er trage sie auch. Als notwendiges Arbeitsmittel nutze er ein Diensthandy. Er ziehe sich im Betrieb um und müsse von der Umkleide zur Leitstelle für Personal (Ort des Empfangs des Dienstmittels) und von der Leitstelle für Personal zum Einsatzzug jeweils innerbetriebliche Wege zurücklegen. Die Beklagte vergüte keine Umkleide-, Wege- und Rüstzeiten. Sie berücksichtige zwar Vorbereitungszeiten. Diese seien aber nicht für die streitgegenständlichen Umkleide-, Wege- und Rüstzeiten vorgesehen und reichten dafür auch bei Weitem nicht aus. Er, der Kläger, habe die arbeitstäglich vorzunehmenden Umkleide- und Rüstvorgänge beschrieben, zeitlich erfasst und sich die Richtigkeit seiner Angaben durch ein Zeugnis bestätigen lassen. Dem Arbeitsgericht fehle bei der klageabweisenden Entscheidung offenkundig jede Vorstellung davon, welchen Umfang die pauschalierte Vorbereitungszeit denn nun eigentlich habe und inwieweit was genau vergütet werde. Es sei nicht Sache des Klägers, darzulegen, weshalb die 2 Minuten, die er für den Empfang und das Bereitmachen des Diensthandys benötige, nicht bereits durch irgendeine Vorbereitungszeit vergütet seien. Er trage im Übrigen die Unternehmensbekleidung, und darauf komme es allein an. Er müsse sich nach dem Dresscode der Beklagten richten oder eben die Unternehmensbekleidung tragen, was er unstreitig tue. Das komme einer Tragepflicht gleich. Eine vergütungstechnische Unterscheidung erscheine insoweit nicht als legitim.

19

Die von ihm geltend gemachten Zeiten seien wie folgt aufzuteilen:

20

- 5 Minuten Umkleiden
- 1 Minute Fußweg vom Umkleideraum zum Ort des Empfangs des Diensthandys
- 2 Minuten Empfang und Bereitmachen des Diensthandys
- 1 Minute vom Empfang des Diensthandys zur Entgegennahme von Weisungen und Änderungen der Schicht
- 2 Minuten Abgabe des Diensthandys
- 1 Minute Weg zum Umkleideraum
- 5 Minuten Umkleidevorgang
= 17 Minuten insgesamt, abzgl. 1 Minute anerkannt

21

Der Kläger nehme die dienstlichen Materialien, insbesondere das Diensthandy, niemals mit nach Hause, er nutze es auch nicht privat. Eine Aufbewahrungspflicht für Dienstkleidung und das Diensthandy wolle er von vornherein vermeiden.

22

Zur weiteren Darstellung des Vorbringens des Klägers im Berufungsverfahren wird auf die Berufungsbegründungsschrift vom 08.12.2016 (Bl. 183 bis 188 d. A.) sowie seinen Schriftsatz vom 07.03.2017 (Bl. 247 bis 249 d. A.) Bezug genommen.

23

Der Kläger beantragt,

24

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für Umkleide- und Rüstzeiten am 16.03.2016 und 18.03.2016 € 6,72 brutto, ersatzweise eine Zeitgutschrift von 24 Minuten, zu leisten.

25

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Zeit des An- und Ablegens der Unternehmensbekleidung im Betrieb, sowie die Empfangnahme, Abgabe und Bereitstellung von Arbeitsmitteln, einschließlich dabei veranlassten Wegezeiten als Arbeitszeit auf dem Arbeitszeitkonto des Klägers zu berücksichtigen, bei Schichtbeginn und -ende an der Einsatzstelle L-Stadt im Umfang von 17 Minuten abzüglich 1 Minuten je Schicht; hilfsweise ist diese Arbeitszeit finanziell abzugelten.

26

Die Beklagte beantragt,

27

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

28

Die Beklagte wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen und hebt insbesondere hervor, die Klage sei unschlüssig, weil es Sache des Klägers sei, zunächst im Detail zu den tatsächlichen Voraussetzungen seines Klagebegehrens vorzutragen. Denn der Kläger sei vorliegend näher am Geschehen als die Beklagte, da er selbst die jeweiligen Umkleide- und Wegezeiten vorgenommen habe. An einer denknotwendig erforderlichen Anspruchsvoraussetzung, nämlich dem Vorliegen einer arbeitgeberseitigen Weisung, wonach sich der Arbeitnehmer im Betrieb umziehen müsse, fehle es vorliegend. Warum der Dresscode der Beklagten mit der Pflicht zum Anlegen und Tragen einer vorgeschriebenen Dienstkleidung gleichzusetzen sei, lasse sich dem Vorbringen des Klägers nicht entnehmen. Dieser Dresscode sei auch nicht derart begrenzt, dass der Kläger ungewöhnliche, für die Freizeit völlig untaugliche Kleidungsstücke anschaffen müsse. Es gehe um eine dunkle Hose bzw. eine Jeans und ein helles unifarbenes Oberbekleidungsstück. Gerade eine Jeans sei ein weitverbreitetes Kleidungsstück, das der Kläger zu vielen Gelegenheiten und eben auch bei der Verrichtung seiner Arbeit tragen könne. Gleiches gelte für ein helles Oberbekleidungsstück.

29

Hinsichtlich der Rüstzeiten sei zu berücksichtigen, dass u. a. stets 3 Minuten für die Empfangnahme von Arbeitsmitteln und Einsehen von Unterlagen als bezahlte Arbeitszeiten berücksichtigt würden. Diese Vorbereitungszeiten deckten auch das Einschalten des Mobiltelefons sowie die Zeit für das Anmelden im XY-Programm ab. Dem Kläger sei zudem nicht vorgeschrieben, das Mobiltelefon in der Leitstelle aufzubewahren, er könne es mit nach Hause nehmen und auch privat nutzen. Wenn er der Auffassung sei, die bezahlten Vorbereitungszeiten seien nicht ausreichend, sei es seine Sache, dies näher zu begründen und nicht nur pauschal zu behaupten.

30

Zur weiteren Darstellung des Vorbringens der Beklagten im Berufungsverfahren wird auf die Berufungserwiderungsschrift vom 02.02.2017 (Bl. 218 bis 223 d. A.) nebst Anlagen (Bl. 224 bis 246 d. A.) Bezug genommen.

31

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie die zu den Akten gereichten Schriftstücke verwiesen.

32

Schließlich wird Bezug genommen auf das Sitzungsprotokoll vom 13.03.2017.

Entscheidungsgründe

I.

33

Das Rechtsmittel der Berufung ist nach §§ 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft. Die Berufung ist auch gem. §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 518, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

II.

34

Das Rechtsmittel der Berufung hat jedoch in der Sache kein Erfolg.

35

Denn das Arbeitsgericht ist sowohl im Ergebnis als auch in der Begründung zu Recht davon ausgegangen, dass die Klage des Klägers in vollem Umfang unbegründet ist. Die Berufung ist folglich zurückzuweisen.

36

Der Kläger hat gegen die Beklagte weder Anspruch auf Vergütung zusätzlicher Umkleide- und Rüstzeiten für den 16.03.2016 und den 18.03.2016, noch hat er Anspruch auf eine entsprechende Feststellung für die Zukunft, dass arbeitstäglich ein höherer Zeitanteil für weitere Vorbereitungshandlungen zu vergüten ist.

37

Das Arbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass § 2 Abs. 1 ArbZG die Arbeitszeit als die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeitszeit ohne die Ruhepausen definiert. Entscheidend ist dabei, ob die streitgegenständlichen Umkleide-, innerbetrieblichen Wegezeiten und Rüstzeiten "Arbeit" sind.

38

Insoweit gilt Folgendes:

39

Waschen und Umkleiden sind an sich, sofern nichts anderes vereinbart ist, keine zu vergütenden Hauptleistungspflichten des Arbeitnehmers, für die der Arbeitgeber nach § 611 BGB eine Vergütung zu gewähren hätte. Werden diese Tätigkeiten vom Arbeitnehmer verlangt, kann es sich zwar um Dienstleistungen nach § 612 Abs. 1 BGB handeln, diese sind regelmäßig nach überkommener Rechtsauffassung aber nicht nur gegen eine Vergütung zu erwarten (BAG 11.10 2000 EzA § 611 BGB Nr. 30 m. Anm. Walker SAE 2002, 16; a. A. Adam AuR 2001, 481 ff) Maßgeblich sind aber andererseits letztlich die Verhältnisse im Einzelfall. Zu bejahen ist dies z. B. bei einem Model auf einer Modenschau. Gehört das Umkleiden nicht zum Inhalt der geschuldeten Arbeitsleistung, z. B. bei der Tätigkeit eines Kochs, so sind in erster Linie die organisatorischen Gegebenheiten des jeweiligen Betriebes und die konkreten Anforderungen an den Arbeitnehmer maßgebend, wie sie sich aus den betrieblichen Regelungen und Handhabungen tatsächlich ergeben (vgl. auch Busch BB 1995, 1690). Das BAG (22.03.1995 EzA § 611 BGB Arbeitszeit Nr. 1) hat dies z. B. für einen Koch verneint. Anders ist es aber jedenfalls dann, wenn für die Ausübung von Tätigkeiten öffentlich-rechtlich vorgeschrieben ist, dass die Beschäftigten nach dem jeweiligen Stand von Technik, Arbeitsmedizin, Hygiene und sonstigen arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen spezifische Berufskleidung tragen müssen; dann ist der dem An- und Ablegen dieser Kleidung gewidmete Zeitaufwand des Personals am Arbeitsort als Arbeitszeit zu klassifizieren (ArbG Bln. 17.10.2012 - 28 BV 14611/12, ZTR 2013, 164 LS; vgl. Dörner/Luczak/Wildschütz/Baeck/Hoß, Handbuch des Fachanwalts Arbeitsrecht, 13. Aufl. 2016, Kap. 3 RdNr. 280 ff).

40

Je nach den Umständen kann der Beginn der Arbeitszeit aber auch vorverlegt sein (z. B. auf das Betätigen der Stechuhr vgl. BAG 29.04.1982 EzA § 2 AZO Nr. 1) oder auf das Erreichen der Arbeitsstelle (im öffentlichen Dienst), sodass die Arbeitszeit nach dem Erreichen bzw. Verlassen des Betriebsgebäudes oder gar -geländes beginnt oder endet (vgl. BAG 18.01.1990 EzA § 15 BAT Nr. 1).

41

Generell gilt nach neuerem Rechtsverständnis (BAG 19.09.2012 EzA § 611 BGB 2002 Nr. 1 = NZA-RR 2013, 63; 26.10.2016 - 5 AZR 168/16 - NZA 2017, 323; 13.12.2016 - 9 AZR 574/15 - NZA 2017, 459; s. a. BAG 12.11.2013 EzA § 87 BetrVG 2001 Arbeitszeit Nr. 18; LAG Hmb. 06.07.2015 LAGE § 3 ArbSchG Nr. 1; s. Schramm/Lodemann NZA 2017, 624 ff; Andritzky/Schneedorf, NZA 2016, 1379 ff):

42

Der Arbeitgeber verspricht regelmäßig die Vergütung für alle Dienste, die er dem Arbeitnehmer aufgrund seines arbeitsvertraglich vermittelten Direktionsrechts abverlangt. Ordnet der Arbeitgeber das Umkleiden im Betrieb an, macht er mit seiner Weisung das Umkleiden und das Zurücklegen des Wegs von der Umkleide- zur Arbeitsstelle zur arbeitsvertraglichen Verpflichtung. Zur Arbeit gehört deshalb auch das Umkleiden für die Arbeit, wenn der Arbeitgeber das Tragen einer bestimmten Kleidung vorschreibt und das Umkleiden im Betrieb erfolgen muss. Dann handelt es sich um eine ausschließlich fremdnützige Tätigkeit (BAG 12.11.2013 EzA § 87 BetrVG 2001 Arbeitszeit Nr. 18; 26.10.2016 - 5 AZR 168/16 - NZA 2017, 323; 13.12.2016 - 9 AZR 574/15 - NZA 2017, 459). An der ausschließlichen Fremdnützigkeit fehlt es, wenn der Arbeitnehmer sich entscheidet, eine solche Dienstkleidung zu Hause anzulegen und sich nicht im Betrieb umzieht (BAG 12.11.2013 EzA § 87 BetrVG 2001 Arbeitszeit Nr. 18).

43

Beginnt und endet die Arbeit mit dem Umkleiden, zählen die innerbetrieblichen Wege zur Arbeitszeit, die dadurch veranlasst sind, dass der Arbeitgeber das Umkleiden nicht am Arbeitsplatz ermöglicht, sondern dafür eine vom Arbeitsplatz getrennte Umkleidestelle einrichtet, die der Arbeitnehmer zwingend benutzen muss. Zur Arbeitszeit zählt (nur) die Zeitspanne, die für den einzelnen Arbeitnehmer unter Ausschöpfung seiner persönlichen Leistungsfähigkeit für das Umkleiden und das Zurücklegen des Wegs von der Umkleide- zur Arbeitsstelle erforderlich ist (BAG 19.09.2012 EzA § 611 BGB 2002 Nr. 1 = NZA-RR 2013, 63; 26.10.2016 - 5 AZR 168/16 - NZA 2017, 323).

44

Umkleidezeiten gehören zur vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung, wenn das Umkleiden einem fremden Bedürfnis dient und nicht zugleich ein eigenes Bedürfnis erfüllt. Das ist bei einer besonders auffälligen Dienstkleidung der Fall. An der Offenlegung seines Arbeitgebers gegenüber Dritten hat der Arbeitnehmer außerhalb seiner Arbeitszeit kein objektiv feststellbares eigenes Interesse. Zur Arbeitszeit zählt bei besonderer Auffälligkeit der Dienstkleidung auch das Zurücklegen des Wegs von der Umkleide- zur Arbeitsstelle. Das Ankleiden mit vorgeschriebener Dienstkleidung ist nicht lediglich fremdnützig und damit nicht Arbeitszeit, wenn sie zu Hause angelegt und - ohne besonders auffällig zu sein - auf dem Weg zur Arbeitsstätte getragen werden kann. An der ausschließlichen Fremdnützigkeit fehlt es auch, wenn es dem Arbeitnehmer gestattet ist, eine an sich besonders auffällige Dienstkleidung außerhalb der Arbeitszeit zu tragen, und er sich entscheidet, diese nicht im Betrieb an- und abzulegen. Es handelt sich um eine besonders auffällige Dienstkleidung, wenn der Arbeitnehmer im öffentlichen Raum auf Grund der Ausgestaltung seiner Kleidungsstücke ohne weiteres als Angehöriger seines Arbeitgebers erkannt werden kann. Eine solche Zuordnungsmöglichkeit besteht auch bei einer unauffälligen Farbgestaltung der Dienstkleidung, wenn auf dieser ein Emblem oder Schriftzüge angebracht sind, die auf Grund ihrer Bekanntheit in der Öffentlichkeit mit einem bestimmten Rechtsträger oder einer Unternehmensgruppe in Verbindung gebracht werden. Hierfür kommt es - unabhängig von der Größe der Schriftzüge oder Logos - nur auf deren Erkennbarkeit an (BAG 17.11.2015 EzA § 87 BetrVG 2001 Arbeitszeit Nr. 23; s. BAG 26.10.2016 - 5 AZR 168/16 - NZA 2017, 323; 13.12.2016 - 9 AZR 574/15 - NZA 2017, 459).

45

Das Umkleiden für die Arbeit ist also dann Arbeitszeit, wenn der Arbeitgeber das Tragen einer bestimmten Kleidung vorschreibt und das Umkleiden im Betrieb erfolgen muss. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber eine Weisung, sich im Betrieb umzukleiden nicht erteilt hat, es sich aber um auffällige Schutzkleidung handelt, deren Tragen dem Arbeitnehmer in der Öffentlichkeit nicht zuzumuten ist (LAG Hessen 23.11.2015 LAGE § 611 BGB 2002 Arbeitszeit Nr. 2).

46

Die Tarifvertragsparteien sind allerdings berechtigt, die Höhe des Arbeitsentgelts zu tarifieren und hierbei eine unterschiedliche Vergütung von Arbeitszeiten vorzusehen. Diese in der grundrechtlich geschützten Tarifautonomie wurzelnde Rechtsmacht umfasst die grundsätzliche Befugnis, bestimmte Teile der Arbeitszeit von der andererseits bestehenden Vergütungspflicht des Arbeitgebers auszunehmen (BAG 13.12.2016 - 9 AZR 574/15 - NZA 2017, 459).

47

Auch das Empfangen, Abgeben und Aufrüsten von ausschließlich dienstlich nutzbaren Arbeitsmitteln ist betriebliche Arbeitszeit (i. S. d. § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG; BAG 12.11.2013 EzA § 87 BetrVG 2001 Arbeitszeit Nr. 18; 17.11.2015 EzA § 87 BetrVG 2001 Arbeitszeit Nr. 23; s. a. LAG Hmb. 06.07.2015 LAGE § 3 ArbSchG Nr. 1: Schutzkleidung), wenn diese Tätigkeiten einem fremden Bedürfnis dienen und nicht zugleich ein eigenes Bedürfnis des Arbeitnehmers erfüllen. Arbeitnehmer sind regelmäßig nicht verpflichtet, Arbeitsmittel, die sie in der dienstfreien Zeit nicht nutzen, nach Beendigung ihrer Arbeitszeit für den Arbeitgeber zu verwahren. Eine solche Tätigkeit dient nicht ihrem eigenen Bedürfnis (BAG 17.11.2015 EzA § 87 BetrVG 2001 Arbeitszeit Nr. 23).

48

Der Arbeitnehmer trägt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass Umkleide- und Wegezeiten angefallen sind, vom Arbeitgeber veranlasst wurden und im geltend gemachten Umfang erforderlich waren. § 287 ZPO bietet Erleichterungen für das Beweismaß und das Verfahren, hat aber keine Auswirkungen auf die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast (BAG 26.10.2016 - 5 AZR 168/16 - NZA 2017, 323). Steht aber fest (§ 286 ZPO), dass Umkleide- und Wegezeiten auf Veranlassung des Arbeitgebers entstanden sind, kann aber der Arbeitnehmer seiner Darlegungs- oder Beweislast für den zeitlichen Umfang, in dem diese erforderlich waren, nicht in jeder Hinsicht genügen, darf das Gericht die erforderlichen Umkleide- und damit verbundenen Wegezeiten nach § 287 Abs. 2 ZPO i. V. m. Abs. 1 S. 1 und 2 ZPO schätzen (BAG 26.10.2016 - 5 AZR 168/16 - NZA 2017, 323). Eine vom Tatsachengericht gemäß § 287 Abs. 2 ZPO vorgenommene Schätzung erforderlicher Umkleide- und Wegezeiten unterliegt nur einer eingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung, ob wesentliche Bemessungsfaktoren außer Betracht geblieben oder der Schätzung unrichtige oder unbewiesene Anknüpfungstatsachen zugrunde gelegt wurden (BAG 26.10.2016 - 5 AZR 168/16 - NZA 2017, 323).

49

In Anwendung dieser Grundsätze hat das Arbeitsgericht ausgeführt:

50

"Vorliegend räumt der Kläger selbst ein, dass er nicht zum Kreis derjenigen Mitarbeiter gehört, für die das Tragen der Ubk verpflichtend ist. Er darf zu seinen Arbeitsschichten in privater Kleidung erscheinen. Sofern er die Ubk anzieht, beruht dies auf seiner freien Entscheidung.

51

Dass sich der Kläger beim Tragen von privater Kleidung an einen Dresscode halten muss, reicht nicht aus, um diese Fallgestaltung der Verpflichtung zum Tragen von Ubk gleichstellen zu können. Denn das Anziehen von privater Kleidung kann - auch wenn sie bestimmte Bedingungen erfüllen soll - nicht als fremdnützig eingestuft werden, sondern entspricht dem persönlichen Interesse des Menschen, sich angemessen zu bekleiden, um am gesellschaftlichen Leben teilhaben zu können.

52

Soweit der Kläger schriftsätzlich vorgetragen hatte, über keine private Kleidung zu verfügen, die dem Dresscode der Beklagten entspricht, hat er dies durch sein Erscheinungsbild im Kammertermin selbst widerlegt. Er trat in einem weißen Hemd und einem dunkelblauen Jackett auf. Beide Kleidungsstücke könnte er ohne weiteres auf seinen Arbeitsschichten tragen. Sofern er sich dafür entscheidet, diese private Kleidung nicht im Dienst tragen zu wollen, beruht dies auf einer persönlichen Entscheidung des Klägers.

53

Ferner hat die Beklagte im Kammertermin ausgeführt, dass der Kläger in Erfüllung des Dresscode auch in Jeans zur Arbeit erscheinen kann. Hierauf räumte der Kläger selbst ein, dass zur Ubk im Konzern der Beklagten neben einer Stoffhose auch eine Jeans gehört. Daher wäre er mit einer privat erworbenen Jeans in jedem Fall angemessen für seine berufliche Tätigkeit gekleidet.

54

Eine weitere persönliche Entscheidung trifft der Kläger dadurch, dass er wählen kann, ob er die freiwillig erworbene Ubk bereits vor Schichtbeginn zu Hause anzieht oder im Betrieb. Allein dadurch, dass die Beklagte dem Kläger die Möglichkeit zum Erwerb der Ubk und zum Umziehen im Betrieb eröffnet, werden die Umkleidezeiten im Betrieb nicht zu einem vergütungspflichtigen Bestandteil der Arbeitszeit des Klägers. Es fehlt an der Fremdnützigkeit und an einer Anordnung der Beklagten, wonach der Kläger verpflichtet wäre, sich im Betrieb umkleiden zu müssen.

55

Der Kläger hat für den 16.03.2016 insgesamt 16 Minuten und für den 18.03.2016 8 Minuten als zusätzlich zu vergütende Arbeitszeit geltend gemacht - am 18.03.2016 stand dem Kläger nur zu Arbeitsbeginn ein Zeuge zur Verfügung, nicht jedoch bei Arbeitsende. Zur Aufteilung der insgesamt 24 Minuten in Umkleide-, innerbetriebliche Wege- und Rüstzeiten ist nicht hinreichend substantiiert schriftsätzlich vorgetragen worden. Der wesentliche Sachvortrag hierzu erfolgte nicht in den beiden Schriftsätzen des Klägers vom 04.05.2016 und vom 30.08.2016, sondern vielmehr im Rahmen der Anlage K 4. Die Beklagte hat zu Recht darauf hingewiesen, dass es nicht Aufgabe des Gerichts ist, sich aus vorgelegten Anlagen den zu entscheidenden Sachverhalt zusammenzutragen (BAG 16.05.2012 - 5 AZR 347/11 - zitiert nach juris).

56

Die Kammer hat sich dieser Aufgabe gestellt und aus der Anlage K 4 die Aufschlüsselung der Minuten ermittelt. Danach begehrt der Kläger die Vergütung für jeweils 5 Minuten, die er für das Umziehen im Betrieb benötigt, 1 Minute, die er für den innerbetrieblichen Weg vom Spindraum der Herren im Erdgeschoss bis zur Einsatzstelle im 1. Obergeschoss benötigt, sowie 2 Minuten, die für den Empfang des Diensthandys sowie das Starten des Handys und des hierauf installierten XY-Systems erforderlich sein sollen.

57

Nach den obigen Ausführungen sind die Umkleidezeiten nicht vergütungspflichtig.

58

Da der Kläger nicht verpflichtet ist, sich im Betrieb umzuziehen, ist auch der Weg vom Spindraum der Herren zur Einsatzstelle im 1. Obergeschoss nicht von der Beklagten vorgeschrieben und damit nicht vergütungspflichtig.

59

Es verbleiben die 2 Minuten für den Empfang und die Bereitmachung des Diensthandys. Diesbezüglich hat der Kläger nicht schlüssig begründet, inwiefern diese Minuten nicht bereits vergütet werden im Rahmen der sog. Teilarbeiten persönlicher Art. Der Kläger räumt selbst ein, dass ihm Vorbereitungszeiten vergütet werden. Zu einem schlüssigen Vortrag gehört daher auch die Darlegung, weshalb die 2 Minuten für den Empfang des Diensthandys nicht bereits durch diese Vergütung abgegolten sind."

60

Diesen Ausführungen schließt sich die Kammer voll inhaltlich an, stellt dies hiermit ausdrücklich fest und nimmt deshalb gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG zur Vermeidung von Wiederholungen ausdrücklich darauf Bezug.

61

Das Berufungsvorbringen des Klägers rechtfertigt keine abweichende Beurteilung des hier maßgeblichen Lebenssachverhalts. Denn es enthält keinerlei neue, nach Inhalt, Zeitpunkt und beteiligten Personen substantiierte Tatsachenbehauptungen, die zu einem anderen Ergebnis führen könnten. Gleiches gilt für etwaige Rechtsbehauptungen. Es macht vielmehr lediglich - wenn auch aus der Sicht des Klägers heraus verständlich - deutlich, dass der Kläger mit der tatsächlichen und rechtlichen Würdigung des schriftsätzlichen Vorbringens der Parteien im erstinstanzlichen Rechtszug durch das Arbeitsgericht, der die Kammer voll inhaltlich folgt, nicht einverstanden ist.

62

Warum sich das Arbeitsgericht in der angefochtenen Entscheidung mit den vom Kläger behaupteten Umkleide-, Wege- und Rüstzeiten in ihrer Zusammensetzung aus Einzelpositionen näher hätte auseinandersetzen müssen, erschließt sich auch im Berufungsverfahren nicht. Denn maßgeblich ist, wovon das Arbeitsgericht zutreffend ausgegangen ist, dass der Kläger nach Maßgabe betrieblicher Weisungen sich weder im Betrieb umkleiden muss, noch ihm das Tragen einer bestimmten Arbeitskleidung vorgeschrieben ist. Von einer ausschließlich fremdnützigen Tätigkeit kann folglich nicht ausgegangen werden. Daran fehlt es im Übrigen schon dann, wenn der Arbeitnehmer sich auch nur entscheidet, eine solche Dienstkleidung zu Hause anzulegen und sich nicht im Betrieb umzieht. Vor diesem Hintergrund sind auch die Ausführungen des Klägers zum Dresscode der Beklagten unerheblich. Soweit es um den Empfang und das Bereitmachen des Diensthandys geht, hat das Arbeitsgericht zutreffend angenommen, dass der Kläger, woran sich auch im Berufungsverfahren nichts geändert hat, nicht schlüssig begründet hat, in wieweit diese Minuten nicht bereits vergütet werden, da die Beklagte - unstreitig - Teilarbeiten persönlicher Art berücksichtigt und bezahlt.

63

Weitere Ausführungen sind folglich nicht veranlasst.

64

Nach alledem war die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

65

Die Kostenentscheidung folgt aus § 37 Abs. 1 ZPO.

66

Für eine Zulassung der Revision war nach Maßgabe der gesetzlichen Kriterien des § 72 ArbGG keine Veranlassung gegeben.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 13. März 2017 - 3 Sa 499/16

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 13. März 2017 - 3 Sa 499/16

Referenzen - Gesetze

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 13. März 2017 - 3 Sa 499/16 zitiert 17 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72 Grundsatz


(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 64 Grundsatz


(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt. (2) Die Berufung kann nur eingelegt werden, a) wenn sie in dem Urtei

Zivilprozessordnung - ZPO | § 287 Schadensermittlung; Höhe der Forderung


(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit e

Zivilprozessordnung - ZPO | § 286 Freie Beweiswürdigung


(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 519 Berufungsschrift


(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt. (2) Die Berufungsschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;2.die Erklärung, dass gegen dieses Urtei

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 611 Vertragstypische Pflichten beim Dienstvertrag


(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. (2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 69 Urteil


(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Woch

Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 87 Mitbestimmungsrechte


(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen: 1. Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb;2. Beginn und Ende der täglichen A

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 612 Vergütung


(1) Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. (2) Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist bei dem Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung

Zivilprozessordnung - ZPO | § 518 Berufungsfrist bei Urteilsergänzung


Wird innerhalb der Berufungsfrist ein Urteil durch eine nachträgliche Entscheidung ergänzt (§ 321), so beginnt mit der Zustellung der nachträglichen Entscheidung der Lauf der Berufungsfrist auch für die Berufung gegen das zuerst ergangene Urteil von

Arbeitszeitgesetz - ArbZG | § 2 Begriffsbestimmungen


(1) Arbeitszeit im Sinne dieses Gesetzes ist die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne die Ruhepausen; Arbeitszeiten bei mehreren Arbeitgebern sind zusammenzurechnen. Im Bergbau unter Tage zählen die Ruhepausen zur Arbeitszeit. (2) Arbeitn

Arbeitsschutzgesetz - ArbSchG | § 3 Grundpflichten des Arbeitgebers


(1) Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes unter Berücksichtigung der Umstände zu treffen, die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit beeinflussen. Er hat die Maßnahmen auf ihre Wirksamk

Zivilprozessordnung - ZPO | § 37 Verfahren bei gerichtlicher Bestimmung


(1) Die Entscheidung über das Gesuch um Bestimmung des zuständigen Gerichts ergeht durch Beschluss. (2) Der Beschluss, der das zuständige Gericht bestimmt, ist nicht anfechtbar.

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 13. März 2017 - 3 Sa 499/16 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 13. März 2017 - 3 Sa 499/16 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 13. Dez. 2016 - 9 AZR 574/15

bei uns veröffentlicht am 13.12.2016

Tenor 1. Auf die Anschlussrevision des Klägers wird unter Zurückweisung der Revision der Beklagten das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 6. Juli 2015 - 8 Sa 53/14 - aufgehoben, s

Bundesarbeitsgericht Urteil, 26. Okt. 2016 - 5 AZR 168/16

bei uns veröffentlicht am 26.10.2016

Tenor 1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 17. Februar 2016 - 3 Sa 1331/15 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 16. Mai 2012 - 5 AZR 347/11

bei uns veröffentlicht am 16.05.2012

Tenor 1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 14. Oktober 2010 - 6 Sa 343/10 - aufgehoben.

Referenzen

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

Wird innerhalb der Berufungsfrist ein Urteil durch eine nachträgliche Entscheidung ergänzt (§ 321), so beginnt mit der Zustellung der nachträglichen Entscheidung der Lauf der Berufungsfrist auch für die Berufung gegen das zuerst ergangene Urteil von neuem. Wird gegen beide Urteile von derselben Partei Berufung eingelegt, so sind beide Berufungen miteinander zu verbinden.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Arbeitszeit im Sinne dieses Gesetzes ist die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne die Ruhepausen; Arbeitszeiten bei mehreren Arbeitgebern sind zusammenzurechnen. Im Bergbau unter Tage zählen die Ruhepausen zur Arbeitszeit.

(2) Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeiter und Angestellte sowie die zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten.

(3) Nachtzeit im Sinne dieses Gesetzes ist die Zeit von 23 bis 6 Uhr, in Bäckereien und Konditoreien die Zeit von 22 bis 5 Uhr.

(4) Nachtarbeit im Sinne dieses Gesetzes ist jede Arbeit, die mehr als zwei Stunden der Nachtzeit umfaßt.

(5) Nachtarbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeitnehmer, die

1.
auf Grund ihrer Arbeitszeitgestaltung normalerweise Nachtarbeit in Wechselschicht zu leisten haben oder
2.
Nachtarbeit an mindestens 48 Tagen im Kalenderjahr leisten.

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

(1) Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.

(2) Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist bei dem Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung, in Ermangelung einer Taxe die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen.

(3) (weggefallen)

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 17. Februar 2016 - 3 Sa 1331/15 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Vergütung von Umkleide- und innerbetrieblichen Wegezeiten.

2

Der Kläger ist bei der nicht tarifgebundenen Beklagten, die insbesondere für Unternehmen der „S-Gruppe“ technische und handwerkliche Serviceleistungen erbringt, beschäftigt. Er wird in der Lebensmittelproduktion eingesetzt und bezieht einen Stundenlohn. Im Arbeitsvertrag vom 6. November 2002 heißt es ua.:

        

㤠1

        

…       

        

Aufgrund der bei der Produktion von Lebensmitteln geltenden Hygieneverordnung ist jeder Arbeitnehmer verpflichtet, den Dienst täglich mit sauberer und vollständiger Dienstkleidung anzutreten und zu erfüllen. Die Bedienung der Zeiterfassungsanlage, dh. das An- und Abstempeln hat ausschließlich persönlich und zwar immer in einwandfreier Dienstkleidung zu erfolgen.

        

Die Wegezeiten zu bzw. von den Stempeluhren oder Pausenräumen sind leistungsentgeltfrei.

        

…“    

3

Die Arbeitskleidung wird von der Beklagten gestellt. Sie darf nach den für die Tätigkeit des Klägers geltenden Hygienevorschriften nicht mit nach Hause genommen werden und ist im Betrieb an- und abzulegen. Hierzu muss der Kläger nach Betreten des Betriebsgeländes die Arbeitskleidung an einer Ausgabestelle abholen, sich in einem Umkleideraum umziehen und anschließend im Bereich der Pforte an einer ersten Stempeluhr, die dazu dient, die Anwesenheit im Betrieb zu registrieren, abstempeln. Danach hat er sich zum Betriebsgebäude zu begeben und dort an einer zweiten Stempeluhr erneut zu stempeln. Der Vorgang ist nach Schichtende in umgekehrter Folge zu absolvieren.

4

Mit der am 19. Dezember 2014 eingereichten, der Beklagten am 12. Januar 2015 zugestellten Klage begehrt der Kläger Vergütung für die vom 1. Januar 2011 bis zum 31. Dezember 2014 an 737 Arbeitstagen mit dem An- und Ablegen der Arbeitskleidung verbundenen Umkleide- und innerbetrieblichen Wegezeiten. Er hat geltend gemacht, hierfür arbeitstäglich 36 Minuten benötigt zu haben.

5

Der Kläger hat erstinstanzlich sinngemäß beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 6.219,57 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB ab dem 13. Januar 2015 zu zahlen.

6

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Vergütungspflichtig sei nur die Zeit nach Betätigen der zweiten Stempeluhr. Ein Anspruch auf Vergütung der für das Umkleiden und das Zurücklegen der Wege erforderlichen Zeit, die arbeitstäglich allenfalls 24 Minuten betrage, sei nach § 1 Arbeitsvertrag ausgeschlossen. Etwaige Ansprüche seien verwirkt.

7

Das Arbeitsgericht hat dem Kläger für arbeitstäglich 27 Minuten 4.665,42 Euro brutto zugesprochen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Im Rahmen der Beweisaufnahme wurden der Umkleidevorgang einschließlich der zurückzulegenden Wege durch Vertreter des Klägers und der Beklagten auf dem Betriebsgelände nachgestellt, die Wegstrecken von der Kammer des Arbeitsgerichts abgeschritten, der Umkleidevorgang durch die Vorsitzende vollzogen und die jeweils aufgewendeten Zeiten festgestellt. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die vollständige Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten gegen das der Klage teilweise stattgebende Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen. Die Klage ist in dem in der Revisionsinstanz noch anhängigen Umfang begründet. Die Beklagte schuldet dem Kläger als Vergütung für die an 737 Arbeitstagen im Zeitraum 1. Januar 2011 bis 31. Dezember 2014 erbrachten Umkleide- und Wegezeiten 4.665,42 Euro brutto nebst Prozesszinsen in gesetzlicher Höhe.

9

I. Der Kläger hat für jeden Arbeitstag im streitgegenständlichen Zeitraum gemäß § 611 BGB Anspruch auf Vergütung der Zeit, die er unter Ausschöpfung seiner persönlichen Leistungsfähigkeit benötigte, um sich umzukleiden und die damit verbundenen Wege zwischen Ausgabestelle und zweiter Stempeluhr zurückzulegen. Das haben die Vorinstanzen zu Recht erkannt.

10

1. Die gesetzliche Vergütungspflicht des Arbeitgebers knüpft nach § 611 Abs. 1 BGB an die Leistung der versprochenen Dienste an(BAG 12. Dezember 2012 - 5 AZR 355/12 - Rn. 16 f.; 19. März 2014 - 5 AZR 954/12 - Rn. 17). Zu den „versprochenen Diensten“ iSv. § 611 BGB zählt nicht nur die eigentliche Tätigkeit, sondern jede vom Arbeitgeber im Synallagma verlangte sonstige Tätigkeit oder Maßnahme, die mit der eigentlichen Tätigkeit oder der Art und Weise ihrer Erbringung unmittelbar zusammenhängt. Der Arbeitgeber verspricht die Vergütung für alle Dienste, die er dem Arbeitnehmer aufgrund seines arbeitsvertraglich vermittelten Weisungsrechts abverlangt. „Arbeit“ als Leistung der versprochenen Dienste iSd. § 611 Abs. 1 BGB ist jede Tätigkeit, die als solche der Befriedigung eines fremden Bedürfnisses dient(BAG 19. September 2012 - 5 AZR 678/11 - Rn. 28, BAGE 143, 107; 12. Dezember 2012 - 5 AZR 355/12 - Rn. 17; 19. März 2014 - 5 AZR 954/12 - Rn. 18).

11

2. Der Kläger hat mit dem An- und Ablegen der Arbeitskleidung und dem Zurücklegen der damit verbundenen innerbetrieblichen Wege eine Arbeitsleistung erbracht, die als Teil der versprochenen Dienste vergütungspflichtig ist.

12

a) Zur Arbeit gehören auch das Umkleiden und Zurücklegen der hiermit verbundenen innerbetrieblichen Wege, wenn der Arbeitgeber das Tragen einer bestimmten Kleidung vorschreibt, die im Betrieb an- und abgelegt werden muss, und er das Umkleiden nicht am Arbeitsplatz ermöglicht, sondern dafür eine vom Arbeitsplatz getrennte Umkleidestelle einrichtet (BAG 19. September 2012 - 5 AZR 678/11 - Rn. 23, BAGE 143, 107). Die Fremdnützigkeit ergibt sich in diesem Fall aus der Weisung des Arbeitgebers, die Arbeitskleidung erst im Betrieb anzulegen und sich dort an einer zwingend vorgegebenen, vom Arbeitsplatz getrennten Umkleidestelle umzuziehen (BAG 10. November 2009 - 1 ABR 54/08 - Rn. 15; 19. September 2012 - 5 AZR 678/11 - Rn. 23, aaO; 17. November 2015 - 1 ABR 76/13 - Rn. 25, BAGE 153, 225).

13

b) Das Umkleiden und das Zurücklegen der damit verbundenen innerbetrieblichen Wege sind danach Teil der vom Kläger geschuldeten Arbeitsleistung.

14

aa) Dem Kläger wurde von der Beklagten im Rahmen des ihr zustehenden Weisungsrechts abverlangt, eine bestimmte Arbeitskleidung zu tragen. Er war nach § 1 Arbeitsvertrag verpflichtet, seine Tätigkeit mit „sauberer und vollständiger“ Dienstkleidung anzutreten. Nach den Vorgaben der Beklagten durfte er sie erst in den eigens dafür vorgesehenen Räumlichkeiten auf dem Betriebsgelände anlegen und musste sie dort ablegen. Das Tragen der Arbeitskleidung stand in unmittelbarem Zusammenhang mit der eigentlichen Tätigkeit des Klägers. Es entsprach den bei der Produktion von Lebensmitteln geltenden Hygienevorschriften und diente den Interessen der Beklagten.

15

bb) Die Beklagte hat, indem sie - getrennt vom eigentlichen Arbeitsplatz des Klägers - eine Ausgabestelle für die Arbeitskleidung und Umkleideräume einrichtete, die Arbeit so organisiert, dass sie dort begann und endete. Der Weg von der Ausgabestelle zum eigentlichen Arbeitsplatz ist deshalb nicht dem Arbeitsweg zuzurechnen (vgl. hierzu BAG 28. Juli 1994 - 6 AZR 220/94 - zu II 3 b der Gründe, BAGE 77, 285; 19. September 2012 - 5 AZR 678/11 - Rn. 23, BAGE 143, 107).

16

3. Die Vergütungspflicht war nicht abbedungen oder abweichend geregelt.

17

a) Grundsätzlich kann durch Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag eine gesonderte Vergütungsregelung für eine andere als die eigentliche Tätigkeit getroffen werden (BAG 12. Dezember 2012 - 5 AZR 355/12 - Rn. 18; 19. März 2014 - 5 AZR 954/12 - Rn. 30).

18

b) Tarifliche Regelungen finden auf das Arbeitsverhältnis keine Anwendung. § 1 Arbeitsvertrag schließt die Vergütungspflicht für das Umkleiden und Zurücklegen der damit verbundenen innerbetrieblichen Wege nicht aus. Dies ergibt die Auslegung des Arbeitsvertrags, bei dessen Bestimmungen es sich nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts um Allgemeine Geschäftsbedingungen (§ 305 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BGB) handelt.

19

aa) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind - ausgehend vom Wortlaut - nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Parteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten. Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist durch das Revisionsgericht uneingeschränkt überprüfbar (BAG 21. Januar 2015 - 10 AZR 84/14 - Rn. 26, BAGE 150, 286; 18. November 2015 - 5 AZR 814/14 - Rn. 46; 24. Februar 2016 - 5 AZR 258/14 - Rn. 26).

20

bb) Nach diesen Auslegungsgrundsätzen bezieht sich § 1 Arbeitsvertrag nur auf Leistungsentgelte und nicht auf den dem Kläger zugesagten Stundenlohn.

21

(1) Leistungsentgelte sind nach allgemeinem juristischen Verständnis solche Vergütungen, bei denen die Leistung des Arbeitnehmers gemessen und mit einer Bezugsleistung verglichen wird, also sich die Höhe der Vergütung unmittelbar nach dem Verhältnis beider Leistungen zueinander bestimmt (st. Rspr., vgl. BAG 15. Mai 2001 - 1 ABR 39/00 - zu B II 1 a der Gründe, BAGE 97, 379; Fitting BetrVG 28. Aufl. § 87 Rn. 530; ErfK/Kania 17. Aufl. § 87 BetrVG Rn. 127).

22

(2) Die Regelung in § 1 Arbeitsvertrag „die Wegezeiten zu bzw. von den Stempeluhren oder Pausenräumen sind leistungsentgeltfrei“ erfasst nicht den im Arbeitsvertrag vereinbarten Stundenlohn.

23

(a) Bedient sich der Arbeitgeber in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Rechtsbegriffs, der im juristischen Sprachgebrauch eine bestimmte Bedeutung hat, ist der Begriff in seiner allgemeinen juristischen Bedeutung auszulegen, sofern sich nicht aus dem Sinnzusammenhang der Klausel etwas anderes ergibt (vgl. Schaub/Linck ArbR-HdB 16. Aufl. § 35 Rn. 30; zur Auslegung von Tarifverträgen BAG 17. März 2010 - 5 AZR 317/09 - Rn. 13, BAGE 133, 337; 22. Juli 2010 - 6 AZR 78/09 - Rn. 20, BAGE 135, 179; 16. April 2014 - 4 AZR 802/11 - Rn. 24, BAGE 148, 68; 19. November 2014 - 5 AZR 121/13 - Rn. 18, BAGE 150, 88).

24

(b) Bei der dem Kläger zugesagten Vergütung handelt es sich nicht um ein Leistungsentgelt. Der Stundenlohn ist dem Kläger, unabhängig von der Relation seiner Leistung zu einer Bezugsleistung, als Gegenleistung für die Arbeitsleistung zu zahlen. Für ein vom juristischen Sprachgebrauch abweichendes Verständnis bietet weder § 1 Arbeitsvertrag noch der Sinnzusammenhang der Klausel Anhaltspunkte.

25

(3) Dem gefundenen Auslegungsergebnis steht nicht entgegen, dass dem Kläger kein Leistungsentgelt, sondern ausschließlich ein Stundenentgelt geschuldet ist. Allgemeine Geschäftsbedingungen werden der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags vom Verwender als für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen gestellt. Ein durchschnittlicher Arbeitnehmer muss, selbst wenn in seinem Fall nur eine leistungsunabhängige Vergütung vereinbart ist, nicht davon ausgehen, der Rechtsbegriff „leistungsentgeltfrei“ sei erweiternd dahingehend auszulegen, auch nicht leistungsbezogene Vergütungsbestandteile seien erfasst.

26

cc) Angesichts der Eindeutigkeit der Regelung ist für die Anwendung des § 305c Abs. 2 BGB kein Raum. Die Unklarheitenregelung setzt voraus, dass die Auslegung einer Allgemeinen Geschäftsbedingung mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt und keines den klaren Vorzug verdient. Es müssen „erhebliche Zweifel“ an der richtigen Auslegung bestehen. Die entfernte Möglichkeit, zu einem anderen Ergebnis zu kommen, genügt für die Anwendung der Bestimmung nicht (BAG 9. Juni 2010 - 5 AZR 332/09 - Rn. 39; 21. Januar 2015 - 10 AZR 84/14 - Rn. 26, BAGE 150, 286; 9. Dezember 2015 - 7 AZR 68/14 - Rn. 13; 24. Februar 2016 - 5 AZR 258/14 - Rn. 30). Im Übrigen führte diese gesetzliche Auslegungsregel zum selben Ergebnis.

27

4. Die Vorinstanzen haben den zeitlichen Umfang der vergütungspflichtigen Umkleide- und Wegezeit rechtsfehlerfrei unter Anwendung von § 287 Abs. 2 ZPO ermittelt.

28

a) Vergütungspflichtig ist die Zeit, die für das An- und Ablegen der Arbeitskleidung und das Zurücklegen der damit verbundenen innerbetrieblichen Wege erforderlich ist (vgl. BAG 19. März 2014 - 5 AZR 954/12 - Rn. 26). Zur Ermittlung der Zeitspanne ist ein modifizierter subjektiver Maßstab anzulegen, denn der Arbeitnehmer darf seine Leistungspflicht nicht frei selbst bestimmen, sondern muss unter angemessener Ausschöpfung seiner persönlichen Leistungsfähigkeit arbeiten. „Erforderlich“ ist nur die Zeit, die der einzelne Arbeitnehmer für das Umkleiden und den Weg zur und von der Umkleidestelle im Rahmen der objektiven Gegebenheiten unter Ausschöpfung seiner persönlichen Leistungsfähigkeit benötigt (BAG 19. September 2012 - 5 AZR 678/11 - Rn. 24, BAGE 143, 107; 12. November 2013 - 1 ABR 59/12 - Rn. 48, BAGE 146, 271; 19. März 2014 - 5 AZR 954/12 - Rn. 47). Bei Ermittlung der erforderlichen Zeit gilt es, die Variablen des Umkleidevorgangs zu berücksichtigen. Hierzu gehören ua. die Fragen, welche Privatkleidung je nach Jahreszeit der Arbeitnehmer zuvor getragen hat und welche Wartezeiten (auf die Ausgabe der Kleidung, auf Aufzüge etc.) notwendigerweise entstehen (BAG 19. September 2012 - 5 AZR 678/11 - Rn. 41, aaO).

