Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 13. Nov. 2012 - 5 Sa 19/12

bei uns veröffentlicht am13.11.2012

Tenor

1. Die Berufung wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Kündigung wegen der krankheitsbedingten Ausfallzeiten des Klägers.

2

Der 1952 geborene Kläger ist seit Mai 1993 beim beklagten Land beschäftigt. Er war bis in das Jahr 2005 dem Landeskriminalamt mit Sitz in der Nähe von C-Stadt als vollzeitbeschäftigter Angestellter zugewiesen gewesen. Im Landeskriminalamt war der Kläger als Dezernent und stellvertretender Dezernatsleiter für die Bereiche Kriminalitätsanalyse, Kriminalstrategie, Kriminalitätsprävention und Kriminalstatistik zuständig sowie im Bereich der kriminologischen Forschung tätig. Die Vergütung erfolgte nach der Vergütungsgruppe IIa der Vergütungsordnung zum BAT/BAT-O mit einem durchschnittlichen Bruttomonatsgehalt von zuletzt rund 3.700,00 Euro.

3

In seiner Funktion war der Kläger auch für die polizeiliche Kriminalitätsstatistik (PKS) zuständig. Auf diesem Gebiet kam es seit den Jahren 1999 und 2000 zu Differenzen auf fachlicher Ebene zwischen dem Kläger, dem Landeskriminalamt sowie dem für diesen Bereich zuständigen Fachvorgesetzten im Innenministerium des Landes Mecklenburg-Vorpommern, der zum Teil auch unter Einbeziehung des Landtages und der Presse ausgetragen wurde. Wegen der weiteren Einzelheiten dieses Konflikts wird auf das Urteil der Kammer im Vorprozess Bezug genommen, in dem der Kläger Entschädigung und Schadensersatz wegen Mobbing und Gesundheitsbeschädigung verlangt hatte (LAG Mecklenburg-Vorpommern 5. Juli 2011 - 5 Sa 86/11 -; die Entscheidung ist nach Aufhebung der Vorentscheidung durch das Bundesarbeitsgericht ergangen, vgl. dazu BAG 28. Oktober 2010 - 8 AZR 546/09 - AP Nr. 7 zu § 611 BGB Mobbing = NZA-RR 2011, 378).

4

Mit Wirkung vom 13. Mai 2005 wurde der Kläger für die Zeit ab dem 1. Juni 2005 für drei Monate zum Landesamt für B.- und K. Mecklenburg-Vorpommern in C-Stadt abgeordnet. Diese Abordnung wurde sodann um drei Monate verlängert. Anschließend wurde der Kläger auf Dauer für die Zeit ab dem 1. Dezember 2005 auf diesen Dienstposten versetzt. Gegen die Abordnungen hat sich der Kläger gerichtlich zur Wehr gesetzt und hat in diesem Rechtsstreit (Vorvorprozess) später auch die Versetzung angegriffen. Die Klage ist in beiden Instanzen ohne Erfolg geblieben (Arbeitsgericht Schwerin 8. November 2005 – 4 Ca 1216/05 -; LAG Mecklenburg-Vorpommern 10. Mai 2006 – 2 Sa 8/06 -).

5

Nach dem Ausscheiden des Klägers ist das Landeskriminalamt umorganisiert worden, wobei Einzelheiten dazu streitig geblieben sind. Unstreitig ist die Stelle des Klägers zu einer Stelle des gehobenen Dienstes abgewertet worden und sie ist jetzt mit Herrn M. besetzt. Kriminologische Forschung, wie sie beim Landeskriminalamt früher durch den Kläger betrieben wurde, gibt es inzwischen nicht mehr.

6

Der Kläger ist in den letzten Monaten seiner Tätigkeit beim Landeskriminalamt in den Jahren 2004 und 2005 durch den dortigen Direktor und weitere leitende Mitarbeiter unfair behandelt worden. Auf seine Klage hin ist ihm daher durch das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern im Vorprozess eine Entschädigung wegen Verletzung seines Persönlichkeitsrechts in Höhe von 2.500,00 Euro zuerkannt worden (LAG Mecklenburg-Vorpommern 5. Juli 2011 - 5 Sa 86/11 -). Die weitergehende Entschädigungsklage und die gesamte Schadensersatzklage ist vom Gericht abgewiesen worden.

7

Unmittelbar nach dem Erhalt der ersten Abordnungsverfügung am 24. Mai 2005 begab sich der Kläger in ärztliche Behandlung. Er war anschließend für den Zeitraum vom 26. Mai bis zum 10. Juni 2005 wegen des Verdachts einer Depression arbeitsunfähig erkrankt. Nach Ende seines anschließenden Jahresurlaubs am 7. Juli 2005 hatte sich der Gesundheitszustand des Klägers abermals verschlechtert, so dass er abermals im Zeitraum vom 28. Juli 2005 bis zum 29. September 2006 krankheitsbedingt arbeitsbefreit war. Seit Ende September 2006 ist der Kläger bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht durchgängig arbeitsunfähig erkrankt.

8

Der Kläger hat am 7. Februar 2008 einen Antrag auf Rente wegen vollständiger Minderung seiner Erwerbsfähigkeit gestellt. Nach Ablehnung des Antrages und einem vom Kläger angestrengten sozialgerichtlichen Verfahrens wurde dem Kläger mit Bescheid vom 17. Mai 2010 rückwirkend ab dem 1. September 2008 und befristet bis zum 31. Januar 2013 eine Erwerbsminderungsrente wegen vollständiger Erwerbsunfähigkeit gewährt. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht hat der Kläger einen Folgerentenbescheid vom 4. September 2012 vorgelegt, nach dem ihm die Erwerbsunfähigkeitsrente nunmehr befristet bis zum 30. September 2017 (Monat des Erreichens der Regelaltersgrenze) weiter gewährt wird.

9

Gestützt auf das vom Kläger geschilderte Krankheitsbild hat das beklagte Land für den Kläger mit Rundschreiben vom 11. April 2008 bei den Landesbehörden nach einer Verwendung für den Kläger gesucht. Hinsichtlich der Einzelheiten des Rundschreibens wird auf Blatt 44, 45 der Akte verwiesen. Dem Kläger wurde daraufhin vom beklagten Land eine Stelle als Justiziar der Hochschule N. angeboten. Das entsprechende Mitteilungsschreiben wurde dem Kläger am 2. Mai 2008 zugestellt. Auf die Blätter 46 und 47 der Akte wird verwiesen. Das Stellenangebot hat der Kläger mit Schreiben vom 15. Mai 2008 mit der Bemerkung abgelehnt, es handele sich um eine „unverschämte Zumutung“ (Kopie als Anlage B 7 überreicht, hier Blatt 62).

10

Mit Schreiben vom 19. Juni 2008 (Kopie als Anlage K 2 überreicht, hier Blatt 11) hat das beklagte Land dann das Arbeitsverhältnis zum Kläger ordentlich aus krankheitsbedingten Gründen zum 31. Dezember 2008 gekündigt. Ausweislich des Textes der Kündigung stützt das beklagte Land die Kündigung auf das sozialmedizinische Gutachten von Frau Dr. med. S., M D K Mecklenburg-Vorpommern e.V., vom 22. Mai 2007, nach dem davon auszugehen sei, dass der Kläger für seinen neuen Dienstposten als Dezernatsleiter im Landesamt für B.- und K. dauerhaft arbeitsunfähig sei.

11

Diese Kündigung hat der Kläger mit seiner Klage vom 7. Juli 2008, Gerichtseingang am 9. Juli 2008, gerichtlich angegriffen. Das Arbeitsgericht Schwerin hat die Klage mit Urteil vom 16. November 2011 (2 Ca 1288/08) als unbegründet abgewiesen. – Auf dieses Urteil wird wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes vor dem Arbeitsgericht Bezug genommen.

12

Mit der rechtzeitig eingelegten und rechtzeitig begründeten Berufung verfolgt der Kläger sein Ziel der Feststellung der Sozialwidrigkeit der Kündigung vom 19. Juni 2008 weiter.

13

Der Kläger geht davon aus, dass seine Kündigung der konsequente letzte Schritt des gegen ihn von Seiten des beklagten Landes seit Jahren systematisch betriebenen Mobbing sei. Leitende Mitarbeiter im Innenministerium und im Landeskriminalamt hätten beschlossen, ihn durch unfaire Mittel aus dem Dienst zu drängen, da er in Fragen der richtigen und guten Führung der Polizeistatistik berechtigte Kritik geäußert habe, die in der Führung aber niemand habe hören wollen. Da er – der Kläger – nicht bereit gewesen sei zu schweigen, habe man damit begonnen, ihn durch Mobbing aus dem Dienst zu drängen. Die vom Landesarbeitsgericht im Vorprozess zuerkannte Entschädigung sei daher bei weitem zu niedrig, er sei nicht erst seit 2004 gemobbt worden, sondern mindestens schon seit dem Jahre 2000. Im Gegensatz zur Auffassung des Landesarbeitsgerichts im Vorprozess sei die Abordnung und Versetzung zum Landesamt für B.- und K. auch keine fürsorgliche Maßnahme seines obersten Dienstherrn gewesen, sondern die systematische Fortsetzung des Plans, ihn aus dem Landeskriminalamt hinauszudrängen. Dieser Plan sei schließlich mit der hier streitgegenständlichen Kündigung vollendet worden.

14

In diesem Zusammenhang behauptet der Kläger, seine heutige Erkrankung sei in erster Linie durch das beklagte Land mittels des systematischen Mobbing verursacht worden. Es sei abwegig und nur vorgeschoben, seine fortdauernde Arbeitsunfähigkeit auf Ursachen in seiner Persönlichkeit zurückzuführen. Der Kläger hält daher die von ihm selbst in den Prozess eingeführten ärztlichen Gutachten für fehlerhaft, soweit dort ein solcher Zusammenhang hergestellt werde. Weil seine Gesundheitsschäden vom beklagten Land verursacht worden seien, sei die wegen dieser Gesundheitsschäden ausgesprochene Kündigung nicht erlaubt.

15

Die Kündigung sei jedenfalls unverhältnismäßig, denn wenn man ihn auf seinen alten Dienstposten beim Landeskriminalamt zurück versetze, würde seine Arbeitsfähigkeit innerhalb kürzester Zeit wieder hergestellt werden können. Auch dies sei ihm von allen beteiligten Ärzten immer wieder bestätigt worden. Die Rückversetzung sei auch möglich, denn sie würde nur geringfügige organisatorische Veränderungen im Landeskriminalamt erfordern. In diesem Zusammenhang hat der Kläger zuletzt behauptet, dass er zu 80 Prozent seiner Arbeitszeit im Rahmen von Forschungsprojekten tätig gewesen sei.

16

Der Kläger beantragt

17

unter Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteils festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch Kündigung der Beklagten vom 19. Juni 2008 zum 31. Dezember 2008 beendet ist.

18

Das beklagte Land beantragt,

19

die Berufung zurückzuweisen.

20

Das beklagte Land verteidigt die arbeitsgerichtliche Entscheidung. Schon im Vorprozess sei das Landesarbeitsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass man einen kausalen Zusammenhang zwischen der Behandlung des Klägers durch das beklagte Land und den aufgetretenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht herstellen könne. Aus den ärztlichen Stellungnahmen ergebe sich vielmehr eindeutig, dass die dauerhafte Arbeitsunfähigkeit des Klägers aus seiner Unfähigkeit beruhe, sich den Anforderungen des neuen Arbeitsplatzes im Landesamt für B. und K. zu stellen und diese innere Blockade vom Kläger aufgrund spezifischer Eigenheiten seiner inneren Persönlichkeit nicht überwunden werden könne.

21

Das beklagte Land steht auch auf dem Standpunkt, dass eine Rückversetzung des Klägers auf den von ihm begehrten Dienstposten beim Landeskriminalamt nicht erfolgen könne, da dieser Dienstposten in dieser Form nicht mehr vorhanden sei. Die Aufgaben, die der Kläger bis zu seiner Versetzung beim Landeskriminalamt wahrgenommen habe, nehme mittlerweile der Dezernatsleiter selbst wahr. Forschung werde im Landeskriminalamt überhaupt nicht mehr betrieben. Als kleines und nicht gerade reiches Bundesland könne man sich keine Forschung am Landeskriminalamt leisten; Forschung solle nur an den dafür eingerichteten Hochschulen stattfinden. Weiter behauptet das beklagte Land, es bestünde auch ein dringendes dienstliches Bedürfnis an der Besetzung des derzeit vom Kläger bekleideten Dienstpostens bei Landesamt für B.- und K., was die Kündigung zusätzlich bedinge.

22

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrages der Parteien im Berufungsrechtszug wird auf die überreichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

23

Die Berufung hat keinen Erfolg. Zu Recht hat das Arbeitsgericht die Kündigungsschutzklage abgewiesen. Die streitgegenständliche ordentliche krankheitsbedingte Kündigung vom 19. Juni 2008 ist wirksam. Sie hat das Arbeitsverhältnis der Parteien zum Jahresende 2008 beendet.

I.

24

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien ist aufgrund der Dauer der Zusammenarbeit und der Anzahl der beim beklagten Land beschäftigten Arbeitnehmer das Kündigungsschutzgesetz anzuwenden (§§ 1, 23 Kündigungsschutzgesetz - KSchG). Das hindert die Wirksamkeit der vorliegenden Kündigung allerdings nicht, denn sie ist sozial gerechtfertigt im Sinne von § 1 KSchG. Eine – hier gegebene – krankheitsbedingte Kündigung ist sozial gerechtfertigt, wenn ein Kündigungsanlass besteht, wenn es keine milderen Mittel zu der ausgesprochenen Kündigung gibt und wenn auch die abschließende Interessenabwägung nicht zu Gunsten des Arbeitnehmers ausfällt.

25

Gemessen an diesem Maßstab ist die streitgegenständliche Kündigung des beklagten Landes sozial gerechtfertigt.

26

1. Bei krankheitsbedingten Ausfallzeiten kann der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis durch ordentliche Kündigung – vorbehaltlich der Verhältnismäßigkeitsprüfung und der Interessenabwägung – beenden, wenn die Fehlzeiten zu einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen führen. Das ist hier der Fall.

27

a) Bei krankheitsbedingter dauernder Leistungsunfähigkeit ist in aller Regel ohne weiteres von einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen auszugehen (BAG 29. April 1999 – 2 AZR 431/98 – BAGE 91, 271= AP Nr. 36 zu § 1 KSchG 1969 Krankheit = DB 1999, 1861; BAG 28. Februar 1990 – 2 AZR 401/89 – AP Nr. 25 zu § 1 KSchG 1969 Krankheit). Ein solcher Fall der dauernden Leistungsunfähigkeit LAG zum Zeitpunkt der Kündigung in der Person des Klägers vor. Die dauernde Leistungsunfähigkeit für den Arbeitsplatz, der ihm zuletzt rechtswirksam im Landesamt für B.- und K. zugewiesen war, wird vom Kläger nicht bestritten. Das hat das Arbeitsgericht so ausdrücklich im unstreitigen Teil des Tatbestandes des angegriffenen Urteils festgestellt und der Kläger hat diese Feststellung im Berufungsrechtszug nicht gerügt. Auch durch alle medizinischen Stellungnahmen, die in den verschiedensten Zusammenhängen abgegeben wurden, heißt es durchgehend, der Kläger sei gesundheitlich nicht in der Lage, den ihm zugewiesenen Arbeitsplatz im Amt für B. und K. auszufüllen, weil er psychisch nicht in der Lage sei, sich auf die Anforderungen an diesem Arbeitsplatz einzustellen.

28

b) Allerdings muss betont werden, dass Mediziner bei psychischen Erkrankungen mit einer Prognose hinsichtlich der zukünftigen Krankheitsentwicklung eher vorsichtig sind, da die Wirkweisen psychischer Veränderungen bis heute noch nicht vollständig erforscht sind. Aber selbst dann, wenn man zu Gunsten des Klägers unterstellen würde, dass die bei ihm diagnostizierte Unfähigkeit, sich den Anforderungen seines neuen Arbeitsplatzes zu stellen, medizinisch betrachtet nicht auf Dauer bestehen wird, würde sich an der juristischen Bewertung des Kündigungssachverhalts nichts ändern. Denn zumindest lässt sich der Zeitpunkt, zu dem der Kläger seine psychisch bedingte fehlende Anpassungsfähigkeit an seinen neuen Arbeitsplatz verlieren mag, nicht prognostizieren. Damit ist der Zeitpunkt der Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit ungewiss.

29

Die Ungewissheit der Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit steht einer feststehenden krankheitsbedingten dauernden Leistungsunfähigkeit gleich, wenn in den nächsten 24 Monaten mit einer anderen Prognose nicht gerechnet werden kann (BAG 29. April 1999 aaO). Das ist hier der Fall.

30

Zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung im Juni 2008 konnte nicht damit gerechnet werden, dass der Kläger innerhalb der nächsten 24 Monate in der Lage sein würde, seine Anpassungsunfähigkeit bezüglich des neuen Arbeitsplatzes zu überwinden. In dem sozialgerichtlichen Rechtsstreit um die Frühverrentung des Klägers stand diese Frage im Mittelpunkt der rechtlichen Auseinandersetzung. Die Deutsche Rentenversicherung Bund mochte nicht glauben, dass die vom Kläger geschilderten Anpassungsprobleme dauerhaft bestehen könnten und hat daher zunächst den klägerischen Rentenantrag negativ beschieden und seinem Widerspruch nicht abgeholfen. Erst im sozialgerichtlichen Klageverfahren konnte nach nochmaliger Begutachtung des Klägers letztlich im Wege des Vergleiches die Rente erstritten werden. Der vom Sozialgericht bestellte Gutachter Herr Dr. D.,

31

C - Stadt, hat dazu in seinem Gutachten vom 6. Januar 2010 festgestellt, dass der Kläger aufgrund seiner durch Disposition und Prägung gewachsenen Persönlichkeitsstruktur mit seinem gesamten Denken und Handeln in dem Konflikt mit seinem Dienstherrn, der zur Versetzung aus dem Landeskriminalamt geführt habe, verharrt sei, und er daher objektiv nicht in der Lage sei, sich den Anforderungen an seinem neuen Arbeitsplatz anzupassen (Kopie des Gutachtens hier Blatt 489 ff).

32

Dieses Gutachten ist zwar erst rund 18 Monate nach Ausspruch der streitgegenständlichen Kündigung erstellt worden. Seine Aussagen wären aber nicht anders ausgefallen, wenn die Begutachtung bereits kurz vor der Kündigung vorgenommen worden wäre, es kann daher hier zu Grunde gelegt werden. Denn Herr Dr. D. beschäftigt sich ausführlich mit der Entstehung des Konflikts und mit früheren medizinischen Stellungnahmen, die alle schon in dieselbe Richtung gingen. Neu bei dem Gutachten von Herrn Dr. D. ist allein der Umstand, dass er sich gezielt mit der auch hier bedeutsamen Frage auseinandergesetzt hat, ob es medizinisch betrachtet Therapieansätze gibt, um eine solche Anpassungsstörung in überschaubaren Zeiträumen zu überwinden, was er verneint hat. Dass das Gutachten so zu verstehen ist, dass seine Aussagen auch schon für das Jahr 2008 Gültigkeit hatten, erkennt man im Übrigen indirekt daran, dass dieses Gutachten aus dem Jahre 2010 letztlich zu der rückwirkenden Gewährung der Erwerbsminderungsrente ab September 2008 führte.

33

Daher muss man auch hier bei der Frage, ob man im Juni 2008 innerhalb der nächsten 24 Monate mit einer Wiedergenesung des Klägers habe rechnen können, die Erkenntnis von Herrn Dr. D. zu Grunde legen, dass es keine Heilungsperspektiven für den Kläger bezogen auf den ihm neu zugewiesenen Arbeitsplatz gibt.

34

Das Arbeitsgericht und auch das beklagte Land selber haben sich insoweit auf die ärztliche Stellungnahme von Frau Dr. S. vom 22. Mai 2007 bezogen, die in Kopie als Anlage B 3 (hier Blatt 42 ff) zur Akte gereicht wurde. Auch diese Stellungnahme ist in ihrem Aussagegehalt eindeutig und der Kläger hat die Richtigkeit der medizinischen Feststellung nicht in Frage gestellt. Frau Dr. S. kommt bei der Beurteilung des klägerischen Leistungsvermögens zu dem Schluss: „Aus nervenärztlicher Sicht muss festgestellt werden, dass der Versicherte für die Tätigkeit als Dezernatsleiter im K. auf Dauer arbeitsunfähig ist.“ Zutreffend hat das Arbeitsgericht schon allein auf Basis dieser Stellungnahme festgestellt, dass der Kläger dauerhaft nicht in der Lage sei, die ihm übertragene Aufgabe zu erfüllen. Letztlich zeigt auch die Verlängerung der vom Kläger erstrittenen Erwerbsunfähigkeitsrente durch den in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht vorgelegten Rentenbescheid, dass die medizinischen Stellungnahmen von Frau Dr. S. (2007) und Herrn Dr. D. (2010) zutreffend waren.

35

Soweit der Kläger inzwischen die medizinischen Stellungnahmen nur noch gelten lassen will, soweit dort bescheinigt wird, dass er auf seinem alten Arbeitsplatz schnell wieder seine Arbeitsfähigkeit erreichen würde, kann ihm nicht gefolgt werden. Seine Kritik an den Gutachten verharrt an der Oberfläche, ohne sich mit den Annahmen und Folgerungen der Ärzte auseinander zu setzen. Der Kläger hat lediglich verstanden, dass die Aussagen in den ärztlichen Stellungnahmen zu den Ursachen seiner dauerhaften Arbeitsunfähigkeit bezogen auf seinen derzeitigen Arbeitsplatz, das Arbeitsverhältnis zum beklagten Land ernsthaft gefährden, er bestreitet daher, dass das aufgetretene Problem auch durch seinen Charakter und seine Persönlichkeitsstruktur bedingt sein könnte. Angesichts des Umstandes, dass sich der Kläger im sozialgerichtlichen Rechtsstreit gerade auf diese medizinischen Erkenntnisse gestützt hatte, um seinen Rentenanspruch zu begründen, reicht das bloße Bestreiten der von Herrn Dr. D. aufgezeigten Zusammenhänge zwischen der Anpassungsunfähigkeit am Arbeitsplatz und der Persönlichkeit des Klägers nicht aus. Vielmehr ist tatsächlich davon auszugehen, dass der Kläger dauerhaft nicht in der Lage ist, die ihm seit Mai 2005 übertragene neue Arbeit zu erledigen, bzw. dass es völlig ungewiss ist, ob – und wenn ja wann – er in der Lage sein wird, seine Anpassungsstörung zu überwinden.

36

Damit ist mit dem Arbeitsgericht von einer erheblichen Beeinträchtigung der Interessen des beklagten Landes auszugehen. Die dauernde Unmöglichkeit, die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen, bzw. die vollkommene Ungewissheit über den Zeitpunkt, zu dem das Problem überwunden sein könnte, führt zu einer erheblichen Störung des Arbeitsverhältnisses. Eine betriebliche Beeinträchtigung könnte in dieser Situation nur dann ausnahmsweise verneint werden, wenn die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers für den Arbeitgeber überhaupt keinen Wert hätte, d.h. überflüssig ist. Für einen solchen Ausnahmetatbestand ist der Arbeitnehmer darlegungs-und beweispflichtig (BAG 28. Februar 1990 – 2 AZR 401/89 – AP Nr. 25 zu § 1 KSchG 1969 Krankheit = DB 1990, 2430 = EzA § 1 KSchG personenbedingte Kündigung Nr. 5). Verwertbarer Tatsachenvortrag liegt dazu allerdings nicht vor, obwohl bereits das Arbeitsgericht diesen Gesichtspunkt in seiner Begründung hervorgehoben hatte.

37

c) Die Sozialwidrigkeit der Kündigung lässt sich auch nicht mit dem vom Landesarbeitsgericht im Vorprozess anerkannten Mobbing gegen den Kläger (LAG Mecklenburg-Vorpommern 5. Juli 2011 - 5 Sa 86/11) verneinen. Das Bundesarbeitsgericht hat zwar in der Entscheidung vom 6. November 2008 (2 AZR 523/07 – BAGE 128, 238 = AP Nr. 182 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung = DB 2009, 626) sinngemäß ausgeführt, dass ein Verstoß gegen ein Diskriminierungsverbot aus den §§ 1 bis 10 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) die Sozialwidrigkeit der Kündigung zur Folge haben könne. Dies setzt aber stets voraus, dass der Arbeitgeber durch die Kündigung selbst gegen ein Diskriminierungsverbot verstößt. Das ist hier nicht der Fall. Denn hier ereigneten sich die Persönlichkeitsrechtsverletzungen des Klägers, die man möglicherweise unter die §§ 1 bis 10 AGG subsumieren könnte, in den Jahren 2004 und 2005 und damit lange vor der hier streitgegenständlichen Kündigung.

38

2. Das aufgetretene Problem kann unter Berücksichtigung des beiderseitigen Parteivortrages einzig durch die Kündigung des Arbeitsverhältnisses behoben werden, da es mildere Alternativen zu ihr nicht zu geben scheint.

39

Eine Kündigung ist generell immer nur denkbar als das letzte Mittel, um ein im Arbeitsverhältnis aufgetretenes Problem zu beheben. Vor Ausspruch der Kündigung muss daher erwogen werden, ob es andere Maßnahmen gibt, die aus der Sicht des Arbeitnehmers milder sind, und die das aus der Sicht des Arbeitgebers bestehende Problem ebenso beheben würden. Zu denken ist im vorliegenden Fall daran, ob man die Kündigung durch eine Versetzung des Klägers auf einen leidensgerechten Arbeitsplatz hätte vermeiden können.

40

Eine Versetzung des Klägers als mildere Alternative zu seiner Kündigung kommt vorliegend allerdings nicht in Betracht. Denkbare Versetzungsmöglichkeiten auf einen ganz anderen dritten Arbeitsplatz hat der Kläger abgelehnt und sie würden möglicherweise auch nicht dazu beitragen, dass der Kläger seine Blockade überwinden kann. Und eine Rückversetzung auf seinen alten Arbeitsplatz im Landeskriminalamt ist dem beklagten Land nicht zumutbar.

41

a) Das beklagte Land hat sich durch eine schriftliche Rundfrage bei allen denkbaren Ministerien und sonstigen Dienststellen (zum Beispiel den Hochschulen des Landes) 2008 vor Ausspruch der Kündigung darum bemüht, für den Kläger eine andere Stelle als die ihm zuletzt übertragenen Stelle im Landesamt für B.- und K. zu finden. Im Ergebnis dieser Bemühungen ist dem Kläger angeboten worden, die Stelle eines Justiziars an der Hochschule in N. zu übernehmen.

42

Dieses Angebot hat der Kläger so deutlich mit seinem Schreiben vom 15. Mai 2008 abgelehnt („unverschämte Zumutung“, vgl. hier Blatt 63), dass das beklagte Land nicht gehalten war, diese Stelle dem Kläger noch im Wege der Änderungskündigung anzudienen.

43

Das beklagte Land brauchte auch keine weiteren Stellen suchen, auf die man den Kläger hätte versetzen können. Aus dem Ablehnungsschreiben vom 15. Mai 2008 bezogen auf die Stelle des Justiziars der Hochschule in N. geht eindeutig hervor, dass der Kläger an keiner Stelle interessiert ist außer an seiner alten Stelle beim Landeskriminalamt. Dies ist auch sein Standpunkt im vorliegenden Kündigungsschutzrechtsstreit.

44

b) Das beklagte Land ist allerdings gegenüber dem Kläger seiner gesetzlichen Pflicht nicht nachgekommen, mit dem Kläger und den zuständigen Stellen die Möglichkeiten der Überwindung der Arbeitsunfähigkeit des Klägers auszuloten. Die Missachtung der Pflicht des Arbeitgebers, bei krankheitsbedingten Ausfallzeiten von 6 Wochen und mehr auf ein Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM nach § 84 Sozialgesetzbuch – SGB – IX) hinzuwirken und dieses zu organisieren, führt allerdings nicht zwangsläufig zur Unwirksamkeit einer wegen der Ausfallzeiten ausgesprochen Kündigung.

45

Nach der inzwischen ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist die Durchführung des Betrieblichen Eingliederungsmanagements keine formelle Wirksamkeitsvoraussetzung für eine Kündigung. § 84 Absatz 2 SGB IX ist aber auch kein bloßer Programmsatz. Die Norm konkretisiert vielmehr den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Mit seiner Hilfe können mildere Mittel zur Kündigung, z.B. die Umgestaltung des Arbeitsplatzes oder die Weiterbeschäftigung zu geänderten Arbeitsbedingungen auf einem anderen - ggf. durch Umsetzungen "freizumachenden" - Arbeitsplatz erkannt und entwickelt werden. Möglich ist, dass auch ein BEM kein positives Ergebnis hätte erbringen können. Sofern dies der Fall ist, kann dem Arbeitgeber aus dem Unterlassen eines BEM kein Nachteil entstehen. Wäre ein positives Ergebnis dagegen möglich gewesen, darf sich der Arbeitgeber nicht darauf beschränken, pauschal vorzutragen, er kenne keine alternativen Einsatzmöglichkeiten für den erkrankten Arbeitnehmer und es gebe keine leidensgerechten Arbeitsplätze, die der erkrankte Arbeitnehmer trotz seiner Erkrankung ausfüllen könne. Er hat vielmehr von sich aus denkbare oder vom Arbeitnehmer (außergerichtlich) bereits genannte Alternativen zu würdigen und im Einzelnen darzulegen, aus welchen Gründen sowohl eine Anpassung des bisherigen Arbeitsplatzes an dem Arbeitnehmer zuträgliche Arbeitsbedingungen als auch die Beschäftigung auf einem anderen - leidensgerechten - Arbeitsplatz ausscheiden. Dies geht über die Darlegungslast des Arbeitgebers für das Nichtbestehen einer anderen Beschäftigungsmöglichkeit nach allgemeinen Grundsätzen hinaus. Erst nach einem solchen Vortrag ist es Sache des Arbeitnehmers, sich hierauf substantiiert einzulassen und darzulegen, wie er sich selbst eine leidensgerechte Beschäftigung vorstellt (BAG 24. März 2011 - 2 AZR 170/10; BAG 10. Dezember 2009 – 2 AZR 400/08 – sowie – 2 AZR 198/09; BAG 23. April 2008 - 2 AZR 1012/06; ArbG Rostock 31. August 2011 - 5 Ca 1539/10).

46

Insoweit ist zwischen den Parteien unstreitig, dass es – außerhalb des sogleich zu beleuchtenden Arbeitsplatzes beim Landeskriminalamt – keinen einzigen Arbeitsplatz in der Landesverwaltung gibt, der vom Kläger akzeptiert werden würde. Eine Versetzung an einen dritten Arbeitsplatz zur Förderung der Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit des Klägers scheidet daher aus. Dies wird auch durch die vorliegenden ärztlichen Stellungnahmen bestätigt, denn auch die Ärzte gehen davon aus, dass der Kläger allenfalls an seinem alten Arbeitsplatz im Landeskriminalamt nochmals eine Chance habe, seine Arbeitsfähigkeit wieder herzustellen. Aus demselben Grunde scheidet auch eine leidensgerechte Veränderung des ihm zuletzt übertragenen Arbeitsplatzes im Landesamt für B.- und K. aus. Das Problem des Klägers sind nicht seine Arbeitsbedingungen, sondern seine Unfähigkeit, sich auf andere Arbeitsplätze einzustellen.

47

Damit ist die Feststellung erlaubt, dass auch unter Zugrundelegung der strengen Maßstäbe des Bundesarbeitsgerichts bei unterlassenem Versuch, die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit mit den Mitteln aus § 84 SGB IX zu fördern, eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auf einem anderen dritten Arbeitsplatz nicht möglich ist.

48

c) Das beklagte Land war aber auch nicht verpflichtet, dem Kläger wieder seinen alten Arbeitsplatz im Landeskriminalamt zu übertragen.

49

aa) Im Generellen ist die Pflicht des Arbeitgebers anerkannt, bei krankheitsbedingten Leistungshindernissen des Arbeitnehmers zu prüfen, ob eine Versetzung des Arbeitnehmers auf einen leidensgerechten Arbeitsplatz in Betracht kommt. Denn nach § 241 Absatz 2 BGB ist jede Partei des Arbeitsvertrags zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen ihres Vertragspartners verpflichtet. Dies dient dem Schutz und der Förderung des Vertragszwecks. Im Arbeitsverhältnis können die Vertragspartner deshalb zur Verwirklichung des Leistungsinteresses zu leistungssichernden Maßnahmen verpflichtet sein. Dazu gehört auch die Pflicht, im Zusammenwirken mit dem Vertragspartner die Voraussetzungen für die Durchführung des Vertrags zu schaffen, Erfüllungshindernisse nicht entstehen zu lassen oder sie zu beseitigen. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht kann es auch geboten sein, auf den Wunsch nach Vertragsanpassung als Reaktion auf unerwartete Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse einzugehen, insbesondere wenn anderenfalls in Dauerschuldverhältnissen Unvermögen des Schuldners droht (BAG 19. Mai 2010 – 5 AZR 162/09 – BAGE 134, 296 = AP Nr. 10 zu § 106 GewO = NJW 2010, 3112 = DB 2010, 2056; BAG 13. August 2009 - 6 AZR 330/08 - AP Nr. 4 zu § 241 BGB).

50

Ist der Arbeitnehmer aus in seiner Person liegenden Gründen nicht mehr in der Lage, die vom Arbeitgeber aufgrund seines Direktionsrechts nach § 106 Satz 1 GewO näher bestimmte Leistung zu erbringen, kann es die Rücksichtnahmepflicht aus § 241 Absatz 2 BGB daher auch gebieten, dass der Arbeitgeber von seinem Direktionsrecht erneut Gebrauch macht und die vom Arbeitnehmer zu erbringende Leistung innerhalb des arbeitsvertraglich vereinbarten Rahmens anderweitig derart konkretisiert, dass dem Arbeitnehmer die Leistungserbringung wieder möglich wird. Dementsprechend ist kündigungsrechtlich der Arbeitgeber auch bei dauernder Unmöglichkeit, den Arbeitnehmer in seinen bisherigen Tätigkeitsbereich zu beschäftigen, erst dann zur Kündigung berechtigt, wenn das aus der persönlichen Sphäre des Arbeitnehmers resultierende Hindernis nicht nur einer Weiterbeschäftigung am bisherigen Arbeitsplatz, sondern auch einer Beschäftigung an anderer Stelle entgegensteht (BAG 19. Mai 2010 aaO; BAG 26. November 2009 - 2 AZR 272/08 - NZA 2010, 628).

51

bb) Aus dieser Rechtsprechung ergibt sich hier allerdings kein Anspruch des Klägers auf Rückversetzung an seinen alten Arbeitsplatz im Landeskriminalamt, da die Pflichten des Arbeitgebers durch das Kriterium der Zumutbarkeit begrenzt sind und dem beklagten Land eine Rückversetzung des Klägers vorliegend nicht zumutbar ist.

52

Die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Neubestimmung der Tätigkeit des Arbeitnehmers setzt voraus, dass dem Arbeitgeber die in der Zuweisung einer anderen Tätigkeit liegende Neubestimmung der zu bewirkenden Arbeitsleistung zumutbar ist. Zumutbar ist dem Arbeitgeber die Zuweisung einer anderen Tätigkeit, wenn dem keine betrieblichen Gründe, zu denen auch wirtschaftliche Erwägungen zählen können, oder die Rücksichtnahmepflicht gegenüber anderen Arbeitnehmern entgegenstehen (BAG 19. Mai 2010 aaO). Ist der mögliche leidensgerechte Arbeitsplatz nicht frei – könnte also die Zuweisung einer anderen Tätigkeit nur durch den Austausch mit anderen Arbeitnehmern erfolgen – ist zu prüfen, ob einer Umsetzung neben betrieblichen Gründen die dem Arbeitgeber gegenüber allen Arbeitnehmern obliegende Rücksichtnahmepflicht aus § 241 Absatz 2 BGB entgegensteht.

53

Dem beklagten Land ist die Rückversetzung des Klägers an das Landeskriminalamt nicht zumutbar, da es dort diesen Arbeitsplatz nicht mehr gibt und es dem beklagten Land nicht zumutbar ist, diesen wieder einzurichten. Außerdem ist dem beklagten Land die Rückversetzung aus dienstlichen Gründen nicht zumutbar, denn der dienstliche Konflikt, der zur Versetzung des Klägers aus dem Landeskriminalamt heraus geführt hatte, würde in diesem Falle wieder aufbrechen, und dies hätte unabsehbare Folgen für die Dienststelle, für deren Leitung und auch für den Kläger selbst.

54

(i) Eine Rückversetzung des Klägers auf seinen alten Arbeitsplatz beim Landeskriminalamt scheitert schon daran, dass es diesen Arbeitsplatz dort nicht mehr gibt und seine Wiedereinrichtung dem beklagten Land nicht zumutbar ist.

55

Für diese Feststellung kann sogar zu Gunsten des Klägers unterstellt werden, dass es dem beklagten Land möglich und zumutbar wäre, Herrn M., der Teile der Aufgaben des Klägers wahrnimmt, mit anderen Aufgaben zu betrauen, um seine jetzigen Aufgaben wieder dem Kläger zuteilen zu können.

56

Denn es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass das beklagte Land im Landeskriminalamt keine Forschung mehr betreibt und es ist dem beklagten Land nicht zumutbar, im Rahmen des Landeskriminalamtes erneut Forschung zu betreiben, nur weil dies dem Kläger gesundheitlich helfen würde. Es obliegt der verfassungsrechtlich gewährleisteten Organisationshoheit des beklagten Landes und dem verfassungsrechtlich gewährleisteten Haushaltsrecht des Parlaments zu entscheiden, welche Aufgaben mit welchem Aufwand in den Dienststellen des Landes wahrgenommen werden sollen. Diese Entscheidungen werden aus gutem Grunde ohne Rücksicht auf einzelne Beschäftigte im Landesdienst getroffen. Das beklagte Land hat sich dafür entschieden, im Landeskriminalamt keine Forschung mehr zu betreiben. Damit ist es nicht mehr möglich, den Kläger wie früher mit Forschungsaufgaben zu betrauen.

57

Selbst wenn man insoweit nicht allein darauf abstellen wollte, dass das beklagte Land diese Entscheidung getroffen hat, würde sich am Ergebnis nichts ändern, denn diese Organisationsentscheidung ist durchaus nachvollziehbar. Eine effektive Durchführung von Forschung erfordert eine auf diese Bedürfnisse eingerichtete Organisationsstruktur, die typischerweise an Hochschulen, nicht aber in Dienststellen der Landespolizei vorfindbar ist. Da auch die Landespolizei dem Personalabbaukonzept des Landes unterliegt, mit dem sich das Land auf die Zeiten nach Auslaufen der wiedervereinigungsbedingten Sonderzahlungen des Bundes und der anderen Bundesländer vorbereitet, ist es durchaus naheliegend, wenn nicht gar zwingend, in erster Linie solche Dienstposten aufzugeben, die nicht zum unverzichtbaren Kerngeschäft gehören. Das trifft auf die Forschung zu, die das Landeskriminalamt bis zum Ausscheiden des Klägers betrieben hatte.

58

Nach den Feststellungen im Vorprozess der Parteien wegen der vom Kläger verlangten Entschädigung wegen Mobbing (Urteil der Kammer vom 5. Juli 2011 - 5 Sa 86/11 -) hat der Bereich der Forschung 55 Prozent der Arbeitszeit des Klägers umfasst. Diese Feststellung im Vorprozess beruhte auf der Arbeitsplatzbeschreibung für den klägerischen Arbeitsplatz. Wenn aber mehr als die Hälfte des alten Arbeitsplatzes des Klägers unwiederbringlich entfallen ist, ist es dem beklagten Land nicht mehr möglich, den Kläger auf seinen alten Arbeitsplatz zurückzuversetzen. Diese Aussage trifft erst Recht zu, wenn man mit dem Kläger davon ausgeht, dass die Forschungsaufgaben sogar 80 Prozent seiner Arbeitskraft in Anspruch genommen hatten (so der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht). – Zum selben Ergebnis führt eine qualitative Betrachtung. Der Kläger selbst hat seinen alten Dienstposten vor allem wegen des Forschungsanteils geschätzt und dieser Anteil des Dienstpostens hat dem Kläger auch die Eingruppierung in die Vergütungsgruppe IIa der Vergütungsordnung zum BAT / BAT-O vermittelt. Fällt dieser Teil des Dienstpostens weg, ist es nicht mehr der alte Dienstposten.

59

(ii) Die Rückversetzung des Klägers scheitert aber auch dran, dass der dienstliche Konflikt über die richtige und gute Führung der polizeilichen Kriminalstatistik bis zum Ausscheiden des Klägers aus dem Landeskriminalamt nicht gelöst werden konnte, und daher damit zu rechnen ist, dass dieser Konflikt bei einer Rückversetzung wieder ausbricht.

60

Es ist bereits mehrfach angesprochen worden, dass dem Mobbing gegen den Kläger, das zu der Entschädigungszahlung im Vorprozess geführt hat, im Kern ein dienstlicher Konflikt in der Sachfrage der richtigen und guten Führung der polizeilichen Kriminalstatistik zu Grunde gelegen hatte. Der Kläger wollte und will bis heute die Vorgabe des Ministeriums nicht anerkennen, auch im Polizeibereich mit Zielvorgaben zu arbeiten. Der Kläger befürchtet, dass dadurch die Aussagekraft der polizeilichen Statistik leide und diese damit im Extremfall sogar politisch motiviert von oben wirkungsvoll beeinflusst werden könnte. Wenngleich das Gericht die Sorgen des Klägers durchaus nicht für unberechtigt hält, ist die Art und Weise, wie der Kläger mit diesem Konflikt in der Sache umgegangen ist, für einen Beschäftigten im öffentlichen Dienst nicht akzeptabel. Der Kläger war nicht bereit, sich der durch die demokratisch legitimierten Vorgesetzten gefällten Entscheidung zu unterwerfen, und er war auch nicht mehr bereit und in der Lage, seine übrigen dienstlichen Aufgaben ordentlich zu erledigen, da er in Allem plötzlich einen Zusammenhang mit der polizeilichen Statistik gesehen hatte, und daher bei jeder ihm übertragenen Aufgabe zunächst, häufig sogar ausschließlich, wieder auf die Frage der richtigen und guten Führung der Polizeistatistik zu sprechen kam. Wegen der Einzelheiten kann auf die Feststellungen im Vorprozess (Urteil der Kammer vom 5. Juli 2011 - 5 Sa 86/11) Bezug genommen werden.

61

Dieser Konflikt konnte seinerzeit innerhalb der Dienststelle nicht gelöst werden, was letztlich dann zur Versetzung des Klägers geführt hatte. Wenn der Kläger nunmehr zurückversetzt werden sollte, würde der Konflikt sofort wieder aufbrechen. Dies folgert das Gericht auch aus dem Umstand, dass das Thema der richtigen und guten Führung der Polizeistatistik den Kläger noch bis heute umtreibt, und auch ein Großteil seiner Ausführungen im hiesigen Rechtsstreit der wiederholten Darstellung der Einzelheiten dieser Auseinandersetzung im Landeskriminalamt gewidmet ist. Der Kläger ist bis heute der Auffassung, dass er in der Sache im Recht ist, und er ist bis heute der Auffassung, dass ihn dies dazu berechtige, seine übrigen Dienstaufgaben bis zur Klärung dieser Sachfrage zurückzustellen. Wie sich der Kläger seine Tätigkeit nach einer Rückversetzung vorstellt, lässt sich auch an dem Detail ermessen, dass der Kläger die Entfernung der Personen, die seinerzeit sein Persönlichkeitsrecht verletzt haben, zur Bedingung der Aufnahme seiner Tätigkeit beim Landeskriminalamt macht.

62

Auf dieser Basis ist es dem beklagten Land nicht zumutbar, nochmals zu versuchen, den Kläger ins Landeskriminalamt zu versetzen.

63

3. Auch die abschließende Interessenabwägung schlägt hier nicht zu Gunsten des Klägers aus. Liegt für die Kündigung ein Kündigungsanlass vor und ist auch keine mildere Alternative zur Kündigung ersichtlich, beides hier gegeben, ist die Kündigung im Regelfall sozial gerechtfertigt. Mit dem Arbeitsgericht muss aber betont werden, dass die abschließende Interessenabwägung trotzdem im Ausnahmefall dazu führen kann, dass die Kündigung zu unterbleiben hat, weil die Interessen des Arbeitnehmers überwiegen.

64

Das ist hier aber nicht der Fall. Ein Überwiegen der Interessen des Klägers am Fortbestand des Arbeitsverhältnisses kann das Berufungsgericht wie schon das Arbeitsgericht nicht erkennen.

65

a) Die Vorstellung des Klägers, dem Arbeitgeber sei eine krankheitsbedingte Kündigung schlicht verboten, wenn er am Auftreten der Gesundheitsprobleme Schuld trage, findet so in der Rechtsordnung keine Stütze. Anerkannt ist insoweit nur, dass ein Verschulden oder auch ein Mitverschulden des Arbeitgebers am Auftreten der gesundheitlichen Beeinträchtigungen, die der weiteren Durchführung des Arbeitsverhältnisses hinderlich entgegen stehen, ein Gesichtspunkt ist, der zu Gunsten des Arbeitnehmers bei der Interessenabwägung zu berücksichtigen ist.

66

Das Arbeitsgericht ist bei seiner Bewertung davon ausgegangen, dass dem Kläger der Nachweis des kausalen Zusammenhangs zwischen einem Verhalten des beklagten Landes oder der Vorgesetzten des Klägers und den aufgetretenen gesundheitlichen Problemen des Klägers nicht gelungen sei. Dies entspricht auch dem Standpunkt der Kammer in dem Vorprozess (Urteil der Kammer vom 5. Juli 2011 - 5 Sa 86/11), in dem der Kläger nicht nur Entschädigung wegen der Verletzung seines Persönlichkeitsrechts verlangt hatte, sondern auch Schadensersatz wegen schuldhafter Beschädigung seiner Gesundheit.

67

An dieser Feststellung wird festgehalten. Zwischen den vom Landesarbeitsgericht im Vorprozess erkannten Persönlichkeitsrechtsverletzungen des Klägers und seiner derzeitigen Arbeitsunfähigkeit, die auf der medizinisch festgestellten Anpassungsunfähigkeit des Klägers beruht, lässt sich ein kausaler Zusammenhang nicht feststellen. Das zeigt eine einfache Hilfsüberlegung. Wäre der Kläger ohne die vom Landesarbeitsgericht im Vorprozess anerkannten Persönlichkeitsrechtsverletzungen zum Landesamt für B.- und K. versetzt worden, wäre das Problem seiner medizinisch nachweisbaren Anpassungsunfähigkeit an die Anforderungen eines neuen Arbeitsplatzes ebenso aufgetreten.

68

Das wird der Kläger sicherlich gar nicht in Frage stellen wollen, denn er selbst sieht ja die Versetzung nicht als eine der Fürsorge des Dienstherrn geschuldete Maßnahme, sondern als einen Meilenstein in dem systematisch gegen ihn geübten Mobbing, die demnach – so der klägerische Denkansatz – mit ursächlich für die aufgetretene Anpassungsunfähigkeit ist.

69

Diese Feststellung des Gerichts im Rahmen der Hilfsüberlegung wird indirekt auch durch das Gutachten von Herr Dr. D. bestätigt. Dieser sieht zwar sehr wohl einen Zusammenhang zwischen der Anpassungsunfähigkeit und dem Konflikt an dem bisherigen klägerischen Arbeitsplatz im Landeskriminalamt. Dabei betrachtet er jedoch den Konflikt, der im Landeskriminalamt bestanden hat, als eine Gesamtheit und unterscheidet nicht – wie hier – zwischen dem sachlichen Kern des Konflikts, dem inakzeptablen Verhalten des Klägers in diesem Konflikt und der in Teilen inakzeptablen Reaktion der Dienststellenleitung auf das klägerische Verhalten. Wenn man die verschiedenen Aspekte des Konflikts qualitativ bewerten will, wird dieser durch den Streit um die Sachfrage und das inakzeptable Verhalten des Klägers als Reaktion auf die Entscheidung der Hausspitze in der Sachfrage geprägt. Die Verletzung seiner Persönlichkeit als Reaktion auf die fehlende Bereitschaft des Klägers, sich den dienstlichen Bedürfnissen unterzuordnen, hat sowohl in zeitlicher Hinsicht als auch in Hinblick auf die Anzahl der verletzenden Ereignisse dabei nur eine untergeordnete Rolle gespielt.

70

Für das Gericht steht im Übrigen die medizinisch diagnostizierte Anpassungsunfähigkeit des Klägers in direktem Zusammenhang zu seiner auch persönlich nur noch schwer nachvollziehbaren Sturheit und Anpassungsunfähigkeit in der Frage der Unterordnung unter die Entscheidung der Entscheidungsträger in der Frage der Zielvereinbarungen im Polizeibereich. Nicht das Mobbing 2004 und 2005 hat die Anpassungsunfähigkeit plötzlich hervorbrechen lassen, sondern die inzwischen medizinisch diagnostizierte Anpassungsunfähigkeit an die Anforderungen an seinem neuen Arbeitsplatz und die Anpassungsunfähigkeit, die der Kläger schon im Landeskriminalamt seit dem Jahre 2000 gezeigt hat, beruhen beide auf einer einheitlichen Ursache, die in der Persönlichkeit des Klägers zu suchen ist.

71

b) Da das beklagte Land an dem gesundheitlichen Problem des Klägers kein Verschulden trifft, kann dieser Aspekt nicht zu Gunsten des Klägers bei der Interessenabwägung berücksichtigt werden.

72

Aber selbst dann, wenn man hilfsweise zu Gunsten des Klägers davon ausgehen würde, dass die Persönlichkeitsrechtsverletzung, die der Kläger durch mehrere einzelne Handlungen 2004 und 2005 erlitten hat (wegen der Einzelheiten wird auf die Feststellungen im Vorprozess Bezug genommen), wenigstens mitursächlich für eine Verfestigung seiner Anpassungsunfähigkeit gewesen sein sollte, könnte dies nicht zu einem anderen Ergebnis im Rahmen der Interessenabwägung führen.

73

Denn der Verschuldensbeitrag des beklagten Landes an der Verfestigung der Anpassungsunfähigkeit des Klägers wäre nur von untergeordneter Bedeutung. Er wäre daher ein Aspekt, der zu Gunsten des Klägers zu berücksichtigen ist, da es aber keine weiteren Gesichtspunkte gibt, die man zu Gunsten des Klägers in der Interessenabwägung berücksichtigen kann, könnte der Mitverursachungsbeitrag die Interessenabwägung nicht zu einem anderen Ergebnis führen.

74

Jedenfalls sprechen die sozialen Lebensumstände des Klägers, die üblicherweise den Kern der Überlegungen im Rahmen der Interessenabwägung ausmachen, nicht für ein Überwiegen der Interessen des Klägers. Denn er ist keinen Personen zum Unterhalt verpflichtet und er ist selbst durch die inzwischen bezahlte Erwerbsminderungsrente – wenngleich auch in einem sehr bescheidenen Rahmen – sozial bis zum Erreichen des regulären Rentenalters abgesichert.

75

c) Auch die Vorstellung des Klägers, während des Bezugs der Erwerbsminderungsrente sei es nicht möglich, ihm zu kündigen, findet im Gesetz keine Stütze. Das Bundesarbeitsgericht hat in seiner Entscheidung vom 3. Dezember 1998 vielmehr ausdrücklich betont, dass der Bezug einer befristeten Erwerbsunfähigkeitsrente einer Kündigung nicht entgegen stehe (2 AZR 773/97 – BAGE 90, 230 = AP Nr. 33 zu § 1 KSchG 1969 Krankheit = DB 1999, 589). Diese Rechtsprechung ist ohne weiteres auf das hier maßgebliche Recht der Erwerbsminderungsrente übertragbar.

II.

76

Die Kosten der Berufung trägt der Kläger, da sein Rechtsmittel ohne Erfolg geblieben ist (§ 97 ZPO).

77

Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision aus § 72 ArbGG liegen nicht vor.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 13. Nov. 2012 - 5 Sa 19/12

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 13. Nov. 2012 - 5 Sa 19/12

Referenzen - Gesetze

Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 13. Nov. 2012 - 5 Sa 19/12 zitiert 12 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72 Grundsatz


(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 1 Sozial ungerechtfertigte Kündigungen


(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt is

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 611 Vertragstypische Pflichten beim Dienstvertrag


(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. (2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 241 Pflichten aus dem Schuldverhältnis


(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen. (2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Re

Gewerbeordnung - GewO | § 106 Weisungsrecht des Arbeitgebers


Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder geset

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz - AGG | § 1 Ziel des Gesetzes


Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 84 Hilfsmittel


(1) Die Leistungen umfassen Hilfsmittel, die erforderlich sind, um eine durch die Behinderung bestehende Einschränkung einer gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft auszugleichen. Hierzu gehören insbesondere barrierefreie Computer.

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 13. Nov. 2012 - 5 Sa 19/12 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 13. Nov. 2012 - 5 Sa 19/12 zitiert 4 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 05. Juli 2011 - 5 Sa 86/11

bei uns veröffentlicht am 05.07.2011

Tenor I. Auf die klägerische Berufung und unter teilweiser Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichtes Schwerin vom 29.01.2008 (4 Ca 293/07) wird das beklagte Land verurteilt, auf den Klageantrag zu 1. an den Kläger 2.500,00 Euro zuzüglich Zinsen

Bundesarbeitsgericht Urteil, 24. März 2011 - 2 AZR 170/10

bei uns veröffentlicht am 24.03.2011

Tenor Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 2. Oktober 2009 - 20 Sa 19/09 - aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 28. Okt. 2010 - 8 AZR 546/09

bei uns veröffentlicht am 28.10.2010

Tenor Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 13. Januar 2009 - 5 Sa 112/08 - aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 19. Mai 2010 - 5 AZR 162/09

bei uns veröffentlicht am 19.05.2010

Tenor 1. Auf die Revision des Klägers wird - unter Zurückweisung der Revision im Übrigen - das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 19. November 2008 - 6 Sa 1291/07 - auf

Referenzen

Tenor

I. Auf die klägerische Berufung und unter teilweiser Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichtes Schwerin vom 29.01.2008 (4 Ca 293/07) wird das beklagte Land verurteilt, auf den Klageantrag zu 1. an den Kläger 2.500,00 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13. Februar 2007 zu zahlen.

II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten des Revisionsverfahrens trägt der Kläger zu 2/3 und im Übrigen das beklagte Land.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der klagende Arbeitnehmer verlangt von seinem Arbeitgeber Zahlung von Schmerzensgeld und Schadensersatz wegen Mobbings.

2

Der in den 1950er Jahren geborene Kläger ist diplomierter Jurist und Kriminologe und war von 1976 bis zum Zusammenbruch der DDR dort als Staatsanwalt tätig. Bereits in jener Zeit war er aufgrund seiner dienstlichen Aufgabenstellung zum Spezialisten für polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) geworden. Seit 1993 ist er beim beklagten Land als vollbeschäftigter Arbeitnehmer beschäftigt. Seit 1994 ist er eingruppiert in die Vergütungsgruppe IIa der Anlage 1a des BAT/BAT-O. Er war vom Zeitpunkt der Einstellung bis Ende Mai 2005 dem Landeskriminalamt (LKA) zugeteilt und war dort im Dezernat 63 („Auswertung PKS“) als Dezernent („Fachbereich PKS, Analyse und Forschung“) und stellvertretender Dezernatsleiter tätig. Als Dezernent war er zuständig für die Bereiche Kriminalitätsanalyse, Kriminalstrategie, Kriminalitätsprävention und Kriminalstatistik; daher war er der Fachmann des LKA für die polizeiliche Kriminalstatistik (PKS). Der Kläger war auch stets der Kriminologieforschung verbunden geblieben und hat diese im Rahmen seiner Aufgabenstellung in Kooperation mit universitären Forschungseinrichtungen weiter betrieben. In der Arbeitsplatzbeschreibung zum klägerischen Dienstposten ist der Forschungsanteil mit 55 Prozent angegeben.

3

Mit dem 1. Juni 2005 wurde der Kläger an das Landesamt für Brand- und Katastrophenschutz für Mecklenburg-Vorpommern in Schwerin befristet abgeordnet. Seit Dezember 2005 ist der Kläger an dieses Amt auf Dauer versetzt worden und hat dort den Dienstposten des Dezernatsleiters II (Katastrophenschutz) inne. Dieser Dienstposten ist nach A14 und damit höher bewertet als der ihm bis dahin übertragene Dienstposten.

4

Die Abordnung und spätere Versetzung erfolgte vor dem Hintergrund eines Konfliktes des Klägers mit dem Direktor des LKA. Der Konflikt entzündete sich 1999 und 2000 an Sachfragen im Zusammenhang mit der richtigen Führung der Polizeistatistik und der Frage, ob die in der ganzen Landesverwaltung derzeit so beliebten Zielvereinbarungen im Polizeibereich zu einer schädlichen Beeinflussung der Kriminalstatistik führen würden bzw. bereits geführt haben. Der Kläger, der zu keinem Zeitpunkt bereit war, die aus seiner Sicht völlig verfehlten Vorgaben des LKA-Direktors und der Polizeiabteilung des Innenministeriums zu akzeptieren, geht inzwischen davon aus, er sei durch seine Vorgesetzten systematisch gemobbt worden, um ihn zum Einlenken in dieser Sachfrage zu zwingen oder ihn gar gänzlich aus dem Dienst zu drängen und damit mundtot zu machen.

5

Im Mai 2000 ist die Verabredung von Zielvereinbarungen als Mittel der Personalführung im Bereich der Polizei Mecklenburg-Vorpommerns verbindlich eingeführt worden. Sowohl das LKA als auch das Innenministerium hatten sich damit über die vom Kläger als dem für Polizeistatistik zuständigen Fachmann des LKA vorab geäußerten Bedenken hinweggesetzt. Im September 2000 erscheint in der Zeitschrift „Der Kriminalist“, der Verbandszeitschrift des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK), ein Artikel des Klägers mit der Überschrift „Können Fallzahlen der PKS vereinbart werden?“, in dem er ohne konkreten Bezug zum hiesigen Bundesland in der Sache scharf und im Ton markant auf die Gefahren der Vereinbarung von Fallzahlen im Rahmen von Zielvereinbarungen hinweist (Kopie Blatt 270a der Akte). Das war für den Leiter des Referats 440 der Polizeiabteilung des Innenministeriums Herrn Leitender Kriminaldirektor M. Anlass, einen Leserbrief zu schreiben, der dann auch - in einer nach Dialog mit der Redaktion vom Autor gekürzten Fassung - im Februar 2001 in der Zeitschrift „Der Kriminalist“ veröffentlicht wurde (Kopie Blatt 44 der Akte). Bereits zuvor noch im alten Jahr war die ungekürzte Fassung des Leserbriefs gemeinsam mit einer Kopie des Artikels des Klägers auf Veranlassung des Innenministeriums an alle Behördenleiter der Landespolizei verteilt worden. Herr M... bescheinigt dem Kläger in dem Leserbrief die „Außerachtlassung der Gesamtzusammenhänge aufgrund eines falschen Grundverständnisses“.

6

Im Dezember 2000 bekam das LKA vom Innenministerium den Auftrag, eine Analyse der Schwachstellen der kriminalpolizeilichen Sachbearbeitung in der Landespolizei zu erstellen. Der Kläger legte dazu in Abstimmung mit weiteren Mitarbeitern des LKA unter dem 19. Januar 2001 einen Entwurf vor (Anlage K7, Blatt 51 f). An der Erarbeitung der Abschlussformulierung, die erheblich von dem Vorschlag des Klägers abweicht, wurde dieser nicht mehr beteiligt. Sie wurde vielmehr vom Abteilungsleiter 6 des LKA gemeinsam mit einem Mitarbeiter des Innenministeriums aus der Polizeiabteilung erarbeitet.

7

Im Mai 2002 erhielt das LKA vom Innenministerium den Auftrag, aus der polizeilichen Kriminalstatistik „geeignete Felder für eine Veröffentlichung aufzubereiten“, die sich für eine Darstellung „im kleineren Umfang“ eignen. Der damit beauftragte Kläger fertigte ein umfängliches Opus, das dann im Innenministerium als gänzlich ungeeignet mit der Bitte um Überarbeitung zurückgereicht wurde, weil man dort wohl eher an eine Kopiervorlage für ein oder mehrere Presseerklärungen über die erfolgreiche Polizeiarbeit gedacht hatte. Mit Schreiben an den Direktor des LKA vom 30. Mai 2002 (Kopie Anlage K12, Blatt 107 f der Akte) rechtfertigte der Kläger sein Vorgehen, kritisierte den ministeriellen Auftrag („Es ist m.E. nicht die Aufgabe des Dez. 63, Vorlagen zu erarbeiten, die unmittelbar zur Veröffentlichung durch das IM geeignet sind“) und beschwerte sich über die abfällige Behandlung seiner Person durch den LKD Herrn M. aus dem Innenministerium und durch den Leiter SB 1 im LKA, Herrn Mi. Der Direktor des LKA hat sodann mit Herrn Mi. gesprochen, mit dem Kläger jedoch nicht.

8

Am 5. März 2004 erhielt der Kläger den Auftrag, eine vergleichende Stellungnahme zu einer aus Polen zugänglich gemachten Kriminalstatistik abzugeben. Diese legte der Kläger unter dem 11. März 2004 vor. Herr Ma., seinerzeit Leiter des Leitungsstabes im LKA und heute Direktor des LKA, hat auf dem Dokument den folgenden Vermerk angebracht: „1. (Thema verfehlt): Aufgabe war nicht der Vergleich Stettin-MV; 2. auch noch verspätet vorgelegt; 3. Dir. z.K. ...“ (Kopie Anlage K13, Blatt 156 der Akte).

9

In Zusammenarbeit mit dem Fachbereich Polizei der Fachhochschule in Güstrow gibt es ein Projekt Kriminalitätsprognose bis 2020, das vom LKA wohlwollend gefördert wird, vom Kläger jedoch wegen eines verfehlten methodischen Ansatzes rundweg abgelehnt wird. Die diesbezügliche Stellungnahme des Klägers vom 10. Oktober 2003 (vgl. Bl. 38 der Akte) ist allerdings nicht zur Akte gelangt. Mit Schreiben vom 18. August 2004 wurde der Kläger vom Leiter des Leitungsstabes im LKA, aufgefordert, prognostische Fallzahlen für die kommenden Jahre bis 2007 zu erarbeiten und die gewonnenen Daten für das Forschungsprojekt aber auch als Grundlage für Gespräche über Zielvereinbarungen zur Verfügung zu stellen. Mit Schreiben vom 19. August 2004 an seinen Abteilungsleiter äußert sich der Kläger kritisch zu dem Arbeitsauftrag und bittet darum, ihn von der Einbindung in das Forschungsprojekt zu entbinden (Kopie als Anlage K14 überreicht, Blatt 157 der Akte). Die geforderte Zuarbeit hat er nicht geleistet. In dem Schreiben vertritt der Kläger den Standpunkt, dass sich aus seiner Arbeitsplatzbeschreibung ergebe, dass er nur verpflichtet sei zur Mitarbeit an „kriminalwissenschaftlich qualifizierten“ Forschungen, weshalb keine Pflicht zur Mitarbeit an dem Projekt der FH Güstrow bestehen könne (Blatt 158 der Akte).

10

Am 14. September 2004 kam es auf Veranlassung des Direktors des LKA zu einem Personalgespräch mit dem Kläger. Der Direktor teilte dem Kläger mit, er habe den Eindruck, der Kläger sei nicht mehr gewillt, seinen Posten als Dezernent ordnungsgemäß auszufüllen, vielmehr habe er den Eindruck, der Kläger verhalte sich zunehmend destruktiv. Das sei nicht hinzunehmen und man müsse sich überlegen, ob der Kläger noch geeignet sei, den ihm übertragenen Dienstposten auszufüllen. Der Direktor belegte seine Vorwürfe anhand von drei konkreten Vorgängen (Kriminalitätsprognose wegen der Stellungnahme des Klägers vom 10.10.2003, analytische Bewertung der polnischen Kriminalstatistik wegen der Stellungnahme des Klägers vom 11. März 2004 sowie die Haltung des Klägers zur Fachaufsicht über die polizeiliche Kriminalstatistik). Er fordert den Kläger auf, innerhalb von zwei Wochen sich zu überlegen, wie es weitergehen solle und ihm - dem Direktor - dies schriftlich mitzuteilen. Die geforderte Stellungnahme hat der Kläger unter dem 12. Oktober 2004 abgegeben (Kopie Anlage K9, Blatt 59 der Akte). Zum Vorwurf der Destruktivität nimmt der Kläger dort wie folgt Stellung:

11

„1. Weise ich jeden Vorwurf von angeblicher Destruktivität zurück.

