Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 27. Apr. 2017 - 2 Sa 322/16

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2017:0427.2Sa322.16.00
bei uns veröffentlicht am27.04.2017

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 29. Juni 2016 - 12 Ca 4592/15 - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert und wie folgt insgesamt neu gefasst:

Der Beklagte zu 1) wird verurteilt, an den Kläger 40.652,59 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 08. Januar 2016 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die Gerichtskosten erster Instanz tragen der Kläger zu 5/6 und der Beklagte zu 1) zu 1/6. Von den außergerichtlichen Kosten erster Instanz tragen der Kläger die der Beklagten zu 2) voll sowie die des Beklagten zu 1) zu 2/3 und der Beklagte zu 1) die des Klägers zu 1/6; im Übrigen tragen die Parteien die außergerichtlichen Kosten erster Instanz selbst.

Die Gerichtskosten zweiter Instanz tragen der Kläger zu 4/5 und der Beklagte zu 1) zu 1/5. Von den außergerichtlichen Kosten zweiter Instanz tragen der Kläger die der Beklagten zu 2) voll sowie die des Beklagten zu 1) zu 3/5 und der Beklagte zu 1) die des Klägers zu 1/5; im Übrigen tragen die Parteien die außergerichtlichen Kosten zweiter Instanz selbst.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über weitere Vergütung für die Zeit von Januar 2012 bis Dezember 2015.

2

Der Kläger war aufgrund Arbeitsvertrags vom 09. Januar 2012 (Bl. 4, 5 d. A) in der Zeit vom 09. Januar 2012 bis zum 31. Dezember 2015 beim Beklagten zu 1) auf dem von ihm betriebenen Reiterhof "S." als Pferdewirt beschäftigt. Der zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 1) unter der Firma "C. " abgeschlossene Arbeitsvertrag vom 09. Januar 2012 enthält u.a. folgende Regelungen:

3

"§ 1 Allgemeines

4

Der Arbeitnehmer wird als Pferdewirt eingestellt. Der Arbeitnehmer hat die ihm, durch den Arbeitgeber übertragenen Aufgaben zu verrichten. Hierzu zählen insbesondere:

5

- Versorgung und Pflege der Pferde
- Bedienen von Maschinen und Geräten
- Grundkenntnisse in Tiergesundheit und Hygiene
- Reitanlage und Stallungen sauber halten

6

Das Arbeitsverhältnis beginnt am 09.01.2012 und ist befristet bis 31.12.2012.

7

Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbaren eine Probezeit von sechs Monaten.

8

Die vom Arbeitgeber und Arbeitnehmer einzuhaltende Kündigungsfrist während der Probezeit beträgt zwei Wochen.

9

§ 2 Arbeitszeit

10

Die Arbeitszeit richtet sich, nach der mit dem Arbeitgeber getroffenen Vereinbarung und nach dem saisonalen Arbeitsaufwand.

11

§ 3 Lohn/Gehalt

12

Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbaren ein Bruttogehalt von monatlich 600,00 €. Die Lohn bzw. Gehaltszahlung erfolgt jeweils zum 28. eines jeden Monats. Überstundenzuschläge werden nicht gezahlt. Der Beginn sowie das Ende der Arbeitszeiten kann bei Bedarf verschoben werden.
(...)"

13

Der Reiterhof verfügt über ca. 50 Pferdeboxen und ca. 50 Pferde, darunter sowohl Pferde von sog. Selbstversorgern als auch Pferde von Einstellern mit Vollversorgung sowie eigene Pferde des Reiterhofs. Der Kläger wohnte auf dem Reiterhof in einem Container, in dem es keinen Wasseranschluss gab. Mit Schreiben des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie H. vom 03. November 2015 (Bl. 35 d. A.) wurde ihm eine mittelgradige Intelligenzminderung attestiert.

14

Der Kläger war in der Zeit vom 04. bis 09. Oktober 2012 und 22. bis 28. Juli 2014 krankgeschrieben. Weiterhin war er nach einem stationären Krankenhausaufenthalt vom 21. bis 24. September 2015 in der Zeit vom 25. September bis 10. Oktober 2015 krankgeschrieben.

15

Mit Übergabe der zum 31. Dezember 2015 ausgesprochenen Kündigung wurde der Kläger ab dem 22. November 2015 freigestellt.

16

Im Jahr 2015 unterzeichnete der Kläger jeweils die ihm monatlich vorgelegte "Dokumentation der täglichen Arbeitszeit", in der - mit Ausnahme der Krankheitszeiten des Klägers vom 21.September bis 10. Oktober 2015 und seiner Freistellung ab dem 22. November 2015 - jeweils als täglicher Beginn der Arbeitszeit montags bis samstags 07:00 Uhr und als Ende der Arbeitszeit 09:00 bzw. 10:00 Uhr und im August 2015 an drei Tagen 11:00 Uhr handschriftlich eingetragen ist (Bl. 15 - 25 d.A.).

17

Mit seiner am 28. Dezember 2015 beim Arbeitsgericht Koblenz eingegangenen Klage hat der Kläger für die Zeit von Januar 2012 bis Dezember 2015 unter Zugrundelegung des Mindestlohnes in der Landwirtschaft in Höhe von 7,40 EUR pro Stunde und einer durchschnittlichen monatlichen Arbeitszeit von 420 Stunden bei einer täglichen Arbeitszeit von 14 Stunden an sieben Tagen in der Woche von 06:00 Uhr bis 20:00 Uhr Lohnansprüche in Höhe von monatlich 3.108,00 EUR brutto mit der Begründung geltend gemacht, der vertraglich vereinbarte Lohn von monatlich 600,00 EUR brutto sei gem. § 138 BGB nichtig, und hat auf dieser Grundlage sowohl den Beklagten zu 1) als auch dessen Ehefrau (Beklagte zu 2) als Gesamtschuldner auf Zahlung des sich danach für 48 Monate ergebenden Differenzbetrages von insgesamt 120.384,00 EUR brutto in Anspruch genommen (3.108,00 EUR abzüglich gezahlter 600,00 EUR = 2.508,00 EUR x 48 Monate)

18

Wegen des wechselseitigen Vorbringens der Parteien erster Instanz wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz vom 29. Juni 2016 - 12 Ca 4592/15 - Bezug genommen. Mit dem vorgenannten Urteil hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Wegen der Begründung des Arbeitsgerichts wird auf die Entscheidungsgründe seines Urteils verwiesen.

19

Gegen das ihm am 20. Juli 2016 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat der Kläger mit Schriftsatz vom 01. August 2016, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am 02. August 2016 eingegangen, Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 12. August 2016, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am 15. August 2016 eingegangen, begründet. Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger seine Ansprüche unter Berücksichtigung einer täglichen Pausenzeit von zwei Stunden auf der Grundlage einer täglichen Arbeitszeit von zwölf Stunden und einer durchschnittlichen monatlichen Arbeitszeit von 361 Stunden in Höhe der danach berechneten Differenzforderung von insgesamt 99.427,20 EUR (361 Stunden x 7,40 EUR = 2.671,40 EUR abzüglich gezahlter 600,00 EUR = 2.071,40 EUR x 48 Monate) nur noch gegen den Beklagten zu 1) weiter, während er die gegen die Beklagte zu 2) eingelegte Berufung zurückgenommen hat.

20

Der Kläger trägt vor, das Arbeitsgericht habe seinen Vortrag und seine Beweisangebote insbesondere im Schriftsatz vom 24. März 2016 überhaupt nicht berücksichtigt. In Bezug auf die vom Arbeitsgericht angeführten Stundennachweise habe er vorgetragen, dass die von ihm tatsächlich geleisteten Stunden in den Stundennachweisen nicht richtig angegeben seien. Wenn ihm bewusst gewesen wäre, dass er mit den Arbeitszeitnachweisen eine Erklärung über seine angeblich vollständigen täglichen Arbeitszeiten abgebe, hätte er diese selbst angesichts seiner mittelgradigen Intelligenzminderung niemals unterschrieben, weil die angegebenen Arbeitszeiten offensichtlich falsch seien. Er habe aber nicht nur vorgetragen, dass die Stundennachweise falsch seien, sondern er habe auch substantiiert und mit Beweisangeboten vorgetragen, dass er den konkreten Beweis für die Unrichtigkeit erbringen und damit die indizielle Wirkung der Stundennachweise widerlegen könne. Das Arbeitsgericht habe seinen Vortrag, aus dem sich die Unrichtigkeit der Stundennachweise ergebe und durch den deren indizielle Wirkung widerlegt werde, vollständig unberücksichtigt gelassen. Er habe bereits in der Klageschrift vorgetragen, dass er täglich an sieben Tagen in der Woche von 06:00 Uhr bis 20:00 Uhr gearbeitet habe. Sein Vortrag beziehe sich auf die Gesamtvertragsdauer, also sowohl auf das Jahr 2015 als auch auf die vorhergehenden Jahre. Weiterhin habe er in seinem Schriftsatz vom 24. März 2016 ausführlich vorgetragen, welche Tätigkeiten er zu welchen Zeiten bzw. in welcher zeitlichen Abfolge im Laufe eines Tages erbracht habe. Selbst wenn das Arbeitsgericht zu Unrecht von einer indiziellen Wirkung der Arbeitszeitnachweise ausgehe, hätte es zumindest für die Arbeitszeit in den vorhergehenden Jahren seinen substantiierten Vortrag berücksichtigen und ggf. Beweis erheben müssen. Frau C. habe ihm von Anfang an nur in eingeschränktem Umfang geholfen. Die Zeit, die er durch die Hilfe von Frau C. beim Füttern und/oder beim Hinaus- und Hereinbringen der Pferde gespart habe, habe er die Gelegenheit gehabt, die anderen Arbeiten, wie z. B. das Ausmisten und Einstreuen der Boxen, etwas gründlicher auszuführen oder Arbeiten auszuführen, zu denen er sonst nicht gekommen sei. Auf einer Reitanlage würden immer Arbeiten anfallen und wenn man mit einer Arbeit schneller fertig sei, habe man keine Freizeit, sondern mehr Zeit für andere Arbeiten. Entgegen den Ausführungen des Arbeitsgerichts sei vollkommen unerheblich, wie die Arbeiten auf dem Reiterhof nach seinem Ausscheiden bewältigt worden seien. Unabhängig davon könnten von ihm hierzu auch keine weitergehenden Ausführungen erwartet werden, weil er seit seiner Entlassung nicht mehr auf dem Reiterhof wohne. Unabhängig davon habe er vorgetragen, dass die Zahl der eigenen Pferde der Beklagten von zwölf auf ca. vier bis fünf zurückgegangen sei, einige Kunden mit ihren Pferden die Reitanlage verlassen hätten und einige Kunden das Ausmisten und Einstreuen nunmehr selbst ausführen würden. Im Übrigen sei auch ohne weiteres nachvollziehbar, dass die Arbeiten, die er früher alleine erledigt habe, nunmehr - zumal in reduziertem Umfang - durch vermehrten Einsatz von J. und eigene Tätigkeit des Beklagten zu 1) und seiner Ehefrau, die zuvor überhaupt keine dieser Tätigkeiten ausgeführt hätten, bewältigt werden könnten. Allerdings habe sich tatsächlich ergeben, dass z. B. die Fütterung morgens nach seinem Ausscheiden schlechter funktioniert habe. Im Mai 2016 hätte der Beklagte zu 1) und seine Ehefrau eine Einsteller-Versammlung durchgeführt, in welcher sie den Einstellern mitgeteilt hätten, dass sie den Stall verpachten würden, weil die Arbeit zu viel für sie sei. Entgegen der Annahme des Arbeitsgerichts sei er seiner Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der von ihm erbrachten Arbeiten nachgekommen. Er habe in seinem Schriftsatz vom 24. März 2016 vorgetragen, dass er morgens alle Pferde einschließlich der Pferde der Selbstversorger gefüttert habe. Er habe ausdrücklich und mit Beweisangebot vorgetragen, dass er morgens alle ca. 50 Pferde, auch alle Pferde der Selbstversorger, gefüttert habe. Somit seien nähere Angaben nicht erforderlich, denn alle Pferde seien alle Pferde. Dabei könne dahinstehen, ob er bei der Zugabe von Kraftfutter die Gewichtsangaben immer richtig umgesetzt habe, weil er jedenfalls morgens alle 50 Pferde gefüttert habe. Diese Aufgabe habe er täglich und grundsätzlich alleine erfüllt. Nur am Anfang habe Frau C. ihm dabei in eingeschränktem Umfang geholfen, ab 2014 allerdings kaum noch und ab Mitte 2015 überhaupt nicht mehr. Ferner habe ganz selten Frau C. ihm bei der Fütterung geholfen. Offensichtlich habe er diese Aufgabe auch zur Zufriedenheit des Beklagten ausgeführt, weil er diese Aufgabe fast vier Jahre lang habe erfüllen dürfen und müssen. Soweit der Beklagte immer von irgendwelchen Mitarbeitern spreche, welche die Arbeiten ausgeführt hätten, habe er nicht ein einziges Mal substantiiert vorgetragen, wer tatsächlich welche Arbeiten ausgeführt haben solle. Weiterhin habe er ausdrücklich vorgetragen und Beweis dafür angeboten, dass er täglich von morgens bis abends auf Weisung des Beklagten zu 1) und seiner Ehefrau gearbeitet habe und er sich nicht etwa lediglich den ganzen Tag auf dem Hof aufgehalten und den Selbstversorgern aus Freundlichkeit geholfen habe. Die Parteien hätten im Arbeitsvertrag weder die Dauer noch Beginn und Ende der Arbeitszeit, sondern lediglich vereinbart, dass er die ihm durch den Arbeitgeber übertragenen Arbeiten zu verrichten habe und er ein Bruttogehalt von monatlich 600,00 EUR erhalte. Der vereinbarte Lohn stehe in einem auffälligen Missverhältnis zu seiner tatsächlich erbrachten Arbeitsleistung mit der Folge, dass die Lohnvereinbarung gemäß § 138 BGB nichtig und gemäß § 612 Abs. 2 BGB die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen und zu zahlen sei. Für die von ihm geltend gemachten Lohnansprüche sei unerheblich, dass er in dem Zeitraum von vier Jahren viermal krankgeschrieben gewesen sei, weil er für diese Zeiten Anspruch auf Entgeltfortzahlung habe. Der Vortrag der Beklagten, die Einsteller hätten ihn mehrfach gegen 19:00 Uhr mit Einkaufstüten auf den Hof zurückkommen sehen, sei unsubstantiiert und nicht einlassungsfähig. Unabhängig davon sei er z. B. im Jahr 2015 fast immer mit dem Zeugen V. zum Einkaufen gefahren, vereinzelt auch mit dem Zeugen Z., wobei diese Einkaufsfahrten immer nach 19:00 Uhr erfolgt seien. Im Jahr 2014 sei er am Heiligabend vereinbarungsgemäß um 11:00 Uhr weggefahren, um in K. ein Geschenk für seine Mutter zu kaufen, woraufhin er dann aber vom Beklagten telefonisch zurückbeordert worden sei und bis 17:00 Uhr habe arbeiten müssen. Entgegen der Darstellung des Beklagten habe er nicht vorgetragen, dass er als einziger Arbeitnehmer für die Versorgung und Pflege der Pferde sowie für die laufende Unterhaltung der Reitanlage und der Stallungen zuständig gewesen sei, sondern dass er als einziger Arbeitnehmer ständig für diese Arbeiten zuständig gewesen sei. Dabei sei unstreitig, dass ihm vereinzelt bzw. gelegentlich andere Personen geholfen hätten, wie z. B. die Zeugin C., der Zeuge Z. oder Frau C.. Die vorgenannten Personen seien aber nicht ständig im Stall tätig gewesen und hätten gefüttert, gemistet, eingestreut, die Pferde auf die Weiden gebracht etc., sondern nur vereinzelt und gelegentlich. Zwar habe die Zeugin I. als Aushilfskraft die Zeugin C. während deren Abwesenheit von 16. Juni bis 30. August 2014 vertreten. Dabei habe sie in allererster Linie den Reitunterricht anstelle der Zeugin C. gegeben, während sie bei den Stallarbeiten nur vereinzelt und in geringem Umfang geholfen habe. Von einem Praktikum auf dem Hof in der Zeit vom 01. Februar 2013 bis 01. April 2014 könne keine Rede sein. Vielmehr habe die Zeugin I. Anfang 2014 ihr Abitur gemacht und bis dahin die Schule besucht, so dass sie an Schultagen vormittags und teilweise auch nachmittags überhaupt nicht zur Verfügung gestanden habe. Im Übrigen habe sich die Zeugin I. im Jahr 2012 insgesamt rund vier Monate in Amerika befunden und seit Ende August 2014 studiere sowie lebe sie in den Niederlanden. Im Übrigen sei die Zeugin I. keinesfalls täglich auf der Anlage gewesen, sondern manchmal wochenlang überhaupt nicht da gewesen. Er sei unstreitig nicht für die technisch-bauliche Erhaltung der Reitanlage zuständig gewesen, weil das im Wesentlichen durch den Zeugen Z. erfolgt sei. Weiterhin sei unstreitig, dass auf dem Hof weitere Beschäftigte tätig gewesen seien, die aber nicht bzw. nur vereinzelt/gelegentlich in seinem Aufgabenbereich tätig gewesen seien. Tatsache sei, dass er täglich ganztags gearbeitet habe und dies auch erforderlich gewesen sei, um die Arbeit zu schaffen.

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Der Kläger beantragt,

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unter Abänderung des am 29. Juni 2016 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz - 12 Ca 4592/15 - den Beklagten zu 1) zu verurteilen, an ihn 99.427,20 EUR brutto nebst Verzugszinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

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Der Beklagte zu 1) beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

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Er erwidert, das Arbeitsgericht sei zutreffend davon ausgegangen, dass kein Anspruch auf weitere Vergütung bestehe, weil es bereits an dem dazu notwendigen substantiierten Vortrag fehle. Soweit der Kläger nunmehr in seiner Berechnung die behauptete tägliche Arbeitszeit von 14 auf zwölf Stunden reduziere und dies mit der Essensaufnahme von jeweils einer Stunde begründe, sei dieser Vortrag unzutreffend. Er habe nie behauptet, der Kläger hätte zwei Essenspausen täglich gemacht, sondern vielmehr, dass er im Zusammenhang mit der Verflechtung von Freizeit, Wohnsituation und Arbeit täglich mittags zwei Mahlzeiten aus der Metzgereiküche erhalten habe, wobei er eine abends habe einnehmen sollen. Wie bereits von ihm geschildert, habe der Kläger den ganzen Tag auf dem Reiterhof verbracht und dort gearbeitet, seine Freizeit verbracht, soziale Kontakte geknüpft und dort auch geschlafen. Soweit der Kläger vorgetragen habe, er habe den Inhalt der Stundenzettel und die damit verbundene Erklärung nicht inhaltlich erfasst, werde dies bestritten und darauf verwiesen, dass der Kläger neben dem Mofa-Führerschein auch Inhaber des Kutschenführerscheins sei. Auch habe der Kläger einen Account bei Facebook gehabt und dort Einträge verfasst, wobei seine sozialen Kontakte fast ausschließlich die Einsteller gewesen seien. So habe er am 28. März 2015 an , eine Einstellerin, geschrieben, dass er jetzt erst einmal eine Pause mache und auf seinem Sofa sitze, denn er gehe erst um 16:30 Uhr wieder in den Stall. Auch in der Berufung behaupte der Kläger pauschal, täglich zwölf Stunden gearbeitet zu haben. Die benannten Zeugen hätten sich jeweils nur für Monate dort aufgehalten und könnten keine Aussage über vier Jahre erbringen, auch nicht über zwölf Stunden am Tag, weil sie sich dort nur für maximal drei bis vier Stunden an einigen Wochentagen aufgehalten hätten. Es handele sich daher um einen unzulässigen Ausforschungsbeweis. Der Vortrag sei offensichtlich unsubstantiiert, was sich auch in der Tatsache zeige, dass der Kläger auch während der Zeiten seiner Krankschreibung und Freistellung nach seinem Vortrag täglich zwölf Stunden gearbeitet habe. Einsteller könnten bezeugen, dass sie den Kläger mehrfach gegen 19:00 Uhr mit Einkaufstüten von R. hätten auf den Hof zurückkommen sehen, wenn sie ihre Pferde versorgt hätten. Auch habe die Zeugin D. den Kläger nachmittags im Dezember 2014 im S. in K. getroffen, wo die Zeugin arbeite. Der Kläger habe in seiner Freizeit tagsüber mehrfach den Hof für Stunden verlassen, habe sich mittags nach dem Essen für Stunden in seinem Aufenthaltsraum hingelegt, sei mit anderen in den nächsten Ort zum Einkaufen gefahren oder nach K. in die Stadt. Auch habe er mit Einstellern im Sommer mehrfach nachmittags gegrillt und die Tage über Weihnachten nicht auf dem Reiterhof verbracht. Im Übrigen halte sie rein vorsorglich und hilfsweise die Einwendung der Verwirkung aufrecht. Neben dem Kläger seien immer weitere Personen im Stall tätig gewesen, die gefüttert, gemistet, eingestreut und die Pferde auf die Weiden gebracht hätten. Diese Arbeiten seien entsprechend auch durch Frau C., C., Z., I. und ihm selbst erbracht worden. Der Kläger habe alle seine sozialen Kontakte ausschließlich auf dem Reiterhof gehabt und habe entgegen der Weisung von Frau C. wiederholt seine Hilfe den Einstellern angeboten, deren Pferde versorgt, Hilfestellungen auch Selbstversorgern beim Misten geleistet, etc.. Selbst wenn er krankgeschrieben gewesen sei, habe er Arbeiten für Dritte dort auf dem Hof erledigt, obwohl ihm dies untersagt worden sei. Auch gegenüber Einstellern habe er sich dann dahingehend geäußert, ihm sei sonst zu langweilig, er brauche den Kontakt zu den Pferden. Er habe offensichtlich die Aufmerksamkeit der Einsteller genossen, die dessen Hilfsbereitschaft geschätzt hätten. Es habe die Anweisung bestanden, dass sonntags nicht gemistet und auch keine Pferde rausgestellt würden. Dennoch habe der Kläger wiederholt entgegen der Anweisung Pferde auch sonntags herausgeführt. Die Zeugin I. sei seit 2007 fast täglich auf dem Hof und habe insbesondere unter Mithilfe des Klägers Pferde gefüttert, gemistet und diese auf die Weiden gestellt. Der Vortrag, der Kläger habe die Arbeiten als einziger Arbeitnehmer ausgeführt, sei daher bereits unzutreffend. Auch die geleistete Stundenanzahl sei unzutreffend. Der Kläger habe weder alleine die Arbeiten ausgeführt, noch täglich von 06:00 Uhr bis 20:00 Uhr auf Weisung gearbeitet. Die Tatsache, dass der Kläger sich fast durchgehend auf dem Hof aufgehalten habe, führe nicht zu abrechnungsfähigen, geleisteten Stunden. Gerade um die Mittagszeit habe sich der Kläger oftmals für mehrere Stunden in seinen Aufenthaltsraum zurückgezogen. Zum Wesen des Klägers habe es gehört, dass er sich immer als Ansprechpartner für die Pferdebesitzer offeriert habe, weil er sich gerne zu den Leuten gesellt habe, um Kontakte zu knüpfen und zu pflegen. Er habe immer ein offenes Ohr gehabt und jedem gerne geholfen. In seiner Freizeit habe er tagsüber oft mit den Kunden auf dem Hof geplaudert über private Dinge, mittags in seinem Aufenthaltsraum geschlafen bzw. sei er in die Stadt gefahren, um Einkäufe zu erledigen.

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Das Berufungsgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen V., V.-I., Q., R., R., J., S., Y., Z., C. T., T., C., C., I., K., D., M., N., O. und P.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 06. April 2017 verwiesen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die gemäß § 64 Abs. 1 und 2 Buchst. b ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist insbesondere form- sowie fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i. V. m. 519, 520 ZPO).

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Der mit der Berufung zuletzt nur noch gegen den Beklagten zu 1) weiterverfolgte Klageanspruch auf weitere Vergütung für die streitgegenständliche Zeit vom 09. Januar 2012 bis 31. Dezember 2015 ist in Höhe von 40.652,59 EUR brutto begründet. Die im Arbeitsvertrag getroffene Vergütungsabrede ist wegen Sittenwidrigkeit nach § 138 BGB nichtig. Der Vergütungsanspruch des Klägers für den streitgegenständlichen Zeitraum folgt für die Tage, an denen er gearbeitet hat, aus §§ 611 Abs. 1 i.V.m. 612 Abs. 2 BGB, für die Zeiten krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit aus §§ 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 EFZG und für die Zeit der Freistellung aus §§ 611 Abs. 1, 615 i.V.m. 612 Abs. 2 BGB bzw. aus § 11 Abs. 1 BUrlG, soweit in der Freistellungszeit der gesetzliche Mindesturlaub gewährt worden ist.

I.

29

Unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses der durchgeführten Beweisaufnahme ist das Berufungsgericht zu der Überzeugung (§ 286 ZPO) gelangt, dass der Kläger entgegen dem Vortrag des Beklagten zu 1) nicht lediglich in Teilzeit mit 60 bis 70 Stunden im Monat, sondern in Vollzeit mit (zumindest) 208 Stunden pro Monat entsprechend der gemäß § 3 ArbZG gesetzlich zulässigen Höchstarbeitszeit von im Durchschnitt acht Stunden werktäglich beschäftigt war. Die vereinbarte monatliche Vergütung in Höhe von 600,00 EUR brutto unterschreitet bei einer regelmäßigen Arbeitszeit von 208 Stunden pro Monat (8 Stunden werktäglich x 26 Werktage) die übliche Vergütung für Stallarbeiter im streitgegenständlichen Zeitraum um mehr als die Hälfte, so dass die Voraussetzungen zur Annahme einer Sittenwidrigkeit der Vergütungsabrede erfüllt sind.

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1. Der objektive Tatbestand sowohl des Lohnwuchers (§ 138 Abs. 2 BGB) als auch des wucherähnlichen Geschäfts (§ 138 Abs. 1 BGB) setzt ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung voraus. Ein solches ist regelmäßig anzunehmen, wenn die Arbeitsvergütung nicht einmal zwei Drittel eines in dem Wirtschaftszweig üblicherweise gezahlten Tarifentgelts erreicht. Dasselbe gilt, wenn bei fehlender Maßgeblichkeit der Tarifentgelte die vereinbarte Vergütung mehr als ein Drittel unter dem Lohnniveau, das sich für die auszuübende Tätigkeit in der Wirtschaftsregion gebildet hat, bleibt. In subjektiver Hinsicht verlangt der Tatbestand des Lohnwuchers eine Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen. Der subjektive Tatbestand des wucherähnlichen Geschäfts erfordert i.d.R. eine verwerfliche Gesinnung des Arbeitgebers. Dazu hat das Bundesarbeitsgericht eine Vermutungsregel entwickelt. Ist der objektive Wert einer Arbeitsleistung mindestens doppelt so hoch wie der Wert der Gegenleistung, gestattet dieses besonders grobe Missverhältnis den tatsächlichen Schluss auf eine verwerfliche Gesinnung des Arbeitgebers i.S.v. § 138 Abs. 1 BGB. Anderenfalls muss der Arbeitnehmer zusätzliche Umstände, aus denen geschlossen werden kann, der Arbeitgeber habe die Not oder einen anderen den Arbeitnehmer hemmenden Umstand in verwerflicher Weise zu seinem Vorteil ausgenutzt, darlegen und im Streitfall beweisen (BAG 18. November 2015 - 5 AZR 751/13 - Rn. 12 und 13, NZA 2016, 487). Ob der Wert der Arbeitsleistung in einem auffälligen oder besonders groben Missverhältnis zur versprochenen Vergütung steht, beurteilt sich grundsätzlich nach einer Gesamtbetrachtung der vom Arbeitnehmer nach dem Arbeitsvertrag geschuldeten Arbeitsleistung und des vom Arbeitgeber dafür zu zahlenden Entgelts. Maßgeblich ist der Vergleich zwischen dem objektiven Wert der Arbeitsleistung und der "faktischen" Höhe der Vergütung, die sich aus dem Verhältnis von geschuldeter Arbeitszeit und versprochener Vergütung für eine bestimmte Abrechnungsperiode ergibt. Maßgebend ist, was der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer für die abverlangte Arbeit nach der arbeitsvertraglichen Vereinbarung und der Rechtsordnung schuldet. Sind einzelne Abreden bereits aus anderen Gründen rechtsunwirksam mit der Folge, dass dem Arbeitnehmer insoweit ein gesonderter Entgeltanspruch erwächst (z. B. Überstundenvergütung nach § 612 Abs. 1 BGB), bleibt dies bei der Prüfung der Sittenwidrigkeit außer Betracht. Ihr unterliegen nur diejenigen Teile der arbeitsvertraglichen Vergütungsvereinbarung, die - die zu prüfende Sittenwidrigkeit hinweg gedacht - ansonsten rechtswirksam sind (BAG 18. November 2015 - 5 AZR 751/13 - Rn. 16 und 17, NZA 2016, 487).

31

2. Im Streitfall sind die dargestellten objektiven und subjektiven Voraussetzungen zur Annahme einer Sittenwidrigkeit der Vergütungsabrede erfüllt. Der Kläger war beim Beklagten zu 1) nicht lediglich in Teilzeit mit 60 bis 70 Stunden im Monat beschäftigt, sondern hat die nach seinem Arbeitsvertrag vom 09. Januar 2012 geschuldete Tätigkeit als Pferdewirt zur Erfüllung der ihm übertragenen und in § 1 des Arbeitsvertrags bezeichneten Aufgaben in Vollzeit mit einer regelmäßigen Arbeitszeit von (zumindest) werktäglich acht Stunden entsprechend der nach § 3 ArbZG zulässigen Höchstarbeitszeit erbracht.

32

a) Die Vertragsparteien haben im Arbeitsvertrag vom 09. Januar 2012 keine bestimmte Dauer der Arbeitszeit festgelegt, sondern lediglich vereinbart, dass sich die Arbeitszeit nach der mit dem Arbeitgeber getroffenen Vereinbarung und nach dem saisonalen Arbeitsaufwand richtet (§ 2 des Arbeitsvertrages) und der Beginn sowie das Ende der Arbeitszeiten bei Bedarf verschoben werden kann (§ 3 des Arbeitsvertrages). In § 1 des Arbeitsvertrages haben sie festgelegt, dass der Kläger als Pferdewirt eingestellt wird und er die ihm durch den Arbeitgeber übertragenen Aufgaben zu verrichten hat, wozu insbesondere die Versorgung und Pflege der Pferde, das Bedienen von Maschinen und Geräten, Grundkenntnisse in Tiergesundheit und Hygiene sowie das Sauberhalten der Reitanlagen und Stallungen zählen.

33

Der Kläger hat hinreichend substantiiert vorgetragen, dass er zur Erfüllung dieser ihm vertraglich übertragenen Aufgaben täglich an sieben Tagen in der Woche von 06:00 Uhr bis 20:00 Uhr gearbeitet habe, wobei er zwei Stunden als Pausenzeit in Abzug gebracht hat. Hierzu hat er ausgeführt, dass er morgens um 06:00 Uhr mit dem Füttern begonnen habe, und zwar mit dem Füttern aller ca. 50 Pferde, also auch der Pferde der Selbstversorger. Wenn er mit dem Füttern fertig gewesen sei, habe er begonnen, die ca. 20 Pferde, die in Boxen im Stall gestanden hätten, hinauszubringen und zwar im Winter auf relativ nahe liegende Paddocks und im Sommer auf die ca. 150 bis zu 500 m entfernt liegenden Weiden. Als nächstes habe er damit begonnen, die Boxen im Stall auszumisten und neu einzustreuen. Acht oder neun Boxen hätten einen zusätzlichen Freilauf, den er ebenfalls abgeäppelt und gepflegt habe. Teilweise hätten auch die Selbstversorger den Beklagten zu 1) beauftragt, gegen gesonderte Vergütung ihre Ställe auszumisten und einzustreuen, was er dann ebenfalls gemacht habe. Nach Mittag, als er in der Regel noch nicht mit dem Misten und Einstreuen fertig gewesen sei, habe er die Pferde wieder zurück in den Stall geholt. Er habe dann weiter ausgemistet und eingestreut, bis er damit fertig gewesen sei. Abends habe er dann die ca. 20 Pferde im Stall gefüttert. Soweit die Selbstversorger den Beklagten zu 1) beauftragt hätten, habe er auch diese Pferde gefüttert. Neben den vorgenannten Tätigkeiten habe er laufend Stall und Hof gefegt, Spinnenweben entfernt, Weidezäune gerichtet, Laub entfernt, Hallen bewässert, im Sommerhalbjahr Mäharbeiten ausgeführt und vieles andere mehr.

34

Die Beklagte hat erwidert, die Tätigkeit des Klägers habe sich von Beginn an auf maximal zwei bis drei Stunden am Tag beschränkt. Seine Aufgabe habe darin bestanden, morgens beim Füttern zu helfen und die Pferde auf die Koppel zu stellen. Die Arbeitsaufgabe des Klägers habe allein das morgendliche Füttern und Herausstellen von ca. 12 bis 16 Pferden betroffen. Es werde nicht bestritten, dass der Kläger auch beim Misten mitgeholfen habe, jedoch habe er diese Tätigkeit nicht allein ausgeführt und innerhalb der üblichen Arbeitszeit von zwei bis vier Stunden am Tag (Montag bis Samstag). Im Übrigen habe sich der Kläger über den ganzen Tag auf der Anlage aufgehalten und auch ausdrücklich gegen Anweisung sowohl Selbstversorgern als auch den übrigen Mitarbeitern geholfen. Neben dem Kläger seien immer weitere Personen im Stall tätig gewesen, die gefüttert hätten, gemistet, eingestreut und die Pferde auf die Weiden gebracht hätten. Diese Arbeiten seien entsprechend auch durch Frau C., C., Z., I. und ihm selbst erbracht worden.

35

Der Kläger hat demgegenüber darauf verwiesen, dass er als einziger Arbeitnehmer ständig für die von ihm dargestellten Arbeiten zuständig gewesen sei, während ihm unstreitig vereinzelt bzw. gelegentlich andere Personen geholfen hätten, wie z. B. Frau C., Herr Z. und Frau C.. Diese Personen seien aber nicht ständig im Stall tätig gewesen, hätten gefüttert, gemistet, eingestreut und die Pferde auf die Weiden gebracht etc., sondern nur vereinzelt und gelegentlich.

36

Aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme hat das Berufungsgericht die Überzeugung gewonnen, dass die vereinbarte Arbeitstätigkeit des Klägers nicht nur auf das morgendliche Füttern und Herausstellen von ca. 12 bis 16 Pferden sowie die Mithilfe beim Misten für vormittags zwei bis drei Stunden beschränkt war, sondern er wie ein Vollzeitarbeitnehmer die nach § 1 seines Arbeitsvertrages übertragenen Aufgaben sowohl vormittags als auch nachmittags verrichtet hat.

37

Der Zeuge V., der während des streitgegenständlichen Zeitraums bis November 2015 Einsteller auf dem Hof war, hat ausgesagt, dass sie zwar als Selbstversorger für ihre beiden Pferde selbst zuständig gewesen seien, hiervon jedoch das morgendliche Füttern ausgenommen gewesen sei, dass der Vermieter und damit also der Kläger zu erledigen gehabt habe. Zum Beweisthema hat er angegeben, dass wann immer er zu unterschiedlichen Tageszeiten und auch am Wochenende auf dem Hof gewesen sei, der Kläger dort gearbeitet habe. Der Kläger sei abends mit dem Füttern der Pferde beschäftigt gewesen, nachmittags mit dem Ausmisten und habe spät abends weitere Arbeiten, wie z. B. das Fegen, Mähen und auch Füttern gemacht. Da er berufstätig sei, sei er nur selten vormittags da gewesen. Er habe daher nur vereinzelt gesehen, wie der Kläger die Pferde auf die Koppel gebracht habe. Nachmittags habe er auch gesehen, wie der Kläger die Pferde wieder zurückgebracht habe. Das Rein- und Rausbringen der Pferde habe er am Wochenende am Samstag gesehen, aber nicht am Sonntag. Vereinzelt sei Frau C. beim Füttern der Pferde anwesend gewesen, die das dann jeweils mit dem Kläger zusammen gemacht habe, wobei die Abendfütterung so zwischen 16:00 Uhr und 18:00 Uhr gewesen sei.

38

Die Zeugin V.-I., die Ehefrau des Zeugen V., hat bekundet, dass sie im Außendienst tätig sei und deshalb an den Wochenenden, an Brückentagen und an Urlaubstagen auf dem Hof gewesen sei, also immer dann, wenn sie nicht habe arbeiten müssen. Sie habe gesehen, wie der Kläger die Pferde rausgebracht und den Stall gemacht habe, die Pferde auch abends gefüttert habe und die Pferde wieder reingeholt sowie Arbeiten an der Anlage verrichtet habe. Mittags habe sie ihn auch gesehen, wie er in seinem Container Mittagsruhe gemacht habe. Sie habe ihn in der Regel bis etwa 18:00 Uhr bis 19:00 Uhr auf dem Hof gesehen, wie er gearbeitet habe, wozu ja auch das Füttern gehöre. Sie hätten mit ihm oft über seine Arbeit gesprochen, wobei er ihnen dann z. B. gesagt habe, dass er noch bestimmte Arbeiten fertig machen müsse. Der Kläger habe auch ihre Pferde morgens gefüttert. Sie habe auch gesehen, wie der Kläger die im Stall stehenden Einsteller-Pferde und die Pferde der Familie C. rausgebracht habe auf die Koppel bzw. auf die Paddocks, während die Selbstversorger ihre Pferde selbst rausgebracht und wieder reingeholt hätten. Wenn sie gesehen habe, dass jemand Stallarbeiten gemacht habe, sei das meistens der Kläger gewesen, während vereinzelt auch andere Personen einschließlich ihr selbst mitgeholfen hätten. Sie habe des Öfteren gesehen, wie Frau C. oder Frau C. am Container geklopft und den Kläger aufgefordert hätten, bestimmte Arbeiten zu verrichten. Frau C. habe sich z. B. bei ihr auch beschwert, warum denn der Kläger mit bestimmten Arbeiten so lange brauche. An Weihnachten sei er sogar zurückgeholt worden, als er mit seinem Roller auf dem Weg zu seiner Mutter gewesen sei, um noch eine Box einzustreuen, weil sich eine Einstellerin beschwert habe.

