Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 11. Jan. 2018 - 2 Sa 24/17

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2018:0111.2Sa24.17.00
bei uns veröffentlicht am11.01.2018

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 25.10.2016 - 8 Ca 573/16 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Rückzahlung von Überbrückungsbeihilfe.

2

Der am 1951 geborene Beklagte zu 1) war vom 08. Juli 1973 bis zum 31. März 2004 bei den US-Stationierungsstreitkräften beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fand der Tarifvertrag zur sozialen Sicherung der Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland vom 31. August 1971 (TV SozSich) aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme Anwendung. Das Arbeitsverhältnis des Beklagten zu 1) musste aus Gründen i.S.d. § 2 TV SozSich beendet werden. Auf seinen Antrag erhielt der Beklagte zu 1) zunächst anknüpfend an das von ihm bezogene Krankengeld bzw. Übergangsgeld sowie danach Arbeitslosengeld I bis zum 31. Mai 2006 Überbrückungsbeihilfe.

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Der Beklagte zu 1) legte sodann folgenden schriftlichen Anstellungsvertrag mit der Beklagten zu 4) vor, der der Klägerin am 02. Mai 2006 zuging:

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"Anstellungsvertrag

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zwischen den Herren Patentanwälten E. und E.

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und

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Herrn C.

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1.) Beginn der Tätigkeit

9

Das Vertragsverhältnis beginnt am 01.06.2006.

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2.) Gegenstand der Tätigkeit

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Herr C. wird als Rechercheur beschäftigt und hierbei insbesondere folgende Aufgaben übernehmen: Sichtung von Online-Recherchedatenbanken, Recherche nach Dokumenten im Stand der Technik in Deutscher, Englischer und Italienischer Sprache mit Hilfe von üblichen User-Oberflächen, Berichterstattung, sonstige Sachbearbeitung nach Absprache.

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3.) Arbeitszeit

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Die Regelarbeitszeit ohne Pausen beträgt 22 Stunden pro Woche. Montag bis Donnerstag von 09:00 bis 15:00 Uhr und Freitags von 09:00 bis 11:00 Uhr. Von Montags bis Donnerstags ist zwischen 12:00 und 13:00 eine Pause vorgesehen. Herr C. arbeitet von seinem Heimarbeitsplatz aus. Zu den angegeben Arbeitszeiten muss Herr C. per Telefon oder per Email erreichbar sein.

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3.1) Arbeitsmittel

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Herr C. bekommt einen PC mit der notwendigen Software sowie alle notwendigen Arbeitsmittel wie Datenträger, Papier und Akten zur Verfügung gestellt, um seine Arbeit auszuführen. Die Kosten für die Nutzung des Internets und sonstige Telefonkosten für die Korrespondenz mit dem Arbeitgeber trägt Herr C. selbst.

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4.) Vergütung

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Herr C. erhält eine monatliche Vergütung in Höhe von 670,00 Euro, zahlbar am Ende eines jeden Monats. Diese Vergütung beinhaltet alle freiwilligen Leistungen des Arbeitgebers wie bspw. Urlaubs- und Weihnachtsgeld.

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5.) Vergütungsfortzahlung bei Krankheit oder Abwesenheit

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Ein Anspruch auf Vergütungsfortzahlung bei Abwesenheit besteht nicht. Wird Herr C. infolge Krankheit oder Betriebsunfall, durch ein vom Träger der Sozialversicherung oder durch einen sonstigen Sozialleistungsträger bewilligtes Heilverfahren oder infolge eines anderen in ihrer Person liegenden Grundes ohne eigenes Verschulden vorübergehend an der Ausübung seiner Tätigkeit gehindert, wird das Gehalt bis zu 6 Wochen ab dem 1. Tag der Arbeitsunfähigkeit fortgezahlt.

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Die gesetzlichen Bestimmungen über die Gehaltsfortzahlung im Krankheitsfall bleiben unberührt.

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6.) Erholungsurlaub

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Herr C. erhält einen Erholungsurlaub von 15 Tagen im Kalenderjahr. Am 06. Januar eines jeden Jahres ist Herr C. aufgrund des Feiertages in Baden-Württemberg von der Arbeit freigestellt.

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7.) Verschwiegenheitspflicht

24

Herr C. ist verpflichtet, alle betrieblichen Angelegenheiten, insbesondere Akteninhalte und Patentbeschreibungen, geheim zu halten. Diese Verpflichtung besteht auch nach Beendigung des Vertragsverhältnisses.

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8.) Kündigung

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Das Vertragsverhältnis kann von beiden Seiten zum jeweiligen Quartalsende mit sechswöchiger Frist gekündigt werden.

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9.) Sonstiges

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Mündliche Nebenabreden wurden nicht getroffen.

29

Sämtliche dieses Vertragsverhältnis betreffenden Änderungen und Zusätze bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Dies gilt auch für eine Änderung dieser Schriftformklausel.

30

Sollten einzelne Bestimmungen dieses Vertrags unwirksam sein oder werden oder sollte dieser Vertrag Lücken enthalten, wird dadurch die Wirksamkeit der übrigen Bestimmungen nicht berührt. Anstelle der unwirksamen Bestimmung ist diejenige wirksame Bestimmung zu vereinbaren, welche dem Sinn und Zweck der unwirksamen Bestimmung entspricht oder am nächsten kommt.

31

Im Falle von Vertragslücken gilt diejenige Bestimmung als vereinbart, welche nach Sinn und Zweck dieses Vertrags vereinbart worden wäre, hätten die Parteien diesen Punkt bei Vertragsschluss bedacht.

32

Beide Parteien bestätigen, eine Ausfertigung dieses von beiden Parteien unterzeichneten Vertrags erhalten zu haben."

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Aufgrund dieses vorgelegten Arbeitsvertrags wurde dem Beklagten zu 1) ab dem 01. Juni 2006 Überbrückungsbeihilfe gewährt. Gesellschafter der Beklagten zu 4) sind die Beklagten zu 2) und 3), die als Brüder der Ehefrau des Beklagten zu 1) mit dem Beklagten zu 1) verschwägert sind.

34

Mit Schreiben vom 25. August 2014 (Bl. 23, 24 d. A.) wies die Klägerin den Beklagten zu 1) darauf hin, dass nach dem von ihr angeführten Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 19. Dezember 2013 - 6 AZR 383/12 - kein Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe nach dem TV SozSich mehr bestehe, wenn er die Berechtigung zum vorzeitigen Bezug einer Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung habe. Weiterhin führte sie in dem Schreiben aus, dass Arbeitsentgelt aus einer anderweitigen Beschäftigung ein sozialversicherungspflichtiges und rechtswirksames Arbeitsverhältnis voraussetze. Nach dem Ergebnis einer aktuellen Überprüfung sei festgestellt worden, dass sein Arbeitslohn seit dem 01. Juni 2006 in der Höhe unverändert geblieben sei und lediglich 670,00 EUR betrage, was die üblichen Arbeitsentgelte für vergleichbare Tätigkeiten ganz erheblich unterschreite. Aus ihrer Sicht stehe ein solches Arbeitsentgelt in einem offenkundigen Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung und erscheine sittenwidrig niedrig. Sie habe deshalb auch erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der getroffenen Entgeltabrede für den Bezug von Überbrückungsbeihilfe.

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Zum 30. September 2014 stellte die Klägerin die Zahlung von Überbrückungsbeihilfe ein.

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Mit Schreiben vom 18. Dezember 2014 (Bl. 25, 26 d. A.) teilte der Beklagte zu 2) der Klägerin Folgendes mit:

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"Sehr geehrter Herr T.,

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mit großer Verwunderung haben wir dieser Tage zugetragen bekommen, dass Ihre Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion annimmt, das diesseitige Arbeitsverhältnis mit Herrn G. C. bestehe nur zum Schein, weil in den letzten acht Jahren keine Gehaltserhöhung erfolgt sei.

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Mit dieser Annahme liegt ein Irrtum vor und die damit einhergehende Vorwurf gegen uns als Arbeitgeber dürfen wir hiermit ausdrücklich zurückweisen. Herr C. ist bei uns seit 2006 tätig und war von Anbeginn der Tätigkeiten an ein zuverlässiger und vertrauensvoller Mitarbeiter, der als Muttersprachler seine Recherchetätigkeiten in den italienischen aber auch in den englischsprachigen amtlichen Registern zu unserer Zufriedenheit durchführt.

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Erlauben uns an dieser Stelle Ihnen ein Bild der tatsächlichen Verhältnisse zu geben, dass der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion anscheinend bisher fehlte. Als Grundlage für eine Beurteilung des Arbeitsverhältnisses kann der Arbeitsvertrag aus dem Jahr 2006 nicht dienen; vielmehr waren der Gegenstand der Tätigkeiten und unsere Leistungen Änderungen unterworfen, die wie sonst auch üblich nicht in einer Änderung des damaligen Arbeitsvertrages Niederschlag fanden und die wenn Sie so wollen einer gewissen Lohnanpassung gleichkommen. Nachdem sich Herr C. in seine Tätigkeiten am Heimarbeitsplatz eingearbeitet hatte und sich für die Recherchetätigkeiten qualifizierte, haben wir im April 2008 seinen Heimarbeitsplatz vollwertig mit einem neuen PC inkl. Flatscreen, Drucker etc. ausgestattet, den er auch privat nutzen durfte und darf. Gegen Ende 2010 sind wir von dem ursprünglichen im Arbeitsvertrag definierten Gegenstand der Tätigkeit und auch von den im Arbeitsvertrag festgehaltenen festen Arbeitszeiten abgekommen. Herr C. arbeitet seit Ende 2010 mit völlig flexiblen Arbeitszeiten und genießt hierfür uneingeschränkt unser vollstes Vertrauen. Seit Oktober 2012 recherchiert er nicht mehr auftragsbezogen sondern fortlaufend nach Entscheidungen des UlBM in Patent- und Markensachen. An diesem Gegenstand der Tätigkeiten und an den entsprechenden Leistungen halten wir derzeit fest. Sie erkennen, dass Herr C. in den letzten Jahren sehr wohl eine Leistungssteigerung durch uns als Arbeitgeber erfahren hat, die sich sehr wohl messen lässt und mitnichten eine Selbstverständlichkeit darstellen.

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Wir möchten explizit nicht zum Ausdruck bringen, dass die vorstehend genannten Veränderungen in Bezug auf die Leistungen für Herrn C. bewusst und explizit mit dem Gedanken angestoßen wurden, eine irgendwie geartete Lohnanpassung vornehmen zu wollen. Eine bewusste regelmäßige Lohnanpassung der Gehälter unserer insgesamt acht Angestellten erfolgt bei uns nicht automatisch. Wenn überhaupt werden Lohnanpassungen wie in der freien Wirtschaft bei kleinen mittelständischen Unternehmen üblich, durch den jeweiligen Arbeitnehmer individuell angestoßen. Herrn C. den Vorwurf machen zu wollen, er hätte konkrete Lohnanpassungen fordern müssen, steht unseres Erachtens im Widerspruch zu das vorstehend beschriebene und ohne Zweifel ausgeglichene Arbeitsverhältnis. Seit Mitte 2013 ist das Mindestlohngesetz in aller Munde, sodass wir uns auch nicht vorwerfen lassen müssten, in den letzten 3 Jahren keine Leistungsanpassung vorgenommen zu haben. Der nächste Schritt einer bewussten finanziellen Lohnanpassung zum 1.1.2015 war aus diesen Gründen vorprogrammiert. Ab Januar 2015 wird Herr C. bei uns leider nur noch im Rahmen der im Rentensystem geregelten Höchstgrenze für 10 Stunden pro Woche tätig sein.

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Wir hoffen den Irrtum beseitigt zu haben wüssten es sehr zu begrüßen, wenn Sie dafür Sorge tragen könnten, dass der Vorwurf einer Scheinbeschäftigung zurückgenommen wird. Für weitere Fragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung."

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Daraufhin teilte die Klägerin der Beklagten zu 4) mit Schreiben vom 21. Januar 2015 (Bl. 75 d. A.) Folgendes mit:

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"Sehr geehrte Damen und Herren,

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vielen Dank, für Ihr Schreiben vom 18.12.2014 betreffend des Arbeitsverhältnisses mit Herrn C.. Ihre Darlegung habe ich zur Kenntnis genommen. Ihr Hinweis, meine Behörde habe den Vorwurf einer "Scheinbeschäftigung" erhoben, ist nicht zutreffend, vielmehr wurde die Rechtmäßigkeit der getroffenen Entgeltabrede in Zweifel gezogen. Insoweit verweise ich auf mein Schreiben an Herrn C. vom 25.08.2014.

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Ich gehe davon aus, dass sich damit die Angelegenheit erledigt hat."

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Seit dem 01. Januar 2015 bezieht der Beklagte zu 1) nach Vollendung seines 63. Lebensjahres Altersrente (Vollrente) aus der gesetzlichen Rentenversicherung.

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Im Vorprozess hat der Beklagte zu 1) mit seiner beim Arbeitsgericht Kaiserslautern erhobenen Klage vom 24. Februar 2015 von der Klägerin die weitere Zahlung von Überbrückungsbeihilfe für die Monate Oktober bis Dezember 2014 verlangt. In diesem Vorprozess hat das Arbeitsgericht Kaiserslautern mit - rechtskräftigem - Urteil vom 28. Mai 2015 - 2 Ca 303/15 - die vom Beklagten zu 1) erhobene Klage gegen die Klägerin abgewiesen. In den Entscheidungsgründen seines Urteils hat das Arbeitsgericht ausgeführt, dass der dortige Kläger (hier: Beklagter zu 1) für die Anspruchsvoraussetzung des § 4 TV SozSich, dass ein anderweitiges Arbeitseinkommen aus einem Arbeitsverhältnis vorliege, darlegungs- und beweispflichtig sei und hierzu die Vorlage eines Arbeitsvertrags mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 22 Stunden nicht genüge. Entscheidend sei, ob diese wöchentlichen Arbeitsstunden auch tatsächlich erbracht würden. Nachdem dies gerade ausdrücklich bestritten worden sei, wäre es Sache des Klägers (hier: Beklagter zu 1) gewesen, hierzu substantiiert vorzutragen. Darüber hinaus liege nach dem Inhalt des Schreibens seines Arbeitgebers vom 18. Dezember 2014, dessen Inhalt sich der Kläger (hier: Beklagter zu 1) zu eigen gemacht habe, auch kein Arbeitsverhältnis vor, weil es an der entsprechenden persönlichen Abhängigkeit fehle.

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Im vorliegenden Verfahren nimmt die Klägerin mit ihrer beim Arbeitsgericht Kaiserslautern erhobenen Klage die Beklagten zu 1) - 4) auf Rückzahlung der in den Jahren 2013 und 2014 bis einschließlich für den Monat September 2014 gezahlten Überbrückungsbeihilfe in Höhe von insgesamt 77.447,04 EUR brutto in Anspruch.

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Wegen des wechselseitigen Vorbringens der Parteien erster Instanz wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 25. Oktober 2016 - 8 Ca 573/16 - Bezug genommen.

51

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,

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die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, 77.447,04 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23. November 2015 an sie zu zahlen.

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Die Beklagten haben beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Mit Urteil vom 25. Oktober 2016 - 8 Ca 573/16 - hat das Arbeitsgericht Kaiserslautern die Klage abgewiesen. Wegen der Begründung des Arbeitsgerichts wird auf die Entscheidungsgründe seines Urteils verwiesen.

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Gegen das ihr am 22. Dezember 2016 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 23. Januar 2017, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am gleichen Tag (Montag) eingegangen, Berufung eingelegt und diese nach antragsgemäßer Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 02. März 2017 mit Schriftsatz vom 02. März 2017, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am gleichen Tag eingegangen, begründet.

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Sie trägt vor, sie habe bereits erstinstanzlich bestritten, dass der Beklagte zu 1) mehr als 21 Wochenstunden für die Beklagte zu 4) tätig geworden sei und überhaupt in einem Arbeitsverhältnis und nicht in einem Dienstverhältnis zu dieser gestanden habe. Das Arbeitsgericht habe übersehen, dass sich die Beklagten hierzu im Rahmen der sekundären Darlegungs- und Beweislast nicht eingelassen hätten. § 4 Ziff. 1 a TV SozSich setzte eine "anderweitige Beschäftigung" voraus. Nach dem eindeutigen Tarifwortlaut müsse tatsächlich eine Beschäftigung vorliegen, wofür allein die Vorlage eines Arbeitsvertrages nicht genüge. Auch wenn die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich des Rückforderungsanspruches bei ihr liege, habe das Arbeitsgericht verkannt, dass insoweit die Grundsätze einer abgestuften Darlegungs- und Beweislast gelten müssten. Im Hinblick darauf, dass sie am Vertragsverhältnis der Beklagten zu 1) - 4) nicht beteiligt gewesen sei, hätten die Beklagten aufgrund ihrer Sachnähe substantiiert vortragen müssen. Bei der vorzunehmenden Beweiswürdigung habe insbesondere eine Würdigung des widersprüchlichen Vorbringens der Beklagten zu erfolgen. Der Vortrag der Beklagten in ihrer Berufungsbegründung, es seien für die Tätigkeit lediglich englische Sprachkenntnisse erforderlich, stehe im diametralen Gegensatz zum bisherigen Vorbringen, insbesondere zu dem in Ziff. 2 des Anstellungsvertrags festgelegten Gegenstand der Tätigkeit und dem Schreiben des Beklagten zu 2) vom 18. Dezember 2014. Nach dem Vorbringen der Beklagten solle der Beklagte zu 1) Entscheidungen des italienischen Patent- und Markenamtes (UIBM) gesucht haben. Ausweislich der Homepage des UIBM seien Recherchen ohne italienische Sprachkompetenz beim UIBM nicht möglich. Gleichwohl würden die Beklagten nunmehr schriftsätzlich behaupten, der Beklagte zu 1) habe nur Englisch können müssen. Das Arbeitsgericht habe das Schreiben vom 18. Dezember 2014 übergangen. Auch die Ausführungen in der Berufungserwiderung, statt des Datums "2012" müsse es "2014" heißen, seien unbehelflich. Der Beklagte zu 2) habe als Patentanwalt mit Schreiben vom 18. Dezember 2014 bescheinigt, dass der Beklagte zu 1) in "Patent- und Markensachen" tätig sei. Es könne unterstellt werden, dass ein Patentanwalt den Unterschied zwischen Patenten und Marken kenne. Die Angabe, der Kläger habe im Patentbereich gearbeitet, sei mithin vorsätzlich unwahr formuliert. Erst nachdem sie sich im Vorprozess zu Patenten eingelassen habe, sei durch den Beklagten zu 1) die Korrektur erfolgt, er sei nur in Markensachen tätig. Insoweit werde allerdings auf den im Arbeitsvertrag schriftlich festgehaltenen Gegenstand der Tätigkeit verwiesen, nachdem der Beklagte zu 1) nach "Stand der Technik" habe recherchieren sollen, den es bei Patenten, aber nicht bei Marken gebe. Soweit es im Sitzungsprotokoll vom 25. Oktober 2016 heiße, die Recherche beim UIBM habe einen konkreten Fall einer Mandantin betroffen, bei der man auf eine Entscheidung des italienischen Patent- und Markenamtes gewartet habe, seien dadurch Unstimmigkeiten entgegen der Auffassung der Beklagten nicht beseitigt worden, weil die Recherche für einen Kunden eine auftragsbezogene Arbeit sei. Nach der schriftlichen Bescheinigung des Beklagten zu 2) habe der Beklagte zu 1) zunächst bis Oktober 2012/14 auftragsbezogen gearbeitet, danach "fortlaufend nach Entscheidungen des UIBM". Die erstinstanzlich vorgetragene Tätigkeitsbeschreibung habe nichts mehr mit der des Beklagten zu 2) zu tun, die vor dem ersten arbeitsgerichtlichen Verfahren der Parteien am 18. Dezember 2014 erstellt worden sei. Sie passe auch nicht zu der Sachverhaltsdarstellung in der Berufungsinstanz. Mit der Berufungserwiderung hätten die Beklagten nunmehr Frau K. als Zeugin dafür benannt, dass der Beklagte zu 1) "immer nur auftragsbezogen" gearbeitet habe und das Ergebnis seiner Arbeit an die Beklagte zu 4) gesandt habe. Ein Nichtversenden des behaupteten "Arbeitsergebnisses" würde mithin belegen, dass der Beklagte zu 1) tatsächlich gar nicht gearbeitet hätte. Es bleibe völlig unklar, welche konkreten Tätigkeiten der Beklagte zu 1) verrichtet haben wolle. Auch wenn sie Indizien und Tatsachen dafür vortragen müsse, die Zweifel an einer Beschäftigung im Umfang von 22 Stunden begründeten, lägen diese aufgrund der unterschiedlichen Sachverhaltsdarstellung der Beklagten vor. Von einem gelebten Arbeitsverhältnis könne nach dem wechselseitigen Vorbringen ihrer Ansicht nach nicht ausgegangen werden. Dementsprechend gehe sie davon aus, dass der Beklagte zu 1) die Überbrückungsbeihilfe für das behauptete Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zu 4) ohne Rechtsgrund erhalten habe. Im Vorprozess habe das Arbeitsgericht sein Urteil vom 28. Mai 2015 - 2 Ca 303/15 - auch darauf gestützt, dass kein Arbeitsverhältnis vorliege, so dass es sich bei der gegenteiligen Annahme um widersprüchliche Entscheidungen des Arbeitsgerichts Kaiserslautern handeln würde. Der bestehende Bereicherungsanspruch sei auch nicht durch § 8 Ziff. 4 TV SozSich ausgeschlossen. Im Hinblick darauf, dass § 8 Abs. 4 TV SozSich eine Berufung auf den Einwand der Entreicherung ausschließe, stehe diese Privilegierung zu ihren Gunsten einem Rückgriff auf den allgemeinen Bereicherungsanspruch nicht entgegen. Unabhängig davon seien mit den vom Beklagten zu 1) eingereichten Unterlagen unrichtige Angaben i.S.d. § 8 Abs. 4 TV SozSich gemacht worden, weil dieser die im schriftlichen Arbeitsvertrag ausgewiesene Arbeit nicht erbracht habe. Zudem stehe ihr gegenüber den Beklagten zu 1) - 4) ein deliktischer Anspruch zu. Die Beklagten zu 2) - 4) hätten mit dem Beklagten zu 1) einen schriftlichen Arbeitsvertrag geschlossen, dessen Inhalt jedoch nicht der Wahrheit entsprochen habe. Sie gehe davon aus, dass der Kläger gar keine Arbeitsleistungen habe erbringen sollen. Die Beklagten zu 2) und 3) hätten Kenntnis von dem Umstand gehabt, dass der Beklagte zu 1) ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis habe nachweisen müssen, damit dieser Überbrückungsbeihilfe nach § 4 TV SozSich bekomme. Dies stelle eine Beihilfe zum Betrug (§§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. 263 StGB) dar. Schließlich habe das Arbeitsgericht keine Ausführungen dazu gemacht, dass der Anspruch zumindest der Höhe nach unbegründet sei. Der Beklagte zu 1) habe selbst vorgetragen, dass er sich im Jahr 2006 in einer Notlage befunden habe, das Arbeitsverhältnis mit einer Stundenvergütung von 7,03 EUR brutto anzunehmen. Insoweit hätte das Arbeitsgericht § 138 Abs. 2 BGB prüfen müssen. Es sei Lohnwucher, für einen Arbeitsplatz, der die Kenntnis zweier Fremdsprachen verlange und eine qualifizierte Tätigkeit vorsehe, lediglich einen so geringen Stundensatz zu bezahlen.

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Die Klägerin beantragt,

59

das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 25. Oktober 2016 - 8 Ca 573/16 - abzuändern und die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, 77.447,04 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23. November 2017 an sie zu zahlen.

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Die Beklagten beantragen,

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die Berufung zurückzuweisen.

