Tenor

1. Die Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Rostock vom 09.03.2016 - 5 Ca 1732/15 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Befristung des Arbeitsvertrages nach dem Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG), insbesondere die Berechnung der Höchstbefristungsdauer.

2

Der 1978 geborene Kläger studierte von 1998 bis 2002 Mathematik an der Universität C.. Am 01.10.2002 begann er, ebenfalls in C., mit der Promotion. Seine Dissertation mit dem Thema "The Ramsey theory of multicoloured graphs" gab er am 20.12.2005 ab (Submission Date). Die Verteidigung der Dissertation (Viva Date) fand am 04.04.2006 statt. Die Endfassung der Dissertation reichte er am 07.07.2006 ein, womit das Promotionsverfahren ausweislich einer Bescheinigung der University of C. an diesem Tag endete (End Date). Die Promotionsurkunde erhielt er am 22.07.2006 (Date Degree Conferred).

3

Zum 01.01.2007 nahm der Kläger bei dem beklagten Land eine nach § 57 b HRG befristete Beschäftigung an der Universität A-Stadt als wissenschaftlicher Projektmitarbeiter im Drittmittelprojekt "Phylogenetische Bäume k-Blattpotenzen von Bäumen (k-leaf-powers) und Varianten" auf. Dieses Arbeitsverhältnis beendeten die Parteien vorzeitig nach einem Jahr, weil der Kläger zum 01.01.2008 als wissenschaftlicher Mitarbeiter zur Universität H. wechselte, wo er befristet (§ 2 Abs. 1 WissZeitVG) bis zum 14.04.2009 tätig war. Im unmittelbaren Anschluss daran nahm er eine Beschäftigung bei dem M.-P.-Institut für demografische Forschung in A-Stadt als Research Scientist auf, befristet nach WissZeitVG, zunächst bis zum 30.04.2011.

4

Mit der E-Mail vom 17.01.2011 fragte der Kläger im Personalreferat der Universität A-Stadt an, welche der aufgeführten Beschäftigungszeiten auf die Gesamtbefristungsdauer anzurechnen sind und wie lange er noch im öffentlichen Dienst befristet beschäftigt werden kann. Die Universität A-Stadt ging in ihrer Antwort vom 24.01.2011 von einer weiteren Befristungsmöglichkeit im Umfang von 57 Monaten aus mit Stand 01.01.2011. Sie legte eine Höchstbefristungsdauer von insgesamt 12 Jahren = 144 Monaten zugrunde. Die Zeiten der Promotion berechnete die Personalsachbearbeiterin mit 39 Monaten (01.10.2002 - 31.12.2005), die Zeiten als Wissenschaftler an wissenschaftlichen Einrichtungen in Deutschland mit 48 Monaten (01.01.2007 - 31.12.2010). Das Promotionsverfahren sah sie mit Abgabe der Dissertation im Dezember 2005 als beendet an.

5

Mit Vertrag vom 07.02.2011 verlängerte der Kläger sein Arbeitsverhältnis bei dem M.-P.-Institut auf der Grundlage des WissZeitVG um ein weiteres Jahr bis zum 30.04.2012. Bereits während dieses Zeitraums begründete der Kläger erneut ein nach § 2 Abs. 1 WissZeitVG befristetes Arbeitsverhältnis mit dem beklagten Land, das am 01.09.2011 begann und am 30.06.2013 endete. Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit betrug 75 v. H. einer Vollbeschäftigung. Parallel dazu verringerte der Kläger den Beschäftigungsumfang beim M.-P.-Institut von bisher 39 auf nunmehr 9 Wochenstunden. Zum 01.09.2012 vereinbarten das beklagte Land und der Kläger für die weitere Laufzeit des Vertrages bis zum 30.06.2013 eine Vollbeschäftigung.

6

Mit dem zuletzt geschlossenen Arbeitsvertrag vom 20.06./24.06.2013 beschäftigte das beklagte Land den Kläger ab dem 01.07.2013 befristet bis zum 30.09.2015 in Vollzeit weiter. Der Endtermin beruht auf den oben dargestellten Berechnungen der Personalsachbearbeiterin. Im Vertrag ist als Befristungsgrund der § 2 Abs. 1 WissZeitVG angegeben. Für das Arbeitsverhältnis gelten der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) und weitere näher bezeichnete Tarifverträge. Der Kläger ist ausweislich des Arbeitsvertrages in der Entgeltgruppe 14 TV-L eingruppiert. Sein Unterrichtsumfang belief sich im Wintersemester 2013 auf 9 Semesterwochenstunden, im Sommersemester 2014 auf 6, im Wintersemester 2014 auf 10 und im Sommersemester 2015 auf 8 Semesterwochenstunden.

7

Mit der beim Arbeitsgericht am 13.10.2015 eingegangenen Klage hat der Kläger die Unwirksamkeit der Befristung des Arbeitsvertrages gerichtlich geltend gemacht.

8

Der Kläger schloss am 03.12.2015 das Habilitationsverfahren mit Verteidigung der Habilitationsschrift zum Thema "Topics in Graph Theory" erfolgreich ab. Mit Schreiben vom 07.12.2015 kündigte das beklagte Land vorsorglich das Arbeitsverhältnis fristgemäß zum 30.06.2016, hilfsweise zum nächstmöglichen Zeitpunkt. Den Personalrat beteiligte es nicht vor Ausspruch der Kündigung.

9

Mit Schriftsatz vom 09.12.2015, eingegangen beim Arbeitsgericht am 10.12.2015, hat der Kläger auch die Kündigung gerichtlich angegriffen.

10

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Befristung des Arbeitsvertrages vom 20.06./24.06.2013 sei unwirksam, da das beklagte Land die gesetzlich zulässige Höchstbefristungsdauer überschritten habe. Die Kündigung sei ebenfalls unwirksam. Es gebe weder dringende betriebliche Erfordernisse noch habe das beklagte Land eine ordnungsgemäße Sozialauswahl vorgenommen. Mathematikvorlesungen für Ingenieure, Bachelor- und Lehramtsstudenten gebe es weiterhin. Es handele sich um Daueraufgaben. Zudem scheitere die Kündigung an der fehlenden Beteiligung des Personalrats. Zwar sei der Personalrat im Falle eines Wissenschaftlers nur auf Antrag zu beteiligen. Die Dienststelle müsse jedoch den Beschäftigten zuvor über die beabsichtigte Maßnahme informieren, damit dieser sein Antragsrecht ausüben könne. Das sei unterblieben.

11

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt

12

1. festzustellen, dass die Befristung des Arbeitsverhältnisses unwirksam ist und es nicht mit dem 30.09.2015 geendet hat,

13

2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung des beklagten Landes vom 07.12.2015 aufgelöst worden ist,

14

3. das beklagte Land zu verurteilen, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des vorliegenden Rechtsstreits zu unveränderten Arbeitsbedingungen als vollbeschäftigten Angestellten mit Tätigkeiten der Entgeltgruppe 14 TV-L weiterzubeschäftigen.

15

Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Entgegen § 16 TzBfG sei kein unbefristetes Arbeitsverhältnis entstanden, da eine derartige Rechtsfolge im vorliegenden Fall unangemessen und unverhältnismäßig wäre. Die Sachbearbeiterin habe bei Berechnung der Höchstbefristungsdauer versehentlich das Datum der Promotionsabgabe, nicht aber der erfolgreichen Verteidigung zugrunde gelegt. Der Abschluss befristeter Verträge sei ein Massengeschäft, bei dem es trotz sorgfältiger Auswahl und Schulung der Mitarbeiter ausnahmsweise zu Fehlern kommen könne.

16

Die Kündigung sei wirksam. Der Kläger könne an seinem bisherigen Lehrstuhl nicht weiterbeschäftigt werden. Der Lehrstuhl für Diskrete Mathematik solle nach der Emeritierung des bisherigen Lehrstuhlinhabers, die am 30.09.2016 stattfinde, neu besetzt werden. Die Spezialisierung des Klägers passe nicht zu der beabsichtigten Neuorientierung des Lehrstuhls. Im Übrigen sei es schwierig, hochqualifizierte Professoren für den Lehrstuhl zu gewinnen, wenn bereits 1 von 1,5 Mitarbeiterstellen dauerhaft besetzt sei. Eine Dauerbesetzung versperre Nachwuchswissenschaftlern Qualifikationsmöglichkeiten.

17

Eine Beteiligung des Personalrats sei nicht erforderlich gewesen, da der Kläger diese nicht beantragt habe. Das beklagte Land habe den Kläger nicht darauf hinweisen müssen, dass eine Kündigung beabsichtigt sei. Aufgrund des Streits über die Wirksamkeit der Befristung habe der anwaltlich beratene Kläger mit einer vorsorglichen Kündigung rechnen müssen.

18

Das Arbeitsgericht Rostock hat der Klage stattgegeben und zur Begründung angeführt, dass die Befristung des Arbeitsvertrages vom 20.06./24.06.2013 nach § 2 Abs. 1 WissZeitVG, § 16 TzBfG unwirksam sei. Auf ein Verschulden der Personalsachbearbeiterin komme es nicht an. Unwirksam sei auch die Kündigung, da es zum einen keinen Kündigungsgrund gebe und zum anderen der Personalrat nicht beteiligt worden sei. Das beklagte Land könne sich nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht auf die unterbliebene Antragstellung berufen, da es den Kläger nicht über die beabsichtigte Kündigung informiert habe.

19

Hiergegen wendet sich das beklagte Land mit seiner form- und fristgerecht eingelegten Berufung. Das Arbeitsgericht sei rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass ein unbefristetes Arbeitsverhältnis entstanden sei. Die Höchstbefristungsdauer sei nicht überschritten. Die Promotionszeit ende mit dem Einreichen der Dissertation. Zu diesem Zeitpunkt habe der Doktorand alles ihm Mögliche getan. Auf das Tempo des weiteren Verfahrens habe er keinen Einfluss mehr. Deshalb könne eine Verzögerung in dieser Phase nicht zu seinen Lasten gehen. Das entspreche dem Sinn und Zweck des Gesetzes, eine zügige Promotion zu belohnen, indem sich die zweite Qualifikationsphase um die nicht ausgeschöpfte Zeit aus der ersten Qualifikationsphase verlängere.

20

Selbst wenn das beklagte Land die Höchstbefristungsdauer überschritten haben sollte, so sei es nicht mit dem Schutzzweck des Befristungsrechts vereinbar, von einem unbefristeten Arbeitsverhältnis auszugehen. Der Berechnungsfehler habe sich für den Kläger zu seinem Vorteil ausgewirkt, weil die längere soziale Absicherung den Abschluss seiner Habilitation erleichtert habe.

21

Jedenfalls habe das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 07.12.2015 am 30.06.2016 geendet. Der Kläger sei auf einer ausschließlich befristet zu besetzenden Qualifikationsstelle beschäftigt worden. Eine unbefristete Beschäftigung sei auf dieser Stelle nicht möglich. Andere freie Stellen gebe es nicht, zumal noch Stellen im Rahmen des Landespersonalkonzepts 2004 einzusparen seien. Der Personalrat habe nicht beteiligt werden müssen, da der Kläger dies nicht beantragt habe. Eine Hinweispflicht könne es allenfalls bei überraschenden Personalmaßnahmen geben. Der Kläger sei von der Kündigung nicht überrascht worden, da ihn der Dekan der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät bereits darüber unterrichtet habe, dass eine Weiterbeschäftigung nicht möglich sei.

22

Das beklagte Land beantragt,

23

das Urteil des Arbeitsgerichts Rostock vom 09.03.2016 - 5 Ca 1732/15 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

24

Der Kläger beantragt,

25

die Berufung des beklagten Landes zurückzuweisen.

26

Er ist der Ansicht, das Arbeitsgericht habe zutreffend entschieden. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ende die Promotionsphase eben nicht mit dem Einreichen der Dissertation, sondern erst dann, wenn alle erforderlichen Leistungen erbracht seien. Der Kläger habe das Promotionsverfahren, wie von der University of C. bescheinigt, am 07.07.2006 abgeschlossen. Die Höchstbefristungsdauer sei somit überschritten. Der Kläger verteidigt auch die Ausführungen des Arbeitsgerichts zur Kündigung. Die Universität A-Stadt verfüge durchaus über besetzbare Stellen der Entgeltgruppe 14 TV-L.

27

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen, die Sitzungsprotokolle sowie das angegriffene arbeitsgerichtliche Urteil verwiesen.

Entscheidungsgründe

28

Die Berufung des beklagten Landes ist zulässig, aber nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat der Klage zu Recht und mit der zutreffenden Begründung stattgegeben. Das Berufungsgericht nimmt zunächst Bezug auf die Ausführungen des Arbeitsgerichts.

29

1. Befristung vom 20.06./24.06.2013 zum 30.09.2015

30

Die Befristung des Arbeitsvertrages vom 20.06./24.06.2013, gegen die sich der Kläger wendet, ist rechtsunwirksam; der befristete Arbeitsvertrag gilt gemäß § 16 Satz 1 TzBfG, § 1 Abs. 1 Satz 5 WissZeitVG als auf unbestimmte Zeit geschlossen.

31

Die Befristung gilt nicht nach § 17 Satz 2 TzBfG, § 7 KSchG als wirksam. Der Kläger hat die Befristungskontrollklage rechtzeitig innerhalb der Frist des § 17 Satz 1 TzBfG erhoben.

32

Bei mehreren aufeinander folgenden befristeten Arbeitsverträgen ist grundsätzlich nur die Befristung des letzten Arbeitsvertrags auf ihre Rechtfertigung zu überprüfen. Durch den Abschluss eines weiteren befristeten Arbeitsvertrags stellen die Parteien ihr Arbeitsverhältnis auf eine neue Rechtsgrundlage, die künftig für ihre Rechtsbeziehungen allein maßgebend ist (BAG, Urteil vom 24. Februar 2016 - 7 AZR 182/14 - Rn. 14, juris = NJW 2016, 2683).

33

Die Befristung von Arbeitsverträgen mit nicht promoviertem wissenschaftlichen und künstlerischen Personal ist nach § 2 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG (hier jeweils in der bis zum 16.03.2016 geltenden Fassung) bis zu einer Dauer von 6 Jahren zulässig. Nach abgeschlossener Promotion, d. h. in der sog. Postdoc-Phase, ist gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 WissZeitVG eine Befristung bis zu einer Dauer von 6 Jahren - im Bereich der Medizin bis zu einer Dauer von 9 Jahren - möglich. Eine Befristung nach § 2 Abs. 1 Satz 2 WissZeitVG kann nur nach Abschluss der Promotion vereinbart werden.

34

Nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 WissZeitVG verlängert sich die zulässige Befristungsdauer in der Postdoc-Phase in dem Umfang, in dem Zeiten einer befristeten Beschäftigung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG und Promotionszeiten ohne Beschäftigung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG zusammen weniger als 6 Jahre betragen haben. Die Anrechnungsregelung stellt sicher, dass die insgesamt zulässige Höchstdauer von 12 bzw. 15 Jahren nicht überschritten wird, andererseits aber auch ausgeschöpft werden kann (BT-Drs. 16/3438 S. 12; BAG, Urteil vom 23. März 2016 - 7 AZR 70/14 - Rn. 45, juris = NZA 2016, 954). Bei der Ermittlung des die Postdoc-Phase verlängernden Zeitraums ist die gesamte Promotionszeit zu berücksichtigen, unabhängig davon, ob sie innerhalb oder außerhalb eines Beschäftigungsverhältnisses im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG zurückgelegt wurde, ob sie im Inland oder im Ausland absolviert wurde oder ob sie vor oder nach Abschluss eines Studiums lag (BT-Drs. 16/3438 S. 12; BAG, Urteil vom 23. März 2016 - 7 AZR 70/14 - Rn. 45, juris = NZA 2016, 954).

35

Für den Zeitpunkt des Abschlusses der Promotion ist - ebenso wie für den Beginn der Promotion - grundsätzlich das Landesrecht und das Satzungsrecht der Universität maßgeblich (BAG, Urteil vom 18. Mai 2016 - 7 AZR 712/14 - Rn. 31, juris = NZA 2017, 254; ErfK/Müller-Glöge, 17. Aufl. 2017, § 2 WissZeitVG, Rn. 3; APS/Schmidt, 5. Aufl. 2017, § 2 WZVG, Rn. 17). Das gilt auch für Promotionen an ausländischen Universitäten und Einrichtungen. Soweit die maßgeblichen Bestimmungen nicht bekannt sind, hat der Arbeitnehmer entsprechende Bescheinigungen vorzulegen, die es dem Arbeitgeber ermöglichen, Beginn und Ende des Promotionsverfahrens rechtssicher festzustellen.

36

Der Zeitpunkt des Promotionsabschlusses ist in zweifacher Hinsicht rechtlich bedeutsam. Zum einen eröffnet er die Möglichkeit einer nochmaligen befristeten Beschäftigung von bis zu 6 Jahren. Der Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrages für die Postdoc-Phase setzt voraus, dass der Arbeitnehmer seine Promotion erfolgreich abgeschlossen hat. Ob eine Promotion erfolgreich ist, steht aber erst nach ihrem Abschluss fest (BAG, Urteil vom 20. Januar 2010 - 7 AZR 753/08 - Rn. 19, juris = NJW 2010, 1622). Zum anderen richtet sich nach diesem Datum die Berechnung, um welche in der ersten Qualifikationsphase nicht ausgeschöpften Zeiten die zweite Qualifikationsphase verlängert werden kann. Der Zeitpunkt des Promotionsabschlusses im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 WissZeitVG ist unabhängig von der rechtlichen Relevanz einheitlich zu bestimmen.

37

Der Kläger hat sein Promotionsverfahren ausweislich der Bescheinigung der University of C. am 07.07.2006 abgeschlossen. An diesem Tag hat er die überarbeitete Endfassung seiner Promotionsschrift abgegeben. Das Promotionsverfahren war nicht bereits im Dezember 2005 abgeschlossen. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Kläger entgegen der Auffassung des beklagten Landes gerade noch nicht alles ihm Mögliche für einen erfolgreichen Abschluss der Promotion getan. Die Verteidigung der Promotion stand noch aus ebenso wie die letztlich erforderliche Überarbeitung der Dissertation. Zwar hat der Doktorand nach Abgabe der Promotion nur eingeschränkt Einfluss auf die Dauer des weiteren Verfahrens. Das rechtfertigt es allerdings nicht, von dem ausdrücklichen gesetzlichen Wortlaut abzuweichen, nach dem die Promotion abgeschlossen sein muss. Sinn und Zweck der Regelung ist es nicht nur, den Nachwuchswissenschaftler dazu anzuhalten, die Qualifizierungsphase zügig voranzutreiben. In gleicher Weise soll auch die Hochschule zu einer zügigen Qualifizierung beitragen, wenn sie das Privileg der befristeten Beschäftigung nutzen will (BT-Drucks. 16/3438 S. 11).

38

Die Promotionszeit des Klägers betrug somit rund 3 Jahre und 9 Monate. Daraus ergab sich die Möglichkeit, die befristeten Beschäftigungen in der Postdoc-Phase über die 6 Jahre hinaus um annähernd weitere 2 Jahre und 3 Monate zu verlängern. Der letzte befristete Arbeitsvertrag überschreitet die Höchstbefristungsdauer um rund 6 Monate. Das beklagte Land kannte die maßgeblichen Daten des Promotionsverfahrens bei Abschluss des streitgegenständlichen befristeten Arbeitsvertrages. Soweit es den Sachverhalt rechtlich anders bewertet hat, ergibt sich aus dem Rechtsfolgenirrtum kein Grund zur Anfechtung des letzten Arbeitsvertrages. Ein Irrtum über die rechtlichen Folgen eines zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bekannten Umstands ist unbeachtlich (BAG, Urteil vom 23. September 2014 - 9 AZR 827/12 - Rn. 28, juris = NZA 2015, 1264).

39

Die Überschreitung der Höchstbefristungsdauer des § 2 Abs. 1 WissZeitVG führt nach § 16 Satz 1 TzBfG zur Unwirksamkeit der Befristung (ErfK/Müller-Glöge, 17. Aufl. 2017, § 2 WissZeitVG, Rn. 8; APS/Schmidt, 5. Aufl. 2017, § 2 WZVG, Rn. 29). Nach § 1 Abs. 1 Satz 5 WissZeitVG sind die arbeitsrechtlichen Vorschriften und Grundsätze über befristete Arbeitsverträge und deren Kündigung anzuwenden, soweit sie den Vorschriften der §§ 2 bis 6 WissZeitVG nicht widersprechen. Da das Wissenschaftszeitvertragsgesetz die Folgen einer unwirksamen Befristung nicht regelt, gelten die Bestimmungen des § 16 TzBfG. Die Überschreitung der Höchstbefristungsdauer nach § 2 Abs. 1 WissZeitVG zieht keine anderen Rechtsfolgen nach sich als zum Beispiel ein Verstoß gegen die zeitlichen Obergrenzen bei der sachgrundlosen Befristung gemäß § 14 Abs. 2 TzBfG (vgl. dazu lag Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 17. April 2013 - 2 Sa 237/12 - juris = ArbRB 2013, 235). Form und Frist der Klageerhebung richten sich ebenfalls nach dem TzBfG.

40

2. Kündigung vom 07.12.2015 zum 30.06.2016

41

Die Kündigung des beklagten Landes vom 07.12.2015 ist unwirksam, da sie gegen § 1 KSchG verstößt.

42

Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als 6 Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist (§ 1 Abs. 1 KSchG). Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist (§ 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG).

43

Dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne von § 1 Abs. 2 KSchG liegen vor, wenn die Umsetzung einer unternehmerischen (Organisations-)Entscheidung auf der betrieblichen Ebene spätestens mit Ablauf der Kündigungsfrist zu einem voraussichtlich dauerhaften Wegfall des Bedarfs an einer Beschäftigung des betroffenen Arbeitnehmers führt (BAG, Urteil vom 20. November 2014 - 2 AZR 512/13 - Rn. 14, juris = NZA 2015, 679; BAG, Urteil vom 31. Juli 2014 - 2 AZR 422/13 - Rn. 31, juris = NJW 2015, 508). Maßgeblicher Zeitpunkt zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Kündigung ist der des Kündigungszugangs (BAG, Urteil vom 23. Februar 2010 - 2 AZR 268/08 - Rn. 16, juris = NJW 2010, 3051).

44

Ein dringendes betriebliches Erfordernis, das einer Weiterbeschäftigung entgegensteht, ist gegeben, wenn die Arbeitskraft des Arbeitnehmers im Betrieb nicht mehr gefordert ist. Der Arbeitgeber ist grundsätzlich nicht gehalten, nicht mehr benötigte Arbeitsplätze und Arbeitskräfte weiterhin zu besetzen bzw. zu beschäftigen. Dabei kommt es de lege lata nicht darauf an, ob die dem Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses zugrunde liegende unternehmerische (Organisations-)Entscheidung ihrerseits - etwa aus wirtschaftlichen Gründen - „dringend“ war oder die Existenz des Unternehmens auch ohne sie nicht gefährdet gewesen wäre. In diesem Sinne ist die unternehmerische Entscheidung zur Umorganisation bis zur Grenze der offensichtlichen Unsachlichkeit, Unvernunft oder Willkür frei (BAG, Urteil vom 20. November 2014 - 2 AZR 512/13 - Rn. 15, juris = NZA 2015, 679; BAG, Urteil vom 31. Juli 2014 - 2 AZR 422/13 - Rn. 31, juris = NJW 2015, 508).

45

Hängt der Wegfall des Beschäftigungsbedarfs von einer solchen unternehmerisch-organisatorischen Maßnahme des Arbeitgebers ab, braucht diese bei Kündigungszugang noch nicht tatsächlich umgesetzt zu sein. Es genügt, dass sie sich konkret und greifbar abzeichnet (BAG, Urteil vom 20. November 2014 - 2 AZR 512/13 - Rn. 16, juris = NZA 2015, 679).

46

Der Arbeitgeber hat die Tatsachen darzulegen und zu beweisen, die die Kündigung bedingen (§ 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG). Läuft die unternehmerische Entscheidung auf eine Streichung von Stellen hinaus, die mit einer Umverteilung der den betroffenen Arbeitnehmern bisher zugewiesenen Aufgaben auf andere Arbeitnehmer einhergeht, muss der Arbeitgeber konkret erläutern, in welchem Umfang und aufgrund welcher Maßnahmen die bisher vom gekündigten Arbeitnehmer ausgeübten Tätigkeiten für diesen zukünftig entfallen. Der Arbeitgeber muss die Auswirkungen seiner unternehmerischen Vorgaben und Planungen auf das erwartete Arbeitsvolumen anhand einer schlüssigen Prognose im Einzelnen darstellen und angeben, wie die anfallenden Arbeiten vom verbliebenen Personal ohne überobligationsmäßige Leistungen, d. h. im Rahmen ihrer vertraglich geschuldeten regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit, erledigt werden können (BAG, Urteil vom 22. Oktober 2015 - 2 AZR 650/14 - Rn. 34, juris = NZA 2016, 630).

47

Das beklagte Land hat weder vorgetragen, welche Organisationsentscheidung es getroffen hat, noch weshalb dadurch die Beschäftigungsmöglichkeiten für Mathematiker in der Entgeltgruppe 14 TV-L ganz oder teilweise wegfallen. Es liegen keine Hinweise auf eine Verringerung der Arbeitsmenge vor. Ebenso wenig hat sich das beklagte Land auf eine Umverteilung der Aufgaben an der Universität A-Stadt berufen. Der Kläger ist mit Aufgaben in den Bereichen Forschung und Lehre betraut. Diese Aufgaben bestehen fort, ohne dass ein Rückgang des Arbeitsvolumens ersichtlich ist. Lehrveranstaltungen, die der Kläger bislang durchgeführt hat bzw. die er übernehmen kann, werden weiterhin angeboten. Ebenso führt die Universität weiterhin Forschungsprojekte im Bereich Mathematik durch. Soweit die Universität darauf bedacht ist, hierfür möglichst befristet Beschäftigte einzusetzen, um ihnen eine Qualifizierung zu ermöglichen, ändert das nichts an der vorhandenen Arbeitsmenge. Die Entscheidung der Universität, bestimmte Daueraufgaben ganz oder teilweise durch befristet Beschäftigte wahrnehmen zu lassen und hierfür entsprechende Stellen vorzusehen, führt nicht zu einem Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses.

48

Die fachliche Ausrichtung des Klägers steht einer Weiterbeschäftigung im Betrieb nicht entgegen. Bei Ausspruch der Kündigung im Dezember 2015 war noch der bisherige Lehrstuhlinhaber im Dienst. Eine endgültige und greifbare unternehmerische Entscheidung für eine grundlegende Neuausrichtung oder Umwidmung des Lehrstuhls gab es nicht. Es ist nicht erkennbar, weshalb der Kläger seine bisherige Lehr- und Forschungstätigkeit bei einem Wechsel des Lehrstuhlinhabers bzw. einem Wechsel des Lehrstuhls nicht mehr, und zwar auch nicht nach angemessener Einarbeitungszeit, ausüben kann.

49

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 04. Juli 2017 - 5 Sa 219/16

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 04. Juli 2017 - 5 Sa 219/16

Referenzen - Gesetze

Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 04. Juli 2017 - 5 Sa 219/16 zitiert 13 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 1 Sozial ungerechtfertigte Kündigungen


(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt is

Teilzeit- und Befristungsgesetz - TzBfG | § 14 Zulässigkeit der Befristung


(1) Die Befristung eines Arbeitsvertrages ist zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Ein sachlicher Grund liegt insbesondere vor, wenn 1. der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht,2. die Bef

Teilzeit- und Befristungsgesetz - TzBfG | § 17 Anrufung des Arbeitsgerichts


Will der Arbeitnehmer geltend machen, dass die Befristung eines Arbeitsvertrages rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach dem vereinbarten Ende des befristeten Arbeitsvertrages Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben,

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 7 Wirksamwerden der Kündigung


Wird die Rechtsunwirksamkeit einer Kündigung nicht rechtzeitig geltend gemacht (§ 4 Satz 1, §§ 5 und 6), so gilt die Kündigung als von Anfang an rechtswirksam; ein vom Arbeitnehmer nach § 2 erklärter Vorbehalt erlischt.

Wissenschaftszeitvertragsgesetz - WissZeitVG | § 2 Befristungsdauer; Befristung wegen Drittmittelfinanzierung


(1) Die Befristung von Arbeitsverträgen des in § 1 Absatz 1 Satz 1 genannten Personals, das nicht promoviert ist, ist bis zu einer Dauer von sechs Jahren zulässig, wenn die befristete Beschäftigung zur Förderung der eigenen wissenschaftlichen oder kü

Gesetz über befristete Arbeitsverträge in der Wissenschaft


Wissenschaftszeitvertragsgesetz - WissZeitVG

Wissenschaftszeitvertragsgesetz - WissZeitVG | § 1 Befristung von Arbeitsverträgen


(1) Für den Abschluss von Arbeitsverträgen für eine bestimmte Zeit (befristete Arbeitsverträge) mit wissenschaftlichem und künstlerischem Personal mit Ausnahme der Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer an Einrichtungen des Bildungswesens, die nach

Teilzeit- und Befristungsgesetz - TzBfG | § 16 Folgen unwirksamer Befristung


Ist die Befristung rechtsunwirksam, so gilt der befristete Arbeitsvertrag als auf unbestimmte Zeit geschlossen; er kann vom Arbeitgeber frühestens zum vereinbarten Ende ordentlich gekündigt werden, sofern nicht nach § 15 Absatz 4 die ordentliche Künd

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 04. Juli 2017 - 5 Sa 219/16 zitiert oder wird zitiert von 9 Urteil(en).

Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 04. Juli 2017 - 5 Sa 219/16 zitiert 9 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 18. Mai 2016 - 7 AZR 712/14

bei uns veröffentlicht am 18.05.2016

Tenor 1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 5. August 2014 - 16 Sa 589/14 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 24. Feb. 2016 - 7 AZR 182/14

bei uns veröffentlicht am 24.02.2016

Tenor Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 24. Februar 2014 - 1 Sa 8/13 - teilweise aufgehoben, soweit das Landesarbeitsgericht die B

Bundesarbeitsgericht Urteil, 22. Okt. 2015 - 2 AZR 650/14

bei uns veröffentlicht am 22.10.2015

Tenor Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 27. Juni 2014 - 18 Sa 67/14 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 20. Nov. 2014 - 2 AZR 512/13

bei uns veröffentlicht am 20.11.2014

Tenor 1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Thüringer Landesarbeitsgerichts vom 27. September 2012 - 2 Sa 408/11 - aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 23. Sept. 2014 - 9 AZR 827/12

bei uns veröffentlicht am 23.09.2014

Tenor 1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 17. April 2012 - 13 Sa 1210/11 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 31. Juli 2014 - 2 AZR 422/13

bei uns veröffentlicht am 31.07.2014

Tenor Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 19. Februar 2013 - 16 Sa 1652/12 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 17. Apr. 2013 - 2 Sa 237/12

bei uns veröffentlicht am 17.04.2013

Tenor I. Die Berufung der Beklagten wird auf ihre Kosten zurückgewiesen. II. Die Revision wird nicht zugelassen Tatbestand 1 Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Anfechtung des Arbeitsvertrages sowie über die Wirksamkeit einer..

Bundesarbeitsgericht Urteil, 23. Feb. 2010 - 2 AZR 268/08

bei uns veröffentlicht am 23.02.2010

Tenor Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg - Kammern Mannheim - vom 12. März 2008 - 12 Sa 54/07 - wird auf seine Kosten zurückgewies

Bundesarbeitsgericht Urteil, 20. Jan. 2010 - 7 AZR 753/08

bei uns veröffentlicht am 20.01.2010

Tenor Die Revision des beklagten Landes gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 8. Juli 2008 - 2 Sa 2/08 - wird zurückgewiesen.

Referenzen

(1) Die Befristung von Arbeitsverträgen des in § 1 Absatz 1 Satz 1 genannten Personals, das nicht promoviert ist, ist bis zu einer Dauer von sechs Jahren zulässig, wenn die befristete Beschäftigung zur Förderung der eigenen wissenschaftlichen oder künstlerischen Qualifizierung erfolgt. Nach abgeschlossener Promotion ist eine Befristung bis zu einer Dauer von sechs Jahren, im Bereich der Medizin bis zu einer Dauer von neun Jahren, zulässig, wenn die befristete Beschäftigung zur Förderung der eigenen wissenschaftlichen oder künstlerischen Qualifizierung erfolgt; die zulässige Befristungsdauer verlängert sich in dem Umfang, in dem Zeiten einer befristeten Beschäftigung nach Satz 1 und Promotionszeiten ohne Beschäftigung nach Satz 1 zusammen weniger als sechs Jahre betragen haben. Die vereinbarte Befristungsdauer ist jeweils so zu bemessen, dass sie der angestrebten Qualifizierung angemessen ist. Die nach den Sätzen 1 und 2 insgesamt zulässige Befristungsdauer verlängert sich bei Betreuung eines oder mehrerer Kinder unter 18 Jahren um zwei Jahre je Kind. Satz 4 gilt auch, wenn hinsichtlich des Kindes die Voraussetzungen des § 15 Absatz 1 Satz 1 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes vorliegen. Die nach den Sätzen 1 und 2 insgesamt zulässige Befristungsdauer verlängert sich bei Vorliegen einer Behinderung nach § 2 Absatz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch oder einer schwerwiegenden chronischen Erkrankung um zwei Jahre. Innerhalb der jeweils zulässigen Befristungsdauer sind auch Verlängerungen eines befristeten Arbeitsvertrages möglich.

(2) Die Befristung von Arbeitsverträgen des in § 1 Abs. 1 Satz 1 genannten Personals ist auch zulässig, wenn die Beschäftigung überwiegend aus Mitteln Dritter finanziert wird, die Finanzierung für eine bestimmte Aufgabe und Zeitdauer bewilligt ist und die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter überwiegend der Zweckbestimmung dieser Mittel entsprechend beschäftigt wird; die vereinbarte Befristungsdauer soll dem bewilligten Projektzeitraum entsprechen.

(3) Auf die in Absatz 1 geregelte zulässige Befristungsdauer sind alle befristeten Arbeitsverhältnisse mit mehr als einem Viertel der regelmäßigen Arbeitszeit, die mit einer deutschen Hochschule oder einer Forschungseinrichtung im Sinne des § 5 abgeschlossen wurden, sowie entsprechende Beamtenverhältnisse auf Zeit und Privatdienstverträge nach § 3 anzurechnen. Angerechnet werden auch befristete Arbeitsverhältnisse, die nach anderen Rechtsvorschriften abgeschlossen wurden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Arbeitsverhältnisse nach § 6 sowie vergleichbare studienbegleitende Beschäftigungen, die auf anderen Rechtsvorschriften beruhen.

(4) Im Arbeitsvertrag ist anzugeben, ob die Befristung auf den Vorschriften dieses Gesetzes beruht. Fehlt diese Angabe, kann die Befristung nicht auf Vorschriften dieses Gesetzes gestützt werden. Die Dauer der Befristung muss bei Arbeitsverträgen nach Absatz 1 kalendermäßig bestimmt oder bestimmbar sein.

(5) Die jeweilige Dauer eines befristeten Arbeitsvertrages nach Absatz 1 verlängert sich im Einverständnis mit der Mitarbeiterin oder dem Mitarbeiter um

1.
Zeiten einer Beurlaubung oder einer Ermäßigung der Arbeitszeit um mindestens ein Fünftel der regelmäßigen Arbeitszeit, die für die Betreuung oder Pflege eines oder mehrerer Kinder unter 18 Jahren, auch wenn hinsichtlich des Kindes die Voraussetzungen des § 15 Absatz 1 Satz 1 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes vorliegen, oder pflegebedürftiger sonstiger Angehöriger gewährt worden sind,
2.
Zeiten einer Beurlaubung für eine wissenschaftliche oder künstlerische Tätigkeit oder eine außerhalb des Hochschulbereichs oder im Ausland durchgeführte wissenschaftliche, künstlerische oder berufliche Aus-, Fort- oder Weiterbildung,
3.
Zeiten einer Inanspruchnahme von Elternzeit nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz und Zeiten eines Beschäftigungsverbots nach den §§ 3 bis 6, 10 Absatz 3, § 13 Absatz 1 Nummer 3 und § 16 des Mutterschutzgesetzes in dem Umfang, in dem eine Erwerbstätigkeit nicht erfolgt ist,
4.
Zeiten des Grundwehr- und Zivildienstes,
5.
Zeiten einer Freistellung im Umfang von mindestens einem Fünftel der regelmäßigen Arbeitszeit zur Wahrnehmung von Aufgaben in einer Personal- oder Schwerbehindertenvertretung, von Aufgaben eines oder einer Frauen- oder Gleichstellungsbeauftragten oder zur Ausübung eines mit dem Arbeitsverhältnis zu vereinbarenden Mandats und
6.
Zeiten einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit, in denen ein gesetzlicher oder tarifvertraglicher Anspruch auf Entgeltfortzahlung nicht besteht.
In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1, 2 und 5 soll die Verlängerung die Dauer von jeweils zwei Jahren nicht überschreiten. Zeiten nach Satz 1 Nummer 1 bis 6 werden in dem Umfang, in dem sie zu einer Verlängerung eines befristeten Arbeitsvertrages führen können, nicht auf die nach Absatz 1 zulässige Befristungsdauer angerechnet.

Ist die Befristung rechtsunwirksam, so gilt der befristete Arbeitsvertrag als auf unbestimmte Zeit geschlossen; er kann vom Arbeitgeber frühestens zum vereinbarten Ende ordentlich gekündigt werden, sofern nicht nach § 15 Absatz 4 die ordentliche Kündigung zu einem früheren Zeitpunkt möglich ist. Ist die Befristung nur wegen des Mangels der Schriftform unwirksam, kann der Arbeitsvertrag auch vor dem vereinbarten Ende ordentlich gekündigt werden.

(1) Die Befristung von Arbeitsverträgen des in § 1 Absatz 1 Satz 1 genannten Personals, das nicht promoviert ist, ist bis zu einer Dauer von sechs Jahren zulässig, wenn die befristete Beschäftigung zur Förderung der eigenen wissenschaftlichen oder künstlerischen Qualifizierung erfolgt. Nach abgeschlossener Promotion ist eine Befristung bis zu einer Dauer von sechs Jahren, im Bereich der Medizin bis zu einer Dauer von neun Jahren, zulässig, wenn die befristete Beschäftigung zur Förderung der eigenen wissenschaftlichen oder künstlerischen Qualifizierung erfolgt; die zulässige Befristungsdauer verlängert sich in dem Umfang, in dem Zeiten einer befristeten Beschäftigung nach Satz 1 und Promotionszeiten ohne Beschäftigung nach Satz 1 zusammen weniger als sechs Jahre betragen haben. Die vereinbarte Befristungsdauer ist jeweils so zu bemessen, dass sie der angestrebten Qualifizierung angemessen ist. Die nach den Sätzen 1 und 2 insgesamt zulässige Befristungsdauer verlängert sich bei Betreuung eines oder mehrerer Kinder unter 18 Jahren um zwei Jahre je Kind. Satz 4 gilt auch, wenn hinsichtlich des Kindes die Voraussetzungen des § 15 Absatz 1 Satz 1 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes vorliegen. Die nach den Sätzen 1 und 2 insgesamt zulässige Befristungsdauer verlängert sich bei Vorliegen einer Behinderung nach § 2 Absatz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch oder einer schwerwiegenden chronischen Erkrankung um zwei Jahre. Innerhalb der jeweils zulässigen Befristungsdauer sind auch Verlängerungen eines befristeten Arbeitsvertrages möglich.

(2) Die Befristung von Arbeitsverträgen des in § 1 Abs. 1 Satz 1 genannten Personals ist auch zulässig, wenn die Beschäftigung überwiegend aus Mitteln Dritter finanziert wird, die Finanzierung für eine bestimmte Aufgabe und Zeitdauer bewilligt ist und die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter überwiegend der Zweckbestimmung dieser Mittel entsprechend beschäftigt wird; die vereinbarte Befristungsdauer soll dem bewilligten Projektzeitraum entsprechen.

(3) Auf die in Absatz 1 geregelte zulässige Befristungsdauer sind alle befristeten Arbeitsverhältnisse mit mehr als einem Viertel der regelmäßigen Arbeitszeit, die mit einer deutschen Hochschule oder einer Forschungseinrichtung im Sinne des § 5 abgeschlossen wurden, sowie entsprechende Beamtenverhältnisse auf Zeit und Privatdienstverträge nach § 3 anzurechnen. Angerechnet werden auch befristete Arbeitsverhältnisse, die nach anderen Rechtsvorschriften abgeschlossen wurden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Arbeitsverhältnisse nach § 6 sowie vergleichbare studienbegleitende Beschäftigungen, die auf anderen Rechtsvorschriften beruhen.

(4) Im Arbeitsvertrag ist anzugeben, ob die Befristung auf den Vorschriften dieses Gesetzes beruht. Fehlt diese Angabe, kann die Befristung nicht auf Vorschriften dieses Gesetzes gestützt werden. Die Dauer der Befristung muss bei Arbeitsverträgen nach Absatz 1 kalendermäßig bestimmt oder bestimmbar sein.

(5) Die jeweilige Dauer eines befristeten Arbeitsvertrages nach Absatz 1 verlängert sich im Einverständnis mit der Mitarbeiterin oder dem Mitarbeiter um

1.
Zeiten einer Beurlaubung oder einer Ermäßigung der Arbeitszeit um mindestens ein Fünftel der regelmäßigen Arbeitszeit, die für die Betreuung oder Pflege eines oder mehrerer Kinder unter 18 Jahren, auch wenn hinsichtlich des Kindes die Voraussetzungen des § 15 Absatz 1 Satz 1 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes vorliegen, oder pflegebedürftiger sonstiger Angehöriger gewährt worden sind,
2.
Zeiten einer Beurlaubung für eine wissenschaftliche oder künstlerische Tätigkeit oder eine außerhalb des Hochschulbereichs oder im Ausland durchgeführte wissenschaftliche, künstlerische oder berufliche Aus-, Fort- oder Weiterbildung,
3.
Zeiten einer Inanspruchnahme von Elternzeit nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz und Zeiten eines Beschäftigungsverbots nach den §§ 3 bis 6, 10 Absatz 3, § 13 Absatz 1 Nummer 3 und § 16 des Mutterschutzgesetzes in dem Umfang, in dem eine Erwerbstätigkeit nicht erfolgt ist,
4.
Zeiten des Grundwehr- und Zivildienstes,
5.
Zeiten einer Freistellung im Umfang von mindestens einem Fünftel der regelmäßigen Arbeitszeit zur Wahrnehmung von Aufgaben in einer Personal- oder Schwerbehindertenvertretung, von Aufgaben eines oder einer Frauen- oder Gleichstellungsbeauftragten oder zur Ausübung eines mit dem Arbeitsverhältnis zu vereinbarenden Mandats und
6.
Zeiten einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit, in denen ein gesetzlicher oder tarifvertraglicher Anspruch auf Entgeltfortzahlung nicht besteht.
In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1, 2 und 5 soll die Verlängerung die Dauer von jeweils zwei Jahren nicht überschreiten. Zeiten nach Satz 1 Nummer 1 bis 6 werden in dem Umfang, in dem sie zu einer Verlängerung eines befristeten Arbeitsvertrages führen können, nicht auf die nach Absatz 1 zulässige Befristungsdauer angerechnet.

Ist die Befristung rechtsunwirksam, so gilt der befristete Arbeitsvertrag als auf unbestimmte Zeit geschlossen; er kann vom Arbeitgeber frühestens zum vereinbarten Ende ordentlich gekündigt werden, sofern nicht nach § 15 Absatz 4 die ordentliche Kündigung zu einem früheren Zeitpunkt möglich ist. Ist die Befristung nur wegen des Mangels der Schriftform unwirksam, kann der Arbeitsvertrag auch vor dem vereinbarten Ende ordentlich gekündigt werden.

(1) Für den Abschluss von Arbeitsverträgen für eine bestimmte Zeit (befristete Arbeitsverträge) mit wissenschaftlichem und künstlerischem Personal mit Ausnahme der Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer an Einrichtungen des Bildungswesens, die nach Landesrecht staatliche Hochschulen sind, gelten die §§ 2, 3 und 6. Von diesen Vorschriften kann durch Vereinbarung nicht abgewichen werden. Durch Tarifvertrag kann für bestimmte Fachrichtungen und Forschungsbereiche von den in § 2 Abs. 1 vorgesehenen Fristen abgewichen und die Anzahl der zulässigen Verlängerungen befristeter Arbeitsverträge festgelegt werden. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Vertragsparteien die Anwendung der tariflichen Regelungen vereinbaren. Die arbeitsrechtlichen Vorschriften und Grundsätze über befristete Arbeitsverträge und deren Kündigung sind anzuwenden, soweit sie den Vorschriften der §§ 2 bis 6 nicht widersprechen.

(2) Unberührt bleibt das Recht der Hochschulen, das in Absatz 1 Satz 1 bezeichnete Personal auch in unbefristeten oder nach Maßgabe des Teilzeit- und Befristungsgesetzes befristeten Arbeitsverhältnissen zu beschäftigen.

Will der Arbeitnehmer geltend machen, dass die Befristung eines Arbeitsvertrages rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach dem vereinbarten Ende des befristeten Arbeitsvertrages Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis auf Grund der Befristung nicht beendet ist. Die §§ 5 bis 7 des Kündigungsschutzgesetzes gelten entsprechend. Wird das Arbeitsverhältnis nach dem vereinbarten Ende fortgesetzt, so beginnt die Frist nach Satz 1 mit dem Zugang der schriftlichen Erklärung des Arbeitgebers, dass das Arbeitsverhältnis auf Grund der Befristung beendet sei.

Wird die Rechtsunwirksamkeit einer Kündigung nicht rechtzeitig geltend gemacht (§ 4 Satz 1, §§ 5 und 6), so gilt die Kündigung als von Anfang an rechtswirksam; ein vom Arbeitnehmer nach § 2 erklärter Vorbehalt erlischt.

Will der Arbeitnehmer geltend machen, dass die Befristung eines Arbeitsvertrages rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach dem vereinbarten Ende des befristeten Arbeitsvertrages Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis auf Grund der Befristung nicht beendet ist. Die §§ 5 bis 7 des Kündigungsschutzgesetzes gelten entsprechend. Wird das Arbeitsverhältnis nach dem vereinbarten Ende fortgesetzt, so beginnt die Frist nach Satz 1 mit dem Zugang der schriftlichen Erklärung des Arbeitgebers, dass das Arbeitsverhältnis auf Grund der Befristung beendet sei.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 24. Februar 2014 - 1 Sa 8/13 - teilweise aufgehoben, soweit das Landesarbeitsgericht die Berufung des Klägers gegen die im Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 13. März 2013 - 29 Ca 7466/12 - erfolgte Abweisung des Antrags festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgrund der in dem Anstellungsvertrag vom 27. September 2012 vereinbarten Befristung mit Ablauf des 31. Dezember 2012 endete, zurückgewiesen hat.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten im Wesentlichen darüber, ob das Arbeitsverhältnis zwischen ihnen aufgrund arbeitsvertraglicher Befristung mit Ablauf des 31. Dezember 2012 geendet hat.

2

Der Kläger studierte Sport- und Politikwissenschaften an der Universität Stuttgart. Nach Abschluss seines Studiums fertigte er eine Dissertation über „Handlungsmöglichkeiten nationaler Sportverbände im Zeitalter der Globalisierung“ an. Am 12. November 2007 wurde er promoviert. Am 9. Februar 2009 wurde der Kläger von dem beklagten Land auf der Grundlage des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG) für die Zeit vom 1. April 2009 bis zum 31. März 2011 als akademischer Mitarbeiter mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 50 vH einer Vollzeitkraft eingestellt. In dieser Funktion war er seit dem 1. April 2009 am Institut für Sport- und Bewegungswissenschaft der Universität Stuttgart beschäftigt.

3

Am 23. August 2010 schlossen die Parteien einen weiteren befristeten Arbeitsvertrag nach dem WissZeitVG für die Zeit vom 1. April 2011 bis zum 30. September 2012.

4

Nach der Dienstaufgabenbeschreibung vom 6. Oktober 2010 hatte der Kläger Tätigkeiten in Lehre und Forschung zu jeweils 50 vH zu erbringen. Der Umfang der Lehrverpflichtung belief sich auf sechs Lehrveranstaltungsstunden wöchentlich während der Vorlesungszeit. Die Dienstaufgabenbeschreibung sah eine Möglichkeit zur Weiterqualifikation nicht vor. Der Kläger hielt verschiedene Lehrveranstaltungen ab, arbeitete an Projekten mit und übernahm während der Vakanz der Abteilungsleitung Sportsoziologie die Funktion eines wissenschaftlichen Koordinators.

5

Zuletzt schlossen die Parteien am 27. September 2012 einen befristeten Arbeitsvertrag für die Zeit vom 1. Oktober 2012 bis zum 31. Dezember 2012. In dieser Zeit bestand die Aufgabe des Klägers in erster Linie darin, an der Überarbeitung einer Antragsskizze für das Graduiertenkolleg der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) „Mobilität, Technik und Umwelt: Chancen und Risiken für ein Gelingen des Alterns“ mitzuarbeiten. Die Antragsskizze, die am 1. Oktober 2012 bereits im Entwurf vorlag, stellte die erste Stufe in einem zweistufigen Antragsverfahren dar. Ein vollständiger Antrag kann erst nach deren Begutachtung bei der DFG eingereicht werden. Eine neue Dienstaufgabenbeschreibung über die Tätigkeit ab dem 1. Oktober 2012 wurde für den Kläger nicht erstellt. Neben den Arbeiten an der Antragsskizze nahm der Kläger Lehraufgaben im Rahmen des Master-Online-Studiengangs „Integrierte Gerontologie“ wahr und wirkte als Dozent im Modul „Empirische Forschungsmethoden“ der Veranstaltung „Quantitative Sozialforschung und Statistik“ mit. Zwischen den Parteien ist streitig, ob diese Lehrtätigkeiten im Rahmen des Arbeitsverhältnisses oder eines gesonderten Lehrauftrags erfolgten.

6

Mit der am 18. Oktober 2012 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger sowohl die Unwirksamkeit der im Arbeitsvertrag vom 23. August 2010 als auch die Unwirksamkeit der im Arbeitsvertrag vom 27. September 2012 vereinbarten Befristung geltend gemacht und die Auffassung vertreten, dass beide Befristungsabreden einer Befristungskontrolle unterzogen werden könnten. Mit Einfügung der dreiwöchigen Klagefrist in § 17 Satz 1 TzBfG könne nicht mehr angenommen werden, dass die Parteien mit dem Abschluss eines weiteren befristeten Arbeitsvertrags etwaige vorhergehende unbefristete Arbeitsverträge automatisch aufgehoben hätten. Bei dem Arbeitsvertrag vom 27. September 2012 handele es sich zudem nicht um einen eigenständig zu überprüfenden befristeten Arbeitsvertrag, sondern um eine unselbständige Annexvereinbarung zum Vertrag vom 23. August 2010, mit der lediglich die Vertragslaufzeit geringfügig um drei Monate verlängert worden sei. Die Befristungen könnten nicht auf das WissZeitVG gestützt werden, weil er nicht dem wissenschaftlichen Personal angehört habe. Die im befristeten Arbeitsvertrag vom 23. August 2010 vereinbarten Tätigkeiten hätten von ihm keine wissenschaftliche Dienstleistung erfordert. Dies gelte insbesondere für seine Aufgaben in der Lehre. Auch die Überarbeitung der Antragsskizze während der Zeit vom 1. Oktober 2012 bis 31. Dezember 2012 sei nicht als wissenschaftliche Tätigkeit zu qualifizieren.

7

Der Kläger hat beantragt:

        

1.    

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht aufgrund der in dem Anstellungsvertrag vom 23. August 2010 vereinbarten Befristung mit Ablauf des 30. September 2012 endete.

        

2.    

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht aufgrund der in dem Anstellungsvertrag vom 23. August 2010 vereinbarten Befristung mit Ablauf des 31. Dezember 2012 endete.

        

3.    

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht aufgrund der in dem Anstellungsvertrag vom 27. September 2012 vereinbarten Befristung mit Ablauf des 31. Dezember 2012 endete.

        

4.    

Hilfsweise hierzu: Das beklagte Land wird verurteilt, dem Kläger ab dem 1. Januar 2013 einen unbefristeten Arbeitsvertrag als akademischer Mitarbeiter unter Inbezugnahme des TV-L sowie einer Vergütung mit zumindest Entgeltgruppe 13 anzubieten.

8

Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat die Auffassung vertreten, die Befristung des Arbeitsvertrags zum 31. Dezember 2012 sei nach § 2 Abs. 1 Satz 2 WissZeitVG wirksam. Die Überarbeitung der Antragsskizze für das DFG-Projekt im Rahmen des Arbeitsvertrags vom 27. September 2012 sei eine wissenschaftliche Tätigkeit. Außerdem sei die Befristung auch aufgrund des vorübergehenden projektbedingten personellen Mehrbedarfs, aus haushaltsrechtlichen Gründen bzw. wegen der Vergütung des Klägers aus Drittmitteln sachlich gerechtfertigt.

9

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seine Anträge weiter. Das beklagte Land beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision des Klägers ist begründet, soweit das Landesarbeitsgericht den Antrag zu 3. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht aufgrund der in dem Anstellungsvertrag vom 27. September 2012 vereinbarten Befristung mit Ablauf des 31. Dezember 2012 endete, abgewiesen hat. Insoweit ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen. Im Übrigen hat die Revision keinen Erfolg.

11

I. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht den Antrag zu 1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht aufgrund der in dem Arbeitsvertrag vom 23. August 2010 vereinbarten Befristung mit Ablauf des 30. September 2012 endete, abgewiesen.

12

1. Die Befristung zu diesem Zeitpunkt gilt nicht nach § 17 Satz 2 TzBfG iVm. § 7 Halbs. 1 KSchG als wirksam. Mit dem Antrag zu 1. hat der Kläger rechtzeitig eine zulässige Befristungskontrollklage iSv. § 1 Abs. 1 Satz 5 WissZeitVG iVm. § 17 Satz 1 TzBfG erhoben. Er hat die Rechtsunwirksamkeit der Befristung im Arbeitsvertrag vom 23. August 2010 mit der am 18. Oktober 2012 beim Arbeitsgericht eingegangenen und dem beklagten Land am 27. Oktober 2012 zugestellten Klage geltend gemacht. Damit hat er die in § 17 Satz 1 TzBfG bestimmte dreiwöchige Klagefrist gewahrt.

13

2. Der Kläger kann jedoch die etwaige Unwirksamkeit dieser Befristung aufgrund des vorbehaltlosen Abschlusses des weiteren befristeten Arbeitsvertrags vom 27. September 2012 nicht mehr erfolgreich geltend machen.

14

a) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist bei mehreren aufeinander folgenden befristeten Arbeitsverträgen grundsätzlich nur die Befristung des letzten Arbeitsvertrags auf ihre Rechtfertigung zu überprüfen. Durch den Abschluss eines weiteren befristeten Arbeitsvertrags stellen die Parteien ihr Arbeitsverhältnis auf eine neue Rechtsgrundlage, die künftig für ihre Rechtsbeziehungen allein maßgebend ist. Damit wird zugleich ein etwaiges unbefristetes Arbeitsverhältnis aufgehoben. Die Parteien können allerdings in einem nachfolgenden befristeten Arbeitsvertrag dem Arbeitnehmer ausdrücklich oder konkludent das Recht vorbehalten, die Wirksamkeit der vorangegangenen Befristung prüfen zu lassen. In diesem Fall ist die arbeitsgerichtliche Befristungskontrolle auch für den davor liegenden Vertrag eröffnet. Dazu reicht ein vom Arbeitnehmer einseitig erklärter Vorbehalt nicht aus. Der Vorbehalt muss vielmehr - ausdrücklich oder konkludent - vertraglich vereinbart sein. Ob ein derartiger Vorbehalt vereinbart wurde, ist vom Gericht der Tatsacheninstanz durch Auslegung der bei Abschluss des Folgevertrags abgegebenen ausdrücklichen und konkludenten Erklärungen der Parteien zu ermitteln (BAG 18. Juli 2012 - 7 AZR 443/09 - Rn. 12, BAGE 142, 308; 24. August 2011 - 7 AZR 228/10 - Rn. 50 f., BAGE 139, 109; 14. Februar 2007 - 7 AZR 95/06 - Rn. 15 mwN, BAGE 121, 247).

