Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 25. Sept. 2017 - 3 Sa 263/17

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2017:0925.3Sa263.17.00
bei uns veröffentlicht am25.09.2017

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen - Auswärtige Kammern Landau- vom 20.12.2016, Az.: 6 Ca 812/15 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten darüber, ob eine mündlich ausgesprochene fristlose Kündigung der Beklagten rechtswirksam ist und insbesondere darüber, ob zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis besteht.

2

Am 16.10.2014 erschien der Kläger zum ersten Mal am Betriebssitz der Beklagten und führte ein Vorstellungsgespräch, an dem der Geschäftsführer der Beklagten, Herr H. und Herr K. teilnahmen. Ob der Kläger bereits an diesem Tag weisungsgemäß Arbeiten für den Geschäftsführer der Beklagten ausführte und ob ihm an diesem Tag der Abschluss eines Arbeitsverhältnisses mit Wirkung ab 27.10.2014 angeboten wurde, wird von den Parteien unterschiedlich dargestellt. Am 27.10.2014 und am 28.10.2014 erschien der Kläger und wurde von Herrn K. in die Arbeitsabläufe des Betriebes integriert und konnte sich an verschiedenen Arbeitsabläufen beteiligen.

3

Am 31.10.2014 erschien der Kläger auf dem Betriebsgelände der Beklagten, wurde jedoch nicht eingesetzt. Dies lehnte der Geschäftsführer der Beklagten ab. Am 03.11.2014 erschien der Kläger morgens erneut unangekündigt im Betrieb der Beklagten und sprach die auszubildende Empfangsdame, Frau T. an, wie es denn nun weitergehe. Da die Auszubildende diese Frage nicht beantworten konnte und der Kläger lautstark wurde, forderte der Geschäftsführer der Beklagten den Kläger auf, den Raum zu verlassen. Der Kläger brüllte daraufhin den Geschäftsführer mehrfach an und streckte beide Mittelfinger in seine Richtung aus und gab an, dass er als ehemaliger Polizist wisse, was er zu tun habe und verließ dann das Gelände der Beklagten.

4

Am 25.10.2016 ist ein klageabweisendes Versäumnisurteil gegen den Kläger ergangen. Gegen dieses am 28.10.2016 zugestellte Versäumnisurteil hat der Kläger am 04.11.2016 beim Arbeitsgericht Ludwigshafen - Auswärtige Kammern Landau - eingegangenem Schriftsatz Einspruch eingelegt.

5

Der Kläger hat vorgetragen,
er sei Facharbeiter und als solcher durch Tätigkeit bei vorherigen Arbeitsstellen mit der Wartung und Pflege von Kraftfahrzeugen vertraut. So habe er den Beruf des Betriebsschlossers bei der Firma M. in W. gelernt und dort den umfangreichen Firmenfuhrpark im Rahmen seiner Tätigkeit betreut. Ebenso habe er bei der Firma A., M. den Firmenfuhrpark betreut, insbesondere die Fahrzeuge gepflegt. Auch habe er eineinhalb Jahre bei der Firma X gearbeitet und sei in gesonderten Schulungen mit den Pflege- und Aufbereitungsmitteln sowie deren Handhabung vertraut gemacht worden. Von daher sei für ihn, als ausgebildeten Facharbeiter, ein Praktikum bei der Beklagten nicht in Frage gekommen. Schließlich habe er mit einem spontanen Probearbeitstag von seinem Wissen und Können dermaßen überzeugt, dass der Geschäftsführer eine sofortige Einstellung als Vollzeitbeschäftigter ihm vorgeschlagen habe. Seit dem 27.10.2014 sei er ohne Unterbrechung als Angestellter im Betrieb der Beklagten beschäftigt. Die am 03.11.2014 ausgesprochene mündliche Kündigung sei gem. § 623 BGB rechtsunwirksam.

6

Der Kläger beantragt,

7

1. Das Versäumnisurteil des Arbeitsgerichtes Ludwigshafen am Rhein -Auswärtige Kammern Landau in der Pfalz - vom 25.10.2016, Aktenzeichen 6 Ca 812/15, dem Kläger zugestellt am 28.10.2016, wird aufgehoben.

8

2. Es wird festgestellt, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden und einer Bruttovergütung von 1.440,00 EUR monatlich mit Wirkung ab dem 27.10.2014 besteht.

9

3. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis durch mündliche, fristlose Kündigung vom 03.11.2014 nicht aufgelöst worden ist.

10

4. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis durch die außerordentliche, fristlose Kündigung vom 20.02.2015 nicht aufgelöst worden ist.

11

5. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis durch die hilfsweise ordentliche Kündigung vom 20.02.2015 nicht aufgelöst worden ist.

12

6. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern über den 31.03.2015 hinaus fortbesteht.

13

7. Für den Fall des Obsiegens, die Beklagte zu verurteilen, den Kläger bis zur rechtskräftigen Entscheidung dieses Rechtsstreits zu den im Antrag zu 2. bestimmten Arbeits- und Vertragsbedingungen als Angestellter weiter zu beschäftigen.

14

8. Hilfsweise für den Fall, dass das Arbeitsverhältnis durch Kündigung beendet worden sein sollte, die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ein Zeugnis zu erteilen, das sich auf Art und Dauer sowie Verhalten und Leistung während des Arbeitsverhältnisses erstreckt.

15

Der Beklagte hat beantragt,

16

die Klage abzuweisen.

17

Die Beklagte hat vorgetragen,

18

zwischen den Parteien sei zu keinem Zeitpunkt ein Arbeitsverhältnis begründet worden. Am 22.10.2014 habe der Kläger, als er seine Fähigkeiten und Fertigkeiten habe präsentieren sollen, keineswegs überzeugt. Auf seinen Wunsch hin seien sodann für den 27.10. und 28.10.2014 weitere Arbeitsversuche geplant worden, bei deren Gelegenheit der Kläger seine Fähigkeiten und Fertigkeiten habe zeigen sollen. Insoweit sei der Kläger in die Arbeitsabläufe integriert worden, um den Betrieb kennen zu lernen. Nach diesen beiden Kennenlerntagen sei dem Kläger keine Zusage auf Abschluss eines Arbeitsvertrages angetragen worden. Infolge dessen sei zwischen den Parteien kein Arbeitsverhältnis zu Stande gekommen. Eine mündliche Kündigung habe daher gar nicht ausgesprochen werden müssen.

19

Das Arbeitsgericht Ludwigshafen hat durch Beschluss vom 20.12.2016 (Bl. 211 d. A.) Beweis über die Behauptung des Klägers erhoben, zwischen ihm und dem Geschäftsführer der Beklagten sei am 22.10.2014 ein Arbeitsvertrag zu einem Bruttobetrag in Höhe von 1.440,00 EUR vereinbart worden durch Vernehmung der Zeugin T.; es hat des Weiteren Beweis erhoben über die Behauptung des Klägers, er habe vom 27.10. bis 31.10.2014 auf Weisung der Beklagten im Betrieb der Beklagten Reinigungs- und Lackiervorbereitungsarbeiten durchgeführt von 8.00 bis 17.00 Uhr durch Vernehmung des Zeugen K.. Hinsicht des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 20.12.2016 (Blatt 211 bis 214 d. A.) Bezug genommen.

20

Das Arbeitsgericht Ludwigshafen - Auswärtige Kammern Landau - hat daraufhin durch Urteil vom 2012.2016 - 6 Ca 812/15 - das Versäumnisurteil vom 25.01.2016 aufrecht erhalten und den Einspruch zurückgewiesen. Hinsichtlich des Inhalts von Tatbestand und Entscheidungsgründen wird auf Bl. 219 - 227 d. A. Bezug genommen.

21

Gegen das ihm am 20.04.2017 zugestellte Urteil hat der Kläger durch am 18.05.2017 beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt. Er hat die Berufung durch am 20.07.2017 beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangenem Schriftsatz begründet, nachdem zuvor durch Beschluss vom 16.06.2017 auf seinen begründeten Antrag hin die Frist zur Einreichung der Berufungsbegründung bis zum 20.07.2017 einschließlich verlängert worden war.

22

Der Kläger wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen und hebt insbesondere hervor, ein Einfühlungsverhältnis sei vorliegend nicht gegeben. Denn der Kläger sei jedenfalls für den 27.10.2014 und den 28.10.2014 - unstreitig - in die Arbeitsabläufe des Betriebes der Beklagten integriert und an verschiedenen Arbeitsabläufen beteiligt gewesen. Er habe weisungsgebundene Arbeiten verrichtet. Folglich liege ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien vor. Die Beklagte habe den Kläger für eine Arbeitsstelle erproben wollen. Er habe auch für die maßgeblichen Voraussetzungen eines Arbeitsverhältnisses - Arbeitsleistung und Vergütung - Beweis in Form von Parteivernehmung angeboten. Sein Vorbringen sei auch nicht widersprüchlich. Es sei unerheblich, ob der Probearbeitstag am 16. oder 22.10.2014 stattgefunden habe.

23

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens des Klägers im Berufungsverfahren wird auf die Berufungsbegründungsschrift vom 08.06.2017 (Bl. 302 - 309 d. A.) Bezug genommen.

24

Der Kläger beantragt,

25

1. Das Versäumnisurteil des Arbeitsgerichtes Ludwigshafen am Rhein -Auswärtige Kammern Landau in der Pfalz - vom 25.10.2016, Aktenzeichen 6 Ca 812/15, dem Kläger zugestellt am 28.10.2016, aufzuheben.

26

2. Festzustellen, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden und einer Bruttovergütung von 1.440,00 EUR monatlich mit Wirkung ab dem 27.10.2014 besteht.

27

3. Festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch mündliche, fristlose Kündigung vom 03.11.2014 nicht aufgelöst worden ist.

28

4. Festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die außerordentliche, fristlose Kündigung vom 20.02.2015 nicht aufgelöst worden ist.