29

b) Die unter Beachtung der vorgenannten Grundsätze vorgenommene Schätzung der erforderlichen Umkleide- und Wegezeit nach § 287 Abs. 2 ZPO hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

30

aa) Der Arbeitnehmer trägt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass Umkleide- und Wegezeiten angefallen sind, vom Arbeitgeber veranlasst wurden und im geltend gemachten Umfang erforderlich waren (vgl. BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 347/11 - Rn. 25 ff., BAGE 141, 330; 10. April 2013 - 5 AZR 122/12 - Rn. 15 ff.).

31

bb) Steht fest (§ 286 ZPO), dass Umkleide- und Wegezeiten auf Veranlassung des Arbeitgebers entstanden sind, kann aber der Arbeitnehmer seiner Darlegungs- oder Beweislast für den zeitlichen Umfang, in dem diese erforderlich waren, nicht in jeder Hinsicht genügen, darf das Gericht die erforderlichen Umkleide- und damit verbundenen Wegezeiten nach § 287 Abs. 2 iVm. Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 ZPO schätzen (vgl. BAG 21. Mai 1980 - 5 AZR 194/78 - zu 4 a der Gründe; 25. März 2015 - 5 AZR 602/13 - Rn. 18, BAGE 151, 180; aA Franzen NZA 2016, 136, 140). § 287 ZPO bietet damit Erleichterungen für das Beweismaß und das Verfahren, hat aber keine Auswirkungen auf die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast. Die Norm dehnt das richterliche Ermessen für die Feststellung der Forderungshöhe über die Schranken des § 286 ZPO aus(vgl. BAG 26. September 2012 - 10 AZR 370/10 - Rn. 19, 22 mwN, BAGE 143, 165). Zudem reicht bei der Entscheidung über die Höhe einer Forderung - im Unterschied zu den strengen Anforderungen des § 286 Abs. 1 ZPO - eine erhebliche, auf gesicherter Grundlage beruhende Wahrscheinlichkeit für die richterliche Überzeugungsbildung aus(vgl. BGH 17. Dezember 2014 - VIII ZR 88/13 - Rn. 45).

32

(1) Nach § 287 Abs. 2 ZPO gelten die Vorschriften des § 287 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 ZPO bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten entsprechend. Die Vorschrift erlaubt damit auch die Schätzung des Umfangs von Erfüllungsansprüchen, wenn unter den Parteien die Höhe der Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände entweder mit Schwierigkeiten, die zu der Bedeutung des streitigen Teils der Forderung in keinem Verhältnis stehen, verbunden (BAG 25. März 2015 - 5 AZR 602/13 - Rn. 20, BAGE 151, 180) oder unmöglich ist (BGH 29. Juni 1961 - VII ZR 32/60 -; Stein/Jonas/Leipold ZPO 22. Aufl. § 287 Rn. 29; Wieczorek/Schütze/Ahrens 4. Aufl. § 287 ZPO Rn. 61). Das Tatsachengericht muss unter Würdigung aller Umstände entscheiden, ob nach seiner Überzeugung Umkleide- und Wegezeiten entstanden sind und in welchem Umfang sie erforderlich waren. Es hat nach pflichtgemäßem Ermessen zu beurteilen, ob Beweis zu erheben ist oder auf Grundlage des festgestellten Sachverhalts nach § 287 Abs. 2 ZPO nicht wenigstens die Schätzung eines Mindestumfangs benötigter Umkleide- und Wegezeiten möglich ist.

33

(2) Die Vorinstanzen haben die Voraussetzungen einer Schätzung nach § 287 Abs. 2 ZPO zu Recht bejaht.

34

(a) Eine Schätzung hat zu unterbleiben, wenn sie mangels jeglicher konkreter Anhaltspunkte vollkommen „in der Luft hinge“ und daher willkürlich wäre. Die für eine Schätzung unabdingbaren Anknüpfungstatsachen muss derjenige, der den Erfüllungsanspruch geltend macht, darlegen und beweisen (vgl. BAG 25. März 2015 - 5 AZR 602/13 - Rn. 19, BAGE 151, 180; BGH 17. Dezember 2014 - VIII ZR 88/13 - Rn. 46 mwN).

35

(b) Der Umkleidevorgang, den der Kläger auf Weisung der Beklagten jeweils vor Beginn und nach Ende des Arbeitstags vollziehen musste und die mit diesem verbundenen innerbetrieblichen Wege, als die für eine Schätzung unerlässlichen Anknüpfungstatsachen, sind vorliegend festgestellt und stehen außer Streit. Die Parteien streiten allein über die hierfür arbeitstäglich erforderliche Zeit, die sich nachträglich nicht weiter belegen lässt.

36

(3) Die von den Tatsacheninstanzen vorgenommene Schätzung hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

37

(a) Eine vom Tatsachengericht gemäß § 287 Abs. 2 ZPO nach freier Überzeugung vorzunehmende Schätzung unterliegt nur einer eingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung. Ob das Tatsachengericht das Mindestmaß der erforderlichen Umkleide- und Wegezeiten zutreffend geschätzt hat, ist nur auf Ermessensüberschreitung dahingehend zu überprüfen, ob das Tatsachengericht wesentliche Bemessungsfaktoren außer Betracht gelassen oder der Schätzung unrichtige oder unbewiesene Anknüpfungstatsachen zugrunde gelegt hat und damit die Schätzung mangels konkreter Anhaltspunkte völlig „in der Luft hängt“, also willkürlich ist (vgl. BAG 26. September 2012 - 10 AZR 370/10 - Rn. 25 mwN, BAGE 143, 165; 25. März 2015 - 5 AZR 602/13 - Rn. 24, BAGE 151, 180).

38

(b) Die von den Vorinstanzen vorgenommene Schätzung der arbeitstäglichen Umkleide- und Wegezeiten auf 27 Minuten ist frei von Rechtsfehlern. Die Revision zeigt keine Umstände auf, die die Schätzung als willkürlich gegriffen erscheinen ließe. Die Beklagte behauptet nicht, die auf den festgestellten und zudem unstreitigen Anknüpfungstatsachen sowie dem Ergebnis der vom Arbeitsgericht durchgeführten Beweisaufnahme beruhende Schätzung sei rechtsfehlerhaft oder lasse Variablen des Umkleidevorgangs außer Acht.

39

5. Gegen die Berechnung der Anspruchshöhe, der die festgestellte Zahl der Arbeitstage, der Stundenlohn des Klägers und die durch Schätzung als erforderlich ermittelten Umkleide- und Wegezeiten zugrunde liegen, hat die Revision keine Angriffe erhoben.

40

II. Der Anspruch des Klägers ist nicht verwirkt.

41

1. Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung und soll dem Bedürfnis nach Rechtsklarheit dienen. Sie hat nicht den Zweck, Schuldner, denen gegenüber Gläubiger ihre Rechte längere Zeit nicht geltend gemacht haben, von ihrer Pflicht zur Leistung vorzeitig zu befreien. Deshalb kann allein der Zeitablauf die Verwirkung eines Rechts nicht rechtfertigen (Zeitmoment). Es müssen vielmehr besondere Umstände sowohl im Verhalten des Berechtigten als auch des Verpflichteten hinzutreten (Umstandsmoment), die es rechtfertigen, die späte Geltendmachung des Rechts als mit Treu und Glauben unvereinbar und für den Verpflichteten als unzumutbar anzusehen. Der Berechtigte muss unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erwecken konnten, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, so dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden. Durch die Verwirkung wird die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen. Die Verwirkung dient dem Vertrauensschutz. Weiterhin muss - als Zumutbarkeitsmoment - das Erfordernis des Vertrauensschutzes das Interesse des Berechtigten an einer sachlichen Prüfung des von ihm behaupteten Anspruchs derart überwiegen, dass dem in Anspruch Genommenen die Erfüllung des Anspruchs oder die Einlassung auf die Klage nicht mehr zuzumuten ist (BAG 25. April 2006 - 3 AZR 372/05 - Rn. 20, BAGE 118, 51; 22. Februar 2012 - 4 AZR 579/10 - Rn. 43; 25. September 2013 - 5 AZR 936/12 - Rn. 15; 24. August 2016 - 5 AZR 129/16 - Rn. 60).

42

2. Eine Verwirkung scheidet vorliegend schon deshalb aus, weil sich aus dem Vorbringen der Beklagten und dem unstreitigen Sachverhalt keine Tatsachen ergeben, die geeignet wären, die Annahme zu rechtfertigen, der Beklagten sei es aufgrund eigener Dispositionen „unzumutbar“ geworden (vgl. BAG 25. September 2013 - 5 AZR 936/12 - Rn. 28; 24. August 2016 - 5 AZR 129/16 - Rn. 60), die Ansprüche des Klägers zu erfüllen.

43

III. Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2, § 187 Abs. 1 BGB.

44

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Müller-Glöge    

        

    Weber     

        

    Volk     

        

        

        

    A. Christen     

        

    Pollert    

                 

Tenor

1. Auf die Anschlussrevision des Klägers wird unter Zurückweisung der Revision der Beklagten das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 6. Juli 2015 - 8 Sa 53/14 - aufgehoben, soweit die Leistungsanträge des Klägers abgewiesen wurden.

2. Insoweit wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Der Kläger verlangt von der Beklagten, Zeiten, die er für das An- und Ablegen persönlicher Schutzausrüstung (PSA) aufwendet, zu vergüten.

2

Die Beklagte, ein Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie, führt in ihrem Werk in H, in dem sie ca. 640 Mitarbeiter beschäftigt, Arbeiten im Bereich des Warm- und Kaltwalzens von Aluminium durch. Sie setzt den Kläger, dessen regelmäßige tägliche Sollarbeitszeit um 07:00 Uhr beginnt und um 14:30 Uhr endet, in der Abteilung Instandhaltung ein. Gemäß der seitens der Beklagten erlassenen Anweisung „Arbeitskleidung, … PSA für … Instandhaltung … in Abhängigkeit von Gefährdung und Tätigkeit“ ist der Kläger verpflichtet, PSA zu tragen, die neben Hose, Arbeitsjacke, Socken, Schuhen und Arbeitshandschuhen auch Schutzbrille, Helm und Gehörschutz umfasst. Um die PSA anzulegen, muss der Kläger nach Betreten des Betriebsgeländes zunächst zur Waschkaue gehen, die dort für ihn bereitliegende saubere PSA aus einem Wäschefach entnehmen, sich zu seinem Spind begeben, sich entkleiden und die PSA anlegen. Anschließend hat er seinen Arbeitsplatz aufzusuchen, der ohne PSA nicht betreten werden darf.

3

Mitarbeitern, die - anders als der Kläger - ihre Arbeit regelmäßig in privater Kleidung verrichten dürfen, vergütet die Beklagte die zum An- und Ablegen der PSA erforderliche Zeit sowie die damit zusammenhängenden innerbetrieblichen Wegezeiten als Arbeitszeit, wenn sie einen Arbeitsbereich aufsuchen, für den das Tragen von PSA vorgeschrieben ist.

4

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft beiderseitiger Tarifbindung der am 1. Oktober 2008 in Kraft getretene Manteltarifvertrag der Metall- und Elektroindustrie für das Tarifgebiet Hamburg und Umgebung, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern vom 3. Juli 2008 (MTV) Anwendung. Dieser enthält ua. folgende Regelungen:

        

§ 3   

        

Arbeitszeit

        

...     

        
        

6.    

Pausen, Umkleiden und Waschen

                 

Zeiten für Umkleiden und Waschen sowie Pausen sind keine Arbeitszeit, soweit nicht innerbetriebliche abweichende Regelungen getroffen werden.

        

...     

        
        

§ 6     

        

Mehr-, Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit

        

1.    

Mehrarbeit

                 

Mehrarbeit ist die angeordnete Überschreitung der individuellen regelmäßigen täglichen Arbeitszeit, die bis zum Arbeitsbeginn des darauffolgenden Tages abgefordert wird.

        

...     

        
        

§ 7     

        

Zuschläge für Mehr-, Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit

        

1.    

Für Hamburg und Umgebung gilt:

        

1.1     

Höhe des Zuschlages

                 

Die Beschäftigten erhalten je Stunde für angeordnete

                 

a)    

Mehrarbeit

25 % Zuschlag

                 

...     

        

§ 11   

        

Arbeitsausfall, Arbeitsverhinderung, Arbeitsfreistellung

        

1.    

Bezahlte Arbeitszeit

                 

Bezahlt wird nur die Zeit, die der Beschäftigte im Rahmen der vereinbarten Arbeitszeit dem Betrieb arbeitsbereit zur Verfügung steht, soweit in diesem Tarifvertrag nichts anderes bestimmt ist.

        

…“    

        
5

Die Beklagte führt für den Kläger ein Arbeitszeitkonto auf der Grundlage der „Betriebsvereinbarung über Gleitende Arbeitszeit“ vom 7. September 2006. Darin heißt es auszugsweise:

        

„2.     

Gleitzeitregelungen

        

...     

        
        

2.2     

Die Erfassung der täglichen Kommt- und Geht-Zeiten erfolgt mittels eines elektronischen Zeiterfassungssystems. …

        

2.3     

Bei Beginn und Beendigung der täglichen Arbeitszeit ist an einem Zeiterfassungsterminal eine Kommt- bzw. Geht-Buchung vorzunehmen. Dies hat grundsätzlich an dem dem Arbeitsplatz nächstgelegenen Terminal zu erfolgen. Die sich aus der Differenz zwischen Kommt- und Geht-Zeit ergebende Anwesenheitszeit wird minutengenau erfasst.

        

...     

        
        

3.    

Abgrenzung zur Mehrarbeit

                 

Mehrarbeit (Überstunden) ist gegeben, soweit diese angeordnet und außerhalb der täglichen Kernarbeitszeit geleistet wird sowie die Dauer der täglichen Sollarbeitszeit überschritten ist.“

6

Der Kläger arbeitete in den Monaten September bis November 2013 insgesamt in 39 Schichten.

7

Er hat die Auffassung vertreten, sofern § 3 Ziff. 6 MTV nicht nur das An- und Ablegen von Privatkleidung unterfalle, liege ein Verstoß gegen § 3 Abs. 3 ArbSchG vor. Schließlich sei die Beklagte unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung gehalten, Zeiten, die er für das An- und Ablegen von PSA aufwende, zu vergüten.

8

Der Kläger hat beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, ihm 19,5 Stunden auf seinem Arbeitszeitkonto gemäß der Betriebsvereinbarung über Gleitende Arbeitszeit vom 7. September 2006/Freizeitausgleichskonto gutzuschreiben;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 117,10 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Dezember 2013 zu zahlen;

        

3.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm arbeitstäglich 30 Minuten für das An- und Ablegen von vorgeschriebener persönlicher Schutzausrüstung als Arbeitszeit zu vergüten und seinem Zeitkonto gutzuschreiben und für 30 Minuten arbeitstäglich Mehrarbeitszuschläge gemäß § 6 MTV der Metallindustrie Hamburg zu zahlen;

        

hilfsweise zum Antrag zu 3.

                 

festzustellen, dass er berechtigt ist, seine persönliche Schutzausrüstung nach dem Einstempeln zu Beginn der Schicht am Zeiterfassungsterminal anzulegen und vor dem Ausstempeln am Zeiterfassungsterminal abzulegen und dass die Beklagte verpflichtet ist, die mit Hilfe des Zeiterfassungsterminals erfassten Zeiten als Arbeitszeit gemäß MTV zu vergüten;

        

weiter hilfsweise

                 

festzustellen, dass die unter Ausschöpfung seiner persönlichen Leistungsfähigkeit erforderlichen Zeiten für das An- und Ablegen von vorgeschriebener persönlicher Schutzausrüstung einschließlich der innerbetrieblichen Wegezeiten von der Waschkaue zum Arbeitsbereich vergütungspflichtige Arbeitszeiten sind.

9

Die Beklagte hat die Abweisung der Klage mit der Begründung beantragt, die Tarifvertragsparteien hätten in § 3 Ziff. 6 MTV sämtliche Umkleidezeiten vergütungsfrei gestellt. Das An- und Ablegen von PSA sei keine Maßnahme des Arbeitsschutzes iSd. § 3 Abs. 3 ArbSchG, sondern diene lediglich der Umsetzung ihrer - vorgelagerten - arbeitsschutzrechtlichen Entscheidung, das Tragen von PSA anzuordnen. Schließlich sei sie im Hinblick auf die Zulagen, auf die der Kläger nach § 13 des Entgeltrahmenabkommens (ERA) iVm. der einschlägigen Betriebsvereinbarung Anspruch habe, berechtigt, Zeiten, die Arbeitnehmer während der Schicht für das An- und Ablegen von PSA aufwendeten, anders zu vergüten als Zeiten, die auf das Umkleiden vor Schichtbeginn oder nach Schichtende entfielen.

10

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht dem ersten Hilfsantrag stattgegeben und die Berufung im Übrigen zurückgewiesen. Mit ihrer Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Der Kläger verfolgt mit seiner Anschlussrevision seine Klageanträge zu 1. und 2. weiter.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Die Anschlussrevision des Klägers ist begründet und führt insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

12

A. Die zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet. Zwar ist die Annahme des Landesarbeitsgerichts, § 3 Ziff. 6 MTV verstoße gegen das gesetzliche Verbot des § 3 Abs. 3 ArbSchG, rechtsfehlerhaft. Die angefochtene Entscheidung erweist sich jedoch - soweit die Beklagte Revision eingelegt hat - aus anderen Gründen, nämlich unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der Gleichbehandlung, als richtig (§ 561 ZPO).

13

I. Die Revision der Beklagten ist entgegen der Auffassung des Klägers zulässig. Die Revisionsbegründung genügt den gesetzlichen Anforderungen.

14

1. Zur ordnungsgemäßen Begründung der Revision müssen gemäß § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO die Revisionsgründe angegeben werden. Bei Sachrügen sind diejenigen Umstände bestimmt zu bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt (§ 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a ZPO). Die Revisionsbegründung muss deshalb den angenommenen Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts in einer Weise verdeutlichen, die Gegenstand und Richtung des Revisionsangriffs erkennen lässt (vgl. BAG 9. August 2016 - 9 AZR 628/15 - Rn. 7).

15

2. An diesen Anforderungen gemessen ist die Revisionsbegründung der Beklagten nicht zu beanstanden.

16

Mit der tragenden Erwägung des Landesarbeitsgerichts, die tarifliche Regelung des § 3 Ziff. 6 MTV sei wegen Verstoßes gegen § 3 Abs. 3 ArbSchG unwirksam, hat sich die Beklagte in ihrer Revisionsbegründung ausreichend auseinandergesetzt. Unschädlich ist deshalb, dass die Beklagte nicht dargelegt hat, weshalb ihrer Auffassung zufolge sowohl die tarifliche Regelung mit Art. 3 Abs. 1 GG als auch die tatsächliche Handhabung der Vergütung von Umkleidezeiten durch die Beklagte mit dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz in Einklang stehen. Beide Gesichtspunkte waren für die angefochtene Entscheidung nicht erheblich. Das Landesarbeitsgericht ist einerseits davon ausgegangen, die Tarifbestimmung des § 3 Ziff. 6 MTV verstoße nicht gegen die verfassungsrechtlichen Vorgaben des Art. 3 Abs. 1 GG. Es hat andererseits die Frage offengelassen, ob die betriebliche Praxis, der zufolge Arbeitnehmer, die während ihrer Schicht PSA an- und ablegen, die Umkleidezeiten ungeachtet der tariflichen Regelung vergütet erhalten, mit dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz vereinbar ist.

17

II. In der Sache hat die Revision der Beklagten keinen Erfolg. Ungeachtet der rechtsfehlerhaften Annahme des Landesarbeitsgerichts, § 3 Ziff. 6 MTV sei wegen Verstoßes gegen § 3 Abs. 3 ArbSchG unwirksam und stehe deshalb einem tariflichen Vergütungsanspruch nicht entgegen, erweist sich die angefochtene Entscheidung - soweit die Beklagte Revision eingelegt hat - im Ergebnis als richtig(§ 561 ZPO). Denn die Beklagte ist aus Gründen der Gleichbehandlung verpflichtet, die Zeiten, die der Kläger für das An- und Ablegen der PSA benötigt, einschließlich der Wegezeiten zu vergüten.

18

1. Der erste hilfsweise zum Klageantrag zu 3. gestellte Antrag ist als sog. Elementenfeststellungsklage zulässig.

19

a) Dieser Feststellungsantrag ist dahin gehend zu verstehen, dass der Kläger - unabhängig von der örtlichen Lage des Zeiterfassungssystems auf dem Betriebsgelände - berechtigt ist, vor Schichtbeginn zunächst einzustempeln und danach die PSA anzulegen sowie nach Schichtende zunächst die PSA abzulegen und danach auszustempeln. Unter Berücksichtigung seines Rechtsschutzbegehrens, die Umkleidezeiten vergütet zu bekommen, ist der von ihm gestellte Antrag daher so zu verstehen, dass sich der Passus „am Zeiterfassungsterminal“ auf das Ein- und Ausstempeln und nicht auf das An- und Ablegen der PSA bezieht.

20

b) Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses erhoben werden, wenn die Klagepartei ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Die Feststellungsklage kann sich auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken - Elementenfeststellungsklage - (BAG 25. März 2015 - 5 AZR 874/12 - Rn. 13 f.). Ein Feststellungsinteresse ist in diesem Fall nur gegeben, wenn durch die Entscheidung über den Feststellungsantrag der Streit insgesamt beseitigt wird und das Rechtsverhältnis der Parteien abschließend geklärt werden kann. Die Rechtskraft der Entscheidung muss weitere gerichtliche Auseinandersetzungen über die zwischen den Parteien strittigen Fragen um denselben Fragenkomplex ausschließen. Es fehlt, wenn durch die Entscheidung kein Rechtsfrieden geschaffen wird, weil nur einzelne Elemente eines Rechtsverhältnisses zur Entscheidung des Gerichts gestellt werden (BAG 23. März 2016 - 5 AZR 758/13 - Rn. 16, BAGE 154, 337).

21

Im Hinblick auf den Hilfsantrag liegen diese Voraussetzungen vor. Die von dem Kläger begehrte Feststellung ist geeignet, weitere gerichtliche Auseinandersetzungen zwischen den Parteien über die vergütungsrechtliche Bewertung von Umkleidezeiten auszuschließen.

22

2. Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht angenommen, dass der erste Hilfsantrag zum Klageantrag zu 3. begründet ist. Allerdings ist die Begründung des Landesarbeitsgerichts rechtsfehlerhaft.

23

a) Zur Leistung der versprochenen Dienste, an welche die Vergütungspflicht nach § 611 Abs. 1 BGB anknüpft, zählt nicht nur die eigentliche Arbeitsleistung, sondernwie im Streitfall - grundsätzlich auch das vom Arbeitgeber angeordnete Umkleiden im Betrieb. In einem solchen Falle macht der Arbeitgeber mit seiner Weisung das Umkleiden und das Zurücklegen des Wegs von der Umkleide- zur Arbeitsstelle zur arbeitsvertraglichen Verpflichtung (vgl. BAG 19. September 2012 - 5 AZR 678/11 - Rn. 28, BAGE 143, 107).

24

b) Die rechtliche Bewertung der Umkleidezeiten als Teil der vom Kläger geschuldeten Arbeitsleistung rechtfertigt jedoch nicht den Schluss, die Beklagte sei zur Vergütung dieser Zeiten verpflichtet. Die Bestimmungen des MTV schließen einen solchen Vergütungsanspruch aus.

25

aa) § 3 Ziff. 6 MTV bestimmt, dass „Zeiten für Umkleiden und Waschen“ nicht zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit zählen. Die Tarifregelung ist ein Unterfall des in § 11 Ziff. 1 MTV tarifierten Grundsatzes, dem zufolge der Arbeitgeber grundsätzlich nur die Zeit, in der der Beschäftigte dem Betrieb arbeitsbereit zur Verfügung steht, zu vergüten hat. Dabei nimmt § 3 Ziff. 6 MTV sämtliche Umkleidezeiten von der Vergütungspflicht aus und nicht - wie der Kläger meint - lediglich die Zeiten, die für das An- und Ablegen der Privatkleidung aufgewendet werden. Für eine derart einschränkende Auslegung des Begriffs „Umkleiden“ enthält die Tarifnorm keinerlei Anhaltspunkte (zu den für Tarifverträge geltenden Auslegungsgrundsätzen vgl. BAG 22. April 2010 - 6 AZR 962/08 - Rn. 17 mwN, BAGE 134, 184).

26

bb) Die Tarifregelung des § 3 Ziff. 6 MTV ist wirksam (so bereits BAG 25. September 2013 - 10 AZR 258/12 - Rn. 14).

27

(1) Die Tarifvertragsparteien sind berechtigt, die Höhe des Arbeitsentgelts zu tarifieren und hierbei eine unterschiedliche Vergütung von Arbeitszeiten vorzusehen (vgl. BAG 19. März 2014 - 5 AZR 954/12 - Rn. 30; 19. September 2012 - 5 AZR 678/11 - Rn. 29, BAGE 143, 107). Diese in der grundrechtlich geschützten Tarifautonomie wurzelnde Rechtsmacht umfasst die grundsätzliche Befugnis, bestimmte Teile der Arbeitszeit - wie in § 3 Ziff. 6 MTV für die Umkleidezeiten geschehen - von der andererseits bestehenden Vergütungspflicht des Arbeitgebers auszunehmen (vgl. Franzen NZA 2016, 136, 138; Gaul/Hofelich NZA 2016, 149, 151).

28

(2) § 3 Ziff. 6 MTV ist entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts nicht wegen Verstoßes gegen § 3 Abs. 3 ArbSchG unwirksam.

29

(a) Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 ArbSchG ist der Arbeitgeber verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes unter Berücksichtigung der Umstände zu treffen, die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit beeinflussen. Maßnahmen des Arbeitsschutzes sind gemäß § 2 Abs. 1 ArbSchG Maßnahmen zur Verhütung von Unfällen bei der Arbeit und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren einschließlich Maßnahmen der menschengerechten Gestaltung der Arbeit. Gemäß § 3 Abs. 3 ArbSchG darf der Arbeitgeber Kosten für Maßnahmen nach dem ArbSchG nicht den Beschäftigten auferlegen.

30

(b) Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 3 Abs. 3 ArbSchG liegen im Streitfall nicht vor. Zugunsten des Klägers unterstellt, bei dem An- und Ablegen der PSA handele es sich um eine Maßnahme des Arbeitsschutzes, werden den Arbeitnehmern hierdurch keine Kosten auferlegt. Das arbeitsschutzrechtliche Verbot des § 3 Abs. 3 ArbSchG erfasst nicht zeitliche Dispositionen des Arbeitnehmers(Löwisch/Neumann SAE 1997, 77, 85 f.; vgl. auch Gaul/Hofelich NZA 2016, 149, 151; aA Wiebauer in Landmann/Rohmer GewO Stand August 2016 Bd. II § 3 ArbSchG Rn. 71; Kohte AuR 2016, 404, 406). Die in § 3 Ziff. 6 MTV genannten Umkleidezeiten führen nicht zu „Kosten“, die der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer auferlegt. „Auferlegen“ kann der Arbeitgeber nur Kosten, die zuvor entstanden sind. Dementsprechend heißt es in der Gesetzesbegründung, dass Kosten für Arbeitsschutzmaßnahmen beim Arbeitgeber „verbleiben“ (BT-Drs. 13/3540 S. 16) sollen. Ein „Verbleiben“ der Kosten ist nur möglich, wenn diese vorher bei demjenigen, bei dem sie verbleiben, also beim Arbeitgeber, entstanden sind. Dies ist bei Zeiten, die der Arbeitnehmer zum Umkleiden aufwendet, nicht der Fall.

31

3. Die angefochtene Entscheidung erweist sich jedoch - soweit die Beklagte Revision eingelegt hat - aus anderen Gründen, nämlich unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der Gleichbehandlung, als richtig (§ 561 ZPO). Indem die Beklagte Arbeitnehmern, die sich während einer Schicht umkleiden, nicht aber Arbeitnehmern, die sich vor Antritt oder nach Beendigung der Schicht umkleiden, die Umkleidezeiten vergütet, verstößt sie gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Dies hat zur Folge, dass der Kläger einen Anspruch auf Vergütung sowohl für die Zeiten hat, die er für das An- und Ablegen der PSA aufwendet, als auch für die hiermit im Zusammenhang stehenden Wegezeiten.

32

a) Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet dem Arbeitgeber, Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbst gegebenen Regelung gleichzubehandeln. Der Gleichbehandlungsgrundsatz wird inhaltlich durch den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG bestimmt. Bei freiwilligen Leistungen muss der Arbeitgeber die Leistungsvoraussetzungen so abgrenzen, dass Arbeitnehmer nicht aus sachfremden oder willkürlichen Gründen ausgeschlossen werden (BAG 4. Mai 2010 - 9 AZR 155/09 - Rn. 23 mwN, BAGE 134, 223). Die vom Arbeitgeber selbst geschaffene Gruppenbildung muss gemessen am Zweck der Leistung sachlich gerechtfertigt sein. Dies ist nur dann der Fall, wenn die Differenzierungsgründe unter Berücksichtigung der Besonderheiten der jeweiligen Leistung auf vernünftigen, einleuchtenden Erwägungen beruhen und nicht gegen verfassungsrechtliche Wertentscheidungen oder gesetzliche Verbote verstoßen (vgl. BAG 21. Mai 2014 - 4 AZR 50/13 - Rn. 22 mwN, BAGE 148, 139).

33

b) Mit der unterschiedlichen vergütungsrechtlichen Behandlung von Umkleidezeiten hat die Beklagte eine vom Einzelfall losgelöste eigene Regelung geschaffen, die am arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz zu messen ist.

34

aa) Die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Gleichbehandlung seiner Arbeitnehmer knüpft nicht unmittelbar an die Leistung selbst an, sondern vielmehr an das von ihm zugrunde gelegte, selbstbestimmte generalisierende Prinzip. Es handelt sich dabei um eine privatautonome Verteilungsentscheidung, die ihren Ausdruck in einer vom Arbeitgeber freiwillig gesetzten Anspruchsgrundlage für die jeweilige Leistung findet. Der Leistung selbst geht jeweils die Schaffung eines eigenen Regelwerks durch eigenes gestaltendes Verhalten (vgl. BAG 21. November 2013 - 6 AZR 23/12 - Rn. 76) voraus, in der das generalisierende Prinzip festgelegt wird. Denn der Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet nur die Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer aus sachfremden Gründen gegenüber anderen Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage. Er steht nicht der Begünstigung einzelner Arbeitnehmer entgegen (vgl. BAG 13. Februar 2002 - 5 AZR 713/00 - zu II 1 der Gründe mwN). Erfolgt die Begünstigung unabhängig von abstrakten Merkmalen in Einzelfällen, können sich andere Arbeitnehmer zur Begründung gleichartiger Ansprüche hierauf nicht berufen (BAG 12. August 2014 - 3 AZR 764/12 - Rn. 23). Bei bloßem - auch vermeintlichem - Normvollzug fehlt es an einer eigenen Verteilungsentscheidung des Arbeitgebers. In diesem Fall stellt er subjektiv keine eigenen Anspruchsvoraussetzungen auf, sondern sieht sich wenn auch irrtümlicherweise - verpflichtet, eine aus seiner Sicht wirksame Regelung vollziehen zu müssen (vgl. BAG 21. Mai 2014 - 4 AZR 120/13 - Rn. 20).

35

bb) Indem die Beklagte Umkleide- und Wegezeiten, die während der Schicht anfallen, vergütet, erbringt sie gegenüber ihren Arbeitnehmern eine über den Einzelfall hinausgehende freiwillige Leistung, zu der sie sich nicht als verpflichtet ansieht.

36

(1) Die Vergütung von Zeiten, die Arbeitnehmer während der Schicht zum An- und Ablegen von PSA aufwenden, ist eine Leistung, auf die kein tariflicher Anspruch besteht. Die Regelung des § 3 Ziff. 6 MTV nimmt ihrem einschränkungslosen Wortlaut zufolge nicht nur Umkleidezeiten, die vor und nach der Schicht anfallen, sondern jegliche Umkleidezeiten, also auch solche während einer Schicht, von der Vergütungspflicht aus.

37

(2) Ein Fall des irrtümlichen Normvollzugs liegt nicht vor. Die Beklagte geht selbst davon aus, Arbeitnehmern stehe unabhängig von dem Zeitpunkt des Umkleidens ein Anspruch auf Vergütung der Umkleidezeiten nicht zu.

38

(3) Ausweislich der tatbestandlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts, die für den Senat bindend sind (§ 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO), zahlt die Beklagte nicht in Ansehung von Einzelfällen, sondern nach abstrakten Merkmalen an alle Arbeitnehmer Vergütung für Umkleidezeiten im Zeitraum zwischen Schichtbeginn und Schichtende.

39

c) Die von der Beklagten gebildeten Gruppen sind miteinander vergleichbar. Die Beklagte unterscheidet zwischen Arbeitnehmern, die sich während der Schicht umkleiden, und Arbeitnehmern, die die PSA außerhalb der Schicht an- und ablegen. Die Arbeitnehmer beider Gruppen befinden sich in einer vergleichbaren Situation, da sie aus arbeitsschutzrechtlichen Gründen gleichermaßen verpflichtet sind, bestimmte Arbeitsplätze nur mit PSA zu betreten.

40

d) Die hierin liegende Ungleichbehandlung ist nicht durch sachliche Gründe gerechtfertigt. Es gelten die Grundsätze der abgestuften Darlegungs- und Beweislast. Nimmt ein Arbeitgeber eine Gruppe von Arbeitnehmern von bestimmten Leistungen aus, obliegt es ihm, die Gründe für die Differenzierung offenzulegen und substanziiert darzutun (vgl. BAG 3. September 2014 - 5 AZR 6/13 - Rn. 31, BAGE 149, 69). Die Beklagte ist ihrer diesbezüglichen Darlegungslast nicht nachgekommen.

41

aa) Soweit die Beklagte geltend macht, Arbeitnehmer, die ihre Tätigkeit dauerhaft in PSA erbringen, hätten anders als die von ihr begünstigen Arbeitnehmer regelmäßig Anspruch auf Zulagen nach § 13 ERA, übersieht sie, dass zwischen den in § 13 ERA geregelten Zulagentatbeständen und den Umkleidezeiten kein sachlicher Zusammenhang besteht. Die Zulagen nach § 13 ERA iVm. der im Betrieb der Beklagten geltenden Betriebsvereinbarung sollen die „Belastungen der Muskeln“, die „Belastungen der Sinne und Nerven“ und die „Belastungen aus Umgebungseinflüssen“ ausgleichen, nicht aber einen auf das An- und Ablegen von PSA zurückzuführenden zeitlichen Mehraufwand kompensieren.

42

bb) Soweit die Beklagte darauf hinweist, Arbeitnehmer, die sich während der Schicht umkleiden, müssten sonst - anders als Arbeitnehmer, die ihre PSA vor und nach der Schicht an- und ablegen - während der Schicht am Zeiterfassungsterminal aus- und einstempeln, lässt sie offen, aus welchen Gründen hiermit ein organisatorisches Problem oder eine erhebliche Belastung der betroffenen Arbeitnehmer einhergehen soll.

43

e) Aufgrund des Verstoßes der Beklagten gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz hat der Kläger Anspruch auf die ihm vorenthaltene Leistung (vgl. BAG 4. Mai 2010 - 9 AZR 155/09 - Rn. 23 mwN, BAGE 134, 223), im Streitfall auf die Vergütung der Zeiten, die er zum An- und Ablegen der PSA aufwendet, sowie der Wegezeiten, die mit dem Umkleiden im Zusammenhang stehen.

44

B. Die zulässige Anschlussrevision des Klägers ist begründet. Sie führt zur teilweisen Aufhebung des Berufungsurteils (§ 562 Abs. 1 ZPO) und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

45

I. Die Anschlussrevision ist zulässig.

46

1. Mit seiner Anschlussrevision verfolgt der Kläger seine ursprünglichen Leistungsanträge zu 1. und 2. weiter, die beide in einem unmittelbaren rechtlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Streitgegenstand der Revision, der Vergütung von Umkleidezeiten, stehen (vgl. hierzu BAG 20. Mai 2009 - 5 AZR 312/08 - Rn. 25).

47

2. Entgegen der Auffassung der Beklagten genügt die Begründung der Anschlussrevision den gesetzlichen Anforderungen.

48

a) Zur ordnungsgemäßen Begründung der Anschlussrevision müssen gemäß § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 554 Abs. 3 Satz 2, § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO die Revisionsgründe angegeben werden. Verfahrensrügen müssen nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO die Bezeichnung der Tatsachen enthalten, die den Mangel ergeben, auf den sich die Revision stützen will. Hierzu hat sich der Revisionskläger mit den Urteilsgründen des angefochtenen Urteils auseinanderzusetzen (vgl. BAG 9. August 2016 - 9 AZR 628/15 - Rn. 7). Darüber hinaus obliegt es dem Revisionskläger, die Kausalität zwischen dem behaupteten Verfahrensmangel und dem Ergebnis des Berufungsurteils aufzuzeigen (vgl. BAG 16. September 2004 - 2 AZR 447/03 - zu B V 1 b bb der Gründe mwN).

49

b) An diesem Maßstab gemessen hat der Kläger die Anschlussrevision ausreichend begründet. Unter Berufung auf § 287 ZPO hat der Kläger dargelegt, er habe in ausreichendem Umfang Anknüpfungstatsachen vorgetragen, die das Landesarbeitsgericht zum Anlass hätte nehmen müssen, den Umfang der zwischen den Parteien streitigen Umkleidezeiten zu schätzen.

50

II. Die Anschlussrevision ist begründet. Mit der von ihm gegebenen Begründung durfte das Landesarbeitsgericht die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts hinsichtlich der Leistungsanträge nicht zurückweisen. Auf der Grundlage der Feststellungen des Landesarbeitsgerichts kann der Senat allerdings nicht abschließend entscheiden, in welchem Umfang Umkleide- und Wegezeiten, die der Kläger im Zeitraum vom 1. September bis zum 30. November 2013 für das An- und Ablegen der PSA aufgewandt hat, dem Arbeitszeitkonto des Klägers gutzuschreiben sind (Klageantrag zu 1.) und für welche dieser Zeiten Mehrarbeitszuschläge zu zahlen sind (Klageantrag zu 2.). Diese Zeiten wird das Landesarbeitsgericht gemäß § 287 ZPO zu schätzen haben. Die Sache war insoweit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

51

1. Mit dem Klageantrag zu 1. begehrt der Kläger die Gutschrift von Überstunden auf dem Arbeitszeitkonto, das die Beklagte für ihn führt.

52

a) Rechtsfehlerhaft ist das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, es sei nicht nach § 287 Abs. 2 iVm. Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 ZPO gehalten, die Umkleide- und Wegezeiten auf der Grundlage des vom Kläger geleisteten Tatsachenvortrags zu schätzen.

53

aa) Verlangt der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber Vergütung für Überstunden, obliegt es ihm, darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass er Arbeit in einem die Normalarbeitszeit übersteigenden zeitlichen Umfang verrichtet hat (vgl. BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 347/11 - Rn. 27, BAGE 141, 330) und dass die von ihm geleisteten Überstunden angeordnet, gebilligt, geduldet oder jedenfalls zur Erledigung der geschuldeten Arbeit erforderlich waren (vgl. BAG 10. April 2013 - 5 AZR 122/12 - Rn. 15). Steht fest, dass Überstunden auf Veranlassung des Arbeitgebers geleistet worden sind, kann aber der Arbeitnehmer seiner Darlegungs- oder Beweislast für einzelne Überstunden nicht in jeder Hinsicht genügen, hat das Gericht den Umfang geleisteter Überstunden nach § 287 Abs. 2 iVm. Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 ZPO zu schätzen, sofern die Schätzung nicht mangels jeglicher konkreter Anhaltspunkte willkürlich wäre (vgl. BAG 25. März 2015 - 5 AZR 602/13 - Rn. 18, 20, BAGE 151, 180). Voraussetzung für eine Schätzung ist demnach lediglich, dass die klagende Partei dem Gericht eine tatsächliche Grundlage für die Schätzung geliefert und sich in einem den Umständen nach zumutbaren Maß um eine Substanziierung bemüht hat (vgl. BAG 16. September 2004 - 2 AZR 447/03 - zu B V 2 b aa der Gründe).

54

bb) Die Voraussetzungen für eine Schätzung des Umfangs der dem Arbeitszeitkonto gutzuschreibenden Umkleide- und Wegezeiten liegen im Streitfall vor. Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass der Kläger die PSA arbeitstäglich vor Beginn der Schicht angelegt und nach Schichtende wieder abgelegt sowie die damit verbundenen innerbetrieblichen Wege zurückgelegt hat. Im Streit steht nur die Frage, in welchem genauen zeitlichen Umfang dies geschah. Das diesbezügliche Vorbringen der Parteien deckt sich teilweise, im Übrigen weicht es zumeist nur geringfügig - voneinander ab. Die vollständige Aufklärung aller maßgeblichen Umstände wäre mit Schwierigkeiten verbunden, die zu der Bedeutung des streitigen Teils der Forderung in keinem Verhältnis stehen. Der Kläger hat den arbeitstäglichen Ablauf unter Angabe der für die einzelnen Tätigkeiten benötigten Zeit schriftsätzlich dargelegt und mit einer Fotodokumentation erläutert. Hieraus ergeben sich ausreichende Anknüpfungstatsachen, um eine Schätzung vornehmen zu können.

55

b) Weder erweist sich die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hinsichtlich der Leistungsanträge aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO) noch ist die Sache insoweit zur Endentscheidung reif (§ 563 Abs. 3 ZPO). Die erforderliche Schätzung, in welchem Umfang im streitgegenständlichen Zeitraum Umkleide- und Wegezeiten angefallen sind, fällt nicht in die Zuständigkeit des Senats, sondern ist dem Landesarbeitsgericht als Tatsachengericht vorbehalten (vgl. BAG 16. Januar 2013 - 10 AZR 560/11 - Rn. 23).

56

2. Mit dem Klageantrag zu 2. verlangt der Kläger von der Beklagten die Zahlung von Zuschlägen für Mehrarbeit iSv. § 6 Ziff. 1, § 7 Ziff. 1.1 Buchst. a MTV. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die vom Kläger behaupteten Überstunden nicht schätzen zu müssen, ist aus den unter B II 1 a genannten Gründen rechtsfehlerhaft. Das Landesarbeitsgericht wird diese Schätzung nachzuholen haben.

        

   Brühler    

        

   Krasshöfer   

        

   Suckow   

        

        

        

   Spiekermann   

        

    Merte    

                 

(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:

1.
Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb;
2.
Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage;
3.
vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit;
4.
Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Arbeitsentgelte;
5.
Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans sowie die Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs für einzelne Arbeitnehmer, wenn zwischen dem Arbeitgeber und den beteiligten Arbeitnehmern kein Einverständnis erzielt wird;
6.
Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen;
7.
Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften;
8.
Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist;
9.
Zuweisung und Kündigung von Wohnräumen, die den Arbeitnehmern mit Rücksicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses vermietet werden, sowie die allgemeine Festlegung der Nutzungsbedingungen;
10.
Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung;
11.
Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte, einschließlich der Geldfaktoren;
12.
Grundsätze über das betriebliche Vorschlagswesen;
13.
Grundsätze über die Durchführung von Gruppenarbeit; Gruppenarbeit im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn im Rahmen des betrieblichen Arbeitsablaufs eine Gruppe von Arbeitnehmern eine ihr übertragene Gesamtaufgabe im Wesentlichen eigenverantwortlich erledigt;
14.
Ausgestaltung von mobiler Arbeit, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird.

(2) Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach Absatz 1 nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(1) Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes unter Berücksichtigung der Umstände zu treffen, die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit beeinflussen. Er hat die Maßnahmen auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen und erforderlichenfalls sich ändernden Gegebenheiten anzupassen. Dabei hat er eine Verbesserung von Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten anzustreben.

(2) Zur Planung und Durchführung der Maßnahmen nach Absatz 1 hat der Arbeitgeber unter Berücksichtigung der Art der Tätigkeiten und der Zahl der Beschäftigten

1.
für eine geeignete Organisation zu sorgen und die erforderlichen Mittel bereitzustellen sowie
2.
Vorkehrungen zu treffen, daß die Maßnahmen erforderlichenfalls bei allen Tätigkeiten und eingebunden in die betrieblichen Führungsstrukturen beachtet werden und die Beschäftigten ihren Mitwirkungspflichten nachkommen können.

(3) Kosten für Maßnahmen nach diesem Gesetz darf der Arbeitgeber nicht den Beschäftigten auferlegen.

(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:

1.
Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb;
2.
Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage;
3.
vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit;
4.
Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Arbeitsentgelte;
5.
Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans sowie die Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs für einzelne Arbeitnehmer, wenn zwischen dem Arbeitgeber und den beteiligten Arbeitnehmern kein Einverständnis erzielt wird;
6.
Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen;
7.
Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften;
8.
Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist;
9.
Zuweisung und Kündigung von Wohnräumen, die den Arbeitnehmern mit Rücksicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses vermietet werden, sowie die allgemeine Festlegung der Nutzungsbedingungen;
10.
Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung;
11.
Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte, einschließlich der Geldfaktoren;
12.
Grundsätze über das betriebliche Vorschlagswesen;
13.
Grundsätze über die Durchführung von Gruppenarbeit; Gruppenarbeit im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn im Rahmen des betrieblichen Arbeitsablaufs eine Gruppe von Arbeitnehmern eine ihr übertragene Gesamtaufgabe im Wesentlichen eigenverantwortlich erledigt;
14.
Ausgestaltung von mobiler Arbeit, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird.

(2) Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach Absatz 1 nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 17. Februar 2016 - 3 Sa 1331/15 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Vergütung von Umkleide- und innerbetrieblichen Wegezeiten.