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Sie erwidern, entgegen der Ansicht der Klägerin stehe durch den Vorprozess lediglich fest, dass Überbrückungsbeihilfeansprüche für den Zeitraum von Oktober bis Dezember 2014 nicht bestünden, nicht aber, dass es angeblich ein Arbeitsverhältnis mit den für die Zahlung von Überbrückungsbeihilfe notwendigen Voraussetzungen nicht gegeben habe. Soweit die Klägerin erneut behaupte, dass die im Vorprozess und davor geleisteten Erklärungen hinsichtlich der Arbeitstätigkeit des Beklagten zu 1) angeblich widersprüchlich gewesen sein sollten, zeige dies lediglich, dass sich die Klägerin nicht mit der Schilderung auseinandergesetzt habe. In der Verhandlung vom 25. Oktober 2016 sei vom Beklagten zu 2) richtig gestellt worden, dass bei dem Schreiben vom 18. Dezember 2014 ein Schreibfehler unterlaufen und die Recherche beim UIBM nicht im Oktober 2012, sondern im Oktober 2014 gewesen sei. Der Beklagte zu 1) habe immer nur auftragsbezogen, d. h. auf Veranlassung der Beklagten zu 4) gearbeitet. Diese Tätigkeit sei fortlaufend, weil die zu überprüfenden Marken regelmäßig bereitgestellt worden seien. Ohne entsprechende Beauftragung, was recherchiert werden solle, habe der Beklagte zu 1) seine Recherchetätigkeiten überhaupt nicht durchführen können. Selbstverständlich habe der Beklagte zu 1) immer nur dann auf Anweisung tätig werden können, wenn er entsprechende E-Mails bekommen und die Recherchetätigkeit daraufhin habe aufnehmen können. Die Tatsache, dass sich der Beklagte zu 1) seine Arbeitszeit ab einem gewissen Zeitpunkt frei habe aussuchen können, ändere hieran nichts, denn selbstverständlich hätten die Recherchetätigkeiten täglich und zeitnah erledigt werden müssen. Erstinstanzlich sei äußerst umfangreicher Sachvortrag hinsichtlich der Arbeitstätigkeit des Beklagten zu 1) geleistet worden. Gemäß dem diesbezüglichen Sachvortrag habe der Beklagte zu 1) eine wöchentliche Arbeitszeit von 22 Stunden während des gesamten streitgegenständlichen Zeitraums wöchentlich für die Beklagte zu 4) im Rahmen des Arbeitsverhältnisses tatsächlich gearbeitet und die Beklagte zu 4) habe hierfür das vereinbarte Gehalt bezahlt. Der Beklagte zu 1) habe im Rahmen der Arbeit die Vorsondierung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses der jeweiligen Marke durchgelesen und alle diejenigen Waren und Dienstleistungen erfasst, die mit den Waren und Dienstleistungen der älteren (Mandanten-)Marke im entferntesten Sinne vergleichbar gewesen seien. Insoweit werde auf die äußerst umfangreiche Schilderung der Arbeitstätigkeit im Schriftsatz vom 02. September 2016 verwiesen. Der Beklagte zu 1) habe von der Beklagten zu 4) Unterlagen (Überwachungsergebnisse) per E-Mail zugesandt bekommen, die er dann nach Eingang der E-Mails, die fast täglich erfolgt seien, abgearbeitet habe. Er habe die erforderliche Vorsondierung durchgeführt. In der Reihenfolge, wie die Unterlagen bei ihm eingegangen seien, habe er diese dann auch bearbeitet. Dabei seien zwar fast täglich Unterlagen/Anfragen bei ihm eingegangen, sowohl die Qualität als auch die Quantität der eingereichten Überwachungsergebnisse hätten aber jeweils variiert, so dass manchmal nur einige wenige Marken hätten überprüft werden müssen, das Verzeichnis der jeweiligen Marken und Dienstleistungen jedoch äußerst umfangreich gewesen sei. Auch habe es mitunter eine höhere Anzahl von Überwachungsergebnissen gegeben, die zu überprüfenden Waren und Dienstleistungen seien dann aber eventuell geringer gewesen, so dass eine Aussage darüber, wie lange der Beklagte zu 1) an einer speziellen Anfrage gearbeitet habe, überhaupt nicht pauschal zu treffen sei. Auf alle Fälle habe er die Anfragen meist vormittags und dies täglich abgearbeitet. Aufgrund des verschiedenen Umfangs habe er an manchen Tagen mehr einzelne Markenanfragen als an anderen Tagen geschafft, auch dies habe variiert. Die Beklagte zu 4) habe fast täglich von dem Recherchedienstleister entsprechende Überwachungsergebnisse erhalten, die als Arbeitspaket im Schnitt einmal wöchentlich an den Beklagten zu 1) zur Abarbeitung weitergeleitet worden seien. Der Beklagte zu 1) habe seine Arbeitsergebnisse per E-Mail an den Beklagten zu 2) sowie an den Beklagten zu 3) übersandt und jeweils in "cc" auch an die Kanzlei. Die zu bearbeitenden Marken seien zwischen den Beklagten zu 2) und 3) aufgeteilt. Dementsprechend übersende der Beklagte zu 1) seine Arbeitsergebnisse entweder an den Beklagten zu 2) oder an den Beklagten zu 3). Der Beklagte zu 1) habe jeweils getrennte Arbeitspakete zur Abarbeitung erhalten und dementsprechend nach Abarbeitung seine Arbeitsergebnisse entweder an den Beklagten zu 2) oder an den Beklagten zu 3) per E-Mail zurückgesandt. Dabei sei jeweils in "cc" die E-Mail auch in Kopie an die Kanzlei übersandt worden. Nach Erledigung der an den Beklagten zu 2) oder an den Beklagten zu 3) übersandten E-Mail sei die "cc-E-Mail" gelöscht worden, wobei es sich um einen Kontrollmechanismus handele. Falls die "cc-E-Mail" nicht gelöscht sei, erkenne ihre Mitarbeiterin, Frau K., dass diese E-Mail noch zu bearbeiten sei. Entgegen der Darstellung der Klägerin sei ausgeführt worden, dass zwei Fremdsprachen niemals Voraussetzung für die Arbeit gewesen seien und dass für die zu verrichtenden Recherchetätigkeiten Englisch ausreichend sei. Falsch sei ebenfalls, dass der Beklagte zu 1) angeblich behauptet habe, dass er mehr als 21 Wochenstunden zu arbeiten hätte, tatsächlich jedoch weniger gearbeitet habe. Es erschließe sich nirgends, woher die Klägerin diese infame Behauptung überhaupt nehme. Auch sei es unbehelflich, dies einfach nur zu bestreiten, weil darin ein "Bestreiten ins Blaue hinein" liege. Ob diesbezüglich eine "abgestufte Beweislastverteilung" anzunehmen sei oder nicht, möge dahinstehen. Auf alle Fälle entspreche es nicht den Tatsachen, dass sie nicht substantiiert vorgetragen hätten. Entgegen den Ausführungen der Klägerin sei das Arbeitsgericht auch nicht verpflichtet gewesen, § 138 Abs. 2 BGB zu prüfen. Soweit die Klägerin angeführt habe, dass sich der Beklagte zu 1) in einer "Notlage" befunden habe, sei der Klägerin sehr wohl bewusst und bekannt, dass sich dies darauf bezogen habe, dass der Beklagte zu 1) Arbeit gesucht und mangels anderer Möglichkeiten diese Arbeitsstelle angenommen habe. Keinesfalls könne dies jedoch den Beklagten zu 2) - 4) zum Vorwurf gemacht werden. Denn eine Notlage sei keineswegs ausgenutzt worden, vielmehr sei der Beklagte zu 1) im Gegenteil vor dem Hintergrund seines Alters, seiner Sprachdefizite in Deutsch und seiner sehr speziellen Ausbildung froh gewesen, arbeiten und ein entsprechendes Gehalt beziehen zu können. Insbesondere könne von einem Lohnwucher keine Rede sein. Wie bereits erstinstanzlich umfassend dargelegt worden sei, beziehe sich die Tätigkeit des Beklagten zu 1) weitestgehend darauf, Texte miteinander zu vergleichen, lediglich die Kenntnis der englischen Sprache sei diesbezüglich äußerst hilfreich, weil die Überwachungsergebnisse in Englisch zur Verfügung stünden. Die Klägerin beschränke sich nur darauf, Lohnwucher zu behaupten, ohne dies auch nur ansatzweise zu begründen, obwohl die Tätigkeit des Beklagten zu 1) erstinstanzlich vollumfänglich beschrieben worden sei.

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Das Berufungsgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin K.. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 11. Januar 2018 verwiesen. Die Verfahrensakte des Arbeitsgerichts Kaiserslautern mit dem Aktenzeichen 2 Ca 303/15 wurde beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die gemäß § 64 Abs. 1 und 2 Buchst. b ArbGG statthafte Berufung der Klägerin ist zulässig. Sie ist insbesondere form- sowie fristgerecht eingelegt und begründet worden (§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. 519, 520 ZPO).

65

In der Sache hat die Berufung der Klägerin aber keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen. Die Klägerin hat unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch gegen die Beklagten auf Rückerstattung der in den Kalenderjahren 2013 und 2014 bis einschließlich September 2014 an den Beklagten zu 1) geleisteten Überbrückungsbeihilfe.

66

I. Die Klägerin hat weder nach § 8 Ziff. 4 TV SozSich noch gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB einen Anspruch gegen den Beklagten zu 1) auf Rückzahlung der an ihn für den streitgegenständlichen Zeitraum geleisteten Überbrückungsbeihilfe.

67

1. Nach § 8 Ziff. 4 TV SozSich hat der zu Unrecht Begünstigte Überbrückungsbeihilfe und Beitragszuschüsse, die aufgrund von vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtigen, unvollständigen oder unterlassenen Angaben des Antragsberechtigten gezahlt worden sind, in voller Höhe zurückzuzahlen, wobei die Rückzahlungspflicht nicht dadurch ausgeschlossen wird, dass der Empfänger nicht mehr bereichert ist. Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Beklagte zu 1) die an ihn geleistete Überbrückungsbeihilfe aufgrund von vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtigen Angaben zu Unrecht erhalten hat, trägt die Klägerin als Anspruchstellerin. Gleiches gilt hinsichtlich des Anspruchs aus ungerechtfertigter Bereicherung für den Nachweis des Fehlens eines Rechtsgrundes i.S.v. § 812 Abs. 1 BGB. Die Darlegungs- und Beweislast für die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung trägt grundsätzlich der Anspruchsteller. Er hat das Risiko des Unterliegens im Prozess zu tragen, wenn sich die sein Begehren tragenden Tatsachen nicht feststellen lassen. Dies gilt auch, soweit zur Anspruchsbegründung eine negative Tatsache wie das Fehlen eines Rechtsgrundes gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 BGB gehört (BGH 11. März 2014 - X ZR 150/11 - Rn. 11, NJW 2014, 2275). Die sekundäre Darlegungslast des Leistungsempfängers bleibt hiervon unberührt. Wer geltend macht, ohne Rechtsgrund geleistet zu haben, muss nur denjenigen Rechtsgrund ausräumen, der sich aus dem Vortrag des Leistungsempfängers ergibt (BGH 11. März 2014 - X ZR 150/11 - Rn. 17, NJW 2014, 2275). Um die tatsächliche Schwierigkeit eines Nachweises negativer Tatsachen zu mildern, hat die damit beweisbelastete Partei in der Regel nur die Umstände zu widerlegen, die nach dem Vortrag der Gegenseite für die positive Tatsache, also für das Vorhandensein des streitigen Umstandes, sprechen. Der nicht beweisbelasteten Partei obliegt es, im Rahmen des ihr Zumutbaren die Behauptung der positiven Tatsachen aufzustellen, deren Unrichtigkeit sodann die beweisbelastete Partei nachzuweisen hat (BGH 22. Februar 2011 - XI ZR 261/09 - Rn. 20, NJW 2011, 2130).

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2. Entgegen der Ansicht der Klägerin hat der Beklagte zu 1) seiner sekundären Darlegungslast genügt.

69

Er hat vorgetragen, dass er gemäß dem vorgelegten Arbeitsvertrag während des gesamten streitgegenständlichen Zeitraums entsprechend der vereinbarten wöchentlichen Arbeitszeit von 22 Stunden für die Beklagte zu 4) im Rahmen des Arbeitsverhältnisses tatsächlich gearbeitet habe. Dabei hat er die von ihm erbrachte Recherchetätigkeit substantiiert dargestellt. Daran ändert auch der von der Klägerin angeführte Umstand nichts, dass das spätere Beklagtenvorbringen im Prozess in vermeintlichem Widerspruch unter anderem zum vorgerichtlichen Schreiben vom 18. Dezember 2014 oder den Angaben in früheren Schriftsätzen stehen soll. Eine Partei ist nicht gehindert, ihr Vorbringen im Laufe des Rechtsstreits zu ändern, insbesondere auch zu berichtigen; dies kann nur im Rahmen der Beweiswürdigung berücksichtigt werden (BGH 21. Juli 2011 - IV ZR 216/09 - Rn. 6, juris).

70

Nach dem im vorliegenden Rechtsstreit konkretisierten und ausreichenden Beklagtenvortrag liegt ein Rechtsgrund für die im streitgegenständlichen Zeitraum geleistete Überbrückungsbeihilfe vor. Die Anspruchsvoraussetzungen des § 2 TV SozSich sind unstreitig erfüllt. Nach § 4 Ziff. 1 a TV SozSich wird Überbrückungsbeihilfe zum Arbeitsentgelt aus anderweitiger Beschäftigung außerhalb des Bereichs der Stationierungsstreitkräfte gezahlt. Eine "anderweitige Beschäftigung" liegt nach der Protokollnotiz zu Ziff. 1 a nur vor, wenn die arbeitsvertragliche wöchentliche regelmäßige Arbeitszeit mehr als 21 Stunden beträgt. Diese Voraussetzungen sind nach dem Beklagtenvortrag ebenfalls erfüllt.

71

3. Die darlegungs- und beweisbelastete Klägerin hat den sich aus dem Beklagtenvortrag ergebenden Rechtsgrund nicht auszuräumen vermocht.

72

a) Entgegen der Annahme der Klägerin lässt sich das Fehlen eines Rechtsgrundes nicht aus der Rechtskraft der im Vorprozess ergangenen Entscheidung des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 28. Mai 2015 - 2 Ca 303/15 - herleiten.

73

aa) Streitgegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist der von der Klägerin erhobene Anspruch auf Rückzahlung der an den Beklagten zu 1) in den Kalenderjahren 2013 und 2014 bis einschließlich für den Monat September 2014 geleisteten Überbrückungsbeihilfe. Hingegen war Streitgegenstand des Vorprozesses der vom Beklagten zu 1) (dortiger Kläger) erhobene Anspruch auf Zahlung von Überbrückungsbeihilfe für die zeitlich danach liegenden Monate Oktober bis Dezember 2014. Aufgrund des klageabweisenden Urteils im Vorprozess steht lediglich zwischen dem Beklagten zu 1) (dortiger Kläger) und der Klägerin (dortige Beklagte) rechtskräftig fest, dass dem Beklagten zu 1) kein Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe für die Monate Oktober bis Dezember 2014 zusteht. Daraus, dass der Beklagte zu 1) als Anspruchsteller (Kläger) den von ihm erhobenen Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe für die Monate Oktober bis Dezember 2014 nicht darzulegen und zu beweisen vermocht hat, folgt nicht, dass der Beklagte zu 1) die an ihn in der vorangegangenen Zeit bis einschließlich September 2014 gezahlte Überbrückungsbeihilfe ohne Rechtsgrund erhalten hat. Anders als im Vorprozess trägt im vorliegenden Rechtsstreit die Klägerin die Darlegungs- und Beweislast für den von ihr geltend gemachten Rückzahlungsanspruch und das Vorliegen der hierfür erforderlichen Anspruchsvoraussetzungen. Bei diesem Klageanspruch handelt es sich um einen anderen Streitgegenstand als im Vorprozess.

74

bb) Soweit das Arbeitsgericht im Vorprozess in den Entscheidungsgründen seines Urteils vom 28. Mai 2015 - 2 Ca 303/15 - angenommen hat, dass nach dem Inhalt des Schreibens vom 18. Dezember 2014, dessen Inhalt sich der Kläger (hier: Beklagter zu 1) zu eigen gemacht habe, auch kein Arbeitsverhältnis vorliege, weil es an der persönlichen Abhängigkeit fehle, ist diese vom Arbeitsgericht beurteilte Vorfrage für den im Vorprozess erhobenen Klageanspruch auf Überbrückungsbeihilfe nicht i.S.v. § 322 ZPO rechtskräftig festgestellt. Präjudizielle Rechtsverhältnisse und Vorfragen werden nur dann i.S.v. § 322 ZPO rechtskräftig festgestellt, wenn sie selbst Streitgegenstand waren; es genügt nicht, dass über sie als bloße Vorfragen zu entscheiden war (BAG 25. September 2013 - 10 AZR 454/12 - Rn. 18, NZA 2014, 164). Im Hinblick darauf, dass das (Nicht-)Bestehen eines Arbeitsverhältnisses zwischen dem Beklagten zu 1) und der Beklagten zu 4) im Vorprozess nicht Streitgegenstand war, sondern hierüber nur als bloße Vorfrage des Klageanspruchs auf Überbrückungsbeihilfe zu entscheiden war, hindert die Rechtskraft der Entscheidung im Vorprozess nicht daran, diese Frage im vorliegenden Rechtsstreit abweichend zu beurteilen.

75

cc) Entgegen der Ansicht der Klägerin kann im Streitfall nicht angenommen werden, dass das Rechtsverhältnis zwischen dem Beklagten zu 1) und der Beklagten zu 4) nicht als Arbeitsverhältnis, sondern als freies Dienstverhältnis zu qualifizieren ist.

76

Nach den im vorgelegten Anstellungsvertrag getroffenen Regelungen haben der Beklagte zu 1) und die Beklagte zu 4) ein Arbeitsverhältnis vereinbart. Nach Ziff. 2 des Anstellungsvertrags wird der Beklagte zu 1) als Rechercheur beschäftigt und hierbei insbesondere die nachfolgend bezeichneten Aufgaben übernehmen. In Ziff. 3. des Vertrags ist die "Arbeitszeit" geregelt. In Ziff. 3.1 (Arbeitsmittel) und Ziff. 4. (Vergütung) des Vertrags ist der Vertragspartner des Beklagten zu 1) ausdrücklich als Arbeitgeber bezeichnet. Haben die Parteien - wie hier der Beklagte zu 1) und die Beklagte zu 4) - ein Arbeitsverhältnis vereinbart, so ist es in aller Regel auch als solches einzuordnen (vgl. BAG 18. März 2014 - 9 AZR 740/13 - Rn. 21, juris). Allein der Umstand, dass der Beklagte zu 1) gemäß dem Schreiben des Beklagten zu 2) vom 18. Dezember 2014 abweichend von den im Arbeitsvertrag geregelten festen Arbeitszeiten seit Ende 2010 mit völlig flexiblen Arbeitszeiten von seinem Heimarbeitsplatz aus für die Beklagte zu 4) gearbeitet hat, führt nicht etwa dazu, dass sich das vereinbarte Arbeitsverhältnis in ein freies Dienstverhältnis umgewandelt hat (vgl. Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht 18. Aufl. § 611a BGB Rn. 21). Eine derartige "Vertrauensarbeitszeit" bedeutet nur, dass der Arbeitgeber auf die Festlegung von Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit verzichtet und darauf vertraut, der betreffende Arbeitnehmer werde seine Arbeitspflicht in zeitlicher Hinsicht auch ohne Kontrolle erfüllen (vgl. BAG 24. Mai 2012 - 2 AZR 124/11 - Rn. 34, NZA 2012, 1223). Maßgeblich ist vielmehr, dass die Vertragsparteien im vorgelegten Anstellungsvertrag ein Arbeitsverhältnis vereinbart haben, das als solches auch einzuordnen ist, auch wenn die Beklagte zu 4) dem Beklagten zu 1) gestattet hat, die ihm übertragene Recherchetätigkeit bei flexibler Verteilung der vereinbarten Arbeitszeit von seinem Homeoffice aus zu verrichten. Unabhängig davon handelt es sich bei der von den Beklagten vorgetragenen Recherchetätigkeit um eine fremdbestimmte Tätigkeit, bei der der Beklagte zu 1) die ihm von der Beklagten zu 4) bzw. von den Beklagten zu 2) und 3) als deren Gesellschafter in Form von Arbeitspaketen zugewiesenen Rechercheaufgaben weisungsgemäß abzuarbeiten hat, so dass auch die Eigenart der nach dem Vortrag der Beklagten geleisteten Recherchetätigkeit des Beklagten zu 1) auf dessen persönliche Abhängigkeit schließen lässt und nicht etwa in Widerspruch zu dem vereinbarten Arbeitsverhältnis steht.

77

b) Im Streitfall lässt sich nicht feststellen, dass der Beklagte zu 1) im streitgegenständlichen Zeitraum die im vorgelegten Anstellungsvertrag mit der Beklagten zu 4) vereinbarte regelmäßige Arbeitszeit von 22 Stunden pro Woche als Rechercheur tatsächlich nicht erbracht hat.

78

Zwar hat die Klägerin bestritten, dass die "21-Stunden-Grenze" gewahrt worden sei. Die Beweislast trägt im Streitfall gemäß den obigen Ausführungen aber nicht der Beklagte zu 1), sondern die Klägerin als Anspruchstellerin.

79

Unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses der durchgeführten Beweisaufnahme lässt sich nicht zur Überzeugung des Berufungsgerichts (§ 286 ZPO) feststellen, dass der Beklagte zu 1) entgegen der Darstellung der Beklagten im streitgegenständlichen Zeitraum die im Anstellungsvertrag vereinbarte regelmäßige Wochenarbeitszeit von 22 Stunden tatsächlich nicht erbracht hat, d. h. tatsächlich keine "anderweitige Beschäftigung" i.S.d. Protokollnotiz zu Ziff. 1 a des § 4 TV SozSich von mehr als 21 Stunden pro Woche vorgelegen hat.

80

Die Beklagten haben substantiiert vorgetragen, mit welchen Recherchetätigkeiten die Beklagte zu 1) die im Anstellungsvertrag vereinbarte regelmäßige Wochenarbeitszeit von 22 Stunden tatsächlich erbracht habe.

81

Die Klägerin hat anhand der von ihr dargestellten Abweichungen der von den Beklagten im Prozess dargestellten Tätigkeit des Beklagten zu 1) zu der in Ziff. 2 des Anstellungsvertrags sowie im Schreiben vom 18. Dezember 2014 enthaltenen Beschreibung der Tätigkeit Indizien angeführt, die ihrer Ansicht nach dafür sprechen sollen, dass das Arbeitsverhältnis tatsächlich nicht durchgeführt worden sein soll. Zum Beweis der Unrichtigkeit der Darstellung der Beklagten hat die Klägerin die von den Beklagten gegenbeweislich benannte Zeugin K. ihrerseits als Zeugin dafür benannt, dass der Beklage zu 1) entgegen seiner Darstellung tatsächlich keine Arbeitsergebnisse an die Beklagten zu 2) - 4) übersandt habe. Die darlegungsbelastete Partei ist grundsätzlich nicht gehindert, Tatsachen zu behaupten, über die sie keine genauen Kenntnisse hat, die sie aber nach Lage der Dinge für wahrscheinlich hält. Unzulässig wird ein solches prozessuales Vorgehen erst dort, wo die Partei ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich Behauptungen "aufs Geratewohl" oder "ins Blaue hinein" aufstellt. Bei der Annahme von Willkür in diesem Sinne ist allerdings Zurückhaltung geboten. In der Regel wird sie nur bei Fehlen jeglicher tatsächlicher Anhaltspunkte vorliegen (BGH 24. Juni 2014 - VI ZR 560/13 - Rn. 36, DB 2014, 1802). Im Hinblick darauf, dass unter Berücksichtigung der von der Klägerin angeführten Indizien noch nicht von Willkür im vorgenannten Sinne auszugehen war, hat das Berufungsgericht Beweis durch Vernehmung der von der Klägerin - und gegenbeweislich von den Beklagten - benannten Zeugin K. darüber erhoben, ob der Beklagte zu 1) entgegen seiner Darstellung tatsächlich keine Arbeitsergebnisse an die Beklagten zu 2) - 4) übersandt hat.

82

Nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme hat die Zeugin K. die von der Klägerin aufgestellte Behauptung nicht bestätigt. Die im Sekretariat der Beklagten zu 4) tätige Zeugin K. hat zum Beweisthema ausgesagt, dass der Beklagte zu 1) Vorarbeiten für die Markenkollisionsüberwachung erbracht habe. Er habe die Waren- und Dienstleistungsverzeichnisse der kollidierenden Marken verglichen. Dazu habe der Beklagte zu 1) E-Mails an die Beklagten zu 2) und 3) geschickt. Die Beklagten zu 2) und 3) hätten dann die E-Mails des Beklagten zu 1) ausgewertet und zur weiteren Bearbeitung an eine Kollegin weitergegeben, die das dann weiterbearbeitet und an die Mandanten weitergeleitet habe. Die E-Mails des Beklagten zu 1) befänden sich im Kanzleieingangsordner. Sie hätte lediglich die Chefs darauf hinweisen müssen, wenn diese E-Mails innerhalb von zwei Wochen noch nicht bearbeitet und gelöscht gewesen seien. Sie denke, dass der Beklagte zu 1) so ein- bis zweimal die Woche E-Mails übersandt habe. Der Beklagte zu 1) habe von zu Hause aus die E-Mails übersandt und sei nicht in der Kanzlei vor Ort tätig gewesen. Auf Nachfrage der Klägerin hat die Zeugin ausgesagt, dass bei den E-Mails der Name des Beklagten zu 1) als Absender gestanden habe und der Betreff der E-Mails auf Englisch gewesen sei, während sie die E-Mails nicht gelesen habe.