15

b) An dieser Rechtsprechung hält der Senat entgegen der teilweise im Schrifttum geäußerten und vom Landesarbeitsgericht erwogenen Auffassung, nach Einführung der dreiwöchigen Klagefrist zur Geltendmachung der Unwirksamkeit einer Befristung sei der vorbehaltlose Neuabschluss eines befristeten Vertrags vor Ablauf der Klagefrist nicht regelmäßig als Verzicht auf die Geltendmachung der Unwirksamkeit der Befristung des Vorgängervertrags auszulegen (vgl. etwa APS/Backhaus 4. Aufl. § 17 TzBfG Rn. 65 mwN), fest.

16

§ 17 Satz 1 TzBfG bestimmt lediglich die Klagefrist, innerhalb derer die Unwirksamkeit einer Befristung geltend gemacht werden muss. Die Vorschrift regelt nicht, wie sich der Abschluss eines weiteren befristeten Arbeitsvertrags für die Zeit nach dem Ende des bisherigen Vertrags auswirkt. § 17 Satz 1 TzBfG sieht nicht - ähnlich wie § 2 KSchG bei Kündigungen - die Möglichkeit vor, ein Angebot auf Abschluss eines weiteren befristeten Arbeitsvertrags unter dem einseitig vom Arbeitnehmer erklärten Vorbehalt der gerichtlichen Überprüfung der vorangegangenen Befristung anzunehmen. Aus § 17 Satz 1 TzBfG kann daher nicht abgeleitet werden, dass bis zum Ablauf der Klagefrist die Geltung eines Anschlussarbeitsvertrags unter dem immanenten Vorbehalt einer wirksamen gerichtlichen Anfechtung der Befristungsabrede in dem vormaligen Arbeitsvertrag steht. Allein die von dem Arbeitgeber nach § 17 Satz 1 TzBfG zu tragende Unsicherheit, dass der Arbeitnehmer möglicherweise Befristungskontrollklage erhebt, beschränkt ihn nicht in der Freiheit, dem Arbeitnehmer schon vor Ablauf der Frist des § 17 Satz 1 TzBfG einen befristeten Folgevertrag anzubieten, mit dem ein etwaiges unbefristetes Arbeitsverhältnis aufgehoben wird. Beabsichtigt der Arbeitnehmer, die Befristung des bisherigen Arbeitsvertrags auf ihre Wirksamkeit gerichtlich überprüfen zu lassen, muss er deshalb mit dem Arbeitgeber bei Abschluss des Folgevertrags einen entsprechenden Vorbehalt vereinbaren. Der Arbeitgeber ist zur Vereinbarung eines Vorbehalts nicht verpflichtet; das Festhalten an dem Angebot des vorbehaltlosen Anschlussvertrags stellt keine Maßregelung iSd. § 612a BGB dar(vgl. BAG 14. Februar 2007 - 7 AZR 95/06 - Rn. 23, BAGE 121, 247). Schließt der Arbeitnehmer den Folgevertrag ohne Vereinbarung eines Vorbehalts ab, ist die in dem vorangegangenen Vertrag vereinbarte Befristung für die Rechtsbeziehung der Parteien nicht mehr maßgeblich. Für eine gerichtliche Kontrolle dieser Befristung ist daher kein Raum. Das Schriftformerfordernis des § 623 BGB steht diesem Verständnis nicht entgegen. Die konkludente Aufhebung eines vormaligen Arbeitsverhältnisses durch einen vorbehaltlos geschlossenen schriftlichen Anschlussvertrag genügt dem Schriftformerfordernis des § 623 BGB(vgl. zur konkludenten Aufhebung eines Arbeitsvertrags durch einen Geschäftsführerdienstvertrag bei Identität der Parteien BAG 24. Oktober 2013 - 2 AZR 1078/12 - Rn. 24; 3. Februar 2009 - 5 AZB 100/08 - Rn. 8; 19. Juli 2007 - 6 AZR 774/06 - Rn. 23, BAGE 123, 294).

17

c) Danach unterliegt die in dem Arbeitsvertrag vom 23. August 2010 vereinbarte Befristung zum 30. September 2012 nicht der Befristungskontrolle. Durch den vorbehaltlosen Abschluss des weiteren befristeten Arbeitsvertrags vom 27. September 2012 haben die Parteien ihr Arbeitsverhältnis auf eine neue, für die Zukunft allein maßgebliche rechtliche Grundlage gestellt und ein etwaiges unbefristetes Arbeitsverhältnis damit aufgehoben. Auf die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Befristung vom 23. August 2010 sei nach § 2 Abs. 1 WissZeitVG wirksam, weil der Kläger als akademischer Mitarbeiter zum wissenschaftlichen Personal iSd. § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG zähle, kommt es daher nicht an.

18

II. Das Landesarbeitsgericht hat den Antrag zu 2., mit dem der Kläger geltend macht, das Arbeitsverhältnis habe nicht aufgrund der in dem Anstellungsvertrag vom 23. August 2010 vereinbarten Befristung am 31. Dezember 2012 geendet, zutreffend wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig abgewiesen.

19

1. In dem Vertrag vom 23. August 2010 haben die Parteien keine Befristung zum 31. Dezember 2012, sondern zum 30. September 2012 vereinbart. Das beklagte Land hat sich auch nicht darauf berufen, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund der in dem Vertrag vom 23. August 2010 vereinbarten Befristung am 31. Dezember 2012 geendet hat.

20

2. Ein Rechtsschutzbedürfnis besteht auch nicht deshalb, weil es sich bei dem Vertrag vom 27. September 2012 um einen unselbständigen Annex zu dem vorangegangenen Vertrag vom 23. August 2010 handelte, der deshalb ausschließlich Bestandteil der Prüfung der Rechtmäßigkeit der vorangegangenen Befristung wäre. Dies ist entgegen der Auffassung des Klägers nicht der Fall.

21

a) Ein unselbständiger Annexvertrag ist auf eine verhältnismäßig geringfügige Korrektur des im früheren Vertrag vereinbarten Endzeitpunkts des Arbeitsverhältnisses gerichtet, die sich am Sachgrund für die Befristung des früheren Vertrags orientiert und allein in der Anpassung der ursprünglich vereinbarten Vertragslaufzeit an erst später eintretende, zum Zeitpunkt des vorangegangenen Vertragsschlusses nicht vorhersehbare Umstände besteht. Den Parteien darf es nur darum gegangen sein, die Laufzeit des alten Vertrags mit dem Sachgrund der Befristung in Einklang zu bringen (vgl. BAG 6. Oktober 2010 - 7 AZR 397/09 - Rn. 13, BAGE 136, 17; 25. März 2009 - 7 AZR 34/08 - Rn. 9 mwN; 7. November 2007 - 7 AZR 484/06 - Rn. 13 mwN).

22

b) Danach handelt es sich bei dem Vertrag vom 27. September 2012 nicht um einen unselbständigen Annexvertrag. Den Parteien ging es mit der Vertragsverlängerung nicht um eine am Sachgrund für die Befristung des früheren Vertrags orientierte Anpassung des Vertragsendes an erst später eintretende, zum Zeitpunkt des vorangegangenen Vertragsschlusses nicht vorhersehbare Umstände. Vielmehr sollte der Kläger statt der Tätigkeiten, die er bis zum 30. September 2012 nach Maßgabe der Dienstaufgabenbeschreibung vom 6. Oktober 2010 zu jeweils 50 vH in Lehre und Forschung zu erbringen hatte, im Rahmen des Arbeitsverhältnisses vom 1. Oktober 2012 bis zum 31. Dezember 2012 zu einem großen Teil andere Aufgaben wahrnehmen. Im Rahmen des vormaligen Vertrags wurde der Kläger neben seiner Lehrverpflichtung mit Aufgaben der akademischen Selbstverwaltung betraut und arbeitete an verschiedenen Projekten mit. Auf der Grundlage des Arbeitsvertrags vom 27. September 2012 hatte der Kläger im Wesentlichen an der Überarbeitung einer Antragsskizze für das DFG-Graduiertenkolleg „Mobilität, Technik und Umwelt: Chancen und Risiken für ein Gelingen des Alterns“ mitzuwirken.

23

III. Die Revision des Klägers hat Erfolg, soweit das Landesarbeitsgericht den Antrag zu 3. abgewiesen hat, mit dem der Kläger die im Arbeitsvertrag vom 27. September 2012 vereinbarte Befristung zum 31. Dezember 2012 angreift.

24

1. Mit der am 18. Oktober 2012 eingegangenen, dem beklagten Land am 27. Oktober 2012 zugestellten Klage hat der Kläger rechtzeitig eine zulässige Befristungskontrollklage iSv. § 1 Abs. 1 Satz 5 WissZeitVG iVm. § 17 Satz 1 TzBfG auch gegen die im Arbeitsvertrag vom 27. September 2012 vereinbarte Befristung zum 31. Dezember 2012 erhoben. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats wahrt auch die Erhebung einer Klage vor dem Ablauf der vereinbarten Vertragslaufzeit die Klagefrist des § 17 Satz 1 TzBfG(BAG 29. April 2015 - 7 AZR 519/13 - Rn. 10; 2. Juni 2010 - 7 AZR 136/09 - Rn. 13 mwN, BAGE 134, 339).

25

2. Der Senat kann nicht abschließend entscheiden, ob die Befristung zum 31. Dezember 2012 nach § 2 Abs. 1 Satz 2 WissZeitVG gerechtfertigt ist. Aufgrund der bislang getroffenen Feststellungen lässt sich nicht beurteilen, ob die vom Kläger bei der Überarbeitung der Antragsskizze für das DFG-Graduiertenkolleg „Mobilität, Technik und Umwelt: Chancen und Risiken für ein Gelingen des Alterns“ zu erbringende Dienstleistung wissenschaftlichen Zuschnitt hatte und der Kläger deshalb zum wissenschaftlichen Personal iSv. § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG gehörte.

26

a) Die vereinbarte Befristung genügt dem Zitiergebot des § 2 Abs. 4 Satz 1 WissZeitVG. Danach ist im Arbeitsvertrag anzugeben, ob die Befristung auf den Vorschriften des WissZeitVG beruht. Diese Voraussetzung ist hier erfüllt. In § 2 Abs. 1 Satz 2 des Arbeitsvertrags heißt es, dass die Befristung auf der jeweils aktuellen Fassung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes beruht. Wie der Senat zu der mit § 2 Abs. 4 Satz 1 WissZeitVG wortgleichen Vorschrift des § 57b Abs. 3 Satz 1 HRG in der bis 17. April 2007 geltenden Fassung entschieden hat, erfordert die Einhaltung des Zitiergebots nicht die Angabe der einzelnen Befristungsnormen. Dies gilt auch für das Zitiergebot in § 2 Abs. 4 Satz 1 WissZeitVG(BAG 29. April 2015 - 7 AZR 519/13 - Rn. 11; 1. Juni 2011 - 7 AZR 827/09 - Rn. 13, BAGE 138, 91).

27

b) Der betriebliche Geltungsbereich des WissZeitVG ist eröffnet. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG gelten die §§ 2 und 3 für den Abschluss von befristeten Arbeitsverträgen an Einrichtungen des Bildungswesens, die nach Landesrecht staatliche Hochschulen sind. Bei der Universität Stuttgart handelt es sich gemäß § 2 Nr. 1 des Gesetzes über die Hochschulen in Baden-Württemberg (LHG) vom 1. Januar 2005 um eine staatliche Hochschule. Voraussetzung der Anwendbarkeit der §§ 2, 3 WissZeitVG auf befristete Arbeitsverträge ist nicht, dass die staatliche Hochschule Vertragsarbeitgeber ist(BAG 29. April 2015 - 7 AZR 519/13 - Rn. 16; 1. Juni 2011 - 7 AZR 827/09 - Rn. 18, BAGE 138, 91). Vertragsarbeitgeber ist im vorliegenden Fall das beklagte Land als Träger der Hochschule.

28

c) Die Befristungsvereinbarung der Parteien überschreitet auch nicht die sich aus § 2 Abs. 1 Satz 2 WissZeitVG ergebende Befristungshöchstdauer. Nach abgeschlossener Promotion ist gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 WissZeitVG eine Befristung bis zur Dauer von sechs Jahren - im Bereich der Medizin bis zu einer Dauer von neun Jahren - möglich. Eine Befristung nach § 2 Abs. 1 Satz 2 WissZeitVG setzt voraus, dass sie nach Abschluss der Promotion vereinbart wird(BAG 24. August 2011 - 7 AZR 228/10 - Rn. 23, BAGE 139, 109). Dieser Zeitrahmen ist gewahrt. Der am 12. November 2007 promovierte Kläger war seit dem 1. April 2009 bei dem beklagten Land beschäftigt. Somit hält sich die am 27. September 2012 vereinbarte Befristung zum 31. Dezember 2012 innerhalb des zulässigen Rahmens von sechs Jahren.

29

d) Der Senat kann aufgrund der bislang getroffenen Feststellungen nicht beurteilen, ob der Kläger in der Zeit vom 1. Oktober 2012 bis zum 31. Dezember 2012 zum wissenschaftlichen Personal iSd. § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG gehörte und damit dem personellen Geltungsbereich des WissZeitVG unterfällt.

30

aa) Der Begriff des „wissenschaftlichen und künstlerischen Personals“ ist durch § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG eigenständig und abschließend bestimmt. Es kommt nicht auf Begriffsbezeichnungen oder Zuordnungsdefinitionen nach landeshochschulrechtlichen Regelungen an (vgl. BAG 29. April 2015 - 7 AZR 519/13 - Rn. 20).

31

(1) Der Begriff des „wissenschaftlichen und künstlerischen Personals“ in § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG bestimmt sich inhaltlich-aufgabenbezogen(BAG 1. Juni 2011 - 7 AZR 827/09 - Rn. 35 ff., BAGE 138, 91). Anknüpfungspunkt ist die Art der zu erbringenden Dienstleistung. Zum „wissenschaftlichen Personal“ nach § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG gehört derjenige Arbeitnehmer, der wissenschaftliche Dienstleistungen erbringt. Es kommt nicht auf dessen formelle Bezeichnung an, sondern auf den wissenschaftlichen Zuschnitt der von ihm auszuführenden Tätigkeit. Das Adjektiv „wissenschaftlich“ bedeutet, „die Wissenschaft betreffend“. Wissenschaftliche Tätigkeit ist alles, was nach Inhalt und Form als ernsthafter, planmäßiger Versuch zur Ermittlung der Wahrheit anzusehen ist (BAG 19. März 2008 - 7 AZR 1100/06 - Rn. 33 mwN, BAGE 126, 211). Sie ist nach Aufgabenstellung und anzuwendender Arbeitsmethode darauf angelegt, neue Erkenntnisse zu gewinnen und zu verarbeiten, um den Erkenntnisstand der jeweiligen wissenschaftlichen Disziplin zu sichern oder zu erweitern (BAG 29. April 2015 - 7 AZR 519/13 - Rn. 21).

32

Die Wissenschaftlichkeit der Tätigkeit erfordert nicht unbedingt das Bemühen um eigene, neue wissenschaftliche Erkenntnisse. Dem Schutzbereich des Art. 5 Abs. 3 GG können auch Tätigkeiten unterfallen, die nicht den Gewinn eigener, neuer Forschungserkenntnisse zum Gegenstand haben, sondern allein die ständige Reflexion fremder wissenschaftlicher Erkenntnisse verlangen. Das gilt insbesondere für die Lehre (BVerfG 13. April 2010 - 1 BvR 216/07 - Rn. 50, BVerfGE 126, 1; BAG 29. April 2015 - 7 AZR 519/13 - Rn. 22; 1. Juni 2011 - 7 AZR 827/09 - Rn. 35 bis 45 mwN, BAGE 138, 91). Diese ist auch dann wissenschaftlich, wenn der Angestellte Forschungs- und Erkenntnisentwicklungen auf seinem Wissenschaftsgebiet eigenständig feststellen, reflektieren und kritisch hinterfragen muss, um die ihm übertragenen Lehraufgaben sachgerecht erledigen zu können. Die Wissenschaftlichkeit der Tätigkeit muss dabei die Aufgabe insgesamt prägen. Hingegen kommt es nicht entscheidend darauf an, ob und in welchem Umfang dem Mitarbeiter die Möglichkeit der Weiterqualifikation neben den übertragenen Dienstaufgaben eingeräumt wurde. Die Befristungsmöglichkeit in § 2 Abs. 1 WissZeitVG dient zwar der Wahrung der durch Art. 5 Abs. 3 GG garantierten Wissenschaftsfreiheit im Interesse der Nachwuchs- und Qualifikationsförderung und zur Sicherung der Innovation in Forschung und Lehre(BT-Drs. 15/4132 S. 17). Für die Wirksamkeit der Befristung genügt dazu aber die Beschäftigung mit wissenschaftlicher Arbeit, die das wissenschaftliche Personal unabhängig von einem während der Tätigkeit in Aussicht genommenen oder erzielten akademischen Grad qualifiziert. Deshalb ist weder das Anstreben einer Promotion Voraussetzung für den Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrags nach § 2 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG(BT-Drs. 14/6853 S. 32; vgl. Dörner Der befristete Arbeitsvertrag 2. Aufl. Rn. 554; KR/Treber 11. Aufl. § 2 WissZeitVG Rn. 13; ErfK/Müller-Glöge 16. Aufl. § 2 WissZeitVG Rn. 2b), noch setzt die Zulässigkeit der Befristung nach § 2 Abs. 1 Satz 2 WissZeitVG das Anstreben einer Habilitation voraus. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll dem wissenschaftlichen Personal im Rahmen einer befristeten Beschäftigung nach § 2 Abs. 1 Satz 2 WissZeitVG lediglich die Möglichkeit eröffnet werden, Forschungsleistungen und wissenschaftliche Tätigkeiten in der Lehre zu erbringen und sich auf diese Weise für die Übernahme einer Professur zu qualifizieren(vgl. BT-Drs. 14/6853 S. 33; BT-Drs. 16/3438 S. 12). Dafür bedarf es nicht zwingend einer Habilitation. Dagegen ist die Mitwirkung des Arbeitnehmers an der für eine Hochschule notwendigen Verwaltungsarbeit keine wissenschaftliche Dienstleistung. Während für die primäre Aufgabe der Hochschule, Forschung und Lehre zu betreiben, das Sonderbefristungsrecht des WissZeitVG im Interesse der Nachwuchs- und Qualifikationsförderung und des Innovationsbedürfnisses zu einem ständigen Personalaustausch führen soll, gilt dies nicht für Hochschulmitarbeiter, die für die organisatorischen Grundlagen (zB in der Verwaltung und Technik) zuständig sind, selbst wenn sie dazu beitragen, dass Wissenschaft und Forschung überhaupt erst betrieben werden können (KR/Treber § 1 WissZeitVG Rn. 47).

33

(2) Für die Beurteilung, ob die Tätigkeit eines Mitarbeiters insgesamt wissenschaftliches Gepräge hat, kommt es auf die Umstände bei Vertragsschluss an. Maßgeblich ist, was von dem Arbeitnehmer aufgrund des Arbeitsvertrags, einer Dienstaufgabenbeschreibung oder sonstiger Umstände nach objektiven Gesichtspunkten bei Vertragsschluss erwartet wird. Die Parteien haben es nicht selbst in der Hand, durch eine Modifizierung der vertraglichen Aufgaben die Wissenschaftlichkeit nachträglich herbeizuführen oder zu beseitigen. Andernfalls könnte der Arbeitnehmer beispielsweise selbst die Grundlage für die Befristung beseitigen, indem er entgegen der vertraglichen Vereinbarungen keine wissenschaftlichen Dienstleistungen erbringt. Ebenso wenig kann der Arbeitgeber durch die Zuweisung wissenschaftlicher Tätigkeiten nach Vertragsschluss den personellen Anwendungsbereich des WissZeitVG nachträglich herbeiführen (BAG 20. Januar 2016 - 7 AZR 376/14 - Rn. 34).

34

bb) Nach diesen Grundsätzen kann mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung der Befristungskontrollantrag zu 3. nicht abgewiesen werden.

35

(1) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die im Vertrag vom 27. September 2012 vereinbarte Befristung für die Zeit vom 1. Oktober bis zum 31. Dezember 2012 sei nach § 2 Abs. 1 Satz 2 WissZeitVG wirksam. Es hat dahinstehen lassen, in welchem Umfang der Kläger in der Zeit vom 1. Oktober bis zum 31. Dezember 2012 weiterhin aufgrund des Arbeitsvertrags Lehrtätigkeiten und Tätigkeiten in der akademischen Selbstverwaltung zu erbringen hatte. Die Mitwirkung an der Überarbeitung der Antragsskizze für das DFG-Graduiertenkolleg „Mobilität, Technik und Umwelt: Chancen und Risiken für ein Gelingen des Alterns“ sei eine wissenschaftliche Dienstleistung gewesen.

36

(2) Die bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts tragen diese Würdigung nicht. Ihnen ist nicht hinreichend zu entnehmen, welche Aufgaben vom Kläger bei der Überarbeitung der Antragsskizze zu erledigen waren und ob diese nicht überwiegend redaktionellen und organisatorischen Charakter hatten.

37

(a) Der Wissenschaftlichkeit der Tätigkeit steht dabei nicht schon entgegen, dass das Antragsverfahren dem eigentlichen Forschungsvorhaben vorgeschaltet war und die Antragsskizze in dem zweistufigen Antragsverfahren nur eine Vorstufe zur eigentlichen Antragstellung darstellte. Da der Anerkennungsantrag erst nach Einschätzung des wissenschaftlichen Potentials der Antragsskizze gestellt werden konnte, erscheint es nicht ausgeschlossen, dass bereits hierfür Forschungstätigkeiten zu erbringen waren. Somit bedarf es der Feststellung, ob es sich - wie vom Kläger behauptet - bei seiner Mitwirkung an der Antragsskizze in erster Linie um redaktionell oder administrativ geprägte Tätigkeiten handelte oder ob und inwieweit die ihm übertragenen Aufgaben durch eigenständige wissenschaftliche Arbeiten geprägt waren.

38

(b) Das Landesarbeitsgericht hat insoweit nicht hinreichend festgestellt, worin konkret die Aufgaben des Klägers in dem dreimonatigen Zeitraum seiner Mitarbeit an der Überarbeitung der Antragsskizze lagen. Diese Feststellungen sind insbesondere auch deshalb veranlasst, weil der Kläger die Antragsskizze nicht selbst erarbeitet, sondern auf der Grundlage einer ihm vorliegenden Fassung lediglich weiterentwickelt hat. Die vom Landesarbeitsgericht gewürdigte Zielsetzung des Kollegs, hochtalentierten Nachwuchs auf exzellentem wissenschaftlichen Niveau zu fördern und die Forschung zu Fragen des Alterns zu stärken, lässt ebenso wenig den Schluss auf die Wissenschaftlichkeit der Tätigkeit des Klägers zu wie das allgemeine Vorhaben, Workshops, Vorträge und den wissenschaftlichen Austausch zu organisieren und Dissertationen aus verschiedenen Disziplinen zu betreuen. Soweit das Landesarbeitsgericht darüber hinaus angenommen hat, dass die Darstellung des Forschungsprogramms, des Qualifizierungs- und Betreuungskonzepts sowie des wissenschaftlichen Umfelds eine intensive Befassung und Auseinandersetzung mit dem geplanten wissenschaftlichen Thema verlangt und selbst die eher technisch anmutende Zusammenstellung von Publikationen die Fähigkeit vorausgesetzt habe, die Veröffentlichungen der beteiligten Wissenschaftler in ihrer Bedeutung für das Projekt einschätzen zu können, liegt darin keine hinreichend aussagekräftige Feststellung der Aufgaben des Klägers. An welchen Arbeitsschritten der Kläger „inhaltlich beteiligt“ war und inwiefern die von ihm geleisteten „organisatorischen Vorarbeiten“ für die Erstellung der Antragsskizze wissenschaftlichen, seine Gesamttätigkeit prägenden Zuschnitt hatten, lässt sich dieser Begründung des Landesarbeitsgerichts nicht entnehmen. Dies wird vom Landesarbeitsgericht ergänzend aufzuklären sein.

39

IV. Das angefochtene Urteil ist daher hinsichtlich der Abweisung des Klageantrags zu 3. aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Der Zurückverweisung unterliegt damit auch der auf Abgabe eines Angebots auf Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrags gerichtete Hilfsantrag zu 4., der dem Senat nicht zur Entscheidung anfällt.

40

V. Die Zurückverweisung erübrigt sich nicht deshalb, weil sich die angefochtene Entscheidung aus anderen Gründen als im Ergebnis zutreffend darstellt (§ 561 ZPO) oder die Sache auf der Grundlage des festgestellten Sachverhältnisses zur Entscheidung reif wäre (§ 563 Abs. 3 ZPO). Der Senat kann auf der Grundlage der bisher getroffenen Tatsachenfeststellungen nicht beurteilen, ob die Befristung zum 31. Dezember 2012 nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 oder Nr. 7 TzBfG oder nach § 2 Abs. 2 Satz 1 WissZeitVG gerechtfertigt ist.

41

Das Landesarbeitsgericht hat - aus seiner Sicht konsequent - nicht geprüft, ob die von dem beklagten Land vorgetragenen sachlichen Gründe die Befristung im Arbeitsvertrag vom 27. September 2012 rechtfertigen. Nach § 1 Abs. 2 WissZeitVG bleibt das Recht der Hochschulen unberührt, das in § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG bezeichnete Personal auch in nach Maßgabe des Teilzeit- und Befristungsgesetzes befristeten Arbeitsverhältnissen zu beschäftigen. Das beklagte Land hat sich insbesondere darauf berufen, dass der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung des Klägers nur vorübergehend iSd. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG bestanden habe, weil es sich bei der Erstellung der Antragsskizze um eine zeitlich begrenzte Aufgabe gehandelt habe. Es hat außerdem geltend gemacht, dass die Voraussetzungen für eine Befristung aus haushaltsrechtlichen Gründen nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG bzw. der Drittmittelbefristung nach § 2 Abs. 2 Satz 1 WissZeitVG erfüllt seien. Tatsachenfeststellungen hierzu hat das Landesarbeitsgericht bislang nicht getroffen. Dies wird ggf. nachzuholen und zu prüfen sein, ob einer der geltend gemachten Sachgründe die Befristung rechtfertigt.

        

    Gräfl    

        

    M. Rennpferdt    

        

    Kiel    

        

        

        

    Busch    

        

    Hansen    

                 

(1) Die Befristung von Arbeitsverträgen des in § 1 Absatz 1 Satz 1 genannten Personals, das nicht promoviert ist, ist bis zu einer Dauer von sechs Jahren zulässig, wenn die befristete Beschäftigung zur Förderung der eigenen wissenschaftlichen oder künstlerischen Qualifizierung erfolgt. Nach abgeschlossener Promotion ist eine Befristung bis zu einer Dauer von sechs Jahren, im Bereich der Medizin bis zu einer Dauer von neun Jahren, zulässig, wenn die befristete Beschäftigung zur Förderung der eigenen wissenschaftlichen oder künstlerischen Qualifizierung erfolgt; die zulässige Befristungsdauer verlängert sich in dem Umfang, in dem Zeiten einer befristeten Beschäftigung nach Satz 1 und Promotionszeiten ohne Beschäftigung nach Satz 1 zusammen weniger als sechs Jahre betragen haben. Die vereinbarte Befristungsdauer ist jeweils so zu bemessen, dass sie der angestrebten Qualifizierung angemessen ist. Die nach den Sätzen 1 und 2 insgesamt zulässige Befristungsdauer verlängert sich bei Betreuung eines oder mehrerer Kinder unter 18 Jahren um zwei Jahre je Kind. Satz 4 gilt auch, wenn hinsichtlich des Kindes die Voraussetzungen des § 15 Absatz 1 Satz 1 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes vorliegen. Die nach den Sätzen 1 und 2 insgesamt zulässige Befristungsdauer verlängert sich bei Vorliegen einer Behinderung nach § 2 Absatz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch oder einer schwerwiegenden chronischen Erkrankung um zwei Jahre. Innerhalb der jeweils zulässigen Befristungsdauer sind auch Verlängerungen eines befristeten Arbeitsvertrages möglich.

(2) Die Befristung von Arbeitsverträgen des in § 1 Abs. 1 Satz 1 genannten Personals ist auch zulässig, wenn die Beschäftigung überwiegend aus Mitteln Dritter finanziert wird, die Finanzierung für eine bestimmte Aufgabe und Zeitdauer bewilligt ist und die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter überwiegend der Zweckbestimmung dieser Mittel entsprechend beschäftigt wird; die vereinbarte Befristungsdauer soll dem bewilligten Projektzeitraum entsprechen.

(3) Auf die in Absatz 1 geregelte zulässige Befristungsdauer sind alle befristeten Arbeitsverhältnisse mit mehr als einem Viertel der regelmäßigen Arbeitszeit, die mit einer deutschen Hochschule oder einer Forschungseinrichtung im Sinne des § 5 abgeschlossen wurden, sowie entsprechende Beamtenverhältnisse auf Zeit und Privatdienstverträge nach § 3 anzurechnen. Angerechnet werden auch befristete Arbeitsverhältnisse, die nach anderen Rechtsvorschriften abgeschlossen wurden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Arbeitsverhältnisse nach § 6 sowie vergleichbare studienbegleitende Beschäftigungen, die auf anderen Rechtsvorschriften beruhen.

(4) Im Arbeitsvertrag ist anzugeben, ob die Befristung auf den Vorschriften dieses Gesetzes beruht. Fehlt diese Angabe, kann die Befristung nicht auf Vorschriften dieses Gesetzes gestützt werden. Die Dauer der Befristung muss bei Arbeitsverträgen nach Absatz 1 kalendermäßig bestimmt oder bestimmbar sein.

(5) Die jeweilige Dauer eines befristeten Arbeitsvertrages nach Absatz 1 verlängert sich im Einverständnis mit der Mitarbeiterin oder dem Mitarbeiter um

1.
Zeiten einer Beurlaubung oder einer Ermäßigung der Arbeitszeit um mindestens ein Fünftel der regelmäßigen Arbeitszeit, die für die Betreuung oder Pflege eines oder mehrerer Kinder unter 18 Jahren, auch wenn hinsichtlich des Kindes die Voraussetzungen des § 15 Absatz 1 Satz 1 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes vorliegen, oder pflegebedürftiger sonstiger Angehöriger gewährt worden sind,
2.
Zeiten einer Beurlaubung für eine wissenschaftliche oder künstlerische Tätigkeit oder eine außerhalb des Hochschulbereichs oder im Ausland durchgeführte wissenschaftliche, künstlerische oder berufliche Aus-, Fort- oder Weiterbildung,
3.
Zeiten einer Inanspruchnahme von Elternzeit nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz und Zeiten eines Beschäftigungsverbots nach den §§ 3 bis 6, 10 Absatz 3, § 13 Absatz 1 Nummer 3 und § 16 des Mutterschutzgesetzes in dem Umfang, in dem eine Erwerbstätigkeit nicht erfolgt ist,
4.
Zeiten des Grundwehr- und Zivildienstes,
5.
Zeiten einer Freistellung im Umfang von mindestens einem Fünftel der regelmäßigen Arbeitszeit zur Wahrnehmung von Aufgaben in einer Personal- oder Schwerbehindertenvertretung, von Aufgaben eines oder einer Frauen- oder Gleichstellungsbeauftragten oder zur Ausübung eines mit dem Arbeitsverhältnis zu vereinbarenden Mandats und
6.
Zeiten einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit, in denen ein gesetzlicher oder tarifvertraglicher Anspruch auf Entgeltfortzahlung nicht besteht.
In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1, 2 und 5 soll die Verlängerung die Dauer von jeweils zwei Jahren nicht überschreiten. Zeiten nach Satz 1 Nummer 1 bis 6 werden in dem Umfang, in dem sie zu einer Verlängerung eines befristeten Arbeitsvertrages führen können, nicht auf die nach Absatz 1 zulässige Befristungsdauer angerechnet.

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 5. August 2014 - 16 Sa 589/14 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Befristung ihres Arbeitsverhältnisses sowie über vorläufige Weiterbeschäftigung; hilfsweise begehrt der Kläger den Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrags.

2

Der Kläger ist Diplom-Geophysiker. Er war auf der Grundlage von drei Arbeitsverträgen in der Zeit vom 22. April 1992 bis zum 21. März 2008 bei der beklagten Hochschule als wissenschaftlicher Mitarbeiter beschäftigt.

3

Am 2. Oktober 2008 beantragte der Kläger die Eröffnung seines Promotionsverfahrens. Dazu enthält § 35 des Gesetzes über die Hochschulen im Land Berlin in der Fassung vom 2. Dezember 2004, gültig vom 15. Dezember 2004 bis zum 1. Juni 2011 (BerlHG) ua. folgende Regelungen:

        

㤠35 Promotion

        

(1)     

Die Promotion dient dem Nachweis der Befähigung zu vertiefter wissenschaftlicher Arbeit.

        

…       

        
        

(4)     

Auf Grund der Promotion wird der Doktorgrad verliehen.

        

…“    

4

Die Promotionsordnung der Technischen Universität Berlin vom 23. Oktober 2006 (PromO) bestimmt ua. das Folgende:

        

㤠2 - Ziel und Inhalt der Promotion

                 
        

(1) Durch die Promotion soll nachgewiesen werden, dass die Antragstellerin oder der Antragsteller die Fähigkeit besitzt, einen selbständigen Beitrag zur wissenschaftlichen Forschung und Entwicklung zu leisten. Dieser Nachweis wird durch die Annahme einer schriftlichen Dissertation und durch eine erfolgreiche wissenschaftliche Aussprache erbracht.

        

…       

        

§ 6 - Eröffnung des Promotionsverfahrens

        

…       

        

(5) Die Dekanin oder der Dekan der Fakultät unterrichtet die Doktorandin oder den Doktoranden von der Eröffnung des Promotionsverfahrens und teilt ihr oder ihm die Zusammensetzung des Promotionsausschusses mit.

        

…       

        

§ 7 - Beurteilung der Dissertation

                 
        

(1) Die Gutachterinnen und Gutachter prüfen einzeln und unabhängig voneinander, ob die vorgelegte Dissertation als Promotionsleistung anerkannt werden kann, und beurteilen sie dabei in schriftlichen Gutachten mit

        

sehr gut,

        

gut,   

        

befriedigend,

        

ausreichend oder

        

nicht ausreichend.

        

…       

        

§ 8 - Wissenschaftliche Aussprache

        

…       

        

(4) Unmittelbar nach der wissenschaftlichen Aussprache entscheidet der Promotionsausschuss in nichtöffentlicher Sitzung, ob die Doktorandin oder der Doktorand die wissenschaftliche Aussprache

        

sehr gut,

        

gut,   

        

befriedigend oder

        

ausreichend

        

bestanden hat oder ob die Promotion nach dem Ergebnis der wissenschaftlichen Aussprache nicht vollzogen werden kann. Außerdem fasst der Promotionsausschuss die Urteile der Gutachterinnen oder Gutachter über die Dissertation zu einem gemeinsamen Urteil

                 
        

sehr gut,

        

gut,   

        

befriedigend oder

        

ausreichend

        

zusammen. Aufgrund der gemeinsamen Urteile über die Dissertation und die wissenschaftliche Aussprache entscheidet der Promotionsausschuss, ob das Promotionsverfahren insgesamt

        

mit Auszeichnung bestanden (oder summa cum laude),

        

sehr gut bestanden (oder magna cum laude),

        

gut bestanden (oder cum laude),

        

bzw. bestanden (oder rite)

        

ist. …

        

(6) Die oder der Vorsitzende des Promotionsausschusses teilt das Ergebnis unverzüglich der Doktorandin oder dem Doktoranden mit und stellt ihr oder ihm darüber eine vorläufige Bescheinigung aus. Stilistische oder kleinere sachliche Änderungen der Dissertation können im Einvernehmen zwischen der Doktorandin oder dem Doktoranden und dem Promotionsausschuss vereinbart werden. Die Dekanin oder der Dekan wird über das Gesamtergebnis der Promotion informiert und unterrichtet den Fakultätsrat im öffentlichen Teil seiner nächsten Sitzung ohne Bekanntgabe der Note über die Promotion.

        

…       

        

§ 9 - Veröffentlichung der Dissertation

        

(1) Bevor die Promotion nach erfolgreich abgeschlossener wissenschaftlicher Aussprache vollzogen werden kann, muss die Dissertation in angemessener Weise der wissenschaftlichen Öffentlichkeit durch Vervielfältigung und Verbreitung zugänglich gemacht werden.

        

…       

        

§ 10 - Vollzug der Promotion

        

(1) Die Dekanin oder der Dekan vollzieht die Promotion durch Aushändigung der Promotionsurkunde, sobald die Doktorandin oder der Doktorand die Dokumentation nach § 9 erstellt und bei der Universitätsbibliothek eingereicht hat.

        

…       

        

(3) Mit Aushändigung der Promotionsurkunde erhält die Doktorandin oder der Doktorand das Recht, den jeweils verliehenen Grad zu führen.

        

…       

        

§ 11 - Zurücknahme des Promotionsantrages, Einstellung des Promotionsverfahrens

        

…       

        

(2) Wenn die Doktorandin oder der Doktorand … die überarbeitete Fassung der Dissertation ohne eine von der oder dem Vorsitzenden des Promotionsausschusses als triftig anerkannten Grund nicht innerhalb von sechs Monaten nach einer positiv beurteilten wissenschaftlichen Aussprache in der vorgeschriebenen Form abgibt, wird das Promotionsverfahren durch eine schriftliche Feststellung des Promotionsausschusses eingestellt. …

        

(3) Wird vor der Aushändigung der Promotionsurkunde festgestellt, dass die Doktorandin oder der Doktorand wissentlich irreführende Angaben gemacht hat, so entscheidet der Fakultätsrat …, ob das Promotionsverfahren fortgesetzt wird. …“

5

Am 30. Oktober 2008 fand die wissenschaftliche Aussprache über die Dissertation des Klägers statt. Anschließend erhielt der Kläger folgende

        

Bescheinigung

        

Herr Dipl.-Ing. S

        

hat den akademischen Grad ‚Doktor der Ingenieurwissenschaften (Dr.-Ing.)‘

        

erlangt, nachdem er im ordnungsgemäßen Promotionsverfahren durch seine Dissertation

        

‚Ein hydrostatisch-isostatisches Dichtemodell für das Gravitationspotential der Erde‘

        

und die wissenschaftliche Aussprache am 30. Oktober 2008 mit dem Gesamturteil sehr gut

        

seine wissenschaftliche Befähigung erwiesen hat.

        

Das Recht, den Grad ‚Dr.-Ing.‘ zu führen, erhält Herr S erst mit Aushändigung der Promotionsurkunde.“

6

Die Promotionsurkunde vom 27. Juni 2009 wurde dem Kläger am 2. Juli 2009 ausgehändigt.

7

Am 31. Oktober 2008 schlossen die Parteien einen für den Zeitraum vom 1. November 2008 bis zum 31. Oktober 2013 befristeten Arbeitsvertrag. Danach wurde der Kläger als wissenschaftlicher Mitarbeiter eingestellt. Nach § 1 Abs. 2 des Arbeitsvertrags war das Arbeitsverhältnis gemäß § 2 Abs. 1 WissZeitVG befristet. Der Kläger war dem Institut für Geodäsie und Geoinformationstechnik zugeordnet.

8

Im Rahmen von Berufungsverhandlungen mit Prof. Dr. N wurde in einem Vermerk vom 6. Oktober 2010 Folgendes festgehalten:

        

„…      

        

Wissenschaftliches Personal

        

…       

        

(3) Das Institut für Geodäsie und Geoinformationstechnik erhält 1 volle Dauerstelle wissenschaftliche/r Mitarbeiter/in; Stellen-Nr.: wird durch die Fakultät benannt; als namentliche Berufungszusage für Herrn S

        

…“    

9

Prof. Dr. N bat mit Schreiben vom 16. Oktober 2010 ua. um die folgende Ergänzung:

        

„Wissenschaftliches Personal

        

(3) Zusatz: Dem Institut wird die Möglichkeit gegeben, diese Personalressource im Rahmen einer langfristigen strategischen Ausrichtung in Absprache mit der Fakultät anderweitig zu verwenden.“

10

Dementsprechend heißt es in der Berufungszusage vom 15. Dezember 2010:

        

„…    

        

Wissenschaftliches Personal

        

…       

        

(3) Das Institut für Geodäsie und Geoinformationstechnik erhält 1 volle Dauerstelle wissenschaftliche/r Mitarbeiter/in; Stellen-Nr.: wird durch die Fakultät benannt;

        

als namentliche Berufungszusage für Herrn S.

        

Dem Institut wird die Möglichkeit gegeben, diese Personalressource im Rahmen einer langfristigen strategischen Ausrichtung, in Absprache mit der Fakultät, anderweitig zu verwenden.

        

…“    

11

Prof. Dr. N wurde als Professor an der beklagten Hochschule ernannt. Er nahm am 9. Januar 2013 an den Berufungsverhandlungen mit Dr. F teil. Aus diesem Anlass wurde die Prof. Dr. N erteilte Berufungszusage mit Schreiben vom 21. Januar 2013 geändert und die namentliche Berufungszusage für den Kläger abgeändert in eine Berufungszusage für Herrn W.

12

Mit der Klage vom 2. September 2013 hat sich der Kläger gegen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund der Befristung zum 31. Oktober 2013 gewandt. Er hat die Auffassung vertreten, die für die sog. Postdoc-Phase nach § 2 Abs. 1 Satz 2 WissZeitVG vereinbarte Befristung sei unwirksam, weil sie nicht nach, sondern bereits vor Abschluss der Promotion vereinbart worden sei. Die Promotion sei nicht schon mit der wissenschaftlichen Aussprache am 30. Oktober 2008, sondern erst mit der Aushändigung der Promotionsurkunde am 2. Juli 2009 abgeschlossen gewesen. Zumindest habe er einen Anspruch auf Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrags aufgrund der namentlichen und rechtsverbindlichen Berufungszusage vom 15. Dezember 2010. Die Berufungszusage für Prof. Dr. N sei ein öffentlich-rechtlicher Vertrag zu seinen Gunsten.

13

Der Kläger hat beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der Befristung vom 31. Oktober 2008 mit Ablauf des 31. Oktober 2013 geendet hat, sondern auf unbestimmte Zeit fortbesteht;

        

2.    

für den Fall des Obsiegens mit dem Klageantrag zu 1. die Beklagte zu verurteilen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens als wissenschaftlichen Mitarbeiter zu den bisherigen Arbeitsbedingungen weiterzubeschäftigen;

        

3.    

hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu 1. die Beklagte zu verurteilen, mit ihm einen unbefristeten Arbeitsvertrag als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Institut für Geodäsie und Geoinformationstechnik in Vollzeit abzuschließen.

14

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, der Arbeitsvertrag sei nach dem Abschluss der Promotion vereinbart worden. Für den Zeitpunkt des Abschlusses der Promotion iSv. § 2 Abs. 1 Satz 2 WissZeitVG sei Landesrecht maßgeblich. § 35 BerlHG unterscheide zwischen der Promotion und der Verleihung des Doktorgrades. Nach der Promotionsordnung der Beklagten erfolge die Promotion mit der Feststellung des Gesamtergebnisses nach der wissenschaftlichen Aussprache und Mitteilung des Bestehens durch den Vorsitzenden des Promotionsausschusses. Danach bedürfe es keiner weiteren Beschlüsse, um die Promotion durch Übergabe der Urkunde zu vollziehen. Die Prof. Dr. N erteilte Berufungszusage begründe keinen Anspruch des Klägers auf Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrags. Die Ausstattung des Instituts sei mit der Maßgabe bewilligt worden, dass Personalressourcen auch anderweitig vergeben werden könnten.

15

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seine Klageanträge weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

16

Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen.

17

I. Der Klageantrag zu 1. ist zulässig. Es handelt sich ausschließlich um eine Befristungskontrollklage nach § 17 Satz 1 TzBfG. Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Befristung ihres Arbeitsvertrags zum 31. Oktober 2013. Andere Beendigungstatbestände sind nicht im Streit. Dem letzten Halbsatz des Klageantrags ist daher keine eigenständige Bedeutung im Sinne einer allgemeinen Feststellungsklage iSv. § 256 Abs. 1 ZPO beizumessen.

18

II. Der Klageantrag zu 1. ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend entschieden, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund der im Arbeitsvertrag vom 31. Oktober 2008 vereinbarten Befristung am 31. Oktober 2013 geendet hat.

19

1. Die zum 31. Oktober 2013 vereinbarte Befristung gilt nicht schon nach § 17 Satz 2 TzBfG iVm. § 7 Halbs. 1 KSchG als wirksam, denn der Kläger hat deren Rechtsunwirksamkeit rechtzeitig geltend gemacht. Er hat am 2. September 2013 beim Arbeitsgericht Klage eingereicht, die der Beklagten am 9. September 2013 zugestellt wurde. Die Frist des § 17 Satz 1 TzBfG ist damit eingehalten. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts wahrt auch die Erhebung einer Klage vor dem Ablauf der vereinbarten Vertragslaufzeit die Klagefrist des § 17 Satz 1 TzBfG(BAG 29. April 2015 - 7 AZR 519/13 - Rn. 10; 2. Juni 2010 - 7 AZR 136/09 - Rn. 13 mwN, BAGE 134, 339).

20

2. Die Befristung ist wirksam. Sie ist nach § 2 Abs. 1 Satz 2 WissZeitVG gerechtfertigt.

21

a) Auf die im Arbeitsvertrag vom 31. Oktober 2008 vereinbarte Befristung findet § 2 Abs. 1 WissZeitVG Anwendung.

22

aa) Der zeitliche Geltungsbereich des WissZeitVG ist eröffnet. Für die Wirksamkeit der Befristung eines Arbeitsvertrags ist die im Zeitpunkt ihrer Vereinbarung geltende Rechtslage maßgeblich (vgl. BAG 9. Dezember 2015 - 7 AZR 117/14 - Rn. 27; 29. April 2015 - 7 AZR 519/13 - Rn. 15; 2. September 2009 - 7 AZR 291/08 - Rn. 10, BAGE 132, 54). Das WissZeitVG ist mit dem „Gesetz zur Änderung arbeitsrechtlicher Vorschriften in der Wissenschaft“ vom 12. April 2007 (BGBl. I S. 506) beschlossen worden und am 18. April 2007 in Kraft getreten. Die am 31. Oktober 2008 vereinbarte Befristung unterfällt nicht einer der auf andere Rechtsgrundlagen verweisenden Übergangsregelungen in § 6 WissZeitVG(vgl. hierzu BAG 24. August 2011 - 7 AZR 228/10 - Rn. 19, BAGE 139, 109; 1. Juni 2011 - 7 AZR 827/09 - Rn. 16 f., BAGE 138, 91).

23

bb) Die Befristungsabrede fällt in den betrieblichen Anwendungsbereich des § 2 Abs. 1 WissZeitVG. Es handelt sich um den Abschluss eines Arbeitsvertrags für eine bestimmte Zeit an einer Einrichtung des Bildungswesens, die nach Landesrecht eine staatliche Hochschule ist. Gemäß § 1 Abs. 2 des Gesetzes über die Hochschulen im Land Berlin in der Fassung vom 17. Juli 2008, gültig vom 1. April 2008 bis zum 1. Juni 2011, ist die Technische Universität Berlin eine staatliche Hochschule.

24

cc) Der Kläger unterfällt dem personellen Geltungsbereich von § 2 Abs. 1, § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG. Als wissenschaftlicher Mitarbeiter gehört er zum wissenschaftlichen Personal iSd. § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG. Dies hat der Kläger auch nicht in Abrede gestellt.

25

dd) Die Befristung genügt dem Zitiergebot des § 2 Abs. 4 Satz 1 WissZeitVG. Danach ist im Arbeitsvertrag anzugeben, ob die Befristung auf den Vorschriften des WissZeitVG beruht. Die Einhaltung des Zitiergebots erfordert nicht die Angabe der einzelnen Befristungsnormen (BAG 9. Dezember 2015 - 7 AZR 117/14 - Rn. 20; 29. April 2015 - 7 AZR 519/13 - Rn. 11; 1. Juni 2011 - 7 AZR 827/09 - Rn. 13, BAGE 138, 91). Dem Zitiergebot ist entsprochen, wenn sich aus der Befristungsvereinbarung ergibt, auf welche gesetzliche Vorschrift sich die Befristung stützt. Dabei genügt es, wenn sich anhand des schriftlichen Vertragstextes durch Auslegung ermitteln lässt, dass die Befristung auf dem WissZeitVG beruhen soll (BAG 9. Dezember 2015 - 7 AZR 117/14 - aaO; 1. Juni 2011 - 7 AZR 827/09 - aaO). Dies ist hier der Fall. In dem Arbeitsvertrag vom 31. Oktober 2008 ist angegeben, dass das Arbeitsverhältnis nach § 2 Abs. 1 WissZeitVG befristet ist.

26

b) Die am 31. Oktober 2008 vereinbarte Befristung erfüllt die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Satz 2 WissZeitVG.

27

aa) Die Befristung von Arbeitsverträgen mit nichtpromoviertem wissenschaftlichen und künstlerischen Personal an Hochschulen ist nach § 2 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG bis zu einer Dauer von sechs Jahren zulässig. Nach abgeschlossener Promotion, dh. in der sog. Postdoc-Phase, ist gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 WissZeitVG die Befristung bis zu einer Dauer von sechs Jahren - im Bereich der Medizin bis zu einer Dauer von neun Jahren - möglich. Eine Befristung nach § 2 Abs. 1 Satz 2 WissZeitVG setzt voraus, dass sie nach Abschluss der Promotion vereinbart wird.

28

bb) Diesen Anforderungen genügt die am 31. Oktober 2008 vereinbarte Befristung zum 31. Oktober 2013.

29

(1) Der Arbeitsvertrag hat eine Laufzeit vom 1. November 2008 bis zum 31. Oktober 2013. Damit ist die Höchstbefristungsdauer von sechs Jahren nicht überschritten.

30

(2) Der Arbeitsvertrag wurde nach Abschluss der Promotion abgeschlossen. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Promotion bereits mit der erfolgreichen wissenschaftlichen Aussprache und der Übergabe der vorläufigen Bescheinigung des Promotionsausschusses über das Ergebnis am 30. Oktober 2008 abgeschlossen war und nicht erst mit Aushändigung der Promotionsurkunde am 2. Juli 2009.

31

(a) Das WissZeitVG enthält keine ausdrückliche Bestimmung dazu, zu welchem Zeitpunkt die Promotion abgeschlossen ist. Nach der mit § 2 Abs. 1 Satz 2 WissZeitVG inhaltsgleichen Vorgängerregelung in § 57b Abs. 1 Satz 2 HRG in der Fassung vom 5. Dezember 2006 (aF), die die Befristung von Arbeitsverträgen mit wissenschaftlichem Personal „nach abgeschlossener Promotion“ ebenfalls bis zur Dauer von sechs Jahren gestattete, war nach den landesrechtlichen Vorschriften und der jeweiligen Promotionsordnung zu beurteilen, wann eine Promotion abgeschlossen war (BAG 20. Januar 2010 - 7 AZR 753/08 - Rn. 19 ff. mwN, BAGE 133, 105). Die Vorschriften des HRG, insbesondere § 57b Abs. 1 Satz 2 HRG aF, hatten ebenfalls nicht selbst bestimmt, wann eine Promotion iSv. § 57b Abs. 1 Satz 2 HRG aF „abgeschlossen“ war. § 18 Abs. 2 Satz 1 HRG aF verwies jedoch hinsichtlich der Verleihung von Hochschulgraden auf das Landesrecht. Dieses war daher auch maßgeblich für die Frage, wann eine Promotion iSv. § 57b Abs. 1 Satz 2 HRG aF als abgeschlossen galt. Nach der Gesetzesbegründung zu § 2 Abs. 1 WissZeitVG sollte die Gesetzeslage gegenüber § 57b Abs. 1 HRG aF - mit Ausnahme der Regelung in Satz 3 - nicht verändert werden(BT-Drs. 16/3438 S. 11). Daher ist - ebenso wie für den Beginn der Promotion (BAG 23. März 2016 - 7 AZR 70/14 - Rn. 47) - für den Zeitpunkt des Abschlusses der Promotion grundsätzlich das Landesrecht und das Satzungsrecht der Universität maßgeblich (ebenso NK-GA/Boemke § 2 WissZeitVG Rn. 7; HaKo-TzBfG/Joussen 3. Aufl. § 2 WissZeitVG Rn. 3; Krause in Geis Hochschulrecht in Bund und Ländern Stand April 2016 § 2 Rn. 19; ErfK/Müller-Glöge 16. Aufl. § 2 WissZeitVG Rn. 3; APS/Schmidt 4. Aufl. § 2 WZVG Rn. 10; Sievers TzBfG 5. Aufl. Anh. 7 Rn. 26; KR/Treber 11. Aufl. § 2 WissZeitVG Rn. 21).

32

(b) Nach den hochschulrechtlichen Vorschriften des Landes Berlin und den Bestimmungen der Promotionsordnung der Beklagten ist die Promotion mit der erfolgreichen wissenschaftlichen Aussprache und der Aushändigung der vorläufigen Bescheinigung abgeschlossen.

33

(aa) Nach § 35 Abs. 4 BerlHG wird der Doktorgrad „auf Grund“ der Promotion verliehen. Damit unterscheidet das Gesetz zwischen der Promotion und der Verleihung des Doktorgrades. Die Verleihung des Doktorgrades setzt voraus, dass die Promotion bereits erfolgt ist. Dies entspricht § 35 Abs. 1 BerlHG. Danach dient die Promotion dem Nachweis der Befähigung zu vertiefter wissenschaftlicher Arbeit. Die nähere Ausgestaltung des Verfahrens und insbesondere Regelungen dazu, welche Anforderungen an den Nachweis wissenschaftlicher Arbeit zu stellen sind, richtet sich nach der von der Beklagten erlassenen Promotionsordnung, die ihrerseits zwischen der Promotion und deren Vollzug durch Aushändigung der Promotionsurkunde unterscheidet.

34

(bb) Nach § 2 Abs. 1 PromO wird durch die Promotion nachgewiesen, dass die Doktorandin oder der Doktorand die Fähigkeit besitzt, einen selbständigen Beitrag zur wissenschaftlichen Forschung und Entwicklung zu leisten. Dieser Nachweis wird durch die Annahme einer schriftlichen Dissertation und durch eine erfolgreiche wissenschaftliche Aussprache erbracht. Aufgrund des erbrachten Nachweises der Befähigung zu vertiefter wissenschaftlicher Arbeit wird die Doktorandin oder der Doktorand gemäß § 8 Abs. 4 PromO promoviert. Dabei entscheidet der Promotionsausschuss unmittelbar nach der wissenschaftlichen Aussprache in nichtöffentlicher Sitzung, ob und mit welcher Note die wissenschaftliche Aussprache bestanden ist oder ob die Promotion nach dem Ergebnis der wissenschaftlichen Aussprache nicht vollzogen werden kann. Außerdem fasst der Promotionsausschuss die Urteile der Gutachten über die Dissertation zu einem gemeinsamen Urteil zusammen und legt die Gesamtnote fest. Abgeschlossen wird das Promotionsverfahren, indem der oder die Vorsitzende des Promotionsausschusses das Ergebnis gemäß § 8 Abs. 6 PromO unverzüglich der Doktorandin oder dem Doktoranden mitteilt und ihr oder ihm darüber eine vorläufige Bescheinigung ausstellt. Die Dekanin oder der Dekan wird über das Gesamtergebnis der Promotion informiert und unterrichtet seinerseits den Fakultätsrat über die Promotion. Die Promotion ist daher mit der Mitteilung des Ergebnisses gegenüber dem Doktoranden oder der Doktorandin und der Übergabe der vorläufigen Bescheinigung abgeschlossen. Ansonsten wäre eine Unterrichtung des Dekans oder der Dekanin über das Gesamtergebnis „der Promotion“ und des Fakultätsrats „über die Promotion“ nicht denkbar, sondern nur eine Information über das vorläufige Ergebnis der wissenschaftlichen Aussprache. Die Vereinbarung stilistischer oder kleinerer sachlicher Änderungen der Dissertation im Einvernehmen zwischen der Doktorandin oder dem Doktoranden und dem Promotionsausschuss steht der Bekanntgabe der Promotion an den Dekan und den Fakultätsrat nach § 8 Abs. 6 PromO ausdrücklich nicht im Wege.

