Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 17. Jan. 2017 - 5 Sa 166/16
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stralsund vom 26.04.2016 - 2 Ca 604/13 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Änderungskündigung zur Absenkung der regelmäßigen Arbeitszeit und damit zusammenhängende Vergütungsdifferenzen.
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Der 1961 geborene Kläger, der 1989 die Fachschulprüfung zum Ökonom abgelegt hatte, schloss mit der K. & K. Filmtheater GmbH zum 01.10.1997 einen Arbeitsvertrag über eine Beschäftigung im Kino A-Stadt als Leiter Haustechnik mit zusätzlichem Tätigkeitsschwerpunkt Filmvorführung. Das Arbeitsverhältnis ging später auf die Beklagte über. Die regelmäßige Arbeitszeit des Klägers betrug zuletzt 173 Stunden/Monat. Das Kino in A-Stadt verfügt über sechs Säle. Der vor Ort tätige Haustechnikleiter erhält Unterstützung von einem überregional eingesetzten Hausmeister, der die größeren Reparaturen durchführt, wie z. B. den Austausch von Wasserhähnen.
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Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden vereinbarungsgemäß der zum 01.01.2013 in Kraft getretene Mantel- sowie der Entgelttarifvertrag der Beklagten und der Gewerkschaft ver.di Anwendung, an dem neben der Beklagten weitere verbundene Unternehmen beteiligt sind.
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Am 16.09.2013 unterzeichneten der Theaterleiter des Kinos G., Herr R. R., und der Vorsitzende des dort gebildeten Betriebsrats, Herr T. K., die folgende
- 5
"Betriebsvereinbarung über einen
Interessenausgleich
über die Einführung und den Betrieb der digitalen Projektionstechnik
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…
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Der Arbeitgeber beabsichtigt die vollständige Digitalisierung sämtlicher Kinosäle des Betriebes (Volldigitalisierung). …
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Die Volldigitalisierung stellt eine Betriebsänderung i.S.d. § 111 BetrVG dar. Der Betriebsrat wurde über dieses Vorhaben umfassend und vollständig unterrichtet und die Parteien haben über die daraus folgenden Maßnahmen im Einzelnen beraten.
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Vor diesem Hintergrund vereinbaren die Parteien Folgendes:
- 10
…
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§ 2
Einführung digitaler Projektionstechnik / Schulung der Mitarbeiter
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1. Der Arbeitgeber führt die digitale Projektionstechnik mit Zustimmung des Betriebsrats in allen Kinosälen an diesem Standort ein. Durch die Einführung der digitalen Projektionstechnik wird die bisher genutzte analoge Projektionstechnik zum Großteil aufgegeben. Die vorhandenen analogen Projektoren werden durch digitale Systeme ersetzt, mit Ausnahme von zwei Kinosälen, die auch weiterhin bei Bedarf analog bespielt werden können.
- 13
2. Die Einführung der digitalen Projektionstechnik wird voraussichtlich bis zum 01.10.2013 beendet sein.
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…
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§ 4
Folgen für die Mitarbeiter / Arbeitsrechtliche Maßnahmen
- 16
1. Durch den weitgehenden Wegfall der analogen Projektion und die Vernetzung der digitalen Projektoren einschließlich der Einführung der zentralen Steuerung in diesem Kinobetrieb wird es zu einer Verringerung des Arbeitskräftebedarfs in der Projektion kommen. … Die zukünftigen Projektionstätigkeiten (Bedienung und Aktualisierung des TMS, Wartung etc.) umfassen einen Bedarf von etwa 85 Stunden pro Monat. Darin enthalten sind etwa 24 Stunden für Haustechnik. Nach Abschluss der Volldigitalisierung fallen damit die bisherigen Tätigkeiten aller Vollzeit- und Teilzeit-Arbeitsplätze im Bereich Projektion weg, mit Ausnahme eines Arbeitsplatzes im Umfang von 100 Stunden pro Monat (85 Stunden zzgl. Ausgleich für Urlaub, Krankheit).
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2. Dem unter Berücksichtigung der üblichen Kriterien gemäß § 1 Abs. 3 KSchG sozial schutzwürdigsten Mitarbeiter im Bereich der Projektion, Herr A., wird eine Tätigkeit im Umfang von 100 Stunden monatlich zu im Übrigen unveränderten Bedingungen in den Bereichen Projektion und Haustechnik angeboten, ggf. im Wege der Änderungskündigung. Gegenüber den weiteren im Bereich Projektion tätigen Mitarbeiter, den Herren J. T., P. R. und S. R. werden betriebsbedingte Beendigungskündigungen ausgesprochen. …
- 18
…
- 19
§ 5
Sozialplan
- 20
Zum Ausgleich und zur Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Mitarbeitern aufgrund der in diesem Interessenausgleich niedergelegten Maßnahmen entstehen, vereinbaren die Parteien parallel zum Abschluss dieses Interessenausgleichs einen Sozialplan.
- 21
…"
- 22
Mit Schreiben vom 02.12.2013, übersandt per E-Mail, unterrichtete die Beklagte den Betriebsrat über die beabsichtigte Änderungskündigung des Klägers zur Absenkung der monatlichen Arbeitszeit von bisher 173 auf nunmehr 100 Stunden. Sie teilte dem Betriebsrat die ihr bekannten Sozialdaten des Klägers mit (Name, Vergütung, Eintrittsdatum, Familienstand etc.) und verwies zur Begründung der Kündigung auf die unternehmerische Entscheidung zur Digitalisierung des Kinos und die Vernetzung im Theatermanagementsystem (TMS).
- 23
Am 05.12.2013 verständigte sich Herr K. mit dem Theaterleiter auf eine Beendigung seines Arbeitsverhältnisses zum 31.12.2013. Herr K. war rund vier Jahren beschäftigt und übte zuletzt eine Teilzeittätigkeit als Ebenenleiter auf der Basis einer Vergütung von € 400,- monatlich aus, was einer regelmäßigen Arbeitszeit von etwa 50 Stunden im Monat entspricht. Die Beklagte beschäftigte im Dezember 2013 zwei weitere Ebenenleiter, nämlich Herrn Ö. als Vollzeitkraft (173 Stunden/Monat) sowie Herrn K. als Teilzeitkraft auf der Grundlage einer monatlichen Vergütung von € 400,-, der die Tätigkeit im August 2009 aufgenommen hatte. Die Beklagte hatte Herrn Ö. zum 01.04.2012 befristet eingestellt. Im Anschluss an die zweijährige Befristung beschäftigte sie ihn unbefristet weiter. Die Ebenenleiter rechnen die Tageseinnahmen ab und betreuen die Servicekräfte. Die tarifvertragliche Vergütung eines Ebenenleiters richtet sich nach dem Entgelt der Servicekräfte, das um eine Ebenenleiterzulage aufgestockt wird. Ende 2013 hatten die Servicekräfte einen Stundenlohn von € 7,00 brutto, die Zulage für die Ebenenleitung betrug € 1,50 brutto je Stunde.
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Zwischen der Theater- und der Ebenenleitung ist organisatorisch ein Theaterleiterassistent angesiedelt, der insbesondere für den Bereich Food & Beverage (F&B) zuständig ist. Diese Stelle hatte Herr L. als Vollzeitkraft inne.
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Zusätzlich zu den oben genannten Arbeitskräften, einschließlich Kläger und damaligen Filmvorführern T., R. und R. beschäftigte die Beklagte im Kino A-Stadt Ende Dezember 2013 zudem 21 Servicekräfte in Teilzeit mit einer monatlichen Vergütung von € 400,-. Diese Servicekräfte sind zuständig für die Kasse, die Einlasskontrolle und die gastronomische Versorgung der Gäste. Dabei handelt es sich insbesondere um Studenten, die neben ihrem Studium jobben.
- 26
Die Beklagte stattete am 06.12.2013 die Kinosäle mit digitaler Projektionstechnik aus. Die abzuspielenden Filme, Werbe- und Filmtrailer werden seitdem über das Theatermanagementsystem (TMS) in Playlists zusammengestellt, entkodiert, zentral eingespielt und automatisch gestartet. Neben der Filmvorführung bietet die Beklagte regelmäßig Liveübertragungen aus internationalen Opern- und Konzerthäusern an, die über Satellit eingespielt werden.
- 27
Mit Schreiben vom 13.12.2013, dem Kläger am 18.12.2013 zugegangen, kündigte die Beklagte dem Kläger zum 30.06.2014 und bot ihm zugleich an, das Arbeitsverhältnis als Filmvorführer/Haustechniker mit einer monatlichen Arbeitszeit von 100 Stunden zu im Übrigen unveränderten Bedingungen fortzusetzen. Der Kläger nahm das Änderungsangebot mit Schreiben vom 20.12.2013 unter dem Vorbehalt an, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht sozial ungerechtfertigt ist.
- 28
Der Stundenlohn des Klägers betrug zu diesem Zeitpunkt € 11,39 brutto. Zudem erhielt der Kläger als Vollzeitbeschäftigter einen tarifvertraglichen Saalzuschlag in Höhe von € 131,50 brutto je Monat. Hinzu kommen Zuschläge für Nacht- und Feiertagsarbeit. Im November 2013 erhielt der Kläger ebenso wie in den vorangegangenen Jahren 2004 bis 2012 eine Sonderleistung in Höhe von € 540,- brutto (vgl. § 3 Entgelttarifvertrag).
- 29
Die drei Filmvorführer T. (vollzeitbeschäftigt), R. und R. (jeweils geringfügig beschäftigt auf Basis € 400,-/Monat) erhielten, wie im Interessenausgleich vom 16.09.2013 vorgesehen, eine Beendigungskündigung.
- 30
Mitte Februar 2014 stockte die Beklagte die regelmäßige Arbeitszeit des Ebenenleiters K. von bisher etwa 50 Stunden im Monat (geringfügige Beschäftigung auf Basis € 400,-/Monat) mit Wirkung zum 01.03.2014 unbefristet auf nunmehr monatlich 108 Stunden auf.
- 31
Der Stundenlohn des Klägers betrug bei Ablauf der Kündigungsfrist Ende Juni 2014 € 11,62 brutto.
- 32
Die Beklagte schrieb am 16.10.2014, nachdem Herr K. sein Arbeitsverhältnis zum 30.11.2014 gekündigt hatte, für den Standort A-Stadt die Stelle einer Ebenenleitung mit einem Arbeitszeitumfang von 108 Stunden/Monat aus, zu besetzen zum 01.12.2014. Dort heißt es:
- 33
"…
- 34
Ebenenleitung (m/w) für den Servicebereich
- 35
Zu Ihren Aufgaben gehören:
- 36
• Die Leitung des Serviceteams und die Sicherstellung des reibungslosen Tagesablaufes in den Servicebereichen Kassen/Counter, Einlasskontrolle und Gastronomie
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• Die Betreuung unserer Gäste sowie die Sicherstellung der Einhaltung unserer Standards bzgl. Kundenzufriedenheit, Service und Sauberkeit
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• Der Verkauf von Kinokarten, Getränken, Süßwaren, Eis sowie aller anderen Produkte aus unserem Consessionangebot
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• Die Vorbereitung und Durchführung von Kassenabrechnungen und Tagesabschlüssen
- 40
• Die Einlasskontrolle, Platzeinweisung, Saalreinigung sowie Gästeinformation und die Herstellung von Popcorn
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• Die Repräsentation unseres Unternehmens und Unterstützung der Theaterleitung sowie des Assistenten mit Schwerpunkt F&B
- 42
Was wir voraussetzen:
- 43
• Erste Erfahrungen in der Personalführung sowie in der Gastronomie
- 44
• Freude am Umgang mit Menschen und ein gelebter Servicegedanke
- 45
• Eine engagierte, belastbare, flexible und kommunikative Persönlichkeit
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• Spaß an der Arbeit im Team und das Bestreben immer wieder Neues zu lernen
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• MS-Office-Kenntnisse sowie die Bereitschaft sich intensiv in unsere kinospezifische Software einzuarbeiten
- 48
• Die grundsätzliche Bereitschaft zu Wochenend-, Nacht-, Wechsel- und Feiertagsdiensten
- 49
• Zuverlässigkeit und Verantwortungsbewusstsein
- 50
• Spaß am Gestalten eines Kinoerlebnisses
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…"
- 52
Mit Schreiben vom 20.10.2014 bewarb sich der Kläger auf diese Stellenausschreibung. Die Beklagte schrieb die Stelle im November 2014 erneut aus, weshalb sich der Kläger nochmals bewarb. Am 14.01.2015 veröffentlichte die Beklagte zwei Stellenausschreibungen für die Ebenenleitung mit einer Teilzeitbeschäftigung von 37 bzw. von 71 Stunden. Der Kläger bewarb sich wiederum ohne Erfolg auf diese Stellen.
- 53
Im März 2015 erhöhte sich der Stundenlohn des Klägers auf € 11,85 brutto und im Januar 2016 auf € 12,09 brutto.
- 54
Der Kläger ist seit dem 04.06.2015 Mitglied des dreiköpfigen Betriebsrats der Beklagten. Mit Schreiben vom 16.07.2015 beantragte die Beklagte beim Betriebsrat die Zustimmung zur beabsichtigten außerordentlichen Kündigung des Klägers, gestützt u. a. auf falsche Behauptungen in dem vorliegenden Rechtsstreit. Der Betriebsrat verweigerte die Zustimmung, weshalb die Beklagte am 21.07.2015 die arbeitsgerichtliche Ersetzung der Zustimmung beantragt hat (ArbG Stralsund, Beschluss vom 22.02.2016, Aktenzeichen 1 BV 2/15; LAG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 17.01.2017, Aktenzeichen 5 TaBV 8/16).
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Der Kläger hat in der ersten Instanz zuletzt die Ansicht vertreten, es fehle an einem dringenden betrieblichen Erfordernis für die Änderungskündigung. Die Beklagte könne ihn ohne weiteres mit der bisherigen Arbeitszeit in der Haustechnik und in der Projektion weiterbeschäftigten. Nach einer von Herrn A. (Bereich Property Maintenance & Supervision) erstellten und im März 2014 freigegebenen Liste belaufe sich der Beschäftigungsbedarf eines Haustechnikleiters/Vorführers allein bei den technischen Aufgaben auf 97,83 Stunden im Monat. Herr A. habe für verschiedene Einzeltätigkeiten deutlich mehr Zeit eingeplant als die Beklagte mit der Änderungskündigung vorgebe. Bestimmte Aufgaben habe die Beklagte überhaupt nicht berücksichtigt. Das gelte beispielsweise für die Kontrolle der Bestuhlung, die einen Zeitbedarf von 6 Stunden je Monat erfordere, und die Durchführung von Instandhaltungsarbeiten im Umfang von 20 Stunden im Monat. Der Kläger habe vormals haustechnische Aufgaben während der Projektion durchführen können, da es noch drei Projektionsassistenten gegeben habe. Nach deren Ausscheiden sei das nun nicht mehr möglich. Die Zeitberechnung der Beklagten sei nicht auf das Haus A-Stadt abgestimmt und habe mit den tatsächlich anfallenden Aufgaben nichts zu tun. Die Beklagte habe den Zeitaufwand für Filmvorführungen mit 60,1 Stunden angesetzt. Hinzuzurechnen seien aber weitere 20 Stunden je Monat für die Einspielung von durchschnittlich zwei Liveübertragungen aus Opernhäusern. Einschließlich der Vor- und Nachbereitung nehme eine Liveübertragung 6 Stunden in Anspruch. Der erforderliche Techniktest dauere nochmals 2 Stunden. Unter Berücksichtigung der Haustechnik bleibe es insgesamt bei einer Vollzeitstelle.
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Abgesehen davon sei der Kläger angesichts seiner Ausbildung als Ökonom auch in der Ebenenleitung einsetzbar, insbesondere nachdem Herr K. zum Jahresende 2013 ausgeschieden sei. Der Kläger habe bereits bei der vormaligen Arbeitgeberin in den Jahren 1998 bis 2000 vertretungsweise die Kasseneinnahmen abgerechnet. Zudem habe der Theaterleiter ihm bescheinigt, dass er weitere Aufgabe im Umfang von 72 Stunden/Monat übernehmen könne, nämlich im Schlussdienst (Kassenabrechnung, Auffüllen der Theken), im Marketing, in der Warenannahme und in der Ebenenleitung. Dementsprechend habe der Theaterleiter im Laufe des Prozesses angeboten, ihm weitere 72 Stunden zu übertragen, allerdings nur zu einem Stundenlohn von € 7,40 brutto. Die Beklagte beschäftige die technischen Leiter auch in anderen Häusern mit zusätzlichen Aufgaben. Herr M. in C-Stadt, Herr K. in N., Herr L. in R., Herr F. im C. R. und Herr R. in S. seien weiterhin in Vollzeit tätig, während er, der Kläger, als Einziger auf 100 Stunden im Monat abgesenkt worden sei. Seitdem er nur noch mit 100 Stunden beschäftigt werde, habe sich herausgestellt, dass diese Arbeitszeit nicht genüge. Die Beklagte setze deshalb zum Teil Ebenenleiter in der Projektion ein.
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Der Interessenausgleich vom 16.09.2013 sei nicht wirksam zustande gekommen. Es fehle an einem entsprechenden Betriebsratsbeschluss hierzu. Der Vorsitzende könne den Betriebsrat nur im Rahmen der vom Betriebsrat gefassten Beschlüsse vertreten. Ein Beschluss zum Interessenausgleich sei jedoch niemals gefasst worden. Zudem sei die Geschäftsgrundlage für den Interessenausgleich weggefallen, da der dort beim Kläger angenommene Beschäftigungsumfang nicht zutreffe.
- 58
Der Kläger hat bestritten, dass die Beklagte den Betriebsrat zu der Änderungskündigung ordnungsgemäß angehört hat.
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Das Arbeitsgericht hat die Klage zunächst durch Versäumnisurteil vom 19.08.2014 abgewiesen, weil der Kläger in der ersten streitigen Verhandlung keinen Antrag gestellt hat. Der Kläger hat gegen das ihm am 22.08.2014 zugestellte Versäumnisurteil mit Schriftsatz vom 28.08.2014, eingegangen beim Arbeitsgericht am 29.08.2014, rechtzeitig Einspruch eingelegt und die Klage in der Folgezeit mehrfach erweitert.
- 60
Der Kläger hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,
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das Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts Stralsund vom 19.08.2014 aufzuheben und
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1. festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung vom 13.12.2013, dem Kläger am 18.12.2013 zugegangen, sozial ungerechtfertigt und deshalb unwirksam ist,
- 63
2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Kündigungen beendet wurde, sondern zu unveränderten Arbeitsbedingungen fortbesteht,
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3. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ein Zwischenzeugnis zu erteilen, das sich auf Führung und Leistung erstreckt und das dem weiteren beruflichen Fortkommen des Klägers förderlich ist,
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4. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger als weiteres Arbeitsentgelt für den Zeitraum Juli 2014 bis einschließlich Februar 2016 insgesamt € 18.686,79 brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf
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€ 903,71 seit dem 01.08.2014,
€ 903,71 seit dem 01.09.2014,
€ 903,71 seit dem 01.10.2014,
€ 903,71 seit dem 01.11.2014,
€ 903,71 seit dem 01.12.2014,
€ 113,93 seit dem 01.12.2014,
€ 903,71 seit dem 01.01.2015,
€ 920,64 seit dem 01.02.2015,
€ 920,64 seit dem 01.03.2015,
€ 920,64 seit dem 01.04.2015,
€ 920,64 seit dem 01.05.2015,
€ 920,64 seit dem 01.06.2015,
€ 920,64 seit dem 01.07.2015,
€ 920,64 seit dem 01.08.2015,
€ 920,64 seit dem 01.09.2015,
€ 920,64 seit dem 01.10.2015,
€ 920,64 seit dem 01.11.2015,
€ 920,64 seit dem 01.12.2015,
€ 227,86 seit dem 01.12.2015,
€ 920,64 seit dem 01.01.2016,
€ 937,53 seit dem 01.02.2016 sowie auf
€ 937,53 seit dem 01.03.2016
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zu zahlen.
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Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei sozial gerechtfertigt, da der Kläger nicht mehr im Umfang von 173 Stunden je Monat beschäftigt werden könne. Die Tätigkeit als Leiter Haustechnik/Filmvorführer sei in einer regelmäßigen monatlichen Arbeitszeit von maximal 100 Stunden zu bewältigen. Die Beklagte habe einen Beschäftigungsbedarf von insgesamt 84,3 Stunden im Monat prognostiziert, der sich aus den weiterhin anfallenden Arbeiten in der Haustechnik (23,2 Stunden) und der neu geschaffenen Tätigkeit in der digitalen Projektion (61,1 Stunden) zusammensetze, und den sie auf 100 Stunden aufgerundet habe. Im Einzelnen berechne sich der Beschäftigungsbedarf wie folgt:
- 69
Projektionstätigkeiten
Std./ Monat
Bedienung und Pflege der 35mm-Anlagen
0,4
DCP Logistik vor Ort, Organisation des Einsatzes und Versandes
1,0
Verwaltung und Einspielung Filme, Trailer, Werbung auf dem Server/TMS
10,9
Beschaffung, Verwaltung und Einspielung von Keys in Zusammenarbeit mit der Disposition
3,0
Einspielung und Verwaltung von Werbung, Eigenwerbung auf dem Server/TMS
9,0
Empfang, Einspielung und Übertragung von alternativem Content
1,0
Bedienung und Pflege der Audio-Anlagen, Reinigung, Filterwechsel
1,5
Bedienung von Projektor und Server, Reinigung, Luftfiltertausch
1,5
Bedienung und Aktualisierung des TMS nach Vorgaben
6,0
Bedienung und Aktualisierung des Werbesystems nach Vorgaben
6,0
Bedienung des Audio-Interfaces für alternativen Content, Anschluss und Einrichtung
0,2
Überprüfung Abgleich Playlisten
9,0
Überwachung der Netzwerkverkabelung, Prüfung und Austausch in Zusammenarbeit mit Serviceunternehmen
0,6
Pflege der Datenbanken vor Ort, Verwaltung von Servicenummern, Softwarebeständen
3,0
Überwachung und Herstellung der Internetverbindungen der notwendigen Geräte in Zusammenarbeit mit der IT/EDV
0,6
Kontrolle der vorhandenen Satelliten-Anlagen und Geräte auf Pflegezustand und Wartungsintervalle
0,2
Einsatz und Bestellung von Ersatz-/Gebrauchsmaterialien nach Bedarf bei den zuständigen Stellen
0,9
Kontinuierliche Verfolgung und Durchführung der Wartungsstände
1,5
Kontrolle der vorhandenen Geräte auf Pflegezustand und Wartungsintervalle
1,5
Meldung von Fehlern der Systeme auf den vorgeschriebenen Wegen an die zuständigen Servicefirmen und Ansprechpartner
1,1
Zusammenarbeit mit technischem Personal der Wartungs- und Servicefirmen zur Vermeidung und Verringerung von Fehlern
1,1
Beachtung von Garantiebedingungen und –fällen
0,5
Ständiger Kontakt mit den zuständigen Servicefirmen
0,5
~ 61,1
- 70
Haustechnische Tätigkeiten
Std./ Monat
Sicherheitsbeauftragter
Regelmäßige Rundgänge zur Prüfung/Gewährleistung der allgemeinen Sicherheit am Arbeitsplatz, Schulung erfolgt einmalig durch die Berufsgenossenschaft
1,0
Brandschutzbeauftragter
Regelmäßige Rundgänge zur Kontrolle aller Notausgänge und Fluchtwege hinsichtlich Funktion und Einhaltung Brandschutzbestimmungen
1,0
Aufzugswärter
Verantwortlich bei Notöffnung und Befreiungsfahrten. Schulung von Pflichten und Handhabung aller festangestellten Mitarbeiter durch die Aufzugsfirma (im Zuge der Wartungsarbeiten)
0,1
Ersthelfer
Schulung aller festangestellten Mitarbeiter durch Rotes Kreuz o. ä.