12

2. Ist anhand konkreter Arbeitsergebnisse klar nachweisbar, dass meine Arbeit immer durch Konstruktivität, ein hohes kriminalwissenschaftliches Niveau und Loyalität gegenüber den Vorgesetzten gekennzeichnet ist.

13

3. Gehe ich im Falle der Fortsetzung solcher mich herabwürdigender Äußerungen von deutlichen Anzeichen für ein organisiertes Mobbing aus, gegen das ich mich mit den rechtlich zulässigen Mitteln zur Wehr setzen würde.

14

4. Habe ich die Absicht, meine Arbeit an meinem Arbeitsplatz im Dezernat 63 weiterhin mit hoher Qualität auszuführen. Überlegungen und Versuche, mich zum „Training für Unterwürfigkeit“ befristet oder unbefristet in den Stab umzusetzen, lehne ich ab.“

15

In zeitlichem Zusammenhang zu dieser Zuspitzung des Konflikts im 3. Quartal 2004 und in der Folgezeit hierzu sind dem Kläger Aufgaben und Möglichkeiten entzogen worden, die als die angenehme Seite des klägerischen Dienstpostens anzusehen sind.

16

So hatte der Kläger bereits seit langer Zeit Professor B. (Universität G.) und dessen Forschungsprojekt Tötungsdelikte unterstützt. Die Forschungsergebnisse aus diesem Projekt sollten unter anderem im Rahmen der 1. Jahrestagung der deutschen Gesellschaft für Kriminalistik e.V. am 25./26. August 2004 an der Polizeiführungsakademie Münster (NRW) dem Fachpublikum vorgestellt werden. Der Dienstreiseantrag des Klägers zur Teilnahme an dieser Tagung wurde am 17. August 2004 abgelehnt. Die Gegenvorstellung des Klägers vom selben Tag blieb ohne Erfolg. Auf der zurückgereichten Gegenvorstellung befindet sich folgender handschriftlicher Vermerk der Stabsstelle:

17

„Eine Dienstreisegenehmigung bzw. Sonderurlaub erteile ich nicht. Ich untersage Ihnen aus Sicht des LKA dort zu sprechen, solange nicht eine Auswertung der Inhalte mit der Polizei des Landes besprochen ist.“

18

Die Behauptung des Klägers, die Ergebnisse der Studie seien von ihm vor diesem Zeitpunkt bereits mehrfach in der hiesigen Polizei vorgestellt worden, ist unbestritten geblieben.

19

Der Kläger hatte im Sommer 2004 Kontakte zu Professor W. (V. Universität Frankfurt/Oder) geknüpft, um das Thema Vergleichbarkeit der Kriminalstatistiken Polens und Deutschlands wissenschaftlich aufzuarbeiten. Diese klägerische Initiative wurde vom Direktor des LKA ausdrücklich begrüßt und in der Folgezeit wurde die Projektstudie weiter ausgearbeitet. Am 22. März 2005 kommt es in diesem Rahmen zu einem hochkarätig besetzten „Arbeitstreffen“ in den Diensträumen des LKA, an dem auf Seiten des LKA der Direktor, die wichtigsten Mitarbeiter des Stabes, der Abteilungsleiter des Klägers sowie weitere Mitarbeiter teilgenommen haben. Der Kläger weilte an diesem Tag im Urlaub. In dem Protokoll zu diesem Arbeitstreffen heißt es allerdings bezüglich der Zukunft:

20

„Die weitere Federführung des Projekts im LKA MV erfolgt durch die Abteilung 6/Dezernat 63. Hierzu ist ein Ansprechpartner zu benennen und gegenüber der Universität V. mitzuteilen.“

21

Der Kläger wurde an dem Projekt nicht mehr beteiligt; nach der Abordnung und Versetzung des Klägers ist das Projekt eingestellt worden.

22

Unmittelbar im Vorfeld der Abordnung wurden zwei weitere Dienstreiseanträge des Klägers abschlägig beschieden. So wurde es ihm verwehrt an der „50. Jahrestagung PKS“ in Berlin im Juni 2005 teilzunehmen. Außerdem wurde ihm die Teilnahme am BKA-Forum in Wiesbaden, das ebenfalls im Juni 2005 stattfinden sollte, verwehrt. An dieser Veranstaltung hatte der Kläger die letzten zehn Jahre immer teilgenommen. Nunmehr wurde sein Dienstreiseantrag vom Leiter des Leitungsstabes abgelehnt. Stattdessen wurde die Teilnahme einem Mitarbeiter des Vollzugsdienstes, der seinerzeit in den Leitungsstab des LKA abgeordnet war, ermöglicht. Dies wurde im Rechtsstreit damit begründet, da die Tagesordnung der Veranstaltung keine Berührungspunkte zum Dienstposten des Klägers aufgewiesen habe.

23

Kurz nach dem Personalgespräch im September 2004 und der dazugehörenden Stellungnahme des Klägers vom 12. Oktober 2004 kam es außerdem noch zu einer weiteren Episode, die für den Kläger mit einer Abmahnung endete. Der Bund Deutscher Kriminalbeamter hat am 29.11.2004 eine scharf formulierte Presseerklärung herausgegeben, die sich mit den Problemen der durch Zielvereinbarungen schädlich beeinflussten Fallzahlen und mit Mobbing im LKA Mecklenburg-Vorpommerns befasst. Am selben Tag hat der BDK Strafanzeige wegen Strafvereitelung durch die besagten Zielvereinbarungen erstattet. Diese Erklärung fand nicht nur in der Presse ein Echo. Auch der Innenausschuss des Landtages in Schwerin interessierte sich für diese Vorwürfe. Der Vorsitzende des Innenausschusses lud daher den Kläger zu einer Anhörung ein. Dem kam der Kläger nach, allerdings hatte er hierzu keine Aussagegenehmigung. Nach der Anhörung äußerte sich der Kläger auch noch zu Fragen der Pressevertreter. Sowohl bei der Anhörung im Landtag als auch bei der anschließenden Befragung durch die Presse war ebenfalls anwesend der Leiter der Polizeiabteilung im Innenministerium Herr N., der postwendend unter dem 22. Dezember 2004 den Kläger für seine ungenehmigte Aussage und seine Stellungnahmen gegenüber der Presse abmahnte. Der Kläger ist - allerdings ohne Erfolg - gerichtlich gegen die erteilte Abmahnung vorgegangen.

24

Dem BDK bzw. dem Kläger ist es dann im Mai 2005 nochmals gelungen, bundesweites Interesse an der Frage der behaupteten Verfälschung der Kriminalstatistik durch das System der Zielvereinbarungen zu wecken. Nach der offiziellen Polizeistatistik konnte die Aufklärungsquote für Straftaten in Mecklenburg-Vorpommern von 1999 bis 2004 um rund 10 Prozent von rund 47 auf rund 57 Prozent verbessert werden, was für den seinerzeitigen Innenminister im Frühjahr 2005 Anlass war, im Rahmen einer breit angelegten Pressekonferenz auf die erzielten Fortschritte aufmerksam zu machen. Kurze Zeit später erschien im F... vom 14. Mai 2004 ein Artikel mit der Überschrift „Abwimmeln und schönreden - Experten gehen davon aus, dass die Polizei in Mecklenburg-Vorpommern die Kriminalstatistik gezielt verfälscht“. Der Artikel nimmt Bezug auf die Erfolgsmeldungen des Innenministers im Rahmen der Pressekonferenz und gibt sodann den Standpunkt des Klägers und des BDK wieder, die davon ausgehen, dass nur eine scheinbare Verbesserung der Aufklärungsquote vorliege, da das erhobene Zahlenmaterial wegen der negativen Nebenwirkungen der Zielvereinbarungen im Polizeibereich seine Aussagekraft verloren habe. - Es steht fest, dass der seinerzeitige Direktor des LKA im Vorfeld durch Kontaktaufnahme mit der Redakteurin des F... versucht hat, die Veröffentlichung des Artikels zu verhindern oder jedenfalls der sachlichen Aussage des Artikels eine andere Richtung zu geben.

25

Der Kläger ist seit seiner Abordnung im Juni 2005 mit kurzen Unterbrechungen im Jahre 2005 praktisch bis heute durchgehend arbeitsunfähig erkrankt. Der Kläger sieht sich mobbingtypisch erkrankt und er geht in diesem Zusammenhang von einem gezielten und abgestimmten feindseligen Verhalten durch leitende Mitarbeiter des Landeskriminalamtes (Direktor, Ma., Mi.) und der Polizeiabteilung des Innenministeriums (N., M.) aus. Aufgrund dieser Anfeindungen sei er inzwischen ernsthaft und chronisch erkrankt.

26

Frau Dr. H., Fachärztin für Lungenheilkunde, Schwerin, hat beim Kläger am 25. August 2006 eine „depressive Verstimmung“, Erschöpfung und Nervosität diagnostiziert und hat vermerkt, die Symptomatik sei ausgelöst „durch Stress und Mobbing am Arbeitsplatz“ (Kopie Blatt 61 f der Akte). Herr Dr. T., Facharzt für Nervenheilkunde, Schwerin, hat beim Kläger am 23. November 2006 „1. Dysthymia, 2. somatoforme Funktionsstörung, 3. narzisstische Persönlichkeitsstörung“ diagnostiziert. In dem - allerdings nur in Auszügen vorgelegten - Gutachten wird ein Zusammenhang mit der „Konflikt- und Belastungssituation in seinem beruflichen Umfeld“ hergestellt (Anlage K22, Blatt 171 f). Ähnliches ist im ärztlichen Entlassungsbericht der Bad Segeberger Kliniken vom 8. März 2007 zu lesen (Anlage K 23, Blatt 173 f). Dort heißt es weiter:

27

„Es ist mittelfristig nicht zu erwarten, dass der Patient seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Dezernatsleiter im Brand- und Katastrophenschutz erfolgreich wird wiederaufnehmen und fortsetzen können. Die hierfür verantwortlichen Einschränkungen bestehen in den depressiv getönten Grübeleien sowie in der mangelnden Fähigkeit zur Konzentration und Anpassung innerhalb des gegenwärtigen beruflichen Aufgabenfeldes. Der von ihm vor der Versetzung ausgeübten Tätigkeit wäre der Patient hingegen sofort gewachsen.“

28

In der ärztlichen Stellungnahme von Frau Dr. Sch., beschäftigt beim Medizinischen Dienst der Krankenkassen Mecklenburg-Vorpommern, vom 23. Mai 2007 heißt es zur Arbeitsfähigkeit des Klägers (Anlage K24, Blatt 175 ff):

29

„Aus nervenärztlicher Sicht muss festgestellt werden, dass der Versicherte für die Tätigkeit als Dezernatsleiter im Katastrophenschutz für Dauer arbeitsunfähig ist. Er kann aber eine andere Tätigkeit, wie er sie zum Beispiel beim LKA hatte, ausüben.“

30

Der Kläger ist inzwischen wegen vollständiger Erwerbsminderung befristet verrentet. In dem sozialgerichtlichen Verfahren hierzu zwischen dem Kläger und der Deutschen Rentenversicherung Bund ist Herr Dr. D., Helios Kliniken Schwerin, gebeten worden, ein Gutachten vorzulegen. In dem Gutachten vom 6. Januar 2010 wird dem Kläger eine narzisstische Persönlichkeitsstörung attestiert, mit der sich die länger andauernden depressiven Reaktionen des Klägers und seine diagnostizierte Anpassungsstörung erklären ließen. Hinsichtlich der Möglichkeiten des Klägers, nochmals selber Erwerbseinkommen zu erzielen, heißt es sodann zusammenfassend auf Seite 14 des Gutachtens:

31

„Die entscheidende Frage ... ist ..., ob der Kläger in der Lage ist, bei einer verweisbaren Tätigkeit die einer Arbeitsaufnahme entgegenstehende neurotische Hemmung zu überwinden. ... [Dies] hängt ... davon ab, wie sehr der Kläger trotz seines persönlichkeitsbedingten Dranges, sich als großartig zu präsentieren, in der Lage ist, seine innere Not zu offenbaren. ... Deshalb geht der Unterzeichner davon aus, dass der Kläger zum Zeitpunkt der aktuellen Begutachtung und unter Berücksichtigung der ersten Begutachtung ... [2006] ... auch bei zumutbarer Anspannung seiner seelischen Kräfte nicht in der Lage war, die der Arbeitsaufnahme entgegenstehende neurotische Hemmung zu überwinden.“

32

Das Arbeitsgericht hat die am 13. Februar 2007 eingegangene und später erweiterte Klage mit Urteil vom 29. Januar 2008 als unbegründet abgewiesen und den Streitwert auf 72.772,74 Euro festgesetzt. Das Urteil ist dem Kläger am 13. März 2008 zugestellt worden. Die hiergegen gerichtete Berufung vom 9. April 2008 ist am 10. April 2008 hier eingegangen und mit Schriftsatz vom 19. April 2008, Gerichtseingang am 23. April 2008, begründet worden. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung mit seinem Urteil vom 13. Januar 2009 zunächst zurückgewiesen (5 Sa 112/08). Diese Entscheidung ist durch Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 28. Oktober 2010 (8 AZR 546/09 - EzA § 611 BGB 2002 Persönlichkeitsrecht Nr. 10 = NZA-RR 2011, 378) aufgehoben und die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen worden.

33

Der Kläger verfolgt im Berufungsrechtszug nach wie vor sein ursprüngliches Begehren in vollem Umfang weiter. Er verlangt Schmerzensgeld, das nicht unter 35.000,00 Euro festgesetzt werden soll, annähernd 6.000,00 Euro entgangenes Entgelt während der Zeit der Arbeitsunfähigkeit sowie Feststellungen zur Pflicht des beklagten Landes weitere zukünftige Entgeltdifferenzen auszugleichen und weitere zukünftige Schäden zu ersetzen und zu entschädigen.

34

Der Kläger meint, aus den Umständen der Zusammenarbeit seit ungefähr dem Jahr 2000 könne und müsse man den Schluss ziehen, dass seine Vorgesetzen im LKA und leitende Mitarbeiter der Polizeiabteilung des Innenministeriums ihn systematisch mobben würden. Erläuternd hat er dazu in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, er sei der einzige Mitarbeiter im LKA und im ganzen Bundesland, der die Fachkompetenz besitze, darüber zu entscheiden, wie die Polizeistatistik zu führen sei. Wenn er aufgrund seiner Kompetenz und Aufgabenstellung sage, dass es im Polizeidienst keine Zielvereinbarungen geben dürfe, da diese sich schädlich auf die Kriminalitätsstatistik auswirken würden, müsse man dem folgen. Wegen der besonderen Bedeutung einer wirklichkeitsnahen Kriminalitätsstatistik und wegen der Bedeutung des Legalitätsprinzips bei der Strafverfolgung könne es in dieser Frage auch keinen Vorrang der besseren demokratischen Legitimation der Hausspitze oder des Innenministeriums geben. Da sowohl die eigene Hausspitze als auch das Innenministerium seine Entscheidungskompetenz in dieser Sachfrage in Frage gestellt und missachtet hätten, sei die verbindliche Einführung der Zielvereinbarungen als Führungsinstrument im Mai 2000 zugleich eine gegen seine Person und Persönlichkeit gerichtete Entscheidung gewesen.

35

Als er dann noch den Mut gehabt habe, seinen Standpunkt in der Sache öffentlich durch den Artikel in der Fachzeitschrift „Der Kriminalist“ im September 2000 zu verteidigen, habe man in der Hausspitze und im Innenministerium beschlossen, ihn aus dem Dienst zu drängen. Diese feindliche Einstellung gegenüber seiner Person sei der rote Faden aller weiteren Konflikte gewesen. Außer den geschilderten Ereignissen habe es noch eine „Vielzahl“ von abfälligen Äußerungen über seine Person ihm und Dritten gegenüber gegeben, die man aber gar nicht näher bezeichnen oder gar beweisen könne, da es sich um Ereignisse gehandelt habe, die sich nur in Sekunden - manchmal sogar ohne Worte - abgespielt hätten. Seine Versetzung in das Amt für Brand- und Katastrophenschutz könne man daher nicht als ein Mittel zur Entschärfung des Konflikts begreifen, sondern einzig und allein als Verwirklichung des Ziels, das die Hausspitze und die Polizeiabteilung im Innenministerium bereits seit Jahren angestrebt habe.

36

Über die Jahre habe ihn dieser dauernd schwelende und täglich spürbare Konflikt mürbe gemacht und körperlich wie seelisch angegriffen. Es liege auf der Hand, dass die gesundheitlichen Beeinträchtigungen auf das berufliche Umfeld zurückzuführen seien. Davon würden auch alle Ärzte, die sich mit ihm und seinem Leidensweg befasst hätten, ausgehen.

37

Das arbeitsgerichtliche Urteil sei fehlerhaft, denn es verharre in einer isolierten Betrachtung jeden einzelnen Ereignisses und verkenne damit, dass sich Mobbing typischerweise erst aus der Zusammenschau vieler einzelner Ereignisse, die für sich gesehen harmlos sein können, erschließen lasse. Außerdem habe sich das Arbeitsgericht mit wesentlichen Ereignissen der Konflikthistorie wie der abgelehnten Teilnahme an der 50. Jahrestagung PKS in Berlin gar nicht beschäftigt.

38

Der Kläger beantragt unter Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteils,

39

1. das beklagte Land zu verurteilen, an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld, welches EUR 35.000,00 nicht unterschreiten sollte, zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

40

2. das beklagte Land zu verurteilen, an den Kläger EUR 5.951,80 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

41

3. festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, dem Kläger ab dem 01.01.2008 die Differenz zwischen den ihm (dem Kläger) von der Deutschen Angestelltenkrankenkasse gezahlten Krankengeld und seinem monatlichen Nettoverdienst, welchen er bis zum 07.09.2006 vom beklagten Land bzw. der Abrechnungsstelle des beklagten Landes erhalten hat, zu zahlen.

42

4. festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, dem Kläger allen weiteren materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, der ihm aufgrund des Mobbings des beklagten Landes bzw. des vom beklagten Land gegenüber dem Kläger geduldeten Mobbings durch Angestellte und Mitarbeiter des beklagten Landes in der Zeit von 1997 bis 2006 entstanden ist und entstehen wird, soweit der Anspruch nicht auf einen Sozialversicherungsträger oder andere Dritte übergegangen ist.

43

Das beklagte Land beantragt,

44

die Berufung zurückzuweisen.

45

Das beklagte Land verneint die geltend gemachten Ansprüche. Insbesondere liege hier kein fortgesetztes Mobbingverhalten von Verantwortlichen des beklagten Landes vor.

46

Der vom Kläger angeführte Leserbrief des Leitenden Kriminaldirektors M. sei lediglich eine deutliche Reaktion auf den vorangegangenen Beitrag des Klägers in der Zeitschrift „Der Kriminalist“ gewesen. Schon aus objektiver Sicht fehle es daher an einer Herabwürdigung des Klägers durch den Artikel. Auch subjektiv sei es nicht beabsichtigt gewesen, den Kläger herabzuwürdigen.

47

Zu dem Verbot an bestimmten Veranstaltungen teilzunehmen, habe das Arbeitsgericht zutreffend hervorgehoben, dass der Kläger vehement gegen die von dem beklagten Land angewandte Zielvereinbarung im Zusammenhang mit Fallzahlen eingetreten sei, und es daher nicht zumutbar gewesen sei, ihn als offiziellen Vertreter des beklagten Landes auf diese Veranstaltungen zu entsenden.

48

Die Abordnungsverfügungen sowie die Abmahnung könnten nicht zur Begründung des Mobbingvorwurfes herangezogen werden, da letztendlich - was unstreitig ist - durch das Landesarbeitsgericht in den Vorprozessen festgestellt wurde, dass diese rechtmäßig waren. Dass der Kläger sich gemobbt fühle, liege letztendlich an dessen Persönlichkeitsstruktur und nicht an Maßnahmen der Arbeitgeberin.

49

Anfeindungen, Beleidigungen oder Ausgrenzungen gegenüber dem Kläger habe es nicht gegeben. Auch habe es keine Ausgrenzungshandlungen seitens der Vorgesetzten des Klägers gegeben.

50

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

51

Die Berufung hat zu einem kleinen Teil Erfolg. Dem Kläger steht eine Entschädigung in Höhe von 2.500 Euro wegen Verletzung seines Persönlichkeitsrechts durch seine Vorgesetzten im Landeskriminalamt in den Jahren 2004 und 2005 zu. Im Übrigen ist die Berufung nicht begründet.

I.

52

Dem Kläger steht eine Entschädigung in Höhe von 2.500 Euro nach § 253 BGB wegen Verletzung seines Persönlichkeitsrechts in den Jahren 2004 und 2005 durch seine Vorgesetzten zu.

1.

53

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist das Recht des Einzelnen auf Achtung und Entfaltung seiner Persönlichkeit. Zum Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gehört auch der sog. Ehrenschutz, der auf den Schutz gegen unwahre Behauptungen und gegen herabsetzende, entwürdigende Äußerungen und Verhaltensweisen und die Wahrung des sozialen Geltungsanspruchs gerichtet ist (Schmidt in ErfK, 11. Auflage, Art. 2 GG Rn. 48, 84). Es umfasst damit auch den Anspruch auf Unterlassung der Herabwürdigung und Missachtung durch andere (BAG 28. Oktober 2010 - 8 AZR 546/09 - aaO; BAG 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6).

2.

54

Gemessen an diesem Maßstab haben der seinerzeitige Direktor des Landeskriminalamtes und der seinerzeitige Leiter des Leitungsstabes des Landeskriminalamtes, der heutige Direktor des Landeskriminalamtes, den Kläger in den Jahren 2004 und 2005 durch mehrere Einzelhandlungen, die sich zu einem Gesamtbild zusammenfügen, in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt.

a)

55

In der Zeit von März 2004 bis Mai 2005 gab es mehrere Ereignisse und Entscheidungen, bei denen es zu sachlich nicht zu rechtfertigenden Nachteilen für den Kläger gekommen ist.

aa)

56

Der damalige Leiter des Leitungsstabes im LKA hat sich durch seinen Vermerk vom 13. März 2004 auf dem Bericht des Klägers vom 11. März 2004 zur Vergleichbarkeit der polnischen und deutschen Kriminalstatistik (Kopie Blatt 156 der Akte) und durch die Weiterleitung des Berichts samt seines Vermerkes an den Direktor des LKA außerhalb des Rahmens bewegt, der noch als sachbezogenes Verwaltungshandeln verstanden werden kann.

57

Der Vermerk lässt sich jedenfalls nicht mit dem Erkenntnisinteresse rechtfertigen, das der Anforderung des Berichts beim Kläger zu Grunde lag. Denn wenn der Leiter des Leitungsstabes mit der Ausarbeitung des Klägern nicht zufrieden war, hätte es eigentlich nahe gelegen, den Bericht mit kritischen Anmerkungen dem Kläger zurückzureichen, gegebenenfalls wäre es auch hilfreich gewesen, den Bericht an den unmittelbaren Vorgesetzten des Klägers, den Abteilungsleiter 6, weiterzuleiten und auf Behebung der vom Leiter des Leitungsstabes gesehenen Mängel hinzuwirken. - So ist allerdings nicht verfahren worden. Wie sich aus dem Vermerk des Leiters des Leitungsstabes selbst ergibt, hat er nach seiner Kritik an dem klägerischen Werk (Ziffer 1. und 2. des Vermerks) verfügt, das Werk dem Direktor des LKA vorzulegen. Da der Leiter des Leitungsstabes das klägerische Werk für unbrauchbar gehalten hat, kann die Weiterleitung des Berichts mit all seinen Schwächen also nicht mehr dazu gedient haben, das dem Bericht zu Grunde liegende sachliche Erkenntnisinteresse zu befriedigen.

58

Da nicht ersichtlich ist, zu welchem anderen Zweck die Vorlage des Berichts beim Direktor des LKA verfügt wurde, muss das Gericht davon ausgehen, dass der Leiter des Leitungsstabes die Vorlage des Berichts beim Direktor des LKA nur deshalb vorgenommen hat, um diesen von dem Versagen des Klägers bei der Erfüllung des Berichtsauftrages zu unterrichten. Denn wenn der Leiter des Leitungsstabes einen Bericht, den er selbst als unbrauchbar einschätzt, dem Direktor des LKA zur Kenntnisnahme vorlegen lässt, kann daraus nur der Schluss gezogen werden, dass die Vorlage zur Kenntnisnahme zu dem Zweck erfolgte, den Leiter des LKA auf das Versagen des Klägers aufmerksam zu machen. Diese Zweckrichtung des Handelns des Leiters des Leitungsstabes wird auch durch den Inhalt der Kritik an dem klägerischen Werk deutlich. Denn mit der Aussage „Thema verfehlt“ in Verbindung mit der rückwärtsgewandten weiteren Bemerkung „auch noch verspätet vorgelegt“ wird allein die persönliche Leistung des Klägers beurteilt.

59

Es mag ein legitimes Ziel sein, die Hausspitze über Leistungsmängel einzelner Mitarbeiter zu unterrichten. Dies macht aber nur Sinn im Kontext von daraus möglicherweise resultierenden Personalmaßnahmen. Dann ist es aber falsch, den ganzen Vorgang in der Sachakte zu führen. Denn dort kann den Vorgang jeder, der Zugang zu der Sachakte hat, nachvollziehen, obwohl er als disziplinarischer Vorgang eigentlich unter dem besonderen Schutz der Personalakte vor fremdem Zugriff geschützt werden müsste.

60

In dem vom Bundesarbeitsgericht aufgehobenen Urteil des erkennenden Gerichts vom 13. Januar 2009 in der vorliegenden Sache hat das Gericht den aufgezeigten Fehler des Leiters des Leitungsstabes in der Bewertung dadurch relativiert, dass es von so eine Art Verkehrsüblichkeit solchen Vorgesetztenverhaltens ausgegangen war. An dieser Relativierung in der Bewertung wird nicht mehr festgehalten. Zurecht weist das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 28. Oktober 2010 vielmehr darauf hin, dass das Fehlverhalten nicht dadurch geringer zu bewerten sei, wenn es andere Beispielsfälle ähnlichen Fehlverhaltens geben sollte.

bb)

61

Die Verweigerung der Teilnahme des Klägers an der Vorstellung der Ergebnisses des Forschungsprojekts „Tötungsdelikte“ durch Prof. Dr. B. an der Polizeiführungsakademie in Münster am 25. und 26. August 2004, ein Forschungsprojekt, an dem der Kläger selber mitgearbeitet hatte, entbehrt eines sachlichen Grundes.

62

Der Dienstreiseantrag des Klägers für diese Veranstaltung wurde vom Stab im LKA abgelehnt. Die vom Stab auf die Gegenvorstellung des Klägers gegebene Begründung, eine Präsentation der Forschungsergebnisse in der Öffentlichkeit dürfe erst erfolgen, nachdem die Ergebnisse hier im Land vorgestellt worden seien, wirkt aus der Sicht des Gerichts reichlich synthetisch, und sie hat sich - was noch schwerer wiegt - im vorliegenden Rechtsstreit als unzutreffend herausgestellt. Denn die Behauptung des Klägers, er hätte die Forschungsergebnisse bereits mehrfach vor seinem Dienstreise- und Sonderurlaubsantrag innerhalb der Landespolizei vorgestellt, ist unwidersprochen geblieben.

63

Die vom Arbeitsgericht zunächst mündlich geäußerte Vermutung, die Ablehnung der Reise lasse sich auch durch die Gefahr begründen, dass der Kläger den innerdienstlichen Konflikt über die Zielvereinbarungen nach außen trage, der sich dann das beklagte Land im Rechtsstreit mit einer sehr vorsichtigen Formulierung (Blatt 195 der Akte: „Der Beklagte geht mit der Meinung des Gerichts einher, wenn es darlegt ....“) nachträglich angeschlossen hat, fehlt es im vorliegenden Zusammenhang an Überzeugungskraft, denn das Forschungsprojekt Tötungsdelikte hat nun gar keine Berührungspunkte zu dem innerdienstlichen Konflikt der Parteien.

64

Somit muss das Gericht feststellen, dass es für die Ablehnung der Dienstreise des Klägers keinen sachlichen Grund gegeben hat.

cc)

65

Gleiches gilt für die Behandlung des Klägers im Rahmen des von ihm angestoßenen Projekts zur wissenschaftlichen Aufarbeitung der Frage der Vergleichbarkeit der deutschen und polnischen Kriminalstatistiken in den Jahren 2004 und 2005.

66

Denn aus dem vom Kläger vorgelegten Protokoll des „Arbeitstreffens“ mit Prof. W. von der Universität Frankfurt/Oder am 22. März 2005 (Kopie Blatt 265 f der Akte) lassen sich mehrere Folgerungen ziehen. Zum einen ergibt sich aus der hochkarätigen Besetzung der Arbeitsgruppe von Seiten des LKA indirekt die Bereitschaft, in das Projekt Zeit und Arbeitskraft zu investieren. Das deutet wiederum darauf hin, dass man seinerzeit noch gewillt war, das Projekt weiter fortzuführen. Auf der anderen Seite belegt der Schluss des Protokolls mit dem Hinweis auf die offene Frage des Ansprechpartners für das Projekt im LKA, dass man den Kläger aus diesem Forschungsprojekt fernhalten wollte, obwohl es wie maßgeschneidert zu seiner dienstlichen Aufgabenstellung passt und es im Hause auch keine andere Person gibt, die wie der Kläger zur Mitarbeit bei Forschungsprojekten im Bereich der Kriminalstatistik geeignet wäre.

67

Dies kann nicht mit dem späteren Plan der Abordnung oder Versetzung des Klägers begründet werden, denn nach dem eigenen Sachvortrag des beklagten Landes hat erst eine organisatorische Veränderung der Zuordnung der Behörden im Mai 2005 ergeben, dass das Innenministerium über die Stellen im Landesamt für Brand- und Katastrophenschutz disponieren konnte. Wenn man dann bereits im März 2005 versucht hat, den Kläger aus dem Forschungsprojekt auszuschließen, passt das wieder zu der klägerischen Sichtweise, nach der man ihm die angenehmen Seiten seiner Arbeit entziehen wollte.

68

Somit muss das Gericht feststellen, dass es für die Ablehnung der Mitarbeit des Klägers bei dem Projekt keinen sachlichen Grund gegeben hat.

dd)

69

Ebenfalls nicht verständlich ist die vom beklagten Land gegebene Begründung für die Verweigerung der vom klägerischen Abteilungsleiter (AL 6) vorgeschlagenen Teilnahme des Klägers an dem BKA-Forum in Wiesbaden durch den damaligen Leiter des Leitungsstabes am 17. März 2005. Er hatte argumentiert, die Tagesordnung des Forums weise keine Berührungspunkte zur Tätigkeit des Klägers auf.

70

Zum Beleg für die Sachbezogenheit dieser Argumentation hat das beklagte Land im Rechtsstreit lediglich das Veranstaltungsprogramm des Forums vorgelegt. Daraus kann das Gericht aber nicht ermessen, ob der Kollege des Klägers, der statt des Klägers nach Wiesbaden fahren durfte, aufgrund seiner Kenntnisse und Fähigkeiten besser zu dem Tagungsprogramm gepasst hat. Außerdem hat das beklagte Land nicht erläutert, wieso es diesem Argument nunmehr ein Gewicht beimisst, obwohl der Kläger die letzten zehn Jahre immer an dem Forum teilgenommen hatte, womit so gut wie sicher ausgeschlossen ist, dass in diesen zehn Jahren das Tagungsprogramm immer zum Aufgabenbereich des Klägers gepasst hatte.

71

Auch insoweit ist das vom Arbeitsgericht gefundene Argument der Gefahr der Verbreitung des innerdienstlichen Konflikts über die Zielvereinbarungen nach außen nicht nachvollziehbar, da es keine thematischen Berührungspunkte zwischen dem Konflikt und den Tagungsthemen gibt. Zudem muss beachtet werden, dass der Kläger auch die Jahre zuvor, in denen mindestens seit 2000 der Konflikt über die Zielvereinbarungen ebenfalls bereits vorhanden war, immer an dem BKA-Forum teilnehmen durfte.

72

Da das beklagte Land selbst vorträgt, man habe über die freie Stelle, auf die der Kläger dann ab Juni 2005 zunächst abgeordnet und später versetzt wurde, erst im Mai 2005 aufgrund einer Zuständigkeitsveränderung disponieren können, kann die Verweigerung der Teilnahme am BKA-Forum auch nicht mit dem Umstand begründet werden, der Kläger werde zu dem Zeitpunkt der Veranstaltung nicht mehr seinen bisherigen Dienstposten inne haben, was zweifellos ein sachlicher Grund gewesen wäre.

73

Somit muss das Gericht feststellen, dass es für die Ablehnung der Reise des Klägers zum BKA-Forum nach Wiesbaden keinen sachlichen Grund gegeben hat.

b)

74

Die vier aufgezeigten Einzelereignisse aus der Zeit von März 2004 bis Mai 2005 fügen sich zu einem Bild, das nur den Schluss zulässt, der Direktor des LKA und sein Leiter des Leitungsstabes haben seinerzeit versucht, dem Kläger das Leben schwer zu machen. In der Gesamtschau kann das nur als Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers bewertet werden.

75

Den roten Faden sieht das Gericht zum einen darin, dass die Ablehnung der beiden Dienstreisen und die Nichtbenennung des Klägers für das Projekt zur Vergleichbarkeit der Kriminalstatistik alle den Teil der Aufgaben auf dem Dienstposten des Klägers betreffen, auf dem die Attraktivität des Dienstpostens und die Reputation des Klägers beruht. Nach der Arbeitsplatzbeschreibung zum Dienstposten des Klägers ist er mit mehr als der Hälfte seiner Arbeitszeit mit Forschungsaufgaben betraut. Da der Kläger im LKA nicht selbstständig forschen konnte, bedeutet Forschung auf dem Dienstposten des Klägers immer gleichzeitig Kooperation mit universitären oder anderen Forschungseinrichtungen.

76

Wenn man den Kläger also nicht mehr reisen lässt, schneidet man ihm die Möglichkeit ab, seinen Aufgaben in der Forschung noch nachkommen zu können. Schon in der vom Bundesarbeitsgericht dann aufgehobenen Entscheidung ist das erkennende Gericht davon ausgegangen, dass der Kläger in der fraglichen Zeit keine weiteren Reisen in Zusammenhang mit seinen Forschungsaufgaben unternehmen wollte, und hat daraus gefolgert, dem Kläger seien in der Zeit von Sommer 2004 bis Mai 2005 alle Reisewünsche abschlägig beschieden worden. Dieser Sicht der Dinge ist das beklagte Land auch im Rahmen der Fortsetzung der Berufungsverhandlung nicht entgegen getreten. Das wiederum rechtfertigt die Folgerung, dass den aufgezeigten Einzelereignissen ein Plan zu Grunde liegt.

77

Mangels einer sachlichen Rechtfertigungsmöglichkeit der Ablehnung der Reisen des Klägers muss daher gefolgert werden, die Reise- und Forschungstätigkeiten sind dem Kläger verweigert worden, um ihn persönlich zu treffen. Man wollte ihm auf dem Aufgabengebiet, das ihm besonders am Herzen liegt, ohne sachlichen Grund Steine in den Weg legen. Das ist unfair und verletzt den Kläger in seinem sozialen Achtungsanspruch. Nimmt man den weiteren Umstand hinzu, dass es für keine der drei Maßnahmen eine sachliche Rechtfertigung gibt, die sich im Rechtsstreit als tragfähig erwiesen hat, bleibt nur die Folgerung übrig, dass man damit den Kläger für seine fehlende Bereitschaft zur Eingliederung in den Dienstbetrieb abstrafen wollte. Das ist ein Missbrauch der Vorgesetztenstellung, der den Kläger in seinem sozialen Geltungsanspruch empfindlich verletzt hat.

78

Alle Umstände sprechen dafür, dass dieser Plan von dem Direktor des LKA und seinem damaligen Leiter des Leitungsstabes stammt. Darauf deutet bereits die nur disziplinarisch erklärbare Weiterleitung des Berichts des Klägers vom 11. März 2004 samt der Kritik des Leiters des Leitungsstabes an den Direktor hin. Wenn der Leiter des Leitungsstabes einen solchen Vorgang sozusagen routinemäßig beim Direktor vorlegen lässt, müssen sich beide bereits zuvor über den Kläger unterhalten und ihr weiteres Verhalten in dieser causa aufeinander abgestimmt haben. Auch die Ablehnung der beiden Reisen ist entweder vom Leiter des Leitungsstabes selbst veranlasst worden oder zumindest im Stab so entschieden worden. Es kann davon ausgegangen werden, dass dies nicht ohne Kenntnis und Billigung durch den Leiter des Leitungsstabes erfolgt ist.

3.

79

Das Verhalten der Vorgesetzten des Klägers ist nach § 278 BGB dem beklagten Land zuzurechnen.

80

Das beklagte Land hat als Arbeitgeber gegenüber dem Kläger als Arbeitnehmer bestimmte Fürsorge- und Schutzpflichten wahrzunehmen. Nach § 241 Absatz 2 BGB erwachsen jeder Vertragspartei aus einem Schuldverhältnis nicht nur Leistungs-, sondern auch Verhaltenspflichten zur Rücksichtnahme und zum Schutz der Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils. Dies verbietet auch die Herabwürdigung und Missachtung eines Arbeitnehmers. Dieser hat daher Anspruch darauf, dass auf sein Wohl und seine berechtigten Interessen Rücksicht genommen wird, dass er vor Gesundheitsgefahren, auch psychischer Art, geschützt wird, und dass er keinem Verhalten ausgesetzt wird, das bezweckt oder bewirkt, dass seine Würde verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. Der Arbeitgeber ist in diesem Zusammenhang insbesondere auch zum Schutz der Gesundheit und des Persönlichkeitsrechts des Arbeitnehmers verpflichtet (BAG 28. Oktober 2010 - 8 AZR 546/09 - aaO; BAG 25. Oktober 2007 - 8 AZR 593/06 - BAGE 124, 295 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 6 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 7; 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6). Die Wahrnehmung dieser Schutzpflichten kann der Arbeitgeber aus seine Bediensteten, die er als Vorgesetzte einsetzt, delegieren. Vernachlässigen die Vorgesetzten dann ihre Schutzpflichten, ist das dem Arbeitgeber zuzurechnen.

81

Insoweit ist auch anerkannt, dass der Arbeitgeber dem betroffenen Arbeitnehmer gegenüber gemäß § 278 BGB für schuldhaft begangene Persönlichkeitsrechts- oder Gesundheitsverletzungen durch von ihm als Erfüllungsgehilfen eingesetzte andere Arbeitnehmer und Vorgesetzte haftet. Als Erfüllungsgehilfen in diesem Sinne sind insbesondere die Vorgesetzten des Arbeitnehmers anzusehen (BAG 16. Mai 2007 und 25. Oktober 2007 aaO).

4.

82

Das festgestellte Verhalten ist so schwerwiegend, dass es einen Ausgleich in Form einer Entschädigung erfordert.

83

Insoweit ist es anerkannt, dass die unmittelbare Verletzung des Persönlichkeitsrechts auch ohne einhergehende Gesundheitsschädigung einen Anspruch auf Schmerzensgeld auslösen kann, obwohl die Verletzung des Persönlichkeitsrechts in dem zur Mitte des Jahres 2002 neu formulierten § 253 BGB als Anlass für eine Entschädigung gerade nicht erwähnt ist. Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich jedoch, dass der Gesetzgeber die bisher dazu ergangene Rechtsprechung nicht korrigieren wollte. Vielmehr hat er nur die Auffassung vertreten, dass diese Rechtsprechung noch so im Fluss sei, dass sich eine gesetzliche Regelung derzeit verbiete (Bundestagsdrucksache 14/7752, S. 55; vgl. auch Vieweg in: jurisPK-BGB § 253 BGB RN 41). Damit kann trotz der gesetzlichen Neuregelung des § 253 BGB auch heute noch auf die bisherige Rechtsprechung zur Zuerkennung von Schmerzensgeld bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen ohne begleitende Gesundheitsschädigungen zurückgegriffen werden.

84

Diese Rechtsprechung hat schon immer zwischen Aspekten des Persönlichkeitsrechts unterschieden, die einen Marktwert haben (Stimme, Bild und Werk) und solchen immateriellen Aspekten der Persönlichkeit wie die Ehre oder den Geltungsanspruch in der sozialen Gemeinschaft, die sich nicht kommerzialisieren lassen. Während im ersten Falle die pönale Funktion oder doch zumindest die Gewinnabschöpfung zum Leitgedanken der Rechtsprechung geworden ist und daher häufig fast unvorstellbar hohe Entschädigungen zugesprochen werden, hat sich die Rechtsprechung bis in die jüngste Zeit bei der Verletzung nicht kommerzialisierbarer Aspekte der Persönlichkeit bei der Bemessung der Entschädigung allein an der Genugtuungsfunktion orientiert, was im Ergebnis zu einer eher strengen Bewertung führt. Bis heute setzt daher der Schmerzensgeldanspruch wegen der Verletzung nicht kommerzialisierbarer Aspekte des Persönlichkeitsrechts eine schwere Verletzung dieses Rechts voraus, zu deren Ausgleich die Entschädigung erforderlich sein muss (vgl. nur BAG 16. Mai 2007 a. a. O. und Vieweg a. a. O. RN 44).

85

Vorliegend hat das beklagte Land einen nicht kommerzialisierbaren Aspekt des Persönlichkeitsrechts des Klägers missachtet, weshalb ein Schmerzensgeld nur zugesprochen werden kann, wenn es sich um eine schwere Verletzung des Persönlichkeitsrechts gehandelt hat, zu deren Ausgleich die Zahlung einer Entschädigung erforderlich ist. Das ist hier der Fall.

86

Diese Bewertung weicht von der Bewertung des erkennenden Gerichts in der vom Bundesarbeitsgericht aufgehobenen Entscheidung in dieser Angelegenheit ab. Die veränderte Bewertung beruht auf dem Umstand, dass nunmehr bereits der Vermerk des Leiters des Leitungsstabes auf dem Bericht des Klägers vom 11. März 2004 und dessen Weiterleitung an den Leiter des LKA als Element festgestellt wurde, das auf eine systematische Ausgrenzung des Klägers hindeutet. Es muss also festgestellt werden, dass dem Kläger über den Zeitraum von rund 15 Monaten durch die Hausspitze planmäßig das Leben schwer gemacht wurde. Angesichts der Ausnutzung der Vorgesetztenstellung kann das nicht mehr nur als eine Persönlichkeitsrechtsverletzung angesehen werden, die keiner Entschädigung bedarf. Dabei hat das Gericht auch berücksichtigt, dass hier zwar nur vier Einzelereignisse festgestellt werden konnten, die auf den Plan schließen lassen, dass der Plan aber zu einer ständigen Belastung des Klägers im gesamten Betrachtungszeitraum von März 2004 bis Mai 2005 geführt hat.

5.

87

Die zugesprochene Entschädigung in Höhe von 2.500,00 Euro ist angemessen.

88

Eine höhere Entschädigung kann nicht zugesprochen werden. Gemessen an dem gesamten Spektrum denkbarer Persönlichkeitsrechtsverletzungen handelt es sich um eine leichtere Verletzung. Denn nicht die einzelnen Maßnahmen sind bereits für sich entwürdigend, demütigend oder herabwürdigend gewesen, sondern allein ihre Gesamtbetrachtung lässt erkennen, dass man es mit dem Kläger in jener Zeit nicht gut gemeint hat; man hat - womit keine Verharmlosung zum Ausdruck gebracht werden soll - „nur“ mit dem Entzug von Vorteilen operiert und nicht mit direkten Angriffen auf den sozialen Geltungsanspruch des Klägers.

89

Gegen die Festsetzung einer höheren Entschädigung spricht auch der Umstand, dass auch der Kläger selbst durch sein dienstliches Verhalten erheblich mit dazu beigetragen hat, dass die Hausspitze des LKA ihm gegenüber in der angesprochenen Zeit den Pfad der Vernunft verlassen hatte. Denn das Verhalten des Klägers in der Folge seiner Niederlage bei der Frage der Einführung von Zielvereinbarungen im Polizeibereich im Jahre 2000 lässt sich auch für außenstehende Dritte kaum mehr vernünftig nachvollziehen. Und die unerwartet schroffe klägerische Stellungnahme im Anschluss an das Personalgespräch vom 14. September 2004 mit dem Direktor des LKA hat geradezu einen Personalführungsnotstand hervorgerufen, den sicherlich nur ganz wenige Führungspersönlichkeiten in der Lage gewesen wären, allein mit fairen Mitteln zu lösen.

6.

90

Soweit dem Kläger eine Entschädigung zusteht, steht ihm auch der mit dem Klageantrag zu 1. geforderte Zins darauf seit Eintritt der Rechtshängigkeit zu. Es handelt sich um Prozesszinsen, die nach § 291 BGB geschuldet sind. Der geltend gemachte Zins entspricht auch der Höhe nach dem gesetzlichen Mindestzinssatz aus § 288 BGB. Das Gericht hat den Zins ab dem 13. Februar 2007 (Dienstag) zugesprochen, da die Klage an diesem Tag bei Gericht eingegangen war.

II.

91

Im Übrigen ist der auf Entschädigung wegen Mobbings gerichtete Klageantrag zu 1. nicht begründet. Die Berufung ist daher insoweit zurückzuweisen.

92

Alle weiteren Vorfälle, die der Kläger zur Begründung des Vorwurfs, er werde gemobbt, vorgetragen hat, können weder in der Einzelbetrachtung noch in der Zusammenschau nicht als herabwürdigend begriffen werden. Die zugesprochene Entschädigung kann daher nicht erhöht werden.

1.

93

Das beklagte Land hat durch die verbindliche Einführung der Zielvereinbarungen ab Mai 2000 das Persönlichkeitsrecht des Klägers weder missachtet noch verletzt.

94

Der Kläger hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht ausgeführt, es sei bereits rechtswidrig gewesen, das Zielvereinbarungswesen im Polizeibereich trotz seines ablehnenden Votums in dieser Sachfrage einzuführen. Diese Rechtsauffassung ist falsch. Nach Artikel 20 Absatz 2 Grundgesetz geht die Staatsgewalt im Bund und in den Ländern vom Volk aus, das sie durch besondere Organe - unter anderem durch die Landesregierungen - ausübt. Die notwendige demokratische Legitimation jeglichen staatlichen Handelns ist nur gewährleistet, wenn innerhalb der Dienststellen der Verwaltung die Verwaltungsspitze bestimmt, wie die Verwaltung organisiert und ausgeübt wird. Daher hat sich der Kläger dem Votum der Hausspitze oder gar des Ministeriums zu beugen, wenn diese sich auch im Bereich der Polizei - trotz der ablehnenden Stellungnahme des Klägers - für die Einführung von Zielvereinbarungen als Instrument der Personalführung entscheiden.

95

Nicht mehr nachvollziehbar ist aber insbesondere die weitere Auffassung des Klägers, die Nichtbeachtung seiner Stellungnahme in dieser Sachfrage würdige ihn als Person herab und stelle daher bereits eine Verletzung seines Persönlichkeitsrechts dar. Selbst wenn man mit dem Kläger in der Maßnahme einen Verstoß gegen das Legalitätsprinzip (§ 152 Absatz 2 StPO) erkennen will - was das Gericht ausdrücklich offen lässt - läge doch nur eine unterschiedliche Rechtsauffassung in einer einzelnen Sachfrage vor, deren Entscheidung zu Lasten des Klägers keinerlei persönlichen Einschlag erkennen lässt. Als Angehöriger des öffentlichen Dienstes muss man damit leben können, dass sich die Verwaltungsspitze in einer streitigen Sachfrage über ein Votum einer Fachabteilung hinwegsetzt. Wer dazu nicht in der Lage ist, ist nicht geeignet, als Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst tätig zu sein.

2.

96

Auch der Leserbrief von Herrn M. in der Zeitschrift Der Kriminalist Heft 2/2001 (Kopie Blatt 44) verletzt den Kläger nicht in seinem Persönlichkeitsrecht. Herr M. kritisiert darin für jeden Kundigen erkennbar den Standpunkt des Klägers in der Sachfrage der Zielvereinbarungen im Polizeibereich. Durch eine Kritik an dem Sachstandpunkt einer anderen Person kann das Persönlichkeitsrecht aber nicht verletzt werden. Das ist vielmehr erst dann denkbar, wenn die Kritik die Sachebene verlässt und direkt oder indirekt auch die kritisierte Person durch herabwürdigende oder ehrabschneidende Aussagen angreift. Eine solche Feststellung kann hier nicht getroffen werden.

97

Der an den Kläger gerichtete Vorwurf, er habe den Gesamtzusammenhang des Problems nicht erkannt und argumentiere aufgrund eines falschen Grundverständnisses, kann noch nicht als unsachlich und gegen die Person gerichtet begriffen werden. Insoweit handelt sich vielmehr um zwei typische Standardargumente wie man sie zum Beispiel aus wissenschaftlichen Auseinandersetzungen kennt („verkürzte Sichtweise“ und „falsches Vorverständnis“). Dass der Vorwurf gegenüber dem Kläger als der Autorität auf dem Gebiet der polizeilichen Kriminalstatistik erhoben wird, kann die Bewertung nicht ändern. Der offene Dialog über Sachfragen kennt keine Autoritäten und damit auch keinen Anspruch auf besonders vorsichtige Kritik gegenüber den Personen, die sich durch Stellung und Werk auf einem Fachgebiet bereits besonders hervorgetan haben. Die polemische Wortwahl, der Kläger habe sich auf dieser Basis zu falschen Forderungen an die Innenminister „hinreißen lassen“, greift ebenfalls noch nicht die Person an. Das Gericht versteht das als eine in der öffentlichen Auseinandersetzung zur Erhaltung der Aufmerksamkeit des Lesers zulässige rhetorische Einfärbung der trockenen Sachaussage.

98

Die Vorwürfe erhalten zwar dadurch eine andere Qualität, dass sie von einem mittelbaren Vorgesetzten des Klägers aus dem Innenministerium erhoben werden. Denn dadurch wird in der Öffentlichkeit ein Konflikt innerhalb der Behörde bzw. zwischen einem Mitarbeiter der Behörde und der Aufsichtsbehörde sichtbar. Das wirft notwendig die Frage nach der Fürsorge der Behörde für ihre Bediensteten auf, denn eigentlich sollten solche innerdienstlichen Konflikte nicht zuletzt auch zum Schutz der Bediensteten nicht in der Öffentlichkeit ausgetragen werden. Es kann aber nicht festgestellt werden, dass der hier angesprochene Leserbrief geeignet war, das Ansehen des Klägers in der Öffentlichkeit zu beschädigen. Denn durch die Länge des Leserbriefes und durch die Vielzahl der klägerischen Argumente, mit denen sich der Autor des Leserbriefes auseinandersetzt bzw. auseinandersetzen musste, wird der Kläger aus der Sicht des Lesers indirekt gerade als ebenbürtiger Diskussionspartner in einer sachlichen Auseinandersetzung anerkannt.

99

Dass der Kläger in dem Leserbrief eine „beispiellose Herabwürdigung“ erkennt (Blatt 384), ist für Außenstehende nicht nachvollziehbar.

3.

100

Auch der Umstand, dass die ursprüngliche Langfassung des Leserbriefs gemeinsam mit einer Kopie des Artikels des Klägers bereits vorab mit Begleitschreiben aus dem Innenministerium „zu Ihrer Kenntnis“ an alle Dienststellenleiter der Polizei übermittelt wurde, führt im Ergebnis nicht zu einer anderen Bewertung.

101

Auch hier sieht das Gericht die Frage der Fürsorgepflicht des Dienstherrn berührt, denn es gehört nach dem Kenntnisstand des Gerichts zur Kunst der Personalführung jedenfalls nicht zu den üblichen Vorgehensweisen, einen Konflikt in einer Sachfrage zwischen Vorgesetzten und Untergebenen auf diese Weise in aller Breite in der Behörde zu kommunizieren. Denn hier besteht zumindest die abstrakte Gefahr, dass sich Kollegen an der klägerischen Niederlage in dieser Sachfrage, die er aufgrund seiner hierarchischen Stellung als Untergebener hinnehmen musste, delektieren. Ein dienstliches Interesse an der innerdienstlichen Offenlegung des Konflikts, das dieses Vorgehen trotz seines hässlichen Nebeneffekts rechtfertigen könnte, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. In der Bewertung kann das Gericht darin aber dennoch keinen gezielten Angriff auf die Person des Klägers erkennen. Gerade die fehlende Professionalität des Verhaltens des Herrn M. aus dem Innenministerium deutet vielmehr auf eine spontane unüberlegte Handlung angesichts einer Erregung über den Gang des Klägers an die Öffentlichkeit hin.

4.

102

Aus dem Umstand, dass der Kläger im Januar 2001 an der Erstellung der Endfassung des Berichts über die Schwachstellen der kriminalpolizeilichen Sachbearbeitung in der Landespolizei nicht beteiligt wurde, lässt sich nicht auf eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers schließen.

103

Der vom Kläger vorgelegte Berichtsentwurf (Blatt 51 ff) enthält Formulierungen, die sich in Berichten einer nachgeordneten Behörde gegenüber dem Ministerium verbieten. Dies betrifft insbesondere die in Berichten und Vorlagen des Klägers - soweit sie hier im Rechtsstreit bekannt geworden sind - immer wiederkehrende Einleitung des Berichts mit einer Kritik an der Aufgabenstellung durch das Ministerium. Das ist das, was der Direktor des LKA später im September 2004 im Personalgespräch als die Destruktivität des Klägers angesprochen hat. Da auch die Aussagen in der Sache ungeschützt und ohne Rücksicht auf die Interessen und Befindlichkeiten der potentiellen Leser und der angesprochenen Personen und Stellen formuliert sind, bedurfte es aus objektiver Sicht einer Überarbeitung des Berichts mit Blick auf diese Gegebenheiten, bei der eine Einbindung des Klägers im Hinblick auf die zu erwartenden langen Diskussionen über diese Punkte zumindest sehr zeitaufwendig gewesen wäre.

104

Im Sinne einer guten Personalführung wäre es dann allerdings richtig gewesen, dem Kläger dies vorab mitzuteilen oder ihm hinterher das gefertigte Ergebnis mit einer kurzen Erläuterung der Abweichungen von seinem Entwurf vorzulegen. Ob dies geschehen ist, kann mangels Parteivortrag nicht festgestellt werden. Aber selbst dann, wenn es das beklagte Land an diesem Zeichen der Anerkennung für die Vorarbeiten des Klägers hat fehlen lassen, lässt sich daraus noch nicht auf einen gezielten Angriff auf die Person des Klägers schließen. Personalführung ist anerkanntermaßen eine schwierige Aufgabe, die nur wenige fehlerfrei beherrschen. Es wäre daher verfehlt, aus dem Unterlassen eines solchen ohne Zweifel schwierigen ehrlichen Gesprächs mit dem Kläger über die Schwächen seines Berichtsentwurfs gleich auf eine feindliche Einstellung gegenüber dem Kläger zu schließen. Dies betont auch das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 16. Mai 2007 (a. a. O.) in einer etwas allgemeineren Formulierung, wenn es dort ausführt, dass „im Arbeitsleben übliche Konfliktsituationen“ im Regelfall nicht als Ausdruck eines gegen die Person gerichteten Verhaltens gewertet werden können.

5.

105

Ähnliches gilt für den Konflikt um den Bericht für das Innenministerium zur Aufbereitung zur Veröffentlichung geeigneter Felder aus der polizeilichen Kriminalstatistik im Mai 2002. Hier ist der Entwurf des Klägers trotz seiner Mängel an das Ministerium weitergereicht worden und er kam postwendend zurück. Die langatmige schriftliche Rechtfertigung des Klägers gegenüber dem Direktor des LKA ergeht sich auch wieder in einer Kritik der Aufgabenstellung des Ministeriums, was selbst dann, wenn die Kritik zutrifft, in der Sache nicht weiterführt. In dieser Sachebene kann das Gericht ebenfalls nicht mehr erkennen als eine „im Arbeitsleben übliche Konfliktsituation“.

106

In dem klägerischen Rechtfertigungsschreiben vom 30. Mai 2002 (Kopie Blatt 107 f) hat er sich allerdings auch förmlich über die abfällige Behandlung seiner Person durch den Leitenden Kriminaldirektor M. aus dem Innenministerium und durch den Leiter des SB 1 im LKA, Herrn Mi., beschwert. Damit hatte der Konflikt neben der Sachebene zusätzlich noch einen persönlichen Einschlag bekommen und der Adressat der Beschwerde, der Direktor des LKA, war in seiner Funktion als Vorgesetzter des Klägers in der Pflicht, auf die Beschwerde sachgemäß zu reagieren. Nach der unwidersprochen gebliebenen Einlassung des Klägers gab es ihm gegenüber allerdings keine offizielle Reaktion auf seine Beschwerde. Das entspricht zumindest nicht der Üblichkeit. Allerdings gibt es für den Dienstvorgesetzten keine starren Regeln, die ihm vorschreiben, wie er auf Beschwerden seiner Untergebenen zu reagieren hat. Er kann sich eine Rückmeldung gegenüber dem Beschwerdeführer zu einem späteren aus seiner Sicht geeignet erscheinenden Zeitpunkt Vorbehalten oder vielleicht sogar eine Rückmeldung gänzlich unterlassen. Da der Kläger in der Beschwerde nur Bewertungen des Verhaltens der angesprochenen Personen und keine Tatsachen vorgetragen hat, lag es sogar nahe, dass der Direktor des LKA den Konflikt ohne eine förmliche Reaktion darauf gegenüber dem Kläger zunächst einmal näher beobachten wollte.

107

Für Außenstehende nicht nachvollziehbar ist in jedem Falle die Bewertung des Klägers, der allein aus dem Unterlassen einer Reaktion auf die Beschwerde auf eine gezielte Herabsetzung seiner Person schließen will. Dass er sich dann noch besonders gekränkt fühlt, weil der Direktor mit Herrn Mi., aber nicht mit ihm gesprochen hat, erinnert eigentlich eher an Argumentationsmuster aus geschwisterlichen Konflikten im Elternhaus und hat mit einer professionellen Handhabung eines Konflikts mit anderen Bediensteten durch eine langjährig im Berufsleben stehende erwachsene Person wenig zu tun.

6.

108

Der Rechtsstreit um die tarifgerechte Eingruppierung, den die Parteien im Jahre 2003 geführt hatten, hat aus der Sicht des Gerichts keinerlei Aussagewert in Bezug auf die behaupteten feindlichen Angriffe auf die Person des Klägers.

109

Der Kläger kritisiert insoweit, dass das Innenministerium das LKA mit Schreiben vom 25. April 2003 (Kopie als Anlage K 8 überreicht, hier Blatt 58 der Akte, es wird Bezug genommen) aufgefordert habe, Tatsachenmaterial zusammenzutragen, mit dem man den klägerischen Sachvortrag in der Eingruppierungsklage substantiiert bestreiten könne. Der Kläger schließt aus dieser Aufforderung, dass das Ministerium voreingenommen an den Eingruppierungsrechtsstreit herangegangen sei. Dem Ministeriums sei es von Anfang an nur darum gegangen, sein berechtigtes Höhergruppierungsverlangen zu vereiteln. Auch dies müsse man im Gesamtkontext als Angriff auf seine Person bewerten.

110

Diese Bewertung ist für außenstehende Dritte nicht nachvollziehbar. Aus der Sicht des Gerichts handelt es sich bei dem Aufforderungsschreiben um ein Standardanschreiben ohne jeden gegen den Kläger gerichteten Einschlag. Im Gegenteil ist aus dem Schreiben vielmehr zu schließen, dass der Referent im Ministerium den klägerischen Vortrag zur Höhergruppierung durchaus für beachtlich hält und er daher nunmehr das LKA auffordert, nicht nur Stimmung zu machen, sondern Fakten zu liefern.

111

Im Übrigen ist ein Erfolg in einer Klage auf Höhergruppierung indirekt stets auch eine Niederlage des Behördenleiters, der die Arbeit auf dem streitigen Dienstposten zu disponieren hat. Denn es gehört zu den vornehmsten Führungsaufgaben des Behördenleiters, dafür Sorge zu tragen, dass die Dienststelle mit den Mitteln zurechtkommt, die ihr vom Haushaltsgesetzgeber zugewiesen worden sind. Sieht der Behördenleiter daher die Gefahr, dass ein Höhergruppierungsverlangen berechtigt sein könnte, ist er aus seiner Rolle heraus geradezu gezwungen darüber nachzudenken, wie man die Arbeit so umverteilen oder liegenlassen könnte, dass diesem Verlangen der Boden entzogen wird. Dahingehende Überlegungen der Hausspitze, über die der Kläger berichtet hat, drücken daher nur die gegebenen Sachzwänge aus und richten sich nicht persönlich gegen den Kläger.

7.

112

Die Vorstellung des Klägers, die 2003 erhobene Forderung zur Zuarbeit zu dem Forschungsprojekt Kriminalitätsprognose bis 2020 der Fachhochschule in Güstrow stelle eine Persönlichkeitsrechtsverletzung dar, kann von Seiten des Gerichts nicht nachvollzogen werden.

113

Selbst wenn der Standpunkt des Klägers zutreffen sollte, dass der methodische Ansatz des Forschungsprojekts verfehlt ist, bleibt der Kläger im Rahmen seiner Aufgabenstellung als weisungsunterworfener Arbeitnehmer dazu verpflichtet, auf Anweisung seiner Vorgesetzten Zuarbeiten zu diesem Projekt zu leisten. Die Vorstellung des Klägers, aus seiner Arbeitsplatzbeschreibung ließe sich ableiten, dass er nur zur Zuarbeit an „kriminalwissenschaftlich qualifizierten“ Forschungsprojekten verpflichtet sei, ist abwegig. Das Wort „qualifiziert“ in der Arbeitsplatzbeschreibung dient nur der näheren Bezeichnung der Anforderungen, die der Inhaber der Stelle erfüllen muss. Daraus darf nicht im Umkehrschluss abgeleitet werden, der Stelleninhaber dürfe ausschließlich im Rahmen solcher qualifizierten Projekte eingesetzt werden.

114

Für Außenstehende nicht mehr nachvollziehbar ist aber insbesondere die weitere Folgerung des Klägers, in der Verpflichtung zur Zuarbeit zu einem aus seiner Sicht „nicht qualifizierten“ Forschungsprojekt komme wiederum eine Kränkung seiner Person zum Ausdruck. Diese Bewertung gilt gerade auch dann, wenn man mit berücksichtigt, dass die vom Kläger so leidenschaftlich geführte Auseinandersetzung um die Schädlichkeit der Zielvereinbarungen im Polizeibereich Berührungspunkte mit diesem Forschungsprojekt aufweist. Der Kläger muss vielmehr akzeptieren, dass er als Arbeitnehmer des beklagten Landes zur Arbeit nach Weisung verpflichtet ist und dass er keinen Anspruch darauf hat, dass man auf seinen von der Hausspitze nicht geteilten Standpunkt in einer Sachfrage bei der Zuteilung der Arbeit Rücksicht nimmt. Dies gilt jedenfalls ohne Einschränkung bei den konkreten Verhältnissen im LKA, wo es gar keine andere Person gegeben hätte, auf die man die für den Kläger unangenehme Aufgabe der Zuarbeit hätte übertragen können.

8.

115

Schließlich kann nicht festgestellt werden, dass es zu einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers im Zusammenhang mit dem Personalgespräch mit dem Direktor des LKA am 14. September 2004 gekommen ist.

116

Zu dem Personalgespräch bestand ein sachlicher Anlass, den der Direktor des LKA selbst nach der Einlassung des Klägers auch in den Mittelpunkt des Gespräches gestellt hatte. Denn wie die oben angeführten Einzelkonflikte gezeigt haben, war es zu Problemen in der Führung des Klägers als Arbeitnehmer gekommen, da er ungewöhnlich viel Kritik an den ihm übertragenen Aufgaben geübt hatte und sich der Arbeit verweigerte, soweit diese Berührungspunkte zu der streitigen Frage der polizeilichen Kriminalstatistik in Zeiten der praktizierten Zielvereinbarungen aufgewiesen hatte. Der Direktor hat dem Kläger aufgezeigt, dass ein solches Verhalten auf Dauer nicht geduldet werden könne und hat ihn aufgefordert, sich eines Besseren zu besinnen. Im Sinne einer fairen Behandlung des Untergebenen hat er ihm sodann noch eine Bedenkzeit zur Korrektur seiner Einstellung zum Dienst gegeben und hat ihm, damit man die Sache im Bedarfsfall auch auf den Punkt bringen kann, zu einer schriftlichen Stellungnahme aufgefordert.