83

Mit dieser Aussage hat die Zeugin K. die von der Klägerin aufgestellte Behauptung nicht bestätigt. Vielmehr spricht ihre Aussage dafür, dass der Beklagte zu 1) gemäß der Darstellung der Beklagten tatsächlich auf der Grundlage des Arbeitsvertrags als Rechercheur beschäftigt war und seine Arbeitsergebnisse jeweils per E-Mail an die Beklagten zu 2) und 3) als Gesellschafter der Beklagten zu 4) übersandt hat.

84

Auch unter Berücksichtigung der von der Klägerin angeführten (vermeintlichen) Widersprüchlichkeiten zwischen dem späteren Vorbringen der Beklagten im Prozess und der in Ziff. 2 des Anstellungsvertrags sowie im Schreiben vom 18. Dezember 2014 bzw. in früheren Schriftsätzen enthaltenen Beschreibung der Recherchetätigkeit des Beklagten zu 1) ist das Berufungsgericht nicht davon überzeugt, dass der Beklagte zu 1) entgegen der Darstellung der Beklagten die im vorgelegten Anstellungsvertrag vereinbarte Wochenarbeitszeit von 22 Stunden als Rechercheur tatsächlich nicht geleistet hat. In Ziff. 2 des Anstellungsvertrags ist als Gegenstand der Tätigkeit vereinbart, dass der Beklagte zu 1) als Rechercheur beschäftigt wird. Bei den aufgeführten Aufgaben, die er nach Ziff. 2 des Anstellungsvertrags "insbesondere" übernehmen wird, ist neben der Sichtung von Online-Recherchedatenbanken auch die sonstige Sachbearbeitung nach Absprache genannt. Der Beklagte zu 3) hat erklärt, es sei ursprünglich angedacht gewesen, den Beklagten zu 1) auch in Patentsachen mit der Recherche zu betrauen. Allerdings habe sich der Beklagte zu 1) damit mangels Hintergrundwissens schwer getan. Der Schwerpunkt seiner Tätigkeit habe dann in den Markensachen gelegen. Zu seinem Schreiben vom 18. Dezember 2014 hat der Beklagte zu 2) erklärt, die Recherche beim UIBM sei nicht im Oktober 2012, sondern im Oktober 2014 gewesen und habe einen konkreten Fall einer Mandantin betroffen, bei der man auf eine Entscheidung des italienischen Patent- und Markenamtes gewartet habe. Dabei mag die Recherche für einen Kunden auch als eine auftragsbezogene Arbeit anzusehen sein. Die vom Beklagten zu 1) konkret ausgeübten Recherchetätigkeiten sind weder im Anstellungsvertrag noch im Schreiben vom 18. Dezember 2014 näher dargestellt. Im Vorprozess hat der dortige Kläger (hier: Beklagter zu 1) ohne nähere Darstellung der genauen Arbeitsabläufe darauf verwiesen, dass die ihm im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses obliegenden Recherchetätigkeiten ein Abgleichen von Markennamen bzw. die Prüfung beinhalteten, ob die Marke im betreffenden Markenregister enthalten sei oder nicht. Jedenfalls im vorliegenden Rechtsstreit haben die Beklagten zu Art, Inhalt und Umfang der dem Beklagten zu 1) im Rahmen des Arbeitsverhältnisses übertragenen und von ihm ausgeübten Recherchetätigkeiten substantiiert vorgetragen und die entsprechenden Arbeitsabläufe im Einzelnen dargestellt. Danach lässt die Beklagte zu 4), deren Mandanten eine Vielzahl von Marken halten, durch einen externen Recherche-Dienstleister fortlaufend amtliche Marken-Register im In- und Ausland anhand vordefinierter Ähnlichkeitskriterien dahingehend überprüfen, ob und inwieweit die Markenrechte von Mandanten tangiert bzw. verletzt werden könnten. Dieser Recherche-Dienstleister übermittle der Beklagten zu 4) regelmäßig und fast täglich Aufstellungen von jüngeren Marken, die unter Umständen mit Mandanten-Marken kollidierten. Der Beklagte zu 1) übernehme die Vorsondierung durch einen inhaltlichen Textvergleich der Waren- und Dienstleistungsverzeichnisse. Aufgabe des Beklagten zu 1) sei die Überprüfung der Waren- und Dienstleistungsverzeichnisse dahingehend, ob sie vergleichbar mit dem entsprechenden Verzeichnis der Mandantenmarken seien. Im Hinblick darauf, dass die Überwachungsergebnisse in Englisch zur Verfügung gestellt würden, sei für die zu verrichtenden Recherchetätigkeiten Englisch ausreichend. Allein der Umstand, dass der Beklagte zu 1) in einem konkreten Fall einer Mandantin im Oktober 2014 für die im Schreiben vom 18. Dezember 2014 angeführte Recherche nach Entscheidungen des UIBM auch italienische Sprachkenntnisse benötigt haben soll, die er als Muttersprachler besitzt, steht hierzu nicht in Widerspruch. Die schriftsätzlich angeführte Übermittlung der Arbeitsergebnisse per E-Mail haben die Beklagten zu 2) und 3) im Termin vom 28. September 2017 im Einzelnen erläutert. Diese Darstellung ist durch die Aussage der Zeugin K. nicht widerlegt, sondern im Gegenteil bestätigt worden. Auch soweit die Beklagten erst während des vorliegenden Rechtsstreits die Recherchetätigkeiten des Beklagten zu 1) substantiiert und ihre zuvor allgemein gehaltenen Angaben konkretisiert bzw. berichtigt haben, lassen die von der Klägerin angeführten Abweichungen zwischen der zuletzt abgegebenen Darstellung im Prozess und den früheren Angaben unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen sowie des Ergebnisses der durchgeführten Beweisaufnahme jedenfalls nicht den Schluss darauf zu, dass der Beklagte zu 1) tatsächlich die behaupteten Recherchetätigkeiten nicht oder nicht im vereinbarten Umfang ausgeführt hat.

85

4. Im Streitfall kann auch nicht angenommen werden, dass die zwischen dem Beklagten zu 1) und der Beklagten zu 4) vereinbarte Vergütung wegen Lohnwuchers sittenwidrig (§ 138 BGB) ist und deshalb im streitgegenständlichen Zeitraum auf die geleistete Überbrückungsbeihilfe zumindest der Höhe nach kein entsprechender Anspruch des Beklagten zu 1) bestanden hat.

86

Die hierfür darlegungs- und beweisbelastete Klägerin hat bereits keine Umstände vorgetragen, die ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung begründen sollen.

87

a) Der objektive Tatbestand des Lohnwuchers (§ 138 Abs. 2 BGB) und des wucherähnlichen Geschäfts (§ 138 Abs. 1 BGB) setzt ein auffälliges Missverhältnis zwischen dem Wert der Arbeitsleistung und der Lohnhöhe voraus. Das auffällige Missverhältnis bestimmt sich nach dem objektiven Wert der Leistung des Arbeitnehmers. Ausgangspunkt der Wertbestimmung sind in der Regel die Tariflöhne des jeweiligen Wirtschaftszweigs. Sie drücken den objektiven Wert der Arbeitsleistung aus, wenn sie in dem betreffenden Wirtschaftsgebiet üblicherweise gezahlt werden. Entspricht der Tariflohn indessen nicht der verkehrsüblichen Vergütung, sondern liegt diese unterhalb des Tariflohns, ist zur Ermittlung des Wertes der Arbeitsleistung von dem allgemeinen Lohnniveau im Wirtschaftsgebiet auszugehen (BAG 22. April 2009 - 5 AZR 436/08 - Rn. 14, NZA 2009, 837). Danach liegt ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vor, wenn die Arbeitsvergütung nicht einmal zwei Drittel eines in der betreffenden Branche und Wirtschaftsregion üblicherweise gezahlten (Tarif-)Lohns erreicht (BAG 22. April 2009 - 5 AZR 436/08 - Rn. 17, NZA 2009, 837).

88

b) Hierzu hat die darlegungs- und beweisbelastete Klägerin keine näheren Angaben gemacht. Allein der pauschale Verweis darauf, dass die Bezahlung einer Stundenvergütung von 7,03 EUR brutto für einen Arbeitsplatz, der die Kenntnis zweier Fremdsprachen verlange und eine qualifizierte Tätigkeit vorsehe, Lohnwucher sei, ist unzureichend. Die Klägerin hat bereits nicht dargelegt, nach welcher üblicherweise gezahlten Vergütung sich der objektive Wert der Leistung des Beklagten zu 1) überhaupt bestimmen soll. Im Hinblick darauf, dass sich mangels Vortrags der Klägerin ein höherer üblicher Lohn für die vom Beklagten zu 1) ausgeübten Recherchetätigkeiten nicht feststellen lässt, kann auch ein auffälliges Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung nicht angenommen werden. Die Beweislast für die objektiven Voraussetzungen der Sittenwidrigkeit trägt derjenige, der sich auf die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts beruft (BAG 25. März 2004 - 2 AZR 153/03 - Rn. 52, AP BGB § 138 Nr. 60; BAG 26. Januar 2017 - 6 AZN 835/16 - Rn. 22, AP TV SozSich § 4 Nr. 7). Gemäß den zutreffenden Ausführungen der Beklagten ist der diesbezügliche Vortrag der Klägerin unzureichend, weil diese sich lediglich auf die Behauptung von Lohnwucher beschränkt, ohne auch nur ansatzweise auszuführen, warum es sich vorliegend um Lohnwucher handeln soll, obwohl die Tätigkeit des Beklagten zu 1) im Einzelnen beschrieben wurde.

89

II. Der Klägerin stehen auch keine Schadensersatzansprüche gegen die Beklagten zu 1) bis 4) zu.

90

Deliktsrechtliche Ansprüche (§§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. 263 StGB, 826 BGB) sind bereits deshalb nicht begründet, weil sich gemäß den obigen Ausführungen nicht feststellen lässt, dass der vorgelegte Arbeitsvertrag tatsächlich nicht durchgeführt wurde und der Beklagte zu 1) die darin vereinbarte Arbeitstätigkeit als Rechercheur mit einer regelmäßigen Wochenarbeitszeit von 22 Stunden nicht erbracht hat. Dementsprechend scheidet auch eine deliktsrechtliche Haftung der Beklagten zu 1) bis 4) aus.

91

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

92

Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst, weil hierfür die gesetzlichen Voraussetzungen (§ 72 Abs. 2 ArbGG) nicht vorliegen.

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Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 11. Jan. 2018 - 2 Sa 24/17 zitiert 12 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 823 Schadensersatzpflicht


(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. (2) Di

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72 Grundsatz


(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 286 Freie Beweiswürdigung


(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei.

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 66 Einlegung der Berufung, Terminbestimmung


(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Mona

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 812 Herausgabeanspruch


(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mi

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 138 Sittenwidriges Rechtsgeschäft; Wucher


(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig. (2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen W

Zivilprozessordnung - ZPO | § 322 Materielle Rechtskraft


(1) Urteile sind der Rechtskraft nur insoweit fähig, als über den durch die Klage oder durch die Widerklage erhobenen Anspruch entschieden ist. (2) Hat der Beklagte die Aufrechnung einer Gegenforderung geltend gemacht, so ist die Entscheidung, da

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Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 23. März 2012 - 9 Sa 684/11 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 15. November 2011 - 7 Ca 854/11 - abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über den Fortbestand des Anspruchs auf Überbrückungsbeihilfe nach dem Tarifvertrag zur sozialen Sicherung der Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland vom 31. August 1971 (TV SozSich) für den Zeitraum vom 1. Januar 2011 bis 31. Juli 2011.

2

Der am 21. Dezember 1950 geborene Kläger war vom 1. August 1969 bis zum 31. März 2004 bei den US-Stationierungsstreitkräften beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis, auf das die Tarifverträge für die Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften Anwendung fanden, endete aus betriebsbedingten Gründen in Folge eines Truppenabbaus. Vom 1. April 2004 bis zum 31. Dezember 2010 erhielt der Kläger Überbrückungsbeihilfe nach dem TV SozSich wegen bestehender Arbeitslosigkeit von zuletzt monatlich 2.318,48 Euro. Ab dem 1. Januar 2011 war der Kläger unstreitig grundsätzlich rentenberechtigt.

3

Im TV SozSich heißt es auszugsweise wie folgt:

        

§ 4   

        

Überbrückungsbeihilfe

        

1.    

Überbrückungsbeihilfe wird gezahlt:

                 

a)    

zum Arbeitsentgelt aus anderweitiger Beschäftigung außerhalb des Bereichs der Stationierungsstreitkräfte,

                 

b)    

zu den Leistungen der Bundesanstalt für Arbeit aus Anlass von Arbeitslosigkeit …

        

…       

        

Protokollnotiz zu Ziffer 1a

        

Eine „anderweitige Beschäftigung“ liegt nur vor, wenn die arbeitsvertragliche wöchentliche regelmäßige Arbeitszeit mehr als 21 Stunden beträgt.

        

…       

        

§ 8     

        

Ausschluss der Zahlung und Rückforderung überzahlter Überbrückungsbeihilfen und Beitragszuschüsse

        

1.    

Überbrückungsbeihilfe und Beitragszuschuss werden nicht gezahlt für Zeiten,

                 

…       

        
                 

c)    

nach Ablauf des Monats, in dem der Arbeitnehmer die Voraussetzungen zum Bezug des vorgezogenen Altersruhegeldes oder der Erwerbsunfähigkeitsrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllt …“

4

Am 28. Dezember 2010 begründete der Kläger zum 1. Januar 2011 ein Arbeitsverhältnis als „kaufmännische Hilfskraft im Bereich von EDV-Tätigkeiten“ mit einer Arbeitszeit von 22 Wochenstunden und einem Monatsgehalt von 500,00 Euro brutto, das durch Kündigung des Arbeitgebers zum 31. Juli 2011 endete. Die Beklagte lehnte die Zahlung einer Überbrückungsbeihilfe über den 31. Dezember 2010 hinaus ab. Seit dem 1. Oktober 2011 bezieht der Kläger auf seinen nach Beendigung des neuen Arbeitsverhältnisses gestellten Antrag eine vorgezogene gesetzliche Altersrente wegen Arbeitslosigkeit.

5

Die Parteien haben darüber gestritten, ob der Rentenanspruch des Klägers wegen Überschreitens der Hinzuverdienstgrenze nicht entstanden ist.

6

Der Kläger hat beantragt

        

festzustellen, dass ihm im Hinblick auf die Arbeitsbedingungen (Arbeitsverdienst: 500,00 Euro brutto monatlich; Arbeitszeit: 22 Wochenstunden) im zum 1. Januar 2011 mit der Fa. G Taxi- und Mietwagenunternehmen begründeten und zum 31. Juli 2011 beendeten Arbeitsverhältnis für die Zeit vom 1. Januar 2011 bis zum 31. Juli 2011 ein Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe nach den Bestimmungen des Tarifvertrags zur sozialen Sicherung der Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland vom 31. August 1971 zusteht.

7

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Hiergegen richtet sich die vom Landesarbeitsgericht zugelassene Revision der Beklagten.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Beklagten ist begründet. Der Anspruch des Klägers auf Zahlung von Überbrückungsbeihilfe hat mit dem 31. Dezember 2010 geendet.

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I. Die Feststellungsklage ist zulässig. Entgegen der Annahme der Revision ist das erforderliche Feststellungsinteresse gegeben. Die Revision macht geltend, die Höhe des Anspruchs auf Überbrückungsbeihilfe lasse sich aufgrund des begehrten Feststellungsurteils nicht berechnen, weil die im Arbeitsvertrag vom 28. Dezember 2010 getroffene Entgeltabrede sittenwidrig sei, so dass dem Kläger die übliche Vergütung nach § 612 Abs. 2 BGB zustehe. Deren Höhe stehe betragsmäßig aber nicht fest. Der Sache nach beruft sie sich darauf, das Feststellungsurteil könne nicht zu einer sachgemäßen und erschöpfenden Lösung des Streits zwischen den Parteien führen. Die Revision berücksichtigt dabei nicht, dass für das Feststellungsinteresse allein der begehrte Inhalt des Feststellungsurteils ausschlaggebend ist (vgl. BGH 31. Oktober 1956 - V ZR 157/55 -; vgl. BAG 5. Juni 2003 - 6 AZR 277/02 - zu I 2 b der Gründe). Der Antrag stellt ausdrücklich auf das im Arbeitsvertrag vom 28. Dezember 2010 vereinbarte Entgelt ab. Ein dem Antrag stattgebendes Urteil würde den Streit der Parteien erschöpfend klären und weitere gerichtliche Auseinandersetzungen um denselben Fragenkomplex ausschließen (vgl. BAG 29. November 2001 - 4 AZR 757/00 - zu I 2 b der Gründe, BAGE 100, 43). Der Kläger musste deshalb sein Begehren nicht im Wege der Leistungsklage verfolgen. Ob die Überbrückungsbeihilfe tatsächlich wie vom Kläger begehrt zu berechnen ist oder ob die Berechnung unmöglich wäre, ist eine Frage der Begründetheit und nicht des Feststellungsinteresses.

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II. Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hatte seit dem Zeitpunkt des frühestmöglichen Rentenbeginns am 1. Januar 2011 keinen Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe mehr. Seit diesem Tag war er nicht mehr arbeitslos, so dass kein Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe als Zuschuss zu den Leistungen der Bundesagentur für Arbeit gemäß § 4 Ziff. 1 Buchst. b TV SozSich mehr bestand. Ein Anspruch auf die Zahlung von Überbrückungsbeihilfe als Zuschuss zum Entgelt aus einer Beschäftigung außerhalb des Bereichs der Stationierungsstreitkräfte nach § 4 Ziff. 1 Buchst. a TV SozSich ist unabhängig davon, ob das zum 1. Januar 2011 begründete Arbeitsverhältnis die übrigen Voraussetzungen einer anderweitigen Beschäftigung im Sinne dieser Bestimmung erfüllte, nicht entstanden. Zum Stichtag des frühestmöglichen Rentenbeginns konnte kein Arbeitsverhältnis mehr begründet werden, das durch eine Überbrückungsbeihilfe nach § 4 Ziff. 1 Buchst. a TV SozSich zu ergänzen war. Ab diesem Zeitpunkt war der tarifliche Sicherungszweck nicht mehr erfüllt.

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1. Mit der Überbrückungsbeihilfe erhalten ältere, langjährig beschäftigte Arbeitnehmer, die betriebsbedingt und damit wirksam entlassen worden sind, noch über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus Unterstützungsleistungen durch ihren früheren Arbeitgeber. Arbeitnehmern, die ihren Arbeitsplatz unter den Voraussetzungen des § 2 TV SozSich verloren haben, soll der Lebensunterhalt gewährleistet werden. Nachteile, die sich aus einem geringeren Arbeitsverdienst in einem neuen Arbeitsverhältnis oder aus einer Arbeitslosigkeit ergeben, sollen überbrückt werden. Der TV SozSich geht dabei von einem zeitlich begrenzten Überbrückungsbedarf aus, der längstens bis zum Erwerb einer wirtschaftlichen Absicherung durch den Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung besteht. Die Ergänzung einer als unzureichend empfundenen gesetzlichen Altersrente ist nicht Zweck der Überbrückungsbeihilfe (BAG 30. März 2000 - 6 AZR 645/98 - zu II 3 c bb der Gründe). Die Kompensation von Rentennachteilen, die sich ua. aus Rentenabschlägen bei vorzeitiger Inanspruchnahme der gesetzlichen Altersrente ergeben, liegt außerhalb des Regelungsplans der Tarifvertragsparteien (BAG 6. Oktober 2011 - 6 AZN 815/11 - Rn. 23, BAGE 139, 226).

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2. Ausgehend von diesem Regelungszweck hat der Senat angenommen, dass der Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe gemäß § 8 Ziff. 1 Buchst. c TV SozSich mit der Rentenberechtigung endet. Das gilt auch dann, wenn lediglich die Möglichkeit des Bezugs der vorzeitigen Altersrente unter Rentenabschlägen besteht. Darauf, ob der Berechtigte die Rente in Anspruch nimmt oder wenigstens beantragt hat, kommt es nicht an (BAG 6. Oktober 2011 - 6 AZN 815/11 - Rn. 6, 13, 17, 23, BAGE 139, 226; 18. Mai 2006 - 6 AZR 631/05 - Rn. 11 f., BAGE 118, 196). Eine Rentenberechtigung iSd. § 8 Ziff. 1 Buchst. c TV SozSich besteht allerdings nicht, wenn die Hinzuverdienstgrenzen des § 34 Abs. 3 SGB VI überschritten sind.

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a) Das Recht der gesetzlichen Rentenversicherung unterscheidet zwischen dem Stammrecht und dem Recht auf die jeweils fällig werdenden Einzelleistungen. Das Stammrecht auf die Rente entsteht unabhängig von einer Antragstellung des Berechtigten in dem Zeitpunkt, in dem alle materiellen Voraussetzungen für eine Rentenberechtigung vorliegen. Gemäß § 34 Abs. 2 Satz 1 SGB VI besteht vor Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf eine Rente wegen Alters nur, wenn die in § 34 Abs. 3 SGB VI festgelegten Hinzuverdienstgrenzen nicht überschritten werden. Die Einhaltung dieser Grenzen ist negative Anspruchsvoraussetzung des Rentenanspruchs (BAG 20. November 1997 - 6 AZR 215/96 - zu II 2 b und c aa der Gründe).

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b) Der Senat hat vor diesem rechtlichen Hintergrund angenommen, die Rechtsfrage, ob die Voraussetzungen zum Bezug der Überbrückungsbeihilfe auch vorlägen, wenn eine Rente wegen Alters vor Vollendung des 65. Lebensjahres nur deshalb nicht gewährt werde, weil die Hinzuverdienstgrenze überschritten sei, sei nicht klärungsbedürftig. Der Ausschlusstatbestand des § 8 Ziff. 1 Buchst. c TV SozSich liege in diesem Fall nicht vor (BAG 13. März 2008 - 6 AZN 682/07 -). In dem diesem Beschluss zugrunde liegenden Rechtsstreit war das Arbeitsverhältnis der Klägerin bei den Stationierungsstreitkräften zum 30. September 2004 gekündigt worden. Nach einer Arbeitslosigkeit bis Mitte Oktober 2005 erzielte die Klägerin in einem neuen Arbeitsverhältnis durchgängig einen Verdienst, der über der Hinzuverdienstgrenze lag. Sie hätte grundsätzlich ab dem 1. Mai 2006 vorgezogene Altersrente in Anspruch nehmen können (LAG Rheinland-Pfalz 14. Februar 2007 - 10 Sa 622/06 -). Die Klägerin war jedoch nicht rentenberechtigt, weil die Hinzuverdienstgrenzen überschritten waren. Etwas anderes kann nach dem Rechtsgedanken des § 162 BGB nur dann gelten, wenn sich der ehemalige Arbeitnehmer der Stationierungsstreitkräfte so behandeln lassen muss, als sei er rentenberechtigt. Das kommt etwa dann in Betracht, wenn im engen zeitlichen Zusammenhang mit dem theoretisch frühestmöglichen Rentenbeginn auf Initiative des Arbeitnehmers der Inhalt eines bereits außerhalb des Bereichs der Stationierungsstreitkräfte bestehenden Arbeitsverhältnisses geändert wird, so dass nunmehr die Hinzuverdienstgrenzen des § 34 SGB VI überschritten sind.