0,3
Arbeitsschutz
Schulung Arbeitsschutz des Personals erfolgt über externen Arbeitsschützer
0,2
Behördenbegehungen
Betreuung und Begleitung von behördlichen Begehungen sowie Prüfung, ist Aufgabe der FM Abteilung, hierzu ist aber die Anwesenheit des Technischen Leiters erforderlich
0,2
Sachverständigenprüfungen
Begleitung erfolgt durch Technischen Leiter/ Wartungsfirmen. Einlass/ Zugang über Technischen Leiter
0,3
Ansprechpartner
Ansprechpartner, auch ggf. für Mieter im Objekt, Klärung und Aufnahme von Mängeln mit Weiterleitung an FM
0,9
Brandmeldeanlage
Sichtkontrolle zur Wahrnehmung von Meldungen/ Störungen und Auslesungen
4,0
Leuchtmittel
Sichtprüfung aller Leuchtmittel auf Funktion in den öffentlichen Bereichen (Foyer) und Sälen, ggf. Aufnahme im Logbuch
0,9
Logbuch
Führung des Logbuchs zur Abarbeitung von Mängeln und Defekten an allen Einrichtungen/ Inventar, auch zur Nachverfolgung/ Abarbeitung
0,9
Sanitäranlagen
Kontrolle aller sanitären Einrichtungen auf Funktion und Sauberkeit, ggf. Aufnahme im Logbuch
3,0
RLT Anlagen
Veranlassung/ Programmierung zur Anpassung der Laufzeiten von Heizung, Kälte-, Klima- und Lüftungsanlagen an den aktuellen Spielplan, inkl. Kontrolle der Soll-Ist-Werte, auch bei Untermietern usw.
2,0
Beleuchtung
Kontrolle aller Parkplatz- und Außenbereiche auf Ordnung, Sauberkeit und Funktion der Außen- und Werbebeleuchtung, ggf. Aufnahme im Logbuch und Meldung zwecks Mängelrüge an FM
1,0
Unterhaltsreinigung
Kontrolle der Reinigungsleistungen, Führen von Qualitätsprotokollen an jeweils unterschiedlichen Wochentagen, Aufnahme im Logbuch und Meldung zwecks Mängelrüge an FM
2,8
Lagerhaltung
Bestellung und Kontrolle der Lagerbestände von Leuchtmitteln, Ersatzteilen und Reinigungsartikeln, auch zur Vermeidung von zu hohen Lagerbeständen
1,0
Zählerstände
Erfassung der Zählerstände, Dokumentation und Bereitstellung per Mail jeweils am 23. des laufenden Monats
2,0
Werbeanlagen
Montage und Organisation der Werbeprintflächen usw. Dokumentation von Wechsel und Beweisfotos versenden (Standard Dienstanweisung Sicherheit bei Montage > FM)
1,0
Einweisung Betriebsmittel
Einweisungen aller Mitarbeiter für Handhabung/ Anleitung in örtliche Betriebsmittel
0,5
~ 23,1
- 71
Die Einspielung von Liveübertragungen nehme nicht, wie der Kläger behaupte, 20 Stunden pro Monat in Anspruch, da er während der Übertragung nicht tätig werden müsse.
- 72
Eine Beschäftigung des Klägers in der Ebenenleitung sei nicht möglich, da ihm hierfür die Eignung fehle. Die Ausbildung zum Ökonom liege viel zu lange zurück, zumal der Kläger, soweit ersichtlich, keine praktischen Erfahrungen auf diesem Gebiet gesammelt habe. Eine Liste mit weiteren Aufgaben habe nicht der Theaterleiter dem Kläger, sondern - anders herum - der Kläger dem Theaterleiter vorgelegt, der jedoch nach Prüfung dieser Liste festgestellt habe, dass alle Aufgaben bereits anderen Mitarbeitern übertragen seien.
- 73
Im Übrigen greife aufgrund des Interessenausgleichs mit Namensliste die Vermutung des § 1 Abs. 5 KSchG, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt sei. Der Kläger habe diese Vermutung nicht widerlegt. Der Interessenausgleich vom 16.09.2013 sei wirksam. Der Betriebsrat habe einen wirksamen Beschluss hierzu gefasst. Der Betriebsratsvorsitzende habe den Interessenausgleich in oder im Anschluss an die Betriebsratssitzung vom 16.09.2013 unterzeichnet, bei der alle Betriebsratsmitglieder anwesend gewesen seien und in der es um den Interessenausgleich gegangen sei. Selbst wenn kein Beschluss zustande gekommen sein sollte, so habe der Betriebsrat jedenfalls den Interessenausgleich nachträglich genehmigt, indem er mehrfach dessen Einhaltung verlangt habe. Die Beklagte habe auf eine entsprechende Beschlussfassung des Betriebsrats vertrauen dürfen. Es habe keine Anhaltspunkte gegeben, dass der Betriebsratsvorsitzende mit Unterzeichnung des Interessenausgleichs seine Kompetenzen überschritten habe. Im Übrigen sei der Betriebsrat seinerzeit von dem damaligen Prozessbevollmächtigten des Klägers rechtlich beraten worden.
- 74
Das Arbeitsgericht hat in der streitigen Verhandlung vom 07.07.2015 Beweis erhoben über die Behauptung des Klägers, die Betriebsvereinbarung über einen Interessenausgleich mit Namensliste vom 16.09.2013 sei durch den damaligen Vorsitzenden des Betriebsrats ohne Vorliegen eines Betriebsratsbeschlusses unterzeichnet worden, und hierzu den früheren Betriebsratsvorsitzenden sowie ein weiteres Betriebsratsmitglied vernommen. Im Anschluss an die Verhandlung vom 26.04.2016 hat das Arbeitsgericht das Versäumnisurteil aufgehoben und der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Änderungskündigung unwirksam sei, weil die Beklagte den Betriebsrat entgegen § 102 BetrVG nicht ausreichend über den Kündigungsgrund unterrichtet habe. Sie habe ihm nicht mitgeteilt, wie sie den prognostizierten Beschäftigungsbedarf ermittelt habe. Für den Betriebsrat sei nicht nachvollziehbar gewesen, weshalb der Kläger nur noch 100 Stunden im Monat beschäftigt werden könne.
- 75
Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer fristgerecht eingelegten Berufung. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts sei es schon nicht erforderlich gewesen, den Betriebsrat über die konkrete Berechnung des verbleibenden Beschäftigungsbedarfs von 100 Stunden im Monat zu unterrichten. Abgesehen davon habe der Betriebsrat aber durchaus gewusst, wie sich der verbleibende Beschäftigungsbedarf zusammensetze. Die Beklagte habe den Betriebsräten bereits im Vorfeld der Verhandlungen zum Interessenausgleich anlässlich einer Informationsveranstaltung am 08.05.2013 die Prognosen des Beschäftigungswegfalls vorgestellt. Am 11.09.2013 habe sie dem Vorsitzenden des Betriebsrats A-Stadt im Beisein seines damaligen Prozessbevollmächtigten, der im Übrigen erstinstanzlich auch den Kläger vertreten habe, die detaillierte Beschäftigungsprognose für den Betrieb A-Stadt vorgelegt und ausführlich erläutert. Der Betriebsrat habe vorgeschlagen, dem Kläger alternativ Aufgaben der Projektion und Haustechnik in anderen Kinos zu übertragen. Nachdem die Beklagte dies abgelehnt habe, sei die Stundenzahl für den Kläger aus Kulanz einvernehmlich auf 100 Stunden aufgerundet worden. Da der Betriebsrat bereits die maßgeblichen Umstände aus den Verhandlungen zum Interessenausgleich gekannt habe, sei es nicht notwendig gewesen, ihm die Einzelheiten nochmals im Anhörungsschreiben zur Kündigung des Klägers mitzuteilen. Im Übrigen habe der Kläger nicht einmal konkret bestritten, dass der Betriebsrat die Einzelheiten zur Berechnung des Beschäftigungsbedarfs nicht gekannt habe.
- 76
Soweit sich der Kläger bezüglich des Beschäftigungsbedarfs nunmehr auf außergewöhnliche haustechnische Aufgaben, insbesondere Instandhaltungsarbeiten, berufe, verhalte er sich widersprüchlich. Außergerichtlich habe er solche Tätigkeit nämlich unter Klageandrohung abgelehnt und die Ansicht vertreten, die Beklagte überschreite mit einer derartigen Weisung ihr Direktionsrecht. Malerarbeiten habe die Beklagte ihm im September 2016 nur ausnahmsweise wegen einer kurzzeitigen Überlastung des externen Dienstleisters übertragen.
- 77
Anderweitige Beschäftigungsmöglichkeiten gebe es nicht. Nach dem Ausscheiden von Herrn K. habe sich die Beklagte entschieden, die Stelle nicht neu zu besetzen, da Herr K. als geringfügig Beschäftigter ohnehin mit der Betriebsratsarbeit weitgehend ausgelastet gewesen sei. Erst im Januar 2014 habe die Beklagte unabhängig von Herrn K. Ausscheiden festgelegt, den Theaterleiter durch die Einstellung eines weiteren Ebenenleiters ab März 2014 zu entlasten. Im Übrigen könne der Kläger schon deshalb keine Übertragung der Aufgaben des Ebenenleiters verlangen, da es sich um eine Beförderungsposition handele. Zudem stelle die Beklagte keine Mitarbeiter ohne Gastronomieerfahrung für die Ebenenleitung ein.
- 78
Schließlich habe das Arbeitsgericht die zugesprochene Zinsforderung nicht näher begründet. Die Beklagte befinde sich nicht im Verzug, da sie mit einer derartigen, von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts abweichenden Rechtsauffassung des Arbeitsgerichts nicht habe rechnen müssen. Es liege kein Verschulden vor.
- 79
Die Beklagte beantragt,
- 80
das Urteil des Arbeitsgerichts Stralsund vom 26.04.2016 - 2 Ca 604/13 - abzuändern, das Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts vom 19.08.2014 aufrechtzuerhalten und im Übrigen die Klage abzuweisen.
- 81
Der Kläger beantragt,
- 82
die Berufung zurückzuweisen.
- 83
Das Arbeitsgericht habe die Klage zu Recht abgewiesen. Es gebe keine dringenden betrieblichen Erfordernisse für eine Absenkung der Arbeitszeit von 173 auf 100 Stunden im Monat. Die Prognose sei offensichtlich fehlerhaft. Die Beklagte habe außergewöhnliche haustechnische Aufgaben (Austausch und Kleinreparaturen der Bestuhlung, Kontrolle der Notbeleuchtung, Klein- und Notreparaturen in sonstigen Bereichen) überhaupt nicht berücksichtigt, obwohl sie selbst deren Zeitaufwand mit 27,2 Stunden bemessen habe. Darüber hinaus habe die Beklagte verschiedene Einzelaufgaben mit einem deutlich zu geringen Zeitaufwand angesetzt. So habe sie beispielsweise die Einspielung und Übertragung von alternativem Content nur mit 1 Stunde je Monat berechnet, während tatsächlich 10 Stunden je Sonder- oder Liveübertragung erforderlich seien, von denen es durchschnittlich eine pro Monat gebe.
- 84
Der Interessenausgleich sei nicht wirksam zustande gekommen, jedenfalls aber habe sich die Sachlage nach Abschluss des Interessenausgleichs wesentlich geändert. Bei Ausspruch der Kündigung sei absehbar gewesen, dass es weitere Beschäftigungsmöglichkeiten in der Ebenenleitung geben werde, insbesondere nach dem Ausscheiden von Herrn K.. Gleiches gelte für den Servicebereich, in dem das Personal ständig wechsle.
- 85
Des Weiteren habe die Beklagte den Betriebsrat über die vom Kläger wahrzunehmenden Aufgaben unzureichend unterrichtet. Überhaupt nicht berücksichtigt seien unter anderem die jüngst vom Kläger geforderten Maler- und sonstigen Handwerkerarbeiten.
- 86
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen, die Sitzungsprotokolle sowie das angegriffene arbeitsgerichtliche Urteil verwiesen.
Entscheidungsgründe
- 87
Die Berufung der Beklagten ist im Hinblick auf das dem Kläger zugesprochene Zwischenzeugnis unzulässig; im Übrigen ist die Berufung unbegründet.
- 88
I. Zulässigkeit der Berufung
- 89
Die Berufung der Beklagten ist, soweit sie das Zwischenzeugnis betrifft, unzulässig.
- 90
Nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO, § 64 Abs. 6 ArbGG muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt. Bezieht sich das Rechtsmittel auf mehrere Ansprüche im prozessualen Sinn, ist zu jedem Anspruch eine ausreichende Begründung zu geben. Fehlen Ausführungen zu einem Anspruch, ist das Rechtsmittel insoweit unzulässig (BAG, Urteil vom 19. Mai 2016 - 3 AZR 131/15 - Rn. 15, juris; BAG, Urteil vom 08. Mai 2008 - 6 AZR 517/07 - Rn. 28, juris = NJW 2008, 3372).
- 91
Die Beklagte hat sich in ihrer zugleich mit dem Berufungsschriftsatz eingereichten Berufungsbegründung zwar mit dem Kündigungsschutz- und dem Zahlungsantrag auseinandergesetzt, nicht jedoch Einwände gegen das vom Arbeitsgericht zugesprochene Zwischenzeugnis erhoben.
- 92
II. Begründetheit der Berufung
- 93
Die Klage ist zulässig und begründet. Die Änderungskündigung der Beklagten vom 13.12.2013 ist unwirksam, da sie sozial ungerechtfertigt ist. Die Vergütungsdifferenzen zur Vollzeitbeschäftigung sind nachzuzahlen.
- 94
1. Änderungskündigung
- 95
Eine betriebsbedingte Änderungskündigung ist nach § 2 KSchG sozial gerechtfertigt, wenn sie durch Gründe im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG bedingt ist und das Änderungsangebot des Arbeitgebers sich darauf beschränkt, solche Änderungen vorzusehen, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muss. Ob der Arbeitnehmer eine ihm vorgeschlagene Änderung billigerweise akzeptieren muss, ist nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beurteilen. Die Änderungen müssen geeignet und erforderlich sein, um den Inhalt des Arbeitsvertrags den geänderten Beschäftigungsmöglichkeiten anzupassen. Diese Voraussetzungen müssen für alle angebotenen Vertragsänderungen vorliegen. Keine von ihnen darf sich weiter vom bisherigen Inhalt des Arbeitsverhältnisses entfernen, als dies zur Erreichung des angestrebten Ziels erforderlich ist (BAG, Urteil vom 22. Oktober 2015 - 2 AZR 550/14 - Rn. 23, juris = NZA-RR 2016, 243; BAG, Urteil vom 24. September 2015 - 2 AZR 680/14 - Rn. 13, juris = MDR 2016, 398).
- 96
Nach § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b KSchG ist die Kündigung auch dann sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann. Die Weiterbeschäftigung muss sowohl dem Arbeitnehmer als auch dem Arbeitgeber objektiv möglich und zumutbar sein. Dies setzt voraus, dass ein freier vergleichbarer (gleichwertiger) Arbeitsplatz oder ein freier Arbeitsplatz zu geänderten (schlechteren) Arbeitsbedingungen vorhanden ist und der Arbeitnehmer über die hierfür erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse verfügt (BAG, Urteil vom 29. März 2007 - 2 AZR 31/06 - Rn. 38, juris = NZA 2007, 855). Diese Grundsätze sind auf die Änderungskündigung insoweit übertragbar, als sich der Arbeitnehmer auf die Möglichkeit der Beschäftigung auf einem anderen freien Arbeitsplatz zu ihn weniger belastenden, vergleichbaren oder ggf. auch geänderten Arbeitsbedingungen berufen kann (BAG, Urteil vom 09. September 2010 - 2 AZR 936/08 - Rn. 39, juris = ZTR 2011, 296).
- 97
Die Rechtmäßigkeit einer Kündigung ist anhand der zum Zeitpunkt des Zugangs gegebenen objektiven Verhältnissen zu beurteilen (BAG, Urteil vom 17. Februar 2016 - 2 AZR 613/14 - Rn. 26, juris = ZTR 2016, 418; BAG, Urteil vom 23. Oktober 2014 - 2 AZR 644/13 - Rn. 21, juris = NJW 2015, 1403).
- 98
Nach § 1 Abs. 5 Satz 1 KSchG wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG bedingt ist, wenn die Arbeitnehmer, denen aufgrund einer Betriebsänderung nach § 111 BetrVG gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet sind. Die Voraussetzungen der gesetzlichen Vermutung hat der Arbeitgeber darzulegen und ggf. zu beweisen (BAG, Urteil vom 27. September 2012 - 2 AZR 516/11 - Rn. 16, juris = NZA 2013, 559).
- 99
Diese Vermutung bezieht sich sowohl auf den Wegfall der bisherigen Beschäftigung als auch auf das Fehlen anderer Beschäftigungsmöglichkeiten im Betrieb (BAG, Urteil vom 27. September 2012 - 2 AZR 516/11 - Rn. 25, juris = NZA 2013, 559). Nach § 292 ZPO ist der Beweis des Gegenteils zulässig. Es ist deshalb Sache des Arbeitnehmers darzulegen und im Bestreitensfall zu beweisen, dass in Wirklichkeit eine Beschäftigungsmöglichkeit für ihn weiterhin besteht. Eine bloße Erschütterung der Vermutung reicht nicht aus. Es ist vielmehr ein substantiierter Tatsachenvortrag erforderlich, der den gesetzlich vermuteten Umstand nicht nur in Zweifel zieht, sondern ausschließt. Der Arbeitnehmer muss darlegen, weshalb der Arbeitsplatz trotz der Betriebsänderung noch vorhanden ist oder wo sonst im Betrieb oder Unternehmen er weiterbeschäftigt werden kann (BAG, Urteil vom 27. September 2012 - 2 AZR 516/11 - Rn. 26, juris = NZA 2013, 559).
- 100
Es kann dahinstehen, ob der Interessenausgleich vom 16.09.2013 wirksam zustande gekommen ist. Jedenfalls hat der Kläger ausreichend dargelegt, dass er im Betrieb über die angebotenen 100 Stunden/Monat hinaus zumindest zu geänderten Vertragsbedingungen weiterbeschäftigt werden kann. Selbst wenn eine Beschäftigung zu den bisherigen Vertragsbedingungen als "Leiter Haustechnik mit zusätzlichem Tätigkeitsschwerpunkt Filmvorführung" spätestens ab Juli 2014 nicht mehr in Vollzeit möglich sein sollte, so ist jedoch das Änderungsangebot insoweit unverhältnismäßig, als die Beklagte dem Kläger nicht eine zusätzliche Beschäftigung in der Ebenenleitung angeboten hat.
- 101
Zum Zeitpunkt der Kündigung des Klägers standen weniger einschneidende Möglichkeiten der Vertragsanpassung zur Verfügung. Bei Zugang der Kündigung am 18.12.2013 war abzusehen, dass spätestens nach dem Auslaufen der Kündigungsfrist im Juni 2014 eine Beschäftigung mit rund weiteren 50 Stunden möglich sein würde, nämlich in der Ebenenleitung. Ein Einsatz als Ebenenleiter ist sowohl für den Kläger als auch für die Beklagte objektiv möglich und zumutbar.
- 102
Die Beklagte konnte im Dezember 2013 nicht von einem dauerhaften und endgültigen Wegfall des Beschäftigungsvolumens von etwa 50 Stunden/Monat in der Ebenenleitung ausgehen.
- 103
Die Einführung der digitalen Projektionstechnik änderte nichts an dem Beschäftigungsbedarf im Servicebereich und in der Ebenenleitung. Sie betraf allein die Filmvorführer. Im Interessenausgleich vom 16.09.2013 sind die 3 Ebenenleiter und die 21 Servicekräfte nicht erwähnt. Deren Beschäftigungsbedarf richtet sich allein nach der Anzahl von Vorführungen und Kinogästen. Hieran hat sich durch die Digitalisierung nichts geändert. Für einen langfristigen Abbau von Stellen bei den Servicekräften und in der Ebenenleitung gab es keinen Anlass. Ebenso wenig plante die Beklagte, Aufgaben der Ebenenleitung dauerhaft auf andere Hierarchieebenen innerhalb des Betriebs zu verlagern. Zwar mag der Theaterleiter und der Theaterleiterassistent teilweise in der Ebenenleitung ausgeholfen oder mitgearbeitet haben, insbesondere in Zeiten von größerem Publikumsverkehr. Die Aufgabenschwerpunkte des Theaterleiters und seines Assistenten liegen jedoch in anderen Bereichen, sodass sie nicht dauerhaft einen Ebenenleiter oder eine Servicekraft ersetzen können. Ein langfristiger Abbau von Arbeitskräften bzw. Arbeitskraftanteilen in der Ebenenleitung war nicht vorgesehen. Dementsprechend hat die Beklagte zwei Monate nach dem Ausscheiden von Herrn K. die regelmäßige Arbeitszeit eines anderen Ebenenleiters um einen adäquaten Anteil aufgestockt. Damit stand im Bereich der Ebenenleitung weiterhin ein monatliches Beschäftigungsvolumen von rund 270 Stunden zur Verfügung, was rechnerisch pro Spieltag etwa 9 Stunden ohne Berücksichtigung von Urlaub, Krankheit etc. ergibt.