29

5. Festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die hilfsweise ordentliche Kündigung vom 20.02.2015 nicht aufgelöst worden ist.

30

6. Festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern über den 31.03.2015 hinaus fortbesteht.

31

7. Für den Fall des Obsiegens, die Beklagte zu verurteilen, den Kläger bis zur rechtskräftigen Entscheidung dieses Rechtsstreits zu den im Antrag zu 2. bestimmten Arbeits- und Vertragsbedingungen als Angestellter weiter zu beschäftigen.

32

8. Hilfsweise für den Fall, dass das Arbeitsverhältnis durch Kündigung beendet worden sein sollte, die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ein Zeugnis zu erteilen, das sich auf Art und Dauer sowie Verhalten und Leistung während des Arbeitsverhältnisses erstreckt.

33

Die Beklagte beantragt,

34

die Berufung zurückzuweisen.

35

Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens und hebt insbesondere hervor, es sei der Kläger gewesen, der habe wissen wollen, ob er für die Tätigkeiten bei der Beklagten geeignet sei oder nicht. Wann genau der Probearbeitstag gewesen sei. Das Einfühlungsverhältnis habe am 27. und 28.10.2014 stattgefunden. Der Kläger sei insoweit nicht zur Arbeit angehalten gewesen und habe keine Arbeitsanweisungen erhalten. Im Rahmen der Unterrichtung über die bei der Beklagten vorkommenden Tätigkeiten seien ihm vielmehr die Tätigkeiten erläutert und er in diese eingewiesen worden. Von ihm seien weder konkrete Verrichtungen noch Arbeitsergebnisse erwartet worden. Unstreitig sei der Kläger am 29. und 30.10.2014 bei der Beklagten nicht erschienen. Unstreitig sei er am 31.10.2014 erschienen und habe wissen wollen, ob er die Stelle bekomme. Es sei insoweit schon nicht nachvollziehbar, warum er am 29. und 30.10.2014 bei der Beklagten nicht erschienen sei, wenn doch ein Arbeitsverhältnis bestanden haben solle. Auch daraus folge, dass es am 27. und 28. Oktober 2014 ein Einfühlungsverhältnis zwischen den Parteien gegeben habe und beiden klar gewesen sei, dass dann ein jeder für sich über die Aufnahme eines Arbeitsverhältnisses entscheiden könne. Am 31.10.2014 sei der Kläger dann erschienen, mit der Maßgabe, dass die Beklagte die Begründung eines Arbeitsverhältnisses abgelehnt habe.

36

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beklagten im Berufungsverfahren wird auf die Berufungserwiderungsschrift vom 25.08.2017 (Bl. 314, 315 d. A.) Bezug genommen.

37

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie die zu den Akten gereichten Schriftstücke verwiesen.

38

Schließlich wird Bezug genommen auf das Sitzungsprotokoll vom 25.09.2017.

Entscheidungsgründe

I.

39

Das Rechtsmittel der Berufung ist nach §§ 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft. Die Berufung ist auch gem. §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 518, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

II.

40

Das Rechtsmittel der Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

41

Denn entgegen der Auffassung des Klägers bestand zwischen den Parteien kein durch Arbeitsvertrag begründetes Arbeitsverhältnis. Davon ist das Arbeitsgericht im Ergebnis zutreffend ausgegangen.

42

Notwendige Voraussetzung für die Annahme eines Arbeitsverhältnisses nach § 611 Abs. 1 BGB ist nur, dass sich der Arbeitnehmer vertraglich zur Leistung von Diensten verpflichtet (BAG 15.02.2012 EzA § 611 BGB 2002 Arbeitnehmerbegriff Nr. 20; s.a. BAG 20.08.2014 EzA § 286 ZPO 2002 Nr. 3). Die erforderliche Vereinbarung über die Erbringung der Arbeitsleistung liegt vor, wenn der Arbeitgeber eine Arbeitszusage durch den Arbeitnehmer angenommen hat oder sie auf seinen Antrag hin erfolgt. Die Zusage kann auch in der Vornahme der Arbeit selbst liegen. Wenn im Arbeitsvertrag keine ausdrückliche Vereinbarung über die Dauer der Arbeitszeit getroffen worden ist, so ist anzunehmen, dass die Parteien die betriebsübliche Arbeitszeit vereinbaren wollten. Aus § 612 Abs. 1 BGB folgt, dass eine Vereinbarung über die Vergütung nicht notwendige Voraussetzung für das Zustandekommen eines Arbeitsvertrages ist. Denn im allgemeinen ist Arbeit nur gegen eine Vergütung zu erwarten (vgl. Dörner/Luczak/Wildschütz/Baeck/Hoß, Handbuch des Arbeitsrechts, 14. Aufl., 2017, Kap. 2 Rdnr. 514 ff.).

43

Für das Zustandekommen des Arbeitsvertrages gelten §§ 145 ff. BGB. Ausreichend ist es, wenn sich die Parteien über die entgeltliche Verwendung des Arbeitnehmers geeinigt haben. Bestreitet eine Partei das Zustandekommen eines Arbeitsvertrages, so muss im Einzelnen nach Inhalt, Ort, Zeitpunkt und beteiligten Personen dargelegt werden, wer welche tatsächlichen Erklärungen abgegeben hat (vgl. LAG R.-P. 13.05.1996 - 9 (11) Sa 1379/95, n.v.). Die nähere inhaltliche Konkretisierung der Leistungspflicht des Arbeitnehmers kann durch das Direktionsrecht des Arbeitgebers sowie gem. § 612 BGB hinsichtlich der Vergütung vorgenommen werden (BAG 15.02.2012 a.a.O.).

44

Vorliegend kann nach dem tatsächlichen Vorbringen des darlegungs- und beweisbelasteten Klägers in beiden Rechtszügen nicht davon ausgegangen werden, dass ihm die nach Inhalt, Ort, Zeitpunkt und beteiligten Personen hinreichend substantiierte Darlegung eines entsprechenden Arbeitsvertragsschlusses zwischen den Parteien gelungen ist. Auch begründet die vor dem Arbeitsgericht durchgeführte Beweisaufnahme gem. § 286 ZPO keineswegs die volle Überzeugung der Kammer von diesem Umstand.

45

Ebenso widersprüchlich wie unsubstantiiert ist das Vorbringen des Klägers insoweit schon deshalb, weil er lediglich am 27. und 28.10.2014, also montags und dienstags im Betrieb der Beklagten anwesend war und jedenfalls Tätigkeiten für diese verrichtet hat. Wenn, wie von ihm mehr oder weniger unterstellt, bereits zuvor ein Arbeitsvertrag zwischen den Parteien zustande gekommen wäre, dann wäre er verpflichtet gewesen, auch am 29. und 30.10.2014 (Mittwochs und Donnerstags) zu arbeiten. Hinreichendes tatsächliches Vorbringen, wonach der Kläger auch an diesen Tagen der von ihm selbst behaupteten Arbeitspflicht nachgekommen wäre, lassen sich seinem Vorbringen in beiden Rechtszügen nicht substantiiert feststellen. Vielmehr ist er - unstreitig - am 31.10.2014 im Betrieb der Beklagten erschienen, aber nicht beschäftigt worden. Bereits vor diesem tatsächlichen Hintergrund bestehen keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Annahme eines Arbeitsvertrages zwischen den Parteien.

46

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der vor dem Arbeitsgericht durchgeführten Beweisaufnahme.

47

Für das erforderliche Beweismaß der vollen Überzeugung im Sinne des § 286 Abs. 1 ZPO gelten nachfolgende Grundsätze:

48

Gemäß § 286 Abs. 1 ZPO hat das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten ist. Insofern ist das tatsächliche Vorbringen der Beklagten, dass die Klägerin zulässigerweise bestritten hat, nach Maßgabe der vor dem Arbeitsgericht durchgeführten Beweisaufnahme als wahr anzusehen.

49

Auf der Basis der abgeschlossenen Beweisaufnahme stellt die richterliche Würdigung einen internen Vorgang in der Person der Richter zur Prüfung der Frage dar, ob ein Beweis gelungen ist. Im Rahmen dieses internen Vorgangs verweist § 286 ZPO ganz bewusst auf das subjektive Kriterium der freien Überzeugung des Richters und schließt damit objektive Kriterien - insbesondere die naturwissenschaftliche Wahrheit als Zielpunkt - aus. Die gesetzliche Regelung befreit den Richter bzw. das richterliche Kollegium von jedem Zwang bei seiner Würdigung und schließt es damit auch aus, dass das Gesetz dem Richter vorschreibt, wie er Beweise einzuschätzen und zu bewerten hat. Dabei ist Bezugspunkt der richterlichen Würdigung nicht nur das Ergebnis der Beweisaufnahme, sondern der gesamte Inhalt der mündlichen Verhandlung (vgl. Münchner Kommentar zur ZPO - Prütting, 4. Auflage 2013, § 286 Rn. 1 ff.).