117

Die Stellungnahme des Klägers vom 12. Oktober 2004 (Kopie Blatt 59 f der Akte) kann dann jedoch aus der Sicht eines jeden denkbaren Vorgesetzten nur als enttäuschend bezeichnet werden, denn aus ihr geht ohne jeden Zweifel hervor, dass der Kläger nicht gewillt war, sich wieder in den normalen Dienstbetrieb einzugliedern. Bildlich formuliert hat der Kläger mit dieser Stellungnahme die ihm geöffnete Tür zu einer konfliktfreien zukünftigen Zusammenarbeit zugeschlagen und dem Direktor signalisiert, dass er auch in Zukunft nicht gewillt ist, sich wie ein weisungsunterworfener Arbeitnehmer zu verhalten.

118

Dass der Kläger nunmehr im Rechtsstreit den dort formulierten Hinweis auf die „deutlichen Anzeichen für ein organisiertes Mobbing“ als eine Art Hilferuf an seinen Direktor verstanden wissen will, ist nicht nachvollziehbar. Die Auslegung des Textes durch das Gericht ergibt vielmehr im Gegenteil, dass der Kläger damit seinem Direktor vorwirft, sich durch das Personalgespräch an dem Mobbing gegen seine Person beteiligt zu haben. Denn der Kläger hatte seinen Vorwurf wie schon in der Beschwerde über die abfällige Behandlung seiner Person vom 30. Mai 2002 nicht mit einzelnen konkreten Vorfällen belegt, so dass aus der Sicht des objektiven Lesers des Textes der Mobbingvorwurf allein auf die Behandlung des Klägers in den drei Punkten, die Anlass für das Personalgespräch waren, und auf das Personalgespräch selbst gemünzt gewesen sein kann. In Bezug auf diese Ereignisse ist der Vorwurf des Mobbings nicht gerechtfertigt.

9.

119

Auch der Abteilungsleiter im Innenministerium Herr N. hat das Persönlichkeitsrecht des Klägers nicht verletzt, als er im Anschluss an die Anhörung des Klägers im Landtag und das anschließende Pressegespräch am 8. Dezember 2004 dem Kläger für die ungenehmigte Aussage und die Äußerungen gegenüber der Presse unter dem 22. Dezember 2004 eine Abmahnung erteilt hatte (Kopie Blatt 49 f der Akte).

120

Die Abmahnung ist in einem durchgängig sachlichen fast unterkühlten Ton verfasst und sie ist, was die Pflichtverletzung des Klägers betrifft, zutreffend. Der Kläger hat dadurch, dass er sich vor dem Landtag zu innerdienstlichen Angelegenheiten ohne eine entsprechende Aussagegenehmigung geäußert hatte, gegen seine Dienstpflichten verstoßen. Da rechtskräftig festgestellt ist, dass die Abmahnung rechtmäßig war, könnte in ihr nur dann eine (versteckte) Persönlichkeitsverletzung zum Ausdruck kommen, wenn sich feststellen ließe, dass die Dienststelle hier die rechtmäßige Möglichkeit einer Sanktion gegenüber dem Kläger ausgenutzt hat, um ein übergeordnetes rechtswidriges Ziel, das man etwa als die Zermürbung des Klägers bezeichnen könnte, zu verfolgen. Eine so weitgehende Feststellung kann nicht getroffen werden.

121

Das erkennende Gericht hält die Abmahnung angesichts des Gewichts der in Rede stehenden Vorwürfe zwar für eine sehr strenge Maßnahme. Denn bei der Bewertung muss nach Auffassung des erkennenden Gerichts beachtet werden, dass der Kläger auf Einladung des Vorsitzenden des Innenausschusses des Landtages dort Rede und Antwort stand, und man in Analogie zu § 376 Absatz 3 ZPO den Standpunkt vertreten könnte, es wäre Aufgabe des Ausschussvorsitzenden des Landtages gewesen, sich um eine Aussagegenehmigung der Personen zu kümmern, die er zu einer Anhörung einlädt. Damit könnten nämlich eventuelle Konflikte um die Erteilung der Aussagegenehmigung sozusagen auf Augenhöhe im Vorfeld zwischen Landtag und Ministerium ausgetragen werden, und der betroffene untergebende Bedienstete käme nicht in den Konflikt zwischen seiner Geheimhaltungspflicht und den Unterrichtungswünschen des Landtages. Zudem ist es nur schwer vorstellbar, dass der Kläger tatsächlich über konkrete Dienstgeheimnisse über verfälschte Statistiken verfügte und diese offenbarte, denn seine Ausführungen zu dieser Frage erschöpfen sich auch im vorliegenden Rechtsstreit durchgängig lediglich in dem Aufzeigen von Gefahren, ohne dass er einen einzigen Vorfall schildern konnte, in dem sich die von ihm gesehene Gefahr verwirklicht hat. Zusätzlich muss beachtet werden, dass der Kläger nach seiner unwidersprochen gebliebenen Einlassung auch auf Bitten seines Berufsverbandes sich auf die Anhörung eingelassen hatte (Blatt 38), die ja in direkter Beziehung zu der Presseerklärung des BDK vom 29. November 2004 stand. Damit hätte bei der Auslegung der Pflichten aus § 8 BAT-O, die das beklagte Land hier als Wohlverhaltenspflicht bezeichnet, auch berücksichtigt werden müssen, dass das Handeln des Klägers in Wahrnehmung der Rechte des Berufsverbandes aus Art. 9 Absatz 3 Grundgesetz erfolgt ist.

122

Dennoch lässt sich aus dieser Bewertung des Vorfalls durch das erkennende Gericht nicht der Schluss ziehen, die vielleicht etwas übertriebene Reaktion in Form einer Abmahnung sei in der Absicht erfolgt, den Kläger zu schädigen. Dieser Schluss verbietet sich in erster Linie aufgrund des Umstandes, dass der Konflikt des Klägers mit seiner Dienststelle mit der Aussage des Klägers vor dem Landtag und der Presse in Anwesenheit des ebenfalls eingeladenen Abteilungsleiters Polizei im Innenministerium Herrn N. erstmals diese hohe Hierarchieebene innerhalb des Ministeriums erreicht hatte. Mit Herrn N., der die Abmahnung auch unterzeichnet hat, war eine neue Person in den Konflikt einbezogen worden und es ist davon auszugehen, dass diese Person den Konflikt nicht von vornherein durch die Brille der Personen im LKA gesehen hat, die diesen Konflikt bereits seit Jahren geführt und nicht bewältigt haben. Es ist daher nicht ersichtlich, weshalb Herr N. geneigt gewesen sein sollte, seine Amtsautorität dadurch zu beschädigen, dass er eine Entscheidung trifft, die durch sachfremde Erwägungen geprägt oder überlagert ist.

10.

123

Das Gericht kann ebenfalls keinen Zusammenhang zwischen einem feindlichen Vorgehen gegen den Kläger und dem Artikel im F... vom 14. Mai 2005 erkennen. Die Konstruktion des Klägers, der Direktor des LKA habe sich über diesen Artikel und über seinen - streitig gebliebenen - Versuch, diesen zu verhindern, so geärgert, dass er dem Kläger die Teilnahme an der 50. Jahrestagung PKS in Berlin im Juni 2005 verboten habe, ist spekulativ geblieben. Ein solcher Zusammenhang drängt sich auch nicht auf.

11.

124

Auch die Verweigerung der Teilnahme des Klägers an der 50. Jahrestagung PKS in Berlin im Juni 2005 durch die Hausspitze des LKA kann nicht als persönlich gegen den Kläger gerichtet angesehen werden.

125

Denn zu dieser Veranstaltung hatte der Kläger erst im Mai 2005 einen Dienstreiseantrag gestellt. Zu diesem Zeitpunkt bestanden aber bereits die Planungen, den Kläger kurzfristig abzuordnen und möglicherweise sogar schon der Plan, ihn langfristig zu versetzen. So gab es für die Ablehnung dieses Dienstreiseantrages zumindest objektiv einen sachlichen Anlass. Das Gericht hat daher nicht weiter aufgeklärt, wie die Dienststelle die Ablehnung der Dienstreise tatsächlich gegenüber dem Kläger begründet hat.

12.

126

Eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers ergibt sich schließlich auch nicht aus der Abordnung und Versetzung auf seinen derzeitigen Dienstposten im Laufe des Jahres 2005.

127

Durch die überraschend schroffe Reaktion des Klägers auf das Personalgespräch vom 14. September 2004 in seiner Stellungnahme vom 12. Oktober 2004 wurde für jeden außenstehenden Beobachter klar, dass es im LKA einen Konflikt gibt, der innerhalb des LKA durch die dort handelnden Personen nicht mehr bewältigt werden konnte. Die übergeordnete Behörde musste daher im Interesse der Gewährleistung des Dienstbetriebes und im Schutzinteresse für alle am Konflikt beteiligten Beschäftigten eingreifen. Dabei steht ihr ein weites Handlungsermessen zu. Sie ist nicht verpflichtet durch aufwändige Ermittlungen den wahren Bösen festzustellen, um dann gegen ihn vorzugehen, sie kann vielmehr nach pragmatischen Gesichtspunkten die Person heraus greifen und versetzen, für die ein anderer geeigneter Dienstposten zur Verfügung steht. Insoweit hat das beklagte Land mit der Abordnung und Versetzung des Klägers alles richtig gemacht; wenn man einen Vorwurf erheben will, könnte es nur der sein, zwischen dem gescheiterten Personalgespräch und der Personalmaßnahme acht Monate zugewartet zu haben.

128

Der neue Dienstposten des Klägers passt von der Wertigkeit zu seinem arbeitsrechtlichen Status und mit seiner Wahrnehmung sind auch keine unzumutbaren Beschwerlichkeiten in örtlicher Hinsicht verbunden. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht wurde auch Einblick genommen in den schriftlichen Arbeitsvertrag der Parteien. Aus ihm ergeben sich auch keine Einschränkungen seiner Versetzbarkeit oder gar eine Konkretisierung auf seinen Dienstposten im LKA. Vielmehr handelt es sich um eine für den öffentlichen Dienst typischen fast aussagelosen Arbeitsvertrag, der im Wesentlichen auf die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes verweist. Für das Gericht ist daher der Vorwurf des Klägers nicht nachvollziehbar, diese Maßnahme verletzte ihn im besonderen Maße in seinem Persönlichkeitsrecht.

129

Dass das beklagte Land den Kläger zunächst nur für drei Monate abgeordnet hatte, die Abordnung dann noch einmal verlängerte und dann erst die Versetzung aussprach, hält das Gericht zwar für unglücklich und gegenüber dem beteiligungspflichtigen Personalrat auch für unehrlich. Darin kommt aber keine Sonderbehandlung zu Lasten des Klägers zum Ausdruck, denn es ist gerichtsbekannt, dass dies in allen Ministerien der Landesverwaltung gern so gehandhabt wird.

13.

130

Auch die Zusammenschau all der vom Kläger angeführten Ereignisse ergibt kein anderes Bild. Allein schon die Anzahl der Personen, die sich an dem Mobbing zu Lasten des Klägers beteiligt haben sollen, macht es unwahrscheinlich, dass all diese Personen tatsächlich nach einem gemeinsamen Plan gehandelt haben oder wenigstens alle an einem Strang gezogen haben. Wie oben aufgezeigt gab es für die 12 hier untersuchten und als nicht mobbing-relevant eingeschätzten Vorkommnisse auch stets einen sachlichen Anlass für das Verhalten der handelnden Personen. Als gegen den Kläger gerichtet könnten diese Vorkommnisse also nur dann gewertet werden, wenn man feststellen könnte, dass unter dem Deckmantel eines sachlichen Anlasses andere Ziele verfolgt wurden. Das ist trotz aller Bemühungen des Gerichts um die Aufklärung des Sachverhalts bis zum Schluss aber spekulativ geblieben.

131

Es muss zwar mit der gebotenen Deutlichkeit festgehalten werden, dass es in der Behandlung des Klägers immer wieder beachtliche Besonderheiten gegeben hat, aus denen man sogar bei oberflächlicher Betrachtung den Eindruck von Mobbing gewinnen könnte. Für die bewusste Schaffung eines feindlichen Umfeldes im Sinne von § 3 Absatz 3 AGG fehlen jedoch die erforderlichen Indizien. Gerade der lange Zeitraum, über den der ganze Konflikt geschwelt hat, zeigt für das Gericht, dass er nicht als auf einem einheitlichen Plan beruhend begriffen werden kann. Das Gericht geht vielmehr davon aus, dass die Stärken und die Schwächen der handelnden Personen auf beiden Seiten immer wieder Effekte gehabt hatten, die den Kläger mehr und mehr an den Rand der Dienstgemeinschaft im LKA geführt haben, ohne dass dem ein Plan oder etwas ähnliches zu Grunde lag. Das wird belegt durch die Vielzahl der Personen, die dazu - allerdings nicht beweisbar bewusst - ihren Beitrag geleistet haben. Wenn man den Vorgesetzten des Klägers einen Vorwurf machen wollte, könnte es nur der sein, dass man diese Dynamik nicht oder nicht früh genug erkannt hat und dementsprechend spät erst mit der Abordnung und Versetzung reagiert hat. Dieser Vorwurf hat aber nichts mit einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts oder gar mit Mobbing zu tun.

132

Selbst wenn man hilfsweise die oben unter oben 11. untersuchte Verweigerung der Dienstreise zur 50. Jahrestagung PKS im Juni 2005 in Berlin noch zu den Vorkommnissen zählen würde, in denen sich ein unfaires Verhalten gegenüber dem Kläger ausdrückt, weil diese Verweigerung in das oben herausgearbeitete Muster des Mobbing-Verhaltens passt, würde sich daraus keine höhere Entschädigung zu Gunsten des Klägers ergeben. Denn bei der Bemessung der Entschädigung hat das Gericht ohnehin des gesamten Zeitraum von März 2004 bis zur klägerischen Abordnung im Juni 2005 bewertet; es wäre daher nicht entscheidungserheblich, wenn zu den 4 in diesem Zeitraum festgestellten Einzelereignissen ein weiteres gleichgelagertes dazukommen würde.

III.

133

Die Berufung ist auch unbegründet, soweit der Kläger mit dem Klageantrag zu 2 entgangenes Entgelt als Schadensersatz wegen der inzwischen eingetretenen Gesundheitsschäden fordert.

134

Der Klageantrag zu 2 ist unbegründet. Die Voraussetzungen für die Zahlung der Vergütungsdifferenzen zwischen dem tatsächlich bezogenen Krankengeld und dem im Falle von Arbeitsfähigkeit im Streitzeitraum verdienten Arbeitsentgelt für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit ab der zweiten Jahreshälfte 2005 bis Ende 2007 sind nicht erfüllt. Eine vertragliche Anspruchsgrundlage zur Zahlung des Arbeitsentgelts trotz unterbliebener Arbeitsleistung ist nicht ersichtlich. Daher könnte der Anspruch allein als Schadensersatzleistung begründet sein. Das beklagte Land ist allerdings nicht zum Schadensersatz verpflichtet, da nicht festgestellt werden kann, dass die der Arbeitsunfähigkeit zu Grunde liegenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Klägers vom beklagten Land schuldhaft herbeigeführt worden sind. Eine gezielte Beschädigung der Gesundheit des Klägers durch Mitarbeiter des beklagten Landes ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Demnach verbleibt nur die Möglichkeit, dass Mitarbeiter des beklagten Landes gezielt das Persönlichkeitsrecht des Klägers verletzt oder missachtet haben könnten und sich diese Kränkung beim Kläger in einer Reaktion mit Krankheitswert ausgewirkt hat. Aber auch eine solche Feststellung kann nicht getroffen werden.

1.

135

Durch die Abordnung und spätere Versetzung im Jahre 2005 hat das beklagte Land nicht vorwerfbar die Gesundheit des Klägers geschädigt.

136

Selbst wenn es - was bewusst offen bleiben soll - für das beklagte Land vorhersehbar gewesen sein sollte, dass die Abordnung und Versetzung beim Kläger eine Depression auslösen würde und er aufgrund seiner Anpassungsstörung mit Krankheitswert nicht in der Lage sein würde, sich auf seinen neuen Dienstposten einzustellen, kann daraus keine Einschränkung des im dienstlichen Interesse bestehenden weiten Ermessensspielraums des Dienstherrn bei dieser Entscheidung folgen. Vielmehr hat sich aus Anlass der dienstlich gebotenen und rechtmäßigen Personalmaßnahme gezeigt, dass der Kläger an einem gesundheitlichen Defizit leidet, das seine Eignung, als Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst tätig zu sein, ernsthaft in Frage stellt, weil sie den im öffentlichen Dienst üblichen und mit Recht geforderten flexiblen Einsatz des Personals auf verschiedenen Dienstposten beim Kläger unmöglich macht.

137

Diese Feststellung kann durch eine vergleichende Betrachtung der Pflichten des Arbeitgebers, dem gesundheitlich geschwächten Arbeitnehmer einen leidensgerechten Arbeitsplatz anzubieten, bestätigt werden. In der Rechtsprechung ist es insoweit anerkannt, dass der Arbeitgeber verpflichtet sein kann, dem Arbeitnehmer einen leidensgerechten Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen. Diese Verpflichtung fußt auf der Fürsorgepflicht und sie ist auch Ausdruck des Verhältnismäßigkeitsprinzips; eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses wegen der gesundheitlichen Einschränkungen soll erst dann in Betracht kommen, wenn es nicht mehr möglich ist, den Arbeitnehmer vertragsgemäß zu beschäftigen und es auch nicht mehr möglich ist, ihm einen leidensgereichten Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen. Diese Pflicht wird aber begrenzt durch die betrieblichen Interessen des Arbeitgebers. Seine Pflicht zur leidensgerechten Beschäftigung des Arbeitnehmers endet dort, wo ihm dies unzumutbar wird.

138

Nach allen medizinischen Stellungnahmen, die sich in der Akte befinden, wäre der einzige leidensgerechte Arbeitsplatz für den Kläger sein alter Arbeitsplatz im LKA. Es ist für das beklagte Land unzumutbar, ihn auf diesem Arbeitsplatz einzusetzen. Daher kann die Abordnung und spätere Versetzung des Klägers, trotz ihrer möglicherweise erkennbar gewesenen gesundheitlichen Risiken für den Kläger nicht als vorwerfbare Missachtung der Gebrechen des Klägers bewertet werden.

2.

139

Es kann nicht festgestellt werden, dass die inzwischen beim Kläger aufgetretenen ernsthaften gesundheitlichen Probleme kausal auf der oben festgestellten Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers in der Zeit zwischen März 2004 und seiner Abordnung im Juni 2005 beruhen.

140

Die Darlegungs- und Beweislast für den beim Schadensersatz notwendigen kausalen Zusammenhang zwischen der Verletzungshandlung und dem eingetretenen Schaden liegt beim Geschädigten, hier beim Kläger. Eine Beweiserleichterung bei mobbing-typischen Erkrankungen hat das Bundesarbeitsgericht nicht anerkannt (BAG 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - aaO).

141

Anerkannt ist allerdings, dass ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen der schädigenden Handlung und dem Auftreten des Gesundheitsschadens zu einer Beweiserleichterung zu Gunsten des geschädigten Arbeitnehmers führen kann (BAG 16. Mai 2007 aaO und ihm folgend LAG Mecklenburg-Vorpommern 13. Januar 2009 - 5 Sa 86/08). Ein solcher enger zeitlicher Zusammenhang ist hier durchaus gegeben, denn die krankheitsbedingten Ausfallzeiten begannen sozusagen unmittelbar in Anschluss an die Zeit, als der Kläger 2004 und 2005 unfair durch die Hausspitze im LKA behandelt wurde.

142

Dieser feststellbare enge zeitliche Zusammenhang reicht aber aufgrund der besonderen Umstände des vorliegenden Falles nicht aus, um von einer Kausalität zwischen der Persönlichkeitsrechtsverletzung und dem eingetretenen Gesundheitsschaden auszugehen. Maßgebend für diese Bewertung durch das Gericht sind die inzwischen zahlreichen medizinischen Stellungnahmen zu den gesundheitlichen Problemen des Klägers. Wie ein roter Faden zieht sich durch all diese Stellungnahmen die Herstellung des Zusammenhangs zwischen der Abordnung und späteren Versetzung des Klägers und dem Auftreten der depressiven Verstimmung. Als maßgebend wird hierfür die in der Persönlichkeit des Klägers begründete Unfähigkeit zur Anpassung an das neue Arbeitsumfeld angesehen. Daraus muss das Gericht schließen, dass die depressive Verstimmung des Klägers und der Verlust seiner Arbeitsfähigkeit nicht auf der Verletzung des Persönlichkeitsrechts in der Zeit von März 2004 bis Mai 2005 beruht, sondern auf der sich daran anschließenden Maßnahme der Abordnung und Versetzung. Damit verliert der enge zeitliche Zusammenhang zwischen der Verletzungshandlung und dem Auftreten des Gesundheitsschadens seine Aussagekraft, denn sozusagen im Schnittpunkt beider Zeitabschnitte hat es ein weiteres Ereignis gegeben, dass aus medizinischer Sicht die Probleme des Klägers hervorgerufen hat.

143

In der Gesamtbewertung kann das Gericht daher keinen nennenswerten Effekt der unfairen Behandlung des Klägers in der Zeit von März 2004 bis zu klägerischen Abordnung an eine andere Dienststelle ab Juni 2005 auf die gesundheitliche Situation des Klägers erkennen.

IV.

144

Auch der Klageantrag zu 3. ist nicht begründet. Denn da dem Kläger schon dem Grunde nach kein Schadensersatz hinsichtlich der wegen Krankheit entgangenen Vergütung zusteht (vgl. oben III.), ist auch die Feststellung der weiteren Schadensersatzpflicht für die entgangene Vergütung ab Januar 2008 nicht begründet.

145

Auch der Klageantrag zu 4., der sich auf die Feststellung der Schadensersatz- und Entschädigungspflicht in der Zukunft bezieht, ist nicht begründet. Eine weitere Entschädigung steht dem Kläger nicht zu. Er wird entschädigt für seine unfaire Behandlung in den letzten 15 Monaten seiner Tätigkeit im LKA, der Vorgang ist abgeschlossen. Es ist nicht ersichtlich, woraus sich in der Zukunft noch ein Anlass zu weiterer Entschädigung ergeben sollte. Auch die Feststellung der weitern Schadensersatzpflicht ist unbegründet, da das Gericht insgesamt nicht davon ausgeht, dass sich das beklagte Land schadensersatzbegründend verhalten hat.

V.

146

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Absatz 1 ZPO und sie berücksichtigt sowohl das teilweise Obsiegen des Klägers im Rechtsstreit als auch die Kosten des erfolgreichen Revisionsverfahrens. Die Kosten des Revisionsverfahrens sind von der Kostenentscheidung mit umfasst.

147

Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision aus § 72 ArbGG sind nicht erfüllt.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 13. Januar 2009 - 5 Sa 112/08 - aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche, die der Kläger wegen „Mobbings“ geltend macht.

2

Der Kläger war als Diplomjurist in der DDR seit 1976 Staatsanwalt. Seit 1993 ist er beim beklagten Land angestellt und wird nach BAT VergGr. II a vergütet. Als stellvertretender Dezernatsleiter war er beim Landeskriminalamt mit der Auswertung der polizeilichen Kriminalstatistik in den Bereichen Kriminalitätsanalyse, Kriminalstrategie, Kriminalitätsprävention und Kriminalstatistik befasst. Zudem hat sich der Kläger in der Kriminalforschung engagiert, auch im Rahmen seiner dienstlichen Aufgaben.

3

Im Mai 2000 führte das beklagte Land ein System von Zielvereinbarungen für den Polizeibereich ein. Dies führte zu einem Konflikt zwischen dem Kläger und dem Direktor des Landeskriminalamtes W über die richtige Führung der Polizeistatistik, insbesondere über die Frage, ob die Zielvereinbarungen die Kriminalstatistik schädigen oder beeinflussen können oder dies schon getan haben. Der Kläger hat Zielvereinbarungen ua. wegen eines Verstoßes gegen das Legalitätsprinzip für rechtswidrig gehalten. Seine Kritik veröffentlichte er im September 2000 in einer Fachzeitschrift, was zu weiteren Auseinandersetzungen auch mit anderen LKA-Mitarbeitern führte. 2002 wurde ein Antrag des Klägers auf Höhergruppierung abschlägig beschieden, was der Kläger erfolglos arbeitsgerichtlich überprüfen ließ.

4

Am 5. März 2004 erhielt der Kläger den Auftrag, eine vergleichende Stellungnahme zu einer aus Polen stammenden Kriminalstatistik abzugeben. Diese Stellungnahme legte der Kläger am 11. März 2004 vor. Der Leiter des Leitungsstabes im LKA M brachte auf der Ausarbeitung des Klägers den handschriftlichen Vermerk an:

        

„1.     

(Thema verfehlt): Aufgabe war nicht der Vergleich Stettin-MV;

        

2.    

auch noch verspätet vorgelegt.“

5

Nachdem der Kläger wiederholt aus kriminalwissenschaftlichen Gründen die Mitarbeit an bestimmten Projekten abgelehnt hatte, wurde er im Jahr 2004 von dem Kriminaldirektor W zu dem Eindruck angehört, er verhalte sich zunehmend destruktiv, sei nicht mehr gewillt, seine Aufgaben als Dezernent ordnungsgemäß wahrzunehmen und es sei zu überlegen, ob er noch geeignet sei, den ihm übertragenen Dienstposten auszufüllen. Der Kläger wies die Vorwürfe in der Sache zurück und kündigte an, sich gegen eine Fortsetzung solchen „Mobbings“ mit allen rechtlich zulässigen Mitteln zur Wehr zu setzen. Im Dezember 2004 wurde der Kläger wegen eines Verstoßes gegen seine Verschwiegenheits- und seine Wohlverhaltenspflicht abgemahnt. Die von ihm dagegen erhobene Klage wurde rechtskräftig abgewiesen. Schon seit dem Spätsommer 2004 war der Kläger zunehmend von Forschungsprojekten, die er bis dahin im Rahmen seiner dienstlichen Tätigkeit mit verfolgte, ausgeschlossen worden.

6

Im Mai 2005 wurde der Kläger im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit einem kritischen Artikel des Magazins „Focus“ zu dem Zielvereinbarungssystem für die Polizei Mecklenburg-Vorpommerns zum 1. Juni 2005 an das Landesamt für Brand- und Katastrophenschutz abgeordnet und schließlich zum 1. Dezember 2005 dorthin dauerhaft versetzt, wobei ihm der höher bewertete Dienstposten eines Dezernatsleiters übertragen wurde. Ein gegen die Abordnung und Versetzung eingeleitetes arbeitsgerichtliches Verfahren wurde rechtskräftig zu Lasten des Klägers entschieden.

7

Nach Vorerkrankungen ist der Kläger seit dem 2. Januar 2007 durchgehend arbeitsunfähig erkrankt, seit dem 1. September 2008 erhält er - befristet - eine Erwerbsminderungsrente. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, nur er habe innerhalb des LKA wie des Landesdienstes überhaupt die Fachkompetenz, darüber zu entscheiden, wie die Polizeistatistik zu führen sei. Die Führung des LKA wie auch das Innenministerium hätten diese seine Entscheidungskompetenz missachtet und wegen seiner kritischen Haltung zu Zielvereinbarungen für den Polizeidienst beschlossen, ihn aus dem Dienst zu drängen. Dieser feindlichen Einstellung zu seiner Person sei seine Versetzung an das Amt für Brand- und Katastrophenschutz des Landes geschuldet, was sich schon aus dem zeitlichen Zusammenhang mit dem ebenfalls kritischen Focus-Artikel ergebe.

8

Neben einem Schmerzensgeld begehrt der Kläger ua. auch Ersatz für Verdienstausfall für die Zeit seiner Erkrankung in rechnerisch nicht streitiger Höhe von 5.951,80 Euro.

9

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld, welches 35.000,00 Euro nicht unterschreiten sollte, zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 5.951,80 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

        

3.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger ab dem 1. Januar 2008 die Differenz zwischen dem ihm von der Deutschen Angestellten Krankenkasse gezahlten Krankengeld und seinem monatlichen Nettoverdienst, welches er bis zum 7. September 2006 von der Beklagten bzw. der Abrechnungsstelle der Beklagten erhalten hat, zu zahlen;

        

4.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger allen weiteren materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen hat, der ihm aufgrund des Mobbings der Beklagten bzw. des von der Beklagten gegenüber dem Kläger geduldeten Mobbings durch Angestellte und Mitarbeiter der Beklagten in der Zeit von 1997 bis 2006 entstanden ist und entstehen wird, soweit der Anspruch nicht auf einen Sozialversicherungsträger oder andere Dritte übergegangen ist.

10

Das beklagte Land hat die Abweisung der Klage beantragt und die Mobbingvorwürfe des Klägers bestritten. Anfeindungen, Beleidigungen oder Ausgrenzungen des Klägers habe es nicht gegeben.

11

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht, da es bei seiner Entscheidung den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt hat.

13

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Die Teilaufgabe „Kriminalforschung/Teilnahme an Forschungsprojekten“ habe das beklagte Land dem Kläger in der achtmonatigen Schwebephase zwischen dem gescheiterten Personalgespräch im Herbst 2004 und der Abordnung des Klägers zum 1. Juni 2005 entzogen, indem es dem Kläger die Teilnahme an drei in diesen Zeitraum fallenden Veranstaltungen/Projekten verweigert habe. Da es dafür an einer sachlichen Rechtfertigung fehle, müsse gefolgert werden, dass der Kläger wegen seiner fehlenden Eingliederungsbereitschaft in den Dienstbetrieb bestraft werden sollte, was ihn in seinem Persönlichkeitsrecht verletze und insoweit auf eine feindliche Einstellung der Hausspitze des LKA gegenüber dem Kläger schließen lasse. Es liege ein Missbrauch der Vorgesetztenstellung vor, durch den der Kläger in seinem sozialen Geltungsbereich empfindlich verletzt worden sei. Dagegen könne in den weiteren vom Kläger dargelegten Vorfällen keine Verletzung seines Persönlichkeitsrechts gesehen werden, auch fehle es an den erforderlichen Indizien für die bewusste Schaffung eines feindlichen Umfeldes.

14

Die handschriftlichen Vermerke M auf dem Bericht des Klägers vom 11. März 2004 zur Vergleichbarkeit der polnischen und der deutschen Kriminalstatistik hätten zwar einen deutlich personenbezogenen Schwerpunkt, da der Eindruck einer Beurteilung der persönlichen Leistung des Klägers vermittelt werde, die jedenfalls mit der sachlichen Bewertung des Berichts nichts mehr zu tun habe. Die Vermerke „Thema verfehlt“ und „auch noch verspätet vorgelegt“ hätten allenfalls in die Personalakte des Klägers gehört, nicht jedoch in die Sachakte, der sie zugeführt worden seien. Dort hätten auch solche Personen von den Vermerken Kenntnis nehmen können, denen ein Zugriff auf die Personalakte des Klägers verwehrt gewesen sei. Aus dem Erfahrungshorizont des Gerichts sei aber festzuhalten, dass es heute nicht ungewöhnlich sei, dass sich Vorgesetzte im Rahmen ihrer Vermerke auf Berichte von Untergebenen solche ins Persönliche gehende Bemerkungen erlaubten. Mit dem Vermerk komme daher keine Sonderbehandlung gegenüber dem Kläger zum Ausdruck.

15

Bei der erforderlichen Gesamtbetrachtung zeige der lange Konfliktzeitraum von 2000 bis 2005, dass die Auseinandersetzungen nicht als auf einem einheitlichen Plan beruhend begriffen werden könnten. Darauf weise auch die Vielzahl der handelnden Personen hin, die, wenn auch nicht nachweisbar bewusst, ihren Beitrag zu dem Konflikt geleistet hätten. Die drei festzustellenden Persönlichkeitsrechtsverletzungen seit Herbst 2004 müssten als so geringfügig eingeschätzt werden, dass sie die aufgetretenen ernsthaften gesundheitlichen Probleme des Klägers nicht ausgelöst haben könnten. Die Ursachen dürften zwar im Arbeitsumfeld des Klägers zu suchen sein, könnten aber nicht auf Handlungen der Dienststelle zurückgeführt werden. Der Kläger habe zu seiner Außenseiterposition in eigener Verantwortung beigetragen. Ihm sei auch mehrfach ärztlicherseits die Unfähigkeit zur Anpassung an die neue Arbeitssituation bescheinigt worden. Könne somit eine schuldhaft verursachte Schädigung der Gesundheit des Klägers durch das beklagte Land in der Gesamtschau nicht festgestellt werden, so brauche es für einen Schmerzensgeldanspruch eine schwere, unmittelbare Verletzung des Persönlichkeitsrechts. Zwar sei der Kläger ab 2004 daran gehindert worden, auch dienstlich an Projekten und Tagungen zur Kriminalforschung teilzunehmen. Dies stelle aber keine schwere Persönlichkeitsverletzung dar.

16

B. Das landesarbeitsgerichtliche Urteil hält wegen eines Verstoßes gegen § 139 ZPO, der den Kläger in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör(Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt, einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand und ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO, § 72 Abs. 5 ArbGG). In der Sache selbst kann der Senat wegen fehlender tatsächlicher Feststellungen nicht entscheiden, weswegen die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen ist, § 563 Abs. 3 ZPO.

17

I. „Mobbing“ ist kein Rechtsbegriff und damit auch keine mit einer Rechtsnorm vergleichbare selbständige Anspruchsgrundlage für Ansprüche eines Arbeitnehmers gegen seinen Arbeitgeber oder gegen Vorgesetzte bzw. Arbeitskollegen. Macht ein Arbeitnehmer konkrete Ansprüche aufgrund von Mobbing geltend, muss jeweils geprüft werden, ob der in Anspruch Genommene in den vom Kläger genannten Einzelfällen arbeitsrechtliche Pflichten, ein absolutes Recht des Arbeitnehmers iSd. § 823 Abs. 1 BGB, ein Schutzgesetz iSd. § 823 Abs. 2 BGB verletzt oder eine sittenwidrige Schädigung iSd. § 826 BGB begangen hat. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass es Fälle gibt, in welchen die einzelnen, vom Arbeitnehmer dargelegten Handlungen oder Verhaltensweisen seiner Arbeitskollegen, Vorgesetzten oder seines Arbeitgebers für sich allein betrachtet noch keine Rechtsverletzungen darstellen, jedoch die Gesamtschau der einzelnen Handlungen oder Verhaltensweisen zu einer Vertrags- oder Rechtsgutsverletzung führt, weil deren Zusammenfassung aufgrund der ihnen zugrunde liegenden Systematik und Zielrichtung zu einer Beeinträchtigung eines geschützten Rechtes des Arbeitnehmers führt (BAG 25. Oktober 2007 - 8 AZR 593/06 - BAGE 124, 295 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 6 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 7; 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6). Letzteres ist insbesondere dann der Fall, wenn unerwünschte Verhaltensweisen bezwecken oder bewirken, dass die Würde des Arbeitnehmers verletzt und ein durch Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. Dies entspricht der in § 3 Abs. 3 AGG erfolgten Definition des Begriffes „Belästigung“, die eine Benachteiligung iSd. § 1 AGG darstellt. Da ein Umfeld grundsätzlich nicht durch ein einmaliges, sondern durch ein fortdauerndes Verhalten geschaffen wird, sind alle Handlungen bzw. Verhaltensweisen, die dem systematischen Prozess der Schaffung eines bestimmten Umfeldes zuzuordnen sind, in die Betrachtung mit einzubeziehen. Demzufolge dürfen einzelne zurückliegende Handlungen/Verhaltensweisen bei der Beurteilung nicht unberücksichtigt gelassen werden (BAG 25. Oktober 2007 - 8 AZR 593/06 - aaO; 24. April 2008 - 8 AZR 347/07 - AP BGB § 611 Haftung des Arbeitgebers Nr. 42 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 8).

18

II. Das beklagte Land hat als Arbeitgeber gegenüber dem Kläger als Arbeitnehmer bestimmte Fürsorge- und Schutzpflichten wahrzunehmen. Nach § 241 Abs. 2 BGB erwachsen jeder Vertragspartei aus einem Schuldverhältnis nicht nur Leistungs-, sondern auch Verhaltenspflichten zur Rücksichtnahme und zum Schutz der Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils. Dies verbietet auch die Herabwürdigung und Missachtung eines Arbeitnehmers. Dieser hat daher Anspruch darauf, dass auf sein Wohl und seine berechtigten Interessen Rücksicht genommen wird, dass er vor Gesundheitsgefahren, auch psychischer Art, geschützt wird, und dass er keinem Verhalten ausgesetzt wird, das bezweckt oder bewirkt, dass seine Würde verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. Der Arbeitgeber ist in diesem Zusammenhang insbesondere auch zum Schutz der Gesundheit und des Persönlichkeitsrechts des Arbeitnehmers verpflichtet ( BAG 25. Oktober 2007 - 8 AZR 593/06 - BAGE 124, 295 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 6 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 7; 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6 ).

19

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist das Recht des Einzelnen auf Achtung und Entfaltung seiner Persönlichkeit. Zum Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gehört auch der sog. Ehrenschutz, der auf den Schutz gegen unwahre Behauptungen und gegen herabsetzende, entwürdigende Äußerungen und Verhaltensweisen und die Wahrung des sozialen Geltungsanspruchs gerichtet ist (ErfK/Schmidt 10. Aufl. Art. 2 GG Rn. 48, 84). Es umfasst damit auch den Anspruch auf Unterlassung der Herabwürdigung und Missachtung durch andere (BAG 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6 ).

20

III. Die Frage, ob ein Gesamtverhalten als eine einheitliche Verletzung von Rechten des Arbeitnehmers zu qualifizieren ist und ob einzelne Handlungen oder Verhaltensweisen für sich genommen oder in der Gesamtschau einen rechtsverletzenden Charakter haben, unterliegt der revisionsrechtlich nur eingeschränkt überprüfbaren tatrichterlichen Würdigung. Ob Rechte des Arbeitnehmers verletzt worden sind, muss von den Tatsachengerichten aufgrund einer Güter- und Interessenabwägung unter sorgsamer Würdigung aller Umstände des Einzelfalles beurteilt werden. Diese Würdigung darf dem Berufungsgericht nicht entzogen werden ( BAG 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6 ). Daher kann das Revisionsgericht nur überprüfen, ob das Landesarbeitsgericht Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt, alle wesentlichen Umstände des Einzelfalles beachtet und hinreichend gewürdigt hat und ob es in die vorzunehmende Güter- und Interessenabwägung die wesentlichen Umstände des Einzelfalles in nachvollziehbarer Weise mit einbezogen hat, sowie ob das Urteil in sich widerspruchsfrei ist (BAG 25. Oktober 2007 - 8 AZR 593/06 - BAGE 124, 295 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 6 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 7; 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - aaO ).

21

1. Die Feststellungen des Landesarbeitsgerichts, die Vorgesetzten des Klägers hätten beim Aufgabenbereich „Kriminalforschung“ das Persönlichkeitsrecht des Klägers von Herbst 2004 bis zu seiner Abordnung am 1. Juni 2005 in drei Fällen verletzt, ihm für diesen Zeitraum in Ermangelung anderer Aufgaben diesen Tätigkeitsbereich komplett entzogen und ihre Vorgesetztenstellung missbraucht, um den Kläger wegen seiner fehlenden Eingliederungsbereitschaft in den Dienstbetrieb zu bestrafen, werden diesen Anforderungen gerecht und sind revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

22

2. Soweit das Landesarbeitsgericht festgestellt hat, dass das Persönlichkeitsrecht des Klägers nicht durch die handschriftlichen Vermerke des Vorgesetzten M auf dem Bericht des Klägers vom 11. März 2004 zur Vergleichbarkeit der polnischen und deutschen Kriminalstatistik verletzt worden ist, hat es den Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt, indem es der Entscheidung seinen eigenen Erfahrungshorizont zugrunde gelegt hat, ohne diesen zuvor offen zu legen.

23

a) Der Kläger hat eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör gerügt, da es das Landesarbeitsgericht unterlassen habe, ihm einen nach § 139 Abs. 2 ZPO gebotenen Hinweis zu erteilen. Das Landesarbeitsgericht hätte darauf hinweisen müssen, dass es aufgrund eines eigenen Erfahrungshorizonts davon ausgehe, derartige Bemerkungen in einem Vermerk brächten keine Sonderbehandlung gegenüber dem Kläger zum Ausdruck und dass es aufgrund seines eigenen Erfahrungshorizonts auch nicht unüblich erscheine, dass sich Vorgesetzte im Rahmen ihrer Vermerke auf Berichten von Untergebenen derart ins Persönliche gehende Bemerkungen erlaubten. Auch hat der Kläger gerügt, dass der eigene Erfahrungshorizont vom Landesarbeitsgericht weder offen gelegt worden sei, noch dargelegt worden sei, aus welchen Erfahrungswerten dieser resultiere.

24

Der Kläger hat ausgeführt, dass er im Falle der gebotenen Hinweise durch das Landesarbeitsgericht vorgebracht hätte, derartige Bemerkungen entsprächen gerade nicht der Üblichkeit. Hierzu wäre die Einholung eines Sachverständigengutachtens angeboten worden, aus dem sich ergeben hätte, dass es sich vielmehr um eine Sonderbehandlung des Klägers durch den Zeugen Mager handele. Das Landesarbeitsgericht wäre sodann zu dem Ergebnis gelangt, dass es sich gerade nicht um eine im Arbeitsleben übliche Konfliktsituation gehandelt habe und es hätte das Vorhandensein einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung angenommen. Diese schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung hätte in Verbindung mit den festgestellten Persönlichkeitsrechtsverletzungen das Landesarbeitsgericht zu der Entscheidung gebracht, dass gegenüber dem Kläger tatsächlich Mobbinghandlungen ausgeführt worden seien und das Urteil wäre zu Gunsten des Klägers ausgefallen.

25

b) Neben dem Parteivorbringen darf das Gericht bei seiner Entscheidung auch offenkundige Tatsachen iSv. § 291 ZPO verwerten. Offenkundig ist eine Tatsache dann, wenn sie zumindest am Gerichtsort der Allgemeinheit bekannt oder ohne besondere Fachkunde - auch durch Information aus allgemein zugänglichen zuverlässigen Quellen - wahrnehmbar ist. Offenkundig kann eine Tatsache auch dann sein, wenn der Richter sie aus seiner jetzigen oder früheren amtlichen Tätigkeit kennt („gerichtskundige Tatsachen“), allerdings nur dann, wenn die zur Entscheidung berufenen Richter sich nicht erst durch Vorlegung von Akten uä. informieren müssen. Keine Gerichtskundigkeit begründet die Sachkunde, die das Gericht aus ähnlichen Verfahren gewonnen haben will (Zöller/Greger ZPO 28. Aufl. § 291 Rn. 1).

26

Solche offenkundigen oder gerichtskundigen Tatsachen sind seitens des Gerichts in die mündliche Verhandlung einzuführen, um den in Art. 103 Abs. 1 GG normierten Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs vor Gericht zu sichern. Nur solche Tatsachen, Beweisergebnisse und Äußerungen anderer dürfen zugrunde gelegt werden, zu denen die Streitbeteiligten Stellung nehmen konnten (BAG 11. September 1997 - 8 AZR 4/96 - BAGE 86, 278 = AP Einigungsvertrag § 38 Nr. 7 = EzA Einigungsvertrag Art. 20 Soziale Auswahl Nr. 5; BVerfG 14. April 1959 - 1 BvR 109/58 - BVerfGE 9, 261; 7. Oktober 1980 - 2 BvR 1581/79 - BVerfGE 55, 95).

27

c) Das Landesarbeitsgericht hat seinen „Erfahrungshorizont“ in der mündlichen Verhandlung nicht dargelegt und dem Kläger die Möglichkeit genommen, sich damit auseinanderzusetzen und ihn gegebenenfalls zu widerlegen. Dabei handelt es sich bei dem Umstand, derartige ins Persönliche gehende Bemerkungen auf Sachberichten seien in der Verwaltung des Landeskriminalamts üblich, weder um eine offenkundige noch um eine gerichtskundige Tatsache, unabhängig davon, dass sie in die mündliche Verhandlung hätte eingeführt werden müssen. Auf diesem Verfahrensfehler kann die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts auch beruhen, da bei korrektem Verfahren das Berufungsgericht möglicherweise anders entschieden hätte (BAG 6. Januar 2004 - 9 AZR 680/02 - BAGE 109, 145 = AP ArbGG 1979 § 74 Nr. 11 = EzA ZPO 2002 § 551 Nr. 1).

28

d) Bei einer erneuten Prüfung dieser Frage wird das Landesarbeitsgericht zudem klarzustellen haben, ob es eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers hier verneint oder bejaht. Im letzteren Fall könnte diese für die Gesamtbeurteilung nicht deswegen als unerheblich angesehen werden, weil sie womöglich, was sich nach weiterer Sachaufklärung herausstellen könnte, im Bereich des LKA des beklagten Landes „nicht ungewöhnlich“ ist. Auch übliche Persönlichkeitsverletzungen bleiben solche.

29

e) Der Verstoß ist auch entscheidungserheblich. Da es dem Senat verwehrt ist, die erforderlichen Feststellungen selbst zu treffen, erweist das Urteil sich nicht aus anderen Gründen als richtig, § 561 ZPO. Ob Rechte des Arbeitnehmers verletzt worden sind, muss stets von den Tatsachengerichten aufgrund einer Güter- und Interessenabwägung unter sorgsamer Würdigung aller Umstände des Einzelfalles beurteilt werden, die dem Berufungsgericht nicht entzogen werden darf (BAG 16. Mai 2007 - 8 AZR 609/06 - BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6).

30

Zwar sind die übrigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hinsichtlich der vom Kläger bezeichneten Vorfälle revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Insbesondere sind nicht mit dem Thüringer Landesarbeitsgericht (10. April 2001 - 5 Sa 403/2000 - LAGE GG Art. 2 Persönlichkeitsrecht Nr. 2) Beweiserleichterungen für den Arbeitnehmer anzunehmen, weil es keine unwiderlegbare Vermutung für die Kausalität zwischen „mobbing-typischem“ medizinischen Befund und den behaupteten Mobbinghandlungen gibt. Vielmehr werden mit der Annahme einer solchen „Konnexität“ Vermutungsfolge und Voraussetzungen des Vermutungstatbestands unzulässig vermengt (BAG 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6; Bennecke Mobbing Rn. 328). Das Landesarbeitsgericht ist auch von zutreffenden rechtlichen Grundlagen und Anspruchsvoraussetzungen ausgegangen und hat - ausgehend von drei persönlichkeitsrechtsverletzenden Handlungen - die Güter und Interessen unter Würdigung der maßgebenden Umstände sorgfältig abgewogen. Sollte aber eine weitere Persönlichkeitsrechtsverletzung hinzutreten, bedürfte es einer neuerlichen gründlichen Auseinandersetzung mit der Frage, ob nunmehr eine schwere Persönlichkeitsverletzung anzuerkennen und damit ein Schmerzensgeldanspruch des Klägers gegeben ist.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Burr    

        

    F. Avenarius    

                 

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Tenor

I. Auf die klägerische Berufung und unter teilweiser Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichtes Schwerin vom 29.01.2008 (4 Ca 293/07) wird das beklagte Land verurteilt, auf den Klageantrag zu 1. an den Kläger 2.500,00 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13. Februar 2007 zu zahlen.

II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten des Revisionsverfahrens trägt der Kläger zu 2/3 und im Übrigen das beklagte Land.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der klagende Arbeitnehmer verlangt von seinem Arbeitgeber Zahlung von Schmerzensgeld und Schadensersatz wegen Mobbings.

2

Der in den 1950er Jahren geborene Kläger ist diplomierter Jurist und Kriminologe und war von 1976 bis zum Zusammenbruch der DDR dort als Staatsanwalt tätig. Bereits in jener Zeit war er aufgrund seiner dienstlichen Aufgabenstellung zum Spezialisten für polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) geworden. Seit 1993 ist er beim beklagten Land als vollbeschäftigter Arbeitnehmer beschäftigt. Seit 1994 ist er eingruppiert in die Vergütungsgruppe IIa der Anlage 1a des BAT/BAT-O. Er war vom Zeitpunkt der Einstellung bis Ende Mai 2005 dem Landeskriminalamt (LKA) zugeteilt und war dort im Dezernat 63 („Auswertung PKS“) als Dezernent („Fachbereich PKS, Analyse und Forschung“) und stellvertretender Dezernatsleiter tätig. Als Dezernent war er zuständig für die Bereiche Kriminalitätsanalyse, Kriminalstrategie, Kriminalitätsprävention und Kriminalstatistik; daher war er der Fachmann des LKA für die polizeiliche Kriminalstatistik (PKS). Der Kläger war auch stets der Kriminologieforschung verbunden geblieben und hat diese im Rahmen seiner Aufgabenstellung in Kooperation mit universitären Forschungseinrichtungen weiter betrieben. In der Arbeitsplatzbeschreibung zum klägerischen Dienstposten ist der Forschungsanteil mit 55 Prozent angegeben.

3

Mit dem 1. Juni 2005 wurde der Kläger an das Landesamt für Brand- und Katastrophenschutz für Mecklenburg-Vorpommern in Schwerin befristet abgeordnet. Seit Dezember 2005 ist der Kläger an dieses Amt auf Dauer versetzt worden und hat dort den Dienstposten des Dezernatsleiters II (Katastrophenschutz) inne. Dieser Dienstposten ist nach A14 und damit höher bewertet als der ihm bis dahin übertragene Dienstposten.

4

Die Abordnung und spätere Versetzung erfolgte vor dem Hintergrund eines Konfliktes des Klägers mit dem Direktor des LKA. Der Konflikt entzündete sich 1999 und 2000 an Sachfragen im Zusammenhang mit der richtigen Führung der Polizeistatistik und der Frage, ob die in der ganzen Landesverwaltung derzeit so beliebten Zielvereinbarungen im Polizeibereich zu einer schädlichen Beeinflussung der Kriminalstatistik führen würden bzw. bereits geführt haben. Der Kläger, der zu keinem Zeitpunkt bereit war, die aus seiner Sicht völlig verfehlten Vorgaben des LKA-Direktors und der Polizeiabteilung des Innenministeriums zu akzeptieren, geht inzwischen davon aus, er sei durch seine Vorgesetzten systematisch gemobbt worden, um ihn zum Einlenken in dieser Sachfrage zu zwingen oder ihn gar gänzlich aus dem Dienst zu drängen und damit mundtot zu machen.

5

Im Mai 2000 ist die Verabredung von Zielvereinbarungen als Mittel der Personalführung im Bereich der Polizei Mecklenburg-Vorpommerns verbindlich eingeführt worden. Sowohl das LKA als auch das Innenministerium hatten sich damit über die vom Kläger als dem für Polizeistatistik zuständigen Fachmann des LKA vorab geäußerten Bedenken hinweggesetzt. Im September 2000 erscheint in der Zeitschrift „Der Kriminalist“, der Verbandszeitschrift des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK), ein Artikel des Klägers mit der Überschrift „Können Fallzahlen der PKS vereinbart werden?“, in dem er ohne konkreten Bezug zum hiesigen Bundesland in der Sache scharf und im Ton markant auf die Gefahren der Vereinbarung von Fallzahlen im Rahmen von Zielvereinbarungen hinweist (Kopie Blatt 270a der Akte). Das war für den Leiter des Referats 440 der Polizeiabteilung des Innenministeriums Herrn Leitender Kriminaldirektor M. Anlass, einen Leserbrief zu schreiben, der dann auch - in einer nach Dialog mit der Redaktion vom Autor gekürzten Fassung - im Februar 2001 in der Zeitschrift „Der Kriminalist“ veröffentlicht wurde (Kopie Blatt 44 der Akte). Bereits zuvor noch im alten Jahr war die ungekürzte Fassung des Leserbriefs gemeinsam mit einer Kopie des Artikels des Klägers auf Veranlassung des Innenministeriums an alle Behördenleiter der Landespolizei verteilt worden. Herr M... bescheinigt dem Kläger in dem Leserbrief die „Außerachtlassung der Gesamtzusammenhänge aufgrund eines falschen Grundverständnisses“.

6

Im Dezember 2000 bekam das LKA vom Innenministerium den Auftrag, eine Analyse der Schwachstellen der kriminalpolizeilichen Sachbearbeitung in der Landespolizei zu erstellen. Der Kläger legte dazu in Abstimmung mit weiteren Mitarbeitern des LKA unter dem 19. Januar 2001 einen Entwurf vor (Anlage K7, Blatt 51 f). An der Erarbeitung der Abschlussformulierung, die erheblich von dem Vorschlag des Klägers abweicht, wurde dieser nicht mehr beteiligt. Sie wurde vielmehr vom Abteilungsleiter 6 des LKA gemeinsam mit einem Mitarbeiter des Innenministeriums aus der Polizeiabteilung erarbeitet.

7

Im Mai 2002 erhielt das LKA vom Innenministerium den Auftrag, aus der polizeilichen Kriminalstatistik „geeignete Felder für eine Veröffentlichung aufzubereiten“, die sich für eine Darstellung „im kleineren Umfang“ eignen. Der damit beauftragte Kläger fertigte ein umfängliches Opus, das dann im Innenministerium als gänzlich ungeeignet mit der Bitte um Überarbeitung zurückgereicht wurde, weil man dort wohl eher an eine Kopiervorlage für ein oder mehrere Presseerklärungen über die erfolgreiche Polizeiarbeit gedacht hatte. Mit Schreiben an den Direktor des LKA vom 30. Mai 2002 (Kopie Anlage K12, Blatt 107 f der Akte) rechtfertigte der Kläger sein Vorgehen, kritisierte den ministeriellen Auftrag („Es ist m.E. nicht die Aufgabe des Dez. 63, Vorlagen zu erarbeiten, die unmittelbar zur Veröffentlichung durch das IM geeignet sind“) und beschwerte sich über die abfällige Behandlung seiner Person durch den LKD Herrn M. aus dem Innenministerium und durch den Leiter SB 1 im LKA, Herrn Mi. Der Direktor des LKA hat sodann mit Herrn Mi. gesprochen, mit dem Kläger jedoch nicht.

8

Am 5. März 2004 erhielt der Kläger den Auftrag, eine vergleichende Stellungnahme zu einer aus Polen zugänglich gemachten Kriminalstatistik abzugeben. Diese legte der Kläger unter dem 11. März 2004 vor. Herr Ma., seinerzeit Leiter des Leitungsstabes im LKA und heute Direktor des LKA, hat auf dem Dokument den folgenden Vermerk angebracht: „1. (Thema verfehlt): Aufgabe war nicht der Vergleich Stettin-MV; 2. auch noch verspätet vorgelegt; 3. Dir. z.K. ...“ (Kopie Anlage K13, Blatt 156 der Akte).

9

In Zusammenarbeit mit dem Fachbereich Polizei der Fachhochschule in Güstrow gibt es ein Projekt Kriminalitätsprognose bis 2020, das vom LKA wohlwollend gefördert wird, vom Kläger jedoch wegen eines verfehlten methodischen Ansatzes rundweg abgelehnt wird. Die diesbezügliche Stellungnahme des Klägers vom 10. Oktober 2003 (vgl. Bl. 38 der Akte) ist allerdings nicht zur Akte gelangt. Mit Schreiben vom 18. August 2004 wurde der Kläger vom Leiter des Leitungsstabes im LKA, aufgefordert, prognostische Fallzahlen für die kommenden Jahre bis 2007 zu erarbeiten und die gewonnenen Daten für das Forschungsprojekt aber auch als Grundlage für Gespräche über Zielvereinbarungen zur Verfügung zu stellen. Mit Schreiben vom 19. August 2004 an seinen Abteilungsleiter äußert sich der Kläger kritisch zu dem Arbeitsauftrag und bittet darum, ihn von der Einbindung in das Forschungsprojekt zu entbinden (Kopie als Anlage K14 überreicht, Blatt 157 der Akte). Die geforderte Zuarbeit hat er nicht geleistet. In dem Schreiben vertritt der Kläger den Standpunkt, dass sich aus seiner Arbeitsplatzbeschreibung ergebe, dass er nur verpflichtet sei zur Mitarbeit an „kriminalwissenschaftlich qualifizierten“ Forschungen, weshalb keine Pflicht zur Mitarbeit an dem Projekt der FH Güstrow bestehen könne (Blatt 158 der Akte).

10

Am 14. September 2004 kam es auf Veranlassung des Direktors des LKA zu einem Personalgespräch mit dem Kläger. Der Direktor teilte dem Kläger mit, er habe den Eindruck, der Kläger sei nicht mehr gewillt, seinen Posten als Dezernent ordnungsgemäß auszufüllen, vielmehr habe er den Eindruck, der Kläger verhalte sich zunehmend destruktiv. Das sei nicht hinzunehmen und man müsse sich überlegen, ob der Kläger noch geeignet sei, den ihm übertragenen Dienstposten auszufüllen. Der Direktor belegte seine Vorwürfe anhand von drei konkreten Vorgängen (Kriminalitätsprognose wegen der Stellungnahme des Klägers vom 10.10.2003, analytische Bewertung der polnischen Kriminalstatistik wegen der Stellungnahme des Klägers vom 11. März 2004 sowie die Haltung des Klägers zur Fachaufsicht über die polizeiliche Kriminalstatistik). Er fordert den Kläger auf, innerhalb von zwei Wochen sich zu überlegen, wie es weitergehen solle und ihm - dem Direktor - dies schriftlich mitzuteilen. Die geforderte Stellungnahme hat der Kläger unter dem 12. Oktober 2004 abgegeben (Kopie Anlage K9, Blatt 59 der Akte). Zum Vorwurf der Destruktivität nimmt der Kläger dort wie folgt Stellung:

11

„1. Weise ich jeden Vorwurf von angeblicher Destruktivität zurück.

12

2. Ist anhand konkreter Arbeitsergebnisse klar nachweisbar, dass meine Arbeit immer durch Konstruktivität, ein hohes kriminalwissenschaftliches Niveau und Loyalität gegenüber den Vorgesetzten gekennzeichnet ist.

13

3. Gehe ich im Falle der Fortsetzung solcher mich herabwürdigender Äußerungen von deutlichen Anzeichen für ein organisiertes Mobbing aus, gegen das ich mich mit den rechtlich zulässigen Mitteln zur Wehr setzen würde.

14

4. Habe ich die Absicht, meine Arbeit an meinem Arbeitsplatz im Dezernat 63 weiterhin mit hoher Qualität auszuführen. Überlegungen und Versuche, mich zum „Training für Unterwürfigkeit“ befristet oder unbefristet in den Stab umzusetzen, lehne ich ab.“

15

In zeitlichem Zusammenhang zu dieser Zuspitzung des Konflikts im 3. Quartal 2004 und in der Folgezeit hierzu sind dem Kläger Aufgaben und Möglichkeiten entzogen worden, die als die angenehme Seite des klägerischen Dienstpostens anzusehen sind.

16

So hatte der Kläger bereits seit langer Zeit Professor B. (Universität G.) und dessen Forschungsprojekt Tötungsdelikte unterstützt. Die Forschungsergebnisse aus diesem Projekt sollten unter anderem im Rahmen der 1. Jahrestagung der deutschen Gesellschaft für Kriminalistik e.V. am 25./26. August 2004 an der Polizeiführungsakademie Münster (NRW) dem Fachpublikum vorgestellt werden. Der Dienstreiseantrag des Klägers zur Teilnahme an dieser Tagung wurde am 17. August 2004 abgelehnt. Die Gegenvorstellung des Klägers vom selben Tag blieb ohne Erfolg. Auf der zurückgereichten Gegenvorstellung befindet sich folgender handschriftlicher Vermerk der Stabsstelle:

17

„Eine Dienstreisegenehmigung bzw. Sonderurlaub erteile ich nicht. Ich untersage Ihnen aus Sicht des LKA dort zu sprechen, solange nicht eine Auswertung der Inhalte mit der Polizei des Landes besprochen ist.“

18

Die Behauptung des Klägers, die Ergebnisse der Studie seien von ihm vor diesem Zeitpunkt bereits mehrfach in der hiesigen Polizei vorgestellt worden, ist unbestritten geblieben.

19

Der Kläger hatte im Sommer 2004 Kontakte zu Professor W. (V. Universität Frankfurt/Oder) geknüpft, um das Thema Vergleichbarkeit der Kriminalstatistiken Polens und Deutschlands wissenschaftlich aufzuarbeiten. Diese klägerische Initiative wurde vom Direktor des LKA ausdrücklich begrüßt und in der Folgezeit wurde die Projektstudie weiter ausgearbeitet. Am 22. März 2005 kommt es in diesem Rahmen zu einem hochkarätig besetzten „Arbeitstreffen“ in den Diensträumen des LKA, an dem auf Seiten des LKA der Direktor, die wichtigsten Mitarbeiter des Stabes, der Abteilungsleiter des Klägers sowie weitere Mitarbeiter teilgenommen haben. Der Kläger weilte an diesem Tag im Urlaub. In dem Protokoll zu diesem Arbeitstreffen heißt es allerdings bezüglich der Zukunft:

20

„Die weitere Federführung des Projekts im LKA MV erfolgt durch die Abteilung 6/Dezernat 63. Hierzu ist ein Ansprechpartner zu benennen und gegenüber der Universität V. mitzuteilen.“

21

Der Kläger wurde an dem Projekt nicht mehr beteiligt; nach der Abordnung und Versetzung des Klägers ist das Projekt eingestellt worden.

22

Unmittelbar im Vorfeld der Abordnung wurden zwei weitere Dienstreiseanträge des Klägers abschlägig beschieden. So wurde es ihm verwehrt an der „50. Jahrestagung PKS“ in Berlin im Juni 2005 teilzunehmen. Außerdem wurde ihm die Teilnahme am BKA-Forum in Wiesbaden, das ebenfalls im Juni 2005 stattfinden sollte, verwehrt. An dieser Veranstaltung hatte der Kläger die letzten zehn Jahre immer teilgenommen. Nunmehr wurde sein Dienstreiseantrag vom Leiter des Leitungsstabes abgelehnt. Stattdessen wurde die Teilnahme einem Mitarbeiter des Vollzugsdienstes, der seinerzeit in den Leitungsstab des LKA abgeordnet war, ermöglicht. Dies wurde im Rechtsstreit damit begründet, da die Tagesordnung der Veranstaltung keine Berührungspunkte zum Dienstposten des Klägers aufgewiesen habe.

23

Kurz nach dem Personalgespräch im September 2004 und der dazugehörenden Stellungnahme des Klägers vom 12. Oktober 2004 kam es außerdem noch zu einer weiteren Episode, die für den Kläger mit einer Abmahnung endete. Der Bund Deutscher Kriminalbeamter hat am 29.11.2004 eine scharf formulierte Presseerklärung herausgegeben, die sich mit den Problemen der durch Zielvereinbarungen schädlich beeinflussten Fallzahlen und mit Mobbing im LKA Mecklenburg-Vorpommerns befasst. Am selben Tag hat der BDK Strafanzeige wegen Strafvereitelung durch die besagten Zielvereinbarungen erstattet. Diese Erklärung fand nicht nur in der Presse ein Echo. Auch der Innenausschuss des Landtages in Schwerin interessierte sich für diese Vorwürfe. Der Vorsitzende des Innenausschusses lud daher den Kläger zu einer Anhörung ein. Dem kam der Kläger nach, allerdings hatte er hierzu keine Aussagegenehmigung. Nach der Anhörung äußerte sich der Kläger auch noch zu Fragen der Pressevertreter. Sowohl bei der Anhörung im Landtag als auch bei der anschließenden Befragung durch die Presse war ebenfalls anwesend der Leiter der Polizeiabteilung im Innenministerium Herr N., der postwendend unter dem 22. Dezember 2004 den Kläger für seine ungenehmigte Aussage und seine Stellungnahmen gegenüber der Presse abmahnte. Der Kläger ist - allerdings ohne Erfolg - gerichtlich gegen die erteilte Abmahnung vorgegangen.