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3. Die vorliegende Konstellation unterscheidet sich von den bisher vom Senat entschiedenen Fällen. Es geht nicht darum, ob der Anspruch auf die Überbrückungsbeihilfe von Anfang an wegen einer Rentenberechtigung des ehemaligen Arbeitnehmers der Stationierungsstreitkräfte nicht entsteht (§ 2 Ziff. 2 Buchst. d TV SozSich) bzw. ob der auf unveränderter Grundlage zu erfüllende Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe erlischt, sobald der Arbeitnehmer rentenberechtigt ist (§ 8 Ziff. 1 Buchst. c TV SozSich). Streitentscheidend ist allein, ob der Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe auf einer neuen Rechtsgrundlage weiter besteht. Der Kläger begehrt für den streitbefangenen Zeitraum die Zahlung der Überbrückungsbeihilfe nicht mehr wie bis zum Dezember 2010 als Zuschuss zu den Leistungen der Bundesagentur für Arbeit (§ 4 Ziff. 1 Buchst. b TV SozSich), sondern als Zuschuss zu einer anderweitigen Beschäftigung iSd. § 4 Ziff. 1 Buchst. a TV SozSich, die er im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem Eintritt der Rentenberechtigung begründet hat. Entgelt, das aus einer solchen, erst zum Stichtag der Rentenberechtigung begründeten anderweitigen Beschäftigung erzielt wird, ist nach dem Regelungszweck des TV SozSich nicht durch Zahlung von Überbrückungsbeihilfe zu ergänzen. In einem solchen Fall besteht unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer nicht rentenberechtigt ist, weil die Hinzuverdienstgrenzen überschritten sind, der zeitlich begrenzte Sicherungsbedarf für die Zahlung einer Überbrückungsbeihilfe nicht mehr. Die Überbrückungsbeihilfe soll, wie ausgeführt, nicht eine als unzureichend empfundene Altersrente ergänzen, sondern den Arbeitnehmer bis zum frühestmöglichen Rentenbeginn absichern. Nach seinem Regelungszweck eröffnet der TV SozSich die vom Kläger in Anspruch genommene Gestaltungsmöglichkeit, ein nach § 4 Ziff. 1 Buchst. a TV SozSich durch Überbrückungsbeihilfe zu ergänzendes Arbeitsverhältnis erst zu dem Zeitpunkt zu begründen, ab dem er ohne dieses Arbeitsverhältnis Rente hätte beantragen können und deshalb der Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe erloschen wäre, nicht. Das liefe auf ein Wahlrecht zwischen der Inanspruchnahme der vorgezogenen Rente oder der Fortzahlung der Überbrückungsbeihilfe bis zum regulären Rentenbeginn hinaus. Ein solches Wahlrecht besteht jedoch nach der Konzeption der Tarifvertragsparteien gerade nicht (vgl. BAG 18. Mai 2006 - 6 AZR 631/05 - Rn. 11, BAGE 118, 196).

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4. Das vom Kläger zum 1. Januar 2011 begründete Arbeitsverhältnis war nach diesen Grundsätzen kein Arbeitsverhältnis iSd. § 4 Ziff. 1 Buchst. a TV SozSich. Das aus diesem Arbeitsverhältnis erzielte Entgelt war nicht durch Zahlung von Überbrückungsbeihilfe zu ergänzen. Auch eine Ergänzung von Leistungen der Bundesagentur für Arbeit nach § 4 Ziff. 1 Buchst. b TV SozSich kam für den streitbefangenen Zeitraum nicht mehr in Betracht. Der Kläger war nach seinem eigenen Vorbringen nicht mehr arbeitslos. Es fehlte an der erforderlichen Beschäftigungslosigkeit, weil er in einem Beschäftigungsverhältnis, dh. in einem Arbeitsverhältnis mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von mehr als 15 Stunden, stand (§ 138 Abs. 3 SGB III).

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III. Der Kläger hat gemäß § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

        

    Fischermeier    

        

    Gallner    

        

    Spelge    

        

        

        

    Koch    

        

    Hoffmann    

                 

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.

(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.

20
Um die tatsächliche Schwierigkeit eines Nachweises negativer Tatsachen zu mildern, hat die damit belastete Partei in der Regel nur die Umstände zu widerlegen, die nach dem Vortrag der Gegenseite für die positive Tatsache, also für das Vorhandensein des streitigen Umstands, sprechen (vgl. BGH, Urteile vom 13. Dezember 1984 - III ZR 20/83, WM 1985, 590, vom 20. Mai 1996 - II ZR 301/95, NJW-RR 1996, 1211 f, vom 27. September 2002 - V ZR 98/01, WM 2003, 640, 641 und vom 18. Februar 2009 - XII ZR 163/07, WM 2009, 2093 Rn. 20 f.). Der nicht beweisbelasteten Partei obliegt es, im Rahmen des ihr Zumutbaren (vgl. BGH, Urteil vom 8. Oktober 1992 - I ZR 220/90, NJW-RR 1993, 746, 747) die Behauptung der positiven Tatsachen aufzustellen, deren Unrichtigkeit sodann die beweisbelastete Partei nachzuweisen hat. Allerdings können in der vorliegenden Fallkonstellation an den Vortrag eines Lastschriftgläubigers keine hohen Anforderungen gestellt werden, da er regelmäßig keine Kenntnis von den Umständen besitzen wird, aus denen sich eine konkludente Genehmigung der Lastschrift durch den Schuldner ergeben könnte. Vielmehr kann die Schuldnerbank, die Adressat einer solchen Genehmigung wäre, zu allen erheblichen Umständen aus eigener Wahrnehmung vortragen. Im vorliegenden Fall hat die Beklagte konkrete Umstände dargetan, aus denen sich eine konkludente Genehmigung der streitigen Lastschriften ergeben kann, und damit ihrer Darlegungslast genügt.
6
Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung genügt eine Partei ihrer Darlegungslast, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in ihrer Person entstanden erscheinen zu lassen, wobei unerheblich ist, wie wahrscheinlich diese Darstellung ist (BGH, Beschluss vom 21. Mai 2007 - II ZR 266/04, NJW-RR 2007, 1409 Rn. 8; Urteile vom 25. Juli 2005 - II ZR 199/03, WM 2005, 1847 unter II 2 b; Urteil vom 21. Januar 1999 - VII ZR 398/97, NJW 1999, 1859 unter II 2 a). Erfüllt das Parteivorbringen diese Anforderungen, so kann der Vortrag weiterer Einzelheiten oder die Erklärung für einen gehaltenen Vortrag nicht gefordert werden. Es ist vielmehr Sache des Tatrichters, in die Beweisaufnahme einzutreten und dabei gegebenenfalls Zeugen nach weiteren Einzelheiten zu befragen. Die Nichtberücksichtigung eines als erheblich angesehenen Beweisangebots stellt demgegenüber eine unzulässige vorweggenommene Beweiswürdigung dar (Senatsbeschlüsse vom 19. November 2008 - IV ZR 341/07, r+s 2010, 64 Rn. 3; vom 29. Oktober 2008 - IV ZR 272/06, VersR 2009, 517 Rn. 7; Senatsurteil vom 21. November 2007 - IV ZR 129/05, VersR 2008, 382 Rn. 2). Der Umstand , dass der Vortrag des Klägers in seinem Schriftsatz vom 15. Juli 2004 mit seinen Angaben im Schriftsatz vom 10. Oktober 2003 in Widerspruch stehen mag, rechtfertigt die Nichterhebung des angebotenen Beweises ebenfalls nicht. Auch hierin liegt eine vorweggenommene Beweiswürdigung , die im Prozessrecht keine Stütze findet (Senatsurteil vom 17. Februar 2010 - IV ZR 259/08, VersR 2010, 473 Rn. 17; BGH, Urteil vom 12. Dezember 2001 - X ZR 141/00, NJW 2002, 1276 unter I).

(1) Urteile sind der Rechtskraft nur insoweit fähig, als über den durch die Klage oder durch die Widerklage erhobenen Anspruch entschieden ist.

(2) Hat der Beklagte die Aufrechnung einer Gegenforderung geltend gemacht, so ist die Entscheidung, dass die Gegenforderung nicht besteht, bis zur Höhe des Betrages, für den die Aufrechnung geltend gemacht worden ist, der Rechtskraft fähig.

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg - Kammern Mannheim - vom 16. April 2012 - 12 Sa 19/11 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über eine restliche arbeitsvertragliche Gewinnbeteiligung für das Jahr 2001.

2

Der Kläger war seit dem 1. August 1999 bei dem Beklagten als Rechtsanwalt zu einem monatlichen Festgehalt in Höhe von 4.500,00 Euro brutto angestellt. Darüber hinaus enthielt der Arbeitsvertrag vom 15. Mai 1999 ua. folgende Regelung:

§ 3

Gewinnbeteiligung

1. Herr Z erhält eine Beteiligung von 15 % am Gewinn der Kanzlei, die mindestens € 25.500,00/Jahr beträgt. Beträgt der Gewinn der Kanzlei mehr als € 250.000,00, erhöht sich die Gewinnbeteiligung auf 16 %, beträgt er mehr als € 300.000,00 auf 17 %.

4. Die Gewinnbeteiligung wird nach Feststellung des Gewinns der Kanzlei durch einen Steuerberater, spätestens zum 30.06. eines Jahres für das Vorjahr berechnet und gezahlt. Zuvor werden monatliche Vorwegentnahmen von € 1.500,00 gezahlt. Bei nicht ausreichender Liquidität kann die Vorwegentnahme gekürzt oder ausgesetzt werden. In den nachfolgenden Monaten ist die Kürzung auszugleichen.“

3

Im Jahr 2001 zahlte der Beklagte dem Kläger monatlich 6.000,00 Euro brutto (4.500,00 Euro brutto + 1.500,00 Euro brutto). Zum 1. Januar 2002 begründeten die Parteien eine Sozietät in Form einer BGB-Gesellschaft. Die Zusammenarbeit endete am 5. Dezember 2005. Im Jahr 2003 oder 2004 rechnete der Beklagte eine Gewinnbeteiligung für das Jahr 2001 in Höhe von 29.640,96 Euro ab. Eine Zahlung auf diese Abrechnung erfolgte aber nicht.

4

Nach Beendigung der Zusammenarbeit kam es zu verschiedenen Rechtsstreitigkeiten. Am 21. Dezember 2005 schlossen die Parteien vor dem Landgericht Mannheim (- 3 O 454/05 -) einen Prozessvergleich ab, der in § 4 folgende Regelung enthält:

„Die Parteien verzichten wechselseitig bis 31.12.2006 auf die Geltendmachung der Verjährung hinsichtlich finanzieller Ansprüche der jeweiligen Gegenseite aus der beruflichen Zusammenarbeit.“

5

Mit einer am 29. Dezember 2006 beim Landgericht Heidelberg eingegangenen Klage (- 2 O 366/07 -) verlangte der Kläger vom Beklagten ua. die Zahlung von 102.473,18 Euro Gewinnbeteiligung für das Jahr 2001, hilfsweise die Einstellung eines solchen Betrags zugunsten des Klägers im Rahmen der Liquidation. Zur Begründung der Klage führte der Kläger insoweit aus, die Parteien hätten ab dem 1. Januar 2001 eine Anwaltssozietät als Gesellschaft bürgerlichen Rechts unter dem Namen „R Rechtsanwälte“ geführt. Aus dieser Sozietät stünde ihm eine hälftige Gewinnbeteiligung zu. Unter Anrechnung erhaltener Vergütung und geleisteter Sozialversicherungsbeiträge ergebe sich noch der geltend gemachte Betrag. Der Klageschrift war der Arbeitsvertrag der Parteien vom 15. Mai 1999 beigefügt.

6

Das Landgericht Heidelberg wies mit Urteil vom 19. Mai 2009 bezüglich der Gewinnbeteiligung für das Jahr 2001 sowohl den Haupt- als auch den Hilfsantrag ab. Es hat seine Entscheidung ua. damit begründet, dass im Jahr 2001 das Arbeitsverhältnis der Parteien fortbestanden habe. Die Existenz einer BGB-Gesellschaft vor dem 1. Januar 2002 habe der Kläger nicht zur Überzeugung des Gerichts nachweisen können.

7

Die insoweit eingelegte Berufung beim Oberlandesgericht Karlsruhe (- 1 U 115/09 -) nahm der Kläger nach gerichtlichem Hinweisbeschluss im Juli 2010 zurück. Ende 2010 wurde das Urteil des Landgerichts Heidelberg insgesamt rechtskräftig. Mit Schreiben vom 22. Dezember 2010 forderten die Prozessbevollmächtigten des Klägers den Beklagten auf, restliche Gehaltsansprüche aus dem Geschäftsjahr 2001 bis zum 10. Januar 2011 abzurechnen und zu überweisen. In diesem Zusammenhang gaben die Prozessbevollmächtigten des Beklagten am 12. Januar 2011 folgende Erklärung ab:

„Natürlich verzichten wir hiermit für unseren Mandanten hinsichtlich der von Ihnen in Ihrem Schreiben vom 22. Dezember 2010 geltend gemachten etwaigen Gehaltsansprüche Ihres Mandanten aus dem Jahr 2001 auf die Einrede der Verjährung, und zwar befristet bis zum 28. Februar 2011 und nur soweit die Verjährung dieser Ansprüche nicht schon bei Zugang dieser Erklärung bei Ihnen eingetreten sein sollte.“

8

Die vorliegende Klage vom 4. Februar 2011, eingegangen beim Arbeitsgericht Mannheim per Fax am selben Tag, wurde dem Beklagten am 18. Februar 2011 zugestellt.

9

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Klage sei zulässig. Das Landgericht Heidelberg habe lediglich rechtskräftig entschieden, dass er keine Gewinnbeteiligung als Mitgesellschafter für das Jahr 2001 verlangen könne. Über den jetzt geltend gemachten arbeitsvertraglichen Gewinnbeteiligungsanspruch liege keine gerichtliche Entscheidung vor. Der Beklagte könne sich auch nicht auf die Verjährung der Klageforderung berufen. Das am 29. Dezember 2006 eingeleitete Verfahren vor dem Landgericht Heidelberg habe den Eintritt der Verjährung gehemmt.

10

Der Kläger hat beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, an ihn 29.640,96 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. Juli 2002 zu zahlen,

2. den Beklagten zu verurteilen, über seine arbeitsvertraglich zugesagte Gewinnbeteiligung für das Jahr 2001 Abrechnung zu erteilen.

11

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Er hat die Auffassung vertreten, die Klage sei unzulässig. Ihr stehe die rechtskräftige Entscheidung des Landgerichts Heidelberg entgegen, mit der ein Anspruch des Klägers auf eine Gewinnbeteiligung für das Jahr 2001 abgelehnt worden sei. Zwar habe sich das Landgericht Heidelberg nicht mit einem eventuellen arbeitsvertraglichen Anspruch befasst. Es sei aber gemäß § 17 Abs. 2 GVG verpflichtet gewesen, die Klage nach allen rechtlichen Gesichtspunkten zu prüfen. Dass das Landgericht dieser Verpflichtung nicht nachgekommen sei, ändere nichts daran, dass die Gewinnbeteiligung für das Jahr 2001 unabhängig von ihrer rechtlichen Begründung Gegenstand des Verfahrens gewesen sei.

12

Jedenfalls sei die Klageforderung verjährt. Die Klage vor dem Landgericht Heidelberg habe den Eintritt der Verjährung nicht gehemmt. Sie habe sich durchgängig und ausschließlich auf den Lebenssachverhalt „Bestand einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts“ und nicht auf einen Lebenssachverhalt „Bestand eines Arbeitsverhältnisses“ bezogen. Angesichts derart unterschiedlicher Lebenssachverhalte sei der Weg zu einer Ausdehnung der verjährungshemmenden Wirkung einer Klage nach § 213 BGB versperrt.

13

Unabhängig davon habe der Kläger im Jahr 2002 umfangreiche Gewinnbeteiligungszahlungen erhalten, in denen auch etwaige Ansprüche aus dem Jahr 2001 enthalten gewesen seien.

14

Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel in vollem Umfang weiter.

Entscheidungsgründe

15

Die zulässige Revision ist unbegründet. Die auf Zahlung einer weiteren Gewinnbeteiligung für das Jahr 2001 und Abrechnung derselben gerichtete Klage ist zulässig (zu I), aber unbegründet (zu II). Ein möglicher Anspruch des Klägers ist verjährt (§§ 195, 214 Abs. 1 BGB).

16

I. Der Zulässigkeit der Klage steht die Rechtskraft des Urteils des Landgerichts Heidelberg vom 19. Mai 2009 (- 2 O 366/07 -) nicht entgegen. Ansprüche auf Gewinnbeteiligung für das Jahr 2001 aus einem Arbeitsverhältnis zum Beklagten waren nicht Streitgegenstand dieses Verfahrens. Vielmehr ging es dort ausschließlich um Ansprüche des Klägers aus einer von ihm bereits für das Jahr 2001 behaupteten BGB-Gesellschaft zwischen den Parteien.

17

1. Streitgegenstand ist der als Rechtsschutzbegehren oder Rechtsfolgenbehauptung verstandene, eigenständige prozessuale Anspruch, der durch den Klageantrag, in dem sich die vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert, und den Lebenssachverhalt (Anspruchsgrund), aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet, bestimmt wird. Zum Streitgegenstand zählen dabei alle Tatsachen, die bei einer natürlichen, vom Standpunkt der Parteien ausgehenden, den Sachverhalt seinem Wesen nach erfassenden Betrachtungsweise zu dem zur Entscheidung gestellten Tatsachenkomplex gehören, den der Kläger zur Stützung seines Rechtsschutzbegehrens unterbreitet hat (BAG 15. Mai 2013 - 7 AZR 665/11 - Rn. 23; 11. Oktober 2011 - 3 AZR 795/09 - Rn. 17 mwN; BGH 8. Mai 2007 - XI ZR 278/06 -; vgl. auch zum identischen Streitgegenstandsbegriff im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren: BAG 5. März 2013 - 1 ABR 75/11 - Rn. 13). Der Streitgegenstand wird ausschließlich vom Kläger mit seinem Klagebegehren bestimmt. Das Vorbringen des Beklagten oder Verteidigungsvorbringen des Klägers gegenüber Beklagtenvortrag verändert den vom Kläger mit seinem Antrag und seinem Klagevorbringen festgelegten Streitgegenstand nicht (BGH 23. Juli 2008 - XII ZR 158/06 - Rn. 20).

18

Eine materiell rechtskräftige Entscheidung (§ 322 ZPO)über einen Streitgegenstand steht einer erneuten gerichtlichen Geltendmachung entgegen. Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn das Gericht über den ihm unterbreiteten Sachverhalt nicht unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkte entschieden hat (BAG 11. Oktober 2011 - 3 AZR 795/09 - aaO). Da der Streitgegenstand aber nicht allein durch den zur Entscheidung gestellten Antrag (Klageziel) bestimmt wird, genügt die Einheitlichkeit des Klageziels mehrerer Verfahren nicht, um einen einheitlichen Streitgegenstand anzunehmen. Vielmehr muss auch der Klagegrund identisch sein (BAG 14. Dezember 2010 - 1 ABR 19/10 - Rn. 37, BAGE 136, 302). Präjudizielle Rechtsverhältnisse und Vorfragen werden nur dann iSv. § 322 ZPO rechtskräftig festgestellt, wenn sie selbst Streitgegenstand waren. Es genügt nicht, dass über sie als bloße Vorfragen zu entscheiden war (BAG 20. Dezember 2012 - 2 AZR 867/11 - Rn. 23 mwN; zu einer Fallgestaltung, in der der in einem Vorprozess entschiedene Streitgegenstand als Vorfrage Bindungswirkung für einen Folgeprozess hat: BAG 25. April 2007 - 10 AZR 586/06 - Rn. 16).

19

2. Ausgehend von diesen Grundsätzen war Streitgegenstand der Klage vor dem Landgericht Heidelberg ausschließlich ein gesellschaftsrechtlicher Gewinnbeteiligungsanspruch für das Jahr 2001.

20

Nach dem Tatbestand der Entscheidung vom 19. Mai 2009 hatte der Kläger den Standpunkt vertreten, der im Jahr 1999 abgeschlossene Arbeitsvertrag sei bereits Ende 2000 beendet worden und seit dem 1. Januar 2001 habe eine BGB-Gesellschaft bestanden. Aus diesem Gesellschaftsverhältnis hat er einen Gewinnanteil in Höhe von 50 % verlangt, für das Jahr 2001 einen Betrag von 102.473,50 Euro. Ansprüche aus dem Arbeitsvertrag hat der Kläger im Verfahren vor dem Landgericht Heidelberg nicht, auch nicht hilfsweise, geltend gemacht und solche dem Gericht nicht zur Entscheidung unterbreitet. Der Kläger hat nicht lediglich seinen Vortrag auf eine mögliche Anspruchsgrundlage aus einem einheitlichen Rechtsverhältnis beschränkt, was den Streitgegenstand nicht einschränken würde (vgl. dazu BGH 18. Juli 2000 - X ZR 62/98 - zu II 1 c der Gründe), sondern er hat Ansprüche nur aus dem Lebenssachverhalt „gesellschaftsrechtliche Verbindung zum Beklagten“ verlangt. Hierbei handelt es sich um eine gänzlich andere, eigenständige Tatsachengrundlage, die besondere Vereinbarungen voraussetzt, ein Arbeitsverhältnis ausschließt und grundsätzlich andere Rechtsfolgen bewirkt. Dies hat im Übrigen auch der Beklagte zunächst so gesehen. Das Landgericht hatte sich lediglich als logische Vorfrage damit auseinanderzusetzen, ob im Jahr 2001 noch ein Arbeitsverhältnis oder bereits ein gesellschaftsrechtliches Verhältnis zwischen den Parteien bestand. Dadurch wurden arbeitsrechtliche Ansprüche aber nicht streitgegenständlich, ohne dass der Kläger diese zum Gegenstand des Verfahrens gemacht hat (vgl. BGH 23. Juli 2008 - XII ZR 158/06 - Rn. 22). Das Landgericht hat demgemäß über arbeitsrechtliche Ansprüche nicht entschieden und die Frage, ob solche bestehen, nicht behandelt.

21

Etwas anderes folgt entgegen der Auffassung des Beklagten auch nicht aus § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG. Nach dieser Norm hat das Gericht des zulässigen Rechtswegs den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten zu entscheiden. Dies gilt aber nur so weit, wie ein bestimmter Anspruch streitgegenständlich ist. Der vom Kläger bestimmte Streitgegenstand darf vom Gericht weder erweitert noch verändert werden (§ 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO; vgl. beispielhaft bei einem Unterlassungsantrag: BGH 3. April 2003 - I ZR 1/01 - BGHZ 154, 342). Beschränkt der Kläger zulässig seinen Streitgegenstand (und nicht nur seine Rechtsfolgebehauptung; vgl. dazu Zöller/Vollkommer 29. Aufl. Einl. Rn. 84), so ist das Gericht hieran gebunden.

22

II. Die Klage ist unbegründet. Der Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben. Ein möglicher Anspruch des Klägers auf eine weitere arbeitsvertragliche Gewinnbeteiligung für das Jahr 2001 ist verjährt.

23

1. Auf die streitgegenständliche Forderung findet neues Verjährungsrecht Anwendung. Der Anspruch auf Gewinnbeteiligung wurde gemäß § 3 Nr. 4 des Arbeitsvertrags nach Feststellung des Gewinns der Kanzlei, spätestens zum 30. Juni des Folgejahres fällig. Wegen der Notwendigkeit der Gewinnfeststellung lag die Fälligkeit damit keinesfalls vor dem 1. Januar 2002, sodass nach Art. 229 § 6 EGBGB die seit dem 1. Januar 2002 geltenden Verjährungsvorschriften auf die Forderung Anwendung finden.

24

2. Die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren (§ 195 BGB) begann gemäß § 199 Abs. 1 BGB Ende des Jahres 2002. Verjährung wäre damit mit dem 31. Dezember 2005 eingetreten. Durch Prozessvergleich vom 21. Dezember 2005 haben sich die Parteien aber darauf verständigt, den Verjährungseintritt um ein Jahr bis zum 31. Dezember 2006 hinauszuschieben (vgl. zur Zulässigkeit solcher Vereinbarungen: Palandt/Ellenberger 72. Aufl. § 202 Rn. 1, 4). Darüber hinaus hat der Beklagte nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts im Jahr „2003 oder 2004“ die Gewinnbeteiligung für das Jahr 2001 abgerechnet. Einen genauen Zeitpunkt hat das Landesarbeitsgericht nicht festgestellt, letztlich kann dieser aber dahinstehen. Auch wenn man zugunsten des Klägers annimmt, dass die Abrechnung erst am 31. Dezember 2004 erfolgte und die Verjährung wegen der Abrechnung gemäß § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB neu begann, endete die Verjährungsfrist nach § 195 BGB am 31. Dezember 2007. Eine Hemmung der Verjährung darüber hinaus ist nicht eingetreten.

25

a) Die Verjährung ist nicht durch Verhandlungen iSd. § 203 Satz 1 BGB gehemmt worden. Der entsprechenden Annahme des Landesarbeitsgerichts ist der Kläger in der Revisionsinstanz nicht mehr entgegengetreten.