2

Der Kläger ist bei der nicht tarifgebundenen Beklagten, die insbesondere für Unternehmen der „S-Gruppe“ technische und handwerkliche Serviceleistungen erbringt, beschäftigt. Er wird in der Lebensmittelproduktion eingesetzt und bezieht einen Stundenlohn. Im Arbeitsvertrag vom 6. November 2002 heißt es ua.:

        

㤠1

        

…       

        

Aufgrund der bei der Produktion von Lebensmitteln geltenden Hygieneverordnung ist jeder Arbeitnehmer verpflichtet, den Dienst täglich mit sauberer und vollständiger Dienstkleidung anzutreten und zu erfüllen. Die Bedienung der Zeiterfassungsanlage, dh. das An- und Abstempeln hat ausschließlich persönlich und zwar immer in einwandfreier Dienstkleidung zu erfolgen.

        

Die Wegezeiten zu bzw. von den Stempeluhren oder Pausenräumen sind leistungsentgeltfrei.

        

…“    

3

Die Arbeitskleidung wird von der Beklagten gestellt. Sie darf nach den für die Tätigkeit des Klägers geltenden Hygienevorschriften nicht mit nach Hause genommen werden und ist im Betrieb an- und abzulegen. Hierzu muss der Kläger nach Betreten des Betriebsgeländes die Arbeitskleidung an einer Ausgabestelle abholen, sich in einem Umkleideraum umziehen und anschließend im Bereich der Pforte an einer ersten Stempeluhr, die dazu dient, die Anwesenheit im Betrieb zu registrieren, abstempeln. Danach hat er sich zum Betriebsgebäude zu begeben und dort an einer zweiten Stempeluhr erneut zu stempeln. Der Vorgang ist nach Schichtende in umgekehrter Folge zu absolvieren.

4

Mit der am 19. Dezember 2014 eingereichten, der Beklagten am 12. Januar 2015 zugestellten Klage begehrt der Kläger Vergütung für die vom 1. Januar 2011 bis zum 31. Dezember 2014 an 737 Arbeitstagen mit dem An- und Ablegen der Arbeitskleidung verbundenen Umkleide- und innerbetrieblichen Wegezeiten. Er hat geltend gemacht, hierfür arbeitstäglich 36 Minuten benötigt zu haben.

5

Der Kläger hat erstinstanzlich sinngemäß beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 6.219,57 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB ab dem 13. Januar 2015 zu zahlen.

6

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Vergütungspflichtig sei nur die Zeit nach Betätigen der zweiten Stempeluhr. Ein Anspruch auf Vergütung der für das Umkleiden und das Zurücklegen der Wege erforderlichen Zeit, die arbeitstäglich allenfalls 24 Minuten betrage, sei nach § 1 Arbeitsvertrag ausgeschlossen. Etwaige Ansprüche seien verwirkt.

7

Das Arbeitsgericht hat dem Kläger für arbeitstäglich 27 Minuten 4.665,42 Euro brutto zugesprochen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Im Rahmen der Beweisaufnahme wurden der Umkleidevorgang einschließlich der zurückzulegenden Wege durch Vertreter des Klägers und der Beklagten auf dem Betriebsgelände nachgestellt, die Wegstrecken von der Kammer des Arbeitsgerichts abgeschritten, der Umkleidevorgang durch die Vorsitzende vollzogen und die jeweils aufgewendeten Zeiten festgestellt. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die vollständige Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten gegen das der Klage teilweise stattgebende Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen. Die Klage ist in dem in der Revisionsinstanz noch anhängigen Umfang begründet. Die Beklagte schuldet dem Kläger als Vergütung für die an 737 Arbeitstagen im Zeitraum 1. Januar 2011 bis 31. Dezember 2014 erbrachten Umkleide- und Wegezeiten 4.665,42 Euro brutto nebst Prozesszinsen in gesetzlicher Höhe.

9

I. Der Kläger hat für jeden Arbeitstag im streitgegenständlichen Zeitraum gemäß § 611 BGB Anspruch auf Vergütung der Zeit, die er unter Ausschöpfung seiner persönlichen Leistungsfähigkeit benötigte, um sich umzukleiden und die damit verbundenen Wege zwischen Ausgabestelle und zweiter Stempeluhr zurückzulegen. Das haben die Vorinstanzen zu Recht erkannt.

10

1. Die gesetzliche Vergütungspflicht des Arbeitgebers knüpft nach § 611 Abs. 1 BGB an die Leistung der versprochenen Dienste an(BAG 12. Dezember 2012 - 5 AZR 355/12 - Rn. 16 f.; 19. März 2014 - 5 AZR 954/12 - Rn. 17). Zu den „versprochenen Diensten“ iSv. § 611 BGB zählt nicht nur die eigentliche Tätigkeit, sondern jede vom Arbeitgeber im Synallagma verlangte sonstige Tätigkeit oder Maßnahme, die mit der eigentlichen Tätigkeit oder der Art und Weise ihrer Erbringung unmittelbar zusammenhängt. Der Arbeitgeber verspricht die Vergütung für alle Dienste, die er dem Arbeitnehmer aufgrund seines arbeitsvertraglich vermittelten Weisungsrechts abverlangt. „Arbeit“ als Leistung der versprochenen Dienste iSd. § 611 Abs. 1 BGB ist jede Tätigkeit, die als solche der Befriedigung eines fremden Bedürfnisses dient(BAG 19. September 2012 - 5 AZR 678/11 - Rn. 28, BAGE 143, 107; 12. Dezember 2012 - 5 AZR 355/12 - Rn. 17; 19. März 2014 - 5 AZR 954/12 - Rn. 18).

11

2. Der Kläger hat mit dem An- und Ablegen der Arbeitskleidung und dem Zurücklegen der damit verbundenen innerbetrieblichen Wege eine Arbeitsleistung erbracht, die als Teil der versprochenen Dienste vergütungspflichtig ist.

12

a) Zur Arbeit gehören auch das Umkleiden und Zurücklegen der hiermit verbundenen innerbetrieblichen Wege, wenn der Arbeitgeber das Tragen einer bestimmten Kleidung vorschreibt, die im Betrieb an- und abgelegt werden muss, und er das Umkleiden nicht am Arbeitsplatz ermöglicht, sondern dafür eine vom Arbeitsplatz getrennte Umkleidestelle einrichtet (BAG 19. September 2012 - 5 AZR 678/11 - Rn. 23, BAGE 143, 107). Die Fremdnützigkeit ergibt sich in diesem Fall aus der Weisung des Arbeitgebers, die Arbeitskleidung erst im Betrieb anzulegen und sich dort an einer zwingend vorgegebenen, vom Arbeitsplatz getrennten Umkleidestelle umzuziehen (BAG 10. November 2009 - 1 ABR 54/08 - Rn. 15; 19. September 2012 - 5 AZR 678/11 - Rn. 23, aaO; 17. November 2015 - 1 ABR 76/13 - Rn. 25, BAGE 153, 225).

13

b) Das Umkleiden und das Zurücklegen der damit verbundenen innerbetrieblichen Wege sind danach Teil der vom Kläger geschuldeten Arbeitsleistung.

14

aa) Dem Kläger wurde von der Beklagten im Rahmen des ihr zustehenden Weisungsrechts abverlangt, eine bestimmte Arbeitskleidung zu tragen. Er war nach § 1 Arbeitsvertrag verpflichtet, seine Tätigkeit mit „sauberer und vollständiger“ Dienstkleidung anzutreten. Nach den Vorgaben der Beklagten durfte er sie erst in den eigens dafür vorgesehenen Räumlichkeiten auf dem Betriebsgelände anlegen und musste sie dort ablegen. Das Tragen der Arbeitskleidung stand in unmittelbarem Zusammenhang mit der eigentlichen Tätigkeit des Klägers. Es entsprach den bei der Produktion von Lebensmitteln geltenden Hygienevorschriften und diente den Interessen der Beklagten.

15

bb) Die Beklagte hat, indem sie - getrennt vom eigentlichen Arbeitsplatz des Klägers - eine Ausgabestelle für die Arbeitskleidung und Umkleideräume einrichtete, die Arbeit so organisiert, dass sie dort begann und endete. Der Weg von der Ausgabestelle zum eigentlichen Arbeitsplatz ist deshalb nicht dem Arbeitsweg zuzurechnen (vgl. hierzu BAG 28. Juli 1994 - 6 AZR 220/94 - zu II 3 b der Gründe, BAGE 77, 285; 19. September 2012 - 5 AZR 678/11 - Rn. 23, BAGE 143, 107).

16

3. Die Vergütungspflicht war nicht abbedungen oder abweichend geregelt.

17

a) Grundsätzlich kann durch Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag eine gesonderte Vergütungsregelung für eine andere als die eigentliche Tätigkeit getroffen werden (BAG 12. Dezember 2012 - 5 AZR 355/12 - Rn. 18; 19. März 2014 - 5 AZR 954/12 - Rn. 30).

18

b) Tarifliche Regelungen finden auf das Arbeitsverhältnis keine Anwendung. § 1 Arbeitsvertrag schließt die Vergütungspflicht für das Umkleiden und Zurücklegen der damit verbundenen innerbetrieblichen Wege nicht aus. Dies ergibt die Auslegung des Arbeitsvertrags, bei dessen Bestimmungen es sich nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts um Allgemeine Geschäftsbedingungen (§ 305 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BGB) handelt.

19

aa) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind - ausgehend vom Wortlaut - nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Parteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten. Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist durch das Revisionsgericht uneingeschränkt überprüfbar (BAG 21. Januar 2015 - 10 AZR 84/14 - Rn. 26, BAGE 150, 286; 18. November 2015 - 5 AZR 814/14 - Rn. 46; 24. Februar 2016 - 5 AZR 258/14 - Rn. 26).

20

bb) Nach diesen Auslegungsgrundsätzen bezieht sich § 1 Arbeitsvertrag nur auf Leistungsentgelte und nicht auf den dem Kläger zugesagten Stundenlohn.

21

(1) Leistungsentgelte sind nach allgemeinem juristischen Verständnis solche Vergütungen, bei denen die Leistung des Arbeitnehmers gemessen und mit einer Bezugsleistung verglichen wird, also sich die Höhe der Vergütung unmittelbar nach dem Verhältnis beider Leistungen zueinander bestimmt (st. Rspr., vgl. BAG 15. Mai 2001 - 1 ABR 39/00 - zu B II 1 a der Gründe, BAGE 97, 379; Fitting BetrVG 28. Aufl. § 87 Rn. 530; ErfK/Kania 17. Aufl. § 87 BetrVG Rn. 127).

22

(2) Die Regelung in § 1 Arbeitsvertrag „die Wegezeiten zu bzw. von den Stempeluhren oder Pausenräumen sind leistungsentgeltfrei“ erfasst nicht den im Arbeitsvertrag vereinbarten Stundenlohn.

23

(a) Bedient sich der Arbeitgeber in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Rechtsbegriffs, der im juristischen Sprachgebrauch eine bestimmte Bedeutung hat, ist der Begriff in seiner allgemeinen juristischen Bedeutung auszulegen, sofern sich nicht aus dem Sinnzusammenhang der Klausel etwas anderes ergibt (vgl. Schaub/Linck ArbR-HdB 16. Aufl. § 35 Rn. 30; zur Auslegung von Tarifverträgen BAG 17. März 2010 - 5 AZR 317/09 - Rn. 13, BAGE 133, 337; 22. Juli 2010 - 6 AZR 78/09 - Rn. 20, BAGE 135, 179; 16. April 2014 - 4 AZR 802/11 - Rn. 24, BAGE 148, 68; 19. November 2014 - 5 AZR 121/13 - Rn. 18, BAGE 150, 88).

24

(b) Bei der dem Kläger zugesagten Vergütung handelt es sich nicht um ein Leistungsentgelt. Der Stundenlohn ist dem Kläger, unabhängig von der Relation seiner Leistung zu einer Bezugsleistung, als Gegenleistung für die Arbeitsleistung zu zahlen. Für ein vom juristischen Sprachgebrauch abweichendes Verständnis bietet weder § 1 Arbeitsvertrag noch der Sinnzusammenhang der Klausel Anhaltspunkte.

25

(3) Dem gefundenen Auslegungsergebnis steht nicht entgegen, dass dem Kläger kein Leistungsentgelt, sondern ausschließlich ein Stundenentgelt geschuldet ist. Allgemeine Geschäftsbedingungen werden der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags vom Verwender als für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen gestellt. Ein durchschnittlicher Arbeitnehmer muss, selbst wenn in seinem Fall nur eine leistungsunabhängige Vergütung vereinbart ist, nicht davon ausgehen, der Rechtsbegriff „leistungsentgeltfrei“ sei erweiternd dahingehend auszulegen, auch nicht leistungsbezogene Vergütungsbestandteile seien erfasst.

26

cc) Angesichts der Eindeutigkeit der Regelung ist für die Anwendung des § 305c Abs. 2 BGB kein Raum. Die Unklarheitenregelung setzt voraus, dass die Auslegung einer Allgemeinen Geschäftsbedingung mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt und keines den klaren Vorzug verdient. Es müssen „erhebliche Zweifel“ an der richtigen Auslegung bestehen. Die entfernte Möglichkeit, zu einem anderen Ergebnis zu kommen, genügt für die Anwendung der Bestimmung nicht (BAG 9. Juni 2010 - 5 AZR 332/09 - Rn. 39; 21. Januar 2015 - 10 AZR 84/14 - Rn. 26, BAGE 150, 286; 9. Dezember 2015 - 7 AZR 68/14 - Rn. 13; 24. Februar 2016 - 5 AZR 258/14 - Rn. 30). Im Übrigen führte diese gesetzliche Auslegungsregel zum selben Ergebnis.

27

4. Die Vorinstanzen haben den zeitlichen Umfang der vergütungspflichtigen Umkleide- und Wegezeit rechtsfehlerfrei unter Anwendung von § 287 Abs. 2 ZPO ermittelt.

28

a) Vergütungspflichtig ist die Zeit, die für das An- und Ablegen der Arbeitskleidung und das Zurücklegen der damit verbundenen innerbetrieblichen Wege erforderlich ist (vgl. BAG 19. März 2014 - 5 AZR 954/12 - Rn. 26). Zur Ermittlung der Zeitspanne ist ein modifizierter subjektiver Maßstab anzulegen, denn der Arbeitnehmer darf seine Leistungspflicht nicht frei selbst bestimmen, sondern muss unter angemessener Ausschöpfung seiner persönlichen Leistungsfähigkeit arbeiten. „Erforderlich“ ist nur die Zeit, die der einzelne Arbeitnehmer für das Umkleiden und den Weg zur und von der Umkleidestelle im Rahmen der objektiven Gegebenheiten unter Ausschöpfung seiner persönlichen Leistungsfähigkeit benötigt (BAG 19. September 2012 - 5 AZR 678/11 - Rn. 24, BAGE 143, 107; 12. November 2013 - 1 ABR 59/12 - Rn. 48, BAGE 146, 271; 19. März 2014 - 5 AZR 954/12 - Rn. 47). Bei Ermittlung der erforderlichen Zeit gilt es, die Variablen des Umkleidevorgangs zu berücksichtigen. Hierzu gehören ua. die Fragen, welche Privatkleidung je nach Jahreszeit der Arbeitnehmer zuvor getragen hat und welche Wartezeiten (auf die Ausgabe der Kleidung, auf Aufzüge etc.) notwendigerweise entstehen (BAG 19. September 2012 - 5 AZR 678/11 - Rn. 41, aaO).

29

b) Die unter Beachtung der vorgenannten Grundsätze vorgenommene Schätzung der erforderlichen Umkleide- und Wegezeit nach § 287 Abs. 2 ZPO hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

30

aa) Der Arbeitnehmer trägt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass Umkleide- und Wegezeiten angefallen sind, vom Arbeitgeber veranlasst wurden und im geltend gemachten Umfang erforderlich waren (vgl. BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 347/11 - Rn. 25 ff., BAGE 141, 330; 10. April 2013 - 5 AZR 122/12 - Rn. 15 ff.).

31

bb) Steht fest (§ 286 ZPO), dass Umkleide- und Wegezeiten auf Veranlassung des Arbeitgebers entstanden sind, kann aber der Arbeitnehmer seiner Darlegungs- oder Beweislast für den zeitlichen Umfang, in dem diese erforderlich waren, nicht in jeder Hinsicht genügen, darf das Gericht die erforderlichen Umkleide- und damit verbundenen Wegezeiten nach § 287 Abs. 2 iVm. Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 ZPO schätzen (vgl. BAG 21. Mai 1980 - 5 AZR 194/78 - zu 4 a der Gründe; 25. März 2015 - 5 AZR 602/13 - Rn. 18, BAGE 151, 180; aA Franzen NZA 2016, 136, 140). § 287 ZPO bietet damit Erleichterungen für das Beweismaß und das Verfahren, hat aber keine Auswirkungen auf die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast. Die Norm dehnt das richterliche Ermessen für die Feststellung der Forderungshöhe über die Schranken des § 286 ZPO aus(vgl. BAG 26. September 2012 - 10 AZR 370/10 - Rn. 19, 22 mwN, BAGE 143, 165). Zudem reicht bei der Entscheidung über die Höhe einer Forderung - im Unterschied zu den strengen Anforderungen des § 286 Abs. 1 ZPO - eine erhebliche, auf gesicherter Grundlage beruhende Wahrscheinlichkeit für die richterliche Überzeugungsbildung aus(vgl. BGH 17. Dezember 2014 - VIII ZR 88/13 - Rn. 45).

32

(1) Nach § 287 Abs. 2 ZPO gelten die Vorschriften des § 287 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 ZPO bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten entsprechend. Die Vorschrift erlaubt damit auch die Schätzung des Umfangs von Erfüllungsansprüchen, wenn unter den Parteien die Höhe der Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände entweder mit Schwierigkeiten, die zu der Bedeutung des streitigen Teils der Forderung in keinem Verhältnis stehen, verbunden (BAG 25. März 2015 - 5 AZR 602/13 - Rn. 20, BAGE 151, 180) oder unmöglich ist (BGH 29. Juni 1961 - VII ZR 32/60 -; Stein/Jonas/Leipold ZPO 22. Aufl. § 287 Rn. 29; Wieczorek/Schütze/Ahrens 4. Aufl. § 287 ZPO Rn. 61). Das Tatsachengericht muss unter Würdigung aller Umstände entscheiden, ob nach seiner Überzeugung Umkleide- und Wegezeiten entstanden sind und in welchem Umfang sie erforderlich waren. Es hat nach pflichtgemäßem Ermessen zu beurteilen, ob Beweis zu erheben ist oder auf Grundlage des festgestellten Sachverhalts nach § 287 Abs. 2 ZPO nicht wenigstens die Schätzung eines Mindestumfangs benötigter Umkleide- und Wegezeiten möglich ist.

33

(2) Die Vorinstanzen haben die Voraussetzungen einer Schätzung nach § 287 Abs. 2 ZPO zu Recht bejaht.

34

(a) Eine Schätzung hat zu unterbleiben, wenn sie mangels jeglicher konkreter Anhaltspunkte vollkommen „in der Luft hinge“ und daher willkürlich wäre. Die für eine Schätzung unabdingbaren Anknüpfungstatsachen muss derjenige, der den Erfüllungsanspruch geltend macht, darlegen und beweisen (vgl. BAG 25. März 2015 - 5 AZR 602/13 - Rn. 19, BAGE 151, 180; BGH 17. Dezember 2014 - VIII ZR 88/13 - Rn. 46 mwN).

35

(b) Der Umkleidevorgang, den der Kläger auf Weisung der Beklagten jeweils vor Beginn und nach Ende des Arbeitstags vollziehen musste und die mit diesem verbundenen innerbetrieblichen Wege, als die für eine Schätzung unerlässlichen Anknüpfungstatsachen, sind vorliegend festgestellt und stehen außer Streit. Die Parteien streiten allein über die hierfür arbeitstäglich erforderliche Zeit, die sich nachträglich nicht weiter belegen lässt.

36

(3) Die von den Tatsacheninstanzen vorgenommene Schätzung hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

37

(a) Eine vom Tatsachengericht gemäß § 287 Abs. 2 ZPO nach freier Überzeugung vorzunehmende Schätzung unterliegt nur einer eingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung. Ob das Tatsachengericht das Mindestmaß der erforderlichen Umkleide- und Wegezeiten zutreffend geschätzt hat, ist nur auf Ermessensüberschreitung dahingehend zu überprüfen, ob das Tatsachengericht wesentliche Bemessungsfaktoren außer Betracht gelassen oder der Schätzung unrichtige oder unbewiesene Anknüpfungstatsachen zugrunde gelegt hat und damit die Schätzung mangels konkreter Anhaltspunkte völlig „in der Luft hängt“, also willkürlich ist (vgl. BAG 26. September 2012 - 10 AZR 370/10 - Rn. 25 mwN, BAGE 143, 165; 25. März 2015 - 5 AZR 602/13 - Rn. 24, BAGE 151, 180).

38

(b) Die von den Vorinstanzen vorgenommene Schätzung der arbeitstäglichen Umkleide- und Wegezeiten auf 27 Minuten ist frei von Rechtsfehlern. Die Revision zeigt keine Umstände auf, die die Schätzung als willkürlich gegriffen erscheinen ließe. Die Beklagte behauptet nicht, die auf den festgestellten und zudem unstreitigen Anknüpfungstatsachen sowie dem Ergebnis der vom Arbeitsgericht durchgeführten Beweisaufnahme beruhende Schätzung sei rechtsfehlerhaft oder lasse Variablen des Umkleidevorgangs außer Acht.

39

5. Gegen die Berechnung der Anspruchshöhe, der die festgestellte Zahl der Arbeitstage, der Stundenlohn des Klägers und die durch Schätzung als erforderlich ermittelten Umkleide- und Wegezeiten zugrunde liegen, hat die Revision keine Angriffe erhoben.

40

II. Der Anspruch des Klägers ist nicht verwirkt.

41

1. Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung und soll dem Bedürfnis nach Rechtsklarheit dienen. Sie hat nicht den Zweck, Schuldner, denen gegenüber Gläubiger ihre Rechte längere Zeit nicht geltend gemacht haben, von ihrer Pflicht zur Leistung vorzeitig zu befreien. Deshalb kann allein der Zeitablauf die Verwirkung eines Rechts nicht rechtfertigen (Zeitmoment). Es müssen vielmehr besondere Umstände sowohl im Verhalten des Berechtigten als auch des Verpflichteten hinzutreten (Umstandsmoment), die es rechtfertigen, die späte Geltendmachung des Rechts als mit Treu und Glauben unvereinbar und für den Verpflichteten als unzumutbar anzusehen. Der Berechtigte muss unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erwecken konnten, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, so dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden. Durch die Verwirkung wird die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen. Die Verwirkung dient dem Vertrauensschutz. Weiterhin muss - als Zumutbarkeitsmoment - das Erfordernis des Vertrauensschutzes das Interesse des Berechtigten an einer sachlichen Prüfung des von ihm behaupteten Anspruchs derart überwiegen, dass dem in Anspruch Genommenen die Erfüllung des Anspruchs oder die Einlassung auf die Klage nicht mehr zuzumuten ist (BAG 25. April 2006 - 3 AZR 372/05 - Rn. 20, BAGE 118, 51; 22. Februar 2012 - 4 AZR 579/10 - Rn. 43; 25. September 2013 - 5 AZR 936/12 - Rn. 15; 24. August 2016 - 5 AZR 129/16 - Rn. 60).

42

2. Eine Verwirkung scheidet vorliegend schon deshalb aus, weil sich aus dem Vorbringen der Beklagten und dem unstreitigen Sachverhalt keine Tatsachen ergeben, die geeignet wären, die Annahme zu rechtfertigen, der Beklagten sei es aufgrund eigener Dispositionen „unzumutbar“ geworden (vgl. BAG 25. September 2013 - 5 AZR 936/12 - Rn. 28; 24. August 2016 - 5 AZR 129/16 - Rn. 60), die Ansprüche des Klägers zu erfüllen.

43

III. Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2, § 187 Abs. 1 BGB.

44

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Müller-Glöge    

        

    Weber     

        

    Volk     

        

        

        

    A. Christen     

        

    Pollert    

                 

Tenor

1. Auf die Anschlussrevision des Klägers wird unter Zurückweisung der Revision der Beklagten das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 6. Juli 2015 - 8 Sa 53/14 - aufgehoben, soweit die Leistungsanträge des Klägers abgewiesen wurden.

2. Insoweit wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Der Kläger verlangt von der Beklagten, Zeiten, die er für das An- und Ablegen persönlicher Schutzausrüstung (PSA) aufwendet, zu vergüten.

2

Die Beklagte, ein Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie, führt in ihrem Werk in H, in dem sie ca. 640 Mitarbeiter beschäftigt, Arbeiten im Bereich des Warm- und Kaltwalzens von Aluminium durch. Sie setzt den Kläger, dessen regelmäßige tägliche Sollarbeitszeit um 07:00 Uhr beginnt und um 14:30 Uhr endet, in der Abteilung Instandhaltung ein. Gemäß der seitens der Beklagten erlassenen Anweisung „Arbeitskleidung, … PSA für … Instandhaltung … in Abhängigkeit von Gefährdung und Tätigkeit“ ist der Kläger verpflichtet, PSA zu tragen, die neben Hose, Arbeitsjacke, Socken, Schuhen und Arbeitshandschuhen auch Schutzbrille, Helm und Gehörschutz umfasst. Um die PSA anzulegen, muss der Kläger nach Betreten des Betriebsgeländes zunächst zur Waschkaue gehen, die dort für ihn bereitliegende saubere PSA aus einem Wäschefach entnehmen, sich zu seinem Spind begeben, sich entkleiden und die PSA anlegen. Anschließend hat er seinen Arbeitsplatz aufzusuchen, der ohne PSA nicht betreten werden darf.

3

Mitarbeitern, die - anders als der Kläger - ihre Arbeit regelmäßig in privater Kleidung verrichten dürfen, vergütet die Beklagte die zum An- und Ablegen der PSA erforderliche Zeit sowie die damit zusammenhängenden innerbetrieblichen Wegezeiten als Arbeitszeit, wenn sie einen Arbeitsbereich aufsuchen, für den das Tragen von PSA vorgeschrieben ist.

4

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft beiderseitiger Tarifbindung der am 1. Oktober 2008 in Kraft getretene Manteltarifvertrag der Metall- und Elektroindustrie für das Tarifgebiet Hamburg und Umgebung, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern vom 3. Juli 2008 (MTV) Anwendung. Dieser enthält ua. folgende Regelungen:

        

§ 3   

        

Arbeitszeit

        

...     

        
        

6.    

Pausen, Umkleiden und Waschen

                 

Zeiten für Umkleiden und Waschen sowie Pausen sind keine Arbeitszeit, soweit nicht innerbetriebliche abweichende Regelungen getroffen werden.

        

...     

        
        

§ 6     

        

Mehr-, Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit

        

1.    

Mehrarbeit

                 

Mehrarbeit ist die angeordnete Überschreitung der individuellen regelmäßigen täglichen Arbeitszeit, die bis zum Arbeitsbeginn des darauffolgenden Tages abgefordert wird.

        

...     

        
        

§ 7     

        

Zuschläge für Mehr-, Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit

        

1.    

Für Hamburg und Umgebung gilt:

        

1.1     

Höhe des Zuschlages

                 

Die Beschäftigten erhalten je Stunde für angeordnete

                 

a)    

Mehrarbeit

25 % Zuschlag

                 

...     

        

§ 11   

        

Arbeitsausfall, Arbeitsverhinderung, Arbeitsfreistellung

        

1.    

Bezahlte Arbeitszeit

                 

Bezahlt wird nur die Zeit, die der Beschäftigte im Rahmen der vereinbarten Arbeitszeit dem Betrieb arbeitsbereit zur Verfügung steht, soweit in diesem Tarifvertrag nichts anderes bestimmt ist.

        

…“    

        
5

Die Beklagte führt für den Kläger ein Arbeitszeitkonto auf der Grundlage der „Betriebsvereinbarung über Gleitende Arbeitszeit“ vom 7. September 2006. Darin heißt es auszugsweise:

        

„2.     

Gleitzeitregelungen

        

...     

        
        

2.2     

Die Erfassung der täglichen Kommt- und Geht-Zeiten erfolgt mittels eines elektronischen Zeiterfassungssystems. …

        

2.3     

Bei Beginn und Beendigung der täglichen Arbeitszeit ist an einem Zeiterfassungsterminal eine Kommt- bzw. Geht-Buchung vorzunehmen. Dies hat grundsätzlich an dem dem Arbeitsplatz nächstgelegenen Terminal zu erfolgen. Die sich aus der Differenz zwischen Kommt- und Geht-Zeit ergebende Anwesenheitszeit wird minutengenau erfasst.

        

...     

        
        

3.    

Abgrenzung zur Mehrarbeit

                 

Mehrarbeit (Überstunden) ist gegeben, soweit diese angeordnet und außerhalb der täglichen Kernarbeitszeit geleistet wird sowie die Dauer der täglichen Sollarbeitszeit überschritten ist.“

6

Der Kläger arbeitete in den Monaten September bis November 2013 insgesamt in 39 Schichten.

7

Er hat die Auffassung vertreten, sofern § 3 Ziff. 6 MTV nicht nur das An- und Ablegen von Privatkleidung unterfalle, liege ein Verstoß gegen § 3 Abs. 3 ArbSchG vor. Schließlich sei die Beklagte unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung gehalten, Zeiten, die er für das An- und Ablegen von PSA aufwende, zu vergüten.

8

Der Kläger hat beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, ihm 19,5 Stunden auf seinem Arbeitszeitkonto gemäß der Betriebsvereinbarung über Gleitende Arbeitszeit vom 7. September 2006/Freizeitausgleichskonto gutzuschreiben;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 117,10 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Dezember 2013 zu zahlen;

        

3.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm arbeitstäglich 30 Minuten für das An- und Ablegen von vorgeschriebener persönlicher Schutzausrüstung als Arbeitszeit zu vergüten und seinem Zeitkonto gutzuschreiben und für 30 Minuten arbeitstäglich Mehrarbeitszuschläge gemäß § 6 MTV der Metallindustrie Hamburg zu zahlen;

        

hilfsweise zum Antrag zu 3.

                 

festzustellen, dass er berechtigt ist, seine persönliche Schutzausrüstung nach dem Einstempeln zu Beginn der Schicht am Zeiterfassungsterminal anzulegen und vor dem Ausstempeln am Zeiterfassungsterminal abzulegen und dass die Beklagte verpflichtet ist, die mit Hilfe des Zeiterfassungsterminals erfassten Zeiten als Arbeitszeit gemäß MTV zu vergüten;

        

weiter hilfsweise

                 

festzustellen, dass die unter Ausschöpfung seiner persönlichen Leistungsfähigkeit erforderlichen Zeiten für das An- und Ablegen von vorgeschriebener persönlicher Schutzausrüstung einschließlich der innerbetrieblichen Wegezeiten von der Waschkaue zum Arbeitsbereich vergütungspflichtige Arbeitszeiten sind.

9

Die Beklagte hat die Abweisung der Klage mit der Begründung beantragt, die Tarifvertragsparteien hätten in § 3 Ziff. 6 MTV sämtliche Umkleidezeiten vergütungsfrei gestellt. Das An- und Ablegen von PSA sei keine Maßnahme des Arbeitsschutzes iSd. § 3 Abs. 3 ArbSchG, sondern diene lediglich der Umsetzung ihrer - vorgelagerten - arbeitsschutzrechtlichen Entscheidung, das Tragen von PSA anzuordnen. Schließlich sei sie im Hinblick auf die Zulagen, auf die der Kläger nach § 13 des Entgeltrahmenabkommens (ERA) iVm. der einschlägigen Betriebsvereinbarung Anspruch habe, berechtigt, Zeiten, die Arbeitnehmer während der Schicht für das An- und Ablegen von PSA aufwendeten, anders zu vergüten als Zeiten, die auf das Umkleiden vor Schichtbeginn oder nach Schichtende entfielen.

10

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht dem ersten Hilfsantrag stattgegeben und die Berufung im Übrigen zurückgewiesen. Mit ihrer Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Der Kläger verfolgt mit seiner Anschlussrevision seine Klageanträge zu 1. und 2. weiter.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Die Anschlussrevision des Klägers ist begründet und führt insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

12

A. Die zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet. Zwar ist die Annahme des Landesarbeitsgerichts, § 3 Ziff. 6 MTV verstoße gegen das gesetzliche Verbot des § 3 Abs. 3 ArbSchG, rechtsfehlerhaft. Die angefochtene Entscheidung erweist sich jedoch - soweit die Beklagte Revision eingelegt hat - aus anderen Gründen, nämlich unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der Gleichbehandlung, als richtig (§ 561 ZPO).

13

I. Die Revision der Beklagten ist entgegen der Auffassung des Klägers zulässig. Die Revisionsbegründung genügt den gesetzlichen Anforderungen.

14

1. Zur ordnungsgemäßen Begründung der Revision müssen gemäß § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO die Revisionsgründe angegeben werden. Bei Sachrügen sind diejenigen Umstände bestimmt zu bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt (§ 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a ZPO). Die Revisionsbegründung muss deshalb den angenommenen Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts in einer Weise verdeutlichen, die Gegenstand und Richtung des Revisionsangriffs erkennen lässt (vgl. BAG 9. August 2016 - 9 AZR 628/15 - Rn. 7).

15

2. An diesen Anforderungen gemessen ist die Revisionsbegründung der Beklagten nicht zu beanstanden.

16

Mit der tragenden Erwägung des Landesarbeitsgerichts, die tarifliche Regelung des § 3 Ziff. 6 MTV sei wegen Verstoßes gegen § 3 Abs. 3 ArbSchG unwirksam, hat sich die Beklagte in ihrer Revisionsbegründung ausreichend auseinandergesetzt. Unschädlich ist deshalb, dass die Beklagte nicht dargelegt hat, weshalb ihrer Auffassung zufolge sowohl die tarifliche Regelung mit Art. 3 Abs. 1 GG als auch die tatsächliche Handhabung der Vergütung von Umkleidezeiten durch die Beklagte mit dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz in Einklang stehen. Beide Gesichtspunkte waren für die angefochtene Entscheidung nicht erheblich. Das Landesarbeitsgericht ist einerseits davon ausgegangen, die Tarifbestimmung des § 3 Ziff. 6 MTV verstoße nicht gegen die verfassungsrechtlichen Vorgaben des Art. 3 Abs. 1 GG. Es hat andererseits die Frage offengelassen, ob die betriebliche Praxis, der zufolge Arbeitnehmer, die während ihrer Schicht PSA an- und ablegen, die Umkleidezeiten ungeachtet der tariflichen Regelung vergütet erhalten, mit dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz vereinbar ist.

17

II. In der Sache hat die Revision der Beklagten keinen Erfolg. Ungeachtet der rechtsfehlerhaften Annahme des Landesarbeitsgerichts, § 3 Ziff. 6 MTV sei wegen Verstoßes gegen § 3 Abs. 3 ArbSchG unwirksam und stehe deshalb einem tariflichen Vergütungsanspruch nicht entgegen, erweist sich die angefochtene Entscheidung - soweit die Beklagte Revision eingelegt hat - im Ergebnis als richtig(§ 561 ZPO). Denn die Beklagte ist aus Gründen der Gleichbehandlung verpflichtet, die Zeiten, die der Kläger für das An- und Ablegen der PSA benötigt, einschließlich der Wegezeiten zu vergüten.

18

1. Der erste hilfsweise zum Klageantrag zu 3. gestellte Antrag ist als sog. Elementenfeststellungsklage zulässig.

19

a) Dieser Feststellungsantrag ist dahin gehend zu verstehen, dass der Kläger - unabhängig von der örtlichen Lage des Zeiterfassungssystems auf dem Betriebsgelände - berechtigt ist, vor Schichtbeginn zunächst einzustempeln und danach die PSA anzulegen sowie nach Schichtende zunächst die PSA abzulegen und danach auszustempeln. Unter Berücksichtigung seines Rechtsschutzbegehrens, die Umkleidezeiten vergütet zu bekommen, ist der von ihm gestellte Antrag daher so zu verstehen, dass sich der Passus „am Zeiterfassungsterminal“ auf das Ein- und Ausstempeln und nicht auf das An- und Ablegen der PSA bezieht.

20

b) Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses erhoben werden, wenn die Klagepartei ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Die Feststellungsklage kann sich auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken - Elementenfeststellungsklage - (BAG 25. März 2015 - 5 AZR 874/12 - Rn. 13 f.). Ein Feststellungsinteresse ist in diesem Fall nur gegeben, wenn durch die Entscheidung über den Feststellungsantrag der Streit insgesamt beseitigt wird und das Rechtsverhältnis der Parteien abschließend geklärt werden kann. Die Rechtskraft der Entscheidung muss weitere gerichtliche Auseinandersetzungen über die zwischen den Parteien strittigen Fragen um denselben Fragenkomplex ausschließen. Es fehlt, wenn durch die Entscheidung kein Rechtsfrieden geschaffen wird, weil nur einzelne Elemente eines Rechtsverhältnisses zur Entscheidung des Gerichts gestellt werden (BAG 23. März 2016 - 5 AZR 758/13 - Rn. 16, BAGE 154, 337).

21

Im Hinblick auf den Hilfsantrag liegen diese Voraussetzungen vor. Die von dem Kläger begehrte Feststellung ist geeignet, weitere gerichtliche Auseinandersetzungen zwischen den Parteien über die vergütungsrechtliche Bewertung von Umkleidezeiten auszuschließen.

22

2. Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht angenommen, dass der erste Hilfsantrag zum Klageantrag zu 3. begründet ist. Allerdings ist die Begründung des Landesarbeitsgerichts rechtsfehlerhaft.

23

a) Zur Leistung der versprochenen Dienste, an welche die Vergütungspflicht nach § 611 Abs. 1 BGB anknüpft, zählt nicht nur die eigentliche Arbeitsleistung, sondernwie im Streitfall - grundsätzlich auch das vom Arbeitgeber angeordnete Umkleiden im Betrieb. In einem solchen Falle macht der Arbeitgeber mit seiner Weisung das Umkleiden und das Zurücklegen des Wegs von der Umkleide- zur Arbeitsstelle zur arbeitsvertraglichen Verpflichtung (vgl. BAG 19. September 2012 - 5 AZR 678/11 - Rn. 28, BAGE 143, 107).

24

b) Die rechtliche Bewertung der Umkleidezeiten als Teil der vom Kläger geschuldeten Arbeitsleistung rechtfertigt jedoch nicht den Schluss, die Beklagte sei zur Vergütung dieser Zeiten verpflichtet. Die Bestimmungen des MTV schließen einen solchen Vergütungsanspruch aus.

25

aa) § 3 Ziff. 6 MTV bestimmt, dass „Zeiten für Umkleiden und Waschen“ nicht zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit zählen. Die Tarifregelung ist ein Unterfall des in § 11 Ziff. 1 MTV tarifierten Grundsatzes, dem zufolge der Arbeitgeber grundsätzlich nur die Zeit, in der der Beschäftigte dem Betrieb arbeitsbereit zur Verfügung steht, zu vergüten hat. Dabei nimmt § 3 Ziff. 6 MTV sämtliche Umkleidezeiten von der Vergütungspflicht aus und nicht - wie der Kläger meint - lediglich die Zeiten, die für das An- und Ablegen der Privatkleidung aufgewendet werden. Für eine derart einschränkende Auslegung des Begriffs „Umkleiden“ enthält die Tarifnorm keinerlei Anhaltspunkte (zu den für Tarifverträge geltenden Auslegungsgrundsätzen vgl. BAG 22. April 2010 - 6 AZR 962/08 - Rn. 17 mwN, BAGE 134, 184).

26

bb) Die Tarifregelung des § 3 Ziff. 6 MTV ist wirksam (so bereits BAG 25. September 2013 - 10 AZR 258/12 - Rn. 14).

27

(1) Die Tarifvertragsparteien sind berechtigt, die Höhe des Arbeitsentgelts zu tarifieren und hierbei eine unterschiedliche Vergütung von Arbeitszeiten vorzusehen (vgl. BAG 19. März 2014 - 5 AZR 954/12 - Rn. 30; 19. September 2012 - 5 AZR 678/11 - Rn. 29, BAGE 143, 107). Diese in der grundrechtlich geschützten Tarifautonomie wurzelnde Rechtsmacht umfasst die grundsätzliche Befugnis, bestimmte Teile der Arbeitszeit - wie in § 3 Ziff. 6 MTV für die Umkleidezeiten geschehen - von der andererseits bestehenden Vergütungspflicht des Arbeitgebers auszunehmen (vgl. Franzen NZA 2016, 136, 138; Gaul/Hofelich NZA 2016, 149, 151).

28

(2) § 3 Ziff. 6 MTV ist entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts nicht wegen Verstoßes gegen § 3 Abs. 3 ArbSchG unwirksam.

29

(a) Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 ArbSchG ist der Arbeitgeber verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes unter Berücksichtigung der Umstände zu treffen, die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit beeinflussen. Maßnahmen des Arbeitsschutzes sind gemäß § 2 Abs. 1 ArbSchG Maßnahmen zur Verhütung von Unfällen bei der Arbeit und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren einschließlich Maßnahmen der menschengerechten Gestaltung der Arbeit. Gemäß § 3 Abs. 3 ArbSchG darf der Arbeitgeber Kosten für Maßnahmen nach dem ArbSchG nicht den Beschäftigten auferlegen.

30

(b) Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 3 Abs. 3 ArbSchG liegen im Streitfall nicht vor. Zugunsten des Klägers unterstellt, bei dem An- und Ablegen der PSA handele es sich um eine Maßnahme des Arbeitsschutzes, werden den Arbeitnehmern hierdurch keine Kosten auferlegt. Das arbeitsschutzrechtliche Verbot des § 3 Abs. 3 ArbSchG erfasst nicht zeitliche Dispositionen des Arbeitnehmers(Löwisch/Neumann SAE 1997, 77, 85 f.; vgl. auch Gaul/Hofelich NZA 2016, 149, 151; aA Wiebauer in Landmann/Rohmer GewO Stand August 2016 Bd. II § 3 ArbSchG Rn. 71; Kohte AuR 2016, 404, 406). Die in § 3 Ziff. 6 MTV genannten Umkleidezeiten führen nicht zu „Kosten“, die der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer auferlegt. „Auferlegen“ kann der Arbeitgeber nur Kosten, die zuvor entstanden sind. Dementsprechend heißt es in der Gesetzesbegründung, dass Kosten für Arbeitsschutzmaßnahmen beim Arbeitgeber „verbleiben“ (BT-Drs. 13/3540 S. 16) sollen. Ein „Verbleiben“ der Kosten ist nur möglich, wenn diese vorher bei demjenigen, bei dem sie verbleiben, also beim Arbeitgeber, entstanden sind. Dies ist bei Zeiten, die der Arbeitnehmer zum Umkleiden aufwendet, nicht der Fall.

31

3. Die angefochtene Entscheidung erweist sich jedoch - soweit die Beklagte Revision eingelegt hat - aus anderen Gründen, nämlich unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der Gleichbehandlung, als richtig (§ 561 ZPO). Indem die Beklagte Arbeitnehmern, die sich während einer Schicht umkleiden, nicht aber Arbeitnehmern, die sich vor Antritt oder nach Beendigung der Schicht umkleiden, die Umkleidezeiten vergütet, verstößt sie gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Dies hat zur Folge, dass der Kläger einen Anspruch auf Vergütung sowohl für die Zeiten hat, die er für das An- und Ablegen der PSA aufwendet, als auch für die hiermit im Zusammenhang stehenden Wegezeiten.

32

a) Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet dem Arbeitgeber, Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbst gegebenen Regelung gleichzubehandeln. Der Gleichbehandlungsgrundsatz wird inhaltlich durch den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG bestimmt. Bei freiwilligen Leistungen muss der Arbeitgeber die Leistungsvoraussetzungen so abgrenzen, dass Arbeitnehmer nicht aus sachfremden oder willkürlichen Gründen ausgeschlossen werden (BAG 4. Mai 2010 - 9 AZR 155/09 - Rn. 23 mwN, BAGE 134, 223). Die vom Arbeitgeber selbst geschaffene Gruppenbildung muss gemessen am Zweck der Leistung sachlich gerechtfertigt sein. Dies ist nur dann der Fall, wenn die Differenzierungsgründe unter Berücksichtigung der Besonderheiten der jeweiligen Leistung auf vernünftigen, einleuchtenden Erwägungen beruhen und nicht gegen verfassungsrechtliche Wertentscheidungen oder gesetzliche Verbote verstoßen (vgl. BAG 21. Mai 2014 - 4 AZR 50/13 - Rn. 22 mwN, BAGE 148, 139).

33

b) Mit der unterschiedlichen vergütungsrechtlichen Behandlung von Umkleidezeiten hat die Beklagte eine vom Einzelfall losgelöste eigene Regelung geschaffen, die am arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz zu messen ist.

34

aa) Die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Gleichbehandlung seiner Arbeitnehmer knüpft nicht unmittelbar an die Leistung selbst an, sondern vielmehr an das von ihm zugrunde gelegte, selbstbestimmte generalisierende Prinzip. Es handelt sich dabei um eine privatautonome Verteilungsentscheidung, die ihren Ausdruck in einer vom Arbeitgeber freiwillig gesetzten Anspruchsgrundlage für die jeweilige Leistung findet. Der Leistung selbst geht jeweils die Schaffung eines eigenen Regelwerks durch eigenes gestaltendes Verhalten (vgl. BAG 21. November 2013 - 6 AZR 23/12 - Rn. 76) voraus, in der das generalisierende Prinzip festgelegt wird. Denn der Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet nur die Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer aus sachfremden Gründen gegenüber anderen Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage. Er steht nicht der Begünstigung einzelner Arbeitnehmer entgegen (vgl. BAG 13. Februar 2002 - 5 AZR 713/00 - zu II 1 der Gründe mwN). Erfolgt die Begünstigung unabhängig von abstrakten Merkmalen in Einzelfällen, können sich andere Arbeitnehmer zur Begründung gleichartiger Ansprüche hierauf nicht berufen (BAG 12. August 2014 - 3 AZR 764/12 - Rn. 23). Bei bloßem - auch vermeintlichem - Normvollzug fehlt es an einer eigenen Verteilungsentscheidung des Arbeitgebers. In diesem Fall stellt er subjektiv keine eigenen Anspruchsvoraussetzungen auf, sondern sieht sich wenn auch irrtümlicherweise - verpflichtet, eine aus seiner Sicht wirksame Regelung vollziehen zu müssen (vgl. BAG 21. Mai 2014 - 4 AZR 120/13 - Rn. 20).