35

Das in §§ 9 ff. PromO geregelte Verfahren zur Verleihung des Doktorgrades setzt die Promotion voraus. Bevor die Promotion nach erfolgreich abgeschlossener wissenschaftlicher Aussprache gemäß § 9 Abs. 1 PromO vollzogen werden kann, muss die Dissertation in angemessener Weise der wissenschaftlichen Öffentlichkeit durch Vervielfältigung und Verbreitung zugänglich gemacht werden. Die Verleihung des Doktorgrades erfolgt nach § 10 Abs. 1 PromO durch Aushändigung der Promotionsurkunde. Dadurch wird gemäß § 10 Abs. 3 PromO das Recht begründet, den verliehenen Grad zu führen.

36

Die Promotion ist nicht deshalb erst mit der Aushändigung der Promotionsurkunde abgeschlossen, weil nach einer erfolgreichen wissenschaftlichen Aussprache uU „Störfälle“ auftreten können, die die Übergabe der Promotionsurkunde verhindern und zur Einstellung des Promotionsverfahrens führen können. Derartige „Störfälle“ können nach § 11 PromO im Zusammenhang mit der Veröffentlichung der Dissertation oder durch wissentlich irreführende Angaben auftreten. So wird das Promotionsverfahren nach § 11 Abs. 2 PromO durch eine schriftliche Feststellung des Promotionsausschusses eingestellt, wenn die Doktorandin oder der Doktorand die überarbeitete Fassung der Dissertation ohne einen von der oder dem Vorsitzenden des Promotionsausschusses als triftig anerkannten Grund nicht innerhalb von sechs Monaten nach einer positiv beurteilten wissenschaftlichen Aussprache in der vorgeschriebenen Form abgibt. Nach § 11 Abs. 3 PromO entscheidet der Fakultätsrat außerdem über eine Fortsetzung des Promotionsverfahrens, wenn festgestellt wird, dass die Doktorandin oder der Doktorand vor der Aushändigung der Promotionsurkunde wissentlich irreführende Angaben gemacht hat. In diesen Ausnahmefällen kann die bereits erfolgte Promotion entgegen der nach der erfolgreichen wissenschaftlichen Aussprache bestehenden Erwartungen - möglicherweise dauerhaft - nicht vollzogen und der Doktorgrad nicht verliehen werden. Gleichwohl war die Promotion als solche zunächst erfolgreich abgeschlossen.

37

III. Der auf Weiterbeschäftigung gerichtete Klageantrag zu 2. fällt dem Senat nicht zur Entscheidung an. Er steht unter der innerprozessualen Bedingung des Obsiegens mit dem Klageantrag zu 1. Diese Bedingung ist nicht eingetreten.

38

IV. Der für den Fall des Unterliegens mit dem Befristungskontrollantrag gestellte Hilfsantrag, mit dem der Kläger den Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrags als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Geodäsie und Geoinformationstechnik in Vollzeit begehrt, ist unbegründet. Dies hat das Landesarbeitsgericht im Ergebnis zu Recht erkannt. Dabei bedarf es keiner Entscheidung, ob ein Anspruch des Klägers auf Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrags als wissenschaftlicher Mitarbeiter deshalb nicht besteht, weil von einem Änderungsvorbehalt Gebrauch gemacht wurde. Die Prof. Dr. N erteilte Berufungszusage vom 15. Dezember 2010 begründete - unabhängig von ihrer rechtlichen Einordnung als öffentlich-rechtlicher Vertrag oder als Zusage - dem Kläger gegenüber keinen eigenständigen Einstellungsanspruch.

39

1. Es kann offenbleiben, ob die Prof. Dr. N erteilte Berufungszusage vom 15. Dezember 2010 einen öffentlich-rechtlichen Vertrag oder eine Zusage darstellt.

40

Auf einen öffentlich-rechtlichen Vertrag iSv. § 54 VwVfG, der nach § 1 Abs. 1 VwVfG Berlin für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Beklagten gilt, sind gemäß § 62 Satz 2 VwVfG die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches entsprechend anzuwenden. Daher kann einem Dritten nach § 328 Abs. 1 BGB in einem öffentlich-rechtlichen Vertrag, der zu seinen Gunsten geschlossen wird, die Berechtigung eingeräumt sein, den Abschluss eines bestimmten Vertrags zu verlangen(BAG 23. Februar 2011 - 4 AZR 439/09 - Rn. 23). Bei einer Zusicherung nach § 38 Abs. 1 Satz 1 VwVfG erteilt eine zuständige Behörde die Zusage, einen bestimmten Verwaltungsakt später zu erlassen oder zu unterlassen. Ist die Zusicherung nicht auf den Erlass oder die Unterlassung eines bestimmten Verwaltungsaktes gerichtet, so handelt es sich um eine Zusage, die im VwVfG nicht definiert ist (vgl. etwa Stelkens/Bonk/Sachs VwVfG 8. Aufl. § 38 Rn. 12). Für das Vorliegen einer Zusage wie auch eines öffentlich-rechtlichen Vertrags ist Voraussetzung, dass der Wille der Behörde, sich für die Zukunft zu binden und einen entsprechenden Anspruch des Begünstigten auf die Maßnahme zu begründen, in der Erklärung eindeutig zum Ausdruck kommt (Stelkens/Bonk/Sachs VwVfG 8. Aufl. § 38 Rn. 21, § 54 Rn. 28 mwN).

41

2. Danach hat das Landesarbeitsgericht die Prof. Dr. N erteilte Berufungszusage rechtsfehlerfrei dahin verstanden, dass diese keinen rechtsverbindlichen Anspruch des Klägers auf Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrags begründet. Ein solcher Anspruch folgt nicht allein aus dem Umstand, dass der Kläger in der Berufungszusage für das wissenschaftliche Personal namentlich benannt ist. Die Zusage für die Personalausstattung bezieht sich auf eine „volle Dauerstelle“ für einen wissenschaftlichen Mitarbeiter für den Fall der Berufung von Prof. Dr. N. Dazu ist für „das Institut“ zwar eine „namentliche Berufungszusage“ für den Kläger erteilt worden. Die Zusage ist aber weder auf den Kläger begrenzt noch auf eine Einstellung des Klägers konkretisiert. Vielmehr wird durch den nachfolgenden Satz in der Berufungszusage vom 15. Dezember 2010 unmissverständlich klargestellt, dass dem Institut die Möglichkeit eingeräumt ist, „diese Personalressource im Rahmen einer langfristigen strategischen Ausrichtung, in Absprache mit der Fakultät, anderweitig zu verwenden“. Daraus wird deutlich, dass die Stelle zwar zunächst mit dem Kläger besetzt werden sollte, sie künftig jedoch auch anderweitig besetzt werden konnte. Ein rechtlicher Bindungswille der Beklagten dahingehend, mit dem Kläger einen unbefristeten Arbeitsvertrag abzuschließen, kann der Berufungszusage vom 15. Dezember 2010 daher nicht entnommen werden.

42

V. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.

        

    Gräfl    

        

    M. Rennpferdt    

        

    Kiel    

        

        

        

    Krollmann    

        

    Holzhausen     

                 

Tenor

Die Revision des beklagten Landes gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 8. Juli 2008 - 2 Sa 2/08 - wird zurückgewiesen.

Das beklagte Land hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten in der Revision noch darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis aufgrund Befristung am 30. April 2008 geendet hat.

2

Der Kläger war vom 1. Juli 1996 bis zum 30. April 2008 aufgrund mehrerer mit dem Land Sachsen-Anhalt abgeschlossener befristeter Arbeitsverträge - mit Unterbrechungen - als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Politikwissenschaft der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg beschäftigt. Der letzte Änderungsvertrag vom 26./29. April 2002 war nach § 57b Abs. 1 HRG befristet und hatte eine Laufzeit vom 1. Mai 2002 bis zum 30. April 2008. Am 23. April 2002 hatte der Kläger seine Dissertation verteidigt. Die Promotionskommission gab ihm am selben Tag das Gesamtergebnis der Promotion mit „magna cum laude“ bekannt. Am 8. Mai 2002 bestätigte der Fakultätsrat die Bewertung der Promotionskommission. Mit der Promotionsurkunde vom 8. Mai 2002 wurde dem Kläger der akademische Grad „Dr. phil.“ verliehen. Die Promotionsurkunde wurde ihm einige Tage später ausgehändigt.

3

Die Promotionsordnung der Fakultät für Geistes-, Sozial- und Erziehungswissenschaften der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg vom 6. Oktober 1999 idF vom 4. Juli 2001 lautet auszugsweise:

        

㤠12

        

Bewertung der Promotionsleistungen

        

(1)

Nach erfolgreichem Abschluß der Verteidigung der Dissertation ist in nichtöffentlicher Beratung durch die Promotionskommission über die Bewertung der Promotionsleistungen zu entscheiden. Die Mitglieder des Fakultätsrates und die gewählten Mitglieder des Senats können beratend teilnehmen.

        

...

        

        

(3)

Das Gesamtprädikat ist vorbehaltlich der Bestätigung durch den Fakultätsrat im Anschluß an die Verteidigung der Dissertation bekanntzugeben.

        

§ 13

        

Entscheidung über die Verleihung

        

(1)

Nach Abschluß des Verfahrens informiert das vorsitzende Mitglied der Promotionskommission die Dekanin bzw. den Dekan über die Empfehlung für den Beschluß zur Verleihung/Nichtverleihung des akademischen Grades.

        

(2)

Über die Verleihung/Nichtverleihung des akademischen Grades und das Prädikat der Gesamtleistung entscheidet der Fakultätsrat durch Beschluß. In begründeten Fällen kann der Fakultätsrat von dem errechneten Notendurchschnitt abweichen.

        

...

        
        

(4)

Die endgültige Verleihung des akademischen Grades und die Übergabe der Promotionsurkunde setzen die Veröffentlichung der Dissertation entsprechend § 14 voraus.

        

...

        
        

§ 14

        

Veröffentlichung der Dissertation

        

(1)

Die Dissertation ist zu veröffentlichen. Als Formen der Veröffentlichung sind zulässig:

        

a)   

die Publikation als selbstständige Schrift in einem wissenschaftlichen Verlag;

        

b)   

die Vervielfältigung im photomechanischen Verfahren im Format DIN A 5; ausnahmsweise kann der Fakultätsrat gestatten, dass die photomechanische Vervielfältigung im Format DIN A 4 erfolgt;

        

…       

        
        

e)   

der Abdruck in einer wissenschaftlichen Zeitschrift; in Sonderfällen kann der Fakultätsrat gestatten, daß sich dieser Abdruck auf einen wesentlichen Teil der Dissertation beschränkt. In diesem Fall sind sechs Exemplare der vollständigen Dissertation der Fakultät zu übergeben.

        

(2)

Der Fakultät sind 40 Exemplare der gedruckten oder photomechanisch vervielfältigten Dissertation einzureichen. Im Falle der Veröffentlichung als selbstständige Schrift in einem wissenschaftlichen Verlag oder in einer wissenschaftlichen Zeitschrift oder bei Ablage der Datei der Dissertation im Dissertationen-Archiv auf dem zentralen WWW-Server der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg sind sechs Sonderdrucke an das Dekanat abzuliefern. Über Ausnahmen entscheidet der Fakultätsrat.

        

...

        

§ 17

        

Promotionsurkunde

        

(1)

Die Promotion wird mit der Aushändigung der Promotionsurkunde durch die Dekanin bzw. den Dekan vollzogen.

        

...

        
        

(3)

Erst mit der Aushändigung der Promotionsurkunde erwirbt die sich bewerbende Person das Recht, den Grad zu führen. Das Promotionsverfahren ist damit abgeschlossen.

        

...“

        
4

Mit der am 19. Juli 2007 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage, der die mit dem Land Sachsen-Anhalt abgeschlossenen Arbeitsverträge beigefügt waren, hat sich der Kläger gegen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund der Befristung zum 30. April 2008 gewandt. In der Klageschrift hat er den Kanzler der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, mit Schriftsatz vom 2. August 2007 die Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg als beklagte Partei bezeichnet.

5

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Befristung zum 30. April 2008 sei unwirksam. Die Voraussetzungen für eine Befristung nach § 57b Abs. 1 Satz 2 HRG seien nicht erfüllt, da bei Vertragsschluss am 26./29. April 2002 seine Promotion noch nicht abgeschlossen gewesen sei. Die Promotion werde mit der Aushändigung der Promotionsurkunde vollzogen. Erst damit werde das Promotionsverfahren abgeschlossen und das Recht erworben, den akademischen Grad zu führen. Vorliegend sei dies erst einige Tage nach dem 8. Mai 2002 der Fall gewesen.

6

Der Kläger hat - soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung - zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht aufgrund einer Befristung zum Ablauf des 30. April 2008 endete, sondern unbefristet fortbesteht.

7

Die beklagte Partei hat Klageabweisung beantragt und gemeint, die Befristung sei nach § 57b Abs. 1 Satz 2 HRG gerechtfertigt. Es komme für die Befristung nach dieser Bestimmung nicht auf den Abschluss des Promotionsverfahrens an, sondern auf den Abschluss der Promotion. Die Promotion sei mit der Verteidigung der Dissertation und der anschließenden Bekanntgabe des Gesamtprädikats durch die Promotionskommission am 23. April 2002 abgeschlossen gewesen. Im Übrigen sei die Berufung des Klägers auf die Unwirksamkeit der Befristung rechtsmissbräuchlich.

8

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Gegen dieses Urteil hat die als Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg bezeichnete beklagte Partei Berufung eingelegt. In der Berufungsverhandlung hat das Landesarbeitsgericht auf Antrag des Klägers im Einvernehmen mit der beklagten Partei das Passivrubrum dahingehend berichtigt, dass beklagte Partei das Land Sachsen-Anhalt, vertreten durch die Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, ist. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des beklagten Landes zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt das beklagte Land seinen Antrag auf Klageabweisung weiter. Der Kläger beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben der als Befristungskontrollklage auszulegenden Feststellungsklage zu Recht stattgegeben.

10

A. Die Klage ist zulässig. Es handelt sich trotz des auf eine allgemeine Feststellungsklage iSv. § 256 Abs. 1 ZPO hindeutenden letzten Halbsatzes des Klageantrags ausschließlich um eine Befristungskontrollklage gem. § 17 Satz 1 TzBfG, mit der der Kläger die Unwirksamkeit der zum 30. April 2008 vereinbarten Befristung geltend macht. Andere Beendigungstatbestände oder -zeitpunkte sind zwischen den Parteien nicht im Streit. Der letzte Halbsatz des Klageantrags hat daher keine eigenständige Bedeutung.

11

B. Die Klage ist begründet. Die beklagte Partei ist passivlegitimiert. Die in dem Änderungsvertrag vom 26./29. April 2002 vereinbarte Befristung ist unwirksam und hat das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht zum 30. April 2008 beendet.

12

I. Die Klage ist nicht mangels Passivlegitimation der beklagten Partei abzuweisen. Das Landesarbeitsgericht hat das Passivrubrum zu Recht dahingehend berichtigt, dass beklagte Partei das Land Sachsen-Anhalt ist. Der Kläger hat mit der Befristungskontrollklage von Anfang an das Land Sachsen-Anhalt in Anspruch genommen und nicht die Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg oder deren Kanzler, die er zunächst als beklagte Partei bezeichnet hat. Dies ergibt die Auslegung der Klageschrift.

13

1. Nach § 253 Abs. 2 Nr. 1 ZPO muss die Klageschrift die Bezeichnung der Parteien enthalten. Ist die Bezeichnung nicht eindeutig, ist die Partei durch Auslegung zu ermitteln. Auch bei äußerlich eindeutiger, aber offenkundig unrichtiger Bezeichnung ist grundsätzlich diejenige Person als Partei anzusehen, die erkennbar mit der Parteibezeichnung gemeint ist (so bereits BGH 24. Januar 1952 - III ZR 196/50 - BGHZ 4, 328; BAG 1. März 2007 - 2 AZR 525/05 - Rn. 12 mwN, AP KSchG 1969 § 4 Nr. 60 = EzA KSchG § 4 nF Nr. 76). Dafür ist entscheidend, welchen Sinn die Erklärung aus der Sicht des Gerichts und des Prozessgegners hat (BGH 15. Mai 2006 - II ZB 5/05 - NJW-RR 2006, 1569). Hierbei ist das tatsächliche Vorbringen der Klagepartei zugrunde zulegen. Auf deren Rechtsauffassung kommt es nicht an (BAG 1. März 2007 - 2 AZR 525/05 - Rn. 16, mwN aaO). Maßgeblich für die Beurteilung sind die gesamten erkennbaren Umstände, insbesondere auch die der Klageschrift beigefügten Unterlagen (BAG 1. März 2007 - 2 AZR 525/05 - Rn. 13, aaO). Die Berichtigung einer offensichtlich unrichtigen Parteibezeichnung ist während des gesamten Verfahrens möglich.

14

2. Danach hat das Landesarbeitsgericht das Passivrubrum zu Recht dahingehend berichtigt, dass beklagte Partei das Land Sachsen-Anhalt ist. Der Kläger hat zwar in der Klageschrift zunächst den Kanzler der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg als Beklagten bezeichnet und dies später auf Anregung des Arbeitsgerichts dahingehend präzisiert, dass beklagte Partei die Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg sei. Der Klageschrift lagen jedoch die Arbeitsverträge bei, die mit dem Land Sachsen-Anhalt, vertreten durch die Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, abgeschlossen waren. Dies entspricht § 110 des Hochschulgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt in der ab 13. Mai 2004 geltenden Fassung (im Folgenden: HSG LSA). Danach ist das Land Sachsen-Anhalt Arbeitgeber des an den Universitäten beschäftigten wissenschaftlichen Personals. Die Universität nimmt nach § 55 Abs. 1 HSG LSA die Personalangelegenheiten im Auftrag des Landes war. Es war daher von Anfang an erkennbar, dass der Kläger das Land Sachsen-Anhalt als seinen Arbeitgeber in Anspruch nehmen wollte und er lediglich fehlerhaft dessen Vertreter als beklagte Partei bezeichnet hat. Demzufolge sind auch die Berufungsschrift und die Berufungsbegründung, in denen als Berufungsklägerin die Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg genannt ist, so zu verstehen, dass die Berufung von der Universität namens und in Vertretung des Landes Sachsen-Anhalt eingelegt und begründet wurde. Durch die erst im zweiten Rechtszug und nach Ablauf der Dreiwochenfrist des § 17 Satz 1 TzBfG erfolgte Berichtigung der Parteibezeichnung wurden keine prozessualen Rechte des beklagten Landes verletzt. Dieses hatte durch seine Vertreterin, die Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, von Anfang an Kenntnis von der prozessualen Inanspruchnahme durch den Kläger. Es hat gegen die Berichtigung der Parteibezeichnung auch keine Einwendungen erhoben.

15

II. Die in dem Änderungsvertrag vom 26./29. April 2002 vereinbarte Befristung ist unwirksam. Sie ist nicht nach § 6 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG, § 57b Abs. 1 Satz 2 HRG gerechtfertigt. Die Berufung des Klägers auf die Unwirksamkeit der Befristung ist nicht rechtsmissbräuchlich.

16

1. Die Befristung erfüllt nicht die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG, § 57b Abs. 1 Satz 2 HRG, da die Promotion des Klägers bei Abschluss des Änderungsvertrags am 26./29. April 2002 noch nicht abgeschlossen war. Dies war erst mit der Übergabe der Promotionsurkunde nach dem 8. Mai 2002 der Fall.

17

a) Die Wirksamkeit der am 26./29. April 2002 vereinbarten Befristung richtet sich nach § 57b Abs. 1 HRG. Dies ergibt sich aus § 6 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG. Danach gelten für die in der Zeit vom 23. Februar 2002 bis zum 17. April 2007 an staatlichen Hochschulen abgeschlossenen befristeten Arbeitsverträge mit wissenschaftlichem Personal die §§ 57a bis 57f HRG in der ab 31. Dezember 2004 geltenden Fassung.

18

b) Die Befristung genügt nicht den Anforderungen des § 57b Abs. 1 Satz 2 HRG.

19

aa) Die Befristung von Arbeitsverträgen mit nicht promoviertem wissenschaftlichen Personal ist nach § 57b Abs. 1 Satz 1 HRG bis zur Dauer von sechs Jahren zulässig. Nach abgeschlossener Promotion (sog. Postdoc-Phase) ist gem. § 57b Abs. 1 Satz 2 1. Halbs. HRG eine Befristung bis zur Dauer von sechs Jahren möglich. Eine Befristung nach § 57b Abs. 1 Satz 2 HRG setzt voraus, dass sie nach Abschluss der Promotion vereinbart wird. Es ist daher nicht zulässig, einen nach § 57b Abs. 1 Satz 2 HRG befristeten Arbeitsvertrag schon vor der Promotion für die Zeit danach abzuschließen(aA Hailbronner/Geiß-Waldeyer HRG Stand Dezember 2008 § 57b Rn. 7). Dies folgt bereits aus dem Wortlaut des § 57b Abs. 1 Satz 2 HRG. Diese Vorschrift gestattet mit wissenschaftlichem Personal die Befristung „nach abgeschlossener Promotion“ bis zur Dauer von sechs Jahren. Sinn und Zweck der Befristungsmöglichkeit nach § 57b Abs. 1 Satz 2 HRG bestätigen dies. Die Vorschrift ermöglicht den Abschluss befristeter Arbeitsverträge mit bereits promoviertem wissenschaftlichen Personal (BT-Drucks. 14/6853 S. 33). Sie setzt daher eine erfolgreiche Promotion voraus. Ob eine Promotion erfolgreich ist, steht vor dem Abschluss der Promotion nicht fest. Vor Abschluss der Promotion kann daher nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass für den Mitarbeiter die Befristungsmöglichkeit nach § 57b Abs. 1 Satz 2 HRG überhaupt eröffnet wird. Deshalb kann von der Befristungsmöglichkeit nach § 57b Abs. 1 Satz 2 HRG erst nach Abschluss der Promotion Gebrauch gemacht werden.

20

bb) Danach ist die in dem Änderungsvertrag vom 26./29. April 2002 vereinbarte Befristung nicht nach § 57b Abs. 1 Satz 2 HRG gerechtfertigt. Die Promotion des Klägers war entgegen der Auffassung des beklagten Landes nicht bereits mit der Verteidigung der Dissertation und der anschließenden Bekanntgabe des Gesamtprädikats durch die Promotionskommission am 23. April 2002, sondern erst mit der Übergabe der Promotionsurkunde nach dem 8. Mai 2002 abgeschlossen. Dies ergibt sich aus den Vorschriften des HSG LSA und der Promotionsordnung der Fakultät für Geistes-, Sozial- und Erziehungswissenschaften der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg vom 6. Oktober 1999 idF vom 4. Juli 2001 (im Folgenden: Promotionsordnung).

21

(1) Die Vorschriften des HRG, insbesondere § 57b Abs. 1 Satz 2 HRG regeln nicht, wann eine Promotion iSv. § 57b Abs. 1 Satz 2 HRG „abgeschlossen“ ist. § 18 Abs. 2 Satz 1 HRG verweist hinsichtlich der Verleihung von Hochschulgraden auf das Landesrecht. Wann eine Promotion iSv. § 57b Abs. 1 Satz 2 HRG abgeschlossen ist, ist daher nach den landesrechtlichen Vorschriften und der jeweiligen Promotionsordnung zu beurteilen(ebenso KR/Lipke 8. Aufl. § 57b HRG Rn. 28; ErfK/Müller-Glöge 6. Aufl. § 57b HRG Rn. 6; ErfK/Müller-Glöge 10. Aufl. § 2 WZVG Rn. 3; Reich HRG 9. Aufl. § 57b Rn. 3; APS/Schmidt 2. Aufl. § 57b HRG Rn. 10; APS/Schmidt 3. Aufl. § 2 WissZeitVG Rn. 10; KR/Treber 9. Aufl. § 2 WissZeitVG Rn. 26; Preis/Hausch NJW 2002, 927, 929). Es kann vorliegend dahinstehen, ob bei Fehlen einer ausdrücklichen landesrechtlichen Regelung die Promotion mit dem Tag der mündlichen Prüfung (Verteidigung der Dissertation, Disputation, Rigorosum) und der anschließenden Verkündung des Gesamtergebnisses iSv. § 57b Abs. 1 Satz 2 HRG abgeschlossen ist(so zB KR/Lipke aaO; Annuß/Thüsing-Lambrich TzBfG 2. Aufl. § 23 Rn. 107 f.; APS/Schmidt 2. Aufl. § 57b HRG Rn. 7; APS/Schmidt 3. Aufl. § 2 WissZeitVG Rn. 10; Preis/Hausch aaO) oder ob dies erst mit der Verleihung des Doktorgrades der Fall ist (so zB ErfK/Müller-Glöge 6. Aufl. § 57b HRG Rn. 6; ErfK/Müller-Glöge 10. Aufl. § 2 WZVG Rn. 3; Hailbronner/Geis-Waldeyer HRG Stand Dezember 2008 § 57b Rn. 10). Nach den hochschulrechtlichen Vorschriften des beklagten Landes und den Regelungen der Promotionsordnung ist die Promotion noch nicht am Tag der Verteidigung der Dissertation und der anschließenden Bekanntgabe des Gesamtprädikats durch die Promotionskommission abgeschlossen, sondern erst mit der Aushändigung der Promotionsurkunde.

22

(a) Die Promotionsordnung regelt allerdings nicht ausdrücklich, wann die Promotion abgeschlossen ist. Sie enthält lediglich Regelungen zum Abschluss des Promotions„verfahrens“ (§ 17 Abs. 3) und dem Abschluss „des Verfahrens“ (§ 13 Abs. 2). Diese Bestimmungen bezeichnen unterschiedliche Tatbestände. Abschluss des „Verfahrens“ iSv. § 13 Abs. 2 der Promotionsordnung ist die Verteidigung der Dissertation und die anschließende Bekanntgabe des Gesamtprädikats durch die Promotionskommission gem. § 12 Abs. 3 der Promotionsordnung. Dagegen regelt § 17 Abs. 3 der Promotionsordnung, dass das „Promotionsverfahren“ mit der Aushändigung der Promotionsurkunde abgeschlossen ist. Zu welchem Zeitpunkt die „Promotion“ abgeschlossen ist, bestimmt die Promotionsordnung nicht ausdrücklich. Dies ergibt sich aber aus § 24 Abs. 1 Satz 2 HSG LSA in der hier maßgeblichen, bis zum 12. Mai 2004 geltenden Fassung (aF; seit 13. Mai 2004: § 18 Abs. 8 Satz 2 HSG LSA) in Verbindung mit der Promotionsordnung. Nach § 24 Abs. 1 Satz 2 HSG LSA aF ist Voraussetzung für die Zulassung zur Habilitation „der mit dem Erwerb des Doktorgrades erfolgte Abschluß der Promotion“. Danach ist die Promotion mit dem Erwerb des Doktorgrades abgeschlossen. Nach § 17 Abs. 3 Satz 1 der Promotionsordnung erwirbt der Doktorand erst mit der Aushändigung der Promotionsurkunde das Recht, den Doktorgrad zu führen. Nach diesen Regelungen ist daher nicht nur das Promotionsverfahren, sondern auch die Promotion selbst erst mit der Aushändigung der Promotionsurkunde abgeschlossen.

23

(b) Nach der hier maßgeblichen Promotionsordnung ist die Promotion entgegen der Auffassung des beklagten Landes auch deshalb nicht am Tag der Verteidigung der Dissertation und der anschließenden Bekanntgabe des Gesamtprädikats durch die Promotionskommission abgeschlossen, weil die der Promotionskommission obliegende Entscheidung über die Bewertung der Promotionsleistungen nicht abschließend ist. Nach § 13 Abs. 2 Satz 1 der Promotionsordnung entscheidet der Fakultätsrat durch Beschluss über die Verleihung oder Nichtverleihung des akademischen Grades und das Gesamtprädikat. Der Fakultätsrat ist in seiner Entscheidung zwar nicht völlig frei. Er kann nach § 13 Abs. 2 Satz 2 der Promotionsordnung nur in begründeten Fällen von der Empfehlung der Promotionskommission abweichen. Mit dieser Maßgabe ist ihm aber die Letztentscheidung über den Erfolg der Promotion und deren Ergebnis vorbehalten. Dementsprechend wird das von der Promotionskommission errechnete Gesamtprädikat im Anschluss an die Verteidigung der Dissertation nach § 12 Abs. 3 der Promotionsordnung nicht endgültig, sondern unter dem Vorbehalt der Bestätigung durch den Fakultätsrat bekannt gegeben.

24

(2) Diese Auslegung der hochschulrechtlichen Bestimmungen führt allerdings dazu, dass die Zeit zwischen der Verteidigung der Dissertation und der Aushändigung der Promotionsurkunde nicht für eine befristete Beschäftigung nach § 57b Abs. 1 Satz 2 HRG genutzt werden kann und sich eine nach § 57b Abs. 1 Satz 2 2. Halbs. HRG mögliche Verlängerung der sechsjährigen Höchstbefristungsdauer um diesen Zeitraum verringert. Da die Aushändigung der Promotionsurkunde sowohl den Beschluss des Fakultätsrats über die Verleihung des Doktorgrades als auch nach § 13 Abs. 4 der Promotionsordnung die Veröffentlichung der Dissertation entsprechend § 14 der Promotionsordnung voraussetzt, kann zwischen der Verteidigung der Dissertation und der Aushändigung der Promotionsurkunde im Einzelfall geraume Zeit verstreichen. Dadurch wird jedoch das vom Bundesgesetzgeber mit der Verlängerungsregelung in § 57b Abs. 1 Satz 2 2. Halbs. HRG angestrebte Ziel, eine zügige Promotion zu honorieren und es zu ermöglichen, die bei der Promotion eingesparte Zeit in der Postdoc-Phase entsprechend anzuhängen (BT-Drucks. 14/6853 S. 33), nicht in Frage gestellt. Der Doktorand und die Universität haben die Möglichkeit, im beiderseitigen Interesse eines zügigen Vertragsschlusses die Voraussetzungen für eine zeitnahe Übergabe der Promotionsurkunde zu schaffen. Dem steht das Erfordernis der Veröffentlichung der Dissertation nicht entgegen. Diese muss nicht als Publikation in einem wissenschaftlichen Verlag, sondern kann zB auch durch Vervielfältigung im photomechanischen Verfahren erfolgen (§ 14 Abs. 1 Buchst. b Promotionsordnung). In diesem Fall sind der Fakultät nach § 14 Abs. 2 der Promotionsordnung 40 Exemplare der Dissertation einzureichen. Dies lässt sich ebenso ohne größere zeitliche Verzögerung von dem Doktoranden bewerkstelligen wie die Herbeiführung des nach § 13 Abs. 2 der Promotionsordnung erforderlichen Beschlusses des Fakultätsrats durch die Universität.

25

2. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass die Berufung des Klägers auf die Unwirksamkeit der Befristung nicht rechtsmissbräuchlich ist. Diese Würdigung greift die Revision nicht an. Der Kläger hat lediglich von dem ihm nach § 17 Satz 1 TzBfG zustehenden Recht Gebrauch gemacht, trotz seines bei Vertragsschluss geäußerten Einverständnisses mit der Befristung deren Unwirksamkeit geltend zu machen.

26

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Linsenmaier    

        

    Gräfl    

        

    Kiel    

        

        

        

    Krollmann    

        

    Schuh    

                 

(1) Die Befristung von Arbeitsverträgen des in § 1 Absatz 1 Satz 1 genannten Personals, das nicht promoviert ist, ist bis zu einer Dauer von sechs Jahren zulässig, wenn die befristete Beschäftigung zur Förderung der eigenen wissenschaftlichen oder künstlerischen Qualifizierung erfolgt. Nach abgeschlossener Promotion ist eine Befristung bis zu einer Dauer von sechs Jahren, im Bereich der Medizin bis zu einer Dauer von neun Jahren, zulässig, wenn die befristete Beschäftigung zur Förderung der eigenen wissenschaftlichen oder künstlerischen Qualifizierung erfolgt; die zulässige Befristungsdauer verlängert sich in dem Umfang, in dem Zeiten einer befristeten Beschäftigung nach Satz 1 und Promotionszeiten ohne Beschäftigung nach Satz 1 zusammen weniger als sechs Jahre betragen haben. Die vereinbarte Befristungsdauer ist jeweils so zu bemessen, dass sie der angestrebten Qualifizierung angemessen ist. Die nach den Sätzen 1 und 2 insgesamt zulässige Befristungsdauer verlängert sich bei Betreuung eines oder mehrerer Kinder unter 18 Jahren um zwei Jahre je Kind. Satz 4 gilt auch, wenn hinsichtlich des Kindes die Voraussetzungen des § 15 Absatz 1 Satz 1 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes vorliegen. Die nach den Sätzen 1 und 2 insgesamt zulässige Befristungsdauer verlängert sich bei Vorliegen einer Behinderung nach § 2 Absatz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch oder einer schwerwiegenden chronischen Erkrankung um zwei Jahre. Innerhalb der jeweils zulässigen Befristungsdauer sind auch Verlängerungen eines befristeten Arbeitsvertrages möglich.

(2) Die Befristung von Arbeitsverträgen des in § 1 Abs. 1 Satz 1 genannten Personals ist auch zulässig, wenn die Beschäftigung überwiegend aus Mitteln Dritter finanziert wird, die Finanzierung für eine bestimmte Aufgabe und Zeitdauer bewilligt ist und die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter überwiegend der Zweckbestimmung dieser Mittel entsprechend beschäftigt wird; die vereinbarte Befristungsdauer soll dem bewilligten Projektzeitraum entsprechen.

(3) Auf die in Absatz 1 geregelte zulässige Befristungsdauer sind alle befristeten Arbeitsverhältnisse mit mehr als einem Viertel der regelmäßigen Arbeitszeit, die mit einer deutschen Hochschule oder einer Forschungseinrichtung im Sinne des § 5 abgeschlossen wurden, sowie entsprechende Beamtenverhältnisse auf Zeit und Privatdienstverträge nach § 3 anzurechnen. Angerechnet werden auch befristete Arbeitsverhältnisse, die nach anderen Rechtsvorschriften abgeschlossen wurden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Arbeitsverhältnisse nach § 6 sowie vergleichbare studienbegleitende Beschäftigungen, die auf anderen Rechtsvorschriften beruhen.

(4) Im Arbeitsvertrag ist anzugeben, ob die Befristung auf den Vorschriften dieses Gesetzes beruht. Fehlt diese Angabe, kann die Befristung nicht auf Vorschriften dieses Gesetzes gestützt werden. Die Dauer der Befristung muss bei Arbeitsverträgen nach Absatz 1 kalendermäßig bestimmt oder bestimmbar sein.

(5) Die jeweilige Dauer eines befristeten Arbeitsvertrages nach Absatz 1 verlängert sich im Einverständnis mit der Mitarbeiterin oder dem Mitarbeiter um

1.
Zeiten einer Beurlaubung oder einer Ermäßigung der Arbeitszeit um mindestens ein Fünftel der regelmäßigen Arbeitszeit, die für die Betreuung oder Pflege eines oder mehrerer Kinder unter 18 Jahren, auch wenn hinsichtlich des Kindes die Voraussetzungen des § 15 Absatz 1 Satz 1 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes vorliegen, oder pflegebedürftiger sonstiger Angehöriger gewährt worden sind,
2.
Zeiten einer Beurlaubung für eine wissenschaftliche oder künstlerische Tätigkeit oder eine außerhalb des Hochschulbereichs oder im Ausland durchgeführte wissenschaftliche, künstlerische oder berufliche Aus-, Fort- oder Weiterbildung,
3.
Zeiten einer Inanspruchnahme von Elternzeit nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz und Zeiten eines Beschäftigungsverbots nach den §§ 3 bis 6, 10 Absatz 3, § 13 Absatz 1 Nummer 3 und § 16 des Mutterschutzgesetzes in dem Umfang, in dem eine Erwerbstätigkeit nicht erfolgt ist,
4.
Zeiten des Grundwehr- und Zivildienstes,
5.
Zeiten einer Freistellung im Umfang von mindestens einem Fünftel der regelmäßigen Arbeitszeit zur Wahrnehmung von Aufgaben in einer Personal- oder Schwerbehindertenvertretung, von Aufgaben eines oder einer Frauen- oder Gleichstellungsbeauftragten oder zur Ausübung eines mit dem Arbeitsverhältnis zu vereinbarenden Mandats und
6.
Zeiten einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit, in denen ein gesetzlicher oder tarifvertraglicher Anspruch auf Entgeltfortzahlung nicht besteht.
In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1, 2 und 5 soll die Verlängerung die Dauer von jeweils zwei Jahren nicht überschreiten. Zeiten nach Satz 1 Nummer 1 bis 6 werden in dem Umfang, in dem sie zu einer Verlängerung eines befristeten Arbeitsvertrages führen können, nicht auf die nach Absatz 1 zulässige Befristungsdauer angerechnet.

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 17. April 2012 - 13 Sa 1210/11 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten, dem Kläger vom 1. Januar 2011 bis zum 31. Dezember 2013 Vorruhestandsgeld zu zahlen.

2

Die Beklagte ist ein Bankinstitut. Der am 12. Dezember 1950 geborene Kläger war bis zum 30. September 2004 bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten als AT-Mitarbeiter und Prokurist gegen eine monatliche Bruttovergütung iHv. zuletzt 6.263,33 Euro beschäftigt. Seit dem 20. März 1992 war er Inhaber eines Schwerbehindertenausweises. Der Grad der Behinderung betrug 80. Am 6. September 2004 schloss der Kläger mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten eine Vorruhestandsvereinbarung, die die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30. September 2004 vorsah. Unter Ziff. 2.1 des Vorruhestandsvertrags ist geregelt, dass der Kläger ab dem 1. Oktober 2004 bis zum gesetzlichen Rentenbeginn ein monatliches Vorruhestandsgeld iHv. 4.800,00 Euro brutto erhält. Des Weiteren enthält der Vorruhestandsvertrag - soweit für den Rechtsstreit von Interesse - folgende Regelungen:

        

4.    

Grundlage und Erlöschen der Ansprüche

        

4.1     

Die Ansprüche aus dieser Vorruhestandsvereinbarung erlöschen mit Beginn des Monats, für den Herr B eine gesetzliche Rente wegen Alters, Schwerbehinderung oder Erwerbsminderung beanspruchen kann; das ist nach Rechtslage zur Zeit des Abschlusses dieses Vertrages am 01.01.2011. Erforderliche Antragstellungen obliegen Herrn B.

        

…       

        
        

5.    

Mitwirkungspflichten

        

5.1     

Herr B ist verpflichtet, Änderungen der ihn betreffenden Verhältnisse, die auf die Ansprüche auf Vorruhestandsgeld Auswirkungen haben können, der Bank unverzüglich mitzuteilen. Dazu gehört insbesondere die Aufnahme einer Tätigkeit, für die Herr B eine Vergütung für den Einsatz seiner Arbeitskraft erhält. Während der Dauer der Vorruhestandsvereinbarung erhaltene Bezüge sowie eventuelle Leistungen aus den Sozialversicherungen werden auf das von der Bank zu zahlende Vorruhestandsgeld angerechnet.

        

…       

        
        

5.3     

Herr B verpflichtet sich, einen Antrag auf Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung oder auf vergleichbare Leistungen bei Vorliegen der Voraussetzungen zum frühestmöglichen Zeitpunkt (auch bei Abschlägen), auch während der Laufzeit dieser Vereinbarung, zu stellen.“

3

Seit Ende 2004 lebt der Kläger in Bolivien. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten hatte dem Kläger mit Schreiben vom 11. Oktober 2004 Auskunft über die Folgen eines Umzugs nach Bolivien im Hinblick auf die Sozialversicherungsabgaben erteilt. Vorausgegangen war ein Antrag des Klägers auf Erteilung einer Bescheinigung für beschränkt einkommenssteuerpflichtige Arbeitnehmer, den der Kläger am 15. September 2004 der Personalabteilung der Rechtsvorgängerin der Beklagten übersandt hatte und in dem er seinen Wegzug nach Bolivien angegeben hatte.

4

Mit Bescheid des Versorgungsamts der Freien Hansestadt Bremen vom 15. September 2010 wurde der Antrag des Klägers auf Verlängerung seines Schwerbehindertenausweises bestandskräftig mit der Begründung abgelehnt, für die Verlängerung bedürfe es nach dem Gesetz eines gewöhnlichen Aufenthalts oder einer Beschäftigung in der Bundesrepublik Deutschland. Die vom Kläger am 9. Februar 2011 beantragte Altersrente wegen Schwerbehinderung bewilligte ihm die Deutsche Rentenversicherung Bund mit derselben Begründung nicht. Das vom Kläger gegen deren Bescheid vom 19. April 2011 angestrengte Widerspruchsverfahren ruht.

5

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der Anspruch auf Vorruhestandsgeld sei nicht erloschen, weil er aufgrund seines dauerhaften Aufenthalts in Bolivien keinen Anspruch auf vorzeitige Altersrente wegen Schwerbehinderung habe. Er sei auch nicht verpflichtet, nach Deutschland zurückzukehren. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten habe vor Abschluss der Vereinbarung Kenntnis von seiner Auswanderungsabsicht gehabt. Die in der Vorruhestandsvereinbarung vorgesehene Verpflichtung zur vorzeitigen Inanspruchnahme einer Altersrente wegen Schwerbehinderung sei zudem diskriminierend und daher nicht wirksam, weil er bei einer vorzeitigen Inanspruchnahme der Altersrente höhere Abschläge hinzunehmen hätte als ein nicht schwerbehinderter Mensch. Auch habe sich sein Gesundheitszustand deutlich gebessert.

6

Der Kläger hat beantragt

        

1.    

festzustellen, dass die Beklagte aufgrund der Vorruhestandsvereinbarung vom 6. September 2004 verpflichtet ist, ihm über den 31. Dezember 2010 hinaus bis zum 31. Dezember 2013 den monatlichen Bruttobetrag von 4.800,00 Euro zu zahlen,

        

2.    

hilfsweise festzustellen, dass die Beklagte aufgrund der Vorruhestandsvereinbarung vom 6. September 2004 verpflichtet ist, ihm die finanziellen Nachteile auszugleichen, die er aufgrund der vorzeitigen Inanspruchnahme einer Altersrente wegen Schwerbehinderung aufgrund Ziff. 5.3 der Vorruhestandsvereinbarung gegenüber einem nicht schwerbehinderten Beschäftigten in der gleichen Situation erleidet, vollumfänglich auszugleichen.

7

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie ist der Auffassung, dem Kläger sei das Angebot auf Abschluss des Vorruhestandsvertrags ausschließlich aufgrund seiner persönlichen Situation als schwerbehinderter Mensch sowie seiner Stellung als Betriebsratsmitglied unterbreitet worden. Derartige Vereinbarungen seien bei ihrer Rechtsvorgängerin unüblich gewesen. In den Jahren 1999 bis 2008 sei lediglich mit zwei weiteren Mitarbeitern eine Vorruhestandsvereinbarung abgeschlossen worden, jedoch zu deutlich schlechteren Konditionen für die Mitarbeiter. Nach der Vereinbarung mit dem Kläger trage dieser das Risiko, aufgrund eines von ihm verursachten Umstands keine vorzeitige Altersrente wegen der Schwerbehinderung beziehen zu können. Ihre Rechtsvorgängerin sollte nach Ziff. 4.1 der Vorruhestandsvereinbarung lediglich das Risiko einer etwaigen nach Vertragsschluss erfolgten Änderung von Rechtsnormen tragen, die zu einem späteren als dem bei Vertragsschluss erwarteten Rentenbezug ab dem 1. Januar 2011 führten. Nicht die Rechtslage, sondern die Tatsachenlage habe sich durch den Wegzug des Klägers verändert. Jedenfalls könne sich der Kläger nach § 162 Abs. 1, § 242 BGB nicht auf den nicht gegebenen Rentenanspruch ab Vollendung seines 60. Lebensjahres berufen, weil er den zum Anspruchsverlust führenden Umstand selbst herbeigeführt habe. Aus diesem Grund stehe ihr auch ein Schadensersatzanspruch zu. Mit diesem könne sie aufrechnen. Die Forderung des Klägers sei auch gemäß § 242 BGB wegen des entgegenstehenden Schadensersatzanspruchs einredebehaftet. Notfalls sei § 254 BGB analog heranzuziehen. Von den Auswanderungsplänen des Klägers habe ihre Rechtsvorgängerin vor Vertragsschluss nichts gewusst. Letztlich sei der Anspruch des Klägers jedenfalls zu kürzen, da durch den drei Jahre späteren Renteneintritt die Abschläge bei der Rente geringer ausfielen.

8

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Klägers das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und der Klage stattgegeben. Mit der Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht festgestellt, dass die Beklagte aufgrund der Vorruhestandsvereinbarung vom 6. September 2004 verpflichtet ist, dem Kläger über den 31. Dezember 2010 hinaus bis zum 31. Dezember 2013 monatlich 4.800,00 Euro brutto zu zahlen.

10

I. Die Klage ist zulässig. Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

11

1. Der Hauptantrag ist auf die Feststellung eines Rechtsverhältnisses gerichtet. Die Feststellungsklage muss sich nicht auf ein Rechtsverhältnis im Ganzen beziehen, sondern kann sich auch auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus dem Rechtsverhältnis, etwa auf bestimmte Ansprüche beschränken (BAG 15. April 2014 - 3 AZR 288/12 - Rn. 32 mwN). Der Anspruch auf Zahlung eines Vorruhestandsgelds iHv. 4.800,00 Euro pro Monat im Zeitraum vom 1. Januar 2011 bis zum 31. Dezember 2013 ist mithin ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis (vgl. auch BAG 16. Dezember 2008 - 9 AZR 985/07 - Rn. 19, BAGE 129, 72).

12

2. Das von Amts wegen auch noch in der Revisionsinstanz zu berücksichtigende Feststellungsinteresse ist gegeben.

13

a) Der mit dem Grundsatz der Prozesswirtschaftlichkeit begründete Vorrang der Leistungsklage steht nicht entgegen. Die Möglichkeit der Leistungsklage schließt das Feststellungsinteresse nicht schlechthin aus. Die Prozesswirtschaftlichkeit gestattet Ausnahmen. Die Rechtsprechung ist vom Vorrang der Leistungsklage abgegangen, soweit erst im Laufe des Rechtsstreits die Bezifferung einer Forderung möglich geworden ist (BAG 18. März 1997 - 9 AZR 84/96 - zu I 1 der Gründe, BAGE 85, 306). Befindet sich der anspruchsbegründende Sachverhalt zu dem Zeitpunkt der Klageerhebung noch in der Fortentwicklung, ist die Feststellungsklage insgesamt zulässig, auch wenn der Anspruch bereits teilweise beziffert werden könnte. Ein Kläger ist nicht gezwungen, zu einer bezifferten Leistungsklage überzugehen, wenn diese erst nachträglich im Laufe des Verfahrens möglich wird (Zöller/Greger ZPO 30. Aufl. § 256 Rn. 7a). Eine Feststellungsklage ist allgemein dann zulässig, wenn mit ihr eine sachgerechte, einfache Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte zu erreichen ist und prozesswirtschaftliche Überlegungen gegen einen Zwang zur Leistungsklage sprechen (BAG 16. Dezember 2008 - 9 AZR 985/07 - Rn. 19, BAGE 129, 72).

14

b) Danach ist die Feststellungsklage zulässig. Zum Zeitpunkt des Eingangs der Klage beim Arbeitsgericht am 30. Dezember 2010 war das Vorruhestandsgeld für den Klagezeitraum noch nicht fällig. Dass zum Zeitpunkt der Revisionsentscheidung der streitige Zahlungszeitraum 1. Januar 2011 bis 31. Dezember 2013 vollständig abgelaufen war, ist für das Feststellungsinteresse unerheblich. Maßgebend ist allein, dass das der Vollstreckung nicht zugängliche Feststellungsurteil geeignet ist, den Konflikt endgültig zu lösen und weitere Prozesse zu vermeiden. Zwischen den Parteien besteht lediglich Streit über das „Ob“ der Pflicht zur Zahlung von Vorruhestandsgeld in der Zeit zwischen der Vollendung des 60. und des 63. Lebensjahres des Klägers, nicht über die Ausgestaltung der Leistungspflicht selbst (vgl. BAG 16. Dezember 2008 - 9 AZR 985/07 - Rn. 20, BAGE 129, 72).

15

II. Die Klage ist begründet. Der Kläger hat gemäß Ziff. 2.1 der Vorruhestandsvereinbarung für die Monate Januar 2011 bis einschließlich Dezember 2013 einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von Vorruhestandsgeld iHv. jeweils 4.800,00 Euro brutto.

16

1. Der Anspruch auf Vorruhestandsgeld war nicht auf den Zeitraum bis zum 31. Dezember 2010 befristet. Dies ergibt die Auslegung von Ziff. 4.1 der Vorruhestandsvereinbarung.

17

a) Die streitgegenständliche Klausel enthält eine sog. nichttypische Erklärung. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB ist nicht einschlägig, weil der Kläger auf den Klauselinhalt Einfluss nehmen konnte. Dieser hat selbst vorgetragen, auf seinen Wunsch hin sei Ziff. 4.1 um die Formulierung „das ist nach Rechtslage zur Zeit des Abschlusses dieses Vertrages am 01.01.2011“ ergänzt worden.

18

b) Die Auslegung nichttypischer Erklärungen ist regelmäßig den Tatsachengerichten vorbehalten. Revisionsrechtlich nachprüfbar ist lediglich, ob gesetzliche Auslegungsregeln iSd. §§ 133, 157 BGB, Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt sind oder wesentlicher Tatsachenstoff, der für die Auslegung von Bedeutung sein kann, außer Betracht gelassen worden ist. Für die revisionsrechtliche Überprüfung kommt es daher nur darauf an, ob die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung einer nichttypischen Erklärung rechtlich möglich ist, nicht aber, ob sie tatsächlich richtig ist (BAG 20. März 2014 - 8 AZR 269/13, 8 AZR 8 AZR 560/13 - Rn. 34 mwN). Ist eine Tatsachenfeststellung revisionsrechtlich zu beanstanden, ist der Rechtsstreit zur erneuten Tatsachenermittlung und Auslegung grundsätzlich an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Das Revisionsgericht darf aber auch nichttypische Verträge selbst auslegen, wenn der erforderliche Sachverhalt vollständig festgestellt ist und kein weiteres tatsächliches Vorbringen zu erwarten ist (BAG 18. Oktober 2011 - 9 AZR 303/10 - Rn. 15 mwN). So verhält es sich hier. Bis auf den nicht entscheidungsrelevanten Umstand der Kenntnis der Rechtsvorgängerin der Beklagten von den Wegzugsplänen des Klägers bei Vertragsschluss sind keine Tatsachen klärungsbedürftig. Weiterer Vortrag der Parteien ist nicht zu erwarten.

19

c) Die Vorruhestandsvereinbarung enthält kein festes Enddatum. Nach ihrer Ziff. 4.1 erlöschen die Ansprüche aus der Vereinbarung „mit Beginn des Monats, für den Herr B eine gesetzliche Rente wegen Alters, Schwerbehinderung oder Erwerbsminderung beanspruchen kann; das ist nach Rechtslage zur Zeit des Abschlusses dieses Vertrages am 01.01.2011“. Diese Regelung kann nicht dahin gehend verstanden werden, dass der Anspruch zwar grundsätzlich endet, wenn der Kläger eine Rente beziehen kann, spätestens aber am 31. Dezember 2010. Vielmehr sollte der Leistungsanspruch nach dem klaren Wortlaut der Klausel nur auflösend bedingt sein für den Fall, dass der Kläger eine gesetzliche Rente wegen Alters, Schwerbehinderung oder Erwerbsminderung beanspruchen kann. Der zweite Halbsatz enthält keine eigenständige auflösende Bedingung, sondern nur eine Wissenserklärung. Anderenfalls hätte die Regelung dahin lauten müssen, dass die Ansprüche aus der Vorruhestandsvereinbarung erlöschen mit Beginn des Monats, für den der Kläger eine gesetzliche Rente wegen Alters, Schwerbehinderung oder Erwerbsminderung beanspruchen kann, spätestens aber am 1. Januar 2011. Klauseln mit einem festen Enddatum hat die Beklagte ausweislich der von ihr selbst vorgelegten Vorruhestandsvereinbarungen mit ihrer Mitarbeiterin G und ihrem Mitarbeiter M in anderen Fällen verwandt. Demgegenüber fehlt in Ziff. 4.1 der Vorruhestandsvereinbarung der Parteien ein festes Enddatum. Dementsprechend sieht Ziff. 2.1 die Zahlung des Vorruhestandsgelds „bis zum gesetzlichen Rentenbeginn“ vor.

20

2. Der Anspruch des Klägers auf Zahlung des Vorruhestandsgelds ist nicht untergegangen, weil dieser seinen Wohnsitz nach Bolivien verlegt hatte und deshalb ab dem 1. Januar 2011 keine Altersrente wegen Schwerbehinderung beziehen konnte. Dabei kann zugunsten der Beklagten unterstellt werden, dass der Kläger entgegen seinen Behauptungen aufgrund seines körperlichen Zustands über dem 31. Dezember 2010 hinaus die Voraussetzungen für die Anerkennung als schwerbehinderter Mensch erfüllte.

21

a) Ein Erlöschen des Anspruchs des Klägers auf Zahlung von Vorruhestandsgeld gemäß Ziff. 4.1 der Vorruhestandsvereinbarung mit Ablauf des 31. Dezember 2010 setzt voraus, dass der Kläger ab dem 1. Januar 2011 eine „gesetzliche Rente wegen des Alters, Schwerbehinderung oder Erwerbsminderung“ beanspruchen konnte. Dies war nicht der Fall. Insbesondere bestand kein Anspruch auf vorzeitige Altersrente für schwerbehinderte Menschen gemäß § 236a Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 SGB VI. Zwar vollendete der am 12. Dezember 1950 geborene Kläger im Dezember 2010 sein 60. Lebensjahr. Weitere Voraussetzung war nach § 236a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI aber die Anerkennung als schwerbehinderter Mensch iSv. § 2 Abs. 2 SGB IX zum Zeitpunkt des möglichen Rentenbeginns. Schwerbehindert sind jedoch ausweislich des eindeutigen Wortlauts der Norm nur solche Personen, die ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz iSd. § 73 SGB IX rechtmäßig im Geltungsbereich des SGB IX haben. Hieran fehlt es, weil der Kläger seit Ende 2004 in Bolivien lebt.

22

b) Die Auslegung des Landesarbeitsgerichts, wonach der Anspruch auf Vorruhestandsgeld grundsätzlich nur bei tatsächlichem Bestehen eines Rentenanspruchs erlischt, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Dies gilt auch dann, wenn zugunsten der Beklagten davon ausgegangen wird, dass ihre Rechtsvorgängerin bzw. deren Vertreter bei Abschluss der Vorruhestandsvereinbarung keine Kenntnis von dem Umzug des Klägers nach Bolivien hatten.

23

aa) Hierfür spricht zunächst der Wortlaut der Klausel. Erforderlich ist danach, dass der Kläger eine Rente „beanspruchen kann“ und nicht, dass er nach einer Rückkehr nach Deutschland eine derartige Rente „beanspruchen könnte“.

24

bb) Sinn und Zweck der Vereinbarung stützen dieses Verständnis. Der Bezug von Vorruhestandsgeld dient typischerweise dazu, Versorgungslücken zu überbrücken, die dadurch entstehen, dass der Anspruchsberechtigte seine Erwerbstätigkeit bei seinem Arbeitgeber vorzeitig beendet. Der Arbeitnehmer soll regelmäßig wirtschaftlich so lange abgesichert werden, bis er das Alter erreicht, in dem Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung gewährt werden (vgl. BAG 15. Februar 2011 - 9 AZR 750/09 - Rn. 34, BAGE 137, 136). Eine Abweichung von diesem typischen Regelungszweck ist vorliegend nicht erkennbar. Der Kläger sollte danach als wirtschaftliche Absicherung „bis zum gesetzlichen Rentenbeginn“ (Ziff. 2.1 Satz 1 der Vorruhestandsvereinbarung) zumindest die vereinbarten 4.800,00 Euro brutto zum Bestreiten des Lebensunterhalts beziehen, wobei anderweitig erhaltene Arbeitsvergütung sowie Sozialleistungen angerechnet werden sollten (Ziff. 5.1 Satz 3). Eine wirtschaftliche Absicherung besteht jedoch nur bei einer tatsächlichen und nicht schon bei einer theoretischen Rentenbezugsberechtigung.