26

b) Eine Hemmung der Verjährung durch Rechtsverfolgung iSv. § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB ist durch die Klageerhebung vor dem Landgericht Heidelberg(- 2 O 366/07 -) nicht erfolgt. Eine solche Hemmung tritt nur für Ansprüche ein, die streitgegenständlich sind (BGH 8. Mai 2007 - XI ZR 278/06 - Rn. 15). Arbeitsrechtliche Ansprüche waren - wie dargelegt - nicht Streitgegenstand des landgerichtlichen Verfahrens.

27

c) Durch das Verfahren vor dem Landgericht Heidelberg war die Verjährung auch nicht iSv. §§ 213, 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB gehemmt. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 213 BGB liegen nicht vor. Der Anspruch auf arbeitsvertragliche Gewinnbeteiligung beruht weder auf „demselben Grunde“ wie die vor dem Landgericht streitgegenständlichen Ansprüche noch besteht er wahlweise neben diesen Ansprüchen oder an deren Stelle.

28

aa) § 213 BGB erstreckt die Hemmungswirkung nach § 203 ff. BGB auf Ansprüche „die aus demselben Grunde wahlweise neben dem Anspruch oder an seiner Stelle gegeben sind“. Die mit der Schuldrechtsreform neu eingeführte Norm verallgemeinert einen Gedanken, der vorher lediglich im Bereich des Kaufvertrags- und Werkvertragsrechts Anwendung fand (§ 477 Abs. 3 BGB aF, § 639 Abs. 1 BGB aF; vgl. BT-Drucks. 14/6040 S. 91; jurisPK-BGB/Lakkis 6. Aufl. § 213 Rn. 1). Der Gesetzgeber der Schuldrechtsreform wollte den Gläubiger, „der ein bestimmtes Interesse mit einem bestimmten Anspruch verfolgt“ davor schützen, „dass inzwischen andere Ansprüche auf dasselbe Interesse verjähren, die von vornherein wahlweise neben dem geltend gemachten Anspruch gegeben sind oder auf die er stattdessen übergehen kann“. Der Gläubiger sollte nicht gezwungen werden, insoweit gesonderte Hilfsanträge zu stellen (BT-Drucks. 14/6040 S. 121).

29

bb) Tatbestandliche Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 213 BGB ist zunächst, dass der Anspruch „aus demselben Grunde“ gegeben ist.

30

(1) Gemeint ist damit der durch das Anspruchsziel geprägte Sachverhalt (Erman/J. Schmidt-Räntsch 13. Aufl. § 213 Rn. 3), nicht der Streitgegenstand im prozessualen Sinn. Dies ergibt sich aus systematischen Erwägungen: Für Ansprüche, die im Vorprozess streitgegenständlich waren, tritt eine Hemmung der Verjährung bereits nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB ein. Würde man eine Identität des Streitgegenstands verlangen, wäre § 213 BGB überflüssig(jurisPK-BGB/Lakkis § 213 Rn. 2). Die Norm erstreckt die Hemmung im Sinne einer „Wirkungserstreckung“ (Erman/J. Schmidt-Räntsch § 213 Rn. 1; MüKoBGB/Grothe 6. Aufl. § 213 Rn. 1) auf bestimmte weitere Ansprüche, die nicht unmittelbar Streitgegenstand waren. Dabei genügt aber nicht, dass die Ansprüche irgendwie wirtschaftlich zusammenhängen. Ebenso wenig ist ausreichend, dass die Ansprüche gegen denselben Schuldner gerichtet sind; dies ist eine notwendige, aber keine hinreichende Voraussetzung. Vielmehr müssen sie sich aus demselben Lebenssachverhalt ergeben, der Anspruchsgrund muss mindestens „im Kern identisch“ sein (Bamberger/Roth/Henrich 3. Aufl. § 213 Rn. 2; MüKoBGB/Grothe § 213 Rn. 3; Palandt/Ellenberger § 213 Rn. 2). Durch das Tatbestandsmerkmal wird die Wirkungserstreckung auf Ansprüche beschränkt, die in einem ähnlichen Verhältnis zueinander stehen wie die Gewährleistungsansprüche des § 477 Abs. 1 BGB aF oder die Ansprüche des § 638 BGB aF(Erman/J. Schmidt-Räntsch § 213 Rn. 3). Dies macht auch der Ablauf des Gesetzgebungsverfahrens deutlich: Nach dem ursprünglichen Gesetzesentwurf (BT-Drucks. 14/6040 S. 5) sollte § 213 BGB folgenden Wortlaut haben: „Die Hemmung und der erneute Beginn der Verjährung gelten auch für Ansprüche, die neben dem Anspruch oder an seiner Stelle gegeben sind.“ Dieser Wortlaut ließ die Deutung zu, dass ein Zusammenhang im Anspruchsgrund nicht Voraussetzung für die Anwendung der Norm sein sollte. Der Bundesrat hat die Auffassung vertreten, aus dieser Formulierung werde weder das nach der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 14/6040 S. 121 f.) erforderliche Wahlverhältnis zwischen den Ansprüchen noch die Tatsache deutlich, dass die Ansprüche auf das gleiche Interesse gerichtet sein müssen (BT-Drucks. 14/6857 S. 10). Die Bundesregierung hat diese Bedenken aufgegriffen; mit der jetzigen Gesetzesfassung sollten diese den Anwendungsbereich der Norm einschränkenden Tatbestandsvoraussetzungen - die sich früher bereits aus der systematischen Stellung des § 477 Abs. 3 BGB aF ergaben - klargestellt werden(BT-Drucks. 14/6857 S. 46).

31

Von einem derart beschränkten Anwendungsbereich der Norm geht auch die Rechtsprechung der ordentlichen Gerichte aus. So werden beispielsweise Nacherfüllungs- und Gewährleistungsrechte, die auf demselben Mangel beruhen, als aus demselben Grund gegeben angesehen (BGH 8. Dezember 2009 - XI ZR 181/08 - Rn. 49; KG Berlin 9. Februar 2010 - 6 U 204/08 - Rn. 57). Ebenso wird dies für eine Vorschussklage zur Mängelbeseitigung und einen Schadensersatzanspruch nach § 635 BGB aF angenommen (OLG Celle 17. Januar 2013 - 16 U 94/11 - Rn. 59 ff.) oder im Verhältnis zwischen einem Erfüllungsanspruch und dem Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung (OLG Hamm 25. Februar 2010 - 22 U 89/09 - Rn. 47 ff.). Abgelehnt wurde hingegen eine Anwendung des § 213 BGB auf das Verhältnis zwischen einem abstrakten Schuldversprechen einerseits und einem Darlehensvertrag andererseits(OLG Frankfurt 11. Juli 2007 - 23 U 7/07 -), da die Ansprüche nur erfüllungsmäßig funktionell miteinander verknüpft seien.

32

(2) Ausgehend davon ist der Grund der vom Kläger in beiden Verfahren verfolgten Ansprüche nicht derselbe, er ist auch nicht im Kern identisch. Zwar hat der Kläger vor dem Landgericht Heidelberg ebenso einen Zahlungsanspruch auf Gewinnbeteiligung für das Jahr 2001 geltend gemacht wie nunmehr (in niedrigerer Höhe) im arbeitsgerichtlichen Verfahren. Auch beruhen beide Ansprüche auf der Arbeit des Klägers in der Kanzlei im Jahr 2001. Der Rechtsgrund unterscheidet sich jedoch deutlich. Die Förderung eines gemeinsamen Zwecks in der durch den Gesellschaftsvertrag bestimmten Weise (§ 705 BGB) ist etwas grundlegend anderes als die Leistung abhängiger, fremdbestimmter Arbeit. Der Anspruch aus einem Arbeitsvertrag auf Gewinnbeteiligung, der nur kraft besonderer Vereinbarung neben dem Anspruch auf eine arbeitsvertragliche Grundvergütung besteht, unterscheidet sich nach Modell und Inhalt grundlegend vom gesetzlichen Anspruch eines Gesellschafters auf einen bestimmten Anteil des Gewinns einer BGB-Gesellschaft nach §§ 721, 722 BGB. Der Schuldner, gegenüber dem einer dieser Ansprüche gerichtlich geltend gemacht wird, muss nicht damit rechnen, dass nach dem rechtskräftigen Abschluss eines Rechtsstreits und nach Ablauf der Verjährungsfrist ein Anspruch aus einer völlig anderen Vertragsbeziehung durchgesetzt werden kann. Es fehlt ihm gegenüber an einer hinreichenden „Warnung“ durch das erste Klageverfahren, die seine Schutzbedürftigkeit im Hinblick auf die Verjährung entfallen lässt (vgl. zu diesem Gedanken: BT-Drucks. 14/6040 S. 121; jurisPK-BGB/Lakkis § 213 Rn. 1).

33

cc) Die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche stehen auch nicht in elektiver oder alternativer Konkurrenz. Es fehlt ein Nebeneinander mehrerer inhaltlich verschiedener, sich gegenseitig ausschließender Rechte, unter denen der Berechtigte auswählen kann (jurisPK-BGB/Lakkis § 213 Rn. 5), bzw. die dadurch entstehen können, dass das andere Recht ausfällt.

34

§ 213 BGB soll insoweit dem Gläubiger Hilfsanträge bei seinem ersten Vorgehen ersparen. Die Bestimmung nimmt sich der Situation an, die sich ergibt, wenn der Gläubiger mehreres verlangen kann, das eine Begehren aber das andere - oder die anderen - ausschließt (Staudinger/Peters/Jacoby (2009) § 213 Rn. 6). Ein solches Wahlrecht stand und steht dem Kläger in der vorliegenden Situation weder gesetzlich (vgl. dazu OLG Frankfurt 15. April 2008 - 8 U 238/06 - Rn. 39) noch vertraglich zur Verfügung. Auch ist kein Anspruch an die Stelle eines anderen Anspruchs getreten, etwa ein gesetzlicher Anspruch an die Stelle eines unwirksamen Vertrags wie der Bereicherungsanspruch beim nichtigen Werkvertrag (vgl. noch zur alten Rechtslage: BGH 18. Juli 2000 - X ZR 62/98 - zu II 2 a der Gründe). Ob dem Kläger für das Jahr 2001 ein arbeitsvertraglicher Gewinnbeteiligungsanspruch oder ein Anteil am Gewinn einer Gesellschaft zusteht, hängt vielmehr ausschließlich davon ab, ob die Tätigkeit, die er im Jahr 2001 erbracht hat, noch auf arbeitsvertraglicher Grundlage erfolgt ist, oder ob der Arbeitsvertrag (gegebenenfalls konkludent) durch Eingehung einer BGB-Gesellschaft mit dem Beklagten abgelöst wurde. Der Kläger konnte also nicht wählen, ob er den einen oder anderen Anspruch geltend macht, sondern die objektive Vertragslage ist maßgebend. Er konnte sich nur dafür entscheiden, welche Rechtsauffassung er zu dieser Frage vertritt und ob er - wie erfolgt - lediglich einen der beiden Ansprüche zum Streitgegenstand eines Prozesses macht oder (gegebenenfalls in einem Hilfsverhältnis) beide Ansprüche. Dass sich die beiden Ansprüche - jedenfalls in der vorliegenden Situation - logisch ausschließen, betrifft lediglich die zu beantwortende Vorfrage, ob noch ein Arbeitsverhältnis im Jahr 2001 bestand, begründet aber kein Wahlrecht iSd. § 213 BGB. Auch ergibt sich nicht ohne Weiteres ein arbeitsvertraglicher Gewinnbeteiligungsanspruch, wenn kein Gesellschaftsvertrag zustande gekommen ist; vielmehr bedarf es insoweit einer besonderen Vereinbarung, die im Arbeitsverhältnis keineswegs selbstverständlich ist. Es kommt nicht darauf an, dass diese Vereinbarung zwischen den Parteien von Anfang an unstreitig war.

35

3. Da der Kläger einen arbeitsvertraglichen Gewinnbeteiligungsanspruch für das Jahr 2001 jedenfalls nicht mehr durchsetzen kann, kann er auch keine hierauf gerichtete Abrechnung verlangen.

36

III. Der Kläger hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.

        

    Mikosch    

        

    W. Reinfelder    

        

   Mestwerdt  

        

        

        

    Simon    

        

   A. Effenberger   

                 

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird unter Verwerfung der Revision als unzulässig im Übrigen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 6. März 2013 - 20 Sa 838/12 - teilweise aufgehoben, soweit die Berufung des Klägers zurückgewiesen wurde.

2. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Brandenburg an der Havel vom 8. Februar 2012 - 4 Ca 593/11 - wie folgt abgeändert:

a) Die Beklagten werden unter Klageabweisung im Übrigen verurteilt, an den Kläger weitere 5.824,21 Euro brutto abzüglich 2.400,00 Euro netto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 4.443,69 Euro seit dem 24. Juni 2011 und aus weiteren 1.120,92 Euro seit dem 1. Oktober 2011 als Gesamtschuldner zu zahlen.

b) Die Beklagte zu 2. wird verurteilt, an den Kläger weitere 3.039,99 Euro brutto abzüglich 1.200,00 Euro netto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Oktober 2011 zu zahlen.

3. Die gerichtlichen Kosten der Revision haben der Kläger zu 17 %, die Beklagten zu 1. und zu 2. als Gesamtschuldner zu 58 % und die Beklagte zu 2. zu 25 % zu tragen.

Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1. im Revisionsverfahren trägt diese selbst. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2. im Revisionsverfahren haben der Kläger zu 17 % und die Beklagte zu 2. zu 83 % zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten des Klägers im Revisionsverfahren haben die Beklagten zu 1. und zu 2. als Gesamtschuldner zu 58 %, die Beklagte zu 2. zu 25 % und der Kläger zu 17 % zu tragen.

4. Die gerichtlichen Kosten der Berufung haben der Kläger zu 10 %, die Beklagten zu 1. und zu 2. als Gesamtschuldner zu 60 % und die Beklagte zu 2. zu 30 % zu tragen.

Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1. im Berufungsverfahren trägt diese selbst. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2. im Berufungsverfahren haben der Kläger zu 10 % und die Beklagte zu 2. zu 90 % zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten des Klägers im Berufungsverfahren haben die Beklagten zu 1. und zu 2. als Gesamtschuldner zu 60 %, die Beklagte zu 2. zu 30 % und der Kläger zu 10 % zu tragen.

5. Die übrigen Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger zu 60 %, die Beklagten zu 1. und zu 2. als Gesamtschuldner zu 27 % und die Beklagte zu 2. zu 13 % zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Vergütungsansprüche des Klägers.

2

Der 1986 geborene Kläger leistete von April 2009 bis Dezember 2009 Zivildienst bei der M Hilfsdienst gGmbH in Berlin. Daran schloss sich bis Dezember 2010 die theoretische Ausbildung zum Rettungsassistenten bei der Landesrettungsschule Brandenburg e. V. an. Ende 2010 bestand er zunächst die Prüfung zum Rettungssanitäter und später die staatliche Prüfung zum Rettungsassistenten. Mit Schreiben vom 19. Oktober 2010 bewarb sich der Kläger bei der Beklagten zu 1. für ein „Jahrespraktikum als Rettungsassistent im Anerkennungsjahr“. Am 17. Dezember 2010 schloss er mit der Beklagten zu 1. für den Zeitraum vom 1. Januar 2011 bis zum 31. Dezember 2011 einen mit „Arbeitsvertrag für geringfügig Beschäftigte“ überschriebenen „Aushilfsarbeitsvertrag“. In diesem heißt es ua., dass er als Rettungsdienstmitarbeiter eingestellt werde, die wöchentliche Arbeitszeit 20 Stunden betrage und er ein monatliches Festentgelt iHv. 400,00 Euro brutto erhalte. Als sachlicher Grund für die Befristung wurde ein „vorübergehender erhöhter Arbeitskräftebedarf“ angegeben. In der Vertragsurkunde, die wiederholt vom „Arbeitsverhältnis“ spricht, wird der Kläger durchweg als „Arbeitnehmer“ bezeichnet, die Beklagte zu 1. als „Arbeitgeber[in]“.

3

Der Kläger wurde von Januar bis Juni 2011 von der Beklagten zu 1. und nach dem zum 1. Juli 2011 erfolgten Übergang des Betriebs auf die Beklagte zu 2. von dieser als Rettungsdienstmitarbeiter beschäftigt. Er wurde von Januar 2011 bis September 2011 in Wechselschicht eingesetzt, teilweise im Krankentransportwagen als sog. „dritter Mann“, teilweise neben einem Rettungsassistenten oder erfahrenen Rettungssanitäter als sog. „zweiter Mann“ oder als Beifahrer im Rettungswagen. Außerdem hatte er betriebliche Aufgaben zu erfüllen. Im Jahr 2011 arbeitete er im Januar 158 Stunden, im Februar 160 Stunden, im März 159 Stunden, im April 170,5 Stunden, im Mai 149 Stunden, im Juni 188 Stunden, im Juli 193 Stunden, im August 180 Stunden und im September 156 Stunden. Ab Oktober 2011 stellte die Beklagte zu 2. ihn von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung frei und erteilte ihm am 30. Dezember 2011 eine „Bescheinigung über die erfolgreiche Ableistung der praktischen Tätigkeit“, woraufhin der Kläger die Erlaubnis erhielt, die Bezeichnung „Rettungsassistent“ zu führen.

4

Die Beklagte zu 1., die Rettungssanitäter mit einer Grundvergütung zwischen 1.400,00 und 1.600,00 Euro brutto einstellt, zahlte an den Kläger für die Monate Januar bis Juni 2011 Entgelt iHv. insgesamt 2.400,00 Euro netto, die Beklagte zu 2. für die Monate Juli bis September 2011 Entgelt iHv. insgesamt 1.200,00 Euro netto.

5

Der Kläger meint, die im Arbeitsvertrag getroffene Vergütungsabrede sei sittenwidrig und deshalb unwirksam. Er habe für die Monate Januar bis Oktober 2011 Anspruch auf eine angemessene Vergütung. Diese bemesse sich für das Jahr 2011 in entsprechender Anwendung des Tarifvertrags über die Regelung der Arbeitsbedingungen der Praktikantinnen/Praktikanten (TV Prakt-O) auf monatlich 1.223,63 Euro brutto.

6

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

1.    

die Beklagten zu verurteilen, an ihn Praktikumsvergütung iHv. 4.941,78 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 823,63 Euro brutto seit dem 1. Februar 2011, aus 823,63 Euro brutto seit dem 1. März 2011, aus 823,63 Euro brutto seit dem 1. April 2011, aus 823,63 Euro brutto seit dem 1. Mai 2011, aus 823,63 Euro brutto seit dem 1. Juni 2011 und aus 823,63 Euro brutto seit dem 1. Juli 2011 als Gesamtschuldner zu zahlen;

        

2.    

die Beklagte zu 2. zu verurteilen, an ihn Praktikumsvergütung iHv. 3.294,00 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 823,63 Euro brutto seit dem 1. August 2011, aus 823,63 Euro brutto seit dem 1. September 2011, aus 823,63 Euro brutto seit dem 1. Oktober 2011 und aus 823,63 Euro brutto seit dem 1. November 2011 zu zahlen.

7

Die Beklagte zu 1. und die Beklagte zu 2. haben beantragt, die Klage abzuweisen. Sie haben die Ansicht vertreten, für eine Vergütung der Praktikanten im Anerkennungsjahr gebe es keine gesetzliche Grundlage. Das vom Kläger geforderte Praktikumsentgelt sei weder branchen- noch ortsüblich. Überwiegend werde Praktikanten kein Entgelt gezahlt. Diese erhielten allenfalls Leistungen von Dritten.

8

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat das Urteil des Arbeitsgerichts auf die Berufung des Klägers teilweise abgeändert und der Klage teilweise stattgegeben. Der Kläger verfolgt mit der Revision seine restlichen Zahlungsansprüche weiter. Die Beklagte zu 1. und die Beklagte zu 2. beantragen, die Revision des Klägers zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision des Klägers ist, soweit sie zulässig ist, ganz überwiegend begründet. Das Landesarbeitsgericht hat dem Kläger zu Unrecht die von ihm für die Monate Januar bis September 2011 beanspruchte weitere Vergütung nur teilweise zugesprochen. Allerdings sind die von der Beklagten zu 1. und der Beklagten zu 2. an den Kläger ausgezahlten Beträge nicht als Bruttoentgelt, sondern als Nettoentgelt anzurechnen.

10

A. Die Revision des Klägers ist hinsichtlich der für Oktober 2011 geltend gemachten Vergütungsdifferenz iHv. 823,63 Euro brutto unzulässig. Sie war deshalb insoweit als unzulässig zu verwerfen (§ 552 Abs. 1 Satz 2 ZPO).

11

I. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage bezüglich der Differenzvergütung für Oktober 2011 mangels Schlüssigkeit abgewiesen und ausgeführt, es sei nicht ersichtlich, wie viele Stunden der Kläger in diesem Monat gearbeitet hätte, wenn er nicht freigestellt worden wäre. Diese Begründung erklärt sich daraus, dass das Landesarbeitsgericht aus der vereinbarten monatlichen Vergütung von 400,00 Euro und der wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden einen Stundenlohn des Klägers iHv. 4,61 Euro errechnet und dann auf dieser Grundlage und den vom Kläger in den einzelnen Monaten jeweils geleisteten Arbeitsstunden die Monatsvergütungen ermittelt hat.

12

II. Der Kläger hat sich in der Revisionsbegründung nicht mit den Schlüssigkeitserwägungen des Landesarbeitsgerichts bezüglich des Entgeltanspruchs für Oktober 2011 auseinandergesetzt.

13

B. Im Übrigen ist die Revision des Klägers zulässig und größtenteils begründet.

14

I. Die Beklagte zu 1. und die Beklagte zu 2. schulden dem Kläger als Gesamtschuldner (§§ 421, 613a Abs. 2 Satz 1 BGB) gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG für die Monate Januar bis Juni 2011 Vergütung iHv. 5.824,21 Euro brutto abzüglich 2.400,00 Euro netto. Für die Monate Juli bis September 2011 hat die Beklagte zu 2. nach § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG an den Kläger Vergütung iHv. 3.039,99 Euro brutto abzüglich gezahlter 1.200,00 Euro netto zu zahlen. Die Entgeltabrede im Arbeitsvertrag vom 17. Dezember 2010 ist gemäß § 134 BGB iVm. § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG nichtig.

15

1. Einem teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer ist gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG Arbeitsentgelt oder eine andere teilbare geldwerte Leistung mindestens in dem Umfang zu gewähren, der dem Anteil seiner Arbeitszeit an der Arbeitszeit eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers entspricht. Da die Beklagte zu 1. Rettungssanitäter in Vollzeit nach ihrem eigenen Vortrag zu einer monatlichen Grundvergütung zwischen 1.400,00 und 1.600,00 Euro brutto einstellt, errechnet sich daraus jedenfalls ein Stundenlohn von 8,09 Euro brutto. Aufgrund der vom Landesarbeitsgericht festgestellten Arbeitsstunden des Klägers in den Monaten Januar bis Juni 2011 ergibt sich für diese Monate unter Berücksichtigung der von der Beklagten zu 1. geleisteten Zahlungen jedenfalls ein Vergütungsanspruch des Klägers iHv. 5.824,21 Euro brutto abzüglich 2.400,00 Euro netto. Die Beklagte zu 2. schuldet dem Kläger für die Monate Juli bis September 2011 3.039,99 Euro brutto abzüglich gezahlter 1.200,00 Euro netto.

16

2. Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts sind die von der Beklagten zu 1. und der Beklagten zu 2. geleisteten Nettozahlungen nicht mit den Bruttoentgeltansprüchen des Klägers zu verrechnen. Das hat auch der Kläger zunächst mit Recht so gesehen. In der Klageschrift hat er die an ihn gezahlten Beträge noch als Nettobeträge ausgewiesen und berücksichtigt.

17

II. Dem Entgeltanspruch des Klägers aus § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG steht nicht entgegen, dass der Kläger sich mit Schreiben vom 19. Oktober 2010 bei der Beklagten zu 1. für ein „Jahrespraktikum als Rettungsassistent im Anerkennungsjahr“ bewarb. Maßgeblich ist, dass die Parteien am 17. Dezember 2010 einen Arbeitsvertrag abschlossen und darin ua. eine wöchentliche Arbeitszeit von 20 Stunden vereinbarten. Damit war der Kläger teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer iSv. § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG.

18

1. Arbeitnehmer ist, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist (BAG 14. März 2007 - 5 AZR 499/06 - Rn. 13 mwN). Dementsprechend ist ein Arbeitsverhältnis anzunehmen, wenn die Leistung von Diensten nach Weisung des Dienstberechtigten und gegen Zahlung von Entgelt Schwerpunkt des Rechtsverhältnisses ist. Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen (BAG 17. Juli 2007 - 9 AZR 1031/06 - Rn. 19, BAGE 123, 255).