39

Die Zeugin Q. hat nach ihrer Aussage ihre beiden Pferde ca. neun Jahre auf dem Hof gehabt und diesen vor ca. anderthalb Jahren verlassen. Als der Kläger zum S. gekommen sei, habe er dort die Ställe gemacht, die Pferde gefüttert, gemistet, rausgeführt und wieder reingebracht, Rasen gemäht und eigentlich alles, was so ringsherum mit Pferden zu tun habe. Wenn sie morgens als sog. Selbstversorgerin nicht selbst da gewesen sei, seien ihre Pferde mit gefüttert worden, während sie im Übrigen die Arbeiten mit ihren Pferden selbst gemacht habe. Zur Weidesaison habe sie die Pferde meistens selbst morgens rausgebracht. Sie sei dann so gegen 06:00 Uhr bis 06:30 Uhr, spätestens 07:00 Uhr auf dem Hof gewesen. Abends sei sie zum Füttern auf dem Hof gewesen, so etwa zwischen 18:00 Uhr und 20:00 Uhr, je nachdem wann sie mit ihrer selbständigen Berufstätigkeit fertig gewesen sei. Zu den Zeiten, zu denen sie auf dem Hof gewesen sei, sei der Kläger immer da gewesen. Sie habe ihn immer dabei beobachtet, wie er Arbeiten ausgeführt habe, z. B. Pferdefüttern, Ausmisten der Ställe und Mäharbeiten sowie alles, was auf dem Hof so anfalle. Anfangs habe Frau C. den Kläger eingewiesen, danach habe man sie immer weniger gesehen. Sie habe Reitunterricht gegeben und manchmal die Pferde der Selbstversorger morgens gefüttert. Als der Kläger noch nicht da gewesen sei, habe Frau C. die Pferde morgens gefüttert und ab und an auch ausgemistet. Als der Kläger dann gekommen sei, habe er diese Arbeiten gemacht.

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Die Zeugin R. hat ausgesagt, dass sie von ca. 2011 bis 2015 auf dem Reiterhof gewesen seien und eine Box mit Vollverpflegung gehabt hätten. Sie sei täglich nach Dienstschluss in der Bank um 16:00 Uhr zum Stall gefahren und dort zwischen 16:30 Uhr und 16:45 Uhr gewesen. Der Kläger habe die Pferde gefüttert und gemistet. Sie hätten einen Außenstall für ihr Pferd gehabt, das auf Spänen gestanden habe. Der Kläger habe die Pferdeäpfel rausgeholt und gemistet sowie abends das Pferd gefüttert. Nachdem der Kläger mit Füttern und Misten fertig gewesen sei, habe sie das nicht mehr so beobachtet. Sie denke, dass er so zwischen 18:00 Uhr und 19:00 Uhr mit dem Füttern und Misten fertig gewesen sei, genau könne sie das aber nicht sagen. Sie habe gesehen, wie der Kläger morgens die Pferde rausgebracht und sie abends wieder reingeholt habe. Zu den weiteren Aufgaben des Klägers könne sie keine Angaben machen. Ihr Eindruck sei gewesen, dass der Kläger dort einen Vollzeitjob gehabt habe und da auch nicht etwa nur rumgesessen, sondern ihren Eindrücken nach gearbeitet habe.

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Die Zeugin R., die nach ihrer Aussage zusammen mit ihrer Mutter seit 2011 auf dem S. ein Pferd als Einsteller mit Vollversorgung hatten, hat bekundet, dass wenn sie abends nach der Arbeit so gegen 17:00 Uhr bis 17:30 auf den Reiterhof gekommen sei, der Kläger beim Füttern gewesen sei. Manchmal habe der Kläger abends auch ihre Box noch gemacht, weil das mit den Spänen etwas aufwendiger gewesen sei. Der Kläger habe den Hof gekehrt, die Stallgasse gekehrt, die Pferde reingeholt und morgens auch ausgemistet. Bezüglich der morgendlichen Arbeiten könne sie dies nur insoweit sagen, als sie während ihres Urlaubes auch morgens da gewesen sei. Sie denke, dass der Kläger so bis 19:00 Uhr tätig gewesen sei, genau könne sie das nicht sagen. Zwar sei Frau C. auch auf dem Hof gewesen, sie habe sie aber nicht dabei gesehen, wie sie Arbeiten auf dem Hof erledigt habe. An den Tagen, an denen sie auch morgens auf dem Hof gewesen sei, habe sie den Kläger beim Arbeiten gesehen. Wenn sie auf dem Hof gewesen sei, dann habe sie den Kläger dort auch arbeiten gesehen. Für sie sei das der Angestellte dort gewesen, der da gearbeitet habe. Immer wenn sie auf dem Hof gewesen sei, habe sie auch den Kläger gesehen, der dort tätig gewesen sei. Sie habe keine weiteren Personen gesehen, die dort Stallarbeiten wie z. B. das Ausmisten oder Füttern der Pferde regelmäßig gemacht hätten. Der Kläger habe ihre Box ausgemistet, so dass sie aufgrund ihrer Vollversorgung davon ausgehe, dass der Kläger vom Reiterhof damit beauftragt gewesen sei. Sie habe Frau C. des Öfteren um Rat gebeten, weil ihr Pferd etwas schwieriger gewesen sei, während sie ansonsten tagsüber Frau C. nicht gesehen habe. Die Stallarbeit habe der Kläger gemacht. Eigentlich seien die Boxen vormittags bzw. nachmittags gemistet worden. Es sei aber auch vorgekommen, dass der Kläger dies erst später gemacht habe. Sie vermute, dass ihre Box auch des Öfteren später dran gewesen sei, weil das mit den Spänen aufwendiger gewesen sei.

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Die von beiden Parteien benannte Zeugin J. hat bekundet, dass sie seit 2011 Einstellerin als Selbstversorgerin auf dem Hof sei. Der Kläger sei dann auf den Reiterhof gekommen und habe geholfen beim Ausmisten, Pferde rausbringen und das morgendliche Füttern der Pferde. Sie sei überwiegend vormittags da. Da sie ihre Kinder gegen 08:00 Uhr in den Kindergarten gebracht habe, sei sie zwischen 08:30 Uhr und 09:00 Uhr auf den Hof gekommen und so zwischen 10:30 Uhr und 11:00 Uhr habe sie den Hof wieder verlassen. Manchmal sei der Kläger dann noch am Arbeiten gewesen, manchmal sei er mit dem Roller ihr entgegen gekommen. Sie denke, dass man für das Füttern ihrer Pferde nur etwa fünf Minuten gebraucht habe. Sie hätten nämlich das Futter bereits in den Eimern vorbereitet und auch die Heunetze. Je nachdem brauche man dafür auch nur zwei bis drei Minuten. Sie denke, dass das sog. Abäppeln bei Stroh oder Spänen genauso schnell gehe.

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Die Zeugin S. hat ausgesagt, dass sie vom 13. Dezember 2014 bis 30. August 2015 auf dem Reiterhof als Einstellerin mit Vollpension gewesen sei. Sie sei den ganzen Tag rund um die Uhr auf dem Hof gewesen und habe nur mittags zu Hause etwas gegessen. Der Kläger habe die gesamte Stallarbeit gemacht, gemistet, gefüttert, die Pferde rein- und rausgebracht, Stallgassen gefegt, Wasser gegeben und rundherum die Anlage auch sauber gehalten. Der Kläger sei immer da gewesen, wenn sie da gewesen sei. Er habe während der Zeit, in der sie da gewesen sei, den ganzen Tag gearbeitet. Zum Teil habe sie ihm noch geholfen, weil so viel zu tun gewesen sei. Sie sei morgens so zwischen 09:00 Uhr und 10:00 Uhr auf den Hof gekommen und sei abends bis 18:00 Uhr zu unterschiedlichen Zeiten auf dem Hof gewesen. Es habe Tage gegeben, an denen der Kläger abends nach dem Füttern Feierabend gehabt habe, an anderen Tagen habe er bis 22:00 Uhr noch mit dem Freischneider gearbeitet. Das sei immer unterschiedlich gewesen, genau könne sie das nicht sagen. Sie könne aber sicher sagen, dass der Kläger dort nicht nur einzelne Stunden, sondern Vollzeit während des ganzen Tages gearbeitet habe. Mit ganzem Tag meine sie von morgens bis abends. Meistens habe Frau C. dem Kläger die Anweisungen erteilt. Weiterhin hätten und C. als die beiden Chefs dem Kläger Anweisungen erteilt. Im laufenden Betrieb habe meistens Frau C. die Anweisungen gegeben. Es sei einmal täglich gemistet worden. Das sei über den ganzen Tag erfolgt, je nachdem wie der Kläger das geschafft habe. Es habe auch Tage gegeben, an denen der Kläger so viel zu tun gehabt habe, dass sie ihre Box dann selber gemistet habe. Sonntags sei nicht gemistet, sondern nur übergestreut worden. Der Kläger habe auch am Sonntag gearbeitet, es sei nur lediglich nicht gemistet worden. Meistens sei sie zwischen 12:00 Uhr und 14:00 Uhr nicht da gewesen. Das sei auch die Zeit gewesen, in der der Kläger Mittagspause gehabt habe. Sie habe sieben Monate ein Pferd auf der Stallgasse gehabt. Dort hätten die Pferde der Familie C. und auch die Pferde der Einsteller mit Vollversorgung gestanden. Ihre drei eingestellten Pferde hätten alle Vollversorgung gehabt. Sie habe den Hof beauftragt, die Versorgung der Pferde und Stallarbeiten auszuführen. Der Kläger sei derjenige gewesen, der die Arbeiten ausgeführt habe.

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Die Zeugin Y. hat bekundet, dass sie jeweils ein Pferd in der Zeit vom 01. Oktober 2013 bis Ende 2015 auf dem Hof gehabt habe, wobei das erste Pferd habe eingeschläfert werden müssen, wonach ihr Bruder ihr sein Pferd überlassen habe, das sie auf dem Hof dann eingestellt habe. Zuerst habe ihr Pferd in der Vollversorgerbox im Innenstall gestanden, dann sei sie vorübergehend in einem offenen Stall als Selbstversorgerin gewesen, danach sei sie wieder zurück in eine Box mit Vollversorgung, weil das nicht gut funktioniert habe. Sie sei zu unterschiedlichen Zeiten unter der Woche und auch am Wochenende auf dem Hof gewesen. In den Zeiten mit Vollversorgung habe der Kläger die Pferde gefüttert, raus- und reingebracht und gemistet. Allerdings sei sonntags nicht gemistet, sondern lediglich rübergestreut worden, was jeweils auch der Kläger gemacht habe. Unter der Woche habe sie gearbeitet, so dass sie erst ab ca. 15:30 Uhr in der Regel dann etwa zwei Stunden auf dem Hof gewesen sei, an den Wochenenden meistens vormittags von etwa 09:00 Uhr bis 10:00 Uhr bis abends ca. zwischen 16:00 Uhr und 18:00 Uhr, genau könne sie das heute nicht mehr sagen. Während der Zeit, in der sie auf dem Hof gewesen sei, habe der Kläger die Pferde gemistet, eingestreut, Heu aufgefüllt, die Pferde von den Weiden geholt und in die Boxen geführt und abends dann das bereit gestellte Futter den Pferden gegeben. Der Kläger habe mittags seine Pause gemacht. Ansonsten habe sie sich nicht danach erkundigt, was der Kläger an weiteren Arbeiten gemacht habe. An den Tagen, an denen sie auf dem Hof gewesen sei, habe der Kläger die Arbeiten im Stall mit den Pferden gemacht. Als der Kläger mal eine Zeit lang krank gewesen sei, dann hätten Herr und Frau C. das gemacht.

45

Der von beiden Parteien benannte Zeuge Z. hat ausgesagt, dass er nach seiner zwanzigjährigen Tätigkeit auf dem Hof seit dem 01. August 2016 dort nicht mehr tätig sei, weil er eine bessere Verdienstmöglichkeit gefunden habe. Seit 2001/2002 sei er für die Firma l. E. GmbH tätig gewesen, die Essen gekocht und Kunden beliefert habe. Es habe eine Metzgerei auf dem S. gegeben. Er habe Essen ausgefahren und Lieferungen gemacht und auch in der Küche geholfen, wenn Not am Mann gewesen sei. Auf dem Reiterhof habe er das Heu reingefahren mit dem Traktor. Er habe die Reithalle abgezogen, den Reitplatz, die Zäune repariert, Wasserleitungen repariert, Stromleitungen repariert und sonstige Reparaturarbeiten. Er habe auch gemistet, wenn der Kläger nicht da gewesen sei. In der Regel habe er morgens früh die Lieferungen ausgefahren und sei danach in den Stall gegangen. Dort habe er das Stroh und Heu mit dem Traktor angeliefert. Der Kläger sei dann im Stall beim Misten gewesen und er sei zurück in die Küche gegangen, um dort zu helfen. Nachmittags habe er Reparaturarbeiten ausgeführt, weil immer etwas kaputt gewesen sei. Der Kläger sei um 09:00 Uhr beim Füttern gewesen. Er habe seine Sachen im Stall gemacht und sei dann wieder Weg. Er habe sich nicht aufgeschrieben, was der Kläger gemacht habe. Der Kläger habe den Pferdestall zu misten gehabt, manchmal habe er Rasen gemäht, die Halle nass gemacht, Pferde rausgestellt und wieder reingeholt und die Pferde gefüttert. Dabei habe Frau I. und weiterhin auch eine und Frau C. ihm geholfen. Nachmittags sei der Chef mit seiner Frau auch im Stall gewesen. Genaue Angaben zu den Uhrzeiten der Arbeiten des Klägers könne er nicht machen. Er könne aber sagen, dass der Kläger auch nachmittags auf dem Hof am Laufen gewesen sei. Wenn er die Ställe gemistet habe, habe er dafür vormittags drei Stunden gebraucht. Er habe diese Arbeiten nur gemacht, wenn der Kläger nicht da gewesen sei. Wenn der Kläger da gewesen sei, hätten sie dort nicht mit zwei Mann im Stall rumlaufen müssen. Er habe um fünf Uhr Feierabend gehabt. Er habe dann dem Kläger angeboten, dass er mit ihm zum Einkaufen fahren könne. Der Kläger sei dann mit ihm zum Einkaufen gefahren, ohne dass er sich habe melden müssen. Das sei unterschiedlich gewesen, zum Teil ein- bis zweimal die Woche und in einzelnen Wochen nicht, in denen er mit Herrn V. zum Einkaufen gefahren sei.

46

Die Zeugin C. T. hat angegeben, dass ihr Pferd von 2012 bis 2016 auf dem Hof gestanden habe und sie Einstellerin als sog. Selbstversorgerin gewesen sei. Sie sei meist nachmittags auf dem Hof und an den Wochenenden auch tagsüber sowohl vormittags als auch nachmittags gewesen. Wenn sie da gewesen sei, habe sie gesehen, wie der Kläger mit der Schubkarre den Mist weggebracht habe. Wenn sie auf dem Hof gewesen sei, sei regelmäßig auch der Kläger da gewesen. Wenn sie mal morgens da gewesen sei, habe sie gesehen, wie er die Pferde gefüttert habe. Er habe die Pferde auch raus- und reingebracht. Sie wisse, dass er die Stallgasse gekehrt und auch gemistet habe. In der Anfangszeit habe Frau C. auch noch gefüttert, danach aber nicht mehr. Aus ihrer Sicht habe der Kläger die von ihr beschriebenen Arbeiten gemacht.

47

Der Zeuge T. hat ausgesagt, dass er den Reiterhof durch das Pferd seiner Frau, der Zeugin C. T., kenne. Unter der Woche sei er meistens nachmittags auf dem Hof gewesen, weil er zuvor gearbeitet habe. Weiterhin sei er an den Wochenenden regelmäßig zu unterschiedlichen Zeiten dort gewesen, mal vormittags und mal nachmittags. Der Kläger habe die Boxen ausgemistet, die Pferde auf die Weide gebracht, sich um die Grünanlagen gekümmert, Weidezäune freigeschnitten und morgens bei den Selbstversorgerboxen gefüttert. Das morgendliche Füttern habe der Hof übernommen, ansonsten seien sie für alles selbst zuständig gewesen. Wenn er auf dem Hof gewesen sei, habe er regelmäßig den Kläger gesehen. Wenn er da gewesen sei, habe der Kläger regelmäßig auch gearbeitet und die von ihm beschriebenen Arbeiten ausgeführt.

48

Aus den zusammengefassten Aussagen der vom Kläger benannten Zeugen zum Beweisthema geht hervor, dass die dem Kläger übertragenen Arbeiten entgegen der Darstellung des Beklagten zu 1) sich im streitgegenständlichen Zeitraum nicht auf lediglich maximal zwei bis drei Stunden am Tag beschränkten und seine Aufgabe nicht nur darin bestand, morgens beim Füttern zu helfen und die Pferde auf die Koppel zu stellen sowie innerhalb einer üblichen Arbeitszeit von zwei bis vier Stunden am Tag (Montag bis Samstag) auch beim Misten mitzuhelfen. Vielmehr war der Kläger morgens für die Fütterung aller ca. 50 Pferde zuständig gewesen, also auch für die Pferde der Selbstversorger. Sodann hatte er die Pferde der Einsteller mit Vollversorgung im Sommer auf die Weiden und im Winter auf die Paddocks zu bringen, darüber hinaus auch die eigenen Pferde des Reiterhofes, soweit sie nicht im Sommer auf den Weiden blieben. Danach hatte der Kläger die Boxen der Einsteller mit Vollversorgung und ggf. auch die des Reiterhofes auszumisten und neu einzustreuen. Weiterhin oblag es dem Kläger, die Pferde wieder in den Stall zurückzubringen und diese zu füttern. Ferner hatte er die Reitanlage und Stallungen sauber zu halten. Darüber hinaus hatte er weitere auf dem Reiterhof anfallende Arbeiten verrichtet, wie Mäharbeiten, Laub entfernen, Hallen bewässern u.s.w.. In § 1 des Arbeitsvertrages vom 09. Januar 2012 ist ausdrücklich vereinbart, dass der Kläger die ihm übertragenen Aufgaben zu verrichten hat und hierzu insbesondere die Versorgung und Pflege der Pferde, das Bedienen von Maschinen und Geräten, Grundkenntnisse in Tiergesundheit und Hygiene sowie das Sauberhalten der Reitanlage und Stallungen zählen. Der Umfang der genannten Aufgaben, die der Kläger nach den Aussagen der von ihm benannten Zeugen sowohl vormittags als auch nachmittags ausgeführt hat, belegt die auch von den Zeugen zum Ausdruck gebrachte Einschätzung, dass der Kläger keinesfalls in Teilzeit nur wenige Stunden vormittags gearbeitet, sondern in Vollzeit auf dem Hof mit den Arbeiten beschäftigt war, wie sie in § 1 des Arbeitsvertrages auch festgelegt sind. Soweit die Zeugen bestätigt haben, dass der Kläger nicht nur wenige Stunden vormittags, sondern auch nachmittags ihrem Eindruck nach in Vollzeit auf dem Hof die beschriebenen Arbeiten verrichtet hat, erachtet das Berufungsgericht dies als in jeder Hinsicht glaubhaft.

49

Dieses Beweisergebnis wird durch die Aussagen der gegenbeweislich vom Beklagten zu 1) benannten Zeugen nicht erschüttert.

50

Die Zeugin C. ist die Ehefrau des Beklagten zu 1). Sie hat ausgesagt, dass ehemalige Einsteller auf sie zugekommen seien und sie gefragt hätten, ob sie nicht Interesse hätten, den Kläger bei ihnen einzustellen. Sie hätten dann mit ihm besprochen, was sie ihm anbieten könnten, um vormittags im Stall mitzuhelfen. Sie hätten dann 600,00 EUR vereinbart. Sie hätten abgesprochen, dass die Arbeiten bis mittags erledigt sein sollten. Die Tochter ihres Mannes, Frau C., sei im Betrieb tätig gewesen und habe dann zusammen mit dem Kläger die Arbeiten gemacht. Der Kläger habe quasi Frau C. geholfen und morgens mit gefüttert. Dabei hätten sie bemerkt, dass er Schwierigkeiten bei den Mengenangaben gehabt habe. Das sei aber nicht schlimm gewesen, sie hätten das dann gemeinsam gemacht. Nach dem morgendlichen Füttern seien die Pferde rausgebracht worden, und zwar entweder auf das Paddock beim Stall oder auf die Weide. Von Mai bis Oktober seien ihre Pferde komplett draußen geblieben. Auf dem Hof gebe es zehn Selbstversorgerställe, in denen zwei bis drei Pferde seien. Im Stall gebe es sieben Paddockboxen und auf der anderen Seite der Stallgasse weitere sieben Boxen ohne Paddock. In diesem Bereich hätten sich die Einsteller mit Vollversorgung befunden. Im alten Stalltrakt seien ihre Pferde gewesen. Sie hätten immer mindestens sechs bis acht Pferde gehabt. In der Regel habe der Kläger so um sieben Uhr angefangen und sei zunächst immer auf die Toilette gegangen. Er habe dann verschiedene Hilfsarbeiten ausgeführt, nämlich Pferde füttern und rausbringen sowie misten, die er in der Regel in drei Stunden erledigt habe. Nachmittags seien die Pferde von Frau C., von ihr selbst, ihrem Mann und auch vom Kläger gefüttert worden. Er habe auch nachmittags den Hof gekehrt, allerdings nicht auf Anweisung. Er habe auch nachmittags den Einstellern geholfen, weil er sehr hilfsbereit gewesen sei. Manchmal habe sie ihn nachmittags gar nicht gesehen, manchmal sei er mit seinem Roller unterwegs gewesen. Die Angaben der Zeugin erschüttern die Richtigkeit der Aussagen der vom Kläger benannten Zeugen nicht. Soweit die Zeugin bei der Einstellung des Klägers davon ausgegangen sein sollte, dass die dem Kläger übertragenen Arbeiten bis mittags erledigt sein sollten, ändert dies nichts daran, dass der Kläger in Anbetracht des dargestellten Umfangs seiner Arbeiten nicht nur vormittags, sondern auch nachmittags die nach seinem Arbeitsvertrag auszuführenden Arbeiten verrichtet hat. Soweit sie angeführt hat, dass der Kläger beim morgendlichen Füttern der Pferde Frau C. geholfen habe, war dies nach den glaubhaften Aussagen der vom Kläger benannten Zeugen allenfalls zu Beginn seiner Tätigkeit während seiner Einarbeitung der Fall. Sie hat ebenso wie der Zeuge Z. bestätigt, dass der Kläger so um sieben Uhr in der Regel angefangen habe. Soweit sie angegeben hat, dass nachmittags die Pferde von Frau C., von ihr selbst, ihrem Mann und auch vom Kläger gefüttert worden seien, hat sie eingeräumt, dass der Kläger auch nachmittags eingesetzt wurde. Allerdings ist das Berufungsgericht davon überzeugt, dass der Kläger gemäß den Aussagen der von ihm benannten Zeugen nicht nur gelegentlich, sondern regelmäßig auch nachmittags mit den auf dem Reiterhof anfallenden Arbeiten, zu denen auch das Füttern der Pferde am Nachmittag gehört, beschäftigt worden ist. Dafür spricht insbesondere, dass der Kläger der einzige Arbeitnehmer war, der ständig für die an jedem Tag anfallenden Arbeiten auf dem Reiterhof zuständig war, wozu insbesondere die tägliche Versorgung und Pflege der Pferde sowie die laufende Unterhaltung der Reitanlage und Stallungen gemäß § 1 seines Arbeitsvertrages zählen. Der Zeuge Z. hat nach seiner Aussage die vom Kläger zu erledigenden Arbeiten nur ausnahmsweise dann gemacht, wenn der Kläger während seiner Krankheitszeiten diese nicht machen konnte. Im Übrigen hat er neben seiner eigentlichen Tätigkeit für die Firma l. E. GmbH auf dem Reiterhof lediglich das Heu reingefahren mit dem Traktor und Reparaturarbeiten ausgeführt. Frau C. hat nachmittags Reitstunden gegeben und war in den Jahren 2014 und 2015 über längere Zeiträume aufgrund ihrer Alkoholerkrankung ausgefallen. In Bezug auf Frau I. konnte die Zeugin C. lediglich angeben, dass sie während der Erkrankung von Frau C. im Jahr 2014 drei Monate fest angestellt gewesen sei und in dieser Zeit alles vom Ausmisten bis hin zu Reitstunden gemacht habe. Im Übrigen konnte sie Einzelheiten zum Einsatz von Frau I. nicht angeben, was ebenfalls dafür spricht, dass diese jedenfalls nicht regelmäßig für die täglich anfallenden Arbeiten zur Verfügung stand. Der Beklagte zu 1) hat auch nicht nachvollziehbar dargelegt, ob und inwieweit er täglich bestimmte Arbeiten anstelle des Klägers nachmittags übernommen und tatsächlich ausgeführt haben will. Unerheblich ist, dass gelegentlich auch andere Personen den Kläger bei seinen Arbeiten unterstützt haben mögen. Das ändert aber nichts daran, dass der Kläger auch insoweit, als er durch andere Personen unterstützt wurde, die in seinem Arbeitsvertrag beschriebenen Aufgaben nicht nur vormittags, sondern auch nachmittags verrichtet hat. Soweit der Kläger nach der Aussage der Zeugin C. zwar Arbeiten wie z. B. das Kehren des Hofes nachmittags ausgeführt habe, dies aber angeblich nicht auf Anweisung erfolgt sei, ist ihre Bewertung der Arbeiten des Klägers unzutreffend. Das Sauberhalten der Reitanlage und Stallungen ist dem Kläger nach § 1 des Arbeitsvertrages ausdrücklich übertragen worden. Soweit er diese Arbeiten im Hinblick auf die ihm ebenfalls obliegende Versorgung und Pflege der Pferde nicht vormittags, sondern erst nachmittags ausführen konnte, bedurfte es hierfür keiner gesonderten Anweisung. Soweit die Zeugin ausgesagt hat, dass sie nach Einführung des Mindestlohns dem Kläger mitgeteilt habe, dass sie sich an den Stundenlohn von 8,50 EUR halten müssten, und er dann auch täglich mit Frau C. den Stundenzettel habe schreiben müssen, ändert dies nichts daran, dass der Kläger gemäß der in jeder Hinsicht glaubhaften Aussage der Zeugin S. auch nach der Einführung des Mindestlohns unverändert wie ein Vollzeitarbeitnehmer mit den beschriebenen Arbeiten beschäftigt worden ist, auch wenn lediglich wenige Stunden am Vormittag als Arbeitszeit gewertet und aufgeschrieben wurden. Soweit sie den Einstellern verboten haben will, dem Kläger einfach Aufgaben zu übertragen, wie z. B. die Decke anziehen, die Decke ausziehen und das Pferd früher reinholen, handelt es sich um nicht ins Gewicht fallende Unterstützungsleistungen, deren Untersagung jedenfalls nicht dazu geführt hat, dass der Kläger nur noch wenige Stunden am Vormittag zur Erledigung der ihm unverändert übertragenen Aufgaben hätte arbeiten können und müssen. Insbesondere ist weder vorgetragen noch ersichtlich, durch welche organisatorischen Maßnahmen eine regelmäßige Erfüllung der täglich auf dem Reiterhof anfallenden Arbeiten sichergestellt worden sein soll, nach der bestimmte andere Arbeitnehmer zur Erledigung von zuvor dem Kläger übertragenen Arbeiten eingeteilt worden wären. Auch ist weder vorgetragen noch ersichtlich, ob und ggf. wann auf welche Weise eine Arbeitstätigkeit des Klägers am Nachmittag unterbunden und nicht mehr in Anspruch genommen worden sein soll. Soweit der Beklagte zu 1) vorgebracht hat, dass der Kläger angeblich von Beginn an wiederholt belehrt worden sein soll, dass er ausschließlich maximal vier Stunden, nach Einführung des Mindestlohnes drei Stunden täglich, ausgenommen den Sonntag, für ihn zu arbeiten habe, hat er gleichwohl die weitergehenden Arbeitsleistungen des Klägers zur Erledigung der arbeitsvertraglich übertragenen Arbeiten auf dem Reiterhof im streitgegenständlichen Zeitraum über mehrere Jahre entgegengenommen. Eine in Widerspruch zu seinem tatsächlichen Verhalten stehende Erklärung ist für die rechtliche Wertung, welche Bedeutung der Inanspruchnahme der Arbeitsleistung zukommt, unerheblich. Zeigt nämlich jemand ein Verhalten, das nach Treu und Glauben und der Verkehrssitte nur als Ausdruck eines bestimmten Willens aufgefasst werden kann, so ist seine wörtliche Verwahrung gegen eine entsprechende Deutung des Verhaltens unbeachtlich, denn er setzt sich in Widerspruch mit seinem eigenen tatsächlichen Verhalten (sog. protestatio facto contraria, vgl. BAG 14. Dezember 2016 - 7 AZR 717/14 - Rn. 26, juris).

51

Die Zeugin C. hat ausgesagt, dass der Kläger zuständig gewesen sei, morgens im Stall zu helfen, und sie zusammen gefüttert, die Pferde rausgebracht und gemistet hätten. Sie hätten zusammengearbeitet, bis sie im Jahr 2014 krank geworden sei. Sie sei im Jahr 2014 im Juni und Juli im Krankenhaus und vom 16. Oktober bis 12. Dezember in einer Langzeittherapie gewesen. Danach sei sie wieder auf dem Hof tätig gewesen. Im Jahr 2015 sei sie im September und Oktober stationär in einer therapeutischen Einrichtung gewesen. Sie hätten morgens ihre Arbeit gemacht. Der Kläger sei auf dem Hof, der sein Lebensmittelpunkt gewesen sei, immer da gewesen. Auch die Zeugin C. hat eingeräumt, dass er zwar nachmittags auch gearbeitet habe, aber angeblich nichts, was ihm aufgetragen worden sei, weil er halt habe helfen wollen. Wie bereits ausgeführt, ist diese Bewertung unzutreffend. Vielmehr sind dem Kläger die von ihm auch nachmittags erledigten Aufgaben in § 1 seines Arbeitsvertrages ohne Angabe einer bestimmten Dauer der Arbeitszeit übertragen worden. Anders als andere Personen, die z. B. als Einsteller im Rahmen ihrer Freizeit bestimmte Unterstützungsleistungen auf dem Reiterhof aus Hilfsbereitschaft erbracht haben mögen, war der Kläger auf dem Reiterhof als Pferdewirt zur Verrichtung der bezeichneten Aufgaben beschäftigt, so dass die von ihm erledigten Arbeiten, wie die Versorgung und Pflege der Pferde sowie die laufende Unterhaltung der Reitanlage und Stallungen als Arbeitstätigkeit und nicht etwa als Freizeitvergnügen angesehen werden können. Hinzu kommt noch, dass die Zeugin ausgesagt hat, dass sie nachmittags in den Reitstunden war, so dass sie nicht sagen könne, was genau der Kläger nachmittags gemacht habe. Nach den glaubhaften Aussagen der vom Kläger benannten Zeugen hat der Kläger auch nachmittags die ihm übertragenen Arbeiten verrichtet.

52

Die Zeugin I. hat im März 2014 Abitur gemacht und studiert seit dem 01. September 2014 in Holland. Nachdem sie zuerst angeführt hatte, dass sie bei den Vorlesungen nicht vor Ort sein müsse, sondern aufgrund einer Vereinbarung freigestellt sei, hat sie auf Nachfrage dann eingeräumt, dass die Freistellung während ihres Studiums erst seit einem Jahr und damit nach dem streitgegenständlichen Zeitraum erfolgt sei und sie zuvor seit September 2014 unter der Woche in Holland und nur am Wochenende auf dem S. gewesen sei. Als der Kläger angefangen hat, war sie selber in Kanada auf der Highschool und hatte danach anderthalb Jahre Schule. Gleichwohl war sie mit ihrer Aussage ersichtlich darum bemüht, generalisierende Angaben zugunsten der Familie C. zu machen, und hat nach der vorgenommenen Würdigung der Kammer keinen glaubwürdigen Eindruck vermittelt. Ihre allgemeine Angabe, dass sie nachmittags gesehen habe, wie der Kläger auf dem Hof rumgelaufen sei, und er sich mit anderen Leuten unterhalten habe, wenn sie ihn gesehen habe, erscheint wenig glaubhaft und ist nach den ihr vorgehaltenen Aussagen der vom Kläger benannten Zeugen nach der Überzeugung des Berufungsgerichts unzutreffend. Gleiches gilt für ihre Angabe, dass nicht der Kläger, sondern sie selbst oder, A. und C. die Pferde regelmäßig abends gefüttert hätten. Im Übrigen beschränkte sich die Aussage der Zeugin I. im Wesentlichen auf ihre Bewertung, dass angeblich die dargestellten Arbeiten bis mittags erledigt gewesen seien und der Kläger nachmittags ohne Verrichtung ihm übertragener Arbeiten auf dem Hof angeblich nur rumgelaufen sei und sich mit anderen Leuten unterhalten habe, was weder plausibel noch glaubhaft erscheint. Jedenfalls ist die Aussage der Zeugin I. nicht geeignet, die glaubhaften Aussagen der vom Kläger benannten Zeugen zu erschüttern.

53

Die Zeugin K. hat angegeben, dass sie den Beklagten zu 1) schon seit 1992 kenne, seit 2010 eine Reitbeteiligung auf dem S. habe und sich seit Oktober 2014 um die Pferde von Herrn C. kümmere. Sie sei in der Regel aufgrund ihrer Reitbeteiligung zwei bis drei Tage die Woche auf dem S.. Sie arbeite montags bis donnerstags bis 15:30 Uhr und freitags bis 12:00 Uhr. Wenn sie auf dem S. gewesen sei, sei sie nach ihrer Arbeit dort hingefahren. Im Urlaub sei sie auch zu anderen Tageszeiten dort gewesen. Der Kläger habe bei der Stallarbeit morgens geholfen und die Boxen gemistet. Wenn sie nachmittags da gewesen, habe sie ihn nicht immer gesehen. Sie habe ihn mal mit einem Pferd gesehen oder im Stall, was genau er jeweils gemacht habe, könne sie nicht sagen. Sie sei mit ihrem eigenen Pferd beschäftigt gewesen und habe sich nicht darum gekümmert, was andere machen. Sie könne nicht sagen, welche Tätigkeiten der Kläger nachmittags, wenn sie auf dem S. gewesen sei, regelmäßig gemacht habe. Die Zeugin K. hat nach dem Eindruck der Kammer auf die Fragen zu den nachmittags vom Kläger verrichteten Tätigkeiten ausweichend geantwortet und sich darauf zurückgezogen, dass sie in erster Linie mit ihrem eigenen Pferd beschäftigt gewesen sei und sich um die Tätigkeiten des Klägers nicht gekümmert habe. Sie hat aber auch eingeräumt, dass der Kläger die Pferde gefüttert habe, wenn nachmittags z. B. Frau C. Reitstunden gegeben habe. Die Bewertung der Zeugin, dass Frau C. das nie so recht gewesen sei und der Kläger angeblich eigenmächtig die Pferde gefüttert habe, ist nicht nachvollziehbar. Im Hinblick darauf, dass die Zeugin zum Beweisthema eher ausweichend geantwortet und sich in erster Linie darauf zurückgezogen hat, dass sie keine Angaben dazu machen könne, welche Arbeiten der Kläger nachmittags ausgeführt habe, ist auch ihre Aussage nicht geeignet, das nach den Aussagen der vom Kläger benannten Zeugen gewonnene Beweisergebnis in Frage zu stellen.

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Die Zeugin D. hatte erst seit Februar 2015 ein eigenes Pferd auf dem Hof. Nach ihrer Aussage war sie nachmittags erst gegen 19:00 Uhr auf dem S., weil sie bis 18:30 Uhr arbeiten müsse. Im Hinblick darauf steht ihre Aussage jedenfalls nicht der von den vom Kläger benannten Zeugen dargestellten Arbeitstätigkeit des Klägers am Nachmittag entgegen. Gleiches gilt für den Zeugen M., der zusammen mit der Zeugin D. als seiner Lebensgefährtin nur zu den von ihr angegebenen Zeiten auf dem Reiterhof war. Die Zeugin N. und ihr Freund, der Zeuge O., haben erst im August 2015 zwei Pferde erworben und waren erst seit dieser Zeit auf dem S.. Im Hinblick darauf, dass der Kläger im September und Oktober 2015 zeitweise erkrankt und ab 22. November 2015 freigestellt war, ist erklärlich, dass sie nicht denselben Eindruck von der Tätigkeit des Klägers gewinnen konnten, wie diejenigen Einsteller, die über einen erheblich längeren Zeitraum die Arbeitstätigkeiten des Klägers mitbekommen haben. Die Zeugin N. hat auf Nachfrage eingeräumt, dass sie auf dem S. zu ihrem Pferd gegangen und dann in der Reithalle gewesen sei, von wo aus man den Außenbereich nicht einsehen könne. Sie könne daher keine Angaben dazu machen, was der Kläger außerhalb der Reithalle gemacht habe. Auch hat sie angegeben, dass die Arbeiten von der Familie C. erledigt worden seien und auch Herr Z. mitgeholfen habe, als der Kläger krank geworden sei. Ihr gewonnener Eindruck, dass die Pferde in der Regel gegen 17:00 Uhr gefüttert worden seien und das die Familie C. gemacht habe, begründet jedenfalls keine durchgreifende Zweifel an den Aussagen der vom Kläger benannten Zeugen, wonach der Kläger auch nachmittags die beschriebenen Arbeiten verrichtet habe. Es mag sein, dass in den letzten Monaten der Arbeitstätigkeit des Klägers die Familie C. das abendliche Füttern der Pferde übernommen hat, zumal der Kläger krank geworden war. Im Hinblick darauf, dass gegen Ende des Jahres aufgrund der Erkrankung des Klägers und der dann ab dem 22. November 2015 erfolgten Freistellung die Arbeiten von der Familie C. übernommen werden mussten, ändert dies nichts an dem gewonnenen Beweisergebnis, dass zuvor der Kläger sowohl vor- als auch nachmittags die ihm nach § 1 seines Arbeitsvertrages übertragenen Arbeiten regelmäßig ausgeführt hat, auch wenn ihm dabei vereinzelt bzw. gelegentlich andere Personen durchaus geholfen haben. Die Zeugin P. hat nach ihrer Aussage mit dem Reitstall nichts zu tun und konnte keine Angaben dazu machen, welche Arbeiten der Kläger erledigt habe.