50

Hinsichtlich der Anforderungen an die richterliche Überzeugung ist von Folgendem auszugehen: Die richterliche Überzeugung ist nicht gleichzusetzen mit persönlicher Gewissheit. Der Begriff der Gewissheit stellt nämlich absolute Anforderungen an eine Person. Er lässt für - auch nur geringe - Zweifel keinen Raum. Dies wird gesetzlich aber nicht verlangt; die gesetzliche Regelung geht vielmehr davon aus, das Gericht müsse etwas für wahr "erachten". Bei dem Begriff der richterlichen Überzeugung geht es also nicht um ein rein personales Element der subjektiven Gewissheit eines Menschen, sondern darum, dass der Richter in seiner prozessordnungsgemäßen Stellung bzw. das Gericht in seiner Funktion als Streit entscheidendes Kollegialorgan eine prozessual ausreichende Überzeugung durch Würdigung und Abstimmung erzielt. Daraus folgt, dass es der richterlichen Überzeugung keinesfalls im Weg steht, wenn dem Gericht aufgrund gewisser Umstände Unsicherheiten in der Tatsachengrundlage bewusst sind. Unerheblich für die Beweiswürdigung und die Überzeugungsbildung ist auch die Frage der Beweislast. Richterliche Überzeugung ist vielmehr die prozessordnungsgemäß gewonnene Erkenntnis des einzelnen Richters oder der Mehrheit des Kollegiums, dass die vorhandenen Eigen- und Fremdwahrnehmungen sowie Schlüsse ausreichen, die Erfüllung des vom Gesetz vorgesehenen Beweismaßes zu bejahen. Es darf also weder der besonders leichtgläubige Richter noch der generelle Skeptiker ein rein subjektives Empfinden als Maß der Überzeugung setzen, sondern jeder Richter muss sich bemühen, unter Beachtung der Prozessgesetze, Ausschöpfung der gegebenen Erkenntnisquellen und Würdigung aller Verfahrensergebnisse in gewissenhafter und vernünftigerweise einer Entscheidung nach seiner Lebenserfahrung darüber zu treffen, ob im Urteil von der Wahrheit einer Tatsachenbehauptung auszugehen ist. Dabei muss sich das Gericht allerdings der Gefahren für jede Wahrheitsfindung bewusst sein.

51

Dabei ist letzten Endes ausschlaggebend, dass das Gesetz eine von allen Zweifeln freie Überzeugung nicht voraussetzt. Vielmehr kommt es auf die eigene Überzeugung des entscheidenden Richters an, auch wenn andere zweifeln oder eine andere Auffassung erlangt haben würden. Der Richter darf und muss sich aber in tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit begnügen, der den Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (BGHZ 53, 245 = NJW 1970, 946; vgl. Münchner Kommentar zur ZPO - Prütting a. a. O., Rn. 28 ff). Vom Richter wird letztlich verlangt, dass er die volle Überzeugung erlangt, dass er eine streitige Tatsachenbehauptung für wahr erachtet. Diese Überzeugung kann und darf er nicht gewinnen, wenn für die streitige Behauptung nur die überwiegende Wahrscheinlichkeit spricht, vielmehr muss für die behauptete Tatsache eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit sprechen, damit der Richter die Tatsache für wahr erachtet.

52

Das Arbeitsgericht hat insoweit ausgeführt.

53

"Auch die von dem Gericht durchgeführte Beweisaufnahme konnte den Vortrag des Klägers nicht bestätigen. Der Zeuge K. hat in der Beweisaufnahme bestätigt, dass der Kläger an einem Tag von 8.00 Uhr bis 16.30 Uhr anwesend war.

54

Der Zeuge bestätigte, dem Kläger sei zunächst gezeigt worden, was sein Aufgabenbereich sein könne, schließlich habe der Kläger einen Vorführwagen selbst reinigen müssen, damit man sehe, wie die Qualität ist und wie gründlich jemand arbeitet. An weiteren Tagen sei der Kläger zwar nochmals gekommen, habe aber nicht gearbeitet. Auch bestätigte der Zeuge, Herr K, dass er als Anweiser für Herrn A. eingeteilt gewesen sei und er ihm nur an einem Tag gezeigt habe, welche Tätigkeiten in dem Betrieb der Beklagten vorkommen. Der Zeuge bestätigte auch, dass er diesen Tag als reinen Probearbeitstag aufgefasst habe, um dem Kläger zu zeigen, welche Arbeiten im Betrieb der Beklagten zu verrichten sind und um bei einer Probearbeit auch die Qualität der Arbeitsleistung des Klägers beurteilen zu können. Der Zeuge erklärte auch, dass er mit der Leistung des Klägers zufrieden war. Zugleich bestätigte der Zeuge allerdings auch, dass überhaupt nicht über den Abschluss eines Arbeitsvertrages gesprochen wurde und er auch nicht für Einstellungsgespräche zuständig sei. Die Aussage des Zeugen war schlüssig, in sich widerspruchsfrei. Die Aussage des Zeugen ist damit glaubhaft. Der Zeuge ist auch glaubwürdig. Er ist seit zwei Jahren nicht mehr bei der Beklagten beschäftigt, so dass absolut kein Grund ersichtlich ist, warum der Zeuge eine Gefälligkeitsaussage zugunsten des Geschäftsführers der Beklagten gemacht haben soll. Auch die vernommene Zeugin, Frau T., hat glaubhaft bestätigt, dass der Kläger einen Tag in den Betrieb reingeschnuppert hat und anschließend öfter vorbei kam, weil er irgendwas wollte. Auch die Zeugin ist nicht mehr im Betrieb der Beklagten beschäftigt und steht auch zur Beklagten nicht mehr im Ausbildungsverhältnis, so dass sie als glaubwürdig anzusehen ist.

55

Das Gericht geht davon aus, dass der Kläger unter Berücksichtigung dieser Zeugenaussagen und der Aussage des Klägers in seinem Schriftsatz vom 04.12.2014 auf Seite 3 und in seinem Schriftsatz vom 11.04.2016 auf Seite 2 lediglich an einem Tag sich die Arbeitsabläufe im Betrieb der Beklagten angesehen hat und, nachdem ihm die dort zu verrichtenden Tätigkeiten gezeigt wurden, einen Pkw selbstständig reinigte, damit sich der Geschäftsführer der Beklagten von der Qualität der Arbeitsleistung des Klägers ein Bild machen konnte. Allein diese Tätigkeit führt nach Auffassung der erkennenden Kammer noch nicht dazu, dass damit ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien zustande gekommen ist. Nach der durchgeführten Beweisaufnahme steht einzig und allein die Behauptung des Klägers im Raum, er habe für den Beklagten im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses gearbeitet.

56

Dieser Vortrag ist allerdings nicht durch die Beweisaufnahme bestätigt worden. Da für das Gericht auch keinesfalls ersichtlich war, dass der Kläger überhaupt weisungsgebundene Arbeitstätigkeiten nach dem Kennenlerntag am 26.10.14 bei der Beklagten ausgeübt hat, ist das zwischen den Parteien bestehende Rechtsverhältnis als loses Einführungsverhältnis zu qualifizieren, welches keine Rechte und Pflichten für die Beteiligten enthält."

57

Diesen Ausführungen folgt die Kammer voll inhaltlich und stellt dies hiermit gem. § 69 Abs. 2 ArbGG ausdrücklich fest.

58

Insoweit ist also davon auszugehen, dass den Zeugenaussagen vor dem Arbeitsgericht kein Beweiswert dahin zukommt, dass von der Begründung eines Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien ausgegangen werden könnte. Insoweit ist des Weiteren darauf hinzuweisen, dass der Umstand, dass der Kläger jedenfalls zwei Tage für die Beklagte tätig war, für sich genommen nicht ausreicht, um ein Arbeitsverhältnis zu begründen. Denn auch die Vereinbarung eines Einfühlungsverhältnisses (LAG R.-P. 18.06.2009 - 10 Sa 137/09 - a. u. R. 20010, 83 LS; 05.08.2015 7 Sa 170/15; vgl. DLW - Dörner, a.a.O., Rdnr. 462 ff.), um zu ermitteln, ob überhaupt ein Arbeitsvertrag abgeschlossen werden kann, mit dem Ziel, sich wechselseitig kennenzulernen und die Voraussetzungen für die Zusammenarbeit zu klären, ist jedenfalls ebenfalls möglich. Allerdings ist es insoweit keineswegs Sache der Beklagten, den Abschluss eines Einfühlungsverhältnisses zu beweisen. Aus der Tatsache, dass der Kläger gearbeitet hat, ergibt sich nicht zwingend, dass dies auf der Basis eines vereinbarten Arbeitsvertrages erfolgte. Für die Vereinbarung des Arbeitsverhältnisses ist aber, da es sich um eine anspruchsbegründende Tatsache handelt, der Kläger voll umfänglich darlegungs- und beweisbelastet (LAG R.-P. 24.05.2007 - 2 Sa 87/07 - Beck RS 2007, 45869). Vor diesem Hintergrund war eine Veranlassung für die Durchführung von Parteivernehmungen nicht gegeben.

59

Folglich hat das Arbeitsgericht den Einspruch des Klägers zu Recht zurückgewiesen.

60

Das Berufungsvorbringen des Klägers rechtfertigt keine abweichende Beurteilung des hier maßgeblichen Lebenssachverhalts.

61

Denn es enthält keinerlei neue, nach Inhalt, Ort, Zeitpunkt und beteiligten Personen substantiierte Tatsachenbehauptungen, die ein abweichendes Ergebnis rechtfertigen könnten. Gleiches gilt für etwaige Rechtsbehauptungen. Es macht vielmehr lediglich - wenn auch aus der Sicht des Klägers heraus verständlich - deutlich, dass der Kläger mit der Würdigung des tatsächlichen und rechtlichen Vorbringens der Parteien im erstinstanzlichen Rechtszug durch das Arbeitsgericht, der die Kammer letztlich folgt, nicht einverstanden ist. Soweit der Kläger im Wesentlichen darauf hinweist, es habe sich nicht nur um ein Einfühlungsverhältnis gehandelt, ist dies, wie darlegend, im hier maßgeblichen Zusammenhang unerheblich. Denn auch wenn zwischen den Parteien kein Einfühlungsverhältnis vereinbart worden war, folgt daraus gerade nicht ohne weiteres die Annahme des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses. Substantiiertes tatsächliches Vorbringen des Klägers insoweit, das auch nur einem substantiierten Bestreiten durch die Beklagte zugänglich gewesen wäre, fehlt; dies gilt insbesondere hinsichtlich seines Fernbleibens am 29. und 30.10.2014, so dass ein näheres Eingehen auf sein Vorbringen nicht möglich ist.