24

Dem BDK bzw. dem Kläger ist es dann im Mai 2005 nochmals gelungen, bundesweites Interesse an der Frage der behaupteten Verfälschung der Kriminalstatistik durch das System der Zielvereinbarungen zu wecken. Nach der offiziellen Polizeistatistik konnte die Aufklärungsquote für Straftaten in Mecklenburg-Vorpommern von 1999 bis 2004 um rund 10 Prozent von rund 47 auf rund 57 Prozent verbessert werden, was für den seinerzeitigen Innenminister im Frühjahr 2005 Anlass war, im Rahmen einer breit angelegten Pressekonferenz auf die erzielten Fortschritte aufmerksam zu machen. Kurze Zeit später erschien im F... vom 14. Mai 2004 ein Artikel mit der Überschrift „Abwimmeln und schönreden - Experten gehen davon aus, dass die Polizei in Mecklenburg-Vorpommern die Kriminalstatistik gezielt verfälscht“. Der Artikel nimmt Bezug auf die Erfolgsmeldungen des Innenministers im Rahmen der Pressekonferenz und gibt sodann den Standpunkt des Klägers und des BDK wieder, die davon ausgehen, dass nur eine scheinbare Verbesserung der Aufklärungsquote vorliege, da das erhobene Zahlenmaterial wegen der negativen Nebenwirkungen der Zielvereinbarungen im Polizeibereich seine Aussagekraft verloren habe. - Es steht fest, dass der seinerzeitige Direktor des LKA im Vorfeld durch Kontaktaufnahme mit der Redakteurin des F... versucht hat, die Veröffentlichung des Artikels zu verhindern oder jedenfalls der sachlichen Aussage des Artikels eine andere Richtung zu geben.

25

Der Kläger ist seit seiner Abordnung im Juni 2005 mit kurzen Unterbrechungen im Jahre 2005 praktisch bis heute durchgehend arbeitsunfähig erkrankt. Der Kläger sieht sich mobbingtypisch erkrankt und er geht in diesem Zusammenhang von einem gezielten und abgestimmten feindseligen Verhalten durch leitende Mitarbeiter des Landeskriminalamtes (Direktor, Ma., Mi.) und der Polizeiabteilung des Innenministeriums (N., M.) aus. Aufgrund dieser Anfeindungen sei er inzwischen ernsthaft und chronisch erkrankt.

26

Frau Dr. H., Fachärztin für Lungenheilkunde, Schwerin, hat beim Kläger am 25. August 2006 eine „depressive Verstimmung“, Erschöpfung und Nervosität diagnostiziert und hat vermerkt, die Symptomatik sei ausgelöst „durch Stress und Mobbing am Arbeitsplatz“ (Kopie Blatt 61 f der Akte). Herr Dr. T., Facharzt für Nervenheilkunde, Schwerin, hat beim Kläger am 23. November 2006 „1. Dysthymia, 2. somatoforme Funktionsstörung, 3. narzisstische Persönlichkeitsstörung“ diagnostiziert. In dem - allerdings nur in Auszügen vorgelegten - Gutachten wird ein Zusammenhang mit der „Konflikt- und Belastungssituation in seinem beruflichen Umfeld“ hergestellt (Anlage K22, Blatt 171 f). Ähnliches ist im ärztlichen Entlassungsbericht der Bad Segeberger Kliniken vom 8. März 2007 zu lesen (Anlage K 23, Blatt 173 f). Dort heißt es weiter:

27

„Es ist mittelfristig nicht zu erwarten, dass der Patient seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Dezernatsleiter im Brand- und Katastrophenschutz erfolgreich wird wiederaufnehmen und fortsetzen können. Die hierfür verantwortlichen Einschränkungen bestehen in den depressiv getönten Grübeleien sowie in der mangelnden Fähigkeit zur Konzentration und Anpassung innerhalb des gegenwärtigen beruflichen Aufgabenfeldes. Der von ihm vor der Versetzung ausgeübten Tätigkeit wäre der Patient hingegen sofort gewachsen.“

28

In der ärztlichen Stellungnahme von Frau Dr. Sch., beschäftigt beim Medizinischen Dienst der Krankenkassen Mecklenburg-Vorpommern, vom 23. Mai 2007 heißt es zur Arbeitsfähigkeit des Klägers (Anlage K24, Blatt 175 ff):

29

„Aus nervenärztlicher Sicht muss festgestellt werden, dass der Versicherte für die Tätigkeit als Dezernatsleiter im Katastrophenschutz für Dauer arbeitsunfähig ist. Er kann aber eine andere Tätigkeit, wie er sie zum Beispiel beim LKA hatte, ausüben.“

30

Der Kläger ist inzwischen wegen vollständiger Erwerbsminderung befristet verrentet. In dem sozialgerichtlichen Verfahren hierzu zwischen dem Kläger und der Deutschen Rentenversicherung Bund ist Herr Dr. D., Helios Kliniken Schwerin, gebeten worden, ein Gutachten vorzulegen. In dem Gutachten vom 6. Januar 2010 wird dem Kläger eine narzisstische Persönlichkeitsstörung attestiert, mit der sich die länger andauernden depressiven Reaktionen des Klägers und seine diagnostizierte Anpassungsstörung erklären ließen. Hinsichtlich der Möglichkeiten des Klägers, nochmals selber Erwerbseinkommen zu erzielen, heißt es sodann zusammenfassend auf Seite 14 des Gutachtens:

31

„Die entscheidende Frage ... ist ..., ob der Kläger in der Lage ist, bei einer verweisbaren Tätigkeit die einer Arbeitsaufnahme entgegenstehende neurotische Hemmung zu überwinden. ... [Dies] hängt ... davon ab, wie sehr der Kläger trotz seines persönlichkeitsbedingten Dranges, sich als großartig zu präsentieren, in der Lage ist, seine innere Not zu offenbaren. ... Deshalb geht der Unterzeichner davon aus, dass der Kläger zum Zeitpunkt der aktuellen Begutachtung und unter Berücksichtigung der ersten Begutachtung ... [2006] ... auch bei zumutbarer Anspannung seiner seelischen Kräfte nicht in der Lage war, die der Arbeitsaufnahme entgegenstehende neurotische Hemmung zu überwinden.“

32

Das Arbeitsgericht hat die am 13. Februar 2007 eingegangene und später erweiterte Klage mit Urteil vom 29. Januar 2008 als unbegründet abgewiesen und den Streitwert auf 72.772,74 Euro festgesetzt. Das Urteil ist dem Kläger am 13. März 2008 zugestellt worden. Die hiergegen gerichtete Berufung vom 9. April 2008 ist am 10. April 2008 hier eingegangen und mit Schriftsatz vom 19. April 2008, Gerichtseingang am 23. April 2008, begründet worden. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung mit seinem Urteil vom 13. Januar 2009 zunächst zurückgewiesen (5 Sa 112/08). Diese Entscheidung ist durch Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 28. Oktober 2010 (8 AZR 546/09 - EzA § 611 BGB 2002 Persönlichkeitsrecht Nr. 10 = NZA-RR 2011, 378) aufgehoben und die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen worden.

33

Der Kläger verfolgt im Berufungsrechtszug nach wie vor sein ursprüngliches Begehren in vollem Umfang weiter. Er verlangt Schmerzensgeld, das nicht unter 35.000,00 Euro festgesetzt werden soll, annähernd 6.000,00 Euro entgangenes Entgelt während der Zeit der Arbeitsunfähigkeit sowie Feststellungen zur Pflicht des beklagten Landes weitere zukünftige Entgeltdifferenzen auszugleichen und weitere zukünftige Schäden zu ersetzen und zu entschädigen.

34

Der Kläger meint, aus den Umständen der Zusammenarbeit seit ungefähr dem Jahr 2000 könne und müsse man den Schluss ziehen, dass seine Vorgesetzen im LKA und leitende Mitarbeiter der Polizeiabteilung des Innenministeriums ihn systematisch mobben würden. Erläuternd hat er dazu in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, er sei der einzige Mitarbeiter im LKA und im ganzen Bundesland, der die Fachkompetenz besitze, darüber zu entscheiden, wie die Polizeistatistik zu führen sei. Wenn er aufgrund seiner Kompetenz und Aufgabenstellung sage, dass es im Polizeidienst keine Zielvereinbarungen geben dürfe, da diese sich schädlich auf die Kriminalitätsstatistik auswirken würden, müsse man dem folgen. Wegen der besonderen Bedeutung einer wirklichkeitsnahen Kriminalitätsstatistik und wegen der Bedeutung des Legalitätsprinzips bei der Strafverfolgung könne es in dieser Frage auch keinen Vorrang der besseren demokratischen Legitimation der Hausspitze oder des Innenministeriums geben. Da sowohl die eigene Hausspitze als auch das Innenministerium seine Entscheidungskompetenz in dieser Sachfrage in Frage gestellt und missachtet hätten, sei die verbindliche Einführung der Zielvereinbarungen als Führungsinstrument im Mai 2000 zugleich eine gegen seine Person und Persönlichkeit gerichtete Entscheidung gewesen.

35

Als er dann noch den Mut gehabt habe, seinen Standpunkt in der Sache öffentlich durch den Artikel in der Fachzeitschrift „Der Kriminalist“ im September 2000 zu verteidigen, habe man in der Hausspitze und im Innenministerium beschlossen, ihn aus dem Dienst zu drängen. Diese feindliche Einstellung gegenüber seiner Person sei der rote Faden aller weiteren Konflikte gewesen. Außer den geschilderten Ereignissen habe es noch eine „Vielzahl“ von abfälligen Äußerungen über seine Person ihm und Dritten gegenüber gegeben, die man aber gar nicht näher bezeichnen oder gar beweisen könne, da es sich um Ereignisse gehandelt habe, die sich nur in Sekunden - manchmal sogar ohne Worte - abgespielt hätten. Seine Versetzung in das Amt für Brand- und Katastrophenschutz könne man daher nicht als ein Mittel zur Entschärfung des Konflikts begreifen, sondern einzig und allein als Verwirklichung des Ziels, das die Hausspitze und die Polizeiabteilung im Innenministerium bereits seit Jahren angestrebt habe.

36

Über die Jahre habe ihn dieser dauernd schwelende und täglich spürbare Konflikt mürbe gemacht und körperlich wie seelisch angegriffen. Es liege auf der Hand, dass die gesundheitlichen Beeinträchtigungen auf das berufliche Umfeld zurückzuführen seien. Davon würden auch alle Ärzte, die sich mit ihm und seinem Leidensweg befasst hätten, ausgehen.

37

Das arbeitsgerichtliche Urteil sei fehlerhaft, denn es verharre in einer isolierten Betrachtung jeden einzelnen Ereignisses und verkenne damit, dass sich Mobbing typischerweise erst aus der Zusammenschau vieler einzelner Ereignisse, die für sich gesehen harmlos sein können, erschließen lasse. Außerdem habe sich das Arbeitsgericht mit wesentlichen Ereignissen der Konflikthistorie wie der abgelehnten Teilnahme an der 50. Jahrestagung PKS in Berlin gar nicht beschäftigt.

38

Der Kläger beantragt unter Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteils,

39

1. das beklagte Land zu verurteilen, an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld, welches EUR 35.000,00 nicht unterschreiten sollte, zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

40

2. das beklagte Land zu verurteilen, an den Kläger EUR 5.951,80 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

41

3. festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, dem Kläger ab dem 01.01.2008 die Differenz zwischen den ihm (dem Kläger) von der Deutschen Angestelltenkrankenkasse gezahlten Krankengeld und seinem monatlichen Nettoverdienst, welchen er bis zum 07.09.2006 vom beklagten Land bzw. der Abrechnungsstelle des beklagten Landes erhalten hat, zu zahlen.

42

4. festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, dem Kläger allen weiteren materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, der ihm aufgrund des Mobbings des beklagten Landes bzw. des vom beklagten Land gegenüber dem Kläger geduldeten Mobbings durch Angestellte und Mitarbeiter des beklagten Landes in der Zeit von 1997 bis 2006 entstanden ist und entstehen wird, soweit der Anspruch nicht auf einen Sozialversicherungsträger oder andere Dritte übergegangen ist.

43

Das beklagte Land beantragt,

44

die Berufung zurückzuweisen.

45

Das beklagte Land verneint die geltend gemachten Ansprüche. Insbesondere liege hier kein fortgesetztes Mobbingverhalten von Verantwortlichen des beklagten Landes vor.

46

Der vom Kläger angeführte Leserbrief des Leitenden Kriminaldirektors M. sei lediglich eine deutliche Reaktion auf den vorangegangenen Beitrag des Klägers in der Zeitschrift „Der Kriminalist“ gewesen. Schon aus objektiver Sicht fehle es daher an einer Herabwürdigung des Klägers durch den Artikel. Auch subjektiv sei es nicht beabsichtigt gewesen, den Kläger herabzuwürdigen.

47

Zu dem Verbot an bestimmten Veranstaltungen teilzunehmen, habe das Arbeitsgericht zutreffend hervorgehoben, dass der Kläger vehement gegen die von dem beklagten Land angewandte Zielvereinbarung im Zusammenhang mit Fallzahlen eingetreten sei, und es daher nicht zumutbar gewesen sei, ihn als offiziellen Vertreter des beklagten Landes auf diese Veranstaltungen zu entsenden.

48

Die Abordnungsverfügungen sowie die Abmahnung könnten nicht zur Begründung des Mobbingvorwurfes herangezogen werden, da letztendlich - was unstreitig ist - durch das Landesarbeitsgericht in den Vorprozessen festgestellt wurde, dass diese rechtmäßig waren. Dass der Kläger sich gemobbt fühle, liege letztendlich an dessen Persönlichkeitsstruktur und nicht an Maßnahmen der Arbeitgeberin.

49

Anfeindungen, Beleidigungen oder Ausgrenzungen gegenüber dem Kläger habe es nicht gegeben. Auch habe es keine Ausgrenzungshandlungen seitens der Vorgesetzten des Klägers gegeben.

50

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

51

Die Berufung hat zu einem kleinen Teil Erfolg. Dem Kläger steht eine Entschädigung in Höhe von 2.500 Euro wegen Verletzung seines Persönlichkeitsrechts durch seine Vorgesetzten im Landeskriminalamt in den Jahren 2004 und 2005 zu. Im Übrigen ist die Berufung nicht begründet.

I.

52

Dem Kläger steht eine Entschädigung in Höhe von 2.500 Euro nach § 253 BGB wegen Verletzung seines Persönlichkeitsrechts in den Jahren 2004 und 2005 durch seine Vorgesetzten zu.

1.

53

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist das Recht des Einzelnen auf Achtung und Entfaltung seiner Persönlichkeit. Zum Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gehört auch der sog. Ehrenschutz, der auf den Schutz gegen unwahre Behauptungen und gegen herabsetzende, entwürdigende Äußerungen und Verhaltensweisen und die Wahrung des sozialen Geltungsanspruchs gerichtet ist (Schmidt in ErfK, 11. Auflage, Art. 2 GG Rn. 48, 84). Es umfasst damit auch den Anspruch auf Unterlassung der Herabwürdigung und Missachtung durch andere (BAG 28. Oktober 2010 - 8 AZR 546/09 - aaO; BAG 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6).

2.

54

Gemessen an diesem Maßstab haben der seinerzeitige Direktor des Landeskriminalamtes und der seinerzeitige Leiter des Leitungsstabes des Landeskriminalamtes, der heutige Direktor des Landeskriminalamtes, den Kläger in den Jahren 2004 und 2005 durch mehrere Einzelhandlungen, die sich zu einem Gesamtbild zusammenfügen, in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt.

a)

55

In der Zeit von März 2004 bis Mai 2005 gab es mehrere Ereignisse und Entscheidungen, bei denen es zu sachlich nicht zu rechtfertigenden Nachteilen für den Kläger gekommen ist.

aa)

56

Der damalige Leiter des Leitungsstabes im LKA hat sich durch seinen Vermerk vom 13. März 2004 auf dem Bericht des Klägers vom 11. März 2004 zur Vergleichbarkeit der polnischen und deutschen Kriminalstatistik (Kopie Blatt 156 der Akte) und durch die Weiterleitung des Berichts samt seines Vermerkes an den Direktor des LKA außerhalb des Rahmens bewegt, der noch als sachbezogenes Verwaltungshandeln verstanden werden kann.

57

Der Vermerk lässt sich jedenfalls nicht mit dem Erkenntnisinteresse rechtfertigen, das der Anforderung des Berichts beim Kläger zu Grunde lag. Denn wenn der Leiter des Leitungsstabes mit der Ausarbeitung des Klägern nicht zufrieden war, hätte es eigentlich nahe gelegen, den Bericht mit kritischen Anmerkungen dem Kläger zurückzureichen, gegebenenfalls wäre es auch hilfreich gewesen, den Bericht an den unmittelbaren Vorgesetzten des Klägers, den Abteilungsleiter 6, weiterzuleiten und auf Behebung der vom Leiter des Leitungsstabes gesehenen Mängel hinzuwirken. - So ist allerdings nicht verfahren worden. Wie sich aus dem Vermerk des Leiters des Leitungsstabes selbst ergibt, hat er nach seiner Kritik an dem klägerischen Werk (Ziffer 1. und 2. des Vermerks) verfügt, das Werk dem Direktor des LKA vorzulegen. Da der Leiter des Leitungsstabes das klägerische Werk für unbrauchbar gehalten hat, kann die Weiterleitung des Berichts mit all seinen Schwächen also nicht mehr dazu gedient haben, das dem Bericht zu Grunde liegende sachliche Erkenntnisinteresse zu befriedigen.

58

Da nicht ersichtlich ist, zu welchem anderen Zweck die Vorlage des Berichts beim Direktor des LKA verfügt wurde, muss das Gericht davon ausgehen, dass der Leiter des Leitungsstabes die Vorlage des Berichts beim Direktor des LKA nur deshalb vorgenommen hat, um diesen von dem Versagen des Klägers bei der Erfüllung des Berichtsauftrages zu unterrichten. Denn wenn der Leiter des Leitungsstabes einen Bericht, den er selbst als unbrauchbar einschätzt, dem Direktor des LKA zur Kenntnisnahme vorlegen lässt, kann daraus nur der Schluss gezogen werden, dass die Vorlage zur Kenntnisnahme zu dem Zweck erfolgte, den Leiter des LKA auf das Versagen des Klägers aufmerksam zu machen. Diese Zweckrichtung des Handelns des Leiters des Leitungsstabes wird auch durch den Inhalt der Kritik an dem klägerischen Werk deutlich. Denn mit der Aussage „Thema verfehlt“ in Verbindung mit der rückwärtsgewandten weiteren Bemerkung „auch noch verspätet vorgelegt“ wird allein die persönliche Leistung des Klägers beurteilt.

59

Es mag ein legitimes Ziel sein, die Hausspitze über Leistungsmängel einzelner Mitarbeiter zu unterrichten. Dies macht aber nur Sinn im Kontext von daraus möglicherweise resultierenden Personalmaßnahmen. Dann ist es aber falsch, den ganzen Vorgang in der Sachakte zu führen. Denn dort kann den Vorgang jeder, der Zugang zu der Sachakte hat, nachvollziehen, obwohl er als disziplinarischer Vorgang eigentlich unter dem besonderen Schutz der Personalakte vor fremdem Zugriff geschützt werden müsste.

60

In dem vom Bundesarbeitsgericht aufgehobenen Urteil des erkennenden Gerichts vom 13. Januar 2009 in der vorliegenden Sache hat das Gericht den aufgezeigten Fehler des Leiters des Leitungsstabes in der Bewertung dadurch relativiert, dass es von so eine Art Verkehrsüblichkeit solchen Vorgesetztenverhaltens ausgegangen war. An dieser Relativierung in der Bewertung wird nicht mehr festgehalten. Zurecht weist das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 28. Oktober 2010 vielmehr darauf hin, dass das Fehlverhalten nicht dadurch geringer zu bewerten sei, wenn es andere Beispielsfälle ähnlichen Fehlverhaltens geben sollte.

bb)

61

Die Verweigerung der Teilnahme des Klägers an der Vorstellung der Ergebnisses des Forschungsprojekts „Tötungsdelikte“ durch Prof. Dr. B. an der Polizeiführungsakademie in Münster am 25. und 26. August 2004, ein Forschungsprojekt, an dem der Kläger selber mitgearbeitet hatte, entbehrt eines sachlichen Grundes.

62

Der Dienstreiseantrag des Klägers für diese Veranstaltung wurde vom Stab im LKA abgelehnt. Die vom Stab auf die Gegenvorstellung des Klägers gegebene Begründung, eine Präsentation der Forschungsergebnisse in der Öffentlichkeit dürfe erst erfolgen, nachdem die Ergebnisse hier im Land vorgestellt worden seien, wirkt aus der Sicht des Gerichts reichlich synthetisch, und sie hat sich - was noch schwerer wiegt - im vorliegenden Rechtsstreit als unzutreffend herausgestellt. Denn die Behauptung des Klägers, er hätte die Forschungsergebnisse bereits mehrfach vor seinem Dienstreise- und Sonderurlaubsantrag innerhalb der Landespolizei vorgestellt, ist unwidersprochen geblieben.

63

Die vom Arbeitsgericht zunächst mündlich geäußerte Vermutung, die Ablehnung der Reise lasse sich auch durch die Gefahr begründen, dass der Kläger den innerdienstlichen Konflikt über die Zielvereinbarungen nach außen trage, der sich dann das beklagte Land im Rechtsstreit mit einer sehr vorsichtigen Formulierung (Blatt 195 der Akte: „Der Beklagte geht mit der Meinung des Gerichts einher, wenn es darlegt ....“) nachträglich angeschlossen hat, fehlt es im vorliegenden Zusammenhang an Überzeugungskraft, denn das Forschungsprojekt Tötungsdelikte hat nun gar keine Berührungspunkte zu dem innerdienstlichen Konflikt der Parteien.

64

Somit muss das Gericht feststellen, dass es für die Ablehnung der Dienstreise des Klägers keinen sachlichen Grund gegeben hat.

cc)

65

Gleiches gilt für die Behandlung des Klägers im Rahmen des von ihm angestoßenen Projekts zur wissenschaftlichen Aufarbeitung der Frage der Vergleichbarkeit der deutschen und polnischen Kriminalstatistiken in den Jahren 2004 und 2005.

66

Denn aus dem vom Kläger vorgelegten Protokoll des „Arbeitstreffens“ mit Prof. W. von der Universität Frankfurt/Oder am 22. März 2005 (Kopie Blatt 265 f der Akte) lassen sich mehrere Folgerungen ziehen. Zum einen ergibt sich aus der hochkarätigen Besetzung der Arbeitsgruppe von Seiten des LKA indirekt die Bereitschaft, in das Projekt Zeit und Arbeitskraft zu investieren. Das deutet wiederum darauf hin, dass man seinerzeit noch gewillt war, das Projekt weiter fortzuführen. Auf der anderen Seite belegt der Schluss des Protokolls mit dem Hinweis auf die offene Frage des Ansprechpartners für das Projekt im LKA, dass man den Kläger aus diesem Forschungsprojekt fernhalten wollte, obwohl es wie maßgeschneidert zu seiner dienstlichen Aufgabenstellung passt und es im Hause auch keine andere Person gibt, die wie der Kläger zur Mitarbeit bei Forschungsprojekten im Bereich der Kriminalstatistik geeignet wäre.

67

Dies kann nicht mit dem späteren Plan der Abordnung oder Versetzung des Klägers begründet werden, denn nach dem eigenen Sachvortrag des beklagten Landes hat erst eine organisatorische Veränderung der Zuordnung der Behörden im Mai 2005 ergeben, dass das Innenministerium über die Stellen im Landesamt für Brand- und Katastrophenschutz disponieren konnte. Wenn man dann bereits im März 2005 versucht hat, den Kläger aus dem Forschungsprojekt auszuschließen, passt das wieder zu der klägerischen Sichtweise, nach der man ihm die angenehmen Seiten seiner Arbeit entziehen wollte.

68

Somit muss das Gericht feststellen, dass es für die Ablehnung der Mitarbeit des Klägers bei dem Projekt keinen sachlichen Grund gegeben hat.

dd)

69

Ebenfalls nicht verständlich ist die vom beklagten Land gegebene Begründung für die Verweigerung der vom klägerischen Abteilungsleiter (AL 6) vorgeschlagenen Teilnahme des Klägers an dem BKA-Forum in Wiesbaden durch den damaligen Leiter des Leitungsstabes am 17. März 2005. Er hatte argumentiert, die Tagesordnung des Forums weise keine Berührungspunkte zur Tätigkeit des Klägers auf.

70

Zum Beleg für die Sachbezogenheit dieser Argumentation hat das beklagte Land im Rechtsstreit lediglich das Veranstaltungsprogramm des Forums vorgelegt. Daraus kann das Gericht aber nicht ermessen, ob der Kollege des Klägers, der statt des Klägers nach Wiesbaden fahren durfte, aufgrund seiner Kenntnisse und Fähigkeiten besser zu dem Tagungsprogramm gepasst hat. Außerdem hat das beklagte Land nicht erläutert, wieso es diesem Argument nunmehr ein Gewicht beimisst, obwohl der Kläger die letzten zehn Jahre immer an dem Forum teilgenommen hatte, womit so gut wie sicher ausgeschlossen ist, dass in diesen zehn Jahren das Tagungsprogramm immer zum Aufgabenbereich des Klägers gepasst hatte.

71

Auch insoweit ist das vom Arbeitsgericht gefundene Argument der Gefahr der Verbreitung des innerdienstlichen Konflikts über die Zielvereinbarungen nach außen nicht nachvollziehbar, da es keine thematischen Berührungspunkte zwischen dem Konflikt und den Tagungsthemen gibt. Zudem muss beachtet werden, dass der Kläger auch die Jahre zuvor, in denen mindestens seit 2000 der Konflikt über die Zielvereinbarungen ebenfalls bereits vorhanden war, immer an dem BKA-Forum teilnehmen durfte.

72

Da das beklagte Land selbst vorträgt, man habe über die freie Stelle, auf die der Kläger dann ab Juni 2005 zunächst abgeordnet und später versetzt wurde, erst im Mai 2005 aufgrund einer Zuständigkeitsveränderung disponieren können, kann die Verweigerung der Teilnahme am BKA-Forum auch nicht mit dem Umstand begründet werden, der Kläger werde zu dem Zeitpunkt der Veranstaltung nicht mehr seinen bisherigen Dienstposten inne haben, was zweifellos ein sachlicher Grund gewesen wäre.

73

Somit muss das Gericht feststellen, dass es für die Ablehnung der Reise des Klägers zum BKA-Forum nach Wiesbaden keinen sachlichen Grund gegeben hat.

b)

74

Die vier aufgezeigten Einzelereignisse aus der Zeit von März 2004 bis Mai 2005 fügen sich zu einem Bild, das nur den Schluss zulässt, der Direktor des LKA und sein Leiter des Leitungsstabes haben seinerzeit versucht, dem Kläger das Leben schwer zu machen. In der Gesamtschau kann das nur als Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers bewertet werden.

75

Den roten Faden sieht das Gericht zum einen darin, dass die Ablehnung der beiden Dienstreisen und die Nichtbenennung des Klägers für das Projekt zur Vergleichbarkeit der Kriminalstatistik alle den Teil der Aufgaben auf dem Dienstposten des Klägers betreffen, auf dem die Attraktivität des Dienstpostens und die Reputation des Klägers beruht. Nach der Arbeitsplatzbeschreibung zum Dienstposten des Klägers ist er mit mehr als der Hälfte seiner Arbeitszeit mit Forschungsaufgaben betraut. Da der Kläger im LKA nicht selbstständig forschen konnte, bedeutet Forschung auf dem Dienstposten des Klägers immer gleichzeitig Kooperation mit universitären oder anderen Forschungseinrichtungen.

76

Wenn man den Kläger also nicht mehr reisen lässt, schneidet man ihm die Möglichkeit ab, seinen Aufgaben in der Forschung noch nachkommen zu können. Schon in der vom Bundesarbeitsgericht dann aufgehobenen Entscheidung ist das erkennende Gericht davon ausgegangen, dass der Kläger in der fraglichen Zeit keine weiteren Reisen in Zusammenhang mit seinen Forschungsaufgaben unternehmen wollte, und hat daraus gefolgert, dem Kläger seien in der Zeit von Sommer 2004 bis Mai 2005 alle Reisewünsche abschlägig beschieden worden. Dieser Sicht der Dinge ist das beklagte Land auch im Rahmen der Fortsetzung der Berufungsverhandlung nicht entgegen getreten. Das wiederum rechtfertigt die Folgerung, dass den aufgezeigten Einzelereignissen ein Plan zu Grunde liegt.

77

Mangels einer sachlichen Rechtfertigungsmöglichkeit der Ablehnung der Reisen des Klägers muss daher gefolgert werden, die Reise- und Forschungstätigkeiten sind dem Kläger verweigert worden, um ihn persönlich zu treffen. Man wollte ihm auf dem Aufgabengebiet, das ihm besonders am Herzen liegt, ohne sachlichen Grund Steine in den Weg legen. Das ist unfair und verletzt den Kläger in seinem sozialen Achtungsanspruch. Nimmt man den weiteren Umstand hinzu, dass es für keine der drei Maßnahmen eine sachliche Rechtfertigung gibt, die sich im Rechtsstreit als tragfähig erwiesen hat, bleibt nur die Folgerung übrig, dass man damit den Kläger für seine fehlende Bereitschaft zur Eingliederung in den Dienstbetrieb abstrafen wollte. Das ist ein Missbrauch der Vorgesetztenstellung, der den Kläger in seinem sozialen Geltungsanspruch empfindlich verletzt hat.

78

Alle Umstände sprechen dafür, dass dieser Plan von dem Direktor des LKA und seinem damaligen Leiter des Leitungsstabes stammt. Darauf deutet bereits die nur disziplinarisch erklärbare Weiterleitung des Berichts des Klägers vom 11. März 2004 samt der Kritik des Leiters des Leitungsstabes an den Direktor hin. Wenn der Leiter des Leitungsstabes einen solchen Vorgang sozusagen routinemäßig beim Direktor vorlegen lässt, müssen sich beide bereits zuvor über den Kläger unterhalten und ihr weiteres Verhalten in dieser causa aufeinander abgestimmt haben. Auch die Ablehnung der beiden Reisen ist entweder vom Leiter des Leitungsstabes selbst veranlasst worden oder zumindest im Stab so entschieden worden. Es kann davon ausgegangen werden, dass dies nicht ohne Kenntnis und Billigung durch den Leiter des Leitungsstabes erfolgt ist.

3.

79

Das Verhalten der Vorgesetzten des Klägers ist nach § 278 BGB dem beklagten Land zuzurechnen.

80

Das beklagte Land hat als Arbeitgeber gegenüber dem Kläger als Arbeitnehmer bestimmte Fürsorge- und Schutzpflichten wahrzunehmen. Nach § 241 Absatz 2 BGB erwachsen jeder Vertragspartei aus einem Schuldverhältnis nicht nur Leistungs-, sondern auch Verhaltenspflichten zur Rücksichtnahme und zum Schutz der Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils. Dies verbietet auch die Herabwürdigung und Missachtung eines Arbeitnehmers. Dieser hat daher Anspruch darauf, dass auf sein Wohl und seine berechtigten Interessen Rücksicht genommen wird, dass er vor Gesundheitsgefahren, auch psychischer Art, geschützt wird, und dass er keinem Verhalten ausgesetzt wird, das bezweckt oder bewirkt, dass seine Würde verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. Der Arbeitgeber ist in diesem Zusammenhang insbesondere auch zum Schutz der Gesundheit und des Persönlichkeitsrechts des Arbeitnehmers verpflichtet (BAG 28. Oktober 2010 - 8 AZR 546/09 - aaO; BAG 25. Oktober 2007 - 8 AZR 593/06 - BAGE 124, 295 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 6 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 7; 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6). Die Wahrnehmung dieser Schutzpflichten kann der Arbeitgeber aus seine Bediensteten, die er als Vorgesetzte einsetzt, delegieren. Vernachlässigen die Vorgesetzten dann ihre Schutzpflichten, ist das dem Arbeitgeber zuzurechnen.

81

Insoweit ist auch anerkannt, dass der Arbeitgeber dem betroffenen Arbeitnehmer gegenüber gemäß § 278 BGB für schuldhaft begangene Persönlichkeitsrechts- oder Gesundheitsverletzungen durch von ihm als Erfüllungsgehilfen eingesetzte andere Arbeitnehmer und Vorgesetzte haftet. Als Erfüllungsgehilfen in diesem Sinne sind insbesondere die Vorgesetzten des Arbeitnehmers anzusehen (BAG 16. Mai 2007 und 25. Oktober 2007 aaO).

4.

82

Das festgestellte Verhalten ist so schwerwiegend, dass es einen Ausgleich in Form einer Entschädigung erfordert.

83

Insoweit ist es anerkannt, dass die unmittelbare Verletzung des Persönlichkeitsrechts auch ohne einhergehende Gesundheitsschädigung einen Anspruch auf Schmerzensgeld auslösen kann, obwohl die Verletzung des Persönlichkeitsrechts in dem zur Mitte des Jahres 2002 neu formulierten § 253 BGB als Anlass für eine Entschädigung gerade nicht erwähnt ist. Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich jedoch, dass der Gesetzgeber die bisher dazu ergangene Rechtsprechung nicht korrigieren wollte. Vielmehr hat er nur die Auffassung vertreten, dass diese Rechtsprechung noch so im Fluss sei, dass sich eine gesetzliche Regelung derzeit verbiete (Bundestagsdrucksache 14/7752, S. 55; vgl. auch Vieweg in: jurisPK-BGB § 253 BGB RN 41). Damit kann trotz der gesetzlichen Neuregelung des § 253 BGB auch heute noch auf die bisherige Rechtsprechung zur Zuerkennung von Schmerzensgeld bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen ohne begleitende Gesundheitsschädigungen zurückgegriffen werden.

84

Diese Rechtsprechung hat schon immer zwischen Aspekten des Persönlichkeitsrechts unterschieden, die einen Marktwert haben (Stimme, Bild und Werk) und solchen immateriellen Aspekten der Persönlichkeit wie die Ehre oder den Geltungsanspruch in der sozialen Gemeinschaft, die sich nicht kommerzialisieren lassen. Während im ersten Falle die pönale Funktion oder doch zumindest die Gewinnabschöpfung zum Leitgedanken der Rechtsprechung geworden ist und daher häufig fast unvorstellbar hohe Entschädigungen zugesprochen werden, hat sich die Rechtsprechung bis in die jüngste Zeit bei der Verletzung nicht kommerzialisierbarer Aspekte der Persönlichkeit bei der Bemessung der Entschädigung allein an der Genugtuungsfunktion orientiert, was im Ergebnis zu einer eher strengen Bewertung führt. Bis heute setzt daher der Schmerzensgeldanspruch wegen der Verletzung nicht kommerzialisierbarer Aspekte des Persönlichkeitsrechts eine schwere Verletzung dieses Rechts voraus, zu deren Ausgleich die Entschädigung erforderlich sein muss (vgl. nur BAG 16. Mai 2007 a. a. O. und Vieweg a. a. O. RN 44).

85

Vorliegend hat das beklagte Land einen nicht kommerzialisierbaren Aspekt des Persönlichkeitsrechts des Klägers missachtet, weshalb ein Schmerzensgeld nur zugesprochen werden kann, wenn es sich um eine schwere Verletzung des Persönlichkeitsrechts gehandelt hat, zu deren Ausgleich die Zahlung einer Entschädigung erforderlich ist. Das ist hier der Fall.

86

Diese Bewertung weicht von der Bewertung des erkennenden Gerichts in der vom Bundesarbeitsgericht aufgehobenen Entscheidung in dieser Angelegenheit ab. Die veränderte Bewertung beruht auf dem Umstand, dass nunmehr bereits der Vermerk des Leiters des Leitungsstabes auf dem Bericht des Klägers vom 11. März 2004 und dessen Weiterleitung an den Leiter des LKA als Element festgestellt wurde, das auf eine systematische Ausgrenzung des Klägers hindeutet. Es muss also festgestellt werden, dass dem Kläger über den Zeitraum von rund 15 Monaten durch die Hausspitze planmäßig das Leben schwer gemacht wurde. Angesichts der Ausnutzung der Vorgesetztenstellung kann das nicht mehr nur als eine Persönlichkeitsrechtsverletzung angesehen werden, die keiner Entschädigung bedarf. Dabei hat das Gericht auch berücksichtigt, dass hier zwar nur vier Einzelereignisse festgestellt werden konnten, die auf den Plan schließen lassen, dass der Plan aber zu einer ständigen Belastung des Klägers im gesamten Betrachtungszeitraum von März 2004 bis Mai 2005 geführt hat.

5.

87

Die zugesprochene Entschädigung in Höhe von 2.500,00 Euro ist angemessen.

88

Eine höhere Entschädigung kann nicht zugesprochen werden. Gemessen an dem gesamten Spektrum denkbarer Persönlichkeitsrechtsverletzungen handelt es sich um eine leichtere Verletzung. Denn nicht die einzelnen Maßnahmen sind bereits für sich entwürdigend, demütigend oder herabwürdigend gewesen, sondern allein ihre Gesamtbetrachtung lässt erkennen, dass man es mit dem Kläger in jener Zeit nicht gut gemeint hat; man hat - womit keine Verharmlosung zum Ausdruck gebracht werden soll - „nur“ mit dem Entzug von Vorteilen operiert und nicht mit direkten Angriffen auf den sozialen Geltungsanspruch des Klägers.

89

Gegen die Festsetzung einer höheren Entschädigung spricht auch der Umstand, dass auch der Kläger selbst durch sein dienstliches Verhalten erheblich mit dazu beigetragen hat, dass die Hausspitze des LKA ihm gegenüber in der angesprochenen Zeit den Pfad der Vernunft verlassen hatte. Denn das Verhalten des Klägers in der Folge seiner Niederlage bei der Frage der Einführung von Zielvereinbarungen im Polizeibereich im Jahre 2000 lässt sich auch für außenstehende Dritte kaum mehr vernünftig nachvollziehen. Und die unerwartet schroffe klägerische Stellungnahme im Anschluss an das Personalgespräch vom 14. September 2004 mit dem Direktor des LKA hat geradezu einen Personalführungsnotstand hervorgerufen, den sicherlich nur ganz wenige Führungspersönlichkeiten in der Lage gewesen wären, allein mit fairen Mitteln zu lösen.

6.

90

Soweit dem Kläger eine Entschädigung zusteht, steht ihm auch der mit dem Klageantrag zu 1. geforderte Zins darauf seit Eintritt der Rechtshängigkeit zu. Es handelt sich um Prozesszinsen, die nach § 291 BGB geschuldet sind. Der geltend gemachte Zins entspricht auch der Höhe nach dem gesetzlichen Mindestzinssatz aus § 288 BGB. Das Gericht hat den Zins ab dem 13. Februar 2007 (Dienstag) zugesprochen, da die Klage an diesem Tag bei Gericht eingegangen war.

II.

91

Im Übrigen ist der auf Entschädigung wegen Mobbings gerichtete Klageantrag zu 1. nicht begründet. Die Berufung ist daher insoweit zurückzuweisen.

92

Alle weiteren Vorfälle, die der Kläger zur Begründung des Vorwurfs, er werde gemobbt, vorgetragen hat, können weder in der Einzelbetrachtung noch in der Zusammenschau nicht als herabwürdigend begriffen werden. Die zugesprochene Entschädigung kann daher nicht erhöht werden.

1.

93

Das beklagte Land hat durch die verbindliche Einführung der Zielvereinbarungen ab Mai 2000 das Persönlichkeitsrecht des Klägers weder missachtet noch verletzt.

94

Der Kläger hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht ausgeführt, es sei bereits rechtswidrig gewesen, das Zielvereinbarungswesen im Polizeibereich trotz seines ablehnenden Votums in dieser Sachfrage einzuführen. Diese Rechtsauffassung ist falsch. Nach Artikel 20 Absatz 2 Grundgesetz geht die Staatsgewalt im Bund und in den Ländern vom Volk aus, das sie durch besondere Organe - unter anderem durch die Landesregierungen - ausübt. Die notwendige demokratische Legitimation jeglichen staatlichen Handelns ist nur gewährleistet, wenn innerhalb der Dienststellen der Verwaltung die Verwaltungsspitze bestimmt, wie die Verwaltung organisiert und ausgeübt wird. Daher hat sich der Kläger dem Votum der Hausspitze oder gar des Ministeriums zu beugen, wenn diese sich auch im Bereich der Polizei - trotz der ablehnenden Stellungnahme des Klägers - für die Einführung von Zielvereinbarungen als Instrument der Personalführung entscheiden.

95

Nicht mehr nachvollziehbar ist aber insbesondere die weitere Auffassung des Klägers, die Nichtbeachtung seiner Stellungnahme in dieser Sachfrage würdige ihn als Person herab und stelle daher bereits eine Verletzung seines Persönlichkeitsrechts dar. Selbst wenn man mit dem Kläger in der Maßnahme einen Verstoß gegen das Legalitätsprinzip (§ 152 Absatz 2 StPO) erkennen will - was das Gericht ausdrücklich offen lässt - läge doch nur eine unterschiedliche Rechtsauffassung in einer einzelnen Sachfrage vor, deren Entscheidung zu Lasten des Klägers keinerlei persönlichen Einschlag erkennen lässt. Als Angehöriger des öffentlichen Dienstes muss man damit leben können, dass sich die Verwaltungsspitze in einer streitigen Sachfrage über ein Votum einer Fachabteilung hinwegsetzt. Wer dazu nicht in der Lage ist, ist nicht geeignet, als Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst tätig zu sein.

2.

96

Auch der Leserbrief von Herrn M. in der Zeitschrift Der Kriminalist Heft 2/2001 (Kopie Blatt 44) verletzt den Kläger nicht in seinem Persönlichkeitsrecht. Herr M. kritisiert darin für jeden Kundigen erkennbar den Standpunkt des Klägers in der Sachfrage der Zielvereinbarungen im Polizeibereich. Durch eine Kritik an dem Sachstandpunkt einer anderen Person kann das Persönlichkeitsrecht aber nicht verletzt werden. Das ist vielmehr erst dann denkbar, wenn die Kritik die Sachebene verlässt und direkt oder indirekt auch die kritisierte Person durch herabwürdigende oder ehrabschneidende Aussagen angreift. Eine solche Feststellung kann hier nicht getroffen werden.

97

Der an den Kläger gerichtete Vorwurf, er habe den Gesamtzusammenhang des Problems nicht erkannt und argumentiere aufgrund eines falschen Grundverständnisses, kann noch nicht als unsachlich und gegen die Person gerichtet begriffen werden. Insoweit handelt sich vielmehr um zwei typische Standardargumente wie man sie zum Beispiel aus wissenschaftlichen Auseinandersetzungen kennt („verkürzte Sichtweise“ und „falsches Vorverständnis“). Dass der Vorwurf gegenüber dem Kläger als der Autorität auf dem Gebiet der polizeilichen Kriminalstatistik erhoben wird, kann die Bewertung nicht ändern. Der offene Dialog über Sachfragen kennt keine Autoritäten und damit auch keinen Anspruch auf besonders vorsichtige Kritik gegenüber den Personen, die sich durch Stellung und Werk auf einem Fachgebiet bereits besonders hervorgetan haben. Die polemische Wortwahl, der Kläger habe sich auf dieser Basis zu falschen Forderungen an die Innenminister „hinreißen lassen“, greift ebenfalls noch nicht die Person an. Das Gericht versteht das als eine in der öffentlichen Auseinandersetzung zur Erhaltung der Aufmerksamkeit des Lesers zulässige rhetorische Einfärbung der trockenen Sachaussage.

98

Die Vorwürfe erhalten zwar dadurch eine andere Qualität, dass sie von einem mittelbaren Vorgesetzten des Klägers aus dem Innenministerium erhoben werden. Denn dadurch wird in der Öffentlichkeit ein Konflikt innerhalb der Behörde bzw. zwischen einem Mitarbeiter der Behörde und der Aufsichtsbehörde sichtbar. Das wirft notwendig die Frage nach der Fürsorge der Behörde für ihre Bediensteten auf, denn eigentlich sollten solche innerdienstlichen Konflikte nicht zuletzt auch zum Schutz der Bediensteten nicht in der Öffentlichkeit ausgetragen werden. Es kann aber nicht festgestellt werden, dass der hier angesprochene Leserbrief geeignet war, das Ansehen des Klägers in der Öffentlichkeit zu beschädigen. Denn durch die Länge des Leserbriefes und durch die Vielzahl der klägerischen Argumente, mit denen sich der Autor des Leserbriefes auseinandersetzt bzw. auseinandersetzen musste, wird der Kläger aus der Sicht des Lesers indirekt gerade als ebenbürtiger Diskussionspartner in einer sachlichen Auseinandersetzung anerkannt.

99

Dass der Kläger in dem Leserbrief eine „beispiellose Herabwürdigung“ erkennt (Blatt 384), ist für Außenstehende nicht nachvollziehbar.

3.

100

Auch der Umstand, dass die ursprüngliche Langfassung des Leserbriefs gemeinsam mit einer Kopie des Artikels des Klägers bereits vorab mit Begleitschreiben aus dem Innenministerium „zu Ihrer Kenntnis“ an alle Dienststellenleiter der Polizei übermittelt wurde, führt im Ergebnis nicht zu einer anderen Bewertung.

101

Auch hier sieht das Gericht die Frage der Fürsorgepflicht des Dienstherrn berührt, denn es gehört nach dem Kenntnisstand des Gerichts zur Kunst der Personalführung jedenfalls nicht zu den üblichen Vorgehensweisen, einen Konflikt in einer Sachfrage zwischen Vorgesetzten und Untergebenen auf diese Weise in aller Breite in der Behörde zu kommunizieren. Denn hier besteht zumindest die abstrakte Gefahr, dass sich Kollegen an der klägerischen Niederlage in dieser Sachfrage, die er aufgrund seiner hierarchischen Stellung als Untergebener hinnehmen musste, delektieren. Ein dienstliches Interesse an der innerdienstlichen Offenlegung des Konflikts, das dieses Vorgehen trotz seines hässlichen Nebeneffekts rechtfertigen könnte, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. In der Bewertung kann das Gericht darin aber dennoch keinen gezielten Angriff auf die Person des Klägers erkennen. Gerade die fehlende Professionalität des Verhaltens des Herrn M. aus dem Innenministerium deutet vielmehr auf eine spontane unüberlegte Handlung angesichts einer Erregung über den Gang des Klägers an die Öffentlichkeit hin.

4.

102

Aus dem Umstand, dass der Kläger im Januar 2001 an der Erstellung der Endfassung des Berichts über die Schwachstellen der kriminalpolizeilichen Sachbearbeitung in der Landespolizei nicht beteiligt wurde, lässt sich nicht auf eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers schließen.

103

Der vom Kläger vorgelegte Berichtsentwurf (Blatt 51 ff) enthält Formulierungen, die sich in Berichten einer nachgeordneten Behörde gegenüber dem Ministerium verbieten. Dies betrifft insbesondere die in Berichten und Vorlagen des Klägers - soweit sie hier im Rechtsstreit bekannt geworden sind - immer wiederkehrende Einleitung des Berichts mit einer Kritik an der Aufgabenstellung durch das Ministerium. Das ist das, was der Direktor des LKA später im September 2004 im Personalgespräch als die Destruktivität des Klägers angesprochen hat. Da auch die Aussagen in der Sache ungeschützt und ohne Rücksicht auf die Interessen und Befindlichkeiten der potentiellen Leser und der angesprochenen Personen und Stellen formuliert sind, bedurfte es aus objektiver Sicht einer Überarbeitung des Berichts mit Blick auf diese Gegebenheiten, bei der eine Einbindung des Klägers im Hinblick auf die zu erwartenden langen Diskussionen über diese Punkte zumindest sehr zeitaufwendig gewesen wäre.

104

Im Sinne einer guten Personalführung wäre es dann allerdings richtig gewesen, dem Kläger dies vorab mitzuteilen oder ihm hinterher das gefertigte Ergebnis mit einer kurzen Erläuterung der Abweichungen von seinem Entwurf vorzulegen. Ob dies geschehen ist, kann mangels Parteivortrag nicht festgestellt werden. Aber selbst dann, wenn es das beklagte Land an diesem Zeichen der Anerkennung für die Vorarbeiten des Klägers hat fehlen lassen, lässt sich daraus noch nicht auf einen gezielten Angriff auf die Person des Klägers schließen. Personalführung ist anerkanntermaßen eine schwierige Aufgabe, die nur wenige fehlerfrei beherrschen. Es wäre daher verfehlt, aus dem Unterlassen eines solchen ohne Zweifel schwierigen ehrlichen Gesprächs mit dem Kläger über die Schwächen seines Berichtsentwurfs gleich auf eine feindliche Einstellung gegenüber dem Kläger zu schließen. Dies betont auch das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 16. Mai 2007 (a. a. O.) in einer etwas allgemeineren Formulierung, wenn es dort ausführt, dass „im Arbeitsleben übliche Konfliktsituationen“ im Regelfall nicht als Ausdruck eines gegen die Person gerichteten Verhaltens gewertet werden können.

5.

105

Ähnliches gilt für den Konflikt um den Bericht für das Innenministerium zur Aufbereitung zur Veröffentlichung geeigneter Felder aus der polizeilichen Kriminalstatistik im Mai 2002. Hier ist der Entwurf des Klägers trotz seiner Mängel an das Ministerium weitergereicht worden und er kam postwendend zurück. Die langatmige schriftliche Rechtfertigung des Klägers gegenüber dem Direktor des LKA ergeht sich auch wieder in einer Kritik der Aufgabenstellung des Ministeriums, was selbst dann, wenn die Kritik zutrifft, in der Sache nicht weiterführt. In dieser Sachebene kann das Gericht ebenfalls nicht mehr erkennen als eine „im Arbeitsleben übliche Konfliktsituation“.

106

In dem klägerischen Rechtfertigungsschreiben vom 30. Mai 2002 (Kopie Blatt 107 f) hat er sich allerdings auch förmlich über die abfällige Behandlung seiner Person durch den Leitenden Kriminaldirektor M. aus dem Innenministerium und durch den Leiter des SB 1 im LKA, Herrn Mi., beschwert. Damit hatte der Konflikt neben der Sachebene zusätzlich noch einen persönlichen Einschlag bekommen und der Adressat der Beschwerde, der Direktor des LKA, war in seiner Funktion als Vorgesetzter des Klägers in der Pflicht, auf die Beschwerde sachgemäß zu reagieren. Nach der unwidersprochen gebliebenen Einlassung des Klägers gab es ihm gegenüber allerdings keine offizielle Reaktion auf seine Beschwerde. Das entspricht zumindest nicht der Üblichkeit. Allerdings gibt es für den Dienstvorgesetzten keine starren Regeln, die ihm vorschreiben, wie er auf Beschwerden seiner Untergebenen zu reagieren hat. Er kann sich eine Rückmeldung gegenüber dem Beschwerdeführer zu einem späteren aus seiner Sicht geeignet erscheinenden Zeitpunkt Vorbehalten oder vielleicht sogar eine Rückmeldung gänzlich unterlassen. Da der Kläger in der Beschwerde nur Bewertungen des Verhaltens der angesprochenen Personen und keine Tatsachen vorgetragen hat, lag es sogar nahe, dass der Direktor des LKA den Konflikt ohne eine förmliche Reaktion darauf gegenüber dem Kläger zunächst einmal näher beobachten wollte.

107

Für Außenstehende nicht nachvollziehbar ist in jedem Falle die Bewertung des Klägers, der allein aus dem Unterlassen einer Reaktion auf die Beschwerde auf eine gezielte Herabsetzung seiner Person schließen will. Dass er sich dann noch besonders gekränkt fühlt, weil der Direktor mit Herrn Mi., aber nicht mit ihm gesprochen hat, erinnert eigentlich eher an Argumentationsmuster aus geschwisterlichen Konflikten im Elternhaus und hat mit einer professionellen Handhabung eines Konflikts mit anderen Bediensteten durch eine langjährig im Berufsleben stehende erwachsene Person wenig zu tun.

6.

108

Der Rechtsstreit um die tarifgerechte Eingruppierung, den die Parteien im Jahre 2003 geführt hatten, hat aus der Sicht des Gerichts keinerlei Aussagewert in Bezug auf die behaupteten feindlichen Angriffe auf die Person des Klägers.

109

Der Kläger kritisiert insoweit, dass das Innenministerium das LKA mit Schreiben vom 25. April 2003 (Kopie als Anlage K 8 überreicht, hier Blatt 58 der Akte, es wird Bezug genommen) aufgefordert habe, Tatsachenmaterial zusammenzutragen, mit dem man den klägerischen Sachvortrag in der Eingruppierungsklage substantiiert bestreiten könne. Der Kläger schließt aus dieser Aufforderung, dass das Ministerium voreingenommen an den Eingruppierungsrechtsstreit herangegangen sei. Dem Ministeriums sei es von Anfang an nur darum gegangen, sein berechtigtes Höhergruppierungsverlangen zu vereiteln. Auch dies müsse man im Gesamtkontext als Angriff auf seine Person bewerten.

110

Diese Bewertung ist für außenstehende Dritte nicht nachvollziehbar. Aus der Sicht des Gerichts handelt es sich bei dem Aufforderungsschreiben um ein Standardanschreiben ohne jeden gegen den Kläger gerichteten Einschlag. Im Gegenteil ist aus dem Schreiben vielmehr zu schließen, dass der Referent im Ministerium den klägerischen Vortrag zur Höhergruppierung durchaus für beachtlich hält und er daher nunmehr das LKA auffordert, nicht nur Stimmung zu machen, sondern Fakten zu liefern.

111

Im Übrigen ist ein Erfolg in einer Klage auf Höhergruppierung indirekt stets auch eine Niederlage des Behördenleiters, der die Arbeit auf dem streitigen Dienstposten zu disponieren hat. Denn es gehört zu den vornehmsten Führungsaufgaben des Behördenleiters, dafür Sorge zu tragen, dass die Dienststelle mit den Mitteln zurechtkommt, die ihr vom Haushaltsgesetzgeber zugewiesen worden sind. Sieht der Behördenleiter daher die Gefahr, dass ein Höhergruppierungsverlangen berechtigt sein könnte, ist er aus seiner Rolle heraus geradezu gezwungen darüber nachzudenken, wie man die Arbeit so umverteilen oder liegenlassen könnte, dass diesem Verlangen der Boden entzogen wird. Dahingehende Überlegungen der Hausspitze, über die der Kläger berichtet hat, drücken daher nur die gegebenen Sachzwänge aus und richten sich nicht persönlich gegen den Kläger.

7.

112

Die Vorstellung des Klägers, die 2003 erhobene Forderung zur Zuarbeit zu dem Forschungsprojekt Kriminalitätsprognose bis 2020 der Fachhochschule in Güstrow stelle eine Persönlichkeitsrechtsverletzung dar, kann von Seiten des Gerichts nicht nachvollzogen werden.

113

Selbst wenn der Standpunkt des Klägers zutreffen sollte, dass der methodische Ansatz des Forschungsprojekts verfehlt ist, bleibt der Kläger im Rahmen seiner Aufgabenstellung als weisungsunterworfener Arbeitnehmer dazu verpflichtet, auf Anweisung seiner Vorgesetzten Zuarbeiten zu diesem Projekt zu leisten. Die Vorstellung des Klägers, aus seiner Arbeitsplatzbeschreibung ließe sich ableiten, dass er nur zur Zuarbeit an „kriminalwissenschaftlich qualifizierten“ Forschungsprojekten verpflichtet sei, ist abwegig. Das Wort „qualifiziert“ in der Arbeitsplatzbeschreibung dient nur der näheren Bezeichnung der Anforderungen, die der Inhaber der Stelle erfüllen muss. Daraus darf nicht im Umkehrschluss abgeleitet werden, der Stelleninhaber dürfe ausschließlich im Rahmen solcher qualifizierten Projekte eingesetzt werden.

114

Für Außenstehende nicht mehr nachvollziehbar ist aber insbesondere die weitere Folgerung des Klägers, in der Verpflichtung zur Zuarbeit zu einem aus seiner Sicht „nicht qualifizierten“ Forschungsprojekt komme wiederum eine Kränkung seiner Person zum Ausdruck. Diese Bewertung gilt gerade auch dann, wenn man mit berücksichtigt, dass die vom Kläger so leidenschaftlich geführte Auseinandersetzung um die Schädlichkeit der Zielvereinbarungen im Polizeibereich Berührungspunkte mit diesem Forschungsprojekt aufweist. Der Kläger muss vielmehr akzeptieren, dass er als Arbeitnehmer des beklagten Landes zur Arbeit nach Weisung verpflichtet ist und dass er keinen Anspruch darauf hat, dass man auf seinen von der Hausspitze nicht geteilten Standpunkt in einer Sachfrage bei der Zuteilung der Arbeit Rücksicht nimmt. Dies gilt jedenfalls ohne Einschränkung bei den konkreten Verhältnissen im LKA, wo es gar keine andere Person gegeben hätte, auf die man die für den Kläger unangenehme Aufgabe der Zuarbeit hätte übertragen können.

8.

115

Schließlich kann nicht festgestellt werden, dass es zu einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers im Zusammenhang mit dem Personalgespräch mit dem Direktor des LKA am 14. September 2004 gekommen ist.

116

Zu dem Personalgespräch bestand ein sachlicher Anlass, den der Direktor des LKA selbst nach der Einlassung des Klägers auch in den Mittelpunkt des Gespräches gestellt hatte. Denn wie die oben angeführten Einzelkonflikte gezeigt haben, war es zu Problemen in der Führung des Klägers als Arbeitnehmer gekommen, da er ungewöhnlich viel Kritik an den ihm übertragenen Aufgaben geübt hatte und sich der Arbeit verweigerte, soweit diese Berührungspunkte zu der streitigen Frage der polizeilichen Kriminalstatistik in Zeiten der praktizierten Zielvereinbarungen aufgewiesen hatte. Der Direktor hat dem Kläger aufgezeigt, dass ein solches Verhalten auf Dauer nicht geduldet werden könne und hat ihn aufgefordert, sich eines Besseren zu besinnen. Im Sinne einer fairen Behandlung des Untergebenen hat er ihm sodann noch eine Bedenkzeit zur Korrektur seiner Einstellung zum Dienst gegeben und hat ihm, damit man die Sache im Bedarfsfall auch auf den Punkt bringen kann, zu einer schriftlichen Stellungnahme aufgefordert.

117

Die Stellungnahme des Klägers vom 12. Oktober 2004 (Kopie Blatt 59 f der Akte) kann dann jedoch aus der Sicht eines jeden denkbaren Vorgesetzten nur als enttäuschend bezeichnet werden, denn aus ihr geht ohne jeden Zweifel hervor, dass der Kläger nicht gewillt war, sich wieder in den normalen Dienstbetrieb einzugliedern. Bildlich formuliert hat der Kläger mit dieser Stellungnahme die ihm geöffnete Tür zu einer konfliktfreien zukünftigen Zusammenarbeit zugeschlagen und dem Direktor signalisiert, dass er auch in Zukunft nicht gewillt ist, sich wie ein weisungsunterworfener Arbeitnehmer zu verhalten.

118

Dass der Kläger nunmehr im Rechtsstreit den dort formulierten Hinweis auf die „deutlichen Anzeichen für ein organisiertes Mobbing“ als eine Art Hilferuf an seinen Direktor verstanden wissen will, ist nicht nachvollziehbar. Die Auslegung des Textes durch das Gericht ergibt vielmehr im Gegenteil, dass der Kläger damit seinem Direktor vorwirft, sich durch das Personalgespräch an dem Mobbing gegen seine Person beteiligt zu haben. Denn der Kläger hatte seinen Vorwurf wie schon in der Beschwerde über die abfällige Behandlung seiner Person vom 30. Mai 2002 nicht mit einzelnen konkreten Vorfällen belegt, so dass aus der Sicht des objektiven Lesers des Textes der Mobbingvorwurf allein auf die Behandlung des Klägers in den drei Punkten, die Anlass für das Personalgespräch waren, und auf das Personalgespräch selbst gemünzt gewesen sein kann. In Bezug auf diese Ereignisse ist der Vorwurf des Mobbings nicht gerechtfertigt.

9.

119

Auch der Abteilungsleiter im Innenministerium Herr N. hat das Persönlichkeitsrecht des Klägers nicht verletzt, als er im Anschluss an die Anhörung des Klägers im Landtag und das anschließende Pressegespräch am 8. Dezember 2004 dem Kläger für die ungenehmigte Aussage und die Äußerungen gegenüber der Presse unter dem 22. Dezember 2004 eine Abmahnung erteilt hatte (Kopie Blatt 49 f der Akte).

120

Die Abmahnung ist in einem durchgängig sachlichen fast unterkühlten Ton verfasst und sie ist, was die Pflichtverletzung des Klägers betrifft, zutreffend. Der Kläger hat dadurch, dass er sich vor dem Landtag zu innerdienstlichen Angelegenheiten ohne eine entsprechende Aussagegenehmigung geäußert hatte, gegen seine Dienstpflichten verstoßen. Da rechtskräftig festgestellt ist, dass die Abmahnung rechtmäßig war, könnte in ihr nur dann eine (versteckte) Persönlichkeitsverletzung zum Ausdruck kommen, wenn sich feststellen ließe, dass die Dienststelle hier die rechtmäßige Möglichkeit einer Sanktion gegenüber dem Kläger ausgenutzt hat, um ein übergeordnetes rechtswidriges Ziel, das man etwa als die Zermürbung des Klägers bezeichnen könnte, zu verfolgen. Eine so weitgehende Feststellung kann nicht getroffen werden.

121

Das erkennende Gericht hält die Abmahnung angesichts des Gewichts der in Rede stehenden Vorwürfe zwar für eine sehr strenge Maßnahme. Denn bei der Bewertung muss nach Auffassung des erkennenden Gerichts beachtet werden, dass der Kläger auf Einladung des Vorsitzenden des Innenausschusses des Landtages dort Rede und Antwort stand, und man in Analogie zu § 376 Absatz 3 ZPO den Standpunkt vertreten könnte, es wäre Aufgabe des Ausschussvorsitzenden des Landtages gewesen, sich um eine Aussagegenehmigung der Personen zu kümmern, die er zu einer Anhörung einlädt. Damit könnten nämlich eventuelle Konflikte um die Erteilung der Aussagegenehmigung sozusagen auf Augenhöhe im Vorfeld zwischen Landtag und Ministerium ausgetragen werden, und der betroffene untergebende Bedienstete käme nicht in den Konflikt zwischen seiner Geheimhaltungspflicht und den Unterrichtungswünschen des Landtages. Zudem ist es nur schwer vorstellbar, dass der Kläger tatsächlich über konkrete Dienstgeheimnisse über verfälschte Statistiken verfügte und diese offenbarte, denn seine Ausführungen zu dieser Frage erschöpfen sich auch im vorliegenden Rechtsstreit durchgängig lediglich in dem Aufzeigen von Gefahren, ohne dass er einen einzigen Vorfall schildern konnte, in dem sich die von ihm gesehene Gefahr verwirklicht hat. Zusätzlich muss beachtet werden, dass der Kläger nach seiner unwidersprochen gebliebenen Einlassung auch auf Bitten seines Berufsverbandes sich auf die Anhörung eingelassen hatte (Blatt 38), die ja in direkter Beziehung zu der Presseerklärung des BDK vom 29. November 2004 stand. Damit hätte bei der Auslegung der Pflichten aus § 8 BAT-O, die das beklagte Land hier als Wohlverhaltenspflicht bezeichnet, auch berücksichtigt werden müssen, dass das Handeln des Klägers in Wahrnehmung der Rechte des Berufsverbandes aus Art. 9 Absatz 3 Grundgesetz erfolgt ist.

122

Dennoch lässt sich aus dieser Bewertung des Vorfalls durch das erkennende Gericht nicht der Schluss ziehen, die vielleicht etwas übertriebene Reaktion in Form einer Abmahnung sei in der Absicht erfolgt, den Kläger zu schädigen. Dieser Schluss verbietet sich in erster Linie aufgrund des Umstandes, dass der Konflikt des Klägers mit seiner Dienststelle mit der Aussage des Klägers vor dem Landtag und der Presse in Anwesenheit des ebenfalls eingeladenen Abteilungsleiters Polizei im Innenministerium Herrn N. erstmals diese hohe Hierarchieebene innerhalb des Ministeriums erreicht hatte. Mit Herrn N., der die Abmahnung auch unterzeichnet hat, war eine neue Person in den Konflikt einbezogen worden und es ist davon auszugehen, dass diese Person den Konflikt nicht von vornherein durch die Brille der Personen im LKA gesehen hat, die diesen Konflikt bereits seit Jahren geführt und nicht bewältigt haben. Es ist daher nicht ersichtlich, weshalb Herr N. geneigt gewesen sein sollte, seine Amtsautorität dadurch zu beschädigen, dass er eine Entscheidung trifft, die durch sachfremde Erwägungen geprägt oder überlagert ist.