- 104
Der langfristige Beschäftigungsbedarf wird durch vorübergehende Schwankungen im Arbeitsanfall nicht berührt. Soweit der Theaterleiter Ende 2013/Anfang 2014 seine Mitarbeit in der Ebenenleitung wegen anderer Aufgaben (Pflege der Facebook-Seite, neue Budgetierungsrichtlinie) reduzieren musste, handelt es sich um eine übliche Veränderung bei den Aufgabenschwerpunkten, die noch keinen Anlass zur Überarbeitung der Personalplanung gibt. Sämtliche Arbeitsprozesse unterliegen einem steten, häufig schleichenden Wandel, insbesondere aufgrund technischer, organisatorischer oder wirtschaftlicher Entwicklungen. Das allein führt noch nicht zu einem Wegfall von Beschäftigungsmöglichkeiten bzw. Arbeitsplätzen.
- 105
Die Tätigkeit von Herrn K. im Betriebsrat ändert ebenso wenig etwas an dem langfristigen Beschäftigungsbedarf in der Ebenenleitung. Die zeitweise Freistellung von der beruflichen Tätigkeit im gesetzlich gebotenen Umfang gemäß § 37 Abs. 2 BetrVG mag es erforderlich machen, eine Vertretung für Herrn K. zu organisieren und ggf. Mehrarbeit anzuordnen. Sie ändert jedoch nichts am Arbeitsanfall in der Ebenenleitung. Die Beklagte hat keine ernsthafte und endgültige unternehmerische Entscheidung getroffen, die Stelle von K. dauerhaft zu streichen und das Beschäftigungsvolumen in diesem Aufgabenbereich langfristig abzusenken.
- 106
Der Kläger verfügt über die für eine Beschäftigung in der Ebenenleitung erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse.
- 107
Dabei ist dem Kläger ebenso wie einem neu eingestellten Arbeitnehmer eine angemessene Einarbeitungszeit zuzubilligen. Ggf. bedarf es einer kurzen Schulung. Da dem Kläger aufgrund seiner langjährigen Tätigkeit die Abläufe im Kino bekannt sind, kann sich die Einarbeitung im Wesentlichen auf die gastronomischen Aufgaben beschränken. Die Beklagte setzt bei den Ebenenleitern keine Berufsausbildung voraus, weder in einer gastronomischen noch einer sonstigen Fachrichtung. Sie beschäftigt als Ebenenleiter u. a. Studenten, die zuvor als Servicekräfte tätig waren. Die Studenten verfügen regelmäßig noch nicht über eine abgeschlossene Ausbildung. Soweit die Beklagte "Erste Erfahrungen … in der Gastronomie" voraussetzt, kann der Kläger das im Rahmen der Einarbeitung nachholen. Die Anforderungen sind erkennbar gering und entsprechen den in einem Kino üblicherweise anfallenden Aufgaben. Der Schwerpunkt liegt im Verkauf von Getränken und abgepackten Speisen. Die Zubereitung von Speisen beschränkt sich auf wenige einzelne, für den Verzehr im Kino geeignete Knabber- und Naschsachen, insbesondere Popcorn. Um die Herstellung von Popcorn zu erlernen, genügt eine angemessene Einarbeitungszeit. Des Weiteren verfügt der Kläger über gewisse Erfahrungen im Umgang mit Personal, die aus der Zusammenarbeit mit den Filmvorführern zu den Zeiten der analogen Projektion herrühren. Spezielle Kenntnisse in der Personalführung oder praktische Erfahrungen sind für die Tätigkeit des Ebenenleiters nicht erforderlich.
- 108
Es handelt sich für den Kläger zumindest um einen gleichwertigen Arbeitsplatz. Eine Beförderung ist mit der Beschäftigung in der Ebenenleitung nicht verbunden.
- 109
Die Wertigkeit der Arbeitsplätze richtet sich nach den für die Beklagte geltenden Tarifverträgen. Im Dezember 2013 betrug der Stundenlohn im Service in einem Kino der Kategorie III, zu der A-Stadt gehört, € 7,00 brutto. Dieser Stundenlohn erhöht sich um die Ebenenleiterzulage von € 1,50 brutto auf insgesamt € 8,50 brutto. In der Projektion betrug der Stundenlohn seinerzeit € 7,50 brutto. Der Kläger erhielt zu diesem Zeitpunkt als Leiter der Haustechnik mit dem zusätzlichen Tätigkeitsschwerpunkt Filmvorführung einen Stundenlohn von € 11,39 brutto. Die Eingruppierung eines Projektanten ist für ihn nicht maßgeblich, da er arbeitsvertraglich hauptsächlich als Leiter Haustechnik beschäftigt ist. Seine Vergütung richtet sich nicht nach der tarifvertraglichen Berufsgruppe der Filmvorführer. Vielmehr haben die Parteien eine übertarifliche Vergütung vereinbart, die das Entgelt der Ebenenleiter und der Filmvorführer deutlich übersteigt.
- 110
2. Annahmeverzugslohn
- 111
Der Kläger hat nach § 615 Satz 1, § 611 Abs. 1 BGB einen Anspruch auf Fortzahlung der bisherigen Vergütung für den streitgegenständlichen Zeitraum Juli 2014 bis Februar 2016 abzüglich der bereits geleisteten Zahlungen.
- 112
Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 1 und 2 BGB. Der Verzug ist nicht mangels eines Verschuldens ausgeschlossen.
- 113
Nach § 286 Abs. 4 BGB kommt der Schuldner nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstandes unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat. Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn nichts anderes bestimmt ist (§ 276 Abs. 1 Satz 1 BGB). Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt (§ 276 Abs. 2 BGB).
- 114
Ein Rechtsirrtum kann das Verschulden ausschließen. Hieran werden jedoch strenge Anforderungen gestellt (BAG, Urteil vom 26. Januar 2011 - 4 AZR 167/09 - Rn. 48, juris = NZA-RR 2011, 531; LAG Hessen, Urteil vom 30. Oktober 2013 - 2 Sa 629/13 - Rn. 19, juris = EzTöD 100 § 24 Abs. 1 TVöD-AT Verzugszinsen Nr. 1). Bloße Zweifel an der Rechtslage allein genügen noch nicht. Unverschuldet ist der Rechtsirrtum nur, wenn der Schuldner nach sorgfältiger Prüfung der Sach- und Rechtslage mit einer anderen Beurteilung der Gerichte nicht zu rechnen brauchte (LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20. Juni 2013 - 18 Sa 118/13 - Rn. 37, juris = öAT 2014, 38; BGH, Urteil vom 11. April 2012 - XII ZR 48/10 - Rn. 31, juris = WuM 2012, 323). Die Darlegungs- und Beweislast für das fehlende Verschulden trägt der Schuldner (BAG, Urteil vom 26. Januar 2011 - 4 AZR 167/09 - Rn. 49, juris = NZA-RR 2011, 531).
- 115
Gerät der Arbeitgeber in Annahmeverzug, weil er nach Ausspruch einer Kündigung die Gehaltszahlungen an den Arbeitnehmer einstellt, so hat er dies dann zu vertreten, wenn er bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen können, dass die Kündigung unwirksam war. Insoweit ist zu prüfen, ob sich der Arbeitgeber in einem entschuldbaren Rechtsirrtum befunden hat. Entscheidend ist, ob er unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung mit vertretbaren Gründen zu der Annahme gelangen durfte, die Kündigung werde sich als rechtsbeständig erweisen (BAG, Urteil vom 13. Juni 2002 - 2 AZR 391/01 - Rn. 44, juris = NZA 2003, 44; LAG Köln, Urteil vom 04. Dezember 2013 - 11 Sa 656/10 - Rn. 42, juris).
- 116
Die Beklagte konnte nicht auf eine Rechtmäßigkeit der Änderungskündigung vom 13.12.2013 vertrauen. Der Kläger hat bereits bei Prozessbeginn mehrere Einwände gegen die ausgesprochene Kündigung erhoben, die durchaus geeignet waren, die Kündigung zu Fall zu bringen. Er hat stets geltend gemacht, er könne mehr als 100 Stunden im Monat mit seiner bisherigen Tätigkeit, zumindest aber zu geänderten Bedingungen als Ebenenleiter, beschäftigt werden. Der Kläger hat seine Einwände durch einen entsprechenden Tatsachenvortrag unterlegt. Damit bestand für die Beklagte ein erhebliches Risiko, im Kündigungsschutzprozess zu unterliegen, selbst wenn sie von der Wirksamkeit des Interessenausgleichs ausgehen durfte. Da der Interessenausgleich nur zu einer widerlegbaren Vermutung führt, konnte sich die Beklagte nicht hierauf verlassen. Sie musste damit rechnen, dass es dem Kläger gelingt, die Vermutung auszuräumen. Bei sorgfältiger Abwägung der Prozessaussichten musste sie ernsthaft ein Unterliegen in Betracht ziehen, da der Kläger nicht nur unsubstantiierte Behauptungen in den Raum gestellt, sondern mit beachtlichen Gründen verschiedene Möglichkeiten der Weiterbeschäftigung aufgezeigt hat, die nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen waren.
- 117
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Der Rechtsstreit wirft keine entscheidungserheblichen Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung auf.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 17. Jan. 2017 - 5 Sa 166/16
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Urteil einreichenLandesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 17. Jan. 2017 - 5 Sa 166/16 zitiert oder wird zitiert von 11 Urteil(en).
In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Unternehmer den Betriebsrat über geplante Betriebsänderungen, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben können, rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und die geplanten Betriebsänderungen mit dem Betriebsrat zu beraten. Der Betriebsrat kann in Unternehmen mit mehr als 300 Arbeitnehmern zu seiner Unterstützung einen Berater hinzuziehen; § 80 Abs. 4 gilt entsprechend; im Übrigen bleibt § 80 Abs. 3 unberührt. Als Betriebsänderungen im Sinne des Satzes 1 gelten
- 1.
Einschränkung und Stilllegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen, - 2.
Verlegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen, - 3.
Zusammenschluss mit anderen Betrieben oder die Spaltung von Betrieben, - 4.
grundlegende Änderungen der Betriebsorganisation, des Betriebszwecks oder der Betriebsanlagen, - 5.
Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren.
(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.
(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn
- 1.
in Betrieben des privaten Rechts - a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt, - b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat, - 2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts - a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt, - b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.
(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.
(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.
Tenor
1. Die Beschwerde der beteiligten Arbeitgeberin (Beteiligte zu 1) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Stralsund vom 22.02.2016 - 1 BV 2/15 - wird zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
- 1
Die beteiligte Arbeitgeberin begehrt die Ersetzung der vom Betriebsrat verweigerten Zu-stimmung zur beabsichtigten außerordentlichen Kündigung des Beteiligten zu 3) wegen der Vorwürfe, im Kündigungsschutzprozess mit der Arbeitgeberin falsch vorgetragen und versucht zu haben, einen Zeugen zur Falschaussage zu bewegen, sowie während der Arbeitszeit privat telefoniert zu haben.
- 2
Die Arbeitgeberin betreibt bundesweit zahlreiche Kinos. Der Beteiligte zu 3) ist der Vorsitzende des im Kino C-Stadt gebildeten dreiköpfigen Betriebsrats, des Beteiligten zu 2).
- 3
Der 1961 geborene Beteiligte zu 3) ist seit dem 01.10.1997 bei der Arbeitgeberin bzw. der vorherigen Betriebsinhaberin als Leiter Haustechnik mit zusätzlichem Tätigkeitsschwerpunkt Filmvorführung beschäftigt. Seine regelmäßige Arbeitszeit betrug zuletzt 173 Stunden/Monat.
- 4
Am 16.09.2013 unterzeichneten der Theaterleiter des Kinos G., Herr R., und der damalige Vorsitzende des Betriebsrats, Herr K., die folgende
- 5
"Betriebsvereinbarung über einen
Interessenausgleich
über die Einführung und den Betrieb der digitalen Projektionstechnik
- 6
…
- 7
Der Arbeitgeber beabsichtigt die vollständige Digitalisierung sämtlicher Kinosäle des Betriebes (Volldigitalisierung). …
- 8
Die Volldigitalisierung stellt eine Betriebsänderung i.S.d. § 111 BetrVG dar. Der Betriebsrat wurde über dieses Vorhaben umfassend und vollständig unterrichtet und die Parteien haben über die daraus folgenden Maßnahmen im Einzelnen beraten.
- 9
Vor diesem Hintergrund vereinbaren die Parteien Folgendes:
- 10
…
- 11
§ 2
Einführung digitaler Projektionstechnik / Schulung der Mitarbeiter
- 12
1. Der Arbeitgeber führt die digitale Projektionstechnik mit Zustimmung des Betriebsrats in allen Kinosälen an diesem Standort ein. Durch die Einführung der digitalen Projektionstechnik wird die bisher genutzte analoge Projektionstechnik zum Großteil aufgeben. Die vorhandenen analogen Projektoren werden durch digitale Systeme ersetzt, mit Ausnahme von zwei Kinosälen, die auch weiterhin bei Bedarf analog bespielt werden können.
- 13
2. Die Einführung der digitalen Projektionstechnik wird voraussichtlich bis zum 01.10.2013 beendet sein.
- 14
…
- 15
§ 4
Folgen für die Mitarbeiter / Arbeitsrechtliche Maßnahmen
- 16
1. Durch den weitgehenden Wegfall der analogen Projektion und die Vernetzung der digitalen Projektoren einschließlich der Einführung der zentralen Steuerung in diesem Kinobetrieb wird es zu einer Verringerung des Arbeitskräftebedarfs in der Projektion kommen. … Die zukünftigen Projektionstätigkeiten (Bedienung und Aktualisierung des TMS, Wartung etc.) umfassen einen Bedarf von etwa 85 Stunden pro Monat. Darin enthalten sind etwa 24 Stunden für Haustechnik. Nach Abschluss der Volldigitalisierung fallen damit die bisherigen Tätigkeiten aller Vollzeit- und Teilzeit-Arbeitsplätze im Bereich Projektion weg, mit Ausnahme eines Arbeitsplatzes im Umfang von 100 Stunden pro Monat (85 Stunden zzgl. Ausgleich für Urlaub, Krankheit).
- 17
2. Dem unter Berücksichtigung der üblichen Kriterien gemäß § 1 Abs. 3 KSchG sozial schutzwürdigsten Mitarbeiter im Bereich der Projektion, Herr C., wird eine Tätigkeit im Umfang von 100 Stunden monatlich zu im Übrigen unveränderten Bedingungen in den Bereichen Projektion und Haustechnik angeboten, ggf. im Wege der Änderungskündigung. Gegenüber den weiteren im Bereich Projektion tätigen Mitarbeiter, den Herren J. T., P. R. und S. R. werden betriebsbedingte Beendigungskündigungen ausgesprochen. …
- 18
…
- 19
§ 5
Sozialplan
- 20
Zum Ausgleich und zur Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Mitarbeitern aufgrund der in diesem Interessenausgleich niedergelegten Maßnahmen entstehen, vereinbaren die Parteien parallel zum Abschluss dieses Interessenausgleichs einen Sozialplan.
- 21
…"
- 22
Die Arbeitgeberin stattete am 06.12.2013 die Kinosäle mit digitaler Projektionstechnik aus. Die abzuspielenden Filme, Werbe- und Filmtrailer werden seitdem über das Theatermanagementsystem (TMS) in Playlists zusammengestellt, entkodiert, zentral eingespielt und automatisch gestartet. Neben der Filmvorführung bietet die Arbeitgeberin regelmäßig Liveübertragungen aus internationalen Opern- und Konzerthäusern an, die über Satellit eingespielt werden.
- 23
Mit Schreiben vom 13.12.2013, dem Beteiligten zu 3) am 18.12.2013 zugegangen, kündigte die Arbeitgeberin betriebsbedingt zum 30.06.2014 und bot zugleich an, das Arbeitsverhältnis als Filmvorführer/Haustechniker mit einer monatlichen Arbeitszeit von 100 Stunden zu im Übrigen unveränderten Bedingungen fortzusetzen. Der Beteiligte zu 3) nahm das Änderungsangebot mit Schreiben vom 20.12.2013 unter dem Vorbehalt an, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht sozial ungerechtfertigt ist. Mit Schriftsatz vom 23.12.2013 reichte er fristgerecht beim Arbeitsgericht Stralsund eine Kündigungsschutzklage ein, die er später um den Annahmeverzugslohn erweiterte (Aktenzeichen 2 Ca 604/13, nachfolgend LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 17.01.2017, Aktenzeichen 5 Sa 166/16). In dem Kündigungsschutzprozess stritten die Arbeitgeberin und der Beteiligte zu 3) insbesondere darüber, ob eine Weiterbeschäftigung noch in Vollzeit möglich ist, entweder mit den bisherigen Arbeitsaufgaben oder aber zumindest bei Übertragung anderer Aufgaben.
- 24
Im Einzelnen trug der Beteiligte zu 3) im Schriftsatz vom 23.05.2014 (Seite 2) wie folgt vor:
- 25
"…
- 26
Dem Kläger wurde von dem Theaterleiter, Herrn R. R., bescheinigt, dass bei der Beklagten weitere Einsatzmöglichkeiten vorhanden sind, die der Kläger ausfüllen könnte. Es handelt sich hierbei um weitere 72 Stunden, die das Arbeitsvolumen des Klägers noch weiter ausweiten könnten.
- 27
Es handelt sich um hierbei um Aufgaben von Montag - einschließlich Donnerstag in der Zeit von 20.00 bis 23.00 Uhr. Es handelt sich hier um den Schlussdienst (Kassenabrechnung, Auffüllen der Theken, usw.). Hierfür sind jeden Tag 3 Stunden möglich, sodass der Kläger je in der Woche weitere 12 Stunden und jeden Monat weitere 48 Stunden aufwenden kann.
- 28
Beweis: Zeugnis des Herrn R. R.
- 29
- zu laden über die Beklagte -
- 30
Der Kläger kann auch jeden Mittwoch in der Woche in der Zeit von 13.00 bis 14.00 Uhr Marketingaufgaben übernehmen. Hierfür würden je Woche eine Stunde an und schlussfolgernd jeden Monat mindestens 4 Stunden anfallen.
- 31
Beweis: wie zuvor
- 32
An jeden Mittwoch und jedem Donnerstag fällt in der Zeit von 12.00 bis 13.00 Uhr im Rahmen der Warenannahme ein Zeitaufwand von einer Stunde und somit je Woche 2 Stunden an. Hierbei sind also je Monat mindestens 8 Stunden zu berücksichtigen, die der Kläger auch ausführen könnte.
- 33
Beweis: wie zuvor
- 34
Der Kläger könnte auch jeden Freitag in der Zeit von 13.00 bis 16.00 Uhr die Innenleitung auf Tresor, Inventur, Kassenausgabe, usw. ausführen. Hierfür würden je Woche 3 Stunden und im Monat insgesamt 12 Stunden an Arbeitsaufgaben anfallen.
- 35
Beweis: wie zuvor
- 36
Dies hätte zur Folge, dass der Kläger im Monat mindestens noch 72 Stunden zusätzliche Arbeit hätte, die er verrichten könnte.
- 37
Beweis: wie zuvor
- 38
…"
- 39
und im Schriftsatz vom 28.08.2014 (Seite 15):
- 40
"…
- 41
Entgegen dem Vortrag der Beklagten, sind die in der Anlage K 13 aufgelisteten 20 Stunden Instandhaltungsarbeiten vom Kläger zu erfüllen. Dies ergibt sich unzweifelhaft aus der in der Anlage K 13 beigefügten Aufstellung. Unrichtig ist auch der Vortrag, dass diese Wartungsaufgaben, durch externe Reparaturfirmen belegt werden können. Diese Aufgaben sind in der "Arnold-Liste" als Aufgaben des Klägers gekennzeichnet und wurden ihm auch von der Geschäftsleitung übertragen. Nunmehrig entgegenstehender Vortrag ist unrichtig und somit zurück zu weisen. Bei großen Reparaturen werden auswärtige Unternehmen mit der Reparatur beauftragt. Bei kleineren Reparaturen bzw. Wartungs- oder Instandhaltungsarbeiten ist der Kläger mit ca. 20 Stunden im Monat zu beschäftigen.
- 42
…"
- 43
und im Schriftsatz vom 02.12.2014 (Seite 3 f.):
- 44
"…
- 45
Der einzige weitere Arbeitsvertrag der dem Kläger angeboten wurde, ist dass die Beklagte dem Prozessbevollmächtigten des Klägers anbot den Kläger für weitere 72 h mit einem Stundenlohn von 7,40 € zu beschäftigten. Dies wurde jedoch vom Kläger abgelehnt, da dies weit unter dem vereinbarten Tariflohn des Klägers liegt, dies unter der Lohnhöhe des Bundestarifvertrages liegt und in § 2 des Arbeitsvertrages der Parteien vom 29.09.1997 der Kläger sich verpflichtet hatte andere Tätigkeiten nur bei unveränderten Bezügen zu erbringen.
- 46
Unrichtig ist der Vortrag der Beklagten, dass alle anderen Filmvorführer der Beklagten in Mecklenburg-Vorpommern einen neuen Arbeitsvertrag erhalten haben. Richtig ist vielmehr, dass allein der Kläger einen Änderungsvertrag bekommen hat und kein anderer Filmvorführer der Beklagten in Mecklenburg-Vorpommern.