62

Nach alledem war die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

63

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

64

Für eine Zulassung der Revision war nach Maßgabe der gesetzlichen Kriterien des § 72 ArbGG keine Veranlassung gegeben.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 25. Sept. 2017 - 3 Sa 263/17

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 25. Sept. 2017 - 3 Sa 263/17

Referenzen - Gesetze

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 25. Sept. 2017 - 3 Sa 263/17 zitiert 14 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72 Grundsatz


(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 64 Grundsatz


(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt. (2) Die Berufung kann nur eingelegt werden, a) wenn sie in dem Urtei

Zivilprozessordnung - ZPO | § 286 Freie Beweiswürdigung


(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 519 Berufungsschrift


(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt. (2) Die Berufungsschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;2.die Erklärung, dass gegen dieses Urtei

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 611 Vertragstypische Pflichten beim Dienstvertrag


(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. (2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 69 Urteil


(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Woch

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 612 Vergütung


(1) Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. (2) Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist bei dem Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung

Zivilprozessordnung - ZPO | § 518 Berufungsfrist bei Urteilsergänzung


Wird innerhalb der Berufungsfrist ein Urteil durch eine nachträgliche Entscheidung ergänzt (§ 321), so beginnt mit der Zustellung der nachträglichen Entscheidung der Lauf der Berufungsfrist auch für die Berufung gegen das zuerst ergangene Urteil von

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 623 Schriftform der Kündigung


Die Beendigung von Arbeitsverhältnissen durch Kündigung oder Auflösungsvertrag bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform; die elektronische Form ist ausgeschlossen.

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 25. Sept. 2017 - 3 Sa 263/17 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 25. Sept. 2017 - 3 Sa 263/17 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 05. Aug. 2015 - 7 Sa 170/15

bei uns veröffentlicht am 05.08.2015

weitere Fundstellen ... Tenor 1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - Az.: 2 Ca 1088/14 - vom 12. März 2015, berichtigt durch Beschluss vom 4. Mai 2015, wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 18. Juni 2009 - 10 Sa 137/09

bei uns veröffentlicht am 18.06.2009

weitere Fundstellen ... Tenor 1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz - Auswärtige Kammern Neuwied - vom 3. März 2009, Az.: 11 Ca 1818/08, wird kostenpflichtig zurückgewiesen. 2. Die Revision wird nicht

Referenzen

Die Beendigung von Arbeitsverhältnissen durch Kündigung oder Auflösungsvertrag bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform; die elektronische Form ist ausgeschlossen.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

Wird innerhalb der Berufungsfrist ein Urteil durch eine nachträgliche Entscheidung ergänzt (§ 321), so beginnt mit der Zustellung der nachträglichen Entscheidung der Lauf der Berufungsfrist auch für die Berufung gegen das zuerst ergangene Urteil von neuem. Wird gegen beide Urteile von derselben Partei Berufung eingelegt, so sind beide Berufungen miteinander zu verbinden.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

(1) Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.

(2) Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist bei dem Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung, in Ermangelung einer Taxe die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen.

(3) (weggefallen)

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

weitere Fundstellen einblendenweitere Fundstellen ...

Tenor

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz - Auswärtige Kammern Neuwied - vom 3. März 2009, Az.: 11 Ca 1818/08, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Zahlung von Arbeitsentgelt.

2

Der damals noch minderjährige Kläger (geb. … 1991) hat in der Zeit vom 01.08. bis zum 13.09.2008 im Baubetrieb des Beklagten unstreitig 240 Stunden als Handlanger/ Hilfsarbeiter gearbeitet. Der Beklagte zahlte ihm eine Vergütung in Höhe von € 300,00 netto.

3

Ein Vertrag über eine betriebliche Einstiegsqualifizierung im Sinne des § 235 b SGB III zum Ausbildungsberuf Maurer/ Betonbauer, die am 01.09.2008 beginnen und nach elf Monaten am 31.07.2009 enden sollte, kam nicht zu Stande. Der Kläger verlangt für 240 Stunden einen Stundenlohn von € 10,23 brutto, eine Arbeitsbescheinigung sowie eine Bescheinigung über die Meldung zur Sozialversicherung.

4

Von einer weiteren Darstellung des unstreitigen Tatbestandes sowie des erstinstanzlichen Parteivorbringens und der erstinstanzlichen Sachanträge wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG zur Vermeidung von Wiederholungen abgesehen und auf die Zusammenfassung im Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz - Auswärtige Kammern Neuwied - vom 03.03.2009 (dort Seite 3-5 = Bl. 73-75 d. A.) Bezug genommen.

5

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 03.03.2009 der Klage stattgegeben und den Beklagten zur Zahlung von € 2.455,20 brutto, abzüglich gezahlter € 300,00 netto, sowie zur Erteilung der Arbeits- und Meldebescheinigungen verurteilt. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, zwischen den Parteien habe im Zeitraum vom 01.08. bis zum 13.09.2008 ein Arbeitsverhältnis und kein (unentgeltliches) Praktikantenverhältnis bestanden. Es sei unschädlich, dass die Parteien das Vertragsverhältnis als Praktikum bezeichnet hätten, weil der Inhalt des Vertragsverhältnisses maßgebend sei. Der Kläger habe mehrere Wochen weisungsgebundene, fremdbestimmte Arbeit für den Beklagten verrichtet. Der Beklagte habe ihn unstreitig mit einfachen Handlangertätigkeiten auf seinen Baustellen beschäftigt. Solche Hilfstätigkeiten könnten zwar auch in einem Berufsausbildungs- oder in einem Einstiegsqualifizierungsverhältnis ausgeübt werden, derartige Vertragsverhältnisse seien vorliegend jedoch nicht vereinbart worden. Es sei nicht ersichtlich, welchem Ausbildungs- bzw. Lernzweck das vermeintliche Praktikum des Klägers hätte dienen sollen. Einen solchen Zweck habe der Beklagte auch nicht vorgetragen. Zur Vorbereitung einer Einstiegsqualifizierung habe es eines Praktikums nicht bedurft. Denn die Einstiegsqualifizierung diene der Vermittlung von Grundkenntnissen und -fertigkeiten, die für eine Berufsausbildung förderlich seien, und habe damit selbst nur "Vorbereitungscharakter". Es verstoße gegen die guten Sitten und sei damit nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig, dass dem Kläger für seine Tätigkeit keine Vergütung zustehen soll. Zwischen Leistung und Gegenleistung - € 300,00 netto für 240 Stunden - bestehe ein auffälliges Missverhältnis. Der Beklagte schulde dem Kläger damit gemäß § 612 Abs. 2 BGB die übliche Vergütung. Zur Bestimmung der üblichen Vergütung sei auf den Stundenlohn nach Lohngruppe 1 des Tarifvertrages zur Regelung der Mindestlöhne im Baugewerbe im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (TV Mindestlohn) abzustellen. Der Mindestlohn der Lohngruppe 1 habe bis zum 31.08.2008 € 10,40 und ab dem 01.09.2008 € 10,70 betragen, so dass der Kläger jedenfalls die beantragten € 10,23 pro Stunde beanspruchen könne. Wegen weiterer Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts wird auf Seite 5 bis 10 des Urteils (= Bl. 75-80 d. A.) Bezug genommen.

6

Der Beklagte, dem das Urteil am 09.03.2009 zugestellt worden ist, hat am 10.03.2009 Berufung zum Landesarbeitsgericht eingelegt und diese mit am 22.04.2009 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet.

7

Er ist der Ansicht, das Arbeitsgericht habe die tatsächlichen Gegebenheiten nicht zutreffend gewürdigt. Ab dem 01.09.2008 habe eine Einstiegsqualifizierung erfolgen sollen. Der Zeitraum, den der Kläger in seinem Betrieb verbracht habe, sei für diese Einstiegsqualifizierung vorbereitend gewesen. Es sei keine sittenwidrige Vergütungsabrede getroffen, sondern der Zeitraum bis zur Dokumentation der Einstiegsqualifizierung geregelt worden. Grundvoraussetzung für die erfolgreiche Regelung einer Einstiegsqualifizierung sei, dass zuvor kein Arbeitsverhältnis begründet worden sein dürfe. Er hätte den Kläger deshalb nicht einstellen können und dürfen, weil ansonsten die Einstiegsqualifizierung unmöglich geworden wäre. Dies könne ihm nicht angelastet werden. Er habe dem Kläger die Möglichkeit eingeräumt, sich mit dem Berufsbild vertraut zu machen und deshalb das vorhergehende Praktikum vereinbart, für das der Kläger unstreitig € 300,00 erhalten habe. Die Anstellung im Rahmen eines Praktikums sei nicht sittenwidrig. Wegen weiterer Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf die Schriftsätze des Beklagten vom 21.04.2009 (Bl. 97-99 d. A.) und vom 02.06.2006 (Bl. 110-112 d. A.) Bezug genommen.

8

Der Beklagte beantragt zweitinstanzlich,

9

das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz - Auswärtige Kammern Neuwied - vom 03.03.2009, Az.: 11 Ca 1818/08, aufzuheben und die Klage abzuweisen.

10

Der Kläger beantragt zweitinstanzlich,

11

die Berufung zurückzuweisen.

12

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Wegen der Einzelheiten der Berufungserwiderung wird auf den Schriftsatz des Klägers vom 18.05.2009 (Bl. 106-108 d. A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

13

Die nach § 64 Abs. 1 und Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung des Beklagten ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i. V. m. §§ 517, 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Die Berufung ist damit zulässig.

II.

14

In der Sache hat die Berufung des Beklagten jedoch keinen Erfolg.

15

Das Arbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass der Kläger für seine Tätigkeit in der Zeit vom 01.08. bis zum 13.09.2008 Arbeitsentgelt in Höhe von € 2.455,20 brutto (240 Stunden x € 10,23), abzüglich gezahlter € 300,00 netto, beanspruchen kann. Ihm ist außerdem eine Arbeitsbescheinigung zu erteilen und eine Bescheinigung über die Meldung zur Sozialversicherung herauszugeben.