10.

123

Das Gericht kann ebenfalls keinen Zusammenhang zwischen einem feindlichen Vorgehen gegen den Kläger und dem Artikel im F... vom 14. Mai 2005 erkennen. Die Konstruktion des Klägers, der Direktor des LKA habe sich über diesen Artikel und über seinen - streitig gebliebenen - Versuch, diesen zu verhindern, so geärgert, dass er dem Kläger die Teilnahme an der 50. Jahrestagung PKS in Berlin im Juni 2005 verboten habe, ist spekulativ geblieben. Ein solcher Zusammenhang drängt sich auch nicht auf.

11.

124

Auch die Verweigerung der Teilnahme des Klägers an der 50. Jahrestagung PKS in Berlin im Juni 2005 durch die Hausspitze des LKA kann nicht als persönlich gegen den Kläger gerichtet angesehen werden.

125

Denn zu dieser Veranstaltung hatte der Kläger erst im Mai 2005 einen Dienstreiseantrag gestellt. Zu diesem Zeitpunkt bestanden aber bereits die Planungen, den Kläger kurzfristig abzuordnen und möglicherweise sogar schon der Plan, ihn langfristig zu versetzen. So gab es für die Ablehnung dieses Dienstreiseantrages zumindest objektiv einen sachlichen Anlass. Das Gericht hat daher nicht weiter aufgeklärt, wie die Dienststelle die Ablehnung der Dienstreise tatsächlich gegenüber dem Kläger begründet hat.

12.

126

Eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers ergibt sich schließlich auch nicht aus der Abordnung und Versetzung auf seinen derzeitigen Dienstposten im Laufe des Jahres 2005.

127

Durch die überraschend schroffe Reaktion des Klägers auf das Personalgespräch vom 14. September 2004 in seiner Stellungnahme vom 12. Oktober 2004 wurde für jeden außenstehenden Beobachter klar, dass es im LKA einen Konflikt gibt, der innerhalb des LKA durch die dort handelnden Personen nicht mehr bewältigt werden konnte. Die übergeordnete Behörde musste daher im Interesse der Gewährleistung des Dienstbetriebes und im Schutzinteresse für alle am Konflikt beteiligten Beschäftigten eingreifen. Dabei steht ihr ein weites Handlungsermessen zu. Sie ist nicht verpflichtet durch aufwändige Ermittlungen den wahren Bösen festzustellen, um dann gegen ihn vorzugehen, sie kann vielmehr nach pragmatischen Gesichtspunkten die Person heraus greifen und versetzen, für die ein anderer geeigneter Dienstposten zur Verfügung steht. Insoweit hat das beklagte Land mit der Abordnung und Versetzung des Klägers alles richtig gemacht; wenn man einen Vorwurf erheben will, könnte es nur der sein, zwischen dem gescheiterten Personalgespräch und der Personalmaßnahme acht Monate zugewartet zu haben.

128

Der neue Dienstposten des Klägers passt von der Wertigkeit zu seinem arbeitsrechtlichen Status und mit seiner Wahrnehmung sind auch keine unzumutbaren Beschwerlichkeiten in örtlicher Hinsicht verbunden. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht wurde auch Einblick genommen in den schriftlichen Arbeitsvertrag der Parteien. Aus ihm ergeben sich auch keine Einschränkungen seiner Versetzbarkeit oder gar eine Konkretisierung auf seinen Dienstposten im LKA. Vielmehr handelt es sich um eine für den öffentlichen Dienst typischen fast aussagelosen Arbeitsvertrag, der im Wesentlichen auf die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes verweist. Für das Gericht ist daher der Vorwurf des Klägers nicht nachvollziehbar, diese Maßnahme verletzte ihn im besonderen Maße in seinem Persönlichkeitsrecht.

129

Dass das beklagte Land den Kläger zunächst nur für drei Monate abgeordnet hatte, die Abordnung dann noch einmal verlängerte und dann erst die Versetzung aussprach, hält das Gericht zwar für unglücklich und gegenüber dem beteiligungspflichtigen Personalrat auch für unehrlich. Darin kommt aber keine Sonderbehandlung zu Lasten des Klägers zum Ausdruck, denn es ist gerichtsbekannt, dass dies in allen Ministerien der Landesverwaltung gern so gehandhabt wird.

13.

130

Auch die Zusammenschau all der vom Kläger angeführten Ereignisse ergibt kein anderes Bild. Allein schon die Anzahl der Personen, die sich an dem Mobbing zu Lasten des Klägers beteiligt haben sollen, macht es unwahrscheinlich, dass all diese Personen tatsächlich nach einem gemeinsamen Plan gehandelt haben oder wenigstens alle an einem Strang gezogen haben. Wie oben aufgezeigt gab es für die 12 hier untersuchten und als nicht mobbing-relevant eingeschätzten Vorkommnisse auch stets einen sachlichen Anlass für das Verhalten der handelnden Personen. Als gegen den Kläger gerichtet könnten diese Vorkommnisse also nur dann gewertet werden, wenn man feststellen könnte, dass unter dem Deckmantel eines sachlichen Anlasses andere Ziele verfolgt wurden. Das ist trotz aller Bemühungen des Gerichts um die Aufklärung des Sachverhalts bis zum Schluss aber spekulativ geblieben.

131

Es muss zwar mit der gebotenen Deutlichkeit festgehalten werden, dass es in der Behandlung des Klägers immer wieder beachtliche Besonderheiten gegeben hat, aus denen man sogar bei oberflächlicher Betrachtung den Eindruck von Mobbing gewinnen könnte. Für die bewusste Schaffung eines feindlichen Umfeldes im Sinne von § 3 Absatz 3 AGG fehlen jedoch die erforderlichen Indizien. Gerade der lange Zeitraum, über den der ganze Konflikt geschwelt hat, zeigt für das Gericht, dass er nicht als auf einem einheitlichen Plan beruhend begriffen werden kann. Das Gericht geht vielmehr davon aus, dass die Stärken und die Schwächen der handelnden Personen auf beiden Seiten immer wieder Effekte gehabt hatten, die den Kläger mehr und mehr an den Rand der Dienstgemeinschaft im LKA geführt haben, ohne dass dem ein Plan oder etwas ähnliches zu Grunde lag. Das wird belegt durch die Vielzahl der Personen, die dazu - allerdings nicht beweisbar bewusst - ihren Beitrag geleistet haben. Wenn man den Vorgesetzten des Klägers einen Vorwurf machen wollte, könnte es nur der sein, dass man diese Dynamik nicht oder nicht früh genug erkannt hat und dementsprechend spät erst mit der Abordnung und Versetzung reagiert hat. Dieser Vorwurf hat aber nichts mit einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts oder gar mit Mobbing zu tun.

132

Selbst wenn man hilfsweise die oben unter oben 11. untersuchte Verweigerung der Dienstreise zur 50. Jahrestagung PKS im Juni 2005 in Berlin noch zu den Vorkommnissen zählen würde, in denen sich ein unfaires Verhalten gegenüber dem Kläger ausdrückt, weil diese Verweigerung in das oben herausgearbeitete Muster des Mobbing-Verhaltens passt, würde sich daraus keine höhere Entschädigung zu Gunsten des Klägers ergeben. Denn bei der Bemessung der Entschädigung hat das Gericht ohnehin des gesamten Zeitraum von März 2004 bis zur klägerischen Abordnung im Juni 2005 bewertet; es wäre daher nicht entscheidungserheblich, wenn zu den 4 in diesem Zeitraum festgestellten Einzelereignissen ein weiteres gleichgelagertes dazukommen würde.

III.

133

Die Berufung ist auch unbegründet, soweit der Kläger mit dem Klageantrag zu 2 entgangenes Entgelt als Schadensersatz wegen der inzwischen eingetretenen Gesundheitsschäden fordert.

134

Der Klageantrag zu 2 ist unbegründet. Die Voraussetzungen für die Zahlung der Vergütungsdifferenzen zwischen dem tatsächlich bezogenen Krankengeld und dem im Falle von Arbeitsfähigkeit im Streitzeitraum verdienten Arbeitsentgelt für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit ab der zweiten Jahreshälfte 2005 bis Ende 2007 sind nicht erfüllt. Eine vertragliche Anspruchsgrundlage zur Zahlung des Arbeitsentgelts trotz unterbliebener Arbeitsleistung ist nicht ersichtlich. Daher könnte der Anspruch allein als Schadensersatzleistung begründet sein. Das beklagte Land ist allerdings nicht zum Schadensersatz verpflichtet, da nicht festgestellt werden kann, dass die der Arbeitsunfähigkeit zu Grunde liegenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Klägers vom beklagten Land schuldhaft herbeigeführt worden sind. Eine gezielte Beschädigung der Gesundheit des Klägers durch Mitarbeiter des beklagten Landes ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Demnach verbleibt nur die Möglichkeit, dass Mitarbeiter des beklagten Landes gezielt das Persönlichkeitsrecht des Klägers verletzt oder missachtet haben könnten und sich diese Kränkung beim Kläger in einer Reaktion mit Krankheitswert ausgewirkt hat. Aber auch eine solche Feststellung kann nicht getroffen werden.

1.

135

Durch die Abordnung und spätere Versetzung im Jahre 2005 hat das beklagte Land nicht vorwerfbar die Gesundheit des Klägers geschädigt.

136

Selbst wenn es - was bewusst offen bleiben soll - für das beklagte Land vorhersehbar gewesen sein sollte, dass die Abordnung und Versetzung beim Kläger eine Depression auslösen würde und er aufgrund seiner Anpassungsstörung mit Krankheitswert nicht in der Lage sein würde, sich auf seinen neuen Dienstposten einzustellen, kann daraus keine Einschränkung des im dienstlichen Interesse bestehenden weiten Ermessensspielraums des Dienstherrn bei dieser Entscheidung folgen. Vielmehr hat sich aus Anlass der dienstlich gebotenen und rechtmäßigen Personalmaßnahme gezeigt, dass der Kläger an einem gesundheitlichen Defizit leidet, das seine Eignung, als Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst tätig zu sein, ernsthaft in Frage stellt, weil sie den im öffentlichen Dienst üblichen und mit Recht geforderten flexiblen Einsatz des Personals auf verschiedenen Dienstposten beim Kläger unmöglich macht.

137

Diese Feststellung kann durch eine vergleichende Betrachtung der Pflichten des Arbeitgebers, dem gesundheitlich geschwächten Arbeitnehmer einen leidensgerechten Arbeitsplatz anzubieten, bestätigt werden. In der Rechtsprechung ist es insoweit anerkannt, dass der Arbeitgeber verpflichtet sein kann, dem Arbeitnehmer einen leidensgerechten Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen. Diese Verpflichtung fußt auf der Fürsorgepflicht und sie ist auch Ausdruck des Verhältnismäßigkeitsprinzips; eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses wegen der gesundheitlichen Einschränkungen soll erst dann in Betracht kommen, wenn es nicht mehr möglich ist, den Arbeitnehmer vertragsgemäß zu beschäftigen und es auch nicht mehr möglich ist, ihm einen leidensgereichten Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen. Diese Pflicht wird aber begrenzt durch die betrieblichen Interessen des Arbeitgebers. Seine Pflicht zur leidensgerechten Beschäftigung des Arbeitnehmers endet dort, wo ihm dies unzumutbar wird.

138

Nach allen medizinischen Stellungnahmen, die sich in der Akte befinden, wäre der einzige leidensgerechte Arbeitsplatz für den Kläger sein alter Arbeitsplatz im LKA. Es ist für das beklagte Land unzumutbar, ihn auf diesem Arbeitsplatz einzusetzen. Daher kann die Abordnung und spätere Versetzung des Klägers, trotz ihrer möglicherweise erkennbar gewesenen gesundheitlichen Risiken für den Kläger nicht als vorwerfbare Missachtung der Gebrechen des Klägers bewertet werden.

2.

139

Es kann nicht festgestellt werden, dass die inzwischen beim Kläger aufgetretenen ernsthaften gesundheitlichen Probleme kausal auf der oben festgestellten Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers in der Zeit zwischen März 2004 und seiner Abordnung im Juni 2005 beruhen.

140

Die Darlegungs- und Beweislast für den beim Schadensersatz notwendigen kausalen Zusammenhang zwischen der Verletzungshandlung und dem eingetretenen Schaden liegt beim Geschädigten, hier beim Kläger. Eine Beweiserleichterung bei mobbing-typischen Erkrankungen hat das Bundesarbeitsgericht nicht anerkannt (BAG 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - aaO).

141

Anerkannt ist allerdings, dass ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen der schädigenden Handlung und dem Auftreten des Gesundheitsschadens zu einer Beweiserleichterung zu Gunsten des geschädigten Arbeitnehmers führen kann (BAG 16. Mai 2007 aaO und ihm folgend LAG Mecklenburg-Vorpommern 13. Januar 2009 - 5 Sa 86/08). Ein solcher enger zeitlicher Zusammenhang ist hier durchaus gegeben, denn die krankheitsbedingten Ausfallzeiten begannen sozusagen unmittelbar in Anschluss an die Zeit, als der Kläger 2004 und 2005 unfair durch die Hausspitze im LKA behandelt wurde.

142

Dieser feststellbare enge zeitliche Zusammenhang reicht aber aufgrund der besonderen Umstände des vorliegenden Falles nicht aus, um von einer Kausalität zwischen der Persönlichkeitsrechtsverletzung und dem eingetretenen Gesundheitsschaden auszugehen. Maßgebend für diese Bewertung durch das Gericht sind die inzwischen zahlreichen medizinischen Stellungnahmen zu den gesundheitlichen Problemen des Klägers. Wie ein roter Faden zieht sich durch all diese Stellungnahmen die Herstellung des Zusammenhangs zwischen der Abordnung und späteren Versetzung des Klägers und dem Auftreten der depressiven Verstimmung. Als maßgebend wird hierfür die in der Persönlichkeit des Klägers begründete Unfähigkeit zur Anpassung an das neue Arbeitsumfeld angesehen. Daraus muss das Gericht schließen, dass die depressive Verstimmung des Klägers und der Verlust seiner Arbeitsfähigkeit nicht auf der Verletzung des Persönlichkeitsrechts in der Zeit von März 2004 bis Mai 2005 beruht, sondern auf der sich daran anschließenden Maßnahme der Abordnung und Versetzung. Damit verliert der enge zeitliche Zusammenhang zwischen der Verletzungshandlung und dem Auftreten des Gesundheitsschadens seine Aussagekraft, denn sozusagen im Schnittpunkt beider Zeitabschnitte hat es ein weiteres Ereignis gegeben, dass aus medizinischer Sicht die Probleme des Klägers hervorgerufen hat.

143

In der Gesamtbewertung kann das Gericht daher keinen nennenswerten Effekt der unfairen Behandlung des Klägers in der Zeit von März 2004 bis zu klägerischen Abordnung an eine andere Dienststelle ab Juni 2005 auf die gesundheitliche Situation des Klägers erkennen.

IV.

144

Auch der Klageantrag zu 3. ist nicht begründet. Denn da dem Kläger schon dem Grunde nach kein Schadensersatz hinsichtlich der wegen Krankheit entgangenen Vergütung zusteht (vgl. oben III.), ist auch die Feststellung der weiteren Schadensersatzpflicht für die entgangene Vergütung ab Januar 2008 nicht begründet.

145

Auch der Klageantrag zu 4., der sich auf die Feststellung der Schadensersatz- und Entschädigungspflicht in der Zukunft bezieht, ist nicht begründet. Eine weitere Entschädigung steht dem Kläger nicht zu. Er wird entschädigt für seine unfaire Behandlung in den letzten 15 Monaten seiner Tätigkeit im LKA, der Vorgang ist abgeschlossen. Es ist nicht ersichtlich, woraus sich in der Zukunft noch ein Anlass zu weiterer Entschädigung ergeben sollte. Auch die Feststellung der weitern Schadensersatzpflicht ist unbegründet, da das Gericht insgesamt nicht davon ausgeht, dass sich das beklagte Land schadensersatzbegründend verhalten hat.

V.

146

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Absatz 1 ZPO und sie berücksichtigt sowohl das teilweise Obsiegen des Klägers im Rechtsstreit als auch die Kosten des erfolgreichen Revisionsverfahrens. Die Kosten des Revisionsverfahrens sind von der Kostenentscheidung mit umfasst.

147

Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision aus § 72 ArbGG sind nicht erfüllt.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

Tenor

I. Auf die klägerische Berufung und unter teilweiser Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichtes Schwerin vom 29.01.2008 (4 Ca 293/07) wird das beklagte Land verurteilt, auf den Klageantrag zu 1. an den Kläger 2.500,00 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13. Februar 2007 zu zahlen.

II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten des Revisionsverfahrens trägt der Kläger zu 2/3 und im Übrigen das beklagte Land.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der klagende Arbeitnehmer verlangt von seinem Arbeitgeber Zahlung von Schmerzensgeld und Schadensersatz wegen Mobbings.

2

Der in den 1950er Jahren geborene Kläger ist diplomierter Jurist und Kriminologe und war von 1976 bis zum Zusammenbruch der DDR dort als Staatsanwalt tätig. Bereits in jener Zeit war er aufgrund seiner dienstlichen Aufgabenstellung zum Spezialisten für polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) geworden. Seit 1993 ist er beim beklagten Land als vollbeschäftigter Arbeitnehmer beschäftigt. Seit 1994 ist er eingruppiert in die Vergütungsgruppe IIa der Anlage 1a des BAT/BAT-O. Er war vom Zeitpunkt der Einstellung bis Ende Mai 2005 dem Landeskriminalamt (LKA) zugeteilt und war dort im Dezernat 63 („Auswertung PKS“) als Dezernent („Fachbereich PKS, Analyse und Forschung“) und stellvertretender Dezernatsleiter tätig. Als Dezernent war er zuständig für die Bereiche Kriminalitätsanalyse, Kriminalstrategie, Kriminalitätsprävention und Kriminalstatistik; daher war er der Fachmann des LKA für die polizeiliche Kriminalstatistik (PKS). Der Kläger war auch stets der Kriminologieforschung verbunden geblieben und hat diese im Rahmen seiner Aufgabenstellung in Kooperation mit universitären Forschungseinrichtungen weiter betrieben. In der Arbeitsplatzbeschreibung zum klägerischen Dienstposten ist der Forschungsanteil mit 55 Prozent angegeben.

3

Mit dem 1. Juni 2005 wurde der Kläger an das Landesamt für Brand- und Katastrophenschutz für Mecklenburg-Vorpommern in Schwerin befristet abgeordnet. Seit Dezember 2005 ist der Kläger an dieses Amt auf Dauer versetzt worden und hat dort den Dienstposten des Dezernatsleiters II (Katastrophenschutz) inne. Dieser Dienstposten ist nach A14 und damit höher bewertet als der ihm bis dahin übertragene Dienstposten.

4

Die Abordnung und spätere Versetzung erfolgte vor dem Hintergrund eines Konfliktes des Klägers mit dem Direktor des LKA. Der Konflikt entzündete sich 1999 und 2000 an Sachfragen im Zusammenhang mit der richtigen Führung der Polizeistatistik und der Frage, ob die in der ganzen Landesverwaltung derzeit so beliebten Zielvereinbarungen im Polizeibereich zu einer schädlichen Beeinflussung der Kriminalstatistik führen würden bzw. bereits geführt haben. Der Kläger, der zu keinem Zeitpunkt bereit war, die aus seiner Sicht völlig verfehlten Vorgaben des LKA-Direktors und der Polizeiabteilung des Innenministeriums zu akzeptieren, geht inzwischen davon aus, er sei durch seine Vorgesetzten systematisch gemobbt worden, um ihn zum Einlenken in dieser Sachfrage zu zwingen oder ihn gar gänzlich aus dem Dienst zu drängen und damit mundtot zu machen.

5

Im Mai 2000 ist die Verabredung von Zielvereinbarungen als Mittel der Personalführung im Bereich der Polizei Mecklenburg-Vorpommerns verbindlich eingeführt worden. Sowohl das LKA als auch das Innenministerium hatten sich damit über die vom Kläger als dem für Polizeistatistik zuständigen Fachmann des LKA vorab geäußerten Bedenken hinweggesetzt. Im September 2000 erscheint in der Zeitschrift „Der Kriminalist“, der Verbandszeitschrift des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK), ein Artikel des Klägers mit der Überschrift „Können Fallzahlen der PKS vereinbart werden?“, in dem er ohne konkreten Bezug zum hiesigen Bundesland in der Sache scharf und im Ton markant auf die Gefahren der Vereinbarung von Fallzahlen im Rahmen von Zielvereinbarungen hinweist (Kopie Blatt 270a der Akte). Das war für den Leiter des Referats 440 der Polizeiabteilung des Innenministeriums Herrn Leitender Kriminaldirektor M. Anlass, einen Leserbrief zu schreiben, der dann auch - in einer nach Dialog mit der Redaktion vom Autor gekürzten Fassung - im Februar 2001 in der Zeitschrift „Der Kriminalist“ veröffentlicht wurde (Kopie Blatt 44 der Akte). Bereits zuvor noch im alten Jahr war die ungekürzte Fassung des Leserbriefs gemeinsam mit einer Kopie des Artikels des Klägers auf Veranlassung des Innenministeriums an alle Behördenleiter der Landespolizei verteilt worden. Herr M... bescheinigt dem Kläger in dem Leserbrief die „Außerachtlassung der Gesamtzusammenhänge aufgrund eines falschen Grundverständnisses“.

6

Im Dezember 2000 bekam das LKA vom Innenministerium den Auftrag, eine Analyse der Schwachstellen der kriminalpolizeilichen Sachbearbeitung in der Landespolizei zu erstellen. Der Kläger legte dazu in Abstimmung mit weiteren Mitarbeitern des LKA unter dem 19. Januar 2001 einen Entwurf vor (Anlage K7, Blatt 51 f). An der Erarbeitung der Abschlussformulierung, die erheblich von dem Vorschlag des Klägers abweicht, wurde dieser nicht mehr beteiligt. Sie wurde vielmehr vom Abteilungsleiter 6 des LKA gemeinsam mit einem Mitarbeiter des Innenministeriums aus der Polizeiabteilung erarbeitet.

7

Im Mai 2002 erhielt das LKA vom Innenministerium den Auftrag, aus der polizeilichen Kriminalstatistik „geeignete Felder für eine Veröffentlichung aufzubereiten“, die sich für eine Darstellung „im kleineren Umfang“ eignen. Der damit beauftragte Kläger fertigte ein umfängliches Opus, das dann im Innenministerium als gänzlich ungeeignet mit der Bitte um Überarbeitung zurückgereicht wurde, weil man dort wohl eher an eine Kopiervorlage für ein oder mehrere Presseerklärungen über die erfolgreiche Polizeiarbeit gedacht hatte. Mit Schreiben an den Direktor des LKA vom 30. Mai 2002 (Kopie Anlage K12, Blatt 107 f der Akte) rechtfertigte der Kläger sein Vorgehen, kritisierte den ministeriellen Auftrag („Es ist m.E. nicht die Aufgabe des Dez. 63, Vorlagen zu erarbeiten, die unmittelbar zur Veröffentlichung durch das IM geeignet sind“) und beschwerte sich über die abfällige Behandlung seiner Person durch den LKD Herrn M. aus dem Innenministerium und durch den Leiter SB 1 im LKA, Herrn Mi. Der Direktor des LKA hat sodann mit Herrn Mi. gesprochen, mit dem Kläger jedoch nicht.

8

Am 5. März 2004 erhielt der Kläger den Auftrag, eine vergleichende Stellungnahme zu einer aus Polen zugänglich gemachten Kriminalstatistik abzugeben. Diese legte der Kläger unter dem 11. März 2004 vor. Herr Ma., seinerzeit Leiter des Leitungsstabes im LKA und heute Direktor des LKA, hat auf dem Dokument den folgenden Vermerk angebracht: „1. (Thema verfehlt): Aufgabe war nicht der Vergleich Stettin-MV; 2. auch noch verspätet vorgelegt; 3. Dir. z.K. ...“ (Kopie Anlage K13, Blatt 156 der Akte).

9

In Zusammenarbeit mit dem Fachbereich Polizei der Fachhochschule in Güstrow gibt es ein Projekt Kriminalitätsprognose bis 2020, das vom LKA wohlwollend gefördert wird, vom Kläger jedoch wegen eines verfehlten methodischen Ansatzes rundweg abgelehnt wird. Die diesbezügliche Stellungnahme des Klägers vom 10. Oktober 2003 (vgl. Bl. 38 der Akte) ist allerdings nicht zur Akte gelangt. Mit Schreiben vom 18. August 2004 wurde der Kläger vom Leiter des Leitungsstabes im LKA, aufgefordert, prognostische Fallzahlen für die kommenden Jahre bis 2007 zu erarbeiten und die gewonnenen Daten für das Forschungsprojekt aber auch als Grundlage für Gespräche über Zielvereinbarungen zur Verfügung zu stellen. Mit Schreiben vom 19. August 2004 an seinen Abteilungsleiter äußert sich der Kläger kritisch zu dem Arbeitsauftrag und bittet darum, ihn von der Einbindung in das Forschungsprojekt zu entbinden (Kopie als Anlage K14 überreicht, Blatt 157 der Akte). Die geforderte Zuarbeit hat er nicht geleistet. In dem Schreiben vertritt der Kläger den Standpunkt, dass sich aus seiner Arbeitsplatzbeschreibung ergebe, dass er nur verpflichtet sei zur Mitarbeit an „kriminalwissenschaftlich qualifizierten“ Forschungen, weshalb keine Pflicht zur Mitarbeit an dem Projekt der FH Güstrow bestehen könne (Blatt 158 der Akte).

10

Am 14. September 2004 kam es auf Veranlassung des Direktors des LKA zu einem Personalgespräch mit dem Kläger. Der Direktor teilte dem Kläger mit, er habe den Eindruck, der Kläger sei nicht mehr gewillt, seinen Posten als Dezernent ordnungsgemäß auszufüllen, vielmehr habe er den Eindruck, der Kläger verhalte sich zunehmend destruktiv. Das sei nicht hinzunehmen und man müsse sich überlegen, ob der Kläger noch geeignet sei, den ihm übertragenen Dienstposten auszufüllen. Der Direktor belegte seine Vorwürfe anhand von drei konkreten Vorgängen (Kriminalitätsprognose wegen der Stellungnahme des Klägers vom 10.10.2003, analytische Bewertung der polnischen Kriminalstatistik wegen der Stellungnahme des Klägers vom 11. März 2004 sowie die Haltung des Klägers zur Fachaufsicht über die polizeiliche Kriminalstatistik). Er fordert den Kläger auf, innerhalb von zwei Wochen sich zu überlegen, wie es weitergehen solle und ihm - dem Direktor - dies schriftlich mitzuteilen. Die geforderte Stellungnahme hat der Kläger unter dem 12. Oktober 2004 abgegeben (Kopie Anlage K9, Blatt 59 der Akte). Zum Vorwurf der Destruktivität nimmt der Kläger dort wie folgt Stellung:

11

„1. Weise ich jeden Vorwurf von angeblicher Destruktivität zurück.

12

2. Ist anhand konkreter Arbeitsergebnisse klar nachweisbar, dass meine Arbeit immer durch Konstruktivität, ein hohes kriminalwissenschaftliches Niveau und Loyalität gegenüber den Vorgesetzten gekennzeichnet ist.

13

3. Gehe ich im Falle der Fortsetzung solcher mich herabwürdigender Äußerungen von deutlichen Anzeichen für ein organisiertes Mobbing aus, gegen das ich mich mit den rechtlich zulässigen Mitteln zur Wehr setzen würde.

14

4. Habe ich die Absicht, meine Arbeit an meinem Arbeitsplatz im Dezernat 63 weiterhin mit hoher Qualität auszuführen. Überlegungen und Versuche, mich zum „Training für Unterwürfigkeit“ befristet oder unbefristet in den Stab umzusetzen, lehne ich ab.“

15

In zeitlichem Zusammenhang zu dieser Zuspitzung des Konflikts im 3. Quartal 2004 und in der Folgezeit hierzu sind dem Kläger Aufgaben und Möglichkeiten entzogen worden, die als die angenehme Seite des klägerischen Dienstpostens anzusehen sind.

16

So hatte der Kläger bereits seit langer Zeit Professor B. (Universität G.) und dessen Forschungsprojekt Tötungsdelikte unterstützt. Die Forschungsergebnisse aus diesem Projekt sollten unter anderem im Rahmen der 1. Jahrestagung der deutschen Gesellschaft für Kriminalistik e.V. am 25./26. August 2004 an der Polizeiführungsakademie Münster (NRW) dem Fachpublikum vorgestellt werden. Der Dienstreiseantrag des Klägers zur Teilnahme an dieser Tagung wurde am 17. August 2004 abgelehnt. Die Gegenvorstellung des Klägers vom selben Tag blieb ohne Erfolg. Auf der zurückgereichten Gegenvorstellung befindet sich folgender handschriftlicher Vermerk der Stabsstelle:

17

„Eine Dienstreisegenehmigung bzw. Sonderurlaub erteile ich nicht. Ich untersage Ihnen aus Sicht des LKA dort zu sprechen, solange nicht eine Auswertung der Inhalte mit der Polizei des Landes besprochen ist.“

18

Die Behauptung des Klägers, die Ergebnisse der Studie seien von ihm vor diesem Zeitpunkt bereits mehrfach in der hiesigen Polizei vorgestellt worden, ist unbestritten geblieben.

19

Der Kläger hatte im Sommer 2004 Kontakte zu Professor W. (V. Universität Frankfurt/Oder) geknüpft, um das Thema Vergleichbarkeit der Kriminalstatistiken Polens und Deutschlands wissenschaftlich aufzuarbeiten. Diese klägerische Initiative wurde vom Direktor des LKA ausdrücklich begrüßt und in der Folgezeit wurde die Projektstudie weiter ausgearbeitet. Am 22. März 2005 kommt es in diesem Rahmen zu einem hochkarätig besetzten „Arbeitstreffen“ in den Diensträumen des LKA, an dem auf Seiten des LKA der Direktor, die wichtigsten Mitarbeiter des Stabes, der Abteilungsleiter des Klägers sowie weitere Mitarbeiter teilgenommen haben. Der Kläger weilte an diesem Tag im Urlaub. In dem Protokoll zu diesem Arbeitstreffen heißt es allerdings bezüglich der Zukunft:

20

„Die weitere Federführung des Projekts im LKA MV erfolgt durch die Abteilung 6/Dezernat 63. Hierzu ist ein Ansprechpartner zu benennen und gegenüber der Universität V. mitzuteilen.“

21

Der Kläger wurde an dem Projekt nicht mehr beteiligt; nach der Abordnung und Versetzung des Klägers ist das Projekt eingestellt worden.

22

Unmittelbar im Vorfeld der Abordnung wurden zwei weitere Dienstreiseanträge des Klägers abschlägig beschieden. So wurde es ihm verwehrt an der „50. Jahrestagung PKS“ in Berlin im Juni 2005 teilzunehmen. Außerdem wurde ihm die Teilnahme am BKA-Forum in Wiesbaden, das ebenfalls im Juni 2005 stattfinden sollte, verwehrt. An dieser Veranstaltung hatte der Kläger die letzten zehn Jahre immer teilgenommen. Nunmehr wurde sein Dienstreiseantrag vom Leiter des Leitungsstabes abgelehnt. Stattdessen wurde die Teilnahme einem Mitarbeiter des Vollzugsdienstes, der seinerzeit in den Leitungsstab des LKA abgeordnet war, ermöglicht. Dies wurde im Rechtsstreit damit begründet, da die Tagesordnung der Veranstaltung keine Berührungspunkte zum Dienstposten des Klägers aufgewiesen habe.

23

Kurz nach dem Personalgespräch im September 2004 und der dazugehörenden Stellungnahme des Klägers vom 12. Oktober 2004 kam es außerdem noch zu einer weiteren Episode, die für den Kläger mit einer Abmahnung endete. Der Bund Deutscher Kriminalbeamter hat am 29.11.2004 eine scharf formulierte Presseerklärung herausgegeben, die sich mit den Problemen der durch Zielvereinbarungen schädlich beeinflussten Fallzahlen und mit Mobbing im LKA Mecklenburg-Vorpommerns befasst. Am selben Tag hat der BDK Strafanzeige wegen Strafvereitelung durch die besagten Zielvereinbarungen erstattet. Diese Erklärung fand nicht nur in der Presse ein Echo. Auch der Innenausschuss des Landtages in Schwerin interessierte sich für diese Vorwürfe. Der Vorsitzende des Innenausschusses lud daher den Kläger zu einer Anhörung ein. Dem kam der Kläger nach, allerdings hatte er hierzu keine Aussagegenehmigung. Nach der Anhörung äußerte sich der Kläger auch noch zu Fragen der Pressevertreter. Sowohl bei der Anhörung im Landtag als auch bei der anschließenden Befragung durch die Presse war ebenfalls anwesend der Leiter der Polizeiabteilung im Innenministerium Herr N., der postwendend unter dem 22. Dezember 2004 den Kläger für seine ungenehmigte Aussage und seine Stellungnahmen gegenüber der Presse abmahnte. Der Kläger ist - allerdings ohne Erfolg - gerichtlich gegen die erteilte Abmahnung vorgegangen.

24

Dem BDK bzw. dem Kläger ist es dann im Mai 2005 nochmals gelungen, bundesweites Interesse an der Frage der behaupteten Verfälschung der Kriminalstatistik durch das System der Zielvereinbarungen zu wecken. Nach der offiziellen Polizeistatistik konnte die Aufklärungsquote für Straftaten in Mecklenburg-Vorpommern von 1999 bis 2004 um rund 10 Prozent von rund 47 auf rund 57 Prozent verbessert werden, was für den seinerzeitigen Innenminister im Frühjahr 2005 Anlass war, im Rahmen einer breit angelegten Pressekonferenz auf die erzielten Fortschritte aufmerksam zu machen. Kurze Zeit später erschien im F... vom 14. Mai 2004 ein Artikel mit der Überschrift „Abwimmeln und schönreden - Experten gehen davon aus, dass die Polizei in Mecklenburg-Vorpommern die Kriminalstatistik gezielt verfälscht“. Der Artikel nimmt Bezug auf die Erfolgsmeldungen des Innenministers im Rahmen der Pressekonferenz und gibt sodann den Standpunkt des Klägers und des BDK wieder, die davon ausgehen, dass nur eine scheinbare Verbesserung der Aufklärungsquote vorliege, da das erhobene Zahlenmaterial wegen der negativen Nebenwirkungen der Zielvereinbarungen im Polizeibereich seine Aussagekraft verloren habe. - Es steht fest, dass der seinerzeitige Direktor des LKA im Vorfeld durch Kontaktaufnahme mit der Redakteurin des F... versucht hat, die Veröffentlichung des Artikels zu verhindern oder jedenfalls der sachlichen Aussage des Artikels eine andere Richtung zu geben.

25

Der Kläger ist seit seiner Abordnung im Juni 2005 mit kurzen Unterbrechungen im Jahre 2005 praktisch bis heute durchgehend arbeitsunfähig erkrankt. Der Kläger sieht sich mobbingtypisch erkrankt und er geht in diesem Zusammenhang von einem gezielten und abgestimmten feindseligen Verhalten durch leitende Mitarbeiter des Landeskriminalamtes (Direktor, Ma., Mi.) und der Polizeiabteilung des Innenministeriums (N., M.) aus. Aufgrund dieser Anfeindungen sei er inzwischen ernsthaft und chronisch erkrankt.

26

Frau Dr. H., Fachärztin für Lungenheilkunde, Schwerin, hat beim Kläger am 25. August 2006 eine „depressive Verstimmung“, Erschöpfung und Nervosität diagnostiziert und hat vermerkt, die Symptomatik sei ausgelöst „durch Stress und Mobbing am Arbeitsplatz“ (Kopie Blatt 61 f der Akte). Herr Dr. T., Facharzt für Nervenheilkunde, Schwerin, hat beim Kläger am 23. November 2006 „1. Dysthymia, 2. somatoforme Funktionsstörung, 3. narzisstische Persönlichkeitsstörung“ diagnostiziert. In dem - allerdings nur in Auszügen vorgelegten - Gutachten wird ein Zusammenhang mit der „Konflikt- und Belastungssituation in seinem beruflichen Umfeld“ hergestellt (Anlage K22, Blatt 171 f). Ähnliches ist im ärztlichen Entlassungsbericht der Bad Segeberger Kliniken vom 8. März 2007 zu lesen (Anlage K 23, Blatt 173 f). Dort heißt es weiter:

27

„Es ist mittelfristig nicht zu erwarten, dass der Patient seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Dezernatsleiter im Brand- und Katastrophenschutz erfolgreich wird wiederaufnehmen und fortsetzen können. Die hierfür verantwortlichen Einschränkungen bestehen in den depressiv getönten Grübeleien sowie in der mangelnden Fähigkeit zur Konzentration und Anpassung innerhalb des gegenwärtigen beruflichen Aufgabenfeldes. Der von ihm vor der Versetzung ausgeübten Tätigkeit wäre der Patient hingegen sofort gewachsen.“

28

In der ärztlichen Stellungnahme von Frau Dr. Sch., beschäftigt beim Medizinischen Dienst der Krankenkassen Mecklenburg-Vorpommern, vom 23. Mai 2007 heißt es zur Arbeitsfähigkeit des Klägers (Anlage K24, Blatt 175 ff):

29

„Aus nervenärztlicher Sicht muss festgestellt werden, dass der Versicherte für die Tätigkeit als Dezernatsleiter im Katastrophenschutz für Dauer arbeitsunfähig ist. Er kann aber eine andere Tätigkeit, wie er sie zum Beispiel beim LKA hatte, ausüben.“

30

Der Kläger ist inzwischen wegen vollständiger Erwerbsminderung befristet verrentet. In dem sozialgerichtlichen Verfahren hierzu zwischen dem Kläger und der Deutschen Rentenversicherung Bund ist Herr Dr. D., Helios Kliniken Schwerin, gebeten worden, ein Gutachten vorzulegen. In dem Gutachten vom 6. Januar 2010 wird dem Kläger eine narzisstische Persönlichkeitsstörung attestiert, mit der sich die länger andauernden depressiven Reaktionen des Klägers und seine diagnostizierte Anpassungsstörung erklären ließen. Hinsichtlich der Möglichkeiten des Klägers, nochmals selber Erwerbseinkommen zu erzielen, heißt es sodann zusammenfassend auf Seite 14 des Gutachtens:

31

„Die entscheidende Frage ... ist ..., ob der Kläger in der Lage ist, bei einer verweisbaren Tätigkeit die einer Arbeitsaufnahme entgegenstehende neurotische Hemmung zu überwinden. ... [Dies] hängt ... davon ab, wie sehr der Kläger trotz seines persönlichkeitsbedingten Dranges, sich als großartig zu präsentieren, in der Lage ist, seine innere Not zu offenbaren. ... Deshalb geht der Unterzeichner davon aus, dass der Kläger zum Zeitpunkt der aktuellen Begutachtung und unter Berücksichtigung der ersten Begutachtung ... [2006] ... auch bei zumutbarer Anspannung seiner seelischen Kräfte nicht in der Lage war, die der Arbeitsaufnahme entgegenstehende neurotische Hemmung zu überwinden.“

32

Das Arbeitsgericht hat die am 13. Februar 2007 eingegangene und später erweiterte Klage mit Urteil vom 29. Januar 2008 als unbegründet abgewiesen und den Streitwert auf 72.772,74 Euro festgesetzt. Das Urteil ist dem Kläger am 13. März 2008 zugestellt worden. Die hiergegen gerichtete Berufung vom 9. April 2008 ist am 10. April 2008 hier eingegangen und mit Schriftsatz vom 19. April 2008, Gerichtseingang am 23. April 2008, begründet worden. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung mit seinem Urteil vom 13. Januar 2009 zunächst zurückgewiesen (5 Sa 112/08). Diese Entscheidung ist durch Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 28. Oktober 2010 (8 AZR 546/09 - EzA § 611 BGB 2002 Persönlichkeitsrecht Nr. 10 = NZA-RR 2011, 378) aufgehoben und die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen worden.

33

Der Kläger verfolgt im Berufungsrechtszug nach wie vor sein ursprüngliches Begehren in vollem Umfang weiter. Er verlangt Schmerzensgeld, das nicht unter 35.000,00 Euro festgesetzt werden soll, annähernd 6.000,00 Euro entgangenes Entgelt während der Zeit der Arbeitsunfähigkeit sowie Feststellungen zur Pflicht des beklagten Landes weitere zukünftige Entgeltdifferenzen auszugleichen und weitere zukünftige Schäden zu ersetzen und zu entschädigen.

34

Der Kläger meint, aus den Umständen der Zusammenarbeit seit ungefähr dem Jahr 2000 könne und müsse man den Schluss ziehen, dass seine Vorgesetzen im LKA und leitende Mitarbeiter der Polizeiabteilung des Innenministeriums ihn systematisch mobben würden. Erläuternd hat er dazu in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, er sei der einzige Mitarbeiter im LKA und im ganzen Bundesland, der die Fachkompetenz besitze, darüber zu entscheiden, wie die Polizeistatistik zu führen sei. Wenn er aufgrund seiner Kompetenz und Aufgabenstellung sage, dass es im Polizeidienst keine Zielvereinbarungen geben dürfe, da diese sich schädlich auf die Kriminalitätsstatistik auswirken würden, müsse man dem folgen. Wegen der besonderen Bedeutung einer wirklichkeitsnahen Kriminalitätsstatistik und wegen der Bedeutung des Legalitätsprinzips bei der Strafverfolgung könne es in dieser Frage auch keinen Vorrang der besseren demokratischen Legitimation der Hausspitze oder des Innenministeriums geben. Da sowohl die eigene Hausspitze als auch das Innenministerium seine Entscheidungskompetenz in dieser Sachfrage in Frage gestellt und missachtet hätten, sei die verbindliche Einführung der Zielvereinbarungen als Führungsinstrument im Mai 2000 zugleich eine gegen seine Person und Persönlichkeit gerichtete Entscheidung gewesen.

35

Als er dann noch den Mut gehabt habe, seinen Standpunkt in der Sache öffentlich durch den Artikel in der Fachzeitschrift „Der Kriminalist“ im September 2000 zu verteidigen, habe man in der Hausspitze und im Innenministerium beschlossen, ihn aus dem Dienst zu drängen. Diese feindliche Einstellung gegenüber seiner Person sei der rote Faden aller weiteren Konflikte gewesen. Außer den geschilderten Ereignissen habe es noch eine „Vielzahl“ von abfälligen Äußerungen über seine Person ihm und Dritten gegenüber gegeben, die man aber gar nicht näher bezeichnen oder gar beweisen könne, da es sich um Ereignisse gehandelt habe, die sich nur in Sekunden - manchmal sogar ohne Worte - abgespielt hätten. Seine Versetzung in das Amt für Brand- und Katastrophenschutz könne man daher nicht als ein Mittel zur Entschärfung des Konflikts begreifen, sondern einzig und allein als Verwirklichung des Ziels, das die Hausspitze und die Polizeiabteilung im Innenministerium bereits seit Jahren angestrebt habe.

36

Über die Jahre habe ihn dieser dauernd schwelende und täglich spürbare Konflikt mürbe gemacht und körperlich wie seelisch angegriffen. Es liege auf der Hand, dass die gesundheitlichen Beeinträchtigungen auf das berufliche Umfeld zurückzuführen seien. Davon würden auch alle Ärzte, die sich mit ihm und seinem Leidensweg befasst hätten, ausgehen.

37

Das arbeitsgerichtliche Urteil sei fehlerhaft, denn es verharre in einer isolierten Betrachtung jeden einzelnen Ereignisses und verkenne damit, dass sich Mobbing typischerweise erst aus der Zusammenschau vieler einzelner Ereignisse, die für sich gesehen harmlos sein können, erschließen lasse. Außerdem habe sich das Arbeitsgericht mit wesentlichen Ereignissen der Konflikthistorie wie der abgelehnten Teilnahme an der 50. Jahrestagung PKS in Berlin gar nicht beschäftigt.

38

Der Kläger beantragt unter Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteils,

39

1. das beklagte Land zu verurteilen, an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld, welches EUR 35.000,00 nicht unterschreiten sollte, zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

40

2. das beklagte Land zu verurteilen, an den Kläger EUR 5.951,80 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

41

3. festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, dem Kläger ab dem 01.01.2008 die Differenz zwischen den ihm (dem Kläger) von der Deutschen Angestelltenkrankenkasse gezahlten Krankengeld und seinem monatlichen Nettoverdienst, welchen er bis zum 07.09.2006 vom beklagten Land bzw. der Abrechnungsstelle des beklagten Landes erhalten hat, zu zahlen.

42

4. festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, dem Kläger allen weiteren materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, der ihm aufgrund des Mobbings des beklagten Landes bzw. des vom beklagten Land gegenüber dem Kläger geduldeten Mobbings durch Angestellte und Mitarbeiter des beklagten Landes in der Zeit von 1997 bis 2006 entstanden ist und entstehen wird, soweit der Anspruch nicht auf einen Sozialversicherungsträger oder andere Dritte übergegangen ist.

43

Das beklagte Land beantragt,

44

die Berufung zurückzuweisen.

45

Das beklagte Land verneint die geltend gemachten Ansprüche. Insbesondere liege hier kein fortgesetztes Mobbingverhalten von Verantwortlichen des beklagten Landes vor.

46

Der vom Kläger angeführte Leserbrief des Leitenden Kriminaldirektors M. sei lediglich eine deutliche Reaktion auf den vorangegangenen Beitrag des Klägers in der Zeitschrift „Der Kriminalist“ gewesen. Schon aus objektiver Sicht fehle es daher an einer Herabwürdigung des Klägers durch den Artikel. Auch subjektiv sei es nicht beabsichtigt gewesen, den Kläger herabzuwürdigen.

47

Zu dem Verbot an bestimmten Veranstaltungen teilzunehmen, habe das Arbeitsgericht zutreffend hervorgehoben, dass der Kläger vehement gegen die von dem beklagten Land angewandte Zielvereinbarung im Zusammenhang mit Fallzahlen eingetreten sei, und es daher nicht zumutbar gewesen sei, ihn als offiziellen Vertreter des beklagten Landes auf diese Veranstaltungen zu entsenden.

48

Die Abordnungsverfügungen sowie die Abmahnung könnten nicht zur Begründung des Mobbingvorwurfes herangezogen werden, da letztendlich - was unstreitig ist - durch das Landesarbeitsgericht in den Vorprozessen festgestellt wurde, dass diese rechtmäßig waren. Dass der Kläger sich gemobbt fühle, liege letztendlich an dessen Persönlichkeitsstruktur und nicht an Maßnahmen der Arbeitgeberin.

49

Anfeindungen, Beleidigungen oder Ausgrenzungen gegenüber dem Kläger habe es nicht gegeben. Auch habe es keine Ausgrenzungshandlungen seitens der Vorgesetzten des Klägers gegeben.

50

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

51

Die Berufung hat zu einem kleinen Teil Erfolg. Dem Kläger steht eine Entschädigung in Höhe von 2.500 Euro wegen Verletzung seines Persönlichkeitsrechts durch seine Vorgesetzten im Landeskriminalamt in den Jahren 2004 und 2005 zu. Im Übrigen ist die Berufung nicht begründet.

I.

52

Dem Kläger steht eine Entschädigung in Höhe von 2.500 Euro nach § 253 BGB wegen Verletzung seines Persönlichkeitsrechts in den Jahren 2004 und 2005 durch seine Vorgesetzten zu.

1.

53

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist das Recht des Einzelnen auf Achtung und Entfaltung seiner Persönlichkeit. Zum Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gehört auch der sog. Ehrenschutz, der auf den Schutz gegen unwahre Behauptungen und gegen herabsetzende, entwürdigende Äußerungen und Verhaltensweisen und die Wahrung des sozialen Geltungsanspruchs gerichtet ist (Schmidt in ErfK, 11. Auflage, Art. 2 GG Rn. 48, 84). Es umfasst damit auch den Anspruch auf Unterlassung der Herabwürdigung und Missachtung durch andere (BAG 28. Oktober 2010 - 8 AZR 546/09 - aaO; BAG 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6).

2.

54

Gemessen an diesem Maßstab haben der seinerzeitige Direktor des Landeskriminalamtes und der seinerzeitige Leiter des Leitungsstabes des Landeskriminalamtes, der heutige Direktor des Landeskriminalamtes, den Kläger in den Jahren 2004 und 2005 durch mehrere Einzelhandlungen, die sich zu einem Gesamtbild zusammenfügen, in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt.

a)

55

In der Zeit von März 2004 bis Mai 2005 gab es mehrere Ereignisse und Entscheidungen, bei denen es zu sachlich nicht zu rechtfertigenden Nachteilen für den Kläger gekommen ist.

aa)

56

Der damalige Leiter des Leitungsstabes im LKA hat sich durch seinen Vermerk vom 13. März 2004 auf dem Bericht des Klägers vom 11. März 2004 zur Vergleichbarkeit der polnischen und deutschen Kriminalstatistik (Kopie Blatt 156 der Akte) und durch die Weiterleitung des Berichts samt seines Vermerkes an den Direktor des LKA außerhalb des Rahmens bewegt, der noch als sachbezogenes Verwaltungshandeln verstanden werden kann.

57

Der Vermerk lässt sich jedenfalls nicht mit dem Erkenntnisinteresse rechtfertigen, das der Anforderung des Berichts beim Kläger zu Grunde lag. Denn wenn der Leiter des Leitungsstabes mit der Ausarbeitung des Klägern nicht zufrieden war, hätte es eigentlich nahe gelegen, den Bericht mit kritischen Anmerkungen dem Kläger zurückzureichen, gegebenenfalls wäre es auch hilfreich gewesen, den Bericht an den unmittelbaren Vorgesetzten des Klägers, den Abteilungsleiter 6, weiterzuleiten und auf Behebung der vom Leiter des Leitungsstabes gesehenen Mängel hinzuwirken. - So ist allerdings nicht verfahren worden. Wie sich aus dem Vermerk des Leiters des Leitungsstabes selbst ergibt, hat er nach seiner Kritik an dem klägerischen Werk (Ziffer 1. und 2. des Vermerks) verfügt, das Werk dem Direktor des LKA vorzulegen. Da der Leiter des Leitungsstabes das klägerische Werk für unbrauchbar gehalten hat, kann die Weiterleitung des Berichts mit all seinen Schwächen also nicht mehr dazu gedient haben, das dem Bericht zu Grunde liegende sachliche Erkenntnisinteresse zu befriedigen.

58

Da nicht ersichtlich ist, zu welchem anderen Zweck die Vorlage des Berichts beim Direktor des LKA verfügt wurde, muss das Gericht davon ausgehen, dass der Leiter des Leitungsstabes die Vorlage des Berichts beim Direktor des LKA nur deshalb vorgenommen hat, um diesen von dem Versagen des Klägers bei der Erfüllung des Berichtsauftrages zu unterrichten. Denn wenn der Leiter des Leitungsstabes einen Bericht, den er selbst als unbrauchbar einschätzt, dem Direktor des LKA zur Kenntnisnahme vorlegen lässt, kann daraus nur der Schluss gezogen werden, dass die Vorlage zur Kenntnisnahme zu dem Zweck erfolgte, den Leiter des LKA auf das Versagen des Klägers aufmerksam zu machen. Diese Zweckrichtung des Handelns des Leiters des Leitungsstabes wird auch durch den Inhalt der Kritik an dem klägerischen Werk deutlich. Denn mit der Aussage „Thema verfehlt“ in Verbindung mit der rückwärtsgewandten weiteren Bemerkung „auch noch verspätet vorgelegt“ wird allein die persönliche Leistung des Klägers beurteilt.

59

Es mag ein legitimes Ziel sein, die Hausspitze über Leistungsmängel einzelner Mitarbeiter zu unterrichten. Dies macht aber nur Sinn im Kontext von daraus möglicherweise resultierenden Personalmaßnahmen. Dann ist es aber falsch, den ganzen Vorgang in der Sachakte zu führen. Denn dort kann den Vorgang jeder, der Zugang zu der Sachakte hat, nachvollziehen, obwohl er als disziplinarischer Vorgang eigentlich unter dem besonderen Schutz der Personalakte vor fremdem Zugriff geschützt werden müsste.

60

In dem vom Bundesarbeitsgericht aufgehobenen Urteil des erkennenden Gerichts vom 13. Januar 2009 in der vorliegenden Sache hat das Gericht den aufgezeigten Fehler des Leiters des Leitungsstabes in der Bewertung dadurch relativiert, dass es von so eine Art Verkehrsüblichkeit solchen Vorgesetztenverhaltens ausgegangen war. An dieser Relativierung in der Bewertung wird nicht mehr festgehalten. Zurecht weist das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 28. Oktober 2010 vielmehr darauf hin, dass das Fehlverhalten nicht dadurch geringer zu bewerten sei, wenn es andere Beispielsfälle ähnlichen Fehlverhaltens geben sollte.

bb)

61

Die Verweigerung der Teilnahme des Klägers an der Vorstellung der Ergebnisses des Forschungsprojekts „Tötungsdelikte“ durch Prof. Dr. B. an der Polizeiführungsakademie in Münster am 25. und 26. August 2004, ein Forschungsprojekt, an dem der Kläger selber mitgearbeitet hatte, entbehrt eines sachlichen Grundes.

62

Der Dienstreiseantrag des Klägers für diese Veranstaltung wurde vom Stab im LKA abgelehnt. Die vom Stab auf die Gegenvorstellung des Klägers gegebene Begründung, eine Präsentation der Forschungsergebnisse in der Öffentlichkeit dürfe erst erfolgen, nachdem die Ergebnisse hier im Land vorgestellt worden seien, wirkt aus der Sicht des Gerichts reichlich synthetisch, und sie hat sich - was noch schwerer wiegt - im vorliegenden Rechtsstreit als unzutreffend herausgestellt. Denn die Behauptung des Klägers, er hätte die Forschungsergebnisse bereits mehrfach vor seinem Dienstreise- und Sonderurlaubsantrag innerhalb der Landespolizei vorgestellt, ist unwidersprochen geblieben.

63

Die vom Arbeitsgericht zunächst mündlich geäußerte Vermutung, die Ablehnung der Reise lasse sich auch durch die Gefahr begründen, dass der Kläger den innerdienstlichen Konflikt über die Zielvereinbarungen nach außen trage, der sich dann das beklagte Land im Rechtsstreit mit einer sehr vorsichtigen Formulierung (Blatt 195 der Akte: „Der Beklagte geht mit der Meinung des Gerichts einher, wenn es darlegt ....“) nachträglich angeschlossen hat, fehlt es im vorliegenden Zusammenhang an Überzeugungskraft, denn das Forschungsprojekt Tötungsdelikte hat nun gar keine Berührungspunkte zu dem innerdienstlichen Konflikt der Parteien.

64

Somit muss das Gericht feststellen, dass es für die Ablehnung der Dienstreise des Klägers keinen sachlichen Grund gegeben hat.

cc)

65

Gleiches gilt für die Behandlung des Klägers im Rahmen des von ihm angestoßenen Projekts zur wissenschaftlichen Aufarbeitung der Frage der Vergleichbarkeit der deutschen und polnischen Kriminalstatistiken in den Jahren 2004 und 2005.

66

Denn aus dem vom Kläger vorgelegten Protokoll des „Arbeitstreffens“ mit Prof. W. von der Universität Frankfurt/Oder am 22. März 2005 (Kopie Blatt 265 f der Akte) lassen sich mehrere Folgerungen ziehen. Zum einen ergibt sich aus der hochkarätigen Besetzung der Arbeitsgruppe von Seiten des LKA indirekt die Bereitschaft, in das Projekt Zeit und Arbeitskraft zu investieren. Das deutet wiederum darauf hin, dass man seinerzeit noch gewillt war, das Projekt weiter fortzuführen. Auf der anderen Seite belegt der Schluss des Protokolls mit dem Hinweis auf die offene Frage des Ansprechpartners für das Projekt im LKA, dass man den Kläger aus diesem Forschungsprojekt fernhalten wollte, obwohl es wie maßgeschneidert zu seiner dienstlichen Aufgabenstellung passt und es im Hause auch keine andere Person gibt, die wie der Kläger zur Mitarbeit bei Forschungsprojekten im Bereich der Kriminalstatistik geeignet wäre.

67

Dies kann nicht mit dem späteren Plan der Abordnung oder Versetzung des Klägers begründet werden, denn nach dem eigenen Sachvortrag des beklagten Landes hat erst eine organisatorische Veränderung der Zuordnung der Behörden im Mai 2005 ergeben, dass das Innenministerium über die Stellen im Landesamt für Brand- und Katastrophenschutz disponieren konnte. Wenn man dann bereits im März 2005 versucht hat, den Kläger aus dem Forschungsprojekt auszuschließen, passt das wieder zu der klägerischen Sichtweise, nach der man ihm die angenehmen Seiten seiner Arbeit entziehen wollte.

68

Somit muss das Gericht feststellen, dass es für die Ablehnung der Mitarbeit des Klägers bei dem Projekt keinen sachlichen Grund gegeben hat.

dd)

69

Ebenfalls nicht verständlich ist die vom beklagten Land gegebene Begründung für die Verweigerung der vom klägerischen Abteilungsleiter (AL 6) vorgeschlagenen Teilnahme des Klägers an dem BKA-Forum in Wiesbaden durch den damaligen Leiter des Leitungsstabes am 17. März 2005. Er hatte argumentiert, die Tagesordnung des Forums weise keine Berührungspunkte zur Tätigkeit des Klägers auf.

70

Zum Beleg für die Sachbezogenheit dieser Argumentation hat das beklagte Land im Rechtsstreit lediglich das Veranstaltungsprogramm des Forums vorgelegt. Daraus kann das Gericht aber nicht ermessen, ob der Kollege des Klägers, der statt des Klägers nach Wiesbaden fahren durfte, aufgrund seiner Kenntnisse und Fähigkeiten besser zu dem Tagungsprogramm gepasst hat. Außerdem hat das beklagte Land nicht erläutert, wieso es diesem Argument nunmehr ein Gewicht beimisst, obwohl der Kläger die letzten zehn Jahre immer an dem Forum teilgenommen hatte, womit so gut wie sicher ausgeschlossen ist, dass in diesen zehn Jahren das Tagungsprogramm immer zum Aufgabenbereich des Klägers gepasst hatte.

71

Auch insoweit ist das vom Arbeitsgericht gefundene Argument der Gefahr der Verbreitung des innerdienstlichen Konflikts über die Zielvereinbarungen nach außen nicht nachvollziehbar, da es keine thematischen Berührungspunkte zwischen dem Konflikt und den Tagungsthemen gibt. Zudem muss beachtet werden, dass der Kläger auch die Jahre zuvor, in denen mindestens seit 2000 der Konflikt über die Zielvereinbarungen ebenfalls bereits vorhanden war, immer an dem BKA-Forum teilnehmen durfte.

72

Da das beklagte Land selbst vorträgt, man habe über die freie Stelle, auf die der Kläger dann ab Juni 2005 zunächst abgeordnet und später versetzt wurde, erst im Mai 2005 aufgrund einer Zuständigkeitsveränderung disponieren können, kann die Verweigerung der Teilnahme am BKA-Forum auch nicht mit dem Umstand begründet werden, der Kläger werde zu dem Zeitpunkt der Veranstaltung nicht mehr seinen bisherigen Dienstposten inne haben, was zweifellos ein sachlicher Grund gewesen wäre.

73

Somit muss das Gericht feststellen, dass es für die Ablehnung der Reise des Klägers zum BKA-Forum nach Wiesbaden keinen sachlichen Grund gegeben hat.

b)

74

Die vier aufgezeigten Einzelereignisse aus der Zeit von März 2004 bis Mai 2005 fügen sich zu einem Bild, das nur den Schluss zulässt, der Direktor des LKA und sein Leiter des Leitungsstabes haben seinerzeit versucht, dem Kläger das Leben schwer zu machen. In der Gesamtschau kann das nur als Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers bewertet werden.

75

Den roten Faden sieht das Gericht zum einen darin, dass die Ablehnung der beiden Dienstreisen und die Nichtbenennung des Klägers für das Projekt zur Vergleichbarkeit der Kriminalstatistik alle den Teil der Aufgaben auf dem Dienstposten des Klägers betreffen, auf dem die Attraktivität des Dienstpostens und die Reputation des Klägers beruht. Nach der Arbeitsplatzbeschreibung zum Dienstposten des Klägers ist er mit mehr als der Hälfte seiner Arbeitszeit mit Forschungsaufgaben betraut. Da der Kläger im LKA nicht selbstständig forschen konnte, bedeutet Forschung auf dem Dienstposten des Klägers immer gleichzeitig Kooperation mit universitären oder anderen Forschungseinrichtungen.

76

Wenn man den Kläger also nicht mehr reisen lässt, schneidet man ihm die Möglichkeit ab, seinen Aufgaben in der Forschung noch nachkommen zu können. Schon in der vom Bundesarbeitsgericht dann aufgehobenen Entscheidung ist das erkennende Gericht davon ausgegangen, dass der Kläger in der fraglichen Zeit keine weiteren Reisen in Zusammenhang mit seinen Forschungsaufgaben unternehmen wollte, und hat daraus gefolgert, dem Kläger seien in der Zeit von Sommer 2004 bis Mai 2005 alle Reisewünsche abschlägig beschieden worden. Dieser Sicht der Dinge ist das beklagte Land auch im Rahmen der Fortsetzung der Berufungsverhandlung nicht entgegen getreten. Das wiederum rechtfertigt die Folgerung, dass den aufgezeigten Einzelereignissen ein Plan zu Grunde liegt.

77

Mangels einer sachlichen Rechtfertigungsmöglichkeit der Ablehnung der Reisen des Klägers muss daher gefolgert werden, die Reise- und Forschungstätigkeiten sind dem Kläger verweigert worden, um ihn persönlich zu treffen. Man wollte ihm auf dem Aufgabengebiet, das ihm besonders am Herzen liegt, ohne sachlichen Grund Steine in den Weg legen. Das ist unfair und verletzt den Kläger in seinem sozialen Achtungsanspruch. Nimmt man den weiteren Umstand hinzu, dass es für keine der drei Maßnahmen eine sachliche Rechtfertigung gibt, die sich im Rechtsstreit als tragfähig erwiesen hat, bleibt nur die Folgerung übrig, dass man damit den Kläger für seine fehlende Bereitschaft zur Eingliederung in den Dienstbetrieb abstrafen wollte. Das ist ein Missbrauch der Vorgesetztenstellung, der den Kläger in seinem sozialen Geltungsanspruch empfindlich verletzt hat.

78

Alle Umstände sprechen dafür, dass dieser Plan von dem Direktor des LKA und seinem damaligen Leiter des Leitungsstabes stammt. Darauf deutet bereits die nur disziplinarisch erklärbare Weiterleitung des Berichts des Klägers vom 11. März 2004 samt der Kritik des Leiters des Leitungsstabes an den Direktor hin. Wenn der Leiter des Leitungsstabes einen solchen Vorgang sozusagen routinemäßig beim Direktor vorlegen lässt, müssen sich beide bereits zuvor über den Kläger unterhalten und ihr weiteres Verhalten in dieser causa aufeinander abgestimmt haben. Auch die Ablehnung der beiden Reisen ist entweder vom Leiter des Leitungsstabes selbst veranlasst worden oder zumindest im Stab so entschieden worden. Es kann davon ausgegangen werden, dass dies nicht ohne Kenntnis und Billigung durch den Leiter des Leitungsstabes erfolgt ist.

3.

79

Das Verhalten der Vorgesetzten des Klägers ist nach § 278 BGB dem beklagten Land zuzurechnen.

80

Das beklagte Land hat als Arbeitgeber gegenüber dem Kläger als Arbeitnehmer bestimmte Fürsorge- und Schutzpflichten wahrzunehmen. Nach § 241 Absatz 2 BGB erwachsen jeder Vertragspartei aus einem Schuldverhältnis nicht nur Leistungs-, sondern auch Verhaltenspflichten zur Rücksichtnahme und zum Schutz der Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils. Dies verbietet auch die Herabwürdigung und Missachtung eines Arbeitnehmers. Dieser hat daher Anspruch darauf, dass auf sein Wohl und seine berechtigten Interessen Rücksicht genommen wird, dass er vor Gesundheitsgefahren, auch psychischer Art, geschützt wird, und dass er keinem Verhalten ausgesetzt wird, das bezweckt oder bewirkt, dass seine Würde verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. Der Arbeitgeber ist in diesem Zusammenhang insbesondere auch zum Schutz der Gesundheit und des Persönlichkeitsrechts des Arbeitnehmers verpflichtet (BAG 28. Oktober 2010 - 8 AZR 546/09 - aaO; BAG 25. Oktober 2007 - 8 AZR 593/06 - BAGE 124, 295 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 6 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 7; 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6). Die Wahrnehmung dieser Schutzpflichten kann der Arbeitgeber aus seine Bediensteten, die er als Vorgesetzte einsetzt, delegieren. Vernachlässigen die Vorgesetzten dann ihre Schutzpflichten, ist das dem Arbeitgeber zuzurechnen.