35

bb) Indem die Beklagte Umkleide- und Wegezeiten, die während der Schicht anfallen, vergütet, erbringt sie gegenüber ihren Arbeitnehmern eine über den Einzelfall hinausgehende freiwillige Leistung, zu der sie sich nicht als verpflichtet ansieht.

36

(1) Die Vergütung von Zeiten, die Arbeitnehmer während der Schicht zum An- und Ablegen von PSA aufwenden, ist eine Leistung, auf die kein tariflicher Anspruch besteht. Die Regelung des § 3 Ziff. 6 MTV nimmt ihrem einschränkungslosen Wortlaut zufolge nicht nur Umkleidezeiten, die vor und nach der Schicht anfallen, sondern jegliche Umkleidezeiten, also auch solche während einer Schicht, von der Vergütungspflicht aus.

37

(2) Ein Fall des irrtümlichen Normvollzugs liegt nicht vor. Die Beklagte geht selbst davon aus, Arbeitnehmern stehe unabhängig von dem Zeitpunkt des Umkleidens ein Anspruch auf Vergütung der Umkleidezeiten nicht zu.

38

(3) Ausweislich der tatbestandlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts, die für den Senat bindend sind (§ 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO), zahlt die Beklagte nicht in Ansehung von Einzelfällen, sondern nach abstrakten Merkmalen an alle Arbeitnehmer Vergütung für Umkleidezeiten im Zeitraum zwischen Schichtbeginn und Schichtende.

39

c) Die von der Beklagten gebildeten Gruppen sind miteinander vergleichbar. Die Beklagte unterscheidet zwischen Arbeitnehmern, die sich während der Schicht umkleiden, und Arbeitnehmern, die die PSA außerhalb der Schicht an- und ablegen. Die Arbeitnehmer beider Gruppen befinden sich in einer vergleichbaren Situation, da sie aus arbeitsschutzrechtlichen Gründen gleichermaßen verpflichtet sind, bestimmte Arbeitsplätze nur mit PSA zu betreten.

40

d) Die hierin liegende Ungleichbehandlung ist nicht durch sachliche Gründe gerechtfertigt. Es gelten die Grundsätze der abgestuften Darlegungs- und Beweislast. Nimmt ein Arbeitgeber eine Gruppe von Arbeitnehmern von bestimmten Leistungen aus, obliegt es ihm, die Gründe für die Differenzierung offenzulegen und substanziiert darzutun (vgl. BAG 3. September 2014 - 5 AZR 6/13 - Rn. 31, BAGE 149, 69). Die Beklagte ist ihrer diesbezüglichen Darlegungslast nicht nachgekommen.

41

aa) Soweit die Beklagte geltend macht, Arbeitnehmer, die ihre Tätigkeit dauerhaft in PSA erbringen, hätten anders als die von ihr begünstigen Arbeitnehmer regelmäßig Anspruch auf Zulagen nach § 13 ERA, übersieht sie, dass zwischen den in § 13 ERA geregelten Zulagentatbeständen und den Umkleidezeiten kein sachlicher Zusammenhang besteht. Die Zulagen nach § 13 ERA iVm. der im Betrieb der Beklagten geltenden Betriebsvereinbarung sollen die „Belastungen der Muskeln“, die „Belastungen der Sinne und Nerven“ und die „Belastungen aus Umgebungseinflüssen“ ausgleichen, nicht aber einen auf das An- und Ablegen von PSA zurückzuführenden zeitlichen Mehraufwand kompensieren.

42

bb) Soweit die Beklagte darauf hinweist, Arbeitnehmer, die sich während der Schicht umkleiden, müssten sonst - anders als Arbeitnehmer, die ihre PSA vor und nach der Schicht an- und ablegen - während der Schicht am Zeiterfassungsterminal aus- und einstempeln, lässt sie offen, aus welchen Gründen hiermit ein organisatorisches Problem oder eine erhebliche Belastung der betroffenen Arbeitnehmer einhergehen soll.

43

e) Aufgrund des Verstoßes der Beklagten gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz hat der Kläger Anspruch auf die ihm vorenthaltene Leistung (vgl. BAG 4. Mai 2010 - 9 AZR 155/09 - Rn. 23 mwN, BAGE 134, 223), im Streitfall auf die Vergütung der Zeiten, die er zum An- und Ablegen der PSA aufwendet, sowie der Wegezeiten, die mit dem Umkleiden im Zusammenhang stehen.

44

B. Die zulässige Anschlussrevision des Klägers ist begründet. Sie führt zur teilweisen Aufhebung des Berufungsurteils (§ 562 Abs. 1 ZPO) und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

45

I. Die Anschlussrevision ist zulässig.

46

1. Mit seiner Anschlussrevision verfolgt der Kläger seine ursprünglichen Leistungsanträge zu 1. und 2. weiter, die beide in einem unmittelbaren rechtlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Streitgegenstand der Revision, der Vergütung von Umkleidezeiten, stehen (vgl. hierzu BAG 20. Mai 2009 - 5 AZR 312/08 - Rn. 25).

47

2. Entgegen der Auffassung der Beklagten genügt die Begründung der Anschlussrevision den gesetzlichen Anforderungen.

48

a) Zur ordnungsgemäßen Begründung der Anschlussrevision müssen gemäß § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 554 Abs. 3 Satz 2, § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO die Revisionsgründe angegeben werden. Verfahrensrügen müssen nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO die Bezeichnung der Tatsachen enthalten, die den Mangel ergeben, auf den sich die Revision stützen will. Hierzu hat sich der Revisionskläger mit den Urteilsgründen des angefochtenen Urteils auseinanderzusetzen (vgl. BAG 9. August 2016 - 9 AZR 628/15 - Rn. 7). Darüber hinaus obliegt es dem Revisionskläger, die Kausalität zwischen dem behaupteten Verfahrensmangel und dem Ergebnis des Berufungsurteils aufzuzeigen (vgl. BAG 16. September 2004 - 2 AZR 447/03 - zu B V 1 b bb der Gründe mwN).

49

b) An diesem Maßstab gemessen hat der Kläger die Anschlussrevision ausreichend begründet. Unter Berufung auf § 287 ZPO hat der Kläger dargelegt, er habe in ausreichendem Umfang Anknüpfungstatsachen vorgetragen, die das Landesarbeitsgericht zum Anlass hätte nehmen müssen, den Umfang der zwischen den Parteien streitigen Umkleidezeiten zu schätzen.

50

II. Die Anschlussrevision ist begründet. Mit der von ihm gegebenen Begründung durfte das Landesarbeitsgericht die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts hinsichtlich der Leistungsanträge nicht zurückweisen. Auf der Grundlage der Feststellungen des Landesarbeitsgerichts kann der Senat allerdings nicht abschließend entscheiden, in welchem Umfang Umkleide- und Wegezeiten, die der Kläger im Zeitraum vom 1. September bis zum 30. November 2013 für das An- und Ablegen der PSA aufgewandt hat, dem Arbeitszeitkonto des Klägers gutzuschreiben sind (Klageantrag zu 1.) und für welche dieser Zeiten Mehrarbeitszuschläge zu zahlen sind (Klageantrag zu 2.). Diese Zeiten wird das Landesarbeitsgericht gemäß § 287 ZPO zu schätzen haben. Die Sache war insoweit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

51

1. Mit dem Klageantrag zu 1. begehrt der Kläger die Gutschrift von Überstunden auf dem Arbeitszeitkonto, das die Beklagte für ihn führt.

52

a) Rechtsfehlerhaft ist das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, es sei nicht nach § 287 Abs. 2 iVm. Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 ZPO gehalten, die Umkleide- und Wegezeiten auf der Grundlage des vom Kläger geleisteten Tatsachenvortrags zu schätzen.

53

aa) Verlangt der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber Vergütung für Überstunden, obliegt es ihm, darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass er Arbeit in einem die Normalarbeitszeit übersteigenden zeitlichen Umfang verrichtet hat (vgl. BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 347/11 - Rn. 27, BAGE 141, 330) und dass die von ihm geleisteten Überstunden angeordnet, gebilligt, geduldet oder jedenfalls zur Erledigung der geschuldeten Arbeit erforderlich waren (vgl. BAG 10. April 2013 - 5 AZR 122/12 - Rn. 15). Steht fest, dass Überstunden auf Veranlassung des Arbeitgebers geleistet worden sind, kann aber der Arbeitnehmer seiner Darlegungs- oder Beweislast für einzelne Überstunden nicht in jeder Hinsicht genügen, hat das Gericht den Umfang geleisteter Überstunden nach § 287 Abs. 2 iVm. Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 ZPO zu schätzen, sofern die Schätzung nicht mangels jeglicher konkreter Anhaltspunkte willkürlich wäre (vgl. BAG 25. März 2015 - 5 AZR 602/13 - Rn. 18, 20, BAGE 151, 180). Voraussetzung für eine Schätzung ist demnach lediglich, dass die klagende Partei dem Gericht eine tatsächliche Grundlage für die Schätzung geliefert und sich in einem den Umständen nach zumutbaren Maß um eine Substanziierung bemüht hat (vgl. BAG 16. September 2004 - 2 AZR 447/03 - zu B V 2 b aa der Gründe).

54

bb) Die Voraussetzungen für eine Schätzung des Umfangs der dem Arbeitszeitkonto gutzuschreibenden Umkleide- und Wegezeiten liegen im Streitfall vor. Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass der Kläger die PSA arbeitstäglich vor Beginn der Schicht angelegt und nach Schichtende wieder abgelegt sowie die damit verbundenen innerbetrieblichen Wege zurückgelegt hat. Im Streit steht nur die Frage, in welchem genauen zeitlichen Umfang dies geschah. Das diesbezügliche Vorbringen der Parteien deckt sich teilweise, im Übrigen weicht es zumeist nur geringfügig - voneinander ab. Die vollständige Aufklärung aller maßgeblichen Umstände wäre mit Schwierigkeiten verbunden, die zu der Bedeutung des streitigen Teils der Forderung in keinem Verhältnis stehen. Der Kläger hat den arbeitstäglichen Ablauf unter Angabe der für die einzelnen Tätigkeiten benötigten Zeit schriftsätzlich dargelegt und mit einer Fotodokumentation erläutert. Hieraus ergeben sich ausreichende Anknüpfungstatsachen, um eine Schätzung vornehmen zu können.

55

b) Weder erweist sich die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hinsichtlich der Leistungsanträge aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO) noch ist die Sache insoweit zur Endentscheidung reif (§ 563 Abs. 3 ZPO). Die erforderliche Schätzung, in welchem Umfang im streitgegenständlichen Zeitraum Umkleide- und Wegezeiten angefallen sind, fällt nicht in die Zuständigkeit des Senats, sondern ist dem Landesarbeitsgericht als Tatsachengericht vorbehalten (vgl. BAG 16. Januar 2013 - 10 AZR 560/11 - Rn. 23).

56

2. Mit dem Klageantrag zu 2. verlangt der Kläger von der Beklagten die Zahlung von Zuschlägen für Mehrarbeit iSv. § 6 Ziff. 1, § 7 Ziff. 1.1 Buchst. a MTV. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die vom Kläger behaupteten Überstunden nicht schätzen zu müssen, ist aus den unter B II 1 a genannten Gründen rechtsfehlerhaft. Das Landesarbeitsgericht wird diese Schätzung nachzuholen haben.

        

   Brühler    

        

   Krasshöfer   

        

   Suckow   

        

        

        

   Spiekermann   

        

    Merte    

                 

(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:

1.
Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb;
2.
Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage;
3.
vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit;
4.
Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Arbeitsentgelte;
5.
Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans sowie die Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs für einzelne Arbeitnehmer, wenn zwischen dem Arbeitgeber und den beteiligten Arbeitnehmern kein Einverständnis erzielt wird;
6.
Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen;
7.
Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften;
8.
Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist;
9.
Zuweisung und Kündigung von Wohnräumen, die den Arbeitnehmern mit Rücksicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses vermietet werden, sowie die allgemeine Festlegung der Nutzungsbedingungen;
10.
Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung;
11.
Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte, einschließlich der Geldfaktoren;
12.
Grundsätze über das betriebliche Vorschlagswesen;
13.
Grundsätze über die Durchführung von Gruppenarbeit; Gruppenarbeit im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn im Rahmen des betrieblichen Arbeitsablaufs eine Gruppe von Arbeitnehmern eine ihr übertragene Gesamtaufgabe im Wesentlichen eigenverantwortlich erledigt;
14.
Ausgestaltung von mobiler Arbeit, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird.

(2) Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach Absatz 1 nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 17. Februar 2016 - 3 Sa 1331/15 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Vergütung von Umkleide- und innerbetrieblichen Wegezeiten.

2

Der Kläger ist bei der nicht tarifgebundenen Beklagten, die insbesondere für Unternehmen der „S-Gruppe“ technische und handwerkliche Serviceleistungen erbringt, beschäftigt. Er wird in der Lebensmittelproduktion eingesetzt und bezieht einen Stundenlohn. Im Arbeitsvertrag vom 6. November 2002 heißt es ua.:

        

㤠1

        

…       

        

Aufgrund der bei der Produktion von Lebensmitteln geltenden Hygieneverordnung ist jeder Arbeitnehmer verpflichtet, den Dienst täglich mit sauberer und vollständiger Dienstkleidung anzutreten und zu erfüllen. Die Bedienung der Zeiterfassungsanlage, dh. das An- und Abstempeln hat ausschließlich persönlich und zwar immer in einwandfreier Dienstkleidung zu erfolgen.

        

Die Wegezeiten zu bzw. von den Stempeluhren oder Pausenräumen sind leistungsentgeltfrei.

        

…“    

3

Die Arbeitskleidung wird von der Beklagten gestellt. Sie darf nach den für die Tätigkeit des Klägers geltenden Hygienevorschriften nicht mit nach Hause genommen werden und ist im Betrieb an- und abzulegen. Hierzu muss der Kläger nach Betreten des Betriebsgeländes die Arbeitskleidung an einer Ausgabestelle abholen, sich in einem Umkleideraum umziehen und anschließend im Bereich der Pforte an einer ersten Stempeluhr, die dazu dient, die Anwesenheit im Betrieb zu registrieren, abstempeln. Danach hat er sich zum Betriebsgebäude zu begeben und dort an einer zweiten Stempeluhr erneut zu stempeln. Der Vorgang ist nach Schichtende in umgekehrter Folge zu absolvieren.

4

Mit der am 19. Dezember 2014 eingereichten, der Beklagten am 12. Januar 2015 zugestellten Klage begehrt der Kläger Vergütung für die vom 1. Januar 2011 bis zum 31. Dezember 2014 an 737 Arbeitstagen mit dem An- und Ablegen der Arbeitskleidung verbundenen Umkleide- und innerbetrieblichen Wegezeiten. Er hat geltend gemacht, hierfür arbeitstäglich 36 Minuten benötigt zu haben.

5

Der Kläger hat erstinstanzlich sinngemäß beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 6.219,57 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB ab dem 13. Januar 2015 zu zahlen.

6

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Vergütungspflichtig sei nur die Zeit nach Betätigen der zweiten Stempeluhr. Ein Anspruch auf Vergütung der für das Umkleiden und das Zurücklegen der Wege erforderlichen Zeit, die arbeitstäglich allenfalls 24 Minuten betrage, sei nach § 1 Arbeitsvertrag ausgeschlossen. Etwaige Ansprüche seien verwirkt.

7

Das Arbeitsgericht hat dem Kläger für arbeitstäglich 27 Minuten 4.665,42 Euro brutto zugesprochen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Im Rahmen der Beweisaufnahme wurden der Umkleidevorgang einschließlich der zurückzulegenden Wege durch Vertreter des Klägers und der Beklagten auf dem Betriebsgelände nachgestellt, die Wegstrecken von der Kammer des Arbeitsgerichts abgeschritten, der Umkleidevorgang durch die Vorsitzende vollzogen und die jeweils aufgewendeten Zeiten festgestellt. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die vollständige Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten gegen das der Klage teilweise stattgebende Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen. Die Klage ist in dem in der Revisionsinstanz noch anhängigen Umfang begründet. Die Beklagte schuldet dem Kläger als Vergütung für die an 737 Arbeitstagen im Zeitraum 1. Januar 2011 bis 31. Dezember 2014 erbrachten Umkleide- und Wegezeiten 4.665,42 Euro brutto nebst Prozesszinsen in gesetzlicher Höhe.

9

I. Der Kläger hat für jeden Arbeitstag im streitgegenständlichen Zeitraum gemäß § 611 BGB Anspruch auf Vergütung der Zeit, die er unter Ausschöpfung seiner persönlichen Leistungsfähigkeit benötigte, um sich umzukleiden und die damit verbundenen Wege zwischen Ausgabestelle und zweiter Stempeluhr zurückzulegen. Das haben die Vorinstanzen zu Recht erkannt.

10

1. Die gesetzliche Vergütungspflicht des Arbeitgebers knüpft nach § 611 Abs. 1 BGB an die Leistung der versprochenen Dienste an(BAG 12. Dezember 2012 - 5 AZR 355/12 - Rn. 16 f.; 19. März 2014 - 5 AZR 954/12 - Rn. 17). Zu den „versprochenen Diensten“ iSv. § 611 BGB zählt nicht nur die eigentliche Tätigkeit, sondern jede vom Arbeitgeber im Synallagma verlangte sonstige Tätigkeit oder Maßnahme, die mit der eigentlichen Tätigkeit oder der Art und Weise ihrer Erbringung unmittelbar zusammenhängt. Der Arbeitgeber verspricht die Vergütung für alle Dienste, die er dem Arbeitnehmer aufgrund seines arbeitsvertraglich vermittelten Weisungsrechts abverlangt. „Arbeit“ als Leistung der versprochenen Dienste iSd. § 611 Abs. 1 BGB ist jede Tätigkeit, die als solche der Befriedigung eines fremden Bedürfnisses dient(BAG 19. September 2012 - 5 AZR 678/11 - Rn. 28, BAGE 143, 107; 12. Dezember 2012 - 5 AZR 355/12 - Rn. 17; 19. März 2014 - 5 AZR 954/12 - Rn. 18).

11

2. Der Kläger hat mit dem An- und Ablegen der Arbeitskleidung und dem Zurücklegen der damit verbundenen innerbetrieblichen Wege eine Arbeitsleistung erbracht, die als Teil der versprochenen Dienste vergütungspflichtig ist.

12

a) Zur Arbeit gehören auch das Umkleiden und Zurücklegen der hiermit verbundenen innerbetrieblichen Wege, wenn der Arbeitgeber das Tragen einer bestimmten Kleidung vorschreibt, die im Betrieb an- und abgelegt werden muss, und er das Umkleiden nicht am Arbeitsplatz ermöglicht, sondern dafür eine vom Arbeitsplatz getrennte Umkleidestelle einrichtet (BAG 19. September 2012 - 5 AZR 678/11 - Rn. 23, BAGE 143, 107). Die Fremdnützigkeit ergibt sich in diesem Fall aus der Weisung des Arbeitgebers, die Arbeitskleidung erst im Betrieb anzulegen und sich dort an einer zwingend vorgegebenen, vom Arbeitsplatz getrennten Umkleidestelle umzuziehen (BAG 10. November 2009 - 1 ABR 54/08 - Rn. 15; 19. September 2012 - 5 AZR 678/11 - Rn. 23, aaO; 17. November 2015 - 1 ABR 76/13 - Rn. 25, BAGE 153, 225).

13

b) Das Umkleiden und das Zurücklegen der damit verbundenen innerbetrieblichen Wege sind danach Teil der vom Kläger geschuldeten Arbeitsleistung.

14

aa) Dem Kläger wurde von der Beklagten im Rahmen des ihr zustehenden Weisungsrechts abverlangt, eine bestimmte Arbeitskleidung zu tragen. Er war nach § 1 Arbeitsvertrag verpflichtet, seine Tätigkeit mit „sauberer und vollständiger“ Dienstkleidung anzutreten. Nach den Vorgaben der Beklagten durfte er sie erst in den eigens dafür vorgesehenen Räumlichkeiten auf dem Betriebsgelände anlegen und musste sie dort ablegen. Das Tragen der Arbeitskleidung stand in unmittelbarem Zusammenhang mit der eigentlichen Tätigkeit des Klägers. Es entsprach den bei der Produktion von Lebensmitteln geltenden Hygienevorschriften und diente den Interessen der Beklagten.

15

bb) Die Beklagte hat, indem sie - getrennt vom eigentlichen Arbeitsplatz des Klägers - eine Ausgabestelle für die Arbeitskleidung und Umkleideräume einrichtete, die Arbeit so organisiert, dass sie dort begann und endete. Der Weg von der Ausgabestelle zum eigentlichen Arbeitsplatz ist deshalb nicht dem Arbeitsweg zuzurechnen (vgl. hierzu BAG 28. Juli 1994 - 6 AZR 220/94 - zu II 3 b der Gründe, BAGE 77, 285; 19. September 2012 - 5 AZR 678/11 - Rn. 23, BAGE 143, 107).

16

3. Die Vergütungspflicht war nicht abbedungen oder abweichend geregelt.

17

a) Grundsätzlich kann durch Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag eine gesonderte Vergütungsregelung für eine andere als die eigentliche Tätigkeit getroffen werden (BAG 12. Dezember 2012 - 5 AZR 355/12 - Rn. 18; 19. März 2014 - 5 AZR 954/12 - Rn. 30).

18

b) Tarifliche Regelungen finden auf das Arbeitsverhältnis keine Anwendung. § 1 Arbeitsvertrag schließt die Vergütungspflicht für das Umkleiden und Zurücklegen der damit verbundenen innerbetrieblichen Wege nicht aus. Dies ergibt die Auslegung des Arbeitsvertrags, bei dessen Bestimmungen es sich nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts um Allgemeine Geschäftsbedingungen (§ 305 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BGB) handelt.

19

aa) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind - ausgehend vom Wortlaut - nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Parteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten. Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist durch das Revisionsgericht uneingeschränkt überprüfbar (BAG 21. Januar 2015 - 10 AZR 84/14 - Rn. 26, BAGE 150, 286; 18. November 2015 - 5 AZR 814/14 - Rn. 46; 24. Februar 2016 - 5 AZR 258/14 - Rn. 26).

20

bb) Nach diesen Auslegungsgrundsätzen bezieht sich § 1 Arbeitsvertrag nur auf Leistungsentgelte und nicht auf den dem Kläger zugesagten Stundenlohn.

21

(1) Leistungsentgelte sind nach allgemeinem juristischen Verständnis solche Vergütungen, bei denen die Leistung des Arbeitnehmers gemessen und mit einer Bezugsleistung verglichen wird, also sich die Höhe der Vergütung unmittelbar nach dem Verhältnis beider Leistungen zueinander bestimmt (st. Rspr., vgl. BAG 15. Mai 2001 - 1 ABR 39/00 - zu B II 1 a der Gründe, BAGE 97, 379; Fitting BetrVG 28. Aufl. § 87 Rn. 530; ErfK/Kania 17. Aufl. § 87 BetrVG Rn. 127).

22

(2) Die Regelung in § 1 Arbeitsvertrag „die Wegezeiten zu bzw. von den Stempeluhren oder Pausenräumen sind leistungsentgeltfrei“ erfasst nicht den im Arbeitsvertrag vereinbarten Stundenlohn.

23

(a) Bedient sich der Arbeitgeber in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Rechtsbegriffs, der im juristischen Sprachgebrauch eine bestimmte Bedeutung hat, ist der Begriff in seiner allgemeinen juristischen Bedeutung auszulegen, sofern sich nicht aus dem Sinnzusammenhang der Klausel etwas anderes ergibt (vgl. Schaub/Linck ArbR-HdB 16. Aufl. § 35 Rn. 30; zur Auslegung von Tarifverträgen BAG 17. März 2010 - 5 AZR 317/09 - Rn. 13, BAGE 133, 337; 22. Juli 2010 - 6 AZR 78/09 - Rn. 20, BAGE 135, 179; 16. April 2014 - 4 AZR 802/11 - Rn. 24, BAGE 148, 68; 19. November 2014 - 5 AZR 121/13 - Rn. 18, BAGE 150, 88).

24

(b) Bei der dem Kläger zugesagten Vergütung handelt es sich nicht um ein Leistungsentgelt. Der Stundenlohn ist dem Kläger, unabhängig von der Relation seiner Leistung zu einer Bezugsleistung, als Gegenleistung für die Arbeitsleistung zu zahlen. Für ein vom juristischen Sprachgebrauch abweichendes Verständnis bietet weder § 1 Arbeitsvertrag noch der Sinnzusammenhang der Klausel Anhaltspunkte.

25

(3) Dem gefundenen Auslegungsergebnis steht nicht entgegen, dass dem Kläger kein Leistungsentgelt, sondern ausschließlich ein Stundenentgelt geschuldet ist. Allgemeine Geschäftsbedingungen werden der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags vom Verwender als für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen gestellt. Ein durchschnittlicher Arbeitnehmer muss, selbst wenn in seinem Fall nur eine leistungsunabhängige Vergütung vereinbart ist, nicht davon ausgehen, der Rechtsbegriff „leistungsentgeltfrei“ sei erweiternd dahingehend auszulegen, auch nicht leistungsbezogene Vergütungsbestandteile seien erfasst.

26

cc) Angesichts der Eindeutigkeit der Regelung ist für die Anwendung des § 305c Abs. 2 BGB kein Raum. Die Unklarheitenregelung setzt voraus, dass die Auslegung einer Allgemeinen Geschäftsbedingung mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt und keines den klaren Vorzug verdient. Es müssen „erhebliche Zweifel“ an der richtigen Auslegung bestehen. Die entfernte Möglichkeit, zu einem anderen Ergebnis zu kommen, genügt für die Anwendung der Bestimmung nicht (BAG 9. Juni 2010 - 5 AZR 332/09 - Rn. 39; 21. Januar 2015 - 10 AZR 84/14 - Rn. 26, BAGE 150, 286; 9. Dezember 2015 - 7 AZR 68/14 - Rn. 13; 24. Februar 2016 - 5 AZR 258/14 - Rn. 30). Im Übrigen führte diese gesetzliche Auslegungsregel zum selben Ergebnis.

27

4. Die Vorinstanzen haben den zeitlichen Umfang der vergütungspflichtigen Umkleide- und Wegezeit rechtsfehlerfrei unter Anwendung von § 287 Abs. 2 ZPO ermittelt.

28

a) Vergütungspflichtig ist die Zeit, die für das An- und Ablegen der Arbeitskleidung und das Zurücklegen der damit verbundenen innerbetrieblichen Wege erforderlich ist (vgl. BAG 19. März 2014 - 5 AZR 954/12 - Rn. 26). Zur Ermittlung der Zeitspanne ist ein modifizierter subjektiver Maßstab anzulegen, denn der Arbeitnehmer darf seine Leistungspflicht nicht frei selbst bestimmen, sondern muss unter angemessener Ausschöpfung seiner persönlichen Leistungsfähigkeit arbeiten. „Erforderlich“ ist nur die Zeit, die der einzelne Arbeitnehmer für das Umkleiden und den Weg zur und von der Umkleidestelle im Rahmen der objektiven Gegebenheiten unter Ausschöpfung seiner persönlichen Leistungsfähigkeit benötigt (BAG 19. September 2012 - 5 AZR 678/11 - Rn. 24, BAGE 143, 107; 12. November 2013 - 1 ABR 59/12 - Rn. 48, BAGE 146, 271; 19. März 2014 - 5 AZR 954/12 - Rn. 47). Bei Ermittlung der erforderlichen Zeit gilt es, die Variablen des Umkleidevorgangs zu berücksichtigen. Hierzu gehören ua. die Fragen, welche Privatkleidung je nach Jahreszeit der Arbeitnehmer zuvor getragen hat und welche Wartezeiten (auf die Ausgabe der Kleidung, auf Aufzüge etc.) notwendigerweise entstehen (BAG 19. September 2012 - 5 AZR 678/11 - Rn. 41, aaO).

29

b) Die unter Beachtung der vorgenannten Grundsätze vorgenommene Schätzung der erforderlichen Umkleide- und Wegezeit nach § 287 Abs. 2 ZPO hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

30

aa) Der Arbeitnehmer trägt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass Umkleide- und Wegezeiten angefallen sind, vom Arbeitgeber veranlasst wurden und im geltend gemachten Umfang erforderlich waren (vgl. BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 347/11 - Rn. 25 ff., BAGE 141, 330; 10. April 2013 - 5 AZR 122/12 - Rn. 15 ff.).

31

bb) Steht fest (§ 286 ZPO), dass Umkleide- und Wegezeiten auf Veranlassung des Arbeitgebers entstanden sind, kann aber der Arbeitnehmer seiner Darlegungs- oder Beweislast für den zeitlichen Umfang, in dem diese erforderlich waren, nicht in jeder Hinsicht genügen, darf das Gericht die erforderlichen Umkleide- und damit verbundenen Wegezeiten nach § 287 Abs. 2 iVm. Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 ZPO schätzen (vgl. BAG 21. Mai 1980 - 5 AZR 194/78 - zu 4 a der Gründe; 25. März 2015 - 5 AZR 602/13 - Rn. 18, BAGE 151, 180; aA Franzen NZA 2016, 136, 140). § 287 ZPO bietet damit Erleichterungen für das Beweismaß und das Verfahren, hat aber keine Auswirkungen auf die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast. Die Norm dehnt das richterliche Ermessen für die Feststellung der Forderungshöhe über die Schranken des § 286 ZPO aus(vgl. BAG 26. September 2012 - 10 AZR 370/10 - Rn. 19, 22 mwN, BAGE 143, 165). Zudem reicht bei der Entscheidung über die Höhe einer Forderung - im Unterschied zu den strengen Anforderungen des § 286 Abs. 1 ZPO - eine erhebliche, auf gesicherter Grundlage beruhende Wahrscheinlichkeit für die richterliche Überzeugungsbildung aus(vgl. BGH 17. Dezember 2014 - VIII ZR 88/13 - Rn. 45).

32

(1) Nach § 287 Abs. 2 ZPO gelten die Vorschriften des § 287 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 ZPO bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten entsprechend. Die Vorschrift erlaubt damit auch die Schätzung des Umfangs von Erfüllungsansprüchen, wenn unter den Parteien die Höhe der Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände entweder mit Schwierigkeiten, die zu der Bedeutung des streitigen Teils der Forderung in keinem Verhältnis stehen, verbunden (BAG 25. März 2015 - 5 AZR 602/13 - Rn. 20, BAGE 151, 180) oder unmöglich ist (BGH 29. Juni 1961 - VII ZR 32/60 -; Stein/Jonas/Leipold ZPO 22. Aufl. § 287 Rn. 29; Wieczorek/Schütze/Ahrens 4. Aufl. § 287 ZPO Rn. 61). Das Tatsachengericht muss unter Würdigung aller Umstände entscheiden, ob nach seiner Überzeugung Umkleide- und Wegezeiten entstanden sind und in welchem Umfang sie erforderlich waren. Es hat nach pflichtgemäßem Ermessen zu beurteilen, ob Beweis zu erheben ist oder auf Grundlage des festgestellten Sachverhalts nach § 287 Abs. 2 ZPO nicht wenigstens die Schätzung eines Mindestumfangs benötigter Umkleide- und Wegezeiten möglich ist.

33

(2) Die Vorinstanzen haben die Voraussetzungen einer Schätzung nach § 287 Abs. 2 ZPO zu Recht bejaht.

34

(a) Eine Schätzung hat zu unterbleiben, wenn sie mangels jeglicher konkreter Anhaltspunkte vollkommen „in der Luft hinge“ und daher willkürlich wäre. Die für eine Schätzung unabdingbaren Anknüpfungstatsachen muss derjenige, der den Erfüllungsanspruch geltend macht, darlegen und beweisen (vgl. BAG 25. März 2015 - 5 AZR 602/13 - Rn. 19, BAGE 151, 180; BGH 17. Dezember 2014 - VIII ZR 88/13 - Rn. 46 mwN).

35

(b) Der Umkleidevorgang, den der Kläger auf Weisung der Beklagten jeweils vor Beginn und nach Ende des Arbeitstags vollziehen musste und die mit diesem verbundenen innerbetrieblichen Wege, als die für eine Schätzung unerlässlichen Anknüpfungstatsachen, sind vorliegend festgestellt und stehen außer Streit. Die Parteien streiten allein über die hierfür arbeitstäglich erforderliche Zeit, die sich nachträglich nicht weiter belegen lässt.

36

(3) Die von den Tatsacheninstanzen vorgenommene Schätzung hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

37

(a) Eine vom Tatsachengericht gemäß § 287 Abs. 2 ZPO nach freier Überzeugung vorzunehmende Schätzung unterliegt nur einer eingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung. Ob das Tatsachengericht das Mindestmaß der erforderlichen Umkleide- und Wegezeiten zutreffend geschätzt hat, ist nur auf Ermessensüberschreitung dahingehend zu überprüfen, ob das Tatsachengericht wesentliche Bemessungsfaktoren außer Betracht gelassen oder der Schätzung unrichtige oder unbewiesene Anknüpfungstatsachen zugrunde gelegt hat und damit die Schätzung mangels konkreter Anhaltspunkte völlig „in der Luft hängt“, also willkürlich ist (vgl. BAG 26. September 2012 - 10 AZR 370/10 - Rn. 25 mwN, BAGE 143, 165; 25. März 2015 - 5 AZR 602/13 - Rn. 24, BAGE 151, 180).

38

(b) Die von den Vorinstanzen vorgenommene Schätzung der arbeitstäglichen Umkleide- und Wegezeiten auf 27 Minuten ist frei von Rechtsfehlern. Die Revision zeigt keine Umstände auf, die die Schätzung als willkürlich gegriffen erscheinen ließe. Die Beklagte behauptet nicht, die auf den festgestellten und zudem unstreitigen Anknüpfungstatsachen sowie dem Ergebnis der vom Arbeitsgericht durchgeführten Beweisaufnahme beruhende Schätzung sei rechtsfehlerhaft oder lasse Variablen des Umkleidevorgangs außer Acht.

39

5. Gegen die Berechnung der Anspruchshöhe, der die festgestellte Zahl der Arbeitstage, der Stundenlohn des Klägers und die durch Schätzung als erforderlich ermittelten Umkleide- und Wegezeiten zugrunde liegen, hat die Revision keine Angriffe erhoben.

40

II. Der Anspruch des Klägers ist nicht verwirkt.

41

1. Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung und soll dem Bedürfnis nach Rechtsklarheit dienen. Sie hat nicht den Zweck, Schuldner, denen gegenüber Gläubiger ihre Rechte längere Zeit nicht geltend gemacht haben, von ihrer Pflicht zur Leistung vorzeitig zu befreien. Deshalb kann allein der Zeitablauf die Verwirkung eines Rechts nicht rechtfertigen (Zeitmoment). Es müssen vielmehr besondere Umstände sowohl im Verhalten des Berechtigten als auch des Verpflichteten hinzutreten (Umstandsmoment), die es rechtfertigen, die späte Geltendmachung des Rechts als mit Treu und Glauben unvereinbar und für den Verpflichteten als unzumutbar anzusehen. Der Berechtigte muss unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erwecken konnten, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, so dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden. Durch die Verwirkung wird die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen. Die Verwirkung dient dem Vertrauensschutz. Weiterhin muss - als Zumutbarkeitsmoment - das Erfordernis des Vertrauensschutzes das Interesse des Berechtigten an einer sachlichen Prüfung des von ihm behaupteten Anspruchs derart überwiegen, dass dem in Anspruch Genommenen die Erfüllung des Anspruchs oder die Einlassung auf die Klage nicht mehr zuzumuten ist (BAG 25. April 2006 - 3 AZR 372/05 - Rn. 20, BAGE 118, 51; 22. Februar 2012 - 4 AZR 579/10 - Rn. 43; 25. September 2013 - 5 AZR 936/12 - Rn. 15; 24. August 2016 - 5 AZR 129/16 - Rn. 60).

42

2. Eine Verwirkung scheidet vorliegend schon deshalb aus, weil sich aus dem Vorbringen der Beklagten und dem unstreitigen Sachverhalt keine Tatsachen ergeben, die geeignet wären, die Annahme zu rechtfertigen, der Beklagten sei es aufgrund eigener Dispositionen „unzumutbar“ geworden (vgl. BAG 25. September 2013 - 5 AZR 936/12 - Rn. 28; 24. August 2016 - 5 AZR 129/16 - Rn. 60), die Ansprüche des Klägers zu erfüllen.

43

III. Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2, § 187 Abs. 1 BGB.

44

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Müller-Glöge    

        

    Weber     

        

    Volk     

        

        

        

    A. Christen     

        

    Pollert    

                 

(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:

1.
Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb;
2.
Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage;
3.
vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit;
4.
Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Arbeitsentgelte;
5.
Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans sowie die Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs für einzelne Arbeitnehmer, wenn zwischen dem Arbeitgeber und den beteiligten Arbeitnehmern kein Einverständnis erzielt wird;
6.
Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen;
7.
Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften;
8.
Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist;
9.
Zuweisung und Kündigung von Wohnräumen, die den Arbeitnehmern mit Rücksicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses vermietet werden, sowie die allgemeine Festlegung der Nutzungsbedingungen;
10.
Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung;
11.
Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte, einschließlich der Geldfaktoren;
12.
Grundsätze über das betriebliche Vorschlagswesen;
13.
Grundsätze über die Durchführung von Gruppenarbeit; Gruppenarbeit im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn im Rahmen des betrieblichen Arbeitsablaufs eine Gruppe von Arbeitnehmern eine ihr übertragene Gesamtaufgabe im Wesentlichen eigenverantwortlich erledigt;
14.
Ausgestaltung von mobiler Arbeit, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird.

(2) Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach Absatz 1 nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 17. Februar 2016 - 3 Sa 1331/15 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Vergütung von Umkleide- und innerbetrieblichen Wegezeiten.

2

Der Kläger ist bei der nicht tarifgebundenen Beklagten, die insbesondere für Unternehmen der „S-Gruppe“ technische und handwerkliche Serviceleistungen erbringt, beschäftigt. Er wird in der Lebensmittelproduktion eingesetzt und bezieht einen Stundenlohn. Im Arbeitsvertrag vom 6. November 2002 heißt es ua.:

        

㤠1

        

…       

        

Aufgrund der bei der Produktion von Lebensmitteln geltenden Hygieneverordnung ist jeder Arbeitnehmer verpflichtet, den Dienst täglich mit sauberer und vollständiger Dienstkleidung anzutreten und zu erfüllen. Die Bedienung der Zeiterfassungsanlage, dh. das An- und Abstempeln hat ausschließlich persönlich und zwar immer in einwandfreier Dienstkleidung zu erfolgen.

        

Die Wegezeiten zu bzw. von den Stempeluhren oder Pausenräumen sind leistungsentgeltfrei.

        

…“    

3

Die Arbeitskleidung wird von der Beklagten gestellt. Sie darf nach den für die Tätigkeit des Klägers geltenden Hygienevorschriften nicht mit nach Hause genommen werden und ist im Betrieb an- und abzulegen. Hierzu muss der Kläger nach Betreten des Betriebsgeländes die Arbeitskleidung an einer Ausgabestelle abholen, sich in einem Umkleideraum umziehen und anschließend im Bereich der Pforte an einer ersten Stempeluhr, die dazu dient, die Anwesenheit im Betrieb zu registrieren, abstempeln. Danach hat er sich zum Betriebsgebäude zu begeben und dort an einer zweiten Stempeluhr erneut zu stempeln. Der Vorgang ist nach Schichtende in umgekehrter Folge zu absolvieren.

4

Mit der am 19. Dezember 2014 eingereichten, der Beklagten am 12. Januar 2015 zugestellten Klage begehrt der Kläger Vergütung für die vom 1. Januar 2011 bis zum 31. Dezember 2014 an 737 Arbeitstagen mit dem An- und Ablegen der Arbeitskleidung verbundenen Umkleide- und innerbetrieblichen Wegezeiten. Er hat geltend gemacht, hierfür arbeitstäglich 36 Minuten benötigt zu haben.

5

Der Kläger hat erstinstanzlich sinngemäß beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 6.219,57 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB ab dem 13. Januar 2015 zu zahlen.

6

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Vergütungspflichtig sei nur die Zeit nach Betätigen der zweiten Stempeluhr. Ein Anspruch auf Vergütung der für das Umkleiden und das Zurücklegen der Wege erforderlichen Zeit, die arbeitstäglich allenfalls 24 Minuten betrage, sei nach § 1 Arbeitsvertrag ausgeschlossen. Etwaige Ansprüche seien verwirkt.

7

Das Arbeitsgericht hat dem Kläger für arbeitstäglich 27 Minuten 4.665,42 Euro brutto zugesprochen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Im Rahmen der Beweisaufnahme wurden der Umkleidevorgang einschließlich der zurückzulegenden Wege durch Vertreter des Klägers und der Beklagten auf dem Betriebsgelände nachgestellt, die Wegstrecken von der Kammer des Arbeitsgerichts abgeschritten, der Umkleidevorgang durch die Vorsitzende vollzogen und die jeweils aufgewendeten Zeiten festgestellt. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die vollständige Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten gegen das der Klage teilweise stattgebende Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen. Die Klage ist in dem in der Revisionsinstanz noch anhängigen Umfang begründet. Die Beklagte schuldet dem Kläger als Vergütung für die an 737 Arbeitstagen im Zeitraum 1. Januar 2011 bis 31. Dezember 2014 erbrachten Umkleide- und Wegezeiten 4.665,42 Euro brutto nebst Prozesszinsen in gesetzlicher Höhe.

9

I. Der Kläger hat für jeden Arbeitstag im streitgegenständlichen Zeitraum gemäß § 611 BGB Anspruch auf Vergütung der Zeit, die er unter Ausschöpfung seiner persönlichen Leistungsfähigkeit benötigte, um sich umzukleiden und die damit verbundenen Wege zwischen Ausgabestelle und zweiter Stempeluhr zurückzulegen. Das haben die Vorinstanzen zu Recht erkannt.

10

1. Die gesetzliche Vergütungspflicht des Arbeitgebers knüpft nach § 611 Abs. 1 BGB an die Leistung der versprochenen Dienste an(BAG 12. Dezember 2012 - 5 AZR 355/12 - Rn. 16 f.; 19. März 2014 - 5 AZR 954/12 - Rn. 17). Zu den „versprochenen Diensten“ iSv. § 611 BGB zählt nicht nur die eigentliche Tätigkeit, sondern jede vom Arbeitgeber im Synallagma verlangte sonstige Tätigkeit oder Maßnahme, die mit der eigentlichen Tätigkeit oder der Art und Weise ihrer Erbringung unmittelbar zusammenhängt. Der Arbeitgeber verspricht die Vergütung für alle Dienste, die er dem Arbeitnehmer aufgrund seines arbeitsvertraglich vermittelten Weisungsrechts abverlangt. „Arbeit“ als Leistung der versprochenen Dienste iSd. § 611 Abs. 1 BGB ist jede Tätigkeit, die als solche der Befriedigung eines fremden Bedürfnisses dient(BAG 19. September 2012 - 5 AZR 678/11 - Rn. 28, BAGE 143, 107; 12. Dezember 2012 - 5 AZR 355/12 - Rn. 17; 19. März 2014 - 5 AZR 954/12 - Rn. 18).

11

2. Der Kläger hat mit dem An- und Ablegen der Arbeitskleidung und dem Zurücklegen der damit verbundenen innerbetrieblichen Wege eine Arbeitsleistung erbracht, die als Teil der versprochenen Dienste vergütungspflichtig ist.

12

a) Zur Arbeit gehören auch das Umkleiden und Zurücklegen der hiermit verbundenen innerbetrieblichen Wege, wenn der Arbeitgeber das Tragen einer bestimmten Kleidung vorschreibt, die im Betrieb an- und abgelegt werden muss, und er das Umkleiden nicht am Arbeitsplatz ermöglicht, sondern dafür eine vom Arbeitsplatz getrennte Umkleidestelle einrichtet (BAG 19. September 2012 - 5 AZR 678/11 - Rn. 23, BAGE 143, 107). Die Fremdnützigkeit ergibt sich in diesem Fall aus der Weisung des Arbeitgebers, die Arbeitskleidung erst im Betrieb anzulegen und sich dort an einer zwingend vorgegebenen, vom Arbeitsplatz getrennten Umkleidestelle umzuziehen (BAG 10. November 2009 - 1 ABR 54/08 - Rn. 15; 19. September 2012 - 5 AZR 678/11 - Rn. 23, aaO; 17. November 2015 - 1 ABR 76/13 - Rn. 25, BAGE 153, 225).

13

b) Das Umkleiden und das Zurücklegen der damit verbundenen innerbetrieblichen Wege sind danach Teil der vom Kläger geschuldeten Arbeitsleistung.

14

aa) Dem Kläger wurde von der Beklagten im Rahmen des ihr zustehenden Weisungsrechts abverlangt, eine bestimmte Arbeitskleidung zu tragen. Er war nach § 1 Arbeitsvertrag verpflichtet, seine Tätigkeit mit „sauberer und vollständiger“ Dienstkleidung anzutreten. Nach den Vorgaben der Beklagten durfte er sie erst in den eigens dafür vorgesehenen Räumlichkeiten auf dem Betriebsgelände anlegen und musste sie dort ablegen. Das Tragen der Arbeitskleidung stand in unmittelbarem Zusammenhang mit der eigentlichen Tätigkeit des Klägers. Es entsprach den bei der Produktion von Lebensmitteln geltenden Hygienevorschriften und diente den Interessen der Beklagten.

15

bb) Die Beklagte hat, indem sie - getrennt vom eigentlichen Arbeitsplatz des Klägers - eine Ausgabestelle für die Arbeitskleidung und Umkleideräume einrichtete, die Arbeit so organisiert, dass sie dort begann und endete. Der Weg von der Ausgabestelle zum eigentlichen Arbeitsplatz ist deshalb nicht dem Arbeitsweg zuzurechnen (vgl. hierzu BAG 28. Juli 1994 - 6 AZR 220/94 - zu II 3 b der Gründe, BAGE 77, 285; 19. September 2012 - 5 AZR 678/11 - Rn. 23, BAGE 143, 107).

16

3. Die Vergütungspflicht war nicht abbedungen oder abweichend geregelt.

17

a) Grundsätzlich kann durch Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag eine gesonderte Vergütungsregelung für eine andere als die eigentliche Tätigkeit getroffen werden (BAG 12. Dezember 2012 - 5 AZR 355/12 - Rn. 18; 19. März 2014 - 5 AZR 954/12 - Rn. 30).