16

Das Arbeitsgericht hat mit zutreffender Begründung angenommen, dass der Kläger im Zeitraum vom 01.08. bis zum 13.09.2008 im Baubetrieb des Beklagten als Arbeitnehmer tätig war und nicht als Praktikant und dass die geleistete Vergütung von € 300,00 netto für 240 Arbeitsstunden lohnwucherisch ist. Die durch das Arbeitsgericht im Sinne des § 612 Abs. 2 BGB ermittelte übliche Stundenvergütung von mindestens € 10,23 brutto steht dem Kläger auch nach Auffassung der Berufungskammer zu. Im Berufungsverfahren sind keine neuen rechtserheblichen Gesichtspunkte aufgetreten, die eine Abweichung von dem vom Arbeitsgericht gefundenen Ergebnis rechtfertigen würden. Die Berufungskammer nimmt daher gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG vollumfänglich Bezug auf die Begründung des angefochtenen Urteils.

17

Lediglich wegen der Angriffe im Berufungsverfahren ist kurz auf Folgendes hinzuweisen:

18

Entgegen der Angriffe der Berufung spricht nicht gegen die Arbeitnehmereigenschaft des Klägers, dass beabsichtigt war, ab dem 01.09.2008 einen Vertrag über eine Einstiegsqualifizierung im Sinne des § 235 b SGB III zum Ausbildungsberuf Maurer/ Betonbauer abzuschließen, der von der Bundesagentur für Arbeit in Höhe einer Vergütung von € 212,00 monatlich gefördert werden sollte. Der Umstand, dass eine elfmonatige Einstiegsqualifizierung als Berufsausbildungsvorbereitung ab dem 01.09.2008 - aus welchen Gründen auch immer - nicht durchgeführt worden ist, führt nicht dazu, dass die Tätigkeit des Klägers in der Zeit vom 01.08. bis zum 13.09.2009 als unentgeltliches Praktikum zu qualifizieren wäre. Erst Recht kann ein mehrwöchiges unentgeltliches Praktikum nicht deshalb angenommen werden, weil nach § 235 b Abs. 5 Satz 1 SGB III die Förderung einer Einstiegsqualifizierung ausgeschlossen ist, wenn der Jugendliche in den letzten drei Jahren vor Beginn der Einstiegsqualifizierung im Antrag stellenden Betrieb bereits versicherungspflichtig beschäftigt war.

19

Es fehlt auch in der Berufungsinstanz jedweder Sachvortrag des Beklagten dazu, welchem Ausbildungs- und Lernzweck das vermeintliche Praktikum des Klägers vor Durchführung der beabsichtigten Einstiegsqualifizierung hätte dienen sollen. Wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, dient die Einstiegsqualifizierung dazu, Jugendlichen ohne Ausbildungsplatz Grundkenntnisse und Fertigkeiten zu vermitteln, die für eine Berufsausbildung förderlich sind. Mit der Einstiegsqualifizierung bekommen Jugendliche die Chance, Einblick in einen Ausbildungsberuf, einen Betrieb und das Berufsleben zu gewinnen und ihr handwerkliches Geschick unter Beweis zu stellen. Weshalb es vor der geplanten elfmonatigen Einstiegsqualifizierung des Klägers ab dem 01.09.2008 für eine anschließende (dreijährige) Ausbildung zum Maurer darüber hinaus noch eines vorgeschalteten mehrwöchigen unentgeltlichen Praktikums bedurfte, hat der Beklagte auch in der Berufungsinstanz nicht ansatzweise dargelegt. Das Risiko, dass er den Kläger schon vor Beginn der zunächst geplanten - jedoch nicht zustande gekommenen - Einstiegsqualifizierung beschäftigt hat, geht mit dem Beklagten heim und führt nicht dazu, dass der Kläger für die unstreitig geleisteten 240 Stunden keine Vergütung beanspruchen könnte.

20

Zu Recht ist das Arbeitsgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass es sich bei der gezahlten Vergütung von € 300,00 netto für 240 Arbeitsstunden um Lohnwucher im Sinne des § 138 Abs. 2 BGB handelt, die Vergütungsregelung deshalb nichtig ist und an ihre Stelle die übliche Vergütung im Sinne des § 612 Abs. 1 BGB zu treten hat. Das Arbeitsgericht hat als Vergleichsmaßstab für die übliche Vergütung den Tarifvertrag zur Regelung der Mindestlöhne im Baugewerbe im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (TV Mindestlohn) herangezogen, der in Lohngruppe 1 € 10,40 bzw. ab dem 01.09.2008 € 10,70 betrug. Diesen Vergleichsmaßstab des Arbeitsgerichts hat die Berufung nicht angegriffen, so dass die Berufungskammer sich hiermit auch nicht auseinanderzusetzen hatte. Zwar werden jugendliche Arbeitnehmer ohne abgeschlossene Berufsausbildung gemäß § 1 Abs. 3 Satz 2 TV Mindestlohn vom persönlichen Geltungsbereich nicht erfasst, deswegen kann der TV Mindestlohn gleichwohl als Orientierungsmaßstab herangezogen werden. Soweit der Beklagte in der mündlichen Berufungsverhandlung die Vorstellung entwickelt hat, es müsse auf die Höhe der Ausbildungsvergütung abgestellt werden (bis 30.08.2008 mtl. € 571,00 bzw. ab 01.09.2008 mtl. € 580,00 im ersten Ausbildungsjahr) kann dem nicht gefolgt werden. Einen Berufsausbildungsvertrag haben die Parteien gerade nicht geschlossen, der Kläger ist vielmehr als Hilfsarbeiter beschäftigt worden.

III.

21

Nach alledem ist die Berufung des Beklagten mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

22

Ein Grund, der nach den hierfür maßgeblichen gesetzlichen Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG die Zulassung der Revision rechtfertigen könnte, besteht nicht.

weitere Fundstellen einblendenweitere Fundstellen ...

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - Az.: 2 Ca 1088/14 - vom 12. März 2015, berichtigt durch Beschluss vom 4. Mai 2015, wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten noch darüber, ob zwischen ihnen ein Arbeitsverhältnis besteht, sowie über Vergütungs- und Annahmeverzugslohnansprüche der Klägerin.

2

Die Beklagte ist Pächterin der zum Monatsende August 2014 neu eröffneten C. in der Z. Straße/Ecke Y. Straße in A-Stadt.

3

Die 1979 geborene Klägerin bewarb sich bei der Beklagten auf eine Anzeige im Wochenblatt vom 25. Juni 2014 (Bl. 34 d. A.). Daraufhin setzte sich die Beklagte mit der Klägerin in Verbindung und lud sie mit E-Mail vom 29. Juli 2014 (Bl. 8 d.A.) zu einem Treffen am 4. August 2014 ein. In dieser Mail heißt es:

4

"Hallo Frau A.,

anbei sende ich Ihnen wie besprochen die Anmelde Formulare zu. Bitte nehmen sie sich für Montag den, 04. August.2014 18.30 Uhr nichts vor.
Wir werden uns an diesem Tag zum erstenmal als C. Team zusammen setzen & Uns kennenlernen.

5

Treffpunkt:
Restaurant X.
W.-Straße
A-Stadt

6

Bringen Sie Bitte mit: Gesundheitszeugnis, aktu. Polizeiführungszeugnis und die im Anhang gesendete Formular ausgefüllt an uns zurück.

7

Wir freuen uns jetzt schon auf Sie.

8

Mit freundlichen Grüßen
Familie V.
C.

9

Dateianhänge

10

- Personalbogen Festangestellte.pdf".

11

Mit E-Mail vom 6. August 2014 (Bl. 35 d. A.) wurde der Klägerin mitgeteilt:

12

„Sehr geehrte Frau A.,

wie mit Ihnen besprochen werde ich Sie voraussichtlich wenn keine Bau Verzögerung, am 28. August 2014 einstellen
als Teilzeitkraft mit sechs monatiger Probezeit.
Ich freue mich schon auf Sie & wünsche bis dahin gute Zeit.“

13

Am 13. August 2014 kam es zu einem Zusammentreffen zwischen der Beklagten und Bewerbern, wobei die Beklagte ihr Konzept vorstellte.

14

Ab September 2014 erhielt die Klägerin Leistungen des Jobcenter Stadt A. in Höhe von 483,04 € netto.

15

Die Klägerin hat vorgetragen,
schon beim ersten Vorstellungsgespräch habe die Beklagte erklärt, dass 8,50 € brutto/Stunde gezahlt würden. Auch in späteren Gesprächen, so im Restaurant X., sei allen Mitarbeitern mitgeteilt worden, dass sie 8,50 € brutto/Stunde erhalten würden. Die Zeugin U. sei von der Beklagten als Vollzeitkraft angestellt worden und habe ebenfalls 8,50 € brutto/Stunde erhalten. Die Zeugin T. S. sei als geringfügig beschäftigte Aushilfe angestellt worden und habe ebenfalls 8,50 € brutto/Stunde erhalten. Darüber hinaus hätten die beiden genannten Zeuginnen die gleichen Arbeiten erledigen sollen wie sie.

16

Ihr sei bei dem Vorstellungsgespräch und der Einstellung anlässlich eines gemeinschaftlichen Essens mit allen Arbeitnehmern der Beklagten im August 2014 im Restaurant X. gesagt worden, dass sie am 13. August 2014 als Vollzeitkraft die Arbeit in der Tankstelle beginnen könne. Einige Tage später sei ihr am Telefon gesagt worden, sie solle ihr jetziges Arbeitsverhältnis kündigen, allerdings gäbe es eine Bauverzögerung, der tatsächliche Arbeitsbeginn würde sich verzögern. Sie habe sodann ihr bisheriges Arbeitsverhältnis zum 15. August 2014 gekündigt. Es sei zu verschiedenen Telefonanrufen gekommen, bei denen die Beklagte ihr unter anderem gesagt habe, dass ein Vollzeitarbeitsverhältnis nicht möglich sei, es könne nur Teilzeit mit 20 bis 25 Stunden in der Woche möglich sein mit einem Stundenlohn von 8,50 €. Sie sei notgedrungen damit einverstanden gewesen.