- 47
Wir fordern die Beklagte hiermit auf die Drohungen mit außerordentlichen, fristlosen Kündigungen zurück zu nehmen und zukünftig zu unterlassen, da die vorgebrachten Anschuldigungen gegenüber dem Kläger jeglicher Grundlage entbehren. Sollte eine Reaktion der Beklagten ausbleiben, werden wir uns gezwungen sehen die Klage entsprechend zu erweitern.
- 48
…"
- 49
und in der 2. Kammerverhandlung vor dem Arbeitsgericht Stralsund am 09.12.2014:
- 50
"…
- 51
Der Vertreter der Beklagten hält dem Kläger ein Zitat aus dem klägerischen Schriftsatz vom 23.05.2014 vor, in dem sinngemäß vorgetragen wurde, dass der Theaterleiter Herr R. dem Kläger ein Angebot bezüglich einer Beschäftigung im Umfang von 72 Stunden unterbreitet hat.
- 52
Der Kläger bestätigt:
- 53
'Das stimmt, Herr R. hat mir ein solches Angebot unterbreitet. Die Unterlagen sind dann an Herrn A. gegangen, der mir Bescheid sagen wollte. Dieser Herr A. wurde eingeladen nach C-Stadt und wir haben dieses Gespräch zu dritt geführt.'
- 54
Nach Einsichtnahme in seine Unterlagen erklärt der Kläger:
- 55
'Das Gespräch mit Herrn A. und Herrn R. fand am 13.05. statt. Das Gespräch mit Herrn R. fand in der Woche zuvor statt.'
- 56
- laut diktiert und genehmigt -
- 57
Der Vertreter der Beklagten hält dem Kläger weiterhin seinen Vortrag aus dem Schriftsatz vom 02.12.2014 vor, wonach es unrichtig sei, dass allen anderen Filmvorführern der Beklagten ein Änderungsvertrag gegeben wurde, lediglich der Kläger habe einen solchen erhalten.
- 58
- laut diktiert und genehmigt -
- 59
Der Kläger erklärt hierzu:
- 60
'Er hat ständig Kontakt zu seinen Kollegen, die ihm mitteilten, dass der Kollege in S. keinen neuen Vertrag bekommen hat, auch der in R. nicht. Der N. Kollege hat zwar einen neuen Vertrag bekommen, jedoch zu den gleichen Konditionen, lediglich die Tätigkeitsbeschreibung hat sich geändert.'
- 61
…
- 62
Der Klägervertreter sowie auch der Kläger erklären, dass der Interessenausgleich mit Namensliste nicht durch den Betriebsrat beschlossen wurde, sondern nur durch den ehemaligen Vorsitzenden Herrn K..
- 63
…"
- 64
Im Anschluss an die streitige Verhandlung vom 17.03.2015 beschloss das Arbeitsgericht Stralsund, über die Behauptung des Klägers (hier Beteiligter zu 3), die Betriebsvereinbarung über einen Interessenausgleich mit Namensliste vom 16.09.2013 sei durch den damaligen Vorsitzenden des Betriebsrats, T. K., ohne Vorliegen eines Betriebsratsbeschlusses unterzeichnet worden, Beweis zu erheben und hierzu Herrn K. zu vernehmen.
- 65
Der Beteiligte zu 3) ist seit dem 04.06.2015 Mitglied des Betriebsrats, dessen Neuwahl seinerzeit erforderlich geworden war.
- 66
Im Schriftsatz vom 03.07.2015 (Seiten 4 f.) trug der Beteiligte zu 3) Folgendes vor:
- 67
"…
- 68
Unrichtig ist der Vortrag der Beklagten, wonach der Betriebsrat der Beklagten Kenntnis von der Betriebsvereinbarung hatte. Richtig ist lediglich, dass in der Betriebsratssitzung beschlossen wurde, der geplanten Änderungskündigung des Klägers zu widersprechen, ohne dass über die Betriebsvereinbarung oder über deren Inhalt gesprochen wurde.
- 69
Beweis:
- 70
1. Protokoll der Betriebsratssitzung vom 25.11.2013
- 71
- in Kopie beigefügt als Anlage K 56 -
- 72
2. Zeugnis des Herrn H. N., b. b.
- 73
…"
- 74
Am 05.07.2015 rief der Beteiligte zu 3) den Zeugen K. an, was dieser dem Theaterleiter R. am darauffolgenden Tag mitteilte. Der Inhalt des Telefonats ist zwischen den Beteiligten im Streit. Das Arbeitsgericht Stralsund vernahm in dem Kündigungsschutzprozess am 07.07.2015 den Zeugen K. gemäß Beweisbeschluss sowie nach Erweiterung des Beweisbeschlusses den präsenten Zeugen N., ebenfalls Mitglied des damaligen Betriebsrats, zum selben Beweisthema.
- 75
Am 13.07.2015 hörte die Arbeitgeberin den Beteiligten zu 3) im Beisein von zwei Betriebsratsmitgliedern zu dem Vorwurf an, Herrn K. in dem Telefonat am 05.07.2015 dahingehend beeinflusst zu haben,
- 76
"er solle vor Gericht sagen, es habe keinen BR-Beschluss gegeben".
- 77
Der Beteiligte zu 3) entgegnete darauf, Herrn K. nur gefragt zu haben, ob er den Termin wahrnehme und wie er dort hinkomme. Der Beteiligte zu 3) stritt ab, Herrn K. zu einer Falschaussage bewegt haben zu wollen und überhaupt über den Betriebsratsbeschluss gesprochen zu haben.
- 78
Des Weiteren hielt die Arbeitgeberin ihm eine Liste mit Telefonaten aus dem Projektionsraum vor und bat um Stellungnahme zu bestimmten, vermehrt angewählten Telefonnummern. Die Liste enthält 43 Gespräche im Zeitraum Januar bis Mai 2015 mit einer Dauer zwischen 9 und 43 Minuten, die sich auf insgesamt 12,78 Stunden aufsummieren. Der Beteiligte zu 3) gab an, mit Firmen wegen technischer Fragen telefoniert zu haben, nannte aber keine Namen zu den in der Liste aufgeführten Telefonnummern. Er bestritt, von diesem Telefon aus privat telefoniert zu haben, und berief sich darauf, private Gespräche nur von zu Hause aus oder mit dem Handy zu führen. Im Kino C-Stadt gibt es keine Anweisung, die Privatgespräche über die betriebliche Telefonanlage untersagt.
- 79
Mit Schreiben vom 16.07.2015, dem Betriebsrat am selben Tag zugegangen, beantragte die Arbeitgeberin die Zustimmung zur beabsichtigten außerordentlichen Tatkündigung, hilfsweise Verdachtskündigung des Beteiligten zu 3). Sie teilte dem Betriebsrat die ihr bekannten Sozialdaten des Beteiligten zu 3) mit und legte dar, welche einzelnen Behauptungen des Beteiligten zu 3) in dem Kündigungsschutzprozess aus ihrer Sicht falsch sind. Die jeweiligen Schriftsätze bzw. das Protokoll der Kammerverhandlung fügte sie in Auszügen bei. Unterzeichnet ist das siebzehnseitige Anschreiben von Herrn Ö. mit dem Zusatz "Ebenenleiter/Personalleiter". Es nimmt Bezug auf insgesamt 15 Anlagen.
- 80
Der Betriebsrat verweigerte die Zustimmung unter dem 20.07.2015, weshalb die Arbeitgeberin mit Schriftsatz vom 21.07.2015, am selben Tag beim Arbeitsgericht Stralsund eingegangen, die Ersetzung der Zustimmung beantragt hat.
- 81
Die Arbeitgeberin beschäftigte den Beteiligten zu 3) während des Kündigungsschutzrechtsstreits sowie während des vorliegenden Verfahrens ununterbrochen weiter. Seit Juli 2014 ist er nur noch mit einer regelmäßigen Arbeitszeit von 100 Stunden im Monat eingesetzt.
- 82
Die Arbeitgeberin hat die Auffassung vertreten, sie habe den Betriebsrat zur beabsichtigten außerordentlichen Kündigung ausreichend informiert. Herr Ö. sei als ständiger Vertreter des Theaterleiters berechtigt gewesen, den Antrag zu unterzeichnen. Herr Ö. habe die Arbeitgeberin auch in der Vergangenheit regelmäßig gegenüber dem Betriebsrat vertreten. Die Vorlage einer Vollmacht sei nicht erforderlich. Hinsichtlich des Umfangs der Begründung gelte der Grundsatz der subjektiven Determinierung.
- 83
Ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung liege vor, weil der Beteiligte zu 3) durch mehrere falsche Behauptungen in dem Kündigungsschutzrechtsstreit einen versuchten Prozessbetrug begangen und trotz ausdrücklicher Warnung der Arbeitgeberin diesen Vortrag aufrecht erhalten habe.
- 84
Er habe fälschlicherweise behauptet, dass er die Aufgabe habe, Instandhaltungsarbeiten im Umfang von 20 Stunden auszuführen. Solche Instandhaltungsarbeiten habe der Beteiligte zu 3) nicht wahrgenommen, da diese jeweils extern beauftragt worden seien.
- 85
Er habe fälschlicherweise behauptet, dass der Theaterleiter ihm in einem Gespräch vor dem 23.05.2014 weitere Einsatzmöglichkeiten im Umfang von 72 Stunden/Monat angeboten habe. Tatsächlich habe der Beteiligte zu 3) dem Theaterleiter eine Liste übergeben mit der Bitte zu prüfen, ob er diese Aufgaben übernehmen könne. Der Theaterleiter habe die Liste an den Area-Manager weitergeleitet. Der Theaterleiter habe keine weiteren Stunden angeboten. Diese falsche Behauptung des Beteiligten zu 3) stehe in keinem Zusammenhang mit späteren Gesprächen zwischen den Prozessbevollmächtigten über eine vergleichsweise Beendigung des Kündigungsschutzverfahrens gegen eine Aufstockung der Arbeitszeit um 72 Stunden, bei denen es im Übrigen um andere Tätigkeiten gegangen sei.
- 86
Der Beteiligte zu 3) habe fälschlicherweise behauptet, er sei der einzige Filmvorführer in der Region, der einen neuen Arbeitsvertrag erhalten habe. Tatsächlich habe die Arbeitgeberin keinem Projektionisten in Mecklenburg-Vorpommern mehr als 100 Stunden/Monat im Bereich Haustechnik/Projektion übertragen. Sie habe bei allen die Projektionstätigkeit verringert und stattdessen Service-, Ebenenleiter- oder Theaterleiterassistententätigkeiten vereinbart. Mit allen Projektionisten habe die Arbeitgeberin Änderungsverträge geschlossen, nämlich mit Herrn M. (A-Stadt), Herrn K. (N.), Herrn L. (R.), Herrn R. (S.) und Herrn F. (R.).
- 87
Der Beteiligte zu 3) habe fälschlicherweise behauptet, Herr K. habe in seiner damaligen Funktion als Betriebsratsvorsitzender den Interessenausgleich vom 16.09.2013 unterzeichnet, ohne dass der Betriebsrat hierzu einen Beschluss gefasst habe. Erst recht falsch sei die Behauptung, das Gremium habe den Interessenausgleich nicht gekannt. Bei der Vernehmung der Zeugen im Kammertermin am 07.07.2015 habe sich das Gegenteil herausgestellt.
- 88
Noch dazu habe der Beteiligte zu 3) kurz vor diesem Kammertermin telefonisch versucht, den Zeugen K. zu einer Falschaussage zu bewegen. Der Zeuge solle aussagen, dass er damals allein gehandelt habe. Jedenfalls bestehe ein dringender Verdacht, der als solcher bereits eine außerordentliche Kündigung rechtfertige. Damit habe der Beteiligte zu 3) das Vertrauen der Arbeitgeberin irreparabel zerstört.
- 89
Schließlich habe der Beteiligte zu 3) zwischen Januar und Mai 2015 in exzessivem Ausmaß private Telefonate während der Arbeitszeit geführt. Eine vorherige Abmahnung sei nicht erforderlich, da er in erheblichem Umfang seine Arbeitszeit verletzt habe. Das sei schon deshalb verwunderlich, weil der Beteiligte zu 3) in dem Kündigungsschutzprozess stets behauptet habe, eine regelmäßige Arbeitszeit von 100 Stunden im Monat reiche für die übertragenen Aufgaben als Haustechniker und Filmvorführer keinesfalls aus. Der Beteiligte zu 3) zeige auch keine Reue, da er in der Anhörung wahrheitswidrig behauptet habe, ausschließlich dienstliche Telefonate geführt zu haben.
- 90
Die Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB sei gewahrt. Die Frist beginne erst mit der Antragstellung im Prozess. Korrigiere die Partei ihren falschen Vortrag bis dahin, wiege die Pflichtverletzung weniger schwer. Gehe die Partei auch den letzten Schritt, indem sie die Anträge unter Bezugnahme auf den falschen Sachvortrag stelle, intensiviere das den Verhaltensvorwurf, da die Partei damit das Geschehen aus der Hand gebe.
- 91
Die Arbeitgeberin (Beteiligte zu 1) hat erstinstanzlich beantragt,
- 92
die Zustimmung des Betriebsrats (Beteiligter zu 2) zur außerordentlichen und fristlosen Kündigung des Beteiligten zu 3) nach § 103 Abs. 2 BetrVG zu ersetzen.
- 93
Die Beteiligten zu 2) und 3) haben beantragt, den Antrag als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise zurückzuweisen. Sie haben die Auffassung vertreten, der Antrag sei schon unzulässig, da es an einer ordnungsgemäßen Unterrichtung des Betriebsrats fehle. Herr Ö. sei weder ein gesetzlicher Vertreter der Arbeitgeberin noch habe er Personalbefugnisse. Die Arbeitgeberin habe ihre Unterrichtungspflicht gegenüber dem Betriebsrat nicht vollständig erfüllt, da das Anhörungsschreiben keine Angaben zur Einhaltung der Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB enthalte. Sie habe nicht mitgeteilt, wann sie von den vermeintlichen Falschaussagen Kenntnis erlangt habe. Der Betriebsrat habe die Einhaltung dieser Frist nicht prüfen können. Des Weiteren habe sie den Beteiligten zu 3) in dem Antrag als "Filmvorführer" bezeichnet, während er tatsächlich als "Leiter Haustechnik mit zusätzlichem Tätigkeitsschwerpunkt der Filmvorführung" beschäftigt sei. Die Arbeitgeberin habe die in Bezug genommenen Schriftsätze aus dem Kündigungsschutzprozess nur in Auszügen beigefügt. Die Bezugnahme auf einzelne, aus dem Zusammenhang gerissene Zitate aus den Schriftsätzen genüge nicht, um sich ein Bild zur Sach- und Rechtslage zu machen. Insoweit hätte die Arbeitgeberin beispielsweise dem Betriebsrat mitteilen müssen, dass es im Verlauf des Prozesses durchaus ein Angebot von 72 zusätzlichen Stunden gegeben habe, allerdings zu einem Stundenlohn von € 7,40 brutto.
- 94
Eine außerordentliche Kündigung könne nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen, nachdem die Arbeitgeberin Kenntnis von den maßgeblichen Umständen erlangt habe. Soweit sich die Arbeitgeberin auf einen versuchten Prozessbetrug berufe, seien ihr alle Umstände schon weit vor der Antragstellung beim Betriebsrat bekannt gewesen. Die Arbeitgeberin beziehe sich auf Schriftsätze und ein Verhandlungsprotokoll aus dem Zeitraum Mai bis Dezember 2014. Es komme deshalb nicht mehr darauf an, ob die Behauptungen des Beteiligten zu 3) tatsächlich falsch seien.
- 95
Abgesehen davon habe der Beteiligte zu 3) aber auch keinen Prozessbetrug begangen. Keinesfalls habe er vorsätzlich gehandelt. In Anbetracht der ihm arbeitsvertraglich übertragenen Tätigkeit als Leiter Haustechnik habe er durchaus davon ausgehen dürfen, dass er Instandhaltungsarbeiten zu leisten habe. Der Prozessvortrag des Beteiligten zu 3), kein anderer mit ihm vergleichbarer Mitarbeiter habe einen Änderungsvertrag verhalten, sei vor dem Hintergrund der streitgegenständlichen Änderungskündigung zu bewerten. Der Vortrag habe sich erkennbar auf die Absenkung der Arbeitszeit bezogen. Genau das habe sich als richtig herausgestellt, da unstreitig bei keinem der genannten Mitarbeiter die Arbeitszeit gekürzt worden sei. Soweit der Beteiligte zu 3) von einer Unwirksamkeit des Interessenausgleichs mangels eines ordnungsgemäßen Betriebsratsbeschlusses ausgegangen sei, handele es sich nicht um eine Tatsachenbehauptung, sondern lediglich eine Rechtsansicht. Der Beteiligte zu 3) habe sich dabei auf die Aussage eines früheren Betriebsratsmitglieds gestützt, der später als Zeuge in dem Kündigungsschutzprozess vernommen worden sei. Dieser habe ihm mitgeteilt, dass es keinen Betriebsratsbeschluss gegeben habe. Das habe sich in der Beweisaufnahme bestätigt. Man habe sich zwar im Betriebsrat über den Interessenausgleich unterhalten. Der Interessenausgleich sei jedoch nicht zur Abstimmung gestellt worden.
- 96
Der Arbeitgeberin sei eine Weiterbeschäftigung des Beteiligten zu 3) gerade nicht unzumutbar, da er nicht freigestellt worden, sondern nach wie vor im Betrieb tätig sei. Die Arbeitgeberin habe ihn Ende August 2015 sogar gebeten, seinen bereits genehmigten Urlaub wegen der Erkrankung eines anderen Mitarbeiters zu verschieben. Dieser Bitte sei der Beteiligte zu 3) selbstverständlich nachgekommen. Des Weiteren habe der Theaterleiter ihn gebeten, an einem planmäßig arbeitsfreien Tag dennoch zu erscheinen, um einen größeren Maschinenausfall im Kino-saal 5 zu beheben. Auch das sei für den Beteiligten zu 3) selbstverständlich gewesen. Ende September 2015 habe er an zwei Tagen seinen Urlaub unterbrochen, um für 2 bzw. 1,25 Stunden Störungen an den Filmservern und an dem Theatermanagementsystem zu beheben. Von einem Vertrauensverlust könne nicht die Rede sein. Abmahnungen habe es in der Zwischenzeit ebenso wenig gegeben.
- 97
Der Beteiligte zu 3) hat den gemeinsamen Vortrag insofern ergänzt, als er bestritten hat, den Zeugen K. zu einer Falschaussage angestiftet zu haben. Er habe den Zeugen allein nach den tatsächlichen Umständen gefragt, ohne ihn zu irgendetwas zu drängen, geschweige denn dazu, etwas Wahrheitswidriges auszusagen. Selbst wenn die Behauptung der Arbeitgeberin zutreffe, so folge daraus noch kein strafrechtlicher Vorwurf.
- 98
Der Beteiligte zu 3) hat weiterhin bestritten, in exzessivem Ausmaß privat telefoniert zu haben. Der von der Arbeitgeberin behauptete Zeitumfang könne schon nicht als "exzessiv" bezeichnet werden. Der Vorwurf reiche für eine außerordentliche Kündigung nicht aus, schon gar nicht ohne Abmahnung. Abgesehen davon sei das Telefon im Vorführraum auch von anderen Mitarbeitern genutzt worden, weil nämlich Anfang 2015 andere Telefone im Kino zeitweise ausgefallen seien.
- 99
Das Arbeitsgericht hat nach Beiziehung des Kündigungsschutzverfahrens (ArbG Stralsund, Aktenzeichen 2 Ca 604/15) den Antrag der Arbeitgeberin mit Beschluss vom 22.02.2016 zurückgewiesen und zur Begründung angeführt, dass es an Pflichtverletzungen des Beteiligten zu 3), die eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen könnten, fehle. Soweit der Beteiligte zu 3) die Wirksamkeit des Interessenausgleichs bestritten habe, sei sein Prozessvortrag nicht falsch. In der Betriebsratssitzung sei zwar über das Thema Interessenausgleich gesprochen worden. Es habe aber weder einen Beschluss zur Ergänzung der Tagesordnung noch einen Beschluss über den Interessenausgleich gegeben. Der Anruf beim Zeugen K. sei deshalb nicht als Aufforderung zu Falschaussage zu verstehen, sondern als Bitte, sich nicht zu scheuen, wahrheitsgemäß auszusagen. Soweit die Arbeitgeberin dem Beteiligten zu 3) weitere Falschaussagen vorwerfe, habe er sich im Rahmen des prozessual Zulässigen gehalten. Jedenfalls habe der Beteiligte zu 3) nicht bewusst falsch vorgetragen, weil nicht erkennbar sei, aufgrund welcher Umstände er positive Kenntnis von einem anderen Geschehensablauf gehabt haben sollte. Aus evtl. Privattelefonaten lasse sich keine zur außerordentlichen Kündigung berechtigende Pflichtverletzung herleiten. Der Beteiligte zu 3) habe aufgrund dessen weder seine Arbeit vernachlässigt noch seien der Arbeitgeberin Kosten entstanden. Der Arbeitgeberin sei eine weitere Beschäftigung des Beteiligten zu 3) nicht unzumutbar. Das zeige die monatelange tatsächliche Weiterbeschäftigung. Die Arbeitgeberin habe nicht aus rechtlichen Erwägungen von einer Freistellung abgesehen, sondern aus finanziellen Gründen. Das ergebe sich aus der Äußerung des Theaterleiters in der Güteverhandlung "Wir müssen ihn sowieso bezahlen und ob er jetzt 80 oder 90 Stunden arbeitet, ist nicht von Bedeutung".
- 100
Hiergegen wendet sich die Arbeitgeberin mit ihrer fristgerecht eingelegten und begründeten Beschwerde. Sie ist der Ansicht, das Arbeitsgericht habe zu Unrecht die Ersetzung der vom Betriebsrat verweigerten Zustimmung abgelehnt.