81

Insoweit ist auch anerkannt, dass der Arbeitgeber dem betroffenen Arbeitnehmer gegenüber gemäß § 278 BGB für schuldhaft begangene Persönlichkeitsrechts- oder Gesundheitsverletzungen durch von ihm als Erfüllungsgehilfen eingesetzte andere Arbeitnehmer und Vorgesetzte haftet. Als Erfüllungsgehilfen in diesem Sinne sind insbesondere die Vorgesetzten des Arbeitnehmers anzusehen (BAG 16. Mai 2007 und 25. Oktober 2007 aaO).

4.

82

Das festgestellte Verhalten ist so schwerwiegend, dass es einen Ausgleich in Form einer Entschädigung erfordert.

83

Insoweit ist es anerkannt, dass die unmittelbare Verletzung des Persönlichkeitsrechts auch ohne einhergehende Gesundheitsschädigung einen Anspruch auf Schmerzensgeld auslösen kann, obwohl die Verletzung des Persönlichkeitsrechts in dem zur Mitte des Jahres 2002 neu formulierten § 253 BGB als Anlass für eine Entschädigung gerade nicht erwähnt ist. Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich jedoch, dass der Gesetzgeber die bisher dazu ergangene Rechtsprechung nicht korrigieren wollte. Vielmehr hat er nur die Auffassung vertreten, dass diese Rechtsprechung noch so im Fluss sei, dass sich eine gesetzliche Regelung derzeit verbiete (Bundestagsdrucksache 14/7752, S. 55; vgl. auch Vieweg in: jurisPK-BGB § 253 BGB RN 41). Damit kann trotz der gesetzlichen Neuregelung des § 253 BGB auch heute noch auf die bisherige Rechtsprechung zur Zuerkennung von Schmerzensgeld bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen ohne begleitende Gesundheitsschädigungen zurückgegriffen werden.

84

Diese Rechtsprechung hat schon immer zwischen Aspekten des Persönlichkeitsrechts unterschieden, die einen Marktwert haben (Stimme, Bild und Werk) und solchen immateriellen Aspekten der Persönlichkeit wie die Ehre oder den Geltungsanspruch in der sozialen Gemeinschaft, die sich nicht kommerzialisieren lassen. Während im ersten Falle die pönale Funktion oder doch zumindest die Gewinnabschöpfung zum Leitgedanken der Rechtsprechung geworden ist und daher häufig fast unvorstellbar hohe Entschädigungen zugesprochen werden, hat sich die Rechtsprechung bis in die jüngste Zeit bei der Verletzung nicht kommerzialisierbarer Aspekte der Persönlichkeit bei der Bemessung der Entschädigung allein an der Genugtuungsfunktion orientiert, was im Ergebnis zu einer eher strengen Bewertung führt. Bis heute setzt daher der Schmerzensgeldanspruch wegen der Verletzung nicht kommerzialisierbarer Aspekte des Persönlichkeitsrechts eine schwere Verletzung dieses Rechts voraus, zu deren Ausgleich die Entschädigung erforderlich sein muss (vgl. nur BAG 16. Mai 2007 a. a. O. und Vieweg a. a. O. RN 44).

85

Vorliegend hat das beklagte Land einen nicht kommerzialisierbaren Aspekt des Persönlichkeitsrechts des Klägers missachtet, weshalb ein Schmerzensgeld nur zugesprochen werden kann, wenn es sich um eine schwere Verletzung des Persönlichkeitsrechts gehandelt hat, zu deren Ausgleich die Zahlung einer Entschädigung erforderlich ist. Das ist hier der Fall.

86

Diese Bewertung weicht von der Bewertung des erkennenden Gerichts in der vom Bundesarbeitsgericht aufgehobenen Entscheidung in dieser Angelegenheit ab. Die veränderte Bewertung beruht auf dem Umstand, dass nunmehr bereits der Vermerk des Leiters des Leitungsstabes auf dem Bericht des Klägers vom 11. März 2004 und dessen Weiterleitung an den Leiter des LKA als Element festgestellt wurde, das auf eine systematische Ausgrenzung des Klägers hindeutet. Es muss also festgestellt werden, dass dem Kläger über den Zeitraum von rund 15 Monaten durch die Hausspitze planmäßig das Leben schwer gemacht wurde. Angesichts der Ausnutzung der Vorgesetztenstellung kann das nicht mehr nur als eine Persönlichkeitsrechtsverletzung angesehen werden, die keiner Entschädigung bedarf. Dabei hat das Gericht auch berücksichtigt, dass hier zwar nur vier Einzelereignisse festgestellt werden konnten, die auf den Plan schließen lassen, dass der Plan aber zu einer ständigen Belastung des Klägers im gesamten Betrachtungszeitraum von März 2004 bis Mai 2005 geführt hat.

5.

87

Die zugesprochene Entschädigung in Höhe von 2.500,00 Euro ist angemessen.

88

Eine höhere Entschädigung kann nicht zugesprochen werden. Gemessen an dem gesamten Spektrum denkbarer Persönlichkeitsrechtsverletzungen handelt es sich um eine leichtere Verletzung. Denn nicht die einzelnen Maßnahmen sind bereits für sich entwürdigend, demütigend oder herabwürdigend gewesen, sondern allein ihre Gesamtbetrachtung lässt erkennen, dass man es mit dem Kläger in jener Zeit nicht gut gemeint hat; man hat - womit keine Verharmlosung zum Ausdruck gebracht werden soll - „nur“ mit dem Entzug von Vorteilen operiert und nicht mit direkten Angriffen auf den sozialen Geltungsanspruch des Klägers.

89

Gegen die Festsetzung einer höheren Entschädigung spricht auch der Umstand, dass auch der Kläger selbst durch sein dienstliches Verhalten erheblich mit dazu beigetragen hat, dass die Hausspitze des LKA ihm gegenüber in der angesprochenen Zeit den Pfad der Vernunft verlassen hatte. Denn das Verhalten des Klägers in der Folge seiner Niederlage bei der Frage der Einführung von Zielvereinbarungen im Polizeibereich im Jahre 2000 lässt sich auch für außenstehende Dritte kaum mehr vernünftig nachvollziehen. Und die unerwartet schroffe klägerische Stellungnahme im Anschluss an das Personalgespräch vom 14. September 2004 mit dem Direktor des LKA hat geradezu einen Personalführungsnotstand hervorgerufen, den sicherlich nur ganz wenige Führungspersönlichkeiten in der Lage gewesen wären, allein mit fairen Mitteln zu lösen.

6.

90

Soweit dem Kläger eine Entschädigung zusteht, steht ihm auch der mit dem Klageantrag zu 1. geforderte Zins darauf seit Eintritt der Rechtshängigkeit zu. Es handelt sich um Prozesszinsen, die nach § 291 BGB geschuldet sind. Der geltend gemachte Zins entspricht auch der Höhe nach dem gesetzlichen Mindestzinssatz aus § 288 BGB. Das Gericht hat den Zins ab dem 13. Februar 2007 (Dienstag) zugesprochen, da die Klage an diesem Tag bei Gericht eingegangen war.

II.

91

Im Übrigen ist der auf Entschädigung wegen Mobbings gerichtete Klageantrag zu 1. nicht begründet. Die Berufung ist daher insoweit zurückzuweisen.

92

Alle weiteren Vorfälle, die der Kläger zur Begründung des Vorwurfs, er werde gemobbt, vorgetragen hat, können weder in der Einzelbetrachtung noch in der Zusammenschau nicht als herabwürdigend begriffen werden. Die zugesprochene Entschädigung kann daher nicht erhöht werden.

1.

93

Das beklagte Land hat durch die verbindliche Einführung der Zielvereinbarungen ab Mai 2000 das Persönlichkeitsrecht des Klägers weder missachtet noch verletzt.

94

Der Kläger hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht ausgeführt, es sei bereits rechtswidrig gewesen, das Zielvereinbarungswesen im Polizeibereich trotz seines ablehnenden Votums in dieser Sachfrage einzuführen. Diese Rechtsauffassung ist falsch. Nach Artikel 20 Absatz 2 Grundgesetz geht die Staatsgewalt im Bund und in den Ländern vom Volk aus, das sie durch besondere Organe - unter anderem durch die Landesregierungen - ausübt. Die notwendige demokratische Legitimation jeglichen staatlichen Handelns ist nur gewährleistet, wenn innerhalb der Dienststellen der Verwaltung die Verwaltungsspitze bestimmt, wie die Verwaltung organisiert und ausgeübt wird. Daher hat sich der Kläger dem Votum der Hausspitze oder gar des Ministeriums zu beugen, wenn diese sich auch im Bereich der Polizei - trotz der ablehnenden Stellungnahme des Klägers - für die Einführung von Zielvereinbarungen als Instrument der Personalführung entscheiden.

95

Nicht mehr nachvollziehbar ist aber insbesondere die weitere Auffassung des Klägers, die Nichtbeachtung seiner Stellungnahme in dieser Sachfrage würdige ihn als Person herab und stelle daher bereits eine Verletzung seines Persönlichkeitsrechts dar. Selbst wenn man mit dem Kläger in der Maßnahme einen Verstoß gegen das Legalitätsprinzip (§ 152 Absatz 2 StPO) erkennen will - was das Gericht ausdrücklich offen lässt - läge doch nur eine unterschiedliche Rechtsauffassung in einer einzelnen Sachfrage vor, deren Entscheidung zu Lasten des Klägers keinerlei persönlichen Einschlag erkennen lässt. Als Angehöriger des öffentlichen Dienstes muss man damit leben können, dass sich die Verwaltungsspitze in einer streitigen Sachfrage über ein Votum einer Fachabteilung hinwegsetzt. Wer dazu nicht in der Lage ist, ist nicht geeignet, als Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst tätig zu sein.

2.

96

Auch der Leserbrief von Herrn M. in der Zeitschrift Der Kriminalist Heft 2/2001 (Kopie Blatt 44) verletzt den Kläger nicht in seinem Persönlichkeitsrecht. Herr M. kritisiert darin für jeden Kundigen erkennbar den Standpunkt des Klägers in der Sachfrage der Zielvereinbarungen im Polizeibereich. Durch eine Kritik an dem Sachstandpunkt einer anderen Person kann das Persönlichkeitsrecht aber nicht verletzt werden. Das ist vielmehr erst dann denkbar, wenn die Kritik die Sachebene verlässt und direkt oder indirekt auch die kritisierte Person durch herabwürdigende oder ehrabschneidende Aussagen angreift. Eine solche Feststellung kann hier nicht getroffen werden.

97

Der an den Kläger gerichtete Vorwurf, er habe den Gesamtzusammenhang des Problems nicht erkannt und argumentiere aufgrund eines falschen Grundverständnisses, kann noch nicht als unsachlich und gegen die Person gerichtet begriffen werden. Insoweit handelt sich vielmehr um zwei typische Standardargumente wie man sie zum Beispiel aus wissenschaftlichen Auseinandersetzungen kennt („verkürzte Sichtweise“ und „falsches Vorverständnis“). Dass der Vorwurf gegenüber dem Kläger als der Autorität auf dem Gebiet der polizeilichen Kriminalstatistik erhoben wird, kann die Bewertung nicht ändern. Der offene Dialog über Sachfragen kennt keine Autoritäten und damit auch keinen Anspruch auf besonders vorsichtige Kritik gegenüber den Personen, die sich durch Stellung und Werk auf einem Fachgebiet bereits besonders hervorgetan haben. Die polemische Wortwahl, der Kläger habe sich auf dieser Basis zu falschen Forderungen an die Innenminister „hinreißen lassen“, greift ebenfalls noch nicht die Person an. Das Gericht versteht das als eine in der öffentlichen Auseinandersetzung zur Erhaltung der Aufmerksamkeit des Lesers zulässige rhetorische Einfärbung der trockenen Sachaussage.

98

Die Vorwürfe erhalten zwar dadurch eine andere Qualität, dass sie von einem mittelbaren Vorgesetzten des Klägers aus dem Innenministerium erhoben werden. Denn dadurch wird in der Öffentlichkeit ein Konflikt innerhalb der Behörde bzw. zwischen einem Mitarbeiter der Behörde und der Aufsichtsbehörde sichtbar. Das wirft notwendig die Frage nach der Fürsorge der Behörde für ihre Bediensteten auf, denn eigentlich sollten solche innerdienstlichen Konflikte nicht zuletzt auch zum Schutz der Bediensteten nicht in der Öffentlichkeit ausgetragen werden. Es kann aber nicht festgestellt werden, dass der hier angesprochene Leserbrief geeignet war, das Ansehen des Klägers in der Öffentlichkeit zu beschädigen. Denn durch die Länge des Leserbriefes und durch die Vielzahl der klägerischen Argumente, mit denen sich der Autor des Leserbriefes auseinandersetzt bzw. auseinandersetzen musste, wird der Kläger aus der Sicht des Lesers indirekt gerade als ebenbürtiger Diskussionspartner in einer sachlichen Auseinandersetzung anerkannt.

99

Dass der Kläger in dem Leserbrief eine „beispiellose Herabwürdigung“ erkennt (Blatt 384), ist für Außenstehende nicht nachvollziehbar.

3.

100

Auch der Umstand, dass die ursprüngliche Langfassung des Leserbriefs gemeinsam mit einer Kopie des Artikels des Klägers bereits vorab mit Begleitschreiben aus dem Innenministerium „zu Ihrer Kenntnis“ an alle Dienststellenleiter der Polizei übermittelt wurde, führt im Ergebnis nicht zu einer anderen Bewertung.

101

Auch hier sieht das Gericht die Frage der Fürsorgepflicht des Dienstherrn berührt, denn es gehört nach dem Kenntnisstand des Gerichts zur Kunst der Personalführung jedenfalls nicht zu den üblichen Vorgehensweisen, einen Konflikt in einer Sachfrage zwischen Vorgesetzten und Untergebenen auf diese Weise in aller Breite in der Behörde zu kommunizieren. Denn hier besteht zumindest die abstrakte Gefahr, dass sich Kollegen an der klägerischen Niederlage in dieser Sachfrage, die er aufgrund seiner hierarchischen Stellung als Untergebener hinnehmen musste, delektieren. Ein dienstliches Interesse an der innerdienstlichen Offenlegung des Konflikts, das dieses Vorgehen trotz seines hässlichen Nebeneffekts rechtfertigen könnte, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. In der Bewertung kann das Gericht darin aber dennoch keinen gezielten Angriff auf die Person des Klägers erkennen. Gerade die fehlende Professionalität des Verhaltens des Herrn M. aus dem Innenministerium deutet vielmehr auf eine spontane unüberlegte Handlung angesichts einer Erregung über den Gang des Klägers an die Öffentlichkeit hin.

4.

102

Aus dem Umstand, dass der Kläger im Januar 2001 an der Erstellung der Endfassung des Berichts über die Schwachstellen der kriminalpolizeilichen Sachbearbeitung in der Landespolizei nicht beteiligt wurde, lässt sich nicht auf eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers schließen.

103

Der vom Kläger vorgelegte Berichtsentwurf (Blatt 51 ff) enthält Formulierungen, die sich in Berichten einer nachgeordneten Behörde gegenüber dem Ministerium verbieten. Dies betrifft insbesondere die in Berichten und Vorlagen des Klägers - soweit sie hier im Rechtsstreit bekannt geworden sind - immer wiederkehrende Einleitung des Berichts mit einer Kritik an der Aufgabenstellung durch das Ministerium. Das ist das, was der Direktor des LKA später im September 2004 im Personalgespräch als die Destruktivität des Klägers angesprochen hat. Da auch die Aussagen in der Sache ungeschützt und ohne Rücksicht auf die Interessen und Befindlichkeiten der potentiellen Leser und der angesprochenen Personen und Stellen formuliert sind, bedurfte es aus objektiver Sicht einer Überarbeitung des Berichts mit Blick auf diese Gegebenheiten, bei der eine Einbindung des Klägers im Hinblick auf die zu erwartenden langen Diskussionen über diese Punkte zumindest sehr zeitaufwendig gewesen wäre.

104

Im Sinne einer guten Personalführung wäre es dann allerdings richtig gewesen, dem Kläger dies vorab mitzuteilen oder ihm hinterher das gefertigte Ergebnis mit einer kurzen Erläuterung der Abweichungen von seinem Entwurf vorzulegen. Ob dies geschehen ist, kann mangels Parteivortrag nicht festgestellt werden. Aber selbst dann, wenn es das beklagte Land an diesem Zeichen der Anerkennung für die Vorarbeiten des Klägers hat fehlen lassen, lässt sich daraus noch nicht auf einen gezielten Angriff auf die Person des Klägers schließen. Personalführung ist anerkanntermaßen eine schwierige Aufgabe, die nur wenige fehlerfrei beherrschen. Es wäre daher verfehlt, aus dem Unterlassen eines solchen ohne Zweifel schwierigen ehrlichen Gesprächs mit dem Kläger über die Schwächen seines Berichtsentwurfs gleich auf eine feindliche Einstellung gegenüber dem Kläger zu schließen. Dies betont auch das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 16. Mai 2007 (a. a. O.) in einer etwas allgemeineren Formulierung, wenn es dort ausführt, dass „im Arbeitsleben übliche Konfliktsituationen“ im Regelfall nicht als Ausdruck eines gegen die Person gerichteten Verhaltens gewertet werden können.

5.

105

Ähnliches gilt für den Konflikt um den Bericht für das Innenministerium zur Aufbereitung zur Veröffentlichung geeigneter Felder aus der polizeilichen Kriminalstatistik im Mai 2002. Hier ist der Entwurf des Klägers trotz seiner Mängel an das Ministerium weitergereicht worden und er kam postwendend zurück. Die langatmige schriftliche Rechtfertigung des Klägers gegenüber dem Direktor des LKA ergeht sich auch wieder in einer Kritik der Aufgabenstellung des Ministeriums, was selbst dann, wenn die Kritik zutrifft, in der Sache nicht weiterführt. In dieser Sachebene kann das Gericht ebenfalls nicht mehr erkennen als eine „im Arbeitsleben übliche Konfliktsituation“.

106

In dem klägerischen Rechtfertigungsschreiben vom 30. Mai 2002 (Kopie Blatt 107 f) hat er sich allerdings auch förmlich über die abfällige Behandlung seiner Person durch den Leitenden Kriminaldirektor M. aus dem Innenministerium und durch den Leiter des SB 1 im LKA, Herrn Mi., beschwert. Damit hatte der Konflikt neben der Sachebene zusätzlich noch einen persönlichen Einschlag bekommen und der Adressat der Beschwerde, der Direktor des LKA, war in seiner Funktion als Vorgesetzter des Klägers in der Pflicht, auf die Beschwerde sachgemäß zu reagieren. Nach der unwidersprochen gebliebenen Einlassung des Klägers gab es ihm gegenüber allerdings keine offizielle Reaktion auf seine Beschwerde. Das entspricht zumindest nicht der Üblichkeit. Allerdings gibt es für den Dienstvorgesetzten keine starren Regeln, die ihm vorschreiben, wie er auf Beschwerden seiner Untergebenen zu reagieren hat. Er kann sich eine Rückmeldung gegenüber dem Beschwerdeführer zu einem späteren aus seiner Sicht geeignet erscheinenden Zeitpunkt Vorbehalten oder vielleicht sogar eine Rückmeldung gänzlich unterlassen. Da der Kläger in der Beschwerde nur Bewertungen des Verhaltens der angesprochenen Personen und keine Tatsachen vorgetragen hat, lag es sogar nahe, dass der Direktor des LKA den Konflikt ohne eine förmliche Reaktion darauf gegenüber dem Kläger zunächst einmal näher beobachten wollte.

107

Für Außenstehende nicht nachvollziehbar ist in jedem Falle die Bewertung des Klägers, der allein aus dem Unterlassen einer Reaktion auf die Beschwerde auf eine gezielte Herabsetzung seiner Person schließen will. Dass er sich dann noch besonders gekränkt fühlt, weil der Direktor mit Herrn Mi., aber nicht mit ihm gesprochen hat, erinnert eigentlich eher an Argumentationsmuster aus geschwisterlichen Konflikten im Elternhaus und hat mit einer professionellen Handhabung eines Konflikts mit anderen Bediensteten durch eine langjährig im Berufsleben stehende erwachsene Person wenig zu tun.

6.

108

Der Rechtsstreit um die tarifgerechte Eingruppierung, den die Parteien im Jahre 2003 geführt hatten, hat aus der Sicht des Gerichts keinerlei Aussagewert in Bezug auf die behaupteten feindlichen Angriffe auf die Person des Klägers.

109

Der Kläger kritisiert insoweit, dass das Innenministerium das LKA mit Schreiben vom 25. April 2003 (Kopie als Anlage K 8 überreicht, hier Blatt 58 der Akte, es wird Bezug genommen) aufgefordert habe, Tatsachenmaterial zusammenzutragen, mit dem man den klägerischen Sachvortrag in der Eingruppierungsklage substantiiert bestreiten könne. Der Kläger schließt aus dieser Aufforderung, dass das Ministerium voreingenommen an den Eingruppierungsrechtsstreit herangegangen sei. Dem Ministeriums sei es von Anfang an nur darum gegangen, sein berechtigtes Höhergruppierungsverlangen zu vereiteln. Auch dies müsse man im Gesamtkontext als Angriff auf seine Person bewerten.

110

Diese Bewertung ist für außenstehende Dritte nicht nachvollziehbar. Aus der Sicht des Gerichts handelt es sich bei dem Aufforderungsschreiben um ein Standardanschreiben ohne jeden gegen den Kläger gerichteten Einschlag. Im Gegenteil ist aus dem Schreiben vielmehr zu schließen, dass der Referent im Ministerium den klägerischen Vortrag zur Höhergruppierung durchaus für beachtlich hält und er daher nunmehr das LKA auffordert, nicht nur Stimmung zu machen, sondern Fakten zu liefern.

111

Im Übrigen ist ein Erfolg in einer Klage auf Höhergruppierung indirekt stets auch eine Niederlage des Behördenleiters, der die Arbeit auf dem streitigen Dienstposten zu disponieren hat. Denn es gehört zu den vornehmsten Führungsaufgaben des Behördenleiters, dafür Sorge zu tragen, dass die Dienststelle mit den Mitteln zurechtkommt, die ihr vom Haushaltsgesetzgeber zugewiesen worden sind. Sieht der Behördenleiter daher die Gefahr, dass ein Höhergruppierungsverlangen berechtigt sein könnte, ist er aus seiner Rolle heraus geradezu gezwungen darüber nachzudenken, wie man die Arbeit so umverteilen oder liegenlassen könnte, dass diesem Verlangen der Boden entzogen wird. Dahingehende Überlegungen der Hausspitze, über die der Kläger berichtet hat, drücken daher nur die gegebenen Sachzwänge aus und richten sich nicht persönlich gegen den Kläger.

7.

112

Die Vorstellung des Klägers, die 2003 erhobene Forderung zur Zuarbeit zu dem Forschungsprojekt Kriminalitätsprognose bis 2020 der Fachhochschule in Güstrow stelle eine Persönlichkeitsrechtsverletzung dar, kann von Seiten des Gerichts nicht nachvollzogen werden.

113

Selbst wenn der Standpunkt des Klägers zutreffen sollte, dass der methodische Ansatz des Forschungsprojekts verfehlt ist, bleibt der Kläger im Rahmen seiner Aufgabenstellung als weisungsunterworfener Arbeitnehmer dazu verpflichtet, auf Anweisung seiner Vorgesetzten Zuarbeiten zu diesem Projekt zu leisten. Die Vorstellung des Klägers, aus seiner Arbeitsplatzbeschreibung ließe sich ableiten, dass er nur zur Zuarbeit an „kriminalwissenschaftlich qualifizierten“ Forschungsprojekten verpflichtet sei, ist abwegig. Das Wort „qualifiziert“ in der Arbeitsplatzbeschreibung dient nur der näheren Bezeichnung der Anforderungen, die der Inhaber der Stelle erfüllen muss. Daraus darf nicht im Umkehrschluss abgeleitet werden, der Stelleninhaber dürfe ausschließlich im Rahmen solcher qualifizierten Projekte eingesetzt werden.

114

Für Außenstehende nicht mehr nachvollziehbar ist aber insbesondere die weitere Folgerung des Klägers, in der Verpflichtung zur Zuarbeit zu einem aus seiner Sicht „nicht qualifizierten“ Forschungsprojekt komme wiederum eine Kränkung seiner Person zum Ausdruck. Diese Bewertung gilt gerade auch dann, wenn man mit berücksichtigt, dass die vom Kläger so leidenschaftlich geführte Auseinandersetzung um die Schädlichkeit der Zielvereinbarungen im Polizeibereich Berührungspunkte mit diesem Forschungsprojekt aufweist. Der Kläger muss vielmehr akzeptieren, dass er als Arbeitnehmer des beklagten Landes zur Arbeit nach Weisung verpflichtet ist und dass er keinen Anspruch darauf hat, dass man auf seinen von der Hausspitze nicht geteilten Standpunkt in einer Sachfrage bei der Zuteilung der Arbeit Rücksicht nimmt. Dies gilt jedenfalls ohne Einschränkung bei den konkreten Verhältnissen im LKA, wo es gar keine andere Person gegeben hätte, auf die man die für den Kläger unangenehme Aufgabe der Zuarbeit hätte übertragen können.

8.

115

Schließlich kann nicht festgestellt werden, dass es zu einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers im Zusammenhang mit dem Personalgespräch mit dem Direktor des LKA am 14. September 2004 gekommen ist.

116

Zu dem Personalgespräch bestand ein sachlicher Anlass, den der Direktor des LKA selbst nach der Einlassung des Klägers auch in den Mittelpunkt des Gespräches gestellt hatte. Denn wie die oben angeführten Einzelkonflikte gezeigt haben, war es zu Problemen in der Führung des Klägers als Arbeitnehmer gekommen, da er ungewöhnlich viel Kritik an den ihm übertragenen Aufgaben geübt hatte und sich der Arbeit verweigerte, soweit diese Berührungspunkte zu der streitigen Frage der polizeilichen Kriminalstatistik in Zeiten der praktizierten Zielvereinbarungen aufgewiesen hatte. Der Direktor hat dem Kläger aufgezeigt, dass ein solches Verhalten auf Dauer nicht geduldet werden könne und hat ihn aufgefordert, sich eines Besseren zu besinnen. Im Sinne einer fairen Behandlung des Untergebenen hat er ihm sodann noch eine Bedenkzeit zur Korrektur seiner Einstellung zum Dienst gegeben und hat ihm, damit man die Sache im Bedarfsfall auch auf den Punkt bringen kann, zu einer schriftlichen Stellungnahme aufgefordert.

117

Die Stellungnahme des Klägers vom 12. Oktober 2004 (Kopie Blatt 59 f der Akte) kann dann jedoch aus der Sicht eines jeden denkbaren Vorgesetzten nur als enttäuschend bezeichnet werden, denn aus ihr geht ohne jeden Zweifel hervor, dass der Kläger nicht gewillt war, sich wieder in den normalen Dienstbetrieb einzugliedern. Bildlich formuliert hat der Kläger mit dieser Stellungnahme die ihm geöffnete Tür zu einer konfliktfreien zukünftigen Zusammenarbeit zugeschlagen und dem Direktor signalisiert, dass er auch in Zukunft nicht gewillt ist, sich wie ein weisungsunterworfener Arbeitnehmer zu verhalten.

118

Dass der Kläger nunmehr im Rechtsstreit den dort formulierten Hinweis auf die „deutlichen Anzeichen für ein organisiertes Mobbing“ als eine Art Hilferuf an seinen Direktor verstanden wissen will, ist nicht nachvollziehbar. Die Auslegung des Textes durch das Gericht ergibt vielmehr im Gegenteil, dass der Kläger damit seinem Direktor vorwirft, sich durch das Personalgespräch an dem Mobbing gegen seine Person beteiligt zu haben. Denn der Kläger hatte seinen Vorwurf wie schon in der Beschwerde über die abfällige Behandlung seiner Person vom 30. Mai 2002 nicht mit einzelnen konkreten Vorfällen belegt, so dass aus der Sicht des objektiven Lesers des Textes der Mobbingvorwurf allein auf die Behandlung des Klägers in den drei Punkten, die Anlass für das Personalgespräch waren, und auf das Personalgespräch selbst gemünzt gewesen sein kann. In Bezug auf diese Ereignisse ist der Vorwurf des Mobbings nicht gerechtfertigt.

9.

119

Auch der Abteilungsleiter im Innenministerium Herr N. hat das Persönlichkeitsrecht des Klägers nicht verletzt, als er im Anschluss an die Anhörung des Klägers im Landtag und das anschließende Pressegespräch am 8. Dezember 2004 dem Kläger für die ungenehmigte Aussage und die Äußerungen gegenüber der Presse unter dem 22. Dezember 2004 eine Abmahnung erteilt hatte (Kopie Blatt 49 f der Akte).

120

Die Abmahnung ist in einem durchgängig sachlichen fast unterkühlten Ton verfasst und sie ist, was die Pflichtverletzung des Klägers betrifft, zutreffend. Der Kläger hat dadurch, dass er sich vor dem Landtag zu innerdienstlichen Angelegenheiten ohne eine entsprechende Aussagegenehmigung geäußert hatte, gegen seine Dienstpflichten verstoßen. Da rechtskräftig festgestellt ist, dass die Abmahnung rechtmäßig war, könnte in ihr nur dann eine (versteckte) Persönlichkeitsverletzung zum Ausdruck kommen, wenn sich feststellen ließe, dass die Dienststelle hier die rechtmäßige Möglichkeit einer Sanktion gegenüber dem Kläger ausgenutzt hat, um ein übergeordnetes rechtswidriges Ziel, das man etwa als die Zermürbung des Klägers bezeichnen könnte, zu verfolgen. Eine so weitgehende Feststellung kann nicht getroffen werden.

121

Das erkennende Gericht hält die Abmahnung angesichts des Gewichts der in Rede stehenden Vorwürfe zwar für eine sehr strenge Maßnahme. Denn bei der Bewertung muss nach Auffassung des erkennenden Gerichts beachtet werden, dass der Kläger auf Einladung des Vorsitzenden des Innenausschusses des Landtages dort Rede und Antwort stand, und man in Analogie zu § 376 Absatz 3 ZPO den Standpunkt vertreten könnte, es wäre Aufgabe des Ausschussvorsitzenden des Landtages gewesen, sich um eine Aussagegenehmigung der Personen zu kümmern, die er zu einer Anhörung einlädt. Damit könnten nämlich eventuelle Konflikte um die Erteilung der Aussagegenehmigung sozusagen auf Augenhöhe im Vorfeld zwischen Landtag und Ministerium ausgetragen werden, und der betroffene untergebende Bedienstete käme nicht in den Konflikt zwischen seiner Geheimhaltungspflicht und den Unterrichtungswünschen des Landtages. Zudem ist es nur schwer vorstellbar, dass der Kläger tatsächlich über konkrete Dienstgeheimnisse über verfälschte Statistiken verfügte und diese offenbarte, denn seine Ausführungen zu dieser Frage erschöpfen sich auch im vorliegenden Rechtsstreit durchgängig lediglich in dem Aufzeigen von Gefahren, ohne dass er einen einzigen Vorfall schildern konnte, in dem sich die von ihm gesehene Gefahr verwirklicht hat. Zusätzlich muss beachtet werden, dass der Kläger nach seiner unwidersprochen gebliebenen Einlassung auch auf Bitten seines Berufsverbandes sich auf die Anhörung eingelassen hatte (Blatt 38), die ja in direkter Beziehung zu der Presseerklärung des BDK vom 29. November 2004 stand. Damit hätte bei der Auslegung der Pflichten aus § 8 BAT-O, die das beklagte Land hier als Wohlverhaltenspflicht bezeichnet, auch berücksichtigt werden müssen, dass das Handeln des Klägers in Wahrnehmung der Rechte des Berufsverbandes aus Art. 9 Absatz 3 Grundgesetz erfolgt ist.

122

Dennoch lässt sich aus dieser Bewertung des Vorfalls durch das erkennende Gericht nicht der Schluss ziehen, die vielleicht etwas übertriebene Reaktion in Form einer Abmahnung sei in der Absicht erfolgt, den Kläger zu schädigen. Dieser Schluss verbietet sich in erster Linie aufgrund des Umstandes, dass der Konflikt des Klägers mit seiner Dienststelle mit der Aussage des Klägers vor dem Landtag und der Presse in Anwesenheit des ebenfalls eingeladenen Abteilungsleiters Polizei im Innenministerium Herrn N. erstmals diese hohe Hierarchieebene innerhalb des Ministeriums erreicht hatte. Mit Herrn N., der die Abmahnung auch unterzeichnet hat, war eine neue Person in den Konflikt einbezogen worden und es ist davon auszugehen, dass diese Person den Konflikt nicht von vornherein durch die Brille der Personen im LKA gesehen hat, die diesen Konflikt bereits seit Jahren geführt und nicht bewältigt haben. Es ist daher nicht ersichtlich, weshalb Herr N. geneigt gewesen sein sollte, seine Amtsautorität dadurch zu beschädigen, dass er eine Entscheidung trifft, die durch sachfremde Erwägungen geprägt oder überlagert ist.

10.

123

Das Gericht kann ebenfalls keinen Zusammenhang zwischen einem feindlichen Vorgehen gegen den Kläger und dem Artikel im F... vom 14. Mai 2005 erkennen. Die Konstruktion des Klägers, der Direktor des LKA habe sich über diesen Artikel und über seinen - streitig gebliebenen - Versuch, diesen zu verhindern, so geärgert, dass er dem Kläger die Teilnahme an der 50. Jahrestagung PKS in Berlin im Juni 2005 verboten habe, ist spekulativ geblieben. Ein solcher Zusammenhang drängt sich auch nicht auf.

11.

124

Auch die Verweigerung der Teilnahme des Klägers an der 50. Jahrestagung PKS in Berlin im Juni 2005 durch die Hausspitze des LKA kann nicht als persönlich gegen den Kläger gerichtet angesehen werden.

125

Denn zu dieser Veranstaltung hatte der Kläger erst im Mai 2005 einen Dienstreiseantrag gestellt. Zu diesem Zeitpunkt bestanden aber bereits die Planungen, den Kläger kurzfristig abzuordnen und möglicherweise sogar schon der Plan, ihn langfristig zu versetzen. So gab es für die Ablehnung dieses Dienstreiseantrages zumindest objektiv einen sachlichen Anlass. Das Gericht hat daher nicht weiter aufgeklärt, wie die Dienststelle die Ablehnung der Dienstreise tatsächlich gegenüber dem Kläger begründet hat.

12.

126

Eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers ergibt sich schließlich auch nicht aus der Abordnung und Versetzung auf seinen derzeitigen Dienstposten im Laufe des Jahres 2005.

127

Durch die überraschend schroffe Reaktion des Klägers auf das Personalgespräch vom 14. September 2004 in seiner Stellungnahme vom 12. Oktober 2004 wurde für jeden außenstehenden Beobachter klar, dass es im LKA einen Konflikt gibt, der innerhalb des LKA durch die dort handelnden Personen nicht mehr bewältigt werden konnte. Die übergeordnete Behörde musste daher im Interesse der Gewährleistung des Dienstbetriebes und im Schutzinteresse für alle am Konflikt beteiligten Beschäftigten eingreifen. Dabei steht ihr ein weites Handlungsermessen zu. Sie ist nicht verpflichtet durch aufwändige Ermittlungen den wahren Bösen festzustellen, um dann gegen ihn vorzugehen, sie kann vielmehr nach pragmatischen Gesichtspunkten die Person heraus greifen und versetzen, für die ein anderer geeigneter Dienstposten zur Verfügung steht. Insoweit hat das beklagte Land mit der Abordnung und Versetzung des Klägers alles richtig gemacht; wenn man einen Vorwurf erheben will, könnte es nur der sein, zwischen dem gescheiterten Personalgespräch und der Personalmaßnahme acht Monate zugewartet zu haben.

128

Der neue Dienstposten des Klägers passt von der Wertigkeit zu seinem arbeitsrechtlichen Status und mit seiner Wahrnehmung sind auch keine unzumutbaren Beschwerlichkeiten in örtlicher Hinsicht verbunden. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht wurde auch Einblick genommen in den schriftlichen Arbeitsvertrag der Parteien. Aus ihm ergeben sich auch keine Einschränkungen seiner Versetzbarkeit oder gar eine Konkretisierung auf seinen Dienstposten im LKA. Vielmehr handelt es sich um eine für den öffentlichen Dienst typischen fast aussagelosen Arbeitsvertrag, der im Wesentlichen auf die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes verweist. Für das Gericht ist daher der Vorwurf des Klägers nicht nachvollziehbar, diese Maßnahme verletzte ihn im besonderen Maße in seinem Persönlichkeitsrecht.

129

Dass das beklagte Land den Kläger zunächst nur für drei Monate abgeordnet hatte, die Abordnung dann noch einmal verlängerte und dann erst die Versetzung aussprach, hält das Gericht zwar für unglücklich und gegenüber dem beteiligungspflichtigen Personalrat auch für unehrlich. Darin kommt aber keine Sonderbehandlung zu Lasten des Klägers zum Ausdruck, denn es ist gerichtsbekannt, dass dies in allen Ministerien der Landesverwaltung gern so gehandhabt wird.

13.

130

Auch die Zusammenschau all der vom Kläger angeführten Ereignisse ergibt kein anderes Bild. Allein schon die Anzahl der Personen, die sich an dem Mobbing zu Lasten des Klägers beteiligt haben sollen, macht es unwahrscheinlich, dass all diese Personen tatsächlich nach einem gemeinsamen Plan gehandelt haben oder wenigstens alle an einem Strang gezogen haben. Wie oben aufgezeigt gab es für die 12 hier untersuchten und als nicht mobbing-relevant eingeschätzten Vorkommnisse auch stets einen sachlichen Anlass für das Verhalten der handelnden Personen. Als gegen den Kläger gerichtet könnten diese Vorkommnisse also nur dann gewertet werden, wenn man feststellen könnte, dass unter dem Deckmantel eines sachlichen Anlasses andere Ziele verfolgt wurden. Das ist trotz aller Bemühungen des Gerichts um die Aufklärung des Sachverhalts bis zum Schluss aber spekulativ geblieben.

131

Es muss zwar mit der gebotenen Deutlichkeit festgehalten werden, dass es in der Behandlung des Klägers immer wieder beachtliche Besonderheiten gegeben hat, aus denen man sogar bei oberflächlicher Betrachtung den Eindruck von Mobbing gewinnen könnte. Für die bewusste Schaffung eines feindlichen Umfeldes im Sinne von § 3 Absatz 3 AGG fehlen jedoch die erforderlichen Indizien. Gerade der lange Zeitraum, über den der ganze Konflikt geschwelt hat, zeigt für das Gericht, dass er nicht als auf einem einheitlichen Plan beruhend begriffen werden kann. Das Gericht geht vielmehr davon aus, dass die Stärken und die Schwächen der handelnden Personen auf beiden Seiten immer wieder Effekte gehabt hatten, die den Kläger mehr und mehr an den Rand der Dienstgemeinschaft im LKA geführt haben, ohne dass dem ein Plan oder etwas ähnliches zu Grunde lag. Das wird belegt durch die Vielzahl der Personen, die dazu - allerdings nicht beweisbar bewusst - ihren Beitrag geleistet haben. Wenn man den Vorgesetzten des Klägers einen Vorwurf machen wollte, könnte es nur der sein, dass man diese Dynamik nicht oder nicht früh genug erkannt hat und dementsprechend spät erst mit der Abordnung und Versetzung reagiert hat. Dieser Vorwurf hat aber nichts mit einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts oder gar mit Mobbing zu tun.

132

Selbst wenn man hilfsweise die oben unter oben 11. untersuchte Verweigerung der Dienstreise zur 50. Jahrestagung PKS im Juni 2005 in Berlin noch zu den Vorkommnissen zählen würde, in denen sich ein unfaires Verhalten gegenüber dem Kläger ausdrückt, weil diese Verweigerung in das oben herausgearbeitete Muster des Mobbing-Verhaltens passt, würde sich daraus keine höhere Entschädigung zu Gunsten des Klägers ergeben. Denn bei der Bemessung der Entschädigung hat das Gericht ohnehin des gesamten Zeitraum von März 2004 bis zur klägerischen Abordnung im Juni 2005 bewertet; es wäre daher nicht entscheidungserheblich, wenn zu den 4 in diesem Zeitraum festgestellten Einzelereignissen ein weiteres gleichgelagertes dazukommen würde.

III.

133

Die Berufung ist auch unbegründet, soweit der Kläger mit dem Klageantrag zu 2 entgangenes Entgelt als Schadensersatz wegen der inzwischen eingetretenen Gesundheitsschäden fordert.

134

Der Klageantrag zu 2 ist unbegründet. Die Voraussetzungen für die Zahlung der Vergütungsdifferenzen zwischen dem tatsächlich bezogenen Krankengeld und dem im Falle von Arbeitsfähigkeit im Streitzeitraum verdienten Arbeitsentgelt für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit ab der zweiten Jahreshälfte 2005 bis Ende 2007 sind nicht erfüllt. Eine vertragliche Anspruchsgrundlage zur Zahlung des Arbeitsentgelts trotz unterbliebener Arbeitsleistung ist nicht ersichtlich. Daher könnte der Anspruch allein als Schadensersatzleistung begründet sein. Das beklagte Land ist allerdings nicht zum Schadensersatz verpflichtet, da nicht festgestellt werden kann, dass die der Arbeitsunfähigkeit zu Grunde liegenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Klägers vom beklagten Land schuldhaft herbeigeführt worden sind. Eine gezielte Beschädigung der Gesundheit des Klägers durch Mitarbeiter des beklagten Landes ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Demnach verbleibt nur die Möglichkeit, dass Mitarbeiter des beklagten Landes gezielt das Persönlichkeitsrecht des Klägers verletzt oder missachtet haben könnten und sich diese Kränkung beim Kläger in einer Reaktion mit Krankheitswert ausgewirkt hat. Aber auch eine solche Feststellung kann nicht getroffen werden.

1.

135

Durch die Abordnung und spätere Versetzung im Jahre 2005 hat das beklagte Land nicht vorwerfbar die Gesundheit des Klägers geschädigt.

136

Selbst wenn es - was bewusst offen bleiben soll - für das beklagte Land vorhersehbar gewesen sein sollte, dass die Abordnung und Versetzung beim Kläger eine Depression auslösen würde und er aufgrund seiner Anpassungsstörung mit Krankheitswert nicht in der Lage sein würde, sich auf seinen neuen Dienstposten einzustellen, kann daraus keine Einschränkung des im dienstlichen Interesse bestehenden weiten Ermessensspielraums des Dienstherrn bei dieser Entscheidung folgen. Vielmehr hat sich aus Anlass der dienstlich gebotenen und rechtmäßigen Personalmaßnahme gezeigt, dass der Kläger an einem gesundheitlichen Defizit leidet, das seine Eignung, als Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst tätig zu sein, ernsthaft in Frage stellt, weil sie den im öffentlichen Dienst üblichen und mit Recht geforderten flexiblen Einsatz des Personals auf verschiedenen Dienstposten beim Kläger unmöglich macht.

137

Diese Feststellung kann durch eine vergleichende Betrachtung der Pflichten des Arbeitgebers, dem gesundheitlich geschwächten Arbeitnehmer einen leidensgerechten Arbeitsplatz anzubieten, bestätigt werden. In der Rechtsprechung ist es insoweit anerkannt, dass der Arbeitgeber verpflichtet sein kann, dem Arbeitnehmer einen leidensgerechten Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen. Diese Verpflichtung fußt auf der Fürsorgepflicht und sie ist auch Ausdruck des Verhältnismäßigkeitsprinzips; eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses wegen der gesundheitlichen Einschränkungen soll erst dann in Betracht kommen, wenn es nicht mehr möglich ist, den Arbeitnehmer vertragsgemäß zu beschäftigen und es auch nicht mehr möglich ist, ihm einen leidensgereichten Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen. Diese Pflicht wird aber begrenzt durch die betrieblichen Interessen des Arbeitgebers. Seine Pflicht zur leidensgerechten Beschäftigung des Arbeitnehmers endet dort, wo ihm dies unzumutbar wird.

138

Nach allen medizinischen Stellungnahmen, die sich in der Akte befinden, wäre der einzige leidensgerechte Arbeitsplatz für den Kläger sein alter Arbeitsplatz im LKA. Es ist für das beklagte Land unzumutbar, ihn auf diesem Arbeitsplatz einzusetzen. Daher kann die Abordnung und spätere Versetzung des Klägers, trotz ihrer möglicherweise erkennbar gewesenen gesundheitlichen Risiken für den Kläger nicht als vorwerfbare Missachtung der Gebrechen des Klägers bewertet werden.

2.

139

Es kann nicht festgestellt werden, dass die inzwischen beim Kläger aufgetretenen ernsthaften gesundheitlichen Probleme kausal auf der oben festgestellten Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers in der Zeit zwischen März 2004 und seiner Abordnung im Juni 2005 beruhen.

140

Die Darlegungs- und Beweislast für den beim Schadensersatz notwendigen kausalen Zusammenhang zwischen der Verletzungshandlung und dem eingetretenen Schaden liegt beim Geschädigten, hier beim Kläger. Eine Beweiserleichterung bei mobbing-typischen Erkrankungen hat das Bundesarbeitsgericht nicht anerkannt (BAG 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - aaO).

141

Anerkannt ist allerdings, dass ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen der schädigenden Handlung und dem Auftreten des Gesundheitsschadens zu einer Beweiserleichterung zu Gunsten des geschädigten Arbeitnehmers führen kann (BAG 16. Mai 2007 aaO und ihm folgend LAG Mecklenburg-Vorpommern 13. Januar 2009 - 5 Sa 86/08). Ein solcher enger zeitlicher Zusammenhang ist hier durchaus gegeben, denn die krankheitsbedingten Ausfallzeiten begannen sozusagen unmittelbar in Anschluss an die Zeit, als der Kläger 2004 und 2005 unfair durch die Hausspitze im LKA behandelt wurde.

142

Dieser feststellbare enge zeitliche Zusammenhang reicht aber aufgrund der besonderen Umstände des vorliegenden Falles nicht aus, um von einer Kausalität zwischen der Persönlichkeitsrechtsverletzung und dem eingetretenen Gesundheitsschaden auszugehen. Maßgebend für diese Bewertung durch das Gericht sind die inzwischen zahlreichen medizinischen Stellungnahmen zu den gesundheitlichen Problemen des Klägers. Wie ein roter Faden zieht sich durch all diese Stellungnahmen die Herstellung des Zusammenhangs zwischen der Abordnung und späteren Versetzung des Klägers und dem Auftreten der depressiven Verstimmung. Als maßgebend wird hierfür die in der Persönlichkeit des Klägers begründete Unfähigkeit zur Anpassung an das neue Arbeitsumfeld angesehen. Daraus muss das Gericht schließen, dass die depressive Verstimmung des Klägers und der Verlust seiner Arbeitsfähigkeit nicht auf der Verletzung des Persönlichkeitsrechts in der Zeit von März 2004 bis Mai 2005 beruht, sondern auf der sich daran anschließenden Maßnahme der Abordnung und Versetzung. Damit verliert der enge zeitliche Zusammenhang zwischen der Verletzungshandlung und dem Auftreten des Gesundheitsschadens seine Aussagekraft, denn sozusagen im Schnittpunkt beider Zeitabschnitte hat es ein weiteres Ereignis gegeben, dass aus medizinischer Sicht die Probleme des Klägers hervorgerufen hat.

143

In der Gesamtbewertung kann das Gericht daher keinen nennenswerten Effekt der unfairen Behandlung des Klägers in der Zeit von März 2004 bis zu klägerischen Abordnung an eine andere Dienststelle ab Juni 2005 auf die gesundheitliche Situation des Klägers erkennen.

IV.

144

Auch der Klageantrag zu 3. ist nicht begründet. Denn da dem Kläger schon dem Grunde nach kein Schadensersatz hinsichtlich der wegen Krankheit entgangenen Vergütung zusteht (vgl. oben III.), ist auch die Feststellung der weiteren Schadensersatzpflicht für die entgangene Vergütung ab Januar 2008 nicht begründet.

145

Auch der Klageantrag zu 4., der sich auf die Feststellung der Schadensersatz- und Entschädigungspflicht in der Zukunft bezieht, ist nicht begründet. Eine weitere Entschädigung steht dem Kläger nicht zu. Er wird entschädigt für seine unfaire Behandlung in den letzten 15 Monaten seiner Tätigkeit im LKA, der Vorgang ist abgeschlossen. Es ist nicht ersichtlich, woraus sich in der Zukunft noch ein Anlass zu weiterer Entschädigung ergeben sollte. Auch die Feststellung der weitern Schadensersatzpflicht ist unbegründet, da das Gericht insgesamt nicht davon ausgeht, dass sich das beklagte Land schadensersatzbegründend verhalten hat.

V.

146

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Absatz 1 ZPO und sie berücksichtigt sowohl das teilweise Obsiegen des Klägers im Rechtsstreit als auch die Kosten des erfolgreichen Revisionsverfahrens. Die Kosten des Revisionsverfahrens sind von der Kostenentscheidung mit umfasst.

147

Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision aus § 72 ArbGG sind nicht erfüllt.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Die Leistungen umfassen Hilfsmittel, die erforderlich sind, um eine durch die Behinderung bestehende Einschränkung einer gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft auszugleichen. Hierzu gehören insbesondere barrierefreie Computer.

(2) Die Leistungen umfassen auch eine notwendige Unterweisung im Gebrauch der Hilfsmittel sowie deren notwendige Instandhaltung oder Änderung.

(3) Soweit es im Einzelfall erforderlich ist, werden Leistungen für eine Doppelausstattung erbracht.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 2. Oktober 2009 - 20 Sa 19/09 - aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Nach Maßgabe der erstinstanzlichen Entscheidung streiten die Parteien über eine auf Krankheitszeiten gestützte Kündigung. Das Landesarbeitsgericht hat von einer eigenen Darstellung des Tatbestandes abgesehen.

2

Der im Oktober 1974 geborene Kläger war seit dem 3. August 1998 als Lager- und Logistikarbeiter bei der Beklagten beschäftigt. Sein durchschnittlicher Bruttomonatslohn betrug etwa 2.430,00 Euro.

3

Mit Schreiben vom 30. Mai 2008 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 31. August 2008. Zur Begründung hat sie sich auf häufige Kurzerkrankungen des Klägers bezogen, die im Jahr 2005 insgesamt 46 Arbeitstage, im Jahr 2006 24 Arbeitstage, im Jahr 2007 70 Arbeitstage und im Jahr 2008 bis Ende Mai 47 Arbeitstage betragen hätten.

4

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei sozial nicht gerechtfertigt. Eine negative Gesundheitsprognose sei nicht berechtigt. Im Übrigen habe die Beklagte ein betriebliches Eingliederungsmanagement nach § 84 Abs. 2 SGB IX nicht durchgeführt.

5

Der Kläger hat beantragt

        

festzustellen, dass das bestehende Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 30. Mai 2008 nicht aufgelöst worden ist.

6

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat behauptet, der Kläger sei auch künftig nicht in der Lage, die von ihm geschuldete Arbeitsleistung ohne erhebliche Ausfallzeiten zu erbringen. Diese Prognose werde durch das vom Kläger selbst vorgelegte ärztliche Attest vom 12. Juni 2008 belegt. Diesem zufolge dürfe der Kläger nur noch leichte körperliche Tätigkeiten ausführen. Auch ihr eigener Betriebsarzt halte eine Weiterbeschäftigung des Klägers auf der bisherigen Arbeitsstelle für ausgeschlossen, nachdem er dieses Attest eingesehen habe. Sie habe in den Jahren 2005 bis 2008 insgesamt etwa 32.000,00 Euro an Lohnfortzahlungskosten aufwenden müssen. Sie habe häufiger versucht, ein betriebliches Eingliederungsmanagement mit dem Kläger durchzuführen. Anderweitige Einsatzmöglichkeiten habe dieser bisher nicht aufzeigen können.

7

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen. Mit der Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision ist begründet.

9

I. Das Berufungsurteil ist schon deswegen aufzuheben, weil es entgegen § 69 Abs. 3 ArbGG keinen den gesetzlichen Bestimmungen entsprechenden Tatbestand enthält.

10

1. Ein Berufungsurteil muss einen den Anforderungen des § 69 Abs. 3 ArbGG genügenden Tatbestand enthalten.

11

a) Nach § 69 Abs. 2 ArbGG kann unter den dort genannten Voraussetzungen von der Darstellung des Tatbestandes nur dann abgesehen werden, wenn das Berufungsurteil unzweifelhaft nicht der Revision unterliegt( § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO ). § 69 Abs. 3 ArbGG verlangt für Urteile, gegen die die Revision statthaft ist, eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien. Das ist erforderlich, um die Nachprüfung des angefochtenen Urteils durch das Revisionsgericht zu ermöglichen. Dies gilt auch dann, wenn die Revision vom Landesarbeitsgericht nicht zugelassen worden ist. Darin liegt kein Fall des § 69 Abs. 2 ArbGG iVm. § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO. Wegen der Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 72a ArbGG ist ein Rechtsmittel gegen das Berufungsurteil nicht „unzweifelhaft“ unzulässig(Senat 30. September 2010 - 2 AZR 160/09 - Rn. 11, NZA 2011, 349). Ein völliges Absehen von der Darstellung des Tatbestandes gem. § 69 Abs. 2 ArbGG, § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO kommt bei Berufungsurteilen nur dann in Betracht, wenn ein Rechtsmittelverzicht erklärt worden ist(BAG 18. Mai 2006 - 6 AZR 627/05 - Rn. 15, AP KSchG 1969 § 15 Ersatzmitglied Nr. 2 = EzA ArbGG 1979 § 69 Nr. 5). Zumindest eine verkürzte Darstellung des zweitinstanzlichen Vorbringens ist erforderlich ( BAG 18. Mai 2006 - 6 AZR 627/05 - Rn. 16, aaO; Senat 15. August 2002 - 2 AZR 386/01 - AP ZPO 1977 § 543 Nr. 12 = EzA ZPO § 543 Nr. 12; BGH 13. August 2003 - XII ZR 303/02 - BGHZ 156, 97 ; Germelmann in Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge ArbGG 7. Aufl. § 69 Rn. 10, 11).

12

b) Einem Urteil ohne Tatbestand kann in der Regel nicht entnommen werden, welchen Streitstoff das Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat. Damit ist dem Revisionsgericht eine abschließende Überprüfung verwehrt. Etwas anderes gilt ausnahmsweise dann, wenn der Zweck des Revisionsverfahrens, dem Revisionsgericht die Nachprüfung des Berufungsurteils und seiner Rechtsanwendung auf den festgestellten Sachverhalt zu ermöglichen, deshalb erreicht werden kann, weil der Sach- und Streitstand sich aus den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils in einem für die Beurteilung der aufgeworfenen Rechtsfrage ausreichenden Umfang ergibt ( Senat 30. September 2010 - 2 AZR 160/09 - Rn. 11, NZA 2011, 349; BAG 18. Mai 2006 - 6 AZR 627/05 - AP KSchG 1969 § 15 Ersatzmitglied Nr. 2 = EzA ArbGG 1979 § 69 Nr. 5; Senat 17. Juni 2003 - 2 AZR 123/02 - zu I 1 der Gründe, AP ZPO 1977 § 543 Nr. 13 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 4).

13

2. Danach enthält das angefochtene Urteil keinen ausreichenden Tatbestand.

14

a) Das Landesarbeitsgericht hat wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes auf den Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils Bezug genommen. Im Übrigen hat es „gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG von der Darstellung des Tatbestandes abgesehen“, weil sein Urteil nicht der Revision unterfalle. Hierbei hat es außer Acht gelassen, dass auf eine Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers die Revision zugelassen werden konnte. Die Parteien hatten keinen Rechtsmittelverzicht erklärt.

15

b) Die in den Entscheidungsgründen erwähnten Sachverhaltselemente stellen keine ausreichende tatsächliche Grundlage für eine abschließende Beurteilung der aufgeworfenen Rechtsfragen dar. Sie erlauben dem Senat keine Entscheidung darüber, ob die Kündigung deswegen unverhältnismäßig ist, weil die Beklagte mangels Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) eine erweiterte Darlegungs- und Beweislast im Hinblick auf andere Beschäftigungsmöglichkeiten für den Kläger trifft.

16

II. Die Sache ist an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen ( § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO ). Für die neue Verhandlung und Entscheidung des Rechtsstreits wird das Landesarbeitsgericht die folgenden Hinweise zu beachten haben.

17

1. Das Landesarbeitsgericht hat vor einer Prüfung der sozialen Rechtfertigung der Kündigung nach § 1 Abs. 2 KSchG Feststellungen zur Anzahl der im Betrieb der Beklagten beschäftigten Arbeitnehmer zu treffen.

18

2. Falls danach der erste Abschnitt des Kündigungsschutzgesetzes im Streitfall Anwendung findet, wird das Landesarbeitsgericht zu prüfen haben, ob die Beklagte gem. § 84 Abs. 2 SGB IX ein betriebliches Eingliederungsmanagement(BEM) durchzuführen hatte. Ist dies zu bejahen, trifft sie eine erweiterte Darlegungslast. Sie hätte dann von sich aus zum Fehlen alternativer Beschäftigungsmöglichkeiten vorzutragen.

19

a) Das Erfordernis eines betrieblichen Eingliederungsmanagements nach § 84 Abs. 2 SGB IX besteht für alle Arbeitnehmer, nicht nur für behinderte Menschen(Senat 12. Juli 2007 - 2 AZR 716/06 - Rn. 35, BAGE 123, 234). Nach den vom Landesarbeitsgericht zugrunde gelegten Krankheitszeiten des Klägers wäre die Beklagte grundsätzlich verpflichtet gewesen, ein BEM durchzuführen. Danach war der Kläger iSv. § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen krank. Dafür genügt es, dass die krankheitsbedingten Fehlzeiten insgesamt, gegebenenfalls in mehreren Abschnitten, mehr als sechs Wochen betragen haben (Senat 12. Juli 2007 - 2 AZR 716/06 - Rn. 34, aaO; Gagel/Schian br 2006, 46; Neumann in Neumann/Pahlen/Majerski-Pahlen SGB IX 12. Aufl. § 84 Rn. 11). Nicht erforderlich ist, dass es eine einzelne Krankheitsperiode von durchgängig mehr als sechs Wochen gab.

20

b) Die Verpflichtung zur Durchführung eines BEM stellt eine Konkretisierung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes dar. Das BEM ist zwar selbst kein milderes Mittel gegenüber einer Kündigung. Mit seiner Hilfe können aber solche milderen Mittel, zB die Umgestaltung des Arbeitsplatzes oder die Weiterbeschäftigung zu geänderten Arbeitsbedingungen auf einem anderen - ggf. durch Umsetzungen „freizumachenden“ - Arbeitsplatz erkannt und entwickelt werden (vgl. Senat 10. Dezember 2009 - 2 AZR 400/08 - Rn. 18, AP KSchG 1969 § 1 Krankheit Nr. 48 = EzA KSchG § 1 Krankheit Nr. 56; 23. April 2008 - 2 AZR 1012/06 - Rn. 25, EzA KSchG § 1 Krankheit Nr. 55; 12. Juli 2007 - 2 AZR 716/06 - Rn. 41, BAGE 123, 234).

21

aa) Wurde entgegen § 84 Abs. 2 SGB IX ein BEM nicht durchgeführt, darf sich der Arbeitgeber nicht darauf beschränken, pauschal vorzutragen, er kenne keine alternativen Einsatzmöglichkeiten für den erkrankten Arbeitnehmer und es gebe keine leidensgerechten Arbeitsplätze, die dieser trotz seiner Erkrankung ausfüllen könne. Er hat vielmehr von sich aus denkbare oder vom Arbeitnehmer (außergerichtlich) bereits genannte Alternativen zu würdigen und im Einzelnen darzulegen, aus welchen Gründen sowohl eine Anpassung des bisherigen Arbeitsplatzes an dem Arbeitnehmer zuträgliche Arbeitsbedingungen als auch die Beschäftigung auf einem anderen - leidensgerechten - Arbeitsplatz ausscheiden (Senat 10. Dezember 2009 - 2 AZR 400/08 - Rn. 19, AP KSchG 1969 § 1 Krankheit Nr. 48 = EzA KSchG § 1 Krankheit Nr. 56). Erst nach einem solchen Vortrag ist es Sache des Arbeitnehmers, sich hierauf substantiiert einzulassen und darzulegen, wie er sich selbst eine leidensgerechte Beschäftigung vorstellt.

22

bb) Das Gleiche gilt, wenn der Arbeitgeber zur Erfüllung seiner Verpflichtung aus § 84 Abs. 2 SGB IX ein Verfahren durchgeführt hat, das nicht den gesetzlichen Mindestanforderungen an ein BEM genügt(Senat 10. Dezember 2009 - 2 AZR 400/08 - Rn. 20, AP KSchG 1969 § 1 Krankheit Nr. 48 = EzA KSchG § 1 Krankheit Nr. 56).

23

cc) Hat der Arbeitgeber ein BEM deshalb nicht durchgeführt, weil der Arbeitnehmer nicht eingewilligt hat, kommt es darauf an, ob der Arbeitgeber den Betroffenen zuvor auf die Ziele des BEM sowie auf Art und Umfang der hierfür erhobenen und verwendeten Daten hingewiesen hatte (vgl. § 84 Abs. 2 Satz 3 SGB IX; Düwell in Dau/Düwell/Joussen SGB IX 3. Aufl. § 84 Rn. 56). Die Belehrung nach § 84 Abs. 2 Satz 3 SGB IX gehört zu einem regelkonformen Ersuchen des Arbeitgebers um Zustimmung des Arbeitnehmers zur Durchführung eines BEM(vgl. Fabricius in Schlegel/Voelzke SGB IX § 84 Rn. 22). Sie soll dem Arbeitnehmer die Entscheidung ermöglichen, ob er ihm zustimmt oder nicht (Trenk-Hinterberger in Lachwitz/Schellhorn/Welti HK-SGB IX 3. Aufl. § 84 Rn. 54). Die Initiativlast für die Durchführung eines BEM trägt der Arbeitgeber (Senat 10. Dezember 2009 - 2 AZR 198/09 - Rn. 18, AP SGB IX § 84 Nr. 3 = EzA KSchG § 1 Krankheit Nr. 57).

24

dd) Stimmt der Arbeitnehmer trotz ordnungsgemäßer Aufklärung nicht zu, ist das Unterlassen eines BEM „kündigungsneutral“ (vgl. Düwell in Dau/Düwell/Joussen SGB IX 3. Aufl. § 84 Rn. 56). Zwingende Voraussetzung für die Durchführung eines BEM ist das Einverständnis des Betroffenen (vgl. Senat 12. Juli 2007 - 2 AZR 716/06 - Rn. 51, BAGE 123, 234; Fabricius in Schlegel/Voelzke SGB IX § 84 Rn. 22; Trenk-Hinterberger in Lachwitz/Schellhorn/Welti HK-SGB IX 3. Aufl. § 84 Rn. 53). Ohne die ausdrückliche Zustimmung des Betroffenen darf keine Stelle unterrichtet oder eingeschaltet werden (Neumann in Neumann/Pahlen/Majerski-Pahlen SGB IX 12. Aufl. § 84 Rn. 9).

25

ee) Möglich ist, dass auch ein BEM kein positives Ergebnis hätte erbringen können. Sofern dies der Fall ist, kann dem Arbeitgeber aus dem Unterlassen eines BEM kein Nachteil entstehen. Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass ein BEM deshalb entbehrlich war, weil es wegen der gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Arbeitnehmers unter keinen Umständen ein positives Ergebnis hätte bringen können, trägt der Arbeitgeber. Dazu muss er umfassend und konkret vortragen, warum weder der weitere Einsatz des Arbeitnehmers auf dem bisher innegehabten Arbeitsplatz noch dessen leidensgerechte Anpassung und Veränderung möglich war und der Arbeitnehmer auch nicht auf einem anderen Arbeitsplatz bei geänderter Tätigkeit hätte eingesetzt werden können, warum also ein BEM in keinem Fall dazu hätte beitragen können, erneuten Krankheitszeiten des Arbeitnehmers vorzubeugen und ihm den Arbeitsplatz zu erhalten (Senat 30. September 2010 - 2 AZR 88/09 - Rn. 36, NZA 2011, 39).