55

b) Haben die Parteien - wie hier - einen Arbeitsvertrag ohne Vereinbarung einer bestimmten Arbeitszeitdauer abgeschlossen, kann in Ermangelung anderer Anhaltspunkte für die Bestimmung der regelmäßigen vertraglichen Arbeitszeit auf das gelebte Rechtsverhältnis als Ausdruck des wirklichen Parteiwillens abgestellt werden, auch wenn dem tatsächlichen Verhalten nicht notwendig ein bestimmter rechtsgeschäftlicher Erklärungswert in Bezug auf den Inhalt des Arbeitsverhältnisses zukommt (vgl. BAG 02. November 2016 - 10 AZR 419/15 - Rn. 11, NZA 2017, 187). Wie bereits oben ausgeführt, kann der Beklagte zu 1) die Auslegung seines Verhaltens als Ausdruck eines entsprechenden Parteiwillens nicht dadurch ausschließen, dass er dem Kläger erklärt, dass er maximal vier Stunden zu arbeiten habe, und in Widerspruch hierzu regelmäßig Arbeitsleistungen zur Erledigung der arbeitsvertraglich übertragenen Aufgaben in doppeltem Umfang entgegennimmt. Eine in Widerspruch zu seinem tatsächlichen Verhalten stehende Erklärung ist gemäß den obigen Ausführungen für die rechtliche Wertung, welche Erklärungsbedeutung der Inanspruchnahme der Arbeitsleistung zukommt, ohne Bedeutung. Danach ist im Streitfall davon auszugehen, dass der Kläger nach dem gelebten Arbeitsverhältnis mit einer regelmäßigen Arbeitszeit zur Erfüllung seiner vertraglichen Aufgaben mit zumindest acht Stunden werktäglich beschäftigt war. Der Kläger hat jedenfalls seine Arbeitstätigkeit regelmäßig um 07:00 Uhr morgens begonnen. Das ergibt sich sowohl aus den vom Beklagten zu 1) selbst vorgelegten Stundennachweisen als auch aus den Aussagen der Zeugin C. und des Zeugen Z.. Weiterhin hat der Kläger selbst eine Pausenzeit von zwei Stunden berücksichtigt, die der Kläger nach der glaubhaften Aussage der Zeugin S. in der Mittagszeit zwischen 12:00 Uhr und 14:00 Uhr genommen haben dürfte. Gemäß den obigen Ausführungen steht zur Überzeugung des Berufungsgerichts fest, dass der Kläger regelmäßig nachmittags zumindest bis 17:00 Uhr beschäftigt war. Soweit er Einkäufe getätigt hat, haben dieser nach der Aussage des Zeugen Z. erst nach dessen Dienstschluss um 17:00 Uhr bzw. später am Abend mit dem Zeugen V. stattgefunden. Im Hinblick darauf, dass sonntags nicht gemistet, sondern nur eingestreut wurde, und die Pferde auch nicht rein- und rausgebracht wurden, lässt sich nicht zweifelsfrei feststellen, in welchem Umfang der Kläger jeweils am Sonntag tätig geworden ist. Jedenfalls ist der Kläger regelmäßig an den Werktagen Montag bis Samstag vormittags ab 07:00 Uhr und nachmittags bis 17:00 Uhr mit der Folge beschäftigt worden, dass sich nach Abzug der vom Kläger selbst angesetzten Pausenzeit von zwei Stunden eine werktägliche Arbeitszeit von acht Stunden feststellen lässt.

56

Eine weitergehende Arbeitszeit als Gegenleistung für die vereinbarte Vergütung von 600,00 EUR brutto hätte nach § 3 ArbZG auch ohnehin nicht wirksam vereinbart werden können (vgl. BAG 24. August 2016 - 5 AZR 129/16 - NZA 2017, 58). Nach § 3 ArbZG darf die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden. § 3 ArbZG ist ein Verbotsgesetz i.S.v. § 134 BGB. § 3 ArbZG gibt damit eine Grenze für das Arbeitszeitvolumen vor, das wirksam als geschuldet vereinbart werden kann. Im Rahmen des gesetzlich Zulässigen bleibt eine gegen die gesetzlichen Höchstgrenzen verstoßene Arbeitszeitvereinbarung wirksam. Die Frage, ob der Wert der Arbeitsleistung in einem auffälligen oder besonders groben Missverhältnis zur versprochenen Vergütung steht, beurteilt sich nach einer Gesamtbetrachtung der vom Arbeitnehmer nach dem Arbeitsvertrag geschuldeten Arbeitsleistung und des vom Arbeitgeber dafür gezahlten Entgelts. Im Hinblick darauf, dass der Arbeitgeber Arbeitsleistung nur im Rahmen des gesetzlich Zulässigen verlangen kann und dementsprechend vom Arbeitnehmer auch nur in diesem Umfang geschuldet wird, würde selbst eine über 48 Stunden hinausgehende Arbeitsleistung des Klägers von der Vergütungsabrede der Parteien nicht erfasst (vgl. BAG 24. August 2016 - 5 AZR 129/16 - Rn. 44, NZA 2017, 58). Ein Verstoß gegen § 3 ArbZG führt allerdings nicht zum Ausschluss eines Vergütungsanspruchs. Vielmehr kommt ein gesonderter Vergütungsanspruch nach § 612 Abs. 1 BGB für eine über 48 Stunden hinausgehende Arbeitsleistung des Arbeitnehmers in Betracht. Im Streitfall lässt sich aber nicht feststellen, ob und ggf. in jeweils welcher Woche der Kläger die zulässige Höchstarbeitszeit von wöchentlich 48 Stunden überschritten hat. Ein weitergehender Vergütungsanspruch lässt sich daher nicht feststellen, so dass die Klage insoweit unbegründet ist.

57

Der Annahme einer regelmäßigen Arbeitszeit von werktäglich acht Stunden steht nicht entgegen, dass dem Kläger nach der Aussage der Zeugin C. bei Einführung des Mindestlohnes mitgeteilt worden sein soll, dass sie sich an den Stundenlohn von 8,50 EUR halten müssten, und der Kläger ab Januar 2015 die ihm hierzu monatlich vorgelegten Stundennachweise unterzeichnet hat, die lediglich eine werktägliche Arbeitszeit von zwei bis drei Stunden ausweisen. Denn der Kläger hat ungeachtet der Mitteilung der Zeugin C. und der vorgelegten Stundennachweise wie zuvor wie ein Vollzeitarbeitnehmer die ihm übertragenen Aufgaben verrichtet, ohne dass der Beklagte zu 1) dies auf irgendeine Art und Weise unterbunden hat. Wie bereits ausgeführt, ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass nach Einführung des Mindestlohnes ab 01. Januar 2015 die Erledigung der auf dem Reiterhof anfallenden Arbeiten anders organisiert worden wäre und die weiterhin jeden Tag anfallenden Arbeiten im Stall und zur Versorgung der Pferde von einer jeweils hierfür abgestellten anderen Person anstelle des Klägers tatsächlich übernommen worden wären. Der Beklagte zu 1) hat keinerlei nachvollziehbare Angaben dazu gemacht, ob und wann er auf welche Weise die regelmäßige Erledigung der täglich anfallenden Arbeiten so organisiert haben sollte, dass bestimmte andere Personen zur Erfüllung der vom Kläger erledigten Arbeiten herangezogen und der Kläger von den ihm zuvor übertragenen und übernommenen Aufgaben entbunden worden sein könnte.

II.

58

Ausgehend von einer regelmäßigen werktäglichen Arbeitszeit von acht Stunden, die eine regelmäßige monatliche Arbeitszeit von 208 Stunden ergibt (8 Stunden x 26 Werktage), unterschreitet die hierfür vereinbarte und gezahlte monatliche Vergütung in Höhe von 600,00 EUR die übliche Vergütung für einen Stallarbeiter im streitgegenständlichen Zeitraum um mehr als die Hälfte, so dass der objektive und subjektive Tatbestand des wucherähnlichen Geschäfts (§ 138 Abs. 1 BGB) erfüllt ist. Der Kläger hat unwidersprochen vorgetragen, dass der übliche Lohn für Stallarbeiter in der Zeit vom 01. Januar bis 30. Juni 2012 mindestens 6,40 EUR pro Stunde, ab 01. Juli 2012 mindestens 6,70 EUR pro Stunde, ab 01. Juli 2013 mindestens 7,00 EUR pro Stunde, ab 01. Juli 2014 mindestens 7,30 EUR pro Stunde und ab 01. Januar 2015 7,40 EUR pro Stunde betragen habe und dies die Löhne seien, welche die Tarife der Landwirtschaft in Rheinland-Pfalz für die niedrigste Lohngruppe 1 vorsehen würden. Soweit der Kläger der Berechnung seiner Klageforderung den Mindestlohn in der Landwirtschaft in Höhe von 7,40 EUR zugrunde gelegt hat, gilt dieser erst ab dem 01. Januar 2015 und kann daher auch erst ab diesem Zeitpunkt in der geltend gemachten Höhe (und nicht etwa der höhere Mindestlohn von 8,50 EUR, § 308 Abs. 1 ZPO) zugrunde gelegt werden. Weiterhin ist in Bezug auf den Monat Januar 2012 zu berücksichtigen, dass der Kläger nach seinem Arbeitsvertrag erst ab 09. Januar 2012 beschäftigt war, so dass für diesen Monat nur ein anteiliger Anspruch besteht.

59

Danach errechnet sich für den Monat Januar 2012 ein Anspruch auf übliche Vergütung in Höhe von 1.020,59 EUR brutto (208 Stunden x 6,40 EUR = 1.331,20 EUR brutto x 23/30), während sich für die Monate Februar bis Juni 2012 ein Anspruch von insgesamt 6.656,00 EUR (5 Monate x 1.331,20 EUR) ergibt. Weiterhin errechnet sich für die Zeit von Juli 2012 bis Juni 2013 ein Anspruch in Höhe von 16.723,20 EUR (12 Monate x 208 Stunden x 6,70 EUR brutto), für die Zeit von Juli 2013 bis Juni 2014 in Höhe von 17.472,00 EUR brutto (12 Monate x 208 Stunden x 7,00 EUR brutto), für die Zeit von Juli 2014 bis Dezember 2014 in Höhe von 9.110,40 EUR brutto (6 Monate x 208 Stunden x 7,30 EUR brutto) und für die Zeit von Januar bis Dezember 2015 in Höhe von 18.470,40 EUR brutto (12 Monate x 208 Stunden x 7,40 EUR brutto). Von dem sich hiernach ergebenden Gesamtanspruch in Höhe von 69.452,59 EUR für die Zeit vom 09. Januar 2012 bis 31. Dezember 2015 ist die gezahlte und vom Kläger in Abzug gebrachte Vergütung in Höhe von insgesamt 28.800,00 EUR brutto (48 Monate x 600,00 EUR brutto) abzusetzen, wonach sich der zuerkannte Differenzanspruch in Höhe von 40.652,59 EUR brutto ergibt.

60

Der Zinsanspruch beruht auf §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.

III.

61

Der Kläger hat seinen Vergütungsanspruch auch nicht verwirkt.

62

1. Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung und soll dem Bedürfnis nach Rechtsklarheit dienen. Sie hat nicht den Zweck, Schuldner, denen gegenüber Gläubiger ihre Rechte längere Zeit nicht geltend gemacht haben, von ihrer Pflicht zur Leistung vorzeitig zu befreien. Deshalb kann allein der Zeitablauf die Verwirkung eines Rechts nicht rechtfertigen (Zeitmoment). Es müssen vielmehr besondere Umstände sowohl im Verhalten des Berechtigten als auch des Verpflichteten hinzutreten (Umstandsmoment), die es rechtfertigen, die späte Geltendmachung des Rechts als mit Treu und Glauben unvereinbar und für den Verpflichteten als unzumutbar anzusehen. Der Berechtigte muss unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erwecken konnten, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, so dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden. Durch die Verwirkung wird die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen. Die Verwirkung dient dem Vertrauensschutz. Weiterhin muss - als Zumutbarkeitsmoment - das Erfordernis des Vertrauensschutzes das Interesse des Berechtigten an einer sachlichen Prüfung des von ihm behaupteten Anspruchs derart überwiegen, dass dem in Anspruch genommenen die Erfüllung des Anspruchs oder die Einlassung auf die Klage nicht mehr zuzumuten ist (BAG 24. August 2016 - 5 AZR 129/16 - Rnr. 60, NZA 2017, 58).

63

2. Im Streitfall fehlt es an besonderen Umständen, die es rechtfertigen, die Geltendmachung des Klageanspruchs als mit Treu und Glauben unvereinbar und für den Beklagten zu 1) als unzumutbar anzusehen. Allein der Umstand, dass der Kläger die ihm vorgelegten Stundennachweise unterzeichnet hat, begründet kein schutzwürdiges Vertrauen des Beklagten zu 1) darauf, dass er aufgrund der vom Kläger erbrachten und entgegengenommenen Arbeitsleistungen nicht mehr in Anspruch genommen wird, zumal die nicht vom Kläger, sondern von seinem Arbeitgeber erstellten Arbeitszeitaufstellungen offensichtlich unzutreffend waren. Jedenfalls überwiegt das Erfordernis des Vertrauensschutzes das Interesse des Klägers an einer sachlichen Prüfung seines Anspruchs nicht derart, dass dem in Anspruch genommenen Beklagten zu 1) die Erfüllung des Anspruchs oder die Einlassung auf die Klage nicht mehr zugemutet werden könnte.

IV.

64

Eine Wiedereröffnung der Verhandlung (§ 156 ZPO) war nach der am 26. April 2017 erfolgten Beratung der Kammer aufgrund der nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsätze des Klägers vom 19. April 2017 und des Beklagten zu 1) vom 21. April 2017 nicht veranlasst, weil die Schriftsätze im Wesentlichen lediglich die bereits mündlich im Termin streitig verhandelten Standpunkte und Bewertungen der Parteien zum Ergebnis der Beweisaufnahme wiedergeben und keinen neuen erörterungsbedürftigen Gesichtspunkte beinhalten.

65

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 100 Abs. 1, 516 Abs. 3 S. 1 ZPO. Dabei war zu berücksichtigen, dass der erstinstanzlich erhobene Klageanspruch in Höhe von 120.384,00 EUR in der Berufungsinstanz nur in Höhe von 99.427,20 EUR brutto weiterverfolgt worden ist und der Kläger die gegen die Beklagte zu 2) eingelegte Berufung zurückgenommen hat. Aufgrund der Zurücknahme der Berufung gegen die Beklagte zu 2) hat der Kläger insoweit die Kosten gem. § 516 Abs. 3 S. 1 ZPO zu tragen. Danach haben hinsichtlich der Kosten erster und zweiter Instanz der Kläger und der Beklagte zu 1) die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten entsprechend dem jeweiligen Obsiegen und Unterliegen unter Anwendung der Baumbach'schen Kostenformel zu tragen (vgl. zur Baumbach'schen Kostenformel LAG Baden-Württemberg 28. März 2012 - 20 Sa 47/11 - Rn. 144 und 145, juris; Zöller ZPO § 100 Rn. 5 ff.). Zur Klarstellung wird darauf hingewiesen, dass von der Kostengrundentscheidung der Ausschluss der Kostenerstattung erster Instanz nach § 12a Abs. 1 S. 1 ArbGG bei der Kostenfestsetzung unberührt bleibt.

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Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 27. Apr. 2017 - 2 Sa 322/16 zitiert 20 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 288 Verzugszinsen und sonstiger Verzugsschaden


#BJNR001950896BJNE028103377 (1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. (2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, betr

Zivilprozessordnung - ZPO | § 286 Freie Beweiswürdigung


(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei.

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 66 Einlegung der Berufung, Terminbestimmung


(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Mona

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 291 Prozesszinsen


Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Ab

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 138 Sittenwidriges Rechtsgeschäft; Wucher


(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig. (2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen W

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 134 Gesetzliches Verbot


Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 100 Kosten bei Streitgenossen


(1) Besteht der unterliegende Teil aus mehreren Personen, so haften sie für die Kostenerstattung nach Kopfteilen. (2) Bei einer erheblichen Verschiedenheit der Beteiligung am Rechtsstreit kann nach dem Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Ma

Zivilprozessordnung - ZPO | § 308 Bindung an die Parteianträge


(1) Das Gericht ist nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist. Dies gilt insbesondere von Früchten, Zinsen und anderen Nebenforderungen. (2) Über die Verpflichtung, die Prozesskosten zu tragen, hat das Gericht auch oh

Zivilprozessordnung - ZPO | § 156 Wiedereröffnung der Verhandlung


(1) Das Gericht kann die Wiedereröffnung einer Verhandlung, die geschlossen war, anordnen. (2) Das Gericht hat die Wiedereröffnung insbesondere anzuordnen, wenn 1. das Gericht einen entscheidungserheblichen und rügbaren Verfahrensfehler (§ 295),

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 612 Vergütung


(1) Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. (2) Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist bei dem Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung

Zivilprozessordnung - ZPO | § 516 Zurücknahme der Berufung


(1) Der Berufungskläger kann die Berufung bis zur Verkündung des Berufungsurteils zurücknehmen. (2) Die Zurücknahme ist dem Gericht gegenüber zu erklären. Sie erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung

Bundesurlaubsgesetz - BUrlG | § 11 Urlaubsentgelt


(1) Das Urlaubsentgelt bemißt sich nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst, das der Arbeitnehmer in den letzten dreizehn Wochen vor dem Beginn des Urlaubs erhalten hat, mit Ausnahme des zusätzlich für Überstunden gezahlten Arbeitsverdienstes. Be

Arbeitszeitgesetz - ArbZG | § 3 Arbeitszeit der Arbeitnehmer


Die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer darf acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglic

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 12a Kostentragungspflicht


(1) In Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs besteht kein Anspruch der obsiegenden Partei auf Entschädigung wegen Zeitversäumnis und auf Erstattung der Kosten für die Zuziehung eines Prozeßbevollmächtigten oder Beistands. Vor Abschluß der Vereinbaru

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(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.

(1) Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.

(2) Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist bei dem Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung, in Ermangelung einer Taxe die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen.

(3) (weggefallen)

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.

(1) Das Urlaubsentgelt bemißt sich nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst, das der Arbeitnehmer in den letzten dreizehn Wochen vor dem Beginn des Urlaubs erhalten hat, mit Ausnahme des zusätzlich für Überstunden gezahlten Arbeitsverdienstes. Bei Verdiensterhöhungen nicht nur vorübergehender Natur, die während des Berechnungszeitraums oder des Urlaubs eintreten, ist von dem erhöhten Verdienst auszugehen. Verdienstkürzungen, die im Berechnungszeitraum infolge von Kurzarbeit, Arbeitsausfällen oder unverschuldeter Arbeitsversäumnis eintreten, bleiben für die Berechnung des Urlaubsentgelts außer Betracht. Zum Arbeitsentgelt gehörende Sachbezüge, die während des Urlaubs nicht weitergewährt werden, sind für die Dauer des Urlaubs angemessen in bar abzugelten.

(2) Das Urlaubsentgelt ist vor Antritt des Urlaubs auszuzahlen.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

Die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer darf acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden.

(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 14. Mai 2013 - 5 Sa 283/12 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über weiteres Entgelt.

2

Der Beklagte betreibt in C (Mecklenburg-Vorpommern) eine Kfz-Werkstatt nebst Gebrauchtteilehandel und Abschleppdienst. Pannenhilfe und das Abschleppen liegen gebliebener Fahrzeuge bietet er - unter „Abschleppdienst S“ - auch von P aus an.

3

Der Kläger war im Kleinbetrieb des Beklagten vom 1. Dezember 2009 bis zum 30. April 2012 als Fahrer für den Abschleppdienst und Pannenhelfer beschäftigt und in P eingesetzt. Er verdiente 1.000,00 Euro netto monatlich.

4

Grundlage des Arbeitsverhältnisses war der Formulararbeitsvertrag vom 24. November 2009, in dem es auszugsweise heißt:

        

㤠2

        

Arbeitsentgelt

        

1.    

Der Arbeitnehmer erhält eine Nettovergütung in Höhe von 1000,00 € monatlich in der bereits 30 Einsätze/Monat (außerhalb der normalen Arbeitszeit) enthalten sind. Not- und Bereitschaftsdienst wird nicht gesondert vergütet.

                 

Außerdem erhält der Arbeitnehmer eine Zulage für zusätzliche Einsätze während der Bereitschaftszeit:

                          

- Pannenhilfe PKW

10€/Brutto/Auftrag

                          

- Abschleppen PKW

10€/Brutto/Stunde

                                            
        

2.    

Die Zulage ist jederzeit frei widerruflich und kann bei Tariflohn- und Ortsklassenänderungen aufgerechnet werden. Auch bei mehrmaliger Zahlung durch den Arbeitgeber erwirbt der Arbeitnehmer keinen Rechtsanspruch auf Zahlung der Zulage.

        

3.    

Die Zahlung des Arbeitsentgelts erfolgt bis zum 10. des Folgemonats der Beschäftigung. Evtl. anfallende Zulagen werden am 10. des darauf folgenden Monats auf das Konto des Mitarbeiters überwiesen. Die Lohnabrechnung wird ebenfalls zum 10. ausgehändigt.

        

…       

        
        

§ 9

        

Besondere Vereinbarungen

        

1.    

Der unterzeichnende Arbeitnehmer erklärt sich unwiderruflich bereit, im Wechsel mit den anderen Kollegen der Werkstatt die Ruf-Bereitschaft und den damit anfallenden Not-Dienst aufrecht zu erhalten.

        

…       

        
        

7.    

Für die Übernahme der Ruf-Bereitschaft wird ein Pauschal-Entgelt bezahlt, dessen Höhe frei vom Arbeitgeber festgesetzt wird. Zur Frage des Rechtsanspruches einer solchen Vergütung wird auf § 2 Abs. 2 dieses Vertrags verwiesen.

        

8.    

Auf Verlangen des Arbeitgebers oder des Arbeitnehmers müssen angefallene Überstunden und deren Zuschläge als Freizeit genommen werden (siehe § 3 des Manteltarifvertrages). Eine abweichende Regelung muss schriftlich vereinbart werden.

        

…       

        
        

11.     

Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, auf Verlangen des Arbeitgebers einen Doppel-Telefonanschluss zu unterhalten, um während der Ruf-Bereitschaft immer erreichbar zu sein. Über die hierdurch entstehenden Einrichtungskosten ist eine einvernehmliche Kostentragungspflicht zu treffen.

        

…       

        
        

§ 12

        

Erlöschen von Ansprüchen

        

Ansprüche aus diesem Vertrag und aus dem Arbeitsverhältnis erlöschen, wenn sie nicht innerhalb von 3 Wochen nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis schriftlich gegenüber dem Arbeitgeber erhoben sowie innerhalb von weiteren 3 Wochen, also insgesamt 6 Wochen nach dem Ausscheiden, klageweise geltend gemacht werden.

        

…       

        

§ 16

        

Zusatzvereinbarungen

        

Es wird weiterhin vereinbart, dass der Arbeitnehmer jede 2. Woche den Nachtbereitschafts-Notdienst übernimmt. Ist genügend anderes einsatzfähiges Personal vorhanden, verringert sich diese Einsatzzeit entsprechend.“

5

Die Normalarbeitszeit des Klägers betrug 40 Wochenstunden, verteilt auf die Arbeitstage Montag bis Freitag. Dabei fuhr der Kläger in der Regel zwei bis drei Einsätze arbeitstäglich, bei schlechten Witterungsverhältnissen öfter. Ansonsten widmete er sich während der Normalarbeitszeit dem Reinigen des Abschleppfahrzeugs und dem Verkauf im Internet. Der Kläger wurde für Bereitschaften eingeteilt, während derer er auf Anruf Pannenhilfe leisten musste. In welchem Umfang der Kläger dabei Vollarbeit verrichtete, ist streitig geblieben.

6

Der Kläger hat mit der dem Beklagten am 21. August 2012 zugestellten Klage - soweit für die Revision von Belang - geltend gemacht, die vereinbarte Vergütung von 1.000,00 Euro netto monatlich sei zwar für die Normalarbeitszeit nicht zu beanstanden, werde aber durch die umfangreichen, nicht gesondert vergüteten Bereitschaften sittenwidrig niedrig. Deshalb stünde ihm eine übliche Vergütung von 1.992,00 Euro brutto monatlich zu. Zumindest seien Überarbeit und passive Bereitschaft zusätzlich zu vergüten. Er habe im Beschäftigungszeitraum 516 Stunden „Einsatzzeit“ geleistet.

7

Der Kläger hat - soweit für die Revision von Belang - beantragt,

        

den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger weiteres Arbeitsentgelt iHv. 55.768,00 Euro brutto abzüglich gezahlter 27.000,00 Euro netto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22. August 2012 zu zahlen.

8

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, das vereinbarte Entgelt halte sich im Rahmen des Üblichen und sei auch unter Berücksichtigung der Bereitschaften nicht sittenwidrig niedrig. Zumindest fehle es an den subjektiven Anforderungen des Lohnwuchers und des wucherähnlichen Geschäfts.

9

Das Arbeitsgericht hat - soweit für die Revision von Belang - den Beklagten zur Zahlung von 2.000,00 Euro netto nebst Zinsen verurteilt und im Übrigen die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision des Klägers ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers gegen das die Klage abweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Unrecht in vollem Umfang zurückgewiesen. Die vereinbarte Vergütung ist zwar nicht nach § 138 Abs. 1 oder Abs. 2 BGB nichtig, doch hat der Kläger Anspruch auf gesonderte Vergütung der geleisteten Bereitschaften. In welcher Höhe die Klage insoweit begründet ist, kann der Senat aufgrund der bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht entscheiden. Das führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

11

I. Der Kläger hat keinen Anspruch auf weitere Vergütung für während der Normalarbeitszeit geleistete Arbeit unter dem Gesichtspunkt der Sittenwidrigkeit.

12

1. Der objektive Tatbestand sowohl des Lohnwuchers (§ 138 Abs. 2 BGB) als auch der des wucherähnlichen Geschäfts (§ 138 Abs. 1 BGB) setzt ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung voraus. Ein solches ist regelmäßig anzunehmen, wenn die Arbeitsvergütung nicht einmal zwei Drittel eines in dem Wirtschaftszweig üblicherweise gezahlten Tarifentgelts erreicht (st. Rspr. seit BAG 22. April 2009 - 5 AZR 436/08 - Rn. 14 ff., BAGE 130, 338). Dasselbe gilt, wenn bei fehlender Maßgeblichkeit der Tarifentgelte die vereinbarte Vergütung mehr als ein Drittel unter dem Lohnniveau, das sich für die auszuübende Tätigkeit in der Wirtschaftsregion gebildet hat, bleibt (BAG 19. August 2015 - 5 AZR 500/14 - Rn. 26 f. mwN).

13

In subjektiver Hinsicht verlangt der Tatbestand des Lohnwuchers eine Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen. Der subjektive Tatbestand des wucherähnlichen Geschäfts erfordert in der Regel eine verwerfliche Gesinnung des Arbeitgebers (BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 331/11 - Rn. 30 mwN, BAGE 141, 324). Dazu hat der Senat eine Vermutungsregel entwickelt. Ist der objektive Wert einer Arbeitsleistung mindestens doppelt so hoch wie der Wert der Gegenleistung, gestattet dieses besonders grobe Missverhältnis den tatsächlichen Schluss auf eine verwerfliche Gesinnung des Arbeitgebers iSv. § 138 Abs. 1 BGB. Andernfalls muss der Arbeitnehmer zusätzliche Umstände, aus denen geschlossen werden kann, der Arbeitgeber habe die Not oder einen anderen den Arbeitnehmer hemmenden Umstand in verwerflicher Weise zu seinem Vorteil ausgenutzt, darlegen und im Streitfall beweisen (BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 268/11 - Rn. 35 ff., BAGE 141, 348).

14

Diese Voraussetzungen hat der Kläger nicht dargelegt. Er geht vielmehr selbst davon aus, dass in der Wirtschaftsregion Mecklenburg-Vorpommern für die vereinbarte Tätigkeit bei einer Normalarbeitszeit von 40 Wochenstunden ein Monatsentgelt von 1.000,00 Euro netto nicht sittenwidrig niedrig ist.

15

2. Eine sittengemäße Vergütung für die in der Normalarbeitszeit geleistete Arbeit kann nicht dadurch zur sittenwidrigen werden, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer in Verkennung der Rechtslage Vergütung von Mehrarbeit und Sonderformen der Arbeit vorenthält. Vielmehr sieht die Rechtsordnung in einem solchen Fall einen Anspruch auf - zusätzliche - Vergütung geleisteter Mehr- und Sonderarbeit vor.

16

a) Ob der Wert der Arbeitsleistung in einem auffälligen oder besonders groben Missverhältnis zur versprochenen Vergütung steht, beurteilt sich grundsätzlich nach einer Gesamtbetrachtung der vom Arbeitnehmer nach dem Arbeitsvertrag geschuldeten Arbeitsleistung und des vom Arbeitgeber dafür zu zahlenden Entgelts. Maßgebend ist der Vergleich zwischen dem objektiven Wert der Arbeitsleistung und der „faktischen“ Höhe der Vergütung, die sich aus dem Verhältnis von geschuldeter Arbeitszeit und versprochener Vergütung für eine bestimmte Abrechnungsperiode ergibt (BAG 17. Oktober 2012 - 5 AZR 792/11 - Rn. 20, BAGE 143, 212).

17

b) Das bedeutet jedoch nicht, dass es dabei nur auf die tatsächlich vom Arbeitgeber gezahlte Vergütung ankommt. Denn es geht bei § 138 BGB nicht um ein unsittliches Faktum oder Verhalten, sondern um die Sittenwidrigkeit eines Rechtsgeschäfts. Maßgebend ist, was der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer für die abverlangte Arbeit nach der arbeitsvertraglichen Vereinbarung und der Rechtsordnung schuldet. Sind einzelne Abreden (wie zB eine Klausel zur Pauschalvergütung von Überstunden) bereits aus anderen Gründen rechtsunwirksam mit der Folge, dass dem Arbeitnehmer insoweit ein gesonderter Entgeltanspruch erwächst (zB Überstundenvergütung nach § 612 Abs. 1 BGB), bleibt dies bei der Prüfung der Sittenwidrigkeit außer Betracht. Ihr unterliegen nur diejenigen Teile der arbeitsvertraglichen Vergütungsvereinbarung, die - die zu prüfende Sittenwidrigkeit hinweg gedacht - ansonsten rechtswirksam sind.

18

3. Der arbeitsvertraglich vorgesehene teilweise Ausschluss einer - gesonderten - Vergütung von Mehrarbeit und Sonderformen der Arbeit ist unwirksam.

19

a) Nach § 2 Nr. 1 Satz 1 Arbeitsvertrag soll in dem Monatsentgelt von 1.000,00 Euro netto die Vergütung für „30 Einsätze/Monat (außerhalb der normalen Arbeitszeit)“ enthalten sein. Damit enthält die Vereinbarung eine Pauschalvergütung für Überstunden, die außerhalb der Normalarbeitszeit für Vollarbeit im zeitlichen Umfang der Dauer von 30 Einsätzen im Monat anfallen. § 2 Nr. 1 Satz 2 Arbeitsvertrag sieht vor, dass „Not- und Bereitschaftsdienst“ nicht gesondert vergütet wird.

20

b) Bei den Klauseln des Arbeitsvertrags handelt es sich, wovon auch das Landesarbeitsgericht ausgegangen ist, um Allgemeine Geschäftsbedingungen. Dafür begründet bereits das äußere Erscheinungsbild eine tatsächliche Vermutung (vgl. BAG 17. August 2011 - 5 AZR 406/10 - Rn. 11 mwN, BAGE 139, 44), der keine der Parteien entgegengetreten ist.

21

Zudem sind sich die Parteien einig, dass der Kläger in einem Vollzeitarbeitsverhältnis stand und eine Normalarbeitszeit von 40 Wochenstunden vereinbart war, auch wenn dies im Arbeitsvertrag nicht ausdrücklich festgehalten wurde. Dies bestätigt die vom Landesarbeitsgericht festgestellte tatsächliche Handhabung der Parteien und entspricht im Übrigen dem Umstand, dass ein vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer bei Fehlen einer ausdrücklichen Bestimmung der Dauer der Arbeitszeit im Formulararbeitsvertrag davon ausgehen darf, dass die regelmäßige Dauer der Arbeitszeit - unter Zugrundelegung einer Fünf-Tage-Woche und den in § 3 Satz 1 ArbZG vorgesehenen acht Stunden arbeitstäglich - 40 Wochenstunden nicht übersteigt(vgl. BAG 25. März 2015 - 5 AZR 602/13 - Rn. 14).

22

c) Soweit der Arbeitsvertrag eine Pauschalvergütung von Überstunden und „Not- und Bereitschaftsdienst“ vorsieht, sind die Klauseln des § 2 Nr. 1 Satz 1 und Satz 2 Arbeitsvertrag mangels hinreichender Transparenz unwirksam, § 307 Abs. 3 Satz 2 iVm. Abs. 1 Satz 2 BGB.

23

aa) Eine Klausel zur Pauschalvergütung von Überstunden ist nur klar und verständlich, wenn sich aus dem Arbeitsvertrag selbst ergibt, welche Arbeitsleistung in welchem zeitlichen Umfang von ihr erfasst werden soll. Der Arbeitnehmer muss bereits bei Vertragsabschluss erkennen können, was gegebenenfalls „auf ihn zukommt“ und welche Leistung er für die vereinbarte Vergütung maximal erbringen muss (BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 331/11 - Rn. 21 mwN, BAGE 141, 324). Dasselbe gilt, wenn Sonderformen der Arbeit wie Arbeitsbereitschaft, Bereitschaftsdienst oder Rufbereitschaft außerhalb der Normalarbeitszeit erbracht werden müssen und mitvergütet sein sollen.

24

bb) Nach diesen Grundsätzen sind die Klauseln nicht klar und verständlich. Der Arbeitnehmer kann § 2 Nr. 1 Satz 1 Arbeitsvertrag nicht entnehmen, in welchem zeitlichen Umfang er bei „30 Einsätzen/Monat“ zusätzlich über die Normalarbeitszeit hinaus Vollarbeit leisten muss. § 2 Nr. 1 Satz 2 Arbeitsvertrag lässt den Arbeitnehmer zwar wissen, dass „Not- und Bereitschaftsdienst“ nur insoweit gesondert vergütet werden soll, als er ab dem 31. Einsatz im Monat die in § 2 Nr. 1 Satz 3 Arbeitsvertrag vorgesehene „Zulage“ erhält. Unklar bleibt aber, in welchem zeitlichen Umfang er in der Abrechnungsperiode „Monat“ außerhalb der Normalarbeitszeit Vollarbeit leisten oder sich dafür bereithalten muss, um in den Genuss der Vergütung nach § 2 Nr. 1 Satz 3 Arbeitsvertrag zu kommen.

25

Zudem sorgt § 9 Arbeitsvertrag für zusätzliche Unklarheit. Denn dort verpflichtet sich der Kläger zu „Ruf-Bereitschaft“ (Nr. 1), für deren Übernahme ein „Pauschal-Entgelt“ vorgesehen ist (Nr. 7), es bleibt aber im Dunkeln, wann im Sinne des Klauselverwenders „Not- und Bereitschaftsdienst“ und wann „Ruf-Bereitschaft“ vorliegen soll. Schließlich sieht § 9 Nr. 8 Arbeitsvertrag vor, „angefallene Überstunden und deren Zuschläge“ müssten auf Verlangen „als Freizeit genommen“ werden, ohne dass an irgendeiner Stelle des Arbeitsvertrags klar und deutlich werden würde, welche Überstunden trotz der Pauschalvergütung in § 2 Arbeitsvertrag gleichwohl in Form von Freizeitausgleich vergütet werden.

26

II. Der Kläger hat Anspruch auf gesonderte Vergütung der geleisteten Bereitschaften und der dabei angefallenen Vollarbeit, und zwar unabhängig davon ob es sich - was sich aus den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht zweifelsfrei nachvollziehen lässt - bei den Bereitschaften im Rechtssinne um Bereitschaftsdienst oder Rufbereitschaft gehandelt hat (zu den Unterschieden BAG 19. November 2014 - 5 AZR 1101/12 - Rn. 16, 18 mwN; zum Umschlagen von Rufbereitschaft in Bereitschaftsdienst s. BAG 22. Januar 2004 - 6 AZR 543/02 - zu II 2 c der Gründe; ErfK/Wank 15. Aufl. § 2 ArbZG Rn. 30; Buschmann/Ulber ArbZG 8. Aufl. § 2 Rn. 21). Dies ergibt sich bereits aus dem Arbeitsvertrag. Die in der dortigen Regelung zur Vergütung von Bereitschaften enthaltenen Widersprüche und Lücken sind vom Landesarbeitsgericht im erneuten Berufungsverfahren - gegebenenfalls nach ergänzendem Sachvortrag der Parteien - im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu beheben.

27

1. Für Sonderformen der Arbeit kann eine gesonderte Vergütungsregelung getroffen und ein geringeres Entgelt als für Vollarbeit vorgesehen werden (vgl. BAG 20. April 2011 - 5 AZR 200/10 - Rn. 32, BAGE 137, 366; 19. November 2014 - 5 AZR 1101/12 - Rn. 16). Diese Möglichkeit greift das Regelungskonzept des Arbeitsvertrags - ohne weitere Differenzierung nach Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft - auf. Danach soll Vollarbeit in der Bereitschaft zum Teil mit der Vergütung für die Arbeit in der Normalarbeitszeit abgegolten sein, zum Teil mit der „Zulage“ nach § 2 Nr. 1 Satz 3 Arbeitsvertrag entlohnt werden. In gewissem Widerspruch dazu geht § 9 Nr. 8 Arbeitsvertrag mit der Regelung zum Freizeitausgleich für „angefallene Überstunden und deren Zuschläge“ von einer unbeschränkten Vergütung von Überstunden aus. Schließlich ist für das „Sich-Bereithalten“ außerhalb eines Einsatzes in § 9 Nr. 7 Satz 1 Arbeitsvertrag ein „Pauschal-Entgelt“ vorgesehen.

28

2. Dieses Regelungskonzept ist insoweit misslungen, als die Parteien damit ihr Ziel, für Bereitschaften eine in sich geschlossene gesonderte Vergütungsregelung zu schaffen, nicht vollständig erreicht haben. Der Pauschalvergütung eines Teils der Vollarbeit in der Bereitschaft steht die mangelnde Transparenz (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) und die Widersprüchlichkeit zur Regelung des § 9 Nr. 8 Arbeitsvertrag entgegen, während für die „inaktive Bereitschaft“ es der Beklagte versäumt hat, das arbeitsvertraglich vorgesehene „Pauschalentgelt“ festzusetzen.