- 101
Im Hinblick auf den Vorwurf der Anstiftung zur Falschaussage habe das Arbeitsgericht eine Sachverhaltsvariante zugrunde gelegt, die von keinem Beteiligten vorgetragen worden sei. Das Arbeitsgericht habe die Indizien außer Acht gelassen und zu Unrecht davon abgesehen, über den Inhalt des Telefonats Beweis zu erheben und hierzu den Zeugen K zu vernehmen. Es habe die Widersprüche und Ungereimtheiten im Vortrag des Beteiligten zu 3) nicht berücksichtigt. Zur Verdachtskündigung habe das Arbeitsgericht - wie auch bei anderen Vorwürfen - überhaupt nicht Stellung genommen. Ebenso fehlerhaft habe das Arbeitsgericht angenommen, dass es keinen Betriebsratsbeschluss zu dem Interessenausgleich gegeben habe. Zudem habe sich der Vortrag des Beteiligten zu 3) nicht darauf beschränkt, den Betriebsratsbeschluss abzustreiten, sondern sei weit darüber hinausgegangen. So habe er behauptet, das Gremium habe keine Kenntnis vom Interessenausgleich gehabt. Dann wäre der Interessenausgleich tatsächlich unwirksam gewesen, weshalb sich die Arbeitgeberin im Kammertermin am 17.03.2015 zu einem Vergleichsangebot genötigt gefühlt habe. Selbst wenn kein Beschluss zustande gekommen sein sollte, so habe der Betriebsrat jedenfalls den Interessenausgleich nachträglich genehmigt, indem er mehrfach dessen Einhaltung verlangt habe. Die Arbeitgeberin habe auf eine entsprechende Beschlussfassung des Betriebsrats vertrauen dürfen. Es habe keine Anhaltspunkte gegeben, dass der Betriebsratsvorsitzende mit Unterzeichnung des Interessenausgleichs seine Kompetenzen überschritten habe.
- 102
Unzutreffend sei das Arbeitsgericht davon ausgegangen, dass der Beteiligte zu 3) in prozessual zulässiger Weise behauptet habe, kein anderer Filmvorführer habe einen Änderungsvertrag erhalten, weil er Genaueres nicht habe wissen können. Es sei unzulässig, etwas ins Blaue hinein zu behaupten. Das sei ein gravierender Verstoß gegen die Pflicht zu wahrheitsgemäßem Vortrag.
- 103
Auf den Vorwurf des falschen Prozessvortrags zu den Instandhaltungsarbeiten sei das Arbeitsgericht überhaupt nicht eingegangen.
- 104
Zwischenzeitlich gebe es ein weiteres deutliches Indiz, dass der Beteiligte zu 3) in erheblichem Umfang privat telefoniert habe. Nach seiner Anhörung im Juli 2015 seien die Telefonzeiten massiv zurückgegangen, nämlich von ca. 228 Minuten auf ca. 44 Minuten im Monat. Durch die Privattelefonate des Beteiligten zu 3) im Zeitraum Januar bis Mai 2015 seien Kosten in Höhe von € 21,03 entstanden. Zudem seien die während dieser Zeit entstandenen Lohnkosten zu berücksichtigen. Soweit der Beteiligte zu 3) subtil den Verdacht auf andere Mitarbeiter lenke, lasse dies auf ein offensichtlich fehlendes Unrechtsbewusstsein schließen. Zu den Zeiten, in denen die am häufigsten genutzte Telefonnummer angerufen worden sei, seien diese nämlich nicht durchgängig vor Ort gewesen, stets aber der Beteiligte zu 3).
- 105
Die Weiterbeschäftigung des Beteiligten zu 3) sei unzumutbar. Der Arbeitgeber müsse allerdings Betriebsratsmitglieder während des Zustimmungsersetzungsverfahrens weiterbeschäftigen, und zwar auch dann, wenn das im Sinne des § 626 BGB unzumutbar sei. Die vom Arbeitsgericht zitierte Äußerung des Theaterleiters in der Güteverhandlung habe sich allein auf die Privattelefonate während der Arbeitszeit bezogen. Entscheidend sei der Verlust des Vertrauens in den Beteiligten zu 3), dass dieser sich zukünftig rechts- und vertragsgemäß verhalten werde.
- 106
Die Arbeitgeberin beantragt,
- 107
den Beschluss des Arbeitsgerichts Stralsund vom 22.02.2016 abzuändern und dem Antrag stattzugeben.
- 108
Die Beteiligten zu 2) und 3) beantragen,
- 109
die Beschwerde der Arbeitgeberin zurückzuweisen.
- 110
Sie verteidigen die erstinstanzliche Entscheidung und verweisen auf ihre erstinstanzlich vorgebrachten Einwände gegen den Antrag der Arbeitgeberin. Der Arbeitgeberin sei es nach wie vor nicht gelungen, die objektiven und subjektiven Voraussetzungen eines Prozessbetrugs darzulegen. Der Beteiligte zu 3) habe in dem Kündigungsschutzprozess nichts Falsches behauptet. Ob es tatsächlich einen wirksamen Betriebsratsbeschluss zu dem Interessenausgleich gegeben habe, sei für das vorliegende Verfahren unerheblich. Das Arbeitsgericht habe jedenfalls angenommen, ein Beschluss sei nicht zustande gekommen. Der Beteiligte zu 3) sei seinerzeit noch nicht im Betriebsrat gewesen. Er habe seine Informationen von dem damaligen Betriebsratsmitglied und Zeugen, Herrn N., erhalten, der nicht von einer Beschlussfassung ausgegangen sei. Da es keinen Betriebsratsbeschluss gegeben habe, könne auch der Anruf des Beteiligten zu 3) bei Herrn K. und die von der Arbeitgeberin behauptete Äußerung keine Anstiftung zur Falschaussage darstellen.
- 111
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen sowie die Sitzungsprotokolle und auf die erstinstanzliche Entscheidung Bezug genommen.
- 112
Im Kündigungsschutzprozess zwischen der Arbeitgeberin und dem Beteiligten zu 3) hat das Arbeitsgericht Stralsund (Aktenzeichen 2 Ca 604/13) mit Urteil vom 26.04.2016 festgestellt, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung vom 13.12.2013 sozial ungerechtfertigt ist. Des Weiteren hat es die Arbeitgeberin verurteilt, an den Beteiligten zu 3) € 18.686,79 brutto nebst Zinsen nachzuzahlen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Arbeitgeberin hat das Landesarbeitsgericht (Aktenzeichen 5 Sa 166/16) mit Urteil vom 17.01.2017 zurückgewiesen.
II.
- 113
Die Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat den Antrag zu Recht zurückgewiesen.
- 114
Die vom Betriebsrat verweigerte Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung des Beteiligten zu 3) ist nicht zu ersetzen.
- 115
Nach § 103 Abs. 1 BetrVG bedarf die außerordentliche Kündigung von Mitgliedern des Betriebsrats der Zustimmung des Betriebsrats. Gemäß § 103 Abs. 2 Satz 1 BetrVG, § 15 Abs. 1 KSchG ist die verweigerte Zustimmung zu ersetzen, wenn die beabsichtigte außerordentliche Kündigung unter Berücksichtigung aller Umstände des Falls aus wichtigem Grund im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB gerechtfertigt ist. Es müssen also Tatsachen vorliegen, auf Grund derer der Arbeitgeberin unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der fiktiven Kündigungsfrist nicht mehr zugemutet werden kann (BAG, Beschluss vom 13. Mai 2015 - 2 ABR 38/14 - Rn. 18, juris = NZA 2016, 116).
- 116
Die Prüfung, ob ein Lebenssachverhalt einen wichtigen Grund in diesem Sinne darstellt, vollzieht sich zweistufig: Dabei ist zunächst zu untersuchen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände „an sich“ und damit typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. Alsdann bedarf es der weiteren Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile - jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist - zumutbar war oder nicht (BAG, Urteil vom 20. Oktober 2016 - 6 AZR 471/15 - Rn. 14, juris = NZA 2016, 1527). Stützt der Arbeitgeber den wichtigen Grund bei einem Betriebsratsmitglied auf dessen Verhalten, muss dieses sich als Verletzung von Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis darstellen (BAG, Beschluss vom 13. Mai 2015 - 2 ABR 38/14 - Rn. 18, juris = NZA 2016, 116).
- 117
Ein wichtiger Grund kann sich sowohl aus der Verletzung einer vertraglichen Hauptpflicht als auch aus der schuldhaften Verletzung von Nebenpflichten, beispielsweise der Pflicht zur Rücksichtnahme auf die berechtigten Interessen des jeweils anderen Teils (§ 241 Abs. 2 BGB), ergeben (BAG, Urteil vom 20. Oktober 2016 - 6 AZR 471/15 - Rn. 18, juris = NZA 2016, 1527).
- 118
1. Sachvortrag des Beteiligten zu 3) im Kündigungsschutzprozess
- 119
Ein zu Lasten des Arbeitgebers begangener versuchter Prozessbetrug ist ein Vermögensdelikt und kann einen wichtigen Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB darstellen. Ein Arbeitnehmer verletzt vertragliche Nebenpflichten, wenn er im Rechtsstreit um eine Kündigung bewusst wahrheitswidrig vorträgt, weil er befürchtet, mit wahrheitsgemäßen Angaben den Prozess nicht gewinnen zu können. Die strafrechtliche Einordnung ist nicht entscheidend (BAG, Urteil vom 08. November 2007 - 2 AZR 528/06 - Rn. 17, juris = EzA § 626 BGB 2002 Nr. 19; LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 26. Januar 2015 - 2 Sa 367/14 - Rn. 41, juris = ArztR 2016, 234; LAG Hamm, Urteil vom 30. September 2011 - 10 Sa 472/11 - Rn. 145, juris). Entsprechendes gilt, wenn der Arbeitnehmer in einem Gerichtsverfahren mit dem Arbeitgeber leichtfertig Tatsachenbehauptungen aufstellt, deren Unhaltbarkeit auf der Hand liegt (BAG, Urteil vom 31. Juli 2014 - 2 AZR 434/13 - Rn. 20, juris = NZA 2015, 358).
- 120
Soweit in einem laufenden Gerichtsverfahren - etwa im Kündigungsschutzprozess - Erklärungen abgegeben werden, ist zu berücksichtigen, dass diese durch ein berechtigtes Interesse des Arbeitnehmers gedeckt sein können. Parteien dürfen zur Verteidigung von Rechten schon im Hinblick auf den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) alles vortragen, was als rechts-, einwendungs- oder einredebegründender Umstand prozesserheblich sein kann. Ein Prozessbeteiligter darf auch starke, eindringliche Ausdrücke und sinnfällige Schlagworte benutzen, um seine Rechtsposition zu unterstreichen, selbst wenn er seinen Standpunkt vorsichtiger hätte formulieren können. Dies gilt allerdings nur in den Grenzen der Wahrheitspflicht (BVerfG, Kammerbeschluss vom 11. April 1991 - 2 BvR 963/90 - Rn. 29, juris = NJW 1991, 2074; BAG, Urteil vom 29. August 2013 - 2 AZR 419/12 - Rn. 37, juris = NZA 2014, 660; BAG, Urteil vom 24. März 2011 - 2 AZR 674/09 - Rn. 22, juris = NZA-RR 2012, 243). Grundsätzlich darf eine Partei nicht gehindert werden, im Prozess diejenigen Behauptungen aufzustellen und Werturteile abzugeben, die sie zur Wahrnehmung ihrer prozessualen Stellung für zweckmäßig und notwendig hält. Insbesondere darf sich eine Partei nicht unter dem Druck etwaiger Konsequenzen für ihr Arbeitsverhältnis gezwungen fühlen, einen Vortrag zu unterlassen, den sie zur Wahrnehmung ihrer Rechte im Prozess von ihrem subjektiven Standpunkt aus für erheblich ansieht (LAG Hamm, Urteil vom 30. September 2011 - 10 Sa 472/11 - Rn. 146, juris).
- 121
Eine Tatsachenbehauptung zeichnet sich dadurch aus, dass die Erklärung einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit den Mitteln des Beweises zugänglich ist. Falsch ist eine Behauptung, wenn sie im Hinblick auf ihren Gegenstand der Wahrheit nicht entspricht, also die Wirklichkeit unzutreffend wiedergibt. Das ist der Fall, wenn der Inhalt der Aussage mit der objektiven Sachlage nicht übereinstimmt. Auch das Verschweigen von Tatsachen macht eine Behauptung falsch, wenn die spezifische Unvollständigkeit nicht offenbart, sondern die Aussage als vollständige ausgegeben wird und dadurch ihr Gegenstand in einem falschen Licht erscheint. Dabei ist freilich zu berücksichtigen, dass jede Äußerung in ihrem Kontext zu sehen ist und nicht aus dem Zusammenhang gerissen werden darf. Das gilt auch im Rahmen der Beurteilung, ob eine Äußerung als Tatsachenbehauptung oder als Werturteil anzusehen ist (BAG, Urteil vom 31. Juli 2014 - 2 AZR 434/13 - Rn. 22, juris = NZA 2015, 358; BAG, Urteil vom 29. August 2013 - 2 AZR 419/12 - Rn. 40, juris = NZA 2014, 660).
- 122
Um vorsätzlich falsche Angaben handelt es sich, wenn die Prozesspartei die Unrichtigkeit ihrer Behauptungen kennt und deren Unwahrheit in ihren Erklärungswillen aufnimmt. Sie muss die Unvollständigkeit und Unrichtigkeit zumindest für möglich halten und billigend in Kauf nehmen (BAG, Urteil vom 31. Juli 2014 - 2 AZR 434/13 - Rn. 32, juris = NZA 2015, 358).
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Der Beteiligte zu 3) hat in dem Kündigungsschutzverfahren vor dem Arbeitsgericht Stralsund (Aktenzeichen 2 Ca 604/13, nachfolgend LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 17.01.2017, Aktenzeichen 5 Sa 166/16) nicht bewusst wahrheitswidrig vorgetragen, weil er befürchtete, mit wahrheitsgemäßen Angaben den Prozess nicht gewinnen zu können. Er hat seine Wahrheitspflicht nicht verletzt.
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Der Prozessvortrag des Beteiligten zu 3) im Schriftsatz vom 23.05.2014
- 125
"Dem Kläger wurde von dem Theaterleiter, Herrn R. R., bescheinigt, dass bei der Beklagten weitere Einsatzmöglichkeiten vorhanden sind, die der Kläger ausfüllen könnte. Es handelt sich hierbei um weitere 72 Stunden, die das Arbeitsvolumen des Klägers noch weiter ausweiten könnten."
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und in der mündlichen Verhandlung am 09.12.2014
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"Das stimmt, Herr R. hat mir ein solches Angebot unterbreitet. Die Unterlagen sind dann an Herrn A. gegangen, der mir Bescheid sagen wollte. Dieser Herr A. wurde eingeladen nach C-Stadt und wir haben dieses Gespräch zu dritt geführt."
- 128
enthält keine Tatsachenbehauptungen, die einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit den Mitteln des Beweises zugänglich sind. Der genaue Wortlaut des Gesprächs zwischen dem Beteiligten zu 3) und dem Theaterleiter ist nicht dargelegt. Es handelt sich um eine zusammenfassende Interpretation eines Gesprächs aus der Sicht des Beteiligten zu 3), ohne dass die konkreten Äußerungen des Theaterleiters wiedergegeben sind. Der Beteiligte zu 3) hat das Gespräch als Angebot zur Aufstockung der Arbeitszeit verstanden, das allerdings noch nicht verbindlich war, da die Entscheidung letztlich von Herrn A. zu treffen war. Ob der Beteiligte zu 3) den Theaterleiter richtig verstanden hat oder jedenfalls in dieser Weise verstehen durfte, lässt sich nicht feststellen, da dessen Erklärungen, möglicherweise auch in Form von Gestik oder Mimik, nicht näher dargelegt sind. Dem Beteiligten zu 3) ging es erkennbar nicht darum, die Kündigung anhand bestimmter Aussagen des Theaterleiters zu Fall zu bringen. Vielmehr kam es ihm darauf an, weitere Möglichkeiten der Beschäftigung aufzuzeigen. Das Prozessvorbringen steht im Zusammenhang mit den nachfolgend aufgezählten Tätigkeiten, die er seiner Ansicht nach über die angebotenen 100 Stunden im Monat hinaus wahrnehmen könnte. Das Gespräch mit dem Theaterleiter war hierfür lediglich der Ausgangspunkt.
- 129
Des Weiteren fehlt es am Vorsatz. Der Beteiligte zu 3) ist nicht von einer Unrichtigkeit des Sachvortrags ausgegangen. Er hat das Gespräch sinngemäß so dargestellt, wie er es verstanden hat. Falls er Äußerungen des Theaterleiters falsch interpretiert haben sollte, genügt dies noch nicht für den Vorwurf einer bewusst falschen Aussage.
- 130
Der Vortrag des Beteiligten zu 3) im Schriftsatz vom 28.08.2014
- 131
"Entgegen dem Vortrag der Beklagten, sind die in der Anlage K 13 aufgelisteten 20 Stunden Instandhaltungsarbeiten vom Kläger zu erfüllen."
- 132
ist nicht falsch. Aus dem Begriff "Instandhaltungsarbeiten" ergibt sich nicht, um welche konkreten Tätigkeiten im Kino es geht. Der Beteiligte zu 3) hat durchaus verschiedene technische Anlagen in Stand zu halten, z. B. Projektoren, Audio-Anlagen, Beleuchtung. Andererseits werden Instandhaltungsarbeiten aber auch von externen Fachfirmen wahrgenommen. Da der Beteiligte zu 3) nicht im Einzelnen vorgetragen hat, welche konkreten Instandhaltungsarbeiten er bislang verrichtet hat bzw. ihm von der Arbeitgeberin übertragen wurden, war das Vorbringen für die gerichtliche Beurteilung der Betriebsbedingtheit nicht von Bedeutung. In dieser Unschärfe ist der Vortrag des Beteiligten zu 3) einer Überprüfung auf seine Richtigkeit mit den Mitteln des Beweises nicht zugänglich.
- 133
Das Vorbringen des Beteiligten zu 3) im Schriftsatz vom 02.12.2014
- 134
"Unrichtig ist der Vortrag der Beklagten, dass alle anderen Filmvorführer der Beklagten in Mecklenburg-Vorpommern einen neuen Arbeitsvertrag erhalten haben. Richtig ist vielmehr, dass allein der Kläger einen Änderungsvertrag bekommen hat und kein anderer Filmvorführer der Beklagten in Mecklenburg-Vorpommern."
- 135
und in der mündlichen Verhandlung am 09.12.2014
- 136
"Er hat ständig Kontakt zu seinen Kollegen, die ihm mitteilten, dass der Kollege in S. keinen neuen Vertrag bekommen hat, auch der in R. nicht. Der N. Kollege hat zwar einen neuen Vertrag bekommen, jedoch zu den gleichen Konditionen, lediglich die Tätigkeitsbeschreibung hat sich geändert."
- 137
ist - im Zusammenhang gesehen - ebenfalls nicht falsch. Im Kündigungsschutzprozess war streitig, ob der Beteiligte zu 3) nur noch mit 100 Stunden im Monat oder aber mit einer darüber hinausgehenden Arbeitszeit in seiner bisherigen oder einer anderweitigen Tätigkeit beschäftigt werden kann. Mit der Bezugnahme auf Kollegen anderer Kinos im näheren Umkreis wollte der Beteiligte zu 3) sein Vorbringen untermauern, er könne nach wie vor in Vollzeit beschäftigt werden, wie es die Arbeitgeberin auch in den anderen Häusern gehandhabt habe. Nur das war Gegenstand des Hinweises auf die anderen Kollegen und deren Weiterbeschäftigung in Vollzeit. Der Vortrag des Beteiligten zu 3) ist für sich genommen zwar nicht hinreichend genau und missverständlich. Allerdings ergibt sich aus dem Gesamtzusammenhang eindeutig, was der Beteiligte zu 3) ausdrücken wollte. Ob und ggf. wann andere Filmvorführer Änderungsverträge unterschrieben hatten, war erkennbar nicht von Bedeutung, sondern allein der Umstand, dass diese in Vollzeit weiterbeschäftigt werden. Das ist die eigentliche Aussage des Beteiligten zu 3), mit der er die vorgebrachten betriebsbedingten Gründe in Zweifel ziehen wollte. Die rechtliche Verwertbarkeit dieser Aussage war ohnehin gering, da die Verhältnisse in anderen Betrieben der Arbeitgeberin nicht ausschlaggebend sind.
- 138
Soweit der Beteiligte zu 3) im Kündigungsschutzprozess eingewandt hat, der Interessenausgleich vom 16.09.2013 sei mangels eines Betriebsratsbeschlusses nicht wirksam, handelt es sich nicht um eine Tatsachenbehauptung, sondern um eine Rechtsansicht, der die Vorinstanz jedenfalls gefolgt ist. Das Arbeitsgericht ist nach Beiziehung der Verfahrensakte aus dem Kündigungsschutzprozess ebenfalls davon ausgegangen, dass ein Beschluss des Betriebsrats zu dem Interessenausgleich nicht vorliegt. Ob diese rechtliche Bewertung zutrifft, bedarf hier keiner Entscheidung. Das Landesarbeitsgericht hat diese Rechtsfrage auch in dem Kündigungsschutzprozess ausdrücklich offen gelassen. Der Beteiligte zu 3) durfte diesen prozesserheblichen Einwand vorbringen, um seine Rechte im Kündigungsschutzprozess zu wahren. Dabei durfte er sich mangels eigener Erkenntnisse auf die Informationen des früheren Betriebsratsmitglieds N. stützen.
- 139
Der Beteiligte zu 3) hat in diesem Zusammenhang keine über den Einwand der Unwirksamkeit hinausgehenden falschen Tatsachenbehauptungen aufgestellt. Soweit er im Schriftsatz vom 03.07.2015 vorgetragen hat,
- 140
"Unrichtig ist der Vortrag der Beklagten, wonach der Betriebsrat der Beklagten Kenntnis von der Betriebsvereinbarung hatte."
- 141
bezieht sich dieser Satz nur auf die Betriebsratssitzung am 25.11.2013, in der über die Änderungskündigung des Beteiligten zu 3) beraten wurde. Wie sich aus dem Beweisangebot zu diesem Sachvortrag ergibt, geht es allein um die Beschlussfassung in der Betriebsratssitzung am 25.11.2013, während der Interessenausgleich bereits am 16.09.2013 unterzeichnet worden war. In dem Widerspruchsschreiben des Betriebsrats vom 28.11.2013 zur Änderungskündigung des Beteiligten zu 3), das auf die Betriebsratssitzung vom 25.11.2013 Bezug nimmt, hatte der Betriebsrat von der Arbeitgeberin gefordert, die Anhörung zu korrigieren und den Interessenausgleich und Sozialplan zu beachten. Die Arbeitgeberin sieht darin eine Genehmigung des Interessenausgleichs.