25

cc) In systematischer Hinsicht verstärkt sich dieser Befund durch die unter Ziff. 5 der Vorruhestandsvereinbarung geregelten „Mitwirkungspflichten“ des Klägers. Nach Ziff. 5.3 obliegt es dem Kläger ua., „zum frühestmöglichen Zeitpunkt (auch bei Abschlägen), auch während der Laufzeit dieser Vereinbarung, [einen Antrag auf Altersrente] zu stellen“. Auch in Ziff. 4.1 Satz 2 der Vereinbarung wird die Obliegenheit zur Antragstellung genannt. Eine Pflicht bzw. Obliegenheit zum Wohnsitzwechsel, um die Voraussetzungen eines Rentenbezugs erst herbeizuführen, ist nicht vereinbart.

26

dd) Eine ergänzende Vertragsauslegung dahin gehend, dass den Kläger eine derartige, nicht ausdrücklich genannte Mitwirkungspflicht treffen sollte, kommt entgegen der Ansicht der Beklagten nicht in Betracht.

27

(1) Eine solche Auslegung setzt eine planwidrige Unvollständigkeit der vertraglichen Regelung voraus. Liegt sie vor, tritt im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung an die Stelle der lückenhaften Vertragsbestimmung diejenige Gestaltung, die die Parteien bei einer angemessenen Abwägung der beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragsparteien vereinbart hätten, wenn ihnen die Lückenhaftigkeit des Vertrags bekannt gewesen wäre. Zunächst ist hierfür an den Vertrag selbst anzuknüpfen. Die in ihm enthaltenen Regelungen und Wertungen, sein Sinn und Zweck sind Ausgangspunkt der Vertragsergänzung. Soweit irgend möglich, sind danach Lücken im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung in der Weise auszufüllen, dass die Grundzüge des konkreten Vertrags „zu Ende gedacht“ werden (BAG 15. Oktober 2013 - 9 AZR 2/13 - Rn. 43 mwN).

28

(2) Wusste die Personalleiterin der Rechtsvorgängerin der Beklagten entsprechend der Annahme des Landesarbeitsgerichts beim Abschluss der Vorruhestandsvereinbarung, dass der Kläger dauerhaft nach Bolivien auswandern wollte, liegt mangels eines nicht bedachten, unvorhergesehenen Umstands keine planwidrige Lücke vor. Unerheblich ist, ob der Personalleiterin unbekannt war, dass die Auswanderung des Klägers zeitlich zu einer Verschiebung des Renteneintrittsalters führt. Denn insoweit handelte es sich um einen unbeachtlichen Irrtum über die rechtlichen Folgen eines zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bekannten Umstands (vgl. zur Unbeachtlichkeit eines Rechtsfolgenirrtums im Rahmen der Anfechtung auch: BAG 14. Februar 1996 - 2 AZR 234/95 - zu II 1 der Gründe).

29

(3) Hatte die Personalleiterin der Rechtsvorgängerin der Beklagten beim Abschluss der Vorruhestandsvereinbarung keine Kenntnis von der Absicht des Klägers, nach Bolivien auszuwandern, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Der mit der Vorruhestandsvereinbarung verfolgte Zweck, den Kläger bis zum Bezug einer Rente wirtschaftlich abzusichern, als Ausgangspunkt einer Vertragsergänzung spricht für eine Belastung der Rechtsvorgängerin der Beklagten mit dem Risiko einer Verlängerung ihrer Zahlungspflicht über den 31. Dezember 2010 hinaus.

30

ee) Der Anspruch auf Vorruhestandsgeld ist auch nicht aufgrund einer Störung der Geschäftsgrundlage entfallen. § 313 Abs. 1 BGB kann - unabhängig vom Vorliegen einer entsprechenden rechtsgestaltenden Erklärung der Beklagten iSd. § 313 Abs. 3 BGB - bereits aufgrund der beschriebenen vertraglichen Risikozuweisung nicht zur Anwendung gelangen. Enthält ein Vertrag nach seinem Inhalt Regeln für Fehlen, Wegfall oder Änderung bestimmter Umstände, scheidet eine Anpassung gemäß § 313 Abs. 1 BGB aus(vgl. BAG 28. September 2006 - 8 AZR 568/05 - Rn. 22 mwN). Dies ist hier der Fall.

31

c) Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend ein treuwidriges Verhalten des Klägers verneint. Weder der Wegzug aus Deutschland im Jahr 2004 noch die unterbliebene Rückkehr Ende 2010 stellen ein treuwidriges Verhalten des Klägers iSv. § 162 Abs. 1 oder § 242 BGB dar.

32

aa) Die Regelung in § 162 Abs. 1 BGB ist Ausdruck des allgemeinen Rechtsgedankens, dass niemand aus einem von ihm treuwidrig herbeigeführten Ereignis Vorteile herleiten darf(BAG 12. Dezember 2007 - 10 AZR 97/07 - Rn. 40, BAGE 125, 147). Nach § 162 Abs. 1 BGB gilt eine Bedingung als eingetreten, wenn ihr Eintritt von der Partei, zu deren Nachteil sie gereichen würde, wider Treu und Glauben verhindert wird. Wann die Beeinflussung des Geschehensablaufs treuwidrig ist, lässt sich nicht abstrakt bestimmen, sondern nur im Einzelfall beurteilen. Maßgeblich ist, welches Verhalten von einem loyalen Vertragspartner erwartet werden konnte. Dies ist mittels einer umfassenden Würdigung des Verhaltens der den Bedingungseintritt beeinflussenden Vertragspartei nach Anlass, Zweck und Beweggrund unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Inhalts des Rechtsgeschäfts, festzustellen (BGH 16. September 2005 - V ZR 244/04 - zu II 1 der Gründe). Ein Verschulden im technischen Sinn ist zwar keine Voraussetzung für eine Treuwidrigkeit, jedoch bei der Gesamtabwägung zu bewerten (Staudinger/Bork (2010) § 162 Rn. 10). Maßgebend zu berücksichtigen sind weiter die vertragliche Risikozuordnung sowie die Grundrechte als Ausdruck der objektiven Werteordnung (BeckOK BGB/Sutschet Stand 1. August 2014 § 242 Rn. 19, 22 ff.).

33

bb) Überträgt man diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall, so hat das Landesarbeitsgericht eine Treuwidrigkeit des Klägers zu Recht nicht angenommen.

34

(1) Eine solche scheidet von vornherein aus, wenn die Personalleiterin der Rechtsvorgängerin der Beklagten beim Abschluss der Vorruhestandsvereinbarung von der Absicht des Klägers, nach Bolivien auszuwandern, Kenntnis hatte. In diesem Fall hätte der Kläger in der Ausdrucksweise des Landesarbeitsgerichts „mit offenen Karten“ gespielt.

35

(2) Wird zugunsten der Beklagten davon ausgegangen, dass die Absicht des Klägers, nach Bolivien auszuwandern, der Rechtsvorgängerin der Beklagten zum Zeitpunkt der Unterzeichnung der Vorruhestandsvereinbarung nicht bekannt war, fehlen Anhaltspunkte, dass der Kläger Ende 2004 nach Bolivien zog, um den Erwerb von Rentenansprüchen und damit das Erlöschen des Anspruchs auf Vorruhestandsgeld mit Ablauf des 31. Dezember 2010 zu verhindern. Schon wegen der großen zeitlichen Differenz ist eine derartige Annahme fernliegend. Bei Anknüpfung an die unterbliebene Rückkehr in die Bundesrepublik Deutschland Ende 2010 gilt dasselbe. Es ist nicht ersichtlich, dass der Kläger eine bereits geplante Rückkehr nur deshalb unterließ, weil er sich seinen Anspruch auf Vorruhestandsgeld erhalten und die Zahlungspflicht der Beklagten verlängern wollte. Die Beweggründe des Klägers, die zu seiner Auswanderung bzw. der unterbliebenen Rückkehr geführt haben, können nach alledem rechtlich nicht missbilligt werden.

36

(3) Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend darauf verwiesen, dass es dem Kläger frei stand, seinen Wohnsitz nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses nach Bolivien zu verlegen. Insoweit gehört die Ausreisefreiheit zwar nicht zu der durch Art. 11 Abs. 1 GG geschützten innerdeutschen Freizügigkeit, sie ist aber doch als Ausfluss der allgemeinen Handlungsfreiheit durch Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistet und damit eine grundrechtlich geschützte Position, worauf das Bundesverfassungsgericht bereits in der Elfes-Entscheidung hingewiesen hat(BVerfG 16. Januar 1957 - 1 BvR 253/56 - zu II 3 der Gründe, BVerfGE 6, 32). Da die Parteien eine entsprechende vertragliche Vereinbarung nicht getroffen haben, kann dahinstehen, ob vor diesem Hintergrund ein Verbot des Umzugs nach Bolivien überhaupt rechtswirksam hätte vereinbart werden können.

37

d) Die dem Kläger somit zustehenden Ansprüche auf Zahlung von Vorruhestandsgeld iHv. 4.800,00 Euro brutto pro Monat im Zeitraum von Januar 2011 bis Dezember 2013 sind entgegen der Auffassung der Beklagten nicht zu kürzen. Eine derartige Anspruchskürzung ist in der Vorruhestandsvereinbarung nicht vorgesehen. Diese regelt in Ziff. 5.3 lediglich, dass der Kläger zur Stellung eines Antrags auf Altersrente „zum frühestmöglichen Zeitpunkt“ verpflichtet ist und insoweit nach Ziff. 4.3 auch Abschläge bei der Rente hinnehmen muss. Dies bedeutet jedoch nicht, dass sich der Kläger dann, wenn sein Antrag auf vorzeitigen Rentenbezug abschlägig beschieden wurde, die hieraus resultierenden Vorteile in Bezug auf die Höhe der späteren Rente anrechnen lassen muss. Solche Vorteile sind zwar angesichts der fortdauernd zu entrichtenden Rentenversicherungsbeiträge während des Bezugs von Vorruhestandsgeld (Ziff. 3.3 der Vorruhestandsvereinbarung) nicht von der Hand zu weisen. Damit hat sich aber lediglich das vertragliche Risiko der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin realisiert, dass nicht eine vorzeitige Altersrente wegen Schwerbehinderung, sondern erst die vorzeitige Regelaltersrente zu einem Erlöschen des Anspruchs auf Vorruhestandsgeld führt. Für eine Anrechnung von Vorteilen bleibt danach kein Raum.

38

e) Die Ansprüche sind auch nicht gemäß § 389 BGB durch Aufrechnung (teilweise) erloschen oder analog § 254 BGB zu kürzen bzw. gemäß § 241 Abs. 2 BGB iVm. § 280 Abs. 1 BGB einredebehaftet, wie die Beklagte meint.

39

aa) Eine Aufrechnung scheitert bereits an dem fehlenden Vortrag einer Aufrechnungserklärung. Der im Konjunktiv gehaltene Vortrag in der Revisionsbegründung, die Beklagte „könnte“ jedenfalls aufrechnen, stellt eine solche Erklärung nicht dar.

40

bb) Eine analoge Anwendung von § 254 BGB kommt in Ermangelung einer planwidrigen Regelungslücke nicht in Betracht. Dies käme einer gesetzlichen Korrektur der vertraglich vereinbarten Risikozuweisung gleich. Diese soll aber nach dem Willen des Gesetzes grundsätzlich unangetastet bleiben (vgl. § 313 Abs. 1 BGB).

41

cc) Schadensersatzansprüche nach § 280 Abs. 1 BGB (ggf. iVm. § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB) scheiden schon mangels Pflichtverletzung aus. Der Kläger war nicht verpflichtet, nach dem Abschluss der Vorruhestandsvereinbarung in Deutschland zu bleiben oder nach mehreren Jahren seinen Lebensmittelpunkt in Bolivien aufzugeben und Ende 2010 nach Deutschland zurückzukehren.

42

III. Die Kosten der Revision hat die Beklagte zu tragen, § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Brühler    

        

    Krasshöfer    

        

    Klose    

        

        

        

    Merte    

        

    Pielenz    

                 

(1) Die Befristung von Arbeitsverträgen des in § 1 Absatz 1 Satz 1 genannten Personals, das nicht promoviert ist, ist bis zu einer Dauer von sechs Jahren zulässig, wenn die befristete Beschäftigung zur Förderung der eigenen wissenschaftlichen oder künstlerischen Qualifizierung erfolgt. Nach abgeschlossener Promotion ist eine Befristung bis zu einer Dauer von sechs Jahren, im Bereich der Medizin bis zu einer Dauer von neun Jahren, zulässig, wenn die befristete Beschäftigung zur Förderung der eigenen wissenschaftlichen oder künstlerischen Qualifizierung erfolgt; die zulässige Befristungsdauer verlängert sich in dem Umfang, in dem Zeiten einer befristeten Beschäftigung nach Satz 1 und Promotionszeiten ohne Beschäftigung nach Satz 1 zusammen weniger als sechs Jahre betragen haben. Die vereinbarte Befristungsdauer ist jeweils so zu bemessen, dass sie der angestrebten Qualifizierung angemessen ist. Die nach den Sätzen 1 und 2 insgesamt zulässige Befristungsdauer verlängert sich bei Betreuung eines oder mehrerer Kinder unter 18 Jahren um zwei Jahre je Kind. Satz 4 gilt auch, wenn hinsichtlich des Kindes die Voraussetzungen des § 15 Absatz 1 Satz 1 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes vorliegen. Die nach den Sätzen 1 und 2 insgesamt zulässige Befristungsdauer verlängert sich bei Vorliegen einer Behinderung nach § 2 Absatz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch oder einer schwerwiegenden chronischen Erkrankung um zwei Jahre. Innerhalb der jeweils zulässigen Befristungsdauer sind auch Verlängerungen eines befristeten Arbeitsvertrages möglich.

(2) Die Befristung von Arbeitsverträgen des in § 1 Abs. 1 Satz 1 genannten Personals ist auch zulässig, wenn die Beschäftigung überwiegend aus Mitteln Dritter finanziert wird, die Finanzierung für eine bestimmte Aufgabe und Zeitdauer bewilligt ist und die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter überwiegend der Zweckbestimmung dieser Mittel entsprechend beschäftigt wird; die vereinbarte Befristungsdauer soll dem bewilligten Projektzeitraum entsprechen.

(3) Auf die in Absatz 1 geregelte zulässige Befristungsdauer sind alle befristeten Arbeitsverhältnisse mit mehr als einem Viertel der regelmäßigen Arbeitszeit, die mit einer deutschen Hochschule oder einer Forschungseinrichtung im Sinne des § 5 abgeschlossen wurden, sowie entsprechende Beamtenverhältnisse auf Zeit und Privatdienstverträge nach § 3 anzurechnen. Angerechnet werden auch befristete Arbeitsverhältnisse, die nach anderen Rechtsvorschriften abgeschlossen wurden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Arbeitsverhältnisse nach § 6 sowie vergleichbare studienbegleitende Beschäftigungen, die auf anderen Rechtsvorschriften beruhen.

(4) Im Arbeitsvertrag ist anzugeben, ob die Befristung auf den Vorschriften dieses Gesetzes beruht. Fehlt diese Angabe, kann die Befristung nicht auf Vorschriften dieses Gesetzes gestützt werden. Die Dauer der Befristung muss bei Arbeitsverträgen nach Absatz 1 kalendermäßig bestimmt oder bestimmbar sein.

(5) Die jeweilige Dauer eines befristeten Arbeitsvertrages nach Absatz 1 verlängert sich im Einverständnis mit der Mitarbeiterin oder dem Mitarbeiter um

1.
Zeiten einer Beurlaubung oder einer Ermäßigung der Arbeitszeit um mindestens ein Fünftel der regelmäßigen Arbeitszeit, die für die Betreuung oder Pflege eines oder mehrerer Kinder unter 18 Jahren, auch wenn hinsichtlich des Kindes die Voraussetzungen des § 15 Absatz 1 Satz 1 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes vorliegen, oder pflegebedürftiger sonstiger Angehöriger gewährt worden sind,
2.
Zeiten einer Beurlaubung für eine wissenschaftliche oder künstlerische Tätigkeit oder eine außerhalb des Hochschulbereichs oder im Ausland durchgeführte wissenschaftliche, künstlerische oder berufliche Aus-, Fort- oder Weiterbildung,
3.
Zeiten einer Inanspruchnahme von Elternzeit nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz und Zeiten eines Beschäftigungsverbots nach den §§ 3 bis 6, 10 Absatz 3, § 13 Absatz 1 Nummer 3 und § 16 des Mutterschutzgesetzes in dem Umfang, in dem eine Erwerbstätigkeit nicht erfolgt ist,
4.
Zeiten des Grundwehr- und Zivildienstes,
5.
Zeiten einer Freistellung im Umfang von mindestens einem Fünftel der regelmäßigen Arbeitszeit zur Wahrnehmung von Aufgaben in einer Personal- oder Schwerbehindertenvertretung, von Aufgaben eines oder einer Frauen- oder Gleichstellungsbeauftragten oder zur Ausübung eines mit dem Arbeitsverhältnis zu vereinbarenden Mandats und
6.
Zeiten einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit, in denen ein gesetzlicher oder tarifvertraglicher Anspruch auf Entgeltfortzahlung nicht besteht.
In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1, 2 und 5 soll die Verlängerung die Dauer von jeweils zwei Jahren nicht überschreiten. Zeiten nach Satz 1 Nummer 1 bis 6 werden in dem Umfang, in dem sie zu einer Verlängerung eines befristeten Arbeitsvertrages führen können, nicht auf die nach Absatz 1 zulässige Befristungsdauer angerechnet.

Ist die Befristung rechtsunwirksam, so gilt der befristete Arbeitsvertrag als auf unbestimmte Zeit geschlossen; er kann vom Arbeitgeber frühestens zum vereinbarten Ende ordentlich gekündigt werden, sofern nicht nach § 15 Absatz 4 die ordentliche Kündigung zu einem früheren Zeitpunkt möglich ist. Ist die Befristung nur wegen des Mangels der Schriftform unwirksam, kann der Arbeitsvertrag auch vor dem vereinbarten Ende ordentlich gekündigt werden.

(1) Für den Abschluss von Arbeitsverträgen für eine bestimmte Zeit (befristete Arbeitsverträge) mit wissenschaftlichem und künstlerischem Personal mit Ausnahme der Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer an Einrichtungen des Bildungswesens, die nach Landesrecht staatliche Hochschulen sind, gelten die §§ 2, 3 und 6. Von diesen Vorschriften kann durch Vereinbarung nicht abgewichen werden. Durch Tarifvertrag kann für bestimmte Fachrichtungen und Forschungsbereiche von den in § 2 Abs. 1 vorgesehenen Fristen abgewichen und die Anzahl der zulässigen Verlängerungen befristeter Arbeitsverträge festgelegt werden. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Vertragsparteien die Anwendung der tariflichen Regelungen vereinbaren. Die arbeitsrechtlichen Vorschriften und Grundsätze über befristete Arbeitsverträge und deren Kündigung sind anzuwenden, soweit sie den Vorschriften der §§ 2 bis 6 nicht widersprechen.

(2) Unberührt bleibt das Recht der Hochschulen, das in Absatz 1 Satz 1 bezeichnete Personal auch in unbefristeten oder nach Maßgabe des Teilzeit- und Befristungsgesetzes befristeten Arbeitsverhältnissen zu beschäftigen.

Ist die Befristung rechtsunwirksam, so gilt der befristete Arbeitsvertrag als auf unbestimmte Zeit geschlossen; er kann vom Arbeitgeber frühestens zum vereinbarten Ende ordentlich gekündigt werden, sofern nicht nach § 15 Absatz 4 die ordentliche Kündigung zu einem früheren Zeitpunkt möglich ist. Ist die Befristung nur wegen des Mangels der Schriftform unwirksam, kann der Arbeitsvertrag auch vor dem vereinbarten Ende ordentlich gekündigt werden.

(1) Die Befristung von Arbeitsverträgen des in § 1 Absatz 1 Satz 1 genannten Personals, das nicht promoviert ist, ist bis zu einer Dauer von sechs Jahren zulässig, wenn die befristete Beschäftigung zur Förderung der eigenen wissenschaftlichen oder künstlerischen Qualifizierung erfolgt. Nach abgeschlossener Promotion ist eine Befristung bis zu einer Dauer von sechs Jahren, im Bereich der Medizin bis zu einer Dauer von neun Jahren, zulässig, wenn die befristete Beschäftigung zur Förderung der eigenen wissenschaftlichen oder künstlerischen Qualifizierung erfolgt; die zulässige Befristungsdauer verlängert sich in dem Umfang, in dem Zeiten einer befristeten Beschäftigung nach Satz 1 und Promotionszeiten ohne Beschäftigung nach Satz 1 zusammen weniger als sechs Jahre betragen haben. Die vereinbarte Befristungsdauer ist jeweils so zu bemessen, dass sie der angestrebten Qualifizierung angemessen ist. Die nach den Sätzen 1 und 2 insgesamt zulässige Befristungsdauer verlängert sich bei Betreuung eines oder mehrerer Kinder unter 18 Jahren um zwei Jahre je Kind. Satz 4 gilt auch, wenn hinsichtlich des Kindes die Voraussetzungen des § 15 Absatz 1 Satz 1 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes vorliegen. Die nach den Sätzen 1 und 2 insgesamt zulässige Befristungsdauer verlängert sich bei Vorliegen einer Behinderung nach § 2 Absatz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch oder einer schwerwiegenden chronischen Erkrankung um zwei Jahre. Innerhalb der jeweils zulässigen Befristungsdauer sind auch Verlängerungen eines befristeten Arbeitsvertrages möglich.

(2) Die Befristung von Arbeitsverträgen des in § 1 Abs. 1 Satz 1 genannten Personals ist auch zulässig, wenn die Beschäftigung überwiegend aus Mitteln Dritter finanziert wird, die Finanzierung für eine bestimmte Aufgabe und Zeitdauer bewilligt ist und die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter überwiegend der Zweckbestimmung dieser Mittel entsprechend beschäftigt wird; die vereinbarte Befristungsdauer soll dem bewilligten Projektzeitraum entsprechen.

(3) Auf die in Absatz 1 geregelte zulässige Befristungsdauer sind alle befristeten Arbeitsverhältnisse mit mehr als einem Viertel der regelmäßigen Arbeitszeit, die mit einer deutschen Hochschule oder einer Forschungseinrichtung im Sinne des § 5 abgeschlossen wurden, sowie entsprechende Beamtenverhältnisse auf Zeit und Privatdienstverträge nach § 3 anzurechnen. Angerechnet werden auch befristete Arbeitsverhältnisse, die nach anderen Rechtsvorschriften abgeschlossen wurden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Arbeitsverhältnisse nach § 6 sowie vergleichbare studienbegleitende Beschäftigungen, die auf anderen Rechtsvorschriften beruhen.

(4) Im Arbeitsvertrag ist anzugeben, ob die Befristung auf den Vorschriften dieses Gesetzes beruht. Fehlt diese Angabe, kann die Befristung nicht auf Vorschriften dieses Gesetzes gestützt werden. Die Dauer der Befristung muss bei Arbeitsverträgen nach Absatz 1 kalendermäßig bestimmt oder bestimmbar sein.

(5) Die jeweilige Dauer eines befristeten Arbeitsvertrages nach Absatz 1 verlängert sich im Einverständnis mit der Mitarbeiterin oder dem Mitarbeiter um

1.
Zeiten einer Beurlaubung oder einer Ermäßigung der Arbeitszeit um mindestens ein Fünftel der regelmäßigen Arbeitszeit, die für die Betreuung oder Pflege eines oder mehrerer Kinder unter 18 Jahren, auch wenn hinsichtlich des Kindes die Voraussetzungen des § 15 Absatz 1 Satz 1 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes vorliegen, oder pflegebedürftiger sonstiger Angehöriger gewährt worden sind,
2.
Zeiten einer Beurlaubung für eine wissenschaftliche oder künstlerische Tätigkeit oder eine außerhalb des Hochschulbereichs oder im Ausland durchgeführte wissenschaftliche, künstlerische oder berufliche Aus-, Fort- oder Weiterbildung,
3.
Zeiten einer Inanspruchnahme von Elternzeit nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz und Zeiten eines Beschäftigungsverbots nach den §§ 3 bis 6, 10 Absatz 3, § 13 Absatz 1 Nummer 3 und § 16 des Mutterschutzgesetzes in dem Umfang, in dem eine Erwerbstätigkeit nicht erfolgt ist,
4.
Zeiten des Grundwehr- und Zivildienstes,
5.
Zeiten einer Freistellung im Umfang von mindestens einem Fünftel der regelmäßigen Arbeitszeit zur Wahrnehmung von Aufgaben in einer Personal- oder Schwerbehindertenvertretung, von Aufgaben eines oder einer Frauen- oder Gleichstellungsbeauftragten oder zur Ausübung eines mit dem Arbeitsverhältnis zu vereinbarenden Mandats und
6.
Zeiten einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit, in denen ein gesetzlicher oder tarifvertraglicher Anspruch auf Entgeltfortzahlung nicht besteht.
In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1, 2 und 5 soll die Verlängerung die Dauer von jeweils zwei Jahren nicht überschreiten. Zeiten nach Satz 1 Nummer 1 bis 6 werden in dem Umfang, in dem sie zu einer Verlängerung eines befristeten Arbeitsvertrages führen können, nicht auf die nach Absatz 1 zulässige Befristungsdauer angerechnet.

(1) Die Befristung eines Arbeitsvertrages ist zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Ein sachlicher Grund liegt insbesondere vor, wenn

1.
der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht,
2.
die Befristung im Anschluss an eine Ausbildung oder ein Studium erfolgt, um den Übergang des Arbeitnehmers in eine Anschlussbeschäftigung zu erleichtern,
3.
der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird,
4.
die Eigenart der Arbeitsleistung die Befristung rechtfertigt,
5.
die Befristung zur Erprobung erfolgt,
6.
in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe die Befristung rechtfertigen,
7.
der Arbeitnehmer aus Haushaltsmitteln vergütet wird, die haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind, und er entsprechend beschäftigt wird oder
8.
die Befristung auf einem gerichtlichen Vergleich beruht.

(2) Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von zwei Jahren ist auch die höchstens dreimalige Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Eine Befristung nach Satz 1 ist nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. Durch Tarifvertrag kann die Anzahl der Verlängerungen oder die Höchstdauer der Befristung abweichend von Satz 1 festgelegt werden. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen vereinbaren.

(2a) In den ersten vier Jahren nach der Gründung eines Unternehmens ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von vier Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von vier Jahren ist auch die mehrfache Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Dies gilt nicht für Neugründungen im Zusammenhang mit der rechtlichen Umstrukturierung von Unternehmen und Konzernen. Maßgebend für den Zeitpunkt der Gründung des Unternehmens ist die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, die nach § 138 der Abgabenordnung der Gemeinde oder dem Finanzamt mitzuteilen ist. Auf die Befristung eines Arbeitsvertrages nach Satz 1 findet Absatz 2 Satz 2 bis 4 entsprechende Anwendung.

(3) Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zu einer Dauer von fünf Jahren zulässig, wenn der Arbeitnehmer bei Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses das 52. Lebensjahr vollendet hat und unmittelbar vor Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses mindestens vier Monate beschäftigungslos im Sinne des § 138 Absatz 1 Nummer 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch gewesen ist, Transferkurzarbeitergeld bezogen oder an einer öffentlich geförderten Beschäftigungsmaßnahme nach dem Zweiten oder Dritten Buch Sozialgesetzbuch teilgenommen hat. Bis zu der Gesamtdauer von fünf Jahren ist auch die mehrfache Verlängerung des Arbeitsvertrages zulässig.

(4) Die Befristung eines Arbeitsvertrages bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform.

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Anfechtung des Arbeitsvertrages sowie über die Wirksamkeit einer Befristungsabrede und einer ordentlichen Kündigung.

2

Hinsichtlich des Sachverhaltes heißt es im Urteil des Arbeitsgerichtes Rostock vom 04.09.2012 - 1 Ca 800/12 – unter anderem wie folgt:

3

Die Beklagte stellte die am 29.12.1987 geborene Klägerin mit Arbeitsvertrag vom 13.07.2010 befristet für die Dauer eines Jahres vom 30.07.2010 bis zum 29.07.2011 als Vollzeitbeschäftigte ein und wies ihr eine Tätigkeit im Referat Kaufmännisches Rechnungswesen, Dezernat Finanzen, Bereich Kreditorenbuchhaltung/Rechnungseingang zu. Die Klägerin verfügt über eine abgeschlossene Ausbildung zur Kauffrau im Gesundheitswesen, die sie zuletzt bei der Beklagten ableistete.

4

Die Parteien verlängerten später das Arbeitsverhältnis durch Änderungsvertrag um den Zeitraum vom 01.07.2011 bis zum 30.07.2012. Als Befristungsgrund ist im Vertrag angegeben: "§ 14 Abs. 2 TzBfG der jeweiligen Fassung". Die Klägerin bezog zuletzt eine durchschnittliche monatliche Bruttovergütung in Höhe von € 1.980,-.

5

Am 11.05.2012 machte die Klägerin nach anwaltlicher Beratung gegenüber der Beklagten den unbefristeten Fortbestand ihres Arbeitsverhältnisses geltend wegen Überschreitung der Zwei-Jahres-Frist für sachgrundlose Befristungen.

6

Daraufhin beantragte die Beklagte mit Schreiben vom 14.05.2012 beim Personalrat die Zustimmung zur beabsichtigten Kündigung der Klägerin zum 30.07.2012 für den Fall, dass die Anfechtung des Arbeitsvertrages - ergänzt um das Angebot eines nunmehr auf den 29.07.2012 befristeten Änderungsvertrages – nicht greifen sollte. Der Personalrat stimmte der beabsichtigten Kündigung am 16.05.2012 zu.

7

Mit Schreiben vom 21.05.2012 focht die Beklagte das Arbeitsverhältnis an und stellte die Klägerin mit sofortiger Wirkung von der Arbeit frei. Zugleich bot sie an, einen neuen befristeten Vertrag bis zum 29.07.2012 abzuschließen, was die Klägerin jedoch ablehnte. Des Weiteren kündigte die Beklagte mit Schreiben vom 21.05.2012 vorsorglich das Arbeitsverhältnis zum 30.07.2012, hilfsweise zum nächstmöglichen Termin.

8

Das Arbeitsgericht Rostock hat mit der vorgenannten Entscheidung für Recht erkannt:

9
1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die Anfechtungserklärung der Beklagten vom 21.05.2012 noch durch die Befristung des Arbeitsvertrages zum 30.07.2012 noch durch die Kündigung der Beklagten vom 21.05.2012, zugegangen am gleichen Tag, zum 30.07.2012 bzw. dem nächstzulässigen Termin geendet hat.
10
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
11
3. Der Streitwert beträgt € 9.900,-.
12

In den Entscheidungsgründen hat das Gericht ausgeführt, weder ein Irrtum in der Erklärungshandlung noch ein Irrtum über den Erklärungsinhalt läge vor. Unter den letzteren Irrtum falle ein Kalkulationsirrtum nicht. Die Befristungsabrede sei unwirksam. Ein Sachgrund läge nicht vor. Die Höchstdauer von § 14 Abs.2 Satz 1 TzBfG sei überschritten. Kündigungsgründe hinsichtlich der Kündigungserklärung vom 21.05.2012 seien nicht vorgetragen.

13

Gegen dieses Urteil hat die Beklagte form- und fristgerecht Berufung eingelegt. Die Beklagte ist der Ansicht, aus dem Mitbestimmungsantrag vom 06.06.2012 sei deutlich geworden, dass die Vertragsparteien über eine zweijährige sachgrundlose Befristung verhandelt hätten. Es liege ersichtlich ein Schreibfehler vor. Richtiger Weise hätte es im Anschluss an die Erstbefristung heißen müssen: "30.07.2011 bis 29.07.2012". Nachdem ersichtlich ein Schreibfehler vorgelegen habe, sei auch ein Erklärungsirrtum gegeben. Die Beklagte habe sich auch über die das Arbeitsverhältnis prägenden Rechtsfolgen geirrt. Sie habe bei Abschluss des Anschlussvertrages eine Weiterbeschäftigung bis zur Dauer von zwei Jahren, gerechnet vom Beginn des Arbeitsverhältnisses, vereinbaren wollen. Darüber hinaus sei die Befristungsabrede zum 30.07.2012 unter dem Gesichtpunkt der Erprobung gerechtfertigt. Die Kündigungserklärung vom 21.05.2012 habe darüber hinaus das Arbeitsverhältnis beendet. Die Klägerin habe die an sie gestellten Anforderungen nicht erfüllt. Eine Besserung der Leistung erfolgte trotz durchgeführter Gespräche nicht.

14

Die Beklagte beantragt,

15

das Urteil des Arbeitsgerichtes - 1 Ca 800/12 - aufzuheben und die Klage abzuweisen.

16

Die Klägerin beantragt,

17

die Berufung zurückzuweisen.

18

Die Klägerin tritt der angefochtenen Entscheidung bei.

19

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

20

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

21

Das Arbeitsgericht Rostock hat mit zutreffender Begründung, auf die Bezug genommen wird, der Klage stattgegeben. Zu den Angriffen der Berufung gilt Folgendes:

1.

22

Entgegen der Auffassung der Beklagten liegt ein sogenannter Inhaltsirrtum nicht vor. Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass bei der Angabe des Datums "30.07.2012" über den objektiven Sinn der verwendeten Erklärungszeichen ein Irrtum bestanden hätte. Die Angabe des Datums ist handschriftlich erfolgt. Ein Vertippen ist damit ausgeschlossen. Alles spricht dafür, dass ein schlichter Rechenfehler vorgelegen hat, dass die Beklagte nämlich davon ausgegangen ist, mit dem 30.07.2012 sei die Zwei-Jahres-Frist des § 14 Abs. 2 TzBfG abgelaufen. Damit hat aber die Beklagte genau die Erklärung abgegeben, die sie hat abgeben wollen. Dass sie sich an der Frist an § 14 Abs. 2 TzBfG orientieren wollte, ist lediglich Motiv ihrer Erklärung. Zu dem Irrtum über den Erklärungsinhalt hat das Arbeitsgericht bereits ausreichend ausgeführt. Auch die ausführlichen Ausführungen in der Berufungsbegründungschrift ändern nichts daran, dass im vorliegendem Fall ein Kalkulationsirrtum vorliegt.

23

Die Befristung ist auch nicht nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 TzBfG gerechtfertigt. Nach der Erörterung in der mündlichen Verhandlung ist davon auszugehen, das die Klägerin zum Zeitpunkt der hier in Frage stehenden Befristungsvereinbarung bereits zwei Jahre bei der Beklagten beschäftigt war, davon ein Jahr in einem Ausbildungsverhältnis und ein Jahr in einem befristeten Arbeitsverhältnis. Lässt man das Ausbildungsverhältnis unberücksichtigt, hätte nach Ablauf der ersten Befristung eine Erprobung von 12 Monaten vorgelegen.

24

Dies wäre im vorliegenden Fall ausreichend gewesen. Eine weitere Erprobung war nicht gerechtfertigt. Im Allgemeinen werden nach dem Vorbild des § 1 Kündigungsschutzgesetz und der Kündigungsfristenregelung für Kündigungen während der Probezeit 6 Monate als Erprobungszeit ausreichend. Längere Befristungen zur Erprobung auf Grund besonderer Einzelfallumstände sind grundsätzlich möglich (BAG vom 02.06.2010 - 7 AZR 85/09 - ). Besondere Umstände, die eine Verlängerung der Probezeit über die bereits vorgenommene Verdoppelung der üblichen Probezeit hinaus rechtfertigen können, sind nicht vorgetragen.

2.

25

Die Kündigung vom 21.05.2012 ist nicht sozial gerechtfertigt im Sinne des § 1 Kündigungsschutzgesetz. Die Beklagte beruft sich darauf, dass die Klägerin die an sie gestellten Anforderungen trotz Hilfestellung nicht erfolgt habe. Würdigt man dies unter dem Gesichtspunkt der verhaltensbedingten Kündigung fehlt es an der hierfür erforderlichen Abmahnung (vgl. BAG vom 09.06.2011 - 2 AZR 284/10 -). Ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass die nach Ansicht der Beklagten nicht ausreichende Leistung der Klägerin auf einem nicht steuerbaren Verhalten beruhen und somit eine personenbedingte Kündigung in Betracht kommen würde, bestehen nicht. Hierzu ist der Vortrag der Beklagten zu Allgemein gehalten. Es hätte vorgetragen werden müssen, um welche konkreten Aufgaben es sich gehandelt hat, so dass der Klägerin eine substantiierte Verteidigung möglich gewesen werde. Darüber hinaus wird die Grenze zwischen steuerbaren Leistungserhöhungen und persönlichem Unvermögen nie scharf zuziehen sein. Gerade deshalb ist im Zweifelsfall eine Abmahnung erforderlich. Erst dann erkennt der Arbeitnehmer, in welcher Gefahr er sich befindet, wenn er sich nicht ernsthaft um eine Leistungserhöhung bemüht. Eine derartige Abmahnung liegt jedoch nicht vor.

3.

26

Die Kostenentscheidung erfolgt aus § 97 ZPO.

27

Zur Zulassung der Revision gemäß § 72 Absatz 2 Arbeitsgerichtsgesetzt besteht kein Anlass.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Thüringer Landesarbeitsgerichts vom 27. September 2012 - 2 Sa 408/11 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung.

2

Die Beklagte betreibt unter einheitlicher Leitung mehrere Pflegeheime, Kindergärten, Kinder- und Jugendheime, ein Wohnheim und eine Schule. Der 1973 geborene Kläger war bei ihr seit 1. April 2007 als Hausmeister „für den Bereich Seniorenresidenz T mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden“ angestellt. In ihren Einrichtungen beschäftigt die Beklagte regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer. Aufgrund vertraglicher Bezugnahme findet auf das Arbeitsverhältnis der Parteien „der jeweils für den Arbeitgeber geltende Tarifvertrag“ Anwendung. Dies sei, wie es im Arbeitsvertrag heißt, der zwischen dem Arbeitgeberverband der Arbeiterwohlfahrt Thüringen e. V. und dem DHV (Deutscher Handels- und Industrieangestellten-Verband; mittlerweile: DHV - Die Berufsgewerkschaft e. V.) (TV-AWO Thüringen) abgeschlossene Tarifvertrag vom 1. Januar 2006.

3

Die Beklagte holte im März 2011 bei verschiedenen Drittfirmen Angebote über eine selbständige Erledigung der Hausmeisterdienste im Seniorenheim T ein. Mit Schreiben vom 29. Juni 2011 kündigte sie das Arbeitsverhältnis der Parteien ordentlich zum 31. Dezember 2011. Im September 2011 vergab sie die Tätigkeit zu einem festen Bruttopreis an einen der ursprünglichen Anbieter. Reparaturen und sonstige Arbeiten sollten ggf. nach besonderer Vereinbarung vergütet werden.

4

Der Kläger hat sich mit der vorliegenden Klage fristgerecht gegen die Kündigung gewandt. Er hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei sozial ungerechtfertigt. Die Beklagte habe im Kündigungszeitpunkt allenfalls die vage Absicht gehabt, ein fremdes Unternehmen mit den Hausmeisterdiensten zu beauftragen. Ein Konzept, wie die betrieblichen Abläufe zukünftig gestaltet werden sollten, habe sie zu der Zeit noch nicht entwickelt. Im Übrigen sei die behauptete unternehmerische Entscheidung nicht von einem ordnungsgemäßen Beschluss ihrer Gesellschafter gedeckt. Die soziale Auswahl sei fehlerhaft. Er sei mit den in anderen Einrichtungen tätigen Hausmeistern vergleichbar und zumindest gegenüber einem der fraglichen Mitarbeiter sozial schutzbedürftiger. Bei der Auswahl habe die Beklagte Vorbeschäftigungszeiten, die er seit dem 1. April 1998 erbracht habe, berücksichtigen müssen. Die Kündigung sei auch deshalb unwirksam, weil der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß angehört worden sei. Zudem sei die maßgebende - tarifliche - Kündigungsfrist bei richtiger Berechnung seiner Beschäftigungsdauer nicht eingehalten.

5

Der Kläger hat - soweit noch von Bedeutung - beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die ordentliche Kündigung vom 29. Juni 2011 nicht aufgelöst worden ist und über den Ablauf der Kündigungsfrist hinaus fortbesteht;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, ihn über den Ablauf der Kündigungsfrist bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung als Hausmeister weiter zu beschäftigen.

6

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat geltend gemacht, ihr Geschäftsführer habe in der 24. Kalenderwoche des Jahres 2011 auf der Grundlage dreier Angebote beschlossen, ab dem 1. Januar 2012 ein fremdes Unternehmen mit der Erledigung der bisher dem Kläger übertragenen Dienste zu beauftragen. Die Entscheidung, die zum fraglichen Termin auch tatsächlich umgesetzt worden sei, trage einem bestehenden Kostendruck Rechnung und sei weder unsachlich, noch unvernünftig oder willkürlich. Unschädlich sei, dass der Vertrag mit dem betrauten Unternehmen erst im Herbst 2011 geschlossen worden sei und inhaltlich in einzelnen Punkten von dessen ursprünglichem Angebot abweiche. Einer sozialen Auswahl habe es nicht bedurft. Der Kläger sei schon wegen der vertraglichen Festlegung seines Arbeitsorts auf T mit anderen Hausmeistern nicht vergleichbar. Zudem handele es sich bei jenen Arbeitnehmern um Vollzeitkräfte, die, anders als der Kläger, zusätzliche Tätigkeiten schuldeten. Selbst wenn der Kläger mit den Vollzeitkräften vergleichbar sein sollte, sei die soziale Auswahl im Ergebnis nicht zu beanstanden. Den Betriebsrat habe sie am 21. Juni 2011 - mündlich - ordnungsgemäß unterrichtet.

7

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren weiter, die Klage abzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

9

I. Das Landesarbeitsgericht hat den Feststellungsantrag - unausgesprochen - als einheitlichen Antrag nach § 4 Satz 1 KSchG ausgelegt und als solchen für zulässig gehalten. Diese Würdigung begegnet keinen Bedenken.

10

II. Mit der bisherigen Begründung durfte das Landesarbeitsgericht nicht annehmen, die Kündigung sei sozial ungerechtfertigt iSv. § 1 Abs. 1, Abs. 2 KSchG.

11

1. Das Kündigungsschutzgesetz findet auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung. Dieses bestand bei Zugang der Kündigung länger als sechs Monate (§ 1 Abs. 1 KSchG). Der betriebliche Geltungsbereich des Gesetzes ist nach § 23 Abs. 1 KSchG eröffnet.

12

2. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Beklagte habe ein dringendes betriebliches Erfordernis zur Kündigung iSv. § 1 Abs. 2 KSchG nicht schlüssig aufgezeigt. Ihrem Vorbringen sei nicht zu entnehmen, dass im maßgebenden Kündigungszeitpunkt eine Entscheidung zur Fremdvergabe der Hausmeisterdienste schon getroffen gewesen sei. Jedenfalls habe „eine ‚greifbare‘ Form der Entscheidung“ im Kündigungszeitpunkt „noch nicht vor[gelegen]“. Die bei den Drittfirmen eingeholten Angebote hätten rein informativen Zwecken gedient. In konkrete Verhandlungen sei die Beklagte erst längere Zeit nach Zugang der Kündigung eingetreten.

13

3. Diese Beurteilung hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Das Landesarbeitsgericht hat, soweit es nicht den Rechtsbegriff des „dringenden betrieblichen Erfordernisses“ verkannt hat, an die Darlegung des behaupteten Kündigungsgrundes überzogene Anforderungen gestellt. Dies rügt die Beklagte mit Recht.

14

a) Dringende betriebliche Erfordernisse iSv. § 1 Abs. 2 KSchG liegen vor, wenn die Umsetzung einer unternehmerischen (Organisations-)Entscheidung auf der betrieblichen Ebene spätestens mit Ablauf der Kündigungsfrist zu einem voraussichtlich dauerhaften Wegfall des Bedarfs an einer Beschäftigung des betroffenen Arbeitnehmers führt. Diese Prognose muss schon im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung objektiv berechtigt sein (BAG 31. Juli 2014 - 2 AZR 422/13 - Rn. 31; 23. Februar 2010 - 2 AZR 268/08 - Rn. 17, BAGE 133, 240).

15

aa) Ein dringendes „betriebliches“ Erfordernis, das einer Weiterbeschäftigung entgegensteht, ist gegeben, wenn die Arbeitskraft des Arbeitnehmers im Betrieb nicht mehr gefordert ist. Der Arbeitgeber ist grundsätzlich nicht gehalten, nicht mehr benötigte Arbeitsplätze und Arbeitskräfte weiterhin zu besetzen bzw. zu beschäftigen. Dabei kommt es de lege lata nicht darauf an, ob die dem Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses zugrunde liegende unternehmerische (Organisations-)Entscheidung ihrerseits - etwa aus wirtschaftlichen Gründen - „dringend“ war oder die Existenz des Unternehmens auch ohne sie nicht gefährdet gewesen wäre (BAG 20. Juni 2013 - 2 AZR 379/12 - Rn. 20, BAGE 145, 265). In diesem Sinne ist die unternehmerische Entscheidung zur Umorganisation bis zur Grenze der offensichtlichen Unsachlichkeit, Unvernunft oder Willkür frei. Für eine beschlossene und tatsächlich durchgeführte unternehmerische Organisationsentscheidung spricht dabei die Vermutung, dass sie aus sachlichen - nicht zuletzt wirtschaftlichen - Gründen getroffen wurde und nicht auf Rechtsmissbrauch beruht (BAG 31. Juli 2014 - 2 AZR 422/13 - Rn. 31; 20. Juni 2013 - 2 AZR 379/12 - aaO mwN).

16

bb) Hängt der Wegfall des Beschäftigungsbedarfs von einer solchen unternehmerisch-organisatorischen Maßnahme des Arbeitgebers ab, braucht diese bei Kündigungszugang noch nicht tatsächlich umgesetzt zu sein. Es genügt, dass sie sich konkret und greifbar abzeichnet. Dazu müssen - soweit die Kündigung ihren Grund in einer Änderung der betrieblichen Organisation hat - zumindest die Absicht und der Wille des Arbeitgebers, die fraglichen Maßnahmen vorzunehmen, schon vorhanden und abschließend gebildet worden sein. Andernfalls lässt sich im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung - auf den es dafür unverzichtbar ankommt - nicht hinreichend sicher prognostizieren, es werde bis zum Ablauf der Kündigungsfrist tatsächlich zum Wegfall des Beschäftigungsbedarfs kommen (BAG 31. Juli 2014 - 2 AZR 422/13 - Rn. 34; 20. Februar 2014 - 2 AZR 346/12 - Rn. 18; 23. Februar 2010 - 2 AZR 268/08 - Rn. 18, BAGE 133, 240).

17

b) Da der Arbeitgeber gemäß § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG die Tatsachen zu beweisen hat, die die Kündigung bedingen, hat er die tatsächlichen Grundlagen für die Berechtigung der Prognose, bis spätestens zum Ablauf der Kündigungsfrist werde ein Beschäftigungsbedarf entfallen sein, von sich aus schlüssig vorzutragen. Zu diesen Tatsachen gehört der schon bei Kündigungszugang getroffene endgültige Entschluss zur Vornahme einer Maßnahme, die zu einem solchen Wegfall führen werde. Wie substantiiert der Vortrag zu erfolgen hat, hängt von der Einlassung des Arbeitnehmers ab. Zunächst genügt es, wenn der Arbeitgeber - zumindest konkludent - behauptet, er habe seine entsprechende Entscheidung schon vor Zugang der Kündigung getroffen. Wenn der Arbeitnehmer dies mit - in der Regel zunächst ausreichendem - Nichtwissen bestreitet, wird der Arbeitgeber nähere tatsächliche Einzelheiten darlegen müssen, aus denen unmittelbar oder mittelbar geschlossen werden kann, er habe die entsprechende Absicht bereits im Kündigungszeitpunkt endgültig gehabt. Geht es dabei um den inneren Zustand einer einzelnen Person, wird sich das Gericht die Überzeugung von der Wahrheit der Behauptung - wie stets - nach § 286 ZPO bilden müssen. Soweit sich die innere Tatsache nach außen manifestiert hat, wird es ggf. Beweis über die Indiztatsachen erheben und diese würdigen müssen. Fehlt es an einer entsprechenden Offenbarung der unternehmerischen Entscheidung, wird es auf die genaue Darlegung des inneren Willensbildungsprozesses der betreffenden Person, die Schlüssigkeit ihrer Angaben und ihre Glaubwürdigkeit ankommen (vgl. BAG 31. Juli 2014 - 2 AZR 422/13 - Rn. 36).

18

c) Danach hat die Beklagte einen die Kündigung rechtfertigenden Grund schlüssig aufgezeigt.

19

aa) Sie hat vorgebracht, ihr Geschäftsführer habe nach Einholung dreier Angebote in der 24. Kalenderwoche - dh. in der Zeit zwischen dem 13. und 19. Juni 2011 - entschieden, die bisher dem Kläger übertragenen Hausmeisterdienste ab dem 1. Januar 2012 durch einen externen Dienstleister erledigen zu lassen. Seinen Entschluss habe er am 20. Juni 2011 dem Personalleiter und der Heimleiterin des Seniorenheims in einer Dienstberatung mitgeteilt. Am Folgetag habe er die Vorsitzende des Betriebsrats von der Entscheidung unterrichtet und dabei eines der Angebote vorgelegt.

20

bb) Bereits die Offenbarung der fraglichen Entscheidung gegenüber Dritten spricht - als wahr unterstellt - in hohem Maße dafür, dass der Geschäftsführer den Entschluss zur Fremdvergabe bereits bei Kündigungszugang gefasst hatte. Die gegenteilige Würdigung des Landesarbeitsgerichts wird dem Indizwert der betreffenden äußeren Umstände nicht gerecht. Jedenfalls durfte es nicht weitergehende Darlegungen zur inneren Willensbildung verlangen, ohne sich zuvor von der Wahrheit oder Unwahrheit der behaupteten Mitteilungen überzeugt zu haben. Ebenso wenig bedurfte es weitergehender Darlegungen zu den Überlegungen und Beweggründen, auf denen die Entscheidung beruhen soll, um ihr Vorliegen plausibel zu machen. Im Übrigen hat die Beklagte ihre Erwägungen durchaus offengelegt, soweit sie auf eine Kosteneinsparung und darauf verwiesen hat, zukünftig Hausmeisterdienste flexibler abrufen zu können.

21

cc) Besondere Umstände, die geeignet wären, die indizielle Wirkung der in Rede stehenden Tatsachen zu entkräften oder abzuschwächen, sind nicht festgestellt. Die Beklagte hat zwar nicht anzugeben vermocht, an welchem genauen Tag ihr Geschäftsführer die Entscheidung zur Fremdvergabe der Hausmeisterdienste getroffen habe. Das schließt die Möglichkeit, er habe den entsprechenden Willen schon vor Zugang der Kündigung gefasst, aber nicht aus. Da die unternehmerische Entscheidung keinem Formzwang unterliegt (vgl. BAG 31. Juli 2014 - 2 AZR 422/13 - Rn. 35; 7. Juli 2005 - 2 AZR 399/04 - zu II 4 d dd der Gründe), widerspricht auch das Fehlen einer Verschriftung dieser Annahme nicht. Soweit das Landesarbeitsgericht gemeint hat, die „Entscheidung [habe] zeitlich mit einem gewissen Abstand vor … der Kündigung und Anhörung des Betriebsrats zu erfolgen“, bleibt unklar, was es damit ausdrücken will. Nach dem Vortrag der Beklagten fielen die behauptete Organisationsentscheidung und die Kündigung keineswegs zusammen.

22

dd) Es kann dahinstehen, ob eine Entscheidung über die Fremdvergabe von Hausmeisterdiensten - wie der Kläger gemeint hat - intern den Gesellschaftern der Beklagten vorbehalten und ob sie von einem wirksamen Beschluss der Gesellschafterversammlung getragen war. Darauf kommt es kündigungsrechtlich nicht an. Bei einer juristischen Person genügt es, dass derjenige, der dazu die tatsächliche Macht hat, die betreffende Entscheidung endgültig und vorbehaltlos getroffen hat (vgl. BAG 31. Juli 2014 - 2 AZR 422/13 - Rn. 35; 5. April 2001 - 2 AZR 696/99 - zu II 3 der Gründe). Diese Voraussetzung ist im Streitfall nach den Darlegungen der Beklagten bezogen auf die Entscheidung ihres Geschäftsführers erfüllt.

23

ee) Die in Rede stehende Maßnahme - die Fremdvergabe der Hausmeisterdienste - hatte damit im Kündigungszeitpunkt - die tatsächlichen Behauptungen der Beklagten als wahr unterstellt - „greifbare Formen“ angenommen. Die gegenteilige Würdigung des Landesarbeitsgerichts wird dem prognostischen Anteil des Kündigungsgrundes nicht gerecht.

24

(1) Die Beklagte hatte endgültig und ernsthaft beschlossen, die fragliche organisatorische Änderung durchzuführen. Es war nicht erforderlich, dass sie vor Zugang der Kündigung mit der Verwirklichung ihrer Entscheidung bereits begonnen hätte (vgl. BAG 10. Oktober 1996 - 2 AZR 651/95 - zu II 1 der Gründe; 19. Juni 1991 - 2 AZR 127/91 - zu II 2 b der Gründe). Das betrifft nicht nur deren unmittelbare Umsetzung. Auch vorbereitende Maßnahmen - etwa den Vertragsschluss mit dem Drittunternehmen - musste sie noch nicht ergriffen haben. Es genügte, dass sie berechtigterweise annehmen durfte, die laufende Kündigungsfrist biete ihr hierfür ausreichend Zeit.

25

(2) Das war hier der Fall. Die Beklagte hatte nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts bereits im März 2011 Angebote von Dienstleistern angefordert. Auch wenn dies zunächst der Markterkundung gedient haben mag, so konnte sie doch aufgrund des Ergebnisses ihrer Anfragen hinreichend sicher annehmen, sie werde rechtzeitig einen geeigneten Dienstleister finden. Anderes gälte allenfalls dann, wenn der Geschäftsführer die Durchführung der Maßnahme von weiteren, unwägbaren Voraussetzungen, etwa davon abhängig gemacht hätte, die Aufgaben zu günstigeren Konditionen vergeben zu können als angeboten. Davon geht das Landesarbeitsgericht aber nicht aus. Der Umstand, dass der im Herbst 2011 mit dem Dienstleister geschlossene Vertrag gegenüber dem ursprünglichen Angebot bestimmte Modifikationen enthält, bietet für einen solchen Vorbehalt keinen hinreichenden Anhaltspunkt.

26

ff) Der Entschluss zur Fremdvergabe der Hausmeisterdienste war geeignet, den Bedarf an einer Beschäftigung des Klägers zum Ende des Jahres 2011 in Wegfall zu bringen. Zwar waren Hausmeistertätigkeiten in der vom Kläger betreuten Einrichtung auch fortan zu erledigen. Sie sollten aber nicht mehr von eigenen Arbeitskräften der Beklagten ausgeführt, sondern von einem anderen Unternehmen - mit dessen Arbeitskräften - selbständig erledigt werden. Eine derartige Organisationsentscheidung ist rechtlich grundsätzlich nicht zu beanstanden. Das gilt auch dann, wenn sie - anders als von der Beklagten erwartet - nicht mit einer Ersparnis von Kosten verbunden gewesen sein sollte.

27

(1) Die Gestaltung des Betriebs, die Antwort auf die Frage, ob und in welcher Weise sich der Arbeitgeber wirtschaftlich betätigen will, sind Bestandteil der durch Art. 12, Art. 14 und Art. 2 Abs. 1 GG geschützten unternehmerischen Freiheit. Zu dieser gehört das Recht, das Unternehmen aufzugeben, darüber zu entscheiden, welche Größenordnung es haben soll, und festzulegen, ob bestimmte Arbeiten weiter im eigenen Betrieb ausgeführt oder an Drittunternehmen vergeben werden sollen (BAG 20. Juni 2013 - 2 AZR 380/12 - Rn. 21; 22. November 2012 - 2 AZR 673/11 - Rn. 17). Das Kündigungsschutzgesetz schreibt nicht eine bestimmte rechtliche und organisatorische Form der Erledigung anfallender Aufgaben fest (BAG 23. April 2008 - 2 AZR 1110/06 - Rn. 19).