19

2. Ob ein Arbeitsverhältnis oder ein anderes Rechtsverhältnis vorliegt, ist grundsätzlich anhand einer Gesamtwürdigung aller maßgebenden Umstände des Einzelfalls zu ermitteln, wobei der objektive Geschäftsinhalt den ausdrücklich getroffenen Vereinbarungen und der praktischen Durchführung des Vertrags zu entnehmen ist. Widersprechen sich Vereinbarung und tatsächliche Durchführung, ist Letztere maßgeblich (BAG 25. September 2013 - 10 AZR 282/12 - Rn. 17 [zur Abgrenzung von Arbeits- und Werkvertrag]; 29. August 2012 - 10 AZR 499/11 - Rn. 15, BAGE 143, 77 [zur Abgrenzung von Arbeitsvertrag und ehrenamtlicher Tätigkeit]). Durch Parteivereinbarung kann die Bewertung einer Rechtsbeziehung als Arbeitsverhältnis nicht abbedungen und der Geltungsbereich des Arbeitnehmerschutzes nicht eingeschränkt werden (BAG 12. September 1996 - 5 AZR 1066/94 - zu II 2 der Gründe, BAGE 84, 108).

20

3. Die Würdigung, ob ein Arbeitsverhältnis oder ein anderes Rechtsverhältnis vorliegt, ist, soweit sie auf tatsächlichem Gebiet liegt, revisionsrechtlich nur daraufhin überprüfbar, ob sie in sich widerspruchsfrei ist und nicht gegen Denkgesetze, Erfahrungssätze oder andere Rechtssätze verstößt (BAG 25. September 2013 - 10 AZR 282/12 - Rn. 18; 24. Mai 2012 - 2 AZR 206/11 - Rn. 29). Im Übrigen unterliegt sie wie jede andere Rechtsverletzung der vollen revisionsrechtlichen Überprüfung.

21

4. Allerdings gelten die dargestellten Grundsätze zur Ermittlung des Rechtsverhältnisses grundsätzlich nur für solche Fälle, in denen die Parteien ihr Rechtsverhältnis gerade nicht als Arbeitsverhältnis bezeichnet haben, sondern etwa als freies Mitarbeiter- oder Dienstverhältnis. Haben die Parteien dagegen - wie hier - ein Arbeitsverhältnis vereinbart, so ist es auch regelmäßig als solches einzuordnen (BAG 12. September 1996 - 5 AZR 1066/94 - zu II 2 der Gründe mwN, BAGE 84, 108; vgl. auch ErfK/Preis 14. Aufl. § 611 BGB Rn. 36).

22

III. Sachliche Gründe iSv. § 4 Abs. 1 Satz 1 TzBfG rechtfertigen die Schlechterstellung des Klägers nicht.

23

1. § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG verbietet eine Ungleichbehandlung von Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigten beim Arbeitsentgelt nicht ausnahmslos. Aus dem systematischen Zusammenhang von Satz 1 und 2 des § 4 Abs. 1 TzBfG und der Gesetzesbegründung folgt, dass § 4 Abs. 1 TzBfG ein einheitliches Verbot der sachlich nicht gerechtfertigten Benachteiligung wegen der Teilzeitarbeit enthält. Aus dem Wortlaut des § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG, der nicht ausdrücklich eine sachlich gerechtfertigte Ungleichbehandlung bei der Gewährung von Arbeitsentgelt zulässt, kann nicht gefolgert werden, § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG verbiete ausnahmslos eine Ungleichbehandlung von Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigten beim Arbeitsentgelt(BAG 5. November 2003 - 5 AZR 8/03 - zu II 1 b der Gründe mwN).

24

2. Die unterschiedliche vertragliche Arbeitszeit allein rechtfertigt jedoch nicht das Abweichen vom Pro-rata-temporis-Grundsatz. Die Sachgründe müssen anderer Art sein, zB auf der Arbeitsleistung, Qualifikation, Berufserfahrung oder unterschiedlichen Anforderungen am Arbeitsplatz beruhen. Die Prüfung der sachlichen Rechtfertigung der unterschiedlichen Behandlung hat sich am Zweck der Leistung zu orientieren (BAG 24. September 2008 - 6 AZR 657/07 - Rn. 33, BAGE 128, 63).

25

3. Solche sachlichen Gründe haben die Beklagte zu 1. und die Beklagte zu 2. nicht aufgezeigt. Sie berufen sich zur Rechtfertigung der vereinbarten geringeren Vergütung lediglich darauf, der Kläger sei nicht als Arbeitnehmer, sondern ausschließlich als Praktikant eingesetzt worden. Dies trifft nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht zu.

26

IV. Der Zinsanspruch des Klägers folgt aus § 288 Abs. 1, § 291 BGB.

27

C. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 92 Abs. 1 Satz 1, § 97 Abs. 1, § 100 ZPO.

        

    Brühler    

        

    Klose    

        

    Krasshöfer    

        

        

        

    W. Schmid    

        

    Mehnert    

                 

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 2. Dezember 2010 - 11 Sa 649/10 - im Kostenausspruch und insoweit aufgehoben, wie es die Beklagte zur Zahlung von 16.854,00 Euro brutto nebst Zinsen verurteilt hat.

2. Die Anschlussberufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Oberhausen vom 24. März 2010 - 1 Ca 2392/09 - wird als unzulässig verworfen.

3. Die weitergehende Revision der Beklagten wird zurückgewiesen.

4. Die Kosten der Berufungsinstanz haben der Kläger zu 1/6, die Beklagte zu 5/6 und die Kosten der Revision haben der Kläger zu 1/5, die Beklagte zu 4/5 zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen, auf betriebsbedingte Gründe gestützten Kündigung und damit in Zusammenhang stehende Ansprüche.

2

Die Beklagte ist ein Tochterunternehmen eines amerikanischen Konzerns. Sie hat in Deutschland drei Produktionsstätten. In ihrem Werk O beschäftigte sie regelmäßig etwa 85 Arbeitnehmer.

3

Der im August 1954 geborene Kläger ist promovierter Chemiker und seit April 1986 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin beschäftigt. Seit Dezember 2006 ist er als „Betriebsleiter GUR“ Leiter der Kunststoffgranulat-Produktion in O. Anfang Februar 2007 wurde ihm zusätzlich die Leitung des gesamten Standorts übertragen. Laut § 1 des im Juni/Juli 2004 geschlossenen Anstellungsvertrags sieht ihn die Beklagte als leitenden Angestellten iSv. § 5 Abs. 3 BetrVG an. Seine Vergütung richtete sich nach einem unternehmensweit angewandten „Vertragsstufensystem für leitende Angestellte“. Danach bezog er ein Bruttomonatsgehalt von etwa 9.860,00 Euro, das sich aus einem Fixum und Bonuszahlungen zusammensetzte.

4

Im August 2009 stellte die Beklagte den Kläger unter Berufung auf anstehende seinen Arbeitsplatz betreffende Veränderungen von seiner Verpflichtung zur Arbeitsleistung frei. Mit Schreiben vom 24. September 2009 kündigte sie das Arbeitsverhältnis der Parteien ordentlich zum 30. April 2010, „vorsorglich ... zum zulässigen Termin“. Der „vorsorglich“ zur Kündigung angehörte Betriebsrat des Werks O hatte der Kündigung mit der Begründung widersprochen, die Beschäftigungsmöglichkeiten für den Kläger seien nicht weggefallen.

5

Der Kläger hat gegen die Kündigung rechtzeitig die vorliegende Klage erhoben. Er hat die Auffassung vertreten, ein dringendes betriebliches Erfordernis für eine Kündigung liege nicht vor. Sein Arbeitsplatz sei bei im Wesentlichen gleich gebliebenen Aufgaben lediglich neu besetzt worden. Eine Verlagerung bisher durch ihn erledigter Aufgaben auf andere in O beschäftigte Arbeitnehmer sei nicht ohne deren überobligatorische Inanspruchnahme möglich gewesen. Auch habe die Möglichkeit bestanden, ihn auf dem frei gewordenen Arbeitsplatz des „Forschungsleiters“ weiter zu beschäftigen.

6

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 24. September 2009 nicht aufgelöst worden ist;

        

2.    

für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. die Beklagte zu verurteilen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens zu unveränderten Arbeitsbedingungen weiter zu beschäftigen;

        

3.    

für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. die Beklagte zu verurteilen, ihm ein wohlwollendes Zwischenzeugnis zu erteilen, das sich auf Führung und Leistung erstreckt;

        

4.    

für den Fall der Abweisung des Antrags zu 1. die Beklagte zu verurteilen, ihm ein „endgültiges“ wohlwollendes Zeugnis zu erteilen, das sich auf Führung und Leistung erstreckt.

7

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat behauptet, im September 2009 sei auf Konzernebene die - anschließend durch ihren Geschäftsführer umgesetzte - unternehmerische Entscheidung getroffen worden, Produktionsstandorte zusammenzulegen sowie Funktionen und Zuständigkeiten zu bündeln. In diesem Zusammenhang sei die globale Verantwortlichkeit für die Prozessentwicklung und das Qualitätsmanagement in O angesiedelt worden. An diese Funktion habe sie die Hälfte der bisher vom Kläger wahrgenommenen Leitungsaufgaben „angekoppelt“; die Stelle habe sie mit Frau K besetzt, die zuvor Geschäftsführerin eines anderen Konzernunternehmens gewesen sei. Die andere Hälfte der Tätigkeiten habe sie auf insgesamt sieben, dem Kläger bisher nachgeordnete Arbeitnehmer verteilt, die auch in der Lage seien, das zusätzliche Pensum zu bewältigen. Der Kläger sei fachlich nicht in der Lage, die neu zugeschnittene Leitungsstelle auszufüllen. Er verfüge, anders als Frau K, die neben ihrem Chemie- ein Ingenieurstudium absolviert habe, nicht über die erforderlichen Kenntnisse und die notwendige Berufserfahrung auf dem Gebiet der Prozessentwicklung und des Qualitätsmanagements. Außerdem sei die Stelle mit einem Aufgaben- und Kompetenzzuwachs verbunden, der sich in veränderten Berichtspflichten unmittelbar gegenüber dem Management der Beklagten und der Zuordnung des Arbeitsplatzes zu einem höheren „Gehaltslevel“ ausdrücke. Zur Weiterbeschäftigung des Klägers auf einer solchen „Beförderungsstelle“ sei sie nicht verpflichtet.

8

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Dagegen hat die Beklagte Berufung eingelegt. Der Kläger hat in der Berufungsinstanz zusätzlich beantragt, an ihn 16.854,00 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten aus jeweils 8.427,00 Euro brutto seit dem 1. November 2010 und seit dem 1. Dezember 2010 zu zahlen. Er hat die Auffassung vertreten, das damit geforderte Gehalt für die Monate Oktober und November 2010 stehe ihm unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs zu. Die Beklagte hat gerügt, die Klageerweiterung sei unzulässig. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und diese zur Gehaltszahlung in beantragter Höhe verurteilt. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren weiter, die Klage - ausgenommen den Anspruch auf Erteilung eines Zwischenzeugnisses - abzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision ist begründet, soweit die Beklagte ihre Verurteilung zur Zahlung von Vergütung für die Monate Oktober und November 2010 angreift (I.). Im Übrigen bleibt die Revision ohne Erfolg. Die Kündigung vom 24. September 2009 ist unwirksam und hat das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgelöst (II.). Die (Hilfs-)Anträge auf vorläufige Weiterbeschäftigung und auf Erteilung eines Endzeugnisses sind dem Senat nicht zur Entscheidung angefallen (III.).

10

I. Mit Erfolg wendet sich die Beklagte gegen ihre Verurteilung zur Gehaltszahlung, die der Kläger erstmals in der Berufungsinstanz geltend gemacht hat. Die Revision ist insoweit aus prozessualen Gründen erfolgreich. Bei der Klageerweiterung handelt es sich um eine nach § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO iVm. § 64 Abs. 6 Satz 1, § 66 Abs. 1 Satz 3 ArbGG verspätete und deshalb unzulässige Anschlussberufung. Das hat das Revisionsgericht von Amts wegen zu prüfen (BGH 24. Oktober 2007 - IV ZR 12/07 - Rn. 7, MDR 2008, 159).

11

1. Dem Kläger stand für eine Erweiterung der Klage im Berufungsrechtszug nur der Weg der Anschlussberufung zur Verfügung. Als solche ist sein Zahlungsbegehren deshalb zu behandeln; einer ausdrücklichen Bezeichnung als Anschlussberufung bedarf es dazu nicht (BAG 28. Juni 2011 - 3 AZR 282/09 - Rn. 20, EzA BetrAVG § 16 Nr. 59; 30. Mai 2006 - 1 AZR 111/05 - Rn. 42, BAGE 118, 211). Es genügt, dass schriftsätzlich klar und deutlich der Wille zum Ausdruck gebracht wird, eine Änderung des vorinstanzlichen Urteils auch als Rechtsmittelbeklagter zu erreichen. Dazu reicht es, dass der Rechtsmittelbeklagte die Klage - wie im Streitfall mit Schriftsatz vom 19. November 2010 geschehen - erweitert. Einer Beschwer bedarf es für die Anschlussberufung grundsätzlich nicht (vgl. BAG 10. Februar 2009 - 3 AZR 728/07 - Rn. 11, AE 2009, 331).

12

2. Nach § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO iVm. § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG ist eine Anschlussberufung zulässig bis zum Ablauf der dem Berufungsbeklagten gesetzten Frist zur Berufungserwiderung. Im arbeitsgerichtlichen Verfahren wird zwar - anders als nach § 521 Abs. 2 Satz 1 ZPO - dem Berufungsbeklagten vom Gericht keine Frist zur Berufungserwiderung „gesetzt“; vielmehr gilt für die Berufungsbeantwortung die durch § 66 Abs. 1 Satz 3 ArbGG bestimmte gesetzliche Frist von einem Monat. Gleichwohl ist § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO gemäß § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG im Berufungsverfahren vor den Landesarbeitsgerichten entsprechend anwendbar. Eine Anschlussberufung, die nicht innerhalb eines Monats nach Zustellung der Berufungsbegründung - bei Verlängerung der Berufungsbeantwortungsfrist nach § 66 Abs. 1 Satz 5 ArbGG innerhalb der dann geltenden Frist(vgl. GK-ArbGG/Vossen Stand April 2012 § 64 Rn. 105; GMP/Germelmann ArbGG 7. Aufl. § 64 Rn. 106) - eingeht, ist entsprechend § 522 Abs. 1 ZPO als unzulässig zu verwerfen(BAG 30. Mai 2006 - 1 AZR 111/05 - Rn. 45, BAGE 118, 211).

13

3. Danach war die Anschlussberufung des Klägers verspätet.

14

a) Der betreffende Schriftsatz ist am 22. November 2010 beim Landesarbeitsgericht eingegangen. Zu diesem Zeitpunkt war seit der am 26. Juli 2010 bewirkten Zustellung der Berufungsbegründung weit mehr als ein Monat vergangen. Die Frist zur Berufungsbeantwortung war nicht verlängert worden. Ein Fall des § 524 Abs. 2 Satz 3 ZPO liegt nicht vor.

15

b) Die Frist zur Berufungsbeantwortung ist ordnungsgemäß in Lauf gesetzt worden. Insbesondere ist der nach § 66 Abs. 1 Satz 4 ArbGG gebotene Hinweis erfolgt. Dies konnte der Senat selbst im Wege des Freibeweises klären (vgl. BAG 18. Januar 2012 - 7 AZR 211/09 - Rn. 17, NZA 2012, 691).

16

aa) Die Verwerfung der Anschlussberufung wegen Fristversäumnis setzt voraus, dass der Berufungsgegner mit der Zustellung der Berufungsbegründung gemäß § 66 Abs. 1 Satz 4 ArbGG auf die gesetzliche Verpflichtung hingewiesen wurde, die Berufung binnen eines Monats nach Zustellung der Berufungsbegründung zu beantworten. Fehlt es an einem solchen Hinweis, wird weder die Frist zur Berufungsbeantwortung noch die zur Einlegung der Anschlussberufung in Lauf gesetzt (BA G 30. Mai 2006 - 1 AZR 111/05 - Rn. 45, BAGE 118, 211).

17

bb) Der Klägervertreter hat mit Empfangsbekenntnis vom 26. Juli 2010 den Erhalt der Berufungsbegründung bestätigt. Laut Empfangsbekenntnis ist ihm neben der Berufungsbegründung ein „Hinweis gemäß § 66 Abs. 1 Satz 3 ArbGG“ zugestellt worden. Dies bezieht sich auf ein zugleich übermitteltes, vom Kläger in Kopie zur Senatsakte gereichtes gerichtliches Begleitschreiben vom 16. Juli 2010, das - auszugsweise - wie folgt lautet:

        

„Gemäß § 66 Abs. 1 Satz 3 Arbeitsgerichtsgesetzmuss die Berufung innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung anliegender Berufungsbegründung b e a n t w o r t e t werden.

                 
        

Werden Angriffs- oder Verteidigungsmittel in der Berufungsbeantwortung nicht rechtzeitig vorgebracht, so lässt sie das Gericht nur zu, wenn nach seiner freien Überzeugung ihre Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder die Verspätung genügend entschuldigt wird.“

18

cc) Dieser Hinweis war mit Blick auf die Anschlussberufung ausreichend. Insoweit geht es vor allem um die Klarstellung, zu welchem Zeitpunkt die Frist des § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO iVm. § 66 Abs. 1 Satz 3 ArbGG in Gang gesetzt worden ist. Über die Möglichkeit der Anschließung als solche braucht hingegen nicht belehrt zu werden. Ob das gerichtliche Schreiben eine hinreichende Belehrung über die Präklusionsvorschrift des § 67 ArbGG und mögliche Folgen aus einer Versäumung der Beantwortungsfrist enthält, kann offenbleiben. Auf die Präklusionsregelung kommt es für die Frage, ob die Anschlussberufung frist- und formgerecht erhoben worden ist, nicht an. Überdies handelt es sich bei der Klageerweiterung als solche nicht um ein Angriffs- oder Verteidigungsmittel iSv. § 67 ArbGG, sondern um den Angriff selbst(BAG 11. April 2006 - 9 AZN 892/05 - Rn. 12, BAGE 117, 370).

19

dd) Den Akten ist nicht zu entnehmen, ob das gerichtliche Schreiben vom 16. Juli 2010 oder auch nur die Verfügung, mit der die Zustellung der Berufungsbegründung „mit Belehrung über die Frist gem. § 66 I 3 ArbGG“ veranlasst worden ist, vom Vorsitzenden der Kammer unterzeichnet war. Das ist unschädlich. Der Hinweis hat von Gesetzes wegen „mit der Zustellung der Berufungsbegründung“ zu erfolgen (§ 66 Abs. 1 Satz 4 ArbGG). Ein Tätigwerden des Gerichts bzw. seines Vorsitzenden in jedem Einzelfall ist damit nicht verlangt. Es reicht, dass der Hinweis auf allgemeine Anordnung hin durch die Geschäftsstelle erfolgt. Dieser obliegt ohnehin die Ausführung der Zustellung (§ 168 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Zudem besteht hinsichtlich der Erteilung des Hinweises kein Ermessensspielraum; die Regelung des § 66 Abs. 1 Satz 4 ArbGG ist zwingend. Die Anschlussberufung war damit als unzulässig zu verwerfen.

20

II. Die Revision ist unbegründet, soweit sie sich gegen die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts über den Feststellungsantrag richtet. Diesem hat das Landesarbeitsgericht zu Recht stattgegeben. Die Kündigungsschutzklage ist begründet. Die ordentliche Kündigung vom 24. September 2009 ist sozial ungerechtfertigt. Sie ist nicht durch dringende betriebliche Erfordernisse iSd. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG bedingt.

21

1. Dringende betriebliche Erfordernisse für eine Kündigung iSv. § 1 Abs. 2 KSchG können sich aus innerbetrieblichen oder außerbetrieblichen Gründen ergeben. Innerbetriebliche Gründe liegen vor, wenn sich der Arbeitgeber zu einer organisatorischen Maßnahme entschließt, bei deren Umsetzung das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer entfällt. Eine solche unternehmerische Entscheidung ist gerichtlich nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung oder ihre Zweckmäßigkeit hin zu überprüfen, sondern nur darauf, ob sie offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist (BAG 23. Februar 2012 - 2 AZR 548/10 - Rn. 17, NZA 2012, 852; 16. Dezember 2010 - 2 AZR 770/09 - Rn. 13, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 186 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 165). Nachzuprüfen ist aber, ob die fragliche Entscheidung tatsächlich umgesetzt wurde und dadurch das Beschäftigungsbedürfnis für einzelne Arbeitnehmer entfallen ist (BAG 23. Februar 2012 - 2 AZR 548/10 - aaO; 16. Dezember 2010 - 2 AZR 770/09 - aaO).

22

2. Allerdings kann in Fällen, in denen die Organisationsentscheidung des Arbeitgebers und sein Kündigungsentschluss praktisch deckungsgleich sind, die ansonsten berechtigte Vermutung, die fragliche Entscheidung sei aus sachlichen Gründen erfolgt, nicht unbesehen greifen. Da die Kündigung nach dem Gesetz an das Vorliegen von Gründen gebunden ist, die außerhalb ihrer selbst liegen, muss der Arbeitgeber in solchen Fällen seine Entscheidung hinsichtlich ihrer organisatorischen Durchführbarkeit und zeitlichen Nachhaltigkeit verdeutlichen (BAG 16. Dezember 2010 - 2 AZR 770/09 - Rn. 14, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 186 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 165; 17. Juni 1999 - 2 AZR 522/98 - zu II 1 c der Gründe, BAGE 92, 61). Daran fehlt es, wenn die Kündigung zu einer rechtswidrigen Überforderung oder Benachteiligung des im Betrieb verbliebenen Personals führte (vgl. Rost Jahrbuch des Arbeitsrechts Bd. 39 S. 83) oder die zugrunde liegende unternehmerische Entscheidung lediglich Vorwand dafür wäre, bestimmte Arbeitnehmer aus dem Betrieb zu drängen, obwohl Beschäftigungsbedarf und Beschäftigungsmöglichkeiten objektiv fortbestehen und etwa nur der Inhalt des Arbeitsvertrags als zu belastend angesehen wird (BAG 23. Februar 2012 - 2 AZR 548/10 - Rn. 18, NZA 2012, 852; 22. Mai 2003 - 2 AZR 326/02 - zu B I 3 d (1) der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 128 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 126).

23

Läuft die unternehmerische Entscheidung auf den Abbau einer Hierarchieebene oder die Streichung eines einzelnen Arbeitsplatzes hinaus verbunden mit einer Umverteilung der dem betroffenen Arbeitnehmer bisher zugewiesenen Aufgaben, muss der Arbeitgeber konkret erläutern, in welchem Umfang und aufgrund welcher Maßnahmen die bisher vom gekündigten Arbeitnehmer ausgeübten Tätigkeiten für diesen zukünftig entfallen. Nur so kann geprüft werden, ob die Entscheidung den dargestellten Voraussetzungen genügt. Der Arbeitgeber muss die Auswirkungen seiner unternehmerischen Vorgaben und Planungen auf das erwartete Arbeitsvolumen anhand einer schlüssigen Prognose im Einzelnen darstellen und angeben, wie die anfallenden Arbeiten vom verbliebenen Personal ohne überobligationsmäßige Leistungen, dh. im Rahmen ihrer vertraglich geschuldeten regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit erledigt werden können (BAG 23. Februar 2012 - 2 AZR 548/10 - Rn. 18, NZA 2012, 852; 13. Februar 2008 - 2 AZR 1041/06 - Rn. 16, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 174 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 158).

24

3. Zu den nur auf Willkür zu überprüfenden Organisationsentscheidungen des Arbeitgebers zählt die Festlegung des Anforderungsprofils einer Stelle. Das Bestreben des Arbeitgebers, bestimmte Tätigkeiten nur von Arbeitnehmern mit bestimmten Qualifikationen ausführen zu lassen, ist grundsätzlich hinzunehmen (BAG 18. März 2010 - 2 AZR 337/08 - Rn. 19, AP BGB § 626 Nr. 228 = EzA BGB 2002 § 626 Unkündbarkeit Nr. 17). Schafft der Arbeitgeber neu zugeschnittene Arbeitsplätze, ist dies jedenfalls dann zu respektieren, wenn die Qualifikationsmerkmale einen nachvollziehbaren Bezug zur Organisation der auszuführenden Arbeiten haben (BAG 10. Juli 2008 - 2 AZR 1111/06 - Rn. 25, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 181 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 163; 7. Juli 2005 - 2 AZR 399/04 - Rn. 32 mwN, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 138 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 138).