29

Das Regelungskonzept der Parteien zur gesonderten Vergütung von Bereitschaften ist somit planwidrig unvollständig, wobei unerheblich ist, ob die Lückenhaftigkeit von Anfang an bestanden hat oder infolge nachträglicher Umstände eingetreten ist (vgl. BGH 28. Oktober 2015 - VIII ZR 13/12 - Rn. 69 mwN). Zur Verwirklichung des Regelungsplans der Parteien ist deshalb eine ergänzende Vertragsauslegung geboten. Diese hat sich nicht nur an dem hypothetischen Parteiwillen, sondern auch an dem objektiven Maßstab von Treu und Glauben zu orientieren. Maßgeblich ist, was die Parteien bei einer angemessenen, objektiv-generalisierenden Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche Parteien vereinbart hätten (vgl. BAG 25. Juni 2015 - 6 AZR 383/14 - Rn. 39; BGH 28. Oktober 2015 - VIII ZR 13/12 - Rn. 72 - jeweils mwN).

30

3. Nach diesen Grundsätzen muss das Landesarbeitsgericht - nach Gewährung rechtlichen Gehörs - ermitteln, wie die Parteien die Vergütungsregelung für zu leistende Bereitschaften redlicher Weise vervollständigt hätten, wäre ihnen die Lückenhaftigkeit der getroffenen Regelung bewusst gewesen.

31

III. Der Anspruch des Klägers auf zusätzliche Vergütung der geleisteten Bereitschaften ist nicht nach der Ausschlussfristenregelung des § 12 Arbeitsvertrag verfallen. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Klausel der Kontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht standhält, weil die Kürze der Fristen auf beiden Stufen den Kläger entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligte(vgl. BAG 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - BAGE 115, 19; 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 - BAGE 116, 66).

        

    Müller-Glöge    

        

    Biebl    

        

    Volk    

        

        

        

    Reinders    

        

    Ilgenfritz-Donné    

                 

(1) Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.

(2) Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist bei dem Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung, in Ermangelung einer Taxe die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen.

(3) (weggefallen)

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 14. Mai 2013 - 5 Sa 283/12 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über weiteres Entgelt.

2

Der Beklagte betreibt in C (Mecklenburg-Vorpommern) eine Kfz-Werkstatt nebst Gebrauchtteilehandel und Abschleppdienst. Pannenhilfe und das Abschleppen liegen gebliebener Fahrzeuge bietet er - unter „Abschleppdienst S“ - auch von P aus an.

3

Der Kläger war im Kleinbetrieb des Beklagten vom 1. Dezember 2009 bis zum 30. April 2012 als Fahrer für den Abschleppdienst und Pannenhelfer beschäftigt und in P eingesetzt. Er verdiente 1.000,00 Euro netto monatlich.

4

Grundlage des Arbeitsverhältnisses war der Formulararbeitsvertrag vom 24. November 2009, in dem es auszugsweise heißt:

        

㤠2

        

Arbeitsentgelt

        

1.    

Der Arbeitnehmer erhält eine Nettovergütung in Höhe von 1000,00 € monatlich in der bereits 30 Einsätze/Monat (außerhalb der normalen Arbeitszeit) enthalten sind. Not- und Bereitschaftsdienst wird nicht gesondert vergütet.

                 

Außerdem erhält der Arbeitnehmer eine Zulage für zusätzliche Einsätze während der Bereitschaftszeit:

                          

- Pannenhilfe PKW

10€/Brutto/Auftrag

                          

- Abschleppen PKW

10€/Brutto/Stunde

                                            
        

2.    

Die Zulage ist jederzeit frei widerruflich und kann bei Tariflohn- und Ortsklassenänderungen aufgerechnet werden. Auch bei mehrmaliger Zahlung durch den Arbeitgeber erwirbt der Arbeitnehmer keinen Rechtsanspruch auf Zahlung der Zulage.

        

3.    

Die Zahlung des Arbeitsentgelts erfolgt bis zum 10. des Folgemonats der Beschäftigung. Evtl. anfallende Zulagen werden am 10. des darauf folgenden Monats auf das Konto des Mitarbeiters überwiesen. Die Lohnabrechnung wird ebenfalls zum 10. ausgehändigt.

        

…       

        
        

§ 9

        

Besondere Vereinbarungen

        

1.    

Der unterzeichnende Arbeitnehmer erklärt sich unwiderruflich bereit, im Wechsel mit den anderen Kollegen der Werkstatt die Ruf-Bereitschaft und den damit anfallenden Not-Dienst aufrecht zu erhalten.

        

…       

        
        

7.    

Für die Übernahme der Ruf-Bereitschaft wird ein Pauschal-Entgelt bezahlt, dessen Höhe frei vom Arbeitgeber festgesetzt wird. Zur Frage des Rechtsanspruches einer solchen Vergütung wird auf § 2 Abs. 2 dieses Vertrags verwiesen.

        

8.    

Auf Verlangen des Arbeitgebers oder des Arbeitnehmers müssen angefallene Überstunden und deren Zuschläge als Freizeit genommen werden (siehe § 3 des Manteltarifvertrages). Eine abweichende Regelung muss schriftlich vereinbart werden.

        

…       

        
        

11.     

Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, auf Verlangen des Arbeitgebers einen Doppel-Telefonanschluss zu unterhalten, um während der Ruf-Bereitschaft immer erreichbar zu sein. Über die hierdurch entstehenden Einrichtungskosten ist eine einvernehmliche Kostentragungspflicht zu treffen.

        

…       

        
        

§ 12

        

Erlöschen von Ansprüchen

        

Ansprüche aus diesem Vertrag und aus dem Arbeitsverhältnis erlöschen, wenn sie nicht innerhalb von 3 Wochen nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis schriftlich gegenüber dem Arbeitgeber erhoben sowie innerhalb von weiteren 3 Wochen, also insgesamt 6 Wochen nach dem Ausscheiden, klageweise geltend gemacht werden.

        

…       

        

§ 16

        

Zusatzvereinbarungen

        

Es wird weiterhin vereinbart, dass der Arbeitnehmer jede 2. Woche den Nachtbereitschafts-Notdienst übernimmt. Ist genügend anderes einsatzfähiges Personal vorhanden, verringert sich diese Einsatzzeit entsprechend.“

5

Die Normalarbeitszeit des Klägers betrug 40 Wochenstunden, verteilt auf die Arbeitstage Montag bis Freitag. Dabei fuhr der Kläger in der Regel zwei bis drei Einsätze arbeitstäglich, bei schlechten Witterungsverhältnissen öfter. Ansonsten widmete er sich während der Normalarbeitszeit dem Reinigen des Abschleppfahrzeugs und dem Verkauf im Internet. Der Kläger wurde für Bereitschaften eingeteilt, während derer er auf Anruf Pannenhilfe leisten musste. In welchem Umfang der Kläger dabei Vollarbeit verrichtete, ist streitig geblieben.

6

Der Kläger hat mit der dem Beklagten am 21. August 2012 zugestellten Klage - soweit für die Revision von Belang - geltend gemacht, die vereinbarte Vergütung von 1.000,00 Euro netto monatlich sei zwar für die Normalarbeitszeit nicht zu beanstanden, werde aber durch die umfangreichen, nicht gesondert vergüteten Bereitschaften sittenwidrig niedrig. Deshalb stünde ihm eine übliche Vergütung von 1.992,00 Euro brutto monatlich zu. Zumindest seien Überarbeit und passive Bereitschaft zusätzlich zu vergüten. Er habe im Beschäftigungszeitraum 516 Stunden „Einsatzzeit“ geleistet.

7

Der Kläger hat - soweit für die Revision von Belang - beantragt,

        

den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger weiteres Arbeitsentgelt iHv. 55.768,00 Euro brutto abzüglich gezahlter 27.000,00 Euro netto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22. August 2012 zu zahlen.

8

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, das vereinbarte Entgelt halte sich im Rahmen des Üblichen und sei auch unter Berücksichtigung der Bereitschaften nicht sittenwidrig niedrig. Zumindest fehle es an den subjektiven Anforderungen des Lohnwuchers und des wucherähnlichen Geschäfts.

9

Das Arbeitsgericht hat - soweit für die Revision von Belang - den Beklagten zur Zahlung von 2.000,00 Euro netto nebst Zinsen verurteilt und im Übrigen die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision des Klägers ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers gegen das die Klage abweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Unrecht in vollem Umfang zurückgewiesen. Die vereinbarte Vergütung ist zwar nicht nach § 138 Abs. 1 oder Abs. 2 BGB nichtig, doch hat der Kläger Anspruch auf gesonderte Vergütung der geleisteten Bereitschaften. In welcher Höhe die Klage insoweit begründet ist, kann der Senat aufgrund der bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht entscheiden. Das führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

11

I. Der Kläger hat keinen Anspruch auf weitere Vergütung für während der Normalarbeitszeit geleistete Arbeit unter dem Gesichtspunkt der Sittenwidrigkeit.

12

1. Der objektive Tatbestand sowohl des Lohnwuchers (§ 138 Abs. 2 BGB) als auch der des wucherähnlichen Geschäfts (§ 138 Abs. 1 BGB) setzt ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung voraus. Ein solches ist regelmäßig anzunehmen, wenn die Arbeitsvergütung nicht einmal zwei Drittel eines in dem Wirtschaftszweig üblicherweise gezahlten Tarifentgelts erreicht (st. Rspr. seit BAG 22. April 2009 - 5 AZR 436/08 - Rn. 14 ff., BAGE 130, 338). Dasselbe gilt, wenn bei fehlender Maßgeblichkeit der Tarifentgelte die vereinbarte Vergütung mehr als ein Drittel unter dem Lohnniveau, das sich für die auszuübende Tätigkeit in der Wirtschaftsregion gebildet hat, bleibt (BAG 19. August 2015 - 5 AZR 500/14 - Rn. 26 f. mwN).

13

In subjektiver Hinsicht verlangt der Tatbestand des Lohnwuchers eine Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen. Der subjektive Tatbestand des wucherähnlichen Geschäfts erfordert in der Regel eine verwerfliche Gesinnung des Arbeitgebers (BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 331/11 - Rn. 30 mwN, BAGE 141, 324). Dazu hat der Senat eine Vermutungsregel entwickelt. Ist der objektive Wert einer Arbeitsleistung mindestens doppelt so hoch wie der Wert der Gegenleistung, gestattet dieses besonders grobe Missverhältnis den tatsächlichen Schluss auf eine verwerfliche Gesinnung des Arbeitgebers iSv. § 138 Abs. 1 BGB. Andernfalls muss der Arbeitnehmer zusätzliche Umstände, aus denen geschlossen werden kann, der Arbeitgeber habe die Not oder einen anderen den Arbeitnehmer hemmenden Umstand in verwerflicher Weise zu seinem Vorteil ausgenutzt, darlegen und im Streitfall beweisen (BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 268/11 - Rn. 35 ff., BAGE 141, 348).

14

Diese Voraussetzungen hat der Kläger nicht dargelegt. Er geht vielmehr selbst davon aus, dass in der Wirtschaftsregion Mecklenburg-Vorpommern für die vereinbarte Tätigkeit bei einer Normalarbeitszeit von 40 Wochenstunden ein Monatsentgelt von 1.000,00 Euro netto nicht sittenwidrig niedrig ist.

15

2. Eine sittengemäße Vergütung für die in der Normalarbeitszeit geleistete Arbeit kann nicht dadurch zur sittenwidrigen werden, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer in Verkennung der Rechtslage Vergütung von Mehrarbeit und Sonderformen der Arbeit vorenthält. Vielmehr sieht die Rechtsordnung in einem solchen Fall einen Anspruch auf - zusätzliche - Vergütung geleisteter Mehr- und Sonderarbeit vor.

16

a) Ob der Wert der Arbeitsleistung in einem auffälligen oder besonders groben Missverhältnis zur versprochenen Vergütung steht, beurteilt sich grundsätzlich nach einer Gesamtbetrachtung der vom Arbeitnehmer nach dem Arbeitsvertrag geschuldeten Arbeitsleistung und des vom Arbeitgeber dafür zu zahlenden Entgelts. Maßgebend ist der Vergleich zwischen dem objektiven Wert der Arbeitsleistung und der „faktischen“ Höhe der Vergütung, die sich aus dem Verhältnis von geschuldeter Arbeitszeit und versprochener Vergütung für eine bestimmte Abrechnungsperiode ergibt (BAG 17. Oktober 2012 - 5 AZR 792/11 - Rn. 20, BAGE 143, 212).

17

b) Das bedeutet jedoch nicht, dass es dabei nur auf die tatsächlich vom Arbeitgeber gezahlte Vergütung ankommt. Denn es geht bei § 138 BGB nicht um ein unsittliches Faktum oder Verhalten, sondern um die Sittenwidrigkeit eines Rechtsgeschäfts. Maßgebend ist, was der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer für die abverlangte Arbeit nach der arbeitsvertraglichen Vereinbarung und der Rechtsordnung schuldet. Sind einzelne Abreden (wie zB eine Klausel zur Pauschalvergütung von Überstunden) bereits aus anderen Gründen rechtsunwirksam mit der Folge, dass dem Arbeitnehmer insoweit ein gesonderter Entgeltanspruch erwächst (zB Überstundenvergütung nach § 612 Abs. 1 BGB), bleibt dies bei der Prüfung der Sittenwidrigkeit außer Betracht. Ihr unterliegen nur diejenigen Teile der arbeitsvertraglichen Vergütungsvereinbarung, die - die zu prüfende Sittenwidrigkeit hinweg gedacht - ansonsten rechtswirksam sind.

18

3. Der arbeitsvertraglich vorgesehene teilweise Ausschluss einer - gesonderten - Vergütung von Mehrarbeit und Sonderformen der Arbeit ist unwirksam.

19

a) Nach § 2 Nr. 1 Satz 1 Arbeitsvertrag soll in dem Monatsentgelt von 1.000,00 Euro netto die Vergütung für „30 Einsätze/Monat (außerhalb der normalen Arbeitszeit)“ enthalten sein. Damit enthält die Vereinbarung eine Pauschalvergütung für Überstunden, die außerhalb der Normalarbeitszeit für Vollarbeit im zeitlichen Umfang der Dauer von 30 Einsätzen im Monat anfallen. § 2 Nr. 1 Satz 2 Arbeitsvertrag sieht vor, dass „Not- und Bereitschaftsdienst“ nicht gesondert vergütet wird.

20

b) Bei den Klauseln des Arbeitsvertrags handelt es sich, wovon auch das Landesarbeitsgericht ausgegangen ist, um Allgemeine Geschäftsbedingungen. Dafür begründet bereits das äußere Erscheinungsbild eine tatsächliche Vermutung (vgl. BAG 17. August 2011 - 5 AZR 406/10 - Rn. 11 mwN, BAGE 139, 44), der keine der Parteien entgegengetreten ist.

21

Zudem sind sich die Parteien einig, dass der Kläger in einem Vollzeitarbeitsverhältnis stand und eine Normalarbeitszeit von 40 Wochenstunden vereinbart war, auch wenn dies im Arbeitsvertrag nicht ausdrücklich festgehalten wurde. Dies bestätigt die vom Landesarbeitsgericht festgestellte tatsächliche Handhabung der Parteien und entspricht im Übrigen dem Umstand, dass ein vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer bei Fehlen einer ausdrücklichen Bestimmung der Dauer der Arbeitszeit im Formulararbeitsvertrag davon ausgehen darf, dass die regelmäßige Dauer der Arbeitszeit - unter Zugrundelegung einer Fünf-Tage-Woche und den in § 3 Satz 1 ArbZG vorgesehenen acht Stunden arbeitstäglich - 40 Wochenstunden nicht übersteigt(vgl. BAG 25. März 2015 - 5 AZR 602/13 - Rn. 14).

22

c) Soweit der Arbeitsvertrag eine Pauschalvergütung von Überstunden und „Not- und Bereitschaftsdienst“ vorsieht, sind die Klauseln des § 2 Nr. 1 Satz 1 und Satz 2 Arbeitsvertrag mangels hinreichender Transparenz unwirksam, § 307 Abs. 3 Satz 2 iVm. Abs. 1 Satz 2 BGB.

23

aa) Eine Klausel zur Pauschalvergütung von Überstunden ist nur klar und verständlich, wenn sich aus dem Arbeitsvertrag selbst ergibt, welche Arbeitsleistung in welchem zeitlichen Umfang von ihr erfasst werden soll. Der Arbeitnehmer muss bereits bei Vertragsabschluss erkennen können, was gegebenenfalls „auf ihn zukommt“ und welche Leistung er für die vereinbarte Vergütung maximal erbringen muss (BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 331/11 - Rn. 21 mwN, BAGE 141, 324). Dasselbe gilt, wenn Sonderformen der Arbeit wie Arbeitsbereitschaft, Bereitschaftsdienst oder Rufbereitschaft außerhalb der Normalarbeitszeit erbracht werden müssen und mitvergütet sein sollen.

24

bb) Nach diesen Grundsätzen sind die Klauseln nicht klar und verständlich. Der Arbeitnehmer kann § 2 Nr. 1 Satz 1 Arbeitsvertrag nicht entnehmen, in welchem zeitlichen Umfang er bei „30 Einsätzen/Monat“ zusätzlich über die Normalarbeitszeit hinaus Vollarbeit leisten muss. § 2 Nr. 1 Satz 2 Arbeitsvertrag lässt den Arbeitnehmer zwar wissen, dass „Not- und Bereitschaftsdienst“ nur insoweit gesondert vergütet werden soll, als er ab dem 31. Einsatz im Monat die in § 2 Nr. 1 Satz 3 Arbeitsvertrag vorgesehene „Zulage“ erhält. Unklar bleibt aber, in welchem zeitlichen Umfang er in der Abrechnungsperiode „Monat“ außerhalb der Normalarbeitszeit Vollarbeit leisten oder sich dafür bereithalten muss, um in den Genuss der Vergütung nach § 2 Nr. 1 Satz 3 Arbeitsvertrag zu kommen.

25

Zudem sorgt § 9 Arbeitsvertrag für zusätzliche Unklarheit. Denn dort verpflichtet sich der Kläger zu „Ruf-Bereitschaft“ (Nr. 1), für deren Übernahme ein „Pauschal-Entgelt“ vorgesehen ist (Nr. 7), es bleibt aber im Dunkeln, wann im Sinne des Klauselverwenders „Not- und Bereitschaftsdienst“ und wann „Ruf-Bereitschaft“ vorliegen soll. Schließlich sieht § 9 Nr. 8 Arbeitsvertrag vor, „angefallene Überstunden und deren Zuschläge“ müssten auf Verlangen „als Freizeit genommen“ werden, ohne dass an irgendeiner Stelle des Arbeitsvertrags klar und deutlich werden würde, welche Überstunden trotz der Pauschalvergütung in § 2 Arbeitsvertrag gleichwohl in Form von Freizeitausgleich vergütet werden.

26

II. Der Kläger hat Anspruch auf gesonderte Vergütung der geleisteten Bereitschaften und der dabei angefallenen Vollarbeit, und zwar unabhängig davon ob es sich - was sich aus den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht zweifelsfrei nachvollziehen lässt - bei den Bereitschaften im Rechtssinne um Bereitschaftsdienst oder Rufbereitschaft gehandelt hat (zu den Unterschieden BAG 19. November 2014 - 5 AZR 1101/12 - Rn. 16, 18 mwN; zum Umschlagen von Rufbereitschaft in Bereitschaftsdienst s. BAG 22. Januar 2004 - 6 AZR 543/02 - zu II 2 c der Gründe; ErfK/Wank 15. Aufl. § 2 ArbZG Rn. 30; Buschmann/Ulber ArbZG 8. Aufl. § 2 Rn. 21). Dies ergibt sich bereits aus dem Arbeitsvertrag. Die in der dortigen Regelung zur Vergütung von Bereitschaften enthaltenen Widersprüche und Lücken sind vom Landesarbeitsgericht im erneuten Berufungsverfahren - gegebenenfalls nach ergänzendem Sachvortrag der Parteien - im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu beheben.

27

1. Für Sonderformen der Arbeit kann eine gesonderte Vergütungsregelung getroffen und ein geringeres Entgelt als für Vollarbeit vorgesehen werden (vgl. BAG 20. April 2011 - 5 AZR 200/10 - Rn. 32, BAGE 137, 366; 19. November 2014 - 5 AZR 1101/12 - Rn. 16). Diese Möglichkeit greift das Regelungskonzept des Arbeitsvertrags - ohne weitere Differenzierung nach Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft - auf. Danach soll Vollarbeit in der Bereitschaft zum Teil mit der Vergütung für die Arbeit in der Normalarbeitszeit abgegolten sein, zum Teil mit der „Zulage“ nach § 2 Nr. 1 Satz 3 Arbeitsvertrag entlohnt werden. In gewissem Widerspruch dazu geht § 9 Nr. 8 Arbeitsvertrag mit der Regelung zum Freizeitausgleich für „angefallene Überstunden und deren Zuschläge“ von einer unbeschränkten Vergütung von Überstunden aus. Schließlich ist für das „Sich-Bereithalten“ außerhalb eines Einsatzes in § 9 Nr. 7 Satz 1 Arbeitsvertrag ein „Pauschal-Entgelt“ vorgesehen.

28

2. Dieses Regelungskonzept ist insoweit misslungen, als die Parteien damit ihr Ziel, für Bereitschaften eine in sich geschlossene gesonderte Vergütungsregelung zu schaffen, nicht vollständig erreicht haben. Der Pauschalvergütung eines Teils der Vollarbeit in der Bereitschaft steht die mangelnde Transparenz (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) und die Widersprüchlichkeit zur Regelung des § 9 Nr. 8 Arbeitsvertrag entgegen, während für die „inaktive Bereitschaft“ es der Beklagte versäumt hat, das arbeitsvertraglich vorgesehene „Pauschalentgelt“ festzusetzen.

29

Das Regelungskonzept der Parteien zur gesonderten Vergütung von Bereitschaften ist somit planwidrig unvollständig, wobei unerheblich ist, ob die Lückenhaftigkeit von Anfang an bestanden hat oder infolge nachträglicher Umstände eingetreten ist (vgl. BGH 28. Oktober 2015 - VIII ZR 13/12 - Rn. 69 mwN). Zur Verwirklichung des Regelungsplans der Parteien ist deshalb eine ergänzende Vertragsauslegung geboten. Diese hat sich nicht nur an dem hypothetischen Parteiwillen, sondern auch an dem objektiven Maßstab von Treu und Glauben zu orientieren. Maßgeblich ist, was die Parteien bei einer angemessenen, objektiv-generalisierenden Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche Parteien vereinbart hätten (vgl. BAG 25. Juni 2015 - 6 AZR 383/14 - Rn. 39; BGH 28. Oktober 2015 - VIII ZR 13/12 - Rn. 72 - jeweils mwN).

30

3. Nach diesen Grundsätzen muss das Landesarbeitsgericht - nach Gewährung rechtlichen Gehörs - ermitteln, wie die Parteien die Vergütungsregelung für zu leistende Bereitschaften redlicher Weise vervollständigt hätten, wäre ihnen die Lückenhaftigkeit der getroffenen Regelung bewusst gewesen.

31

III. Der Anspruch des Klägers auf zusätzliche Vergütung der geleisteten Bereitschaften ist nicht nach der Ausschlussfristenregelung des § 12 Arbeitsvertrag verfallen. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Klausel der Kontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht standhält, weil die Kürze der Fristen auf beiden Stufen den Kläger entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligte(vgl. BAG 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - BAGE 115, 19; 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 - BAGE 116, 66).

        

    Müller-Glöge    

        

    Biebl    

        

    Volk    

        

        

        

    Reinders    

        

    Ilgenfritz-Donné    

                 

Die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer darf acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 6. Juni 2014 - 3 Sa 740/13 - aufgehoben.

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dresden vom 21. November 2013 - 2 Ca 1086/13 - wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis aufgrund Befristung mit Ablauf des 4. April 2013 geendet hat.

2

Der Kläger verfügt über eine abgeschlossene Hochschulausbildung im Fachbereich Physik. Nachdem ein Professor sich für die Einstellung des Klägers als wissenschaftlicher Mitarbeiter seines Instituts eingesetzt hatte, wurde der Kläger nach Einreichung seiner Bewerbungsunterlagen vom Beklagten gebeten, sich in die Verwaltung der Universität D zu begeben. Dort wurde dem Kläger ein auf den 18. September 2012 datierter Dienstvertrag in zweifacher Ausfertigung zur Unterzeichnung vorgelegt, der für beide Vertragsparteien Unterschriftsfelder vorsah und zu diesem Zeitpunkt seitens des Beklagten noch nicht unterzeichnet war. Dieser Vertrag enthält in § 1 ua. folgende Regelungen:

        

§ 1   

        

Herr K wird für die Zeit vom 05.10.2012 bis einschließlich 04.04.2013 befristet als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Sinne des § 71 SächsHSG alsVollbeschäftigter an der Universität D eingestellt.

        

Die befristete Einstellung erfolgt wegen Vorliegen eines sachlichen Grundes gemäß § 14 Abs. 1 Ziffer 3 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) vom 21. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1366 i. d. j. g. F.).

        

Die Einstellung erfolgt während der Zeit der Beurlaubung von Herrn N, längstens bis 04.04.2013.

        

Das Dienstverhältnis endet automatisch, ohne dass es insoweit einer Kündigung bedarf, mit Ablauf des 04.04.2013. Einer Weiterbeschäftigung über diesen Zeitpunkt hinaus wird ausdrücklich widersprochen.

        

...“   

3

Der Kläger unterzeichnete beide Ausfertigungen und gab sie zurück. Am 5. Oktober 2012 nahm der Kläger seine Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität D auf, ohne zuvor ein vom Beklagten unterzeichnetes Vertragsexemplar erhalten zu haben. Ein solches ging ihm erst am 9. Oktober 2012 zu.

4

Der Kläger hat sich mit seiner am 9. April 2013 beim Arbeitsgericht eingegangenen und dem Beklagten am 22. April 2013 zugestellten Klage gegen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund der Befristung zum 4. April 2013 gewandt. Er hat geltend gemacht, die Befristungsabrede sei unwirksam, da die erforderliche Schriftform nicht gewahrt sei. Der Arbeitsvertrag sei am 5. Oktober 2012 dadurch zustande gekommen, dass er seine Tätigkeit im Einverständnis mit dem Beklagten aufgenommen habe. Der Beklagte habe den Abschluss des befristeten Arbeitsvertrags nicht von der Wahrung der Schriftform abhängig gemacht.

5

Der Kläger hat beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der Befristung mit Datum vom 18. September 2012 mit Ablauf des 4. April 2013 beendet wurde,

        

2.    

den Beklagten zu verurteilen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als wissenschaftlichen Mitarbeiter iSd. § 71 SächsHSG weiterzubeschäftigen.

6

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat die Auffassung vertreten, die Befristungsabrede genüge dem Schriftformerfordernis, da die Personalsachbearbeiterin A den Dienstvertrag am 18. September 2012 unterzeichnet habe. Ein Zugang der beiderseits unterzeichneten Vertragsausfertigung beim Kläger vor Vertragsbeginn sei zur Wahrung der Schriftform nicht erforderlich. Außerdem habe der Kläger durch die Aufnahme seiner Tätigkeit auf den Zugang der schriftlichen Annahmeerklärung verzichtet. Andernfalls hätte in der Zeit vom 5. Oktober 2012 bis zum Zugang der unterzeichneten Vertragsurkunde beim Kläger am 9. Oktober 2012 nur ein faktisches Arbeitsverhältnis bestanden. Der Arbeitsvertrag sei nicht konkludent durch die Aufnahme der Tätigkeit zustande gekommen, weil der Abschluss des Arbeitsvertrags durch die im Vertrag enthaltenen Unterschriftsfelder für beide Seiten erkennbar unter den Vorbehalt eines schriftlichen Vertragsschlusses gestellt worden sei. Von der Aufnahme der Tätigkeit habe kein zum Abschluss von Arbeitsverträgen berechtigter Vertreter des Beklagten Kenntnis gehabt. Jedenfalls sei es dem Kläger nach Treu und Glauben verwehrt, sich auf die Formunwirksamkeit der Befristungsabrede zu berufen.

7

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen. Mit der Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Der Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückweisung der Berufung des Beklagten. Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht unter Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung den Klageantrag zu 1. abgewiesen. Dieser Befristungskontrollantrag ist begründet. Der Klageantrag zu 2., mit dem der Kläger seine vorläufige Weiterbeschäftigung verlangt, fällt dem Senat nicht zur Entscheidung an.

9

I. Der Befristungskontrollantrag ist begründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat nicht aufgrund der im Dienstvertrag vom 18. September 2012 vereinbarten Befristung mit Ablauf des 4. April 2013 geendet.

10

1. Die vereinbarte Befristung zum 4. April 2013 gilt nicht nach § 17 Satz 2 TzBfG iVm. § 7 Halbs. 1 KSchG als wirksam. Der Kläger hat die Rechtsunwirksamkeit der Befristung mit der am 9. April 2013 beim Arbeitsgericht eingegangenen und dem Beklagten am 22. April 2013 zugestellten Klage rechtzeitig nach § 17 Satz 1 TzBfG geltend gemacht.

11

2. Die vereinbarte Befristung zum 4. April 2013 ist nach § 14 Abs. 4 TzBfG, § 125 Satz 1 BGB nichtig mit der Folge, dass der befristete Arbeitsvertrag nach § 16 Satz 1 TzBfG als auf unbestimmte Zeit geschlossen gilt.

12

a) Nach § 14 Abs. 4 TzBfG bedarf die Befristung eines Arbeitsvertrags zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform.

13

aa) Die Einhaltung der Schriftform erfordert nach § 126 Abs. 1 BGB eine eigenhändig vom Aussteller mit Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnete Urkunde. Bei einem Vertrag muss nach § 126 Abs. 2 Satz 1 BGB die Unterzeichnung der Parteien auf derselben Urkunde erfolgen. Werden über den Vertrag mehrere gleichlautende Urkunden aufgenommen, genügt es nach § 126 Abs. 2 Satz 2 BGB, wenn jede Partei die für die andere Partei bestimmte Urkunde unterzeichnet(vgl. etwa BAG 4. November 2015 - 7 AZR 933/13 - Rn. 16; 20. August 2014 - 7 AZR 924/12 - Rn. 23 mwN).

14

bb) Das Schriftformerfordernis des § 14 Abs. 4 TzBfG gilt nur für die Befristung des Arbeitsvertrags, nicht aber für den Arbeitsvertrag insgesamt. Schließen die Parteien nur mündlich einen befristeten Arbeitsvertrag, ist die Befristung nach § 125 Satz 1 BGB nichtig. Das hat zur Folge, dass nach § 16 Satz 1 TzBfG ein unbefristetes Arbeitsverhältnis entsteht. Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn die Parteien vor Vertragsbeginn zunächst mündlich einen befristeten Arbeitsvertrag abschließen und das mündlich Vereinbarte nach der Arbeitsaufnahme durch den Arbeitnehmer schriftlich niederlegen. In diesem Fall ist die zunächst mündlich getroffene Befristungsabrede nach § 14 Abs. 4 TzBfG, § 125 Satz 1 BGB nichtig mit der Folge, dass bei Vertragsbeginn nach § 16 Satz 1 TzBfG ein unbefristetes Arbeitsverhältnis entsteht. Die spätere schriftliche Niederlegung der zunächst nur mündlich vereinbarten Befristung führt nicht dazu, dass die zunächst formnichtige Befristung rückwirkend wirksam wird (vgl. hierzu BAG 16. März 2005 - 7 AZR 289/04 - zu I 2 der Gründe, BAGE 114, 146). Dadurch kann allenfalls das bei Vertragsbeginn nach § 16 Satz 1 TzBfG entstandene unbefristete Arbeitsverhältnis nachträglich befristet werden. Hierzu sind allerdings auf die Herbeiführung dieser Rechtsfolge gerichtete Willenserklärungen der Parteien erforderlich (BAG 7. Oktober 2015 - 7 AZR 40/14 - Rn. 19; 16. April 2008 - 7 AZR 1048/06 - Rn. 12).

15

b) Danach ist die von den Parteien vereinbarte Befristung zum 4. April 2013 nach § 14 Abs. 4 TzBfG iVm. § 125 Satz 1 BGB nichtig. Der Beklagte hat das schriftliche Angebot des Klägers auf Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrags vom 18. September 2012 nicht schriftlich, sondern konkludent durch Entgegennahme der Arbeitsleistung des Klägers ab dem 5. Oktober 2012 angenommen. Die Schriftform für die Befristungsabrede ist nicht durch eine etwaige Unterzeichnung der Vertragsurkunde vor Vertragsbeginn durch den Beklagten gewahrt worden. Der Formmangel wurde auch nicht durch den nachträglichen Zugang der auch vom Beklagten unterzeichneten Vertragsurkunde beim Kläger geheilt.

16

aa) Der Arbeitsvertrag der Parteien ist am 5. Oktober 2012 dadurch zustande gekommen, dass der Beklagte das schriftliche Vertragsangebot des Klägers konkludent durch Entgegennahme der Arbeitsleistung angenommen hat.

17

(1) Verträge kommen durch auf den Vertragsschluss gerichtete, einander entsprechende Willenserklärungen zustande, indem das Angebot („Antrag“) der einen Vertragspartei gemäß den §§ 145 ff. BGB von der anderen Vertragspartei angenommen wird. Eine Willenserklärung ist eine Äußerung, die auf die Herbeiführung eines rechtsgeschäftlichen Erfolgs gerichtet ist. Sie kann nicht nur durch eine ausdrückliche Erklärung, sondern auch durch schlüssiges Verhalten (Realofferte und deren konkludente Annahme) abgegeben werden (BAG 12. Juli 2016 - 9 AZR 51/15 - Rn. 19; 9. April 2014 - 10 AZR 590/13 - Rn. 26). Ob eine Äußerung oder ein Verhalten als Willenserklärung zu verstehen ist, ist durch Auslegung zu ermitteln. Nach §§ 133, 157 BGB sind Willenserklärungen und Verträge so auszulegen, wie die Parteien sie nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen mussten, wobei vom Wortlaut auszugehen ist(BAG 18. Mai 2010 - 3 AZR 373/08 - Rn. 36, BAGE 134, 269). Zur Ermittlung des wirklichen Willens der Parteien sind auch die außerhalb der Vereinbarung liegenden Umstände einzubeziehen, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen. Vor allem sind die bestehende Interessenlage und der mit dem Rechtsgeschäft verfolgte Zweck zu berücksichtigen. Im Zweifel ist der Auslegung der Vorzug zu geben, die zu einem vernünftigen, widerspruchsfreien und den Interessen beider Vertragspartner gerecht werdenden Ergebnis führt. Haben alle Beteiligten eine Erklärung übereinstimmend in demselben Sinne verstanden, so geht der wirkliche Wille dem Wortlaut des Vertrags und jeder anderweitigen Interpretation vor und setzt sich auch gegenüber einem völlig eindeutigen Vertragswortlaut durch (BAG 18. Mai 2010 - 3 AZR 373/08 - Rn. 36 mwN, aaO). Diese Grundsätze sind auch anzuwenden bei der Frage, ob ein bestimmtes willentliches Verhalten eine Willenserklärung darstellt (vgl. BAG 22. Juli 2014 - 9 AZR 1066/12 - Rn. 13, BAGE 148, 349).

18

(2) Die Auslegung nichttypischer Erklärungen obliegt in erster Linie den Tatsachengerichten. Sie kann vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüft werden, ob das Berufungsgericht Auslegungsregeln (§§ 133, 157 BGB) verletzt, gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen oder wesentliche Tatsachen unberücksichtigt gelassen hat (st. Rspr., vgl. BAG 20. September 2016 - 3 AZR 77/15 - Rn. 32; 24. August 2016 - 5 AZR 129/16 - Rn. 20; 10. Dezember 2014 - 7 AZR 1009/12 - Rn. 26). Das Revisionsgericht darf bei einer unterlassenen oder fehlerhaften Auslegung nichttypischer Willenserklärungen die Auslegung nur dann selbst vornehmen, wenn das Landesarbeitsgericht den erforderlichen Sachverhalt vollständig festgestellt hat und kein weiteres tatsächliches Vorbringen der Parteien zu erwarten ist (st. Rspr., zB BAG 24. September 2014 - 5 AZR 611/12 - Rn. 27 mwN, BAGE 149, 144). Diese Grundsätze gelten auch, wenn es um die Frage geht, ob überhaupt eine Willenserklärung vorliegt (BAG 24. August 2016 - 5 AZR 129/16 - Rn. 20; 10. Dezember 2014 - 7 AZR 1009/12 - Rn. 26; 18. Mai 2010 - 3 AZR 373/08 - Rn. 32, BAGE 134, 269).

19

(3) Daran gemessen ist die Annahme des Landesarbeitsgerichts, der befristete Arbeitsvertrag sei nicht schon am 18. September 2012 mit der Unterzeichnung der Vertragsurkunde durch den Kläger geschlossen worden, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Übergabe der nicht unterzeichneten Vertragsurkunde an den Kläger stellt kein Angebot des Beklagten auf Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrags dar, sondern lediglich eine Aufforderung zur Abgabe eines Vertragsangebots (sog. invitatio ad offerendum).

20

(a) Ein Antrag auf Abschluss eines Vertrags (§ 145 BGB) liegt nur dann vor, wenn die Erklärung - aus der Sicht des Adressaten - mit dem Willen zur rechtlichen Bindung abgegeben wird. Dagegen ist eine bloße Aufforderung zur Abgabe von Angeboten gegeben, wenn eine rechtsgeschäftliche Bindung erkennbar noch nicht gewollt ist, sich der Erklärende einen Vertragsabschluss also noch vorbehält (vgl. BGH 4. Februar 2009 - VIII ZR 32/08 - Rn. 12, BGHZ 179, 319).

21

(b) Der Beklagte hatte die Vertragsurkunde auf der für ihn vorgesehenen Unterschriftszeile noch nicht unterzeichnet. Damit konnte noch nicht von einem endgültigen Bindungswillen ausgegangen werden. Der erforderliche Rechtsbindungswille ergibt sich auch nicht daraus, dass sich ein Professor für die Einstellung des Klägers eingesetzt hatte und dass die Vertragsurkunde dem Kläger erst 17 Tage vor dem vorgesehenen Vertragsbeginn zur Unterzeichnung vorlegt wurde. Entgegen der Ansicht des Klägers spricht auch die Festlegung der Vertragsbedingungen nicht für ein bindendes Vertragsangebot. Eine solche Festlegung ist für eine invitatio ad offerendum nicht untypisch.