- 142
Unabhängig davon hat der Beteiligte zu 3) nicht bewusst etwas Falsches vorgetragen. Er berief sich auf das Zeugnis des damaligen Betriebsratsmitglieds N., von dem er seine Informationen bezog. Der Beteiligte zu 3) ist nicht davon ausgegangen, dass die Angaben von Herrn N. falsch sind. Er hatte keine gegenteiligen Erkenntnisse, nach denen er es hätte besser wissen müssen als der Zeuge.
- 143
Der Beteiligte zu 3) hat den Zeugen K. nicht beeinflusst, etwas Falsches beim Arbeitsgericht auszusagen. Selbst wenn der Beteiligte zu 3) sich in dem Telefonat dahingehend geäußert haben sollte, Herr K. "solle vor Gericht sagen, es habe keinen BR-Beschluss gegeben", fehlt es am Vorsatz. Der Beteiligte zu 3) ist aufgrund der Informationen von Herrn N. fest davon ausgegangen, dass kein Betriebsratsbeschluss zum Interessenausgleich vorliegt. Der Beteiligte zu 3) hatte keinen Anlass, an dem Wahrheitsgehalt dieser Informationen zu zweifeln. Er hat nicht im Wissen, dass es sich tatsächlich anders zugetragen hat, auf den Zeugen eingewirkt, weil nur so eine für ihn günstigere Prozesssituation zu erreichen war. Aus Sicht des Beteiligten zu 3) konnte es Bedenken geben, ob sich der Zeuge trauen würde, ein evtl. fehlerhaftes Handeln beim Abschluss des Interessenausgleichs zuzugeben. In diesem Sinne ist das Arbeitsgericht in dem erstinstanzlichen Beschluss zu Recht davon ausgegangen, dass die Äußerung des Beteiligten zu 3), der von dem Fehlen des Betriebsratsbeschlusses überzeugt war, als Bitte zu einer wahrheitsgemäßen Aussage verstanden werden kann. Im Übrigen hat der Beteiligte zu 3) auf den Zeugen K. keinerlei Druck ausgeübt. Er hat den Zeugen weder bedroht noch irgendwelche Begünstigungen in Aussicht gestellt. Um einen Zeugen zu einer strafbedrohten Falschaussage vor einem Gericht zu bewegen, ist es regelmäßig nötig, entsprechende Mittel einzusetzen. Ansonsten gibt es für einen Zeugen keinen Grund, das Risiko einer Strafbarkeit auf sich zu nehmen. Die dem Beteiligen zu 3) vorgeworfene Äußerung in dem Telefonat war nicht geeignet, den Zeugen zu einer wahrheitswidrigen Aussage zu bewegen.
- 144
Für die von der Arbeitgeberin hilfsweise herangezogene Verdachtskündigung bleibt kein Raum, da die Vorwürfe schon nicht für eine Tatkündigung ausreichen. Das für eine Verdachtskündigung herangezogene vermeintliche Fehlverhalten reicht nicht weiter als die erhobenen Tatvorwürfe. Ergibt sich aus einem bestimmten nachgewiesenen Verhalten keine Pflichtverletzung, gilt dies erst recht, wenn hinsichtlich desselben Verhaltens nur ein Verdacht besteht.
- 145
2. Privattelefonate
- 146
Die von dem Beteiligten zu 3) im Zeitraum Januar bis Mai 2015 während der Arbeitszeit geführten Telefonate, bei denen die Arbeitgeberin keinen dienstlichen Anlass erkennen konnte, stellen keine solche Pflichtverletzung dar, die typischerweise als wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung ohne eine vorherige einschlägige Abmahnung geeignet ist. Das gilt selbst dann, wenn es sich ausschließlich um Privattelefonate handeln sollte.
- 147
Der Arbeitnehmer verletzt eine Hauptpflicht aus dem Arbeitsverhältnis, wenn er während der Arbeitszeit privaten Angelegenheiten nachgeht. Die Pflichtverletzung wiegt dabei umso schwerer, je mehr der Arbeitnehmer seine Arbeitspflicht in zeitlicher und inhaltlicher Hinsicht vernachlässigt (BAG, Urteil vom 07. Juli 2005 - 2 AZR 581/04 - Rn. 27, juris = NZA 2006, 98; BAG, Urteil vom 27. April 2006 - 2 AZR 386/05 - Rn. 25, juris = NZA 2006, 977).
- 148
Eine außerordentliche Kündigung kommt nur in Betracht, wenn es keinen angemessenen Weg gibt, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, weil dem Arbeitgeber sämtliche milderen Reaktionsmöglichkeiten unzumutbar sind. Sie scheidet aus, wenn es ein „schonenderes“ Gestaltungsmittel - etwa Abmahnung, Versetzung, ordentliche Kündigung - gibt, das ebenfalls geeignet ist, den mit einer außerordentlichen Kündigung verfolgten Zweck - nicht die Sanktion des pflichtwidrigen Verhaltens, sondern die Vermeidung des Risikos künftiger Störungen des Arbeitsverhältnisses - zu erreichen (BAG, Urteil vom 20. Oktober 2016 - 6 AZR 471/15 - Rn. 30, juris = NZA 2016, 1527). Eine Abmahnung ist entbehrlich, wenn die Pflichtverletzung so schwerwiegend ist, dass selbst deren erstmalige Hinnahme durch den Arbeitgeber nach objektiven Maßstäben unzumutbar und offensichtlich ausgeschlossen war (BAG, Urteil vom 20. Oktober 2016 - 6 AZR 471/15 - Rn. 41, juris = NZA 2016, 1527). Die exzessive Nutzung des Internets während der Arbeitszeit zu privaten Zwecken kann je nach den Umständen des Einzelfalles eine so schwere Pflichtverletzung des Arbeitsvertrages sein, die den Arbeitgeber auch ohne vorangegangene Abmahnung zu einer Kündigung berechtigt (BAG, Urteil vom 31. Mai 2007 - 2 AZR 200/06 - Rn. 28, juris = NZA 2007, 922; BAG, Urteil vom 07. Juli 2005 - 2 AZR 581/04 - Rn. 36 = NZA 2006, 98; LAG Hamm, Urteil vom 30. September 2011 - 10 Sa 471/11 - Rn. 98, juris). Eine Pflichtverletzung wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Arbeitgeber zuvor keine Beschränkungen angeordnet hat (LAG Hamm, Urteil vom 11. Juni 2012 - 17 Sa 71/12 - Rn. 83, juris).
- 149
Eine private Nutzung des dienstlichen Internetanschlusses im Umfang von knapp 40 Stunden über einen Zeitraum von 30 Arbeitstagen kann den Arbeitgeber wegen der darin liegenden Verletzung der Arbeitspflicht zur außerordentlichen Kündigung berechtigen, und zwar auch dann, wenn dem Arbeitnehmer die Privatnutzung arbeitsvertraglich in Ausnahmefällen innerhalb der Arbeitspausen erlaubt ist (LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14. Januar 2016 - 5 Sa 657/15 - Rn. 76 ff., juris = BB 2016, 891; Revision eingelegt). Eine exzessive Privatnutzung des Internets liegt vor, wenn sie etwa einen Arbeitstag innerhalb einer Arbeitswoche in Anspruch nimmt (LAG Hessen, Urteil vom 30. März 2015 - 17 Sa 1094/13 - Rn. 34, juris = ZD 2016, 389). In jedem Fall exzessiv ist ein privater E-Mail-Verkehr des Arbeitnehmers, der ihm phasenweise keinen Raum mehr für die Erledigung seiner Dienstaufgaben gelassen hat (LAG Niedersachsen, Urteil vom 31. Mai 2010 - 12 Sa 875/09 - Rn. 43, juris = NZA-RR 2010, 406).
- 150
Der Beteiligte zu 3) hat nicht in einem exzessiven Umfang privat telefoniert. Die Pflichtverletzung ist, falls alle aufgelisteten Telefonate tatsächlich einen privaten Anlass hatten oder zumindest ein entsprechender Verdacht besteht, nicht so schwerwiegend, als dass nicht eine Abmahnung das Risiko künftiger Störungen des Arbeitsverhältnisses hätte vermeiden können. Die Telefonate haben nicht einen zeitlichen Umfang angenommen, der von der Arbeitgeberin keinesfalls mehr hinnehmbar ist. Die Arbeitgeberin hat eine Gesamtdauer der Telefonate von 12,78 Stunden in 5 Monaten ermittelt. Bei der in diesem Zeitraum praktizierten regelmäßigen Arbeitszeit von 100 Stunden im Monat, also insgesamt 500 Arbeitsstunden in 5 Monaten, hatten die Privattelefonate einen Anteil von 2,6 % an der Arbeitszeit. Dieser Umfang liegt deutlich unterhalb des Ausmaßes, das als exzessiv zu bezeichnen ist, nämlich etwa 15 - 20 % der Arbeitszeit. Seine Arbeitsaufgaben hat der Beteiligte zu 3) wegen der Privattelefonate nicht vernachlässigt. Soweit die - hier unterstellten - Privattelefonate im Widerspruch zu dem Einwand des Beteiligten zu 3) in dem Kündigungsschutzprozess stehen, die Aufgaben als Haustechniker und Filmvorführer in 100 Stunden je Monat nicht bewältigen zu können, ist das in dem vorliegenden Beschlussverfahren nicht ausschlaggebend. Auch in dem Kündigungsschutzverfahren kam es hierauf letztlich nicht darauf an.
III.
- 151
Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor. Das Verfahren wirft keine entscheidungserheblichen Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung auf.
(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.
(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn
- 1.
in Betrieben des privaten Rechts - a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt, - b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat, - 2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts - a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt, - b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.
(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.
(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.
(1) Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam.
(2) Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber spätestens innerhalb einer Woche schriftlich mitzuteilen. Äußert er sich innerhalb dieser Frist nicht, gilt seine Zustimmung zur Kündigung als erteilt. Hat der Betriebsrat gegen eine außerordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Tagen, schriftlich mitzuteilen. Der Betriebsrat soll, soweit dies erforderlich erscheint, vor seiner Stellungnahme den betroffenen Arbeitnehmer hören. § 99 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend.
(3) Der Betriebsrat kann innerhalb der Frist des Absatzes 2 Satz 1 der ordentlichen Kündigung widersprechen, wenn
- 1.
der Arbeitgeber bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat, - 2.
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 verstößt, - 3.
der zu kündigende Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann, - 4.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich ist oder - 5.
eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Vertragsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat.
(4) Kündigt der Arbeitgeber, obwohl der Betriebsrat nach Absatz 3 der Kündigung widersprochen hat, so hat er dem Arbeitnehmer mit der Kündigung eine Abschrift der Stellungnahme des Betriebsrats zuzuleiten.
(5) Hat der Betriebsrat einer ordentlichen Kündigung frist- und ordnungsgemäß widersprochen, und hat der Arbeitnehmer nach dem Kündigungsschutzgesetz Klage auf Feststellung erhoben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, so muss der Arbeitgeber auf Verlangen des Arbeitnehmers diesen nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits bei unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen. Auf Antrag des Arbeitgebers kann das Gericht ihn durch einstweilige Verfügung von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung nach Satz 1 entbinden, wenn
- 1.
die Klage des Arbeitnehmers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint oder - 2.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers führen würde oder - 3.
der Widerspruch des Betriebsrats offensichtlich unbegründet war.
(6) Arbeitgeber und Betriebsrat können vereinbaren, dass Kündigungen der Zustimmung des Betriebsrats bedürfen und dass bei Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung der Nichterteilung der Zustimmung die Einigungsstelle entscheidet.
(7) Die Vorschriften über die Beteiligung des Betriebsrats nach dem Kündigungsschutzgesetz bleiben unberührt.
(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.
(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.
(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:
- 1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge); - 2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt; - 3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.
(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:
- 1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt; - 2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.
(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.
(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.
(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,
- a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist, - b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt, - c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder - d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.
(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft - a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen, - b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder - c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
- 3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.
(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.
(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.
(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.
(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.
(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.
Tenor
-
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 15. Dezember 2014 - 2 Sa 1295/11 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Berufung des Klägers als unzulässig verworfen wird, soweit sie sich gegen das die Klage hinsichtlich des Klageantrags zu 1. (Zahlung rückständiger Altersrente iHv. 1.503,20 Euro brutto nebst Zinsen) abweisende Urteil des Arbeitsgerichts richtet.
-
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 15. Dezember 2014 - 2 Sa 1295/11 - aufgehoben, soweit es im Übrigen der Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 22. September 2011 - 6 Ca 10641/10 - stattgegeben hat.
-
Die Berufung des Klägers wird insoweit zurückgewiesen.
-
Der Kläger hat die Kosten der Berufung und des Revisionsverfahrens zu tragen.
Tatbestand
- 1
-
Die Parteien streiten über die Höhe der dem Kläger von der Beklagten zu zahlenden zusätzlichen Altersrente.
- 2
-
Der am 20. Februar 1933 geborene Kläger war vom 5. April 1948 bis zum 30. Juni 1990, zuletzt als AT-Angestellter, bei der Beklagten beschäftigt. Die Beklagte sagte dem Kläger Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nach dem Altersversorgungs-Statut für Außertarif-Angestellte der K AG, Kassel, C GmbH, Köln, Ka Gesellschaft mbH, Hamburg, Co GmbH, Handorf, Mgesellschaft mbH, Köln vom 5. April 1984 (im Folgenden K + S Statut) zu. Dieses enthält ua. folgende Regelungen:
-
„Die mit diesem Statut geschaffene Altersversorgung umfaßt folgende zusätzliche Renten:
1.
die zusätzliche Altersrente (§ 4 des Statuts),
…
§ 1
Die anrechnungsfähige Dienstzeit
1.
Als anrechnungsfähige Dienstzeit werden alle Beschäftigungszeiten bei K + S und die von K + S kraft ausdrücklicher schriftlicher Erklärung anerkannten sonstigen Beschäftigungszeiten gerechnet, die nach der Vollendung des 25. Lebensjahres liegen. …
...
8.
Endet das Dienstverhältnis vor Eintritt des Versorgungsfalles, so behält der Mitarbeiter einen Anspruch auf Rente, wenn er im Zeitpunkt des Ausscheidens das 35. Lebensjahr vollendet hat und entweder die Versorgungszusage für ihn mindestens 10 Jahre bestanden hat oder er zum Zeitpunkt des Ausscheidens mindestens 12 Jahre ununterbrochen dem Unternehmen angehört und die Versorgungszusage für ihn mindestens 3 Jahre bestanden hat. … Die Rentenhöhe richtet sich dann nach den Bestimmungen des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung vom 19.12.1974.
…
§ 2
Das anzurechnende Einkommen
1.
Zusätzliche Renten nach diesem Statut werden als Ergänzung zu dem sonstigen Einkommen gezahlt und sind in ihrer Höhe von diesem abhängig.
2.
Als anzurechnendes Einkommen im Sinne dieses Statuts gelten:
a)
alle Renten aus deutschen oder ausländischen Rentenversicherungen, jedoch mit Ausnahme des Teils einer Rente, der vom Versorgungsberechtigten voll oder zu mehr als der Hälfte aus eigenen Mitteln erzielt wurde,
...
e)
der firmenfinanzierte Anteil aus der Rente der Pensionskasse der Angestellten der BASF,
...
Angerechnet werden jeweils die Brutto-Beträge dieser Renten, Ruhegelder, Unterstützungen oder Nebeneinkünfte. …
...
§ 3
Das letzte Diensteinkommen bei K + S
1.
Die zusätzlichen Renten nach diesem Statut sind in ihrer Höhe weiter abhängig vom letzten Diensteinkommen bei K + S.
…
§ 4
Die zusätzliche Altersrente
1.
Die zusätzliche Altersrente wird nach 5jähriger anrechnungsfähiger Dienstzeit gezahlt:
a)
bei Männern: beim Ausscheiden wegen Vollendung des 65. Lebensjahres,
…
c)
gem. § 6 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung an Mitarbeiter, die das Altersruhegeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung vor Vollendung des 65. Lebensjahres in Anspruch nehmen.
...
4.
Nach mindestens 5jähriger anrechnungsfähiger Dienstzeit (§ 1) wird als zusätzliche Altersrente monatlich der Unterschied zwischen dem anzurechnenden Einkommen (§ 2) und 35 % des letzten Diensteinkommens bei K + S (§ 3) gezahlt. Für jedes weitere vollendete Dienstjahr erhöht sich der Prozentsatz um 1 % bis höchstens auf 60 %.
...
6.
Die zusätzliche Altersrente wird nur insoweit gezahlt, als das anzurechnende Einkommen und die Zahlungen von K + S zusammen monatlich einen Höchstbetrag nicht übersteigen. Der Höchstbetrag wird für jeden Außertarif-Angestellten bei Übergabe des Altersversorgungs-Statuts oder durch spätere schriftliche Erklärung von K + S festgelegt. Er wird auf der ersten Seite dieser Statut-Ausgabe von der aushändigenden Firma verbindlich bestätigt.
Es bestehen für den Höchstbetrag die Gruppen I, II und III.
...
§ 8
Beantragung und Zahlung der zusätzlichen Renten
...
3.
Alle Leistungen aus dem Statut werden monatlich nachträglich gezahlt. ...
4.
Die zusätzlichen Renten werden auf volle DM aufgerundet.“
- 3
-
Die Beklagte schloss am 1. Februar 1989 mit ihrem Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung (im Folgenden BV 89), in der Folgendes geregelt ist:
-
„…
E) Frühpensionierungen
[1] Für Mitarbeiter, die im Jahr der Frühpensionierung das 55. Lebensjahr vollenden bzw. bereits vollendet haben, gelten die folgenden Regelungen:
[2] Das Arbeitsverhältnis wird durch Aufhebungsvertrag oder durch Kündigung der C beendet. Der Mitarbeiter ist verpflichtet, sich unverzüglich beim Arbeitsamt als arbeitslos zu melden und den jeweiligen Aufforderungen des Arbeitsamtes nachzukommen. Er hat einen Antrag auf Arbeitslosengeld zu stellen.
[3] Auch nach dem Ende des Bezugs von Arbeitslosengeld hat der ehemalige Mitarbeiter der Arbeitsvermittlung weiterhin als arbeitslos zur Verfügung zu stehen; er hat einen Antrag auf Arbeitslosenhilfe zu stellen …
[4] Unter der Voraussetzung, daß die Mitarbeiter den vorstehenden Verpflichtungen nachkommen, erhalten die Mitarbeiter bis zu dem frühestmöglichen Zeitpunkt, zu dem sie eine Sozialversicherungsrente erhalten können, bzw. bis zur Aufnahme einer anderen Arbeit - unabhängig vom Bezug von Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe - eine Firmenleistung von 75 % des monatlichen Bruttoentgeltes gemäß C) 1., höchstens jedoch 95 % des Nettoentgelts …
...
[11] Bei gewerblichen Arbeitnehmern und Tarifangestellten, deren Altersversorgung sich nach der Altersversorgungsrichtlinie von 1974 richtet, sowie bei Außertarifangestellten wird die Firmenrente zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses berechnet. Hierbei wird die Zeit bis zum frühestmöglichen Zeitpunkt, zu dem Sozialversicherungsrente erlangt werden kann, als Dienstzeit berücksichtigt.
[12] Bei Tarifangestellten, deren Altersversorgung sich nach der Altersversorgungsrichtlinie von 1968 richtet, wird die Werksrente so ermittelt, als wenn der Versicherungsfall beim Ausscheiden eingetreten wäre. Die so ermittelte Werksrente wird festgeschrieben und mit Rentenbeginn monatlich ausgezahlt. Voraussetzung hierfür ist, daß der Aufhebungsvertrag bis zum 31.03.1989 abgeschlossen ist. Bei späteren Vertragsaufhebungen wird bei der Berechnung der Anwartschaft grundsätzlich gemäß § 2 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung als rechnerische Obergrenze nicht das 65., sondern das vollendete 63. Lebensjahr zugrunde gelegt.
...“
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Der Kläger schied aufgrund einer Vereinbarung der Parteien vom 7./14. März 1989 zum 30. Juni 1990 aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten aus. In dieser ist ua. geregelt, dass sich die Altersversorgung des Klägers „aus dem Sozialplan vom 01.02.1989“ ergibt, „der in allen seinen Teilen für diese Vereinbarung maßgebend ist“.
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Mit Schreiben vom 16. Februar 1989 hatte die Beklagte dem Kläger zuvor mitgeteilt, dass bei der Berechnung seiner zusätzlichen Altersrente etwaige Erhöhungen des Höchstbetrags nach § 4 Abs. 6 K + S Statut zum 1. Juli 1989 und 1. Juli 1990 sowie Erhöhungen der Sozialversicherungsrente bis zum 1. Juli 1990 berücksichtigt werden. Der für den Kläger nach § 4 Abs. 6 K + S Statut maßgebliche Höchstbetrag belief sich jedenfalls seit dem 1. Juli 1990 auf 4.150,00 DM.
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Seit dem 1. März 1993 bezieht der Kläger eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung sowie eine Rente von der Pensionskasse der BASF, deren arbeitgeberfinanzierter Anteil 178,59 DM beträgt. Von der Beklagten erhält er seit dem 1. März 1993 eine zusätzliche Altersrente. Diese belief sich bis zum 30. Juni 2010 auf 1.640,00 DM - dies entspricht 838,52 Euro - monatlich. Bei der Berechnung der zusätzlichen Altersrente des Klägers legte die Beklagte eine auf der Grundlage der allgemeinen Bemessungsgrundlage für das Jahr 1990 berechnete anrechenbare Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung iHv. 2.331,57 DM zugrunde. Die allgemeine Bemessungsgrundlage für das Jahr 1990 betrug nach § 5 des zum 1. Juli 1990 in Kraft getretenen Rentenanpassungsgesetzes 1990 vom 28. Mai 1990 (BGBl. I S. 986) 31.661,00 DM. Eine Quotierung der zusätzlichen Altersrente gemäß § 2 Abs. 1 BetrAVG nahm die Beklagte nicht vor.