25

a) Erhöhte Anforderungen an die Darlegungslast sind dabei mit Blick auf § 1 Abs. 2 KSchG dann zu stellen, wenn der Arbeitgeber das Anforderungsprofil für Arbeitsplätze ändert, die bereits mit langjährig beschäftigten Arbeitnehmern besetzt sind. Der Arbeitgeber kann nicht unter Berufung auf eine gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbare Unternehmerentscheidung den Kündigungsschutz des betreffenden Arbeitnehmers dadurch umgehen, dass er in sachlich nicht gebotener Weise die Anforderungen an die Kenntnisse des Arbeitsplatzinhabers verschärft (BAG 10. Juli 2008 - 2 AZR 1111/06 - Rn. 26, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 181 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 163; 7. Juli 2005 - 2 AZR 399/04 - Rn. 33, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 138 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 138).

26

b) Der Arbeitgeber muss deshalb, will er dem Vorwurf des Missbrauchs entgehen, dartun, dass es sich bei der zusätzlich geforderten Qualifikation für die Ausführung der Tätigkeit nicht nur um eine „wünschenswerte Voraussetzung”, sondern um ein sachlich gebotenes, arbeitsplatzbezogenes Kriterium für das Stellenprofil handelt (BAG 10. Juli 2008 - 2 AZR 1111/06 - Rn. 26, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 181 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 163; 24. Juni 2004 - 2 AZR 326/03 - zu B II 2 a der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Nr. 76 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 132). Die Änderung des Anforderungsprofils muss im Zusammenhang mit einer organisatorischen Maßnahme des Arbeitgebers stehen, die nach ihrer Durchführung angesichts eines veränderten Beschäftigungsbedarfs - etwa aufgrund von Änderungen des Arbeitsvolumens oder des Inhalts der Tätigkeit - auch die Anforderungen an den Arbeitsplatzinhaber erfasst (BAG 10. Juli 2008 - 2 AZR 1111/06 - Rn. 31, aaO). Gestaltet der Arbeitgeber lediglich Arbeitsabläufe um, ohne dass sich die Tätigkeit inhaltlich ändert, und ist der bisherige Stelleninhaber aufgrund seiner Fähigkeiten und Ausbildung in der Lage, die künftig anfallenden Arbeiten zu verrichten, so ist eine auf betriebliche Gründe gestützte Kündigung selbst dann nicht sozial gerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber die Änderungen zum Anlass nimmt, die Stelle in eine „Beförderungsstelle“ umzuwandeln (ähnlich BAG 10. November 1994 - 2 AZR 242/94 - zu B I 2 der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 65 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 77). Das gleiche gilt, wenn der Arbeitgeber die auf dem Arbeitsplatz bislang zu verrichtende Tätigkeit um zusätzliche Aufgaben erweitert, der dadurch veränderte Arbeitsplatz aber nach Bedeutung und Verantwortung nicht um so viel anspruchsvoller ist, dass insgesamt ein anderer Arbeitsbereich entstanden wäre (BAG 30. August 1995 - 1 ABR 11/95 - zu A II 3 b bb der Gründe, AP BetrVG 1972 § 99 Versetzung Nr. 5 = EzA BetrVG 1972 § 99 Nr. 130).

27

4. Daran gemessen hat das Landesarbeitsgericht an die Darlegungslast der Beklagten zu Recht erhöhte Anforderungen gestellt. Dabei macht es keinen Unterschied, ob sich die behauptete Umstrukturierung als Umgestaltung des bisherigen Arbeitsplatzes des Klägers oder als Abbau dieser Stelle bei gleichzeitiger Einrichtung eines neuen, als Beförderungsstelle zu qualifizierenden Arbeitsplatzes darstellt. In beiden Fällen liegt die Organisationsentscheidung nahe am Kündigungsentschluss. Hinzu kommt, dass nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten die bisherigen Aufgaben des Klägers weiterhin anfallen. Die Beklagte musste deshalb zum einen aufzeigen, dass durch die behauptete Bündelung von Funktionen und Zuständigkeiten auf der Leitungsebene tatsächlich ein anderer Arbeitsbereich entstanden ist. Zum anderen war sie gehalten, ihren Entschluss zur Umverteilung der anfallenden Tätigkeiten hinsichtlich seiner Durchführbarkeit und Nachhaltigkeit durch konkreten Tatsachenvortrag zu verdeutlichen.

28

5. Dem wird das Vorbringen der Beklagten nicht gerecht. Sie hat nicht nachvollziehbar dargelegt, dass zum Zeitpunkt der Kündigung die Prognose gerechtfertigt war, die Hälfte der bisherigen Arbeitsaufgaben des Klägers könnten von dem ihm bislang nachgeordneten Personal im Rahmen regulärer zeitlicher Verpflichtungen erledigt werden. Bereits dies führt zur Unwirksamkeit der Kündigung.

29

a) Die Beklagte hat durchaus im Einzelnen vorgetragen, welche konkreten Aufgaben aus den Bereichen „Betriebsleitung GUR“ und „Standortleitung“ in welchem zeitlichen Umfang künftig durch Frau K und weitere sieben namentlich benannte Arbeitnehmer übernommen werden sollten. Sie hat es aber versäumt schlüssig darzutun, dass die fraglichen sieben Personen über hinreichend freie Arbeitszeitkapazität verfügten, um das zusätzliche Pensum von täglich bis zu einer Stunde ohne überobligationsmäßige Leistungen zu bewältigen. Sie hat dies lediglich pauschal behauptet ohne aufzuzeigen, worauf sich ihre Einschätzung stützt. Spätestens nachdem der Kläger die mangelnde Schlüssigkeit ihres Vorbringens beanstandet und sich beispielhaft unter Angabe von Beginn und Ende täglicher Arbeitszeiten darauf berufen hatte, zwei der betroffenen Mitarbeiter seien bereits in der Zeit vor seiner Freistellung voll ausgelastet gewesen, hätte die Beklagte ihren Vortrag im Rahmen der abgestuften Darlegungslast substantiieren müssen. Das ist nicht geschehen. Sie hat nur ihren nicht weiter einlassungsfähigen Vortrag wiederholt, einer der Genannten sei „genau wie alle anderen Mitarbeiter in der Lage, die ihm übertragenen Aufgaben ohne überobligatorische Verpflichtung zu übernehmen“, die Arbeitszeit eines anderen werde vom Kläger unzutreffend dargestellt. Stattdessen hätte sie, um ihrer Vortragslast zu genügen, die zutreffenden Arbeitszeiten der fraglichen Mitarbeiter nebst der Möglichkeit, „freie“ Kapazitäten für die Übertragung weiterer Arbeiten zu nutzen, darstellen müssen.

30

b) Eine Konkretisierung ihres Vorbringens war auch dann nicht entbehrlich, wenn es sich - wie die Beklagte geltend macht - bei den fraglichen Arbeitnehmern um „leitende Angestellte“ oder zumindest außertariflich vergütete Arbeitnehmer handeln sollte. Aus beidem folgt nicht, dass mit diesen keine vertraglichen Vereinbarungen hinsichtlich des Umfangs der zu leistenden Arbeitszeit bestanden. Im Übrigen unterliegen auch sog. AT-Mitarbeiter den Grenzen des Arbeitszeitgesetzes und nimmt nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 ArbZG nur leitende Angestellte iSv. § 5 Abs. 3 BetrVG aus seinem Anwendungsbereich aus(vgl. BAG 6. Mai 2003 - 1 ABR 13/02 - zu B II 2 b aa der Gründe, BAGE 106, 111). Inwieweit diese Voraussetzungen bei einzelnen Arbeitnehmern erfüllt sind, ist dem Vorbringen der Beklagten nicht zu entnehmen.

31

c) In welcher Weise ein Arbeitgeber darlegt, dass die Umverteilung von Arbeitsaufgaben nicht zu einer überobligatorischen Beanspruchung im Betrieb verbliebener Arbeitnehmer führt, bleibt ihm überlassen. Handelt es sich um nicht taktgebundene Arbeiten, muss nicht in jedem Fall und minutiös dargelegt werden, welche einzelnen Tätigkeiten die fraglichen Mitarbeiter künftig mit welchen Zeitanteilen täglich zu verrichten haben. Es kann ausreichend sein, wenn der Arbeitgeber die getroffenen Vereinbarungen zu Umfang und Verteilung der Arbeitszeit darstellt und Anhaltspunkte dafür darlegt, dass Freiräume für die Übernahme zusätzlicher Aufgaben vorhanden sind. Im Streitfall hat die Beklagte auch dies unterlassen. Soweit das Landesarbeitsgericht noch strengere Anforderungen an ihr Vorbringen gestellt hat, wirkt sich dies im Ergebnis nicht aus.

32

d) Die Rüge der Beklagten, das Landesarbeitsgericht habe sie auf die Mängel in ihrem Vortrag hinweisen müssen, ist unberechtigt.

33

aa) Ein Verstoß gegen die richterliche Hinweispflicht (§ 139 ZPO) liegt schon deshalb nicht vor, weil die Beklagte darauf durch die erstinstanzliche Entscheidung und die Ausführungen der Gegenseite aufmerksam gemacht wurde (vgl. BGH 23. April 2009 - IX ZR 95/06 - Rn. 6 mwN, NJW-RR 2010, 70). Das Arbeitsgericht hat der Kündigungsschutzklage mit der Begründung stattgegeben, die Beklagte sei ihrer Darlegungslast nicht nachgekommen. Sie habe es ua. versäumt deutlich zu machen, in welchem Umfang die anderen Mitarbeiter, auf die nunmehr neue Aufgaben zukämen, bisher ausgelastet gewesen seien und warum sie in der Lage sein sollten, die neuen Arbeitsaufgaben ohne überobligatorischen Aufwand zu bewältigen. Dies hat der Kläger aufgegriffen und geltend gemacht, das Vorbringen der Beklagten in ihrer Berufungsbegründung sei „immer noch“ unsubstantiiert. Überdies stützen sich die Entscheidungen der Vorinstanzen insoweit auf die ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Die Beklagte war daher auch ohne richterlichen Hinweis gehalten, deutlich konkreter vorzutragen.

34

bb) Ob der im Rahmen der Revision nachgeholte Vortrag den Anforderungen an eine substantiierte Darlegung entspricht, kann dahinstehen. Allerdings handelt es sich bei der Vereinbarung einer „Vertrauensarbeitszeit“, auf die die Beklagte hinsichtlich einzelner Arbeitnehmer verweist, typischerweise um ein Arbeitszeitmodell, bei dem der Arbeitgeber lediglich auf die Festlegung von Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit verzichtet und darauf vertraut, dass die Arbeitnehmer ihre Arbeitsverpflichtung auch ohne Kontrolle erfüllen (vgl. BAG 6. Mai 2003 - 1 ABR 13/02 - Rn. 65, BAGE 106, 111; Schaub/Vogelsang ArbR-Hdb. 14. Aufl. § 160 Rn. 33). Aus der Vereinbarung einer „Vertrauensarbeitszeit“ folgt dagegen nicht, dass es an arbeits- oder tarifvertraglichen Vorgaben zur wöchentlichen Arbeitszeit fehlt und die Beklagte über die tatsächlich erbrachte Arbeitszeit hinaus Arbeitsleistungen im Umfang von bis zu einer Stunde täglich verlangen konnte.

35

e) Dringende betriebliche Erfordernisse, die die Kündigung bedingen, hat die Beklagte damit nicht dargelegt. Unerheblich ist, dass das in Rede stehende zu verteilende Arbeitsvolumen - ausgehend vom Vorbringen der Beklagten - lediglich 50 Prozent der bislang dem Kläger zugewiesenen Arbeitsaufgaben umfasst. Auch wenn die Übertragung der anderen 50 Prozent auf Frau K kündigungsrechtlich nicht zu beanstanden sein sollte, hätte die Beklagte dem Kläger zumindest eine Weiterbeschäftigung im entsprechend reduzierten Umfang anbieten müssen. Dafür, dass ein solches Angebot wegen „Unannehmbarkeit“ hätte unterbleiben können (vgl. dazu BAG 23. Februar 2010 - 2 AZR 656/08 - Rn. 57, BAGE 133, 226; 21. September 2006 - 2 AZR 607/05 - Rn. 34, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 130 = EzA KSchG § 2 Nr. 62), fehlt es an Anhaltspunkten. Im Übrigen kann der Vortrag der Beklagten so verstanden werden, dass ihre gesamte Organisationsentscheidung mit der Möglichkeit der Umverteilung von Aufgaben auf nachgeordnete Mitarbeiter „steht und fällt“.

36

III. Der Antrag auf Weiterbeschäftigung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Feststellungsantrag ist dem Senat nicht angefallen. Der Kündigungsrechtsstreit ist rechtskräftig entschieden. Der Antrag auf Erteilung eines Endzeugnisses ist nur für den Fall des Unterliegens mit dem Feststellungsantrag gestellt. Diese Bedingung ist nicht eingetreten.

37

IV. Die Kosten der Berufungsinstanz und der Revision waren im Verhältnis von jeweiligem Obsiegen und Unterliegen der Parteien zu teilen (§ 97 Abs. 1 iVm. § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

        

    Kreft    

        

    Koch    

        

    Berger    

        

        

        

    Gans    

        

    F. Löllgen    

                 

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

36
(3) Die Revision beanstandet auch zu Recht, dass das Berufungsgericht dem unter Beweis gestellten Sachvortrag der Klägerin nicht nachgegangen ist, die Nachtragsvereinbarung sei sogar noch vor der Herausgabe der ersten Prospekte an den Vertrieb getroffen worden. Das Berufungsgericht hat diesen Vortrag rechtsfehlerhaft als prozessual unbeachtlich und einer Beweisaufnahme nicht zugänglich gewürdigt. Entgegen seiner Auffassung war es einer Beweiserhebung nicht deshalb enthoben, weil die Klägerin ihre Behauptung ohne jegliche Anhaltspunkte aufgestellt hätte. Die darlegungsbelastete Partei ist grundsätzlich nicht gehindert, Tatsachen zu behaupten, über die sie keine genauen Kenntnisse hat, die sie aber nach Lage der Dinge für wahrscheinlich hält. Unzulässig wird ein solches prozessuales Vorgehen erst dort, wo die Partei ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich Behauptungen "aufs Geratewohl" oder "ins Blaue hinein" aufstellt (vgl. Senatsurteil vom 25. April 1995 - VI ZR 178/94, VersR 1995, 852, 853; Senatsbeschluss vom 18. März 2014 - VI ZR 128/13, juris Rn. 6; BGH, Urteile vom 4. März 1991 - II ZR 90/90, NJW-RR 1991, 888, 890 f.; vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 40; vom 4. Februar 2014 - XI ZR 398/12, HBKR 2014, 200 Rn. 16; BVerfG, WM 2012, 492, 493, jeweils mwN; Hk-ZPO/Saenger, 5. Aufl., § 284 Rn. 47; Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl., Vor § 284 Rn. 5). Bei der Annahme von Willkür in diesem Sinne ist allerdings Zurückhaltung geboten. In der Regel wird sie nur bei Fehlen jeglicher tatsächlicher Anhaltspunkte vorliegen (vgl. Senatsurteil vom 25. April 1995 - VI ZR 178/94, aaO; BGH, Urteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, aaO).

(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.

Tenor

1. Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 11. April 2016 - 3 Sa 310/15 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 34.929,60 Euro festgesetzt.

Gründe

1

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

2

I. Die Grundsatzbeschwerde (§ 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG) ist unbegründet.

3

1. Die von der Beschwerde unter C I 1 a, b, c, e, f, i, l, m, q und s aufgeworfenen Rechtsfragen haben bereits deshalb keine grundsätzliche Bedeutung, weil sie geklärt sind.

4

a) Eine Frage ist nur dann klärungsbedürftig, wenn sie entweder noch nicht höchstrichterlich entschieden ist oder zwar entschieden ist, aber gewichtige Gesichtspunkte gegen diese Entscheidung vorgebracht werden. Klärungsbedürftigkeit setzt damit voraus, dass die Beantwortung der aufgeworfenen Rechtsfrage zweifelhaft ist (BVerfG 4. November 2008 - 1 BvR 2587/06 - Rn. 19; BAG 13. Juni 2006 - 9 AZN 226/06 - Rn. 7, BAGE 118, 247).

5

b) Die Beantwortung der og., von der Beschwerde aufgeworfenen Rechtsfragen ist nicht zweifelhaft.

6

aa) Die Rechtsfragen unter C I 1 a, b, i und s betreffen in unterschiedlicher Formulierung die Frage, welche Bedeutung die in § 3 Ziff. 2 TV SozSich normierte Verpflichtung des Arbeitnehmers, sich nach der Kündigung beim Arbeitsamt arbeitsuchend und nach der Entlassung arbeitslos zu melden, für einen nach § 4 Ziff. 1 Buchst. a TV SozSich geforderten Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe hat. Durch die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist geklärt, dass Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe nach § 4 Ziff. 1 Buchst. a TV SozSich bereits dann zusteht, wenn der Arbeitnehmer eine Beschäftigung von mehr als 21 Stunden ausübt, sofern kein Scheinarbeitsverhältnis vorliegt. Weitere Voraussetzungen für diesen Anspruch sind tariflich nicht normiert. Damit ist zugleich geklärt, dass der Arbeitnehmer, der eine anspruchsauslösende Beschäftigung ausübt, sich nicht noch zusätzlich arbeitsuchend bzw. arbeitslos melden muss, um den Anspruch auf die Überbrückungsbeihilfe gemäß § 4 Ziff. 1 Buchst. a TV SozSich zu erlangen. Dies ist zudem offenkundig.

7

(1) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist die Überbrückungsbeihilfe eine steuerfinanzierte soziale Sonderleistung. Mit ihr sollen Nachteile, die sich aus einem geringeren Arbeitsverdienst in einem neuen Arbeitsverhältnis außerhalb der Stationierungsstreitkräfte oder aufgrund von Arbeitslosigkeit ergeben, überbrückt werden. Zugleich soll ein Anreiz dafür geschaffen werden, dass der Arbeitnehmer durch die Begründung eines neuen Arbeitsverhältnisses außerhalb des Bereichs der Stationierungsstreitkräfte im Arbeitsprozess verbleibt (zuletzt BAG 22. September 2016 - 6 AZR 397/15 - Rn. 15). Der Senat hat weiter wiederholt und noch in jüngster Vergangenheit entschieden, dass sich die Anreizwirkung des § 4 TV SozSich vor allem durch die Protokollnotiz zu § 4 Ziff. 1 Buchst. a TV SozSich entfaltet. Diese hält den Arbeitnehmer dazu an, im tariflich festgelegten Mindestbeschäftigungsumfang von mehr als 21 Stunden zu arbeiten. Der Senat hat dabei klargestellt, dass sich die Tarifvertragsparteien bewusst für eine Begrenzung auf eine Mindestarbeitszeit, nicht aber für eine Mindesthöhe des anderweitigen Entgelts entschieden haben. Ihnen kam es offenkundig nicht darauf an, sicherzustellen, dass der Arbeitnehmer ein Mindestmaß an Einkommen erzielt, um so die Leistungen des Bundes zu mindern. Sie wollten lediglich erreichen, dass der Arbeitnehmer eine Erwerbstätigkeit in einem Umfang ausübte, mit dem er nicht mehr als arbeitslos galt, und sich so wieder in den Arbeitsmarkt eingliederte; zugleich wollten sie eine Abgrenzung von dem Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe als Aufstockung zu den Leistungen der Arbeitsverwaltung bei Arbeitslosigkeit gemäß § 4 Ziff. 1 Buchst. b TV SozSich vornehmen. Der Senat hat außerdem ausdrücklich klargestellt, dass weitere Voraussetzungen für den Anspruch nach § 4 Ziff. 1 Buchst. a TV SozSich nicht bestehen und die Tarifvertragsparteien zwar das Problem einer Begrenzung des Tarifanspruchs erkannt haben, sie gleichwohl aber die anspruchsauslösende anderweitige Beschäftigung nur an eine Mindestarbeitszeit, nicht aber an einen Mindestlohn geknüpft haben. Schließlich hat er deutlich gemacht, dass die Gerichte an diese von der Tarifautonomie der Tarifvertragsparteien geschützte Entscheidung gebunden sind (BAG 31. Juli 2014 - 6 AZR 993/12 - Rn. 21 f.; 22. Dezember 1994 - 6 AZR 337/94 - zu II 1 und 2 der Gründe).

8

(2) Entgegen der auf S. 39 und S. 43 f. der Beschwerdebegründung geäußerten Ansicht der Beklagten beziehen sich vorstehend zusammengefasste Aussagen des Senats nicht nur auf die „Qualität der anderweitigen Tätigkeit“, ohne andere Anspruchsvoraussetzungen zu klären. Sie enthalten vielmehr fallübergreifende und nach wie vor gültige Aussagen zum Bedeutungsgehalt der Protokollnotiz zu § 4 Ziff. 1 Buchst. a TV SozSich und zu den sich daraus ergebenden Anforderungen an eine Beschäftigung außerhalb des Bereichs der Stationierungsstreitkräfte, die einen Anspruch des früheren Arbeitnehmers der Stationierungsstreitkräfte auf Überbrückungsbeihilfe nach § 4 Ziff. 1 Buchst. a TV SozSich auslöst.

9

(3) Durch diese Rechtsprechung ist geklärt, jedenfalls aber offenkundig, dass die den zu C I 1 a, b, i und s formulierten Fragen zugrunde liegende Annahme der Beklagten nicht zutrifft, aus § 3 Ziff. 2 TV SozSich lasse sich als weitere Voraussetzung für den Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe nach § 4 Ziff. 1 Buchst. a TV SozSich die Verpflichtung des Arbeitnehmers entnehmen, sich arbeitsuchend zu melden.

10

(a) Die Beklagte nimmt dabei bereits den Wortlaut des § 3 Ziff. 2 TV SozSich nicht zur Kenntnis. Danach hat sich der Arbeitnehmer nach der Kündigung arbeitsuchend, nach der Entlassung aber arbeitslos zu melden. Die von der Beklagten der tariflichen Regelung entnommene Verpflichtung, sich noch nach der Entlassung, dh. nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses (BAG 15. Dezember 2016 - 6 AZR 478/15 -; 20. Mai 1999 - 6 AZR 601/97 - zu II 1 a der Gründe) „arbeitsuchend“ zu melden, besteht schon nach dem unzweideutigen Tarifwortlaut des § 3 Ziff. 2 TV SozSich nicht.

11

(b) Darüber hinaus ist durch die Rechtsprechung des Senats sowie des Bundessozialgerichts geklärt, dass ein Arbeitnehmer, der eine Beschäftigung im vom TV SozSich verlangten Mindestumfang von mehr als 21 Stunden ausübt, nicht arbeitslos ist und sich darum auch nicht mehr gemäß § 3 Ziff. 2 TV SozSich nach seiner Entlassung arbeitslos melden kann. Arbeitslos ist ein Arbeitnehmer gemäß § 138 Abs. 1 SGB III nur dann, wenn er beschäftigungslos ist (Nr. 1), sich bemüht, die eigene Beschäftigungslosigkeit zu beenden (Nr. 2), und den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung steht (Nr. 3). Aus § 138 Abs. 1 Nr. 1 iVm. Abs. 3 Satz 1 SGB III folgt im Umkehrschluss, dass eine Erwerbstätigkeit von 15 Stunden wöchentlich und mehr die Beschäftigungslosigkeit ausschließt (BSG 3. Dezember 2009 - B 11 AL 28/08 R - Rn. 11 zur Vorgängerbestimmung § 119 Abs. 3 Satz 1 SGB III aF; vgl. auch BAG 31. Juli 2014 - 6 AZR 993/12 - Rn. 24). Ein Arbeitnehmer in einem Arbeitsverhältnis mit einer vereinbarten Arbeitszeit von mehr als 21 Stunden ist darum nicht arbeitslos.