22

(4) Das Landesarbeitsgericht ist auch zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger dem Beklagten durch Rückgabe der von ihm unterzeichneten Vertragsurkunde ein Angebot auf Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrags zu den vom Beklagten vorformulierten Bedingungen unterbreitet hat. Das Landesarbeitsgericht hat jedoch verkannt, dass der Beklagte das Angebot des Klägers am 5. Oktober 2012 durch Zurverfügungstellung eines Arbeitsplatzes und Entgegennahme der Arbeitsleistung angenommen hat.

23

(a) Das Landesarbeitsgericht hat rechtsfehlerhaft angenommen, der Kläger habe die Entgegennahme seiner Arbeitsleistung nicht als Annahme seines Vertragsangebots verstehen dürfen, weil der Beklagte den Vertragsschluss unter den Vorbehalt seiner schriftlichen Annahme gestellt habe.

24

(aa) Obwohl der Abschluss eines Arbeitsvertrags als solcher formfrei möglich ist, kann der Arbeitgeber den Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrags von der Unterzeichnung der Vertragsurkunde durch den Arbeitnehmer abhängig machen. In diesem Fall kann ein vor der Arbeitsaufnahme abgegebenes schriftliches Vertragsangebot des Arbeitgebers vom Arbeitnehmer nur durch eine den Anforderungen des § 126 Abs. 2 BGB genügende Annahmeerklärung angenommen werden. Hat der Arbeitgeber in den Vertragsverhandlungen mit dem Arbeitnehmer den Abschluss des befristeten Arbeitsvertrags ausdrücklich unter den Vorbehalt eines schriftlichen Vertragsschlusses gestellt oder dem Arbeitnehmer die schriftliche Niederlegung des Vereinbarten angekündigt, so ist diese Erklärung ohne Hinzutreten außergewöhnlicher Umstände nach dem maßgeblichen Empfängerhorizont (§§ 133, 157 BGB) dahingehend zu verstehen, dass der Arbeitgeber dem sich aus § 14 Abs. 4 TzBfG ergebenden Schriftformgebot entsprechen will und sein auf den Vertragsschluss gerichtetes schriftliches Angebot nur durch die der Form des § 126 Abs. 2 BGB genügende Unterzeichnung der Vertragsurkunde angenommen werden kann(vgl. BAG 16. April 2008 - 7 AZR 1048/06 - Rn. 14). Der Arbeitnehmer kann in Fällen, in denen der Abschluss des befristeten Arbeitsvertrags von der Einhaltung der Schriftform abhängen soll, ein ihm vorliegendes schriftliches Vertragsangebot des Arbeitgebers nicht durch die Arbeitsaufnahme konkludent, sondern nur durch die Unterzeichnung der Vertragsurkunde annehmen. Nimmt der Arbeitnehmer vor diesem Zeitpunkt die Arbeit auf, entsteht zwischen den Parteien lediglich ein faktisches Arbeitsverhältnis, weil es an der Abgabe der zum Vertragsschluss erforderlichen übereinstimmenden Willenserklärungen fehlt (BAG 7. Oktober 2015 - 7 AZR 40/14 - Rn. 20; 16. April 2008 - 7 AZR 1048/06 - Rn. 14). In einem solchen Fall kann dahinstehen, ob die Arbeitsaufnahme des Arbeitnehmers als ein konkludentes Angebot auf Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrags zu den zuvor vereinbarten Bedingungen angesehen werden kann. Hat der Arbeitgeber durch sein vor der Arbeitsaufnahme liegendes Verhalten verdeutlicht, dass er den Abschluss des befristeten Arbeitsvertrags von der Einhaltung des Schriftformgebots des § 14 Abs. 4 TzBfG abhängig machen will, liegt in der bloßen Entgegennahme der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers regelmäßig nicht die Annahme eines vermeintlichen Vertragsangebots des Arbeitnehmers. Dieser kann das schriftliche Angebot des Arbeitgebers dann noch nach der Arbeitsaufnahme durch die Unterzeichnung des Arbeitsvertrags annehmen (BAG 7. Oktober 2015 - 7 AZR 40/14 - Rn. 20; 16. April 2008 - 7 AZR 1048/06 - Rn. 14).

25

(bb) Anders verhält es sich hingegen, wenn der Arbeitgeber kein schriftliches Angebot auf Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrags abgibt, sondern dem Arbeitnehmer eine Vertragsurkunde zur Unterschrift vorlegt, die er selbst noch nicht unterzeichnet hat. Mit der Vorlage einer solchen Vertragsurkunde stellt der Arbeitgeber den Abschluss des befristeten Arbeitsvertrags weder ausdrücklich noch konkludent unter den Vorbehalt eines schriftlichen Vertragsschlusses, noch kündigt er dem Arbeitnehmer die schriftliche Niederlegung des Vereinbarten an. Er gibt keine auf den Vertragsschluss gerichtete Erklärung ab, die nur durch die der Form des § 126 Abs. 2 BGB genügende Unterzeichnung der Vertragsurkunde angenommen werden kann. Vielmehr fordert er den Arbeitnehmer zur Abgabe eines schriftlichen Vertragsangebots zu den in der Vertragsurkunde genannten Bedingungen auf. Während der Arbeitgeber mit einem von ihm unterzeichneten Vertragsangebot seinerseits alles zur Einhaltung des Schriftformgebots Erforderliche getan hat, ist dies bei der Übergabe eines von ihm nicht unterzeichneten Vertragsentwurfs nicht der Fall. Daher ist dieses Verhalten aus Sicht des Arbeitnehmers nicht dahingehend zu verstehen, dass der Arbeitgeber dem sich aus § 14 Abs. 4 TzBfG ergebenden Schriftformgebot entsprechen will.

26

Selbst wenn der Arbeitgeber ausdrücklich erklärt hat, der Arbeitsvertrag solle nicht durch Entgegennahme der Arbeitsleistung, sondern erst mit Zugang der von ihm unterzeichneten Vertragsurkunde beim Arbeitnehmer zustande kommen, ist dieser Vorbehalt unbeachtlich. Der Arbeitgeber kann die Auslegung seines Verhaltens als Ausdruck eines entsprechenden Rechtsfolgewillens nicht ausschließen. Die in Widerspruch zu seinem tatsächlichen Verhalten stehende Erklärung ist für die rechtliche Wertung, welche Erklärungsbedeutung der Inanspruchnahme der Arbeitsleistung zukommt, ohne Bedeutung. Zeigt nämlich jemand ein Verhalten, das nach Treu und Glauben und der Verkehrssitte nur als Ausdruck eines bestimmten Willens aufgefasst werden kann, so ist seine wörtliche Verwahrung gegen eine entsprechende Deutung des Verhaltens unbeachtlich, denn er setzt sich in Widerspruch mit seinem eigenen tatsächlichen Verhalten (sog. protestatio facto contraria) und hat durch sein tatsächliches Verhalten die Geltendmachung einer anderweitigen Auslegung verwirkt (BAG 19. Januar 2005 - 7 AZR 113/04 - zu II 1 b der Gründe; BGH 9. Mai 2000 - VI ZR 173/99 - zu II 2 b bb der Gründe).

27

(cc) Danach stand der Vertragsschluss nicht unter dem Vorbehalt der Unterzeichnung der Vertragsurkunde durch beide Parteien.

28

(b) Der Beklagte hat das Vertragsangebot des Klägers am 5. Oktober 2012 konkludent angenommen, indem er dem Kläger bei Vertragsbeginn einen Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt und dessen Arbeitsleistung entgegengenommen hat. Das Landesarbeitsgericht hat zwar eine Auslegung der Erklärungen des Beklagten nicht vorgenommen. Der Senat kann jedoch die Verhaltensweisen und Erklärungen des Beklagten selbst auslegen, da das Landesarbeitsgericht den erforderlichen Sachverhalt vollständig festgestellt hat und kein weiteres tatsächliches Vorbringen der Parteien zu erwarten ist. Die Auslegung ergibt, dass der Kläger die Zurverfügungstellung eines Arbeitsplatzes und die Entgegennahme der Arbeitsleistung als Annahme seines Vertragsangebots durch den Beklagten verstehen durfte. Er hatte sich auf Aufforderung des Beklagten zu der zuständigen Personalverwaltung begeben und dort durch Rückgabe des von ihm unterzeichneten Vertragsdokuments ein Angebot auf Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrags zu den von dem Beklagten vorformulierten Bedingungen abgegeben. Daher durfte er davon ausgehen, dass er seine Arbeitsleistung - vorbehaltlich einer gegenteiligen Mitteilung des Beklagten - ab dem in der Vertragsurkunde vorgesehenen Zeitpunkt, dh. dem 5. Oktober 2012, zu den vom Beklagten vorgegebenen Bedingungen erbringen sollte. Da der Beklagte nichts Gegenteiliges äußerte und ihn nicht an der Erbringung der Arbeitsleistung hinderte, durfte der Kläger die Entgegennahme der Arbeitsleistung ab dem 5. Oktober 2012 als Annahme seines Vertragsangebots durch den Beklagten verstehen. Bei dieser Sachlage kommt es nicht darauf an, ob der Kläger seine Tätigkeit mit Wissen eines zum Abschluss von Arbeitsverträgen berechtigten Vertreters aufgenommen hat.

29

bb) Die Schriftform für die Befristung des am 5. Oktober 2012 zustande gekommenen Arbeitsvertrags ist nicht deshalb gewahrt, weil dem Kläger am 9. Oktober 2012 die auch vom Beklagten unterzeichnete Vertragsurkunde zugegangen ist. Dabei kann zu Gunsten des Beklagten unterstellt werden, dass die zum Abschluss von Arbeitsverträgen berechtigte Personalsachbearbeiterin A den Vertrag schon vor dem Vertragsbeginn am 5. Oktober 2012 unterzeichnet hat. Das Schriftformgebot des § 14 Abs. 4 TzBfG ist nicht eingehalten, da dem Kläger die schriftliche Annahmeerklärung nicht vor Vertragsbeginn zugegangen ist.

30

(1) Die Wahrung der in § 14 Abs. 4 TzBfG bestimmten Schriftform erfordert den Zugang der unterzeichneten Befristungsabrede bei dem Erklärungsempfänger vor Vertragsbeginn.

31

(a) Nach § 126 Abs. 2 BGB genügt eine vertragliche Vereinbarung der gesetzlichen Schriftform, wenn eine einheitliche Vertragsurkunde von beiden Parteien unterzeichnet worden ist. Von der Einhaltung dieser äußeren Form ist zu trennen, ob die Vereinbarung zustande gekommen ist. Das richtet sich nach den allgemeinen Regeln über den Abschluss von Verträgen (§§ 145 ff., 130 BGB). Danach kommt ein Vertrag unter Abwesenden, für den die gesetzliche Schriftform vorgeschrieben ist, grundsätzlich nur dann rechtswirksam zustande, wenn sowohl der Antrag als auch die Annahme (§§ 145 ff. BGB) in der Form des § 126 BGB erklärt werden und in dieser Form dem anderen Vertragspartner zugegangen sind(BAG 7. Juli 2010 - 4 AZR 1023/08 - Rn. 14; BGH 24. Februar 2010 - XII ZR 120/06 -). Anders verhält es sich nur dann, wenn nach § 151 Satz 1 BGB eine Annahmeerklärung entbehrlich ist.

32

(b) § 14 Abs. 4 TzBfG setzt unter Berücksichtigung seines Schutzzwecks neben der Einhaltung der äußeren Form auch voraus, dass die Befristungsabrede durch die schriftlich abgegebenen Erklärungen zustande gekommen ist. Das Angebot und die Annahme müssen der jeweils anderen Vertragspartei schriftlich zugehen. Das Schriftformerfordernis des § 14 Abs. 4 TzBfG dient dazu, angesichts der besonderen Bedeutung der Befristung, die ohne weitere Erklärungen zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses führt, größtmögliche Rechtssicherheit zu gewährleisten(BT-Drs. 14/626 S. 11). Dem Arbeitnehmer soll deutlich vor Augen geführt werden, dass sein Arbeitsverhältnis - anders als bei dem Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrags - mit der Vereinbarung der Befristung zu einem bestimmten Zeitpunkt automatisch enden wird und daher keine dauerhafte Existenzgrundlage bilden kann. Außerdem dient das Schriftformerfordernis einer Erleichterung der Beweisführung. Dadurch soll unnötiger Streit über das Vorliegen und den Inhalt einer Befristungsabrede vermieden werden (BAG 26. Juli 2006 - 7 AZR 514/05 - Rn. 16, BAGE 119, 149; 1. Dezember 2004 - 7 AZR 198/04 - zu B I 4 a aa der Gründe, BAGE 113, 75; 3. September 2003 - 7 AZR 106/03 - zu 2 b der Gründe, BAGE 107, 237). Mit dieser Zwecksetzung wäre es nicht vereinbar, wenn die Schriftform nicht den Zugang der schriftlichen Annahmeerklärung des Arbeitgebers hinsichtlich der Befristungsabrede beim Arbeitnehmer vor Vertragsbeginn voraussetzte. Der Arbeitnehmer könnte bei Vertragsbeginn nicht erkennen, ob sein Arbeitsvertrag wirksam befristet ist oder nach § 16 Satz 1 TzBfG als auf unbestimmte Zeit geschlossen gilt. Dies eröffnete die Möglichkeit, darüber zu streiten, ob die schriftliche Annahme im Zeitpunkt des Vertragsbeginns bereits erklärt war. Auch ein derartiger Streit sollte durch das Schriftformerfordernis verhindert werden.

33

(c) Der Beklagte macht ohne Erfolg geltend, dass die Wahrung der in § 550 BGB bzw. in der Vorgängerregelung des § 566 BGB aF bestimmten Schriftform für langfristige Mietverträge nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur die Einhaltung der äußeren Form voraussetzt(BGH 24. Februar 2010 - XII ZR 120/06 - Rn. 24; vgl. auch 14. Juli 2004 - XII ZR 68/02 - zu II 2 der Gründe, BGHZ 160, 97). Dies gilt aufgrund des unterschiedlichen Schutzzwecks für das Schriftformgebot des § 14 Abs. 4 TzBfG nicht.

34

(aa) Das Schriftformerfordernis des § 550 BGB dient in erster Linie dem Informationsbedürfnis eines späteren Grundstückserwerbers, dem durch die Schriftform die Möglichkeit eingeräumt werden soll, sich von dem Umfang und Inhalt der auf ihn übergehenden Rechte und Pflichten zuverlässig zu unterrichten. Dafür genügt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine der äußeren Schriftform entsprechende Mietvertragsurkunde. Auch die zusätzlich mit der Schriftform des § 550 BGB verfolgten Zwecke, die Beweisbarkeit langfristiger Abreden sicherzustellen und die Vertragsparteien vor der unbedachten Eingehung langfristiger Bindungen zu warnen, werden danach durch die bloße Einhaltung der äußeren Form gewahrt. Die Beweisfunktion sei erfüllt, wenn die Vertragsbedingungen in der von beiden Parteien unterzeichneten Mietvertragsurkunde verkörpert seien und durch sie in ausreichender Weise bewiesen werden könnten. Der Warnfunktion sei dadurch Genüge getan, dass beide Parteien die Vertragsurkunde unterzeichnet haben (BGH 24. Februar 2010 - XII ZR 120/06 - Rn. 25 - 29).

35

(bb) Demgegenüber dient das Schriftformerfordernis für die Befristung von Arbeitsverträgen in § 14 Abs. 4 TzBfG nicht dem Schutz Dritter, sondern ausschließlich dem Schutz der Parteien. Die Vertragsparteien sollen nicht vor der unbedachten Eingehung langfristiger Bindungen gewarnt werden, vielmehr soll der Arbeitnehmer bei Vertragsbeginn durch Lesen der Vertragsvereinbarungen erkennen können, dass er keinen Dauerarbeitsplatz erhält, um ggf. den Vertragsschluss zu Gunsten anderer Angebote ablehnen zu können (BAG 1. Dezember 2004 - 7 AZR 198/04 - zu B I 4 a aa der Gründe, BAGE 113, 75). Das setzt voraus, dass dem Arbeitnehmer vor Vertragsbeginn die vom Arbeitgeber unterzeichnete Vertragsurkunde über die Befristungsabrede bereits zugegangen ist. Allein die äußere Schriftform genügt auch der Beweisfunktion nicht, da es für die Wirksamkeit der Befristung bei einem Arbeitsvertrag - anders als bei einem Mietvertrag - entscheidend auf den Zeitpunkt des Zustandekommens der Befristungsabrede ankommt. Die Parteien eines langfristigen Mietvertrags können die Beurkundung eines zunächst formlos geschlossenen Vertrags jederzeit nachholen. Der Vertrag gilt dann von Anfang an als in der gesetzlich vorgeschriebenen Form abgeschlossen (vgl. BGH 14. Juli 2004 - XII ZR 68/02 - zu II 1 der Gründe, BGHZ 160, 97). Dagegen kann die Beurkundung einer formlos geschlossenen Befristungsabrede nicht ohne weiteres nachgeholt werden. Die Parteien können allenfalls das bei Vertragsbeginn nach § 16 Satz 1 TzBfG entstandene unbefristete Arbeitsverhältnis nachträglich befristen. Das setzt neben den auf die Herbeiführung dieser Rechtsfolge gerichteten Willenserklärungen der Parteien voraus, dass ein die Befristung rechtfertigender sachlicher Grund (BAG 16. April 2008 - 7 AZR 1048/06 - Rn. 12; 1. Dezember 2004 - 7 AZR 198/04 - zu B I 4 b der Gründe, aaO) oder die Voraussetzungen einer Befristung nach § 1 Abs. 2 WissZeitVG vorliegen.

36

(2) Entgegen der Ansicht des Beklagten war der Zugang der Annahmeerklärung beim Kläger auch nicht wegen Verzichts nach § 151 BGB entbehrlich. Es ist schon zweifelhaft, ob ein Verzicht auf den Zugang der Annahmeerklärung wirksam wäre. Der Formzwang für das Rechtsgeschäft beruht nicht auf einer Absprache der Parteien, sondern auf einer gesetzlichen Anordnung. Über die sich aus der Verletzung eines konstitutiven gesetzlichen Schriftformerfordernisses ergebenden Rechtsfolgen können die Vertragsparteien regelmäßig nicht disponieren (BAG 16. April 2008 - 7 AZR 1048/06 - Rn. 17). Dies kann jedoch dahinstehen. Der Kläger hat durch die Aufnahme seiner Tätigkeit am 5. Oktober 2012 nicht auf den Zugang der Annahmeerklärung verzichtet. Der Kläger hat vielmehr seine Arbeitsleistung entsprechend dem vom Beklagten vorformulierten Vertragstext in der Erwartung erbracht, dass der Beklagte diese annimmt und damit sein Vertragsangebot akzeptiert.

37

(3) Der Mangel der Schriftform ist nicht dadurch geheilt, dass dem Kläger die beiderseits unterzeichnete Vertragsurkunde am 9. Oktober 2012 zugegangen ist. Das bei Vertragsbeginn nach § 16 Satz 1 TzBfG entstandene unbefristete Arbeitsverhältnis ist nicht nachträglich befristet worden, da es an den auf die Herbeiführung dieser Rechtsfolge gerichteten Willenserklärungen der Parteien fehlt.

38

3. Dem Kläger ist es nicht nach § 242 BGB verwehrt, sich auf die fehlende Schriftform der Befristungsabrede zu berufen.

39

a) Die Berufung auf einen Formmangel durch eine Vertragspartei ist nur ausnahmsweise treuwidrig. Dies kann wegen des Verbots widersprüchlichen Verhaltens der Fall sein, wenn der Vertragspartner trotz des Formmangels auf die Gültigkeit des Vertrags vertrauen durfte und die den Formmangel geltend machende Vertragspartei sich zu ihrem vorhergehenden Verhalten in Widerspruch setzt (BAG 26. Juli 2006 - 7 AZR 494/05 - Rn. 24; 16. März 2005 - 7 AZR 289/04 - zu I 3 a der Gründe, BAGE 114, 146).

40

b) Es gibt vorliegend keine Umstände, welche die Rechtsausübung des Klägers als rechtsmissbräuchlich erscheinen lassen könnten. Der Kläger verhält sich nicht widersprüchlich. Er hat seinerseits alles Erforderliche zur Einhaltung der Schriftform getan. Die Unwirksamkeit der Befristungsabrede beruht nicht auf der Aufnahme der Tätigkeit durch den Kläger, sondern darauf, dass der Beklagte die Arbeitsleistung des Klägers entgegengenommen hat, ohne zuvor den Zugang der auch von ihm unterzeichneten Befristungsabrede beim Kläger bewirkt zu haben.

41

II. Der Klageantrag zu 2. fällt dem Senat nicht zur Entscheidung an. Er ist auf die Weiterbeschäftigung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Befristungskontrollantrag gerichtet. Die Entscheidung des Senats hierüber wird mit der Verkündung rechtskräftig.

42

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Gräfl    

        

    Waskow    

        

    M. Rennpferdt     

        

        

        

    Schuh     

        

    Glock     

                 

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 8. Januar 2015 - 10 Sa 1161/14, 10 Sa 2351/14 - insoweit aufgehoben, als die Beklagte verurteilt wurde, den Kläger mit einer Teilzeitquote von mehr als 54,75 % als Cutter zu beschäftigen. Insoweit wird die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 11. März 2014 - 16 Ca 15767/13 - zurückgewiesen.

2. Im Übrigen wird die Revision der Beklagten zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger zu 9 % und die Beklagte zu 91 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte. Die Kosten des Revisionsverfahrens tragen der Kläger zu 55 % und die Beklagte zu 45 %.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten nach rechtskräftiger Feststellung, dass zwischen ihnen seit dem 1. September 2001 ein Arbeitsverhältnis besteht, noch über den zeitlichen Umfang, in welchem die Beklagte den Kläger zu beschäftigen hat.

2

Der 1965 geborene Kläger arbeitet seit dem 1. September 2001 für die Beklagte bzw. deren Rechtsvorgängerin als Cutter. Die Parteien haben keinen schriftlichen Vertrag abgeschlossen. Die Beklagte stufte den Kläger in der Vergangenheit als freien Dienstvertragsnehmer ein. Die Zahl der tatsächlichen jährlichen Einsatztage des Klägers schwankte zwischen 106 Tagen im Jahr 2004 und 130 Tagen im Jahr 2013. Ein Einsatztag des Klägers entsprach einem Arbeitstag eines Vollzeitarbeitnehmers.

3

Der Kläger hat gemeint, seine Teilzeitbeschäftigungsquote sei nach der Zahl der Einsatztage in den letzten drei vollen Kalenderjahren vor Klageerhebung zu bestimmen. Dies spiegele den aktuellen Stand des Arbeitsverhältnisses der Parteien wider und sei ein geeigneter Referenzzeitraum. Hieraus würden sich im Schnitt 121 Einsatztage pro Jahr ergeben. Zu dieser Zahl seien noch zehn Tage zu addieren, die ein Arbeitnehmer in Deutschland nach Angaben des Statistischen Bundesamts im Durchschnitt eines Jahres krank sei. Ferner müsse anteilig der Urlaub berücksichtigt werden, den die Beklagte ihren Arbeitnehmern gewähre. Insgesamt ergebe sich so ein Beschäftigungsumfang von 59,28 % einer Vollzeitkraft.

4

Der Kläger hat zuletzt - soweit für das Revisionsverfahren von Interesse - beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, ihn mit einer Teilzeitquote von 59,28 % als Cutter zu beschäftigen.

5

Die Beklagte hat zuletzt - soweit für das Revisionsverfahren von Interesse - beantragt,

        

die Klage abzuweisen, soweit der Kläger begehrt, mit einer Teilzeitquote von mehr als 51,1 % von ihr als Cutter beschäftigt zu werden.

6

Die Beklagte hat geltend gemacht, die Teilzeitbeschäftigungsquote des Klägers sei nach der durchschnittlichen Zahl der Einsatztage seit Beginn des Arbeitsverhältnisses zu bestimmen. Je länger der Referenzzeitraum gewählt werde, desto besser werde die Vertragspraxis der Parteien abgebildet und würden Zufälligkeiten bei der Berechnung vermieden. Dann ergäben sich durchschnittlich nur 115 Einsatztage des Klägers pro Jahr. Rein statistische Krankheitstage von Arbeitnehmern seien bei der Berechnung der Teilzeitquote des Klägers nicht zu beachten. Insgesamt ergebe sich so - unter weiterer rechnerischer Berücksichtigung von Urlaub - ein Anspruch des Klägers auf Beschäftigung im Umfang von 51,1 % einer Vollzeitkraft.

7

Das Arbeitsgericht hat die Klage des Klägers, die sich auch auf die Fragen des Arbeitnehmerstatus und der Eingruppierung bezog, insgesamt abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr stattgegeben. Mit der vom Bundesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte das Ziel, den Kläger hinsichtlich der Teilzeitquote nur in geringerem Umfang beschäftigen zu müssen als vom Landesarbeitsgericht zugesprochen.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision der Beklagten ist nur teilweise begründet. Dem Kläger steht entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts ein Anspruch auf Beschäftigung als Cutter im Umfang von nur 54,75 % der Arbeitszeit einer Vollzeitkraft zu. Soweit die Beklagte von einem noch geringeren Beschäftigungsanspruch ausgeht, ist ihre Revision unbegründet.

9

I. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts, der Kläger sei im Umfang von 59,28 % der Arbeitszeit einer Vollzeitkraft zu beschäftigen, ist nicht frei von Rechtsfehlern. Sie erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO). Die Sache ist allerdings nicht an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO), da der Senat in der Sache selbst entscheiden kann (§ 563 Abs. 3 ZPO).

10

1. Die Ansicht des Landesarbeitsgerichts, zur Berechnung des Umfangs der tatsächlichen Beschäftigung des Klägers in der Vergangenheit und Bestimmung des Vertragsinhalts der Parteien sei als Referenzzeitraum der Zeitraum der letzten drei vollen Kalenderjahre vor Klageerhebung zugrunde zu legen, ist allerdings aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

11

a) Haben die Parteien - wie im Streitfall - einen Arbeitsvertrag ohne ausdrückliche Willenserklärungen zu seinem näheren Inhalt geschlossen, kann in Ermangelung anderer Anknüpfungspunkte für die Bestimmung der regelmäßigen vertraglichen Arbeitszeit auf das gelebte Rechtsverhältnis als Ausdruck des wirklichen Parteiwillens abgestellt werden, auch wenn dem tatsächlichen Verhalten nicht notwendig ein bestimmter rechtsgeschäftlicher Erklärungswert in Bezug auf den Inhalt des Arbeitsverhältnisses zukommt (vgl. BAG 17. April 2013 - 10 AZR 272/12 - Rn. 34, BAGE 145, 26; 26. September 2012 - 10 AZR 336/11 - Rn. 14; 25. April 2007 - 5 AZR 504/06 - Rn. 12 ff.). Dabei entspricht die vom Landesarbeitsgericht angewandte Referenzmethode am ehesten dem durch tatsächliche Arbeitsleistung geäußerten Parteiwillen, wenn der Beurteilung eine mehrjährig übereinstimmend und ohne entgegenstehende Bekundungen geübte Vertragspraxis zugrunde liegt. Sie vermeidet die Überbetonung von auf Zufälligkeiten beruhenden Ausschlägen nach oben und unten.

12

b) Der Referenzzeitraum ist so zu bemessen, dass zufällige Ergebnisse ausgeschlossen sind und der aktuelle Stand des Vertragsverhältnisses der Parteien wiedergegeben wird.

13

aa) Mangels ausdrücklicher Vereinbarung ist der wirkliche Wille der Vertragsparteien Ausgangspunkt der Bewertung, § 133 BGB. Dieser ist nach Maßgabe der Umstände des Einzelfalls zu ermitteln. Es gibt keine feste Regel, welcher Zeitraum hierbei in den Blick zu nehmen ist. Soweit in verschiedenen arbeitsrechtlichen Gesetzen Referenzzeiträume angegeben sind, regeln sie nur die dortigen Spezialfälle und haben keinen Bezug zu der hier maßgeblichen Frage.

14

bb) Bei einem seit mehr als einem Jahr bestehenden Arbeitsverhältnis wird ein Referenzzeitraum von weniger als einem Jahr häufig ungeeignet sein, da hier auf Zufälligkeiten beruhenden Ausschlägen eine überproportionale Bedeutung zukommen kann. Andererseits können auch bei der Betrachtung des Gesamtzeitraums eines langjährigen Arbeitsverhältnisses Sondereffekte zu Verzerrungen führen. Ferner wird möglicherweise in einem solchen Fall der aktuelle Stand des Arbeitsverhältnisses nicht in genügendem Maße abgebildet. Als Dauerschuldverhältnis kann es Änderungen unterliegen. Da die Frage des Beschäftigungsumfangs vornehmlich zukunftsgerichtet ist, wird regelmäßig die länger zurückliegende Vergangenheit nur begrenzt von Bedeutung sein.

15

c) Ist zwischen den Parteien streitig, ob der Kläger seiner Klage den richtigen Referenzzeitraum zugrunde gelegt und damit den von ihm begehrten Beschäftigungsumfang richtig berechnet hat, gilt ein abgestuftes System der Darlegungs- und Beweislast. Grundsätzlich muss der Anspruchsteller die anspruchsbegründenden Tatsachen darlegen und beweisen, also beispielsweise der Arbeitnehmer den Anspruch auf einen begehrten höheren Beschäftigungsumfang als ihm vom Arbeitgeber zugestanden wird (vgl. BAG 18. Juni 2014 - 10 AZR 699/13 - Rn. 41 mwN, BAGE 148, 271). Im Rechtsstreit ist daher zunächst von dem vom Kläger gewählten Referenzzeitraum auszugehen und zu prüfen, ob sein diesbezüglicher Vortrag schlüssig und der gewählte Referenzzeitraum iSd. oben genannten Voraussetzungen geeignet ist. Genügt der Vortrag des Klägers diesen Anforderungen, hat er zunächst seine Darlegungslast erfüllt. Bestreitet die Beklagte die Repräsentativität oder Aktualität des vom Kläger gewählten Referenzzeitraums, ist es ihre Sache, anhand konkreter Tatsachen erhebliche Einwendungen substanziiert vorzubringen. Gelingt ihr dies, wird der Kläger die Geeignetheit des von ihm gewählten Zeitraums näher zu substanziieren und ggf. zu beweisen haben.

16

d) Bei dem jedenfalls konkludent von den Parteien geschlossenen Arbeitsvertrag handelt es sich um eine individuelle (atypische) Vereinbarung. Die Auslegung nichttypischer, individueller Willenserklärungen durch die Tatsachengerichte ist in der Revisionsinstanz nur daraufhin überprüfbar, ob das Berufungsgericht Auslegungsregeln verletzt, gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen oder wesentliche Tatsachen unberücksichtigt gelassen hat (vgl. BAG 20. September 2016 - 3 AZR 77/15 - Rn. 32 mwN).

17

e) Nach diesem Maßstab ist der vom Landesarbeitsgericht zugrunde gelegte Referenzzeitraum der Jahre 2011 bis 2013 hinsichtlich Repräsentativität und Aktualität nicht rechtsfehlerhaft bestimmt. Damit ist von durchschnittlich 121 tatsächlichen jährlichen Einsatztagen des Klägers auszugehen.

18

aa) Soweit das Urteil des Landesarbeitsgerichts in seiner Erstbegründung so zu verstehen sein sollte, dass es unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Senats vom 17. April 2013 (- 10 AZR 668/12 -) den Referenzzeitraum generell auf die letzten drei Jahre vor Klageerhebung begrenzen will, wäre dies allerdings auch unter Zugrundelegung eines eingeschränkten Prüfungsmaßstabs zu beanstanden. Der Referenzzeitraum ist stets konkret aus dem gelebten Arbeitsverhältnis unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu ermitteln.

19

bb) In seiner weiteren Begründung hat das Landesarbeitsgericht aber hinreichend zum Ausdruck gebracht, dass es einen Referenzzeitraum von drei vollen Kalenderjahren vor Klageerhebung auch in Bezug auf den konkreten Einzelfall als geeignet und die Jahre 2011 bis 2013 als repräsentativ und aktuell ansieht. Hiergegen hat die Beklagte keine durchgreifenden Einwendungen erhoben.

20

(1) Das Landesarbeitsgericht durfte zur Bestimmung des Vergleichszeitraums zunächst von dem schlüssigen Vortrag des Klägers ausgehen, der bei der Berechnung der von ihm zuletzt begehrten Teilzeitquote als Referenzzeitraum die Jahre 2011 bis 2013 zugrunde gelegt hat. Nach seinem Vortrag war dieser Zeitraum repräsentativ und der Umfang der aktuellen Vereinbarung durch diesen Zeitraum entsprechend geprägt.

21

(2) Das Landesarbeitsgericht hat ohne Rechtsfehler angenommen, weder dem Vortrag der Beklagten sei hinreichend deutlich zu entnehmen, dass der vom Kläger gewählte Referenzzeitraum nicht repräsentativ sei, noch sei dies ansonsten ersichtlich. Drei volle Kalenderjahre sind ein Zeitraum, der nicht nur rein saisonale Schwankungen im Beschäftigungsumfang ausblendet, sondern auch zufällige Gestaltungen, die sich in einem einzelnen Jahr ergeben können, angemessen ausgleicht. Eine Verpflichtung, den Gesamtzeitraum des Arbeitsverhältnisses von zwölf vollen Kalenderjahren heranzuziehen - wie es die Beklagte verlangt -, besteht nicht. Zwar werden Einflüsse einzelner Jahre dadurch stärker zurückgedrängt. Andererseits leidet diese Betrachtungsweise unter dem Nachteil, dass sie in geringerem Maß den aktuellen Stand des Vertragsverhältnisses der Parteien widerspiegelt und von lange zurückliegenden Umständen zu Beginn des Arbeitsverhältnisses beeinflusst wird. Soweit die Beklagte meint, die Betrachtung der letzten drei vollen Kalenderjahre bevorzuge allein die Position des Klägers, da es sich um überdurchschnittliche Jahre handele, übersieht sie, dass zwar die Jahre 2012 (124 Einsatztage) und 2013 (130 Einsatztage) überdurchschnittlich waren, das Jahr 2011 (109 Einsatztage) aber nach Berechnung beider Parteien unterdurchschnittlich. Schon ein Vergleich der Berechnungen des Klägers (durchschnittlich 121 Einsatztage) und der Beklagten (durchschnittlich 115 Einsatztage), die nur etwa 5 % voneinander abweichen, zeigt, dass der vom Kläger gewählte kürzere, aber aktuellere Referenzzeitraum nicht zu einer Überbetonung von Zufälligkeiten führt. Soweit das Landesarbeitsgericht den Vortrag des Klägers für schlüssig und das Bestreiten der Beklagten für nicht ausreichend gehalten hat, ist dies von seinem Beurteilungsspielraum gedeckt.

22

2. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, den tatsächlichen Einsatztagen des Klägers seien durchschnittliche statistische Krankheitstage von Arbeitnehmern hinzuzurechnen, beruht auf einem unzutreffenden rechtlichen Gesichtspunkt. Insoweit erweist sich das Urteil des Landesarbeitsgerichts als rechtsfehlerhaft und die Revision der Beklagten als begründet.

23

a) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, zur Bestimmung des Beschäftigungsumfangs, den der Kläger von der Beklagten beanspruchen kann, seien zu den tatsächlichen Einsatztagen im Referenzzeitraum die durchschnittlichen statistischen Krankheitstage eines Arbeitnehmers in Deutschland zu addieren.

24

b) Diese nicht näher begründete Ansicht des Landesarbeitsgerichts ist rechtsfehlerhaft. Insoweit ist das Berufungsurteil aufzuheben (§ 563 Abs. 1 ZPO). Einer Zurückverweisung bedarf es nicht, da der Senat in der Sache selbst entscheiden kann (§ 563 Abs. 3 ZPO).

25

aa) Das Landesarbeitsgericht berücksichtigt nicht, dass mit der Referenzmethode aus dem gelebten Rechtsverhältnis der individuelle Parteiwille zur Bestimmung der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit zu ermitteln ist. Hieraus folgt, dass ausschließlich das konkrete Verhalten der Parteien Rückschlüsse auf den Parteiwillen geben kann. Dem widerspricht die Heranziehung eines statistischen Durchschnitts von Krankheitstagen. Diese Betrachtung sagt weder etwas über das gelebte Arbeitsverhältnis der Parteien noch über deren Willen aus und widerspricht der im Übrigen gewählten Referenzmethode.

26

bb) Allerdings können konkrete Arbeitsunfähigkeitszeiten in der Vergangenheit für die Bestimmung der dem Parteiwillen entsprechenden Einsatztage durchaus Bedeutung haben. Soweit Einsatztage des Klägers deshalb entfallen sind, weil er an diesen Tagen arbeitsunfähig krank war, lässt dies einen Rückschluss auf den von den Parteien tatsächlichen gewollten Beschäftigungsumfang zu.

27

cc) Aus dem Vortrag des Klägers ergibt sich jedoch nicht, dass im Referenzzeitraum der Jahre 2011 bis 2013 Einsatztage ausgefallen sind, weil er arbeitsunfähig krank gewesen ist. Sein Vortrag bezieht sich zum Teil auf Krankheitszeiten außerhalb des Referenzzeitraums. Soweit der Kläger für das Jahr 2012 sieben konkrete Krankheitstage benennt, fehlt jeder Vortrag dazu, dass sich hierdurch die Gesamtzahl seiner Einsatztage verringert hätte. Eines solchen Vortrags hätte es schon deshalb bedurft, weil der Kläger ohnehin nur an einem Drittel der Kalendertage pro Jahr gearbeitet hat, so dass Zeiten von Krankheit nicht zwingend zu einem Arbeitsausfall führen mussten. Ferner hat die Beklagte bereits vorinstanzlich auf eine Tauschpraxis betreffend Einsatztage in Fällen von Arbeitsunfähigkeit hingewiesen, so dass sich der Sache nach durch Krankheit die Zahl der tatsächlichen Einsatztage nicht verringert habe.

28

3. Die Teilzeitquote des Klägers beträgt 54,75 %.

29

a) Bei der Berechnung der Teilzeitquote des Klägers ist zu berücksichtigen, dass diese nur dann zutreffend bestimmt werden kann, wenn seine tatsächlichen Einsatztage mit den tatsächlichen Arbeitstagen eines Vollzeitarbeitnehmers bei der Beklagten verglichen werden. Die oben ermittelten durchschnittlichen Einsatztage des Klägers pro Jahr geben seine tatsächliche Beschäftigung an, ohne dass darin gewährter Urlaub enthalten ist. Zur Berechnung der Teilzeitquote müssen dieser Zahl daher die tatsächlichen Einsatztage einer Vollzeitkraft - ohne Berücksichtigung von Wochenenden, Feiertagen und Urlaubstagen - gegenübergestellt werden.