        

    Kreft    

        

    Berger    

        

    Rachor    

        

        

        

    Gans    

        

    Pitsch    

                 

(1) Die Leistungen umfassen Hilfsmittel, die erforderlich sind, um eine durch die Behinderung bestehende Einschränkung einer gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft auszugleichen. Hierzu gehören insbesondere barrierefreie Computer.

(2) Die Leistungen umfassen auch eine notwendige Unterweisung im Gebrauch der Hilfsmittel sowie deren notwendige Instandhaltung oder Änderung.

(3) Soweit es im Einzelfall erforderlich ist, werden Leistungen für eine Doppelausstattung erbracht.

(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen.

(2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird - unter Zurückweisung der Revision im Übrigen - das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 19. November 2008 - 6 Sa 1291/07 - aufgehoben, soweit es über die Vergütung für Januar bis Dezember 2006 in Höhe von 17.040,00 Euro brutto nebst Zinsen und über die Kosten entschieden hat.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Vergütungsansprüche des Klägers für den Zeitraum 25. Januar 2005 bis 31. Dezember 2006.

2

Die Beklagte, ein Unternehmen im Konzern der Deutschen Bahn AG, erbringt Serviceleistungen entlang des Schienennetzes der DB Netz AG. Der 1960 geborene Kläger stand bei ihr von September 2002 bis zum 30. April 2007 in einem Arbeitsverhältnis. Im Arbeitsvertrag vom 30. August 2002 vereinbarten die Parteien ua.:


        

        
Der Arbeitnehmer wird als gewerblicher Mitarbeiter der Niederlassung Mitte, Zuständigkeitsbereich Stützpunkt Fulda, eingestellt und mit den einschlägigen Tätigkeiten (Sipo, Sakra, AzF, Büp etc.) nach Weisung seiner Vorgesetzten beschäftigt, soweit er hierzu die Befähigung besitzt.
        
Er ist verpflichtet, auf Anweisung auch andere zumutbare Tätigkeiten zu verrichten.
        
Die BRG kann den Arbeitnehmer jederzeit an einem anderen Einsatzort oder Dienststelle innerhalb oder außerhalb des dem Arbeitnehmer zugewiesenen Bereiches zum Einsatz bringen bzw. dorthin versetzen.
        
...
        
        
Der Arbeitnehmer wird in die Entgeltgruppe L 3 (Hessen) nach dem jeweils geltenden Entgelttarifvertrag für die Arbeitnehmer/innen der für die BRG Servicegesellschaft Leipzig mbH, Bereich Fahrwegdienste, eingestuft. Darüber hinaus finden die im o. g. Tarifvertrag vereinbarten Grundsätze für die Eingruppierung Anwendung.
        
Die Nebenleistungen ergeben sich aus dem jeweils geltenden Entgelttarifvertrag der BRG Servicegesellschaft Leipzig mbH, Bereich Fahrwegdienste.
        
        
Auf diesen Vertrag finden die Bestimmungen des geltenden Manteltarifvertrages für die Arbeitnehmer/innen der BRG Servicegesellschaft Leipzig mbH, Bereich Fahrwegdienste, sowie die ihn ergänzenden Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen in der jeweils gültigen Fassung Anwendung.
        
...
        
        
Der Arbeitnehmer wurde ausdrücklich auf die Folgen von Alkohol- und Drogenkonsum während der Ausübung der Tätigkeit hingewiesen. Der Arbeitnehmer darf weder alkoholisiert noch unter Drogen stehend zur Arbeit erscheinen noch während der Arbeitszeit und der Pausen alkoholische Getränke oder Drogen zu sich nehmen.
        
Ein Verstoß gegen diese Regelung kann arbeitsrechtliche Schritte bis zur fristlosen Kündigung des Arbeitsvertrages durch die BRG zur Folge haben.
        
…“   
3

Seit Beginn des Arbeitsverhältnisses war der Kläger als Sicherungsposten(Sipo) /Sicherungsaufsichtskraft (Sakra) eingesetzt und erhielt zuletzt eine monatliche Grundvergütung von 1.420,00 Euro brutto. Wegen Drogenabhängigkeit unterzog er sich vom 25. September 2003 bis zum 28. Januar 2004 einer stationären Entwöhnungsbehandlung und war anschließend - mit Ausnahme eines Einsatzes als Bahnübergangsposten (Büp) vom 15. bis zum 17. Juni 2004 - arbeitsunfähig krankgeschrieben bis zum 24. Januar 2005. Danach hat der Kläger mit eigenen und Schreiben verschiedener Rechtsanwälte der Beklagten mehrfach seine Arbeitsleistung angeboten, ab dem 16. Dezember 2005 auch unter Bezugnahme auf eine Einsatzmöglichkeit im Bereich Vegetationsarbeiten. Seine Beschäftigung lehnte die Beklagte wegen fehlender Bahndiensttauglichkeit ab.

4

Mit seiner am 7. Februar 2007 erhobenen Klage hat der Kläger Vergütung für den Zeitraum 25. Januar 2005 bis 31. Dezember 2006 in Höhe von 1.420,00 Euro brutto monatlich aus den Rechtsgründen des Annahmeverzugs und des Schadensersatzes geltend gemacht und die Auffassung vertreten, die arbeitsvertraglich vereinbarte Tätigkeit sei nicht auf eine solche als Sicherungsposten, Sicherungsaufsichtskraft oder Bahnübergangsposten beschränkt. Wenn er diese Arbeiten nicht mehr verrichten könne, sei die Beklagte verpflichtet, ihn in der Vegetation einzusetzen. Er hat vorgetragen, bei einer Untersuchung durch den Bahnarzt Dr. S am 23. Dezember 2005 habe dieser auf Befragen des Betriebsratsvorsitzenden erklärt, der Kläger sei für Vegetationsarbeiten tauglich. Dabei sei auch eine körperliche Untersuchung erfolgt, die ergeben habe, dass keinerlei gesundheitliche Bedenken gegen eine Beschäftigung als Vegetationsarbeiter bestünden. Im Jahr 2005 habe die Beklagte mehrere Arbeitsplätze in der Vegetation mit Neueinstellungen besetzt. Zumindest könne er die Tätigkeiten der dort als Landschaftspfleger beschäftigten Arbeitnehmer M und P R übernehmen, denen die Beklagte per Direktionsrecht eine Tätigkeit als Sicherungsposten oder Sicherungsaufsichtskraft zuweisen dürfe.

5

Der Kläger hat beantragt,


        

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 32.990,48 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz nach bestimmter zeitlicher Staffelung zu zahlen.
6

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat vorgetragen, der Kläger sei weder fachlich noch aufgrund seiner gesundheitlichen Einschränkungen in der Lage, Vegetationsarbeiten zu verrichten. Zudem sei in der fraglichen Zeit in der Vegetation ein Arbeitsplatz nicht frei gewesen, zu einem Austausch des Klägers insbesondere mit den Arbeitnehmern R habe keine Verpflichtung bestanden.

7

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision des Klägers ist teilweise begründet.

9

Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht erkannt, dass die Klage für den Zeitraum 25. Januar bis 31. Dezember 2005 unbegründet ist. Insoweit war die Revision zurückzuweisen(§ 561 ZPO).

10

Auf der Grundlage des bisher festgestellten Sachverhalts kann der Senat nicht entscheiden, ob und in welchem Umfang die Klage für den Zeitraum 1. Januar bis 31. Dezember 2006 begründet ist. Dazu bedarf es noch weiterer Feststellungen des Landesarbeitsgerichts. Das führt zur teilweisen Aufhebung des Berufungsurteils und im Umfang der Aufhebung zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht(§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

11

I. Der Kläger hat für die Zeit vom 25. Januar 2005 bis zum 31. Dezember 2006 keinen Anspruch auf Zahlung von Arbeitsvergütung gem. § 615 Satz 1 in Verb. mit § 611 Abs. 1 BGB. Die Beklagte befand sich während des streitigen Klagezeitraums nicht im Annahmeverzug.

12

1. Das Angebot der Erbringung der vor dem streitigen Klagezeitraum ausgeübten Tätigkeiten als Sicherungsposten, Sicherungsaufsichtskraft oder Bahnübergangsposten konnte die Beklagte nicht in Annahmeverzug versetzen, § 297 BGB. Danach kommt der Gläubiger nicht in Verzug, wenn der Schuldner zur Zeit des Angebots außerstande ist, die Leistung zu bewirken. Nach nicht angegriffener Feststellung des Landesarbeitsgerichts war der Kläger im streitigen Klagezeitraum aus in seiner Person liegenden Gründen nicht in der Lage, eine Tätigkeit als Sicherungsposten, Sicherungsaufsichtskraft oder Bahnübergangsposten zu verrichten.

13

2. Das Angebot einer Tätigkeit in der Vegetation konnte die Beklagte nicht in Annahmeverzug versetzen, weil es nicht die zu bewirkende Arbeitsleistung betraf, § 294 BGB.

14

a) Nach dieser Vorschrift setzt der Annahmeverzug des Arbeitgebers voraus, dass der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung so anbietet, wie sie zu bewirken ist. Die iSv. § 294 BGB zu bewirkende Arbeitsleistung ist(nur dann) identisch mit der arbeitsvertraglich vereinbarten, wenn die Tätigkeit des Arbeitnehmers im Arbeitsvertrag konkret bestimmt ist. Ist dagegen - wie hier - die vom Arbeitnehmer zu erbringende Tätigkeit im Arbeitsvertrag nur rahmenmäßig umschrieben, obliegt es nach § 106 Satz 1 GewO dem Arbeitgeber, den Inhalt der zu leistenden Arbeit näher zu bestimmen(ganz herrschende Meinung, vgl. nur ErfK/Preis 10. Aufl. § 106 GewO Rn. 2, 11). Erst die durch die wirksame Ausübung des Direktionsrechts näher bestimmte Tätigkeit ist die iSv. § 294 BGB zu bewirkende Arbeitsleistung.

15

Zwischen den Parteien steht außer Streit, dass der Kläger vor dem streitigen Klagezeitraum ausschließlich als Sicherungsposten/Sicherungsaufsichtskraft und nach seiner Entwöhnungsbehandlung drei Tage als Bahnübergangsposten eingesetzt war. Durch die Zuweisung dieser Tätigkeiten hat die Beklagte den Inhalt der Arbeitsleistung gem. § 106 Satz 1 GewO näher bestimmt. Das Angebot einer Tätigkeit in der Vegetation betraf deshalb - unabhängig von den sonstigen Voraussetzungen für ein wirksames, den Arbeitgeber in Annahmeverzug versetzendes Angebot - nicht die zu bewirkende Arbeitsleistung.

16

b) Kann der Arbeitnehmer, dessen Tätigkeit im Arbeitsvertrag nur rahmenmäßig umschrieben ist, die vom Arbeitgeber aufgrund seines Direktionsrechts nach § 106 Satz 1 GewO wirksam näher bestimmte Tätigkeit aus in seiner Person liegenden Gründen nicht mehr ausüben, aber eine andere, im Rahmen der arbeitsvertraglichen Vereinbarung liegende Tätigkeit verrichten, ist das Angebot einer „leidensgerechten Arbeit“ ohne Belang, solange der Arbeitgeber nicht durch eine Neuausübung seines Direktionsrechts diese zu der iSv. § 294 BGB zu bewirkenden Arbeitsleistung bestimmt hat. Anderenfalls könnte der Arbeitnehmer den Inhalt der arbeitsvertraglich nur rahmenmäßig umschriebenen Arbeitsleistung selbst konkretisieren. Das widerspräche § 106 Satz 1 GewO. Die Konkretisierung der Arbeitspflicht ist nach § 106 Satz 1 GewO Sache des Arbeitgebers. Verlangt der Arbeitgeber eine bestimmte Arbeit in rechtlich einwandfreier Art und Weise, kommt er nicht in Annahmeverzug, wenn der Arbeitnehmer diese Arbeit ablehnt und stattdessen eine andere, ebenfalls vertragsgemäße Arbeit anbietet(Senat 30. April 2008 - 5 AZR 502/07 - Rn. 24, BAGE 126, 316). Mit der Ausübung des Direktionsrechts wird die vertraglich geschuldete Tätigkeit näher bestimmt und ist ab diesem Zeitpunkt bis zur - wirksamen - Neuausübung des Direktionsrechts die konkret geschuldete Leistung (so schon BAG 27. April 1960 - 4 AZR 584/58 - AP BGB § 615 Nr. 10).

17

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 296 BGB. Die Mitwirkungshandlung des Arbeitgebers besteht darin, dem Arbeitnehmer überhaupt die Arbeitsmöglichkeit zu eröffnen, den Arbeitsablauf fortlaufend zu planen und die Arbeitsmittel bereitzustellen(vgl. ErfK/Preis § 615 BGB Rn. 40; MünchKommBGB/Henssler 5. Aufl. § 615 Rn. 22). Aus § 296 BGB lässt sich aber keine Verpflichtung des Arbeitgebers herleiten, die von ihm wirksam konkretisierte Arbeitspflicht nach den Wünschen des Arbeitnehmers neu zu bestimmen. Davon zu trennen ist die Frage, ob die vom Arbeitgeber unterlassene Zuweisung leidensgerechter und vertragsgemäßer Arbeit einen Anspruch des Arbeitnehmers auf Schadensersatz begründen kann (dazu unter II).

18

c) Allerdings hat der Senat in seiner Entscheidung vom 8. November 2006(- 5 AZR 51/06 - Rn. 16, AP BGB § 615 Nr. 120 = EzA BGB 2002 § 615 Nr. 17) ausgeführt, die Einschränkung der Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers stünde dem Annahmeverzug des Arbeitgebers nicht entgegen, wenn dieser die ihm mögliche und zumutbare Zuweisung leidensgerechter und vertragsgemäßer Arbeit unterlasse. Dem lag aber der Fall einer Lehrerin zugrunde, deren Tätigkeit im Arbeitsvertrag mit „Lehrer im Angestelltenverhältnis“ umschrieben war und die vom Arbeitgeber zunächst als Sportlehrerin eingesetzt wurde, später neben Sport auch die Fächer Textilgestaltung und Kunst unterrichtete und zuletzt ausschließlich Unterricht in diesen Fächern erteilte. Damit hatte der Arbeitgeber die arbeitsvertraglich nur rahmenmäßig umschriebene Tätigkeit zuletzt gem. § 106 Satz 1 GewO auf Unterricht in den Fächern Textilgestaltung und Kunst konkretisiert. Der Verlust der Eignung für eine Tätigkeit als Sportlehrerin war deshalb für die Leistungsfähigkeit (§ 297 BGB) ohne Belang.

19

In seiner Entscheidung vom 27. August 2008(- 5 AZR 16/08 - Rn. 13, AP BGB § 615 Nr. 124 = EzA BGB 2002 § 615 Nr. 26)hat der Senat zwar angenommen, die Einschränkung der Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers stünde dem Annahmeverzug des Arbeitgebers nicht entgegen, wenn dieser die ihm mögliche und zumutbare Zuweisung leidensgerechter und vertragsgemäßer Arbeit unterlasse, zugleich aber betont, die Konkretisierung der Arbeitspflicht nach § 106 Satz 1 GewO sei Sache des Arbeitgebers.

20

Soweit die letztgenannte Entscheidung dahingehend verstanden werden könnte, das Angebot einer anderen als der vom Arbeitgeber nach § 106 Satz 1 GewO näher bestimmten Leistung könne den Arbeitgeber in Annahmeverzug versetzen, hält der Senat daran nicht fest.

21

d) Dem steht die Rechtsprechung des Sechsten und Neunten Senats nicht entgegen.

22

Der Sechste Senat hat in seiner Entscheidung vom 13. August 2009(- 6 AZR 330/08 - Rn. 15, AP BGB § 241 Nr. 4) unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Fünften Senats ausgeführt, die Einschränkung der Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers schließe den Annahmeverzug des Arbeitgebers nicht aus, wenn es dem Arbeitgeber möglich und zumutbar sei, dem krankheitsbedingt nur eingeschränkt leistungsfähigen Arbeitnehmer leistungsgerechte und vertragsgemäße Arbeit zuzuweisen und er dies unterlasse. Der Entscheidung lag jedoch die besondere Fallkonstellation zugrunde, dass der klagende Arbeitnehmer tarifliche Ansprüche auf Umsetzung und Einkommenssicherung geltend machte. Die Ausführungen zum Annahmeverzug bei eingeschränkter Leistungsfähigkeit waren nicht tragend.

23

Der Neunte Senat hat im Falle eines schwerbehinderten Arbeitnehmers erkannt, dessen Einschränkung der Leistungsfähigkeit aufgrund der Behinderung stehe dem Annahmeverzug des Arbeitgebers bei unbilliger Ausübung des Direktionsrechts nicht entgegen(4. Oktober 2005 - 9 AZR 632/04 - Rn. 14, BAGE 116, 121). Bei beschränkter Leistungsfähigkeit aufgrund einer Behinderung sei der Arbeitgeber nach § 106 Satz 3 GewO verpflichtet, im Rahmen der Ausübung seines Direktionsrechts auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen. Ob dem zu folgen ist, kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, denn der Kläger ist nicht behindert iSd. Gesetzes.

24

II. Es kommt ein Schadensersatzanspruch wegen entgangener Vergütung in Betracht.

25

1. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Schadensersatz nach § 280 Abs. 1 BGB zu, wenn die Beklagte schuldhaft ihre Rücksichtnahmepflicht aus § 241 Abs. 2 BGB dadurch verletzt hätte, dass sie dem Kläger nicht durch Neuausübung ihres Direktionsrechts einen leidensgerechten Arbeitsplatz zuwies.

26

a) Nach § 241 Abs. 2 BGB ist jede Partei des Arbeitsvertrags zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen ihres Vertragspartners verpflichtet. Dies dient dem Schutz und der Förderung des Vertragszwecks(BAG 10. September 2009 - 2 AZR 257/08 - Rn. 20, EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 77). Im Arbeitsverhältnis können die Vertragspartner deshalb zur Verwirklichung des Leistungsinteresses zu leistungssichernden Maßnahmen verpflichtet sein. Dazu gehört auch die Pflicht, im Zusammenwirken mit dem Vertragspartner die Voraussetzungen für die Durchführung des Vertrags zu schaffen, Erfüllungshindernisse nicht entstehen zu lassen bzw. zu beseitigen und dem anderen Teil den angestrebten Leistungserfolg zukommen zu lassen. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht kann es auch geboten sein, auf den Wunsch nach Vertragsanpassung als Reaktion auf unerwartete Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse einzugehen, insbesondere wenn anderenfalls in Dauerschuldverhältnissen Unvermögen des Schuldners droht (BAG 13. August 2009 - 6 AZR 330/08 - Rn. 31, AP BGB § 241 Nr. 4; vgl. auch MünchKommBGB/Roth 5. Aufl. § 241 Rn. 60, 63).

27

b) Ist der Arbeitnehmer aus in seiner Person liegenden Gründen nicht mehr in der Lage, die vom Arbeitgeber aufgrund seines Direktionsrechts nach § 106 Satz 1 GewO näher bestimmte Leistung zu erbringen, kann es die Rücksichtnahmepflicht aus § 241 Abs. 2 BGB gebieten, dass der Arbeitgeber von seinem Direktionsrecht erneut Gebrauch macht und die vom Arbeitnehmer zu erbringende Leistung innerhalb des arbeitsvertraglich vereinbarten Rahmens anderweitig derart konkretisiert, dass dem Arbeitnehmer die Leistungserbringung wieder möglich wird. Dementsprechend ist kündigungsrechtlich der Arbeitgeber auch bei dauernder Unmöglichkeit, den Arbeitnehmer in seinen bisherigen Tätigkeitsbereich zu beschäftigen, erst dann zur Kündigung berechtigt, wenn das aus der persönlichen Sphäre des Arbeitnehmers resultierende Hindernis nicht nur einer Weiterbeschäftigung am bisherigen Arbeitsplatz, sondern auch einer Beschäftigung an anderer Stelle entgegensteht(st. Rspr., vgl. zuletzt BAG 26. November 2009 - 2 AZR 272/08 - Rn. 34 mwN, NZA 2010, 628).

28

aa) Die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Neubestimmung der Tätigkeit des Arbeitnehmers setzt voraus, dass der Arbeitnehmer die Umsetzung auf einen leidensgerechten Arbeitsplatz verlangt und dem Arbeitgeber mitgeteilt hat, wie er sich seine weitere, die aufgetretenen Leistungshindernisse ausräumende Beschäftigung vorstellt. Dem Verlangen des Arbeitnehmers muss der Arbeitgeber regelmäßig entsprechen, wenn ihm die in der Zuweisung einer anderen Tätigkeit liegende Neubestimmung der zu bewirkenden Arbeitsleistung zumutbar und rechtlich möglich ist.

29

bb) Zumutbar ist dem Arbeitgeber die Zuweisung einer anderen Tätigkeit, wenn dem keine betrieblichen Gründe, zu denen auch wirtschaftliche Erwägungen zählen können, oder die Rücksichtnahmepflicht gegenüber anderen Arbeitnehmern entgegenstehen.

30

Betriebliche Gründe werden in der Regel der Zuweisung einer anderweitigen Tätigkeit nicht entgegenstehen, wenn ein entsprechender Arbeitsplatz frei ist und der Arbeitgeber Bedarf für die Tätigkeit hat.

31

Ist ein entsprechender Arbeitsplatz nicht frei, kann also die Zuweisung einer anderen Tätigkeit nur durch den Austausch mit anderen Arbeitnehmern erfolgen, ist weiter zu prüfen, ob einer Umsetzung neben betrieblichen Gründen die dem Arbeitgeber gegenüber allen Arbeitnehmern obliegende Rücksichtnahmepflicht aus § 241 Abs. 2 BGB entgegensteht. Letzteres ist anzunehmen, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer, der den anderweitigen Arbeitsplatz inne hat, nicht im Wege des Direktionsrechts eine andere Tätigkeit zuweisen kann oder die Neuausübung des Direktionsrechts diesem Arbeitnehmer gegenüber nicht billigem Ermessen entsprechen würde. Unzumutbar ist ein Austausch ferner dann, wenn der auszutauschende Arbeitnehmer einem Arbeitsplatzwechsel seine Zustimmung verweigert und der Arbeitgeber Gefahr liefe, bei Ausübung seines Direktionsrechts einem Prozess über die Wirksamkeit der Maßnahme ausgesetzt zu sein. Die Rücksichtnahmepflicht aus § 241 Abs. 2 BGB verlangt vom Arbeitgeber nicht, die Belange eines Arbeitnehmers unter Hintanstellung eigener Belange oder solcher anderer Arbeitnehmer durchzusetzen. Der Arbeitgeber braucht deshalb das Risiko, dass ein „zwangsweise“ ausgetauschter Arbeitnehmer die Wirksamkeit der(Neu-)Ausübung des Direktionsrechts gerichtlich überprüfen lässt, nicht einzugehen.

32

cc) Rechtlich möglich ist die Zuweisung einer anderen Tätigkeit, wenn ihr keine rechtlichen Hindernisse entgegenstehen. Insbesondere kann die Rücksichtnahmepflicht aus § 241 Abs. 2 BGB den Arbeitgeber nicht verpflichten, sich betriebsverfassungswidrig zu verhalten. Stimmt der Betriebsrat den mit einem Austausch von Arbeitnehmern verbundenen Versetzungen(§ 95 Abs. 3 BetrVG) nicht gem. § 99 Abs. 1 BetrVG zu, ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, dem seine bisherige Tätigkeit nicht mehr verrichten könnenden Arbeitnehmer eine andere Tätigkeit zuzuweisen. Ebenso wenig verlangt die Rücksichtnahmepflicht vom Arbeitgeber, ein Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG durchzuführen(zur krankheitsbedingten Kündigung im Ergebnis ebenso BAG 29. Januar 1997 - 2 AZR 9/96 - BAGE 85, 107).

33

2. Nach diesen Grundsätzen kommt ein Anspruch des Klägers auf Schadensersatz wegen entgangener Vergütung in Betracht, allerdings erst für den Zeitraum 1. Januar bis 31. Dezember 2006.

34

a) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat der Kläger erstmals mit Schreiben vom 16. Dezember 2005 auf seinen möglichen Einsatz mit Vegetationsarbeiten Bezug genommen und damit frühestens zu diesem Zeitpunkt die Umsetzung auf einen leidensgerechten Arbeitsplatz verlangt. Selbst wenn die Beklagte im Anschluss daran verpflichtet gewesen wäre, dem Kläger eine Tätigkeit im Bereich Landschaftspflege zuzuweisen, muss der Beklagten eine gewisse Zeit zur Prüfung, insbesondere der dem Verlangen des Klägers möglicherweise entgegenstehenden eigenen Belange oder von Belangen anderer Arbeitnehmer zugestanden werden. Unter Berücksichtigung des Erfordernisses der Zustimmung des Betriebsrats und dessen Stellungnahmefrist nach § 99 Abs. 3 BetrVG kommt deshalb ein Verschulden der Beklagten vor dem 1. Januar 2006 nicht in Betracht. Insoweit war die Revision des Klägers zurückzuweisen(§ 561 ZPO).

35

b) Für den Zeitraum 1. Januar bis 31. Dezember 2006 kann der Senat auf der Grundlage des bisher festgestellten Sachverhalts nicht entscheiden, ob und in welchem Umfang die Klage begründet ist. Das führt zur teilweisen Aufhebung des Berufungsurteils und - im Umfang der Aufhebung - zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht(§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

36

aa) Zwischen den Parteien ist streitig, ob der Kläger für Arbeiten im Bereich der Landschaftspflege überhaupt fachlich und gesundheitlich geeignet war und ist. Feststellungen dazu hat das Landesarbeitsgericht nicht getroffen.

37

bb) Im Rahmen des Direktionsrechts können - wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat - selbst bei einer Versetzungsklausel nur gleichwertige Tätigkeiten zugewiesen werden. Die Gleichwertigkeit orientiert sich bei Anwendung eines tariflichen Vergütungsgruppensystems in der Regel an diesem System. Der Arbeitgeber kann deshalb dem Arbeitnehmer keine niedriger zu bewertende Tätigkeit im Wege des Direktionsrechts zuweisen, selbst wenn er die höhere Vergütung, die der bisherigen Tätigkeit entspricht, weiterzahlen würde(BAG 13. August 2009 - 6 AZR 330/08 - Rn. 26, AP BGB § 241 Nr. 4; 30. August 1995 - 1 AZR 47/95 - zu II 2 b der Gründe, AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 44 = EzA BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 14). Eine höherwertige Tätigkeit muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer nicht zuweisen, weil sie einer Beförderung gleichkäme, auf die kein Anspruch besteht (BAG 16. September 2008 - 9 AZR 781/07 - Rn. 23, BAGE 127, 353; 31. Oktober 1985 - 6 AZR 129/83 - zu II 1 der Gründe, AP BPersVG § 46 Nr. 5, jeweils mwN) und zu der auch die Rücksichtnahmepflicht aus § 241 Abs. 2 BGB den Arbeitgeber nicht verpflichten kann. In Betracht kommt deshalb als anderweitige (leidensgerechte) Tätigkeit des Klägers nur die eines Landschaftspflegers. Diese ist tariflich derselben Entgeltgruppe zugeordnet wie die vom Kläger früher ausgeübte Tätigkeit eines Sicherungspostens bzw. einer Sicherungsaufsichtskraft. Dagegen wird die Tätigkeit eines Landschaftspflegehelfers tariflich niedriger, die eines Landschaftstechnikers tariflich höher bewertet.

38

cc) Ein Arbeitsplatz als Landschaftspfleger war im Zeitraum 1. Januar bis 31. Dezember 2006 nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht frei. Ein Austausch des Klägers mit dem ausschließlich als Landschaftspfleger tätigen Arbeitnehmer R wäre nur dann in Betracht gekommen, wenn die Zuweisung der bisherigen Tätigkeit des Klägers an den Arbeitnehmer R möglich, dieser insbesondere für die Tätigkeit geeignet gewesen wäre, die Zuweisung billigem Ermessen nach § 106 Satz 1 GewO entsprochen und der Arbeitnehmer R den Arbeitsplatzwechsel hingenommen hätte. Dazu fehlt es bislang an Feststellungen des Landesarbeitsgerichts. Einen Austausch des Klägers mit dem zweiten Arbeitnehmer gleichen Namens, der nicht ausschließlich als Landschaftspfleger, sondern nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts aufgrund seiner Kenntnisse im EDV-Bereich auch im Innendienst mit vorbereitender Fakturierung, Angebotserstellung, Auswertung der Einsatzwechseltätigkeit und Bedarfsanforderung eingesetzt wird, brauchte die Beklagte nicht in Betracht zu ziehen. Der Kläger hat weder eine Tätigkeit im Innendienst verlangt noch dargetan, dass er fachlich in der Lage wäre, diese(Teil-) Aufgaben dieses Arbeitnehmers zu übernehmen.

39

dd) Ob betriebliche Gründe einem Austausch entgegenstanden, kann anhand der bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ebenso wenig abschließend geprüft werden, wie die Frage, ob und ab welchem Zeitpunkt ein Unterlassen des Austausches schuldhaft gewesen wäre. Allein die Erfordernisse einer bahnärztlichen Untersuchung des Arbeitnehmers R auf dessen Eignung für eine Tätigkeit als Sicherungsposten oder Sicherungsaufsichtskraft und einer vom Landesarbeitsgericht nicht näher konkretisierten „kurzfristigen Qualifizierung“ reichen nicht aus, die einem Austausch entgegenstehenden betrieblichen Gründe anzunehmen.

40

ee) Nicht aufgeklärt ist, ob die Beklagte den Betriebsrat beteiligt hat. Sollte sie im streitgegenständlichen Zeitraum bis zum 31. Dezember 2006 beim Betriebsrat nicht die Zustimmung zu einer Versetzung des Klägers und des Arbeitnehmers R nach § 99 Abs. 1 BetrVG beantragt haben, obwohl sie zu einem Austausch der Arbeitnehmer verpflichtet gewesen wäre, könnte sich die Beklagte im Rahmen des Schadensersatzanspruchs nicht auf die fehlende Zustimmung des Betriebsrats berufen.

41

ff) Bejaht das Landesarbeitsgericht einen Schadensersatzanspruch dem Grunde nach, wird es aufzuklären haben, ob dem Kläger bei der Entstehung des Schadens ein Mitverschulden (§ 254 Abs. 1 BGB) vorzuwerfen ist. Das könnte der Fall sein, wenn ihn an dem Unvermögen, die bisherige Tätigkeit auszuüben, ein Verschulden trifft (vgl. zur kündigungsrechtlichen Berücksichtigung des Verschuldens eines Arbeitnehmers an der Unmöglichkeit, ihn mit seinen bisherigen Aufgaben weiter zu betrauen BAG 26. November 2009 - 2 AZR 272/08 - Rn. 38, NZA 2010, 628).


        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    Rolf Steinmann    

        

    Ilgenfritz-Donné    
                 

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen.

(2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten.

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen.

(2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten.

Tenor

I. Auf die klägerische Berufung und unter teilweiser Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichtes Schwerin vom 29.01.2008 (4 Ca 293/07) wird das beklagte Land verurteilt, auf den Klageantrag zu 1. an den Kläger 2.500,00 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13. Februar 2007 zu zahlen.

II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten des Revisionsverfahrens trägt der Kläger zu 2/3 und im Übrigen das beklagte Land.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der klagende Arbeitnehmer verlangt von seinem Arbeitgeber Zahlung von Schmerzensgeld und Schadensersatz wegen Mobbings.

2

Der in den 1950er Jahren geborene Kläger ist diplomierter Jurist und Kriminologe und war von 1976 bis zum Zusammenbruch der DDR dort als Staatsanwalt tätig. Bereits in jener Zeit war er aufgrund seiner dienstlichen Aufgabenstellung zum Spezialisten für polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) geworden. Seit 1993 ist er beim beklagten Land als vollbeschäftigter Arbeitnehmer beschäftigt. Seit 1994 ist er eingruppiert in die Vergütungsgruppe IIa der Anlage 1a des BAT/BAT-O. Er war vom Zeitpunkt der Einstellung bis Ende Mai 2005 dem Landeskriminalamt (LKA) zugeteilt und war dort im Dezernat 63 („Auswertung PKS“) als Dezernent („Fachbereich PKS, Analyse und Forschung“) und stellvertretender Dezernatsleiter tätig. Als Dezernent war er zuständig für die Bereiche Kriminalitätsanalyse, Kriminalstrategie, Kriminalitätsprävention und Kriminalstatistik; daher war er der Fachmann des LKA für die polizeiliche Kriminalstatistik (PKS). Der Kläger war auch stets der Kriminologieforschung verbunden geblieben und hat diese im Rahmen seiner Aufgabenstellung in Kooperation mit universitären Forschungseinrichtungen weiter betrieben. In der Arbeitsplatzbeschreibung zum klägerischen Dienstposten ist der Forschungsanteil mit 55 Prozent angegeben.

3

Mit dem 1. Juni 2005 wurde der Kläger an das Landesamt für Brand- und Katastrophenschutz für Mecklenburg-Vorpommern in Schwerin befristet abgeordnet. Seit Dezember 2005 ist der Kläger an dieses Amt auf Dauer versetzt worden und hat dort den Dienstposten des Dezernatsleiters II (Katastrophenschutz) inne. Dieser Dienstposten ist nach A14 und damit höher bewertet als der ihm bis dahin übertragene Dienstposten.

4

Die Abordnung und spätere Versetzung erfolgte vor dem Hintergrund eines Konfliktes des Klägers mit dem Direktor des LKA. Der Konflikt entzündete sich 1999 und 2000 an Sachfragen im Zusammenhang mit der richtigen Führung der Polizeistatistik und der Frage, ob die in der ganzen Landesverwaltung derzeit so beliebten Zielvereinbarungen im Polizeibereich zu einer schädlichen Beeinflussung der Kriminalstatistik führen würden bzw. bereits geführt haben. Der Kläger, der zu keinem Zeitpunkt bereit war, die aus seiner Sicht völlig verfehlten Vorgaben des LKA-Direktors und der Polizeiabteilung des Innenministeriums zu akzeptieren, geht inzwischen davon aus, er sei durch seine Vorgesetzten systematisch gemobbt worden, um ihn zum Einlenken in dieser Sachfrage zu zwingen oder ihn gar gänzlich aus dem Dienst zu drängen und damit mundtot zu machen.

5

Im Mai 2000 ist die Verabredung von Zielvereinbarungen als Mittel der Personalführung im Bereich der Polizei Mecklenburg-Vorpommerns verbindlich eingeführt worden. Sowohl das LKA als auch das Innenministerium hatten sich damit über die vom Kläger als dem für Polizeistatistik zuständigen Fachmann des LKA vorab geäußerten Bedenken hinweggesetzt. Im September 2000 erscheint in der Zeitschrift „Der Kriminalist“, der Verbandszeitschrift des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK), ein Artikel des Klägers mit der Überschrift „Können Fallzahlen der PKS vereinbart werden?“, in dem er ohne konkreten Bezug zum hiesigen Bundesland in der Sache scharf und im Ton markant auf die Gefahren der Vereinbarung von Fallzahlen im Rahmen von Zielvereinbarungen hinweist (Kopie Blatt 270a der Akte). Das war für den Leiter des Referats 440 der Polizeiabteilung des Innenministeriums Herrn Leitender Kriminaldirektor M. Anlass, einen Leserbrief zu schreiben, der dann auch - in einer nach Dialog mit der Redaktion vom Autor gekürzten Fassung - im Februar 2001 in der Zeitschrift „Der Kriminalist“ veröffentlicht wurde (Kopie Blatt 44 der Akte). Bereits zuvor noch im alten Jahr war die ungekürzte Fassung des Leserbriefs gemeinsam mit einer Kopie des Artikels des Klägers auf Veranlassung des Innenministeriums an alle Behördenleiter der Landespolizei verteilt worden. Herr M... bescheinigt dem Kläger in dem Leserbrief die „Außerachtlassung der Gesamtzusammenhänge aufgrund eines falschen Grundverständnisses“.

6

Im Dezember 2000 bekam das LKA vom Innenministerium den Auftrag, eine Analyse der Schwachstellen der kriminalpolizeilichen Sachbearbeitung in der Landespolizei zu erstellen. Der Kläger legte dazu in Abstimmung mit weiteren Mitarbeitern des LKA unter dem 19. Januar 2001 einen Entwurf vor (Anlage K7, Blatt 51 f). An der Erarbeitung der Abschlussformulierung, die erheblich von dem Vorschlag des Klägers abweicht, wurde dieser nicht mehr beteiligt. Sie wurde vielmehr vom Abteilungsleiter 6 des LKA gemeinsam mit einem Mitarbeiter des Innenministeriums aus der Polizeiabteilung erarbeitet.

7

Im Mai 2002 erhielt das LKA vom Innenministerium den Auftrag, aus der polizeilichen Kriminalstatistik „geeignete Felder für eine Veröffentlichung aufzubereiten“, die sich für eine Darstellung „im kleineren Umfang“ eignen. Der damit beauftragte Kläger fertigte ein umfängliches Opus, das dann im Innenministerium als gänzlich ungeeignet mit der Bitte um Überarbeitung zurückgereicht wurde, weil man dort wohl eher an eine Kopiervorlage für ein oder mehrere Presseerklärungen über die erfolgreiche Polizeiarbeit gedacht hatte. Mit Schreiben an den Direktor des LKA vom 30. Mai 2002 (Kopie Anlage K12, Blatt 107 f der Akte) rechtfertigte der Kläger sein Vorgehen, kritisierte den ministeriellen Auftrag („Es ist m.E. nicht die Aufgabe des Dez. 63, Vorlagen zu erarbeiten, die unmittelbar zur Veröffentlichung durch das IM geeignet sind“) und beschwerte sich über die abfällige Behandlung seiner Person durch den LKD Herrn M. aus dem Innenministerium und durch den Leiter SB 1 im LKA, Herrn Mi. Der Direktor des LKA hat sodann mit Herrn Mi. gesprochen, mit dem Kläger jedoch nicht.

8

Am 5. März 2004 erhielt der Kläger den Auftrag, eine vergleichende Stellungnahme zu einer aus Polen zugänglich gemachten Kriminalstatistik abzugeben. Diese legte der Kläger unter dem 11. März 2004 vor. Herr Ma., seinerzeit Leiter des Leitungsstabes im LKA und heute Direktor des LKA, hat auf dem Dokument den folgenden Vermerk angebracht: „1. (Thema verfehlt): Aufgabe war nicht der Vergleich Stettin-MV; 2. auch noch verspätet vorgelegt; 3. Dir. z.K. ...“ (Kopie Anlage K13, Blatt 156 der Akte).

9

In Zusammenarbeit mit dem Fachbereich Polizei der Fachhochschule in Güstrow gibt es ein Projekt Kriminalitätsprognose bis 2020, das vom LKA wohlwollend gefördert wird, vom Kläger jedoch wegen eines verfehlten methodischen Ansatzes rundweg abgelehnt wird. Die diesbezügliche Stellungnahme des Klägers vom 10. Oktober 2003 (vgl. Bl. 38 der Akte) ist allerdings nicht zur Akte gelangt. Mit Schreiben vom 18. August 2004 wurde der Kläger vom Leiter des Leitungsstabes im LKA, aufgefordert, prognostische Fallzahlen für die kommenden Jahre bis 2007 zu erarbeiten und die gewonnenen Daten für das Forschungsprojekt aber auch als Grundlage für Gespräche über Zielvereinbarungen zur Verfügung zu stellen. Mit Schreiben vom 19. August 2004 an seinen Abteilungsleiter äußert sich der Kläger kritisch zu dem Arbeitsauftrag und bittet darum, ihn von der Einbindung in das Forschungsprojekt zu entbinden (Kopie als Anlage K14 überreicht, Blatt 157 der Akte). Die geforderte Zuarbeit hat er nicht geleistet. In dem Schreiben vertritt der Kläger den Standpunkt, dass sich aus seiner Arbeitsplatzbeschreibung ergebe, dass er nur verpflichtet sei zur Mitarbeit an „kriminalwissenschaftlich qualifizierten“ Forschungen, weshalb keine Pflicht zur Mitarbeit an dem Projekt der FH Güstrow bestehen könne (Blatt 158 der Akte).

10

Am 14. September 2004 kam es auf Veranlassung des Direktors des LKA zu einem Personalgespräch mit dem Kläger. Der Direktor teilte dem Kläger mit, er habe den Eindruck, der Kläger sei nicht mehr gewillt, seinen Posten als Dezernent ordnungsgemäß auszufüllen, vielmehr habe er den Eindruck, der Kläger verhalte sich zunehmend destruktiv. Das sei nicht hinzunehmen und man müsse sich überlegen, ob der Kläger noch geeignet sei, den ihm übertragenen Dienstposten auszufüllen. Der Direktor belegte seine Vorwürfe anhand von drei konkreten Vorgängen (Kriminalitätsprognose wegen der Stellungnahme des Klägers vom 10.10.2003, analytische Bewertung der polnischen Kriminalstatistik wegen der Stellungnahme des Klägers vom 11. März 2004 sowie die Haltung des Klägers zur Fachaufsicht über die polizeiliche Kriminalstatistik). Er fordert den Kläger auf, innerhalb von zwei Wochen sich zu überlegen, wie es weitergehen solle und ihm - dem Direktor - dies schriftlich mitzuteilen. Die geforderte Stellungnahme hat der Kläger unter dem 12. Oktober 2004 abgegeben (Kopie Anlage K9, Blatt 59 der Akte). Zum Vorwurf der Destruktivität nimmt der Kläger dort wie folgt Stellung:

11

„1. Weise ich jeden Vorwurf von angeblicher Destruktivität zurück.

12

2. Ist anhand konkreter Arbeitsergebnisse klar nachweisbar, dass meine Arbeit immer durch Konstruktivität, ein hohes kriminalwissenschaftliches Niveau und Loyalität gegenüber den Vorgesetzten gekennzeichnet ist.

13

3. Gehe ich im Falle der Fortsetzung solcher mich herabwürdigender Äußerungen von deutlichen Anzeichen für ein organisiertes Mobbing aus, gegen das ich mich mit den rechtlich zulässigen Mitteln zur Wehr setzen würde.

14

4. Habe ich die Absicht, meine Arbeit an meinem Arbeitsplatz im Dezernat 63 weiterhin mit hoher Qualität auszuführen. Überlegungen und Versuche, mich zum „Training für Unterwürfigkeit“ befristet oder unbefristet in den Stab umzusetzen, lehne ich ab.“

15

In zeitlichem Zusammenhang zu dieser Zuspitzung des Konflikts im 3. Quartal 2004 und in der Folgezeit hierzu sind dem Kläger Aufgaben und Möglichkeiten entzogen worden, die als die angenehme Seite des klägerischen Dienstpostens anzusehen sind.

16

So hatte der Kläger bereits seit langer Zeit Professor B. (Universität G.) und dessen Forschungsprojekt Tötungsdelikte unterstützt. Die Forschungsergebnisse aus diesem Projekt sollten unter anderem im Rahmen der 1. Jahrestagung der deutschen Gesellschaft für Kriminalistik e.V. am 25./26. August 2004 an der Polizeiführungsakademie Münster (NRW) dem Fachpublikum vorgestellt werden. Der Dienstreiseantrag des Klägers zur Teilnahme an dieser Tagung wurde am 17. August 2004 abgelehnt. Die Gegenvorstellung des Klägers vom selben Tag blieb ohne Erfolg. Auf der zurückgereichten Gegenvorstellung befindet sich folgender handschriftlicher Vermerk der Stabsstelle:

17

„Eine Dienstreisegenehmigung bzw. Sonderurlaub erteile ich nicht. Ich untersage Ihnen aus Sicht des LKA dort zu sprechen, solange nicht eine Auswertung der Inhalte mit der Polizei des Landes besprochen ist.“

18

Die Behauptung des Klägers, die Ergebnisse der Studie seien von ihm vor diesem Zeitpunkt bereits mehrfach in der hiesigen Polizei vorgestellt worden, ist unbestritten geblieben.

19

Der Kläger hatte im Sommer 2004 Kontakte zu Professor W. (V. Universität Frankfurt/Oder) geknüpft, um das Thema Vergleichbarkeit der Kriminalstatistiken Polens und Deutschlands wissenschaftlich aufzuarbeiten. Diese klägerische Initiative wurde vom Direktor des LKA ausdrücklich begrüßt und in der Folgezeit wurde die Projektstudie weiter ausgearbeitet. Am 22. März 2005 kommt es in diesem Rahmen zu einem hochkarätig besetzten „Arbeitstreffen“ in den Diensträumen des LKA, an dem auf Seiten des LKA der Direktor, die wichtigsten Mitarbeiter des Stabes, der Abteilungsleiter des Klägers sowie weitere Mitarbeiter teilgenommen haben. Der Kläger weilte an diesem Tag im Urlaub. In dem Protokoll zu diesem Arbeitstreffen heißt es allerdings bezüglich der Zukunft:

20

„Die weitere Federführung des Projekts im LKA MV erfolgt durch die Abteilung 6/Dezernat 63. Hierzu ist ein Ansprechpartner zu benennen und gegenüber der Universität V. mitzuteilen.“

21

Der Kläger wurde an dem Projekt nicht mehr beteiligt; nach der Abordnung und Versetzung des Klägers ist das Projekt eingestellt worden.

22

Unmittelbar im Vorfeld der Abordnung wurden zwei weitere Dienstreiseanträge des Klägers abschlägig beschieden. So wurde es ihm verwehrt an der „50. Jahrestagung PKS“ in Berlin im Juni 2005 teilzunehmen. Außerdem wurde ihm die Teilnahme am BKA-Forum in Wiesbaden, das ebenfalls im Juni 2005 stattfinden sollte, verwehrt. An dieser Veranstaltung hatte der Kläger die letzten zehn Jahre immer teilgenommen. Nunmehr wurde sein Dienstreiseantrag vom Leiter des Leitungsstabes abgelehnt. Stattdessen wurde die Teilnahme einem Mitarbeiter des Vollzugsdienstes, der seinerzeit in den Leitungsstab des LKA abgeordnet war, ermöglicht. Dies wurde im Rechtsstreit damit begründet, da die Tagesordnung der Veranstaltung keine Berührungspunkte zum Dienstposten des Klägers aufgewiesen habe.

23

Kurz nach dem Personalgespräch im September 2004 und der dazugehörenden Stellungnahme des Klägers vom 12. Oktober 2004 kam es außerdem noch zu einer weiteren Episode, die für den Kläger mit einer Abmahnung endete. Der Bund Deutscher Kriminalbeamter hat am 29.11.2004 eine scharf formulierte Presseerklärung herausgegeben, die sich mit den Problemen der durch Zielvereinbarungen schädlich beeinflussten Fallzahlen und mit Mobbing im LKA Mecklenburg-Vorpommerns befasst. Am selben Tag hat der BDK Strafanzeige wegen Strafvereitelung durch die besagten Zielvereinbarungen erstattet. Diese Erklärung fand nicht nur in der Presse ein Echo. Auch der Innenausschuss des Landtages in Schwerin interessierte sich für diese Vorwürfe. Der Vorsitzende des Innenausschusses lud daher den Kläger zu einer Anhörung ein. Dem kam der Kläger nach, allerdings hatte er hierzu keine Aussagegenehmigung. Nach der Anhörung äußerte sich der Kläger auch noch zu Fragen der Pressevertreter. Sowohl bei der Anhörung im Landtag als auch bei der anschließenden Befragung durch die Presse war ebenfalls anwesend der Leiter der Polizeiabteilung im Innenministerium Herr N., der postwendend unter dem 22. Dezember 2004 den Kläger für seine ungenehmigte Aussage und seine Stellungnahmen gegenüber der Presse abmahnte. Der Kläger ist - allerdings ohne Erfolg - gerichtlich gegen die erteilte Abmahnung vorgegangen.

24

Dem BDK bzw. dem Kläger ist es dann im Mai 2005 nochmals gelungen, bundesweites Interesse an der Frage der behaupteten Verfälschung der Kriminalstatistik durch das System der Zielvereinbarungen zu wecken. Nach der offiziellen Polizeistatistik konnte die Aufklärungsquote für Straftaten in Mecklenburg-Vorpommern von 1999 bis 2004 um rund 10 Prozent von rund 47 auf rund 57 Prozent verbessert werden, was für den seinerzeitigen Innenminister im Frühjahr 2005 Anlass war, im Rahmen einer breit angelegten Pressekonferenz auf die erzielten Fortschritte aufmerksam zu machen. Kurze Zeit später erschien im F... vom 14. Mai 2004 ein Artikel mit der Überschrift „Abwimmeln und schönreden - Experten gehen davon aus, dass die Polizei in Mecklenburg-Vorpommern die Kriminalstatistik gezielt verfälscht“. Der Artikel nimmt Bezug auf die Erfolgsmeldungen des Innenministers im Rahmen der Pressekonferenz und gibt sodann den Standpunkt des Klägers und des BDK wieder, die davon ausgehen, dass nur eine scheinbare Verbesserung der Aufklärungsquote vorliege, da das erhobene Zahlenmaterial wegen der negativen Nebenwirkungen der Zielvereinbarungen im Polizeibereich seine Aussagekraft verloren habe. - Es steht fest, dass der seinerzeitige Direktor des LKA im Vorfeld durch Kontaktaufnahme mit der Redakteurin des F... versucht hat, die Veröffentlichung des Artikels zu verhindern oder jedenfalls der sachlichen Aussage des Artikels eine andere Richtung zu geben.

25

Der Kläger ist seit seiner Abordnung im Juni 2005 mit kurzen Unterbrechungen im Jahre 2005 praktisch bis heute durchgehend arbeitsunfähig erkrankt. Der Kläger sieht sich mobbingtypisch erkrankt und er geht in diesem Zusammenhang von einem gezielten und abgestimmten feindseligen Verhalten durch leitende Mitarbeiter des Landeskriminalamtes (Direktor, Ma., Mi.) und der Polizeiabteilung des Innenministeriums (N., M.) aus. Aufgrund dieser Anfeindungen sei er inzwischen ernsthaft und chronisch erkrankt.

26

Frau Dr. H., Fachärztin für Lungenheilkunde, Schwerin, hat beim Kläger am 25. August 2006 eine „depressive Verstimmung“, Erschöpfung und Nervosität diagnostiziert und hat vermerkt, die Symptomatik sei ausgelöst „durch Stress und Mobbing am Arbeitsplatz“ (Kopie Blatt 61 f der Akte). Herr Dr. T., Facharzt für Nervenheilkunde, Schwerin, hat beim Kläger am 23. November 2006 „1. Dysthymia, 2. somatoforme Funktionsstörung, 3. narzisstische Persönlichkeitsstörung“ diagnostiziert. In dem - allerdings nur in Auszügen vorgelegten - Gutachten wird ein Zusammenhang mit der „Konflikt- und Belastungssituation in seinem beruflichen Umfeld“ hergestellt (Anlage K22, Blatt 171 f). Ähnliches ist im ärztlichen Entlassungsbericht der Bad Segeberger Kliniken vom 8. März 2007 zu lesen (Anlage K 23, Blatt 173 f). Dort heißt es weiter:

27

„Es ist mittelfristig nicht zu erwarten, dass der Patient seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Dezernatsleiter im Brand- und Katastrophenschutz erfolgreich wird wiederaufnehmen und fortsetzen können. Die hierfür verantwortlichen Einschränkungen bestehen in den depressiv getönten Grübeleien sowie in der mangelnden Fähigkeit zur Konzentration und Anpassung innerhalb des gegenwärtigen beruflichen Aufgabenfeldes. Der von ihm vor der Versetzung ausgeübten Tätigkeit wäre der Patient hingegen sofort gewachsen.“

28

In der ärztlichen Stellungnahme von Frau Dr. Sch., beschäftigt beim Medizinischen Dienst der Krankenkassen Mecklenburg-Vorpommern, vom 23. Mai 2007 heißt es zur Arbeitsfähigkeit des Klägers (Anlage K24, Blatt 175 ff):

29

„Aus nervenärztlicher Sicht muss festgestellt werden, dass der Versicherte für die Tätigkeit als Dezernatsleiter im Katastrophenschutz für Dauer arbeitsunfähig ist. Er kann aber eine andere Tätigkeit, wie er sie zum Beispiel beim LKA hatte, ausüben.“

30

Der Kläger ist inzwischen wegen vollständiger Erwerbsminderung befristet verrentet. In dem sozialgerichtlichen Verfahren hierzu zwischen dem Kläger und der Deutschen Rentenversicherung Bund ist Herr Dr. D., Helios Kliniken Schwerin, gebeten worden, ein Gutachten vorzulegen. In dem Gutachten vom 6. Januar 2010 wird dem Kläger eine narzisstische Persönlichkeitsstörung attestiert, mit der sich die länger andauernden depressiven Reaktionen des Klägers und seine diagnostizierte Anpassungsstörung erklären ließen. Hinsichtlich der Möglichkeiten des Klägers, nochmals selber Erwerbseinkommen zu erzielen, heißt es sodann zusammenfassend auf Seite 14 des Gutachtens:

31

„Die entscheidende Frage ... ist ..., ob der Kläger in der Lage ist, bei einer verweisbaren Tätigkeit die einer Arbeitsaufnahme entgegenstehende neurotische Hemmung zu überwinden. ... [Dies] hängt ... davon ab, wie sehr der Kläger trotz seines persönlichkeitsbedingten Dranges, sich als großartig zu präsentieren, in der Lage ist, seine innere Not zu offenbaren. ... Deshalb geht der Unterzeichner davon aus, dass der Kläger zum Zeitpunkt der aktuellen Begutachtung und unter Berücksichtigung der ersten Begutachtung ... [2006] ... auch bei zumutbarer Anspannung seiner seelischen Kräfte nicht in der Lage war, die der Arbeitsaufnahme entgegenstehende neurotische Hemmung zu überwinden.“

32

Das Arbeitsgericht hat die am 13. Februar 2007 eingegangene und später erweiterte Klage mit Urteil vom 29. Januar 2008 als unbegründet abgewiesen und den Streitwert auf 72.772,74 Euro festgesetzt. Das Urteil ist dem Kläger am 13. März 2008 zugestellt worden. Die hiergegen gerichtete Berufung vom 9. April 2008 ist am 10. April 2008 hier eingegangen und mit Schriftsatz vom 19. April 2008, Gerichtseingang am 23. April 2008, begründet worden. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung mit seinem Urteil vom 13. Januar 2009 zunächst zurückgewiesen (5 Sa 112/08). Diese Entscheidung ist durch Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 28. Oktober 2010 (8 AZR 546/09 - EzA § 611 BGB 2002 Persönlichkeitsrecht Nr. 10 = NZA-RR 2011, 378) aufgehoben und die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen worden.

33

Der Kläger verfolgt im Berufungsrechtszug nach wie vor sein ursprüngliches Begehren in vollem Umfang weiter. Er verlangt Schmerzensgeld, das nicht unter 35.000,00 Euro festgesetzt werden soll, annähernd 6.000,00 Euro entgangenes Entgelt während der Zeit der Arbeitsunfähigkeit sowie Feststellungen zur Pflicht des beklagten Landes weitere zukünftige Entgeltdifferenzen auszugleichen und weitere zukünftige Schäden zu ersetzen und zu entschädigen.

34

Der Kläger meint, aus den Umständen der Zusammenarbeit seit ungefähr dem Jahr 2000 könne und müsse man den Schluss ziehen, dass seine Vorgesetzen im LKA und leitende Mitarbeiter der Polizeiabteilung des Innenministeriums ihn systematisch mobben würden. Erläuternd hat er dazu in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, er sei der einzige Mitarbeiter im LKA und im ganzen Bundesland, der die Fachkompetenz besitze, darüber zu entscheiden, wie die Polizeistatistik zu führen sei. Wenn er aufgrund seiner Kompetenz und Aufgabenstellung sage, dass es im Polizeidienst keine Zielvereinbarungen geben dürfe, da diese sich schädlich auf die Kriminalitätsstatistik auswirken würden, müsse man dem folgen. Wegen der besonderen Bedeutung einer wirklichkeitsnahen Kriminalitätsstatistik und wegen der Bedeutung des Legalitätsprinzips bei der Strafverfolgung könne es in dieser Frage auch keinen Vorrang der besseren demokratischen Legitimation der Hausspitze oder des Innenministeriums geben. Da sowohl die eigene Hausspitze als auch das Innenministerium seine Entscheidungskompetenz in dieser Sachfrage in Frage gestellt und missachtet hätten, sei die verbindliche Einführung der Zielvereinbarungen als Führungsinstrument im Mai 2000 zugleich eine gegen seine Person und Persönlichkeit gerichtete Entscheidung gewesen.

35

Als er dann noch den Mut gehabt habe, seinen Standpunkt in der Sache öffentlich durch den Artikel in der Fachzeitschrift „Der Kriminalist“ im September 2000 zu verteidigen, habe man in der Hausspitze und im Innenministerium beschlossen, ihn aus dem Dienst zu drängen. Diese feindliche Einstellung gegenüber seiner Person sei der rote Faden aller weiteren Konflikte gewesen. Außer den geschilderten Ereignissen habe es noch eine „Vielzahl“ von abfälligen Äußerungen über seine Person ihm und Dritten gegenüber gegeben, die man aber gar nicht näher bezeichnen oder gar beweisen könne, da es sich um Ereignisse gehandelt habe, die sich nur in Sekunden - manchmal sogar ohne Worte - abgespielt hätten. Seine Versetzung in das Amt für Brand- und Katastrophenschutz könne man daher nicht als ein Mittel zur Entschärfung des Konflikts begreifen, sondern einzig und allein als Verwirklichung des Ziels, das die Hausspitze und die Polizeiabteilung im Innenministerium bereits seit Jahren angestrebt habe.

36

Über die Jahre habe ihn dieser dauernd schwelende und täglich spürbare Konflikt mürbe gemacht und körperlich wie seelisch angegriffen. Es liege auf der Hand, dass die gesundheitlichen Beeinträchtigungen auf das berufliche Umfeld zurückzuführen seien. Davon würden auch alle Ärzte, die sich mit ihm und seinem Leidensweg befasst hätten, ausgehen.

37

Das arbeitsgerichtliche Urteil sei fehlerhaft, denn es verharre in einer isolierten Betrachtung jeden einzelnen Ereignisses und verkenne damit, dass sich Mobbing typischerweise erst aus der Zusammenschau vieler einzelner Ereignisse, die für sich gesehen harmlos sein können, erschließen lasse. Außerdem habe sich das Arbeitsgericht mit wesentlichen Ereignissen der Konflikthistorie wie der abgelehnten Teilnahme an der 50. Jahrestagung PKS in Berlin gar nicht beschäftigt.

38

Der Kläger beantragt unter Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteils,

39

1. das beklagte Land zu verurteilen, an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld, welches EUR 35.000,00 nicht unterschreiten sollte, zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

40

2. das beklagte Land zu verurteilen, an den Kläger EUR 5.951,80 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

41

3. festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, dem Kläger ab dem 01.01.2008 die Differenz zwischen den ihm (dem Kläger) von der Deutschen Angestelltenkrankenkasse gezahlten Krankengeld und seinem monatlichen Nettoverdienst, welchen er bis zum 07.09.2006 vom beklagten Land bzw. der Abrechnungsstelle des beklagten Landes erhalten hat, zu zahlen.

42

4. festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, dem Kläger allen weiteren materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, der ihm aufgrund des Mobbings des beklagten Landes bzw. des vom beklagten Land gegenüber dem Kläger geduldeten Mobbings durch Angestellte und Mitarbeiter des beklagten Landes in der Zeit von 1997 bis 2006 entstanden ist und entstehen wird, soweit der Anspruch nicht auf einen Sozialversicherungsträger oder andere Dritte übergegangen ist.

43

Das beklagte Land beantragt,

44

die Berufung zurückzuweisen.

45

Das beklagte Land verneint die geltend gemachten Ansprüche. Insbesondere liege hier kein fortgesetztes Mobbingverhalten von Verantwortlichen des beklagten Landes vor.

46

Der vom Kläger angeführte Leserbrief des Leitenden Kriminaldirektors M. sei lediglich eine deutliche Reaktion auf den vorangegangenen Beitrag des Klägers in der Zeitschrift „Der Kriminalist“ gewesen. Schon aus objektiver Sicht fehle es daher an einer Herabwürdigung des Klägers durch den Artikel. Auch subjektiv sei es nicht beabsichtigt gewesen, den Kläger herabzuwürdigen.

47

Zu dem Verbot an bestimmten Veranstaltungen teilzunehmen, habe das Arbeitsgericht zutreffend hervorgehoben, dass der Kläger vehement gegen die von dem beklagten Land angewandte Zielvereinbarung im Zusammenhang mit Fallzahlen eingetreten sei, und es daher nicht zumutbar gewesen sei, ihn als offiziellen Vertreter des beklagten Landes auf diese Veranstaltungen zu entsenden.

48

Die Abordnungsverfügungen sowie die Abmahnung könnten nicht zur Begründung des Mobbingvorwurfes herangezogen werden, da letztendlich - was unstreitig ist - durch das Landesarbeitsgericht in den Vorprozessen festgestellt wurde, dass diese rechtmäßig waren. Dass der Kläger sich gemobbt fühle, liege letztendlich an dessen Persönlichkeitsstruktur und nicht an Maßnahmen der Arbeitgeberin.

49

Anfeindungen, Beleidigungen oder Ausgrenzungen gegenüber dem Kläger habe es nicht gegeben. Auch habe es keine Ausgrenzungshandlungen seitens der Vorgesetzten des Klägers gegeben.

50

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

51

Die Berufung hat zu einem kleinen Teil Erfolg. Dem Kläger steht eine Entschädigung in Höhe von 2.500 Euro wegen Verletzung seines Persönlichkeitsrechts durch seine Vorgesetzten im Landeskriminalamt in den Jahren 2004 und 2005 zu. Im Übrigen ist die Berufung nicht begründet.

I.

52

Dem Kläger steht eine Entschädigung in Höhe von 2.500 Euro nach § 253 BGB wegen Verletzung seines Persönlichkeitsrechts in den Jahren 2004 und 2005 durch seine Vorgesetzten zu.

1.

53

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist das Recht des Einzelnen auf Achtung und Entfaltung seiner Persönlichkeit. Zum Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gehört auch der sog. Ehrenschutz, der auf den Schutz gegen unwahre Behauptungen und gegen herabsetzende, entwürdigende Äußerungen und Verhaltensweisen und die Wahrung des sozialen Geltungsanspruchs gerichtet ist (Schmidt in ErfK, 11. Auflage, Art. 2 GG Rn. 48, 84). Es umfasst damit auch den Anspruch auf Unterlassung der Herabwürdigung und Missachtung durch andere (BAG 28. Oktober 2010 - 8 AZR 546/09 - aaO; BAG 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6).

2.

54

Gemessen an diesem Maßstab haben der seinerzeitige Direktor des Landeskriminalamtes und der seinerzeitige Leiter des Leitungsstabes des Landeskriminalamtes, der heutige Direktor des Landeskriminalamtes, den Kläger in den Jahren 2004 und 2005 durch mehrere Einzelhandlungen, die sich zu einem Gesamtbild zusammenfügen, in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt.

a)

55

In der Zeit von März 2004 bis Mai 2005 gab es mehrere Ereignisse und Entscheidungen, bei denen es zu sachlich nicht zu rechtfertigenden Nachteilen für den Kläger gekommen ist.

aa)

56

Der damalige Leiter des Leitungsstabes im LKA hat sich durch seinen Vermerk vom 13. März 2004 auf dem Bericht des Klägers vom 11. März 2004 zur Vergleichbarkeit der polnischen und deutschen Kriminalstatistik (Kopie Blatt 156 der Akte) und durch die Weiterleitung des Berichts samt seines Vermerkes an den Direktor des LKA außerhalb des Rahmens bewegt, der noch als sachbezogenes Verwaltungshandeln verstanden werden kann.