12

(c) Vor diesem höchstrichterlich entschiedenen sozialversicherungsrechtlichen Hintergrund ist geklärt, jedenfalls aber offenkundig, dass der Anspruch nach § 4 Ziff. 1 Buchst. a TV SozSich nicht davon abhängt, dass der Arbeitnehmer sich gemäß § 3 Ziff. 2 TV SozSich nach der Kündigung arbeitsuchend und nach seiner Entlassung arbeitslos meldet. Daraus folgt zugleich, dass das von der Beschwerde auf S. 109 der Beschwerdebegründung aufgeworfene Gleichheitsproblem nicht besteht. Entgegen den Ausführungen auf S. 58 f. der Beschwerdebegründung folgt aus dem weit gefassten Zumutbarkeitsbegriff des § 2 Ziff. 3 Satz 2 TV SozSich iVm. § 1 Ziff. 3 ff. KSch TV und der dazu ergangenen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (zuletzt 17. März 2016 - 6 AZR 92/15 - Rn. 18 f.) nichts anderes. Diese Bestimmungen sollen so weit als möglich sicherstellen, dass Arbeitnehmer ihren Arbeitsplatz gerade nicht verlieren. Darum sollen sie eher weiter entfernt tätig werden müssen, als aus dem Arbeitsprozess ausscheiden (BAG 17. März 2016 - 6 AZR 92/15 - Rn. 19). Dagegen soll der Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe den Besitzstand der Arbeitnehmer sichern, die gleichwohl ihren Arbeitsplatz verloren haben. Dieser unterschiedliche Bedeutungsgehalt ist offenkundig und bedarf daher keiner Klärung durch die Zulassung der Revision.

13

(d) § 3 Ziff. 2 TV SozSich hat damit nur Bedeutung für den Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe nach § 4 Ziff. 1 Buchst. b TV SozSich. Dies hat im Übrigen die Beklagte in der Ausgangsfassung ihrer Erläuterungen und Verfahrensrichtlinien zur Durchführung des TV SozSich als Anlage zum Schreiben des BMWF vom 31. August 1971 (- F/Z B 5 - P 2300 - 36/71 -) selbst so verstanden. Darin heißt es zu § 3 Ziff. 2:

        

„Die Meldung des entlassenen Arbeitnehmers beim Arbeitsamt und seine Verfügbarkeit zur Arbeitsvermittlung sind Voraussetzung zur Erlangung der Leistungen nach dem AFG; sie sind insoweit auch Voraussetzung eines Anspruchs auf Überbrückungsbeihilfe zu diesen Leistungen.

        

…“    

14

bb) Auch die von der Beschwerde unter C I 1 c, f, l und m aufgeworfenen Rechtsfragen, die in unterschiedlich formulierter Weise die Frage betreffen, wann das außerhalb der Stationierungsstreitkräfte begründete Arbeitsverhältnis rechtsmissbräuchlich gestaltet ist, so dass kein Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe gemäß § 4 Ziff. 1 Buchst. a TV SozSich besteht, sind geklärt.

15

(1) Durch die in Rn. 7 dieses Beschlusses genannten Entscheidungen ist geklärt, dass sich die Anreizwirkung des § 4 TV SozSich vor allem durch den Mindestbeschäftigungsumfang entfaltet, der sich aus der Protokollnotiz zu § 4 Ziff. 1 Buchst. a TV SozSich ergibt. Die Beklagte mag diese Anreizwirkung für zu schwach ausgeprägt halten, sie übersieht jedoch bei ihren Ausführungen, insbesondere auf S. 17 bis S. 23 der Beschwerdebegründung, dass der Tarifvertrag weitere Anreize unzweideutig nicht schafft. Die Gleichwertigkeit zwischen dem neuen Arbeitsplatz und dem bei den Stationierungsstreitkräften weggefallenen Arbeitsplatz steht entgegen der von der Beschwerde auf S. 19 vertretenen Auffassung gerade nicht im Vordergrund. Die Tarifvertragsparteien haben lediglich einen Mindestbeschäftigungsumfang festgelegt, ohne ein bestimmtes Entgelt oder ein bestimmtes Beschäftigungsniveau zu verlangen. Sie wollten nicht sicherstellen, dass der Arbeitnehmer ein Mindestmaß an Einkommen erzielt, um so die Leistungen des Bundes zu mindern (BAG 31. Juli 2014 - 6 AZR 993/12 - Rn. 22).

16

(2) Die von der Beschwerde auf S. 63 der Begründung zitierte Passage aus der Entscheidung des Senats vom 31. Juli 2014 (- 6 AZR 993/12 - Rn. 24) ist aus dem Zusammenhang gerissen. Ihr lässt sich, anders als die Beschwerde annimmt, keineswegs entnehmen, dass der Vorgang der Wiedereingliederung „verschiedene Ausbaustufen“ haben kann und es verschiedenartige Tätigkeiten gebe, die das Ziel der Wiedereingliederung in unterschiedlichen Maßen verwirklichten. Die von der Beschwerde herangezogene Passage bezieht sich vielmehr unzweideutig nur auf die Frage, ob die Differenzierung zwischen Teilzeitbeschäftigten, die mehr oder weniger als 21 Stunden wöchentlich arbeiten, im Hinblick auf die seit Abschluss des TV SozSich im Jahre 1971 eingetretenen Änderungen im Sozialversicherungsrecht weiterhin gerechtfertigt ist. Wäre das vom Senat verneint worden, hätte dies nicht „verschiedene Ausbaustufen der Wiedereingliederung“, sondern unter Umständen die Unwirksamkeit der von der Protokollnotiz zu § 4 Ziff. 1 Buchst. a TV SozSich geforderten Mindestbeschäftigungsdauer zur Folge gehabt, so dass jede noch so geringfügige Beschäftigung den Anspruch nach § 4 Ziff. 1 Buchst. a TV SozSich auslösen würde.

17

(3) Der Hinweis auf S. 20 der Beschwerdebegründung auf die „amtlichen Erläuterungen zum TV SozSich“ begründet ebenso wenig einen Klärungsbedarf wie der Hinweis auf das auf S. 40 f. der Beschwerdebegründung zitierte Bulletin sowie auf das Gebot der Wirtschaftlichkeit der Verwaltung, auf das sich die Beschwerde ua. auf S. 41 und S. 56 der Beschwerdebegründung stützt. Einseitige Auslegungen der Beklagten als Tarifvertragspartei sind wie die Rundschreiben einer Tarifvertragspartei kein Hilfsmittel der Auslegung für tarifliche Normen, wenn ihr Inhalt in diesen wie vorliegend keinen Ausdruck findet (vgl. BAG 23. September 2010 - 6 AZR 338/09 - Rn. 18, BAGE 135, 318). Das gilt erst recht, wenn sich der Hinweis, auf den sich die Beschwerde auf S. 20 der Beschwerdebegründung im zweiten Absatz stützt, lediglich aus einem von der Beklagten erstellten Merkblatt ergibt. Der in diesem Merkblatt zum Ausdruck kommende, von den wirtschaftlichen Interessen der Beklagten getragene Wunsch hat im Tarifvertrag keinen Niederschlag gefunden.

18

(4) Bei ihren Ausführungen auf S. 21 bis S. 23 der Beschwerdebegründung, dass die Tarifvertragsparteien bei der Festlegung der Mindestbeschäftigungsdauer von den Gegebenheiten und Auffassungen der frühen 70er Jahre ausgegangen seien, übersieht die Beklagte, dass die Tarifvertragsparteien die von der Klägerin in Anspruch genommene Gestaltungsmöglichkeit auch schon im Jahr 1971 bei Abschluss des Tarifvertrags hätten unterbinden können, aber nicht unterbunden haben, sondern nur einen Mindestbeschäftigungsumfang von mehr als 21 Stunden verlangt haben.

19

(5) Die von der Beschwerde auf S. 47 der Begründung herangezogene Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 13. Juni 2006 (- 9 AZR 229/05 - BAGE 118, 252) betrifft die gänzlich andersgelagerte Frage der Anforderungen an eine stufenweise Wiedereingliederung eines Arbeitnehmers in das Erwerbsleben nach § 28 SGB IX. Die Ausführungen aus der Entscheidung vom 13. Juni 2006 können für die Frage, ob eine Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt im Sinne des TV SozSich vorliegt, nicht herangezogen werden und deshalb einen Klärungsbedarf ebenfalls nicht begründen.

20

(6) Die Beschwerde übersieht bei ihrer auf die Frage der Rechtsmissbräuchlichkeit der arbeitsrechtlichen Ausgestaltung der Arbeitsverträge, die von den Stationierungsstreitkräften entlassene Arbeitnehmer schließen, zielenden Argumentation, dass in der Ausnutzung rechtlich eröffneter Gestaltungsmöglichkeiten keine unzulässige Umgehung von Rechtsnormen liegt (BAG 27. November 2008 - 6 AZR 632/08 - Rn. 28 f., BAGE 128, 317). Arbeitnehmer, die Arbeitsverträge mit einer Beschäftigungsdauer von mehr als 21 Stunden schließen, nutzen - anders als ein zuvor arbeitsloser Arbeitnehmer, der im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit seiner Rentenberechtigung ein Arbeitsverhältnis begründet, um sich weiterhin den Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe zu sichern - lediglich tariflich eröffnete Gestaltungsmöglichkeiten, die ihnen von den Tarifvertragsparteien eingeräumt worden sind (vgl. zur nicht eröffneten Gestaltungsmöglichkeit bei Wegfall der Anspruchsgrundlage nach § 4 Ziff. 1 TV SozSich BAG 19. Dezember 2013 - 6 AZR 383/12 - Rn. 14 f.). Ein Rechtsmissbrauch liegt darum entgegen der Ansicht der Beschwerdebegründung nicht bereits dann vor, wenn der Arbeitnehmer weniger Wochenstunden arbeitet als zuvor bei den Stationierungsstreitkräften oder der Arbeitnehmer unterhalb seines Qualifikationsniveaus bzw. seiner Berufserfahrung arbeitet. Insbesondere liegt eine Rechtsmissbräuchlichkeit nicht bereits dann vor, wenn der Arbeitnehmer „punktgenau“ die tarifliche Mindestbeschäftigungsdauer vereinbart.

21

cc) Die von der Beschwerde unter C I 1 e formulierte Frage zur Erreichung des Ziels der Eingliederung in den Arbeitsprozess iSv. § 4 Ziff. 1 Buchst. a TV SozSich ist durch die Entscheidungen des Senats vom 31. Juli 2014 (- 6 AZR 993/12 - Rn. 22 f.) sowie vom 22. Dezember 1994 (- 6 AZR 337/94 -) aus vorstehend genannten Gründen geklärt.

22

dd) Auch die unter C I 1 q aufgeworfene Rechtsfrage zur Beweislast für ein rechtsmissbräuchliches Arbeitsverhältnis ist nicht klärungsbedürftig. Diese Beweislast richtet sich nach den allgemeinen Beweislastverteilungsgrundsätzen. Wer sich auf ein Scheingeschäft beruft, trägt dafür die Beweislast. Das gilt auch für die Behauptung, bei einem Arbeitsvertrag handele es sich um ein Scheingeschäft (BAG 18. September 2014 - 6 AZR 145/13 - Rn. 23). Nach dem allgemeinen Grundsatz, dass derjenige die Darlegungs- und Beweislast für die anspruchsbegründenden Tatsachen trägt, wer den Anspruch erhebt, ist derjenige, der sich auf einen Rechtsmissbrauch oder die Sittenwidrigkeit beruft, für das Vorliegen von Umständen, die eine solche Einschätzung rechtfertigen, darlegungs- und beweispflichtig (vgl. BAG 27. Juni 2012 - 5 AZR 496/11 - Rn. 13). Nichts anderes gilt für die Frage der Sittenwidrigkeit oder Rechtsmissbräuchlichkeit eines von einem ehemaligen Arbeitnehmer der Stationierungsstreitkräfte begründeten Arbeitsverhältnisses (BAG 22. Dezember 1994 - 6 AZR 337/94 - zu II 3 der Gründe).

23

c) Die Tatsache, dass die unter I 1 b dieses Beschlusses erörterten Rechtsfragen geklärt sind, wird dadurch bestätigt, dass die Erwägung der Beklagten zu der von ihr für richtig gehaltenen Auslegung des TV SozSich weit überwiegend dem tarifpolitischen Bereich oder anderen, mit dem TV SozSich nicht vergleichbaren Regelungen entnommen sind. Sie betreffen eine aus Sicht der Beklagten verfehlte Anreizwirkung, die den Arbeitnehmer, wie sie auf S. 48 der Beschwerdebegründung ausführt, „ermunterten“, sich auf ihre Kosten „auszuruhen“. Dass die vorstehend wiedergegebene Rechtsprechung außer von ihr noch von Gerichten oder im Schrifttum in Zweifel gezogen wird, legt sie dagegen nicht dar. Die Beklagte will lediglich ihre Interpretation vom Begriff der Überbrückungsbeihilfe, wie sie sie auf S. 66 ff. entwickelt, und den sich daraus ergebenden Anspruchsvoraussetzungen für eine solche Zahlung an die Stelle der tariflichen Ausgestaltung dieser steuerfinanzierten Sonderzahlung in ihrer Interpretation durch den Senat setzen. Ihr Ziel eines Tarifinhalts, der ihre wirtschaftlichen Interessen besser berücksichtigt, kann sie jedoch nicht durch den Einwand erreichen, der langjährige Bezug von Überbrückungsbeihilfe in Fällen wie denen der Klägerin sei rechtsmissbräuchlich, sondern nur durch Tarifvertragsverhandlungen. Darum stellt sich die auf S. 30 der Beschwerdebegründung im dritten Absatz angesprochene Frage nicht.

24

2. Die unter C I 1 d, o und p aufgeworfenen Fragen, die die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts auf S. 28 f., eher im Gegenteil sei davon auszugehen, dass das Verhalten der Beklagten widersprüchlich sei, betreffen, sind nicht entscheidungserheblich. Diese Überlegungen sind nicht tragend, sondern vom Landesarbeitsgericht lediglich ergänzend angestellt worden. Entgegen der auf S. 38 der Beschwerdebegründung geäußerten Auffassung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht dadurch nicht die an die Klägerin zu stellenden Anforderungen relativiert. Auf die auf S. 51 f. der Begründung angesprochene Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Tätigwerden der Beklagten zu verlangen ist, kommt es darum nicht an.

25

3. Auch die unter C I 1 g, h, j und k sowie r formulierten Rechtsfragen sind nicht entscheidungserheblich. Die Rechtsfragen zu C I 1 g, h, j und k können zudem nur abhängig von den Umständen des Einzelfalls beantwortet werden und sind bereits darum nicht von grundsätzlicher Bedeutung.

26

a) Die unter C I 1 g und h formulierten Fragen sind nicht entscheidungserheblich. Das Landesarbeitsgericht hat es entgegen der auf S. 42 der Beschwerdebegründung dargelegten Annahme der Beklagten nicht für das Vorliegen der tariflich erforderlichen Stundenzahl bzw. arbeitsvertraglichen Leistungen ausreichen lassen, dass der Arbeitgeber vermute, dass derartige Leistungen erbracht werden. Das Landesarbeitsgericht hat lediglich nicht beanstandet, dass der Zeuge nicht minuziös angeben konnte, wie viele Stunden die Klägerin an welchen Tagen tatsächlich gearbeitet habe.

27

b) Den unter C I 1 j und k formulierten Rechtsfragen fehlt ebenfalls die Entscheidungserheblichkeit. Das Landesarbeitsgericht hat entgegen der auf S. 45 der Beschwerdebegründung geäußerten Annahme der Beklagten nicht die Prüfung eines Rechtsmissbrauchs immer dann abgelehnt, wenn Rechtsmissbrauch nicht tatbestandlich erwähnt wird. Es ist auf S. 27 der anzufechtenden Entscheidung, anders als die Beklagte auf S. 46 der Beschwerdebegründung annimmt, auch nicht davon ausgegangen, es liege eine bewusste Regelungslücke vor. Aus der Gesamtschau der Ausführungen des Landesarbeitsgerichts auf S. 26 unten bis S. 28 oben ergibt sich vielmehr, dass es die Möglichkeit einer rechtsmissbräuchlichen Inanspruchnahme der Überbrückungsbeihilfe nicht generell ausgeschlossen und auch keine diesbezügliche Regelungslücke im TV SozSich angenommen hat. Es hat lediglich einzelfallbezogen - und rechtlich zutreffend - ausgeführt, dass aufgrund der tarifvertraglichen Ausgestaltung des Anspruchs auf die Überbrückungsbeihilfe die von der Beklagten angeführten tatsächlichen Umstände, namentlich die „unterwertige“ Tätigkeit sowie die Nichtteilnahme an Lohnerhöhungen, eine Sittenwidrigkeit bzw. einen Rechtsmissbrauch nicht begründen könnten. Das zeigt der Schlusssatz auf S. 27 unten/S. 28 oben, wonach es „insgesamt“ nicht zu beanstanden sei, wenn ein Arbeitnehmer sich auf ein Teilzeitarbeitsverhältnis mit mehr als 21 Wochenarbeitsstunden einlasse, um die tarifvertraglichen Voraussetzungen für die Überbrückungsbeihilfe zu erfüllen, so dass der Klägerin „insoweit“ ein rechtlich erheblicher Vorwurf nicht gemacht werden könne.

28

c) Die unter C I 1 r formulierte Rechtsfrage ist nicht entscheidungserheblich. Mit der Frage, ob ein sittenwidriges bzw. rechtsmissbräuchliches Arbeitsverhältnis zum vollkommenen Wegfall der Überbrückungsbeihilfe führt, hat sich das Landesarbeitsgericht, wie die Beschwerde auf S. 54 der Begründung erkennt, nicht befasst. Ausgehend von seinem Lösungsansatz musste es auf diese Rechtsfrage nicht eingehen. Die Beschwerde legt nicht dar, inwieweit die aufgeworfene Frage gleichwohl entscheidungserheblich ist. Darüber hinaus hat das Landesarbeitsgericht ausgehend von seinem Rechtsstandpunkt zu dieser Frage keinen allgemeinen Rechtssatz aufgestellt, so dass das Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Handhabung des Rechts nicht berührt ist und die Entscheidung insoweit auch deshalb keine Frage von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft (vgl. BVerfG 25. März 2010 - 1 BvR 882/09 - Rn. 19, BVerfGK 17, 196).

29

4. Unter C I 1 n zeigt die Beschwerde keine klärungsbedürftige Rechtsfrage auf, sondern bittet um eine Interpretation der Entscheidung des Senats vom 22. Dezember 1994 (- 6 AZR 337/94 -).

30

II. Auch die Divergenzbeschwerde (§ 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 2, § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG) ist unbegründet.

31

1. Die unter C II 1 a, 2 a und 3 a angenommene Divergenz zwischen der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts und der Rechtsprechung des Senats hinsichtlich der Frage, ob weitere Anforderungen als die anderweitige Beschäftigung an den Anspruch auf die Überbrückungsbeihilfe nach § 4 Ziff. 1 Buchst. a TV SozSich zu stellen sind, liegt nicht vor.

32

a) Das Landesarbeitsgericht hat den von der Beschwerde auf S. 96 gebildeten und auf S. 99 modifizierten abstrakten Rechtssatz nicht aufgestellt. Die Beschwerde will aus den dort genannten Ausführungen des Landesarbeitsgerichts ableiten, dass dieses den abstrakten Obersatz aufgestellt habe, dass alle übrigen Voraussetzungen des TV SozSich, insbesondere das in § 3 normierte Erfordernis der Arbeitsuchendmeldung, nicht mehr zu prüfen seien und allgemein anspruchseinschränkende Tatbestandsmerkmale für die Geltendmachung des tarifvertraglichen Anspruchs nicht möglich seien(S. 100 f. der Beschwerdebegründung). Ein derartiger Rechtssatz ist jedoch den zitierten Passagen des Landesarbeitsgerichts nicht zu entnehmen. Vielmehr hat das Landesarbeitsgericht auf S. 24 unten in der anzufechtenden Entscheidung ausgeführt, dass die Klägerin weitere tatbestandliche Voraussetzungen „nach Maßgabe der hier anzuwendenden Tarifnorm“ nicht habe einhalten müssen. Daraus folgt, dass sich das Landesarbeitsgericht mit den von der Beschwerde zitierten Passagen lediglich an die von ihm zuvor ausführlich im Wortlaut wiedergegebene Entscheidung des Senats vom 22. Dezember 1994 (- 6 AZR 337/94 -) hat anschließen wollen. Deshalb wären nähere Darlegungen der Beschwerde dazu erforderlich gewesen, dass das Landesarbeitsgericht mit der zitierten Passage nicht lediglich die von ihm in der angeführten Weise verstandene Rechtsprechung des Senats zusammenfassen, sondern einen eigenen, davon abweichenden abstrakten Rechtssatz aufstellen wollte.

33

b) Darüber hinaus hat der Senat mit den auf S. 97 f. der Beschwerdebegründung zitierten Passagen keinen abstrakten Rechtssatz aufgestellt, sondern im Tatbestand nur den Tarifwortlaut wiedergegeben sowie das Ergebnis der Entscheidung genannt.

34

2. Die von der Beschwerde unter C II 1 b, 2 b und 3 b angenommene Divergenz zwischen der anzufechtenden Entscheidung und der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hinsichtlich der Frage des Rechtsmissbrauchs liegt ebenfalls nicht vor. Wie in Rn. 32 ausgeführt, hat das Landesarbeitsgericht den von der Beschwerde auf S. 97 der Begründung gebildeten Rechtssatz nicht aufgestellt, sondern lediglich einzelfallbezogen einen Rechtsmissbrauch verneint.

35

III. Es liegt auch keine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs der Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs vor (§ 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 Alt. 2, § 72 Abs. 2 Nr. 3 Alt. 2 ArbGG).

36

1. Die unter C IV 1 a erhobene Rüge, das Landesarbeitsgericht habe die Klage zu Unrecht als schlüssig angesehen, obwohl die Klägerin nicht einmal behauptet habe, sich arbeitsuchend gemeldet zu haben, betrifft lediglich vermeintliche Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts. Soweit die Beschwerde auf S. 108 der Beschwerdebegründung rügt, das Landesarbeitsgericht habe insoweit keinen Hinweis erteilt, fehlt es am erforderlichen Vortrag, was die Beklagte bei Erteilung des vermissten Hinweises vorgetragen hätte (BAG 14. März 2005 - 1 AZN 1002/04 - BAGE 114, 67), und damit an der Darlegung der Entscheidungserheblichkeit.

37

2. Die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts zu den Pflichten der Beklagten sind, wie in Rn. 24 ausgeführt, nicht tragend. Deshalb liegt in der vermeintlichen Verletzung der Hinweispflicht, die die Beschwerde unter C IV 1 b der Beschwerdebegründung rügt, keine Verletzung des Anspruchs der Beklagten auf rechtliches Gehör. Zudem fehlt auch insoweit die Darlegung, was die Beklagte bei Erteilung des vermissten Hinweises konkret vorgetragen hätte. Die pauschalen Ausführungen unter C IV 2 b der Beschwerdebegründung sind nicht ausreichend.

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3. Auch die unter C IV 1 c der Beschwerdebegründung gerügte Verletzung des Anspruchs der Beklagten auf rechtliches Gehör durch die Verletzung der richterlichen Fragepflicht durch das Landesarbeitsgericht liegt nicht vor. Wie ausgeführt, trifft bereits die Grundannahme der Beschwerde, das Landesarbeitsgericht habe es ausreichen lassen, dass der Arbeitgeber der Klägerin deren Anwesenheit nur vermutet habe, nicht zu. Zum anderen hat die Beklagte ihrer Pflicht, sich selbst Gehör zu verschaffen, nicht genügt und kann darum einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG nicht geltend machen(BVerfG 18. August 2010 - 1 BvR 3268/07 - Rn. 28, BVerfGK 17, 479; BAG 14. Dezember 2010 - 6 AZN 986/10 - Rn. 25). Die Beklagte behauptet nicht, dass sie die Fragen, die nach ihrer Auffassung das Landesarbeitsgericht an den Zeugen hätte richten müssen, nicht selbst hätte stellen können.

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IV. Der unter C III der Beschwerdebegründung geltend gemachte absolute Revisionsgrund (§ 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 Alt. 1, § 72 Abs. 2 Nr. 3 Alt. 1 ArbGG, § 547 Nr. 1 ZPO) ist nicht ordnungsgemäß dargelegt. Es ist nicht nachvollziehbar, inwieweit die ehrenamtlichen Richter der Spruchkammer nicht ordnungsgemäß zugeordnet worden sein sollen. Gemäß Ziff. II.3.a des der Beschwerdebegründung beiliegenden Geschäftsverteilungsplans des Landesarbeitsgerichts vom 10. Dezember 2014 ergibt sich die Zuteilung der ehrenamtlichen Richter an die einzelnen Kammern „aus den anliegenden Listen“. Diese Listen waren jedoch weder der per Fax noch der per EGPV übermittelten Fassung der Beschwerdebegründung beigefügt. Eine Verletzung des gesetzlichen Richters ist nicht aufgezeigt.

40

V. Der Senat sieht nach § 72a Abs. 5 Satz 5 ArbGG von einer weiteren Begründung ab.

        

    Fischermeier    

        

    Spelge    

        

    Krumbiegel     

        

        

        

    M. Jostes    

        

    Augat     

                 

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.