28

(2) Der Arbeitgeber ist - bis zur Grenze der Willkür - nicht gehindert, auch wirtschaftlich nicht zwingend notwendige Organisationsentscheidungen zu treffen (BAG 20. Juni 2013 - 2 AZR 380/12 - Rn. 20). Es ist nicht Sache der Gerichte, ihm eine „bessere“ oder „richtigere“ betriebliche Organisation vorzuschreiben (BAG 29. August 2013 - 2 AZR 809/12 - Rn. 17 mwN, BAGE 146, 37). Im Fall der Fremdvergabe kommt es deshalb grundsätzlich nicht darauf an, ob durch die Beauftragung des Drittunternehmens tatsächlich Kosten gespart werden (vgl. BAG 31. Mai 2007 - 2 AZR 306/06 - Rn. 23, BAGE 123, 20).

29

(3) Die in Rede stehende Entscheidung lässt keine sachfremden Erwägungen erkennen. Sie ist nicht etwa deshalb unsachlich, weil die Beklagte in anderen Einrichtungen weiterhin eigene Arbeitskräfte als Hausmeister beschäftigt. Zum einen ist nicht erkennbar, dass dies durchgängig der Fall wäre. Zum anderen steht es dem Arbeitgeber frei, verschiedene Betriebsstätten unterschiedlich zu organisieren.

30

III. Der Rechtsstreit ist nicht entscheidungsreif. Der Senat kann nicht abschließend beurteilen, ob die Kündigung vom 29. Juni 2011 wirksam ist. Es fehlt an erforderlichen Feststellungen. Die Sache war deshalb an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen.

31

1. Es steht nicht fest, ob die Kündigung durch Gründe iSv. § 1 Abs. 2 KSchG bedingt ist. Das Landesarbeitsgericht hat das Vorbringen der Beklagten zum Vorliegen dringender betrieblicher Erfordernisse rechtsfehlerhaft als unschlüssig angesehen und sich - von seinem Standpunkt aus konsequent - kein Urteil darüber gebildet, ob deren tatsächliche Behauptungen für wahr zu erachten sind (§ 286 ZPO). Dies hat es nachzuholen.

32

a) Allerdings kann bezweifelt werden, ob der Kläger die Ausführungen der Beklagten gemäß § 138 ZPO ausreichend bestritten hat. Er ist deren Vortrag vornehmlich mit Rechtsausführungen entgegengetreten, die sich als nicht durchgreifend erwiesen haben. In tatsächlicher Hinsicht hat er sich darauf beschränkt, das Zustandekommen einer unternehmerischen Entscheidung im Kündigungszeitpunkt „einfach“ zu bestreiten. Nachdem die Beklagte ihre betreffenden Behauptungen durch Hinweis auf die Dienstberatung vom 20. Juni 2011 und dort gefallene Äußerungen ihres Geschäftsführers konkretisiert hatte, wäre es Sache des Klägers gewesen, die ergänzenden Ausführungen „spezifisch“, sei es durch substantiierten Gegenvortrag (§ 138 Abs. 2 ZPO), sei es mit Nichtwissen (§ 138 Abs. 4 ZPO) zu bestreiten. Das ist, soweit ersichtlich, nicht geschehen.

33

b) Die abschließende Würdigung ist zunächst dem Landesarbeitsgericht vorbehalten. Zum einen mag der Kläger die Notwendigkeit einer Konkretisierung seines Bestreitens nicht erkannt haben, weil beide Vorinstanzen von der Unschlüssigkeit des Vortrags der Beklagten ausgegangen sind. Zum anderen unterliegen die in Rede stehenden Indiztatsachen, selbst wenn sie als zugestanden anzusehen wären, einer abschließenden Würdigung gemäß § 286 ZPO, die Aufgabe des Tatsachengerichts ist.

34

2. Der Senat kann nicht beurteilen, ob die Kündigung allemal deshalb sozial ungerechtfertigt ist, weil die Beklagte soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat (§ 1 Abs. 1, Abs. 3 KSchG).

35

a) Dem bisherigen aus dem Berufungsurteil ersichtlichen Parteivorbringen ist nicht zu entnehmen, dass es eines sozialen Vergleichs mit Hausmeistern, die an anderen Standorten beschäftigt sind und die in einem Arbeitsverhältnis zur Beklagten stehen, nicht bedurft hätte.

36

aa) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die fraglichen Einrichtungen der Beklagten bildeten einen einheitlichen Betrieb im kündigungsschutzrechtlichen Sinne. Dagegen erhebt die Beklagte keine Einwände. Ein Rechtsfehler ist nicht erkennbar.

37

bb) Das Vorbringen der Beklagten berechtigt nicht zu der Annahme, der Tätigkeitsbereich des Klägers sei vertraglich auf das Seniorenheim T eingegrenzt (zu den Folgen einer solchen Beschränkung für die Sozialauswahl vgl. BAG 17. September 1998 - 2 AZR 725/97 - zu II 2 c der Gründe).

38

(1) Dem Arbeitsverhältnis der Parteien liegen die Vereinbarungen im Arbeitsvertrag vom 27. Februar 2007 zugrunde. Dem äußeren Erscheinungsbild nach handelt es sich um einen Formularvertrag, auf den die Vorschriften über Allgemeine Geschäftsbedingungen nach §§ 305 ff. BGB zur Anwendung kommen. Die Auslegung solcher Vertragsbedingungen kann das Revisionsgericht selbst vornehmen (BAG 12. September 2013 - 6 AZR 512/12 - Rn. 21; 15. Juni 2010 - 3 AZR 994/06 - Rn. 24; jeweils mwN).

39

(2) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden. Dabei sind nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der konkreten Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist der Wortlaut nicht eindeutig, kommt es auf das typische Verständnis redlicher Vertragspartner an (BAG 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - Rn. 14). Von Bedeutung sind ferner der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck und die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten (BAG 26. September 2012 - 10 AZR 311/11 - Rn. 17).

40

(3) Ist im Arbeitsvertrag zwar der Ort der Arbeitsleistung bestimmt, ist aber zugleich die Möglichkeit eines Einsatzes auch in anderen Betrieben des Unternehmens vorgesehen, verhindert dies regelmäßig die Beschränkung der Arbeitspflicht auf den im Vertrag genannten Arbeitsort (BAG 28. August 2013 - 10 AZR 569/12 - Rn. 20; 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 15). Insoweit macht es keinen Unterschied, ob im Arbeitsvertrag auf eine Festlegung des Orts der Arbeitsleistung verzichtet und diese dem Arbeitgeber im Rahmen von § 106 GewO vorbehalten bleibt oder ob der Ort der Arbeitsleistung bestimmt, aber die Möglichkeit der Zuweisung eines anderen Orts vereinbart wird. Dadurch wird lediglich klargestellt, dass § 106 Satz 1 GewO gelten und eine Befugnis zur Versetzung an andere Arbeitsorte bestehen soll.

41

(4) Danach kann auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen nicht angenommen werden, die Parteien hätten den Einsatzort des Klägers vertraglich festgelegt.

42

(a) Zwar heißt es unter § 1 des Arbeitsvertrags, „der Arbeitnehmer“ werde „als Hausmeister für den Bereich Seniorenresidenz T … unbefristet eingestellt“. Eine solche Klausel kann - wenn nichts anderes geregelt ist - durchaus für eine entsprechende Festschreibung des Arbeitsorts sprechen (vgl. BAG 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 20).

43

(b) Gegen eine dauerhafte Festlegung spricht jedoch die im Arbeitsvertrag enthaltene Bezugnahme auf den „jeweils für den Arbeitgeber geltende(n) Tarifvertrag“, weil dieser Bestimmungen zur Versetzungsmöglichkeit enthält.

44

(aa) Das Arbeitsgericht hat im Rahmen seiner Feststellungen, die sich das Landesarbeitsgericht zu eigen gemacht hat, angenommen, aufgrund der Bezugnahmeklausel finde auf das Arbeitsverhältnis der Parteien der zwischen dem Arbeitgeberverband der Arbeiterwohlfahrt Thüringen e. V. und der DHV geschlossene Tarifvertrag Anwendung. Das entspricht offenbar dem übereinstimmenden Verständnis beider Parteien. Die Würdigung ist rechtlich möglich. Selbst wenn der Tarifvertrag mangels Tarifzuständigkeit der DHV „fehlerhaft“ sein sollte (zur Problematik vgl. BAG 11. Juni 2013 - 1 ABR 32/12 - BAGE 145, 211), führte dies nicht dazu, dass die Bezugnahme unwirksam wäre oder ins Leere ginge. Die Arbeitsvertragsparteien können grundsätzlich auch auf fehlerhafte Tarifverträge verweisen (BAG 22. Januar 2002 - 9 AZR 601/00 - zu A I 2 b der Gründe mwN, BAGE 100, 189).

45

(bb) Unter § 16 Abs. 1 des TV-AWO Thüringen vom 1. Januar 2010 heißt es: „Der Arbeitnehmer ist im Rahmen seiner arbeitsvertraglich vereinbarten Tätigkeit in jedem/r Betrieb, Betriebsteil oder Einrichtung des Arbeitgebers vorübergehend oder auf Dauer einsetzbar.“ Ist die Regelung wirksam in den Arbeitsvertrag einbezogen worden, hat sie die Wirkung eines vertraglichen Versetzungsvorbehalts. Auf diese Weise wäre - zumal Sinn und Zweck der Verweisung laut Arbeitsvertrag die „Gleichstellung der Arbeitnehmer und Vereinheitlichung der arbeitsvertraglichen Regelungen“ sein sollte - hinreichend klargestellt, dass die vertragliche Bestimmung des Einsatzorts mit „Seniorenresidenz T“ lediglich die erstmalige Ausübung des entsprechenden Weisungsrechts darstellte.

46

(cc) Auch wenn die tarifliche Versetzungsregelung nicht wirksam Vertragsbestandteil geworden sein sollte, kann die Vereinbarung zum „Tätigkeitsbereich“ nicht anders verstanden werden. Der Kläger musste angesichts des beabsichtigten Einbezugs der tariflichen Bestimmung annehmen, dass die Beklagte nicht den Willen hatte, sich ihrer Weisungsrechte aus § 106 GewO zu begeben.

47

cc) Das bisherige Vorbringen berechtigt nicht zu der Annahme, die anderen Hausmeister seien deshalb mit dem Kläger nicht vergleichbar, weil sie - anders als er - mit vollem Stundendeputat beschäftigt sind.

48

(1) Eine Sozialauswahl zwischen Arbeitnehmern in Teilzeit und solchen, die in Vollzeit beschäftigt sind, kann ausgeschlossen sein, wenn der Arbeitgeber auf der Grundlage eines nachvollziehbaren unternehmerischen Konzepts bestimmten Tätigkeiten bestimmte Arbeitszeiten zuordnet (BAG 3. Dezember 1998 - 2 AZR 341/98 - zu II 4 der Gründe, BAGE 90, 236). Entsprechendes gilt für eine Sozialauswahl unter Teilzeitkräften mit unterschiedlichen Arbeitszeitdeputaten (BAG 15. Juli 2004 - 2 AZR 376/03 - zu C III 2 der Gründe, BAGE 111, 229). Arbeitnehmer, die aufgrund solcher Organisationsentscheidungen unterschiedlich lange Wochenarbeitszeiten haben, die nur durch Änderungskündigungen angepasst werden könnten, sind nicht austauschbar und damit nicht miteinander vergleichbar iSv. § 1 Abs. 3 KSchG.

49

(2) Die Beklagte hat geltend gemacht, sie habe die in den einzelnen Einrichtungen anfallenden Hausmeistertätigkeiten „einrichtungsbezogen“ nach dem jeweils anfallenden Arbeitsvolumen organisiert. Je Einrichtung solle ein Hausmeister „vor Ort“ als Ansprechpartner vorhanden sein und die anfallenden Arbeiten erledigen. Auf diese Weise hat sie die jeweilige Hausmeistertätigkeit nicht starr an ein bestimmtes Arbeitszeitvolumen der eingesetzten Hausmeister gebunden. Auch wenn es sachliche Gründe geben mag, Hausmeister nicht einrichtungsübergreifend zu beschäftigen, wird aus dem Vorbringen der Beklagten nicht deutlich, weshalb pro Einrichtung jeweils nur ein Arbeitnehmer mit den Hausmeistertätigkeiten betraut werden kann. Das gilt umso mehr, als die Beklagte eine solche Situation offenbar auch in den Einrichtungen nicht gewährleistet, in denen sie die Hausmeistertätigkeiten fremdvergeben hat.

50

dd) Soweit die Beklagte behauptet hat, der Kläger sei mit anderen Hausmeistern, insbesondere dem von ihm namentlich benannten Arbeitnehmer deshalb nicht vergleichbar, weil diese noch weitere Tätigkeiten - etwa als Maler - schuldeten und erbrächten, ist ihr Vortrag streitig geblieben und bedarf ggf. weiterer Aufklärung.

51

b) Die Beklagte hat die Sozialdaten der anderen Hausmeister mitgeteilt und geltend gemacht, die Auswahl des Klägers sei selbst bei unterstellter Vergleichbarkeit im Ergebnis nicht zu beanstanden. Ob dies zutrifft, wird das Landesarbeitsgericht ggf. zu prüfen und zu bewerten haben. Dabei wird es sich, falls es darauf ankommt, auch mit der Frage befassen müssen, ob die Voraussetzungen für eine Anrechnung vor dem 1. April 2007 erbrachter Beschäftigungszeiten des Klägers vorliegen.

52

3. Sollte sich die Kündigung als sozial gerechtfertigt erweisen, wird der Frage nachzugehen sein, ob der Betriebsrat gemäß § 102 BetrVG ordnungsgemäß zur Kündigung angehört worden ist.

53

a) Die Beklagte hat vorgetragen, sie habe der Vorsitzenden des Gremiums am 21. Juni 2011 mündlich ihre Kündigungsabsicht unter Mitteilung der Tätigkeit und der Sozialdaten des Klägers, des Kündigungsgrundes, der Kündigungsart einschließlich des Kündigungstermins und ihrer Erwägungen zur Sozialauswahl nebst den Daten der anderen Hausmeister mitgeteilt. Das Vorbringen lässt, zumal die Mitteilungspflicht des Arbeitgebers über die Gründe der Kündigung nach § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG „subjektiv determiniert“ ist(vgl. nur BAG 12. September 2013 - 6 AZR 121/12 - Rn. 20; 12. August 2010 - 2 AZR 104/09 - Rn. 17), keine inhaltlichen Mängel erkennen. Die Wochenfrist des § 102 Abs. 2 Satz 1 BetrVG wäre, ausgehend von dem behaupteten Zugang der Kündigung am 29. Juni 2011, eingehalten.

54

b) Das Landesarbeitsgericht wird zu beurteilen haben, ob der Kläger das Vorbringen hinreichend - mit Nichtwissen - bestritten hat. Ggf. wird es die erforderlichen Beweise zu erheben haben.

55

4. Sollte sich die Kündigung als solche als wirksam erweisen, wird sich das Landesarbeitsgericht mit dem Einwand des Klägers zu befassen haben, die Beklagte habe sie nicht termingerecht erklärt.

56

5. Von der Zurückverweisung ist auch der als Hilfsantrag zu verstehende Antrag des Klägers auf vorläufige Weiterbeschäftigung erfasst. Die Entscheidung über ihn ist abhängig von der Entscheidung über den Feststellungsantrag.

        

   Kreft    

        

   Niemann    

        

   Berger    

        

        

        

   Krichel    

        

   Grimberg    

                 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 19. Februar 2013 - 16 Sa 1652/12 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über eine ordentliche Kündigung ihres Vertragsverhältnisses. Die Beklagte stützt sie auf betriebliche Erfordernisse und auf Gründe im Verhalten des Klägers.

2

Die im Jahr 2003 gegründete Beklagte betreibt Planung, Konstruktion und EDV-Anwendung im industriellen Anlagenbau. Ihr Sitz ist L. Der Kläger war ursprünglich einer ihrer zwei einzelvertretungsberechtigten, ab dem Jahr 2010 war er ihr alleiniger Geschäftsführer. Gesellschafter der Beklagten im Jahr 2010 waren die Ehefrau des Klägers und die Gemeinschaft der Erben des ursprünglichen Mitgeschäftsführers je zur Hälfte. Die Beklagte beschäftigt zwischen 50 und 60 Arbeitnehmern. Ein Betriebsrat ist im Betrieb nicht gewählt.

3

Mit notariellem Vertrag vom 27. September 2010 verkauften die damaligen Gesellschafter - vertreten durch den Kläger - ihre Anteile an der Beklagten an die M GmbH (M) mit Sitz in S. Als „Basisbetrag für die Kaufpreisermittlung“ wurde eine Summe festgelegt, die auf einem von beiden Seiten angenommenen bestimmten Gewinn der Beklagten beruhte. Dem wiederum lagen eine Bewertung der Beklagten durch ihren damaligen kaufmännischen Leiter und ein Lagebericht des Klägers zugrunde. Nach Maßgabe einer im Vertrag vereinbarten „earn-out“-Klausel sollte ein Teil des Kaufpreises in seiner Höhe von der tatsächlichen künftigen Entwicklung der Beklagten abhängen.

4

In II. § 9 des Kaufvertrags wurde zur weiteren Tätigkeit des Klägers vereinbart:

        

„1.     

[Der Kläger] wird sein Geschäftsführeramt auf erste Anforderung des Erwerbers niederlegen.

        

2.    

[Der Kläger] sichert dem Erwerber und - im Sinne eines echten Vertrages zugunsten Dritter - dem Unternehmen zu, dass er mindestens bis zum 31.12.2012 weiterhin als Prokurist (Einzelprokurist) dem Unternehmen zur Verfügung steht, es sei denn …

        

3.    

Der bisherige Geschäftsführerdienstvertrag [des Klägers] mit allen zwischenzeitlich vorgenommenen Anpassungen und Zusatzvereinbarungen wird unter Beibehaltung aller darin festgelegten Konditionen und Arbeitszeitregelungen mit der Maßgabe fortgeführt, dass er sich zukünftig auf die Diensttätigkeit [des Klägers] als Prokurist bezieht. Ausgenommen hiervon ist der Zeitraum der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, die nur noch für die Dauer von 9 Monaten gewährt werden wird. …

        

4.    

Des Weiteren wird zwischen dem Erwerber und [dem Kläger] vereinbart, dass dieser auch in seiner Stellung als Prokurist bis zum einvernehmlichen Abschluss der Earn-Out-Regelungen ein unbeschränktes Informations- und Einsichtsrecht in Bezug auf alle Angelegenheiten und Unterlagen des Unternehmens behält. ...“

5

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Kläger das operative Geschäft der Beklagten weiterhin leiten sollte.

6

Noch im September 2010 legte der damit betraute Steuerberater einen „geänderten Zwischenabschluss auf den 31. Juli 2010“ über die Beklagte vor. Aus ihm ergab sich ein Fehlbetrag von mehreren hunderttausend Euro. Nach dem Vorbringen der Beklagten beruhte dieser insbesondere darauf, dass hinter einem in Verantwortung des Klägers auf Aktivseite angebrachten Bilanzposten Forderungen standen, die sich größtenteils als nicht werthaltig erwiesen. Verhandlungen zwischen den Parteien des Kaufvertrags führten am 5. November 2010 zu einem Änderungsvertrag.

7

Mit Beschluss vom 18. November 2010 berief die M den Kläger als Geschäftsführer der Beklagten ab. Statt seiner wurden zwei ihrer eigenen Mitarbeiter - einer ihrer Geschäftsführer und ihr kaufmännischer Leiter - zu Geschäftsführern berufen. Der Kläger erhielt im Dezember 2010 Einzelprokura. In den Folgemonaten kam es zu Unstimmigkeiten und mehrfachen Klarstellungen über die internen Befugnisse des Klägers. Dieser wandte sich insbesondere gegen das Erfordernis einer von der Beklagten - wegen des konzernweit geltenden Vier-Augen-Prinzips - verlangten zweiten Unterschrift.

8

Nach dem berichtigten Jahresabschluss für 2010 betrug der Verlust der Beklagten über 2,1 Mio. Euro. Ab April 2011 übernahm die M bei ihr die betriebswirtschaftliche Federführung für den Bereich Finanzen und Controlling.

9

Mit Beschluss vom 9. Januar 2012 entzog die M dem Kläger intern die Prokura. Mit zwei weiteren Beschlüssen vom selben Tag berief sie mit Wirkung zum 11. Januar 2012 ihren eigenen Geschäftsführer als Geschäftsführer der Beklagten ab und bestellte statt seiner - als zweiten Geschäftsführer - einen anderen ihrer Mitarbeiter.

10

Mit Schreiben vom 10. Januar 2012 kündigte die Beklagte das Vertragsverhältnis mit dem Kläger zum 31. Dezember 2012 und widerrief ihm gegenüber die Prokura. Zugleich stellte sie ihn - widerruflich - von seinen Arbeitspflichten frei.

11

Mit der vorliegenden Klage wehrt sich der Kläger gegen die Kündigung. Er hat die Ansicht vertreten, dringende betriebliche Erfordernisse, die eine Kündigung bedingten, hätten nicht vorgelegen. Die Beklagte habe eine einschlägige unternehmerische Entscheidung jedenfalls nicht vor Abgabe der Kündigungserklärung getroffen. Soweit sie behauptet habe, der neue Geschäftsführer habe seine - des Klägers - Aufgaben übernommen, sei das unrichtig. Er selbst sei nie „wirklich“ Mitglied der Geschäftsleitung der Beklagten, sondern eine von deren insgesamt sieben hierarchisch gleichberechtigten Führungskräften gewesen. Diese verträten sich trotz jeweils spezieller Aufgaben gegenseitig und seien untereinander austauschbar. Er sei zudem sozial schutzwürdiger als einige von ihnen. Zumindest habe die Beklagte ihm eine der zeitgleich ausgeschriebenen Stellen eines CAD-Konstrukteurs, eines Technikers/Konstrukteurs 2D/3D und eines Ingenieurs Anlagen- und Rohrleitungsplanung anbieten müssen. Andere Kündigungsgründe seien nicht gegeben. Seine Vertragspflichten im Rahmen der Bilanzerstellung und Kaufverhandlungen habe er nicht verletzt.

12

Der Kläger hat beantragt

        

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 10. Januar 2012 nicht aufgelöst worden ist.

13

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat behauptet, die M als ihre Gesellschafterin habe sich Anfang Januar 2012 dazu entschlossen, wieder einen Geschäftsführer zu bestellen, der vor Ort tätig sei und das operative Geschäft persönlich leite; die seinerzeit berufenen Geschäftsführer seien beide faktisch in S verblieben. Anlass für diese Entscheidung sei zum einen das Verhalten des Klägers gewesen, zu dem das Vertrauen verloren gegangen sei, zum anderen der Umstand, dass sich die „Konstruktion“ aus formell bestellten Geschäftsführern und einem wie ein Geschäftsführer tätigen Prokuristen nicht bewährt habe. Die Leitung des operativen Geschäfts durch einen „echten“ Geschäftsführer verbessere nicht zuletzt ihren Außenauftritt gegenüber den Kunden.

14

Der Kläger habe als Prokurist unverändert herausgehobene Leitungsaufgaben wahrgenommen. Er sei verantwortlich gewesen für die disziplinarische Führung der Vertriebsmitarbeiter, für die Steuerung des Vertriebs, insbesondere die Akquise von Neukunden und die Pflege des Altkundenbestands, für das Angebotswesen und die Überwachung der laufenden Projekte, für die Sichtung von Bewerbungen und das Führen von Vorstellungsgesprächen, für die Einstellung von Personal, die Überprüfung von Gehältern und Gehaltsanpassungen, für Disziplinarmaßnahmen bis hin zur Kündigung von Mitarbeitern und für die Freigabe von Schulungsmaßnahmen im Rahmen des genehmigten Budgets. Sämtliche Mitarbeiter bis auf ihren kaufmännischen Leiter hätten an ihn berichtet. Der Kläger habe seine Aufgaben allerdings nicht sehr kompetent erfüllt, sondern häufig um Weisungen nachgesucht. Da er im Jahr 2011 einerseits zuviel Personal eingestellt, andererseits rechtswidrige Vorschläge zum Personalabbau unterbreitet habe, habe sie Einstellungen und Entlassungen ab August 2011 von der Zustimmung ihrer Geschäftsführer abhängig gemacht.

15

Die Aufgaben des Klägers hätten vom 10. bis 13. Januar 2012 der abberufene, von da an der neu bestellte Geschäftsführer übernommen. Mit ihren sechs Abteilungsleitern sei der Kläger hierarchisch nicht vergleichbar. Diese seien auch nicht untereinander austauschbar. Die im Internet ausgeschriebenen Stellen seien nicht wirklich zu besetzen gewesen. Die Ausschreibungen hätten der Marktbeobachtung gedient. Zudem verfüge der Kläger nicht über die geforderten Qualifikationen.

16

Im Übrigen sei die Kündigung durch Gründe im Verhalten des Klägers während der Kaufverhandlungen vom September 2010 bedingt.

17

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen. Mit seiner Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe

18

Die Revision ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Bei Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes erweist sich die ausgesprochene Kündigung als durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt. Der Arbeitsplatz des Klägers ist durch die Übertragung seiner Aufgaben auf einen der Geschäftsführer der Beklagten entfallen. Auf mögliche Gründe in seinem Verhalten kommt es nicht an.

19

I. Die Klage ist nicht begründet. Die Kündigung vom 10. Januar 2012 ist rechtswirksam. Das gilt auch dann, wenn sie der sozialen Rechtfertigung nach Maßgabe des Kündigungsschutzgesetzes bedarf.

20

1. Gemäß § 1 Abs. 1 KSchG ist - nach Ablauf der Wartefrist - die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist. Der personelle Geltungsbereich des Gesetzes ist folglich auf Arbeitnehmer beschränkt. Ob der Kläger Arbeitnehmer ist, vermag der Senat nicht abschließend zu beurteilen.

21

a) Der Status des Klägers als Arbeitnehmer steht nicht deshalb fest, weil ersichtlich sowohl beide Parteien als auch die Vorinstanzen vom Bestehen eines Arbeitsverhältnisses ausgegangen sind. Der Senat ist an die übereinstimmende Rechtsauffassung der Parteien nicht gebunden. Die Gerichte können auch zu Gunsten einer Partei von deren Rechtsmeinung abweichen (BAG 11. Dezember 2007 - 1 ABR 73/06 - Rn. 28). Das Landesarbeitsgericht wiederum hat keine tatsächlichen Feststellungen getroffen, die die Arbeitnehmereigenschaft des Klägers auswiesen und Bindungswirkung nach § 559 Abs. 2 ZPO auslösten. Zwar hat es in den Gründen seiner Entscheidung ausgeführt: „Auf das Arbeitsverhältnis findet das Kündigungsschutzgesetz unstreitig Anwendung. Der Kläger ist seit mehr als sechs Monaten als Arbeitnehmer bei der Beklagten beschäftigt …“. Darin liegt jedoch keine den Senat hinsichtlich des Arbeitnehmerstatus bindende Tatsachenfeststellung.

22

aa) Dies ist nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil konkrete Tatsachen, die einer entsprechenden rechtlichen Beurteilung zugrunde lägen, nicht explizit festgestellt worden sind. Die Parteien können bestimmte Tatsachen durch allgemein gebräuchliche, einfache rechtliche Ausdrücke in den Rechtsstreit einführen, wenn diese den Teilnehmern des Rechtsverkehrs geläufig sind und das Vorliegen entsprechender tatsächlicher Umstände mit ihnen in Verbindung gebracht wird. Die Parteien lösen auch auf diese Weise eine Erklärungspflicht der Gegenseite gemäß § 138 Abs. 2 ZPO aus(BAG 6. November 2007 - 1 AZR 862/06 - Rn. 13, BAGE 124, 323; BGH 19. März 2004 - V ZR 104/03 - BGHZ 158, 295; Zöller/Greger ZPO 29. Aufl. § 138 Rn. 2). Im Gebrauch des betreffenden Rechtsbegriffs durch das Landesarbeitsgericht kann dann die komprimierte Feststellung der mit ihm regelmäßig verbundenen Tatsachen iSv. § 559 Abs. 2 ZPO zu erblicken sein.

23

bb) Es muss nicht entschieden werden, ob dies für die Begriffe „Arbeitsverhältnis“ und „Arbeitnehmer“ in Frage kommt. Im Streitfall ist nicht zu erkennen, dass der Kläger den Ausdruck „Arbeitnehmer“ zur Beschreibung seines Rechtsstatus je in diesem tatsächlichen Sinne gebraucht hätte. Sein dienstrechtlicher Status spielte in seinen Schriftsätzen keine spezifische Rolle. Die Beklagte hatte keinen Anlass, der Verwendung des Arbeitnehmerbegriffs durch den Kläger entgegenzutreten. Unter dieser Voraussetzung kommt dem Gebrauch der Rechtsbegriffe in den Urteilsgründen des Landesarbeitsgerichts Bindungswirkung iSv. § 559 Abs. 2 ZPO nicht zu.

24

b) Materiell-rechtlich ist Arbeitnehmer, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist (BAG 15. Februar 2012 - 10 AZR 301/10 - Rn. 13; 14. März 2007 - 5 AZR 499/06 - Rn. 13). Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen. Arbeitnehmer ist nach § 84 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 HGB derjenige Mitarbeiter, der nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann(BAG 25. Mai 2005 - 5 AZR 347/04 - zu I der Gründe mwN, BAGE 115, 1). Der Grad der persönlichen Abhängigkeit hängt auch von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab. Letztlich kommt es für die Beantwortung der Frage, welches Rechtsverhalten im konkreten Fall vorliegt, auf eine Gesamtwürdigung aller maßgeblichen Umstände des betreffenden Falls an. Der jeweilige Vertragstyp ergibt sich dabei aus dem wirklichen Geschäftsinhalt, nicht aus der Bezeichnung ihres Vertragsverhältnisses durch die Parteien (BAG 20. Mai 2009 - 5 AZR 31/08 - Rn. 19).

25

aa) Grundlage der vertraglichen Beziehung zwischen den Parteien waren ursprünglich der „Geschäftsführervertrag“ vom 13. August 2003 und das „Protokoll zur Gesellschafterversammlung“ vom 31. Januar 2006. Nach § 1 Nr. 1 des Vertrags führt der Kläger die Geschäfte der Beklagten mit der erforderlichen Sorgfalt „nach Maßgabe der Gesetze, dieses Vertrages und des Gesellschaftsvertrages“. Nach Nr. 2 der Abrede ist der Kläger als Geschäftsführer „in der Gestaltung seiner Arbeitszeit frei“. In § 6 heißt es: „Der Geschäftsführer hat Anspruch auf einen Jahresurlaub von 30 Arbeitstagen. Kann der Geschäftsführer seinen Jahresurlaub nicht nehmen, weil die Interessen der Gesellschaft entgegenstehen, so ist der Urlaubsanspruch abzugelten. Die Urlaubsabgeltung bemisst sich nach der Höhe des Festgehalts“. Dies sind Regelungen, die den „Geschäftsführervertrag“ vom 13. August 2003 prima facie als Dienstvertrag iSv. § 611 BGB und nicht - was rechtlich möglich wäre(EuGH 11. November 2010 - C-232/09 - [Danosa] Slg. 2010, I-11405; BAG 26. Mai 1999 - 5 AZR 664/98 - zu III 1 der Gründe) - als Arbeitsvertrag ausweisen.

26

bb) In § 9 Nr. 3 des Kaufvertrags vom 10. September 2010 wurde mit Blick auf die Person des Klägers vereinbart, dass „der bisherige Geschäftsführerdienstvertrag … unter Beibehaltung aller darin festgelegten Konditionen und Arbeitszeitregelungen mit der Maßgabe fortgeführt wird, dass er sich zukünftig auf die Diensttätigkeit [des Klägers] als Prokurist bezieht“. Lediglich der Lohnfortzahlungszeitraum sollte von zwölf auf neun Monate verkürzt sein. Nach § 9 Nr. 4 des Vertrags sollte der Kläger auch als Prokurist ein unbeschränktes Recht auf Einsicht in „alle Angelegenheiten und Unterlagen des Unternehmens“ behalten.

27

cc) Danach ist es nicht ausgeschlossen, dass der Kläger von der Beklagten auch nach seiner Abberufung als Geschäftsführer nicht als „Arbeitnehmer“, sondern weiterhin auf der Grundlage eines Dienstvertrags als „freier Dienstnehmer“ beschäftigt wurde. An seinem Tätigkeitsbereich, seinen Aufgaben und im äußeren Ablauf seiner Arbeit hat sich aufgrund des Wechsels vom Geschäftsführer zum einzelvertretungsberechtigten Prokuristen offenbar nichts geändert. Die Parteien wollten übereinstimmend - das hat das Landesarbeitsgericht ausdrücklich festgestellt -, dass der Kläger weiterhin das operative Geschäft der Beklagten leite. Das sollte er ersichtlich sowohl in fachlicher als auch in dienstrechtlicher Hinsicht zu unveränderten Bedingungen tun können, also auch als Prokurist gleichsam „organschaftlich“. Die spätere Vorgabe, für bestimmte rechtsgeschäftliche Erklärungen eine zweite Unterschrift einzuholen, gilt nach dem unwidersprochenen Vorbringen der Beklagten auch für die höchste Leitungsebene. Aus dem bisherigen Parteivortrag erschließt sich nicht, worin dennoch die für den Arbeitnehmerstatus erforderliche persönliche Abhängigkeit des Klägers liegen und wie sie rechtlich begründet worden sein sollte. Seine gehobenen Aufgaben kann man sowohl als Arbeitnehmer als auch als freier Dienstnehmer wahrnehmen. Für die Annahme, die Parteien hätten (konkludent) vereinbart, der Kläger solle unabhängig vom materiell-rechtlichen Status in jedem Fall wie ein Arbeitnehmer behandelt werden, zumindest Kündigungsschutz genießen, fehlt es gleichermaßen an tatsächlichen Grundlagen.

28

2. Der objektiv zutreffende dienstrechtliche Status des Klägers kann für das Ergebnis dahinstehen. Die Klage ist auch dann unbegründet, wenn der Kläger mit seiner Abberufung als Geschäftsführer oder aufgrund späterer Abreden wie ein Arbeitnehmer zu behandeln sein sollte. Die Kündigung der Beklagten vom 10. Januar 2012 hat ein mögliches Arbeitsverhältnis der Parteien aufgelöst. Zwar gilt dann das Kündigungsschutzgesetz. Die Kündigung ist jedoch iSv. § 1 Abs. 2 des Gesetzes sozial gerechtfertigt.

29

a) Auf ein Arbeitsverhältnis der Parteien findet gemäß § 1 Abs. 1, § 23 Abs. 1 Satz 3 seiner Vorschriften das Kündigungsschutzgesetz Anwendung. Der Kläger war seit über acht Jahren bei der Beklagten beschäftigt, wenn die Zeit seiner Tätigkeit als Geschäftsführer mitgerechnet wird; als Prokurist war er es zumindest seit über einem Jahr. Die Beklagte beschäftigte zu Beginn des Jahres 2012 mindestens 50 Arbeitnehmer.

30

b) Die Kündigung vom 10. Januar 2012 ist gemäß § 1 Abs. 2 KSchG durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt, die einer Weiterbeschäftigung des Klägers im Betrieb entgegenstehen.

31

aa) Dringende betriebliche Erfordernisse iSv. § 1 Abs. 2 KSchG liegen vor, wenn die Umsetzung einer unternehmerischen (Organisations-)Entscheidung auf der betrieblichen Ebene spätestens mit Ablauf der Kündigungsfrist zu einem voraussichtlich dauerhaften Wegfall des Bedarfs an einer Beschäftigung des betroffenen Arbeitnehmers führt. Diese Prognose muss schon im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung objektiv berechtigt sein (BAG 23. Februar 2010 - 2 AZR 268/08 - Rn. 17, BAGE 133, 240; 7. Juli 2005 - 2 AZR 399/04 - zu II 4 d dd der Gründe). Ein dringendes „betriebliches“ Erfordernis, das einer Weiterbeschäftigung entgegensteht, ist gegeben, wenn die Arbeitskraft des Arbeitnehmers im Betrieb nicht mehr gefordert ist. Der Arbeitgeber ist grundsätzlich nicht gehalten, nicht mehr benötigte Arbeitsplätze und Arbeitskräfte weiterhin zu besetzen bzw. zu beschäftigen. Dabei kommt es de lege lata nicht darauf an, ob die dem Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses zugrunde liegende unternehmerische (Organisations-)Entscheidung ihrerseits - etwa aus wirtschaftlichen Gründen - „dringend“ war oder die Existenz des Unternehmens auch ohne sie nicht gefährdet gewesen wäre (BAG 20. Juni 2013 - 2 AZR 379/12 - Rn. 20, BAGE 145, 265). In diesem Sinne ist die unternehmerische Entscheidung zur Umorganisation mit Blick auf Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG bis zur Grenze der offensichtlichen Unsachlichkeit, Unvernunft oder Willkür frei. Für eine beschlossene und tatsächlich durchgeführte unternehmerische Organisationsentscheidung spricht dabei die Vermutung, dass sie aus sachlichen - nicht zuletzt wirtschaftlichen - Gründen getroffen wurde und nicht auf Rechtsmissbrauch beruht (BAG 20. Juni 2013 - 2 AZR 379/12 - aaO; 29. März 2007 - 2 AZR 31/06 - Rn. 24).

32

bb) Danach war die Kündigung vom 10. Januar 2012 durch ein dringendes betriebliches Erfordernis bedingt, das einer Weiterbeschäftigung des Klägers im Betrieb entgegenstand. Bei Zugang der Kündigungserklärung war die Prognose berechtigt, spätestens bis zum Ablauf der Kündigungsfrist am Jahresende 2012 werde ein Bedarf an einer Beschäftigung des Klägers nicht mehr bestehen; das ist ausreichend.

33

(1) Der Beschäftigungsbedarf muss bei Zugang der Kündigung nicht schon tatsächlich entfallen sein. Für die Wirksamkeit der Kündigung genügt es, dass jedenfalls die Entwicklungen, die für den künftigen Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit maßgeblich sind, zu diesem Zeitpunkt feststehen, also abschließend geplant sind, und dass die Erwartung berechtigt ist, sie würden sich bis zum Ablauf der Kündigungsfrist realisiert haben (BAG 23. Februar 2010 - 2 AZR 268/08 - Rn. 17, 18, BAGE 133, 240). In diesem Sinne muss der betreffende Kausalverlauf zwar noch nicht beendet, aber bei Kündigungszugang doch bereits in Gang gesetzt worden sein.

34

(2) Hängt der Wegfall des Arbeitsbedarfs von unternehmerisch-organisatorischen Maßnahmen des Arbeitgebers ab, die bei Zugang der Kündigung faktisch noch nicht umgesetzt worden sind, müssen folglich zumindest die Absicht und der Wille des Arbeitgebers, diese Maßnahmen vorzunehmen, schon vorhanden und abschließend gebildet worden sein. Andernfalls lässt sich im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung - auf den es dafür unverzichtbar ankommt - nicht hinreichend sicher prognostizieren, es werde bis zum Ablauf der Kündigungsfrist tatsächlich zum Wegfall des Beschäftigungsbedarfs kommen. Eine Kündigung, die erklärt wurde, ohne dass bei ihrem Zugang bereits festgestanden hätte, aufgrund welcher Maßnahme des Arbeitgebers es zum Arbeitsplatzverlust kommen werde, ist nicht durch dringende betriebliche Erfordernisse, sondern nur durch den Kündigungsentschluss des Arbeitgebers bedingt. Der bloße Kündigungswille des Arbeitgebers wiederum ist kein Grund, der eine Kündigung iSv. § 1 Abs. 2 KSchG sozial rechtfertigen könnte. Dazu bedarf es eines Grundes außerhalb der Kündigung selbst, also eines Grundes, der dem Kündigungsentschluss seinerseits zugrunde liegt. Im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung muss damit die unternehmerische Entscheidung, die zum Wegfall des Beschäftigungsbedarfs führen soll, tatsächlich bereits getroffen worden sein (vgl. BAG 20. Februar 2014 - 2 AZR 346/12 - Rn. 16, 18; 7. Juli 2005 - 2 AZR 399/04 - zu II 4 a und II 4 d dd der Gründe). Der Arbeitgeber muss schon in diesem Zeitpunkt endgültig und vorbehaltlos zur Vornahme einer Maßnahme entschlossen sein, die, wenn sie tatsächlich durchgeführt wird, bis zum Ablauf der Kündigungsfrist den Arbeitsplatzverlust zur Folge hat (BAG 20. Februar 2014 - 2 AZR 346/12 - Rn. 18; 23. Februar 2010 - 2 AZR 268/08 - Rn. 18, BAGE 133, 240).

35

(3) Der fragliche Entschluss unterliegt keinem Formzwang. Auch bei einem mehrköpfigen Entscheidungsgremium, das letztlich nur gemeinsam entscheiden kann, bedarf es dazu in der Regel keines förmlichen Beschlusses. Es genügt, dass ein einzelnes Gremiumsmitglied den betreffenden Entschluss vorbehaltlos gefasst hat und - etwa aufgrund von Erfahrungswerten - fest damit zu rechnen war, die übrigen Mitglieder würden sich dem anschließen (vgl. BAG 7. Juli 2005 - 2 AZR 399/04 - zu II 4 d dd der Gründe).

36

(4) Da der Arbeitgeber gemäß § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG die Tatsachen zu beweisen hat, die die Kündigung bedingen, hat er die tatsächlichen Grundlagen für die Berechtigung der Prognose, bis spätestens zum Ablauf der Kündigungsfrist werde ein Beschäftigungsbedarf entfallen sein, von sich aus schlüssig vorzutragen. Zu diesen Tatsachen gehört der schon bei Kündigungszugang getroffene endgültige Entschluss zur Vornahme einer Maßnahme, die zu einem solchen Wegfall führen werde. Wie substantiiert der Vortrag zu erfolgen hat, hängt von der Einlassung des Arbeitnehmers ab. Zunächst genügt es, wenn der Arbeitgeber - zumindest konkludent - behauptet, er habe seine entsprechende Entscheidung schon vor Zugang der Kündigung getroffen. Wenn der Arbeitnehmer dies mit - in der Regel zunächst ausreichendem - Nichtwissen bestreitet, wird der Arbeitgeber nähere tatsächliche Einzelheiten darlegen müssen, aus denen unmittelbar oder mittelbar geschlossen werden kann, er habe die entsprechende Absicht bereits im Kündigungszeitpunkt endgültig gehabt. Geht es dabei um den inneren Zustand einer einzelnen Person, wird sich das Gericht die Überzeugung von der Wahrheit der Behauptung - wie stets - nach § 286 ZPO bilden müssen. Wenn sich die innere Tatsache nicht in irgendeiner Weise nach außen manifestiert hat, wird es auf die genaue Darlegung des inneren Willensbildungsprozesses der betreffenden Person, die Schlüssigkeit ihrer Angaben und ggf. ihre Glaubwürdigkeit ankommen.

37

(5) Bei Zugang der Kündigung vom 10. Januar 2012 stand zu erwarten, dass der Bedarf an einer Weiterbeschäftigung des Klägers spätestens bei Ablauf der Kündigungsfrist Ende Dezember 2012 entfallen wäre.

38

(a) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hatte die Beklagte am 9. Januar 2012 - schriftlich niedergelegt - beschlossen, dem Kläger die Prokura zu entziehen, den Geschäftsführer der M als ihren Geschäftsführer abzuberufen und statt seiner einen anderen Mitarbeiter der M als Geschäftsführer zu ernennen. Noch im Kündigungsschreiben vom 10. Januar 2012 stellte sie den Kläger von seinen Arbeitspflichten - wenn auch nicht dauerhaft unwiderruflich - frei.

39

(b) Damit hatte sich der Wille der Beklagten, dem Kläger die Befugnis zur internen Geschäftsleitung und zur Vertretungsbefugnis nach außen zu entziehen und einen neuen, stärker vor Ort präsenten und den Kläger funktional ersetzenden Geschäftsführer zu berufen, im Kündigungszeitpunkt bereits deutlich manifestiert. Mit der sofortigen Freistellung des Klägers hat die Beklagte zudem einen Teil ihres Konzepts mit Zugang der Kündigung unmittelbar umgesetzt.

40

(c) Das Landesarbeitsgericht hat ein Übriges getan und durch Vernehmung des abberufenen Geschäftsführers Beweis über die Behauptung der Beklagten erhoben, dieser und ihr zweiter Geschäftsführer hätten „Anfang Januar 2012 den Entschluss gefasst“, bei ihr „statt eines Prokuristen als Leitung des operativen Geschäfts wieder einen Geschäftsführer für die operative Leitung vor Ort einzusetzen“. Es hat sodann für wahr erachtet, dass eine solche unternehmerische Entscheidung in den ersten Januartagen 2012 tatsächlich getroffen worden ist. Den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ist der Kläger mit einer Verfahrensrüge nicht entgegengetreten.

41

(d) Der Beschluss der Beklagten, die Aufgaben des Klägers dem neu berufenen Geschäftsführer zu übertragen, ließ - wenn das Vorhaben tatsächlich umgesetzt würde - den Bedarf an einer Beschäftigung des Klägers entfallen. Zwar würden nicht die Aufgaben des Klägers als solche wegfallen. Sie sollten mit dem neuen Geschäftsführer aber nicht einem anderen Arbeitnehmer übertragen werden - dies liefe auf eine regelmäßig unwirksame „Austauschkündigung“ hinaus, weil der Bedarf an der Beschäftigung von Arbeitnehmern auf diese Weise nicht geringer würde -, sondern sie sollten in der Person des neuen Geschäftsführers künftig von einem „Nicht-Arbeitnehmer“ wahrgenommen werden. Der Kläger hat nicht etwa behauptet, auch der neue Geschäftsführer sei dienstrechtlich in Wahrheit als Arbeitnehmer anzusehen - ungeachtet der Frage nach der Erheblichkeit solchen Vorbringens. Damit würde sich folglich der Bedarf an der Beschäftigung von Arbeitnehmern verringern und der Arbeitsplatz des Klägers entfallen.

42

(e) Eine solche Entscheidung des Arbeitgebers ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die dem Arbeitnehmer durch Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleistete Freiheit der Berufswahl bietet keinen unmittelbaren Schutz gegen den Verlust des Arbeitsplatzes aufgrund privater Dispositionen(BAG 20. Juni 2013 - 2 AZR 379/12 - Rn. 23, BAGE 145, 265). Dem Arbeitgeber ist es kündigungsschutzrechtlich nicht verwehrt, Tätigkeiten, die bisher von Arbeitnehmern geleistet wurden, künftig (echten) freien Mitarbeitern oder Mitgliedern seiner Vertretungsorgane, die keine Arbeitnehmer sind, zu übertragen (BAG 13. März 2008 - 2 AZR 1037/06 - Rn. 14, 30; 20. März 2003 - 8 AZR 97/02 - zu II 2 b der Gründe, BAGE 105, 338). Dies war die vom Landesarbeitsgericht festgestellte Absicht der Beklagten.

43

(f) Die Absicht und Entscheidung der Beklagten ist nicht rechtsmissbräuchlich.

44

(aa) Eine unternehmerisch-organisatorische Entscheidung des Arbeitgebers hat die Vermutung für sich, dass sie aus sachlichen Gründen erfolgt. Rechtsmissbrauch ist die Ausnahme. Er ist deshalb - in aller Regel mit Hilfe von Indizien - vom Arbeitnehmer darzulegen und ggf. zu beweisen (BAG 13. März 2008 - 2 AZR 1037/06 - Rn. 29 mwN).

45

(bb) Der Kläger hat in diesem Zusammenhang vorgebracht, in Wahrheit sei es der Beklagten nicht um eine neue Konzeption gegangen, die in ihrer Konsequenz zum Wegfall seines Arbeitsplatzes führe, sondern allein darum, ihn - den Kläger - „abzubauen“, gleich in welcher Funktion. Er sei der Beklagten „im Weg“ gewesen, insbesondere im Hinblick auf einen Schadensersatzprozess, den - unstreitig - ihre Alleingesellschafterin gegen ihn vor dem Landgericht führe.

46

(cc) Demgegenüber hat das Landesarbeitsgericht als erwiesen angenommen, der Beklagten sei es um die Wahrnehmung der Leitungsaufgaben durch einen auch förmlich als solcher bestellten, vor Ort tätigen Geschäftsführer gegangen. Auf diese Weise habe sie ihrer unerwartet negativen wirtschaftlichen Entwicklung im Jahr 2011 entgegenwirken wollen. Das Konzept, einen Prokuristen mit dem operativen Geschäft vor Ort und die meist ortsabwesenden Geschäftsführer mit vornehmlich überwachenden Aufgaben zu betrauen, habe sich aus Sicht der Beklagten nicht bewährt. Dem ist der Kläger mit zulässigen Verfahrensrügen nicht entgegengetreten.

47

(dd) Die Feststellungen des Landesarbeitsgerichts lassen rechtsmissbräuchliche Motive der Beklagten nicht erkennen. Deren Entscheidung, die Aufgaben des Klägers ihrem neu bestellten Geschäftsführer zu übertragen, beruhte auf sachadäquaten Erwägungen. Ihre zugleich bestehende, erkennbare Unzufriedenheit mit den Leistungen des Klägers stellt diese Beurteilung nicht in Frage. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, auch unter diesem Aspekt sei die Aufgabenübertragung nicht rechtsmissbräuchlich, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Entscheidung der Beklagten wäre selbst dann sachbezogen und objektiv nachvollziehbar, wenn sie ihre Unzufriedenheit mit dem Kläger immerhin zum Anlass genommen hätte, ihr neues Konzept mit seiner Übertragung der Leitungsaufgaben auf die Geschäftsführerebene zu entwickeln und umzusetzen. Im Übrigen entsprach die beabsichtigte Konstruktion derjenigen, die noch gut ein Jahr zuvor mit dem Kläger selbst als Geschäftsführer bestanden hatte.

48

(g) Die Beklagte hat ihren Organisationsentschluss tatsächlich umgesetzt.

49

(aa) Das Landesarbeitsgericht hat als Ergebnis seiner Beweisaufnahme festgestellt, der neu bestellte Geschäftsführer habe ab dem 11. Januar 2012 - einem Tag nach der Freistellung des Klägers - die Leitung des operativen Geschäfts der Beklagten vor Ort auch faktisch übernommen. Einzig dieser und nicht (zusätzlich) ein sonstiger Mitarbeiter habe von da an sämtliche Funktionen wahrgenommen, die bislang dem Kläger übertragen gewesen seien. Der Kläger sei dem entsprechenden, ins Einzelne gehenden Vorbringen der Beklagten nicht substantiiert entgegengetreten.

50

(bb) Die dagegen gerichtete Verfahrensrüge ist nicht berechtigt. Der Kläger hält dem Landesarbeitsgericht vor, es habe seinen Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt, weil es seinen Vortrag übergangen habe, ihm seien sämtliche kaufmännischen Befugnisse, die Informationswege und das Controlling längst entzogen gewesen. Demgegenüber ist das Landesarbeitsgericht unter B. III. 1. a) cc) seiner Entscheidungsgründe gerade davon ausgegangen, der Kläger habe die kaufmännische Leitung der Beklagten nicht mehr inne gehabt. Es hat lediglich angenommen, er habe weiterhin die operative Verantwortung für deren Geschäfte getragen und wahrgenommen.

51

cc) Der Kläger konnte nicht auf einem anderen freien Arbeitsplatz iSv. § 1 Abs. 2 Satz 2 KSchG weiterbeschäftigt werden. Das hätte vorausgesetzt, dass ein Arbeitsplatz zu gleichwertigen oder schlechteren Bedingungen tatsächlich frei gewesen wäre und er über die für die entsprechende Tätigkeit erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse verfügte (vgl. BAG 5. Juni 2008 - 2 AZR 107/07 - Rn. 17 mwN). Das war nicht der Fall.

52

(1) Der Kläger hat sich in diesem Zusammenhang auf die von der Beklagten zu Ende des Jahres 2011 ausgeschriebenen Stellen berufen.

53

(2) Demgegenüber hat das Landesarbeitsgericht festgestellt, dass der Kläger - ungeachtet der Frage, ob sie überhaupt besetzt werden sollten - für keine der drei Stellen die erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse besaß. Dies gelte insbesondere mit Blick auf die verlangte Technikerausbildung bzw. das vorausgesetzte Studium des Maschinenbaus, der Verfahrens- oder der Versorgungstechnik. Mit Recht ist das Landesarbeitsgericht dabei - unausgesprochen - davon ausgegangen, dass es Sache des Arbeitgebers ist, das Profil neu zu besetzender Stellen und die mit ihm verbundenen Anforderungen an Ausbildung und Fähigkeiten der künftigen Stelleninhaber festzulegen.

54

(3) Die in diesem Zusammenhang erhobenen Einwände des Klägers sind unbeachtlich. Dieser tritt den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht mit einer zulässigen Verfahrensrüge iSv. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO, sondern mit Ausführungen zum richtigen Verständnis des in den Ausschreibungen verwendeten Begriffs „bevorzugte Fähigkeiten“ und mit dem Vorwurf entgegen, die Beklagte habe nicht dargelegt, warum er in die Aufgaben nicht habe eingearbeitet oder entsprechend habe fortgebildet werden können. Zu beiden Punkten hatte er bis dahin Vortrag nicht gehalten. Mit beidem kann er in der Revisionsinstanz nicht mehr gehört werden.

55

c) Die aufgrund dringender betrieblicher Erfordernisse iSv. § 1 Abs. 2 KSchG erklärte Kündigung vom 10. Januar 2012 ist nicht wegen einer fehlerhaften Sozialauswahl gemäß Abs. 3 der Vorschrift sozial ungerechtfertigt. Der Kläger, den nach § 1 Abs. 3 Satz 3 KSchG insoweit die Darlegungslast trifft, hat Fehler bei der Sozialauswahl nicht schlüssig aufgezeigt.

56

aa) Die Beklagte hat vorgetragen, der Kläger sei mit einem ihrer sechs Abteilungsleiter - den Mitgliedern des von ihm so bezeichneten „Führungskreises“ - wegen seiner hierarchisch deutlich höheren Stellung nicht vergleichbar.

57

bb) Dieses Vorbringen ist nach dem Inhalt des für die Befugnisse des Klägers weiterhin maßgebenden Geschäftsführervertrags, angesichts des Umstands, dass beide Parteien davon ausgingen, der Kläger solle das operative Geschäft der Beklagten weiterhin leiten, und des unwidersprochenen Vorbringens der Beklagten, sämtliche Mitarbeiter mit Ausnahme ihres kaufmännischen Leiters hätten an den Kläger berichtet, ohne Weiteres schlüssig und plausibel. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, es sei unter diesen Umständen Sache des Klägers gewesen darzulegen, weshalb er sich in hierarchischer Hinsicht in Wirklichkeit vom Kreis der übrigen Führungskräfte nicht unterschieden habe. Das Vorbringen des Klägers lässt stattdessen jede konkrete Beschreibung der Aufgaben und Tätigkeiten vermissen, die er selbst und die die von ihm als vergleichbar angesehenen Mitarbeitern tatsächlich wahrgenommen haben.

58

d) Ob auch Gründe im Verhalten des Klägers die Kündigung iSv. § 1 Abs. 2 KSchG bedingen, kann dahinstehen.

59

II. Die Kündigung vom 10. Januar 2012 ist nicht aus Gründen außerhalb des KSchG unwirksam.

60

1. Unwirksamkeitsgründe aus § 242 BGB, die nicht schon von § 1 KSchG erfasst wären, oder solche aus §§ 134, 138 BGB sind nicht ersichtlich.

61

2. Ebenso wenig sind die Voraussetzungen des § 612a BGB gegeben. Die Kündigung ist keine Reaktion der Beklagten darauf, dass der Kläger ihr gegenüber seine Rechte ausgeübt hätte. Einen solchen Zusammenhang hat das Landesarbeitsgericht zu Recht verneint. Es fehlt bereits an schlüssigem Vorbringen des Klägers.