18

b) Tarifliche Regelungen finden auf das Arbeitsverhältnis keine Anwendung. § 1 Arbeitsvertrag schließt die Vergütungspflicht für das Umkleiden und Zurücklegen der damit verbundenen innerbetrieblichen Wege nicht aus. Dies ergibt die Auslegung des Arbeitsvertrags, bei dessen Bestimmungen es sich nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts um Allgemeine Geschäftsbedingungen (§ 305 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BGB) handelt.

19

aa) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind - ausgehend vom Wortlaut - nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Parteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten. Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist durch das Revisionsgericht uneingeschränkt überprüfbar (BAG 21. Januar 2015 - 10 AZR 84/14 - Rn. 26, BAGE 150, 286; 18. November 2015 - 5 AZR 814/14 - Rn. 46; 24. Februar 2016 - 5 AZR 258/14 - Rn. 26).

20

bb) Nach diesen Auslegungsgrundsätzen bezieht sich § 1 Arbeitsvertrag nur auf Leistungsentgelte und nicht auf den dem Kläger zugesagten Stundenlohn.

21

(1) Leistungsentgelte sind nach allgemeinem juristischen Verständnis solche Vergütungen, bei denen die Leistung des Arbeitnehmers gemessen und mit einer Bezugsleistung verglichen wird, also sich die Höhe der Vergütung unmittelbar nach dem Verhältnis beider Leistungen zueinander bestimmt (st. Rspr., vgl. BAG 15. Mai 2001 - 1 ABR 39/00 - zu B II 1 a der Gründe, BAGE 97, 379; Fitting BetrVG 28. Aufl. § 87 Rn. 530; ErfK/Kania 17. Aufl. § 87 BetrVG Rn. 127).

22

(2) Die Regelung in § 1 Arbeitsvertrag „die Wegezeiten zu bzw. von den Stempeluhren oder Pausenräumen sind leistungsentgeltfrei“ erfasst nicht den im Arbeitsvertrag vereinbarten Stundenlohn.

23

(a) Bedient sich der Arbeitgeber in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Rechtsbegriffs, der im juristischen Sprachgebrauch eine bestimmte Bedeutung hat, ist der Begriff in seiner allgemeinen juristischen Bedeutung auszulegen, sofern sich nicht aus dem Sinnzusammenhang der Klausel etwas anderes ergibt (vgl. Schaub/Linck ArbR-HdB 16. Aufl. § 35 Rn. 30; zur Auslegung von Tarifverträgen BAG 17. März 2010 - 5 AZR 317/09 - Rn. 13, BAGE 133, 337; 22. Juli 2010 - 6 AZR 78/09 - Rn. 20, BAGE 135, 179; 16. April 2014 - 4 AZR 802/11 - Rn. 24, BAGE 148, 68; 19. November 2014 - 5 AZR 121/13 - Rn. 18, BAGE 150, 88).

24

(b) Bei der dem Kläger zugesagten Vergütung handelt es sich nicht um ein Leistungsentgelt. Der Stundenlohn ist dem Kläger, unabhängig von der Relation seiner Leistung zu einer Bezugsleistung, als Gegenleistung für die Arbeitsleistung zu zahlen. Für ein vom juristischen Sprachgebrauch abweichendes Verständnis bietet weder § 1 Arbeitsvertrag noch der Sinnzusammenhang der Klausel Anhaltspunkte.

25

(3) Dem gefundenen Auslegungsergebnis steht nicht entgegen, dass dem Kläger kein Leistungsentgelt, sondern ausschließlich ein Stundenentgelt geschuldet ist. Allgemeine Geschäftsbedingungen werden der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags vom Verwender als für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen gestellt. Ein durchschnittlicher Arbeitnehmer muss, selbst wenn in seinem Fall nur eine leistungsunabhängige Vergütung vereinbart ist, nicht davon ausgehen, der Rechtsbegriff „leistungsentgeltfrei“ sei erweiternd dahingehend auszulegen, auch nicht leistungsbezogene Vergütungsbestandteile seien erfasst.

26

cc) Angesichts der Eindeutigkeit der Regelung ist für die Anwendung des § 305c Abs. 2 BGB kein Raum. Die Unklarheitenregelung setzt voraus, dass die Auslegung einer Allgemeinen Geschäftsbedingung mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt und keines den klaren Vorzug verdient. Es müssen „erhebliche Zweifel“ an der richtigen Auslegung bestehen. Die entfernte Möglichkeit, zu einem anderen Ergebnis zu kommen, genügt für die Anwendung der Bestimmung nicht (BAG 9. Juni 2010 - 5 AZR 332/09 - Rn. 39; 21. Januar 2015 - 10 AZR 84/14 - Rn. 26, BAGE 150, 286; 9. Dezember 2015 - 7 AZR 68/14 - Rn. 13; 24. Februar 2016 - 5 AZR 258/14 - Rn. 30). Im Übrigen führte diese gesetzliche Auslegungsregel zum selben Ergebnis.

27

4. Die Vorinstanzen haben den zeitlichen Umfang der vergütungspflichtigen Umkleide- und Wegezeit rechtsfehlerfrei unter Anwendung von § 287 Abs. 2 ZPO ermittelt.

28

a) Vergütungspflichtig ist die Zeit, die für das An- und Ablegen der Arbeitskleidung und das Zurücklegen der damit verbundenen innerbetrieblichen Wege erforderlich ist (vgl. BAG 19. März 2014 - 5 AZR 954/12 - Rn. 26). Zur Ermittlung der Zeitspanne ist ein modifizierter subjektiver Maßstab anzulegen, denn der Arbeitnehmer darf seine Leistungspflicht nicht frei selbst bestimmen, sondern muss unter angemessener Ausschöpfung seiner persönlichen Leistungsfähigkeit arbeiten. „Erforderlich“ ist nur die Zeit, die der einzelne Arbeitnehmer für das Umkleiden und den Weg zur und von der Umkleidestelle im Rahmen der objektiven Gegebenheiten unter Ausschöpfung seiner persönlichen Leistungsfähigkeit benötigt (BAG 19. September 2012 - 5 AZR 678/11 - Rn. 24, BAGE 143, 107; 12. November 2013 - 1 ABR 59/12 - Rn. 48, BAGE 146, 271; 19. März 2014 - 5 AZR 954/12 - Rn. 47). Bei Ermittlung der erforderlichen Zeit gilt es, die Variablen des Umkleidevorgangs zu berücksichtigen. Hierzu gehören ua. die Fragen, welche Privatkleidung je nach Jahreszeit der Arbeitnehmer zuvor getragen hat und welche Wartezeiten (auf die Ausgabe der Kleidung, auf Aufzüge etc.) notwendigerweise entstehen (BAG 19. September 2012 - 5 AZR 678/11 - Rn. 41, aaO).

29

b) Die unter Beachtung der vorgenannten Grundsätze vorgenommene Schätzung der erforderlichen Umkleide- und Wegezeit nach § 287 Abs. 2 ZPO hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

30

aa) Der Arbeitnehmer trägt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass Umkleide- und Wegezeiten angefallen sind, vom Arbeitgeber veranlasst wurden und im geltend gemachten Umfang erforderlich waren (vgl. BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 347/11 - Rn. 25 ff., BAGE 141, 330; 10. April 2013 - 5 AZR 122/12 - Rn. 15 ff.).

31

bb) Steht fest (§ 286 ZPO), dass Umkleide- und Wegezeiten auf Veranlassung des Arbeitgebers entstanden sind, kann aber der Arbeitnehmer seiner Darlegungs- oder Beweislast für den zeitlichen Umfang, in dem diese erforderlich waren, nicht in jeder Hinsicht genügen, darf das Gericht die erforderlichen Umkleide- und damit verbundenen Wegezeiten nach § 287 Abs. 2 iVm. Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 ZPO schätzen (vgl. BAG 21. Mai 1980 - 5 AZR 194/78 - zu 4 a der Gründe; 25. März 2015 - 5 AZR 602/13 - Rn. 18, BAGE 151, 180; aA Franzen NZA 2016, 136, 140). § 287 ZPO bietet damit Erleichterungen für das Beweismaß und das Verfahren, hat aber keine Auswirkungen auf die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast. Die Norm dehnt das richterliche Ermessen für die Feststellung der Forderungshöhe über die Schranken des § 286 ZPO aus(vgl. BAG 26. September 2012 - 10 AZR 370/10 - Rn. 19, 22 mwN, BAGE 143, 165). Zudem reicht bei der Entscheidung über die Höhe einer Forderung - im Unterschied zu den strengen Anforderungen des § 286 Abs. 1 ZPO - eine erhebliche, auf gesicherter Grundlage beruhende Wahrscheinlichkeit für die richterliche Überzeugungsbildung aus(vgl. BGH 17. Dezember 2014 - VIII ZR 88/13 - Rn. 45).

32

(1) Nach § 287 Abs. 2 ZPO gelten die Vorschriften des § 287 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 ZPO bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten entsprechend. Die Vorschrift erlaubt damit auch die Schätzung des Umfangs von Erfüllungsansprüchen, wenn unter den Parteien die Höhe der Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände entweder mit Schwierigkeiten, die zu der Bedeutung des streitigen Teils der Forderung in keinem Verhältnis stehen, verbunden (BAG 25. März 2015 - 5 AZR 602/13 - Rn. 20, BAGE 151, 180) oder unmöglich ist (BGH 29. Juni 1961 - VII ZR 32/60 -; Stein/Jonas/Leipold ZPO 22. Aufl. § 287 Rn. 29; Wieczorek/Schütze/Ahrens 4. Aufl. § 287 ZPO Rn. 61). Das Tatsachengericht muss unter Würdigung aller Umstände entscheiden, ob nach seiner Überzeugung Umkleide- und Wegezeiten entstanden sind und in welchem Umfang sie erforderlich waren. Es hat nach pflichtgemäßem Ermessen zu beurteilen, ob Beweis zu erheben ist oder auf Grundlage des festgestellten Sachverhalts nach § 287 Abs. 2 ZPO nicht wenigstens die Schätzung eines Mindestumfangs benötigter Umkleide- und Wegezeiten möglich ist.

33

(2) Die Vorinstanzen haben die Voraussetzungen einer Schätzung nach § 287 Abs. 2 ZPO zu Recht bejaht.

34

(a) Eine Schätzung hat zu unterbleiben, wenn sie mangels jeglicher konkreter Anhaltspunkte vollkommen „in der Luft hinge“ und daher willkürlich wäre. Die für eine Schätzung unabdingbaren Anknüpfungstatsachen muss derjenige, der den Erfüllungsanspruch geltend macht, darlegen und beweisen (vgl. BAG 25. März 2015 - 5 AZR 602/13 - Rn. 19, BAGE 151, 180; BGH 17. Dezember 2014 - VIII ZR 88/13 - Rn. 46 mwN).

35

(b) Der Umkleidevorgang, den der Kläger auf Weisung der Beklagten jeweils vor Beginn und nach Ende des Arbeitstags vollziehen musste und die mit diesem verbundenen innerbetrieblichen Wege, als die für eine Schätzung unerlässlichen Anknüpfungstatsachen, sind vorliegend festgestellt und stehen außer Streit. Die Parteien streiten allein über die hierfür arbeitstäglich erforderliche Zeit, die sich nachträglich nicht weiter belegen lässt.

36

(3) Die von den Tatsacheninstanzen vorgenommene Schätzung hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

37

(a) Eine vom Tatsachengericht gemäß § 287 Abs. 2 ZPO nach freier Überzeugung vorzunehmende Schätzung unterliegt nur einer eingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung. Ob das Tatsachengericht das Mindestmaß der erforderlichen Umkleide- und Wegezeiten zutreffend geschätzt hat, ist nur auf Ermessensüberschreitung dahingehend zu überprüfen, ob das Tatsachengericht wesentliche Bemessungsfaktoren außer Betracht gelassen oder der Schätzung unrichtige oder unbewiesene Anknüpfungstatsachen zugrunde gelegt hat und damit die Schätzung mangels konkreter Anhaltspunkte völlig „in der Luft hängt“, also willkürlich ist (vgl. BAG 26. September 2012 - 10 AZR 370/10 - Rn. 25 mwN, BAGE 143, 165; 25. März 2015 - 5 AZR 602/13 - Rn. 24, BAGE 151, 180).

38

(b) Die von den Vorinstanzen vorgenommene Schätzung der arbeitstäglichen Umkleide- und Wegezeiten auf 27 Minuten ist frei von Rechtsfehlern. Die Revision zeigt keine Umstände auf, die die Schätzung als willkürlich gegriffen erscheinen ließe. Die Beklagte behauptet nicht, die auf den festgestellten und zudem unstreitigen Anknüpfungstatsachen sowie dem Ergebnis der vom Arbeitsgericht durchgeführten Beweisaufnahme beruhende Schätzung sei rechtsfehlerhaft oder lasse Variablen des Umkleidevorgangs außer Acht.

39

5. Gegen die Berechnung der Anspruchshöhe, der die festgestellte Zahl der Arbeitstage, der Stundenlohn des Klägers und die durch Schätzung als erforderlich ermittelten Umkleide- und Wegezeiten zugrunde liegen, hat die Revision keine Angriffe erhoben.

40

II. Der Anspruch des Klägers ist nicht verwirkt.

41

1. Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung und soll dem Bedürfnis nach Rechtsklarheit dienen. Sie hat nicht den Zweck, Schuldner, denen gegenüber Gläubiger ihre Rechte längere Zeit nicht geltend gemacht haben, von ihrer Pflicht zur Leistung vorzeitig zu befreien. Deshalb kann allein der Zeitablauf die Verwirkung eines Rechts nicht rechtfertigen (Zeitmoment). Es müssen vielmehr besondere Umstände sowohl im Verhalten des Berechtigten als auch des Verpflichteten hinzutreten (Umstandsmoment), die es rechtfertigen, die späte Geltendmachung des Rechts als mit Treu und Glauben unvereinbar und für den Verpflichteten als unzumutbar anzusehen. Der Berechtigte muss unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erwecken konnten, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, so dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden. Durch die Verwirkung wird die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen. Die Verwirkung dient dem Vertrauensschutz. Weiterhin muss - als Zumutbarkeitsmoment - das Erfordernis des Vertrauensschutzes das Interesse des Berechtigten an einer sachlichen Prüfung des von ihm behaupteten Anspruchs derart überwiegen, dass dem in Anspruch Genommenen die Erfüllung des Anspruchs oder die Einlassung auf die Klage nicht mehr zuzumuten ist (BAG 25. April 2006 - 3 AZR 372/05 - Rn. 20, BAGE 118, 51; 22. Februar 2012 - 4 AZR 579/10 - Rn. 43; 25. September 2013 - 5 AZR 936/12 - Rn. 15; 24. August 2016 - 5 AZR 129/16 - Rn. 60).

42

2. Eine Verwirkung scheidet vorliegend schon deshalb aus, weil sich aus dem Vorbringen der Beklagten und dem unstreitigen Sachverhalt keine Tatsachen ergeben, die geeignet wären, die Annahme zu rechtfertigen, der Beklagten sei es aufgrund eigener Dispositionen „unzumutbar“ geworden (vgl. BAG 25. September 2013 - 5 AZR 936/12 - Rn. 28; 24. August 2016 - 5 AZR 129/16 - Rn. 60), die Ansprüche des Klägers zu erfüllen.

43

III. Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2, § 187 Abs. 1 BGB.

44

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Müller-Glöge    

        

    Weber     

        

    Volk     

        

        

        

    A. Christen     

        

    Pollert    

                 

Tenor

1. Auf die Anschlussrevision des Klägers wird unter Zurückweisung der Revision der Beklagten das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 6. Juli 2015 - 8 Sa 53/14 - aufgehoben, soweit die Leistungsanträge des Klägers abgewiesen wurden.

2. Insoweit wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Der Kläger verlangt von der Beklagten, Zeiten, die er für das An- und Ablegen persönlicher Schutzausrüstung (PSA) aufwendet, zu vergüten.

2

Die Beklagte, ein Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie, führt in ihrem Werk in H, in dem sie ca. 640 Mitarbeiter beschäftigt, Arbeiten im Bereich des Warm- und Kaltwalzens von Aluminium durch. Sie setzt den Kläger, dessen regelmäßige tägliche Sollarbeitszeit um 07:00 Uhr beginnt und um 14:30 Uhr endet, in der Abteilung Instandhaltung ein. Gemäß der seitens der Beklagten erlassenen Anweisung „Arbeitskleidung, … PSA für … Instandhaltung … in Abhängigkeit von Gefährdung und Tätigkeit“ ist der Kläger verpflichtet, PSA zu tragen, die neben Hose, Arbeitsjacke, Socken, Schuhen und Arbeitshandschuhen auch Schutzbrille, Helm und Gehörschutz umfasst. Um die PSA anzulegen, muss der Kläger nach Betreten des Betriebsgeländes zunächst zur Waschkaue gehen, die dort für ihn bereitliegende saubere PSA aus einem Wäschefach entnehmen, sich zu seinem Spind begeben, sich entkleiden und die PSA anlegen. Anschließend hat er seinen Arbeitsplatz aufzusuchen, der ohne PSA nicht betreten werden darf.

3

Mitarbeitern, die - anders als der Kläger - ihre Arbeit regelmäßig in privater Kleidung verrichten dürfen, vergütet die Beklagte die zum An- und Ablegen der PSA erforderliche Zeit sowie die damit zusammenhängenden innerbetrieblichen Wegezeiten als Arbeitszeit, wenn sie einen Arbeitsbereich aufsuchen, für den das Tragen von PSA vorgeschrieben ist.

4

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft beiderseitiger Tarifbindung der am 1. Oktober 2008 in Kraft getretene Manteltarifvertrag der Metall- und Elektroindustrie für das Tarifgebiet Hamburg und Umgebung, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern vom 3. Juli 2008 (MTV) Anwendung. Dieser enthält ua. folgende Regelungen:

        

§ 3   

        

Arbeitszeit

        

...     

        
        

6.    

Pausen, Umkleiden und Waschen

                 

Zeiten für Umkleiden und Waschen sowie Pausen sind keine Arbeitszeit, soweit nicht innerbetriebliche abweichende Regelungen getroffen werden.

        

...     

        
        

§ 6     

        

Mehr-, Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit

        

1.    

Mehrarbeit

                 

Mehrarbeit ist die angeordnete Überschreitung der individuellen regelmäßigen täglichen Arbeitszeit, die bis zum Arbeitsbeginn des darauffolgenden Tages abgefordert wird.

        

...     

        
        

§ 7     

        

Zuschläge für Mehr-, Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit

        

1.    

Für Hamburg und Umgebung gilt:

        

1.1     

Höhe des Zuschlages

                 

Die Beschäftigten erhalten je Stunde für angeordnete

                 

a)    

Mehrarbeit

25 % Zuschlag

                 

...     

        

§ 11   

        

Arbeitsausfall, Arbeitsverhinderung, Arbeitsfreistellung

        

1.    

Bezahlte Arbeitszeit

                 

Bezahlt wird nur die Zeit, die der Beschäftigte im Rahmen der vereinbarten Arbeitszeit dem Betrieb arbeitsbereit zur Verfügung steht, soweit in diesem Tarifvertrag nichts anderes bestimmt ist.

        

…“    

        
5

Die Beklagte führt für den Kläger ein Arbeitszeitkonto auf der Grundlage der „Betriebsvereinbarung über Gleitende Arbeitszeit“ vom 7. September 2006. Darin heißt es auszugsweise:

        

„2.     

Gleitzeitregelungen

        

...     

        
        

2.2     

Die Erfassung der täglichen Kommt- und Geht-Zeiten erfolgt mittels eines elektronischen Zeiterfassungssystems. …

        

2.3     

Bei Beginn und Beendigung der täglichen Arbeitszeit ist an einem Zeiterfassungsterminal eine Kommt- bzw. Geht-Buchung vorzunehmen. Dies hat grundsätzlich an dem dem Arbeitsplatz nächstgelegenen Terminal zu erfolgen. Die sich aus der Differenz zwischen Kommt- und Geht-Zeit ergebende Anwesenheitszeit wird minutengenau erfasst.

        

...     

        
        

3.    

Abgrenzung zur Mehrarbeit

                 

Mehrarbeit (Überstunden) ist gegeben, soweit diese angeordnet und außerhalb der täglichen Kernarbeitszeit geleistet wird sowie die Dauer der täglichen Sollarbeitszeit überschritten ist.“

6

Der Kläger arbeitete in den Monaten September bis November 2013 insgesamt in 39 Schichten.

7

Er hat die Auffassung vertreten, sofern § 3 Ziff. 6 MTV nicht nur das An- und Ablegen von Privatkleidung unterfalle, liege ein Verstoß gegen § 3 Abs. 3 ArbSchG vor. Schließlich sei die Beklagte unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung gehalten, Zeiten, die er für das An- und Ablegen von PSA aufwende, zu vergüten.

8

Der Kläger hat beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, ihm 19,5 Stunden auf seinem Arbeitszeitkonto gemäß der Betriebsvereinbarung über Gleitende Arbeitszeit vom 7. September 2006/Freizeitausgleichskonto gutzuschreiben;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 117,10 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Dezember 2013 zu zahlen;

        

3.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm arbeitstäglich 30 Minuten für das An- und Ablegen von vorgeschriebener persönlicher Schutzausrüstung als Arbeitszeit zu vergüten und seinem Zeitkonto gutzuschreiben und für 30 Minuten arbeitstäglich Mehrarbeitszuschläge gemäß § 6 MTV der Metallindustrie Hamburg zu zahlen;

        

hilfsweise zum Antrag zu 3.

                 

festzustellen, dass er berechtigt ist, seine persönliche Schutzausrüstung nach dem Einstempeln zu Beginn der Schicht am Zeiterfassungsterminal anzulegen und vor dem Ausstempeln am Zeiterfassungsterminal abzulegen und dass die Beklagte verpflichtet ist, die mit Hilfe des Zeiterfassungsterminals erfassten Zeiten als Arbeitszeit gemäß MTV zu vergüten;

        

weiter hilfsweise

                 

festzustellen, dass die unter Ausschöpfung seiner persönlichen Leistungsfähigkeit erforderlichen Zeiten für das An- und Ablegen von vorgeschriebener persönlicher Schutzausrüstung einschließlich der innerbetrieblichen Wegezeiten von der Waschkaue zum Arbeitsbereich vergütungspflichtige Arbeitszeiten sind.

9

Die Beklagte hat die Abweisung der Klage mit der Begründung beantragt, die Tarifvertragsparteien hätten in § 3 Ziff. 6 MTV sämtliche Umkleidezeiten vergütungsfrei gestellt. Das An- und Ablegen von PSA sei keine Maßnahme des Arbeitsschutzes iSd. § 3 Abs. 3 ArbSchG, sondern diene lediglich der Umsetzung ihrer - vorgelagerten - arbeitsschutzrechtlichen Entscheidung, das Tragen von PSA anzuordnen. Schließlich sei sie im Hinblick auf die Zulagen, auf die der Kläger nach § 13 des Entgeltrahmenabkommens (ERA) iVm. der einschlägigen Betriebsvereinbarung Anspruch habe, berechtigt, Zeiten, die Arbeitnehmer während der Schicht für das An- und Ablegen von PSA aufwendeten, anders zu vergüten als Zeiten, die auf das Umkleiden vor Schichtbeginn oder nach Schichtende entfielen.

10

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht dem ersten Hilfsantrag stattgegeben und die Berufung im Übrigen zurückgewiesen. Mit ihrer Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Der Kläger verfolgt mit seiner Anschlussrevision seine Klageanträge zu 1. und 2. weiter.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Die Anschlussrevision des Klägers ist begründet und führt insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

12

A. Die zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet. Zwar ist die Annahme des Landesarbeitsgerichts, § 3 Ziff. 6 MTV verstoße gegen das gesetzliche Verbot des § 3 Abs. 3 ArbSchG, rechtsfehlerhaft. Die angefochtene Entscheidung erweist sich jedoch - soweit die Beklagte Revision eingelegt hat - aus anderen Gründen, nämlich unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der Gleichbehandlung, als richtig (§ 561 ZPO).

13

I. Die Revision der Beklagten ist entgegen der Auffassung des Klägers zulässig. Die Revisionsbegründung genügt den gesetzlichen Anforderungen.

14

1. Zur ordnungsgemäßen Begründung der Revision müssen gemäß § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO die Revisionsgründe angegeben werden. Bei Sachrügen sind diejenigen Umstände bestimmt zu bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt (§ 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a ZPO). Die Revisionsbegründung muss deshalb den angenommenen Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts in einer Weise verdeutlichen, die Gegenstand und Richtung des Revisionsangriffs erkennen lässt (vgl. BAG 9. August 2016 - 9 AZR 628/15 - Rn. 7).

15

2. An diesen Anforderungen gemessen ist die Revisionsbegründung der Beklagten nicht zu beanstanden.

16

Mit der tragenden Erwägung des Landesarbeitsgerichts, die tarifliche Regelung des § 3 Ziff. 6 MTV sei wegen Verstoßes gegen § 3 Abs. 3 ArbSchG unwirksam, hat sich die Beklagte in ihrer Revisionsbegründung ausreichend auseinandergesetzt. Unschädlich ist deshalb, dass die Beklagte nicht dargelegt hat, weshalb ihrer Auffassung zufolge sowohl die tarifliche Regelung mit Art. 3 Abs. 1 GG als auch die tatsächliche Handhabung der Vergütung von Umkleidezeiten durch die Beklagte mit dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz in Einklang stehen. Beide Gesichtspunkte waren für die angefochtene Entscheidung nicht erheblich. Das Landesarbeitsgericht ist einerseits davon ausgegangen, die Tarifbestimmung des § 3 Ziff. 6 MTV verstoße nicht gegen die verfassungsrechtlichen Vorgaben des Art. 3 Abs. 1 GG. Es hat andererseits die Frage offengelassen, ob die betriebliche Praxis, der zufolge Arbeitnehmer, die während ihrer Schicht PSA an- und ablegen, die Umkleidezeiten ungeachtet der tariflichen Regelung vergütet erhalten, mit dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz vereinbar ist.

17

II. In der Sache hat die Revision der Beklagten keinen Erfolg. Ungeachtet der rechtsfehlerhaften Annahme des Landesarbeitsgerichts, § 3 Ziff. 6 MTV sei wegen Verstoßes gegen § 3 Abs. 3 ArbSchG unwirksam und stehe deshalb einem tariflichen Vergütungsanspruch nicht entgegen, erweist sich die angefochtene Entscheidung - soweit die Beklagte Revision eingelegt hat - im Ergebnis als richtig(§ 561 ZPO). Denn die Beklagte ist aus Gründen der Gleichbehandlung verpflichtet, die Zeiten, die der Kläger für das An- und Ablegen der PSA benötigt, einschließlich der Wegezeiten zu vergüten.

18

1. Der erste hilfsweise zum Klageantrag zu 3. gestellte Antrag ist als sog. Elementenfeststellungsklage zulässig.

19

a) Dieser Feststellungsantrag ist dahin gehend zu verstehen, dass der Kläger - unabhängig von der örtlichen Lage des Zeiterfassungssystems auf dem Betriebsgelände - berechtigt ist, vor Schichtbeginn zunächst einzustempeln und danach die PSA anzulegen sowie nach Schichtende zunächst die PSA abzulegen und danach auszustempeln. Unter Berücksichtigung seines Rechtsschutzbegehrens, die Umkleidezeiten vergütet zu bekommen, ist der von ihm gestellte Antrag daher so zu verstehen, dass sich der Passus „am Zeiterfassungsterminal“ auf das Ein- und Ausstempeln und nicht auf das An- und Ablegen der PSA bezieht.

20

b) Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses erhoben werden, wenn die Klagepartei ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Die Feststellungsklage kann sich auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken - Elementenfeststellungsklage - (BAG 25. März 2015 - 5 AZR 874/12 - Rn. 13 f.). Ein Feststellungsinteresse ist in diesem Fall nur gegeben, wenn durch die Entscheidung über den Feststellungsantrag der Streit insgesamt beseitigt wird und das Rechtsverhältnis der Parteien abschließend geklärt werden kann. Die Rechtskraft der Entscheidung muss weitere gerichtliche Auseinandersetzungen über die zwischen den Parteien strittigen Fragen um denselben Fragenkomplex ausschließen. Es fehlt, wenn durch die Entscheidung kein Rechtsfrieden geschaffen wird, weil nur einzelne Elemente eines Rechtsverhältnisses zur Entscheidung des Gerichts gestellt werden (BAG 23. März 2016 - 5 AZR 758/13 - Rn. 16, BAGE 154, 337).

21

Im Hinblick auf den Hilfsantrag liegen diese Voraussetzungen vor. Die von dem Kläger begehrte Feststellung ist geeignet, weitere gerichtliche Auseinandersetzungen zwischen den Parteien über die vergütungsrechtliche Bewertung von Umkleidezeiten auszuschließen.

22

2. Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht angenommen, dass der erste Hilfsantrag zum Klageantrag zu 3. begründet ist. Allerdings ist die Begründung des Landesarbeitsgerichts rechtsfehlerhaft.

23

a) Zur Leistung der versprochenen Dienste, an welche die Vergütungspflicht nach § 611 Abs. 1 BGB anknüpft, zählt nicht nur die eigentliche Arbeitsleistung, sondernwie im Streitfall - grundsätzlich auch das vom Arbeitgeber angeordnete Umkleiden im Betrieb. In einem solchen Falle macht der Arbeitgeber mit seiner Weisung das Umkleiden und das Zurücklegen des Wegs von der Umkleide- zur Arbeitsstelle zur arbeitsvertraglichen Verpflichtung (vgl. BAG 19. September 2012 - 5 AZR 678/11 - Rn. 28, BAGE 143, 107).

24

b) Die rechtliche Bewertung der Umkleidezeiten als Teil der vom Kläger geschuldeten Arbeitsleistung rechtfertigt jedoch nicht den Schluss, die Beklagte sei zur Vergütung dieser Zeiten verpflichtet. Die Bestimmungen des MTV schließen einen solchen Vergütungsanspruch aus.

25

aa) § 3 Ziff. 6 MTV bestimmt, dass „Zeiten für Umkleiden und Waschen“ nicht zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit zählen. Die Tarifregelung ist ein Unterfall des in § 11 Ziff. 1 MTV tarifierten Grundsatzes, dem zufolge der Arbeitgeber grundsätzlich nur die Zeit, in der der Beschäftigte dem Betrieb arbeitsbereit zur Verfügung steht, zu vergüten hat. Dabei nimmt § 3 Ziff. 6 MTV sämtliche Umkleidezeiten von der Vergütungspflicht aus und nicht - wie der Kläger meint - lediglich die Zeiten, die für das An- und Ablegen der Privatkleidung aufgewendet werden. Für eine derart einschränkende Auslegung des Begriffs „Umkleiden“ enthält die Tarifnorm keinerlei Anhaltspunkte (zu den für Tarifverträge geltenden Auslegungsgrundsätzen vgl. BAG 22. April 2010 - 6 AZR 962/08 - Rn. 17 mwN, BAGE 134, 184).

26

bb) Die Tarifregelung des § 3 Ziff. 6 MTV ist wirksam (so bereits BAG 25. September 2013 - 10 AZR 258/12 - Rn. 14).

27

(1) Die Tarifvertragsparteien sind berechtigt, die Höhe des Arbeitsentgelts zu tarifieren und hierbei eine unterschiedliche Vergütung von Arbeitszeiten vorzusehen (vgl. BAG 19. März 2014 - 5 AZR 954/12 - Rn. 30; 19. September 2012 - 5 AZR 678/11 - Rn. 29, BAGE 143, 107). Diese in der grundrechtlich geschützten Tarifautonomie wurzelnde Rechtsmacht umfasst die grundsätzliche Befugnis, bestimmte Teile der Arbeitszeit - wie in § 3 Ziff. 6 MTV für die Umkleidezeiten geschehen - von der andererseits bestehenden Vergütungspflicht des Arbeitgebers auszunehmen (vgl. Franzen NZA 2016, 136, 138; Gaul/Hofelich NZA 2016, 149, 151).

28

(2) § 3 Ziff. 6 MTV ist entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts nicht wegen Verstoßes gegen § 3 Abs. 3 ArbSchG unwirksam.

29

(a) Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 ArbSchG ist der Arbeitgeber verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes unter Berücksichtigung der Umstände zu treffen, die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit beeinflussen. Maßnahmen des Arbeitsschutzes sind gemäß § 2 Abs. 1 ArbSchG Maßnahmen zur Verhütung von Unfällen bei der Arbeit und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren einschließlich Maßnahmen der menschengerechten Gestaltung der Arbeit. Gemäß § 3 Abs. 3 ArbSchG darf der Arbeitgeber Kosten für Maßnahmen nach dem ArbSchG nicht den Beschäftigten auferlegen.

30

(b) Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 3 Abs. 3 ArbSchG liegen im Streitfall nicht vor. Zugunsten des Klägers unterstellt, bei dem An- und Ablegen der PSA handele es sich um eine Maßnahme des Arbeitsschutzes, werden den Arbeitnehmern hierdurch keine Kosten auferlegt. Das arbeitsschutzrechtliche Verbot des § 3 Abs. 3 ArbSchG erfasst nicht zeitliche Dispositionen des Arbeitnehmers(Löwisch/Neumann SAE 1997, 77, 85 f.; vgl. auch Gaul/Hofelich NZA 2016, 149, 151; aA Wiebauer in Landmann/Rohmer GewO Stand August 2016 Bd. II § 3 ArbSchG Rn. 71; Kohte AuR 2016, 404, 406). Die in § 3 Ziff. 6 MTV genannten Umkleidezeiten führen nicht zu „Kosten“, die der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer auferlegt. „Auferlegen“ kann der Arbeitgeber nur Kosten, die zuvor entstanden sind. Dementsprechend heißt es in der Gesetzesbegründung, dass Kosten für Arbeitsschutzmaßnahmen beim Arbeitgeber „verbleiben“ (BT-Drs. 13/3540 S. 16) sollen. Ein „Verbleiben“ der Kosten ist nur möglich, wenn diese vorher bei demjenigen, bei dem sie verbleiben, also beim Arbeitgeber, entstanden sind. Dies ist bei Zeiten, die der Arbeitnehmer zum Umkleiden aufwendet, nicht der Fall.

31

3. Die angefochtene Entscheidung erweist sich jedoch - soweit die Beklagte Revision eingelegt hat - aus anderen Gründen, nämlich unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der Gleichbehandlung, als richtig (§ 561 ZPO). Indem die Beklagte Arbeitnehmern, die sich während einer Schicht umkleiden, nicht aber Arbeitnehmern, die sich vor Antritt oder nach Beendigung der Schicht umkleiden, die Umkleidezeiten vergütet, verstößt sie gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Dies hat zur Folge, dass der Kläger einen Anspruch auf Vergütung sowohl für die Zeiten hat, die er für das An- und Ablegen der PSA aufwendet, als auch für die hiermit im Zusammenhang stehenden Wegezeiten.

32

a) Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet dem Arbeitgeber, Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbst gegebenen Regelung gleichzubehandeln. Der Gleichbehandlungsgrundsatz wird inhaltlich durch den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG bestimmt. Bei freiwilligen Leistungen muss der Arbeitgeber die Leistungsvoraussetzungen so abgrenzen, dass Arbeitnehmer nicht aus sachfremden oder willkürlichen Gründen ausgeschlossen werden (BAG 4. Mai 2010 - 9 AZR 155/09 - Rn. 23 mwN, BAGE 134, 223). Die vom Arbeitgeber selbst geschaffene Gruppenbildung muss gemessen am Zweck der Leistung sachlich gerechtfertigt sein. Dies ist nur dann der Fall, wenn die Differenzierungsgründe unter Berücksichtigung der Besonderheiten der jeweiligen Leistung auf vernünftigen, einleuchtenden Erwägungen beruhen und nicht gegen verfassungsrechtliche Wertentscheidungen oder gesetzliche Verbote verstoßen (vgl. BAG 21. Mai 2014 - 4 AZR 50/13 - Rn. 22 mwN, BAGE 148, 139).

33

b) Mit der unterschiedlichen vergütungsrechtlichen Behandlung von Umkleidezeiten hat die Beklagte eine vom Einzelfall losgelöste eigene Regelung geschaffen, die am arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz zu messen ist.

34

aa) Die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Gleichbehandlung seiner Arbeitnehmer knüpft nicht unmittelbar an die Leistung selbst an, sondern vielmehr an das von ihm zugrunde gelegte, selbstbestimmte generalisierende Prinzip. Es handelt sich dabei um eine privatautonome Verteilungsentscheidung, die ihren Ausdruck in einer vom Arbeitgeber freiwillig gesetzten Anspruchsgrundlage für die jeweilige Leistung findet. Der Leistung selbst geht jeweils die Schaffung eines eigenen Regelwerks durch eigenes gestaltendes Verhalten (vgl. BAG 21. November 2013 - 6 AZR 23/12 - Rn. 76) voraus, in der das generalisierende Prinzip festgelegt wird. Denn der Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet nur die Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer aus sachfremden Gründen gegenüber anderen Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage. Er steht nicht der Begünstigung einzelner Arbeitnehmer entgegen (vgl. BAG 13. Februar 2002 - 5 AZR 713/00 - zu II 1 der Gründe mwN). Erfolgt die Begünstigung unabhängig von abstrakten Merkmalen in Einzelfällen, können sich andere Arbeitnehmer zur Begründung gleichartiger Ansprüche hierauf nicht berufen (BAG 12. August 2014 - 3 AZR 764/12 - Rn. 23). Bei bloßem - auch vermeintlichem - Normvollzug fehlt es an einer eigenen Verteilungsentscheidung des Arbeitgebers. In diesem Fall stellt er subjektiv keine eigenen Anspruchsvoraussetzungen auf, sondern sieht sich wenn auch irrtümlicherweise - verpflichtet, eine aus seiner Sicht wirksame Regelung vollziehen zu müssen (vgl. BAG 21. Mai 2014 - 4 AZR 120/13 - Rn. 20).

35

bb) Indem die Beklagte Umkleide- und Wegezeiten, die während der Schicht anfallen, vergütet, erbringt sie gegenüber ihren Arbeitnehmern eine über den Einzelfall hinausgehende freiwillige Leistung, zu der sie sich nicht als verpflichtet ansieht.

36

(1) Die Vergütung von Zeiten, die Arbeitnehmer während der Schicht zum An- und Ablegen von PSA aufwenden, ist eine Leistung, auf die kein tariflicher Anspruch besteht. Die Regelung des § 3 Ziff. 6 MTV nimmt ihrem einschränkungslosen Wortlaut zufolge nicht nur Umkleidezeiten, die vor und nach der Schicht anfallen, sondern jegliche Umkleidezeiten, also auch solche während einer Schicht, von der Vergütungspflicht aus.

37

(2) Ein Fall des irrtümlichen Normvollzugs liegt nicht vor. Die Beklagte geht selbst davon aus, Arbeitnehmern stehe unabhängig von dem Zeitpunkt des Umkleidens ein Anspruch auf Vergütung der Umkleidezeiten nicht zu.

38

(3) Ausweislich der tatbestandlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts, die für den Senat bindend sind (§ 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO), zahlt die Beklagte nicht in Ansehung von Einzelfällen, sondern nach abstrakten Merkmalen an alle Arbeitnehmer Vergütung für Umkleidezeiten im Zeitraum zwischen Schichtbeginn und Schichtende.

39

c) Die von der Beklagten gebildeten Gruppen sind miteinander vergleichbar. Die Beklagte unterscheidet zwischen Arbeitnehmern, die sich während der Schicht umkleiden, und Arbeitnehmern, die die PSA außerhalb der Schicht an- und ablegen. Die Arbeitnehmer beider Gruppen befinden sich in einer vergleichbaren Situation, da sie aus arbeitsschutzrechtlichen Gründen gleichermaßen verpflichtet sind, bestimmte Arbeitsplätze nur mit PSA zu betreten.

40

d) Die hierin liegende Ungleichbehandlung ist nicht durch sachliche Gründe gerechtfertigt. Es gelten die Grundsätze der abgestuften Darlegungs- und Beweislast. Nimmt ein Arbeitgeber eine Gruppe von Arbeitnehmern von bestimmten Leistungen aus, obliegt es ihm, die Gründe für die Differenzierung offenzulegen und substanziiert darzutun (vgl. BAG 3. September 2014 - 5 AZR 6/13 - Rn. 31, BAGE 149, 69). Die Beklagte ist ihrer diesbezüglichen Darlegungslast nicht nachgekommen.

41

aa) Soweit die Beklagte geltend macht, Arbeitnehmer, die ihre Tätigkeit dauerhaft in PSA erbringen, hätten anders als die von ihr begünstigen Arbeitnehmer regelmäßig Anspruch auf Zulagen nach § 13 ERA, übersieht sie, dass zwischen den in § 13 ERA geregelten Zulagentatbeständen und den Umkleidezeiten kein sachlicher Zusammenhang besteht. Die Zulagen nach § 13 ERA iVm. der im Betrieb der Beklagten geltenden Betriebsvereinbarung sollen die „Belastungen der Muskeln“, die „Belastungen der Sinne und Nerven“ und die „Belastungen aus Umgebungseinflüssen“ ausgleichen, nicht aber einen auf das An- und Ablegen von PSA zurückzuführenden zeitlichen Mehraufwand kompensieren.

42

bb) Soweit die Beklagte darauf hinweist, Arbeitnehmer, die sich während der Schicht umkleiden, müssten sonst - anders als Arbeitnehmer, die ihre PSA vor und nach der Schicht an- und ablegen - während der Schicht am Zeiterfassungsterminal aus- und einstempeln, lässt sie offen, aus welchen Gründen hiermit ein organisatorisches Problem oder eine erhebliche Belastung der betroffenen Arbeitnehmer einhergehen soll.

43

e) Aufgrund des Verstoßes der Beklagten gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz hat der Kläger Anspruch auf die ihm vorenthaltene Leistung (vgl. BAG 4. Mai 2010 - 9 AZR 155/09 - Rn. 23 mwN, BAGE 134, 223), im Streitfall auf die Vergütung der Zeiten, die er zum An- und Ablegen der PSA aufwendet, sowie der Wegezeiten, die mit dem Umkleiden im Zusammenhang stehen.

44

B. Die zulässige Anschlussrevision des Klägers ist begründet. Sie führt zur teilweisen Aufhebung des Berufungsurteils (§ 562 Abs. 1 ZPO) und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

45

I. Die Anschlussrevision ist zulässig.

46

1. Mit seiner Anschlussrevision verfolgt der Kläger seine ursprünglichen Leistungsanträge zu 1. und 2. weiter, die beide in einem unmittelbaren rechtlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Streitgegenstand der Revision, der Vergütung von Umkleidezeiten, stehen (vgl. hierzu BAG 20. Mai 2009 - 5 AZR 312/08 - Rn. 25).

47

2. Entgegen der Auffassung der Beklagten genügt die Begründung der Anschlussrevision den gesetzlichen Anforderungen.

48

a) Zur ordnungsgemäßen Begründung der Anschlussrevision müssen gemäß § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 554 Abs. 3 Satz 2, § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO die Revisionsgründe angegeben werden. Verfahrensrügen müssen nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO die Bezeichnung der Tatsachen enthalten, die den Mangel ergeben, auf den sich die Revision stützen will. Hierzu hat sich der Revisionskläger mit den Urteilsgründen des angefochtenen Urteils auseinanderzusetzen (vgl. BAG 9. August 2016 - 9 AZR 628/15 - Rn. 7). Darüber hinaus obliegt es dem Revisionskläger, die Kausalität zwischen dem behaupteten Verfahrensmangel und dem Ergebnis des Berufungsurteils aufzuzeigen (vgl. BAG 16. September 2004 - 2 AZR 447/03 - zu B V 1 b bb der Gründe mwN).

49

b) An diesem Maßstab gemessen hat der Kläger die Anschlussrevision ausreichend begründet. Unter Berufung auf § 287 ZPO hat der Kläger dargelegt, er habe in ausreichendem Umfang Anknüpfungstatsachen vorgetragen, die das Landesarbeitsgericht zum Anlass hätte nehmen müssen, den Umfang der zwischen den Parteien streitigen Umkleidezeiten zu schätzen.

50

II. Die Anschlussrevision ist begründet. Mit der von ihm gegebenen Begründung durfte das Landesarbeitsgericht die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts hinsichtlich der Leistungsanträge nicht zurückweisen. Auf der Grundlage der Feststellungen des Landesarbeitsgerichts kann der Senat allerdings nicht abschließend entscheiden, in welchem Umfang Umkleide- und Wegezeiten, die der Kläger im Zeitraum vom 1. September bis zum 30. November 2013 für das An- und Ablegen der PSA aufgewandt hat, dem Arbeitszeitkonto des Klägers gutzuschreiben sind (Klageantrag zu 1.) und für welche dieser Zeiten Mehrarbeitszuschläge zu zahlen sind (Klageantrag zu 2.). Diese Zeiten wird das Landesarbeitsgericht gemäß § 287 ZPO zu schätzen haben. Die Sache war insoweit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

51

1. Mit dem Klageantrag zu 1. begehrt der Kläger die Gutschrift von Überstunden auf dem Arbeitszeitkonto, das die Beklagte für ihn führt.

52

a) Rechtsfehlerhaft ist das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, es sei nicht nach § 287 Abs. 2 iVm. Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 ZPO gehalten, die Umkleide- und Wegezeiten auf der Grundlage des vom Kläger geleisteten Tatsachenvortrags zu schätzen.

53

aa) Verlangt der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber Vergütung für Überstunden, obliegt es ihm, darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass er Arbeit in einem die Normalarbeitszeit übersteigenden zeitlichen Umfang verrichtet hat (vgl. BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 347/11 - Rn. 27, BAGE 141, 330) und dass die von ihm geleisteten Überstunden angeordnet, gebilligt, geduldet oder jedenfalls zur Erledigung der geschuldeten Arbeit erforderlich waren (vgl. BAG 10. April 2013 - 5 AZR 122/12 - Rn. 15). Steht fest, dass Überstunden auf Veranlassung des Arbeitgebers geleistet worden sind, kann aber der Arbeitnehmer seiner Darlegungs- oder Beweislast für einzelne Überstunden nicht in jeder Hinsicht genügen, hat das Gericht den Umfang geleisteter Überstunden nach § 287 Abs. 2 iVm. Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 ZPO zu schätzen, sofern die Schätzung nicht mangels jeglicher konkreter Anhaltspunkte willkürlich wäre (vgl. BAG 25. März 2015 - 5 AZR 602/13 - Rn. 18, 20, BAGE 151, 180). Voraussetzung für eine Schätzung ist demnach lediglich, dass die klagende Partei dem Gericht eine tatsächliche Grundlage für die Schätzung geliefert und sich in einem den Umständen nach zumutbaren Maß um eine Substanziierung bemüht hat (vgl. BAG 16. September 2004 - 2 AZR 447/03 - zu B V 2 b aa der Gründe).