17

Auf das Gespräch im Restaurant X. habe sie auch über WhatsApp von der Beklagten Dienstpläne für die 35. und 36. Kalenderwoche (Bl. 21 f. d. A.) erhalten, wonach sie dreimal in der Woche für täglich 8 Stunden eingesetzt und eingeplant gewesen sei.

18

Die Klägerin war der Ansicht, mit Wirkung zum 13. August 2014 sei ein Arbeitsvertrag zustande gekommen. Unbeachtlich sei insoweit, dass die Tankstelle erst zu einem späteren Zeitpunkt eröffnet worden sei. Mangels anderweitiger Vereinbarung sei bei einer 24-Stunden-Woche bei 8,50 € brutto/Stunde eine monatliche Vergütung von 884,00 € brutto geschuldet. Die Dienstpläne zeigten, dass sie eingesetzt worden sei.

19

Am 26. August 2014 habe sie von 18 Uhr bis 2 Uhr nachts, also 8 Stunden die Tankstelle (Fenster, Waschhalle, Regale) geputzt. Insgesamt seien noch 4 andere Mitarbeiter zugegen gewesen. Am 27. August 2014 sei sie wie verlangt um 10.00 Uhr gekommen und habe 5 Stunden bis 15 Uhr, also 5 Stunden gearbeitet. Am 28. August 2014 sei für 11 Uhr eine Schulung angesetzt gewesen, an der sie teilgenommen habe. Auch diese habe circa 5 Stunden gedauert.

20

An 28. August 2014 habe die Beklagte zu ihr gesagt, sie müsse am Eröffnungstag, den 29. August 2014 nicht kommen, sie würden sich bei ihr melden.

21

Am 1. September 2014 habe sie bei der Beklagten angerufen und gefragt, wann sie arbeiten solle. Die Inhaberin habe ihr gesagt, sie solle bitte zum Gespräch vorbeikommen. In diesem Gespräch sei ihr erst von der Beklagten, Frau V., später auch von Herrn V. gesagt worden, es täte ihnen Leid, der Konzern würde es ihnen nicht erlauben, sie einzustellen.

22

Sie hätte ihr altes Arbeitsverhältnis niemals gekündigt, wenn sie gewusst hätte, dass sie bei der Beklagten nicht Mitte August anfangen könne zu arbeiten. Dadurch dass sie nicht in ihr altes Arbeitsverhältnis zurück gekonnt habe, sei ihr ein erheblicher Schaden entstanden. Sie habe sich auch auf Anforderung der Beklagten ein Führungszeugnis im Wert von 13,00 € und einen Gesundheitspass im Wert von 30,00 € ausstellen lassen.

23

Die Klägerin verfolgte ihre Anträge mit der am 2. September 2014 beim Arbeitsgericht erhobenen, der Beklagten am 5. September 2014 zugestellten Klage weiter. Sie hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,

24

1. festzustellen, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 24 Stunden und einer Bruttovergütung von 8,50 € pro Stunde mit Wirkung ab dem 16. August 2014 bestehe;

25

2. die Beklagte zu verurteilen, an sie 442,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 1. September 2014 zu zahlen;

26

3. die Beklagte zu verurteilen, an sie 884,00 € brutto abzüglich auf die Bundesagentur für Arbeit übergegangene 483,04 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 1. Oktober 2014 zu zahlen;

27

4. hilfsweise für den Fall, dass ein Arbeitsverhältnis nicht zustande gekommen ist, festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin jeden Schaden zu ersetzen, der ihr aus der Nichteinstellung entstanden ist oder entstehen wird, soweit der Anspruch nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen ist oder übergehen wird;

28

5. hilfsweise für den Fall, dass ein Arbeitsverhältnis nicht zustande gekommen ist, die Beklagte zu verurteilen, an sie 43,00 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hierauf seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

29

Die Beklagte hat beantragt,

30

die Klage abzuweisen.

31

Sie hat vorgetragen,
aus der Überleitungsanzeige des Jobcenters der Stadt A vom 4. September 2014 (Bl. 26 d. A.) ergebe sich, dass die Klägerin seit dem 1. April 2014 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes beziehe. Sie sei durch den Forderungsübergang nicht mehr aktivlegitimiert.

32

Ein Arbeitsverhältnis sei zwischen den Parteien nicht zustande gekommen. Ein Arbeitsvertrag sei nicht geschlossen worden. Eine Vereinbarung für einen Stundenlohn von 8,50 € sei nicht getroffen worden. In der E-Mail ihres Ehemanns vom 6. August 2014 sei lediglich eine Anstellung in Aussicht gestellt worden.

33

Die am 13. August 2014 in die engere Auswahl gelangten Arbeitnehmer seien tageweise im Rahmen eines Probearbeitsverhältnisses im Einsatz gewesen. Insoweit sei die Klägerin an insgesamt zwei Tagen stundenweise in der Tankstelle tätig gewesen. Die Klägerin habe am 26. August 2014 in der Zeit von 20.00 Uhr bis 1.00 Uhr nachts fünf Stunden lang geholfen Regale einzuräumen. Arbeitsbeginn sei nicht bereits um 18.00 Uhr gewesen. Am 27. August 2014 sei die Klägerin dann um 12.00 Uhr erschienen und auf eigenen Wunsch um 14.00 Uhr wieder nach Hause gegangen. Auf die Frage, weshalb sie bereits gehen wolle, habe sie mitgeteilt, sie habe anderes vor. Aus diesem Grund sei ihr durch den Ehemann der Beklagten mitgeteilt worden, dass sie überhaupt nicht mehr zu kommen brauche und ein Arbeitsverhältnis nicht in Betracht gezogen würde.

34

Das Arbeitsgericht hat Beweis erhoben durch die Vernehmung der Zeuginnen R. U. und T. S.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll des Kammertermins vom 12. März 2015 (Bl. 57 ff. d. A.) Bezug genommen.

35

Das Arbeitsgericht Kaiserslautern hat durch Urteil vom 12. März 2015 festgestellt, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 24 Stunden und einer Bruttovergütung von 8,50 € besteht. Weiter hat es die Beklagte zur Zahlung von 102,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 1. September 2014 sowie von 877,20 € brutto abzüglich auf die Bundesanstalt für Arbeit übergegangenen 483,04 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 1.Oktober 2014 verurteilt. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.

36

Zur Begründung hat das Arbeitsgericht - zusammengefasst - ausgeführt, spätestens mit der Arbeitsaufnahme am 26. August 2014 sei konkludent ein Arbeitsverhältnis zustande gekommen. Die wöchentliche Arbeitszeit von 24 Stunden habe die Beklagte nicht substantiiert bestritten. Der Stundenlohn in Höhe von 8,50 € sei durch die glaubhafte Aussage der Zeugin S. bewiesen. Für eine nur tageweise Beschäftigung fehle es bereits an der Darlegung einer entsprechenden Befristungsabrede. Darüber hinaus fehle die nach § 14 Abs. 2 TzBfG erforderliche Schriftform. Auch eine schriftliche Kündigung sei nicht erfolgt. Das Arbeitsverhältnis bestehe daher fort. Für August 2014 könne die Klägerin 102 € brutto für 12 Stunden verlangen, für September 2014 noch 877,20 € brutto abzüglich übergegangener 483,04 €. Die Beklagte sei spätestens ab dem 31. August 2014 nach § 615 BGB in Annahmeverzug geraten. Sie habe der Klägerin keinen funktions-fähigen Arbeitsplatz zugewiesen und zudem nach eigenem Vortrag erklärt, die Klägerin brauche nicht mehr zu kommen. Die weitergehende Klage sei nicht begründet. Wegen der Einzelheiten der erstinstanzlichen Begründung wird ergänzend auf die Entscheidungsgründe des Urteils des Arbeitsgerichts Kaiserslautern (Bl. 65 ff. d. A.) Bezug genommen.

37

Das genannte Urteil ist der Beklagten am 27. März 2015 zugestellt worden. Diese hat hiergegen mit einem am 9. April 2015 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz vom 8. April 2015 Berufung eingelegt und diese mit am 26. Mai 2015 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz vom 22. Mai 2015 begründet.

38

Zur Begründung der Berufung macht die Beklagte nach Maßgabe des genannten Schriftsatzes, auf den ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 98 ff. d. A.), ihren erstinstanzlichen Vortrag ergänzend und vertiefend zusammengefasst geltend,
die vom Arbeitsgericht festgestellten und der Entscheidung unterstellten Tat-sachen seien unvollständig, weil unrichtig. Zwischen der Klägerin und ihr sei lediglich eine stundenweise Probearbeit vereinbart worden. Ein Arbeitsvertrag bzw. ein Arbeitsverhältnis sei weder explizit noch konkludent geschlossen worden. Auch eine Vereinbarung für einen Stundenlohn von 8,50 € im Rahmen dieses Probe-arbeitsverhältnisses sei niemals zwischen den Parteien geschlossen worden. Vielmehr sei die Probearbeitszeit nicht zu vergüten gewesen. Die Aussage der Zeugin S. ändere hieran nichts. Die Zeugin habe lediglich ausgesagt, dass ihr bei einem Vorstellungsgespräch ein Stundenlohn von 8,50 € in Aussicht gestellt worden sei. Das in Aussicht gestellte Arbeitsentgelt habe sich lediglich auf den Fall der Begründung eines Arbeitsverhältnisses bezogen, nicht auf geleistete Probearbeiten. Diese Probearbeiten hätten ihr jedoch gerade dazu gedient, darüber entscheiden zu können, ob der Abschluss eines Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin überhaupt in Betracht kommen sollte. Der Aussage der Zeugin S. sei nur zu entnehmen, dass alle Mitarbeiter, die einen rechtswirksamen Arbeitsvertrag mit der Beklagten geschlossen hätten, das gleiche Gehalt von 8,50 € brutto erhalten sollten. Hieraus könne jedoch keinerlei Rückschluss gezogen werden auf eine von der Klägerin behauptete Vergütung für Probearbeitsstunden. Die Aussage der Zeugin U. stütze ihren, der Beklagten, Vortrag. Mit der Zeugin U. habe - im Gegensatz zur Klägerin - gerade ein Arbeitsvertrag bestanden. Deren Arbeit sei von ihr mit dem Stundenlohn vergütet worden, welcher nach der Begründung eines rechtswirksamen Arbeitsverhältnisses hätte gezahlt werden sollen.