57

Der Vermerk lässt sich jedenfalls nicht mit dem Erkenntnisinteresse rechtfertigen, das der Anforderung des Berichts beim Kläger zu Grunde lag. Denn wenn der Leiter des Leitungsstabes mit der Ausarbeitung des Klägern nicht zufrieden war, hätte es eigentlich nahe gelegen, den Bericht mit kritischen Anmerkungen dem Kläger zurückzureichen, gegebenenfalls wäre es auch hilfreich gewesen, den Bericht an den unmittelbaren Vorgesetzten des Klägers, den Abteilungsleiter 6, weiterzuleiten und auf Behebung der vom Leiter des Leitungsstabes gesehenen Mängel hinzuwirken. - So ist allerdings nicht verfahren worden. Wie sich aus dem Vermerk des Leiters des Leitungsstabes selbst ergibt, hat er nach seiner Kritik an dem klägerischen Werk (Ziffer 1. und 2. des Vermerks) verfügt, das Werk dem Direktor des LKA vorzulegen. Da der Leiter des Leitungsstabes das klägerische Werk für unbrauchbar gehalten hat, kann die Weiterleitung des Berichts mit all seinen Schwächen also nicht mehr dazu gedient haben, das dem Bericht zu Grunde liegende sachliche Erkenntnisinteresse zu befriedigen.

58

Da nicht ersichtlich ist, zu welchem anderen Zweck die Vorlage des Berichts beim Direktor des LKA verfügt wurde, muss das Gericht davon ausgehen, dass der Leiter des Leitungsstabes die Vorlage des Berichts beim Direktor des LKA nur deshalb vorgenommen hat, um diesen von dem Versagen des Klägers bei der Erfüllung des Berichtsauftrages zu unterrichten. Denn wenn der Leiter des Leitungsstabes einen Bericht, den er selbst als unbrauchbar einschätzt, dem Direktor des LKA zur Kenntnisnahme vorlegen lässt, kann daraus nur der Schluss gezogen werden, dass die Vorlage zur Kenntnisnahme zu dem Zweck erfolgte, den Leiter des LKA auf das Versagen des Klägers aufmerksam zu machen. Diese Zweckrichtung des Handelns des Leiters des Leitungsstabes wird auch durch den Inhalt der Kritik an dem klägerischen Werk deutlich. Denn mit der Aussage „Thema verfehlt“ in Verbindung mit der rückwärtsgewandten weiteren Bemerkung „auch noch verspätet vorgelegt“ wird allein die persönliche Leistung des Klägers beurteilt.

59

Es mag ein legitimes Ziel sein, die Hausspitze über Leistungsmängel einzelner Mitarbeiter zu unterrichten. Dies macht aber nur Sinn im Kontext von daraus möglicherweise resultierenden Personalmaßnahmen. Dann ist es aber falsch, den ganzen Vorgang in der Sachakte zu führen. Denn dort kann den Vorgang jeder, der Zugang zu der Sachakte hat, nachvollziehen, obwohl er als disziplinarischer Vorgang eigentlich unter dem besonderen Schutz der Personalakte vor fremdem Zugriff geschützt werden müsste.

60

In dem vom Bundesarbeitsgericht aufgehobenen Urteil des erkennenden Gerichts vom 13. Januar 2009 in der vorliegenden Sache hat das Gericht den aufgezeigten Fehler des Leiters des Leitungsstabes in der Bewertung dadurch relativiert, dass es von so eine Art Verkehrsüblichkeit solchen Vorgesetztenverhaltens ausgegangen war. An dieser Relativierung in der Bewertung wird nicht mehr festgehalten. Zurecht weist das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 28. Oktober 2010 vielmehr darauf hin, dass das Fehlverhalten nicht dadurch geringer zu bewerten sei, wenn es andere Beispielsfälle ähnlichen Fehlverhaltens geben sollte.

bb)

61

Die Verweigerung der Teilnahme des Klägers an der Vorstellung der Ergebnisses des Forschungsprojekts „Tötungsdelikte“ durch Prof. Dr. B. an der Polizeiführungsakademie in Münster am 25. und 26. August 2004, ein Forschungsprojekt, an dem der Kläger selber mitgearbeitet hatte, entbehrt eines sachlichen Grundes.

62

Der Dienstreiseantrag des Klägers für diese Veranstaltung wurde vom Stab im LKA abgelehnt. Die vom Stab auf die Gegenvorstellung des Klägers gegebene Begründung, eine Präsentation der Forschungsergebnisse in der Öffentlichkeit dürfe erst erfolgen, nachdem die Ergebnisse hier im Land vorgestellt worden seien, wirkt aus der Sicht des Gerichts reichlich synthetisch, und sie hat sich - was noch schwerer wiegt - im vorliegenden Rechtsstreit als unzutreffend herausgestellt. Denn die Behauptung des Klägers, er hätte die Forschungsergebnisse bereits mehrfach vor seinem Dienstreise- und Sonderurlaubsantrag innerhalb der Landespolizei vorgestellt, ist unwidersprochen geblieben.

63

Die vom Arbeitsgericht zunächst mündlich geäußerte Vermutung, die Ablehnung der Reise lasse sich auch durch die Gefahr begründen, dass der Kläger den innerdienstlichen Konflikt über die Zielvereinbarungen nach außen trage, der sich dann das beklagte Land im Rechtsstreit mit einer sehr vorsichtigen Formulierung (Blatt 195 der Akte: „Der Beklagte geht mit der Meinung des Gerichts einher, wenn es darlegt ....“) nachträglich angeschlossen hat, fehlt es im vorliegenden Zusammenhang an Überzeugungskraft, denn das Forschungsprojekt Tötungsdelikte hat nun gar keine Berührungspunkte zu dem innerdienstlichen Konflikt der Parteien.

64

Somit muss das Gericht feststellen, dass es für die Ablehnung der Dienstreise des Klägers keinen sachlichen Grund gegeben hat.

cc)

65

Gleiches gilt für die Behandlung des Klägers im Rahmen des von ihm angestoßenen Projekts zur wissenschaftlichen Aufarbeitung der Frage der Vergleichbarkeit der deutschen und polnischen Kriminalstatistiken in den Jahren 2004 und 2005.

66

Denn aus dem vom Kläger vorgelegten Protokoll des „Arbeitstreffens“ mit Prof. W. von der Universität Frankfurt/Oder am 22. März 2005 (Kopie Blatt 265 f der Akte) lassen sich mehrere Folgerungen ziehen. Zum einen ergibt sich aus der hochkarätigen Besetzung der Arbeitsgruppe von Seiten des LKA indirekt die Bereitschaft, in das Projekt Zeit und Arbeitskraft zu investieren. Das deutet wiederum darauf hin, dass man seinerzeit noch gewillt war, das Projekt weiter fortzuführen. Auf der anderen Seite belegt der Schluss des Protokolls mit dem Hinweis auf die offene Frage des Ansprechpartners für das Projekt im LKA, dass man den Kläger aus diesem Forschungsprojekt fernhalten wollte, obwohl es wie maßgeschneidert zu seiner dienstlichen Aufgabenstellung passt und es im Hause auch keine andere Person gibt, die wie der Kläger zur Mitarbeit bei Forschungsprojekten im Bereich der Kriminalstatistik geeignet wäre.

67

Dies kann nicht mit dem späteren Plan der Abordnung oder Versetzung des Klägers begründet werden, denn nach dem eigenen Sachvortrag des beklagten Landes hat erst eine organisatorische Veränderung der Zuordnung der Behörden im Mai 2005 ergeben, dass das Innenministerium über die Stellen im Landesamt für Brand- und Katastrophenschutz disponieren konnte. Wenn man dann bereits im März 2005 versucht hat, den Kläger aus dem Forschungsprojekt auszuschließen, passt das wieder zu der klägerischen Sichtweise, nach der man ihm die angenehmen Seiten seiner Arbeit entziehen wollte.

68

Somit muss das Gericht feststellen, dass es für die Ablehnung der Mitarbeit des Klägers bei dem Projekt keinen sachlichen Grund gegeben hat.

dd)

69

Ebenfalls nicht verständlich ist die vom beklagten Land gegebene Begründung für die Verweigerung der vom klägerischen Abteilungsleiter (AL 6) vorgeschlagenen Teilnahme des Klägers an dem BKA-Forum in Wiesbaden durch den damaligen Leiter des Leitungsstabes am 17. März 2005. Er hatte argumentiert, die Tagesordnung des Forums weise keine Berührungspunkte zur Tätigkeit des Klägers auf.

70

Zum Beleg für die Sachbezogenheit dieser Argumentation hat das beklagte Land im Rechtsstreit lediglich das Veranstaltungsprogramm des Forums vorgelegt. Daraus kann das Gericht aber nicht ermessen, ob der Kollege des Klägers, der statt des Klägers nach Wiesbaden fahren durfte, aufgrund seiner Kenntnisse und Fähigkeiten besser zu dem Tagungsprogramm gepasst hat. Außerdem hat das beklagte Land nicht erläutert, wieso es diesem Argument nunmehr ein Gewicht beimisst, obwohl der Kläger die letzten zehn Jahre immer an dem Forum teilgenommen hatte, womit so gut wie sicher ausgeschlossen ist, dass in diesen zehn Jahren das Tagungsprogramm immer zum Aufgabenbereich des Klägers gepasst hatte.

71

Auch insoweit ist das vom Arbeitsgericht gefundene Argument der Gefahr der Verbreitung des innerdienstlichen Konflikts über die Zielvereinbarungen nach außen nicht nachvollziehbar, da es keine thematischen Berührungspunkte zwischen dem Konflikt und den Tagungsthemen gibt. Zudem muss beachtet werden, dass der Kläger auch die Jahre zuvor, in denen mindestens seit 2000 der Konflikt über die Zielvereinbarungen ebenfalls bereits vorhanden war, immer an dem BKA-Forum teilnehmen durfte.

72

Da das beklagte Land selbst vorträgt, man habe über die freie Stelle, auf die der Kläger dann ab Juni 2005 zunächst abgeordnet und später versetzt wurde, erst im Mai 2005 aufgrund einer Zuständigkeitsveränderung disponieren können, kann die Verweigerung der Teilnahme am BKA-Forum auch nicht mit dem Umstand begründet werden, der Kläger werde zu dem Zeitpunkt der Veranstaltung nicht mehr seinen bisherigen Dienstposten inne haben, was zweifellos ein sachlicher Grund gewesen wäre.

73

Somit muss das Gericht feststellen, dass es für die Ablehnung der Reise des Klägers zum BKA-Forum nach Wiesbaden keinen sachlichen Grund gegeben hat.

b)

74

Die vier aufgezeigten Einzelereignisse aus der Zeit von März 2004 bis Mai 2005 fügen sich zu einem Bild, das nur den Schluss zulässt, der Direktor des LKA und sein Leiter des Leitungsstabes haben seinerzeit versucht, dem Kläger das Leben schwer zu machen. In der Gesamtschau kann das nur als Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers bewertet werden.

75

Den roten Faden sieht das Gericht zum einen darin, dass die Ablehnung der beiden Dienstreisen und die Nichtbenennung des Klägers für das Projekt zur Vergleichbarkeit der Kriminalstatistik alle den Teil der Aufgaben auf dem Dienstposten des Klägers betreffen, auf dem die Attraktivität des Dienstpostens und die Reputation des Klägers beruht. Nach der Arbeitsplatzbeschreibung zum Dienstposten des Klägers ist er mit mehr als der Hälfte seiner Arbeitszeit mit Forschungsaufgaben betraut. Da der Kläger im LKA nicht selbstständig forschen konnte, bedeutet Forschung auf dem Dienstposten des Klägers immer gleichzeitig Kooperation mit universitären oder anderen Forschungseinrichtungen.

76

Wenn man den Kläger also nicht mehr reisen lässt, schneidet man ihm die Möglichkeit ab, seinen Aufgaben in der Forschung noch nachkommen zu können. Schon in der vom Bundesarbeitsgericht dann aufgehobenen Entscheidung ist das erkennende Gericht davon ausgegangen, dass der Kläger in der fraglichen Zeit keine weiteren Reisen in Zusammenhang mit seinen Forschungsaufgaben unternehmen wollte, und hat daraus gefolgert, dem Kläger seien in der Zeit von Sommer 2004 bis Mai 2005 alle Reisewünsche abschlägig beschieden worden. Dieser Sicht der Dinge ist das beklagte Land auch im Rahmen der Fortsetzung der Berufungsverhandlung nicht entgegen getreten. Das wiederum rechtfertigt die Folgerung, dass den aufgezeigten Einzelereignissen ein Plan zu Grunde liegt.

77

Mangels einer sachlichen Rechtfertigungsmöglichkeit der Ablehnung der Reisen des Klägers muss daher gefolgert werden, die Reise- und Forschungstätigkeiten sind dem Kläger verweigert worden, um ihn persönlich zu treffen. Man wollte ihm auf dem Aufgabengebiet, das ihm besonders am Herzen liegt, ohne sachlichen Grund Steine in den Weg legen. Das ist unfair und verletzt den Kläger in seinem sozialen Achtungsanspruch. Nimmt man den weiteren Umstand hinzu, dass es für keine der drei Maßnahmen eine sachliche Rechtfertigung gibt, die sich im Rechtsstreit als tragfähig erwiesen hat, bleibt nur die Folgerung übrig, dass man damit den Kläger für seine fehlende Bereitschaft zur Eingliederung in den Dienstbetrieb abstrafen wollte. Das ist ein Missbrauch der Vorgesetztenstellung, der den Kläger in seinem sozialen Geltungsanspruch empfindlich verletzt hat.

78

Alle Umstände sprechen dafür, dass dieser Plan von dem Direktor des LKA und seinem damaligen Leiter des Leitungsstabes stammt. Darauf deutet bereits die nur disziplinarisch erklärbare Weiterleitung des Berichts des Klägers vom 11. März 2004 samt der Kritik des Leiters des Leitungsstabes an den Direktor hin. Wenn der Leiter des Leitungsstabes einen solchen Vorgang sozusagen routinemäßig beim Direktor vorlegen lässt, müssen sich beide bereits zuvor über den Kläger unterhalten und ihr weiteres Verhalten in dieser causa aufeinander abgestimmt haben. Auch die Ablehnung der beiden Reisen ist entweder vom Leiter des Leitungsstabes selbst veranlasst worden oder zumindest im Stab so entschieden worden. Es kann davon ausgegangen werden, dass dies nicht ohne Kenntnis und Billigung durch den Leiter des Leitungsstabes erfolgt ist.

3.

79

Das Verhalten der Vorgesetzten des Klägers ist nach § 278 BGB dem beklagten Land zuzurechnen.

80

Das beklagte Land hat als Arbeitgeber gegenüber dem Kläger als Arbeitnehmer bestimmte Fürsorge- und Schutzpflichten wahrzunehmen. Nach § 241 Absatz 2 BGB erwachsen jeder Vertragspartei aus einem Schuldverhältnis nicht nur Leistungs-, sondern auch Verhaltenspflichten zur Rücksichtnahme und zum Schutz der Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils. Dies verbietet auch die Herabwürdigung und Missachtung eines Arbeitnehmers. Dieser hat daher Anspruch darauf, dass auf sein Wohl und seine berechtigten Interessen Rücksicht genommen wird, dass er vor Gesundheitsgefahren, auch psychischer Art, geschützt wird, und dass er keinem Verhalten ausgesetzt wird, das bezweckt oder bewirkt, dass seine Würde verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. Der Arbeitgeber ist in diesem Zusammenhang insbesondere auch zum Schutz der Gesundheit und des Persönlichkeitsrechts des Arbeitnehmers verpflichtet (BAG 28. Oktober 2010 - 8 AZR 546/09 - aaO; BAG 25. Oktober 2007 - 8 AZR 593/06 - BAGE 124, 295 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 6 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 7; 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6). Die Wahrnehmung dieser Schutzpflichten kann der Arbeitgeber aus seine Bediensteten, die er als Vorgesetzte einsetzt, delegieren. Vernachlässigen die Vorgesetzten dann ihre Schutzpflichten, ist das dem Arbeitgeber zuzurechnen.

81

Insoweit ist auch anerkannt, dass der Arbeitgeber dem betroffenen Arbeitnehmer gegenüber gemäß § 278 BGB für schuldhaft begangene Persönlichkeitsrechts- oder Gesundheitsverletzungen durch von ihm als Erfüllungsgehilfen eingesetzte andere Arbeitnehmer und Vorgesetzte haftet. Als Erfüllungsgehilfen in diesem Sinne sind insbesondere die Vorgesetzten des Arbeitnehmers anzusehen (BAG 16. Mai 2007 und 25. Oktober 2007 aaO).

4.

82

Das festgestellte Verhalten ist so schwerwiegend, dass es einen Ausgleich in Form einer Entschädigung erfordert.

83

Insoweit ist es anerkannt, dass die unmittelbare Verletzung des Persönlichkeitsrechts auch ohne einhergehende Gesundheitsschädigung einen Anspruch auf Schmerzensgeld auslösen kann, obwohl die Verletzung des Persönlichkeitsrechts in dem zur Mitte des Jahres 2002 neu formulierten § 253 BGB als Anlass für eine Entschädigung gerade nicht erwähnt ist. Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich jedoch, dass der Gesetzgeber die bisher dazu ergangene Rechtsprechung nicht korrigieren wollte. Vielmehr hat er nur die Auffassung vertreten, dass diese Rechtsprechung noch so im Fluss sei, dass sich eine gesetzliche Regelung derzeit verbiete (Bundestagsdrucksache 14/7752, S. 55; vgl. auch Vieweg in: jurisPK-BGB § 253 BGB RN 41). Damit kann trotz der gesetzlichen Neuregelung des § 253 BGB auch heute noch auf die bisherige Rechtsprechung zur Zuerkennung von Schmerzensgeld bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen ohne begleitende Gesundheitsschädigungen zurückgegriffen werden.

84

Diese Rechtsprechung hat schon immer zwischen Aspekten des Persönlichkeitsrechts unterschieden, die einen Marktwert haben (Stimme, Bild und Werk) und solchen immateriellen Aspekten der Persönlichkeit wie die Ehre oder den Geltungsanspruch in der sozialen Gemeinschaft, die sich nicht kommerzialisieren lassen. Während im ersten Falle die pönale Funktion oder doch zumindest die Gewinnabschöpfung zum Leitgedanken der Rechtsprechung geworden ist und daher häufig fast unvorstellbar hohe Entschädigungen zugesprochen werden, hat sich die Rechtsprechung bis in die jüngste Zeit bei der Verletzung nicht kommerzialisierbarer Aspekte der Persönlichkeit bei der Bemessung der Entschädigung allein an der Genugtuungsfunktion orientiert, was im Ergebnis zu einer eher strengen Bewertung führt. Bis heute setzt daher der Schmerzensgeldanspruch wegen der Verletzung nicht kommerzialisierbarer Aspekte des Persönlichkeitsrechts eine schwere Verletzung dieses Rechts voraus, zu deren Ausgleich die Entschädigung erforderlich sein muss (vgl. nur BAG 16. Mai 2007 a. a. O. und Vieweg a. a. O. RN 44).

85

Vorliegend hat das beklagte Land einen nicht kommerzialisierbaren Aspekt des Persönlichkeitsrechts des Klägers missachtet, weshalb ein Schmerzensgeld nur zugesprochen werden kann, wenn es sich um eine schwere Verletzung des Persönlichkeitsrechts gehandelt hat, zu deren Ausgleich die Zahlung einer Entschädigung erforderlich ist. Das ist hier der Fall.

86

Diese Bewertung weicht von der Bewertung des erkennenden Gerichts in der vom Bundesarbeitsgericht aufgehobenen Entscheidung in dieser Angelegenheit ab. Die veränderte Bewertung beruht auf dem Umstand, dass nunmehr bereits der Vermerk des Leiters des Leitungsstabes auf dem Bericht des Klägers vom 11. März 2004 und dessen Weiterleitung an den Leiter des LKA als Element festgestellt wurde, das auf eine systematische Ausgrenzung des Klägers hindeutet. Es muss also festgestellt werden, dass dem Kläger über den Zeitraum von rund 15 Monaten durch die Hausspitze planmäßig das Leben schwer gemacht wurde. Angesichts der Ausnutzung der Vorgesetztenstellung kann das nicht mehr nur als eine Persönlichkeitsrechtsverletzung angesehen werden, die keiner Entschädigung bedarf. Dabei hat das Gericht auch berücksichtigt, dass hier zwar nur vier Einzelereignisse festgestellt werden konnten, die auf den Plan schließen lassen, dass der Plan aber zu einer ständigen Belastung des Klägers im gesamten Betrachtungszeitraum von März 2004 bis Mai 2005 geführt hat.

5.

87

Die zugesprochene Entschädigung in Höhe von 2.500,00 Euro ist angemessen.

88

Eine höhere Entschädigung kann nicht zugesprochen werden. Gemessen an dem gesamten Spektrum denkbarer Persönlichkeitsrechtsverletzungen handelt es sich um eine leichtere Verletzung. Denn nicht die einzelnen Maßnahmen sind bereits für sich entwürdigend, demütigend oder herabwürdigend gewesen, sondern allein ihre Gesamtbetrachtung lässt erkennen, dass man es mit dem Kläger in jener Zeit nicht gut gemeint hat; man hat - womit keine Verharmlosung zum Ausdruck gebracht werden soll - „nur“ mit dem Entzug von Vorteilen operiert und nicht mit direkten Angriffen auf den sozialen Geltungsanspruch des Klägers.

89

Gegen die Festsetzung einer höheren Entschädigung spricht auch der Umstand, dass auch der Kläger selbst durch sein dienstliches Verhalten erheblich mit dazu beigetragen hat, dass die Hausspitze des LKA ihm gegenüber in der angesprochenen Zeit den Pfad der Vernunft verlassen hatte. Denn das Verhalten des Klägers in der Folge seiner Niederlage bei der Frage der Einführung von Zielvereinbarungen im Polizeibereich im Jahre 2000 lässt sich auch für außenstehende Dritte kaum mehr vernünftig nachvollziehen. Und die unerwartet schroffe klägerische Stellungnahme im Anschluss an das Personalgespräch vom 14. September 2004 mit dem Direktor des LKA hat geradezu einen Personalführungsnotstand hervorgerufen, den sicherlich nur ganz wenige Führungspersönlichkeiten in der Lage gewesen wären, allein mit fairen Mitteln zu lösen.

6.

90

Soweit dem Kläger eine Entschädigung zusteht, steht ihm auch der mit dem Klageantrag zu 1. geforderte Zins darauf seit Eintritt der Rechtshängigkeit zu. Es handelt sich um Prozesszinsen, die nach § 291 BGB geschuldet sind. Der geltend gemachte Zins entspricht auch der Höhe nach dem gesetzlichen Mindestzinssatz aus § 288 BGB. Das Gericht hat den Zins ab dem 13. Februar 2007 (Dienstag) zugesprochen, da die Klage an diesem Tag bei Gericht eingegangen war.

II.

91

Im Übrigen ist der auf Entschädigung wegen Mobbings gerichtete Klageantrag zu 1. nicht begründet. Die Berufung ist daher insoweit zurückzuweisen.

92

Alle weiteren Vorfälle, die der Kläger zur Begründung des Vorwurfs, er werde gemobbt, vorgetragen hat, können weder in der Einzelbetrachtung noch in der Zusammenschau nicht als herabwürdigend begriffen werden. Die zugesprochene Entschädigung kann daher nicht erhöht werden.

1.

93

Das beklagte Land hat durch die verbindliche Einführung der Zielvereinbarungen ab Mai 2000 das Persönlichkeitsrecht des Klägers weder missachtet noch verletzt.

94

Der Kläger hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht ausgeführt, es sei bereits rechtswidrig gewesen, das Zielvereinbarungswesen im Polizeibereich trotz seines ablehnenden Votums in dieser Sachfrage einzuführen. Diese Rechtsauffassung ist falsch. Nach Artikel 20 Absatz 2 Grundgesetz geht die Staatsgewalt im Bund und in den Ländern vom Volk aus, das sie durch besondere Organe - unter anderem durch die Landesregierungen - ausübt. Die notwendige demokratische Legitimation jeglichen staatlichen Handelns ist nur gewährleistet, wenn innerhalb der Dienststellen der Verwaltung die Verwaltungsspitze bestimmt, wie die Verwaltung organisiert und ausgeübt wird. Daher hat sich der Kläger dem Votum der Hausspitze oder gar des Ministeriums zu beugen, wenn diese sich auch im Bereich der Polizei - trotz der ablehnenden Stellungnahme des Klägers - für die Einführung von Zielvereinbarungen als Instrument der Personalführung entscheiden.

95

Nicht mehr nachvollziehbar ist aber insbesondere die weitere Auffassung des Klägers, die Nichtbeachtung seiner Stellungnahme in dieser Sachfrage würdige ihn als Person herab und stelle daher bereits eine Verletzung seines Persönlichkeitsrechts dar. Selbst wenn man mit dem Kläger in der Maßnahme einen Verstoß gegen das Legalitätsprinzip (§ 152 Absatz 2 StPO) erkennen will - was das Gericht ausdrücklich offen lässt - läge doch nur eine unterschiedliche Rechtsauffassung in einer einzelnen Sachfrage vor, deren Entscheidung zu Lasten des Klägers keinerlei persönlichen Einschlag erkennen lässt. Als Angehöriger des öffentlichen Dienstes muss man damit leben können, dass sich die Verwaltungsspitze in einer streitigen Sachfrage über ein Votum einer Fachabteilung hinwegsetzt. Wer dazu nicht in der Lage ist, ist nicht geeignet, als Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst tätig zu sein.

2.

96

Auch der Leserbrief von Herrn M. in der Zeitschrift Der Kriminalist Heft 2/2001 (Kopie Blatt 44) verletzt den Kläger nicht in seinem Persönlichkeitsrecht. Herr M. kritisiert darin für jeden Kundigen erkennbar den Standpunkt des Klägers in der Sachfrage der Zielvereinbarungen im Polizeibereich. Durch eine Kritik an dem Sachstandpunkt einer anderen Person kann das Persönlichkeitsrecht aber nicht verletzt werden. Das ist vielmehr erst dann denkbar, wenn die Kritik die Sachebene verlässt und direkt oder indirekt auch die kritisierte Person durch herabwürdigende oder ehrabschneidende Aussagen angreift. Eine solche Feststellung kann hier nicht getroffen werden.

97

Der an den Kläger gerichtete Vorwurf, er habe den Gesamtzusammenhang des Problems nicht erkannt und argumentiere aufgrund eines falschen Grundverständnisses, kann noch nicht als unsachlich und gegen die Person gerichtet begriffen werden. Insoweit handelt sich vielmehr um zwei typische Standardargumente wie man sie zum Beispiel aus wissenschaftlichen Auseinandersetzungen kennt („verkürzte Sichtweise“ und „falsches Vorverständnis“). Dass der Vorwurf gegenüber dem Kläger als der Autorität auf dem Gebiet der polizeilichen Kriminalstatistik erhoben wird, kann die Bewertung nicht ändern. Der offene Dialog über Sachfragen kennt keine Autoritäten und damit auch keinen Anspruch auf besonders vorsichtige Kritik gegenüber den Personen, die sich durch Stellung und Werk auf einem Fachgebiet bereits besonders hervorgetan haben. Die polemische Wortwahl, der Kläger habe sich auf dieser Basis zu falschen Forderungen an die Innenminister „hinreißen lassen“, greift ebenfalls noch nicht die Person an. Das Gericht versteht das als eine in der öffentlichen Auseinandersetzung zur Erhaltung der Aufmerksamkeit des Lesers zulässige rhetorische Einfärbung der trockenen Sachaussage.

98

Die Vorwürfe erhalten zwar dadurch eine andere Qualität, dass sie von einem mittelbaren Vorgesetzten des Klägers aus dem Innenministerium erhoben werden. Denn dadurch wird in der Öffentlichkeit ein Konflikt innerhalb der Behörde bzw. zwischen einem Mitarbeiter der Behörde und der Aufsichtsbehörde sichtbar. Das wirft notwendig die Frage nach der Fürsorge der Behörde für ihre Bediensteten auf, denn eigentlich sollten solche innerdienstlichen Konflikte nicht zuletzt auch zum Schutz der Bediensteten nicht in der Öffentlichkeit ausgetragen werden. Es kann aber nicht festgestellt werden, dass der hier angesprochene Leserbrief geeignet war, das Ansehen des Klägers in der Öffentlichkeit zu beschädigen. Denn durch die Länge des Leserbriefes und durch die Vielzahl der klägerischen Argumente, mit denen sich der Autor des Leserbriefes auseinandersetzt bzw. auseinandersetzen musste, wird der Kläger aus der Sicht des Lesers indirekt gerade als ebenbürtiger Diskussionspartner in einer sachlichen Auseinandersetzung anerkannt.

99

Dass der Kläger in dem Leserbrief eine „beispiellose Herabwürdigung“ erkennt (Blatt 384), ist für Außenstehende nicht nachvollziehbar.

3.

100

Auch der Umstand, dass die ursprüngliche Langfassung des Leserbriefs gemeinsam mit einer Kopie des Artikels des Klägers bereits vorab mit Begleitschreiben aus dem Innenministerium „zu Ihrer Kenntnis“ an alle Dienststellenleiter der Polizei übermittelt wurde, führt im Ergebnis nicht zu einer anderen Bewertung.

101

Auch hier sieht das Gericht die Frage der Fürsorgepflicht des Dienstherrn berührt, denn es gehört nach dem Kenntnisstand des Gerichts zur Kunst der Personalführung jedenfalls nicht zu den üblichen Vorgehensweisen, einen Konflikt in einer Sachfrage zwischen Vorgesetzten und Untergebenen auf diese Weise in aller Breite in der Behörde zu kommunizieren. Denn hier besteht zumindest die abstrakte Gefahr, dass sich Kollegen an der klägerischen Niederlage in dieser Sachfrage, die er aufgrund seiner hierarchischen Stellung als Untergebener hinnehmen musste, delektieren. Ein dienstliches Interesse an der innerdienstlichen Offenlegung des Konflikts, das dieses Vorgehen trotz seines hässlichen Nebeneffekts rechtfertigen könnte, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. In der Bewertung kann das Gericht darin aber dennoch keinen gezielten Angriff auf die Person des Klägers erkennen. Gerade die fehlende Professionalität des Verhaltens des Herrn M. aus dem Innenministerium deutet vielmehr auf eine spontane unüberlegte Handlung angesichts einer Erregung über den Gang des Klägers an die Öffentlichkeit hin.

4.

102

Aus dem Umstand, dass der Kläger im Januar 2001 an der Erstellung der Endfassung des Berichts über die Schwachstellen der kriminalpolizeilichen Sachbearbeitung in der Landespolizei nicht beteiligt wurde, lässt sich nicht auf eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers schließen.

103

Der vom Kläger vorgelegte Berichtsentwurf (Blatt 51 ff) enthält Formulierungen, die sich in Berichten einer nachgeordneten Behörde gegenüber dem Ministerium verbieten. Dies betrifft insbesondere die in Berichten und Vorlagen des Klägers - soweit sie hier im Rechtsstreit bekannt geworden sind - immer wiederkehrende Einleitung des Berichts mit einer Kritik an der Aufgabenstellung durch das Ministerium. Das ist das, was der Direktor des LKA später im September 2004 im Personalgespräch als die Destruktivität des Klägers angesprochen hat. Da auch die Aussagen in der Sache ungeschützt und ohne Rücksicht auf die Interessen und Befindlichkeiten der potentiellen Leser und der angesprochenen Personen und Stellen formuliert sind, bedurfte es aus objektiver Sicht einer Überarbeitung des Berichts mit Blick auf diese Gegebenheiten, bei der eine Einbindung des Klägers im Hinblick auf die zu erwartenden langen Diskussionen über diese Punkte zumindest sehr zeitaufwendig gewesen wäre.

104

Im Sinne einer guten Personalführung wäre es dann allerdings richtig gewesen, dem Kläger dies vorab mitzuteilen oder ihm hinterher das gefertigte Ergebnis mit einer kurzen Erläuterung der Abweichungen von seinem Entwurf vorzulegen. Ob dies geschehen ist, kann mangels Parteivortrag nicht festgestellt werden. Aber selbst dann, wenn es das beklagte Land an diesem Zeichen der Anerkennung für die Vorarbeiten des Klägers hat fehlen lassen, lässt sich daraus noch nicht auf einen gezielten Angriff auf die Person des Klägers schließen. Personalführung ist anerkanntermaßen eine schwierige Aufgabe, die nur wenige fehlerfrei beherrschen. Es wäre daher verfehlt, aus dem Unterlassen eines solchen ohne Zweifel schwierigen ehrlichen Gesprächs mit dem Kläger über die Schwächen seines Berichtsentwurfs gleich auf eine feindliche Einstellung gegenüber dem Kläger zu schließen. Dies betont auch das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 16. Mai 2007 (a. a. O.) in einer etwas allgemeineren Formulierung, wenn es dort ausführt, dass „im Arbeitsleben übliche Konfliktsituationen“ im Regelfall nicht als Ausdruck eines gegen die Person gerichteten Verhaltens gewertet werden können.

5.

105

Ähnliches gilt für den Konflikt um den Bericht für das Innenministerium zur Aufbereitung zur Veröffentlichung geeigneter Felder aus der polizeilichen Kriminalstatistik im Mai 2002. Hier ist der Entwurf des Klägers trotz seiner Mängel an das Ministerium weitergereicht worden und er kam postwendend zurück. Die langatmige schriftliche Rechtfertigung des Klägers gegenüber dem Direktor des LKA ergeht sich auch wieder in einer Kritik der Aufgabenstellung des Ministeriums, was selbst dann, wenn die Kritik zutrifft, in der Sache nicht weiterführt. In dieser Sachebene kann das Gericht ebenfalls nicht mehr erkennen als eine „im Arbeitsleben übliche Konfliktsituation“.

106

In dem klägerischen Rechtfertigungsschreiben vom 30. Mai 2002 (Kopie Blatt 107 f) hat er sich allerdings auch förmlich über die abfällige Behandlung seiner Person durch den Leitenden Kriminaldirektor M. aus dem Innenministerium und durch den Leiter des SB 1 im LKA, Herrn Mi., beschwert. Damit hatte der Konflikt neben der Sachebene zusätzlich noch einen persönlichen Einschlag bekommen und der Adressat der Beschwerde, der Direktor des LKA, war in seiner Funktion als Vorgesetzter des Klägers in der Pflicht, auf die Beschwerde sachgemäß zu reagieren. Nach der unwidersprochen gebliebenen Einlassung des Klägers gab es ihm gegenüber allerdings keine offizielle Reaktion auf seine Beschwerde. Das entspricht zumindest nicht der Üblichkeit. Allerdings gibt es für den Dienstvorgesetzten keine starren Regeln, die ihm vorschreiben, wie er auf Beschwerden seiner Untergebenen zu reagieren hat. Er kann sich eine Rückmeldung gegenüber dem Beschwerdeführer zu einem späteren aus seiner Sicht geeignet erscheinenden Zeitpunkt Vorbehalten oder vielleicht sogar eine Rückmeldung gänzlich unterlassen. Da der Kläger in der Beschwerde nur Bewertungen des Verhaltens der angesprochenen Personen und keine Tatsachen vorgetragen hat, lag es sogar nahe, dass der Direktor des LKA den Konflikt ohne eine förmliche Reaktion darauf gegenüber dem Kläger zunächst einmal näher beobachten wollte.

107

Für Außenstehende nicht nachvollziehbar ist in jedem Falle die Bewertung des Klägers, der allein aus dem Unterlassen einer Reaktion auf die Beschwerde auf eine gezielte Herabsetzung seiner Person schließen will. Dass er sich dann noch besonders gekränkt fühlt, weil der Direktor mit Herrn Mi., aber nicht mit ihm gesprochen hat, erinnert eigentlich eher an Argumentationsmuster aus geschwisterlichen Konflikten im Elternhaus und hat mit einer professionellen Handhabung eines Konflikts mit anderen Bediensteten durch eine langjährig im Berufsleben stehende erwachsene Person wenig zu tun.

6.

108

Der Rechtsstreit um die tarifgerechte Eingruppierung, den die Parteien im Jahre 2003 geführt hatten, hat aus der Sicht des Gerichts keinerlei Aussagewert in Bezug auf die behaupteten feindlichen Angriffe auf die Person des Klägers.

109

Der Kläger kritisiert insoweit, dass das Innenministerium das LKA mit Schreiben vom 25. April 2003 (Kopie als Anlage K 8 überreicht, hier Blatt 58 der Akte, es wird Bezug genommen) aufgefordert habe, Tatsachenmaterial zusammenzutragen, mit dem man den klägerischen Sachvortrag in der Eingruppierungsklage substantiiert bestreiten könne. Der Kläger schließt aus dieser Aufforderung, dass das Ministerium voreingenommen an den Eingruppierungsrechtsstreit herangegangen sei. Dem Ministeriums sei es von Anfang an nur darum gegangen, sein berechtigtes Höhergruppierungsverlangen zu vereiteln. Auch dies müsse man im Gesamtkontext als Angriff auf seine Person bewerten.

110

Diese Bewertung ist für außenstehende Dritte nicht nachvollziehbar. Aus der Sicht des Gerichts handelt es sich bei dem Aufforderungsschreiben um ein Standardanschreiben ohne jeden gegen den Kläger gerichteten Einschlag. Im Gegenteil ist aus dem Schreiben vielmehr zu schließen, dass der Referent im Ministerium den klägerischen Vortrag zur Höhergruppierung durchaus für beachtlich hält und er daher nunmehr das LKA auffordert, nicht nur Stimmung zu machen, sondern Fakten zu liefern.

111

Im Übrigen ist ein Erfolg in einer Klage auf Höhergruppierung indirekt stets auch eine Niederlage des Behördenleiters, der die Arbeit auf dem streitigen Dienstposten zu disponieren hat. Denn es gehört zu den vornehmsten Führungsaufgaben des Behördenleiters, dafür Sorge zu tragen, dass die Dienststelle mit den Mitteln zurechtkommt, die ihr vom Haushaltsgesetzgeber zugewiesen worden sind. Sieht der Behördenleiter daher die Gefahr, dass ein Höhergruppierungsverlangen berechtigt sein könnte, ist er aus seiner Rolle heraus geradezu gezwungen darüber nachzudenken, wie man die Arbeit so umverteilen oder liegenlassen könnte, dass diesem Verlangen der Boden entzogen wird. Dahingehende Überlegungen der Hausspitze, über die der Kläger berichtet hat, drücken daher nur die gegebenen Sachzwänge aus und richten sich nicht persönlich gegen den Kläger.

7.

112

Die Vorstellung des Klägers, die 2003 erhobene Forderung zur Zuarbeit zu dem Forschungsprojekt Kriminalitätsprognose bis 2020 der Fachhochschule in Güstrow stelle eine Persönlichkeitsrechtsverletzung dar, kann von Seiten des Gerichts nicht nachvollzogen werden.

113

Selbst wenn der Standpunkt des Klägers zutreffen sollte, dass der methodische Ansatz des Forschungsprojekts verfehlt ist, bleibt der Kläger im Rahmen seiner Aufgabenstellung als weisungsunterworfener Arbeitnehmer dazu verpflichtet, auf Anweisung seiner Vorgesetzten Zuarbeiten zu diesem Projekt zu leisten. Die Vorstellung des Klägers, aus seiner Arbeitsplatzbeschreibung ließe sich ableiten, dass er nur zur Zuarbeit an „kriminalwissenschaftlich qualifizierten“ Forschungsprojekten verpflichtet sei, ist abwegig. Das Wort „qualifiziert“ in der Arbeitsplatzbeschreibung dient nur der näheren Bezeichnung der Anforderungen, die der Inhaber der Stelle erfüllen muss. Daraus darf nicht im Umkehrschluss abgeleitet werden, der Stelleninhaber dürfe ausschließlich im Rahmen solcher qualifizierten Projekte eingesetzt werden.

114

Für Außenstehende nicht mehr nachvollziehbar ist aber insbesondere die weitere Folgerung des Klägers, in der Verpflichtung zur Zuarbeit zu einem aus seiner Sicht „nicht qualifizierten“ Forschungsprojekt komme wiederum eine Kränkung seiner Person zum Ausdruck. Diese Bewertung gilt gerade auch dann, wenn man mit berücksichtigt, dass die vom Kläger so leidenschaftlich geführte Auseinandersetzung um die Schädlichkeit der Zielvereinbarungen im Polizeibereich Berührungspunkte mit diesem Forschungsprojekt aufweist. Der Kläger muss vielmehr akzeptieren, dass er als Arbeitnehmer des beklagten Landes zur Arbeit nach Weisung verpflichtet ist und dass er keinen Anspruch darauf hat, dass man auf seinen von der Hausspitze nicht geteilten Standpunkt in einer Sachfrage bei der Zuteilung der Arbeit Rücksicht nimmt. Dies gilt jedenfalls ohne Einschränkung bei den konkreten Verhältnissen im LKA, wo es gar keine andere Person gegeben hätte, auf die man die für den Kläger unangenehme Aufgabe der Zuarbeit hätte übertragen können.

8.

115

Schließlich kann nicht festgestellt werden, dass es zu einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers im Zusammenhang mit dem Personalgespräch mit dem Direktor des LKA am 14. September 2004 gekommen ist.

116

Zu dem Personalgespräch bestand ein sachlicher Anlass, den der Direktor des LKA selbst nach der Einlassung des Klägers auch in den Mittelpunkt des Gespräches gestellt hatte. Denn wie die oben angeführten Einzelkonflikte gezeigt haben, war es zu Problemen in der Führung des Klägers als Arbeitnehmer gekommen, da er ungewöhnlich viel Kritik an den ihm übertragenen Aufgaben geübt hatte und sich der Arbeit verweigerte, soweit diese Berührungspunkte zu der streitigen Frage der polizeilichen Kriminalstatistik in Zeiten der praktizierten Zielvereinbarungen aufgewiesen hatte. Der Direktor hat dem Kläger aufgezeigt, dass ein solches Verhalten auf Dauer nicht geduldet werden könne und hat ihn aufgefordert, sich eines Besseren zu besinnen. Im Sinne einer fairen Behandlung des Untergebenen hat er ihm sodann noch eine Bedenkzeit zur Korrektur seiner Einstellung zum Dienst gegeben und hat ihm, damit man die Sache im Bedarfsfall auch auf den Punkt bringen kann, zu einer schriftlichen Stellungnahme aufgefordert.

117

Die Stellungnahme des Klägers vom 12. Oktober 2004 (Kopie Blatt 59 f der Akte) kann dann jedoch aus der Sicht eines jeden denkbaren Vorgesetzten nur als enttäuschend bezeichnet werden, denn aus ihr geht ohne jeden Zweifel hervor, dass der Kläger nicht gewillt war, sich wieder in den normalen Dienstbetrieb einzugliedern. Bildlich formuliert hat der Kläger mit dieser Stellungnahme die ihm geöffnete Tür zu einer konfliktfreien zukünftigen Zusammenarbeit zugeschlagen und dem Direktor signalisiert, dass er auch in Zukunft nicht gewillt ist, sich wie ein weisungsunterworfener Arbeitnehmer zu verhalten.

118

Dass der Kläger nunmehr im Rechtsstreit den dort formulierten Hinweis auf die „deutlichen Anzeichen für ein organisiertes Mobbing“ als eine Art Hilferuf an seinen Direktor verstanden wissen will, ist nicht nachvollziehbar. Die Auslegung des Textes durch das Gericht ergibt vielmehr im Gegenteil, dass der Kläger damit seinem Direktor vorwirft, sich durch das Personalgespräch an dem Mobbing gegen seine Person beteiligt zu haben. Denn der Kläger hatte seinen Vorwurf wie schon in der Beschwerde über die abfällige Behandlung seiner Person vom 30. Mai 2002 nicht mit einzelnen konkreten Vorfällen belegt, so dass aus der Sicht des objektiven Lesers des Textes der Mobbingvorwurf allein auf die Behandlung des Klägers in den drei Punkten, die Anlass für das Personalgespräch waren, und auf das Personalgespräch selbst gemünzt gewesen sein kann. In Bezug auf diese Ereignisse ist der Vorwurf des Mobbings nicht gerechtfertigt.

9.

119

Auch der Abteilungsleiter im Innenministerium Herr N. hat das Persönlichkeitsrecht des Klägers nicht verletzt, als er im Anschluss an die Anhörung des Klägers im Landtag und das anschließende Pressegespräch am 8. Dezember 2004 dem Kläger für die ungenehmigte Aussage und die Äußerungen gegenüber der Presse unter dem 22. Dezember 2004 eine Abmahnung erteilt hatte (Kopie Blatt 49 f der Akte).

120

Die Abmahnung ist in einem durchgängig sachlichen fast unterkühlten Ton verfasst und sie ist, was die Pflichtverletzung des Klägers betrifft, zutreffend. Der Kläger hat dadurch, dass er sich vor dem Landtag zu innerdienstlichen Angelegenheiten ohne eine entsprechende Aussagegenehmigung geäußert hatte, gegen seine Dienstpflichten verstoßen. Da rechtskräftig festgestellt ist, dass die Abmahnung rechtmäßig war, könnte in ihr nur dann eine (versteckte) Persönlichkeitsverletzung zum Ausdruck kommen, wenn sich feststellen ließe, dass die Dienststelle hier die rechtmäßige Möglichkeit einer Sanktion gegenüber dem Kläger ausgenutzt hat, um ein übergeordnetes rechtswidriges Ziel, das man etwa als die Zermürbung des Klägers bezeichnen könnte, zu verfolgen. Eine so weitgehende Feststellung kann nicht getroffen werden.

121

Das erkennende Gericht hält die Abmahnung angesichts des Gewichts der in Rede stehenden Vorwürfe zwar für eine sehr strenge Maßnahme. Denn bei der Bewertung muss nach Auffassung des erkennenden Gerichts beachtet werden, dass der Kläger auf Einladung des Vorsitzenden des Innenausschusses des Landtages dort Rede und Antwort stand, und man in Analogie zu § 376 Absatz 3 ZPO den Standpunkt vertreten könnte, es wäre Aufgabe des Ausschussvorsitzenden des Landtages gewesen, sich um eine Aussagegenehmigung der Personen zu kümmern, die er zu einer Anhörung einlädt. Damit könnten nämlich eventuelle Konflikte um die Erteilung der Aussagegenehmigung sozusagen auf Augenhöhe im Vorfeld zwischen Landtag und Ministerium ausgetragen werden, und der betroffene untergebende Bedienstete käme nicht in den Konflikt zwischen seiner Geheimhaltungspflicht und den Unterrichtungswünschen des Landtages. Zudem ist es nur schwer vorstellbar, dass der Kläger tatsächlich über konkrete Dienstgeheimnisse über verfälschte Statistiken verfügte und diese offenbarte, denn seine Ausführungen zu dieser Frage erschöpfen sich auch im vorliegenden Rechtsstreit durchgängig lediglich in dem Aufzeigen von Gefahren, ohne dass er einen einzigen Vorfall schildern konnte, in dem sich die von ihm gesehene Gefahr verwirklicht hat. Zusätzlich muss beachtet werden, dass der Kläger nach seiner unwidersprochen gebliebenen Einlassung auch auf Bitten seines Berufsverbandes sich auf die Anhörung eingelassen hatte (Blatt 38), die ja in direkter Beziehung zu der Presseerklärung des BDK vom 29. November 2004 stand. Damit hätte bei der Auslegung der Pflichten aus § 8 BAT-O, die das beklagte Land hier als Wohlverhaltenspflicht bezeichnet, auch berücksichtigt werden müssen, dass das Handeln des Klägers in Wahrnehmung der Rechte des Berufsverbandes aus Art. 9 Absatz 3 Grundgesetz erfolgt ist.

122

Dennoch lässt sich aus dieser Bewertung des Vorfalls durch das erkennende Gericht nicht der Schluss ziehen, die vielleicht etwas übertriebene Reaktion in Form einer Abmahnung sei in der Absicht erfolgt, den Kläger zu schädigen. Dieser Schluss verbietet sich in erster Linie aufgrund des Umstandes, dass der Konflikt des Klägers mit seiner Dienststelle mit der Aussage des Klägers vor dem Landtag und der Presse in Anwesenheit des ebenfalls eingeladenen Abteilungsleiters Polizei im Innenministerium Herrn N. erstmals diese hohe Hierarchieebene innerhalb des Ministeriums erreicht hatte. Mit Herrn N., der die Abmahnung auch unterzeichnet hat, war eine neue Person in den Konflikt einbezogen worden und es ist davon auszugehen, dass diese Person den Konflikt nicht von vornherein durch die Brille der Personen im LKA gesehen hat, die diesen Konflikt bereits seit Jahren geführt und nicht bewältigt haben. Es ist daher nicht ersichtlich, weshalb Herr N. geneigt gewesen sein sollte, seine Amtsautorität dadurch zu beschädigen, dass er eine Entscheidung trifft, die durch sachfremde Erwägungen geprägt oder überlagert ist.

10.

123

Das Gericht kann ebenfalls keinen Zusammenhang zwischen einem feindlichen Vorgehen gegen den Kläger und dem Artikel im F... vom 14. Mai 2005 erkennen. Die Konstruktion des Klägers, der Direktor des LKA habe sich über diesen Artikel und über seinen - streitig gebliebenen - Versuch, diesen zu verhindern, so geärgert, dass er dem Kläger die Teilnahme an der 50. Jahrestagung PKS in Berlin im Juni 2005 verboten habe, ist spekulativ geblieben. Ein solcher Zusammenhang drängt sich auch nicht auf.

11.

124

Auch die Verweigerung der Teilnahme des Klägers an der 50. Jahrestagung PKS in Berlin im Juni 2005 durch die Hausspitze des LKA kann nicht als persönlich gegen den Kläger gerichtet angesehen werden.

125

Denn zu dieser Veranstaltung hatte der Kläger erst im Mai 2005 einen Dienstreiseantrag gestellt. Zu diesem Zeitpunkt bestanden aber bereits die Planungen, den Kläger kurzfristig abzuordnen und möglicherweise sogar schon der Plan, ihn langfristig zu versetzen. So gab es für die Ablehnung dieses Dienstreiseantrages zumindest objektiv einen sachlichen Anlass. Das Gericht hat daher nicht weiter aufgeklärt, wie die Dienststelle die Ablehnung der Dienstreise tatsächlich gegenüber dem Kläger begründet hat.

12.

126

Eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers ergibt sich schließlich auch nicht aus der Abordnung und Versetzung auf seinen derzeitigen Dienstposten im Laufe des Jahres 2005.

127

Durch die überraschend schroffe Reaktion des Klägers auf das Personalgespräch vom 14. September 2004 in seiner Stellungnahme vom 12. Oktober 2004 wurde für jeden außenstehenden Beobachter klar, dass es im LKA einen Konflikt gibt, der innerhalb des LKA durch die dort handelnden Personen nicht mehr bewältigt werden konnte. Die übergeordnete Behörde musste daher im Interesse der Gewährleistung des Dienstbetriebes und im Schutzinteresse für alle am Konflikt beteiligten Beschäftigten eingreifen. Dabei steht ihr ein weites Handlungsermessen zu. Sie ist nicht verpflichtet durch aufwändige Ermittlungen den wahren Bösen festzustellen, um dann gegen ihn vorzugehen, sie kann vielmehr nach pragmatischen Gesichtspunkten die Person heraus greifen und versetzen, für die ein anderer geeigneter Dienstposten zur Verfügung steht. Insoweit hat das beklagte Land mit der Abordnung und Versetzung des Klägers alles richtig gemacht; wenn man einen Vorwurf erheben will, könnte es nur der sein, zwischen dem gescheiterten Personalgespräch und der Personalmaßnahme acht Monate zugewartet zu haben.

128

Der neue Dienstposten des Klägers passt von der Wertigkeit zu seinem arbeitsrechtlichen Status und mit seiner Wahrnehmung sind auch keine unzumutbaren Beschwerlichkeiten in örtlicher Hinsicht verbunden. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht wurde auch Einblick genommen in den schriftlichen Arbeitsvertrag der Parteien. Aus ihm ergeben sich auch keine Einschränkungen seiner Versetzbarkeit oder gar eine Konkretisierung auf seinen Dienstposten im LKA. Vielmehr handelt es sich um eine für den öffentlichen Dienst typischen fast aussagelosen Arbeitsvertrag, der im Wesentlichen auf die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes verweist. Für das Gericht ist daher der Vorwurf des Klägers nicht nachvollziehbar, diese Maßnahme verletzte ihn im besonderen Maße in seinem Persönlichkeitsrecht.

129

Dass das beklagte Land den Kläger zunächst nur für drei Monate abgeordnet hatte, die Abordnung dann noch einmal verlängerte und dann erst die Versetzung aussprach, hält das Gericht zwar für unglücklich und gegenüber dem beteiligungspflichtigen Personalrat auch für unehrlich. Darin kommt aber keine Sonderbehandlung zu Lasten des Klägers zum Ausdruck, denn es ist gerichtsbekannt, dass dies in allen Ministerien der Landesverwaltung gern so gehandhabt wird.

13.

130

Auch die Zusammenschau all der vom Kläger angeführten Ereignisse ergibt kein anderes Bild. Allein schon die Anzahl der Personen, die sich an dem Mobbing zu Lasten des Klägers beteiligt haben sollen, macht es unwahrscheinlich, dass all diese Personen tatsächlich nach einem gemeinsamen Plan gehandelt haben oder wenigstens alle an einem Strang gezogen haben. Wie oben aufgezeigt gab es für die 12 hier untersuchten und als nicht mobbing-relevant eingeschätzten Vorkommnisse auch stets einen sachlichen Anlass für das Verhalten der handelnden Personen. Als gegen den Kläger gerichtet könnten diese Vorkommnisse also nur dann gewertet werden, wenn man feststellen könnte, dass unter dem Deckmantel eines sachlichen Anlasses andere Ziele verfolgt wurden. Das ist trotz aller Bemühungen des Gerichts um die Aufklärung des Sachverhalts bis zum Schluss aber spekulativ geblieben.

131

Es muss zwar mit der gebotenen Deutlichkeit festgehalten werden, dass es in der Behandlung des Klägers immer wieder beachtliche Besonderheiten gegeben hat, aus denen man sogar bei oberflächlicher Betrachtung den Eindruck von Mobbing gewinnen könnte. Für die bewusste Schaffung eines feindlichen Umfeldes im Sinne von § 3 Absatz 3 AGG fehlen jedoch die erforderlichen Indizien. Gerade der lange Zeitraum, über den der ganze Konflikt geschwelt hat, zeigt für das Gericht, dass er nicht als auf einem einheitlichen Plan beruhend begriffen werden kann. Das Gericht geht vielmehr davon aus, dass die Stärken und die Schwächen der handelnden Personen auf beiden Seiten immer wieder Effekte gehabt hatten, die den Kläger mehr und mehr an den Rand der Dienstgemeinschaft im LKA geführt haben, ohne dass dem ein Plan oder etwas ähnliches zu Grunde lag. Das wird belegt durch die Vielzahl der Personen, die dazu - allerdings nicht beweisbar bewusst - ihren Beitrag geleistet haben. Wenn man den Vorgesetzten des Klägers einen Vorwurf machen wollte, könnte es nur der sein, dass man diese Dynamik nicht oder nicht früh genug erkannt hat und dementsprechend spät erst mit der Abordnung und Versetzung reagiert hat. Dieser Vorwurf hat aber nichts mit einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts oder gar mit Mobbing zu tun.

132

Selbst wenn man hilfsweise die oben unter oben 11. untersuchte Verweigerung der Dienstreise zur 50. Jahrestagung PKS im Juni 2005 in Berlin noch zu den Vorkommnissen zählen würde, in denen sich ein unfaires Verhalten gegenüber dem Kläger ausdrückt, weil diese Verweigerung in das oben herausgearbeitete Muster des Mobbing-Verhaltens passt, würde sich daraus keine höhere Entschädigung zu Gunsten des Klägers ergeben. Denn bei der Bemessung der Entschädigung hat das Gericht ohnehin des gesamten Zeitraum von März 2004 bis zur klägerischen Abordnung im Juni 2005 bewertet; es wäre daher nicht entscheidungserheblich, wenn zu den 4 in diesem Zeitraum festgestellten Einzelereignissen ein weiteres gleichgelagertes dazukommen würde.

III.

133

Die Berufung ist auch unbegründet, soweit der Kläger mit dem Klageantrag zu 2 entgangenes Entgelt als Schadensersatz wegen der inzwischen eingetretenen Gesundheitsschäden fordert.

134

Der Klageantrag zu 2 ist unbegründet. Die Voraussetzungen für die Zahlung der Vergütungsdifferenzen zwischen dem tatsächlich bezogenen Krankengeld und dem im Falle von Arbeitsfähigkeit im Streitzeitraum verdienten Arbeitsentgelt für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit ab der zweiten Jahreshälfte 2005 bis Ende 2007 sind nicht erfüllt. Eine vertragliche Anspruchsgrundlage zur Zahlung des Arbeitsentgelts trotz unterbliebener Arbeitsleistung ist nicht ersichtlich. Daher könnte der Anspruch allein als Schadensersatzleistung begründet sein. Das beklagte Land ist allerdings nicht zum Schadensersatz verpflichtet, da nicht festgestellt werden kann, dass die der Arbeitsunfähigkeit zu Grunde liegenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Klägers vom beklagten Land schuldhaft herbeigeführt worden sind. Eine gezielte Beschädigung der Gesundheit des Klägers durch Mitarbeiter des beklagten Landes ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Demnach verbleibt nur die Möglichkeit, dass Mitarbeiter des beklagten Landes gezielt das Persönlichkeitsrecht des Klägers verletzt oder missachtet haben könnten und sich diese Kränkung beim Kläger in einer Reaktion mit Krankheitswert ausgewirkt hat. Aber auch eine solche Feststellung kann nicht getroffen werden.

1.

135

Durch die Abordnung und spätere Versetzung im Jahre 2005 hat das beklagte Land nicht vorwerfbar die Gesundheit des Klägers geschädigt.

136

Selbst wenn es - was bewusst offen bleiben soll - für das beklagte Land vorhersehbar gewesen sein sollte, dass die Abordnung und Versetzung beim Kläger eine Depression auslösen würde und er aufgrund seiner Anpassungsstörung mit Krankheitswert nicht in der Lage sein würde, sich auf seinen neuen Dienstposten einzustellen, kann daraus keine Einschränkung des im dienstlichen Interesse bestehenden weiten Ermessensspielraums des Dienstherrn bei dieser Entscheidung folgen. Vielmehr hat sich aus Anlass der dienstlich gebotenen und rechtmäßigen Personalmaßnahme gezeigt, dass der Kläger an einem gesundheitlichen Defizit leidet, das seine Eignung, als Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst tätig zu sein, ernsthaft in Frage stellt, weil sie den im öffentlichen Dienst üblichen und mit Recht geforderten flexiblen Einsatz des Personals auf verschiedenen Dienstposten beim Kläger unmöglich macht.

137

Diese Feststellung kann durch eine vergleichende Betrachtung der Pflichten des Arbeitgebers, dem gesundheitlich geschwächten Arbeitnehmer einen leidensgerechten Arbeitsplatz anzubieten, bestätigt werden. In der Rechtsprechung ist es insoweit anerkannt, dass der Arbeitgeber verpflichtet sein kann, dem Arbeitnehmer einen leidensgerechten Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen. Diese Verpflichtung fußt auf der Fürsorgepflicht und sie ist auch Ausdruck des Verhältnismäßigkeitsprinzips; eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses wegen der gesundheitlichen Einschränkungen soll erst dann in Betracht kommen, wenn es nicht mehr möglich ist, den Arbeitnehmer vertragsgemäß zu beschäftigen und es auch nicht mehr möglich ist, ihm einen leidensgereichten Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen. Diese Pflicht wird aber begrenzt durch die betrieblichen Interessen des Arbeitgebers. Seine Pflicht zur leidensgerechten Beschäftigung des Arbeitnehmers endet dort, wo ihm dies unzumutbar wird.

138

Nach allen medizinischen Stellungnahmen, die sich in der Akte befinden, wäre der einzige leidensgerechte Arbeitsplatz für den Kläger sein alter Arbeitsplatz im LKA. Es ist für das beklagte Land unzumutbar, ihn auf diesem Arbeitsplatz einzusetzen. Daher kann die Abordnung und spätere Versetzung des Klägers, trotz ihrer möglicherweise erkennbar gewesenen gesundheitlichen Risiken für den Kläger nicht als vorwerfbare Missachtung der Gebrechen des Klägers bewertet werden.

2.

139

Es kann nicht festgestellt werden, dass die inzwischen beim Kläger aufgetretenen ernsthaften gesundheitlichen Probleme kausal auf der oben festgestellten Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers in der Zeit zwischen März 2004 und seiner Abordnung im Juni 2005 beruhen.

140

Die Darlegungs- und Beweislast für den beim Schadensersatz notwendigen kausalen Zusammenhang zwischen der Verletzungshandlung und dem eingetretenen Schaden liegt beim Geschädigten, hier beim Kläger. Eine Beweiserleichterung bei mobbing-typischen Erkrankungen hat das Bundesarbeitsgericht nicht anerkannt (BAG 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - aaO).

141

Anerkannt ist allerdings, dass ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen der schädigenden Handlung und dem Auftreten des Gesundheitsschadens zu einer Beweiserleichterung zu Gunsten des geschädigten Arbeitnehmers führen kann (BAG 16. Mai 2007 aaO und ihm folgend LAG Mecklenburg-Vorpommern 13. Januar 2009 - 5 Sa 86/08). Ein solcher enger zeitlicher Zusammenhang ist hier durchaus gegeben, denn die krankheitsbedingten Ausfallzeiten begannen sozusagen unmittelbar in Anschluss an die Zeit, als der Kläger 2004 und 2005 unfair durch die Hausspitze im LKA behandelt wurde.

142

Dieser feststellbare enge zeitliche Zusammenhang reicht aber aufgrund der besonderen Umstände des vorliegenden Falles nicht aus, um von einer Kausalität zwischen der Persönlichkeitsrechtsverletzung und dem eingetretenen Gesundheitsschaden auszugehen. Maßgebend für diese Bewertung durch das Gericht sind die inzwischen zahlreichen medizinischen Stellungnahmen zu den gesundheitlichen Problemen des Klägers. Wie ein roter Faden zieht sich durch all diese Stellungnahmen die Herstellung des Zusammenhangs zwischen der Abordnung und späteren Versetzung des Klägers und dem Auftreten der depressiven Verstimmung. Als maßgebend wird hierfür die in der Persönlichkeit des Klägers begründete Unfähigkeit zur Anpassung an das neue Arbeitsumfeld angesehen. Daraus muss das Gericht schließen, dass die depressive Verstimmung des Klägers und der Verlust seiner Arbeitsfähigkeit nicht auf der Verletzung des Persönlichkeitsrechts in der Zeit von März 2004 bis Mai 2005 beruht, sondern auf der sich daran anschließenden Maßnahme der Abordnung und Versetzung. Damit verliert der enge zeitliche Zusammenhang zwischen der Verletzungshandlung und dem Auftreten des Gesundheitsschadens seine Aussagekraft, denn sozusagen im Schnittpunkt beider Zeitabschnitte hat es ein weiteres Ereignis gegeben, dass aus medizinischer Sicht die Probleme des Klägers hervorgerufen hat.

143

In der Gesamtbewertung kann das Gericht daher keinen nennenswerten Effekt der unfairen Behandlung des Klägers in der Zeit von März 2004 bis zu klägerischen Abordnung an eine andere Dienststelle ab Juni 2005 auf die gesundheitliche Situation des Klägers erkennen.

IV.

144

Auch der Klageantrag zu 3. ist nicht begründet. Denn da dem Kläger schon dem Grunde nach kein Schadensersatz hinsichtlich der wegen Krankheit entgangenen Vergütung zusteht (vgl. oben III.), ist auch die Feststellung der weiteren Schadensersatzpflicht für die entgangene Vergütung ab Januar 2008 nicht begründet.

145

Auch der Klageantrag zu 4., der sich auf die Feststellung der Schadensersatz- und Entschädigungspflicht in der Zukunft bezieht, ist nicht begründet. Eine weitere Entschädigung steht dem Kläger nicht zu. Er wird entschädigt für seine unfaire Behandlung in den letzten 15 Monaten seiner Tätigkeit im LKA, der Vorgang ist abgeschlossen. Es ist nicht ersichtlich, woraus sich in der Zukunft noch ein Anlass zu weiterer Entschädigung ergeben sollte. Auch die Feststellung der weitern Schadensersatzpflicht ist unbegründet, da das Gericht insgesamt nicht davon ausgeht, dass sich das beklagte Land schadensersatzbegründend verhalten hat.

V.

146

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Absatz 1 ZPO und sie berücksichtigt sowohl das teilweise Obsiegen des Klägers im Rechtsstreit als auch die Kosten des erfolgreichen Revisionsverfahrens. Die Kosten des Revisionsverfahrens sind von der Kostenentscheidung mit umfasst.

147

Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision aus § 72 ArbGG sind nicht erfüllt.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.