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Seit dem 1. Juli 2010 zahlt die Beklagte dem Kläger nur noch eine zusätzliche Altersrente iHv. 629,00 Euro brutto. Die Reduzierung des Auszahlungsbetrags beruht darauf, dass die Beklagte nunmehr bei der Berechnung der zusätzlichen Altersrente eine Quotierung nach § 2 Abs. 1 BetrAVG - unter Berücksichtigung der Zeit vom 1. Juli 1990 bis zum 28. Februar 1993 als tatsächliche Beschäftigungszeit - vornahm und die anrechenbare Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung auf der Grundlage des bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Angestelltenversicherungsgesetzes (im Folgenden AVG) unter Zugrundelegung der allgemeinen Bemessungsgrundlage für das Jahr 1989 fiktiv - ohne Berücksichtigung der Zeit vom 1. Juli 1990 bis zum 28. Februar 1993 - auf eine bei einer Inanspruchnahme ab der Vollendung des 65. Lebensjahrs erreichbare Rente iHv. 2.605,07 DM hochrechnete. Die allgemeine Bemessungsgrundlage für das Jahr 1989 betrug nach § 5 des zum 1. Juli 1989 in Kraft getretenen Rentenanpassungsgesetzes 1989 vom 9. Mai 1989 (BGBl. I S. 874) 30.709,00 DM.
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Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte schulde ihm für die Monate Januar 2007 bis Juni 2010 eine um monatlich 35,79 Euro höhere zusätzliche Altersrente, da im Rahmen der ursprünglichen Rentenberechnung zu Unrecht bei der gesetzlichen Rente eine Bemessungsgrundlage iHv. 31.661,00 DM zugrunde gelegt worden sei. Für die Zeit ab dem 1. Juli 2010 stehe ihm eine zusätzliche Altersrente iHv. monatlich 874,31 Euro brutto zu. Die Neuberechnung der Beklagten zum 1. Juli 2010 sei unzutreffend. Die Beklagte sei nicht berechtigt, bei der Berechnung seiner zusätzlichen Altersrente eine zeitanteilige Quotierung nach § 2 Abs. 1 BetrAVG vorzunehmen. Nach den Regelungen in der BV 89 müsse er so gestellt werden, als sei er unmittelbar mit Bezug der gesetzlichen Rente und nicht vorzeitig ausgeschieden. Jedenfalls sei die Beklagte mit der von ihr früher praktizierten Berechnung der zusätzlichen Altersrente bewusst und gewollt zugunsten der Arbeitnehmer von den gesetzlichen Vorgaben des § 2 Abs. 1 BetrAVG abgewichen und habe damit eine betriebliche Übung geschaffen.
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Der Kläger hat zuletzt beantragt,
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1.
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.503,20 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. September 2008 zu zahlen;
2.
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 3.924,96 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. April 2010 zu zahlen;
3.
die Beklagte zu verurteilen, an ihn jeweils zum Ersten eines Monats, beginnend mit dem 1. Januar 2011, über die unstreitigen 629,00 Euro hinaus, jeweils 245,31 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen.
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Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
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Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht das erstinstanzliche Urteil teilweise abgeändert und dem Kläger rückständige zusätzliche Altersrente iHv. 3.352,32 Euro für die Monate Juli 2010 bis Oktober 2011 nebst Verzugszinsen ab dem 1. April 2010 sowie ab dem 1. November 2011 eine weitere zusätzliche Altersrente iHv. 209,52 Euro monatlich nebst Verzugszinsen jeweils ab dem Ersten des Folgemonats zugesprochen; im Übrigen hat es die Berufung zurückgewiesen. Mit ihrer Revision begehrt die Beklagte eine vollständige Klageabweisung. Der Kläger verfolgt mit seiner Revision seine Klageanträge im Umfang der Abweisung durch das Landesarbeitsgericht weiter.
Entscheidungsgründe
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Während die Revision des Klägers unbegründet ist, ist die Revision der Beklagten erfolgreich.
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I. Soweit der Kläger den Klageantrag zu 1. weiterverfolgt, ist seine Revision schon deshalb unbegründet, weil seine Berufung insoweit unzulässig war. Die diesbezügliche Berufungsbegründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen.
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1. Die Zulässigkeit der Berufung ist Prozessvoraussetzung für das gesamte weitere Verfahren nach Einlegung der Berufung. Sie ist deshalb vom Revisionsgericht von Amts wegen zu prüfen. Fehlt es an einer ordnungsgemäßen Begründung iSd. § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO, hat das Revisionsgericht die Revision mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass die Berufung (insoweit) verworfen wird(vgl. BAG 15. März 2011 - 9 AZR 813/09 - Rn. 9 mwN). Unerheblich ist, dass das Landesarbeitsgericht die Berufung des Klägers insgesamt als zulässig angesehen hat (vgl. etwa BAG 13. Oktober 2015 - 1 AZR 429/14 - Rn. 35 mwN).
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2. Eine Berufungsbegründung genügt den Anforderungen des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 bis Nr. 4 ZPO nur dann, wenn sie erkennen lässt, in welchen Punkten tatsächlicher oder rechtlicher Art das angefochtene Urteil nach Ansicht des Berufungsklägers unrichtig ist und auf welchen Gründen diese Ansicht im Einzelnen beruht. Gemäß § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung durch das angefochtene Urteil und deren Erheblichkeit für das Ergebnis der Entscheidung ergibt. Die Berufungsbegründung muss deshalb auf den zur Entscheidung stehenden Fall zugeschnitten sein und sich mit den rechtlichen oder tatsächlichen Argumenten des angefochtenen Urteils befassen, wenn sie diese bekämpfen will. Für die erforderliche Auseinandersetzung mit den Urteilsgründen der angefochtenen Entscheidung reicht es nicht aus, die tatsächliche oder rechtliche Würdigung durch das Arbeitsgericht mit formelhaften Wendungen zu rügen und lediglich auf das erstinstanzliche Vorbringen zu verweisen oder dieses zu wiederholen (st. Rspr., sh. nur BAG 11. November 2014 - 3 AZR 404/13 - Rn. 18 mwN; 16. Mai 2012 - 4 AZR 245/10 - Rn. 11 mwN). Bezieht sich das Rechtsmittel auf mehrere Ansprüche im prozessualen Sinn, ist zu jedem Anspruch eine ausreichende Begründung zu geben. Fehlen Ausführungen zu einem Anspruch, ist das Rechtsmittel insoweit unzulässig. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Begründetheit des einen Anspruchs denknotwendig von der des anderen abhängt (BAG 13. Oktober 2015 - 1 AZR 429/14 - Rn. 36 mwN).
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3. Soweit sich die Berufung des Klägers gegen die Abweisung der mit dem Klageantrag zu 1. verfolgten Ansprüche auf Zahlung rückständiger zusätzlicher Altersrente für die Monate Januar 2007 bis Juni 2010 iHv. monatlich 35,79 Euro durch das Arbeitsgericht richtet, genügt seine Berufungsbegründung nicht den gesetzlichen Anforderungen.
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a) Das Arbeitsgericht hat angenommen, dem Kläger stünden für diese Zeit keine über die bereits gezahlten Beträge hinausgehenden Ansprüche gegen die Beklagte auf Zahlung einer zusätzlichen Altersrente iHv. 35,79 Euro brutto monatlich zu, da bei der angerechneten Sozialversicherungsrente zu Recht eine allgemeine Bemessungsgrundlage iHv. 31.661,00 DM zugrunde gelegt worden sei. Die Parteien hätten eine Festlegung des zum 1. Juli 1990 geltenden Höchstbetrags nach § 4 Abs. 6 K + S Statut iHv. 4.150,00 DM vereinbart; dementsprechend sei auch die zum 1. Juli 1990 geltende allgemeine Bemessungsgrundlage zu berücksichtigen.
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b) Mit dieser Begründung setzt sich die Berufung in keiner Weise auseinander. Der Kläger macht insoweit lediglich geltend, die angefochtene Entscheidung sei „falsch“, die mit der Klageschrift vorgelegte und mit „richtig“ bezeichnete Berechnung seiner zusätzlichen Altersrente sei weiterhin zugrunde zu legen. Auch der Hinweis auf sein erstinstanzliches Vorbringen reicht nicht aus. Der in der Berufungsbegründung vorgebrachte Einwand, der Kläger könne die Gewährung der zusätzlichen Altersrente „in unveränderter Höhe“ auch unter dem Gesichtspunkt einer betrieblichen Übung verlangen, richtet sich nur gegen die Begründung, mit der das Arbeitsgericht einen Anspruch des Klägers auf Weiterzahlung der von der Beklagten früher gewährten zusätzlichen Altersrente iHv. 838,52 Euro ab dem 1. Juli 2010 abgelehnt hat. Dies gilt auch, soweit die Berufung - sinngemäß - vorbringt, das Arbeitsgericht habe bei der Auslegung der BV 89 den Kontext des zu entscheidenden Sachverhalts, insbesondere die Ausführungen der Beklagten im Rahmen eines Beschlussverfahrens und den Inhalt einer Aktennotiz vom 24. Januar 1985 übersehen. Eine Auseinandersetzung der Berufung mit der vom Arbeitsgericht gegebenen Begründung zur Abweisung des Klageantrags zu 1. wäre aber erforderlich gewesen, da der vom Kläger mit diesem Antrag verfolgte prozessuale Anspruch nicht denklogisch von den mit den Anträgen zu 2. und 3. verfolgten Streitgegenständen abhängt.
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II. Im Übrigen bleibt die Revision des Klägers in der Sache erfolglos, wohingegen die Revision der Beklagten begründet ist. Die Beklagte schuldet dem Kläger keine über 629,00 Euro brutto monatlich hinausgehende zusätzliche Altersrente. Daher steht dem Kläger auch kein Anspruch auf Nachzahlung rückständiger zusätzlicher Altersrente für die Zeit ab dem 1. Juli 2010 zu.
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1. Der am 30. Juni 1990 und damit vor dem Eintritt eines Versorgungsfalls aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten ausgeschiedene Kläger, der die Altersrente vorgezogen iSd. § 6 BetrAVG in Anspruch genommen hat, hat nach dem K + S Statut iVm. Teil E Abs. 11 BV 89 keinen Anspruch auf eine höhere als die von der Beklagten gezahlte zusätzliche Altersrente iHv. 629,00 Euro brutto monatlich.
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a) Das K + S Statut enthält keine Regelungen zur Berechnung einer vorgezogen in Anspruch genommenen zusätzlichen Altersrente eines vorzeitig - vor dem Eintritt des Versorgungsfalls - aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschiedenen Arbeitnehmers. Zwar regelt das K + S Statut die Höhe der nach § 6 BetrAVG vorgezogen in Anspruch genommenen zusätzlichen Altersrente eines bis dahin dem Betrieb angehörenden Arbeitnehmers bei vorgezogener Inanspruchnahme der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung in § 4 Abs. 4 und Abs. 6 eigenständig und abschließend(vgl. dazu ausführlich BAG 10. Dezember 2013 - 3 AZR 726/11 - Rn. 17 ff.). Auch sieht § 1 Abs. 8 Satz 3 K + S Statut vor, dass sich die Rentenhöhe nach dem Betriebsrentengesetz und damit nach § 2 Abs. 1 und Abs. 5 BetrAVG richtet, wenn der Arbeitnehmer mit einer unverfallbaren Anwartschaft vor Eintritt des Versorgungsfalls aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden ist. Allerdings betrifft § 2 Abs. 1 BetrAVG nach seinem Satz 1 in seinem unmittelbaren Anwendungsbereich nur die Berechnung der Rentenhöhe ua. „bei Eintritt des Versorgungsfalls wegen Erreichens der Altersgrenze“ und damit nicht den Fall einer vorgezogenen Inanspruchnahme der zusätzlichen Altersrente eines vorzeitig aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschiedenen Arbeitnehmers.
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b) Damit richtet sich die Berechnung der zusätzlichen Altersrente des Klägers grundsätzlich nach den allgemeinen Grundsätzen des Betriebsrentenrechts (st. Rspr., vgl. dazu ausführlich BAG 23. Januar 2001 - 3 AZR 164/00 - zu II 2 b der Gründe). Nach diesen Grundsätzen ergibt sich in der Regel im Fall der vorgezogenen Inanspruchnahme nach vorzeitigem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis eine Berechtigung zur Kürzung der Betriebsrente unter zwei Gesichtspunkten:
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Zum einen wird in das Gegenseitigkeitsverhältnis, das der Berechnung der Vollrente zugrunde liegt, dadurch eingegriffen, dass der Arbeitnehmer die Betriebszugehörigkeit bis zur festen Altersgrenze nicht erbracht hat. Zum anderen erfolgt eine Verschiebung des in der Versorgungszusage festgelegten Verhältnisses von Leistung und Gegenleistung dadurch, dass er die Betriebsrente mit höherer Wahrscheinlichkeit, früher und länger als mit der Versorgungszusage versprochen in Anspruch nimmt (vgl. etwa BAG 10. Dezember 2013 - 3 AZR 832/11 - Rn. 28 mwN).
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Der ersten Störung des Äquivalenzverhältnisses wird dadurch Rechnung getragen, dass nach § 2 Abs. 1 und Abs. 5 BetrAVG eine Quotierung vorgenommen wird, indem die fiktive, bei voller Betriebszugehörigkeit bis zur festen Altersgrenze erreichbare Vollrente unter Berücksichtigung von Veränderungssperre und Festschreibeeffekt(§ 2 Abs. 5 BetrAVG)ermittelt und zeitratierlich entsprechend dem Verhältnis der tatsächlichen zu der bis zum Erreichen der festen Altersgrenze möglichen Betriebszugehörigkeit gekürzt wird. Der zweite Gesichtspunkt kann entsprechend den Wertungen in der Versorgungsordnung berücksichtigt werden. Wenn und soweit diesem Gesichtspunkt in der Versorgungsordnung Rechnung getragen wird, zB indem ein versicherungsmathematischer Abschlag vorgesehen ist, verbleibt es dabei. Enthält die Versorgungsordnung hingegen keine Wertung, hat der Senat als Auffangregelung einen sog. untechnischen versicherungsmathematischen Abschlag entwickelt. Dieser erfolgt durch eine weitere zeitratierliche Kürzung, indem die nach § 2 Abs. 1 und Abs. 5 BetrAVG errechnete Betriebsrente im Verhältnis der möglichen Betriebszugehörigkeit bis zur vorgezogenen Inanspruchnahme und der möglichen Betriebszugehörigkeit bis zur festen Altersgrenze gekürzt wird(vgl. etwa BAG 10. Dezember 2013 - 3 AZR 832/11 - Rn. 29 mwN).
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c) Allerdings haben die Betriebsparteien der BV 89 die allgemeinen Grundsätze des Betriebsrentenrechts für diejenigen Arbeitnehmer, die - wie der Kläger - im Jahr ihrer „Frühpensionierung“ das 55. Lebensjahr vollendeten oder bereits vollendet hatten und damit vorzeitig aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten ausgeschieden sind, in Teil E Abs. 11 Satz 2 BV 89 modifiziert. Danach ist bei der Berechnung der zusätzlichen Altersrente die Zeit bis zur frühestmöglichen Inanspruchnahme der gesetzlichen Sozialversicherungsrente als Dienstzeit in Ansatz zu bringen. Entgegen der Annahme des Klägers führt diese Regelung nicht dazu, dass die zusätzliche Altersrente der „frühpensionierten“ Arbeitnehmer nach dem K + S Statut nicht entsprechend § 2 Abs. 1 BetrAVG zeitanteilig zu berechnen ist. Vielmehr ordnet Teil E Abs. 11 Satz 2 BV 89 nur an, dass die fiktive Vollrente der Arbeitnehmer anteilig im Verhältnis ihrer bis zur frühestmöglichen Inanspruchnahme der gesetzlichen Sozialversicherungsrente möglichen - und nicht lediglich ihrer tatsächlichen - Betriebszugehörigkeit zu der bis zur Vollendung des 65. Lebensjahrs möglichen Betriebszugehörigkeit zu kürzen ist. Dies ergibt die Auslegung der BV 89 (zu den Auslegungsgrundsätzen für Betriebsvereinbarungen vgl. BAG 8. Dezember 2015 - 3 AZR 267/14 - Rn. 22).
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aa) Bereits der Wortlaut von Teil E Abs. 11 BV 89 lässt den Schluss auf dieses Auslegungsergebnis zu.
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Satz 1 der Bestimmung normiert die Pflicht, „die Firmenrente zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses“ zu berechnen. Inhaltliche Vorgaben, wie diese Berechnung zu erfolgen hat, ergeben sich hieraus nicht. Diese ordnet erst der nachfolgende Satz an. Die in Teil E Abs. 11 Satz 2 BV 89 gewählte Formulierung, wonach die Zeit bis zum frühestmöglichen Zeitpunkt, zu dem Sozialversicherungsrente in Anspruch genommen werden kann, als Dienstzeit zu berücksichtigen ist, legt nahe, dass die Betriebsparteien damit für die von der Bestimmung erfassten Arbeitnehmergruppen eine von den Vorgaben für die zeitratierliche Quotierung entsprechend § 2 Abs. 1 BetrAVG abweichende Regelung treffen wollten. Die Kürzung der fiktiven Vollrente sollte danach nicht nur anteilig im Verhältnis ihrer tatsächlichen Beschäftigungszeit, sondern ihrer bis zur frühestmöglichen Inanspruchnahme der gesetzlichen Sozialversicherungsrente möglichen Betriebszugehörigkeit zu der bis zur Vollendung des 65. Lebensjahrs erreichbaren erfolgen.
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bb) Für dieses Normverständnis spricht vor allem der Gesamtzusammenhang. In Teil E Abs. 12 Satz 1 und Satz 3 BV 89 haben die Betriebsparteien ausdrücklich geregelt, dass bei den dort genannten Angestellten, die bis zum 31. März 1989 einen Aufhebungsvertrag geschlossen haben, die Werksrente so zu ermitteln ist, als wenn der Versicherungsfall beim Ausscheiden der Arbeitnehmer aus dem Arbeitsverhältnis eingetreten wäre. Damit haben sie begrifflich zwischen einer Anrechnung von fiktiven Dienstzeiten bei der Berechnung der Firmenrente in Teil E Abs. 11 Satz 2 BV 89 und einer Berechnung der Betriebsrente unterschieden, bei der fingert wird, dass bereits mit dem vorzeitigen Ausscheiden der Arbeitnehmer aus dem Arbeitsverhältnis der Versorgungsfall eingetreten ist. Die Bestimmung in Teil E Abs. 12 Satz 1 BV 89 zeigt, dass Teil E Abs. 11 Satz 2 BV 89 gerade nicht anordnet, dass die Betriebsrente der von diesem Absatz erfassten Arbeitnehmer so zu berechnen sei, als seien sie wegen Eintritts des Versorgungsfalls aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten ausgeschieden.
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cc) Aus dem Sinn und Zweck von Teil E Abs. 11 BV 89 folgt nichts anderes. Durch die BV 89 sollten die wirtschaftlichen Nachteile ausgeglichen oder abgemildert werden, die den im Rahmen einer „Frühpensionierung“ ausgeschiedenen Arbeitnehmern infolge des Verlustes ihres Arbeitsplatzes entstanden. Daher erhielten sie bis zu dem frühestmöglichen Bezug einer gesetzlichen Rente eine Übergangsversorgung iHv. mindestens 75 % ihres monatlichen Bruttoentgelts, höchstens 95 % ihres Nettoentgelts. Die in Teil E Abs. 11 BV 89 bestimmte Modifikation der Vorgaben des § 2 Abs. 1 BetrAVG sollte die mit dem vorzeitigen Ausscheiden der Arbeitnehmer vor dem Erreichen des 65. Lebensjahrs verbundenen Nachteile bei der betrieblichen Altersversorgung infolge der zeitanteiligen Berechnung der Anwartschaft abmildern. Dieser Zweck wird auch erreicht, wenn man annimmt, die Betriebsparteien wollten durch Teil E Abs. 11 Satz 2 BV 89 nicht die entsprechende Anwendung des § 2 Abs. 1 BetrAVG ausschließen, sondern lediglich eine günstigere zeitanteilige Quotierung der von den „frühpensionierten“ Arbeitnehmern typischerweise vorgezogen in Anspruch genommenen Altersrente vereinbaren.
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dd) Systematische Erwägungen stehen dem vorliegenden Verständnis von Teil E Abs. 11 Satz 2 BV 89 nicht entgegen. Angesichts der unterschiedlichen Versorgungssysteme begegnet es keinen rechtlichen Bedenken, dass die Betriebsparteien in Teil E Abs. 12 Satz 1 bis Satz 3 BV 89 für die dort genannten Arbeitnehmer, die - wie der Kläger - bis zum 31. März 1989 ihre Aufhebungsvereinbarung unterzeichnet haben, eine die Anwendung von § 2 Abs. 1 BetrAVG ausschließende Berechnung der Werksrente geregelt haben. Es ist weder dargetan noch ersichtlich, dass die Betriebsparteien gehalten gewesen wären, für die verschiedenen Gruppen von frühpensionierten Mitarbeitern inhaltlich gleiche Berechnungsregeln vorzusehen.
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d) Danach kann der Kläger von der Beklagten nicht die Zahlung einer monatlichen zusätzlichen Altersrente iHv. mehr als 629,00 Euro brutto verlangen. Die zusätzliche Altersrente des Klägers bei Rentenbeginn am 1. März 1993 berechnet sich wie folgt:
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aa) In einem ersten Schritt ist entsprechend § 2 Abs. 1 und Abs. 5 BetrAVG unter Zugrundelegung des K + S Statuts die fiktive Vollrente des Klägers zu errechnen, die er bei einem Verbleib im Arbeitsverhältnis mit der Beklagten bis zur Vollendung des 65. Lebensjahrs am 20. Februar 1998 erreicht hätte. Diese übersteigt jedenfalls nicht den Betrag von 1.366,34 DM, den die Beklagte in ihrer Neuberechnung zugrunde gelegt hat.