62

III. Nach § 97 ZPO hat der Kläger die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Kreft    

        

    Niemann    

        

    Berger    

        

        

        

    Alex    

        

    Bartz    

                 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg - Kammern Mannheim - vom 12. März 2008 - 12 Sa 54/07 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Der Kläger macht die Unwirksamkeit einer ordentlichen, von der Beklagten auf betriebliche Gründe gestützten Kündigung geltend. Dabei streiten die Parteien vor allem über die Frage, ob bei Ausspruch der Kündigung eine hinreichend sichere Prognose für die von der Beklagten behauptete Betriebsstilllegung bestand, sowie über die Auslegung von § 18 Abs. 4 KSchG.

2

Der Kläger trat am 2. November 1993 als Maschinenbediener in die Dienste der Beklagten. Die Beklagte stellte in ihrem Betrieb in B mit angeschlossenem Betriebsteil in K Gummidichtungen für die Automobilindustrie her und beschäftigte zum Jahresende 2006 etwa 170 Arbeitnehmer.

3

Mit Schreiben vom 13. Juni 2006 unterrichtete die Beklagte den Betriebsrat über ihre Absicht, den gesamten Betrieb in B und K bis zum 30. Juni 2007 zu schließen und die Produktion teilweise nach H und teilweise nach Ungarn zu verlagern. In H betreibt die weltweit agierende Konzernmutter der Beklagten ein weiteres Unternehmen.

4

In der Folgezeit führte die Beklagte mit dem Betriebsrat zunächst freie, dann in einer Einigungsstelle förmliche Verhandlungen, die am 18. Oktober 2006 zum Abschluss eines Interessenausgleichs und eines Sozialplans führten. Gem. Ziff. 2.1 dieses Interessenausgleichs sollte die gesamte Produktion einschließlich der „Mischerei“ und der „Oberflächenbeschichtung“ schrittweise bis zum 30. Juni 2007 stillgelegt werden.

5

Mit Schreiben vom 15. November 2006 informierte die Beklagte den Betriebsrat über eine geplante Massenentlassungsanzeige gem. § 17 Abs. 2 KSchG. Der Betriebsrat nahm hierzu am 21. November 2006 Stellung.

6

Unter dem 27. November 2006 teilte die Beklagte der Agentur für Arbeit mit, sie beabsichtige am 29. und 30. November 2006 insgesamt 157 Arbeitnehmer zu entlassen, bat um Mitteilung des Beginns und des Endes der Sperrfrist und beantragte die Zustimmung zu deren Abkürzung.

7

Mit Schreiben vom 29. November 2006 sprach sie gegenüber dem Kläger und weiteren Arbeitnehmern die Kündigung zum 30. Juni 2007 aus.

8

Am 11. Dezember 2006 erteilte die Agentur für Arbeit der Beklagten einen Bescheid mit folgendem Wortlaut:

        

„1.

Die Entlassungssperre gemäß § 18 Abs. 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) beginnt für 157 Arbeitnehmer am 28.11.2006 und endet am 27.12.2006.

                 

Damit können die beabsichtigten Entlassungen gemäß Ihrer Anzeige vom 27.11.2006 erfolgen.

                 

Ihrem Antrag auf Verkürzung der Entlassungssperre wird nicht zugestimmt, da für diese Anzeige nach geltender Rechtslage eine Verkürzung der Entlassungssperre nicht erforderlich ist.

        

2.   

Unbeschadet der Entlassungssperre sind die gesetzlichen, tariflichen oder vertraglichen Kündigungsfristen einzuhalten. Reichen sie über die Entlassungssperre hinaus, so sind die Entlassungen erst nach Ablauf der Kündigungsfrist zulässig.

        

...“

        
9

Zum 1. Mai 2007 übertrug die Beklagte den Betriebsteil in K, in welchem die „Oberflächenbeschichtung“ durchgeführt wurde, auf ein Drittunternehmen. Zum 1. Juni 2007 wurde die Abteilung „Mischerei“ einschließlich der dazugehörigen Instandhaltung und Qualitätssicherung auf die H Schwestergesellschaft der Beklagten übertragen, die vorübergehend in der bisherigen Betriebsstätte in B weiterarbeiten ließ.

10

Der Kläger hält die Kündigung für sozial ungerechtfertigt. Die Beklagte sei im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung noch nicht fest entschlossen gewesen, den gesamten Betrieb zum 30. Juni 2007 zu schließen. Außerdem sei die Kündigung nach § 18 Abs. 4 KSchG unwirksam. Die Beklagte habe eine weitere Anzeige gegenüber der Agentur für Arbeit erstatten müssen, weil die Kündigungen zu einem weit nach Ende der Freifrist liegenden Termin hätten wirken sollen.

11

Der Kläger hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass sein Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 29. November 2006 nicht zum 30. Juni 2007 aufgelöst wurde.

12

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat behauptet, ihr Arbeitsdirektor und rechtsgeschäftlicher Vertreter ihrer Alleingesellschafterin habe gemeinsam mit ihrem Geschäftsführer und dem Chef der europäischen Sealing-Produktgruppe in Absprache mit dem Mutterkonzern die Entscheidung getroffen, den gesamten Produktionsbetrieb in B einschließlich der Verwaltung bis spätestens zum 30. Juni 2007 einzustellen. Diese unternehmerische Entscheidung habe sich sowohl im Informationsschreiben vom 13. Juni 2006, als auch in den beiden Betriebsvereinbarungen vom 18. Oktober 2006 widergespiegelt. Zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung habe sie noch nicht erwogen und auch noch nicht erkennen können, dass zu Beginn des Folgejahres zwei Betriebsteile, nämlich die „Mischerei“ und die „Oberflächenbeschichtung“ im Wege der Teilbetriebsübergänge weiter fortbestehen würden. Erstmals im Februar/März 2007 habe sie Verhandlungen mit dem Drittunternehmen aufgenommen. Die Entscheidung, die „Mischerei“ mit Wirkung vom 1. Juni 2007 durch das Schwesterunternehmen in H weiterführen zu lassen, sei erst in der zweiten Maihälfte 2007 getroffen worden. Die übrige Produktion sei, wie ursprünglich geplant, zum 30. Juni 2007 stillgelegt worden. Die Massenentlassungsanzeige sei ordnungsgemäß erstattet worden und habe auch nicht nach § 18 Abs. 4 KSchG wiederholt werden müssen.

13

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren im Rahmen des zuletzt gestellten Antrags weiter.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision hat keinen Erfolg. Die Klage ist unbegründet. Die Kündigung ist nicht sozialwidrig iSd. § 1 KSchG(I.) und verstößt auch nicht gegen § 18 Abs. 4 KSchG(II.).

15

I. Die Kündigung ist sozial gerechtfertigt, weil sie durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt ist, die einer Weiterbeschäftigung des Klägers entgegenstehen.

16

1. Maßgeblicher Zeitpunkt zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Kündigung ist der des Kündigungszugangs(BAG 21. April 2005 - 2 AZR 241/04 - BAGE 114, 258; 12. April 2002 - 2 AZR 256/01 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 120 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 118; KR/Griebeling 9. Aufl. § 1 KSchG Rn. 550). Grundsätzlich muss zu diesem Zeitpunkt der Kündigungsgrund - hier der Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit - vorliegen. Das Gestaltungsrecht Kündigung kann nur bei Vorliegen eines im Zeitpunkt der Kündigungserklärung vorhandenen Kündigungsgrundes rechtswirksam ausgeübt werden.

17

a) Dies hätte grundsätzlich zur Folge, dass betriebsbedingte Kündigungen erst möglich wären, wenn der Arbeitsplatz des Arbeitnehmers nicht mehr zur Verfügung stünde. Wegen der Zukunftsbezogenheit der Kündigung und aus Gründen der Praktikabilität hat das Bundesarbeitsgericht schon eine Absicht zur Betriebs- oder Abteilungsstilllegung ausnahmsweise als ein dringendes betriebliches Erfordernis iSv. § 1 Abs. 2 KSchG anerkannt, wenn die für den künftigen Wegfall der Beschäftigung des Arbeitnehmers maßgeblichen Entwicklungen bereits zum Kündigungszeitpunkt feststehen, insbesondere die unternehmerische Organisationsentscheidung bereits getroffen war und sie sich zum Ablauf der Kündigungsfrist realisiert. Danach kommt es in den Fällen, in denen zwar bei Zugang der Kündigung noch eine Möglichkeit der Beschäftigung besteht, aber die für den künftigen Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses maßgeblichen Entscheidungen bereits gefallen sind, darauf an, ob der Arbeitnehmer bis zum Kündigungstermin voraussichtlich entbehrt werden kann(vgl. BAG 12. April 2002 - 2 AZR 256/01 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 120 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 118).

18

b) Davon ist auszugehen, wenn im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung die auf Tatsachen gestützte, vernünftige betriebswirtschaftliche Prognose gerechtfertigt ist, dass zum Kündigungstermin mit einiger Sicherheit der Eintritt des die Entlassung erforderlich machenden betrieblichen Grundes vorliegen wird(st. Rspr. des Senats, vgl. zuletzt 13. Februar 2008 - 2 AZR 543/06 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 175; ebenso für den Entschluss zur Betriebsstilllegung: BAG 28. Mai 2009 - 8 AZR 273/08 - EzA KSchG § 17 Nr. 20). Dabei muss die der entsprechenden Prognose zugrunde liegende Entscheidung bereits zum Kündigungszeitpunkt endgültig getroffen worden sein und die Maßnahme, zB die Schließung des Betriebs oder der Betriebsabteilung, aus Sicht der Arbeitsvertragsparteien zum Kündigungszeitpunkt bereits feststehen und greifbare Formen angenommen haben (v. Hoyningen-Huene Anm. zu BAG 15. März 2001 - 2 AZR 705/99 - in AP BGB § 620 Bedingung Nr. 26). Ist dies nicht der Fall, kann eine zum Wegfall des Arbeitsplatzes und zur fehlenden Weiterbeschäftigungsmöglichkeit führende Prognose vor dem Ablauf der Kündigungsfrist nicht erfolgreich gestellt werden. Vielmehr entfällt die Grundlage für die Kündigung.

19

c) Deswegen ist eine Kündigung wegen Betriebsschließung nicht sozial gerechtfertigt, solange der Arbeitgeber den Stilllegungsbeschluss lediglich erwogen, aber noch nicht endgültig gefasst hat(BAG 12. April 2002 - 2 AZR 256/01 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 120 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 118; 10. Oktober 1996 - 2 AZR 477/95 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 81 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 87). Gleiches gilt, wenn der Arbeitgeber im Kündigungszeitpunkt noch in ernsthaften Verhandlungen über die Veräußerung des Betriebs oder der Betriebsabteilung steht oder sich um neue Aufträge bemüht. Dann liegt keine unbedingte und endgültige Stilllegungsabsicht vor (BAG 13. Februar 2008 - 2 AZR 543/06 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 175). Ebenso verhält es sich, wenn die vom Arbeitgeber im Kündigungszeitpunkt beabsichtigte Maßnahme in Wahrheit keine Stilllegung, sondern ein Betriebsübergang ist (BAG 28. Mai 2009 - 8 AZR 273/08 - EzA KSchG § 17 Nr. 20).

20

2. Von diesen Grundsätzen ist auch das Landesarbeitsgericht ausgegangen und hat sie in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise auf den Fall angewandt.

21

a) Entgegen der von der Revision vertretenen Auffassung hat das Landesarbeitsgericht sehr wohl einen ernstlichen und endgültigen Stilllegungsbeschluss gefordert. Anders ist nicht zu erklären, dass es den von der Beklagten benannten Zeugen M zu der Frage vernommen hat, welchen Inhalt die ihm lange vor der Kündigung mitgeteilte Entscheidung des bei der Beklagten so genannten CEO(Chief Executive Officer - Geschäftsführendes Vorstandsmitglied) zur Schließung des Betriebs hatte. Dem Berufungsgericht kam es darauf an, ob diese Entscheidung als endgültige und unbedingte gedacht war und auf die vollständige Stilllegung zielte.

22

b) Auch die Beweiswürdigung des Landesarbeitsgerichts ist entgegen der Auffassung der Revision nicht zu beanstanden. Sie ist weder widersprüchlich noch verstößt sie gegen Denkgesetze; sie lässt auch keine wesentlichen Gesichtspunkte außer Acht. Die Erklärungen des Zeugen waren eindeutig. Danach kamen Zweifel an der Zweckmäßigkeit der vollständigen Stilllegung zum 30. Juni 2007 erstmals etwa zwei Monate nach Ausspruch der Kündigung auf. Diese Zweifel ergaben sich nicht daraus, dass die Beklagte von ihren ursprünglichen betriebswirtschaftlichen Überlegungen abgerückt wäre. Vielmehr handelte es sich um neu aufgetretene Gesichtspunkte der Qualitätssicherung, also um technische Aspekte. Bis zur Kündigung und noch zwei Monate danach kreisten alle Gespräche und Maßnahmen - einschließlich des Interessenausgleichs, Sozialplans und Kündigungsausspruchs - um die endgültige Stilllegung des Betriebs. Hätte die Beklagte sich insoweit andere Möglichkeiten offenhalten wollen, so wären die genannten Gespräche mit dem Betriebsrat und die mit ihm vereinbarten Regelungen zum Teil überflüssig gewesen. Es ist entgegen der Auffassung des Klägers gut nachvollziehbar, wenn das Landesarbeitsgericht darauf hinweist, aus Sicht der Beklagten wäre es unverständlich gewesen, die Absicht einer vollständigen Betriebsschließung gewissermaßen vorzutäuschen, wenn sie in Wahrheit bereits eine Erhaltung von Arbeitsplätzen beabsichtigt oder auch nur erwogen hätte. In der Tat musste sie bei einer vollständigen Schließung und der Kündigung aller Arbeitnehmer mit höheren Ausgaben für einen Sozialplan rechnen und konnte überdies nicht sicher sein, die für die Weiterführung der Betriebsteile unentbehrlichen Arbeitnehmer nach erfolgter Kündigung wieder für sich gewinnen zu können.

23

II. Die Kündigung verstößt nicht gegen die Vorschriften über das Verfahren bei Massenentlassungen(§§ 17 ff. KSchG).

24

1. Der Bescheid der Bundesagentur für Arbeit vom 11. Dezember 2006 steht der Kündigung nicht entgegen. Die Revision beanstandet nicht die Auslegung, die das Landesarbeitsgericht dem Bescheid gegeben hat. Der Bescheid wollte der Beklagten offenkundig den Ausspruch der Kündigungen unmittelbar nach Erstattung der Anzeige(27. November 2006) und nicht etwa erst „nach Ablauf der Kündigungsfrist“ gestatten. Die Arbeitsverhältnisse durften nach dem - wohlverstandenen - Inhalt des Bescheids nach Erstattung der Anzeige gekündigt werden und frühestens mit Ablauf der verhängten Sperrfrist enden. Außerdem mussten - selbstverständlich - die jeweils anwendbaren Kündigungsfristen gewahrt bleiben.

25

2. Die Kündigung verstößt nicht gegen § 18 Abs. 4 KSchG.

26

a) Nach dieser Vorschrift bedarf es „unter den Voraussetzungen des § 17 Abs. 1“ einer erneuten Anzeige, soweit die Entlassungen nicht innerhalb von 90 Tagen nach dem Zeitpunkt, zu dem sie nach den Absätzen 1 und 2 zulässig sind, durchgeführt werden. Gemäß der in Bezug genommenen Vorschrift des § 17 Abs. 1 KSchG ist der Arbeitgeber verpflichtet, der Agentur für Arbeit Anzeige zu erstatten, bevor er in Betrieben mit in der Regel mehr als 20 und weniger als 60 Arbeitnehmern mehr als 5 Arbeitnehmer, in Betrieben mit in der Regel mindestens 60 und weniger als 500 Arbeitnehmern 10 vom Hundert der im Betrieb regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer oder aber mehr als 25 Arbeitnehmer und in Betrieben mit in der Regel mindestens 500 Arbeitnehmern mindestens 30 Arbeitnehmer innerhalb von 30 Kalendertagen entlässt.

27

Der Begriff „Entlassung“ in § 17 Abs. 1 KSchG bedeutet „Kündigung“ oder „Ausspruch der Kündigung“(Senat 23. März 2006 - 2 AZR 343/05 - Rn. 18, BAGE 117, 281). Die zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses führende einseitige Willenserklärung - nämlich die Kündigung - darf demnach erst ausgesprochen werden, nachdem der Arbeitgeber die Anzeige nach § 17 Abs. 1 KSchG bei der Agentur für Arbeit erstattet hat.

28

b) Welchen rechtlichen Gehalt § 18 Abs. 4 KSchG vor diesem Hintergrund hat, ist umstritten.

29

aa) Teilweise wird angenommen, § 18 Abs. 4 KSchG sei obsolet geworden. Die Vorschrift sei mit ihrem Verweis auf § 17 Abs. 1 KSchG nur verständlich, wenn man, wie vor der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 27. Januar 2005(- C-188/03 - [Junk], EuGHE I 2005, 885), unter „Entlassung“ iSd. § 17 Abs. 1 KSchG nicht die Kündigung, sondern die tatsächliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses verstehe. Ansonsten schreibe sie - ohne erkennbaren Sinn - die erneute Anzeige einer bereits angezeigten Kündigung vor. Die frühere Lesart wiederum sei ausgeschlossen (vgl. ErfK/Kiel 10. Aufl. § 18 KSchG Rn. 12; KR/Weigand 9. Aufl. § 18 KSchG Rn. 34; Kittner/Däubler/Zwanziger-Kittner/Deinert KSchR 7. Aufl. § 18 KSchG Rn. 17; MünchKommBGB/Hergenröder 5. Aufl. § 18 KSchG Rn. 17; Bauer/Krieger/Powietzka DB 2005, 445; Dornbusch/Wolff BB 2005, 887; ebenso: Bundesagentur für Arbeit Merkblatt 5 Anzeigepflichtige Entlassungen für Arbeitgeber Stand Juli 2005 unter 6.4).

30

bb) Einige Stimmen meinen, die Vorschrift müsse wie bisher angewandt werden; „Entlassung“ iSd. § 18 Abs. 4 KSchG bedeute nach wie vor die tatsächliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses(HWK/Molkenbur § 18 KSchG Rn. 13). Das Gesetz wolle im Interesse der besseren Unterrichtung der Bundesagentur den Arbeitgeber bei Kündigungen, die erst zu einem außerhalb der Freifrist liegenden Zeitpunkt wirksam werden, zu einer erneuten Anzeige verpflichten (Boeddinghaus ArbuR 2007, 374). Das sei durchaus sinnvoll, weil es bei langfristig geplanten und frühzeitig angezeigten Massenentlassungen neue Entwicklungen geben könne, die für die Arbeitsagentur von Interesse sein könnten (ähnlich v. Hoyningen-Huene/Linck KSchG 14. Aufl. § 18 KSchG Rn. 23, 24).

31

cc) Das Landesarbeitsgericht hat die Auffassung vertreten, der sich nach dem Wortlaut des § 18 Abs. 4 KSchG ergebende Anwendungsbereich müsse teleologisch reduziert werden. Eine erneute Anzeige sei deshalb immer dann überflüssig, wenn der Bundesagentur lediglich die ihr schon bekannten Tatsachen mitgeteilt werden könnten. Im Streitfall hätten sich zwar nach Erstattung der ersten Anzeige zwei Teilbetriebsübergänge ergeben. Dadurch habe sich aber die Zahl der Entlassungen nicht erhöht.

32

dd) Indes führt bereits der Wortlaut von § 18 Abs. 4 KSchG zu dem Ergebnis, dass im Streitfall keine erneute Anzeige zu erfolgen hatte. Dabei kann offenbleiben, ob die dort gebrauchten Ausdrücke „Entlassung“ und „Durchführung der Entlassung“ die Kündigungserklärungen meint oder - wie früher selbstverständlich - die tatsächliche Beendigung. Freilich weist die Wendung „Durchführung der Entlassung“ eher darauf hin, es müsse die Kündigungserklärung gemeint sein(vgl. BAG 6. November 2008 - 2 AZR 935/07 - Rn. 29, AP KSchG 1969 § 18 Nr. 4 = EzA KSchG § 18 Nr. 1). Einer erneuten Anzeige bedarf es nach § 18 Abs. 4 KSchG schon deshalb nicht, weil die Tatbestandsvoraussetzungen der Norm nicht gegeben sind. Die erneute Anzeige ist nach dem Gesetz nur „unter den Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 KSchG“ notwendig. Die „Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 KSchG“ wiederum liegen hier offensichtlich nicht vor. Zu diesen gehört, dass der Arbeitgeber den Ausspruch einer Massenkündigung beabsichtigt. Nur wenn er entsprechende Willenserklärungen abgeben will, bedarf es der Anzeige nach § 17 Abs. 1 KSchG. Daran fehlt es hier. Die Beklagte beabsichtigte nach Ablauf der Freifrist nicht mehr den Ausspruch von Kündigungen. Dafür bestand kein Anlass, da sie bereits gekündigt hatte. Ein anderes Verständnis der gesetzlichen Anordnung in § 18 Abs. 4 KSchG würde den Arbeitgeber zum erneuten Ausspruch einer Kündigung zwingen, was die Bestimmung erkennbar nicht beabsichtigt. Es käme ansonsten bei Kündigungsfristen, die länger als die Freifrist sind, zu einer unendlichen Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses.

33

ee) Bei diesem Normverständnis bleibt für § 18 Abs. 4 KSchG ein zum System der §§ 17 ff. KSchG gut passender Anwendungsbereich. Der Arbeitgeber muss nämlich - nach Ablauf der Freifrist - dann eine erneute Anzeige erstatten, wenn er von der Möglichkeit des Ausspruchs der Kündigung - bis dahin - keinen Gebrauch gemacht hat(im Ergebnis ebenso: APS/Moll 3. Aufl. § 18 KSchG Rn. 38; HaKo/Pfeiffer 3. Aufl. § 18 KSchG Rn. 19; wohl auch BeckOK/Volkening Stand September 2009 KSchG § 18 Rn. 16; ähnlich schon Senat 6. November 2008 - 2 AZR 935/07 - Rn. 29, AP KSchG 1969 § 18 Nr. 4 = EzA KSchG § 18 Nr. 1). Auf diese Weise werden „Vorratsanzeigen“ verhindert, die dem Zweck des Gesetzes zuwiderliefen, die Agentur für Arbeit über das tatsächliche Ausmaß der Beendigungen von Arbeitsverhältnissen ins Bild zu setzen.

34

ff) Nicht beizutreten vermag der Senat der vom Kläger befürworteten Auffassung, das Wort „Entlassung“ in § 17 Abs. 1 KSchG müsse, soweit die Vorschrift unmittelbar Anwendung finde, als „Kündigungserklärung“ verstanden werden, soweit § 17 Abs. 1 KSchG jedoch aufgrund der Verweisung in § 18 Abs. 4 KSchG anwendbar sei, bedeute es die „tatsächliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses“. Dies hieße dasselbe Wort in derselben Vorschrift mit zwei einander widersprechenden Inhalten auszustatten, was mit einer willkürfreien Gesetzesauslegung umso weniger in Einklang zu bringen wäre, als es zu kaum noch als sinnbehaftet bewertbaren Ergebnissen führen müsste.

35

III. Die Kosten der Revision fallen dem Kläger nach § 97 Abs. 1 ZPO zur Last.

        

    Kreft    

        

    Berger    

        

    Schmitz-Scholemann    

        

        

        

    K. Schierle    

        

    Dr. Roeckl    

                 

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Thüringer Landesarbeitsgerichts vom 27. September 2012 - 2 Sa 408/11 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung.

2

Die Beklagte betreibt unter einheitlicher Leitung mehrere Pflegeheime, Kindergärten, Kinder- und Jugendheime, ein Wohnheim und eine Schule. Der 1973 geborene Kläger war bei ihr seit 1. April 2007 als Hausmeister „für den Bereich Seniorenresidenz T mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden“ angestellt. In ihren Einrichtungen beschäftigt die Beklagte regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer. Aufgrund vertraglicher Bezugnahme findet auf das Arbeitsverhältnis der Parteien „der jeweils für den Arbeitgeber geltende Tarifvertrag“ Anwendung. Dies sei, wie es im Arbeitsvertrag heißt, der zwischen dem Arbeitgeberverband der Arbeiterwohlfahrt Thüringen e. V. und dem DHV (Deutscher Handels- und Industrieangestellten-Verband; mittlerweile: DHV - Die Berufsgewerkschaft e. V.) (TV-AWO Thüringen) abgeschlossene Tarifvertrag vom 1. Januar 2006.

3

Die Beklagte holte im März 2011 bei verschiedenen Drittfirmen Angebote über eine selbständige Erledigung der Hausmeisterdienste im Seniorenheim T ein. Mit Schreiben vom 29. Juni 2011 kündigte sie das Arbeitsverhältnis der Parteien ordentlich zum 31. Dezember 2011. Im September 2011 vergab sie die Tätigkeit zu einem festen Bruttopreis an einen der ursprünglichen Anbieter. Reparaturen und sonstige Arbeiten sollten ggf. nach besonderer Vereinbarung vergütet werden.

4

Der Kläger hat sich mit der vorliegenden Klage fristgerecht gegen die Kündigung gewandt. Er hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei sozial ungerechtfertigt. Die Beklagte habe im Kündigungszeitpunkt allenfalls die vage Absicht gehabt, ein fremdes Unternehmen mit den Hausmeisterdiensten zu beauftragen. Ein Konzept, wie die betrieblichen Abläufe zukünftig gestaltet werden sollten, habe sie zu der Zeit noch nicht entwickelt. Im Übrigen sei die behauptete unternehmerische Entscheidung nicht von einem ordnungsgemäßen Beschluss ihrer Gesellschafter gedeckt. Die soziale Auswahl sei fehlerhaft. Er sei mit den in anderen Einrichtungen tätigen Hausmeistern vergleichbar und zumindest gegenüber einem der fraglichen Mitarbeiter sozial schutzbedürftiger. Bei der Auswahl habe die Beklagte Vorbeschäftigungszeiten, die er seit dem 1. April 1998 erbracht habe, berücksichtigen müssen. Die Kündigung sei auch deshalb unwirksam, weil der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß angehört worden sei. Zudem sei die maßgebende - tarifliche - Kündigungsfrist bei richtiger Berechnung seiner Beschäftigungsdauer nicht eingehalten.

5

Der Kläger hat - soweit noch von Bedeutung - beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die ordentliche Kündigung vom 29. Juni 2011 nicht aufgelöst worden ist und über den Ablauf der Kündigungsfrist hinaus fortbesteht;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, ihn über den Ablauf der Kündigungsfrist bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung als Hausmeister weiter zu beschäftigen.

6

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat geltend gemacht, ihr Geschäftsführer habe in der 24. Kalenderwoche des Jahres 2011 auf der Grundlage dreier Angebote beschlossen, ab dem 1. Januar 2012 ein fremdes Unternehmen mit der Erledigung der bisher dem Kläger übertragenen Dienste zu beauftragen. Die Entscheidung, die zum fraglichen Termin auch tatsächlich umgesetzt worden sei, trage einem bestehenden Kostendruck Rechnung und sei weder unsachlich, noch unvernünftig oder willkürlich. Unschädlich sei, dass der Vertrag mit dem betrauten Unternehmen erst im Herbst 2011 geschlossen worden sei und inhaltlich in einzelnen Punkten von dessen ursprünglichem Angebot abweiche. Einer sozialen Auswahl habe es nicht bedurft. Der Kläger sei schon wegen der vertraglichen Festlegung seines Arbeitsorts auf T mit anderen Hausmeistern nicht vergleichbar. Zudem handele es sich bei jenen Arbeitnehmern um Vollzeitkräfte, die, anders als der Kläger, zusätzliche Tätigkeiten schuldeten. Selbst wenn der Kläger mit den Vollzeitkräften vergleichbar sein sollte, sei die soziale Auswahl im Ergebnis nicht zu beanstanden. Den Betriebsrat habe sie am 21. Juni 2011 - mündlich - ordnungsgemäß unterrichtet.

7

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren weiter, die Klage abzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

9

I. Das Landesarbeitsgericht hat den Feststellungsantrag - unausgesprochen - als einheitlichen Antrag nach § 4 Satz 1 KSchG ausgelegt und als solchen für zulässig gehalten. Diese Würdigung begegnet keinen Bedenken.

10

II. Mit der bisherigen Begründung durfte das Landesarbeitsgericht nicht annehmen, die Kündigung sei sozial ungerechtfertigt iSv. § 1 Abs. 1, Abs. 2 KSchG.

11

1. Das Kündigungsschutzgesetz findet auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung. Dieses bestand bei Zugang der Kündigung länger als sechs Monate (§ 1 Abs. 1 KSchG). Der betriebliche Geltungsbereich des Gesetzes ist nach § 23 Abs. 1 KSchG eröffnet.

12

2. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Beklagte habe ein dringendes betriebliches Erfordernis zur Kündigung iSv. § 1 Abs. 2 KSchG nicht schlüssig aufgezeigt. Ihrem Vorbringen sei nicht zu entnehmen, dass im maßgebenden Kündigungszeitpunkt eine Entscheidung zur Fremdvergabe der Hausmeisterdienste schon getroffen gewesen sei. Jedenfalls habe „eine ‚greifbare‘ Form der Entscheidung“ im Kündigungszeitpunkt „noch nicht vor[gelegen]“. Die bei den Drittfirmen eingeholten Angebote hätten rein informativen Zwecken gedient. In konkrete Verhandlungen sei die Beklagte erst längere Zeit nach Zugang der Kündigung eingetreten.

13

3. Diese Beurteilung hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Das Landesarbeitsgericht hat, soweit es nicht den Rechtsbegriff des „dringenden betrieblichen Erfordernisses“ verkannt hat, an die Darlegung des behaupteten Kündigungsgrundes überzogene Anforderungen gestellt. Dies rügt die Beklagte mit Recht.

14

a) Dringende betriebliche Erfordernisse iSv. § 1 Abs. 2 KSchG liegen vor, wenn die Umsetzung einer unternehmerischen (Organisations-)Entscheidung auf der betrieblichen Ebene spätestens mit Ablauf der Kündigungsfrist zu einem voraussichtlich dauerhaften Wegfall des Bedarfs an einer Beschäftigung des betroffenen Arbeitnehmers führt. Diese Prognose muss schon im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung objektiv berechtigt sein (BAG 31. Juli 2014 - 2 AZR 422/13 - Rn. 31; 23. Februar 2010 - 2 AZR 268/08 - Rn. 17, BAGE 133, 240).

15

aa) Ein dringendes „betriebliches“ Erfordernis, das einer Weiterbeschäftigung entgegensteht, ist gegeben, wenn die Arbeitskraft des Arbeitnehmers im Betrieb nicht mehr gefordert ist. Der Arbeitgeber ist grundsätzlich nicht gehalten, nicht mehr benötigte Arbeitsplätze und Arbeitskräfte weiterhin zu besetzen bzw. zu beschäftigen. Dabei kommt es de lege lata nicht darauf an, ob die dem Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses zugrunde liegende unternehmerische (Organisations-)Entscheidung ihrerseits - etwa aus wirtschaftlichen Gründen - „dringend“ war oder die Existenz des Unternehmens auch ohne sie nicht gefährdet gewesen wäre (BAG 20. Juni 2013 - 2 AZR 379/12 - Rn. 20, BAGE 145, 265). In diesem Sinne ist die unternehmerische Entscheidung zur Umorganisation bis zur Grenze der offensichtlichen Unsachlichkeit, Unvernunft oder Willkür frei. Für eine beschlossene und tatsächlich durchgeführte unternehmerische Organisationsentscheidung spricht dabei die Vermutung, dass sie aus sachlichen - nicht zuletzt wirtschaftlichen - Gründen getroffen wurde und nicht auf Rechtsmissbrauch beruht (BAG 31. Juli 2014 - 2 AZR 422/13 - Rn. 31; 20. Juni 2013 - 2 AZR 379/12 - aaO mwN).

16

bb) Hängt der Wegfall des Beschäftigungsbedarfs von einer solchen unternehmerisch-organisatorischen Maßnahme des Arbeitgebers ab, braucht diese bei Kündigungszugang noch nicht tatsächlich umgesetzt zu sein. Es genügt, dass sie sich konkret und greifbar abzeichnet. Dazu müssen - soweit die Kündigung ihren Grund in einer Änderung der betrieblichen Organisation hat - zumindest die Absicht und der Wille des Arbeitgebers, die fraglichen Maßnahmen vorzunehmen, schon vorhanden und abschließend gebildet worden sein. Andernfalls lässt sich im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung - auf den es dafür unverzichtbar ankommt - nicht hinreichend sicher prognostizieren, es werde bis zum Ablauf der Kündigungsfrist tatsächlich zum Wegfall des Beschäftigungsbedarfs kommen (BAG 31. Juli 2014 - 2 AZR 422/13 - Rn. 34; 20. Februar 2014 - 2 AZR 346/12 - Rn. 18; 23. Februar 2010 - 2 AZR 268/08 - Rn. 18, BAGE 133, 240).

17

b) Da der Arbeitgeber gemäß § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG die Tatsachen zu beweisen hat, die die Kündigung bedingen, hat er die tatsächlichen Grundlagen für die Berechtigung der Prognose, bis spätestens zum Ablauf der Kündigungsfrist werde ein Beschäftigungsbedarf entfallen sein, von sich aus schlüssig vorzutragen. Zu diesen Tatsachen gehört der schon bei Kündigungszugang getroffene endgültige Entschluss zur Vornahme einer Maßnahme, die zu einem solchen Wegfall führen werde. Wie substantiiert der Vortrag zu erfolgen hat, hängt von der Einlassung des Arbeitnehmers ab. Zunächst genügt es, wenn der Arbeitgeber - zumindest konkludent - behauptet, er habe seine entsprechende Entscheidung schon vor Zugang der Kündigung getroffen. Wenn der Arbeitnehmer dies mit - in der Regel zunächst ausreichendem - Nichtwissen bestreitet, wird der Arbeitgeber nähere tatsächliche Einzelheiten darlegen müssen, aus denen unmittelbar oder mittelbar geschlossen werden kann, er habe die entsprechende Absicht bereits im Kündigungszeitpunkt endgültig gehabt. Geht es dabei um den inneren Zustand einer einzelnen Person, wird sich das Gericht die Überzeugung von der Wahrheit der Behauptung - wie stets - nach § 286 ZPO bilden müssen. Soweit sich die innere Tatsache nach außen manifestiert hat, wird es ggf. Beweis über die Indiztatsachen erheben und diese würdigen müssen. Fehlt es an einer entsprechenden Offenbarung der unternehmerischen Entscheidung, wird es auf die genaue Darlegung des inneren Willensbildungsprozesses der betreffenden Person, die Schlüssigkeit ihrer Angaben und ihre Glaubwürdigkeit ankommen (vgl. BAG 31. Juli 2014 - 2 AZR 422/13 - Rn. 36).

18

c) Danach hat die Beklagte einen die Kündigung rechtfertigenden Grund schlüssig aufgezeigt.

19

aa) Sie hat vorgebracht, ihr Geschäftsführer habe nach Einholung dreier Angebote in der 24. Kalenderwoche - dh. in der Zeit zwischen dem 13. und 19. Juni 2011 - entschieden, die bisher dem Kläger übertragenen Hausmeisterdienste ab dem 1. Januar 2012 durch einen externen Dienstleister erledigen zu lassen. Seinen Entschluss habe er am 20. Juni 2011 dem Personalleiter und der Heimleiterin des Seniorenheims in einer Dienstberatung mitgeteilt. Am Folgetag habe er die Vorsitzende des Betriebsrats von der Entscheidung unterrichtet und dabei eines der Angebote vorgelegt.

20

bb) Bereits die Offenbarung der fraglichen Entscheidung gegenüber Dritten spricht - als wahr unterstellt - in hohem Maße dafür, dass der Geschäftsführer den Entschluss zur Fremdvergabe bereits bei Kündigungszugang gefasst hatte. Die gegenteilige Würdigung des Landesarbeitsgerichts wird dem Indizwert der betreffenden äußeren Umstände nicht gerecht. Jedenfalls durfte es nicht weitergehende Darlegungen zur inneren Willensbildung verlangen, ohne sich zuvor von der Wahrheit oder Unwahrheit der behaupteten Mitteilungen überzeugt zu haben. Ebenso wenig bedurfte es weitergehender Darlegungen zu den Überlegungen und Beweggründen, auf denen die Entscheidung beruhen soll, um ihr Vorliegen plausibel zu machen. Im Übrigen hat die Beklagte ihre Erwägungen durchaus offengelegt, soweit sie auf eine Kosteneinsparung und darauf verwiesen hat, zukünftig Hausmeisterdienste flexibler abrufen zu können.

21

cc) Besondere Umstände, die geeignet wären, die indizielle Wirkung der in Rede stehenden Tatsachen zu entkräften oder abzuschwächen, sind nicht festgestellt. Die Beklagte hat zwar nicht anzugeben vermocht, an welchem genauen Tag ihr Geschäftsführer die Entscheidung zur Fremdvergabe der Hausmeisterdienste getroffen habe. Das schließt die Möglichkeit, er habe den entsprechenden Willen schon vor Zugang der Kündigung gefasst, aber nicht aus. Da die unternehmerische Entscheidung keinem Formzwang unterliegt (vgl. BAG 31. Juli 2014 - 2 AZR 422/13 - Rn. 35; 7. Juli 2005 - 2 AZR 399/04 - zu II 4 d dd der Gründe), widerspricht auch das Fehlen einer Verschriftung dieser Annahme nicht. Soweit das Landesarbeitsgericht gemeint hat, die „Entscheidung [habe] zeitlich mit einem gewissen Abstand vor … der Kündigung und Anhörung des Betriebsrats zu erfolgen“, bleibt unklar, was es damit ausdrücken will. Nach dem Vortrag der Beklagten fielen die behauptete Organisationsentscheidung und die Kündigung keineswegs zusammen.

22

dd) Es kann dahinstehen, ob eine Entscheidung über die Fremdvergabe von Hausmeisterdiensten - wie der Kläger gemeint hat - intern den Gesellschaftern der Beklagten vorbehalten und ob sie von einem wirksamen Beschluss der Gesellschafterversammlung getragen war. Darauf kommt es kündigungsrechtlich nicht an. Bei einer juristischen Person genügt es, dass derjenige, der dazu die tatsächliche Macht hat, die betreffende Entscheidung endgültig und vorbehaltlos getroffen hat (vgl. BAG 31. Juli 2014 - 2 AZR 422/13 - Rn. 35; 5. April 2001 - 2 AZR 696/99 - zu II 3 der Gründe). Diese Voraussetzung ist im Streitfall nach den Darlegungen der Beklagten bezogen auf die Entscheidung ihres Geschäftsführers erfüllt.

23

ee) Die in Rede stehende Maßnahme - die Fremdvergabe der Hausmeisterdienste - hatte damit im Kündigungszeitpunkt - die tatsächlichen Behauptungen der Beklagten als wahr unterstellt - „greifbare Formen“ angenommen. Die gegenteilige Würdigung des Landesarbeitsgerichts wird dem prognostischen Anteil des Kündigungsgrundes nicht gerecht.

24

(1) Die Beklagte hatte endgültig und ernsthaft beschlossen, die fragliche organisatorische Änderung durchzuführen. Es war nicht erforderlich, dass sie vor Zugang der Kündigung mit der Verwirklichung ihrer Entscheidung bereits begonnen hätte (vgl. BAG 10. Oktober 1996 - 2 AZR 651/95 - zu II 1 der Gründe; 19. Juni 1991 - 2 AZR 127/91 - zu II 2 b der Gründe). Das betrifft nicht nur deren unmittelbare Umsetzung. Auch vorbereitende Maßnahmen - etwa den Vertragsschluss mit dem Drittunternehmen - musste sie noch nicht ergriffen haben. Es genügte, dass sie berechtigterweise annehmen durfte, die laufende Kündigungsfrist biete ihr hierfür ausreichend Zeit.

25

(2) Das war hier der Fall. Die Beklagte hatte nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts bereits im März 2011 Angebote von Dienstleistern angefordert. Auch wenn dies zunächst der Markterkundung gedient haben mag, so konnte sie doch aufgrund des Ergebnisses ihrer Anfragen hinreichend sicher annehmen, sie werde rechtzeitig einen geeigneten Dienstleister finden. Anderes gälte allenfalls dann, wenn der Geschäftsführer die Durchführung der Maßnahme von weiteren, unwägbaren Voraussetzungen, etwa davon abhängig gemacht hätte, die Aufgaben zu günstigeren Konditionen vergeben zu können als angeboten. Davon geht das Landesarbeitsgericht aber nicht aus. Der Umstand, dass der im Herbst 2011 mit dem Dienstleister geschlossene Vertrag gegenüber dem ursprünglichen Angebot bestimmte Modifikationen enthält, bietet für einen solchen Vorbehalt keinen hinreichenden Anhaltspunkt.

26

ff) Der Entschluss zur Fremdvergabe der Hausmeisterdienste war geeignet, den Bedarf an einer Beschäftigung des Klägers zum Ende des Jahres 2011 in Wegfall zu bringen. Zwar waren Hausmeistertätigkeiten in der vom Kläger betreuten Einrichtung auch fortan zu erledigen. Sie sollten aber nicht mehr von eigenen Arbeitskräften der Beklagten ausgeführt, sondern von einem anderen Unternehmen - mit dessen Arbeitskräften - selbständig erledigt werden. Eine derartige Organisationsentscheidung ist rechtlich grundsätzlich nicht zu beanstanden. Das gilt auch dann, wenn sie - anders als von der Beklagten erwartet - nicht mit einer Ersparnis von Kosten verbunden gewesen sein sollte.

27

(1) Die Gestaltung des Betriebs, die Antwort auf die Frage, ob und in welcher Weise sich der Arbeitgeber wirtschaftlich betätigen will, sind Bestandteil der durch Art. 12, Art. 14 und Art. 2 Abs. 1 GG geschützten unternehmerischen Freiheit. Zu dieser gehört das Recht, das Unternehmen aufzugeben, darüber zu entscheiden, welche Größenordnung es haben soll, und festzulegen, ob bestimmte Arbeiten weiter im eigenen Betrieb ausgeführt oder an Drittunternehmen vergeben werden sollen (BAG 20. Juni 2013 - 2 AZR 380/12 - Rn. 21; 22. November 2012 - 2 AZR 673/11 - Rn. 17). Das Kündigungsschutzgesetz schreibt nicht eine bestimmte rechtliche und organisatorische Form der Erledigung anfallender Aufgaben fest (BAG 23. April 2008 - 2 AZR 1110/06 - Rn. 19).

28

(2) Der Arbeitgeber ist - bis zur Grenze der Willkür - nicht gehindert, auch wirtschaftlich nicht zwingend notwendige Organisationsentscheidungen zu treffen (BAG 20. Juni 2013 - 2 AZR 380/12 - Rn. 20). Es ist nicht Sache der Gerichte, ihm eine „bessere“ oder „richtigere“ betriebliche Organisation vorzuschreiben (BAG 29. August 2013 - 2 AZR 809/12 - Rn. 17 mwN, BAGE 146, 37). Im Fall der Fremdvergabe kommt es deshalb grundsätzlich nicht darauf an, ob durch die Beauftragung des Drittunternehmens tatsächlich Kosten gespart werden (vgl. BAG 31. Mai 2007 - 2 AZR 306/06 - Rn. 23, BAGE 123, 20).

29

(3) Die in Rede stehende Entscheidung lässt keine sachfremden Erwägungen erkennen. Sie ist nicht etwa deshalb unsachlich, weil die Beklagte in anderen Einrichtungen weiterhin eigene Arbeitskräfte als Hausmeister beschäftigt. Zum einen ist nicht erkennbar, dass dies durchgängig der Fall wäre. Zum anderen steht es dem Arbeitgeber frei, verschiedene Betriebsstätten unterschiedlich zu organisieren.

30

III. Der Rechtsstreit ist nicht entscheidungsreif. Der Senat kann nicht abschließend beurteilen, ob die Kündigung vom 29. Juni 2011 wirksam ist. Es fehlt an erforderlichen Feststellungen. Die Sache war deshalb an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen.

31

1. Es steht nicht fest, ob die Kündigung durch Gründe iSv. § 1 Abs. 2 KSchG bedingt ist. Das Landesarbeitsgericht hat das Vorbringen der Beklagten zum Vorliegen dringender betrieblicher Erfordernisse rechtsfehlerhaft als unschlüssig angesehen und sich - von seinem Standpunkt aus konsequent - kein Urteil darüber gebildet, ob deren tatsächliche Behauptungen für wahr zu erachten sind (§ 286 ZPO). Dies hat es nachzuholen.

32

a) Allerdings kann bezweifelt werden, ob der Kläger die Ausführungen der Beklagten gemäß § 138 ZPO ausreichend bestritten hat. Er ist deren Vortrag vornehmlich mit Rechtsausführungen entgegengetreten, die sich als nicht durchgreifend erwiesen haben. In tatsächlicher Hinsicht hat er sich darauf beschränkt, das Zustandekommen einer unternehmerischen Entscheidung im Kündigungszeitpunkt „einfach“ zu bestreiten. Nachdem die Beklagte ihre betreffenden Behauptungen durch Hinweis auf die Dienstberatung vom 20. Juni 2011 und dort gefallene Äußerungen ihres Geschäftsführers konkretisiert hatte, wäre es Sache des Klägers gewesen, die ergänzenden Ausführungen „spezifisch“, sei es durch substantiierten Gegenvortrag (§ 138 Abs. 2 ZPO), sei es mit Nichtwissen (§ 138 Abs. 4 ZPO) zu bestreiten. Das ist, soweit ersichtlich, nicht geschehen.

33

b) Die abschließende Würdigung ist zunächst dem Landesarbeitsgericht vorbehalten. Zum einen mag der Kläger die Notwendigkeit einer Konkretisierung seines Bestreitens nicht erkannt haben, weil beide Vorinstanzen von der Unschlüssigkeit des Vortrags der Beklagten ausgegangen sind. Zum anderen unterliegen die in Rede stehenden Indiztatsachen, selbst wenn sie als zugestanden anzusehen wären, einer abschließenden Würdigung gemäß § 286 ZPO, die Aufgabe des Tatsachengerichts ist.

34

2. Der Senat kann nicht beurteilen, ob die Kündigung allemal deshalb sozial ungerechtfertigt ist, weil die Beklagte soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat (§ 1 Abs. 1, Abs. 3 KSchG).

35

a) Dem bisherigen aus dem Berufungsurteil ersichtlichen Parteivorbringen ist nicht zu entnehmen, dass es eines sozialen Vergleichs mit Hausmeistern, die an anderen Standorten beschäftigt sind und die in einem Arbeitsverhältnis zur Beklagten stehen, nicht bedurft hätte.

36

aa) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die fraglichen Einrichtungen der Beklagten bildeten einen einheitlichen Betrieb im kündigungsschutzrechtlichen Sinne. Dagegen erhebt die Beklagte keine Einwände. Ein Rechtsfehler ist nicht erkennbar.

37

bb) Das Vorbringen der Beklagten berechtigt nicht zu der Annahme, der Tätigkeitsbereich des Klägers sei vertraglich auf das Seniorenheim T eingegrenzt (zu den Folgen einer solchen Beschränkung für die Sozialauswahl vgl. BAG 17. September 1998 - 2 AZR 725/97 - zu II 2 c der Gründe).

38

(1) Dem Arbeitsverhältnis der Parteien liegen die Vereinbarungen im Arbeitsvertrag vom 27. Februar 2007 zugrunde. Dem äußeren Erscheinungsbild nach handelt es sich um einen Formularvertrag, auf den die Vorschriften über Allgemeine Geschäftsbedingungen nach §§ 305 ff. BGB zur Anwendung kommen. Die Auslegung solcher Vertragsbedingungen kann das Revisionsgericht selbst vornehmen (BAG 12. September 2013 - 6 AZR 512/12 - Rn. 21; 15. Juni 2010 - 3 AZR 994/06 - Rn. 24; jeweils mwN).

39

(2) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden. Dabei sind nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der konkreten Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist der Wortlaut nicht eindeutig, kommt es auf das typische Verständnis redlicher Vertragspartner an (BAG 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - Rn. 14). Von Bedeutung sind ferner der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck und die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten (BAG 26. September 2012 - 10 AZR 311/11 - Rn. 17).

40

(3) Ist im Arbeitsvertrag zwar der Ort der Arbeitsleistung bestimmt, ist aber zugleich die Möglichkeit eines Einsatzes auch in anderen Betrieben des Unternehmens vorgesehen, verhindert dies regelmäßig die Beschränkung der Arbeitspflicht auf den im Vertrag genannten Arbeitsort (BAG 28. August 2013 - 10 AZR 569/12 - Rn. 20; 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 15). Insoweit macht es keinen Unterschied, ob im Arbeitsvertrag auf eine Festlegung des Orts der Arbeitsleistung verzichtet und diese dem Arbeitgeber im Rahmen von § 106 GewO vorbehalten bleibt oder ob der Ort der Arbeitsleistung bestimmt, aber die Möglichkeit der Zuweisung eines anderen Orts vereinbart wird. Dadurch wird lediglich klargestellt, dass § 106 Satz 1 GewO gelten und eine Befugnis zur Versetzung an andere Arbeitsorte bestehen soll.

41

(4) Danach kann auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen nicht angenommen werden, die Parteien hätten den Einsatzort des Klägers vertraglich festgelegt.

42

(a) Zwar heißt es unter § 1 des Arbeitsvertrags, „der Arbeitnehmer“ werde „als Hausmeister für den Bereich Seniorenresidenz T … unbefristet eingestellt“. Eine solche Klausel kann - wenn nichts anderes geregelt ist - durchaus für eine entsprechende Festschreibung des Arbeitsorts sprechen (vgl. BAG 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 20).

43

(b) Gegen eine dauerhafte Festlegung spricht jedoch die im Arbeitsvertrag enthaltene Bezugnahme auf den „jeweils für den Arbeitgeber geltende(n) Tarifvertrag“, weil dieser Bestimmungen zur Versetzungsmöglichkeit enthält.

44

(aa) Das Arbeitsgericht hat im Rahmen seiner Feststellungen, die sich das Landesarbeitsgericht zu eigen gemacht hat, angenommen, aufgrund der Bezugnahmeklausel finde auf das Arbeitsverhältnis der Parteien der zwischen dem Arbeitgeberverband der Arbeiterwohlfahrt Thüringen e. V. und der DHV geschlossene Tarifvertrag Anwendung. Das entspricht offenbar dem übereinstimmenden Verständnis beider Parteien. Die Würdigung ist rechtlich möglich. Selbst wenn der Tarifvertrag mangels Tarifzuständigkeit der DHV „fehlerhaft“ sein sollte (zur Problematik vgl. BAG 11. Juni 2013 - 1 ABR 32/12 - BAGE 145, 211), führte dies nicht dazu, dass die Bezugnahme unwirksam wäre oder ins Leere ginge. Die Arbeitsvertragsparteien können grundsätzlich auch auf fehlerhafte Tarifverträge verweisen (BAG 22. Januar 2002 - 9 AZR 601/00 - zu A I 2 b der Gründe mwN, BAGE 100, 189).

45

(bb) Unter § 16 Abs. 1 des TV-AWO Thüringen vom 1. Januar 2010 heißt es: „Der Arbeitnehmer ist im Rahmen seiner arbeitsvertraglich vereinbarten Tätigkeit in jedem/r Betrieb, Betriebsteil oder Einrichtung des Arbeitgebers vorübergehend oder auf Dauer einsetzbar.“ Ist die Regelung wirksam in den Arbeitsvertrag einbezogen worden, hat sie die Wirkung eines vertraglichen Versetzungsvorbehalts. Auf diese Weise wäre - zumal Sinn und Zweck der Verweisung laut Arbeitsvertrag die „Gleichstellung der Arbeitnehmer und Vereinheitlichung der arbeitsvertraglichen Regelungen“ sein sollte - hinreichend klargestellt, dass die vertragliche Bestimmung des Einsatzorts mit „Seniorenresidenz T“ lediglich die erstmalige Ausübung des entsprechenden Weisungsrechts darstellte.

46

(cc) Auch wenn die tarifliche Versetzungsregelung nicht wirksam Vertragsbestandteil geworden sein sollte, kann die Vereinbarung zum „Tätigkeitsbereich“ nicht anders verstanden werden. Der Kläger musste angesichts des beabsichtigten Einbezugs der tariflichen Bestimmung annehmen, dass die Beklagte nicht den Willen hatte, sich ihrer Weisungsrechte aus § 106 GewO zu begeben.

47

cc) Das bisherige Vorbringen berechtigt nicht zu der Annahme, die anderen Hausmeister seien deshalb mit dem Kläger nicht vergleichbar, weil sie - anders als er - mit vollem Stundendeputat beschäftigt sind.

48

(1) Eine Sozialauswahl zwischen Arbeitnehmern in Teilzeit und solchen, die in Vollzeit beschäftigt sind, kann ausgeschlossen sein, wenn der Arbeitgeber auf der Grundlage eines nachvollziehbaren unternehmerischen Konzepts bestimmten Tätigkeiten bestimmte Arbeitszeiten zuordnet (BAG 3. Dezember 1998 - 2 AZR 341/98 - zu II 4 der Gründe, BAGE 90, 236). Entsprechendes gilt für eine Sozialauswahl unter Teilzeitkräften mit unterschiedlichen Arbeitszeitdeputaten (BAG 15. Juli 2004 - 2 AZR 376/03 - zu C III 2 der Gründe, BAGE 111, 229). Arbeitnehmer, die aufgrund solcher Organisationsentscheidungen unterschiedlich lange Wochenarbeitszeiten haben, die nur durch Änderungskündigungen angepasst werden könnten, sind nicht austauschbar und damit nicht miteinander vergleichbar iSv. § 1 Abs. 3 KSchG.

49

(2) Die Beklagte hat geltend gemacht, sie habe die in den einzelnen Einrichtungen anfallenden Hausmeistertätigkeiten „einrichtungsbezogen“ nach dem jeweils anfallenden Arbeitsvolumen organisiert. Je Einrichtung solle ein Hausmeister „vor Ort“ als Ansprechpartner vorhanden sein und die anfallenden Arbeiten erledigen. Auf diese Weise hat sie die jeweilige Hausmeistertätigkeit nicht starr an ein bestimmtes Arbeitszeitvolumen der eingesetzten Hausmeister gebunden. Auch wenn es sachliche Gründe geben mag, Hausmeister nicht einrichtungsübergreifend zu beschäftigen, wird aus dem Vorbringen der Beklagten nicht deutlich, weshalb pro Einrichtung jeweils nur ein Arbeitnehmer mit den Hausmeistertätigkeiten betraut werden kann. Das gilt umso mehr, als die Beklagte eine solche Situation offenbar auch in den Einrichtungen nicht gewährleistet, in denen sie die Hausmeistertätigkeiten fremdvergeben hat.

50

dd) Soweit die Beklagte behauptet hat, der Kläger sei mit anderen Hausmeistern, insbesondere dem von ihm namentlich benannten Arbeitnehmer deshalb nicht vergleichbar, weil diese noch weitere Tätigkeiten - etwa als Maler - schuldeten und erbrächten, ist ihr Vortrag streitig geblieben und bedarf ggf. weiterer Aufklärung.

51

b) Die Beklagte hat die Sozialdaten der anderen Hausmeister mitgeteilt und geltend gemacht, die Auswahl des Klägers sei selbst bei unterstellter Vergleichbarkeit im Ergebnis nicht zu beanstanden. Ob dies zutrifft, wird das Landesarbeitsgericht ggf. zu prüfen und zu bewerten haben. Dabei wird es sich, falls es darauf ankommt, auch mit der Frage befassen müssen, ob die Voraussetzungen für eine Anrechnung vor dem 1. April 2007 erbrachter Beschäftigungszeiten des Klägers vorliegen.

52

3. Sollte sich die Kündigung als sozial gerechtfertigt erweisen, wird der Frage nachzugehen sein, ob der Betriebsrat gemäß § 102 BetrVG ordnungsgemäß zur Kündigung angehört worden ist.