39

Sie ist der Ansicht, die Ableistung von Probearbeitsstunden könne nicht automatisch zu einer stillschweigenden Begründung eines Arbeitsverhältnisses führen. Andernfalls wäre das Vereinbaren einer Probearbeit, um den Bewerber auf seine Eignung hin zu überprüfen, schlicht nicht mehr möglich, ohne dass hieraus ein rechtswirksames Arbeitsverhältnis entstehen würde. Es habe gerade nicht ihrem Willen entsprochen, durch die bloße Aufnahme der Probearbeit am 26. August 2014 bereits ein unbefristetes Arbeitsverhältnis abzuschließen. Das sei der Klägerin auch bekannt gewesen. Sie habe daher in keiner Weise darauf vertrauen können und dürfen, dass das Ableisten von Probearbeitsstunden automatisch zur Begründung eines Arbeitsverhältnisses mit ihr führen würde. Bei einer positiven Bewertung der geleisteten Probearbeit hätte das abzuschließende Arbeitsverhältnis dann den Umfang einer wöchentlichen Arbeitszeit von 24 Stunden sowie einer Vergütung von 8,50 € beinhaltet.

40

Die Beklagte beantragt,

41

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

42

Die Klägerin beantragt,

43

die Berufung zurückzuweisen.

44

Sie verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe ihres Berufungserwiderungsschriftsatzes vom 30. Juni 2015, auf den ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 134 ff. d. A.) als rechtlich zutreffend. Gegen das Vorliegen eines stundenweisen Probearbeitsverhältnisses spreche schon ihre vorab festgelegte Einteilung in einen Dienstplan durch die Beklagte. Für ein Einfühlungsverhältnis mit der Möglichkeit, eine Vergütungsabrede auszuschließen sei es jedoch maßgebend, dass gerade keine Verpflichtung zu einer Arbeitsleistung bestehe. Sie habe aber unstreitig nach dem Dienstplan eine Arbeitsleistung erbringen sollen. Dies ergebe sich auch aus der Behauptung der Beklagten, man habe sie wegen des vorzeitigen Verlassens der Arbeitsstelle nicht weiterbeschäftigen wollen.

45

Bei dem gemeinsamen Treffen der gesamten Mitarbeiter in dem Restaurant X. hätten auch das Führungszeugnis und der Gesundheitsausweis vorgelegt werden müssen. Für das ausschließliche Einräumen der Regale sei ein Gesundheitszeugnis jedoch nicht erforderlich. Ein solches werde erforderlich, wenn im Rahmen einer Theke auch frische Lebensmittel serviert würden. Sie ist der Ansicht, für die Behauptung einer Vereinbarung, dass in einem Arbeitsverhältnis keine Vergütung zu entrichten sei, trage die Beklagte die Beweislast. Eine solche Vereinbarung wäre auch unwirksam. Darüber hinaus habe die Beklagte auch in WhatsApp extra eine Gruppe eingerichtet, in welcher durch die Hinzufügung der Mobilfunknummern der Mitarbeiter, darunter sie, eine Integration in diese Gruppe erfolgt sei. So seien auch die Dienstpläne über die WhatsApp-Gruppe übermittelt worden.

46

Die Beklagte habe die Gespräche mit den Mitarbeitern auch umgesetzt und Vollzeitmitarbeiter sowie Mitarbeitern auf Basis einer geringfügigen Beschäftigung 8,50 € brutto/Stunde zugesprochen. Da nach dem Diskriminierungsverbot gemäß § 4 TzBfG Teilzeitbeschäftigte nicht schlechter gestellt werden dürften als Vollzeitbeschäftigte, sei unter diesem Gesichtspunkt eine Stundenvergütung von 8,50 € brutto anzusetzen.

47

Sie ist der Ansicht, ihr Anspruch sei gemäß § 115 SGB X nur insoweit auf das Jobcenter übergegangen, als es als anrechenbares Einkommen im Sinn des § 11 Abs. 1 SGB II zu werten sei. Der anrechnungsfreie Betrag sei nicht vom Anspruchsübergang erfasst, da auch bei rechtmäßiger Zahlung des Einkommens die Kausalität zwischen der Sozialleistung und dem nicht gezahlten Arbeitsentgelt fehle. Die Berechnung des Freibetrags ergebe sich aus § 11d Abs. 2, 3 SGB II. Die Beklagte habe im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast eine Abrechnung vorzunehmen, anhand derer sich ein Anspruchsübergang als anspruchsvernichtende Einwendung näher beziffern lasse.

48

Auch im Übrigen wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll des Kammertermins vom 5. August 2015 (Bl. 154 ff. d. A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A.

49

Die nach § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung der Beklagten ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie erweist sich auch sonst als zulässig.

B.

50

In der Sache hatte die Berufung der Beklagten keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat zutreffend festgestellt, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 24 Stunden und einer Bruttovergütung von 8,50 €/Stunde besteht. Darüber hinaus hat es die Beklagte zu Recht zur Zahlung von 102,00 € brutto nebst Zinsen für August 2014 und von 877,20 € brutto abzüglich übergegangener 483,04 € nebst Zinsen für September 2014 verurteilt.

I.

51

Zwischen den Parteien besteht ein Arbeitsverhältnis mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 24 Stunden und einer Bruttovergütung von 8,50 €.

52

Wie das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt hat, ist zwischen den Parteien nicht ein so genanntes Einfühlungsverhältnis, sondern ein (Probe-)Arbeitsverhältnis zustande gekommen.

53

Anerkannt ist, dass die Vereinbarung eines so genannten Einfühlungsverhältnisses ohne Vergütungsanspruch und ohne Arbeitspflicht des potentiellen Arbeitnehmers kraft der Vertragsfreiheit grundsätzlich zulässig ist (LAG Hamm, Urteil vom 24. Mai 1989 – 15 Sa 18/89 -, juris; LAG Bremen, Urteil vom 25. Juli 2002 – 3 Sa 83/02, - juris; Sächsisches LAG, Urteil vom 5. März 2004 – 2 Sa 386/03 -, juris; LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 25. April 2007 – 13 Sa 129/05 – juris). Dabei ist unter einem Einfühlungsverhältnis ein ganz loses Rechtsverhältnis eigener Art zu verstehen, welches sich von einem Arbeitsverhältnis - insbesondere auch von dem Probearbeitsverhältnis - dadurch unterscheidet, dass der in den Betrieb aufgenommene potentielle Arbeitnehmer während der Einfühlungsphase keine Pflichten übernimmt, insbesondere keine Arbeitspflicht hat, da er nicht dem Direktions- oder Weisungsrecht des potentiellen Arbeitgebers unterliegt (LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 25. April 2007 – 13 Sa 129/05 – juris), sondern lediglich dem Hausrecht des Betriebsinhabers untersteht. Zweck eines so genannten Einfühlungsverhältnisses ist es im Allgemeinen, die Voraussetzungen der Zusammenarbeit für das potentielle spätere Arbeitsverhältnis zu klären, also insbesondere dem künftigen Arbeitnehmer die Möglichkeit zu geben, die betrieblichen Gegebenheiten kennen zu lernen (Sächsisches LAG, Urteil vom 5. März 2004 – 2 Sa 386/03 -, juris Rz. 16).

54

Für den - lediglich in besonders gelagerten Fällen anzunehmenden - Sonderfall des Einfühlungsverhältnisses trägt regelmäßig derjenige, der sich auf ihn beruft, die Beweislast. Werden die Hauptleistungspflichten eines Arbeitsvertrags (Arbeitsleistung und Vergütung) schon konkretisiert, obliegt es dem Anbietenden, seinen vom Regelfall des Arbeitsvertragsangebots abweichenden Willen des Angebots einer bloßen nicht vergüteten Kennenlernphase unzweideutig auszudrücken sowie ein solches Handeln – und damit die Ausnahme – darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen (LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 25. April 2007 – 13 Sa 129/05 – juris).

55

Ein Probearbeitsverhältnis kann als zeit- oder zweckbefristetes Arbeitsverhältnis oder als vorgeschaltete Probezeit im Rahmen eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses vereinbart werden. Der Erprobungszweck ist als sachlicher Grund im Sinn des § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 TzBfG anerkannt. Dabei muss sich aber eine entsprechende Befristung eindeutig aus dem Vertrag ergeben. Weiter muss die Befristung schriftlich vereinbart werden, § 14 Abs. 4 TzBfG. Soweit nicht eine eindeutige Befristungsabrede getroffen wurde, ist im Zweifel die Probezeit als Beginn eines Arbeitsverhältnisses auf unbestimmte Zeit anzusehen. Wird ein Arbeit-nehmer zur Probe angestellt, so ist, wenn eine gegenteilige Vereinbarung fehlt, die Probezeit als Beginn eines Arbeitsverhältnisses auf unbestimmte Zeit anzusehen (BAG, Urteil vom 29. Juli 1958 - 3 AZR 49/56 - NJW 1959, 454).