54

bb) Die Voraussetzungen für eine Schätzung des Umfangs der dem Arbeitszeitkonto gutzuschreibenden Umkleide- und Wegezeiten liegen im Streitfall vor. Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass der Kläger die PSA arbeitstäglich vor Beginn der Schicht angelegt und nach Schichtende wieder abgelegt sowie die damit verbundenen innerbetrieblichen Wege zurückgelegt hat. Im Streit steht nur die Frage, in welchem genauen zeitlichen Umfang dies geschah. Das diesbezügliche Vorbringen der Parteien deckt sich teilweise, im Übrigen weicht es zumeist nur geringfügig - voneinander ab. Die vollständige Aufklärung aller maßgeblichen Umstände wäre mit Schwierigkeiten verbunden, die zu der Bedeutung des streitigen Teils der Forderung in keinem Verhältnis stehen. Der Kläger hat den arbeitstäglichen Ablauf unter Angabe der für die einzelnen Tätigkeiten benötigten Zeit schriftsätzlich dargelegt und mit einer Fotodokumentation erläutert. Hieraus ergeben sich ausreichende Anknüpfungstatsachen, um eine Schätzung vornehmen zu können.

55

b) Weder erweist sich die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hinsichtlich der Leistungsanträge aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO) noch ist die Sache insoweit zur Endentscheidung reif (§ 563 Abs. 3 ZPO). Die erforderliche Schätzung, in welchem Umfang im streitgegenständlichen Zeitraum Umkleide- und Wegezeiten angefallen sind, fällt nicht in die Zuständigkeit des Senats, sondern ist dem Landesarbeitsgericht als Tatsachengericht vorbehalten (vgl. BAG 16. Januar 2013 - 10 AZR 560/11 - Rn. 23).

56

2. Mit dem Klageantrag zu 2. verlangt der Kläger von der Beklagten die Zahlung von Zuschlägen für Mehrarbeit iSv. § 6 Ziff. 1, § 7 Ziff. 1.1 Buchst. a MTV. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die vom Kläger behaupteten Überstunden nicht schätzen zu müssen, ist aus den unter B II 1 a genannten Gründen rechtsfehlerhaft. Das Landesarbeitsgericht wird diese Schätzung nachzuholen haben.

        

   Brühler    

        

   Krasshöfer   

        

   Suckow   

        

        

        

   Spiekermann   

        

    Merte    

                 

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Tenor

1. Auf die Anschlussrevision des Klägers wird unter Zurückweisung der Revision der Beklagten das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 6. Juli 2015 - 8 Sa 53/14 - aufgehoben, soweit die Leistungsanträge des Klägers abgewiesen wurden.

2. Insoweit wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Der Kläger verlangt von der Beklagten, Zeiten, die er für das An- und Ablegen persönlicher Schutzausrüstung (PSA) aufwendet, zu vergüten.

2

Die Beklagte, ein Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie, führt in ihrem Werk in H, in dem sie ca. 640 Mitarbeiter beschäftigt, Arbeiten im Bereich des Warm- und Kaltwalzens von Aluminium durch. Sie setzt den Kläger, dessen regelmäßige tägliche Sollarbeitszeit um 07:00 Uhr beginnt und um 14:30 Uhr endet, in der Abteilung Instandhaltung ein. Gemäß der seitens der Beklagten erlassenen Anweisung „Arbeitskleidung, … PSA für … Instandhaltung … in Abhängigkeit von Gefährdung und Tätigkeit“ ist der Kläger verpflichtet, PSA zu tragen, die neben Hose, Arbeitsjacke, Socken, Schuhen und Arbeitshandschuhen auch Schutzbrille, Helm und Gehörschutz umfasst. Um die PSA anzulegen, muss der Kläger nach Betreten des Betriebsgeländes zunächst zur Waschkaue gehen, die dort für ihn bereitliegende saubere PSA aus einem Wäschefach entnehmen, sich zu seinem Spind begeben, sich entkleiden und die PSA anlegen. Anschließend hat er seinen Arbeitsplatz aufzusuchen, der ohne PSA nicht betreten werden darf.

3

Mitarbeitern, die - anders als der Kläger - ihre Arbeit regelmäßig in privater Kleidung verrichten dürfen, vergütet die Beklagte die zum An- und Ablegen der PSA erforderliche Zeit sowie die damit zusammenhängenden innerbetrieblichen Wegezeiten als Arbeitszeit, wenn sie einen Arbeitsbereich aufsuchen, für den das Tragen von PSA vorgeschrieben ist.

4

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft beiderseitiger Tarifbindung der am 1. Oktober 2008 in Kraft getretene Manteltarifvertrag der Metall- und Elektroindustrie für das Tarifgebiet Hamburg und Umgebung, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern vom 3. Juli 2008 (MTV) Anwendung. Dieser enthält ua. folgende Regelungen:

        

§ 3   

        

Arbeitszeit

        

...     

        
        

6.    

Pausen, Umkleiden und Waschen

                 

Zeiten für Umkleiden und Waschen sowie Pausen sind keine Arbeitszeit, soweit nicht innerbetriebliche abweichende Regelungen getroffen werden.

        

...     

        
        

§ 6     

        

Mehr-, Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit

        

1.    

Mehrarbeit

                 

Mehrarbeit ist die angeordnete Überschreitung der individuellen regelmäßigen täglichen Arbeitszeit, die bis zum Arbeitsbeginn des darauffolgenden Tages abgefordert wird.

        

...     

        
        

§ 7     

        

Zuschläge für Mehr-, Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit

        

1.    

Für Hamburg und Umgebung gilt:

        

1.1     

Höhe des Zuschlages

                 

Die Beschäftigten erhalten je Stunde für angeordnete

                 

a)    

Mehrarbeit

25 % Zuschlag

                 

...     

        

§ 11   

        

Arbeitsausfall, Arbeitsverhinderung, Arbeitsfreistellung

        

1.    

Bezahlte Arbeitszeit

                 

Bezahlt wird nur die Zeit, die der Beschäftigte im Rahmen der vereinbarten Arbeitszeit dem Betrieb arbeitsbereit zur Verfügung steht, soweit in diesem Tarifvertrag nichts anderes bestimmt ist.

        

…“    

        
5

Die Beklagte führt für den Kläger ein Arbeitszeitkonto auf der Grundlage der „Betriebsvereinbarung über Gleitende Arbeitszeit“ vom 7. September 2006. Darin heißt es auszugsweise:

        

„2.     

Gleitzeitregelungen

        

...     

        
        

2.2     

Die Erfassung der täglichen Kommt- und Geht-Zeiten erfolgt mittels eines elektronischen Zeiterfassungssystems. …

        

2.3     

Bei Beginn und Beendigung der täglichen Arbeitszeit ist an einem Zeiterfassungsterminal eine Kommt- bzw. Geht-Buchung vorzunehmen. Dies hat grundsätzlich an dem dem Arbeitsplatz nächstgelegenen Terminal zu erfolgen. Die sich aus der Differenz zwischen Kommt- und Geht-Zeit ergebende Anwesenheitszeit wird minutengenau erfasst.

        

...     

        
        

3.    

Abgrenzung zur Mehrarbeit

                 

Mehrarbeit (Überstunden) ist gegeben, soweit diese angeordnet und außerhalb der täglichen Kernarbeitszeit geleistet wird sowie die Dauer der täglichen Sollarbeitszeit überschritten ist.“

6

Der Kläger arbeitete in den Monaten September bis November 2013 insgesamt in 39 Schichten.

7

Er hat die Auffassung vertreten, sofern § 3 Ziff. 6 MTV nicht nur das An- und Ablegen von Privatkleidung unterfalle, liege ein Verstoß gegen § 3 Abs. 3 ArbSchG vor. Schließlich sei die Beklagte unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung gehalten, Zeiten, die er für das An- und Ablegen von PSA aufwende, zu vergüten.

8

Der Kläger hat beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, ihm 19,5 Stunden auf seinem Arbeitszeitkonto gemäß der Betriebsvereinbarung über Gleitende Arbeitszeit vom 7. September 2006/Freizeitausgleichskonto gutzuschreiben;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 117,10 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Dezember 2013 zu zahlen;

        

3.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm arbeitstäglich 30 Minuten für das An- und Ablegen von vorgeschriebener persönlicher Schutzausrüstung als Arbeitszeit zu vergüten und seinem Zeitkonto gutzuschreiben und für 30 Minuten arbeitstäglich Mehrarbeitszuschläge gemäß § 6 MTV der Metallindustrie Hamburg zu zahlen;

        

hilfsweise zum Antrag zu 3.

                 

festzustellen, dass er berechtigt ist, seine persönliche Schutzausrüstung nach dem Einstempeln zu Beginn der Schicht am Zeiterfassungsterminal anzulegen und vor dem Ausstempeln am Zeiterfassungsterminal abzulegen und dass die Beklagte verpflichtet ist, die mit Hilfe des Zeiterfassungsterminals erfassten Zeiten als Arbeitszeit gemäß MTV zu vergüten;

        

weiter hilfsweise

                 

festzustellen, dass die unter Ausschöpfung seiner persönlichen Leistungsfähigkeit erforderlichen Zeiten für das An- und Ablegen von vorgeschriebener persönlicher Schutzausrüstung einschließlich der innerbetrieblichen Wegezeiten von der Waschkaue zum Arbeitsbereich vergütungspflichtige Arbeitszeiten sind.

9

Die Beklagte hat die Abweisung der Klage mit der Begründung beantragt, die Tarifvertragsparteien hätten in § 3 Ziff. 6 MTV sämtliche Umkleidezeiten vergütungsfrei gestellt. Das An- und Ablegen von PSA sei keine Maßnahme des Arbeitsschutzes iSd. § 3 Abs. 3 ArbSchG, sondern diene lediglich der Umsetzung ihrer - vorgelagerten - arbeitsschutzrechtlichen Entscheidung, das Tragen von PSA anzuordnen. Schließlich sei sie im Hinblick auf die Zulagen, auf die der Kläger nach § 13 des Entgeltrahmenabkommens (ERA) iVm. der einschlägigen Betriebsvereinbarung Anspruch habe, berechtigt, Zeiten, die Arbeitnehmer während der Schicht für das An- und Ablegen von PSA aufwendeten, anders zu vergüten als Zeiten, die auf das Umkleiden vor Schichtbeginn oder nach Schichtende entfielen.

10

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht dem ersten Hilfsantrag stattgegeben und die Berufung im Übrigen zurückgewiesen. Mit ihrer Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Der Kläger verfolgt mit seiner Anschlussrevision seine Klageanträge zu 1. und 2. weiter.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Die Anschlussrevision des Klägers ist begründet und führt insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

12

A. Die zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet. Zwar ist die Annahme des Landesarbeitsgerichts, § 3 Ziff. 6 MTV verstoße gegen das gesetzliche Verbot des § 3 Abs. 3 ArbSchG, rechtsfehlerhaft. Die angefochtene Entscheidung erweist sich jedoch - soweit die Beklagte Revision eingelegt hat - aus anderen Gründen, nämlich unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der Gleichbehandlung, als richtig (§ 561 ZPO).

13

I. Die Revision der Beklagten ist entgegen der Auffassung des Klägers zulässig. Die Revisionsbegründung genügt den gesetzlichen Anforderungen.

14

1. Zur ordnungsgemäßen Begründung der Revision müssen gemäß § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO die Revisionsgründe angegeben werden. Bei Sachrügen sind diejenigen Umstände bestimmt zu bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt (§ 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a ZPO). Die Revisionsbegründung muss deshalb den angenommenen Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts in einer Weise verdeutlichen, die Gegenstand und Richtung des Revisionsangriffs erkennen lässt (vgl. BAG 9. August 2016 - 9 AZR 628/15 - Rn. 7).

15

2. An diesen Anforderungen gemessen ist die Revisionsbegründung der Beklagten nicht zu beanstanden.

16

Mit der tragenden Erwägung des Landesarbeitsgerichts, die tarifliche Regelung des § 3 Ziff. 6 MTV sei wegen Verstoßes gegen § 3 Abs. 3 ArbSchG unwirksam, hat sich die Beklagte in ihrer Revisionsbegründung ausreichend auseinandergesetzt. Unschädlich ist deshalb, dass die Beklagte nicht dargelegt hat, weshalb ihrer Auffassung zufolge sowohl die tarifliche Regelung mit Art. 3 Abs. 1 GG als auch die tatsächliche Handhabung der Vergütung von Umkleidezeiten durch die Beklagte mit dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz in Einklang stehen. Beide Gesichtspunkte waren für die angefochtene Entscheidung nicht erheblich. Das Landesarbeitsgericht ist einerseits davon ausgegangen, die Tarifbestimmung des § 3 Ziff. 6 MTV verstoße nicht gegen die verfassungsrechtlichen Vorgaben des Art. 3 Abs. 1 GG. Es hat andererseits die Frage offengelassen, ob die betriebliche Praxis, der zufolge Arbeitnehmer, die während ihrer Schicht PSA an- und ablegen, die Umkleidezeiten ungeachtet der tariflichen Regelung vergütet erhalten, mit dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz vereinbar ist.

17

II. In der Sache hat die Revision der Beklagten keinen Erfolg. Ungeachtet der rechtsfehlerhaften Annahme des Landesarbeitsgerichts, § 3 Ziff. 6 MTV sei wegen Verstoßes gegen § 3 Abs. 3 ArbSchG unwirksam und stehe deshalb einem tariflichen Vergütungsanspruch nicht entgegen, erweist sich die angefochtene Entscheidung - soweit die Beklagte Revision eingelegt hat - im Ergebnis als richtig(§ 561 ZPO). Denn die Beklagte ist aus Gründen der Gleichbehandlung verpflichtet, die Zeiten, die der Kläger für das An- und Ablegen der PSA benötigt, einschließlich der Wegezeiten zu vergüten.

18

1. Der erste hilfsweise zum Klageantrag zu 3. gestellte Antrag ist als sog. Elementenfeststellungsklage zulässig.

19

a) Dieser Feststellungsantrag ist dahin gehend zu verstehen, dass der Kläger - unabhängig von der örtlichen Lage des Zeiterfassungssystems auf dem Betriebsgelände - berechtigt ist, vor Schichtbeginn zunächst einzustempeln und danach die PSA anzulegen sowie nach Schichtende zunächst die PSA abzulegen und danach auszustempeln. Unter Berücksichtigung seines Rechtsschutzbegehrens, die Umkleidezeiten vergütet zu bekommen, ist der von ihm gestellte Antrag daher so zu verstehen, dass sich der Passus „am Zeiterfassungsterminal“ auf das Ein- und Ausstempeln und nicht auf das An- und Ablegen der PSA bezieht.

20

b) Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses erhoben werden, wenn die Klagepartei ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Die Feststellungsklage kann sich auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken - Elementenfeststellungsklage - (BAG 25. März 2015 - 5 AZR 874/12 - Rn. 13 f.). Ein Feststellungsinteresse ist in diesem Fall nur gegeben, wenn durch die Entscheidung über den Feststellungsantrag der Streit insgesamt beseitigt wird und das Rechtsverhältnis der Parteien abschließend geklärt werden kann. Die Rechtskraft der Entscheidung muss weitere gerichtliche Auseinandersetzungen über die zwischen den Parteien strittigen Fragen um denselben Fragenkomplex ausschließen. Es fehlt, wenn durch die Entscheidung kein Rechtsfrieden geschaffen wird, weil nur einzelne Elemente eines Rechtsverhältnisses zur Entscheidung des Gerichts gestellt werden (BAG 23. März 2016 - 5 AZR 758/13 - Rn. 16, BAGE 154, 337).

21

Im Hinblick auf den Hilfsantrag liegen diese Voraussetzungen vor. Die von dem Kläger begehrte Feststellung ist geeignet, weitere gerichtliche Auseinandersetzungen zwischen den Parteien über die vergütungsrechtliche Bewertung von Umkleidezeiten auszuschließen.

22

2. Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht angenommen, dass der erste Hilfsantrag zum Klageantrag zu 3. begründet ist. Allerdings ist die Begründung des Landesarbeitsgerichts rechtsfehlerhaft.

23

a) Zur Leistung der versprochenen Dienste, an welche die Vergütungspflicht nach § 611 Abs. 1 BGB anknüpft, zählt nicht nur die eigentliche Arbeitsleistung, sondernwie im Streitfall - grundsätzlich auch das vom Arbeitgeber angeordnete Umkleiden im Betrieb. In einem solchen Falle macht der Arbeitgeber mit seiner Weisung das Umkleiden und das Zurücklegen des Wegs von der Umkleide- zur Arbeitsstelle zur arbeitsvertraglichen Verpflichtung (vgl. BAG 19. September 2012 - 5 AZR 678/11 - Rn. 28, BAGE 143, 107).

24

b) Die rechtliche Bewertung der Umkleidezeiten als Teil der vom Kläger geschuldeten Arbeitsleistung rechtfertigt jedoch nicht den Schluss, die Beklagte sei zur Vergütung dieser Zeiten verpflichtet. Die Bestimmungen des MTV schließen einen solchen Vergütungsanspruch aus.

25

aa) § 3 Ziff. 6 MTV bestimmt, dass „Zeiten für Umkleiden und Waschen“ nicht zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit zählen. Die Tarifregelung ist ein Unterfall des in § 11 Ziff. 1 MTV tarifierten Grundsatzes, dem zufolge der Arbeitgeber grundsätzlich nur die Zeit, in der der Beschäftigte dem Betrieb arbeitsbereit zur Verfügung steht, zu vergüten hat. Dabei nimmt § 3 Ziff. 6 MTV sämtliche Umkleidezeiten von der Vergütungspflicht aus und nicht - wie der Kläger meint - lediglich die Zeiten, die für das An- und Ablegen der Privatkleidung aufgewendet werden. Für eine derart einschränkende Auslegung des Begriffs „Umkleiden“ enthält die Tarifnorm keinerlei Anhaltspunkte (zu den für Tarifverträge geltenden Auslegungsgrundsätzen vgl. BAG 22. April 2010 - 6 AZR 962/08 - Rn. 17 mwN, BAGE 134, 184).

26

bb) Die Tarifregelung des § 3 Ziff. 6 MTV ist wirksam (so bereits BAG 25. September 2013 - 10 AZR 258/12 - Rn. 14).

27

(1) Die Tarifvertragsparteien sind berechtigt, die Höhe des Arbeitsentgelts zu tarifieren und hierbei eine unterschiedliche Vergütung von Arbeitszeiten vorzusehen (vgl. BAG 19. März 2014 - 5 AZR 954/12 - Rn. 30; 19. September 2012 - 5 AZR 678/11 - Rn. 29, BAGE 143, 107). Diese in der grundrechtlich geschützten Tarifautonomie wurzelnde Rechtsmacht umfasst die grundsätzliche Befugnis, bestimmte Teile der Arbeitszeit - wie in § 3 Ziff. 6 MTV für die Umkleidezeiten geschehen - von der andererseits bestehenden Vergütungspflicht des Arbeitgebers auszunehmen (vgl. Franzen NZA 2016, 136, 138; Gaul/Hofelich NZA 2016, 149, 151).

28

(2) § 3 Ziff. 6 MTV ist entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts nicht wegen Verstoßes gegen § 3 Abs. 3 ArbSchG unwirksam.

29

(a) Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 ArbSchG ist der Arbeitgeber verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes unter Berücksichtigung der Umstände zu treffen, die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit beeinflussen. Maßnahmen des Arbeitsschutzes sind gemäß § 2 Abs. 1 ArbSchG Maßnahmen zur Verhütung von Unfällen bei der Arbeit und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren einschließlich Maßnahmen der menschengerechten Gestaltung der Arbeit. Gemäß § 3 Abs. 3 ArbSchG darf der Arbeitgeber Kosten für Maßnahmen nach dem ArbSchG nicht den Beschäftigten auferlegen.

30

(b) Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 3 Abs. 3 ArbSchG liegen im Streitfall nicht vor. Zugunsten des Klägers unterstellt, bei dem An- und Ablegen der PSA handele es sich um eine Maßnahme des Arbeitsschutzes, werden den Arbeitnehmern hierdurch keine Kosten auferlegt. Das arbeitsschutzrechtliche Verbot des § 3 Abs. 3 ArbSchG erfasst nicht zeitliche Dispositionen des Arbeitnehmers(Löwisch/Neumann SAE 1997, 77, 85 f.; vgl. auch Gaul/Hofelich NZA 2016, 149, 151; aA Wiebauer in Landmann/Rohmer GewO Stand August 2016 Bd. II § 3 ArbSchG Rn. 71; Kohte AuR 2016, 404, 406). Die in § 3 Ziff. 6 MTV genannten Umkleidezeiten führen nicht zu „Kosten“, die der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer auferlegt. „Auferlegen“ kann der Arbeitgeber nur Kosten, die zuvor entstanden sind. Dementsprechend heißt es in der Gesetzesbegründung, dass Kosten für Arbeitsschutzmaßnahmen beim Arbeitgeber „verbleiben“ (BT-Drs. 13/3540 S. 16) sollen. Ein „Verbleiben“ der Kosten ist nur möglich, wenn diese vorher bei demjenigen, bei dem sie verbleiben, also beim Arbeitgeber, entstanden sind. Dies ist bei Zeiten, die der Arbeitnehmer zum Umkleiden aufwendet, nicht der Fall.

31

3. Die angefochtene Entscheidung erweist sich jedoch - soweit die Beklagte Revision eingelegt hat - aus anderen Gründen, nämlich unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der Gleichbehandlung, als richtig (§ 561 ZPO). Indem die Beklagte Arbeitnehmern, die sich während einer Schicht umkleiden, nicht aber Arbeitnehmern, die sich vor Antritt oder nach Beendigung der Schicht umkleiden, die Umkleidezeiten vergütet, verstößt sie gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Dies hat zur Folge, dass der Kläger einen Anspruch auf Vergütung sowohl für die Zeiten hat, die er für das An- und Ablegen der PSA aufwendet, als auch für die hiermit im Zusammenhang stehenden Wegezeiten.

32

a) Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet dem Arbeitgeber, Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbst gegebenen Regelung gleichzubehandeln. Der Gleichbehandlungsgrundsatz wird inhaltlich durch den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG bestimmt. Bei freiwilligen Leistungen muss der Arbeitgeber die Leistungsvoraussetzungen so abgrenzen, dass Arbeitnehmer nicht aus sachfremden oder willkürlichen Gründen ausgeschlossen werden (BAG 4. Mai 2010 - 9 AZR 155/09 - Rn. 23 mwN, BAGE 134, 223). Die vom Arbeitgeber selbst geschaffene Gruppenbildung muss gemessen am Zweck der Leistung sachlich gerechtfertigt sein. Dies ist nur dann der Fall, wenn die Differenzierungsgründe unter Berücksichtigung der Besonderheiten der jeweiligen Leistung auf vernünftigen, einleuchtenden Erwägungen beruhen und nicht gegen verfassungsrechtliche Wertentscheidungen oder gesetzliche Verbote verstoßen (vgl. BAG 21. Mai 2014 - 4 AZR 50/13 - Rn. 22 mwN, BAGE 148, 139).

33

b) Mit der unterschiedlichen vergütungsrechtlichen Behandlung von Umkleidezeiten hat die Beklagte eine vom Einzelfall losgelöste eigene Regelung geschaffen, die am arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz zu messen ist.

34

aa) Die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Gleichbehandlung seiner Arbeitnehmer knüpft nicht unmittelbar an die Leistung selbst an, sondern vielmehr an das von ihm zugrunde gelegte, selbstbestimmte generalisierende Prinzip. Es handelt sich dabei um eine privatautonome Verteilungsentscheidung, die ihren Ausdruck in einer vom Arbeitgeber freiwillig gesetzten Anspruchsgrundlage für die jeweilige Leistung findet. Der Leistung selbst geht jeweils die Schaffung eines eigenen Regelwerks durch eigenes gestaltendes Verhalten (vgl. BAG 21. November 2013 - 6 AZR 23/12 - Rn. 76) voraus, in der das generalisierende Prinzip festgelegt wird. Denn der Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet nur die Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer aus sachfremden Gründen gegenüber anderen Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage. Er steht nicht der Begünstigung einzelner Arbeitnehmer entgegen (vgl. BAG 13. Februar 2002 - 5 AZR 713/00 - zu II 1 der Gründe mwN). Erfolgt die Begünstigung unabhängig von abstrakten Merkmalen in Einzelfällen, können sich andere Arbeitnehmer zur Begründung gleichartiger Ansprüche hierauf nicht berufen (BAG 12. August 2014 - 3 AZR 764/12 - Rn. 23). Bei bloßem - auch vermeintlichem - Normvollzug fehlt es an einer eigenen Verteilungsentscheidung des Arbeitgebers. In diesem Fall stellt er subjektiv keine eigenen Anspruchsvoraussetzungen auf, sondern sieht sich wenn auch irrtümlicherweise - verpflichtet, eine aus seiner Sicht wirksame Regelung vollziehen zu müssen (vgl. BAG 21. Mai 2014 - 4 AZR 120/13 - Rn. 20).

35

bb) Indem die Beklagte Umkleide- und Wegezeiten, die während der Schicht anfallen, vergütet, erbringt sie gegenüber ihren Arbeitnehmern eine über den Einzelfall hinausgehende freiwillige Leistung, zu der sie sich nicht als verpflichtet ansieht.

36

(1) Die Vergütung von Zeiten, die Arbeitnehmer während der Schicht zum An- und Ablegen von PSA aufwenden, ist eine Leistung, auf die kein tariflicher Anspruch besteht. Die Regelung des § 3 Ziff. 6 MTV nimmt ihrem einschränkungslosen Wortlaut zufolge nicht nur Umkleidezeiten, die vor und nach der Schicht anfallen, sondern jegliche Umkleidezeiten, also auch solche während einer Schicht, von der Vergütungspflicht aus.

37

(2) Ein Fall des irrtümlichen Normvollzugs liegt nicht vor. Die Beklagte geht selbst davon aus, Arbeitnehmern stehe unabhängig von dem Zeitpunkt des Umkleidens ein Anspruch auf Vergütung der Umkleidezeiten nicht zu.

38

(3) Ausweislich der tatbestandlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts, die für den Senat bindend sind (§ 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO), zahlt die Beklagte nicht in Ansehung von Einzelfällen, sondern nach abstrakten Merkmalen an alle Arbeitnehmer Vergütung für Umkleidezeiten im Zeitraum zwischen Schichtbeginn und Schichtende.

39

c) Die von der Beklagten gebildeten Gruppen sind miteinander vergleichbar. Die Beklagte unterscheidet zwischen Arbeitnehmern, die sich während der Schicht umkleiden, und Arbeitnehmern, die die PSA außerhalb der Schicht an- und ablegen. Die Arbeitnehmer beider Gruppen befinden sich in einer vergleichbaren Situation, da sie aus arbeitsschutzrechtlichen Gründen gleichermaßen verpflichtet sind, bestimmte Arbeitsplätze nur mit PSA zu betreten.

40

d) Die hierin liegende Ungleichbehandlung ist nicht durch sachliche Gründe gerechtfertigt. Es gelten die Grundsätze der abgestuften Darlegungs- und Beweislast. Nimmt ein Arbeitgeber eine Gruppe von Arbeitnehmern von bestimmten Leistungen aus, obliegt es ihm, die Gründe für die Differenzierung offenzulegen und substanziiert darzutun (vgl. BAG 3. September 2014 - 5 AZR 6/13 - Rn. 31, BAGE 149, 69). Die Beklagte ist ihrer diesbezüglichen Darlegungslast nicht nachgekommen.

41

aa) Soweit die Beklagte geltend macht, Arbeitnehmer, die ihre Tätigkeit dauerhaft in PSA erbringen, hätten anders als die von ihr begünstigen Arbeitnehmer regelmäßig Anspruch auf Zulagen nach § 13 ERA, übersieht sie, dass zwischen den in § 13 ERA geregelten Zulagentatbeständen und den Umkleidezeiten kein sachlicher Zusammenhang besteht. Die Zulagen nach § 13 ERA iVm. der im Betrieb der Beklagten geltenden Betriebsvereinbarung sollen die „Belastungen der Muskeln“, die „Belastungen der Sinne und Nerven“ und die „Belastungen aus Umgebungseinflüssen“ ausgleichen, nicht aber einen auf das An- und Ablegen von PSA zurückzuführenden zeitlichen Mehraufwand kompensieren.

42

bb) Soweit die Beklagte darauf hinweist, Arbeitnehmer, die sich während der Schicht umkleiden, müssten sonst - anders als Arbeitnehmer, die ihre PSA vor und nach der Schicht an- und ablegen - während der Schicht am Zeiterfassungsterminal aus- und einstempeln, lässt sie offen, aus welchen Gründen hiermit ein organisatorisches Problem oder eine erhebliche Belastung der betroffenen Arbeitnehmer einhergehen soll.

43

e) Aufgrund des Verstoßes der Beklagten gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz hat der Kläger Anspruch auf die ihm vorenthaltene Leistung (vgl. BAG 4. Mai 2010 - 9 AZR 155/09 - Rn. 23 mwN, BAGE 134, 223), im Streitfall auf die Vergütung der Zeiten, die er zum An- und Ablegen der PSA aufwendet, sowie der Wegezeiten, die mit dem Umkleiden im Zusammenhang stehen.

44

B. Die zulässige Anschlussrevision des Klägers ist begründet. Sie führt zur teilweisen Aufhebung des Berufungsurteils (§ 562 Abs. 1 ZPO) und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

45

I. Die Anschlussrevision ist zulässig.

46

1. Mit seiner Anschlussrevision verfolgt der Kläger seine ursprünglichen Leistungsanträge zu 1. und 2. weiter, die beide in einem unmittelbaren rechtlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Streitgegenstand der Revision, der Vergütung von Umkleidezeiten, stehen (vgl. hierzu BAG 20. Mai 2009 - 5 AZR 312/08 - Rn. 25).

47

2. Entgegen der Auffassung der Beklagten genügt die Begründung der Anschlussrevision den gesetzlichen Anforderungen.

48

a) Zur ordnungsgemäßen Begründung der Anschlussrevision müssen gemäß § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 554 Abs. 3 Satz 2, § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO die Revisionsgründe angegeben werden. Verfahrensrügen müssen nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO die Bezeichnung der Tatsachen enthalten, die den Mangel ergeben, auf den sich die Revision stützen will. Hierzu hat sich der Revisionskläger mit den Urteilsgründen des angefochtenen Urteils auseinanderzusetzen (vgl. BAG 9. August 2016 - 9 AZR 628/15 - Rn. 7). Darüber hinaus obliegt es dem Revisionskläger, die Kausalität zwischen dem behaupteten Verfahrensmangel und dem Ergebnis des Berufungsurteils aufzuzeigen (vgl. BAG 16. September 2004 - 2 AZR 447/03 - zu B V 1 b bb der Gründe mwN).

49

b) An diesem Maßstab gemessen hat der Kläger die Anschlussrevision ausreichend begründet. Unter Berufung auf § 287 ZPO hat der Kläger dargelegt, er habe in ausreichendem Umfang Anknüpfungstatsachen vorgetragen, die das Landesarbeitsgericht zum Anlass hätte nehmen müssen, den Umfang der zwischen den Parteien streitigen Umkleidezeiten zu schätzen.

50

II. Die Anschlussrevision ist begründet. Mit der von ihm gegebenen Begründung durfte das Landesarbeitsgericht die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts hinsichtlich der Leistungsanträge nicht zurückweisen. Auf der Grundlage der Feststellungen des Landesarbeitsgerichts kann der Senat allerdings nicht abschließend entscheiden, in welchem Umfang Umkleide- und Wegezeiten, die der Kläger im Zeitraum vom 1. September bis zum 30. November 2013 für das An- und Ablegen der PSA aufgewandt hat, dem Arbeitszeitkonto des Klägers gutzuschreiben sind (Klageantrag zu 1.) und für welche dieser Zeiten Mehrarbeitszuschläge zu zahlen sind (Klageantrag zu 2.). Diese Zeiten wird das Landesarbeitsgericht gemäß § 287 ZPO zu schätzen haben. Die Sache war insoweit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

51

1. Mit dem Klageantrag zu 1. begehrt der Kläger die Gutschrift von Überstunden auf dem Arbeitszeitkonto, das die Beklagte für ihn führt.

52

a) Rechtsfehlerhaft ist das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, es sei nicht nach § 287 Abs. 2 iVm. Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 ZPO gehalten, die Umkleide- und Wegezeiten auf der Grundlage des vom Kläger geleisteten Tatsachenvortrags zu schätzen.

53

aa) Verlangt der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber Vergütung für Überstunden, obliegt es ihm, darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass er Arbeit in einem die Normalarbeitszeit übersteigenden zeitlichen Umfang verrichtet hat (vgl. BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 347/11 - Rn. 27, BAGE 141, 330) und dass die von ihm geleisteten Überstunden angeordnet, gebilligt, geduldet oder jedenfalls zur Erledigung der geschuldeten Arbeit erforderlich waren (vgl. BAG 10. April 2013 - 5 AZR 122/12 - Rn. 15). Steht fest, dass Überstunden auf Veranlassung des Arbeitgebers geleistet worden sind, kann aber der Arbeitnehmer seiner Darlegungs- oder Beweislast für einzelne Überstunden nicht in jeder Hinsicht genügen, hat das Gericht den Umfang geleisteter Überstunden nach § 287 Abs. 2 iVm. Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 ZPO zu schätzen, sofern die Schätzung nicht mangels jeglicher konkreter Anhaltspunkte willkürlich wäre (vgl. BAG 25. März 2015 - 5 AZR 602/13 - Rn. 18, 20, BAGE 151, 180). Voraussetzung für eine Schätzung ist demnach lediglich, dass die klagende Partei dem Gericht eine tatsächliche Grundlage für die Schätzung geliefert und sich in einem den Umständen nach zumutbaren Maß um eine Substanziierung bemüht hat (vgl. BAG 16. September 2004 - 2 AZR 447/03 - zu B V 2 b aa der Gründe).

54

bb) Die Voraussetzungen für eine Schätzung des Umfangs der dem Arbeitszeitkonto gutzuschreibenden Umkleide- und Wegezeiten liegen im Streitfall vor. Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass der Kläger die PSA arbeitstäglich vor Beginn der Schicht angelegt und nach Schichtende wieder abgelegt sowie die damit verbundenen innerbetrieblichen Wege zurückgelegt hat. Im Streit steht nur die Frage, in welchem genauen zeitlichen Umfang dies geschah. Das diesbezügliche Vorbringen der Parteien deckt sich teilweise, im Übrigen weicht es zumeist nur geringfügig - voneinander ab. Die vollständige Aufklärung aller maßgeblichen Umstände wäre mit Schwierigkeiten verbunden, die zu der Bedeutung des streitigen Teils der Forderung in keinem Verhältnis stehen. Der Kläger hat den arbeitstäglichen Ablauf unter Angabe der für die einzelnen Tätigkeiten benötigten Zeit schriftsätzlich dargelegt und mit einer Fotodokumentation erläutert. Hieraus ergeben sich ausreichende Anknüpfungstatsachen, um eine Schätzung vornehmen zu können.

55

b) Weder erweist sich die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hinsichtlich der Leistungsanträge aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO) noch ist die Sache insoweit zur Endentscheidung reif (§ 563 Abs. 3 ZPO). Die erforderliche Schätzung, in welchem Umfang im streitgegenständlichen Zeitraum Umkleide- und Wegezeiten angefallen sind, fällt nicht in die Zuständigkeit des Senats, sondern ist dem Landesarbeitsgericht als Tatsachengericht vorbehalten (vgl. BAG 16. Januar 2013 - 10 AZR 560/11 - Rn. 23).

56

2. Mit dem Klageantrag zu 2. verlangt der Kläger von der Beklagten die Zahlung von Zuschlägen für Mehrarbeit iSv. § 6 Ziff. 1, § 7 Ziff. 1.1 Buchst. a MTV. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die vom Kläger behaupteten Überstunden nicht schätzen zu müssen, ist aus den unter B II 1 a genannten Gründen rechtsfehlerhaft. Das Landesarbeitsgericht wird diese Schätzung nachzuholen haben.

        

   Brühler    

        

   Krasshöfer   

        

   Suckow   

        

        

        

   Spiekermann   

        

    Merte    

                 

(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:

1.
Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb;
2.
Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage;
3.
vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit;
4.
Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Arbeitsentgelte;
5.
Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans sowie die Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs für einzelne Arbeitnehmer, wenn zwischen dem Arbeitgeber und den beteiligten Arbeitnehmern kein Einverständnis erzielt wird;
6.
Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen;
7.
Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften;
8.
Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist;
9.
Zuweisung und Kündigung von Wohnräumen, die den Arbeitnehmern mit Rücksicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses vermietet werden, sowie die allgemeine Festlegung der Nutzungsbedingungen;
10.
Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung;
11.
Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte, einschließlich der Geldfaktoren;
12.
Grundsätze über das betriebliche Vorschlagswesen;
13.
Grundsätze über die Durchführung von Gruppenarbeit; Gruppenarbeit im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn im Rahmen des betrieblichen Arbeitsablaufs eine Gruppe von Arbeitnehmern eine ihr übertragene Gesamtaufgabe im Wesentlichen eigenverantwortlich erledigt;
14.
Ausgestaltung von mobiler Arbeit, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird.

(2) Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach Absatz 1 nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(1) Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes unter Berücksichtigung der Umstände zu treffen, die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit beeinflussen. Er hat die Maßnahmen auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen und erforderlichenfalls sich ändernden Gegebenheiten anzupassen. Dabei hat er eine Verbesserung von Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten anzustreben.

(2) Zur Planung und Durchführung der Maßnahmen nach Absatz 1 hat der Arbeitgeber unter Berücksichtigung der Art der Tätigkeiten und der Zahl der Beschäftigten

1.
für eine geeignete Organisation zu sorgen und die erforderlichen Mittel bereitzustellen sowie
2.
Vorkehrungen zu treffen, daß die Maßnahmen erforderlichenfalls bei allen Tätigkeiten und eingebunden in die betrieblichen Führungsstrukturen beachtet werden und die Beschäftigten ihren Mitwirkungspflichten nachkommen können.

(3) Kosten für Maßnahmen nach diesem Gesetz darf der Arbeitgeber nicht den Beschäftigten auferlegen.

(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:

1.
Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb;
2.
Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage;
3.
vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit;
4.
Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Arbeitsentgelte;
5.
Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans sowie die Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs für einzelne Arbeitnehmer, wenn zwischen dem Arbeitgeber und den beteiligten Arbeitnehmern kein Einverständnis erzielt wird;
6.
Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen;
7.
Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften;
8.
Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist;
9.
Zuweisung und Kündigung von Wohnräumen, die den Arbeitnehmern mit Rücksicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses vermietet werden, sowie die allgemeine Festlegung der Nutzungsbedingungen;
10.
Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung;
11.
Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte, einschließlich der Geldfaktoren;
12.
Grundsätze über das betriebliche Vorschlagswesen;
13.
Grundsätze über die Durchführung von Gruppenarbeit; Gruppenarbeit im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn im Rahmen des betrieblichen Arbeitsablaufs eine Gruppe von Arbeitnehmern eine ihr übertragene Gesamtaufgabe im Wesentlichen eigenverantwortlich erledigt;
14.
Ausgestaltung von mobiler Arbeit, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird.

(2) Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach Absatz 1 nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 17. Februar 2016 - 3 Sa 1331/15 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Vergütung von Umkleide- und innerbetrieblichen Wegezeiten.

2

Der Kläger ist bei der nicht tarifgebundenen Beklagten, die insbesondere für Unternehmen der „S-Gruppe“ technische und handwerkliche Serviceleistungen erbringt, beschäftigt. Er wird in der Lebensmittelproduktion eingesetzt und bezieht einen Stundenlohn. Im Arbeitsvertrag vom 6. November 2002 heißt es ua.:

        

㤠1

        

…       

        

Aufgrund der bei der Produktion von Lebensmitteln geltenden Hygieneverordnung ist jeder Arbeitnehmer verpflichtet, den Dienst täglich mit sauberer und vollständiger Dienstkleidung anzutreten und zu erfüllen. Die Bedienung der Zeiterfassungsanlage, dh. das An- und Abstempeln hat ausschließlich persönlich und zwar immer in einwandfreier Dienstkleidung zu erfolgen.

        

Die Wegezeiten zu bzw. von den Stempeluhren oder Pausenräumen sind leistungsentgeltfrei.

        

…“    

3

Die Arbeitskleidung wird von der Beklagten gestellt. Sie darf nach den für die Tätigkeit des Klägers geltenden Hygienevorschriften nicht mit nach Hause genommen werden und ist im Betrieb an- und abzulegen. Hierzu muss der Kläger nach Betreten des Betriebsgeländes die Arbeitskleidung an einer Ausgabestelle abholen, sich in einem Umkleideraum umziehen und anschließend im Bereich der Pforte an einer ersten Stempeluhr, die dazu dient, die Anwesenheit im Betrieb zu registrieren, abstempeln. Danach hat er sich zum Betriebsgebäude zu begeben und dort an einer zweiten Stempeluhr erneut zu stempeln. Der Vorgang ist nach Schichtende in umgekehrter Folge zu absolvieren.

4

Mit der am 19. Dezember 2014 eingereichten, der Beklagten am 12. Januar 2015 zugestellten Klage begehrt der Kläger Vergütung für die vom 1. Januar 2011 bis zum 31. Dezember 2014 an 737 Arbeitstagen mit dem An- und Ablegen der Arbeitskleidung verbundenen Umkleide- und innerbetrieblichen Wegezeiten. Er hat geltend gemacht, hierfür arbeitstäglich 36 Minuten benötigt zu haben.

5

Der Kläger hat erstinstanzlich sinngemäß beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 6.219,57 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB ab dem 13. Januar 2015 zu zahlen.

6

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Vergütungspflichtig sei nur die Zeit nach Betätigen der zweiten Stempeluhr. Ein Anspruch auf Vergütung der für das Umkleiden und das Zurücklegen der Wege erforderlichen Zeit, die arbeitstäglich allenfalls 24 Minuten betrage, sei nach § 1 Arbeitsvertrag ausgeschlossen. Etwaige Ansprüche seien verwirkt.

7

Das Arbeitsgericht hat dem Kläger für arbeitstäglich 27 Minuten 4.665,42 Euro brutto zugesprochen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Im Rahmen der Beweisaufnahme wurden der Umkleidevorgang einschließlich der zurückzulegenden Wege durch Vertreter des Klägers und der Beklagten auf dem Betriebsgelände nachgestellt, die Wegstrecken von der Kammer des Arbeitsgerichts abgeschritten, der Umkleidevorgang durch die Vorsitzende vollzogen und die jeweils aufgewendeten Zeiten festgestellt. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die vollständige Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten gegen das der Klage teilweise stattgebende Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen. Die Klage ist in dem in der Revisionsinstanz noch anhängigen Umfang begründet. Die Beklagte schuldet dem Kläger als Vergütung für die an 737 Arbeitstagen im Zeitraum 1. Januar 2011 bis 31. Dezember 2014 erbrachten Umkleide- und Wegezeiten 4.665,42 Euro brutto nebst Prozesszinsen in gesetzlicher Höhe.

9

I. Der Kläger hat für jeden Arbeitstag im streitgegenständlichen Zeitraum gemäß § 611 BGB Anspruch auf Vergütung der Zeit, die er unter Ausschöpfung seiner persönlichen Leistungsfähigkeit benötigte, um sich umzukleiden und die damit verbundenen Wege zwischen Ausgabestelle und zweiter Stempeluhr zurückzulegen. Das haben die Vorinstanzen zu Recht erkannt.

10

1. Die gesetzliche Vergütungspflicht des Arbeitgebers knüpft nach § 611 Abs. 1 BGB an die Leistung der versprochenen Dienste an(BAG 12. Dezember 2012 - 5 AZR 355/12 - Rn. 16 f.; 19. März 2014 - 5 AZR 954/12 - Rn. 17). Zu den „versprochenen Diensten“ iSv. § 611 BGB zählt nicht nur die eigentliche Tätigkeit, sondern jede vom Arbeitgeber im Synallagma verlangte sonstige Tätigkeit oder Maßnahme, die mit der eigentlichen Tätigkeit oder der Art und Weise ihrer Erbringung unmittelbar zusammenhängt. Der Arbeitgeber verspricht die Vergütung für alle Dienste, die er dem Arbeitnehmer aufgrund seines arbeitsvertraglich vermittelten Weisungsrechts abverlangt. „Arbeit“ als Leistung der versprochenen Dienste iSd. § 611 Abs. 1 BGB ist jede Tätigkeit, die als solche der Befriedigung eines fremden Bedürfnisses dient(BAG 19. September 2012 - 5 AZR 678/11 - Rn. 28, BAGE 143, 107; 12. Dezember 2012 - 5 AZR 355/12 - Rn. 17; 19. März 2014 - 5 AZR 954/12 - Rn. 18).

11

2. Der Kläger hat mit dem An- und Ablegen der Arbeitskleidung und dem Zurücklegen der damit verbundenen innerbetrieblichen Wege eine Arbeitsleistung erbracht, die als Teil der versprochenen Dienste vergütungspflichtig ist.

12

a) Zur Arbeit gehören auch das Umkleiden und Zurücklegen der hiermit verbundenen innerbetrieblichen Wege, wenn der Arbeitgeber das Tragen einer bestimmten Kleidung vorschreibt, die im Betrieb an- und abgelegt werden muss, und er das Umkleiden nicht am Arbeitsplatz ermöglicht, sondern dafür eine vom Arbeitsplatz getrennte Umkleidestelle einrichtet (BAG 19. September 2012 - 5 AZR 678/11 - Rn. 23, BAGE 143, 107). Die Fremdnützigkeit ergibt sich in diesem Fall aus der Weisung des Arbeitgebers, die Arbeitskleidung erst im Betrieb anzulegen und sich dort an einer zwingend vorgegebenen, vom Arbeitsplatz getrennten Umkleidestelle umzuziehen (BAG 10. November 2009 - 1 ABR 54/08 - Rn. 15; 19. September 2012 - 5 AZR 678/11 - Rn. 23, aaO; 17. November 2015 - 1 ABR 76/13 - Rn. 25, BAGE 153, 225).