53

a) Die Beklagte hat vorgetragen, sie habe der Vorsitzenden des Gremiums am 21. Juni 2011 mündlich ihre Kündigungsabsicht unter Mitteilung der Tätigkeit und der Sozialdaten des Klägers, des Kündigungsgrundes, der Kündigungsart einschließlich des Kündigungstermins und ihrer Erwägungen zur Sozialauswahl nebst den Daten der anderen Hausmeister mitgeteilt. Das Vorbringen lässt, zumal die Mitteilungspflicht des Arbeitgebers über die Gründe der Kündigung nach § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG „subjektiv determiniert“ ist(vgl. nur BAG 12. September 2013 - 6 AZR 121/12 - Rn. 20; 12. August 2010 - 2 AZR 104/09 - Rn. 17), keine inhaltlichen Mängel erkennen. Die Wochenfrist des § 102 Abs. 2 Satz 1 BetrVG wäre, ausgehend von dem behaupteten Zugang der Kündigung am 29. Juni 2011, eingehalten.

54

b) Das Landesarbeitsgericht wird zu beurteilen haben, ob der Kläger das Vorbringen hinreichend - mit Nichtwissen - bestritten hat. Ggf. wird es die erforderlichen Beweise zu erheben haben.

55

4. Sollte sich die Kündigung als solche als wirksam erweisen, wird sich das Landesarbeitsgericht mit dem Einwand des Klägers zu befassen haben, die Beklagte habe sie nicht termingerecht erklärt.

56

5. Von der Zurückverweisung ist auch der als Hilfsantrag zu verstehende Antrag des Klägers auf vorläufige Weiterbeschäftigung erfasst. Die Entscheidung über ihn ist abhängig von der Entscheidung über den Feststellungsantrag.

        

   Kreft    

        

   Niemann    

        

   Berger    

        

        

        

   Krichel    

        

   Grimberg    

                 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 19. Februar 2013 - 16 Sa 1652/12 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über eine ordentliche Kündigung ihres Vertragsverhältnisses. Die Beklagte stützt sie auf betriebliche Erfordernisse und auf Gründe im Verhalten des Klägers.

2

Die im Jahr 2003 gegründete Beklagte betreibt Planung, Konstruktion und EDV-Anwendung im industriellen Anlagenbau. Ihr Sitz ist L. Der Kläger war ursprünglich einer ihrer zwei einzelvertretungsberechtigten, ab dem Jahr 2010 war er ihr alleiniger Geschäftsführer. Gesellschafter der Beklagten im Jahr 2010 waren die Ehefrau des Klägers und die Gemeinschaft der Erben des ursprünglichen Mitgeschäftsführers je zur Hälfte. Die Beklagte beschäftigt zwischen 50 und 60 Arbeitnehmern. Ein Betriebsrat ist im Betrieb nicht gewählt.

3

Mit notariellem Vertrag vom 27. September 2010 verkauften die damaligen Gesellschafter - vertreten durch den Kläger - ihre Anteile an der Beklagten an die M GmbH (M) mit Sitz in S. Als „Basisbetrag für die Kaufpreisermittlung“ wurde eine Summe festgelegt, die auf einem von beiden Seiten angenommenen bestimmten Gewinn der Beklagten beruhte. Dem wiederum lagen eine Bewertung der Beklagten durch ihren damaligen kaufmännischen Leiter und ein Lagebericht des Klägers zugrunde. Nach Maßgabe einer im Vertrag vereinbarten „earn-out“-Klausel sollte ein Teil des Kaufpreises in seiner Höhe von der tatsächlichen künftigen Entwicklung der Beklagten abhängen.

4

In II. § 9 des Kaufvertrags wurde zur weiteren Tätigkeit des Klägers vereinbart:

        

„1.     

[Der Kläger] wird sein Geschäftsführeramt auf erste Anforderung des Erwerbers niederlegen.

        

2.    

[Der Kläger] sichert dem Erwerber und - im Sinne eines echten Vertrages zugunsten Dritter - dem Unternehmen zu, dass er mindestens bis zum 31.12.2012 weiterhin als Prokurist (Einzelprokurist) dem Unternehmen zur Verfügung steht, es sei denn …

        

3.    

Der bisherige Geschäftsführerdienstvertrag [des Klägers] mit allen zwischenzeitlich vorgenommenen Anpassungen und Zusatzvereinbarungen wird unter Beibehaltung aller darin festgelegten Konditionen und Arbeitszeitregelungen mit der Maßgabe fortgeführt, dass er sich zukünftig auf die Diensttätigkeit [des Klägers] als Prokurist bezieht. Ausgenommen hiervon ist der Zeitraum der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, die nur noch für die Dauer von 9 Monaten gewährt werden wird. …

        

4.    

Des Weiteren wird zwischen dem Erwerber und [dem Kläger] vereinbart, dass dieser auch in seiner Stellung als Prokurist bis zum einvernehmlichen Abschluss der Earn-Out-Regelungen ein unbeschränktes Informations- und Einsichtsrecht in Bezug auf alle Angelegenheiten und Unterlagen des Unternehmens behält. ...“

5

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Kläger das operative Geschäft der Beklagten weiterhin leiten sollte.

6

Noch im September 2010 legte der damit betraute Steuerberater einen „geänderten Zwischenabschluss auf den 31. Juli 2010“ über die Beklagte vor. Aus ihm ergab sich ein Fehlbetrag von mehreren hunderttausend Euro. Nach dem Vorbringen der Beklagten beruhte dieser insbesondere darauf, dass hinter einem in Verantwortung des Klägers auf Aktivseite angebrachten Bilanzposten Forderungen standen, die sich größtenteils als nicht werthaltig erwiesen. Verhandlungen zwischen den Parteien des Kaufvertrags führten am 5. November 2010 zu einem Änderungsvertrag.

7

Mit Beschluss vom 18. November 2010 berief die M den Kläger als Geschäftsführer der Beklagten ab. Statt seiner wurden zwei ihrer eigenen Mitarbeiter - einer ihrer Geschäftsführer und ihr kaufmännischer Leiter - zu Geschäftsführern berufen. Der Kläger erhielt im Dezember 2010 Einzelprokura. In den Folgemonaten kam es zu Unstimmigkeiten und mehrfachen Klarstellungen über die internen Befugnisse des Klägers. Dieser wandte sich insbesondere gegen das Erfordernis einer von der Beklagten - wegen des konzernweit geltenden Vier-Augen-Prinzips - verlangten zweiten Unterschrift.

8

Nach dem berichtigten Jahresabschluss für 2010 betrug der Verlust der Beklagten über 2,1 Mio. Euro. Ab April 2011 übernahm die M bei ihr die betriebswirtschaftliche Federführung für den Bereich Finanzen und Controlling.

9

Mit Beschluss vom 9. Januar 2012 entzog die M dem Kläger intern die Prokura. Mit zwei weiteren Beschlüssen vom selben Tag berief sie mit Wirkung zum 11. Januar 2012 ihren eigenen Geschäftsführer als Geschäftsführer der Beklagten ab und bestellte statt seiner - als zweiten Geschäftsführer - einen anderen ihrer Mitarbeiter.

10

Mit Schreiben vom 10. Januar 2012 kündigte die Beklagte das Vertragsverhältnis mit dem Kläger zum 31. Dezember 2012 und widerrief ihm gegenüber die Prokura. Zugleich stellte sie ihn - widerruflich - von seinen Arbeitspflichten frei.

11

Mit der vorliegenden Klage wehrt sich der Kläger gegen die Kündigung. Er hat die Ansicht vertreten, dringende betriebliche Erfordernisse, die eine Kündigung bedingten, hätten nicht vorgelegen. Die Beklagte habe eine einschlägige unternehmerische Entscheidung jedenfalls nicht vor Abgabe der Kündigungserklärung getroffen. Soweit sie behauptet habe, der neue Geschäftsführer habe seine - des Klägers - Aufgaben übernommen, sei das unrichtig. Er selbst sei nie „wirklich“ Mitglied der Geschäftsleitung der Beklagten, sondern eine von deren insgesamt sieben hierarchisch gleichberechtigten Führungskräften gewesen. Diese verträten sich trotz jeweils spezieller Aufgaben gegenseitig und seien untereinander austauschbar. Er sei zudem sozial schutzwürdiger als einige von ihnen. Zumindest habe die Beklagte ihm eine der zeitgleich ausgeschriebenen Stellen eines CAD-Konstrukteurs, eines Technikers/Konstrukteurs 2D/3D und eines Ingenieurs Anlagen- und Rohrleitungsplanung anbieten müssen. Andere Kündigungsgründe seien nicht gegeben. Seine Vertragspflichten im Rahmen der Bilanzerstellung und Kaufverhandlungen habe er nicht verletzt.

12

Der Kläger hat beantragt

        

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 10. Januar 2012 nicht aufgelöst worden ist.

13

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat behauptet, die M als ihre Gesellschafterin habe sich Anfang Januar 2012 dazu entschlossen, wieder einen Geschäftsführer zu bestellen, der vor Ort tätig sei und das operative Geschäft persönlich leite; die seinerzeit berufenen Geschäftsführer seien beide faktisch in S verblieben. Anlass für diese Entscheidung sei zum einen das Verhalten des Klägers gewesen, zu dem das Vertrauen verloren gegangen sei, zum anderen der Umstand, dass sich die „Konstruktion“ aus formell bestellten Geschäftsführern und einem wie ein Geschäftsführer tätigen Prokuristen nicht bewährt habe. Die Leitung des operativen Geschäfts durch einen „echten“ Geschäftsführer verbessere nicht zuletzt ihren Außenauftritt gegenüber den Kunden.

14

Der Kläger habe als Prokurist unverändert herausgehobene Leitungsaufgaben wahrgenommen. Er sei verantwortlich gewesen für die disziplinarische Führung der Vertriebsmitarbeiter, für die Steuerung des Vertriebs, insbesondere die Akquise von Neukunden und die Pflege des Altkundenbestands, für das Angebotswesen und die Überwachung der laufenden Projekte, für die Sichtung von Bewerbungen und das Führen von Vorstellungsgesprächen, für die Einstellung von Personal, die Überprüfung von Gehältern und Gehaltsanpassungen, für Disziplinarmaßnahmen bis hin zur Kündigung von Mitarbeitern und für die Freigabe von Schulungsmaßnahmen im Rahmen des genehmigten Budgets. Sämtliche Mitarbeiter bis auf ihren kaufmännischen Leiter hätten an ihn berichtet. Der Kläger habe seine Aufgaben allerdings nicht sehr kompetent erfüllt, sondern häufig um Weisungen nachgesucht. Da er im Jahr 2011 einerseits zuviel Personal eingestellt, andererseits rechtswidrige Vorschläge zum Personalabbau unterbreitet habe, habe sie Einstellungen und Entlassungen ab August 2011 von der Zustimmung ihrer Geschäftsführer abhängig gemacht.

15

Die Aufgaben des Klägers hätten vom 10. bis 13. Januar 2012 der abberufene, von da an der neu bestellte Geschäftsführer übernommen. Mit ihren sechs Abteilungsleitern sei der Kläger hierarchisch nicht vergleichbar. Diese seien auch nicht untereinander austauschbar. Die im Internet ausgeschriebenen Stellen seien nicht wirklich zu besetzen gewesen. Die Ausschreibungen hätten der Marktbeobachtung gedient. Zudem verfüge der Kläger nicht über die geforderten Qualifikationen.

16

Im Übrigen sei die Kündigung durch Gründe im Verhalten des Klägers während der Kaufverhandlungen vom September 2010 bedingt.

17

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen. Mit seiner Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe

18

Die Revision ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Bei Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes erweist sich die ausgesprochene Kündigung als durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt. Der Arbeitsplatz des Klägers ist durch die Übertragung seiner Aufgaben auf einen der Geschäftsführer der Beklagten entfallen. Auf mögliche Gründe in seinem Verhalten kommt es nicht an.

19

I. Die Klage ist nicht begründet. Die Kündigung vom 10. Januar 2012 ist rechtswirksam. Das gilt auch dann, wenn sie der sozialen Rechtfertigung nach Maßgabe des Kündigungsschutzgesetzes bedarf.

20

1. Gemäß § 1 Abs. 1 KSchG ist - nach Ablauf der Wartefrist - die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist. Der personelle Geltungsbereich des Gesetzes ist folglich auf Arbeitnehmer beschränkt. Ob der Kläger Arbeitnehmer ist, vermag der Senat nicht abschließend zu beurteilen.

21

a) Der Status des Klägers als Arbeitnehmer steht nicht deshalb fest, weil ersichtlich sowohl beide Parteien als auch die Vorinstanzen vom Bestehen eines Arbeitsverhältnisses ausgegangen sind. Der Senat ist an die übereinstimmende Rechtsauffassung der Parteien nicht gebunden. Die Gerichte können auch zu Gunsten einer Partei von deren Rechtsmeinung abweichen (BAG 11. Dezember 2007 - 1 ABR 73/06 - Rn. 28). Das Landesarbeitsgericht wiederum hat keine tatsächlichen Feststellungen getroffen, die die Arbeitnehmereigenschaft des Klägers auswiesen und Bindungswirkung nach § 559 Abs. 2 ZPO auslösten. Zwar hat es in den Gründen seiner Entscheidung ausgeführt: „Auf das Arbeitsverhältnis findet das Kündigungsschutzgesetz unstreitig Anwendung. Der Kläger ist seit mehr als sechs Monaten als Arbeitnehmer bei der Beklagten beschäftigt …“. Darin liegt jedoch keine den Senat hinsichtlich des Arbeitnehmerstatus bindende Tatsachenfeststellung.

22

aa) Dies ist nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil konkrete Tatsachen, die einer entsprechenden rechtlichen Beurteilung zugrunde lägen, nicht explizit festgestellt worden sind. Die Parteien können bestimmte Tatsachen durch allgemein gebräuchliche, einfache rechtliche Ausdrücke in den Rechtsstreit einführen, wenn diese den Teilnehmern des Rechtsverkehrs geläufig sind und das Vorliegen entsprechender tatsächlicher Umstände mit ihnen in Verbindung gebracht wird. Die Parteien lösen auch auf diese Weise eine Erklärungspflicht der Gegenseite gemäß § 138 Abs. 2 ZPO aus(BAG 6. November 2007 - 1 AZR 862/06 - Rn. 13, BAGE 124, 323; BGH 19. März 2004 - V ZR 104/03 - BGHZ 158, 295; Zöller/Greger ZPO 29. Aufl. § 138 Rn. 2). Im Gebrauch des betreffenden Rechtsbegriffs durch das Landesarbeitsgericht kann dann die komprimierte Feststellung der mit ihm regelmäßig verbundenen Tatsachen iSv. § 559 Abs. 2 ZPO zu erblicken sein.

23

bb) Es muss nicht entschieden werden, ob dies für die Begriffe „Arbeitsverhältnis“ und „Arbeitnehmer“ in Frage kommt. Im Streitfall ist nicht zu erkennen, dass der Kläger den Ausdruck „Arbeitnehmer“ zur Beschreibung seines Rechtsstatus je in diesem tatsächlichen Sinne gebraucht hätte. Sein dienstrechtlicher Status spielte in seinen Schriftsätzen keine spezifische Rolle. Die Beklagte hatte keinen Anlass, der Verwendung des Arbeitnehmerbegriffs durch den Kläger entgegenzutreten. Unter dieser Voraussetzung kommt dem Gebrauch der Rechtsbegriffe in den Urteilsgründen des Landesarbeitsgerichts Bindungswirkung iSv. § 559 Abs. 2 ZPO nicht zu.

24

b) Materiell-rechtlich ist Arbeitnehmer, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist (BAG 15. Februar 2012 - 10 AZR 301/10 - Rn. 13; 14. März 2007 - 5 AZR 499/06 - Rn. 13). Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen. Arbeitnehmer ist nach § 84 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 HGB derjenige Mitarbeiter, der nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann(BAG 25. Mai 2005 - 5 AZR 347/04 - zu I der Gründe mwN, BAGE 115, 1). Der Grad der persönlichen Abhängigkeit hängt auch von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab. Letztlich kommt es für die Beantwortung der Frage, welches Rechtsverhalten im konkreten Fall vorliegt, auf eine Gesamtwürdigung aller maßgeblichen Umstände des betreffenden Falls an. Der jeweilige Vertragstyp ergibt sich dabei aus dem wirklichen Geschäftsinhalt, nicht aus der Bezeichnung ihres Vertragsverhältnisses durch die Parteien (BAG 20. Mai 2009 - 5 AZR 31/08 - Rn. 19).

25

aa) Grundlage der vertraglichen Beziehung zwischen den Parteien waren ursprünglich der „Geschäftsführervertrag“ vom 13. August 2003 und das „Protokoll zur Gesellschafterversammlung“ vom 31. Januar 2006. Nach § 1 Nr. 1 des Vertrags führt der Kläger die Geschäfte der Beklagten mit der erforderlichen Sorgfalt „nach Maßgabe der Gesetze, dieses Vertrages und des Gesellschaftsvertrages“. Nach Nr. 2 der Abrede ist der Kläger als Geschäftsführer „in der Gestaltung seiner Arbeitszeit frei“. In § 6 heißt es: „Der Geschäftsführer hat Anspruch auf einen Jahresurlaub von 30 Arbeitstagen. Kann der Geschäftsführer seinen Jahresurlaub nicht nehmen, weil die Interessen der Gesellschaft entgegenstehen, so ist der Urlaubsanspruch abzugelten. Die Urlaubsabgeltung bemisst sich nach der Höhe des Festgehalts“. Dies sind Regelungen, die den „Geschäftsführervertrag“ vom 13. August 2003 prima facie als Dienstvertrag iSv. § 611 BGB und nicht - was rechtlich möglich wäre(EuGH 11. November 2010 - C-232/09 - [Danosa] Slg. 2010, I-11405; BAG 26. Mai 1999 - 5 AZR 664/98 - zu III 1 der Gründe) - als Arbeitsvertrag ausweisen.

26

bb) In § 9 Nr. 3 des Kaufvertrags vom 10. September 2010 wurde mit Blick auf die Person des Klägers vereinbart, dass „der bisherige Geschäftsführerdienstvertrag … unter Beibehaltung aller darin festgelegten Konditionen und Arbeitszeitregelungen mit der Maßgabe fortgeführt wird, dass er sich zukünftig auf die Diensttätigkeit [des Klägers] als Prokurist bezieht“. Lediglich der Lohnfortzahlungszeitraum sollte von zwölf auf neun Monate verkürzt sein. Nach § 9 Nr. 4 des Vertrags sollte der Kläger auch als Prokurist ein unbeschränktes Recht auf Einsicht in „alle Angelegenheiten und Unterlagen des Unternehmens“ behalten.

27

cc) Danach ist es nicht ausgeschlossen, dass der Kläger von der Beklagten auch nach seiner Abberufung als Geschäftsführer nicht als „Arbeitnehmer“, sondern weiterhin auf der Grundlage eines Dienstvertrags als „freier Dienstnehmer“ beschäftigt wurde. An seinem Tätigkeitsbereich, seinen Aufgaben und im äußeren Ablauf seiner Arbeit hat sich aufgrund des Wechsels vom Geschäftsführer zum einzelvertretungsberechtigten Prokuristen offenbar nichts geändert. Die Parteien wollten übereinstimmend - das hat das Landesarbeitsgericht ausdrücklich festgestellt -, dass der Kläger weiterhin das operative Geschäft der Beklagten leite. Das sollte er ersichtlich sowohl in fachlicher als auch in dienstrechtlicher Hinsicht zu unveränderten Bedingungen tun können, also auch als Prokurist gleichsam „organschaftlich“. Die spätere Vorgabe, für bestimmte rechtsgeschäftliche Erklärungen eine zweite Unterschrift einzuholen, gilt nach dem unwidersprochenen Vorbringen der Beklagten auch für die höchste Leitungsebene. Aus dem bisherigen Parteivortrag erschließt sich nicht, worin dennoch die für den Arbeitnehmerstatus erforderliche persönliche Abhängigkeit des Klägers liegen und wie sie rechtlich begründet worden sein sollte. Seine gehobenen Aufgaben kann man sowohl als Arbeitnehmer als auch als freier Dienstnehmer wahrnehmen. Für die Annahme, die Parteien hätten (konkludent) vereinbart, der Kläger solle unabhängig vom materiell-rechtlichen Status in jedem Fall wie ein Arbeitnehmer behandelt werden, zumindest Kündigungsschutz genießen, fehlt es gleichermaßen an tatsächlichen Grundlagen.

28

2. Der objektiv zutreffende dienstrechtliche Status des Klägers kann für das Ergebnis dahinstehen. Die Klage ist auch dann unbegründet, wenn der Kläger mit seiner Abberufung als Geschäftsführer oder aufgrund späterer Abreden wie ein Arbeitnehmer zu behandeln sein sollte. Die Kündigung der Beklagten vom 10. Januar 2012 hat ein mögliches Arbeitsverhältnis der Parteien aufgelöst. Zwar gilt dann das Kündigungsschutzgesetz. Die Kündigung ist jedoch iSv. § 1 Abs. 2 des Gesetzes sozial gerechtfertigt.

29

a) Auf ein Arbeitsverhältnis der Parteien findet gemäß § 1 Abs. 1, § 23 Abs. 1 Satz 3 seiner Vorschriften das Kündigungsschutzgesetz Anwendung. Der Kläger war seit über acht Jahren bei der Beklagten beschäftigt, wenn die Zeit seiner Tätigkeit als Geschäftsführer mitgerechnet wird; als Prokurist war er es zumindest seit über einem Jahr. Die Beklagte beschäftigte zu Beginn des Jahres 2012 mindestens 50 Arbeitnehmer.

30

b) Die Kündigung vom 10. Januar 2012 ist gemäß § 1 Abs. 2 KSchG durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt, die einer Weiterbeschäftigung des Klägers im Betrieb entgegenstehen.

31

aa) Dringende betriebliche Erfordernisse iSv. § 1 Abs. 2 KSchG liegen vor, wenn die Umsetzung einer unternehmerischen (Organisations-)Entscheidung auf der betrieblichen Ebene spätestens mit Ablauf der Kündigungsfrist zu einem voraussichtlich dauerhaften Wegfall des Bedarfs an einer Beschäftigung des betroffenen Arbeitnehmers führt. Diese Prognose muss schon im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung objektiv berechtigt sein (BAG 23. Februar 2010 - 2 AZR 268/08 - Rn. 17, BAGE 133, 240; 7. Juli 2005 - 2 AZR 399/04 - zu II 4 d dd der Gründe). Ein dringendes „betriebliches“ Erfordernis, das einer Weiterbeschäftigung entgegensteht, ist gegeben, wenn die Arbeitskraft des Arbeitnehmers im Betrieb nicht mehr gefordert ist. Der Arbeitgeber ist grundsätzlich nicht gehalten, nicht mehr benötigte Arbeitsplätze und Arbeitskräfte weiterhin zu besetzen bzw. zu beschäftigen. Dabei kommt es de lege lata nicht darauf an, ob die dem Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses zugrunde liegende unternehmerische (Organisations-)Entscheidung ihrerseits - etwa aus wirtschaftlichen Gründen - „dringend“ war oder die Existenz des Unternehmens auch ohne sie nicht gefährdet gewesen wäre (BAG 20. Juni 2013 - 2 AZR 379/12 - Rn. 20, BAGE 145, 265). In diesem Sinne ist die unternehmerische Entscheidung zur Umorganisation mit Blick auf Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG bis zur Grenze der offensichtlichen Unsachlichkeit, Unvernunft oder Willkür frei. Für eine beschlossene und tatsächlich durchgeführte unternehmerische Organisationsentscheidung spricht dabei die Vermutung, dass sie aus sachlichen - nicht zuletzt wirtschaftlichen - Gründen getroffen wurde und nicht auf Rechtsmissbrauch beruht (BAG 20. Juni 2013 - 2 AZR 379/12 - aaO; 29. März 2007 - 2 AZR 31/06 - Rn. 24).

32

bb) Danach war die Kündigung vom 10. Januar 2012 durch ein dringendes betriebliches Erfordernis bedingt, das einer Weiterbeschäftigung des Klägers im Betrieb entgegenstand. Bei Zugang der Kündigungserklärung war die Prognose berechtigt, spätestens bis zum Ablauf der Kündigungsfrist am Jahresende 2012 werde ein Bedarf an einer Beschäftigung des Klägers nicht mehr bestehen; das ist ausreichend.

33

(1) Der Beschäftigungsbedarf muss bei Zugang der Kündigung nicht schon tatsächlich entfallen sein. Für die Wirksamkeit der Kündigung genügt es, dass jedenfalls die Entwicklungen, die für den künftigen Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit maßgeblich sind, zu diesem Zeitpunkt feststehen, also abschließend geplant sind, und dass die Erwartung berechtigt ist, sie würden sich bis zum Ablauf der Kündigungsfrist realisiert haben (BAG 23. Februar 2010 - 2 AZR 268/08 - Rn. 17, 18, BAGE 133, 240). In diesem Sinne muss der betreffende Kausalverlauf zwar noch nicht beendet, aber bei Kündigungszugang doch bereits in Gang gesetzt worden sein.

34

(2) Hängt der Wegfall des Arbeitsbedarfs von unternehmerisch-organisatorischen Maßnahmen des Arbeitgebers ab, die bei Zugang der Kündigung faktisch noch nicht umgesetzt worden sind, müssen folglich zumindest die Absicht und der Wille des Arbeitgebers, diese Maßnahmen vorzunehmen, schon vorhanden und abschließend gebildet worden sein. Andernfalls lässt sich im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung - auf den es dafür unverzichtbar ankommt - nicht hinreichend sicher prognostizieren, es werde bis zum Ablauf der Kündigungsfrist tatsächlich zum Wegfall des Beschäftigungsbedarfs kommen. Eine Kündigung, die erklärt wurde, ohne dass bei ihrem Zugang bereits festgestanden hätte, aufgrund welcher Maßnahme des Arbeitgebers es zum Arbeitsplatzverlust kommen werde, ist nicht durch dringende betriebliche Erfordernisse, sondern nur durch den Kündigungsentschluss des Arbeitgebers bedingt. Der bloße Kündigungswille des Arbeitgebers wiederum ist kein Grund, der eine Kündigung iSv. § 1 Abs. 2 KSchG sozial rechtfertigen könnte. Dazu bedarf es eines Grundes außerhalb der Kündigung selbst, also eines Grundes, der dem Kündigungsentschluss seinerseits zugrunde liegt. Im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung muss damit die unternehmerische Entscheidung, die zum Wegfall des Beschäftigungsbedarfs führen soll, tatsächlich bereits getroffen worden sein (vgl. BAG 20. Februar 2014 - 2 AZR 346/12 - Rn. 16, 18; 7. Juli 2005 - 2 AZR 399/04 - zu II 4 a und II 4 d dd der Gründe). Der Arbeitgeber muss schon in diesem Zeitpunkt endgültig und vorbehaltlos zur Vornahme einer Maßnahme entschlossen sein, die, wenn sie tatsächlich durchgeführt wird, bis zum Ablauf der Kündigungsfrist den Arbeitsplatzverlust zur Folge hat (BAG 20. Februar 2014 - 2 AZR 346/12 - Rn. 18; 23. Februar 2010 - 2 AZR 268/08 - Rn. 18, BAGE 133, 240).

35

(3) Der fragliche Entschluss unterliegt keinem Formzwang. Auch bei einem mehrköpfigen Entscheidungsgremium, das letztlich nur gemeinsam entscheiden kann, bedarf es dazu in der Regel keines förmlichen Beschlusses. Es genügt, dass ein einzelnes Gremiumsmitglied den betreffenden Entschluss vorbehaltlos gefasst hat und - etwa aufgrund von Erfahrungswerten - fest damit zu rechnen war, die übrigen Mitglieder würden sich dem anschließen (vgl. BAG 7. Juli 2005 - 2 AZR 399/04 - zu II 4 d dd der Gründe).

36

(4) Da der Arbeitgeber gemäß § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG die Tatsachen zu beweisen hat, die die Kündigung bedingen, hat er die tatsächlichen Grundlagen für die Berechtigung der Prognose, bis spätestens zum Ablauf der Kündigungsfrist werde ein Beschäftigungsbedarf entfallen sein, von sich aus schlüssig vorzutragen. Zu diesen Tatsachen gehört der schon bei Kündigungszugang getroffene endgültige Entschluss zur Vornahme einer Maßnahme, die zu einem solchen Wegfall führen werde. Wie substantiiert der Vortrag zu erfolgen hat, hängt von der Einlassung des Arbeitnehmers ab. Zunächst genügt es, wenn der Arbeitgeber - zumindest konkludent - behauptet, er habe seine entsprechende Entscheidung schon vor Zugang der Kündigung getroffen. Wenn der Arbeitnehmer dies mit - in der Regel zunächst ausreichendem - Nichtwissen bestreitet, wird der Arbeitgeber nähere tatsächliche Einzelheiten darlegen müssen, aus denen unmittelbar oder mittelbar geschlossen werden kann, er habe die entsprechende Absicht bereits im Kündigungszeitpunkt endgültig gehabt. Geht es dabei um den inneren Zustand einer einzelnen Person, wird sich das Gericht die Überzeugung von der Wahrheit der Behauptung - wie stets - nach § 286 ZPO bilden müssen. Wenn sich die innere Tatsache nicht in irgendeiner Weise nach außen manifestiert hat, wird es auf die genaue Darlegung des inneren Willensbildungsprozesses der betreffenden Person, die Schlüssigkeit ihrer Angaben und ggf. ihre Glaubwürdigkeit ankommen.

37

(5) Bei Zugang der Kündigung vom 10. Januar 2012 stand zu erwarten, dass der Bedarf an einer Weiterbeschäftigung des Klägers spätestens bei Ablauf der Kündigungsfrist Ende Dezember 2012 entfallen wäre.

38

(a) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hatte die Beklagte am 9. Januar 2012 - schriftlich niedergelegt - beschlossen, dem Kläger die Prokura zu entziehen, den Geschäftsführer der M als ihren Geschäftsführer abzuberufen und statt seiner einen anderen Mitarbeiter der M als Geschäftsführer zu ernennen. Noch im Kündigungsschreiben vom 10. Januar 2012 stellte sie den Kläger von seinen Arbeitspflichten - wenn auch nicht dauerhaft unwiderruflich - frei.

39

(b) Damit hatte sich der Wille der Beklagten, dem Kläger die Befugnis zur internen Geschäftsleitung und zur Vertretungsbefugnis nach außen zu entziehen und einen neuen, stärker vor Ort präsenten und den Kläger funktional ersetzenden Geschäftsführer zu berufen, im Kündigungszeitpunkt bereits deutlich manifestiert. Mit der sofortigen Freistellung des Klägers hat die Beklagte zudem einen Teil ihres Konzepts mit Zugang der Kündigung unmittelbar umgesetzt.

40

(c) Das Landesarbeitsgericht hat ein Übriges getan und durch Vernehmung des abberufenen Geschäftsführers Beweis über die Behauptung der Beklagten erhoben, dieser und ihr zweiter Geschäftsführer hätten „Anfang Januar 2012 den Entschluss gefasst“, bei ihr „statt eines Prokuristen als Leitung des operativen Geschäfts wieder einen Geschäftsführer für die operative Leitung vor Ort einzusetzen“. Es hat sodann für wahr erachtet, dass eine solche unternehmerische Entscheidung in den ersten Januartagen 2012 tatsächlich getroffen worden ist. Den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ist der Kläger mit einer Verfahrensrüge nicht entgegengetreten.

41

(d) Der Beschluss der Beklagten, die Aufgaben des Klägers dem neu berufenen Geschäftsführer zu übertragen, ließ - wenn das Vorhaben tatsächlich umgesetzt würde - den Bedarf an einer Beschäftigung des Klägers entfallen. Zwar würden nicht die Aufgaben des Klägers als solche wegfallen. Sie sollten mit dem neuen Geschäftsführer aber nicht einem anderen Arbeitnehmer übertragen werden - dies liefe auf eine regelmäßig unwirksame „Austauschkündigung“ hinaus, weil der Bedarf an der Beschäftigung von Arbeitnehmern auf diese Weise nicht geringer würde -, sondern sie sollten in der Person des neuen Geschäftsführers künftig von einem „Nicht-Arbeitnehmer“ wahrgenommen werden. Der Kläger hat nicht etwa behauptet, auch der neue Geschäftsführer sei dienstrechtlich in Wahrheit als Arbeitnehmer anzusehen - ungeachtet der Frage nach der Erheblichkeit solchen Vorbringens. Damit würde sich folglich der Bedarf an der Beschäftigung von Arbeitnehmern verringern und der Arbeitsplatz des Klägers entfallen.

42

(e) Eine solche Entscheidung des Arbeitgebers ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die dem Arbeitnehmer durch Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleistete Freiheit der Berufswahl bietet keinen unmittelbaren Schutz gegen den Verlust des Arbeitsplatzes aufgrund privater Dispositionen(BAG 20. Juni 2013 - 2 AZR 379/12 - Rn. 23, BAGE 145, 265). Dem Arbeitgeber ist es kündigungsschutzrechtlich nicht verwehrt, Tätigkeiten, die bisher von Arbeitnehmern geleistet wurden, künftig (echten) freien Mitarbeitern oder Mitgliedern seiner Vertretungsorgane, die keine Arbeitnehmer sind, zu übertragen (BAG 13. März 2008 - 2 AZR 1037/06 - Rn. 14, 30; 20. März 2003 - 8 AZR 97/02 - zu II 2 b der Gründe, BAGE 105, 338). Dies war die vom Landesarbeitsgericht festgestellte Absicht der Beklagten.

43

(f) Die Absicht und Entscheidung der Beklagten ist nicht rechtsmissbräuchlich.

44

(aa) Eine unternehmerisch-organisatorische Entscheidung des Arbeitgebers hat die Vermutung für sich, dass sie aus sachlichen Gründen erfolgt. Rechtsmissbrauch ist die Ausnahme. Er ist deshalb - in aller Regel mit Hilfe von Indizien - vom Arbeitnehmer darzulegen und ggf. zu beweisen (BAG 13. März 2008 - 2 AZR 1037/06 - Rn. 29 mwN).

45

(bb) Der Kläger hat in diesem Zusammenhang vorgebracht, in Wahrheit sei es der Beklagten nicht um eine neue Konzeption gegangen, die in ihrer Konsequenz zum Wegfall seines Arbeitsplatzes führe, sondern allein darum, ihn - den Kläger - „abzubauen“, gleich in welcher Funktion. Er sei der Beklagten „im Weg“ gewesen, insbesondere im Hinblick auf einen Schadensersatzprozess, den - unstreitig - ihre Alleingesellschafterin gegen ihn vor dem Landgericht führe.

46

(cc) Demgegenüber hat das Landesarbeitsgericht als erwiesen angenommen, der Beklagten sei es um die Wahrnehmung der Leitungsaufgaben durch einen auch förmlich als solcher bestellten, vor Ort tätigen Geschäftsführer gegangen. Auf diese Weise habe sie ihrer unerwartet negativen wirtschaftlichen Entwicklung im Jahr 2011 entgegenwirken wollen. Das Konzept, einen Prokuristen mit dem operativen Geschäft vor Ort und die meist ortsabwesenden Geschäftsführer mit vornehmlich überwachenden Aufgaben zu betrauen, habe sich aus Sicht der Beklagten nicht bewährt. Dem ist der Kläger mit zulässigen Verfahrensrügen nicht entgegengetreten.

47

(dd) Die Feststellungen des Landesarbeitsgerichts lassen rechtsmissbräuchliche Motive der Beklagten nicht erkennen. Deren Entscheidung, die Aufgaben des Klägers ihrem neu bestellten Geschäftsführer zu übertragen, beruhte auf sachadäquaten Erwägungen. Ihre zugleich bestehende, erkennbare Unzufriedenheit mit den Leistungen des Klägers stellt diese Beurteilung nicht in Frage. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, auch unter diesem Aspekt sei die Aufgabenübertragung nicht rechtsmissbräuchlich, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Entscheidung der Beklagten wäre selbst dann sachbezogen und objektiv nachvollziehbar, wenn sie ihre Unzufriedenheit mit dem Kläger immerhin zum Anlass genommen hätte, ihr neues Konzept mit seiner Übertragung der Leitungsaufgaben auf die Geschäftsführerebene zu entwickeln und umzusetzen. Im Übrigen entsprach die beabsichtigte Konstruktion derjenigen, die noch gut ein Jahr zuvor mit dem Kläger selbst als Geschäftsführer bestanden hatte.

48

(g) Die Beklagte hat ihren Organisationsentschluss tatsächlich umgesetzt.

49

(aa) Das Landesarbeitsgericht hat als Ergebnis seiner Beweisaufnahme festgestellt, der neu bestellte Geschäftsführer habe ab dem 11. Januar 2012 - einem Tag nach der Freistellung des Klägers - die Leitung des operativen Geschäfts der Beklagten vor Ort auch faktisch übernommen. Einzig dieser und nicht (zusätzlich) ein sonstiger Mitarbeiter habe von da an sämtliche Funktionen wahrgenommen, die bislang dem Kläger übertragen gewesen seien. Der Kläger sei dem entsprechenden, ins Einzelne gehenden Vorbringen der Beklagten nicht substantiiert entgegengetreten.

50

(bb) Die dagegen gerichtete Verfahrensrüge ist nicht berechtigt. Der Kläger hält dem Landesarbeitsgericht vor, es habe seinen Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt, weil es seinen Vortrag übergangen habe, ihm seien sämtliche kaufmännischen Befugnisse, die Informationswege und das Controlling längst entzogen gewesen. Demgegenüber ist das Landesarbeitsgericht unter B. III. 1. a) cc) seiner Entscheidungsgründe gerade davon ausgegangen, der Kläger habe die kaufmännische Leitung der Beklagten nicht mehr inne gehabt. Es hat lediglich angenommen, er habe weiterhin die operative Verantwortung für deren Geschäfte getragen und wahrgenommen.

51

cc) Der Kläger konnte nicht auf einem anderen freien Arbeitsplatz iSv. § 1 Abs. 2 Satz 2 KSchG weiterbeschäftigt werden. Das hätte vorausgesetzt, dass ein Arbeitsplatz zu gleichwertigen oder schlechteren Bedingungen tatsächlich frei gewesen wäre und er über die für die entsprechende Tätigkeit erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse verfügte (vgl. BAG 5. Juni 2008 - 2 AZR 107/07 - Rn. 17 mwN). Das war nicht der Fall.

52

(1) Der Kläger hat sich in diesem Zusammenhang auf die von der Beklagten zu Ende des Jahres 2011 ausgeschriebenen Stellen berufen.

53

(2) Demgegenüber hat das Landesarbeitsgericht festgestellt, dass der Kläger - ungeachtet der Frage, ob sie überhaupt besetzt werden sollten - für keine der drei Stellen die erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse besaß. Dies gelte insbesondere mit Blick auf die verlangte Technikerausbildung bzw. das vorausgesetzte Studium des Maschinenbaus, der Verfahrens- oder der Versorgungstechnik. Mit Recht ist das Landesarbeitsgericht dabei - unausgesprochen - davon ausgegangen, dass es Sache des Arbeitgebers ist, das Profil neu zu besetzender Stellen und die mit ihm verbundenen Anforderungen an Ausbildung und Fähigkeiten der künftigen Stelleninhaber festzulegen.

54

(3) Die in diesem Zusammenhang erhobenen Einwände des Klägers sind unbeachtlich. Dieser tritt den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht mit einer zulässigen Verfahrensrüge iSv. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO, sondern mit Ausführungen zum richtigen Verständnis des in den Ausschreibungen verwendeten Begriffs „bevorzugte Fähigkeiten“ und mit dem Vorwurf entgegen, die Beklagte habe nicht dargelegt, warum er in die Aufgaben nicht habe eingearbeitet oder entsprechend habe fortgebildet werden können. Zu beiden Punkten hatte er bis dahin Vortrag nicht gehalten. Mit beidem kann er in der Revisionsinstanz nicht mehr gehört werden.

55

c) Die aufgrund dringender betrieblicher Erfordernisse iSv. § 1 Abs. 2 KSchG erklärte Kündigung vom 10. Januar 2012 ist nicht wegen einer fehlerhaften Sozialauswahl gemäß Abs. 3 der Vorschrift sozial ungerechtfertigt. Der Kläger, den nach § 1 Abs. 3 Satz 3 KSchG insoweit die Darlegungslast trifft, hat Fehler bei der Sozialauswahl nicht schlüssig aufgezeigt.

56

aa) Die Beklagte hat vorgetragen, der Kläger sei mit einem ihrer sechs Abteilungsleiter - den Mitgliedern des von ihm so bezeichneten „Führungskreises“ - wegen seiner hierarchisch deutlich höheren Stellung nicht vergleichbar.

57

bb) Dieses Vorbringen ist nach dem Inhalt des für die Befugnisse des Klägers weiterhin maßgebenden Geschäftsführervertrags, angesichts des Umstands, dass beide Parteien davon ausgingen, der Kläger solle das operative Geschäft der Beklagten weiterhin leiten, und des unwidersprochenen Vorbringens der Beklagten, sämtliche Mitarbeiter mit Ausnahme ihres kaufmännischen Leiters hätten an den Kläger berichtet, ohne Weiteres schlüssig und plausibel. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, es sei unter diesen Umständen Sache des Klägers gewesen darzulegen, weshalb er sich in hierarchischer Hinsicht in Wirklichkeit vom Kreis der übrigen Führungskräfte nicht unterschieden habe. Das Vorbringen des Klägers lässt stattdessen jede konkrete Beschreibung der Aufgaben und Tätigkeiten vermissen, die er selbst und die die von ihm als vergleichbar angesehenen Mitarbeitern tatsächlich wahrgenommen haben.

58

d) Ob auch Gründe im Verhalten des Klägers die Kündigung iSv. § 1 Abs. 2 KSchG bedingen, kann dahinstehen.

59

II. Die Kündigung vom 10. Januar 2012 ist nicht aus Gründen außerhalb des KSchG unwirksam.

60

1. Unwirksamkeitsgründe aus § 242 BGB, die nicht schon von § 1 KSchG erfasst wären, oder solche aus §§ 134, 138 BGB sind nicht ersichtlich.

61

2. Ebenso wenig sind die Voraussetzungen des § 612a BGB gegeben. Die Kündigung ist keine Reaktion der Beklagten darauf, dass der Kläger ihr gegenüber seine Rechte ausgeübt hätte. Einen solchen Zusammenhang hat das Landesarbeitsgericht zu Recht verneint. Es fehlt bereits an schlüssigem Vorbringen des Klägers.

62

III. Nach § 97 ZPO hat der Kläger die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Kreft    

        

    Niemann    

        

    Berger    

        

        

        

    Alex    

        

    Bartz    

                 

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Thüringer Landesarbeitsgerichts vom 27. September 2012 - 2 Sa 408/11 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung.

2

Die Beklagte betreibt unter einheitlicher Leitung mehrere Pflegeheime, Kindergärten, Kinder- und Jugendheime, ein Wohnheim und eine Schule. Der 1973 geborene Kläger war bei ihr seit 1. April 2007 als Hausmeister „für den Bereich Seniorenresidenz T mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden“ angestellt. In ihren Einrichtungen beschäftigt die Beklagte regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer. Aufgrund vertraglicher Bezugnahme findet auf das Arbeitsverhältnis der Parteien „der jeweils für den Arbeitgeber geltende Tarifvertrag“ Anwendung. Dies sei, wie es im Arbeitsvertrag heißt, der zwischen dem Arbeitgeberverband der Arbeiterwohlfahrt Thüringen e. V. und dem DHV (Deutscher Handels- und Industrieangestellten-Verband; mittlerweile: DHV - Die Berufsgewerkschaft e. V.) (TV-AWO Thüringen) abgeschlossene Tarifvertrag vom 1. Januar 2006.

3

Die Beklagte holte im März 2011 bei verschiedenen Drittfirmen Angebote über eine selbständige Erledigung der Hausmeisterdienste im Seniorenheim T ein. Mit Schreiben vom 29. Juni 2011 kündigte sie das Arbeitsverhältnis der Parteien ordentlich zum 31. Dezember 2011. Im September 2011 vergab sie die Tätigkeit zu einem festen Bruttopreis an einen der ursprünglichen Anbieter. Reparaturen und sonstige Arbeiten sollten ggf. nach besonderer Vereinbarung vergütet werden.

4

Der Kläger hat sich mit der vorliegenden Klage fristgerecht gegen die Kündigung gewandt. Er hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei sozial ungerechtfertigt. Die Beklagte habe im Kündigungszeitpunkt allenfalls die vage Absicht gehabt, ein fremdes Unternehmen mit den Hausmeisterdiensten zu beauftragen. Ein Konzept, wie die betrieblichen Abläufe zukünftig gestaltet werden sollten, habe sie zu der Zeit noch nicht entwickelt. Im Übrigen sei die behauptete unternehmerische Entscheidung nicht von einem ordnungsgemäßen Beschluss ihrer Gesellschafter gedeckt. Die soziale Auswahl sei fehlerhaft. Er sei mit den in anderen Einrichtungen tätigen Hausmeistern vergleichbar und zumindest gegenüber einem der fraglichen Mitarbeiter sozial schutzbedürftiger. Bei der Auswahl habe die Beklagte Vorbeschäftigungszeiten, die er seit dem 1. April 1998 erbracht habe, berücksichtigen müssen. Die Kündigung sei auch deshalb unwirksam, weil der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß angehört worden sei. Zudem sei die maßgebende - tarifliche - Kündigungsfrist bei richtiger Berechnung seiner Beschäftigungsdauer nicht eingehalten.

5

Der Kläger hat - soweit noch von Bedeutung - beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die ordentliche Kündigung vom 29. Juni 2011 nicht aufgelöst worden ist und über den Ablauf der Kündigungsfrist hinaus fortbesteht;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, ihn über den Ablauf der Kündigungsfrist bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung als Hausmeister weiter zu beschäftigen.

6

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat geltend gemacht, ihr Geschäftsführer habe in der 24. Kalenderwoche des Jahres 2011 auf der Grundlage dreier Angebote beschlossen, ab dem 1. Januar 2012 ein fremdes Unternehmen mit der Erledigung der bisher dem Kläger übertragenen Dienste zu beauftragen. Die Entscheidung, die zum fraglichen Termin auch tatsächlich umgesetzt worden sei, trage einem bestehenden Kostendruck Rechnung und sei weder unsachlich, noch unvernünftig oder willkürlich. Unschädlich sei, dass der Vertrag mit dem betrauten Unternehmen erst im Herbst 2011 geschlossen worden sei und inhaltlich in einzelnen Punkten von dessen ursprünglichem Angebot abweiche. Einer sozialen Auswahl habe es nicht bedurft. Der Kläger sei schon wegen der vertraglichen Festlegung seines Arbeitsorts auf T mit anderen Hausmeistern nicht vergleichbar. Zudem handele es sich bei jenen Arbeitnehmern um Vollzeitkräfte, die, anders als der Kläger, zusätzliche Tätigkeiten schuldeten. Selbst wenn der Kläger mit den Vollzeitkräften vergleichbar sein sollte, sei die soziale Auswahl im Ergebnis nicht zu beanstanden. Den Betriebsrat habe sie am 21. Juni 2011 - mündlich - ordnungsgemäß unterrichtet.

7

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren weiter, die Klage abzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

9

I. Das Landesarbeitsgericht hat den Feststellungsantrag - unausgesprochen - als einheitlichen Antrag nach § 4 Satz 1 KSchG ausgelegt und als solchen für zulässig gehalten. Diese Würdigung begegnet keinen Bedenken.

10

II. Mit der bisherigen Begründung durfte das Landesarbeitsgericht nicht annehmen, die Kündigung sei sozial ungerechtfertigt iSv. § 1 Abs. 1, Abs. 2 KSchG.

11

1. Das Kündigungsschutzgesetz findet auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung. Dieses bestand bei Zugang der Kündigung länger als sechs Monate (§ 1 Abs. 1 KSchG). Der betriebliche Geltungsbereich des Gesetzes ist nach § 23 Abs. 1 KSchG eröffnet.

12

2. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Beklagte habe ein dringendes betriebliches Erfordernis zur Kündigung iSv. § 1 Abs. 2 KSchG nicht schlüssig aufgezeigt. Ihrem Vorbringen sei nicht zu entnehmen, dass im maßgebenden Kündigungszeitpunkt eine Entscheidung zur Fremdvergabe der Hausmeisterdienste schon getroffen gewesen sei. Jedenfalls habe „eine ‚greifbare‘ Form der Entscheidung“ im Kündigungszeitpunkt „noch nicht vor[gelegen]“. Die bei den Drittfirmen eingeholten Angebote hätten rein informativen Zwecken gedient. In konkrete Verhandlungen sei die Beklagte erst längere Zeit nach Zugang der Kündigung eingetreten.

13

3. Diese Beurteilung hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Das Landesarbeitsgericht hat, soweit es nicht den Rechtsbegriff des „dringenden betrieblichen Erfordernisses“ verkannt hat, an die Darlegung des behaupteten Kündigungsgrundes überzogene Anforderungen gestellt. Dies rügt die Beklagte mit Recht.

14

a) Dringende betriebliche Erfordernisse iSv. § 1 Abs. 2 KSchG liegen vor, wenn die Umsetzung einer unternehmerischen (Organisations-)Entscheidung auf der betrieblichen Ebene spätestens mit Ablauf der Kündigungsfrist zu einem voraussichtlich dauerhaften Wegfall des Bedarfs an einer Beschäftigung des betroffenen Arbeitnehmers führt. Diese Prognose muss schon im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung objektiv berechtigt sein (BAG 31. Juli 2014 - 2 AZR 422/13 - Rn. 31; 23. Februar 2010 - 2 AZR 268/08 - Rn. 17, BAGE 133, 240).

15

aa) Ein dringendes „betriebliches“ Erfordernis, das einer Weiterbeschäftigung entgegensteht, ist gegeben, wenn die Arbeitskraft des Arbeitnehmers im Betrieb nicht mehr gefordert ist. Der Arbeitgeber ist grundsätzlich nicht gehalten, nicht mehr benötigte Arbeitsplätze und Arbeitskräfte weiterhin zu besetzen bzw. zu beschäftigen. Dabei kommt es de lege lata nicht darauf an, ob die dem Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses zugrunde liegende unternehmerische (Organisations-)Entscheidung ihrerseits - etwa aus wirtschaftlichen Gründen - „dringend“ war oder die Existenz des Unternehmens auch ohne sie nicht gefährdet gewesen wäre (BAG 20. Juni 2013 - 2 AZR 379/12 - Rn. 20, BAGE 145, 265). In diesem Sinne ist die unternehmerische Entscheidung zur Umorganisation bis zur Grenze der offensichtlichen Unsachlichkeit, Unvernunft oder Willkür frei. Für eine beschlossene und tatsächlich durchgeführte unternehmerische Organisationsentscheidung spricht dabei die Vermutung, dass sie aus sachlichen - nicht zuletzt wirtschaftlichen - Gründen getroffen wurde und nicht auf Rechtsmissbrauch beruht (BAG 31. Juli 2014 - 2 AZR 422/13 - Rn. 31; 20. Juni 2013 - 2 AZR 379/12 - aaO mwN).

16

bb) Hängt der Wegfall des Beschäftigungsbedarfs von einer solchen unternehmerisch-organisatorischen Maßnahme des Arbeitgebers ab, braucht diese bei Kündigungszugang noch nicht tatsächlich umgesetzt zu sein. Es genügt, dass sie sich konkret und greifbar abzeichnet. Dazu müssen - soweit die Kündigung ihren Grund in einer Änderung der betrieblichen Organisation hat - zumindest die Absicht und der Wille des Arbeitgebers, die fraglichen Maßnahmen vorzunehmen, schon vorhanden und abschließend gebildet worden sein. Andernfalls lässt sich im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung - auf den es dafür unverzichtbar ankommt - nicht hinreichend sicher prognostizieren, es werde bis zum Ablauf der Kündigungsfrist tatsächlich zum Wegfall des Beschäftigungsbedarfs kommen (BAG 31. Juli 2014 - 2 AZR 422/13 - Rn. 34; 20. Februar 2014 - 2 AZR 346/12 - Rn. 18; 23. Februar 2010 - 2 AZR 268/08 - Rn. 18, BAGE 133, 240).

17

b) Da der Arbeitgeber gemäß § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG die Tatsachen zu beweisen hat, die die Kündigung bedingen, hat er die tatsächlichen Grundlagen für die Berechtigung der Prognose, bis spätestens zum Ablauf der Kündigungsfrist werde ein Beschäftigungsbedarf entfallen sein, von sich aus schlüssig vorzutragen. Zu diesen Tatsachen gehört der schon bei Kündigungszugang getroffene endgültige Entschluss zur Vornahme einer Maßnahme, die zu einem solchen Wegfall führen werde. Wie substantiiert der Vortrag zu erfolgen hat, hängt von der Einlassung des Arbeitnehmers ab. Zunächst genügt es, wenn der Arbeitgeber - zumindest konkludent - behauptet, er habe seine entsprechende Entscheidung schon vor Zugang der Kündigung getroffen. Wenn der Arbeitnehmer dies mit - in der Regel zunächst ausreichendem - Nichtwissen bestreitet, wird der Arbeitgeber nähere tatsächliche Einzelheiten darlegen müssen, aus denen unmittelbar oder mittelbar geschlossen werden kann, er habe die entsprechende Absicht bereits im Kündigungszeitpunkt endgültig gehabt. Geht es dabei um den inneren Zustand einer einzelnen Person, wird sich das Gericht die Überzeugung von der Wahrheit der Behauptung - wie stets - nach § 286 ZPO bilden müssen. Soweit sich die innere Tatsache nach außen manifestiert hat, wird es ggf. Beweis über die Indiztatsachen erheben und diese würdigen müssen. Fehlt es an einer entsprechenden Offenbarung der unternehmerischen Entscheidung, wird es auf die genaue Darlegung des inneren Willensbildungsprozesses der betreffenden Person, die Schlüssigkeit ihrer Angaben und ihre Glaubwürdigkeit ankommen (vgl. BAG 31. Juli 2014 - 2 AZR 422/13 - Rn. 36).

18

c) Danach hat die Beklagte einen die Kündigung rechtfertigenden Grund schlüssig aufgezeigt.

19

aa) Sie hat vorgebracht, ihr Geschäftsführer habe nach Einholung dreier Angebote in der 24. Kalenderwoche - dh. in der Zeit zwischen dem 13. und 19. Juni 2011 - entschieden, die bisher dem Kläger übertragenen Hausmeisterdienste ab dem 1. Januar 2012 durch einen externen Dienstleister erledigen zu lassen. Seinen Entschluss habe er am 20. Juni 2011 dem Personalleiter und der Heimleiterin des Seniorenheims in einer Dienstberatung mitgeteilt. Am Folgetag habe er die Vorsitzende des Betriebsrats von der Entscheidung unterrichtet und dabei eines der Angebote vorgelegt.

20

bb) Bereits die Offenbarung der fraglichen Entscheidung gegenüber Dritten spricht - als wahr unterstellt - in hohem Maße dafür, dass der Geschäftsführer den Entschluss zur Fremdvergabe bereits bei Kündigungszugang gefasst hatte. Die gegenteilige Würdigung des Landesarbeitsgerichts wird dem Indizwert der betreffenden äußeren Umstände nicht gerecht. Jedenfalls durfte es nicht weitergehende Darlegungen zur inneren Willensbildung verlangen, ohne sich zuvor von der Wahrheit oder Unwahrheit der behaupteten Mitteilungen überzeugt zu haben. Ebenso wenig bedurfte es weitergehender Darlegungen zu den Überlegungen und Beweggründen, auf denen die Entscheidung beruhen soll, um ihr Vorliegen plausibel zu machen. Im Übrigen hat die Beklagte ihre Erwägungen durchaus offengelegt, soweit sie auf eine Kosteneinsparung und darauf verwiesen hat, zukünftig Hausmeisterdienste flexibler abrufen zu können.

21

cc) Besondere Umstände, die geeignet wären, die indizielle Wirkung der in Rede stehenden Tatsachen zu entkräften oder abzuschwächen, sind nicht festgestellt. Die Beklagte hat zwar nicht anzugeben vermocht, an welchem genauen Tag ihr Geschäftsführer die Entscheidung zur Fremdvergabe der Hausmeisterdienste getroffen habe. Das schließt die Möglichkeit, er habe den entsprechenden Willen schon vor Zugang der Kündigung gefasst, aber nicht aus. Da die unternehmerische Entscheidung keinem Formzwang unterliegt (vgl. BAG 31. Juli 2014 - 2 AZR 422/13 - Rn. 35; 7. Juli 2005 - 2 AZR 399/04 - zu II 4 d dd der Gründe), widerspricht auch das Fehlen einer Verschriftung dieser Annahme nicht. Soweit das Landesarbeitsgericht gemeint hat, die „Entscheidung [habe] zeitlich mit einem gewissen Abstand vor … der Kündigung und Anhörung des Betriebsrats zu erfolgen“, bleibt unklar, was es damit ausdrücken will. Nach dem Vortrag der Beklagten fielen die behauptete Organisationsentscheidung und die Kündigung keineswegs zusammen.