56

Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze haben die Parteien kein so genanntes Einfühlungsverhältnis ohne Vergütungspflicht, sondern spätestens mit der Aufnahme der Beschäftigung durch die Klägerin im Betrieb der Beklagten ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit begründet. Gegenstand der - auch von der Beklagten so bezeichneten - Probearbeit war die Erbringung von Arbeitsleistungen durch die Klägerin. Nicht die Klägerin sollte die Möglichkeit haben, den Betrieb der Beklagten kennenzulernen, sondern die Beklagte wollte - unstreitig - testen, ob die Klägerin ihren Erwartungen entspricht. So hat die Klägerin - auch nach dem Vortrag der Beklagten - Arbeitsleistungen erbracht und geholfen Regale einzuräumen. Sie war in den Dienstplan der Beklagten eingeteilt und in die WhatsApp-Gruppe der Beklagten aufgenommen. Sie hatte ein Gesundheitszeugnis, ein aktuelles Polizeiführungszeugnis sowie einen Personalbogen Festangestellte vorzulegen. Zwischen den Parteien war auch besprochen, welche Vergütung die Klägerin - zumindest für den Fall einer Festanstellung - erhalten sollte. Die Beklagte hat vor diesem Hintergrund jedenfalls nicht dargelegt, dass ein so genanntes Einfühlungsverhältnis zwischen den Parteien vereinbart wurde. Soweit die Beklagte erstinstanzlich vorgetragen hat, der Klägerin sei mitgeteilt worden, sie brauche nicht mehr zu kommen, weil die Klägerin am 27. August 2014 auf eigenen Wunsch um 14.00 Uhr nach Hause gegangen sei, belegt dieser Vortrag, dass die Beklagte sehr wohl von einer Arbeitspflicht der Klägerin ausgegangen ist.

57

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der E-Mail vom 6. August 2014 (Bl. 35 d. A.), die vom Ehemann der Beklagten stammen soll. Zwar wird in dieser Mail (erst) eine Einstellung am 28. August 2014 in Aussicht gestellt, die Beklagte hat die Klägerin jedoch bereits am 26. und 27. August 2014 beschäftigt.

58

Das Arbeitsverhältnis besteht im Umfang einer Beschäftigungspflicht von 24 Stunden/Woche und einem Vergütungsanspruch in Höhe von 8,50 brutto/Stunde. Sowohl der Beschäftigungsumfang als auch die Vergütung waren von den Parteien vorbesprochen. Eine Beschäftigung im Umfang von 24 Stunden wöchentlich entspricht auch der Einteilung der Klägerin in den Dienstplänen "Wochenplan.1" und "Wochenplan.2" der Beklagten (Bl. 21 f. d. A.). Eine Vergütung in Höhe von 8,50 € war unstreitig Gegenstand der Gespräche im Restaurant X. Diese Vergütung wurde auch an die Zeugin U. gezahlt. Sie ist damit zumindest die übliche Vergütung im Sinn von § 612 Abs. 2 BGB.

59

Da auch nach dem Vortrag der Beklagten nicht schriftlich eine Befristungsabrede vereinbart wurde und das Arbeitsverhältnis ebenfalls nicht schriftlich (§ 623 BGB) gekündigt wurde, besteht es fort.

II.

60

Die Klägerin hat für den Monat August 2014 Anspruch auf Zahlung von 102,00 € brutto nebst Zinsen.

61

Die Klägerin hat in diesem Monat 12 Arbeitsstunden geleistet, die mit 8,50 € brutto zu vergüten sind. So erbrachte sie am 26. August 2014 laut Beklagtenvortrag 5 Arbeitsstunden und am 27. August 2014 2 Arbeitsstunden. Am 28. August 2014 nahm sie - von der Beklagten nicht bestritten - an einer fünfstündigen Schulung teil.

62

Die Klägerin ist im Hinblick auf diesen Anspruch auch aktivlegitimiert. Zwar gehen die Ansprüche eines Arbeitnehmers gegen seinen Arbeitgeber gemäß § 115 SGB X bis zur Höhe der erbrachten Leistungen im Wege des gesetzlichen Forderungsübergangs auf die Träger der Sozialversicherung, hier das Jobcenter, über, sobald Leistungen nach dem SGB II erbracht werden. § 115 SGB X geht § 33 SGB II vor (§ 33 Abs. 5 SGB II). Gemäß § 33 Abs. 1 S. 2 SGB II ist aber die Überleitung solcher Ansprüche ausgeschlossen, die im Falle ihrer Realisierung nach § 11 nicht als Einkommen hätten angerechnet werden können. Der Anspruchsübergang nach § 115 SGB X setzt Kausalität (" und deshalb") voraus. Der Sozialleistungsträger muss mit eigenen Leistungen eingetreten sein, weil der Arbeitgeber die geschuldete Vergütung nicht zahlte. Dabei kommt es zum einen auf die Identität der Zahlungszeiträume (zeitliche Kongruenz) an. Müssten Sozialleistungen nach dem SGB II auch gewährt werden, wenn der Arbeitgeber seiner Vergütungspflicht rechtzeitig und vollständig nachkäme, findet (insoweit) kein Anspruchsübergang statt. Zweck des § 115 SGB X ist es, dem Sozialleistungsträger die Leistungen zurückzuerstatten, die nicht angefallen wären, wenn der Arbeitgeber seiner Leistungspflicht rechtzeitig nachgekommen wäre. Die Absetzungsbeträge nach § 11b SGB II, insbesondere die Arbeitnehmerfreibeträge, können deshalb den auf den Leistungsträger übergehenden Teil des Vergütungsanspruchs beschränken. Sie verringern den auf den Leistungsträger übergehenden Entgeltteil. Andernfalls würde der mit dem Arbeitnehmerfreibetrag bezweckte Erwerbsanreiz unterlaufen (BAG, Urteil vom 21. März 2012 -5 AZR 61/11- NZA 2012, 729, 730 f. m. w. N.; LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 9. Januar 2015 -6 Sa 1343/14, 6 Sa 1953/14- juris; LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 2. November 2010 -5 Sa 91/10-, juris Rz.123 ff.).

63

Im vorliegenden Fall ist zwar die notwendige zeitliche Kongruenz gegeben. Die Klägerin hat im Klagezeitraum Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts erhalten. Die Beklagte hat an die Klägerin kein Arbeitsentgelt gezahlt. Dieser Ausfall war für die Hilfebedürftigkeit, die ihrerseits nach § 7 Abs. 1 Nr. 3 SGB II Voraussetzung für Leistungen der Grundsicherung ist, mitursächlich. Der Vergütungsanspruch geht gemäß § 115 SGB X aber nur in Höhe der Aufwendungen für Grundsicherungsleistungen über, die dem Leistungsträger gerade wegen des Verdienstausfalles entstanden sind.

64

Im vorliegenden Fall errechnet sich aus dem Bruttolohnanspruch, den die Klägerin gegen die Beklagte für den Monat August 2014 hat, ein Nettobetrag, der unterhalb des Freibetrags von 100,00 € nach § 11 Abs. 2 SGB II liegt. Er würde ihr daher auch dann verbleiben, wenn die Beklagte rechtzeitig gezahlt hätte. Ein Anspruchs-übergang auf das Jobcenter ist insoweit nicht erfolgt.

65

Der Zinsanspruch der Klägerin folgt aus §§ 286 Abs. 1, 2 Nr. 1 BGB, 288 Abs. 1 BGB.

III.

66

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von Annahmeverzugslohn in Höhe von 877,20 € brutto abzüglich auf das Jobcenter übergegangener 483,04 € nebst Zinsen für September 2014.

67

Die Beklagte befand sich spätestens seit dem 1. September 2014 in Annahmeverzug, § 615 S. 1 in Verbindung mit § 611 Abs. 1 BGB. Gemäß § 615 S. 1 BGB behält der Arbeitnehmer den Anspruch auf die vereinbarte Vergütung, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein, wenn der Arbeitgeber mit der Annahme der Arbeitsleistung in Verzug gerät, §§ 293 ff. BGB. Die Klägerin hat ihre Arbeitsleistung zum einen am 1. September 2014 angeboten, zum anderen hat die Beklagte es abgelehnt, die Klägerin im Monat September 2014 zu beschäftigen, und ihr keinen funktionsfähigen Arbeitsplatz zugewiesen, §§ 295, 296 BGB. Der Arbeitgeber hat dem Arbeitnehmer die Arbeitsleistung zu ermöglichen. Dazu muss er den Einsatz des Arbeitnehmers fortlaufend planen und durch Weisungen hinsichtlich Ort und Zeit der Arbeitsleistung näher konkretisieren. Kommt der Arbeitgeber dieser Obliegenheit nicht nach, gerät er in Annahmeverzug. Aufgrund der nötigen nach dem Kalender bestimmten Mitwirkungshandlung des Arbeitgebers im Sinn von § 296 S. 1 BGB ist ein tatsächliches oder wörtliches Angebot der Arbeitsleistung nach einer Verweigerung der Zusammenarbeit entbehrlich.

68

Da die Klägerin 24 Stunden in der Woche beschäftigt werden sollte und die zu zahlende Vergütung 8,50 € brutto beträgt, hat sie Anspruch auf Zahlung von 877,20 € brutto für den Monat September 2015 (24 Stunden x 4,3 Wochen x 8,50 € brutto).

69

Soweit der Annahmeverzugslohnanspruch der Klägerin in Höhe von 483,04 € auf das Jobcenter übergegangen ist, hat sie diesen Anspruchsübergang bei der Antragstellung berücksichtigt.

70

Der Zinsanspruch der Klägerin folgt auch insoweit aus §§ 286 Abs. 1, 2 Nr. 1 BGB, 288 Abs. 1 BGB.

IV.

71

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Voraussetzungen einer Revisionszulassung nach § 72 Abs. 2 ArbGG sind nicht erfüllt.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.