13

b) Das Umkleiden und das Zurücklegen der damit verbundenen innerbetrieblichen Wege sind danach Teil der vom Kläger geschuldeten Arbeitsleistung.

14

aa) Dem Kläger wurde von der Beklagten im Rahmen des ihr zustehenden Weisungsrechts abverlangt, eine bestimmte Arbeitskleidung zu tragen. Er war nach § 1 Arbeitsvertrag verpflichtet, seine Tätigkeit mit „sauberer und vollständiger“ Dienstkleidung anzutreten. Nach den Vorgaben der Beklagten durfte er sie erst in den eigens dafür vorgesehenen Räumlichkeiten auf dem Betriebsgelände anlegen und musste sie dort ablegen. Das Tragen der Arbeitskleidung stand in unmittelbarem Zusammenhang mit der eigentlichen Tätigkeit des Klägers. Es entsprach den bei der Produktion von Lebensmitteln geltenden Hygienevorschriften und diente den Interessen der Beklagten.

15

bb) Die Beklagte hat, indem sie - getrennt vom eigentlichen Arbeitsplatz des Klägers - eine Ausgabestelle für die Arbeitskleidung und Umkleideräume einrichtete, die Arbeit so organisiert, dass sie dort begann und endete. Der Weg von der Ausgabestelle zum eigentlichen Arbeitsplatz ist deshalb nicht dem Arbeitsweg zuzurechnen (vgl. hierzu BAG 28. Juli 1994 - 6 AZR 220/94 - zu II 3 b der Gründe, BAGE 77, 285; 19. September 2012 - 5 AZR 678/11 - Rn. 23, BAGE 143, 107).

16

3. Die Vergütungspflicht war nicht abbedungen oder abweichend geregelt.

17

a) Grundsätzlich kann durch Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag eine gesonderte Vergütungsregelung für eine andere als die eigentliche Tätigkeit getroffen werden (BAG 12. Dezember 2012 - 5 AZR 355/12 - Rn. 18; 19. März 2014 - 5 AZR 954/12 - Rn. 30).

18

b) Tarifliche Regelungen finden auf das Arbeitsverhältnis keine Anwendung. § 1 Arbeitsvertrag schließt die Vergütungspflicht für das Umkleiden und Zurücklegen der damit verbundenen innerbetrieblichen Wege nicht aus. Dies ergibt die Auslegung des Arbeitsvertrags, bei dessen Bestimmungen es sich nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts um Allgemeine Geschäftsbedingungen (§ 305 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BGB) handelt.

19

aa) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind - ausgehend vom Wortlaut - nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Parteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten. Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist durch das Revisionsgericht uneingeschränkt überprüfbar (BAG 21. Januar 2015 - 10 AZR 84/14 - Rn. 26, BAGE 150, 286; 18. November 2015 - 5 AZR 814/14 - Rn. 46; 24. Februar 2016 - 5 AZR 258/14 - Rn. 26).

20

bb) Nach diesen Auslegungsgrundsätzen bezieht sich § 1 Arbeitsvertrag nur auf Leistungsentgelte und nicht auf den dem Kläger zugesagten Stundenlohn.

21

(1) Leistungsentgelte sind nach allgemeinem juristischen Verständnis solche Vergütungen, bei denen die Leistung des Arbeitnehmers gemessen und mit einer Bezugsleistung verglichen wird, also sich die Höhe der Vergütung unmittelbar nach dem Verhältnis beider Leistungen zueinander bestimmt (st. Rspr., vgl. BAG 15. Mai 2001 - 1 ABR 39/00 - zu B II 1 a der Gründe, BAGE 97, 379; Fitting BetrVG 28. Aufl. § 87 Rn. 530; ErfK/Kania 17. Aufl. § 87 BetrVG Rn. 127).

22

(2) Die Regelung in § 1 Arbeitsvertrag „die Wegezeiten zu bzw. von den Stempeluhren oder Pausenräumen sind leistungsentgeltfrei“ erfasst nicht den im Arbeitsvertrag vereinbarten Stundenlohn.

23

(a) Bedient sich der Arbeitgeber in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Rechtsbegriffs, der im juristischen Sprachgebrauch eine bestimmte Bedeutung hat, ist der Begriff in seiner allgemeinen juristischen Bedeutung auszulegen, sofern sich nicht aus dem Sinnzusammenhang der Klausel etwas anderes ergibt (vgl. Schaub/Linck ArbR-HdB 16. Aufl. § 35 Rn. 30; zur Auslegung von Tarifverträgen BAG 17. März 2010 - 5 AZR 317/09 - Rn. 13, BAGE 133, 337; 22. Juli 2010 - 6 AZR 78/09 - Rn. 20, BAGE 135, 179; 16. April 2014 - 4 AZR 802/11 - Rn. 24, BAGE 148, 68; 19. November 2014 - 5 AZR 121/13 - Rn. 18, BAGE 150, 88).

24

(b) Bei der dem Kläger zugesagten Vergütung handelt es sich nicht um ein Leistungsentgelt. Der Stundenlohn ist dem Kläger, unabhängig von der Relation seiner Leistung zu einer Bezugsleistung, als Gegenleistung für die Arbeitsleistung zu zahlen. Für ein vom juristischen Sprachgebrauch abweichendes Verständnis bietet weder § 1 Arbeitsvertrag noch der Sinnzusammenhang der Klausel Anhaltspunkte.

25

(3) Dem gefundenen Auslegungsergebnis steht nicht entgegen, dass dem Kläger kein Leistungsentgelt, sondern ausschließlich ein Stundenentgelt geschuldet ist. Allgemeine Geschäftsbedingungen werden der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags vom Verwender als für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen gestellt. Ein durchschnittlicher Arbeitnehmer muss, selbst wenn in seinem Fall nur eine leistungsunabhängige Vergütung vereinbart ist, nicht davon ausgehen, der Rechtsbegriff „leistungsentgeltfrei“ sei erweiternd dahingehend auszulegen, auch nicht leistungsbezogene Vergütungsbestandteile seien erfasst.

26

cc) Angesichts der Eindeutigkeit der Regelung ist für die Anwendung des § 305c Abs. 2 BGB kein Raum. Die Unklarheitenregelung setzt voraus, dass die Auslegung einer Allgemeinen Geschäftsbedingung mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt und keines den klaren Vorzug verdient. Es müssen „erhebliche Zweifel“ an der richtigen Auslegung bestehen. Die entfernte Möglichkeit, zu einem anderen Ergebnis zu kommen, genügt für die Anwendung der Bestimmung nicht (BAG 9. Juni 2010 - 5 AZR 332/09 - Rn. 39; 21. Januar 2015 - 10 AZR 84/14 - Rn. 26, BAGE 150, 286; 9. Dezember 2015 - 7 AZR 68/14 - Rn. 13; 24. Februar 2016 - 5 AZR 258/14 - Rn. 30). Im Übrigen führte diese gesetzliche Auslegungsregel zum selben Ergebnis.

27

4. Die Vorinstanzen haben den zeitlichen Umfang der vergütungspflichtigen Umkleide- und Wegezeit rechtsfehlerfrei unter Anwendung von § 287 Abs. 2 ZPO ermittelt.

28

a) Vergütungspflichtig ist die Zeit, die für das An- und Ablegen der Arbeitskleidung und das Zurücklegen der damit verbundenen innerbetrieblichen Wege erforderlich ist (vgl. BAG 19. März 2014 - 5 AZR 954/12 - Rn. 26). Zur Ermittlung der Zeitspanne ist ein modifizierter subjektiver Maßstab anzulegen, denn der Arbeitnehmer darf seine Leistungspflicht nicht frei selbst bestimmen, sondern muss unter angemessener Ausschöpfung seiner persönlichen Leistungsfähigkeit arbeiten. „Erforderlich“ ist nur die Zeit, die der einzelne Arbeitnehmer für das Umkleiden und den Weg zur und von der Umkleidestelle im Rahmen der objektiven Gegebenheiten unter Ausschöpfung seiner persönlichen Leistungsfähigkeit benötigt (BAG 19. September 2012 - 5 AZR 678/11 - Rn. 24, BAGE 143, 107; 12. November 2013 - 1 ABR 59/12 - Rn. 48, BAGE 146, 271; 19. März 2014 - 5 AZR 954/12 - Rn. 47). Bei Ermittlung der erforderlichen Zeit gilt es, die Variablen des Umkleidevorgangs zu berücksichtigen. Hierzu gehören ua. die Fragen, welche Privatkleidung je nach Jahreszeit der Arbeitnehmer zuvor getragen hat und welche Wartezeiten (auf die Ausgabe der Kleidung, auf Aufzüge etc.) notwendigerweise entstehen (BAG 19. September 2012 - 5 AZR 678/11 - Rn. 41, aaO).

29

b) Die unter Beachtung der vorgenannten Grundsätze vorgenommene Schätzung der erforderlichen Umkleide- und Wegezeit nach § 287 Abs. 2 ZPO hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

30

aa) Der Arbeitnehmer trägt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass Umkleide- und Wegezeiten angefallen sind, vom Arbeitgeber veranlasst wurden und im geltend gemachten Umfang erforderlich waren (vgl. BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 347/11 - Rn. 25 ff., BAGE 141, 330; 10. April 2013 - 5 AZR 122/12 - Rn. 15 ff.).

31

bb) Steht fest (§ 286 ZPO), dass Umkleide- und Wegezeiten auf Veranlassung des Arbeitgebers entstanden sind, kann aber der Arbeitnehmer seiner Darlegungs- oder Beweislast für den zeitlichen Umfang, in dem diese erforderlich waren, nicht in jeder Hinsicht genügen, darf das Gericht die erforderlichen Umkleide- und damit verbundenen Wegezeiten nach § 287 Abs. 2 iVm. Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 ZPO schätzen (vgl. BAG 21. Mai 1980 - 5 AZR 194/78 - zu 4 a der Gründe; 25. März 2015 - 5 AZR 602/13 - Rn. 18, BAGE 151, 180; aA Franzen NZA 2016, 136, 140). § 287 ZPO bietet damit Erleichterungen für das Beweismaß und das Verfahren, hat aber keine Auswirkungen auf die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast. Die Norm dehnt das richterliche Ermessen für die Feststellung der Forderungshöhe über die Schranken des § 286 ZPO aus(vgl. BAG 26. September 2012 - 10 AZR 370/10 - Rn. 19, 22 mwN, BAGE 143, 165). Zudem reicht bei der Entscheidung über die Höhe einer Forderung - im Unterschied zu den strengen Anforderungen des § 286 Abs. 1 ZPO - eine erhebliche, auf gesicherter Grundlage beruhende Wahrscheinlichkeit für die richterliche Überzeugungsbildung aus(vgl. BGH 17. Dezember 2014 - VIII ZR 88/13 - Rn. 45).

32

(1) Nach § 287 Abs. 2 ZPO gelten die Vorschriften des § 287 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 ZPO bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten entsprechend. Die Vorschrift erlaubt damit auch die Schätzung des Umfangs von Erfüllungsansprüchen, wenn unter den Parteien die Höhe der Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände entweder mit Schwierigkeiten, die zu der Bedeutung des streitigen Teils der Forderung in keinem Verhältnis stehen, verbunden (BAG 25. März 2015 - 5 AZR 602/13 - Rn. 20, BAGE 151, 180) oder unmöglich ist (BGH 29. Juni 1961 - VII ZR 32/60 -; Stein/Jonas/Leipold ZPO 22. Aufl. § 287 Rn. 29; Wieczorek/Schütze/Ahrens 4. Aufl. § 287 ZPO Rn. 61). Das Tatsachengericht muss unter Würdigung aller Umstände entscheiden, ob nach seiner Überzeugung Umkleide- und Wegezeiten entstanden sind und in welchem Umfang sie erforderlich waren. Es hat nach pflichtgemäßem Ermessen zu beurteilen, ob Beweis zu erheben ist oder auf Grundlage des festgestellten Sachverhalts nach § 287 Abs. 2 ZPO nicht wenigstens die Schätzung eines Mindestumfangs benötigter Umkleide- und Wegezeiten möglich ist.

33

(2) Die Vorinstanzen haben die Voraussetzungen einer Schätzung nach § 287 Abs. 2 ZPO zu Recht bejaht.

34

(a) Eine Schätzung hat zu unterbleiben, wenn sie mangels jeglicher konkreter Anhaltspunkte vollkommen „in der Luft hinge“ und daher willkürlich wäre. Die für eine Schätzung unabdingbaren Anknüpfungstatsachen muss derjenige, der den Erfüllungsanspruch geltend macht, darlegen und beweisen (vgl. BAG 25. März 2015 - 5 AZR 602/13 - Rn. 19, BAGE 151, 180; BGH 17. Dezember 2014 - VIII ZR 88/13 - Rn. 46 mwN).

35

(b) Der Umkleidevorgang, den der Kläger auf Weisung der Beklagten jeweils vor Beginn und nach Ende des Arbeitstags vollziehen musste und die mit diesem verbundenen innerbetrieblichen Wege, als die für eine Schätzung unerlässlichen Anknüpfungstatsachen, sind vorliegend festgestellt und stehen außer Streit. Die Parteien streiten allein über die hierfür arbeitstäglich erforderliche Zeit, die sich nachträglich nicht weiter belegen lässt.

36

(3) Die von den Tatsacheninstanzen vorgenommene Schätzung hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

37

(a) Eine vom Tatsachengericht gemäß § 287 Abs. 2 ZPO nach freier Überzeugung vorzunehmende Schätzung unterliegt nur einer eingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung. Ob das Tatsachengericht das Mindestmaß der erforderlichen Umkleide- und Wegezeiten zutreffend geschätzt hat, ist nur auf Ermessensüberschreitung dahingehend zu überprüfen, ob das Tatsachengericht wesentliche Bemessungsfaktoren außer Betracht gelassen oder der Schätzung unrichtige oder unbewiesene Anknüpfungstatsachen zugrunde gelegt hat und damit die Schätzung mangels konkreter Anhaltspunkte völlig „in der Luft hängt“, also willkürlich ist (vgl. BAG 26. September 2012 - 10 AZR 370/10 - Rn. 25 mwN, BAGE 143, 165; 25. März 2015 - 5 AZR 602/13 - Rn. 24, BAGE 151, 180).

38

(b) Die von den Vorinstanzen vorgenommene Schätzung der arbeitstäglichen Umkleide- und Wegezeiten auf 27 Minuten ist frei von Rechtsfehlern. Die Revision zeigt keine Umstände auf, die die Schätzung als willkürlich gegriffen erscheinen ließe. Die Beklagte behauptet nicht, die auf den festgestellten und zudem unstreitigen Anknüpfungstatsachen sowie dem Ergebnis der vom Arbeitsgericht durchgeführten Beweisaufnahme beruhende Schätzung sei rechtsfehlerhaft oder lasse Variablen des Umkleidevorgangs außer Acht.

39

5. Gegen die Berechnung der Anspruchshöhe, der die festgestellte Zahl der Arbeitstage, der Stundenlohn des Klägers und die durch Schätzung als erforderlich ermittelten Umkleide- und Wegezeiten zugrunde liegen, hat die Revision keine Angriffe erhoben.

40

II. Der Anspruch des Klägers ist nicht verwirkt.

41

1. Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung und soll dem Bedürfnis nach Rechtsklarheit dienen. Sie hat nicht den Zweck, Schuldner, denen gegenüber Gläubiger ihre Rechte längere Zeit nicht geltend gemacht haben, von ihrer Pflicht zur Leistung vorzeitig zu befreien. Deshalb kann allein der Zeitablauf die Verwirkung eines Rechts nicht rechtfertigen (Zeitmoment). Es müssen vielmehr besondere Umstände sowohl im Verhalten des Berechtigten als auch des Verpflichteten hinzutreten (Umstandsmoment), die es rechtfertigen, die späte Geltendmachung des Rechts als mit Treu und Glauben unvereinbar und für den Verpflichteten als unzumutbar anzusehen. Der Berechtigte muss unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erwecken konnten, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, so dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden. Durch die Verwirkung wird die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen. Die Verwirkung dient dem Vertrauensschutz. Weiterhin muss - als Zumutbarkeitsmoment - das Erfordernis des Vertrauensschutzes das Interesse des Berechtigten an einer sachlichen Prüfung des von ihm behaupteten Anspruchs derart überwiegen, dass dem in Anspruch Genommenen die Erfüllung des Anspruchs oder die Einlassung auf die Klage nicht mehr zuzumuten ist (BAG 25. April 2006 - 3 AZR 372/05 - Rn. 20, BAGE 118, 51; 22. Februar 2012 - 4 AZR 579/10 - Rn. 43; 25. September 2013 - 5 AZR 936/12 - Rn. 15; 24. August 2016 - 5 AZR 129/16 - Rn. 60).

42

2. Eine Verwirkung scheidet vorliegend schon deshalb aus, weil sich aus dem Vorbringen der Beklagten und dem unstreitigen Sachverhalt keine Tatsachen ergeben, die geeignet wären, die Annahme zu rechtfertigen, der Beklagten sei es aufgrund eigener Dispositionen „unzumutbar“ geworden (vgl. BAG 25. September 2013 - 5 AZR 936/12 - Rn. 28; 24. August 2016 - 5 AZR 129/16 - Rn. 60), die Ansprüche des Klägers zu erfüllen.

43

III. Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2, § 187 Abs. 1 BGB.

44

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Müller-Glöge    

        

    Weber     

        

    Volk     

        

        

        

    A. Christen     

        

    Pollert    

                 

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 17. Februar 2016 - 3 Sa 1331/15 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Vergütung von Umkleide- und innerbetrieblichen Wegezeiten.

2

Der Kläger ist bei der nicht tarifgebundenen Beklagten, die insbesondere für Unternehmen der „S-Gruppe“ technische und handwerkliche Serviceleistungen erbringt, beschäftigt. Er wird in der Lebensmittelproduktion eingesetzt und bezieht einen Stundenlohn. Im Arbeitsvertrag vom 6. November 2002 heißt es ua.:

        

㤠1

        

…       

        

Aufgrund der bei der Produktion von Lebensmitteln geltenden Hygieneverordnung ist jeder Arbeitnehmer verpflichtet, den Dienst täglich mit sauberer und vollständiger Dienstkleidung anzutreten und zu erfüllen. Die Bedienung der Zeiterfassungsanlage, dh. das An- und Abstempeln hat ausschließlich persönlich und zwar immer in einwandfreier Dienstkleidung zu erfolgen.

        

Die Wegezeiten zu bzw. von den Stempeluhren oder Pausenräumen sind leistungsentgeltfrei.

        

…“    

3

Die Arbeitskleidung wird von der Beklagten gestellt. Sie darf nach den für die Tätigkeit des Klägers geltenden Hygienevorschriften nicht mit nach Hause genommen werden und ist im Betrieb an- und abzulegen. Hierzu muss der Kläger nach Betreten des Betriebsgeländes die Arbeitskleidung an einer Ausgabestelle abholen, sich in einem Umkleideraum umziehen und anschließend im Bereich der Pforte an einer ersten Stempeluhr, die dazu dient, die Anwesenheit im Betrieb zu registrieren, abstempeln. Danach hat er sich zum Betriebsgebäude zu begeben und dort an einer zweiten Stempeluhr erneut zu stempeln. Der Vorgang ist nach Schichtende in umgekehrter Folge zu absolvieren.

4

Mit der am 19. Dezember 2014 eingereichten, der Beklagten am 12. Januar 2015 zugestellten Klage begehrt der Kläger Vergütung für die vom 1. Januar 2011 bis zum 31. Dezember 2014 an 737 Arbeitstagen mit dem An- und Ablegen der Arbeitskleidung verbundenen Umkleide- und innerbetrieblichen Wegezeiten. Er hat geltend gemacht, hierfür arbeitstäglich 36 Minuten benötigt zu haben.

5

Der Kläger hat erstinstanzlich sinngemäß beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 6.219,57 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB ab dem 13. Januar 2015 zu zahlen.

6

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Vergütungspflichtig sei nur die Zeit nach Betätigen der zweiten Stempeluhr. Ein Anspruch auf Vergütung der für das Umkleiden und das Zurücklegen der Wege erforderlichen Zeit, die arbeitstäglich allenfalls 24 Minuten betrage, sei nach § 1 Arbeitsvertrag ausgeschlossen. Etwaige Ansprüche seien verwirkt.

7

Das Arbeitsgericht hat dem Kläger für arbeitstäglich 27 Minuten 4.665,42 Euro brutto zugesprochen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Im Rahmen der Beweisaufnahme wurden der Umkleidevorgang einschließlich der zurückzulegenden Wege durch Vertreter des Klägers und der Beklagten auf dem Betriebsgelände nachgestellt, die Wegstrecken von der Kammer des Arbeitsgerichts abgeschritten, der Umkleidevorgang durch die Vorsitzende vollzogen und die jeweils aufgewendeten Zeiten festgestellt. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die vollständige Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten gegen das der Klage teilweise stattgebende Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen. Die Klage ist in dem in der Revisionsinstanz noch anhängigen Umfang begründet. Die Beklagte schuldet dem Kläger als Vergütung für die an 737 Arbeitstagen im Zeitraum 1. Januar 2011 bis 31. Dezember 2014 erbrachten Umkleide- und Wegezeiten 4.665,42 Euro brutto nebst Prozesszinsen in gesetzlicher Höhe.

9

I. Der Kläger hat für jeden Arbeitstag im streitgegenständlichen Zeitraum gemäß § 611 BGB Anspruch auf Vergütung der Zeit, die er unter Ausschöpfung seiner persönlichen Leistungsfähigkeit benötigte, um sich umzukleiden und die damit verbundenen Wege zwischen Ausgabestelle und zweiter Stempeluhr zurückzulegen. Das haben die Vorinstanzen zu Recht erkannt.

10

1. Die gesetzliche Vergütungspflicht des Arbeitgebers knüpft nach § 611 Abs. 1 BGB an die Leistung der versprochenen Dienste an(BAG 12. Dezember 2012 - 5 AZR 355/12 - Rn. 16 f.; 19. März 2014 - 5 AZR 954/12 - Rn. 17). Zu den „versprochenen Diensten“ iSv. § 611 BGB zählt nicht nur die eigentliche Tätigkeit, sondern jede vom Arbeitgeber im Synallagma verlangte sonstige Tätigkeit oder Maßnahme, die mit der eigentlichen Tätigkeit oder der Art und Weise ihrer Erbringung unmittelbar zusammenhängt. Der Arbeitgeber verspricht die Vergütung für alle Dienste, die er dem Arbeitnehmer aufgrund seines arbeitsvertraglich vermittelten Weisungsrechts abverlangt. „Arbeit“ als Leistung der versprochenen Dienste iSd. § 611 Abs. 1 BGB ist jede Tätigkeit, die als solche der Befriedigung eines fremden Bedürfnisses dient(BAG 19. September 2012 - 5 AZR 678/11 - Rn. 28, BAGE 143, 107; 12. Dezember 2012 - 5 AZR 355/12 - Rn. 17; 19. März 2014 - 5 AZR 954/12 - Rn. 18).

11

2. Der Kläger hat mit dem An- und Ablegen der Arbeitskleidung und dem Zurücklegen der damit verbundenen innerbetrieblichen Wege eine Arbeitsleistung erbracht, die als Teil der versprochenen Dienste vergütungspflichtig ist.

12

a) Zur Arbeit gehören auch das Umkleiden und Zurücklegen der hiermit verbundenen innerbetrieblichen Wege, wenn der Arbeitgeber das Tragen einer bestimmten Kleidung vorschreibt, die im Betrieb an- und abgelegt werden muss, und er das Umkleiden nicht am Arbeitsplatz ermöglicht, sondern dafür eine vom Arbeitsplatz getrennte Umkleidestelle einrichtet (BAG 19. September 2012 - 5 AZR 678/11 - Rn. 23, BAGE 143, 107). Die Fremdnützigkeit ergibt sich in diesem Fall aus der Weisung des Arbeitgebers, die Arbeitskleidung erst im Betrieb anzulegen und sich dort an einer zwingend vorgegebenen, vom Arbeitsplatz getrennten Umkleidestelle umzuziehen (BAG 10. November 2009 - 1 ABR 54/08 - Rn. 15; 19. September 2012 - 5 AZR 678/11 - Rn. 23, aaO; 17. November 2015 - 1 ABR 76/13 - Rn. 25, BAGE 153, 225).

13

b) Das Umkleiden und das Zurücklegen der damit verbundenen innerbetrieblichen Wege sind danach Teil der vom Kläger geschuldeten Arbeitsleistung.

14

aa) Dem Kläger wurde von der Beklagten im Rahmen des ihr zustehenden Weisungsrechts abverlangt, eine bestimmte Arbeitskleidung zu tragen. Er war nach § 1 Arbeitsvertrag verpflichtet, seine Tätigkeit mit „sauberer und vollständiger“ Dienstkleidung anzutreten. Nach den Vorgaben der Beklagten durfte er sie erst in den eigens dafür vorgesehenen Räumlichkeiten auf dem Betriebsgelände anlegen und musste sie dort ablegen. Das Tragen der Arbeitskleidung stand in unmittelbarem Zusammenhang mit der eigentlichen Tätigkeit des Klägers. Es entsprach den bei der Produktion von Lebensmitteln geltenden Hygienevorschriften und diente den Interessen der Beklagten.

15

bb) Die Beklagte hat, indem sie - getrennt vom eigentlichen Arbeitsplatz des Klägers - eine Ausgabestelle für die Arbeitskleidung und Umkleideräume einrichtete, die Arbeit so organisiert, dass sie dort begann und endete. Der Weg von der Ausgabestelle zum eigentlichen Arbeitsplatz ist deshalb nicht dem Arbeitsweg zuzurechnen (vgl. hierzu BAG 28. Juli 1994 - 6 AZR 220/94 - zu II 3 b der Gründe, BAGE 77, 285; 19. September 2012 - 5 AZR 678/11 - Rn. 23, BAGE 143, 107).

16

3. Die Vergütungspflicht war nicht abbedungen oder abweichend geregelt.

17

a) Grundsätzlich kann durch Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag eine gesonderte Vergütungsregelung für eine andere als die eigentliche Tätigkeit getroffen werden (BAG 12. Dezember 2012 - 5 AZR 355/12 - Rn. 18; 19. März 2014 - 5 AZR 954/12 - Rn. 30).

18

b) Tarifliche Regelungen finden auf das Arbeitsverhältnis keine Anwendung. § 1 Arbeitsvertrag schließt die Vergütungspflicht für das Umkleiden und Zurücklegen der damit verbundenen innerbetrieblichen Wege nicht aus. Dies ergibt die Auslegung des Arbeitsvertrags, bei dessen Bestimmungen es sich nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts um Allgemeine Geschäftsbedingungen (§ 305 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BGB) handelt.

19

aa) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind - ausgehend vom Wortlaut - nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Parteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten. Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist durch das Revisionsgericht uneingeschränkt überprüfbar (BAG 21. Januar 2015 - 10 AZR 84/14 - Rn. 26, BAGE 150, 286; 18. November 2015 - 5 AZR 814/14 - Rn. 46; 24. Februar 2016 - 5 AZR 258/14 - Rn. 26).

20

bb) Nach diesen Auslegungsgrundsätzen bezieht sich § 1 Arbeitsvertrag nur auf Leistungsentgelte und nicht auf den dem Kläger zugesagten Stundenlohn.

21

(1) Leistungsentgelte sind nach allgemeinem juristischen Verständnis solche Vergütungen, bei denen die Leistung des Arbeitnehmers gemessen und mit einer Bezugsleistung verglichen wird, also sich die Höhe der Vergütung unmittelbar nach dem Verhältnis beider Leistungen zueinander bestimmt (st. Rspr., vgl. BAG 15. Mai 2001 - 1 ABR 39/00 - zu B II 1 a der Gründe, BAGE 97, 379; Fitting BetrVG 28. Aufl. § 87 Rn. 530; ErfK/Kania 17. Aufl. § 87 BetrVG Rn. 127).

22

(2) Die Regelung in § 1 Arbeitsvertrag „die Wegezeiten zu bzw. von den Stempeluhren oder Pausenräumen sind leistungsentgeltfrei“ erfasst nicht den im Arbeitsvertrag vereinbarten Stundenlohn.

23

(a) Bedient sich der Arbeitgeber in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Rechtsbegriffs, der im juristischen Sprachgebrauch eine bestimmte Bedeutung hat, ist der Begriff in seiner allgemeinen juristischen Bedeutung auszulegen, sofern sich nicht aus dem Sinnzusammenhang der Klausel etwas anderes ergibt (vgl. Schaub/Linck ArbR-HdB 16. Aufl. § 35 Rn. 30; zur Auslegung von Tarifverträgen BAG 17. März 2010 - 5 AZR 317/09 - Rn. 13, BAGE 133, 337; 22. Juli 2010 - 6 AZR 78/09 - Rn. 20, BAGE 135, 179; 16. April 2014 - 4 AZR 802/11 - Rn. 24, BAGE 148, 68; 19. November 2014 - 5 AZR 121/13 - Rn. 18, BAGE 150, 88).

24

(b) Bei der dem Kläger zugesagten Vergütung handelt es sich nicht um ein Leistungsentgelt. Der Stundenlohn ist dem Kläger, unabhängig von der Relation seiner Leistung zu einer Bezugsleistung, als Gegenleistung für die Arbeitsleistung zu zahlen. Für ein vom juristischen Sprachgebrauch abweichendes Verständnis bietet weder § 1 Arbeitsvertrag noch der Sinnzusammenhang der Klausel Anhaltspunkte.

25

(3) Dem gefundenen Auslegungsergebnis steht nicht entgegen, dass dem Kläger kein Leistungsentgelt, sondern ausschließlich ein Stundenentgelt geschuldet ist. Allgemeine Geschäftsbedingungen werden der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags vom Verwender als für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen gestellt. Ein durchschnittlicher Arbeitnehmer muss, selbst wenn in seinem Fall nur eine leistungsunabhängige Vergütung vereinbart ist, nicht davon ausgehen, der Rechtsbegriff „leistungsentgeltfrei“ sei erweiternd dahingehend auszulegen, auch nicht leistungsbezogene Vergütungsbestandteile seien erfasst.

26

cc) Angesichts der Eindeutigkeit der Regelung ist für die Anwendung des § 305c Abs. 2 BGB kein Raum. Die Unklarheitenregelung setzt voraus, dass die Auslegung einer Allgemeinen Geschäftsbedingung mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt und keines den klaren Vorzug verdient. Es müssen „erhebliche Zweifel“ an der richtigen Auslegung bestehen. Die entfernte Möglichkeit, zu einem anderen Ergebnis zu kommen, genügt für die Anwendung der Bestimmung nicht (BAG 9. Juni 2010 - 5 AZR 332/09 - Rn. 39; 21. Januar 2015 - 10 AZR 84/14 - Rn. 26, BAGE 150, 286; 9. Dezember 2015 - 7 AZR 68/14 - Rn. 13; 24. Februar 2016 - 5 AZR 258/14 - Rn. 30). Im Übrigen führte diese gesetzliche Auslegungsregel zum selben Ergebnis.

27

4. Die Vorinstanzen haben den zeitlichen Umfang der vergütungspflichtigen Umkleide- und Wegezeit rechtsfehlerfrei unter Anwendung von § 287 Abs. 2 ZPO ermittelt.

28

a) Vergütungspflichtig ist die Zeit, die für das An- und Ablegen der Arbeitskleidung und das Zurücklegen der damit verbundenen innerbetrieblichen Wege erforderlich ist (vgl. BAG 19. März 2014 - 5 AZR 954/12 - Rn. 26). Zur Ermittlung der Zeitspanne ist ein modifizierter subjektiver Maßstab anzulegen, denn der Arbeitnehmer darf seine Leistungspflicht nicht frei selbst bestimmen, sondern muss unter angemessener Ausschöpfung seiner persönlichen Leistungsfähigkeit arbeiten. „Erforderlich“ ist nur die Zeit, die der einzelne Arbeitnehmer für das Umkleiden und den Weg zur und von der Umkleidestelle im Rahmen der objektiven Gegebenheiten unter Ausschöpfung seiner persönlichen Leistungsfähigkeit benötigt (BAG 19. September 2012 - 5 AZR 678/11 - Rn. 24, BAGE 143, 107; 12. November 2013 - 1 ABR 59/12 - Rn. 48, BAGE 146, 271; 19. März 2014 - 5 AZR 954/12 - Rn. 47). Bei Ermittlung der erforderlichen Zeit gilt es, die Variablen des Umkleidevorgangs zu berücksichtigen. Hierzu gehören ua. die Fragen, welche Privatkleidung je nach Jahreszeit der Arbeitnehmer zuvor getragen hat und welche Wartezeiten (auf die Ausgabe der Kleidung, auf Aufzüge etc.) notwendigerweise entstehen (BAG 19. September 2012 - 5 AZR 678/11 - Rn. 41, aaO).

29

b) Die unter Beachtung der vorgenannten Grundsätze vorgenommene Schätzung der erforderlichen Umkleide- und Wegezeit nach § 287 Abs. 2 ZPO hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

30

aa) Der Arbeitnehmer trägt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass Umkleide- und Wegezeiten angefallen sind, vom Arbeitgeber veranlasst wurden und im geltend gemachten Umfang erforderlich waren (vgl. BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 347/11 - Rn. 25 ff., BAGE 141, 330; 10. April 2013 - 5 AZR 122/12 - Rn. 15 ff.).

31

bb) Steht fest (§ 286 ZPO), dass Umkleide- und Wegezeiten auf Veranlassung des Arbeitgebers entstanden sind, kann aber der Arbeitnehmer seiner Darlegungs- oder Beweislast für den zeitlichen Umfang, in dem diese erforderlich waren, nicht in jeder Hinsicht genügen, darf das Gericht die erforderlichen Umkleide- und damit verbundenen Wegezeiten nach § 287 Abs. 2 iVm. Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 ZPO schätzen (vgl. BAG 21. Mai 1980 - 5 AZR 194/78 - zu 4 a der Gründe; 25. März 2015 - 5 AZR 602/13 - Rn. 18, BAGE 151, 180; aA Franzen NZA 2016, 136, 140). § 287 ZPO bietet damit Erleichterungen für das Beweismaß und das Verfahren, hat aber keine Auswirkungen auf die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast. Die Norm dehnt das richterliche Ermessen für die Feststellung der Forderungshöhe über die Schranken des § 286 ZPO aus(vgl. BAG 26. September 2012 - 10 AZR 370/10 - Rn. 19, 22 mwN, BAGE 143, 165). Zudem reicht bei der Entscheidung über die Höhe einer Forderung - im Unterschied zu den strengen Anforderungen des § 286 Abs. 1 ZPO - eine erhebliche, auf gesicherter Grundlage beruhende Wahrscheinlichkeit für die richterliche Überzeugungsbildung aus(vgl. BGH 17. Dezember 2014 - VIII ZR 88/13 - Rn. 45).

32

(1) Nach § 287 Abs. 2 ZPO gelten die Vorschriften des § 287 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 ZPO bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten entsprechend. Die Vorschrift erlaubt damit auch die Schätzung des Umfangs von Erfüllungsansprüchen, wenn unter den Parteien die Höhe der Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände entweder mit Schwierigkeiten, die zu der Bedeutung des streitigen Teils der Forderung in keinem Verhältnis stehen, verbunden (BAG 25. März 2015 - 5 AZR 602/13 - Rn. 20, BAGE 151, 180) oder unmöglich ist (BGH 29. Juni 1961 - VII ZR 32/60 -; Stein/Jonas/Leipold ZPO 22. Aufl. § 287 Rn. 29; Wieczorek/Schütze/Ahrens 4. Aufl. § 287 ZPO Rn. 61). Das Tatsachengericht muss unter Würdigung aller Umstände entscheiden, ob nach seiner Überzeugung Umkleide- und Wegezeiten entstanden sind und in welchem Umfang sie erforderlich waren. Es hat nach pflichtgemäßem Ermessen zu beurteilen, ob Beweis zu erheben ist oder auf Grundlage des festgestellten Sachverhalts nach § 287 Abs. 2 ZPO nicht wenigstens die Schätzung eines Mindestumfangs benötigter Umkleide- und Wegezeiten möglich ist.

33

(2) Die Vorinstanzen haben die Voraussetzungen einer Schätzung nach § 287 Abs. 2 ZPO zu Recht bejaht.

34

(a) Eine Schätzung hat zu unterbleiben, wenn sie mangels jeglicher konkreter Anhaltspunkte vollkommen „in der Luft hinge“ und daher willkürlich wäre. Die für eine Schätzung unabdingbaren Anknüpfungstatsachen muss derjenige, der den Erfüllungsanspruch geltend macht, darlegen und beweisen (vgl. BAG 25. März 2015 - 5 AZR 602/13 - Rn. 19, BAGE 151, 180; BGH 17. Dezember 2014 - VIII ZR 88/13 - Rn. 46 mwN).

35

(b) Der Umkleidevorgang, den der Kläger auf Weisung der Beklagten jeweils vor Beginn und nach Ende des Arbeitstags vollziehen musste und die mit diesem verbundenen innerbetrieblichen Wege, als die für eine Schätzung unerlässlichen Anknüpfungstatsachen, sind vorliegend festgestellt und stehen außer Streit. Die Parteien streiten allein über die hierfür arbeitstäglich erforderliche Zeit, die sich nachträglich nicht weiter belegen lässt.

36

(3) Die von den Tatsacheninstanzen vorgenommene Schätzung hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

37

(a) Eine vom Tatsachengericht gemäß § 287 Abs. 2 ZPO nach freier Überzeugung vorzunehmende Schätzung unterliegt nur einer eingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung. Ob das Tatsachengericht das Mindestmaß der erforderlichen Umkleide- und Wegezeiten zutreffend geschätzt hat, ist nur auf Ermessensüberschreitung dahingehend zu überprüfen, ob das Tatsachengericht wesentliche Bemessungsfaktoren außer Betracht gelassen oder der Schätzung unrichtige oder unbewiesene Anknüpfungstatsachen zugrunde gelegt hat und damit die Schätzung mangels konkreter Anhaltspunkte völlig „in der Luft hängt“, also willkürlich ist (vgl. BAG 26. September 2012 - 10 AZR 370/10 - Rn. 25 mwN, BAGE 143, 165; 25. März 2015 - 5 AZR 602/13 - Rn. 24, BAGE 151, 180).

38

(b) Die von den Vorinstanzen vorgenommene Schätzung der arbeitstäglichen Umkleide- und Wegezeiten auf 27 Minuten ist frei von Rechtsfehlern. Die Revision zeigt keine Umstände auf, die die Schätzung als willkürlich gegriffen erscheinen ließe. Die Beklagte behauptet nicht, die auf den festgestellten und zudem unstreitigen Anknüpfungstatsachen sowie dem Ergebnis der vom Arbeitsgericht durchgeführten Beweisaufnahme beruhende Schätzung sei rechtsfehlerhaft oder lasse Variablen des Umkleidevorgangs außer Acht.

39

5. Gegen die Berechnung der Anspruchshöhe, der die festgestellte Zahl der Arbeitstage, der Stundenlohn des Klägers und die durch Schätzung als erforderlich ermittelten Umkleide- und Wegezeiten zugrunde liegen, hat die Revision keine Angriffe erhoben.

40

II. Der Anspruch des Klägers ist nicht verwirkt.

41

1. Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung und soll dem Bedürfnis nach Rechtsklarheit dienen. Sie hat nicht den Zweck, Schuldner, denen gegenüber Gläubiger ihre Rechte längere Zeit nicht geltend gemacht haben, von ihrer Pflicht zur Leistung vorzeitig zu befreien. Deshalb kann allein der Zeitablauf die Verwirkung eines Rechts nicht rechtfertigen (Zeitmoment). Es müssen vielmehr besondere Umstände sowohl im Verhalten des Berechtigten als auch des Verpflichteten hinzutreten (Umstandsmoment), die es rechtfertigen, die späte Geltendmachung des Rechts als mit Treu und Glauben unvereinbar und für den Verpflichteten als unzumutbar anzusehen. Der Berechtigte muss unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erwecken konnten, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, so dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden. Durch die Verwirkung wird die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen. Die Verwirkung dient dem Vertrauensschutz. Weiterhin muss - als Zumutbarkeitsmoment - das Erfordernis des Vertrauensschutzes das Interesse des Berechtigten an einer sachlichen Prüfung des von ihm behaupteten Anspruchs derart überwiegen, dass dem in Anspruch Genommenen die Erfüllung des Anspruchs oder die Einlassung auf die Klage nicht mehr zuzumuten ist (BAG 25. April 2006 - 3 AZR 372/05 - Rn. 20, BAGE 118, 51; 22. Februar 2012 - 4 AZR 579/10 - Rn. 43; 25. September 2013 - 5 AZR 936/12 - Rn. 15; 24. August 2016 - 5 AZR 129/16 - Rn. 60).

42

2. Eine Verwirkung scheidet vorliegend schon deshalb aus, weil sich aus dem Vorbringen der Beklagten und dem unstreitigen Sachverhalt keine Tatsachen ergeben, die geeignet wären, die Annahme zu rechtfertigen, der Beklagten sei es aufgrund eigener Dispositionen „unzumutbar“ geworden (vgl. BAG 25. September 2013 - 5 AZR 936/12 - Rn. 28; 24. August 2016 - 5 AZR 129/16 - Rn. 60), die Ansprüche des Klägers zu erfüllen.

43

III. Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2, § 187 Abs. 1 BGB.

44

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Müller-Glöge    

        

    Weber     

        

    Volk     

        

        

        

    A. Christen     

        

    Pollert    

                 

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 17. Februar 2016 - 3 Sa 1331/15 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Vergütung von Umkleide- und innerbetrieblichen Wegezeiten.

2

Der Kläger ist bei der nicht tarifgebundenen Beklagten, die insbesondere für Unternehmen der „S-Gruppe“ technische und handwerkliche Serviceleistungen erbringt, beschäftigt. Er wird in der Lebensmittelproduktion eingesetzt und bezieht einen Stundenlohn. Im Arbeitsvertrag vom 6. November 2002 heißt es ua.:

        

㤠1

        

…       

        

Aufgrund der bei der Produktion von Lebensmitteln geltenden Hygieneverordnung ist jeder Arbeitnehmer verpflichtet, den Dienst täglich mit sauberer und vollständiger Dienstkleidung anzutreten und zu erfüllen. Die Bedienung der Zeiterfassungsanlage, dh. das An- und Abstempeln hat ausschließlich persönlich und zwar immer in einwandfreier Dienstkleidung zu erfolgen.

        

Die Wegezeiten zu bzw. von den Stempeluhren oder Pausenräumen sind leistungsentgeltfrei.

        

…“    

3

Die Arbeitskleidung wird von der Beklagten gestellt. Sie darf nach den für die Tätigkeit des Klägers geltenden Hygienevorschriften nicht mit nach Hause genommen werden und ist im Betrieb an- und abzulegen. Hierzu muss der Kläger nach Betreten des Betriebsgeländes die Arbeitskleidung an einer Ausgabestelle abholen, sich in einem Umkleideraum umziehen und anschließend im Bereich der Pforte an einer ersten Stempeluhr, die dazu dient, die Anwesenheit im Betrieb zu registrieren, abstempeln. Danach hat er sich zum Betriebsgebäude zu begeben und dort an einer zweiten Stempeluhr erneut zu stempeln. Der Vorgang ist nach Schichtende in umgekehrter Folge zu absolvieren.

4

Mit der am 19. Dezember 2014 eingereichten, der Beklagten am 12. Januar 2015 zugestellten Klage begehrt der Kläger Vergütung für die vom 1. Januar 2011 bis zum 31. Dezember 2014 an 737 Arbeitstagen mit dem An- und Ablegen der Arbeitskleidung verbundenen Umkleide- und innerbetrieblichen Wegezeiten. Er hat geltend gemacht, hierfür arbeitstäglich 36 Minuten benötigt zu haben.

5

Der Kläger hat erstinstanzlich sinngemäß beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 6.219,57 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB ab dem 13. Januar 2015 zu zahlen.

6

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Vergütungspflichtig sei nur die Zeit nach Betätigen der zweiten Stempeluhr. Ein Anspruch auf Vergütung der für das Umkleiden und das Zurücklegen der Wege erforderlichen Zeit, die arbeitstäglich allenfalls 24 Minuten betrage, sei nach § 1 Arbeitsvertrag ausgeschlossen. Etwaige Ansprüche seien verwirkt.

7

Das Arbeitsgericht hat dem Kläger für arbeitstäglich 27 Minuten 4.665,42 Euro brutto zugesprochen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Im Rahmen der Beweisaufnahme wurden der Umkleidevorgang einschließlich der zurückzulegenden Wege durch Vertreter des Klägers und der Beklagten auf dem Betriebsgelände nachgestellt, die Wegstrecken von der Kammer des Arbeitsgerichts abgeschritten, der Umkleidevorgang durch die Vorsitzende vollzogen und die jeweils aufgewendeten Zeiten festgestellt. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die vollständige Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten gegen das der Klage teilweise stattgebende Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen. Die Klage ist in dem in der Revisionsinstanz noch anhängigen Umfang begründet. Die Beklagte schuldet dem Kläger als Vergütung für die an 737 Arbeitstagen im Zeitraum 1. Januar 2011 bis 31. Dezember 2014 erbrachten Umkleide- und Wegezeiten 4.665,42 Euro brutto nebst Prozesszinsen in gesetzlicher Höhe.

9

I. Der Kläger hat für jeden Arbeitstag im streitgegenständlichen Zeitraum gemäß § 611 BGB Anspruch auf Vergütung der Zeit, die er unter Ausschöpfung seiner persönlichen Leistungsfähigkeit benötigte, um sich umzukleiden und die damit verbundenen Wege zwischen Ausgabestelle und zweiter Stempeluhr zurückzulegen. Das haben die Vorinstanzen zu Recht erkannt.