22

dd) Es kann dahinstehen, ob eine Entscheidung über die Fremdvergabe von Hausmeisterdiensten - wie der Kläger gemeint hat - intern den Gesellschaftern der Beklagten vorbehalten und ob sie von einem wirksamen Beschluss der Gesellschafterversammlung getragen war. Darauf kommt es kündigungsrechtlich nicht an. Bei einer juristischen Person genügt es, dass derjenige, der dazu die tatsächliche Macht hat, die betreffende Entscheidung endgültig und vorbehaltlos getroffen hat (vgl. BAG 31. Juli 2014 - 2 AZR 422/13 - Rn. 35; 5. April 2001 - 2 AZR 696/99 - zu II 3 der Gründe). Diese Voraussetzung ist im Streitfall nach den Darlegungen der Beklagten bezogen auf die Entscheidung ihres Geschäftsführers erfüllt.

23

ee) Die in Rede stehende Maßnahme - die Fremdvergabe der Hausmeisterdienste - hatte damit im Kündigungszeitpunkt - die tatsächlichen Behauptungen der Beklagten als wahr unterstellt - „greifbare Formen“ angenommen. Die gegenteilige Würdigung des Landesarbeitsgerichts wird dem prognostischen Anteil des Kündigungsgrundes nicht gerecht.

24

(1) Die Beklagte hatte endgültig und ernsthaft beschlossen, die fragliche organisatorische Änderung durchzuführen. Es war nicht erforderlich, dass sie vor Zugang der Kündigung mit der Verwirklichung ihrer Entscheidung bereits begonnen hätte (vgl. BAG 10. Oktober 1996 - 2 AZR 651/95 - zu II 1 der Gründe; 19. Juni 1991 - 2 AZR 127/91 - zu II 2 b der Gründe). Das betrifft nicht nur deren unmittelbare Umsetzung. Auch vorbereitende Maßnahmen - etwa den Vertragsschluss mit dem Drittunternehmen - musste sie noch nicht ergriffen haben. Es genügte, dass sie berechtigterweise annehmen durfte, die laufende Kündigungsfrist biete ihr hierfür ausreichend Zeit.

25

(2) Das war hier der Fall. Die Beklagte hatte nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts bereits im März 2011 Angebote von Dienstleistern angefordert. Auch wenn dies zunächst der Markterkundung gedient haben mag, so konnte sie doch aufgrund des Ergebnisses ihrer Anfragen hinreichend sicher annehmen, sie werde rechtzeitig einen geeigneten Dienstleister finden. Anderes gälte allenfalls dann, wenn der Geschäftsführer die Durchführung der Maßnahme von weiteren, unwägbaren Voraussetzungen, etwa davon abhängig gemacht hätte, die Aufgaben zu günstigeren Konditionen vergeben zu können als angeboten. Davon geht das Landesarbeitsgericht aber nicht aus. Der Umstand, dass der im Herbst 2011 mit dem Dienstleister geschlossene Vertrag gegenüber dem ursprünglichen Angebot bestimmte Modifikationen enthält, bietet für einen solchen Vorbehalt keinen hinreichenden Anhaltspunkt.

26

ff) Der Entschluss zur Fremdvergabe der Hausmeisterdienste war geeignet, den Bedarf an einer Beschäftigung des Klägers zum Ende des Jahres 2011 in Wegfall zu bringen. Zwar waren Hausmeistertätigkeiten in der vom Kläger betreuten Einrichtung auch fortan zu erledigen. Sie sollten aber nicht mehr von eigenen Arbeitskräften der Beklagten ausgeführt, sondern von einem anderen Unternehmen - mit dessen Arbeitskräften - selbständig erledigt werden. Eine derartige Organisationsentscheidung ist rechtlich grundsätzlich nicht zu beanstanden. Das gilt auch dann, wenn sie - anders als von der Beklagten erwartet - nicht mit einer Ersparnis von Kosten verbunden gewesen sein sollte.

27

(1) Die Gestaltung des Betriebs, die Antwort auf die Frage, ob und in welcher Weise sich der Arbeitgeber wirtschaftlich betätigen will, sind Bestandteil der durch Art. 12, Art. 14 und Art. 2 Abs. 1 GG geschützten unternehmerischen Freiheit. Zu dieser gehört das Recht, das Unternehmen aufzugeben, darüber zu entscheiden, welche Größenordnung es haben soll, und festzulegen, ob bestimmte Arbeiten weiter im eigenen Betrieb ausgeführt oder an Drittunternehmen vergeben werden sollen (BAG 20. Juni 2013 - 2 AZR 380/12 - Rn. 21; 22. November 2012 - 2 AZR 673/11 - Rn. 17). Das Kündigungsschutzgesetz schreibt nicht eine bestimmte rechtliche und organisatorische Form der Erledigung anfallender Aufgaben fest (BAG 23. April 2008 - 2 AZR 1110/06 - Rn. 19).

28

(2) Der Arbeitgeber ist - bis zur Grenze der Willkür - nicht gehindert, auch wirtschaftlich nicht zwingend notwendige Organisationsentscheidungen zu treffen (BAG 20. Juni 2013 - 2 AZR 380/12 - Rn. 20). Es ist nicht Sache der Gerichte, ihm eine „bessere“ oder „richtigere“ betriebliche Organisation vorzuschreiben (BAG 29. August 2013 - 2 AZR 809/12 - Rn. 17 mwN, BAGE 146, 37). Im Fall der Fremdvergabe kommt es deshalb grundsätzlich nicht darauf an, ob durch die Beauftragung des Drittunternehmens tatsächlich Kosten gespart werden (vgl. BAG 31. Mai 2007 - 2 AZR 306/06 - Rn. 23, BAGE 123, 20).

29

(3) Die in Rede stehende Entscheidung lässt keine sachfremden Erwägungen erkennen. Sie ist nicht etwa deshalb unsachlich, weil die Beklagte in anderen Einrichtungen weiterhin eigene Arbeitskräfte als Hausmeister beschäftigt. Zum einen ist nicht erkennbar, dass dies durchgängig der Fall wäre. Zum anderen steht es dem Arbeitgeber frei, verschiedene Betriebsstätten unterschiedlich zu organisieren.

30

III. Der Rechtsstreit ist nicht entscheidungsreif. Der Senat kann nicht abschließend beurteilen, ob die Kündigung vom 29. Juni 2011 wirksam ist. Es fehlt an erforderlichen Feststellungen. Die Sache war deshalb an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen.

31

1. Es steht nicht fest, ob die Kündigung durch Gründe iSv. § 1 Abs. 2 KSchG bedingt ist. Das Landesarbeitsgericht hat das Vorbringen der Beklagten zum Vorliegen dringender betrieblicher Erfordernisse rechtsfehlerhaft als unschlüssig angesehen und sich - von seinem Standpunkt aus konsequent - kein Urteil darüber gebildet, ob deren tatsächliche Behauptungen für wahr zu erachten sind (§ 286 ZPO). Dies hat es nachzuholen.

32

a) Allerdings kann bezweifelt werden, ob der Kläger die Ausführungen der Beklagten gemäß § 138 ZPO ausreichend bestritten hat. Er ist deren Vortrag vornehmlich mit Rechtsausführungen entgegengetreten, die sich als nicht durchgreifend erwiesen haben. In tatsächlicher Hinsicht hat er sich darauf beschränkt, das Zustandekommen einer unternehmerischen Entscheidung im Kündigungszeitpunkt „einfach“ zu bestreiten. Nachdem die Beklagte ihre betreffenden Behauptungen durch Hinweis auf die Dienstberatung vom 20. Juni 2011 und dort gefallene Äußerungen ihres Geschäftsführers konkretisiert hatte, wäre es Sache des Klägers gewesen, die ergänzenden Ausführungen „spezifisch“, sei es durch substantiierten Gegenvortrag (§ 138 Abs. 2 ZPO), sei es mit Nichtwissen (§ 138 Abs. 4 ZPO) zu bestreiten. Das ist, soweit ersichtlich, nicht geschehen.

33

b) Die abschließende Würdigung ist zunächst dem Landesarbeitsgericht vorbehalten. Zum einen mag der Kläger die Notwendigkeit einer Konkretisierung seines Bestreitens nicht erkannt haben, weil beide Vorinstanzen von der Unschlüssigkeit des Vortrags der Beklagten ausgegangen sind. Zum anderen unterliegen die in Rede stehenden Indiztatsachen, selbst wenn sie als zugestanden anzusehen wären, einer abschließenden Würdigung gemäß § 286 ZPO, die Aufgabe des Tatsachengerichts ist.

34

2. Der Senat kann nicht beurteilen, ob die Kündigung allemal deshalb sozial ungerechtfertigt ist, weil die Beklagte soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat (§ 1 Abs. 1, Abs. 3 KSchG).

35

a) Dem bisherigen aus dem Berufungsurteil ersichtlichen Parteivorbringen ist nicht zu entnehmen, dass es eines sozialen Vergleichs mit Hausmeistern, die an anderen Standorten beschäftigt sind und die in einem Arbeitsverhältnis zur Beklagten stehen, nicht bedurft hätte.

36

aa) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die fraglichen Einrichtungen der Beklagten bildeten einen einheitlichen Betrieb im kündigungsschutzrechtlichen Sinne. Dagegen erhebt die Beklagte keine Einwände. Ein Rechtsfehler ist nicht erkennbar.

37

bb) Das Vorbringen der Beklagten berechtigt nicht zu der Annahme, der Tätigkeitsbereich des Klägers sei vertraglich auf das Seniorenheim T eingegrenzt (zu den Folgen einer solchen Beschränkung für die Sozialauswahl vgl. BAG 17. September 1998 - 2 AZR 725/97 - zu II 2 c der Gründe).

38

(1) Dem Arbeitsverhältnis der Parteien liegen die Vereinbarungen im Arbeitsvertrag vom 27. Februar 2007 zugrunde. Dem äußeren Erscheinungsbild nach handelt es sich um einen Formularvertrag, auf den die Vorschriften über Allgemeine Geschäftsbedingungen nach §§ 305 ff. BGB zur Anwendung kommen. Die Auslegung solcher Vertragsbedingungen kann das Revisionsgericht selbst vornehmen (BAG 12. September 2013 - 6 AZR 512/12 - Rn. 21; 15. Juni 2010 - 3 AZR 994/06 - Rn. 24; jeweils mwN).

39

(2) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden. Dabei sind nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der konkreten Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist der Wortlaut nicht eindeutig, kommt es auf das typische Verständnis redlicher Vertragspartner an (BAG 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - Rn. 14). Von Bedeutung sind ferner der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck und die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten (BAG 26. September 2012 - 10 AZR 311/11 - Rn. 17).

40

(3) Ist im Arbeitsvertrag zwar der Ort der Arbeitsleistung bestimmt, ist aber zugleich die Möglichkeit eines Einsatzes auch in anderen Betrieben des Unternehmens vorgesehen, verhindert dies regelmäßig die Beschränkung der Arbeitspflicht auf den im Vertrag genannten Arbeitsort (BAG 28. August 2013 - 10 AZR 569/12 - Rn. 20; 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 15). Insoweit macht es keinen Unterschied, ob im Arbeitsvertrag auf eine Festlegung des Orts der Arbeitsleistung verzichtet und diese dem Arbeitgeber im Rahmen von § 106 GewO vorbehalten bleibt oder ob der Ort der Arbeitsleistung bestimmt, aber die Möglichkeit der Zuweisung eines anderen Orts vereinbart wird. Dadurch wird lediglich klargestellt, dass § 106 Satz 1 GewO gelten und eine Befugnis zur Versetzung an andere Arbeitsorte bestehen soll.

41

(4) Danach kann auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen nicht angenommen werden, die Parteien hätten den Einsatzort des Klägers vertraglich festgelegt.

42

(a) Zwar heißt es unter § 1 des Arbeitsvertrags, „der Arbeitnehmer“ werde „als Hausmeister für den Bereich Seniorenresidenz T … unbefristet eingestellt“. Eine solche Klausel kann - wenn nichts anderes geregelt ist - durchaus für eine entsprechende Festschreibung des Arbeitsorts sprechen (vgl. BAG 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 20).

43

(b) Gegen eine dauerhafte Festlegung spricht jedoch die im Arbeitsvertrag enthaltene Bezugnahme auf den „jeweils für den Arbeitgeber geltende(n) Tarifvertrag“, weil dieser Bestimmungen zur Versetzungsmöglichkeit enthält.

44

(aa) Das Arbeitsgericht hat im Rahmen seiner Feststellungen, die sich das Landesarbeitsgericht zu eigen gemacht hat, angenommen, aufgrund der Bezugnahmeklausel finde auf das Arbeitsverhältnis der Parteien der zwischen dem Arbeitgeberverband der Arbeiterwohlfahrt Thüringen e. V. und der DHV geschlossene Tarifvertrag Anwendung. Das entspricht offenbar dem übereinstimmenden Verständnis beider Parteien. Die Würdigung ist rechtlich möglich. Selbst wenn der Tarifvertrag mangels Tarifzuständigkeit der DHV „fehlerhaft“ sein sollte (zur Problematik vgl. BAG 11. Juni 2013 - 1 ABR 32/12 - BAGE 145, 211), führte dies nicht dazu, dass die Bezugnahme unwirksam wäre oder ins Leere ginge. Die Arbeitsvertragsparteien können grundsätzlich auch auf fehlerhafte Tarifverträge verweisen (BAG 22. Januar 2002 - 9 AZR 601/00 - zu A I 2 b der Gründe mwN, BAGE 100, 189).

45

(bb) Unter § 16 Abs. 1 des TV-AWO Thüringen vom 1. Januar 2010 heißt es: „Der Arbeitnehmer ist im Rahmen seiner arbeitsvertraglich vereinbarten Tätigkeit in jedem/r Betrieb, Betriebsteil oder Einrichtung des Arbeitgebers vorübergehend oder auf Dauer einsetzbar.“ Ist die Regelung wirksam in den Arbeitsvertrag einbezogen worden, hat sie die Wirkung eines vertraglichen Versetzungsvorbehalts. Auf diese Weise wäre - zumal Sinn und Zweck der Verweisung laut Arbeitsvertrag die „Gleichstellung der Arbeitnehmer und Vereinheitlichung der arbeitsvertraglichen Regelungen“ sein sollte - hinreichend klargestellt, dass die vertragliche Bestimmung des Einsatzorts mit „Seniorenresidenz T“ lediglich die erstmalige Ausübung des entsprechenden Weisungsrechts darstellte.

46

(cc) Auch wenn die tarifliche Versetzungsregelung nicht wirksam Vertragsbestandteil geworden sein sollte, kann die Vereinbarung zum „Tätigkeitsbereich“ nicht anders verstanden werden. Der Kläger musste angesichts des beabsichtigten Einbezugs der tariflichen Bestimmung annehmen, dass die Beklagte nicht den Willen hatte, sich ihrer Weisungsrechte aus § 106 GewO zu begeben.

47

cc) Das bisherige Vorbringen berechtigt nicht zu der Annahme, die anderen Hausmeister seien deshalb mit dem Kläger nicht vergleichbar, weil sie - anders als er - mit vollem Stundendeputat beschäftigt sind.

48

(1) Eine Sozialauswahl zwischen Arbeitnehmern in Teilzeit und solchen, die in Vollzeit beschäftigt sind, kann ausgeschlossen sein, wenn der Arbeitgeber auf der Grundlage eines nachvollziehbaren unternehmerischen Konzepts bestimmten Tätigkeiten bestimmte Arbeitszeiten zuordnet (BAG 3. Dezember 1998 - 2 AZR 341/98 - zu II 4 der Gründe, BAGE 90, 236). Entsprechendes gilt für eine Sozialauswahl unter Teilzeitkräften mit unterschiedlichen Arbeitszeitdeputaten (BAG 15. Juli 2004 - 2 AZR 376/03 - zu C III 2 der Gründe, BAGE 111, 229). Arbeitnehmer, die aufgrund solcher Organisationsentscheidungen unterschiedlich lange Wochenarbeitszeiten haben, die nur durch Änderungskündigungen angepasst werden könnten, sind nicht austauschbar und damit nicht miteinander vergleichbar iSv. § 1 Abs. 3 KSchG.

49

(2) Die Beklagte hat geltend gemacht, sie habe die in den einzelnen Einrichtungen anfallenden Hausmeistertätigkeiten „einrichtungsbezogen“ nach dem jeweils anfallenden Arbeitsvolumen organisiert. Je Einrichtung solle ein Hausmeister „vor Ort“ als Ansprechpartner vorhanden sein und die anfallenden Arbeiten erledigen. Auf diese Weise hat sie die jeweilige Hausmeistertätigkeit nicht starr an ein bestimmtes Arbeitszeitvolumen der eingesetzten Hausmeister gebunden. Auch wenn es sachliche Gründe geben mag, Hausmeister nicht einrichtungsübergreifend zu beschäftigen, wird aus dem Vorbringen der Beklagten nicht deutlich, weshalb pro Einrichtung jeweils nur ein Arbeitnehmer mit den Hausmeistertätigkeiten betraut werden kann. Das gilt umso mehr, als die Beklagte eine solche Situation offenbar auch in den Einrichtungen nicht gewährleistet, in denen sie die Hausmeistertätigkeiten fremdvergeben hat.

50

dd) Soweit die Beklagte behauptet hat, der Kläger sei mit anderen Hausmeistern, insbesondere dem von ihm namentlich benannten Arbeitnehmer deshalb nicht vergleichbar, weil diese noch weitere Tätigkeiten - etwa als Maler - schuldeten und erbrächten, ist ihr Vortrag streitig geblieben und bedarf ggf. weiterer Aufklärung.

51

b) Die Beklagte hat die Sozialdaten der anderen Hausmeister mitgeteilt und geltend gemacht, die Auswahl des Klägers sei selbst bei unterstellter Vergleichbarkeit im Ergebnis nicht zu beanstanden. Ob dies zutrifft, wird das Landesarbeitsgericht ggf. zu prüfen und zu bewerten haben. Dabei wird es sich, falls es darauf ankommt, auch mit der Frage befassen müssen, ob die Voraussetzungen für eine Anrechnung vor dem 1. April 2007 erbrachter Beschäftigungszeiten des Klägers vorliegen.

52

3. Sollte sich die Kündigung als sozial gerechtfertigt erweisen, wird der Frage nachzugehen sein, ob der Betriebsrat gemäß § 102 BetrVG ordnungsgemäß zur Kündigung angehört worden ist.

53

a) Die Beklagte hat vorgetragen, sie habe der Vorsitzenden des Gremiums am 21. Juni 2011 mündlich ihre Kündigungsabsicht unter Mitteilung der Tätigkeit und der Sozialdaten des Klägers, des Kündigungsgrundes, der Kündigungsart einschließlich des Kündigungstermins und ihrer Erwägungen zur Sozialauswahl nebst den Daten der anderen Hausmeister mitgeteilt. Das Vorbringen lässt, zumal die Mitteilungspflicht des Arbeitgebers über die Gründe der Kündigung nach § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG „subjektiv determiniert“ ist(vgl. nur BAG 12. September 2013 - 6 AZR 121/12 - Rn. 20; 12. August 2010 - 2 AZR 104/09 - Rn. 17), keine inhaltlichen Mängel erkennen. Die Wochenfrist des § 102 Abs. 2 Satz 1 BetrVG wäre, ausgehend von dem behaupteten Zugang der Kündigung am 29. Juni 2011, eingehalten.

54

b) Das Landesarbeitsgericht wird zu beurteilen haben, ob der Kläger das Vorbringen hinreichend - mit Nichtwissen - bestritten hat. Ggf. wird es die erforderlichen Beweise zu erheben haben.

55

4. Sollte sich die Kündigung als solche als wirksam erweisen, wird sich das Landesarbeitsgericht mit dem Einwand des Klägers zu befassen haben, die Beklagte habe sie nicht termingerecht erklärt.

56

5. Von der Zurückverweisung ist auch der als Hilfsantrag zu verstehende Antrag des Klägers auf vorläufige Weiterbeschäftigung erfasst. Die Entscheidung über ihn ist abhängig von der Entscheidung über den Feststellungsantrag.

        

   Kreft    

        

   Niemann    

        

   Berger    

        

        

        

   Krichel    

        

   Grimberg    

                 

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 27. Juni 2014 - 18 Sa 67/14 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung.

2

Die 1967 geborene Klägerin war seit 1988 im Labor des M Hospitals in H als medizinisch-technische Laborassistentin (MTLA) tätig. Trägerin des Krankenhauses ist seit 1989 die Beklagte. Diese betreibt außerdem das F Hospital in B und das S Hospital in R. Aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung finden auf das Arbeitsverhältnis der Parteien die „Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes“ (AVR) in ihrer jeweils geltenden Fassung Anwendung.

3

Im Herbst 2012 beschloss die Beklagte, das Labor im M Hospital aufzulösen. Nach einem neu entwickelten „Labor-Konzept“ sollten Routine-Untersuchungen künftig durch das Labor des F Hospitals miterledigt werden. Notfallmäßig vorzunehmende Untersuchungen sollten über im M Hospital zu errichtende „POCT-Labore“ abgewickelt werden. Bei dem Point-of-Care-Testing (POCT) werden mittels spezieller Messsysteme Vitalparameter erfasst. Die dafür benötigten Geräte wurden in der Notaufnahme des M Hospitals installiert.

4

Mitte September 2012 unterrichtete die Beklagte die im M Hospital bestehende Mitarbeitervertretung von ihrer Absicht, das Labor der Einrichtung zum 31. Dezember 2012 zu schließen. Anschließende Verhandlungen führten am 30. Oktober 2012 zum Abschluss eines freiwilligen Sozialplans und einer Dienstvereinbarung über das neue Labor-Konzept.

5

Mit - einheitlichem - Schreiben vom 23. Oktober 2012, das mit „Anhörung gem. §§ 30 bzw. 31 MAVO“ überschrieben ist, bat die Beklagte die Mitarbeitervertretung um Zustimmung zur beabsichtigten Kündigung der Arbeitsverhältnisse der Klägerin und sieben weiterer Mitarbeiterinnen. Sie verwies auf ein vorangegangenes Gespräch und eine „Powerpoint-Präsentation“, die sie als Druckversion dem Schreiben beifügte. Weiter führte sie aus, die Schließung des Labors habe zur Folge, dass die Dienstverträge der dort tätigen Mitarbeiterinnen „aus betriebsbedingten Gründen ordentlich, bzw. bei den ordentlich unkündbaren Mitarbeiterinnen außerordentlich mit sozialer Auslauffrist gekündigt werden müss[t]en“. Dazu teilte sie die Namen sowie - in einer beigefügten Anlage - die Sozialdaten der „betroffenen Mitarbeiterinnen“ mit und gab an, eine Sozialauswahl sei mangels vergleichbarer Arbeitsplätze im M Hospital entbehrlich. Außerdem erklärte sie, anderweitige gleichwertige oder nicht gleichwertige Arbeitsplätze seien weder im M Hospital noch in den beiden anderen Häusern „vorhanden“. Die Mitarbeitervertretung gab hierzu keine Stellungnahme ab.

6

Mit Schreiben vom 8. November 2012 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien außerordentlich unter Einhaltung einer „sozialen“ Auslauffrist zum 30. Juni 2013.

7

Hiergegen hat sich die Klägerin rechtzeitig mit der vorliegenden Klage gewandt. Sie hat gemeint, eine außerordentliche Kündigung aus betrieblichen Gründen sei schon nach den AVR ausgeschlossen. Jedenfalls fehle es an einem wichtigen Grund. Weder seien ihre bisherigen Aufgaben entfallen noch habe die Beklagte dargetan, dass sie über andere freie Arbeitsplätze nicht verfüge. Geeignete Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten hätten durchaus bestanden, etwa in der Röntgenabteilung des M Hospitals. Nach einer Einarbeitungszeit von weniger als drei Monaten habe sie im Übrigen in verschiedenen weiteren - konkret bezeichneten - Bereichen des Hospitals beschäftigt werden können. Zumindest im Umfang von zwei bis drei Stunden täglich seien unterstützende Tätigkeiten bei der Bedienung der POCT-Geräte möglich gewesen. Auch in den beiden anderen Krankenhäusern hätten alternative Einsatzmöglichkeiten bestanden. Abgesehen davon habe die Beklagte bei der Sozialauswahl den relevanten Personenkreis verkannt. Die von ihr betriebenen Krankenhäuser stünden unter einheitlicher Leitung und bildeten gemeinsam mit dem M Hospital einen Betrieb im kündigungsrechtlichen Sinne. Zudem fehle es an einer ordnungsgemäßen Beteiligung der Mitarbeitervertretung. Dieser sei nicht erläutert worden, wie die Beklagte zu der Einschätzung gelangt sei, Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten bestünden nicht.

8

Die Klägerin hat beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die außerordentliche Kündigung vom 8. November 2012 nicht aufgelöst worden ist.

9

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die Kündigung sei nach den AVR zulässig und aus wichtigem Grund gerechtfertigt. Nach Schließung des Labors im M Hospital habe sie die Klägerin nicht mehr beschäftigen können. Als MTLA habe sie nicht eingesetzt werden können. Die Übertragung anderer Aufgaben im M Hospital scheide aus. Die „POCT-Labore“ bediene seit deren Einrichtung das Ambulanzpersonal. Zwar werde dieses dabei von zwei Mitarbeitern aus dem F Hospital unterstützt, die auch die Wartung und Instandhaltung der Geräte übernommen hätten. Der dafür anzusetzende Arbeitsaufwand belaufe sich aber höchstens auf eine Stunde täglich. Einer Sozialauswahl habe es nicht bedurft. Jedes der von ihr betriebenen Krankenhäuser bilde einen eigenständigen Betrieb. Zu einer „Freikündigung“ besetzter vergleichbarer Stellen sei sie nicht verpflichtet gewesen. Die Mitarbeitervertretung habe sie ordnungsgemäß beteiligt. Diese sei über den Kündigungsgrund ausreichend unterrichtet worden.

10

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren weiter, die Klage abzuweisen.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten gegen das der Klage stattgebende Urteil des Arbeitsgerichts im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen. Das Arbeitsverhältnis der Parteien wurde durch die Kündigung vom 8. November 2012 nicht aufgelöst.

12

A. Die Revision ist zulässig. Sie ist innerhalb der Frist des § 74 Abs. 1 ArbGG ordnungsgemäß begründet worden.

13

I. Nach § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO gehört zum notwendigen Inhalt der Revisionsbegründung die Angabe der Revisionsgründe. Bei einer Sachrüge muss die Revisionsbegründung den Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts so aufzeigen, dass Gegenstand und Richtung des Revisionsangriffs erkennbar sind. Dazu muss die Begründung eine Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen Urteils enthalten. Dies erfordert die genaue Darlegung der Gründe, aus denen das angefochtene Urteil rechtsfehlerhaft sein soll (BAG 2. Mai 2014 - 2 AZR 490/13 - Rn. 15; 13. November 2013 - 10 AZR 639/13 - Rn. 11). Hat das Berufungsgericht seine Entscheidung auf mehrere voneinander unabhängige, selbständig tragende rechtliche Erwägungen gestützt, muss die Revisionsbegründung jede von ihnen angreifen. Die Revisionsbegründung muss, ihre Berechtigung unterstellt, geeignet sein, die Entscheidung insgesamt infrage zu stellen. Andernfalls ist das Rechtsmittel unzulässig (BAG 16. Dezember 2010 - 2 AZR 963/08 - Rn. 18; 17. Oktober 2007 - 4 AZR 755/06 - Rn. 10).

14

II. Diesen Anforderungen wird die Revisionsbegründung gerecht.

15

1. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Kündigung sei nach § 30 Abs. 5 iVm. Abs. 1 MAVO unwirksam. Die Beklagte habe ihrer Pflicht, die Mitarbeitervertretung über die Gründe für die Kündigung zu unterrichten, nicht genügt. Der pauschale Hinweis auf das Fehlen einer Weiterbeschäftigungsmöglichkeit sei mit Blick auf die hohen materiell-rechtlichen Anforderungen, denen eine außerordentliche betriebsbedingte Kündigung mit Auslauffrist unterliege, unzureichend. Die Beklagte habe vielmehr aufzeigen müssen, welche Maßnahmen zur Beschäftigung sie im Einzelnen geprüft und aus welchen Gründen sie diese als unzumutbar verworfen habe. Jedenfalls könnten die dazu im Prozess vorgetragenen Einzelheiten wegen der substanzlosen Unterrichtung der Mitarbeitervertretung keine Berücksichtigung finden mit der Folge, dass die Kündigung zumindest wegen unzureichender Darlegung eines Kündigungsgrundes iSv. § 626 Abs. 1 BGB unwirksam sei.

16

2. Die anzufechtende Entscheidung beruht damit zwar auf zwei rechtlichen Erwägungen. Diese werden aber von der einheitlichen Begründung getragen, die Mitarbeitervertretung sei über das Fehlen von Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten nicht ausreichend unterrichtet worden. Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Rüge, das Landesarbeitsgericht habe den für die Anhörung der Mitarbeitervertretung maßgebenden Grundsatz der subjektiven Determiniertheit verkannt und deshalb an deren Unterrichtung über die Gründe ihrer beabsichtigten betriebsbedingten außerordentlichen Kündigung überzogene Anforderungen gestellt. Das reicht aus. Diese Sachrüge ist nicht nur geeignet, die Annahme des Landesarbeitsgerichts zu Fall zu bringen, die Mitarbeitervertretung sei nicht ordnungsgemäß angehört worden. Sie stellt gleichermaßen dessen Würdigung infrage, der ergänzende prozessuale Vortrag der Beklagten zum Wegfall jeglicher Beschäftigungsmöglichkeit und zu einer daraus resultierenden Sinnentleerung des Arbeitsverhältnisses sei aus kollektivrechtlichen Gründen nicht verwertbar.

17

B. Die Revision ist unbegründet. Zwar ist die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Kündigung sei mangels ordnungsgemäßer Beteiligung der Mitarbeitervertretung nach § 30 Abs. 5 MAVO unwirksam, mit der dazu gegebenen Begründung nicht berechtigt (I.). Es fehlt aber an einem wichtigen Grund zur Kündigung iSv. § 626 Abs. 1 BGB. Die Beklagte hat auch unter Berücksichtigung ihres gesamten Tatsachenvortrags nicht dargetan, dass es ihr aus betrieblichen Gründen unzumutbar war, das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin fortzusetzen. Die angefochtene Entscheidung stellt sich damit im Ergebnis als richtig dar (§ 561 ZPO) (II.).

18

I. Die Begründung des Landesarbeitsgerichts trägt nicht das Ergebnis, die Kündigung sei mangels ordnungsgemäßer Beteiligung der Mitarbeitervertretung nach § 30 Abs. 5 MAVO unwirksam.

19

1. Die korrekte Beteiligung der kirchlichen Mitarbeitervertretung unterliegt in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen oder Nichtbestehen eines privatrechtlich begründeten kirchlichen Arbeitsverhältnisses - ebenso wie die Wirksamkeit der Kündigung im Übrigen - der Überprüfung durch die staatlichen Gerichte für Arbeitssachen (BAG 10. April 2014 - 2 AZR 812/12 - Rn. 57; 10. Dezember 1992 - 2 AZR 271/92 - zu II 1 der Gründe mwN).

20

2. Nach den bisherigen Feststellungen ist davon auszugehen, dass das von der Beklagten getragene M Hospital dem sachlichen und räumlichen Anwendungsbereich der Mitarbeitervertretungsordnung für das Erzbistum Paderborn idF vom 20. September 2011 (MAVO, Kirchliches Amtsblatt für die Erzdiözese Paderborn vom 30. September 2011 S. 199 ff.) unterfällt. Zwischen den Parteien steht ferner außer Streit, dass es sich bei dem Hospital um eine Einrichtung iSv. § 1 Abs. 1 MAVO handelt, für die im Kündigungszeitpunkt eine Mitarbeitervertretung gebildet war.

21

3. Gemäß § 30 Abs. 1 und § 31 Abs. 1 MAVO sind der Mitarbeitervertretung vor jeder ordentlichen Kündigung nach Ablauf der Probezeit bzw. vor einer außerordentlichen Kündigung durch den Dienstgeber schriftlich die Absicht der Kündigung und die Gründe hierfür mitzuteilen. Will die Mitarbeitervertretung gegen die ordentliche Kündigung Einwendungen erheben, hat sie diese unter Angabe der Gründe dem Dienstgeber spätestens innerhalb einer Woche schriftlich mitzuteilen; anderenfalls gilt die Kündigung gemäß § 30 Abs. 2 Satz 2 MAVO als nicht beanstandet. Einwendungen gegen eine außerordentliche Kündigung hat die Mitarbeitervertretung nach § 31 Abs. 2 Satz 1 MAVO spätestens innerhalb von drei Tagen schriftlich mitzuteilen. Gemäß § 31 Abs. 2 Satz 2 MAVO kann die Frist vom Dienstgeber auf 48 Stunden verkürzt werden. Erhebt die Mitarbeitervertretung innerhalb der Frist keine Einwendungen, gilt nach § 31 Abs. 2 Satz 3 MAVO auch die beabsichtigte außerordentliche Kündigung als nicht beanstandet. Erhebt die Mitarbeitervertretung Einwendungen und hält der Dienstgeber an der Kündigungsabsicht fest, so hat er bei einer ordentlichen Kündigung nach § 30 Abs. 2 Satz 3 MAVO die Einwendungen mit der Mitarbeitervertretung mit dem Ziel einer Verständigung zu beraten. Im Fall einer außerordentlichen Kündigung entscheidet er nach § 31 Abs. 2 Satz 4 MAVO ohne Weiteres selbst über die Kündigung. Gemäß § 30 Abs. 5 bzw. § 31 Abs. 3 MAVO ist die ohne Einhaltung des jeweiligen Verfahrens ausgesprochene Kündigung unwirksam.

22

4. Die Regelungen in § 30 Abs. 1 und Abs. 2, § 31 Abs. 1 und Abs. 2 MAVO sind - mit Modifikationen - den Vorgaben in § 102 Abs. 1 und Abs. 2 BetrVG nachgebildet. Insoweit können die dort geltenden Grundsätze für die Auslegung herangezogen werden (vgl. BAG 10. April 2014 - 2 AZR 812/12 - Rn. 59; 16. Oktober 1991 - 2 AZR 156/91 - zu II 2 c der Gründe).

23

5. Danach hat die Beklagte die Mitarbeitervertretung ordnungsgemäß über den Kündigungsgrund unterrichtet. Das gilt unabhängig davon, ob sich die Beteiligung an einer beabsichtigten außerordentlichen Kündigung mit (notwendiger) Auslauffrist nach § 31 MAVO oder - aufgrund eines dort gewährleisteten höheren Schutzstandards - nach den Regelungen des § 30 MAVO für die ordentliche Kündigung richtet(so für die Anhörung des Betriebsrats BAG 12. Januar 2006 - 2 AZR 242/05 - Rn. 17; 5. Februar 1998 - 2 AZR 227/97 - zu II 5 der Gründe, BAGE 88, 10). § 30 Abs. 1 MAVO stellt an die Mitteilung der Kündigungsgründe keine Anforderungen, die über die des § 31 Abs. 1 MAVO hinausgingen.

24

a) Wie das Landesarbeitsgericht richtig gesehen hat, unterliegt die hier erklärte Kündigung hohen Anforderungen. Eine auf betriebliche Gründe gestützte außerordentliche Kündigung kommt nur in Betracht, wenn die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung ausgeschlossen oder sonst in einer Weise eingeschränkt ist, die ihren Vorrang aufhebt, und dies dazu führt, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer andernfalls trotz Wegfalls der Beschäftigungsmöglichkeit noch für Jahre vergüten müsste, ohne dass dem eine entsprechende Arbeitsleistung gegenüberstünde. Der Arbeitgeber ist im Rahmen von § 626 Abs. 1 BGB in besonderem Maß verpflichtet zu versuchen, die Kündigung durch geeignete Maßnahmen zu vermeiden. Besteht irgendeine Möglichkeit, das Arbeitsverhältnis sinnvoll fortzuführen, wird er den Arbeitnehmer in der Regel entsprechend einzusetzen haben. Erst wenn sämtliche denkbaren Alternativen ausscheiden, kann ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung vorliegen. In diesem Fall hat der Arbeitgeber zwingend eine der - fiktiven - ordentlichen Kündigungsfrist entsprechende Auslauffrist einzuhalten (vgl. BAG 18. Juni 2015 - 2 AZR 480/14 - Rn. 30; 23. Januar 2014 - 2 AZR 372/13 - Rn. 17; jeweils mwN). Den materiell-rechtlichen Voraussetzungen entsprechen die prozessualen Anforderungen an den Umfang der Darlegungen des Arbeitgebers. Dieser hat von sich aus darzutun, dass keinerlei Möglichkeit besteht, das Arbeitsverhältnis - ggf. zu geänderten Bedingungen und nach entsprechender Umschulung - sinnvoll fortzusetzen. Das Fehlen jeglicher Beschäftigungsmöglichkeit zählt bei der außerordentlichen betriebsbedingten Kündigung zum „wichtigen Grund“ (vgl. BAG 18. Juni 2015 - 2 AZR 480/14 - Rn. 31; 20. Juni 2013 - 2 AZR 379/12 - Rn. 36 mwN, BAGE 145, 265).

25

b) Davon zu unterscheiden ist die Mitteilungspflicht gegenüber der Mitarbeitervertretung. Diese ist - wie die Anhörung des Betriebsrats - „subjektiv determiniert“ (BAG 16. Juli 2015 - 2 AZR 15/15 - Rn. 15; 26. März 2015 - 2 AZR 417/14 - Rn. 45; jeweils mwN). Der Dienstgeber muss der Mitarbeitervertretung demnach nicht alle erdenklichen, sondern nur die für ihn maßgebenden Kündigungsgründe mitteilen (BAG 10. April 2014 - 2 AZR 812/12 - Rn. 59; APS/Linck 4. Aufl. Mitarbeitervertretung im kirchlichen Bereich Rn. 31; MAVO/Fuhrmann 7. Aufl. § 30 Rn. 37, 40; Joussen ZMV 2006, 116, 119). Auch reicht die Mitteilungspflicht des Dienstgebers im Rahmen von § 30 Abs. 1, § 31 Abs. 1 MAVO nicht so weit wie seine Darlegungslast im Prozess. Das Beteiligungsverfahren soll der Mitarbeitervertretung nicht die selbständige - objektive - Überprüfung der Wirksamkeit der beabsichtigten Kündigung, sondern eine Einflussnahme auf die Willensbildung des Arbeitgebers ermöglichen (BAG 16. Juli 2015 - 2 AZR 15/15 - Rn. 14; 23. Oktober 2014 - 2 AZR 736/13 -). Deshalb ist es ausreichend - aber auch erforderlich -, dass der Dienstgeber den Kündigungsgrund unter Angabe von Tatsachen in einer Weise beschreibt, die der Mitarbeitervertretung ohne zusätzliche eigene Nachforschungen eine sachgerechte Stellungnahme ermöglicht. Bloß pauschale Angaben oder die Mitteilung eines Werturteils genügen dafür nicht (vgl. BAG 10. April 2014 - 2 AZR 812/12 - Rn. 59).

26

c) Diesen Anforderungen wird die Mitteilung vom 23. Oktober 2012 gerecht. Die Beklagte hat in dem Schreiben - unter Berücksichtigung der Anlagen - ausgeführt, dass sie beabsichtige, das Arbeitsverhältnis der Parteien aus betrieblichen Gründen außerordentlich mit Auslauffrist zu kündigen. Dabei hat sie sich nicht darauf beschränkt, einen Kündigungsgrund pauschal zu behaupten. Sie hat vielmehr - unter Bezugnahme auf den Inhalt einer „Powerpoint-Präsentation“ - dargestellt, dass aufgrund bestimmter, im Einzelnen beschriebener organisatorischer Veränderungen im Labor des M Hospitals der bisherige Beschäftigungsbedarf für die Klägerin entfalle und dass eine alternative Möglichkeit, sie zu beschäftigen - und sei es auch zu schlechteren Bedingungen -, in keiner ihrer Einrichtungen mehr bestehe. Dies bezog sich erkennbar auf sämtliche Arbeitsplätze in allen drei von ihr unterhaltenen Einrichtungen. Auch hat die Beklagte - unter Mitteilung der Sozialdaten der betroffenen Arbeitnehmerinnen - dargestellt, warum aus ihrer Sicht für eine soziale Auswahl kein Raum sei. Damit hat sie die Mitarbeitervertretung in den Stand versetzt, sich ein eigenes Bild von der Stichhaltigkeit des unterbreiteten Kündigungsgrundes zu machen.

27

d) Einer näheren Erläuterung, aus welchen Gründen der Dienstgeber welche Stellen als für eine Weiterbeschäftigung ungeeignet verworfen hat, bedarf es auch bei der außerordentlichen Kündigung nicht. Die Mitarbeitervertretung benötigt diese Angaben nicht, um die Stichhaltigkeit und Gewichtigkeit der Kündigungsgründe zu prüfen, sich über sie eine eigene Meinung zu bilden und auf dieser Basis ggf. Einfluss auf die Willensbildung des Dienstgebers zu nehmen. Das kann sie bereits auf der Grundlage einer ergebnisbezogenen Mitteilung tun. Der Fall liegt nicht anders als bei der Kündigung eines Mitglieds des Betriebsrats nach § 15 Abs. 5 KSchG. Auch dort gehört angesichts des engen Ausnahmetatbestands des § 15 Abs. 5 KSchG das Fehlen einer jeglichen Möglichkeit, das Betriebsratsmitglied in eine andere Betriebsabteilung zu übernehmen, zum Kündigungsgrund und der Arbeitgeber hat den Umfang und das Ergebnis seiner entsprechenden Prüfung im Prozess substantiiert aufzuzeigen. Gleichwohl reicht es im Rahmen der Anhörung nach § 102 BetrVG aus, dass der Arbeitgeber dem Betriebsrat das Ergebnis seiner Überprüfung mitteilt(vgl. BAG 23. Februar 2010 - 2 AZR 656/08 - Rn. 25, 26, BAGE 133, 226).

28

e) Etwas anderes folgt - im Gegensatz zur Auffassung des Landesarbeitsgerichts - nicht daraus, dass die Beklagte bei ihrer Darstellung, es fehle an geeigneten Möglichkeiten zur Weiterbeschäftigung, nicht zwischen ordentlich kündbaren und ordentlich unkündbaren Arbeitsverhältnissen der Mitarbeiterinnen differenziert hat. Selbst wenn daraus zu schließen wäre, sie habe ihre Prüfung lediglich am Maßstab des § 1 Abs. 2 Satz 2 KSchG und nicht an dem der „Unzumutbarkeit“ des § 626 Abs. 1 BGB ausgerichtet und deshalb insbesondere keine Möglichkeiten in den Blick genommen, gleichwertige Stellen durch Umorganisation und/oder Umsetzung „freizumachen“(zu diesem Erfordernis BAG 6. Oktober 2005 - 2 AZR 362/04 - zu B V 2 der Gründe; 17. September 1998 - 2 AZR 419/97 - zu II 6 der Gründe), berechtigte dies nicht zu der Annahme, sie habe gegenüber der Mitarbeitervertretung den aus ihrer Sicht relevanten Kündigungssachverhalt unzutreffend oder irreführend dargestellt. Eine in objektiver Hinsicht unzureichende Unterrichtung der Mitarbeitervertretung führt allenfalls „mittelbar“ zur Unwirksamkeit der Kündigung - etwa dann, wenn der mitgeteilte Sachverhalt zu deren Rechtfertigung nicht ausreicht und der Dienstgeber dazu (neue) Gründe nachschieben müsste, die nicht Gegenstand der Beteiligung der Mitarbeitervertretung waren (für die Anhörung des Betriebsrats vgl. BAG 23. Februar 2012 - 2 AZR 773/10 - Rn. 30; 27. September 2001 - 2 AZR 236/00 - zu B II 1 der Gründe, BAGE 99, 167; jeweils mwN).

29

II. Letztlich kommt es auf die Anhörung der Mitarbeitervertretung nicht an. Der Senat kann deshalb dahinstehen lassen, ob deren Beteiligung möglicherweise aus einem anderen Grund fehlerhaft war. Insbesondere kann offenbleiben, ob die Beklagte - ausgehend von ihrer eigenen Annahme, sie habe mit Blick auf die Klägerin und die beabsichtigte außerordentliche Kündigung eine Beteiligung nach § 30 MAVO wie bei einer ordentlichen Kündigung durchführen müssen - das richtige Verfahren eingeleitet hat(zu der den Arbeitgeber insoweit treffenden Initiativlast vgl. BAG 23. Oktober 2008 - 2 AZR 388/07 - Rn. 36). Daran bestehen angesichts der Überschrift des Schreibens vom 23. Oktober 2012 mit „Anhörung gem. §§ 30 bzw. 31 MAVO“ und seines Inhalts durchaus Zweifel. Es muss auch nicht entschieden werden, ob die betreffende Annahme der Beklagten sachlich zutrifft. Die Kündigung vom 8. November 2012 ist zumindest deshalb unwirksam, weil es an einem wichtigen Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB fehlt.

30

1. Das Landesarbeitsgericht hat in rechtlicher Hinsicht unterstellt, die Regelungen in §§ 14 ff. AVR schlössen auch nach einer Beschäftigungszeit von 15 Jahren und Vollendung des 40. Lebensjahres in sog. „Extremfällen“ eine - dann außerordentliche - betriebsbedingte Beendigungskündigung nicht von vorneherein aus. Für die objektive Richtigkeit dieser Auslegung sprechen jedenfalls verfassungsrechtliche Gründe (vgl. BAG 20. Juni 2013 - 2 AZR 379/12 - Rn. 16, BAGE 145, 265; zur vergleichbaren Regelung in § 55 BAT siehe 28. Mai 2009 - 2 AZR 844/07 - Rn. 14, BAGE 131, 78).

31

2. Einer Entscheidung bedarf es auch insoweit nicht. Die Beklagte hat schon nach ihrem eigenen - vom Landesarbeitsgericht ausdrücklich oder durch Bezugnahme festgestellten - Vorbringen nicht schlüssig dargetan, dass durch die Schließung des Labors im M Hospital und damit einhergehende organisatorische Veränderungen der Bedarf an einer Beschäftigung der Klägerin mit Labortätigkeiten gänzlich entfallen ist. Sie hat keine Tatsachen aufgezeigt, die auch nur eine ordentliche betriebsbedingte Kündigung nach § 1 Abs. 2 KSchG sozial rechtfertigen könnten. Noch weniger vermag ihr Vorbringen die Annahme zu stützen, das Arbeitsverhältnis der Parteien sei sinnentleert, und ihr - der Beklagten - sei deshalb eine Weiterbeschäftigung der Klägerin iSv. § 626 Abs. 1 BGB unzumutbar(zu dieser Voraussetzung BAG 20. Juni 2013 - 2 AZR 379/12 - Rn. 21, 35, BAGE 145, 265; 8. April 2003 - 2 AZR 355/02 - zu II 3 d der Gründe). Dies gilt auch dann, wenn der gesamte in den Vorinstanzen gehaltene Vortrag der Beklagten berücksichtigt wird. Auf die Annahme des Landesarbeitsgerichts, zumindest teilweise unterliege ihr Vorbringen einem kollektivrechtlich begründeten Verwertungsverbot, kommt es nicht an.

32

a) Dringende betriebliche Erfordernisse iSv. § 1 Abs. 2 KSchG, die eine Kündigung „bedingen“, liegen vor, wenn die Umsetzung einer unternehmerischen (Organisations-)Entscheidung spätestens mit Ablauf der Kündigungsfrist zu einem voraussichtlich dauerhaften Wegfall des Bedarfs an einer Beschäftigung des betroffenen Arbeitnehmers führt. Diese Prognose muss schon im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung objektiv berechtigt sein (BAG 20. November 2014 - 2 AZR 512/13 - Rn. 14; 31. Juli 2014 - 2 AZR 422/13 - Rn. 31 mwN).

33

aa) Ein kündigungsrechtlich relevanter Rückgang des Arbeitskräftebedarfs kann auch aus einer organisatorischen Maßnahme des Arbeitgebers folgen, die ökonomisch nicht zwingend geboten war. Eine solche unternehmerische Entscheidung ist gerichtlich nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung oder ihre Zweckmäßigkeit hin zu überprüfen, sondern nur daraufhin, ob sie offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist (BAG 29. August 2013 - 2 AZR 809/12 - Rn. 13, BAGE 146, 37; 20. Dezember 2012 - 2 AZR 867/11 - Rn. 33; jeweils mwN). Ohne Einschränkung nachzuprüfen ist hingegen, ob die fragliche Entscheidung faktisch umgesetzt wurde und dadurch das Beschäftigungsbedürfnis für einzelne Arbeitnehmer wirklich entfallen ist (BAG 20. Februar 2014 - 2 AZR 346/12 - Rn. 15, BAGE 147, 237; 29. August 2013 - 2 AZR 809/12 - aaO mwN).

34

bb) Läuft die unternehmerische Entscheidung auf eine Streichung von Stellen hinaus, die mit einer Umverteilung der den betroffenen Arbeitnehmern bisher zugewiesenen Aufgaben auf andere Arbeitnehmer einhergeht, muss der Arbeitgeber konkret erläutern, in welchem Umfang und aufgrund welcher Maßnahmen die bisher vom gekündigten Arbeitnehmer ausgeübten Tätigkeiten für diesen zukünftig entfallen. Der Arbeitgeber muss die Auswirkungen seiner unternehmerischen Vorgaben und Planungen auf das erwartete Arbeitsvolumen anhand einer schlüssigen Prognose im Einzelnen darstellen und angeben, wie die anfallenden Arbeiten vom verbliebenen Personal ohne überobligationsmäßige Leistungen, dh. im Rahmen ihrer vertraglich geschuldeten regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit erledigt werden können (BAG 20. Februar 2014 - 2 AZR 346/12 - Rn. 17, BAGE 147, 237; 24. Mai 2012 - 2 AZR 124/11 - Rn. 23). Das gilt nicht nur bei innerbetrieblicher Umverteilung von Aufgaben, sondern auch dann, wenn der Arbeitgeber Tätigkeiten an einem anderen Standort konzentriert. Bestehen im Zuge einer unternehmensinternen Aufgabenverlagerung Beschäftigungsmöglichkeiten andernorts fort, sind diese zumindest im Rahmen von § 1 Abs. 2 Satz 2 KSchG zu berücksichtigen und ist eine Beendigungskündigung grundsätzlich unverhältnismäßig(BAG 21. April 2005 - 2 AZR 132/04 - BAGE 114, 243; zur Verlagerung von Aufgaben in der öffentlichen Verwaltung vgl. 10. Juni 2010 - 2 AZR 1020/08 - Rn. 18; zur Konzentration von Aufgaben im Ausland siehe aber 24. September 2015 - 2 AZR 3/14 - Rn. 18 mwN).

35

b) Danach ist ein betrieblicher Grund, der eine Beendigungskündigung rechtfertigen könnte, nicht ersichtlich.

36

aa) Die Beklagte hat nicht behauptet, dass die der Klägerin bisher zugewiesenen Tätigkeiten mit der - als solcher unstreitigen - Einrichtung der „POCT-Labore“ und der Schließung des Labors im M Hospital gänzlich weggefallen wären. Zumindest die routinemäßig durchzuführenden Laboruntersuchungen fielen weiterhin an. Sie sollten nur an anderer Stelle - im Labor des F Hospitals in B - durchgeführt werden.

37

bb) Zur Bewältigung des dadurch bedingten zusätzlichen Arbeitsanfalls im F Hospital hat die Beklagte vorgetragen, dort seien die notwendigen technischen und personellen Ressourcen vorhanden, um den Bedarf für das M Hospital ohne zusätzliches Personal „mit abzudecken“. In dieser Weise werde seit dem 10. Dezember 2012 auch tatsächlich gearbeitet. Dass und ggf. aufgrund welcher konkreten Umstände bereits im Kündigungszeitpunkt die Annahme berechtigt war, das in B beschäftigte Personal sei in der Lage, weitere Aufgaben ohne überobligationsmäßige Inanspruchnahme zu erledigen, hat die Beklagte nicht nachprüfbar aufgezeigt. Das gilt umso mehr als die Klägerin die Möglichkeit einer entsprechenden Leistungsverdichtung ausdrücklich in Abrede gestellt hat. Bereits erstinstanzlich hatte sie bestritten, dass im F Hospital keine zusätzlichen Beschäftigungsmöglichkeiten entstanden seien. Im Berufungsrechtszug hat sie dies vertieft und geltend gemacht, bei unterstellter Richtigkeit der Behauptung der Beklagten, in B sei kein zusätzliches Personal eingestellt worden, müsse davon ausgegangen werden, dass die dort beschäftigten Arbeitnehmer überobligationsmäßige Leistungen erbrächten. Spätestens auf diesen Einwand hin hätte die Beklagte zur Möglichkeit einer Leistungsverdichtung weiter vortragen und die tatsächlichen Grundlagen ihrer Behauptung im Einzelnen aufzeigen müssen. Insbesondere hätte sie darlegen müssen, wie viele Mitarbeiter bisher im Labor des F Hospitals beschäftigt waren und welche Vereinbarungen zu Umfang und Verteilung der Arbeitszeit sie mit ihnen getroffen hatte. Sodann hätte sie erläutern müssen, welche Arbeitszeit für die bisher in H durchgeführten Laborleistungen zu veranschlagen sei und aufgrund welcher schon im Kündigungszeitpunkt bekannten Umstände sie habe annehmen dürfen, in B sei genügend personelle Kapazität für die Übernahme dieser Aufgaben vorhanden (zu dieser Substantiierungspflicht vgl. BAG 24. Mai 2012 - 2 AZR 124/11 - Rn. 23). Stattdessen hat die Beklagte lediglich pauschal behauptet, es fielen keine Überstunden an. Der Arbeitsablauf im Zentrallabor sei umstrukturiert und ein „flexibles Arbeitszeitmodell“ geschaffen worden. Das reicht nicht aus. Der Vortrag lässt weder erkennen, auf welchen Zeitpunkt er sich bezieht, noch ist dargetan, auf welchen konkreten Tatsachen die Behauptung zum Ausbleiben von Überstunden beruht und worin die im Zentrallabor vorgenommenen Umstrukturierungen bestehen. Es ist nicht nachzuvollziehen, inwieweit die Einführung eines „flexiblen Arbeitszeitmodells“ und der Umstand, dass einzelne Kolleginnen ihren Arbeitstag in H beginnen, eine Leistungsverdichtung des Personals in B ermöglicht haben sollen. Diese Umstände haben auf den ersten Blick keinen erkennbaren Einfluss auf das innerhalb der geschuldeten Arbeitszeit zu bewältigende Arbeitsvolumen.

38

3. Einer Zurückverweisung an das Landesarbeitsgericht zur weiteren Sachaufklärung bedurfte es nicht. Die Beklagte ist schon ihrer für eine ordentliche betriebsbedingte Kündigung geltenden Darlegungspflicht (§ 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG) nicht nachgekommen. Erst recht gilt dies für die Voraussetzungen eines auf betriebliche Erfordernisse gestützten wichtigen Grundes iSv. § 626 Abs. 1 BGB. Die Beklagte hat nicht im Einzelnen dargelegt, weshalb keine Möglichkeit mehr bestanden haben soll, die Klägerin mit Tätigkeiten aus ihrem bisherigen Aufgabenspektrum zu beschäftigen. Dass ein solcher Vortrag erforderlich wäre, musste sie angesichts der ständigen Senatsrechtsprechung zur außerordentlichen betriebsbedingten Kündigung auch ohne richterlichen Hinweis erkennen. Mögliche Defizite im Vorbringen zum wichtigen Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB waren zudem Gegenstand der mündlichen Verhandlung vor dem Senat.

39

C. Die Beklagte hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Kreft    

        

    Rachor    

        

    Niemann    

        

        

        

    Krichel    

        

    Jan Eulen    

                 

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)