30

b) Im Referenzzeitraum der Jahre 2011 bis 2013 entfielen auf Vollzeitarbeitnehmer in Brandenburg (unter Abzug von Wochenenden und Feiertagen) durchschnittlich 252 Arbeitstage. Bei 31 Urlaubstagen, die die Beklagte Vollzeitkräften mit vollendetem 40. Lebensjahr gewährt, verbleiben im Referenzzeitraum jährlich 221 tatsächliche Arbeitstage. Diese sind ins Verhältnis zu den durchschnittlich 121 tatsächlichen jährlichen Einsatztagen des Klägers zu setzen.

31

II. Die Entscheidung über die Kosten der ersten Instanz beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO, diejenige der zweiten Instanz auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Entscheidung über die Kosten der Revision beruht auf § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Linck    

        

    Brune    

        

    Schlünder    

        

        

        

    Züfle    

        

    Großmann    

                 

Die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer darf acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden.

Tenor

I. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg - Kammern Freiburg - vom 4. Dezember 2015 - 9 Sa 12/15 - unter Zurückweisung der Revision im Übrigen teilweise aufgehoben und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg - Kammern Offenburg - vom 19. Mai 2015 - 5 Ca 478/14 - teilweise abgeändert.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 7.909,65 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30. Dezember 2014 zu zahlen.

3. Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin zu 67 % und die Beklagte zu 33 % zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Mehrarbeitsvergütung.

2

Die Klägerin war bei der Beklagten, einem Entsorgungs- und Recyclingunternehmen, vom 19. Mai 2008 bis zum 31. Mai 2014 als Wiegemeisterin beschäftigt. Dem Arbeitsverhältnis der Parteien lag zunächst ein Arbeitsvertrag vom 13. Mai 2008 (im Folgenden Arbeitsvertrag 2008) zugrunde, in dem ua. geregelt war:

        

㤠1

        

…       

        

4. Arbeitszeit:

        

Die Arbeitszeiten werden von der Betriebsleitung nach arbeitstechnischen Gesichtspunkten festgesetzt und dem Arbeitnehmer rechtzeitig im Voraus mitgeteilt.

        

Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt derzeit ca. 45,00 Stunden wöchentlich.

        

Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, auf Anweisung des Arbeitgebers Mehrarbeit im Rahmen der geltenden Bestimmungen der Arbeitszeitordnung zu leisten.

        

§ 2 Arbeitsentgelt

        

1.    

Der Arbeitnehmer erhält folgendes Arbeitsentgelt (Bruttolohn) je Stunde:

                 

Grundlohn: 11,00 € / Std.

                 

…“    

3

Ab Mitte Juli 2008 arbeitete die Klägerin von Montag bis Freitag jeweils von 06:00 bis 17:00 Uhr mit einer unbezahlten Pause von 30 Minuten. Im Jahr 2010 erzielte sie einen Verdienst von 30.612,72 Euro brutto.

4

Einen später eingestellten Wiegemeister beschäftigte die Beklagte zu günstigeren Konditionen im Angestelltenverhältnis. Nachdem die Klägerin dies erfahren hatte, bat sie um Übernahme ins Angestelltenverhältnis.

5

Am 21. Februar 2011 suchten Mitarbeiterinnen der Beklagten die Klägerin in ihrem Büro auf und legten ihr nachfolgendes Schreiben vor:

        

„Übernahme ins Angestelltenverhältnis

        

Frau H

        

Derzeitiger Brutto-Monatslohn:

2.551,06 €

        

Derzeitiger Jahresverdienst:

30.612,72 €

        

Neues Brutto-Monatsgehalt:

2.500,00 €

        

Neuer Jahresverdienst (inklusive

        
        

13. Monatsgehalt)

32.500,00 €

        

➔ Ergibt eine effektive Gehaltserhöhung von 6,2 %.“

6

Zuvor hatten die Parteien besprochen, die bisherigen Arbeitszeiten der Klägerin beizubehalten.

7

Am 1. März 2011 schlossen die Parteien einen von der Beklagten formulierten „Anstellungsvertrag“ (im Folgenden Arbeitsvertrag), in dem es ua. heißt:

        

㤠3

Entgelt

        

Das monatlich nachträglich zu zahlende Bruttogehalt beträgt € 2.500,00. Der Arbeitgeber gewährt, soweit die wirtschaftlichen Verhältnisse dies zulassen, ein 13. Monatsgehalt, das mit dem Dezember-Gehalt zeitanteilig ausbezahlt wird.

        

Scheidet die Arbeitnehmerin während des Jahres aus, erfolgt eine zeitanteilige Vergütung. …

        

§ 4

Arbeitszeit

        

Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt ausschließlich der Pausen durchschnittlich 40 Stunden wöchentlich und wird durch unser Zeiterfassungssystem erfasst.

        

Die derzeitige Arbeitszeit ist wie folgt festgelegt:

        

6:00 h

bis     

12:00 h

        

12:00 h

bis     

12:30 h (Pause)

        

12:30 h

bis     

17:00 h

        

…“    

8

Die Klägerin arbeitete nach der Vertragsänderung weiterhin an fünf Tagen der Woche zwischen 06:00 und 17:00 Uhr. Über 10,5 Stunden hinaus geleistete Arbeitsstunden machte die Klägerin als Überstunden geltend und erhielt hierfür entsprechend den von ihr gestellten Anträgen Freizeitausgleich.

9

Nach einer Beanstandung durch das Gewerbeaufsichtsamt reduzierte die Beklagte die tägliche Arbeitszeit der Klägerin ab dem 1. November 2013 auf 9,5 Stunden und kürzte das Bruttomonatsgehalt von 2.500,00 Euro auf 2.265,00 Euro. Nach Protest der Klägerin zahlte die Beklagte die Vergütungsdifferenz für die Monate November und Dezember 2013 nach. Ende Februar 2014 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich unter Berufung auf betriebsbedingte Gründe.

10

Mit der am 30. Dezember 2014 eingereichten Klage hat die Klägerin, nach vorangegangener erfolgloser außergerichtlicher Geltendmachung für im Zeitraum 1. März 2011 bis 30. September 2013 wöchentlich über 40 Stunden hinaus geleistete 12,5 Arbeitsstunden Vergütung verlangt. Die vereinbarte Vergütung sei nach dem Arbeitsvertrag für eine durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden zu zahlen. Die in § 4 Arbeitsvertrag wiedergegebenen Arbeitszeiten seien nur die betriebsüblichen Bedienzeiten an der Waage. Eine Festlegung des zeitlichen Umfangs der von ihr geschuldeten Arbeitsleistung sei damit nicht verbunden gewesen. Jedenfalls seien die über die gesetzlich zulässige Wochenarbeitszeit von 48 Stunden hinaus geleisteten Arbeitsstunden zusätzlich zu vergüten.

11

Die Klägerin hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 23.965,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30. Dezember 2014 zu zahlen.

12

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, sie habe mit der Klägerin vereinbart, es solle die bisherige tägliche Arbeitszeit von 10,5 Stunden beibehalten und der Bruttojahresverdienst von 32.500,00 Euro als Gegenleistung für eine wöchentliche Arbeitsleistung von 52,5 Stunden gezahlt werden. Die Klägerin habe durch die Änderung des Vertrags eine Gehaltserhöhung von 6,2 % erhalten sollen und nicht von 33,99 %. Zur Erwähnung von 40 Stunden im Arbeitsvertrag sei es gekommen, weil ein Formulararbeitsvertrag verwendet wurde. Die über das gesetzlich zulässige Maß hinaus geleistete Arbeitszeit sei nicht zu vergüten. Dies gebiete der Schutzzweck von § 3 ArbZG. Jedenfalls seien etwaige Ansprüche der Klägerin verwirkt.

13

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision der Klägerin ist zum Teil begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin gegen die klageabweisende Entscheidung des Arbeitsgerichts zu Unrecht in vollem Umfang zurückgewiesen. Die zulässige Klage ist zum Teil begründet. Die Klägerin hat gemäß § 612 Abs. 1 und Abs. 2 BGB Anspruch auf Vergütung in Höhe von 7.909,65 Euro brutto nebst Verzugszinsen in gesetzlicher Höhe. Im Übrigen ist die Klage unbegründet.

15

A. Die Klage ist zulässig, insbesondere streitgegenständlich hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Streitgegenstand der Klage ist die Vergütung von wöchentlich 12,5 Arbeitsstunden, die die Klägerin unstreitig vom 1. März 2011 bis zum 30. September 2013 innerhalb einer konkret bezeichneten Zeitspanne über eine Wochenarbeitszeit von 40 Stunden hinaus arbeitete. Die Vergütung von Pausenzeiten ist nicht Gegenstand der Klage.

16

B. Die Klage ist nur zum Teil begründet.

17

Die Klägerin hat Anspruch auf Vergütung für im Zeitraum 1. März 2011 bis 30. September 2013 wöchentlich über 48 Stunden hinaus geleistete 4,5 Arbeitsstunden. Diese Stunden sind nicht mit dem vereinbarten Jahresverdienst von 32.500,00 Euro brutto entgolten. Die Klägerin schuldete für das vereinbarte Arbeitsentgelt lediglich eine Arbeitsleistung von wöchentlich 48 Stunden. Im Übrigen ist die Klage unbegründet. Die Beklagte hat die Vergütungsansprüche der Klägerin für wöchentlich im Streitzeitraum geleistete 48 Arbeitsstunden erfüllt, § 362 Abs. 1 BGB.

18

I. Die Parteien haben, wie vom Arbeitsgericht zutreffend erkannt, vor Unterzeichnung des von der Beklagten gestellten schriftlichen Arbeitsvertrags in einer konkludent getroffenen individuellen Vertragsabrede eine wöchentliche Arbeitszeit von 52,5 Stunden vereinbart. Dies ergibt die Auslegung der von ihnen abgegebenen nichttypischen Erklärungen, die nach § 305b BGB den Regelungen des Formulararbeitsvertrags vorgehen.

19

Individualabreden können - weiter gehend als in § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB oder § 310 Abs. 3 Nr. 2 letzter Halbsatz BGB geregelt - grundsätzlich alle Abreden zwischen den Vertragsparteien außerhalb der einseitig vom Verwender vorgegebenen Vertragsbedingungen sein. Sie können sowohl ausdrücklich als auch konkludent getroffen werden (vgl. BAG 14. September 2011 - 10 AZR 526/10 - Rn. 39, BAGE 139, 156). Auch können sie auf mündlichen Erklärungen der Parteien beruhen (vgl. BAG 20. Mai 2008 - 9 AZR 382/07 - Rn. 27 ff., BAGE 126, 364). Eine solche Abrede haben die Parteien getroffen, indem sie vor Unterzeichnung des von der Beklagten gestellten schriftlichen Arbeitsvertrags den Umfang der von der Klägerin zu erbringenden Arbeitsleistung und die Höhe der hierfür von der Beklagten als Gegenleistung geschuldeten Vergütung vereinbarten. Die Vereinbarung hat im Rahmen ihrer Wirksamkeit vor den Regelungen des von der Beklagten gestellten schriftlichen Arbeitsvertrags Vorrang.

20

1. Welche Rechtsqualität und welchen Umfang atypische Erklärungen der Parteien haben, ist durch Auslegung zu ermitteln (vgl. BAG 21. Juni 2011 - 9 AZR 203/10 - Rn. 20, BAGE 138, 136). Die Auslegung von atypischen Willenserklärungen ist grundsätzlich Sache der Tatsachengerichte. Sie kann in der Revision nur darauf überprüft werden, ob das Berufungsgericht Auslegungsregeln verletzt oder gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen, wesentliche Tatsachen unberücksichtigt gelassen oder eine gebotene Auslegung unterlassen hat (st. Rspr., vgl. BAG 23. Februar 2016 - 3 AZR 44/14 - Rn. 29; 24. September 2014 - 5 AZR 611/12 - Rn. 27, BAGE 149, 144). Das Revisionsgericht darf bei einer unterlassenen oder fehlerhaften Auslegung atypischer Verträge und Willenserklärungen nur dann selbst auslegen, wenn das Landesarbeitsgericht den erforderlichen Sachverhalt vollständig festgestellt hat und kein weiteres tatsächliches Vorbringen der Parteien zu erwarten ist (st. Rspr., zB BAG 24. September 2014 - 5 AZR 611/12 - Rn. 27 mwN, aaO).

21

2. Das Landesarbeitsgericht hat die Erklärungen der Parteien nicht vollständig ausgelegt, indem es offenließ, ob diese als Individualabrede zu qualifizieren seien, und deren Bedeutungsgehalt lediglich für das Verständnis der Parteien von § 4 Arbeitsvertrag bewertete. Der Senat kann die gebotene Auslegung auf Grundlage der vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen selbst vornehmen. Der erforderliche Sachverhalt ist vollständig festgestellt. Weiteres tatsächliches Vorbringen der Parteien ist nicht zu erwarten.

22

a) Verträge und Willenserklärungen sind nach dem Empfängerhorizont auszulegen (§§ 133, 157 BGB). Auslegungsziel ist bei empfangsbedürftigen Willenserklärungen nicht der innere Wille des Erklärenden, sondern das, was der Adressat nach seinem Empfängerhorizont als Willen des Erklärenden verstehen konnte (BAG 11. Juli 2007 - 7 AZR 501/06 - Rn. 36). Zu würdigen sind neben dem Wortlaut der Erklärung auch alle Begleitumstände, die dem Erklärungsempfänger bekannt waren und die für die Frage erheblich sein können, welchen Willen der Erklärende bei Abgabe der Erklärung hatte (BAG 20. Juni 2013 - 6 AZR 805/11 - Rn. 14, BAGE 145, 249; 24. September 2014 - 5 AZR 611/12 - Rn. 28, BAGE 149, 144).

23

b) Hiervon ausgehend haben die Parteien eine wöchentliche Arbeitszeit von 52,5 Stunden vereinbart.

24

aa) Die Parteien haben vor Abschluss des schriftlichen Arbeitsvertrags die künftigen Arbeitszeiten der Klägerin besprochen. Es bestand Einvernehmen, die bisherige Arbeitszeit bei Übernahme der Klägerin in ein Angestelltenverhältnis beizubehalten. Die Klägerin lehnte eine Verlängerung der Pausenzeiten ausdrücklich ab.

25

bb) Die Berechnung der künftigen Vergütung basierte, für die Klägerin erkennbar, auf der getroffenen Abrede. Die Beklagte legte die Berechnung der neuen Bruttovergütung in dem der Klägerin vorgelegten Schreiben „Übernahme ins Angestelltenverhältnis“ offen. Ausweislich der Gegenüberstellung von neuem und altem Jahresverdienst sollte die Bruttovergütung um 6,2 % erhöht werden. Eine solche effektive Gehaltserhöhung von 6,2 % errechnet sich bei einer unveränderten Arbeitsleistung von 10,5 Stunden täglich.

26

cc) Die Vereinbarung einer Arbeitszeit von 52,5 Stunden wöchentlich wird durch die Einlassung der Klägerin in der Berufungsverhandlung bestätigt, es sei überraschend gewesen, dass im schriftlichen Arbeitsvertrag eine 40-Stunden-Woche gestanden habe, was sich mit den bisherigen Arbeitszeiten nicht vertragen hätte. Dies deckt sich mit der Erklärung der Beklagten, es sei versehentlich ein Formulararbeitsvertrag verwendet worden, in dem eine 40-Stunden-Woche vorgesehen gewesen sei. Die Diskrepanz zwischen der im Arbeitsvertrag angegebenen Arbeitszeit von wöchentlich 40 Stunden und der zuvor verabredeten von 52,5 Stunden wöchentlich war der Klägerin bei Vertragsunterzeichnung bewusst.

27

dd) Dem Auslegungsergebnis entspricht die Vertragspraxis der Parteien. Sie verdeutlicht, dass sich die Parteien vor Unterzeichnung des schriftlichen Arbeitsvertrags nicht nur iSv. Wissenserklärungen über die bisherigen Arbeitszeiten der Klägerin austauschten, sondern rechtsgeschäftliche Erklärungen zum Umfang der von der Klägerin zu erbringenden Arbeitsleistung und zur Höhe der hierfür als Gegenleistung geschuldeten Vergütung abgaben und abgeben wollten. Das Verhalten der Parteien nach Vertragsschluss ist ein bedeutsames Indiz für die Ermittlung des tatsächlichen Willens und Verständnisses bei Vertragsschluss (vgl. BGH 16. Juni 2009 - XI ZR 145/08 - Rn. 16, BGHZ 181, 278; Schaub/Linck ArbR-HdB 16. Aufl. § 35 Rn. 31). Nicht nur aus der Abwicklung des Vertrags durch die Beklagte, sondern auch aus dem Verhalten der Klägerin nach Vertragsschluss, ergibt sich, dass nach dem Verständnis beider Parteien eine regelmäßige Arbeitszeit von 10,5 Stunden täglich und 52,5 Stunden wöchentlich vereinbart war. Die Klägerin legte der Geltendmachung von Überstunden, wie ihren Ausführungen im Zusammenhang mit den Anträgen auf Freizeitausgleich zu entnehmen ist, stets eine Arbeitszeit von 10,5 Stunden als vertraglich geschuldet zugrunde und ermittelte den Ausgleichsanspruch auf dieser Basis.

28

ee) Die unterlassene Anpassung des vorformulierten Vertragstexts an die vereinbarte Dauer der Arbeitszeit führt zu keinem anderen Ergebnis. Anhaltspunkte für eine mit dem schriftlichen Arbeitsvertrag beabsichtigte Einschränkung der zuvor getroffenen Vereinbarungen (vgl. BGH 23. Januar 2013 - VIII ZR 47/12 - Rn. 22) sind nicht gegeben.

29

II. Die Parteien konnten wirksam nur eine Arbeitsleistung von wöchentlich 48 Stunden vereinbaren. Die getroffene Arbeitszeitvereinbarung ist nach § 3 ArbZG iVm. § 134 BGB unwirksam, soweit sie eine Überschreitung der gesetzlich zulässigen Höchstarbeitszeit vorsieht.

30

1. Nach § 3 ArbZG darf die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden. § 3 ArbZG ist ein Verbotsgesetz iSv. § 134 BGB(Baeck/Deutsch ArbZG 3. Aufl. Einf. Rn. 53; Schaub/Vogelsang ArbR-HdB 16. Aufl. § 155 Rn. 4).

31

2. Die Vereinbarung einer wöchentlichen Arbeitszeit von 52,5 Stunden verstößt gegen § 3 ArbZG. Der Verstoß hat jedoch nach § 134 BGB nicht die Nichtigkeit der Arbeitszeitvereinbarung insgesamt, sondern deren Teilnichtigkeit zur Folge. Die Vereinbarung ist wirksam, soweit sie eine Arbeitsleistung von wöchentlich 48 Stunden vorsieht.

32

a) Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich aus dem Gesetz nichts anderes ergibt, § 134 BGB. Dabei muss das Rechtsgeschäft selbst verbotswidrig sein. Das ist der Fall, wenn sein Inhalt gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, insbesondere der mit dem Rechtsgeschäft bezweckte Erfolg verbotswidrig ist (BAG 18. März 2009 - 5 AZR 355/08 - Rn. 15, BAGE 130, 34). Das Verbot braucht nicht unmittelbar im Gesetzeswortlaut Ausdruck gefunden zu haben. Es kann sich auch aus Sinn und Zweck der betreffenden Vorschrift ergeben. Maßgebend ist insoweit die Reichweite ihres Schutzzwecks (vgl. BAG 19. März 2009 - 8 AZR 722/07 - Rn. 25, BAGE 130, 90; 22. November 2012 - 2 AZR 371/11 - Rn. 38, BAGE 144, 47; 19. August 2015 - 5 AZR 500/14 - Rn. 31, 32, BAGE 152, 228).

33

b) Die Arbeitszeitvereinbarung der Parteien ist nach § 134 BGB nur unwirksam, soweit sie im Widerspruch zu § 3 ArbZG steht. § 3 ArbZG soll den Arbeitnehmer vor Überforderung durch übermäßige zeitliche Inanspruchnahme schützen. Die Vorschrift begründet ein gesetzliches Beschäftigungsverbot aufgrund dessen es dem Arbeitgeber - nur - untersagt ist, Arbeitsleistung in einem die gesetzlichen Höchstgrenzen übersteigenden Umfang anzuordnen oder entgegenzunehmen (vgl. BAG 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 - Rn. 15, BAGE 116, 66). § 3 ArbZG gibt damit eine Grenze für das Arbeitszeitvolumen vor, das wirksam als geschuldet vereinbart werden kann. Im Rahmen des gesetzlich Zulässigen bleibt eine gegen die gesetzlichen Höchstgrenzen verstoßende Arbeitszeitvereinbarung wirksam.

34

III. Im Rahmen ihrer Wirksamkeit hat die Individualabrede der Parteien Vorrang vor den Regelungen des von der Beklagten gestellten schriftlichen Arbeitsvertrags.

35

1. Individuelle Vertragsabreden haben Vorrang vor Allgemeinen Geschäftsbedingungen iSv. § 305 Abs. 1 BGB und vor in Verbraucherverträgen vorformulierten Einmalbedingungen iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB. Ausdrücklich klargestellt ist dies für Allgemeine Geschäftsbedingungen in § 305b BGB. Der Vorrang der Individualabrede ergibt sich zudem aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen (vgl. zu § 4 AGBG und vor Inkrafttreten des AGB-Gesetzes geschlossenen Verträgen BGH 13. Januar 1982 - IVa ZR 162/80 - zu IV der Gründe). Er gilt trotz der fehlenden Verweisung in § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB auf § 305b BGB auch für vorformulierte Einmalbedingungen in Verbraucherverträgen(vgl. Clemenz in Clemenz/Kreft/Krause AGB-Arbeitsrecht § 305b Rn. 4; Kreft in Clemenz/Kreft/Krause AGB-Arbeitsrecht § 310 Rn. 35; einen Vorrang der Individualabrede aus §§ 133, 157 BGB ableitend Staudinger/Schlosser (2013) § 310 Rn. 67; Erman/Roloff BGB 14. Aufl. § 310 Rn. 21).

36

2. Es bedarf danach keiner weiteren Aufklärung, ob es sich bei § 4 Abs. 1 Arbeitsvertrag um eine für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingung iSv. § 305 Abs. 1 BGB handelt und deshalb § 305b BGB anzuwenden ist oder der Arbeitsvertrag als Verbrauchervertrag zu bewerten ist(vgl. BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 253/09 - Rn. 20 ff.; 27. Juni 2012 - 5 AZR 530/11 - Rn. 14). In beiden Fällen geht die Individualabrede der Parteien den Bestimmungen des schriftlichen Arbeitsvertrags vor.

37

a) Bei dem Grundsatz des Vorrangs der Individualabrede handelt es sich um eine Kollisionsregel, die auf der Rechtsfolgenseite zu einer Verdrängung der vom Verwender als Allgemeine Geschäftsbedingung oder als Einmalbedingung gestellten Vertragsbedingung durch die Individualabrede führt. Die Kollisionsregel setzt voraus, dass es auf der einen Seite Allgemeine Geschäftsbedingungen oder Einmalbedingungen in einem Verbrauchervertrag als gestellte Vertragsbedingungen und auf der anderen Seite eine Individualabrede gibt. Sie kommt zum Tragen, wenn die durch Auslegung der Individualabrede nach §§ 133, 157 BGB und der vom Verwender gestellten Vertragsbedingungen nach den für ihre Auslegung geltenden Grundsätzen zu ermittelnden Regelungsbereiche einer wirksamen Individualabrede und einer wirksamen Formularabrede zumindest teilweise inhaltlich deckungsgleich sind(vgl. Clemenz in Clemenz/Kreft/Krause AGB-Arbeitsrecht § 305b Rn. 2). Im Falle widersprechender Regelungen ist allein auf die individuelle abzustellen. Die gestellten Vertragsbedingungen können und sollen nur insoweit Geltung beanspruchen, wie die von den Parteien getroffene Individualabrede dafür Raum lässt (zu § 305b BGB vgl. BAG 14. September 2011 - 10 AZR 526/10 - Rn. 39, BAGE 139, 156). Für den Anwendungsbereich Allgemeiner Geschäftsbedingungen und vorformulierter Einmalbedingungen in Verbraucherverträgen kommt es daher auf die Reichweite der Individualvereinbarung an und nicht umgekehrt (zu § 305b BGB BGH 23. Januar 2013 - VIII ZR 47/12 - Rn. 22).

38

b) Hiervon ausgehend werden die Bestimmungen des schriftlichen Arbeitsvertrags durch die Individualvereinbarung der Parteien verdrängt, soweit sie zu dieser im Widerspruch stehen. Es kann deshalb zu Gunsten der Klägerin unterstellt werden, § 4 Arbeitsvertrag regele ausgehend von einer Auslegung nach einem objektiv-generalisierenden Maßstab(vgl. BAG 24. Februar 2016 - 5 AZR 258/14 - Rn. 26 mwN) und einer vorzunehmenden Inhaltskontrolle wirksam eine Wochenarbeitszeit von 40 Stunden. Auch in diesem Fall ist allein auf die Individualabrede der Parteien abzustellen, die zwar wegen Überschreitung der gesetzlich zulässigen Höchstarbeitszeit nach § 134 BGB teilunwirksam ist, aber trotz des Verstoßes gegen § 3 ArbZG wirksam bleibt, soweit sie eine Arbeitsleistung von wöchentlich 48 Stunden vorsieht.

39

IV. Die Klägerin hat nach § 612 Abs. 1 BGB Anspruch auf Vergütung der wöchentlich über 48 Stunden hinaus geleisteten 4,5 Arbeitsstunden, denn sie schuldete für das vereinbarte Arbeitsentgelt lediglich eine Arbeitsleistung in gesetzlich zulässigem Umfang.

40

1. Die Vergütung von Arbeitsstunden setzt - bei Fehlen einer anwendbaren gesetzlichen oder kollektivrechtlichen Regelung - entweder eine entsprechende arbeitsvertragliche Vereinbarung oder eine Vergütungspflicht nach § 612 Abs. 1 BGB voraus(vgl. BAG 25. März 2015 - 5 AZR 602/13 - Rn. 16, BAGE 151, 180).

41

2. Eine anderweitige normative Regelung, die einen Vergütungsanspruch der Klägerin begründen könnte, besteht nicht. Arbeitsvertraglich haben die Parteien die Vergütung, der von der Klägerin wöchentlich über 48 Stunden hinaus geleisteten Arbeitsstunden, weder vereinbart noch ausgeschlossen.

42

3. Anspruchsgrundlage für das Begehren der Klägerin ist § 612 Abs. 1 BGB.

43

a) § 612 Abs. 1 BGB bildet nicht nur in den Fällen, in denen überhaupt keine Vergütungsvereinbarung getroffen wurde, sondern auch dann die Rechtsgrundlage für den Anspruch auf Vergütung, wenn der Arbeitnehmer auf Veranlassung des Arbeitgebers quantitativ mehr arbeitet als von der Vergütungsabrede erfasst(BAG 18. Mai 2011 - 5 AZR 181/10 - Rn. 17; 25. März 2015 - 5 AZR 602/13 - Rn. 17, BAGE 151, 180) und damit Leistungen erbringt, die durch die vereinbarte Vergütung nicht entgolten sind, und weder einzel- noch tarifvertraglich geregelt ist, wie diese Dienste zu vergüten sind (st. Rspr., BAG 29. Januar 2003 - 5 AZR 703/01 - zu I 1 der Gründe; 6. Dezember 2006 - 5 AZR 737/05 - Rn. 16; 23. September 2015 - 5 AZR 626/13 - Rn. 20).

44

b) Die über 48 Stunden hinausgehende Arbeitsleistung der Klägerin wurde von der Vergütungsabrede der Parteien nicht erfasst. Nach § 611 Abs. 1 BGB schuldet der Arbeitnehmer für die vereinbarte Vergütung qualitativ und quantitativ allein die vereinbarte Arbeitsleistung(vgl. BAG 25. März 2015 - 5 AZR 874/12 - Rn. 20; 23. September 2015 - 5 AZR 626/13 - Rn. 20). Der Arbeitgeber kann Arbeitsleistung allerdings nur im Rahmen des gesetzlich Zulässigen verlangen. Das vereinbarte Bruttojahresentgelt in Höhe von 32.500,00 Euro stellt deshalb die Gegenleistung für die wirksam vereinbarte Arbeitszeit dar, dh. für 48 Arbeitsstunden wöchentlich.

45

4. Nach § 612 Abs. 1 BGB gilt eine Vergütung als stillschweigend vereinbart, wenn die Arbeitsleistung nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.

46

a) § 612 BGB sieht nicht für jede Dienstleistung, die über die vertraglichen Pflichten hinaus erbracht wird, eine Vergütung vor. Vielmehr setzt die Norm stets voraus, dass die Leistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. Die Vergütungserwartung ist stets anhand eines objektiven Maßstabs unter Berücksichtigung der Verkehrssitte, der Art, des Umfangs und der Dauer der Dienstleistung sowie der Stellung der Beteiligten zueinander festzustellen, ohne dass es auf deren persönliche Meinung ankommt (BAG 22. Februar 2012 - 5 AZR 765/10 - Rn. 21).

47

b) Die Leistung von Arbeitsstunden durch die Klägerin über das geschuldete Maß hinaus war nach den Umständen nur gegen eine Vergütung zu erwarten. Besondere Umstände, die gegen eine objektive Vergütungserwartung sprechen könnten, ergeben sich weder aus der Tätigkeit und Stellung der Klägerin noch aus der Höhe ihres Einkommens (vgl. BAG 22. Februar 2012 - 5 AZR 765/10 - Rn. 21).

48

c) Der Verstoß gegen § 3 ArbZG führt nicht zum Ausschluss eines Vergütungsanspruchs. Der Sinn des § 3 ArbZG besteht darin, eine Überforderung des Arbeitnehmers zu vermeiden(BAG 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 - Rn. 15, BAGE 116, 66). Der Schutzzweck des § 3 ArbZG gebietet nicht, dem Arbeitnehmer Vergütung für Arbeitsleistungen zu versagen, die der Arbeitgeber trotz des Beschäftigungsverbots in Anspruch genommen hat. Die Regelungen des Arbeitszeitgesetzes untersagen es dem Arbeitgeber nicht, die über die gesetzlich zulässigen Höchstgrenzen hinaus erbrachten Arbeitsleistungen zu vergüten.

49

V. Der Klägerin steht nach § 612 Abs. 2 BGB weitere Vergütung in Höhe von 7.909,65 Euro brutto zu.

50

1. Für die Höhe der von der Beklagten geschuldeten Vergütung bleibt die vereinbarte Vergütung maßgebend. Die Vereinbarung einer Jahresvergütung bei gleichzeitiger Festlegung der regelmäßigen Arbeitszeit rechtfertigt den Schluss, dass sich die Jahresvergütung grundsätzlich auf die geschuldete Arbeitszeit bezieht und darüber hinausgehende Stunden anteilig zu vergüten sind (vgl. BAG 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 - Rn. 15, 16, BAGE 116, 66).

51

2. Der mit der Reduzierung der - vermeintlich - geschuldeten Arbeitsleistung auf das gesetzlich zulässige Maß verbundene Eingriff in das arbeitsvertragliche Synallagma rechtfertigt keine andere Bewertung.

52

a) Das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung wird durch das Verhältnis von geschuldeter Arbeitsleistung und Vergütung bestimmt (BAG 27. April 2016 - 5 AZR 311/15 - Rn. 25). Für den Wert der Arbeitsleistung sollte nach den Vorstellungen der Parteien eine Arbeitszeit von 52,5 Stunden wöchentlich in Relation zur vereinbarten Vergütung bestimmend sein.

53

b) Eine diesem Regelungsplan Rechnung tragende ergänzende Vertragsauslegung zur Ermittlung der Höhe der geschuldeten Vergütung (vgl. hierzu BAG 18. November 2015 - 5 AZR 751/13 - Rn. 26 ff.) scheidet aus, weil die vertragliche Regelung nicht lückenhaft ist. Der Verstoß gegen § 3 ArbZG hat nach §§ 134, 139 BGB allein die Teilnichtigkeit der Arbeitszeitvereinbarung zur Folge. Er lässt die Wirksamkeit der vertraglichen Vereinbarung im Übrigen unberührt (vgl. Schaub/Linck ArbR-HdB 16. Aufl. § 34 Rn. 20).

54

c) Eine andere Bemessung der Vergütung für die wöchentlich über 48 Stunden hinaus geleisteten 4,5 Arbeitsstunden ist auch nicht unter Berücksichtigung der in § 313 BGB kodifizierten Rechtsgrundsätze der Störung der Geschäftsgrundlage geboten.

55

aa) Nach § 313 Abs. 2 iVm. Abs. 1 BGB kann, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen, eine Anpassung des Vertrags nur verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann (BAG 23. April 2013 - 3 AZR 513/11 - Rn. 36). Eine Störung der Geschäftsgrundlage kann bei einem beiderseitigen Irrtum über die Rechtslage bei Abschluss des Vertrags anzunehmen sein, wenn ohne diesen beiderseitigen Irrtum der Vertrag nicht wie geschehen geschlossen worden wäre (vgl. zum Wegfall der Geschäftsgrundlage BAG 12. Januar 2005 - 5 AZR 144/04 - zu B I 3 a der Gründe). Eine Vertragsanpassung ist jedoch auch in diesem Fall nur bei erheblichen Störungen des Äquivalenzverhältnisses in Betracht zu ziehen.

56

bb) Von einer die Anpassung der Vergütungsabrede rechtfertigenden Störung der Geschäftsgrundlage kann vorliegend nicht ausgegangen werden. Der mit der Reduzierung der - vermeintlich - geschuldeten wöchentlichen Arbeitsleistung von 52,5 Stunden auf das gesetzlich zulässige Maß von 48 Stunden - dh. um weniger als 9 % - unter Beibehaltung der vereinbarten Vergütung verbundene Eingriff in das Äquivalenzverhältnis ist nicht so schwerwiegend, dass der Beklagten ein Festhalten am unveränderten Vertrag unzumutbar wäre.

57

d) Die Beklagte schuldet der Klägerin danach ausgehend von einem vereinbarten Jahresverdienst in Höhe von 32.500,00 Euro brutto für im Zeitraum 1. März 2011 bis 30. September 2013 geleistete 607,5 Stunden weitere Vergütung in Höhe von 7.909,65 Euro brutto.

58

VI. Die Klägerin hat ihren Vergütungsanspruch nicht verwirkt.

59

1. Das Landesarbeitsgericht hat offengelassen, ob die Ansprüche der Klägerin verwirkt sind. Es hat allerdings den Sachverhalt, der für die Bewertung, ob die Ansprüche verwirkt sind, erforderlich ist, vollständig festgestellt. Weiteres tatsächliches Vorbringen der Parteien ist nicht zu erwarten. Der Senat kann deshalb die Prüfung der Verwirkung selbst vornehmen.

60

2. Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung und soll dem Bedürfnis nach Rechtsklarheit dienen. Sie hat nicht den Zweck, Schuldner, denen gegenüber Gläubiger ihre Rechte längere Zeit nicht geltend gemacht haben, von ihrer Pflicht zur Leistung vorzeitig zu befreien. Deshalb kann allein der Zeitablauf die Verwirkung eines Rechts nicht rechtfertigen (Zeitmoment). Es müssen vielmehr besondere Umstände sowohl im Verhalten des Berechtigten als auch des Verpflichteten hinzutreten (Umstandsmoment), die es rechtfertigen, die späte Geltendmachung des Rechts als mit Treu und Glauben unvereinbar und für den Verpflichteten als unzumutbar anzusehen. Der Berechtigte muss unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erwecken konnten, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, so dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden. Durch die Verwirkung wird die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen. Die Verwirkung dient dem Vertrauensschutz. Weiterhin muss - als Zumutbarkeitsmoment - das Erfordernis des Vertrauensschutzes das Interesse des Berechtigten an einer sachlichen Prüfung des von ihm behaupteten Anspruchs derart überwiegen, dass dem in Anspruch Genommenen die Erfüllung des Anspruchs oder die Einlassung auf die Klage nicht mehr zuzumuten ist (BAG 25. April 2006 - 3 AZR 372/05 - Rn. 20, BAGE 118, 51; 22. Februar 2012 - 4 AZR 579/10 - Rn. 43; 25. September 2013 - 5 AZR 936/12 - Rn. 15).

61

3. Eine Verwirkung kommt vorliegend schon deshalb nicht in Betracht, weil sich aus dem Vorbringen der Beklagten und dem unstreitigen Sachverhalt keine Tatsachen ergeben, die geeignet wären, die Annahme zu rechtfertigen, der Beklagten sei es aufgrund eigener Dispositionen „unzumutbar“ geworden (vgl. BAG 25. September 2013 - 5 AZR 936/12 - Rn. 28), die Ansprüche der Klägerin zu erfüllen, oder es sei ihr aufgrund sonstiger Umstände unzumutbar, sich auf die Klage einzulassen.

62

VII. Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 1 BGB.

63

VIII. Im Übrigen ist die Klage unbegründet. Die Klägerin kann nicht weiter gehend die Vergütung der Stunden verlangen, die sie über 40 Stunden wöchentlich hinaus gearbeitet hat. Ein Anspruch nach § 612 Abs. 1 BGB scheidet aus, weil die Parteien eine vertragliche Vereinbarung über die Vergütung von wöchentlich 48 Stunden getroffen haben. Die Ansprüche der Klägerin nach § 611 Abs. 1 BGB auf die vertraglich vereinbarte Vergütung für eine Arbeitsleistung von 48 Stunden wöchentlich hat die Beklagte durch Zahlung erfüllt, § 362 Abs. 1 BGB.

64

C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.

        

    Müller-Glöge    

        

    Biebl    

        

    Weber    

        

        

        

    Jungbluth    

        

    Zorn    

                 

Die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer darf acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden.

Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

Die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer darf acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden.

Tenor

I. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg - Kammern Freiburg - vom 4. Dezember 2015 - 9 Sa 12/15 - unter Zurückweisung der Revision im Übrigen teilweise aufgehoben und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg - Kammern Offenburg - vom 19. Mai 2015 - 5 Ca 478/14 - teilweise abgeändert.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 7.909,65 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30. Dezember 2014 zu zahlen.

3. Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin zu 67 % und die Beklagte zu 33 % zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Mehrarbeitsvergütung.

2

Die Klägerin war bei der Beklagten, einem Entsorgungs- und Recyclingunternehmen, vom 19. Mai 2008 bis zum 31. Mai 2014 als Wiegemeisterin beschäftigt. Dem Arbeitsverhältnis der Parteien lag zunächst ein Arbeitsvertrag vom 13. Mai 2008 (im Folgenden Arbeitsvertrag 2008) zugrunde, in dem ua. geregelt war:

        

㤠1

        

…       

        

4. Arbeitszeit:

        

Die Arbeitszeiten werden von der Betriebsleitung nach arbeitstechnischen Gesichtspunkten festgesetzt und dem Arbeitnehmer rechtzeitig im Voraus mitgeteilt.

        

Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt derzeit ca. 45,00 Stunden wöchentlich.

        

Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, auf Anweisung des Arbeitgebers Mehrarbeit im Rahmen der geltenden Bestimmungen der Arbeitszeitordnung zu leisten.

        

§ 2 Arbeitsentgelt

        

1.    

Der Arbeitnehmer erhält folgendes Arbeitsentgelt (Bruttolohn) je Stunde:

                 

Grundlohn: 11,00 € / Std.

                 

…“    

3

Ab Mitte Juli 2008 arbeitete die Klägerin von Montag bis Freitag jeweils von 06:00 bis 17:00 Uhr mit einer unbezahlten Pause von 30 Minuten. Im Jahr 2010 erzielte sie einen Verdienst von 30.612,72 Euro brutto.

4

Einen später eingestellten Wiegemeister beschäftigte die Beklagte zu günstigeren Konditionen im Angestelltenverhältnis. Nachdem die Klägerin dies erfahren hatte, bat sie um Übernahme ins Angestelltenverhältnis.

5

Am 21. Februar 2011 suchten Mitarbeiterinnen der Beklagten die Klägerin in ihrem Büro auf und legten ihr nachfolgendes Schreiben vor:

        

„Übernahme ins Angestelltenverhältnis

        

Frau H

        

Derzeitiger Brutto-Monatslohn:

2.551,06 €

        

Derzeitiger Jahresverdienst:

30.612,72 €

        

Neues Brutto-Monatsgehalt:

2.500,00 €

        

Neuer Jahresverdienst (inklusive

        
        

13. Monatsgehalt)

32.500,00 €

        

➔ Ergibt eine effektive Gehaltserhöhung von 6,2 %.“

6

Zuvor hatten die Parteien besprochen, die bisherigen Arbeitszeiten der Klägerin beizubehalten.

7

Am 1. März 2011 schlossen die Parteien einen von der Beklagten formulierten „Anstellungsvertrag“ (im Folgenden Arbeitsvertrag), in dem es ua. heißt:

        

㤠3

Entgelt

        

Das monatlich nachträglich zu zahlende Bruttogehalt beträgt € 2.500,00. Der Arbeitgeber gewährt, soweit die wirtschaftlichen Verhältnisse dies zulassen, ein 13. Monatsgehalt, das mit dem Dezember-Gehalt zeitanteilig ausbezahlt wird.

        

Scheidet die Arbeitnehmerin während des Jahres aus, erfolgt eine zeitanteilige Vergütung. …

        

§ 4

Arbeitszeit

        

Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt ausschließlich der Pausen durchschnittlich 40 Stunden wöchentlich und wird durch unser Zeiterfassungssystem erfasst.

        

Die derzeitige Arbeitszeit ist wie folgt festgelegt:

        

6:00 h

bis     

12:00 h

        

12:00 h

bis     

12:30 h (Pause)

        

12:30 h

bis     

17:00 h

        

…“    

8

Die Klägerin arbeitete nach der Vertragsänderung weiterhin an fünf Tagen der Woche zwischen 06:00 und 17:00 Uhr. Über 10,5 Stunden hinaus geleistete Arbeitsstunden machte die Klägerin als Überstunden geltend und erhielt hierfür entsprechend den von ihr gestellten Anträgen Freizeitausgleich.

9

Nach einer Beanstandung durch das Gewerbeaufsichtsamt reduzierte die Beklagte die tägliche Arbeitszeit der Klägerin ab dem 1. November 2013 auf 9,5 Stunden und kürzte das Bruttomonatsgehalt von 2.500,00 Euro auf 2.265,00 Euro. Nach Protest der Klägerin zahlte die Beklagte die Vergütungsdifferenz für die Monate November und Dezember 2013 nach. Ende Februar 2014 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich unter Berufung auf betriebsbedingte Gründe.

10

Mit der am 30. Dezember 2014 eingereichten Klage hat die Klägerin, nach vorangegangener erfolgloser außergerichtlicher Geltendmachung für im Zeitraum 1. März 2011 bis 30. September 2013 wöchentlich über 40 Stunden hinaus geleistete 12,5 Arbeitsstunden Vergütung verlangt. Die vereinbarte Vergütung sei nach dem Arbeitsvertrag für eine durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden zu zahlen. Die in § 4 Arbeitsvertrag wiedergegebenen Arbeitszeiten seien nur die betriebsüblichen Bedienzeiten an der Waage. Eine Festlegung des zeitlichen Umfangs der von ihr geschuldeten Arbeitsleistung sei damit nicht verbunden gewesen. Jedenfalls seien die über die gesetzlich zulässige Wochenarbeitszeit von 48 Stunden hinaus geleisteten Arbeitsstunden zusätzlich zu vergüten.

11

Die Klägerin hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 23.965,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30. Dezember 2014 zu zahlen.

12

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, sie habe mit der Klägerin vereinbart, es solle die bisherige tägliche Arbeitszeit von 10,5 Stunden beibehalten und der Bruttojahresverdienst von 32.500,00 Euro als Gegenleistung für eine wöchentliche Arbeitsleistung von 52,5 Stunden gezahlt werden. Die Klägerin habe durch die Änderung des Vertrags eine Gehaltserhöhung von 6,2 % erhalten sollen und nicht von 33,99 %. Zur Erwähnung von 40 Stunden im Arbeitsvertrag sei es gekommen, weil ein Formulararbeitsvertrag verwendet wurde. Die über das gesetzlich zulässige Maß hinaus geleistete Arbeitszeit sei nicht zu vergüten. Dies gebiete der Schutzzweck von § 3 ArbZG. Jedenfalls seien etwaige Ansprüche der Klägerin verwirkt.

13

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision der Klägerin ist zum Teil begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin gegen die klageabweisende Entscheidung des Arbeitsgerichts zu Unrecht in vollem Umfang zurückgewiesen. Die zulässige Klage ist zum Teil begründet. Die Klägerin hat gemäß § 612 Abs. 1 und Abs. 2 BGB Anspruch auf Vergütung in Höhe von 7.909,65 Euro brutto nebst Verzugszinsen in gesetzlicher Höhe. Im Übrigen ist die Klage unbegründet.

15

A. Die Klage ist zulässig, insbesondere streitgegenständlich hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Streitgegenstand der Klage ist die Vergütung von wöchentlich 12,5 Arbeitsstunden, die die Klägerin unstreitig vom 1. März 2011 bis zum 30. September 2013 innerhalb einer konkret bezeichneten Zeitspanne über eine Wochenarbeitszeit von 40 Stunden hinaus arbeitete. Die Vergütung von Pausenzeiten ist nicht Gegenstand der Klage.

16

B. Die Klage ist nur zum Teil begründet.

17

Die Klägerin hat Anspruch auf Vergütung für im Zeitraum 1. März 2011 bis 30. September 2013 wöchentlich über 48 Stunden hinaus geleistete 4,5 Arbeitsstunden. Diese Stunden sind nicht mit dem vereinbarten Jahresverdienst von 32.500,00 Euro brutto entgolten. Die Klägerin schuldete für das vereinbarte Arbeitsentgelt lediglich eine Arbeitsleistung von wöchentlich 48 Stunden. Im Übrigen ist die Klage unbegründet. Die Beklagte hat die Vergütungsansprüche der Klägerin für wöchentlich im Streitzeitraum geleistete 48 Arbeitsstunden erfüllt, § 362 Abs. 1 BGB.

18

I. Die Parteien haben, wie vom Arbeitsgericht zutreffend erkannt, vor Unterzeichnung des von der Beklagten gestellten schriftlichen Arbeitsvertrags in einer konkludent getroffenen individuellen Vertragsabrede eine wöchentliche Arbeitszeit von 52,5 Stunden vereinbart. Dies ergibt die Auslegung der von ihnen abgegebenen nichttypischen Erklärungen, die nach § 305b BGB den Regelungen des Formulararbeitsvertrags vorgehen.

19

Individualabreden können - weiter gehend als in § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB oder § 310 Abs. 3 Nr. 2 letzter Halbsatz BGB geregelt - grundsätzlich alle Abreden zwischen den Vertragsparteien außerhalb der einseitig vom Verwender vorgegebenen Vertragsbedingungen sein. Sie können sowohl ausdrücklich als auch konkludent getroffen werden (vgl. BAG 14. September 2011 - 10 AZR 526/10 - Rn. 39, BAGE 139, 156). Auch können sie auf mündlichen Erklärungen der Parteien beruhen (vgl. BAG 20. Mai 2008 - 9 AZR 382/07 - Rn. 27 ff., BAGE 126, 364). Eine solche Abrede haben die Parteien getroffen, indem sie vor Unterzeichnung des von der Beklagten gestellten schriftlichen Arbeitsvertrags den Umfang der von der Klägerin zu erbringenden Arbeitsleistung und die Höhe der hierfür von der Beklagten als Gegenleistung geschuldeten Vergütung vereinbarten. Die Vereinbarung hat im Rahmen ihrer Wirksamkeit vor den Regelungen des von der Beklagten gestellten schriftlichen Arbeitsvertrags Vorrang.

20

1. Welche Rechtsqualität und welchen Umfang atypische Erklärungen der Parteien haben, ist durch Auslegung zu ermitteln (vgl. BAG 21. Juni 2011 - 9 AZR 203/10 - Rn. 20, BAGE 138, 136). Die Auslegung von atypischen Willenserklärungen ist grundsätzlich Sache der Tatsachengerichte. Sie kann in der Revision nur darauf überprüft werden, ob das Berufungsgericht Auslegungsregeln verletzt oder gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen, wesentliche Tatsachen unberücksichtigt gelassen oder eine gebotene Auslegung unterlassen hat (st. Rspr., vgl. BAG 23. Februar 2016 - 3 AZR 44/14 - Rn. 29; 24. September 2014 - 5 AZR 611/12 - Rn. 27, BAGE 149, 144). Das Revisionsgericht darf bei einer unterlassenen oder fehlerhaften Auslegung atypischer Verträge und Willenserklärungen nur dann selbst auslegen, wenn das Landesarbeitsgericht den erforderlichen Sachverhalt vollständig festgestellt hat und kein weiteres tatsächliches Vorbringen der Parteien zu erwarten ist (st. Rspr., zB BAG 24. September 2014 - 5 AZR 611/12 - Rn. 27 mwN, aaO).

21

2. Das Landesarbeitsgericht hat die Erklärungen der Parteien nicht vollständig ausgelegt, indem es offenließ, ob diese als Individualabrede zu qualifizieren seien, und deren Bedeutungsgehalt lediglich für das Verständnis der Parteien von § 4 Arbeitsvertrag bewertete. Der Senat kann die gebotene Auslegung auf Grundlage der vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen selbst vornehmen. Der erforderliche Sachverhalt ist vollständig festgestellt. Weiteres tatsächliches Vorbringen der Parteien ist nicht zu erwarten.

22

a) Verträge und Willenserklärungen sind nach dem Empfängerhorizont auszulegen (§§ 133, 157 BGB). Auslegungsziel ist bei empfangsbedürftigen Willenserklärungen nicht der innere Wille des Erklärenden, sondern das, was der Adressat nach seinem Empfängerhorizont als Willen des Erklärenden verstehen konnte (BAG 11. Juli 2007 - 7 AZR 501/06 - Rn. 36). Zu würdigen sind neben dem Wortlaut der Erklärung auch alle Begleitumstände, die dem Erklärungsempfänger bekannt waren und die für die Frage erheblich sein können, welchen Willen der Erklärende bei Abgabe der Erklärung hatte (BAG 20. Juni 2013 - 6 AZR 805/11 - Rn. 14, BAGE 145, 249; 24. September 2014 - 5 AZR 611/12 - Rn. 28, BAGE 149, 144).

23

b) Hiervon ausgehend haben die Parteien eine wöchentliche Arbeitszeit von 52,5 Stunden vereinbart.

24

aa) Die Parteien haben vor Abschluss des schriftlichen Arbeitsvertrags die künftigen Arbeitszeiten der Klägerin besprochen. Es bestand Einvernehmen, die bisherige Arbeitszeit bei Übernahme der Klägerin in ein Angestelltenverhältnis beizubehalten. Die Klägerin lehnte eine Verlängerung der Pausenzeiten ausdrücklich ab.

25

bb) Die Berechnung der künftigen Vergütung basierte, für die Klägerin erkennbar, auf der getroffenen Abrede. Die Beklagte legte die Berechnung der neuen Bruttovergütung in dem der Klägerin vorgelegten Schreiben „Übernahme ins Angestelltenverhältnis“ offen. Ausweislich der Gegenüberstellung von neuem und altem Jahresverdienst sollte die Bruttovergütung um 6,2 % erhöht werden. Eine solche effektive Gehaltserhöhung von 6,2 % errechnet sich bei einer unveränderten Arbeitsleistung von 10,5 Stunden täglich.

26

cc) Die Vereinbarung einer Arbeitszeit von 52,5 Stunden wöchentlich wird durch die Einlassung der Klägerin in der Berufungsverhandlung bestätigt, es sei überraschend gewesen, dass im schriftlichen Arbeitsvertrag eine 40-Stunden-Woche gestanden habe, was sich mit den bisherigen Arbeitszeiten nicht vertragen hätte. Dies deckt sich mit der Erklärung der Beklagten, es sei versehentlich ein Formulararbeitsvertrag verwendet worden, in dem eine 40-Stunden-Woche vorgesehen gewesen sei. Die Diskrepanz zwischen der im Arbeitsvertrag angegebenen Arbeitszeit von wöchentlich 40 Stunden und der zuvor verabredeten von 52,5 Stunden wöchentlich war der Klägerin bei Vertragsunterzeichnung bewusst.

27

dd) Dem Auslegungsergebnis entspricht die Vertragspraxis der Parteien. Sie verdeutlicht, dass sich die Parteien vor Unterzeichnung des schriftlichen Arbeitsvertrags nicht nur iSv. Wissenserklärungen über die bisherigen Arbeitszeiten der Klägerin austauschten, sondern rechtsgeschäftliche Erklärungen zum Umfang der von der Klägerin zu erbringenden Arbeitsleistung und zur Höhe der hierfür als Gegenleistung geschuldeten Vergütung abgaben und abgeben wollten. Das Verhalten der Parteien nach Vertragsschluss ist ein bedeutsames Indiz für die Ermittlung des tatsächlichen Willens und Verständnisses bei Vertragsschluss (vgl. BGH 16. Juni 2009 - XI ZR 145/08 - Rn. 16, BGHZ 181, 278; Schaub/Linck ArbR-HdB 16. Aufl. § 35 Rn. 31). Nicht nur aus der Abwicklung des Vertrags durch die Beklagte, sondern auch aus dem Verhalten der Klägerin nach Vertragsschluss, ergibt sich, dass nach dem Verständnis beider Parteien eine regelmäßige Arbeitszeit von 10,5 Stunden täglich und 52,5 Stunden wöchentlich vereinbart war. Die Klägerin legte der Geltendmachung von Überstunden, wie ihren Ausführungen im Zusammenhang mit den Anträgen auf Freizeitausgleich zu entnehmen ist, stets eine Arbeitszeit von 10,5 Stunden als vertraglich geschuldet zugrunde und ermittelte den Ausgleichsanspruch auf dieser Basis.

28

ee) Die unterlassene Anpassung des vorformulierten Vertragstexts an die vereinbarte Dauer der Arbeitszeit führt zu keinem anderen Ergebnis. Anhaltspunkte für eine mit dem schriftlichen Arbeitsvertrag beabsichtigte Einschränkung der zuvor getroffenen Vereinbarungen (vgl. BGH 23. Januar 2013 - VIII ZR 47/12 - Rn. 22) sind nicht gegeben.

29

II. Die Parteien konnten wirksam nur eine Arbeitsleistung von wöchentlich 48 Stunden vereinbaren. Die getroffene Arbeitszeitvereinbarung ist nach § 3 ArbZG iVm. § 134 BGB unwirksam, soweit sie eine Überschreitung der gesetzlich zulässigen Höchstarbeitszeit vorsieht.

30

1. Nach § 3 ArbZG darf die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden. § 3 ArbZG ist ein Verbotsgesetz iSv. § 134 BGB(Baeck/Deutsch ArbZG 3. Aufl. Einf. Rn. 53; Schaub/Vogelsang ArbR-HdB 16. Aufl. § 155 Rn. 4).

31

2. Die Vereinbarung einer wöchentlichen Arbeitszeit von 52,5 Stunden verstößt gegen § 3 ArbZG. Der Verstoß hat jedoch nach § 134 BGB nicht die Nichtigkeit der Arbeitszeitvereinbarung insgesamt, sondern deren Teilnichtigkeit zur Folge. Die Vereinbarung ist wirksam, soweit sie eine Arbeitsleistung von wöchentlich 48 Stunden vorsieht.

32

a) Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich aus dem Gesetz nichts anderes ergibt, § 134 BGB. Dabei muss das Rechtsgeschäft selbst verbotswidrig sein. Das ist der Fall, wenn sein Inhalt gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, insbesondere der mit dem Rechtsgeschäft bezweckte Erfolg verbotswidrig ist (BAG 18. März 2009 - 5 AZR 355/08 - Rn. 15, BAGE 130, 34). Das Verbot braucht nicht unmittelbar im Gesetzeswortlaut Ausdruck gefunden zu haben. Es kann sich auch aus Sinn und Zweck der betreffenden Vorschrift ergeben. Maßgebend ist insoweit die Reichweite ihres Schutzzwecks (vgl. BAG 19. März 2009 - 8 AZR 722/07 - Rn. 25, BAGE 130, 90; 22. November 2012 - 2 AZR 371/11 - Rn. 38, BAGE 144, 47; 19. August 2015 - 5 AZR 500/14 - Rn. 31, 32, BAGE 152, 228).

33

b) Die Arbeitszeitvereinbarung der Parteien ist nach § 134 BGB nur unwirksam, soweit sie im Widerspruch zu § 3 ArbZG steht. § 3 ArbZG soll den Arbeitnehmer vor Überforderung durch übermäßige zeitliche Inanspruchnahme schützen. Die Vorschrift begründet ein gesetzliches Beschäftigungsverbot aufgrund dessen es dem Arbeitgeber - nur - untersagt ist, Arbeitsleistung in einem die gesetzlichen Höchstgrenzen übersteigenden Umfang anzuordnen oder entgegenzunehmen (vgl. BAG 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 - Rn. 15, BAGE 116, 66). § 3 ArbZG gibt damit eine Grenze für das Arbeitszeitvolumen vor, das wirksam als geschuldet vereinbart werden kann. Im Rahmen des gesetzlich Zulässigen bleibt eine gegen die gesetzlichen Höchstgrenzen verstoßende Arbeitszeitvereinbarung wirksam.

34

III. Im Rahmen ihrer Wirksamkeit hat die Individualabrede der Parteien Vorrang vor den Regelungen des von der Beklagten gestellten schriftlichen Arbeitsvertrags.

35

1. Individuelle Vertragsabreden haben Vorrang vor Allgemeinen Geschäftsbedingungen iSv. § 305 Abs. 1 BGB und vor in Verbraucherverträgen vorformulierten Einmalbedingungen iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB. Ausdrücklich klargestellt ist dies für Allgemeine Geschäftsbedingungen in § 305b BGB. Der Vorrang der Individualabrede ergibt sich zudem aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen (vgl. zu § 4 AGBG und vor Inkrafttreten des AGB-Gesetzes geschlossenen Verträgen BGH 13. Januar 1982 - IVa ZR 162/80 - zu IV der Gründe). Er gilt trotz der fehlenden Verweisung in § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB auf § 305b BGB auch für vorformulierte Einmalbedingungen in Verbraucherverträgen(vgl. Clemenz in Clemenz/Kreft/Krause AGB-Arbeitsrecht § 305b Rn. 4; Kreft in Clemenz/Kreft/Krause AGB-Arbeitsrecht § 310 Rn. 35; einen Vorrang der Individualabrede aus §§ 133, 157 BGB ableitend Staudinger/Schlosser (2013) § 310 Rn. 67; Erman/Roloff BGB 14. Aufl. § 310 Rn. 21).

36

2. Es bedarf danach keiner weiteren Aufklärung, ob es sich bei § 4 Abs. 1 Arbeitsvertrag um eine für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingung iSv. § 305 Abs. 1 BGB handelt und deshalb § 305b BGB anzuwenden ist oder der Arbeitsvertrag als Verbrauchervertrag zu bewerten ist(vgl. BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 253/09 - Rn. 20 ff.; 27. Juni 2012 - 5 AZR 530/11 - Rn. 14). In beiden Fällen geht die Individualabrede der Parteien den Bestimmungen des schriftlichen Arbeitsvertrags vor.

37

a) Bei dem Grundsatz des Vorrangs der Individualabrede handelt es sich um eine Kollisionsregel, die auf der Rechtsfolgenseite zu einer Verdrängung der vom Verwender als Allgemeine Geschäftsbedingung oder als Einmalbedingung gestellten Vertragsbedingung durch die Individualabrede führt. Die Kollisionsregel setzt voraus, dass es auf der einen Seite Allgemeine Geschäftsbedingungen oder Einmalbedingungen in einem Verbrauchervertrag als gestellte Vertragsbedingungen und auf der anderen Seite eine Individualabrede gibt. Sie kommt zum Tragen, wenn die durch Auslegung der Individualabrede nach §§ 133, 157 BGB und der vom Verwender gestellten Vertragsbedingungen nach den für ihre Auslegung geltenden Grundsätzen zu ermittelnden Regelungsbereiche einer wirksamen Individualabrede und einer wirksamen Formularabrede zumindest teilweise inhaltlich deckungsgleich sind(vgl. Clemenz in Clemenz/Kreft/Krause AGB-Arbeitsrecht § 305b Rn. 2). Im Falle widersprechender Regelungen ist allein auf die individuelle abzustellen. Die gestellten Vertragsbedingungen können und sollen nur insoweit Geltung beanspruchen, wie die von den Parteien getroffene Individualabrede dafür Raum lässt (zu § 305b BGB vgl. BAG 14. September 2011 - 10 AZR 526/10 - Rn. 39, BAGE 139, 156). Für den Anwendungsbereich Allgemeiner Geschäftsbedingungen und vorformulierter Einmalbedingungen in Verbraucherverträgen kommt es daher auf die Reichweite der Individualvereinbarung an und nicht umgekehrt (zu § 305b BGB BGH 23. Januar 2013 - VIII ZR 47/12 - Rn. 22).

38

b) Hiervon ausgehend werden die Bestimmungen des schriftlichen Arbeitsvertrags durch die Individualvereinbarung der Parteien verdrängt, soweit sie zu dieser im Widerspruch stehen. Es kann deshalb zu Gunsten der Klägerin unterstellt werden, § 4 Arbeitsvertrag regele ausgehend von einer Auslegung nach einem objektiv-generalisierenden Maßstab(vgl. BAG 24. Februar 2016 - 5 AZR 258/14 - Rn. 26 mwN) und einer vorzunehmenden Inhaltskontrolle wirksam eine Wochenarbeitszeit von 40 Stunden. Auch in diesem Fall ist allein auf die Individualabrede der Parteien abzustellen, die zwar wegen Überschreitung der gesetzlich zulässigen Höchstarbeitszeit nach § 134 BGB teilunwirksam ist, aber trotz des Verstoßes gegen § 3 ArbZG wirksam bleibt, soweit sie eine Arbeitsleistung von wöchentlich 48 Stunden vorsieht.

39

IV. Die Klägerin hat nach § 612 Abs. 1 BGB Anspruch auf Vergütung der wöchentlich über 48 Stunden hinaus geleisteten 4,5 Arbeitsstunden, denn sie schuldete für das vereinbarte Arbeitsentgelt lediglich eine Arbeitsleistung in gesetzlich zulässigem Umfang.

40

1. Die Vergütung von Arbeitsstunden setzt - bei Fehlen einer anwendbaren gesetzlichen oder kollektivrechtlichen Regelung - entweder eine entsprechende arbeitsvertragliche Vereinbarung oder eine Vergütungspflicht nach § 612 Abs. 1 BGB voraus(vgl. BAG 25. März 2015 - 5 AZR 602/13 - Rn. 16, BAGE 151, 180).

41

2. Eine anderweitige normative Regelung, die einen Vergütungsanspruch der Klägerin begründen könnte, besteht nicht. Arbeitsvertraglich haben die Parteien die Vergütung, der von der Klägerin wöchentlich über 48 Stunden hinaus geleisteten Arbeitsstunden, weder vereinbart noch ausgeschlossen.

42

3. Anspruchsgrundlage für das Begehren der Klägerin ist § 612 Abs. 1 BGB.

43

a) § 612 Abs. 1 BGB bildet nicht nur in den Fällen, in denen überhaupt keine Vergütungsvereinbarung getroffen wurde, sondern auch dann die Rechtsgrundlage für den Anspruch auf Vergütung, wenn der Arbeitnehmer auf Veranlassung des Arbeitgebers quantitativ mehr arbeitet als von der Vergütungsabrede erfasst(BAG 18. Mai 2011 - 5 AZR 181/10 - Rn. 17; 25. März 2015 - 5 AZR 602/13 - Rn. 17, BAGE 151, 180) und damit Leistungen erbringt, die durch die vereinbarte Vergütung nicht entgolten sind, und weder einzel- noch tarifvertraglich geregelt ist, wie diese Dienste zu vergüten sind (st. Rspr., BAG 29. Januar 2003 - 5 AZR 703/01 - zu I 1 der Gründe; 6. Dezember 2006 - 5 AZR 737/05 - Rn. 16; 23. September 2015 - 5 AZR 626/13 - Rn. 20).

44

b) Die über 48 Stunden hinausgehende Arbeitsleistung der Klägerin wurde von der Vergütungsabrede der Parteien nicht erfasst. Nach § 611 Abs. 1 BGB schuldet der Arbeitnehmer für die vereinbarte Vergütung qualitativ und quantitativ allein die vereinbarte Arbeitsleistung(vgl. BAG 25. März 2015 - 5 AZR 874/12 - Rn. 20; 23. September 2015 - 5 AZR 626/13 - Rn. 20). Der Arbeitgeber kann Arbeitsleistung allerdings nur im Rahmen des gesetzlich Zulässigen verlangen. Das vereinbarte Bruttojahresentgelt in Höhe von 32.500,00 Euro stellt deshalb die Gegenleistung für die wirksam vereinbarte Arbeitszeit dar, dh. für 48 Arbeitsstunden wöchentlich.

45

4. Nach § 612 Abs. 1 BGB gilt eine Vergütung als stillschweigend vereinbart, wenn die Arbeitsleistung nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.

46

a) § 612 BGB sieht nicht für jede Dienstleistung, die über die vertraglichen Pflichten hinaus erbracht wird, eine Vergütung vor. Vielmehr setzt die Norm stets voraus, dass die Leistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. Die Vergütungserwartung ist stets anhand eines objektiven Maßstabs unter Berücksichtigung der Verkehrssitte, der Art, des Umfangs und der Dauer der Dienstleistung sowie der Stellung der Beteiligten zueinander festzustellen, ohne dass es auf deren persönliche Meinung ankommt (BAG 22. Februar 2012 - 5 AZR 765/10 - Rn. 21).

47

b) Die Leistung von Arbeitsstunden durch die Klägerin über das geschuldete Maß hinaus war nach den Umständen nur gegen eine Vergütung zu erwarten. Besondere Umstände, die gegen eine objektive Vergütungserwartung sprechen könnten, ergeben sich weder aus der Tätigkeit und Stellung der Klägerin noch aus der Höhe ihres Einkommens (vgl. BAG 22. Februar 2012 - 5 AZR 765/10 - Rn. 21).

48

c) Der Verstoß gegen § 3 ArbZG führt nicht zum Ausschluss eines Vergütungsanspruchs. Der Sinn des § 3 ArbZG besteht darin, eine Überforderung des Arbeitnehmers zu vermeiden(BAG 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 - Rn. 15, BAGE 116, 66). Der Schutzzweck des § 3 ArbZG gebietet nicht, dem Arbeitnehmer Vergütung für Arbeitsleistungen zu versagen, die der Arbeitgeber trotz des Beschäftigungsverbots in Anspruch genommen hat. Die Regelungen des Arbeitszeitgesetzes untersagen es dem Arbeitgeber nicht, die über die gesetzlich zulässigen Höchstgrenzen hinaus erbrachten Arbeitsleistungen zu vergüten.

49

V. Der Klägerin steht nach § 612 Abs. 2 BGB weitere Vergütung in Höhe von 7.909,65 Euro brutto zu.

50

1. Für die Höhe der von der Beklagten geschuldeten Vergütung bleibt die vereinbarte Vergütung maßgebend. Die Vereinbarung einer Jahresvergütung bei gleichzeitiger Festlegung der regelmäßigen Arbeitszeit rechtfertigt den Schluss, dass sich die Jahresvergütung grundsätzlich auf die geschuldete Arbeitszeit bezieht und darüber hinausgehende Stunden anteilig zu vergüten sind (vgl. BAG 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 - Rn. 15, 16, BAGE 116, 66).

51

2. Der mit der Reduzierung der - vermeintlich - geschuldeten Arbeitsleistung auf das gesetzlich zulässige Maß verbundene Eingriff in das arbeitsvertragliche Synallagma rechtfertigt keine andere Bewertung.

52

a) Das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung wird durch das Verhältnis von geschuldeter Arbeitsleistung und Vergütung bestimmt (BAG 27. April 2016 - 5 AZR 311/15 - Rn. 25). Für den Wert der Arbeitsleistung sollte nach den Vorstellungen der Parteien eine Arbeitszeit von 52,5 Stunden wöchentlich in Relation zur vereinbarten Vergütung bestimmend sein.

53

b) Eine diesem Regelungsplan Rechnung tragende ergänzende Vertragsauslegung zur Ermittlung der Höhe der geschuldeten Vergütung (vgl. hierzu BAG 18. November 2015 - 5 AZR 751/13 - Rn. 26 ff.) scheidet aus, weil die vertragliche Regelung nicht lückenhaft ist. Der Verstoß gegen § 3 ArbZG hat nach §§ 134, 139 BGB allein die Teilnichtigkeit der Arbeitszeitvereinbarung zur Folge. Er lässt die Wirksamkeit der vertraglichen Vereinbarung im Übrigen unberührt (vgl. Schaub/Linck ArbR-HdB 16. Aufl. § 34 Rn. 20).

54

c) Eine andere Bemessung der Vergütung für die wöchentlich über 48 Stunden hinaus geleisteten 4,5 Arbeitsstunden ist auch nicht unter Berücksichtigung der in § 313 BGB kodifizierten Rechtsgrundsätze der Störung der Geschäftsgrundlage geboten.

55

aa) Nach § 313 Abs. 2 iVm. Abs. 1 BGB kann, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen, eine Anpassung des Vertrags nur verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann (BAG 23. April 2013 - 3 AZR 513/11 - Rn. 36). Eine Störung der Geschäftsgrundlage kann bei einem beiderseitigen Irrtum über die Rechtslage bei Abschluss des Vertrags anzunehmen sein, wenn ohne diesen beiderseitigen Irrtum der Vertrag nicht wie geschehen geschlossen worden wäre (vgl. zum Wegfall der Geschäftsgrundlage BAG 12. Januar 2005 - 5 AZR 144/04 - zu B I 3 a der Gründe). Eine Vertragsanpassung ist jedoch auch in diesem Fall nur bei erheblichen Störungen des Äquivalenzverhältnisses in Betracht zu ziehen.

56

bb) Von einer die Anpassung der Vergütungsabrede rechtfertigenden Störung der Geschäftsgrundlage kann vorliegend nicht ausgegangen werden. Der mit der Reduzierung der - vermeintlich - geschuldeten wöchentlichen Arbeitsleistung von 52,5 Stunden auf das gesetzlich zulässige Maß von 48 Stunden - dh. um weniger als 9 % - unter Beibehaltung der vereinbarten Vergütung verbundene Eingriff in das Äquivalenzverhältnis ist nicht so schwerwiegend, dass der Beklagten ein Festhalten am unveränderten Vertrag unzumutbar wäre.

57

d) Die Beklagte schuldet der Klägerin danach ausgehend von einem vereinbarten Jahresverdienst in Höhe von 32.500,00 Euro brutto für im Zeitraum 1. März 2011 bis 30. September 2013 geleistete 607,5 Stunden weitere Vergütung in Höhe von 7.909,65 Euro brutto.

58

VI. Die Klägerin hat ihren Vergütungsanspruch nicht verwirkt.

59

1. Das Landesarbeitsgericht hat offengelassen, ob die Ansprüche der Klägerin verwirkt sind. Es hat allerdings den Sachverhalt, der für die Bewertung, ob die Ansprüche verwirkt sind, erforderlich ist, vollständig festgestellt. Weiteres tatsächliches Vorbringen der Parteien ist nicht zu erwarten. Der Senat kann deshalb die Prüfung der Verwirkung selbst vornehmen.

60

2. Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung und soll dem Bedürfnis nach Rechtsklarheit dienen. Sie hat nicht den Zweck, Schuldner, denen gegenüber Gläubiger ihre Rechte längere Zeit nicht geltend gemacht haben, von ihrer Pflicht zur Leistung vorzeitig zu befreien. Deshalb kann allein der Zeitablauf die Verwirkung eines Rechts nicht rechtfertigen (Zeitmoment). Es müssen vielmehr besondere Umstände sowohl im Verhalten des Berechtigten als auch des Verpflichteten hinzutreten (Umstandsmoment), die es rechtfertigen, die späte Geltendmachung des Rechts als mit Treu und Glauben unvereinbar und für den Verpflichteten als unzumutbar anzusehen. Der Berechtigte muss unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erwecken konnten, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, so dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden. Durch die Verwirkung wird die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen. Die Verwirkung dient dem Vertrauensschutz. Weiterhin muss - als Zumutbarkeitsmoment - das Erfordernis des Vertrauensschutzes das Interesse des Berechtigten an einer sachlichen Prüfung des von ihm behaupteten Anspruchs derart überwiegen, dass dem in Anspruch Genommenen die Erfüllung des Anspruchs oder die Einlassung auf die Klage nicht mehr zuzumuten ist (BAG 25. April 2006 - 3 AZR 372/05 - Rn. 20, BAGE 118, 51; 22. Februar 2012 - 4 AZR 579/10 - Rn. 43; 25. September 2013 - 5 AZR 936/12 - Rn. 15).

61

3. Eine Verwirkung kommt vorliegend schon deshalb nicht in Betracht, weil sich aus dem Vorbringen der Beklagten und dem unstreitigen Sachverhalt keine Tatsachen ergeben, die geeignet wären, die Annahme zu rechtfertigen, der Beklagten sei es aufgrund eigener Dispositionen „unzumutbar“ geworden (vgl. BAG 25. September 2013 - 5 AZR 936/12 - Rn. 28), die Ansprüche der Klägerin zu erfüllen, oder es sei ihr aufgrund sonstiger Umstände unzumutbar, sich auf die Klage einzulassen.

62

VII. Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 1 BGB.

63

VIII. Im Übrigen ist die Klage unbegründet. Die Klägerin kann nicht weiter gehend die Vergütung der Stunden verlangen, die sie über 40 Stunden wöchentlich hinaus gearbeitet hat. Ein Anspruch nach § 612 Abs. 1 BGB scheidet aus, weil die Parteien eine vertragliche Vereinbarung über die Vergütung von wöchentlich 48 Stunden getroffen haben. Die Ansprüche der Klägerin nach § 611 Abs. 1 BGB auf die vertraglich vereinbarte Vergütung für eine Arbeitsleistung von 48 Stunden wöchentlich hat die Beklagte durch Zahlung erfüllt, § 362 Abs. 1 BGB.

64

C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.

        

    Müller-Glöge    

        

    Biebl    

        

    Weber    

        

        

        

    Jungbluth    

        

    Zorn    

                 

Die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer darf acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden.

(1) Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.

(2) Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist bei dem Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung, in Ermangelung einer Taxe die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen.

(3) (weggefallen)

(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.

(1) Das Gericht ist nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist. Dies gilt insbesondere von Früchten, Zinsen und anderen Nebenforderungen.

(2) Über die Verpflichtung, die Prozesskosten zu tragen, hat das Gericht auch ohne Antrag zu erkennen.

Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

Tenor

I. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg - Kammern Freiburg - vom 4. Dezember 2015 - 9 Sa 12/15 - unter Zurückweisung der Revision im Übrigen teilweise aufgehoben und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg - Kammern Offenburg - vom 19. Mai 2015 - 5 Ca 478/14 - teilweise abgeändert.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 7.909,65 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30. Dezember 2014 zu zahlen.

3. Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin zu 67 % und die Beklagte zu 33 % zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Mehrarbeitsvergütung.

2

Die Klägerin war bei der Beklagten, einem Entsorgungs- und Recyclingunternehmen, vom 19. Mai 2008 bis zum 31. Mai 2014 als Wiegemeisterin beschäftigt. Dem Arbeitsverhältnis der Parteien lag zunächst ein Arbeitsvertrag vom 13. Mai 2008 (im Folgenden Arbeitsvertrag 2008) zugrunde, in dem ua. geregelt war:

        

㤠1

        

…       

        

4. Arbeitszeit:

        

Die Arbeitszeiten werden von der Betriebsleitung nach arbeitstechnischen Gesichtspunkten festgesetzt und dem Arbeitnehmer rechtzeitig im Voraus mitgeteilt.

        

Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt derzeit ca. 45,00 Stunden wöchentlich.

        

Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, auf Anweisung des Arbeitgebers Mehrarbeit im Rahmen der geltenden Bestimmungen der Arbeitszeitordnung zu leisten.

        

§ 2 Arbeitsentgelt

        

1.    

Der Arbeitnehmer erhält folgendes Arbeitsentgelt (Bruttolohn) je Stunde:

                 

Grundlohn: 11,00 € / Std.