10

1. Die gesetzliche Vergütungspflicht des Arbeitgebers knüpft nach § 611 Abs. 1 BGB an die Leistung der versprochenen Dienste an(BAG 12. Dezember 2012 - 5 AZR 355/12 - Rn. 16 f.; 19. März 2014 - 5 AZR 954/12 - Rn. 17). Zu den „versprochenen Diensten“ iSv. § 611 BGB zählt nicht nur die eigentliche Tätigkeit, sondern jede vom Arbeitgeber im Synallagma verlangte sonstige Tätigkeit oder Maßnahme, die mit der eigentlichen Tätigkeit oder der Art und Weise ihrer Erbringung unmittelbar zusammenhängt. Der Arbeitgeber verspricht die Vergütung für alle Dienste, die er dem Arbeitnehmer aufgrund seines arbeitsvertraglich vermittelten Weisungsrechts abverlangt. „Arbeit“ als Leistung der versprochenen Dienste iSd. § 611 Abs. 1 BGB ist jede Tätigkeit, die als solche der Befriedigung eines fremden Bedürfnisses dient(BAG 19. September 2012 - 5 AZR 678/11 - Rn. 28, BAGE 143, 107; 12. Dezember 2012 - 5 AZR 355/12 - Rn. 17; 19. März 2014 - 5 AZR 954/12 - Rn. 18).

11

2. Der Kläger hat mit dem An- und Ablegen der Arbeitskleidung und dem Zurücklegen der damit verbundenen innerbetrieblichen Wege eine Arbeitsleistung erbracht, die als Teil der versprochenen Dienste vergütungspflichtig ist.

12

a) Zur Arbeit gehören auch das Umkleiden und Zurücklegen der hiermit verbundenen innerbetrieblichen Wege, wenn der Arbeitgeber das Tragen einer bestimmten Kleidung vorschreibt, die im Betrieb an- und abgelegt werden muss, und er das Umkleiden nicht am Arbeitsplatz ermöglicht, sondern dafür eine vom Arbeitsplatz getrennte Umkleidestelle einrichtet (BAG 19. September 2012 - 5 AZR 678/11 - Rn. 23, BAGE 143, 107). Die Fremdnützigkeit ergibt sich in diesem Fall aus der Weisung des Arbeitgebers, die Arbeitskleidung erst im Betrieb anzulegen und sich dort an einer zwingend vorgegebenen, vom Arbeitsplatz getrennten Umkleidestelle umzuziehen (BAG 10. November 2009 - 1 ABR 54/08 - Rn. 15; 19. September 2012 - 5 AZR 678/11 - Rn. 23, aaO; 17. November 2015 - 1 ABR 76/13 - Rn. 25, BAGE 153, 225).

13

b) Das Umkleiden und das Zurücklegen der damit verbundenen innerbetrieblichen Wege sind danach Teil der vom Kläger geschuldeten Arbeitsleistung.

14

aa) Dem Kläger wurde von der Beklagten im Rahmen des ihr zustehenden Weisungsrechts abverlangt, eine bestimmte Arbeitskleidung zu tragen. Er war nach § 1 Arbeitsvertrag verpflichtet, seine Tätigkeit mit „sauberer und vollständiger“ Dienstkleidung anzutreten. Nach den Vorgaben der Beklagten durfte er sie erst in den eigens dafür vorgesehenen Räumlichkeiten auf dem Betriebsgelände anlegen und musste sie dort ablegen. Das Tragen der Arbeitskleidung stand in unmittelbarem Zusammenhang mit der eigentlichen Tätigkeit des Klägers. Es entsprach den bei der Produktion von Lebensmitteln geltenden Hygienevorschriften und diente den Interessen der Beklagten.

15

bb) Die Beklagte hat, indem sie - getrennt vom eigentlichen Arbeitsplatz des Klägers - eine Ausgabestelle für die Arbeitskleidung und Umkleideräume einrichtete, die Arbeit so organisiert, dass sie dort begann und endete. Der Weg von der Ausgabestelle zum eigentlichen Arbeitsplatz ist deshalb nicht dem Arbeitsweg zuzurechnen (vgl. hierzu BAG 28. Juli 1994 - 6 AZR 220/94 - zu II 3 b der Gründe, BAGE 77, 285; 19. September 2012 - 5 AZR 678/11 - Rn. 23, BAGE 143, 107).

16

3. Die Vergütungspflicht war nicht abbedungen oder abweichend geregelt.

17

a) Grundsätzlich kann durch Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag eine gesonderte Vergütungsregelung für eine andere als die eigentliche Tätigkeit getroffen werden (BAG 12. Dezember 2012 - 5 AZR 355/12 - Rn. 18; 19. März 2014 - 5 AZR 954/12 - Rn. 30).

18

b) Tarifliche Regelungen finden auf das Arbeitsverhältnis keine Anwendung. § 1 Arbeitsvertrag schließt die Vergütungspflicht für das Umkleiden und Zurücklegen der damit verbundenen innerbetrieblichen Wege nicht aus. Dies ergibt die Auslegung des Arbeitsvertrags, bei dessen Bestimmungen es sich nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts um Allgemeine Geschäftsbedingungen (§ 305 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BGB) handelt.

19

aa) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind - ausgehend vom Wortlaut - nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Parteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten. Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist durch das Revisionsgericht uneingeschränkt überprüfbar (BAG 21. Januar 2015 - 10 AZR 84/14 - Rn. 26, BAGE 150, 286; 18. November 2015 - 5 AZR 814/14 - Rn. 46; 24. Februar 2016 - 5 AZR 258/14 - Rn. 26).

20

bb) Nach diesen Auslegungsgrundsätzen bezieht sich § 1 Arbeitsvertrag nur auf Leistungsentgelte und nicht auf den dem Kläger zugesagten Stundenlohn.

21

(1) Leistungsentgelte sind nach allgemeinem juristischen Verständnis solche Vergütungen, bei denen die Leistung des Arbeitnehmers gemessen und mit einer Bezugsleistung verglichen wird, also sich die Höhe der Vergütung unmittelbar nach dem Verhältnis beider Leistungen zueinander bestimmt (st. Rspr., vgl. BAG 15. Mai 2001 - 1 ABR 39/00 - zu B II 1 a der Gründe, BAGE 97, 379; Fitting BetrVG 28. Aufl. § 87 Rn. 530; ErfK/Kania 17. Aufl. § 87 BetrVG Rn. 127).

22

(2) Die Regelung in § 1 Arbeitsvertrag „die Wegezeiten zu bzw. von den Stempeluhren oder Pausenräumen sind leistungsentgeltfrei“ erfasst nicht den im Arbeitsvertrag vereinbarten Stundenlohn.

23

(a) Bedient sich der Arbeitgeber in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Rechtsbegriffs, der im juristischen Sprachgebrauch eine bestimmte Bedeutung hat, ist der Begriff in seiner allgemeinen juristischen Bedeutung auszulegen, sofern sich nicht aus dem Sinnzusammenhang der Klausel etwas anderes ergibt (vgl. Schaub/Linck ArbR-HdB 16. Aufl. § 35 Rn. 30; zur Auslegung von Tarifverträgen BAG 17. März 2010 - 5 AZR 317/09 - Rn. 13, BAGE 133, 337; 22. Juli 2010 - 6 AZR 78/09 - Rn. 20, BAGE 135, 179; 16. April 2014 - 4 AZR 802/11 - Rn. 24, BAGE 148, 68; 19. November 2014 - 5 AZR 121/13 - Rn. 18, BAGE 150, 88).

24

(b) Bei der dem Kläger zugesagten Vergütung handelt es sich nicht um ein Leistungsentgelt. Der Stundenlohn ist dem Kläger, unabhängig von der Relation seiner Leistung zu einer Bezugsleistung, als Gegenleistung für die Arbeitsleistung zu zahlen. Für ein vom juristischen Sprachgebrauch abweichendes Verständnis bietet weder § 1 Arbeitsvertrag noch der Sinnzusammenhang der Klausel Anhaltspunkte.

25

(3) Dem gefundenen Auslegungsergebnis steht nicht entgegen, dass dem Kläger kein Leistungsentgelt, sondern ausschließlich ein Stundenentgelt geschuldet ist. Allgemeine Geschäftsbedingungen werden der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags vom Verwender als für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen gestellt. Ein durchschnittlicher Arbeitnehmer muss, selbst wenn in seinem Fall nur eine leistungsunabhängige Vergütung vereinbart ist, nicht davon ausgehen, der Rechtsbegriff „leistungsentgeltfrei“ sei erweiternd dahingehend auszulegen, auch nicht leistungsbezogene Vergütungsbestandteile seien erfasst.

26

cc) Angesichts der Eindeutigkeit der Regelung ist für die Anwendung des § 305c Abs. 2 BGB kein Raum. Die Unklarheitenregelung setzt voraus, dass die Auslegung einer Allgemeinen Geschäftsbedingung mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt und keines den klaren Vorzug verdient. Es müssen „erhebliche Zweifel“ an der richtigen Auslegung bestehen. Die entfernte Möglichkeit, zu einem anderen Ergebnis zu kommen, genügt für die Anwendung der Bestimmung nicht (BAG 9. Juni 2010 - 5 AZR 332/09 - Rn. 39; 21. Januar 2015 - 10 AZR 84/14 - Rn. 26, BAGE 150, 286; 9. Dezember 2015 - 7 AZR 68/14 - Rn. 13; 24. Februar 2016 - 5 AZR 258/14 - Rn. 30). Im Übrigen führte diese gesetzliche Auslegungsregel zum selben Ergebnis.

27

4. Die Vorinstanzen haben den zeitlichen Umfang der vergütungspflichtigen Umkleide- und Wegezeit rechtsfehlerfrei unter Anwendung von § 287 Abs. 2 ZPO ermittelt.

28

a) Vergütungspflichtig ist die Zeit, die für das An- und Ablegen der Arbeitskleidung und das Zurücklegen der damit verbundenen innerbetrieblichen Wege erforderlich ist (vgl. BAG 19. März 2014 - 5 AZR 954/12 - Rn. 26). Zur Ermittlung der Zeitspanne ist ein modifizierter subjektiver Maßstab anzulegen, denn der Arbeitnehmer darf seine Leistungspflicht nicht frei selbst bestimmen, sondern muss unter angemessener Ausschöpfung seiner persönlichen Leistungsfähigkeit arbeiten. „Erforderlich“ ist nur die Zeit, die der einzelne Arbeitnehmer für das Umkleiden und den Weg zur und von der Umkleidestelle im Rahmen der objektiven Gegebenheiten unter Ausschöpfung seiner persönlichen Leistungsfähigkeit benötigt (BAG 19. September 2012 - 5 AZR 678/11 - Rn. 24, BAGE 143, 107; 12. November 2013 - 1 ABR 59/12 - Rn. 48, BAGE 146, 271; 19. März 2014 - 5 AZR 954/12 - Rn. 47). Bei Ermittlung der erforderlichen Zeit gilt es, die Variablen des Umkleidevorgangs zu berücksichtigen. Hierzu gehören ua. die Fragen, welche Privatkleidung je nach Jahreszeit der Arbeitnehmer zuvor getragen hat und welche Wartezeiten (auf die Ausgabe der Kleidung, auf Aufzüge etc.) notwendigerweise entstehen (BAG 19. September 2012 - 5 AZR 678/11 - Rn. 41, aaO).

29

b) Die unter Beachtung der vorgenannten Grundsätze vorgenommene Schätzung der erforderlichen Umkleide- und Wegezeit nach § 287 Abs. 2 ZPO hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

30

aa) Der Arbeitnehmer trägt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass Umkleide- und Wegezeiten angefallen sind, vom Arbeitgeber veranlasst wurden und im geltend gemachten Umfang erforderlich waren (vgl. BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 347/11 - Rn. 25 ff., BAGE 141, 330; 10. April 2013 - 5 AZR 122/12 - Rn. 15 ff.).

31

bb) Steht fest (§ 286 ZPO), dass Umkleide- und Wegezeiten auf Veranlassung des Arbeitgebers entstanden sind, kann aber der Arbeitnehmer seiner Darlegungs- oder Beweislast für den zeitlichen Umfang, in dem diese erforderlich waren, nicht in jeder Hinsicht genügen, darf das Gericht die erforderlichen Umkleide- und damit verbundenen Wegezeiten nach § 287 Abs. 2 iVm. Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 ZPO schätzen (vgl. BAG 21. Mai 1980 - 5 AZR 194/78 - zu 4 a der Gründe; 25. März 2015 - 5 AZR 602/13 - Rn. 18, BAGE 151, 180; aA Franzen NZA 2016, 136, 140). § 287 ZPO bietet damit Erleichterungen für das Beweismaß und das Verfahren, hat aber keine Auswirkungen auf die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast. Die Norm dehnt das richterliche Ermessen für die Feststellung der Forderungshöhe über die Schranken des § 286 ZPO aus(vgl. BAG 26. September 2012 - 10 AZR 370/10 - Rn. 19, 22 mwN, BAGE 143, 165). Zudem reicht bei der Entscheidung über die Höhe einer Forderung - im Unterschied zu den strengen Anforderungen des § 286 Abs. 1 ZPO - eine erhebliche, auf gesicherter Grundlage beruhende Wahrscheinlichkeit für die richterliche Überzeugungsbildung aus(vgl. BGH 17. Dezember 2014 - VIII ZR 88/13 - Rn. 45).

32

(1) Nach § 287 Abs. 2 ZPO gelten die Vorschriften des § 287 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 ZPO bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten entsprechend. Die Vorschrift erlaubt damit auch die Schätzung des Umfangs von Erfüllungsansprüchen, wenn unter den Parteien die Höhe der Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände entweder mit Schwierigkeiten, die zu der Bedeutung des streitigen Teils der Forderung in keinem Verhältnis stehen, verbunden (BAG 25. März 2015 - 5 AZR 602/13 - Rn. 20, BAGE 151, 180) oder unmöglich ist (BGH 29. Juni 1961 - VII ZR 32/60 -; Stein/Jonas/Leipold ZPO 22. Aufl. § 287 Rn. 29; Wieczorek/Schütze/Ahrens 4. Aufl. § 287 ZPO Rn. 61). Das Tatsachengericht muss unter Würdigung aller Umstände entscheiden, ob nach seiner Überzeugung Umkleide- und Wegezeiten entstanden sind und in welchem Umfang sie erforderlich waren. Es hat nach pflichtgemäßem Ermessen zu beurteilen, ob Beweis zu erheben ist oder auf Grundlage des festgestellten Sachverhalts nach § 287 Abs. 2 ZPO nicht wenigstens die Schätzung eines Mindestumfangs benötigter Umkleide- und Wegezeiten möglich ist.

33

(2) Die Vorinstanzen haben die Voraussetzungen einer Schätzung nach § 287 Abs. 2 ZPO zu Recht bejaht.

34

(a) Eine Schätzung hat zu unterbleiben, wenn sie mangels jeglicher konkreter Anhaltspunkte vollkommen „in der Luft hinge“ und daher willkürlich wäre. Die für eine Schätzung unabdingbaren Anknüpfungstatsachen muss derjenige, der den Erfüllungsanspruch geltend macht, darlegen und beweisen (vgl. BAG 25. März 2015 - 5 AZR 602/13 - Rn. 19, BAGE 151, 180; BGH 17. Dezember 2014 - VIII ZR 88/13 - Rn. 46 mwN).

35

(b) Der Umkleidevorgang, den der Kläger auf Weisung der Beklagten jeweils vor Beginn und nach Ende des Arbeitstags vollziehen musste und die mit diesem verbundenen innerbetrieblichen Wege, als die für eine Schätzung unerlässlichen Anknüpfungstatsachen, sind vorliegend festgestellt und stehen außer Streit. Die Parteien streiten allein über die hierfür arbeitstäglich erforderliche Zeit, die sich nachträglich nicht weiter belegen lässt.

36

(3) Die von den Tatsacheninstanzen vorgenommene Schätzung hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

37

(a) Eine vom Tatsachengericht gemäß § 287 Abs. 2 ZPO nach freier Überzeugung vorzunehmende Schätzung unterliegt nur einer eingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung. Ob das Tatsachengericht das Mindestmaß der erforderlichen Umkleide- und Wegezeiten zutreffend geschätzt hat, ist nur auf Ermessensüberschreitung dahingehend zu überprüfen, ob das Tatsachengericht wesentliche Bemessungsfaktoren außer Betracht gelassen oder der Schätzung unrichtige oder unbewiesene Anknüpfungstatsachen zugrunde gelegt hat und damit die Schätzung mangels konkreter Anhaltspunkte völlig „in der Luft hängt“, also willkürlich ist (vgl. BAG 26. September 2012 - 10 AZR 370/10 - Rn. 25 mwN, BAGE 143, 165; 25. März 2015 - 5 AZR 602/13 - Rn. 24, BAGE 151, 180).

38

(b) Die von den Vorinstanzen vorgenommene Schätzung der arbeitstäglichen Umkleide- und Wegezeiten auf 27 Minuten ist frei von Rechtsfehlern. Die Revision zeigt keine Umstände auf, die die Schätzung als willkürlich gegriffen erscheinen ließe. Die Beklagte behauptet nicht, die auf den festgestellten und zudem unstreitigen Anknüpfungstatsachen sowie dem Ergebnis der vom Arbeitsgericht durchgeführten Beweisaufnahme beruhende Schätzung sei rechtsfehlerhaft oder lasse Variablen des Umkleidevorgangs außer Acht.

39

5. Gegen die Berechnung der Anspruchshöhe, der die festgestellte Zahl der Arbeitstage, der Stundenlohn des Klägers und die durch Schätzung als erforderlich ermittelten Umkleide- und Wegezeiten zugrunde liegen, hat die Revision keine Angriffe erhoben.

40

II. Der Anspruch des Klägers ist nicht verwirkt.

41

1. Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung und soll dem Bedürfnis nach Rechtsklarheit dienen. Sie hat nicht den Zweck, Schuldner, denen gegenüber Gläubiger ihre Rechte längere Zeit nicht geltend gemacht haben, von ihrer Pflicht zur Leistung vorzeitig zu befreien. Deshalb kann allein der Zeitablauf die Verwirkung eines Rechts nicht rechtfertigen (Zeitmoment). Es müssen vielmehr besondere Umstände sowohl im Verhalten des Berechtigten als auch des Verpflichteten hinzutreten (Umstandsmoment), die es rechtfertigen, die späte Geltendmachung des Rechts als mit Treu und Glauben unvereinbar und für den Verpflichteten als unzumutbar anzusehen. Der Berechtigte muss unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erwecken konnten, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, so dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden. Durch die Verwirkung wird die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen. Die Verwirkung dient dem Vertrauensschutz. Weiterhin muss - als Zumutbarkeitsmoment - das Erfordernis des Vertrauensschutzes das Interesse des Berechtigten an einer sachlichen Prüfung des von ihm behaupteten Anspruchs derart überwiegen, dass dem in Anspruch Genommenen die Erfüllung des Anspruchs oder die Einlassung auf die Klage nicht mehr zuzumuten ist (BAG 25. April 2006 - 3 AZR 372/05 - Rn. 20, BAGE 118, 51; 22. Februar 2012 - 4 AZR 579/10 - Rn. 43; 25. September 2013 - 5 AZR 936/12 - Rn. 15; 24. August 2016 - 5 AZR 129/16 - Rn. 60).

42

2. Eine Verwirkung scheidet vorliegend schon deshalb aus, weil sich aus dem Vorbringen der Beklagten und dem unstreitigen Sachverhalt keine Tatsachen ergeben, die geeignet wären, die Annahme zu rechtfertigen, der Beklagten sei es aufgrund eigener Dispositionen „unzumutbar“ geworden (vgl. BAG 25. September 2013 - 5 AZR 936/12 - Rn. 28; 24. August 2016 - 5 AZR 129/16 - Rn. 60), die Ansprüche des Klägers zu erfüllen.

43

III. Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2, § 187 Abs. 1 BGB.

44

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Müller-Glöge    

        

    Weber     

        

    Volk     

        

        

        

    A. Christen     

        

    Pollert    

                 

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 14. Oktober 2010 - 6 Sa 343/10 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten - soweit für die Revision von Interesse - über die Vergütung von Überstunden.

2

Der Kläger war vom 14. April 2008 bis zum 13. April 2009 bei der Beklagten aufgrund eines auf diesen Zeitraum befristeten Arbeitsvertrags als Kraftfahrer in der Lebendtierabteilung beschäftigt. Der Arbeitsvertrag enthält ua. folgende Regelungen:

        

„Arbeitsvertrag

                 
        

(außertariflich)

                 
        

…       

        
        

§ 2 Tätigkeit

        
        

1.    

Der Arbeitnehmer wird als Kraftfahrer eingestellt und ist mit allen einschlägigen Arbeiten nach näherer Anweisung der Geschäftsleitung bzw. der Vorgesetzten beschäftigt. Er ist verpflichtet, auch andere zumutbare Tätigkeiten zu verrichten. Der Arbeitnehmer verpflichtet sich zudem, während seiner Tätigkeit auf ihn zukommende Aufgaben gewissenhaft nach bestem Vermögen zu erfüllen, in jeder Hinsicht die Interessen der Firma zu wahren und seine ganze Arbeitskraft ausschließlich dem Unternehmen zu widmen.

        
        

§ 3 Vergütung

        
        

Die monatliche Vergütung des Arbeitnehmers errechnet sich wie folgt:

        
        

außertarifliches Grundgehalt/Monat (brutto):

1.100,00 €

                 
        

Euro in Worten.

Eintausendeinhundert

                                                              
        

Weiterhin erhalten Sie eine

                                            
                                                              
        

freiwillige Leistungs - und Sorgfaltsprämie/Tag (brutto):

10,00 €

                          
        

wenn und soweit unfall- und schadensfrei gefahren wird und Ordnung, Sauberkeit und Fahrzeugpflege voll gewahrt werden und fehlerfreie Fahrweise, geringen Dieselverbrauch und korrektes Auftreten beim Kunden stattfindet und festgestellt wird bei Nichteinhaltung der Voraussetzungen wird die Leistungsprämie widerrufen, siehe dazu auch den Sorgfaltskatalog.

        

freiwillige Treueprämie/Tag (brutto):

10,00 €

                          
        

für jeden gefahrenen Tag über 6 Stunden Fahr-/Lenkzeit

                 
        

freiwilliger Sonntagszuschlag/Tag (brutto):***

10,00 €

                          
                 

(steuer- u. sv-frei)

                          
        

für jeden gefahrenen Sonntag über 6 Stunden Fahr-/Lenkzeit

                 
        

freiwilliger Feiertagszuschlag/Tag (brutto):***

20,00 €

                          
                 

(steuer- u. sv-frei)

                          
        

für jeden gefahrenen Feiertag über 6 Stunden Fahr-/Lenkzeit

        
                          
        

freiwilliger Nachtzuschlag/Tag (brutto):***

10,00 €**

                 

(steuer- u. sv-frei)

        

für Nachtfahrten (in der Zeit von 22:00 - 4:00 Uhr)

        
                          
        

**    

Prämie gilt bei Besetzung der Fahrzeuge mit nur einem/ einer Fahrer/-in. Bei mehr Fahrern/Fahrerinnen wird die Prämie anteilig gezahlt.

                                                     
        

***     

wird solange steuer- und sozialversicherungsfrei gezahlt, wie es der Gesetzgeber zulässt

                                                     
                 

Bei Zusammentreffen mehrerer Zuschläge gilt der jeweils höhere Zuschlag. Die Abrechnung der Spesen erfolgt nach gesetzlichen Regelungen.

                                                     
                 
        

Die Vertragspartner sind sich darüber einig, dass eventuelle Mehrarbeit mit dem Gehalt pauschal abgegolten ist.

                 
        

1.    

Der Arbeitnehmer erhält die freiwillige Leistungsprämie i. H. v. 10,00 € je gefahrenen Tag für den sorgfältigen und gewissenhaften Umgang mit den ihr anvertrauten Fahrzeugen nebst den Transportbehältnissen, sowie für den ordnungsgemäßen Umgang mit den zu beförderten Tieren. Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, bei Unfällen, Verlusten und Beschädigungen unverzüglich unter Angabe sämtlicher Einzelheiten der Firma zu melden und hierüber spätestens einen Tag später schriftliche Meldung zu machen. Versäumt der Arbeitnehmer diese Meldung sowohl in mündlicher, als auch in schriftlicher Form, muss der Arbeitnehmer mit der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen rechnen, die aus einer verspäteten Meldung erwachsen können. Es gilt der jeweilige Sorgfaltskatalog. Ist der Fahrantritt ein Sonntag, wird dies dem Montag zugeordnet.

                          
        

…       

                                   
                                                     
        

§ 4 Arbeitszeit

                 
        

1.    

Der Beginn und das Ende der täglichen Arbeitszeit richtet sich nach der betrieblichen Ordnung. Im Falle betrieblicher Notwendigkeit erklärt sich der Arbeitnehmer mit einer geänderten Einteilung der Arbeitszeit einverstanden (z. B. Havarie).

        

2.    

In Fällen dringenden betrieblichen Bedarfs ist der Arbeitnehmer verpflichtet, vorübergehend Mehrarbeit (Überstunden) zu leisten.

        

3.    

Bei Gehaltsempfängern sind die Überstunden, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit durch Zahlung des Gehaltes pauschal abgegolten.

        

…“    

                                                              
3

Mit der am 23. September 2009 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage hat der Kläger zuletzt Vergütung von 978,5 Überstunden mit einem aus dem Grundgehalt abgeleiteten Stundensatz von 6,35 Euro brutto geltend gemacht. Er hat die Auffassung vertreten, die pauschale Abgeltung von Überstunden sei unwirksam. Mangels einer Regelung zum Umfang der Arbeitspflicht sei auf die betriebliche Arbeitszeit im Unternehmen der Beklagten abzustellen, die 40 Stunden pro Woche betrage. Der Kläger hat unter Vorlage und Berufung auf von ihm gefertigter Listen vorgebracht, an welchem Tag er zu welcher Uhrzeit seine Arbeit im Betrieb begonnen habe, wann er vom Betrieb allein oder mit anderen Fahrern zu welchen Orten oder Mästern gefahren, er wieder in den Betrieb zurückgekehrt sei und das Fahrzeug an den Schlachthof übergeben habe. Er hat behauptet, nach einer internen Anweisung seien die Kraftfahrer der Beklagten verpflichtet, 30 bis 60 Minuten vor der geplanten Abfahrt im Betrieb zu erscheinen und die notwendigen Arbeitsvorbereitungen (technische Überprüfung, Behebung von Mängeln, Betanken etc.) vorzunehmen. Beim jeweiligen Mäster müsse dessen Personal bei der Beladung des LKW unterstützt werden. Sämtliche Fahrten seien von der Beklagten angeordnet gewesen, und zwar im Wesentlichen von der Disponentin Frau H, bei deren Verhinderung von Herrn W.

4

Der Kläger hat zuletzt sinngemäß beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 6.213,50 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach bestimmter zeitlicher Staffelung zu zahlen.

5

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, die Vergütung von Überstunden sei mit dem vereinbarten Gehalt abgegolten. Zudem habe der Kläger einen eventuellen Vergütungsanspruch verwirkt. Die Arbeitszeit des Klägers habe sich gemäß § 4 Arbeitsvertrag nach der betrieblichen Ordnung - also bei Vollzeit 40 Wochenstunden/173,33 Monatsstunden - und, weil es sich beim Kläger um einen Fahrer bzw. Beifahrer von LKW mit mehr als 3,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht gehandelt habe, nach den gesetzlichen Bestimmungen für Fahrpersonal in § 21a ArbZG gerichtet. Danach sei eine Arbeitszeit von 48 Wochenstunden zulässig und die Beifahrerzeit nicht vergütungspflichtig. Überstunden habe sie weder angeordnet noch gebilligt.

6

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision des Klägers ist begründet.

8

I. Mit der Begründung des Landesarbeitsgerichts kann die Berufung des Klägers gegen das die Klage abweisende Urteil des Arbeitsgerichts nicht zurückgewiesen werden. Das Landesarbeitsgericht hat nicht beachtet, dass § 21a Abs. 3 ArbZG die Vergütung von Beifahrerzeiten nicht ausschließt, und zudem die Substantiierungslast des Arbeitnehmers im Überstundenprozess überspannt.

9

1. Der Kläger hat auch während der als Beifahrer verbrachten Zeit gearbeitet und die von ihm geschuldete Tätigkeit als Kraftfahrer erbracht. Er musste sich aufgrund der Arbeitseinteilung der Beklagten an seinem Arbeitsplatz, dem LKW, aufhalten und konnte nicht frei über die Nutzung seiner Zeit bestimmen. Nach § 21a Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 ArbZG ist zwar für Arbeitnehmer, die sich beim Fahren abwechseln, die während der Fahrt neben dem Fahrer oder in einer Schlafkabine verbrachte Zeit abweichend von § 2 Abs. 1 ArbZG keine Arbeitszeit. Die Vorschrift enthält jedoch keine Modifizierung dessen, was unter Arbeit zu verstehen ist, und schließt eine Vergütung für die Arbeit als Beifahrer nicht aus (BAG 20. April 2011 - 5 AZR 200/10 - Rn. 19 ff., AP BGB § 307 Nr. 51 = EzA BGB 2002 § 611 Mehrarbeit Nr. 3). Der Kläger kann daher auch für Beifahrertätigkeit die in § 3 Arbeitsvertrag vereinbarte Vergütung beanspruchen. Eine gesonderte Vergütungsregelung für die als Beifahrer verbrachte Zeit haben die Parteien nicht getroffen. Der Kläger war deshalb nicht gehalten, bei der Darlegung von Überstunden zwischen Zeiten, in denen er den LKW selbst gefahren hat, und solchen, in denen er als Beifahrer auf dem LKW mitgefahren ist, zu differenzieren.

10

2. Die Darlegung der Leistung von Überstunden ist nicht aus den vom Landesarbeitsgericht angenommenen Gründen unschlüssig.

11

Das Landesarbeitsgericht moniert, dem Vortrag des Klägers sei nicht zu entnehmen, wann er Pausen gemacht habe. Die Nichtangabe von Pausenzeiten impliziert zunächst aber nur die Behauptung, der Arbeitnehmer habe solche nicht gemacht. Bei Zweifeln hätte das Landesarbeitsgericht nach § 139 Abs. 1 Satz 1 ZPO nachfragen müssen, ob der Sachvortrag des Klägers dahingehend zu verstehen sei, er habe keine Pausen gemacht. Hätte der Kläger dies bejaht, wäre sein Vorbringen unter Berücksichtigung einer etwaigen Einlassung der Beklagten hierzu nach § 286 Abs. 1 ZPO zu würdigen gewesen. Hätte der Kläger die Frage verneint, wäre das Landesarbeitsgericht nach § 139 Abs. 1 Satz 2 ZPO verpflichtet gewesen, auf eine Ergänzung des Sachvortrags hinzuwirken. Dasselbe gilt für den Vorwurf, dem Sachvortrag des Klägers sei nicht zu entnehmen, warum nach Abschluss der Fahrten regelmäßig exakt 30 Minuten bis zur Übergabe des Fahrzeugs an den Schlachthof berücksichtigt seien.

12

II. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts erweist sich nicht aus anderen Gründen als richtig.

13

1. Ein Anspruch des Klägers auf Überstundenvergütung ist nicht nach § 3 iVm. § 4 Ziff. 3 Arbeitsvertrag ausgeschlossen.

14

a) Auf die genannten Regelungen des Arbeitsvertrags sind jedenfalls § 305c Abs. 2, §§ 306 und 307 bis 309 BGB anzuwenden(§ 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB). Die Beklagte hat den Arbeitsvertrag vorformuliert, dem Kläger in dieser Form angeboten und damit im Rechtssinne gestellt. Ob es sich dabei um für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen handelte (§ 305 Abs. 1 BGB), bedarf keiner weiteren Aufklärung, denn der Arbeitsvertrag ist ein Verbrauchervertrag iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB(vgl. BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 253/09 - Rn. 20 ff., AP BGB § 310 Nr. 13 = EzA BGB 2002 § 310 Nr. 10). Auf den Inhalt der vorformulierten Klausel zur Vergütung von Überstunden konnte der Kläger unstreitig keinen Einfluss nehmen.

15

b) Die in § 3 iVm. § 4 Ziff. 3 Arbeitsvertrag geregelte Pauschalabgeltung von Überstunden ist mangels hinreichender Transparenz unwirksam, § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.

16

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist eine die pauschale Vergütung von Überstunden regelnde Klausel nur dann klar und verständlich, wenn sich aus dem Arbeitsvertrag selbst ergibt, welche Arbeitsleistungen in welchem zeitlichen Umfang von ihr erfasst werden sollen. Der Arbeitnehmer muss bereits bei Vertragsschluss erkennen können, was ggf. „auf ihn zukommt“ und welche Leistungen er für die vereinbarte Vergütung maximal erbringen muss (vgl. dazu im Einzelnen zuletzt BAG 17. August 2011 - 5 AZR 406/10 - Rn. 14 mwN, EzA BGB 2002 § 612 Nr. 10; 22. Februar 2012 - 5 AZR 765/10 - Rn. 15 f.).

17

Nach diesen Grundsätzen ist § 3 iVm. § 4 Ziff. 3 Arbeitsvertrag nicht klar und verständlich. Der Umfang der davon erfassten Überstunden ist im Arbeitsvertrag ebenso wenig bestimmt, wie die Voraussetzungen, unter denen Überstunden zu leisten sind, also ein „Fall dringenden betrieblichen Bedarfs“ (§ 4 Ziff. 2 Arbeitsvertrag) vorliegen soll. Insbesondere lässt sich weder der Klausel selbst noch den arbeitsvertraglichen Bestimmungen im Übrigen eine Begrenzung auf die nach § 21a Abs. 4 ArbZG zulässige Höchstarbeitszeit eines als Fahrer oder Beifahrer bei Straßenverkehrstätigkeiten iSv. § 21a Abs. 1 ArbZG eingesetzten Arbeitnehmers entnehmen. Die Verwendung des Begriffs „Mehrarbeit“ in § 3 und als Synonym für Überstunden in § 4 Ziff. 2 Arbeitsvertrag deuten im Gegenteil darauf hin, dass auch eine Überschreitung der gesetzlichen Arbeitszeit von der Klausel erfasst sein soll, zumal die Beklagte den Kläger nach § 2 Ziff. 1 Arbeitsvertrag verpflichten wollte, seine „ganze Arbeitskraft“ der Beklagten zu widmen.

18

c) Ist im Arbeitsvertrag die Vergütung von Überstunden weder positiv noch negativ geregelt, kommt als Anspruchsgrundlage dafür nur § 612 Abs. 1 BGB in Betracht. Danach gilt eine Vergütung als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. Die danach erforderliche - objektive - Vergütungserwartung (vgl. dazu BAG 17. August 2011 - 5 AZR 406/10 - Rn. 20, EzA BGB 2002 § 612 Nr. 10; 21. September 2011 - 5 AZR 629/10 - Rn. 31, EzA BGB 2002 § 612 Nr. 11, jeweils mwN) ist gegeben. Der Kläger schuldet weder Dienste höherer Art, noch erhält er eine deutlich herausgehobene Vergütung. Die ihm nach § 3 Arbeitsvertrag zustehende Vergütung liegt auch unter Berücksichtigung der nach dem Willen der Beklagten freiwillig sein sollenden Leistungs-, Sorgfalts- und Treueprämien sowie den Zuschlägen für Sonn-, Feiertags- und Nachtarbeit ganz erheblich unter der Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung(zu deren Bedeutung vgl. BAG 22. Februar 2012 - 5 AZR 765/10 - Rn. 21).

19

2. Ein Anspruch des Klägers auf Überstundenvergütung ist entgegen der Auffassung der Beklagten nicht verwirkt.

20

Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung. Sie setzt voraus, dass der Gläubiger sein Recht längere Zeit nicht geltend gemacht hat und dabei unter Umständen untätig geblieben ist, die den Eindruck erwecken konnten, er wolle auch künftig sein Recht nicht mehr geltend machen. Zudem muss der Verpflichtete sich darauf einstellen dürfen, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden (BAG 23. August 2011 - 3 AZR 575/09 - Rn. 57, EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 20; vgl. auch 22. April 2009 - 5 AZR 292/08 - Rn. 28, AP BGB § 611 Wegezeit Nr. 11).

21

Ob eine Verwirkung des Anspruchs auf Überstundenvergütung vor Eintritt der gesetzlichen Verjährung schon deshalb ausscheidet, weil sich der Arbeitgeber, der dem Arbeitnehmer einen Formulararbeitsvertrag anbietet, durch vertragliche Ausschlussfristen (zu den Anforderungen an deren Wirksamkeit vgl. BAG 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - BAGE 115, 19; 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 - BAGE 116, 66) davor schützen kann, länger als drei Monate nach Fälligkeit des Anspruchs mit einer Geltendmachung konfrontiert zu werden, bedarf keiner Entscheidung. Denn unbeschadet der Frage, ob im Streitfall überhaupt das Zeitmoment erfüllt ist, kann sich jedenfalls ein Arbeitgeber, der - wie die Beklagte - dem Arbeitnehmer eine unwirksame Klausel zur Pauschalabgeltung von Überstunden stellt, nicht schutzwürdig darauf einrichten, der Arbeitnehmer werde die Unwirksamkeit der Klausel schon nicht erkennen und Überstundenvergütung nicht geltend machen (vgl. BAG 22. Februar 2012 - 5 AZR 765/10 - Rn. 24).

22

III. Ob und ggf. in welchem Umfang die Klage begründet ist, kann der Senat aufgrund der bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht entscheiden. Das führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht, § 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Im erneuten Berufungsverfahren wird das Landesarbeitsgericht Folgendes zu beachten haben:

23

1. Der mit „Arbeitszeit“ überschriebene § 4 Arbeitsvertrag enthält zwar keine ausdrückliche Vereinbarung über eine bestimmte wöchentliche oder monatliche Arbeitszeit. Über den Verweis auf die „betriebliche Ordnung“ lässt sich aber mittelbar eine Normalarbeitszeit erschließen, deren Dauer zwischen den Parteien unstreitig ist.

24

Der Kläger hat vorgetragen, die betriebliche Arbeitszeit bei der Beklagten betrage 40 Wochenstunden. Dem ist die Beklagte nicht nur nicht entgegengetreten, sondern hat selbst vorgebracht, die Arbeitszeit des Klägers richte sich gemäß § 4 Arbeitsvertrag nach der betrieblichen Ordnung und das seien bei Vollzeit 40 Wochenstunden/173,33 Stunden im Monat. Weiter hat die Beklagte gemeint, weil es sich bei dem Kläger um einen Fahrer bzw. Beifahrer von LKW mit mehr als 3,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht handele, gölten auch die gesetzlichen Bestimmungen für Fahrpersonal. Das trifft zu, führt aber nicht zu einer Erhöhung der vom Kläger geschuldeten Normalarbeitszeit. § 21a Abs. 4 ArbZG regelt nur die Arbeitszeit eines Kraftfahrers, die arbeitsschutzrechtlich nicht überschritten werden darf. Die Vorschrift ersetzt nicht eine vertragliche Vereinbarung über die Arbeitszeit und tritt bei deren Fehlen nicht an deren Stelle. Einen - als vertragliche Vereinbarung auslegbaren - Hinweis auf das Arbeitszeitgesetz, insbesondere dessen § 21a Abs. 4, enthält § 4 Arbeitsvertrag nicht.

25

2. Für die Darlegung und den Beweis der Leistung von Überstunden gelten die Grundsätze wie für die Behauptung des Arbeitnehmers, die geschuldete (Normal-)Arbeit verrichtet zu haben.

26

a) Ausgehend von den Vorschriften des allgemeinen Schuldrechts in Verbindung mit § 614 BGB gilt im Arbeitsverhältnis der Grundsatz „Ohne Arbeit kein Lohn“. Verlangt der Arbeitnehmer gem. § 611 BGB Arbeitsvergütung für Arbeitsleistungen, hat er deshalb darzulegen und - im Bestreitensfall - zu beweisen, dass er Arbeit verrichtet oder einer der Tatbestände vorgelegen hat, der eine Vergütungspflicht ohne Arbeit regelt(zB § 1 BUrlG, §§ 615, 616 Satz 1 BGB, § 2 Abs. 1, § 3 Abs. 1 EntgeltFG, § 37 Abs. 2 BetrVG). Da die konkret zu leistende Arbeit in der Regel vom Arbeitgeber durch Weisungen zu bestimmen ist (§ 106 GewO), genügt der Arbeitnehmer seiner Darlegungslast, indem er vorträgt, er habe sich zur rechten Zeit am rechten Ort bereitgehalten, um Arbeitsanweisungen des Arbeitgebers zu befolgen. Auf diesen Vortrag muss der Arbeitgeber im Rahmen einer gestuften Darlegungslast substantiiert erwidern. Deshalb hat der Arbeitgeber im Einzelnen vorzutragen, welche Arbeiten er dem Arbeitnehmer zugewiesen hat und ob der Arbeitnehmer den Weisungen nachgekommen ist. Trägt er nichts vor oder lässt er sich nicht substantiiert ein, gelten die vom Arbeitnehmer vorgetragenen Arbeitsstunden als zugestanden (vgl. zum Ganzen BAG 18. April 2012 - 5 AZR 248/11 - Rn. 14).

27

b) Nichts anderes gilt für die Behauptung des Arbeitnehmers, er habe die geschuldete Arbeit in einem die Normalarbeitszeit übersteigenden zeitlichen Umfang verrichtet. Verlangt der Arbeitnehmer aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung, tarifvertraglicher Verpflichtung des Arbeitgebers oder § 612 Abs. 1 BGB Arbeitsvergütung für Überstunden, hat er darzulegen und - im Bestreitensfall - zu beweisen, dass er Arbeit in einem die Normalarbeitszeit übersteigenden zeitlichen Umfang verrichtet hat. Dabei genügt der Arbeitnehmer seiner Darlegungslast, indem er vorträgt, an welchen Tagen er von wann bis wann Arbeit geleistet oder sich auf Weisung des Arbeitgebers zur Arbeit bereitgehalten hat. Auf diesen Vortrag muss der Arbeitgeber im Rahmen einer gestuften Darlegungslast substantiiert erwidern und im Einzelnen vortragen, welche Arbeiten er dem Arbeitnehmer zugewiesen hat und an welchen Tagen der Arbeitnehmer von wann bis wann diesen Weisungen - nicht - nachgekommen ist.

28

Diese Grundsätze dürfen aber nicht gleichsam schematisch angewendet werden, sondern bedürfen stets der Berücksichtigung der im jeweiligen Streitfall zu verrichtenden Tätigkeit und der konkreten betrieblichen Abläufe. So kann ein Kraftfahrer wie der Kläger, dem vom Arbeitgeber bestimmte Touren zugewiesen werden, seiner Darlegungslast bereits dadurch genügen, dass er vorträgt, an welchen Tagen er welche Tour wann begonnen und wann beendet hat. Im Rahmen der gestuften Darlegungslast ist es dann Sache des Arbeitgebers, unter Auswertung der Aufzeichnungen nach § 21a Abs. 7 Satz 1 ArbZG substantiiert darzulegen, an welchen Tagen der Arbeitnehmer aus welchen Gründen in geringerem zeitlichen Umfang als von ihm behauptet gearbeitet haben muss.

29

c) Ihrer Darlegungslast genügen weder Arbeitnehmer noch Arbeitgeber durch die bloße Bezugnahme auf den Schriftsätzen als Anlagen beigefügte Stundenaufstellungen oder sonstige Aufzeichnungen. Anlagen können lediglich zur Erläuterung des schriftsätzlichen Vortrags dienen, diesen aber nicht ersetzen (BGH 2. Juli 2007 - II ZR 111/05 - Rn. 25 mwN, NJW 2008, 69; vgl. auch BVerfG 30. Juni 1994 - 1 BvR 2112/93 - zu III 2 a der Gründe, NJW 1994, 2683). Die Darlegung der Leistung von Überstunden durch den Arbeitnehmer bzw. die substantiierte Erwiderung hierauf durch den Arbeitgeber hat vielmehr entsprechend § 130 Nr. 3 und Nr. 4 ZPO schriftsätzlich zu erfolgen. Beigefügte Anlagen können den schriftsätzlichen Vortrag lediglich erläutern oder belegen, verpflichten das Gericht aber nicht, sich die unstreitigen oder streitigen Arbeitszeiten aus den Anlagen selbst zusammenzusuchen.

30

Nachdem das Landesarbeitsgericht die Art und Weise des Vorbringens der Parteien nicht beanstandet hat, muss ihnen im erneuten Berufungsverfahren Gelegenheit gegeben werden, ihrer jeweiligen Darlegungslast zur Leistung bzw. Nichtleistung von Überstunden schriftsätzlich nachzukommen.

31

3. Soweit die Beklagte bislang die Anordnung von Überstunden - pauschal - bestritten hat, ist das unbehelflich. Wenn ein Kraftfahrer für eine angewiesene Tour eine bestimmte Zeit benötigt und sie nur unter Leistung von Überstunden ausführen kann, waren die Überstunden - unabhängig von einer ausdrücklichen Anordnung - jedenfalls zur Erledigung der geschuldeten Arbeit notwendig (vgl. BAG 25. Mai 2005 - 5 AZR 319/04 - zu II 1 a der Gründe mwN, AP TVG § 1 Tarifverträge: Gebäudereinigung Nr. 17 = EzA BGB 2002 § 611 Mehrarbeit Nr. 1). Etwas anderes gilt nur, wenn der Arbeitgeber darlegen kann, dass die von ihm dem Arbeitnehmer zugewiesene Tour unter Beachtung der Rechtsordnung, insbesondere der für die Beschäftigung von Arbeitnehmern als Fahrer oder Beifahrer bei Straßenverkehrstätigkeiten geltenden (Sozial-)Vorschriften und des Straßenverkehrsrechts, innerhalb der Normalarbeitszeit gefahren werden kann. Erst dann obliegt es wiederum dem Arbeitnehmer, besondere Umstände darzutun, die zur Überschreitung der Normalarbeitszeit geführt haben.

32

IV. Ob die Lohnabzüge wegen vermeintlich mangelnder Wagenpflege tatsächlich gerechtfertigt waren, ist wegen der beschränkten Revisionszulassung nicht mehr Gegenstand des erneuten Berufungsverfahrens.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    S. Röth-Ehrmann    

        

    Christen    

                 

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

(1) Die Entscheidung über das Gesuch um Bestimmung des zuständigen Gerichts ergeht durch Beschluss.

(2) Der Beschluss, der das zuständige Gericht bestimmt, ist nicht anfechtbar.

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.