                 

…“    

3

Ab Mitte Juli 2008 arbeitete die Klägerin von Montag bis Freitag jeweils von 06:00 bis 17:00 Uhr mit einer unbezahlten Pause von 30 Minuten. Im Jahr 2010 erzielte sie einen Verdienst von 30.612,72 Euro brutto.

4

Einen später eingestellten Wiegemeister beschäftigte die Beklagte zu günstigeren Konditionen im Angestelltenverhältnis. Nachdem die Klägerin dies erfahren hatte, bat sie um Übernahme ins Angestelltenverhältnis.

5

Am 21. Februar 2011 suchten Mitarbeiterinnen der Beklagten die Klägerin in ihrem Büro auf und legten ihr nachfolgendes Schreiben vor:

        

„Übernahme ins Angestelltenverhältnis

        

Frau H

        

Derzeitiger Brutto-Monatslohn:

2.551,06 €

        

Derzeitiger Jahresverdienst:

30.612,72 €

        

Neues Brutto-Monatsgehalt:

2.500,00 €

        

Neuer Jahresverdienst (inklusive

        
        

13. Monatsgehalt)

32.500,00 €

        

➔ Ergibt eine effektive Gehaltserhöhung von 6,2 %.“

6

Zuvor hatten die Parteien besprochen, die bisherigen Arbeitszeiten der Klägerin beizubehalten.

7

Am 1. März 2011 schlossen die Parteien einen von der Beklagten formulierten „Anstellungsvertrag“ (im Folgenden Arbeitsvertrag), in dem es ua. heißt:

        

㤠3

Entgelt

        

Das monatlich nachträglich zu zahlende Bruttogehalt beträgt € 2.500,00. Der Arbeitgeber gewährt, soweit die wirtschaftlichen Verhältnisse dies zulassen, ein 13. Monatsgehalt, das mit dem Dezember-Gehalt zeitanteilig ausbezahlt wird.

        

Scheidet die Arbeitnehmerin während des Jahres aus, erfolgt eine zeitanteilige Vergütung. …

        

§ 4

Arbeitszeit

        

Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt ausschließlich der Pausen durchschnittlich 40 Stunden wöchentlich und wird durch unser Zeiterfassungssystem erfasst.

        

Die derzeitige Arbeitszeit ist wie folgt festgelegt:

        

6:00 h

bis     

12:00 h

        

12:00 h

bis     

12:30 h (Pause)

        

12:30 h

bis     

17:00 h

        

…“    

8

Die Klägerin arbeitete nach der Vertragsänderung weiterhin an fünf Tagen der Woche zwischen 06:00 und 17:00 Uhr. Über 10,5 Stunden hinaus geleistete Arbeitsstunden machte die Klägerin als Überstunden geltend und erhielt hierfür entsprechend den von ihr gestellten Anträgen Freizeitausgleich.

9

Nach einer Beanstandung durch das Gewerbeaufsichtsamt reduzierte die Beklagte die tägliche Arbeitszeit der Klägerin ab dem 1. November 2013 auf 9,5 Stunden und kürzte das Bruttomonatsgehalt von 2.500,00 Euro auf 2.265,00 Euro. Nach Protest der Klägerin zahlte die Beklagte die Vergütungsdifferenz für die Monate November und Dezember 2013 nach. Ende Februar 2014 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich unter Berufung auf betriebsbedingte Gründe.

10

Mit der am 30. Dezember 2014 eingereichten Klage hat die Klägerin, nach vorangegangener erfolgloser außergerichtlicher Geltendmachung für im Zeitraum 1. März 2011 bis 30. September 2013 wöchentlich über 40 Stunden hinaus geleistete 12,5 Arbeitsstunden Vergütung verlangt. Die vereinbarte Vergütung sei nach dem Arbeitsvertrag für eine durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden zu zahlen. Die in § 4 Arbeitsvertrag wiedergegebenen Arbeitszeiten seien nur die betriebsüblichen Bedienzeiten an der Waage. Eine Festlegung des zeitlichen Umfangs der von ihr geschuldeten Arbeitsleistung sei damit nicht verbunden gewesen. Jedenfalls seien die über die gesetzlich zulässige Wochenarbeitszeit von 48 Stunden hinaus geleisteten Arbeitsstunden zusätzlich zu vergüten.

11

Die Klägerin hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 23.965,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30. Dezember 2014 zu zahlen.

12

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, sie habe mit der Klägerin vereinbart, es solle die bisherige tägliche Arbeitszeit von 10,5 Stunden beibehalten und der Bruttojahresverdienst von 32.500,00 Euro als Gegenleistung für eine wöchentliche Arbeitsleistung von 52,5 Stunden gezahlt werden. Die Klägerin habe durch die Änderung des Vertrags eine Gehaltserhöhung von 6,2 % erhalten sollen und nicht von 33,99 %. Zur Erwähnung von 40 Stunden im Arbeitsvertrag sei es gekommen, weil ein Formulararbeitsvertrag verwendet wurde. Die über das gesetzlich zulässige Maß hinaus geleistete Arbeitszeit sei nicht zu vergüten. Dies gebiete der Schutzzweck von § 3 ArbZG. Jedenfalls seien etwaige Ansprüche der Klägerin verwirkt.

13

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision der Klägerin ist zum Teil begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin gegen die klageabweisende Entscheidung des Arbeitsgerichts zu Unrecht in vollem Umfang zurückgewiesen. Die zulässige Klage ist zum Teil begründet. Die Klägerin hat gemäß § 612 Abs. 1 und Abs. 2 BGB Anspruch auf Vergütung in Höhe von 7.909,65 Euro brutto nebst Verzugszinsen in gesetzlicher Höhe. Im Übrigen ist die Klage unbegründet.

15

A. Die Klage ist zulässig, insbesondere streitgegenständlich hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Streitgegenstand der Klage ist die Vergütung von wöchentlich 12,5 Arbeitsstunden, die die Klägerin unstreitig vom 1. März 2011 bis zum 30. September 2013 innerhalb einer konkret bezeichneten Zeitspanne über eine Wochenarbeitszeit von 40 Stunden hinaus arbeitete. Die Vergütung von Pausenzeiten ist nicht Gegenstand der Klage.

16

B. Die Klage ist nur zum Teil begründet.

17

Die Klägerin hat Anspruch auf Vergütung für im Zeitraum 1. März 2011 bis 30. September 2013 wöchentlich über 48 Stunden hinaus geleistete 4,5 Arbeitsstunden. Diese Stunden sind nicht mit dem vereinbarten Jahresverdienst von 32.500,00 Euro brutto entgolten. Die Klägerin schuldete für das vereinbarte Arbeitsentgelt lediglich eine Arbeitsleistung von wöchentlich 48 Stunden. Im Übrigen ist die Klage unbegründet. Die Beklagte hat die Vergütungsansprüche der Klägerin für wöchentlich im Streitzeitraum geleistete 48 Arbeitsstunden erfüllt, § 362 Abs. 1 BGB.

18

I. Die Parteien haben, wie vom Arbeitsgericht zutreffend erkannt, vor Unterzeichnung des von der Beklagten gestellten schriftlichen Arbeitsvertrags in einer konkludent getroffenen individuellen Vertragsabrede eine wöchentliche Arbeitszeit von 52,5 Stunden vereinbart. Dies ergibt die Auslegung der von ihnen abgegebenen nichttypischen Erklärungen, die nach § 305b BGB den Regelungen des Formulararbeitsvertrags vorgehen.

19

Individualabreden können - weiter gehend als in § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB oder § 310 Abs. 3 Nr. 2 letzter Halbsatz BGB geregelt - grundsätzlich alle Abreden zwischen den Vertragsparteien außerhalb der einseitig vom Verwender vorgegebenen Vertragsbedingungen sein. Sie können sowohl ausdrücklich als auch konkludent getroffen werden (vgl. BAG 14. September 2011 - 10 AZR 526/10 - Rn. 39, BAGE 139, 156). Auch können sie auf mündlichen Erklärungen der Parteien beruhen (vgl. BAG 20. Mai 2008 - 9 AZR 382/07 - Rn. 27 ff., BAGE 126, 364). Eine solche Abrede haben die Parteien getroffen, indem sie vor Unterzeichnung des von der Beklagten gestellten schriftlichen Arbeitsvertrags den Umfang der von der Klägerin zu erbringenden Arbeitsleistung und die Höhe der hierfür von der Beklagten als Gegenleistung geschuldeten Vergütung vereinbarten. Die Vereinbarung hat im Rahmen ihrer Wirksamkeit vor den Regelungen des von der Beklagten gestellten schriftlichen Arbeitsvertrags Vorrang.

20

1. Welche Rechtsqualität und welchen Umfang atypische Erklärungen der Parteien haben, ist durch Auslegung zu ermitteln (vgl. BAG 21. Juni 2011 - 9 AZR 203/10 - Rn. 20, BAGE 138, 136). Die Auslegung von atypischen Willenserklärungen ist grundsätzlich Sache der Tatsachengerichte. Sie kann in der Revision nur darauf überprüft werden, ob das Berufungsgericht Auslegungsregeln verletzt oder gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen, wesentliche Tatsachen unberücksichtigt gelassen oder eine gebotene Auslegung unterlassen hat (st. Rspr., vgl. BAG 23. Februar 2016 - 3 AZR 44/14 - Rn. 29; 24. September 2014 - 5 AZR 611/12 - Rn. 27, BAGE 149, 144). Das Revisionsgericht darf bei einer unterlassenen oder fehlerhaften Auslegung atypischer Verträge und Willenserklärungen nur dann selbst auslegen, wenn das Landesarbeitsgericht den erforderlichen Sachverhalt vollständig festgestellt hat und kein weiteres tatsächliches Vorbringen der Parteien zu erwarten ist (st. Rspr., zB BAG 24. September 2014 - 5 AZR 611/12 - Rn. 27 mwN, aaO).

21

2. Das Landesarbeitsgericht hat die Erklärungen der Parteien nicht vollständig ausgelegt, indem es offenließ, ob diese als Individualabrede zu qualifizieren seien, und deren Bedeutungsgehalt lediglich für das Verständnis der Parteien von § 4 Arbeitsvertrag bewertete. Der Senat kann die gebotene Auslegung auf Grundlage der vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen selbst vornehmen. Der erforderliche Sachverhalt ist vollständig festgestellt. Weiteres tatsächliches Vorbringen der Parteien ist nicht zu erwarten.

22

a) Verträge und Willenserklärungen sind nach dem Empfängerhorizont auszulegen (§§ 133, 157 BGB). Auslegungsziel ist bei empfangsbedürftigen Willenserklärungen nicht der innere Wille des Erklärenden, sondern das, was der Adressat nach seinem Empfängerhorizont als Willen des Erklärenden verstehen konnte (BAG 11. Juli 2007 - 7 AZR 501/06 - Rn. 36). Zu würdigen sind neben dem Wortlaut der Erklärung auch alle Begleitumstände, die dem Erklärungsempfänger bekannt waren und die für die Frage erheblich sein können, welchen Willen der Erklärende bei Abgabe der Erklärung hatte (BAG 20. Juni 2013 - 6 AZR 805/11 - Rn. 14, BAGE 145, 249; 24. September 2014 - 5 AZR 611/12 - Rn. 28, BAGE 149, 144).

23

b) Hiervon ausgehend haben die Parteien eine wöchentliche Arbeitszeit von 52,5 Stunden vereinbart.

24

aa) Die Parteien haben vor Abschluss des schriftlichen Arbeitsvertrags die künftigen Arbeitszeiten der Klägerin besprochen. Es bestand Einvernehmen, die bisherige Arbeitszeit bei Übernahme der Klägerin in ein Angestelltenverhältnis beizubehalten. Die Klägerin lehnte eine Verlängerung der Pausenzeiten ausdrücklich ab.

25

bb) Die Berechnung der künftigen Vergütung basierte, für die Klägerin erkennbar, auf der getroffenen Abrede. Die Beklagte legte die Berechnung der neuen Bruttovergütung in dem der Klägerin vorgelegten Schreiben „Übernahme ins Angestelltenverhältnis“ offen. Ausweislich der Gegenüberstellung von neuem und altem Jahresverdienst sollte die Bruttovergütung um 6,2 % erhöht werden. Eine solche effektive Gehaltserhöhung von 6,2 % errechnet sich bei einer unveränderten Arbeitsleistung von 10,5 Stunden täglich.

26

cc) Die Vereinbarung einer Arbeitszeit von 52,5 Stunden wöchentlich wird durch die Einlassung der Klägerin in der Berufungsverhandlung bestätigt, es sei überraschend gewesen, dass im schriftlichen Arbeitsvertrag eine 40-Stunden-Woche gestanden habe, was sich mit den bisherigen Arbeitszeiten nicht vertragen hätte. Dies deckt sich mit der Erklärung der Beklagten, es sei versehentlich ein Formulararbeitsvertrag verwendet worden, in dem eine 40-Stunden-Woche vorgesehen gewesen sei. Die Diskrepanz zwischen der im Arbeitsvertrag angegebenen Arbeitszeit von wöchentlich 40 Stunden und der zuvor verabredeten von 52,5 Stunden wöchentlich war der Klägerin bei Vertragsunterzeichnung bewusst.

27

dd) Dem Auslegungsergebnis entspricht die Vertragspraxis der Parteien. Sie verdeutlicht, dass sich die Parteien vor Unterzeichnung des schriftlichen Arbeitsvertrags nicht nur iSv. Wissenserklärungen über die bisherigen Arbeitszeiten der Klägerin austauschten, sondern rechtsgeschäftliche Erklärungen zum Umfang der von der Klägerin zu erbringenden Arbeitsleistung und zur Höhe der hierfür als Gegenleistung geschuldeten Vergütung abgaben und abgeben wollten. Das Verhalten der Parteien nach Vertragsschluss ist ein bedeutsames Indiz für die Ermittlung des tatsächlichen Willens und Verständnisses bei Vertragsschluss (vgl. BGH 16. Juni 2009 - XI ZR 145/08 - Rn. 16, BGHZ 181, 278; Schaub/Linck ArbR-HdB 16. Aufl. § 35 Rn. 31). Nicht nur aus der Abwicklung des Vertrags durch die Beklagte, sondern auch aus dem Verhalten der Klägerin nach Vertragsschluss, ergibt sich, dass nach dem Verständnis beider Parteien eine regelmäßige Arbeitszeit von 10,5 Stunden täglich und 52,5 Stunden wöchentlich vereinbart war. Die Klägerin legte der Geltendmachung von Überstunden, wie ihren Ausführungen im Zusammenhang mit den Anträgen auf Freizeitausgleich zu entnehmen ist, stets eine Arbeitszeit von 10,5 Stunden als vertraglich geschuldet zugrunde und ermittelte den Ausgleichsanspruch auf dieser Basis.

28

ee) Die unterlassene Anpassung des vorformulierten Vertragstexts an die vereinbarte Dauer der Arbeitszeit führt zu keinem anderen Ergebnis. Anhaltspunkte für eine mit dem schriftlichen Arbeitsvertrag beabsichtigte Einschränkung der zuvor getroffenen Vereinbarungen (vgl. BGH 23. Januar 2013 - VIII ZR 47/12 - Rn. 22) sind nicht gegeben.

29

II. Die Parteien konnten wirksam nur eine Arbeitsleistung von wöchentlich 48 Stunden vereinbaren. Die getroffene Arbeitszeitvereinbarung ist nach § 3 ArbZG iVm. § 134 BGB unwirksam, soweit sie eine Überschreitung der gesetzlich zulässigen Höchstarbeitszeit vorsieht.

30

1. Nach § 3 ArbZG darf die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden. § 3 ArbZG ist ein Verbotsgesetz iSv. § 134 BGB(Baeck/Deutsch ArbZG 3. Aufl. Einf. Rn. 53; Schaub/Vogelsang ArbR-HdB 16. Aufl. § 155 Rn. 4).

31

2. Die Vereinbarung einer wöchentlichen Arbeitszeit von 52,5 Stunden verstößt gegen § 3 ArbZG. Der Verstoß hat jedoch nach § 134 BGB nicht die Nichtigkeit der Arbeitszeitvereinbarung insgesamt, sondern deren Teilnichtigkeit zur Folge. Die Vereinbarung ist wirksam, soweit sie eine Arbeitsleistung von wöchentlich 48 Stunden vorsieht.

32

a) Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich aus dem Gesetz nichts anderes ergibt, § 134 BGB. Dabei muss das Rechtsgeschäft selbst verbotswidrig sein. Das ist der Fall, wenn sein Inhalt gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, insbesondere der mit dem Rechtsgeschäft bezweckte Erfolg verbotswidrig ist (BAG 18. März 2009 - 5 AZR 355/08 - Rn. 15, BAGE 130, 34). Das Verbot braucht nicht unmittelbar im Gesetzeswortlaut Ausdruck gefunden zu haben. Es kann sich auch aus Sinn und Zweck der betreffenden Vorschrift ergeben. Maßgebend ist insoweit die Reichweite ihres Schutzzwecks (vgl. BAG 19. März 2009 - 8 AZR 722/07 - Rn. 25, BAGE 130, 90; 22. November 2012 - 2 AZR 371/11 - Rn. 38, BAGE 144, 47; 19. August 2015 - 5 AZR 500/14 - Rn. 31, 32, BAGE 152, 228).

33

b) Die Arbeitszeitvereinbarung der Parteien ist nach § 134 BGB nur unwirksam, soweit sie im Widerspruch zu § 3 ArbZG steht. § 3 ArbZG soll den Arbeitnehmer vor Überforderung durch übermäßige zeitliche Inanspruchnahme schützen. Die Vorschrift begründet ein gesetzliches Beschäftigungsverbot aufgrund dessen es dem Arbeitgeber - nur - untersagt ist, Arbeitsleistung in einem die gesetzlichen Höchstgrenzen übersteigenden Umfang anzuordnen oder entgegenzunehmen (vgl. BAG 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 - Rn. 15, BAGE 116, 66). § 3 ArbZG gibt damit eine Grenze für das Arbeitszeitvolumen vor, das wirksam als geschuldet vereinbart werden kann. Im Rahmen des gesetzlich Zulässigen bleibt eine gegen die gesetzlichen Höchstgrenzen verstoßende Arbeitszeitvereinbarung wirksam.

34

III. Im Rahmen ihrer Wirksamkeit hat die Individualabrede der Parteien Vorrang vor den Regelungen des von der Beklagten gestellten schriftlichen Arbeitsvertrags.

35

1. Individuelle Vertragsabreden haben Vorrang vor Allgemeinen Geschäftsbedingungen iSv. § 305 Abs. 1 BGB und vor in Verbraucherverträgen vorformulierten Einmalbedingungen iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB. Ausdrücklich klargestellt ist dies für Allgemeine Geschäftsbedingungen in § 305b BGB. Der Vorrang der Individualabrede ergibt sich zudem aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen (vgl. zu § 4 AGBG und vor Inkrafttreten des AGB-Gesetzes geschlossenen Verträgen BGH 13. Januar 1982 - IVa ZR 162/80 - zu IV der Gründe). Er gilt trotz der fehlenden Verweisung in § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB auf § 305b BGB auch für vorformulierte Einmalbedingungen in Verbraucherverträgen(vgl. Clemenz in Clemenz/Kreft/Krause AGB-Arbeitsrecht § 305b Rn. 4; Kreft in Clemenz/Kreft/Krause AGB-Arbeitsrecht § 310 Rn. 35; einen Vorrang der Individualabrede aus §§ 133, 157 BGB ableitend Staudinger/Schlosser (2013) § 310 Rn. 67; Erman/Roloff BGB 14. Aufl. § 310 Rn. 21).

36

2. Es bedarf danach keiner weiteren Aufklärung, ob es sich bei § 4 Abs. 1 Arbeitsvertrag um eine für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingung iSv. § 305 Abs. 1 BGB handelt und deshalb § 305b BGB anzuwenden ist oder der Arbeitsvertrag als Verbrauchervertrag zu bewerten ist(vgl. BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 253/09 - Rn. 20 ff.; 27. Juni 2012 - 5 AZR 530/11 - Rn. 14). In beiden Fällen geht die Individualabrede der Parteien den Bestimmungen des schriftlichen Arbeitsvertrags vor.

37

a) Bei dem Grundsatz des Vorrangs der Individualabrede handelt es sich um eine Kollisionsregel, die auf der Rechtsfolgenseite zu einer Verdrängung der vom Verwender als Allgemeine Geschäftsbedingung oder als Einmalbedingung gestellten Vertragsbedingung durch die Individualabrede führt. Die Kollisionsregel setzt voraus, dass es auf der einen Seite Allgemeine Geschäftsbedingungen oder Einmalbedingungen in einem Verbrauchervertrag als gestellte Vertragsbedingungen und auf der anderen Seite eine Individualabrede gibt. Sie kommt zum Tragen, wenn die durch Auslegung der Individualabrede nach §§ 133, 157 BGB und der vom Verwender gestellten Vertragsbedingungen nach den für ihre Auslegung geltenden Grundsätzen zu ermittelnden Regelungsbereiche einer wirksamen Individualabrede und einer wirksamen Formularabrede zumindest teilweise inhaltlich deckungsgleich sind(vgl. Clemenz in Clemenz/Kreft/Krause AGB-Arbeitsrecht § 305b Rn. 2). Im Falle widersprechender Regelungen ist allein auf die individuelle abzustellen. Die gestellten Vertragsbedingungen können und sollen nur insoweit Geltung beanspruchen, wie die von den Parteien getroffene Individualabrede dafür Raum lässt (zu § 305b BGB vgl. BAG 14. September 2011 - 10 AZR 526/10 - Rn. 39, BAGE 139, 156). Für den Anwendungsbereich Allgemeiner Geschäftsbedingungen und vorformulierter Einmalbedingungen in Verbraucherverträgen kommt es daher auf die Reichweite der Individualvereinbarung an und nicht umgekehrt (zu § 305b BGB BGH 23. Januar 2013 - VIII ZR 47/12 - Rn. 22).

38

b) Hiervon ausgehend werden die Bestimmungen des schriftlichen Arbeitsvertrags durch die Individualvereinbarung der Parteien verdrängt, soweit sie zu dieser im Widerspruch stehen. Es kann deshalb zu Gunsten der Klägerin unterstellt werden, § 4 Arbeitsvertrag regele ausgehend von einer Auslegung nach einem objektiv-generalisierenden Maßstab(vgl. BAG 24. Februar 2016 - 5 AZR 258/14 - Rn. 26 mwN) und einer vorzunehmenden Inhaltskontrolle wirksam eine Wochenarbeitszeit von 40 Stunden. Auch in diesem Fall ist allein auf die Individualabrede der Parteien abzustellen, die zwar wegen Überschreitung der gesetzlich zulässigen Höchstarbeitszeit nach § 134 BGB teilunwirksam ist, aber trotz des Verstoßes gegen § 3 ArbZG wirksam bleibt, soweit sie eine Arbeitsleistung von wöchentlich 48 Stunden vorsieht.

39

IV. Die Klägerin hat nach § 612 Abs. 1 BGB Anspruch auf Vergütung der wöchentlich über 48 Stunden hinaus geleisteten 4,5 Arbeitsstunden, denn sie schuldete für das vereinbarte Arbeitsentgelt lediglich eine Arbeitsleistung in gesetzlich zulässigem Umfang.

40

1. Die Vergütung von Arbeitsstunden setzt - bei Fehlen einer anwendbaren gesetzlichen oder kollektivrechtlichen Regelung - entweder eine entsprechende arbeitsvertragliche Vereinbarung oder eine Vergütungspflicht nach § 612 Abs. 1 BGB voraus(vgl. BAG 25. März 2015 - 5 AZR 602/13 - Rn. 16, BAGE 151, 180).

41

2. Eine anderweitige normative Regelung, die einen Vergütungsanspruch der Klägerin begründen könnte, besteht nicht. Arbeitsvertraglich haben die Parteien die Vergütung, der von der Klägerin wöchentlich über 48 Stunden hinaus geleisteten Arbeitsstunden, weder vereinbart noch ausgeschlossen.

42

3. Anspruchsgrundlage für das Begehren der Klägerin ist § 612 Abs. 1 BGB.

43

a) § 612 Abs. 1 BGB bildet nicht nur in den Fällen, in denen überhaupt keine Vergütungsvereinbarung getroffen wurde, sondern auch dann die Rechtsgrundlage für den Anspruch auf Vergütung, wenn der Arbeitnehmer auf Veranlassung des Arbeitgebers quantitativ mehr arbeitet als von der Vergütungsabrede erfasst(BAG 18. Mai 2011 - 5 AZR 181/10 - Rn. 17; 25. März 2015 - 5 AZR 602/13 - Rn. 17, BAGE 151, 180) und damit Leistungen erbringt, die durch die vereinbarte Vergütung nicht entgolten sind, und weder einzel- noch tarifvertraglich geregelt ist, wie diese Dienste zu vergüten sind (st. Rspr., BAG 29. Januar 2003 - 5 AZR 703/01 - zu I 1 der Gründe; 6. Dezember 2006 - 5 AZR 737/05 - Rn. 16; 23. September 2015 - 5 AZR 626/13 - Rn. 20).

44

b) Die über 48 Stunden hinausgehende Arbeitsleistung der Klägerin wurde von der Vergütungsabrede der Parteien nicht erfasst. Nach § 611 Abs. 1 BGB schuldet der Arbeitnehmer für die vereinbarte Vergütung qualitativ und quantitativ allein die vereinbarte Arbeitsleistung(vgl. BAG 25. März 2015 - 5 AZR 874/12 - Rn. 20; 23. September 2015 - 5 AZR 626/13 - Rn. 20). Der Arbeitgeber kann Arbeitsleistung allerdings nur im Rahmen des gesetzlich Zulässigen verlangen. Das vereinbarte Bruttojahresentgelt in Höhe von 32.500,00 Euro stellt deshalb die Gegenleistung für die wirksam vereinbarte Arbeitszeit dar, dh. für 48 Arbeitsstunden wöchentlich.

45

4. Nach § 612 Abs. 1 BGB gilt eine Vergütung als stillschweigend vereinbart, wenn die Arbeitsleistung nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.

46

a) § 612 BGB sieht nicht für jede Dienstleistung, die über die vertraglichen Pflichten hinaus erbracht wird, eine Vergütung vor. Vielmehr setzt die Norm stets voraus, dass die Leistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. Die Vergütungserwartung ist stets anhand eines objektiven Maßstabs unter Berücksichtigung der Verkehrssitte, der Art, des Umfangs und der Dauer der Dienstleistung sowie der Stellung der Beteiligten zueinander festzustellen, ohne dass es auf deren persönliche Meinung ankommt (BAG 22. Februar 2012 - 5 AZR 765/10 - Rn. 21).

47

b) Die Leistung von Arbeitsstunden durch die Klägerin über das geschuldete Maß hinaus war nach den Umständen nur gegen eine Vergütung zu erwarten. Besondere Umstände, die gegen eine objektive Vergütungserwartung sprechen könnten, ergeben sich weder aus der Tätigkeit und Stellung der Klägerin noch aus der Höhe ihres Einkommens (vgl. BAG 22. Februar 2012 - 5 AZR 765/10 - Rn. 21).

48

c) Der Verstoß gegen § 3 ArbZG führt nicht zum Ausschluss eines Vergütungsanspruchs. Der Sinn des § 3 ArbZG besteht darin, eine Überforderung des Arbeitnehmers zu vermeiden(BAG 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 - Rn. 15, BAGE 116, 66). Der Schutzzweck des § 3 ArbZG gebietet nicht, dem Arbeitnehmer Vergütung für Arbeitsleistungen zu versagen, die der Arbeitgeber trotz des Beschäftigungsverbots in Anspruch genommen hat. Die Regelungen des Arbeitszeitgesetzes untersagen es dem Arbeitgeber nicht, die über die gesetzlich zulässigen Höchstgrenzen hinaus erbrachten Arbeitsleistungen zu vergüten.

49

V. Der Klägerin steht nach § 612 Abs. 2 BGB weitere Vergütung in Höhe von 7.909,65 Euro brutto zu.

50

1. Für die Höhe der von der Beklagten geschuldeten Vergütung bleibt die vereinbarte Vergütung maßgebend. Die Vereinbarung einer Jahresvergütung bei gleichzeitiger Festlegung der regelmäßigen Arbeitszeit rechtfertigt den Schluss, dass sich die Jahresvergütung grundsätzlich auf die geschuldete Arbeitszeit bezieht und darüber hinausgehende Stunden anteilig zu vergüten sind (vgl. BAG 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 - Rn. 15, 16, BAGE 116, 66).

51

2. Der mit der Reduzierung der - vermeintlich - geschuldeten Arbeitsleistung auf das gesetzlich zulässige Maß verbundene Eingriff in das arbeitsvertragliche Synallagma rechtfertigt keine andere Bewertung.

52

a) Das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung wird durch das Verhältnis von geschuldeter Arbeitsleistung und Vergütung bestimmt (BAG 27. April 2016 - 5 AZR 311/15 - Rn. 25). Für den Wert der Arbeitsleistung sollte nach den Vorstellungen der Parteien eine Arbeitszeit von 52,5 Stunden wöchentlich in Relation zur vereinbarten Vergütung bestimmend sein.

53

b) Eine diesem Regelungsplan Rechnung tragende ergänzende Vertragsauslegung zur Ermittlung der Höhe der geschuldeten Vergütung (vgl. hierzu BAG 18. November 2015 - 5 AZR 751/13 - Rn. 26 ff.) scheidet aus, weil die vertragliche Regelung nicht lückenhaft ist. Der Verstoß gegen § 3 ArbZG hat nach §§ 134, 139 BGB allein die Teilnichtigkeit der Arbeitszeitvereinbarung zur Folge. Er lässt die Wirksamkeit der vertraglichen Vereinbarung im Übrigen unberührt (vgl. Schaub/Linck ArbR-HdB 16. Aufl. § 34 Rn. 20).

54

c) Eine andere Bemessung der Vergütung für die wöchentlich über 48 Stunden hinaus geleisteten 4,5 Arbeitsstunden ist auch nicht unter Berücksichtigung der in § 313 BGB kodifizierten Rechtsgrundsätze der Störung der Geschäftsgrundlage geboten.

55

aa) Nach § 313 Abs. 2 iVm. Abs. 1 BGB kann, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen, eine Anpassung des Vertrags nur verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann (BAG 23. April 2013 - 3 AZR 513/11 - Rn. 36). Eine Störung der Geschäftsgrundlage kann bei einem beiderseitigen Irrtum über die Rechtslage bei Abschluss des Vertrags anzunehmen sein, wenn ohne diesen beiderseitigen Irrtum der Vertrag nicht wie geschehen geschlossen worden wäre (vgl. zum Wegfall der Geschäftsgrundlage BAG 12. Januar 2005 - 5 AZR 144/04 - zu B I 3 a der Gründe). Eine Vertragsanpassung ist jedoch auch in diesem Fall nur bei erheblichen Störungen des Äquivalenzverhältnisses in Betracht zu ziehen.

56

bb) Von einer die Anpassung der Vergütungsabrede rechtfertigenden Störung der Geschäftsgrundlage kann vorliegend nicht ausgegangen werden. Der mit der Reduzierung der - vermeintlich - geschuldeten wöchentlichen Arbeitsleistung von 52,5 Stunden auf das gesetzlich zulässige Maß von 48 Stunden - dh. um weniger als 9 % - unter Beibehaltung der vereinbarten Vergütung verbundene Eingriff in das Äquivalenzverhältnis ist nicht so schwerwiegend, dass der Beklagten ein Festhalten am unveränderten Vertrag unzumutbar wäre.

57

d) Die Beklagte schuldet der Klägerin danach ausgehend von einem vereinbarten Jahresverdienst in Höhe von 32.500,00 Euro brutto für im Zeitraum 1. März 2011 bis 30. September 2013 geleistete 607,5 Stunden weitere Vergütung in Höhe von 7.909,65 Euro brutto.

58

VI. Die Klägerin hat ihren Vergütungsanspruch nicht verwirkt.

59

1. Das Landesarbeitsgericht hat offengelassen, ob die Ansprüche der Klägerin verwirkt sind. Es hat allerdings den Sachverhalt, der für die Bewertung, ob die Ansprüche verwirkt sind, erforderlich ist, vollständig festgestellt. Weiteres tatsächliches Vorbringen der Parteien ist nicht zu erwarten. Der Senat kann deshalb die Prüfung der Verwirkung selbst vornehmen.

60

2. Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung und soll dem Bedürfnis nach Rechtsklarheit dienen. Sie hat nicht den Zweck, Schuldner, denen gegenüber Gläubiger ihre Rechte längere Zeit nicht geltend gemacht haben, von ihrer Pflicht zur Leistung vorzeitig zu befreien. Deshalb kann allein der Zeitablauf die Verwirkung eines Rechts nicht rechtfertigen (Zeitmoment). Es müssen vielmehr besondere Umstände sowohl im Verhalten des Berechtigten als auch des Verpflichteten hinzutreten (Umstandsmoment), die es rechtfertigen, die späte Geltendmachung des Rechts als mit Treu und Glauben unvereinbar und für den Verpflichteten als unzumutbar anzusehen. Der Berechtigte muss unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erwecken konnten, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, so dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden. Durch die Verwirkung wird die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen. Die Verwirkung dient dem Vertrauensschutz. Weiterhin muss - als Zumutbarkeitsmoment - das Erfordernis des Vertrauensschutzes das Interesse des Berechtigten an einer sachlichen Prüfung des von ihm behaupteten Anspruchs derart überwiegen, dass dem in Anspruch Genommenen die Erfüllung des Anspruchs oder die Einlassung auf die Klage nicht mehr zuzumuten ist (BAG 25. April 2006 - 3 AZR 372/05 - Rn. 20, BAGE 118, 51; 22. Februar 2012 - 4 AZR 579/10 - Rn. 43; 25. September 2013 - 5 AZR 936/12 - Rn. 15).

61

3. Eine Verwirkung kommt vorliegend schon deshalb nicht in Betracht, weil sich aus dem Vorbringen der Beklagten und dem unstreitigen Sachverhalt keine Tatsachen ergeben, die geeignet wären, die Annahme zu rechtfertigen, der Beklagten sei es aufgrund eigener Dispositionen „unzumutbar“ geworden (vgl. BAG 25. September 2013 - 5 AZR 936/12 - Rn. 28), die Ansprüche der Klägerin zu erfüllen, oder es sei ihr aufgrund sonstiger Umstände unzumutbar, sich auf die Klage einzulassen.

62

VII. Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 1 BGB.

63

VIII. Im Übrigen ist die Klage unbegründet. Die Klägerin kann nicht weiter gehend die Vergütung der Stunden verlangen, die sie über 40 Stunden wöchentlich hinaus gearbeitet hat. Ein Anspruch nach § 612 Abs. 1 BGB scheidet aus, weil die Parteien eine vertragliche Vereinbarung über die Vergütung von wöchentlich 48 Stunden getroffen haben. Die Ansprüche der Klägerin nach § 611 Abs. 1 BGB auf die vertraglich vereinbarte Vergütung für eine Arbeitsleistung von 48 Stunden wöchentlich hat die Beklagte durch Zahlung erfüllt, § 362 Abs. 1 BGB.

64

C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.

        

    Müller-Glöge    

        

    Biebl    

        

    Weber    

        

        

        

    Jungbluth    

        

    Zorn    

                 

(1) Das Gericht kann die Wiedereröffnung einer Verhandlung, die geschlossen war, anordnen.

(2) Das Gericht hat die Wiedereröffnung insbesondere anzuordnen, wenn

1.
das Gericht einen entscheidungserheblichen und rügbaren Verfahrensfehler (§ 295), insbesondere eine Verletzung der Hinweis- und Aufklärungspflicht (§ 139) oder eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, feststellt,
2.
nachträglich Tatsachen vorgetragen und glaubhaft gemacht werden, die einen Wiederaufnahmegrund (§§ 579, 580) bilden, oder
3.
zwischen dem Schluss der mündlichen Verhandlung und dem Schluss der Beratung und Abstimmung (§§ 192 bis 197 des Gerichtsverfassungsgesetzes) ein Richter ausgeschieden ist.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

(1) Der Berufungskläger kann die Berufung bis zur Verkündung des Berufungsurteils zurücknehmen.

(2) Die Zurücknahme ist dem Gericht gegenüber zu erklären. Sie erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung eines Schriftsatzes.

(3) Die Zurücknahme hat den Verlust des eingelegten Rechtsmittels und die Verpflichtung zur Folge, die durch das Rechtsmittel entstandenen Kosten zu tragen. Diese Wirkungen sind durch Beschluss auszusprechen.

(1) Besteht der unterliegende Teil aus mehreren Personen, so haften sie für die Kostenerstattung nach Kopfteilen.

(2) Bei einer erheblichen Verschiedenheit der Beteiligung am Rechtsstreit kann nach dem Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(3) Hat ein Streitgenosse ein besonderes Angriffs- oder Verteidigungsmittel geltend gemacht, so haften die übrigen Streitgenossen nicht für die dadurch veranlassten Kosten.

(4) Werden mehrere Beklagte als Gesamtschuldner verurteilt, so haften sie auch für die Kostenerstattung, unbeschadet der Vorschrift des Absatzes 3, als Gesamtschuldner. Die Vorschriften des bürgerlichen Rechts, nach denen sich diese Haftung auf die im Absatz 3 bezeichneten Kosten erstreckt, bleiben unberührt.

(1) In Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs besteht kein Anspruch der obsiegenden Partei auf Entschädigung wegen Zeitversäumnis und auf Erstattung der Kosten für die Zuziehung eines Prozeßbevollmächtigten oder Beistands. Vor Abschluß der Vereinbarung über die Vertretung ist auf den Ausschluß der Kostenerstattung nach Satz 1 hinzuweisen. Satz 1 gilt nicht für Kosten, die dem Beklagten dadurch entstanden sind, daß der Kläger ein Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit, der allgemeinen Verwaltungsgerichtsbarkeit, der Finanz- oder Sozialgerichtsbarkeit angerufen und dieses den Rechtsstreit an das Arbeitsgericht verwiesen hat.

(2) Werden im Urteilsverfahren des zweiten und dritten Rechtszugs die Kosten nach § 92 Abs. 1 der Zivilprozeßordnung verhältnismäßig geteilt und ist die eine Partei durch einen Rechtsanwalt, die andere Partei durch einen Verbandsvertreter nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 und 5 vertreten, so ist diese Partei hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten so zu stellen, als wenn sie durch einen Rechtsanwalt vertreten worden wäre. Ansprüche auf Erstattung stehen ihr jedoch nur insoweit zu, als ihr Kosten im Einzelfall tatsächlich erwachsen sind.