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(1) Die mögliche anrechnungsfähige Dienstzeit des Klägers nach § 1 Abs. 1 K + S Statut beträgt nach Vollendung des 25. Lebensjahrs am 20. Februar 1958 bis zum 28. Februar 1998 mehr als 40 Jahre. Die nach einer anrechnungsfähigen Dienstzeit von mehr als 40 Jahren erreichbare zusätzliche Altersrente des Klägers beläuft sich gemäß § 4 Abs. 4 K + S Statut auf 60 % des letzten Diensteinkommens nach § 3 K + S Statut iHv. 7.206,67 DM, mithin auf 4.324,00 DM (35 % für die ersten fünf Jahre, je 1 % für jedes weitere Jahr bis höchstens 60 %).
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(2) Auf die erreichbare zusätzliche Altersrente iHv. 4.324,00 DM ist nach § 2 Abs. 2 Buchst. a K + S Statut die fiktiv auf die Vollendung des 65. Lebensjahrs hochgerechnete Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung anzurechnen. Die fiktiv hochzurechnende Sozialversicherungsrente des Klägers unterschreitet jedenfalls den von der Beklagten in ihrer Neuberechnung angesetzten Betrag iHv. 2.605,07 DM nicht. Damit verbliebe ein Betrag iHv. 1.718,93 DM.
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(a) Bei der vorgezogenen Inanspruchnahme der Betriebsrente nach vorzeitigem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis ist im Rahmen der Gesamtversorgung die fiktiv auf die feste Altersgrenze hochgerechnete Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung anzurechnen (vgl. BAG 11. November 2014 - 3 AZR 849/11 - Rn. 43 mwN). Dies folgt aus § 2 Abs. 1 BetrAVG, der die Ermittlung einer fiktiven, im Fall der Betriebszugehörigkeit bis zur festen Altersgrenze erreichbaren Vollrente vorsieht. Bei Gesamtversorgungsregelungen kann dies sachgerecht nur dadurch geschehen, dass auch die anzurechnende Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung auf den Zeitpunkt der festen Altersgrenze hochgerechnet wird (BAG 11. November 2014 - 3 AZR 849/11 - aaO).
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(b) Die Hochrechnung der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung auf den Zeitpunkt der Vollendung des 65. Lebensjahrs ist auf der Grundlage des letzten Einkommens vor dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis vorzunehmen und grundsätzlich nicht nach den Durchschnittswerten aus der Zeit vor dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis. Nach § 2 Abs. 5 BetrAVG sollen bei der Berechnung der fiktiven Vollrente für die Zukunft die Verhältnisse fortgeschrieben werden, die beim Ausscheiden des Arbeitnehmers gelten. Soweit ein sozialversicherungspflichtiges Einkommen Teil der Berechnungsgrundlage ist, muss daher auf die Verhältnisse zum Zeitpunkt des Ausscheidens des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis abgestellt werden. Zugrunde zu legen ist deshalb das letzte Bruttomonatsgehalt vor dem vorzeitigen Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis, sofern dieses nicht ausnahmsweise für das sozialversicherungspflichtige Entgelt des Arbeitnehmers untypisch ist (BAG 11. November 2014 - 3 AZR 849/11 - Rn. 44; 21. März 2006 - 3 AZR 374/05 - Rn. 37, BAGE 117, 268).
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(c) Maßgeblich für die fiktive Berechnung der Sozialversicherungsrente des Klägers ist zudem das im Zeitpunkt seines Ausscheidens geltende Sozialversicherungsrecht. Dies war vorliegend das Angestelltenversicherungsgesetz in der bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Fassung. Das durch Art. 1 des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung vom 18. Dezember 1989 (Rentenreformgesetz 1992 - RRG 1992; BGBl. I S. 2261) eingeführte SGB VI ist erst am 1. Januar 1992 in Kraft getreten (Art. 85 Abs. 1 RRG 1992). Damit galt es zum Zeitpunkt des Ausscheidens des Klägers aus dem Arbeitsverhältnis am 30. Juni 1990 noch nicht.
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(d) Die Beklagte hat unter Berücksichtigung dieser Vorgaben auf der Grundlage der §§ 31 ff. AVG und unter Berücksichtigung des Festschreibeeffekts nach § 2 Abs. 5 BetrAVG eine fiktiv auf die Vollendung des 65. Lebensjahrs hochgerechnete Rente des Klägers aus der gesetzlichen Rentenversicherung iHv. 2.605,07 DM errechnet. Dabei hat sie, wie vom Kläger begehrt, die für das Jahr 1989 geltende - günstigere - Bemessungsgrundlage iHv. 30.709,00 DM zugrunde gelegt. Etwaige Rechenfehler zulasten des Klägers sind weder ersichtlich noch werden diese von ihm geltend gemacht. Ob die Beklagte tatsächlich, wie von ihr angenommen, die Zeit vom 1. Juli 1990 bis zum 28. Februar 1993 als nicht rentensteigernd außer Ansatz lassen musste, kann dahinstehen. Denn jedenfalls hat dies nur zur Folge, dass die anrechenbare fiktive Sozialversicherungsrente des Klägers zu seinen Gunsten geringer ausfällt.
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(3) Auf die zusätzliche Altersrente iHv. 1.718,93 DM ist zudem nach § 2 Abs. 2 Buchst. e K + S Statut der firmenfinanzierte Teil der Pensionskassenrente des Klägers anzurechnen. Dieser beläuft sich auf 178,59 DM. Damit verbliebe ein Betrag iHv. 1.540,34 DM.
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(4) Die zusätzliche Altersrente iHv. 1.540,34 DM, die fiktiv auf die Vollendung des 65. Lebensjahrs hochgerechnete Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung iHv. 2.605,07 DM sowie der firmenfinanzierte Teil der Pensionskassenrente des Klägers iHv. 178,59 DM überschreiten die Gesamtversorgungsobergrenze nach § 4 Abs. 6 K + S Statut iHv. 4.150,00 DM um 174,00 DM. Daher ist die zusätzliche Altersrente iHv. 1.540,34 DM um 174,00 DM auf 1.366,34 DM zu kürzen.
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bb) Die fiktive Vollrente des Klägers iHv. 1.366,34 DM ist in einem weiteren Schritt anteilig - unter Berücksichtigung der Regelungen in Teil E Abs. 11 BV 89 - im Verhältnis einer Betriebszugehörigkeit des Klägers vom 5. April 1948 bis zum 28. Februar 1993 zu der bis zur Vollendung des 65. Lebensjahrs möglichen Betriebszugehörigkeit zu kürzen. Der Kläger hat vom 5. April 1948 bis zum 28. Februar 1993 eine Betriebszugehörigkeit von 44,9 Jahren. Seine mögliche Dienstzeit bis zur Vollendung des 65. Lebensjahrs am 20. Februar 1998 beläuft sich auf 49,877 Jahre. Danach errechnet sich ein Anspruch des Klägers auf eine monatliche zusätzliche Altersrente iHv. 1.230,00 DM. Dieser Betrag entspricht 628,89 Euro und damit entsprechend § 8 Abs. 4 K + S Statut aufgerundet 629,00 Euro.
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cc) Die Vornahme eines sog. untechnischen versicherungsmathematischen Abschlags scheidet aufgrund der Wertungen des K + S Statuts aus. Die Beklagte bringt einen solchen auch nicht in Abzug.
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2. Der Kläger hat auch nicht aufgrund betrieblicher Übung Anspruch auf eine höhere zusätzliche Altersrente. Die Beklagte hat sich nicht im Wege betrieblicher Übung dazu verpflichtet, die Berechnung der nach vorzeitigem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis vorgezogen in Anspruch genommenen zusätzlichen Altersrente nach dem K + S Statut abweichend von den Grundsätzen des Betriebsrentenrechts und den Bestimmungen in Teil E Abs. 11 BV 89 vorzunehmen.
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a) Im Bereich der betrieblichen Altersversorgung hat der Gesetzgeber die betriebliche Übung als Rechtsquelle anerkannt (§ 1b Abs. 1 Satz 4 BetrAVG). Danach steht der Verpflichtung aus einer ausdrücklichen Versorgungszusage eine auf betrieblicher Übung beruhende Versorgungsverpflichtung gleich.
- 45
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Die betriebliche Übung ist ein gleichförmiges und wiederholtes Verhalten des Arbeitgebers, das geeignet ist, vertragliche Ansprüche auf eine Leistung oder sonstige Vergünstigung zu begründen, wenn die Arbeitnehmer aus dem Verhalten des Arbeitgebers schließen dürfen, ihnen werde die Leistung oder Vergünstigung auch künftig gewährt. Dem Verhalten des Arbeitgebers wird eine konkludente Willenserklärung entnommen, die vom Arbeitnehmer gemäß § 151 BGB angenommen werden kann. Dadurch wird ein vertragliches Schuldverhältnis geschaffen, aus dem bei Eintritt der vereinbarten Anspruchsvoraussetzungen ein einklagbarer Anspruch auf die üblich gewordene Vergünstigung erwächst (BAG 11. November 2014 - 3 AZR 849/11 - Rn. 52, 53 mwN). Ob eine für den Arbeitgeber bindende betriebliche Übung aufgrund der Gewährung von Vergünstigungen an seine Arbeitnehmer entstanden ist, muss danach beurteilt werden, inwieweit die Arbeitnehmer aus dem Verhalten des Arbeitgebers unter Berücksichtigung von Treu und Glauben sowie der Verkehrssitte gemäß § 242 BGB und der Begleitumstände auf einen Bindungswillen des Arbeitgebers schließen durften(BAG 11. November 2014 - 3 AZR 849/11 - Rn. 54 mwN). Ein Anspruch aus betrieblicher Übung kann nur entstehen, wenn keine andere kollektiv- oder individualrechtliche Anspruchsgrundlage für die Gewährung der Vergünstigung besteht. Eine betriebliche Übung entsteht demnach nicht, wenn der Arbeitgeber zu den zu ihrer Begründung angeführten Verhaltensweisen durch andere Rechtsgrundlagen verpflichtet war. Sie entsteht auch nicht, wenn sich der Arbeitgeber irrtümlich zur Leistungserbringung verpflichtet glaubte. Wenn der Arbeitgeber die Leistungen für den Arbeitnehmer erkennbar aufgrund einer anderen und sei es auch tatsächlich nicht bestehenden Rechtspflicht hat erbringen wollen, kann der Arbeitnehmer nicht davon ausgehen, ihm solle eine Leistung auf Dauer unabhängig von dieser Rechtspflicht gewährt werden. Die Darlegungslast dafür, dass der Arbeitgeber aus Sicht des Empfängers Leistungen oder Vergünstigungen gewähren wollte, zu denen er nicht aus einem anderen Rechtsgrund verpflichtet war oder sich verpflichtet glaubte, trägt der Kläger als Anspruchsteller (BAG 11. November 2014 - 3 AZR 849/11 - Rn. 55 mwN).
- 46
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b) Danach ist vorliegend keine betriebliche Übung dahin entstanden, die Berechnung der vorgezogen in Anspruch genommenen zusätzlichen Altersrente für nach Teil E der BV 89 „frühpensionierte“ Mitarbeiter abweichend von den Grundsätzen des Betriebsrentenrechts und den Bestimmungen in Teil E Abs. 11 BV 89 vorzunehmen.
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aa) Die von der Beklagten vorgenommene Berechnungsweise der zusätzlichen Altersrente konnte der Kläger nicht als bewusstes Abweichen der Beklagten von den Grundsätzen des Betriebsrentenrechts und den Bestimmungen in Teil E Abs. 11 BV 89 verstehen. Vielmehr musste er davon ausgehen, dass die Beklagte lediglich die aus den Versorgungszusagen resultierenden Verpflichtungen erfüllen wollte. Allein die langjährige Zahlung einer höheren als der nach der Versorgungszusage geschuldeten Betriebsrente vermag keine betriebliche Übung zu begründen. Erforderlich wäre vielmehr, dass der Arbeitgeber aus Sicht der Arbeitnehmer und Versorgungsempfänger bewusst überobligatorische Leistungen erbringen wollte. Dies bedarf über die Zahlung der Betriebsrente hinaus ergänzender Anhaltspunkte. Daran fehlt es jedoch.
- 48
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bb) Soweit sich der Kläger auf eine Aktennotiz vom 24. Januar 1985 zum „Gruppenhöchstbeitrag K + S Statut“ beruft, wonach auch bei Frühpensionierungen der Höchstbetrag bei der Berechnung des Firmenruhegeldes zugrunde gelegt wird und die Mitarbeiter, die über die Arbeitslosigkeit in Pension gehen, gegenüber den Mitarbeitern, die regulär in Pension gehen, nicht schlechter stehen sollen, ergibt sich nichts anderes. Die Aktennotiz lässt bereits nicht erkennen, dass sie sich nicht ausschließlich auf den nach § 4 Abs. 6 K + S Statut maßgeblichen Höchstbetrag bezieht. Zudem stammt sie aus einer Zeit vor Abschluss der BV 89. Daher können die von dem Geltungsbereich der Regelungen in Teil E BV 89 erfassten Arbeitnehmer hieraus keine Anhaltspunkte für eine etwaige spätere betriebliche Übung zur Berechnung ihrer Betriebsrente ableiten.
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3. Die Beklagte hat ihr Recht zur Korrektur der fehlerhaften Berechnung der zusätzlichen Altersrente des Klägers auch nicht nach § 242 BGB verwirkt(zu den Voraussetzungen einer Verwirkung vgl. BAG 11. November 2014 - 3 AZR 849/11 - Rn. 62). Jedenfalls fehlt es an dem für die Verwirkung erforderlichen Umstandsmoment. Es sind keine Umstände ersichtlich, aufgrund derer der Kläger darauf vertrauen konnte, die Beklagte werde keine zeitanteilige Berechnung seiner zusätzlichen Altersrente vornehmen. Die bloße Zahlung einer Betriebsrente in bestimmter Höhe reicht dafür nicht aus.
- 50
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III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, § 91 Abs. 1 ZPO.
-
Zwanziger
Spinner
Ahrendt
C. Reiter
Nötzel
Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis und bietet er dem Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Kündigung die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Arbeitsbedingungen an, so kann der Arbeitnehmer dieses Angebot unter dem Vorbehalt annehmen, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht sozial ungerechtfertigt ist (§ 1 Abs. 2 Satz 1 bis 3, Abs. 3 Satz 1 und 2). Diesen Vorbehalt muß der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber innerhalb der Kündigungsfrist, spätestens jedoch innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erklären.
(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.
(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn
- 1.
in Betrieben des privaten Rechts - a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt, - b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat, - 2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts - a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt, - b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.
(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.
(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.
Tenor
-
1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 1. Juli 2014 - 13 Sa 925/12 - aufgehoben.
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2. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 10. Mai 2012 - 5 Ca 9/12 - abgeändert:
-
Es wird festgestellt, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen des Klägers gemäß der Kündigung vom 20. Dezember 2011 sozial ungerechtfertigt ist.
-
3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Tatbestand
- 1
-
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Änderungskündigung.
- 2
-
Die Beklagte betreibt eine Spielbank. Sie beschäftigt regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer. In ihrem Betrieb besteht ein Betriebsrat. Der 1955 geborene Kläger ist bei ihr seit August 1980 als Croupier tätig. Er ist mit einem Grad der Behinderung von 40 einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt.
- 3
-
Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden die bei der Beklagten geltenden Haustarifverträge Anwendung. Im Tronc- und Gehaltstarifvertrag für die Arbeitnehmer der Gruppe A (TG-TV) in seiner hier maßgeblichen, seit dem 1. Januar 2000 geltenden Fassung ist - auszugsweise - geregelt:
-
„§ 5
Stellenbeschreibung und Stellenbegrenzung
Die nachfolgend beschriebenen Tätigkeiten sind in der Regel in den Räumlichkeiten der Spielbank auszuüben. ...
Die nachfolgenden Tätigkeitsbeschreibungen sind nicht abschließend, sondern zeigen lediglich die Hauptaufgaben der jeweiligen Position.
Die in [ ] angegebenen Zahlen geben die maximal zu besetzenden Stellen an. Die Gesamtzahl aller Stellen wird auf maximal 110 begrenzt. …
…
I.
Spieltechnisches Personal
…
7.
Croupier I + II: Arbeitet am Spieltisch bei allen angebotenen Spielen und kann zur Aufsicht am Spieltisch und bei entsprechender Eignung vorübergehend in der Kasse eingesetzt werden.
8.
Croupier III - X: Arbeitet am Spieltisch und kann bei entsprechender Eignung vorübergehend in der Kasse eingesetzt werden.
9.
Croupier-Anfänger I - III: Wird am Spieltisch eingearbeitet.
...
§ 6
Beförderungsrhythmus und -voraussetzungen
1.
Grundvoraussetzung für eine Beförderung ist neben einer freien Planstelle nach § 5 die positive Beurteilung der Mitarbeiterleistung und/oder die Eignung im Hinblick auf die zu besetzende Position. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, können spieltechnische Mitarbeiter bis zum Erreichen der Croupierstufe I … in der Regel nach einem Jahr in die nächsthöhere Besoldungsstufe gemäß § 7 befördert werden.
2.
In die Croupierstufe X kann nur übernommen werden, wer am Kessel des französischen Roulettes und am Black Jack einsetzbar ist, in die Croupierstufe V nur, wer darüber hinaus auch am American Roulette einsetzbar ist, in die Croupierstufe II nur, wer in allen angebotenen Spielen erfolgreich an einer Grundausbildung teilgenommen hat.“
- 4
-
Klammerzusätze mit festen Zahlen zur Stellenbegrenzung iSv. § 5 Abs. 3 TG-TV sind den Positionen Croupier I bis X nicht beigefügt.
- 5
-
§ 7 TG-TV („Anteilstabelle und Mindestabschläge“) ordnet den in § 5 I TG-TV beschriebenen Positionen tabellarisch eine unterschiedlich hohe Punktzahl zu. Diese bestimmt darüber, mit welchem Anteil die Mitarbeiter der Spielbank an der Verteilung des Tronc-Aufkommens beteiligt sind. Für den auf Position 7 geführten Croupier I sind 204 und für den auf Position 9 geführten Croupier III 180 jährliche Anteile festgelegt. In den Tronc fließen die Trinkgelder spielender Gäste. Eigene Mittel setzt die Beklagte nur ein, wenn das Aufkommen dieser Zuwendungen unter eine bestimmte Garantiegrenze fällt.
- 6
-
Die Regelungen in §§ 5 bis 7 TG-TV wurden mehrfach geändert. In Protokollnotizen zu § 7 TG-TV idF vom 11. April 1996 heißt es unter Nr. 10:
-
„Zwischen den Tarifvertragsparteien besteht eine grundsätzliche Übereinstimmung hinsichtlich der Einführung eines Zuschlags wegen der tatsächlichen Mitarbeit bei folgenden Angeboten der Spielbank:
Am Roul, Black Jack, Poker
Über Einzelheiten einer entsprechenden Regelung werden die Tarifvertragsparteien zu gegebener Zeit verhandeln.“
- 7
-
Am 6. Oktober 2003 schlossen die Tarifvertragsparteien einen Tarifvertrag zur Einführung leistungs- und anwesenheitsorientierter Vergütung (TV Leistung). Dieser sieht „zur Erhöhung der Leistungsbereitschaft und zur Verminderung von Ausfalltagen“ neben der Vergütung nach dem TG-TV zusätzliche Leistungen vor, deren Höhe sich nach „Einsetzbarkeit“, „Arbeitsqualität“, „Serviceorientierung“ und „Führungsverhalten“ der Mitarbeiter richtet. Ausschlaggebend ist ein - tariflich näher festgelegter - „Erreichungsgrad“ dieser Kriterien.
- 8
-
Bereits zum 1. April 1991 war der Kläger in die Croupierstufe I „übernommen“ worden. In der Folgezeit teilte er der Beklagten mit, er sei aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage, in stehender Position am Tisch des American Roulette zu arbeiten. Daraufhin wurde er - über Jahre hinweg - nicht bei diesem Spiel eingesetzt. In einem ärztlichen Attest vom 11. Oktober 2010, das er der Beklagten auf Bitte vorlegte, heißt es:
-
„O. g. Patient ist nicht in der Lage aufgrund der anerkannten Behinderung in stehender Position am American Roulett/Roulite Tisch bis auf weiteres zu arbeiten.“
- 9
-
Mit Schreiben vom 21. März 2011 hörte die Beklagte den Betriebsrat zu ihrer Absicht an, gegenüber dem Kläger eine Änderungskündigung mit dem Ziel zu erklären, ihn künftig als Croupier III zu beschäftigen und entsprechend zu vergüten. Außerdem bat sie um Zustimmung zur Versetzung und Umgruppierung des Klägers. Der Betriebsrat meldete gegen die Änderung der Arbeitsbedingungen Bedenken an. Der „Versetzung“ des Klägers „zur Croupierstufe III“ widersprach er.
- 10
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Mit Schreiben vom 20. Dezember 2011 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien - mit Zustimmung des Integrationsamts und nach neuerlicher Anhörung des Betriebsrats - ordentlich zum 31. Juli 2012. Die Kündigung verband sie mit dem Angebot, das Arbeitsverhältnis ab dem 1. August 2012 wie folgt fortzusetzen:
-
„-
Tätigkeit gemäß dem Aufgabengebiet der Tarifstufe Croupier III (kein Einsatz am American Roulette)
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Vergütung gemäß der Tarifstufe Croupier III mit 15 Anteilen pro Monat
-
Die übrigen Arbeitsbedingungen bleiben unverändert fortbestehen.“
- 11
-
Der Kläger nahm das Angebot unter dem Vorbehalt seiner sozialen Rechtfertigung an. Mit der vorliegenden Klage hat er sich rechtzeitig gegen die Änderung seiner Vertragsbedingungen gewandt. Der Kläger hat gemeint, die Änderung sei sozial ungerechtfertigt und auch aus anderen Gründen unwirksam. Er sei lediglich vorübergehend nicht in der Lage gewesen, im Stehen am Tisch des American Roulette zu arbeiten. Im Übrigen habe seine Tätigkeit jederzeit den Anforderungen der Croupierstufe I entsprochen. Auf seine krankheitsbedingt eingeschränkte Leistungsfähigkeit komme es nicht an. Die Änderung seiner Vertragsbedingungen sei auch unverhältnismäßig. Möglichkeiten, das Leistungshindernis auszuräumen, hätten durchaus bestanden. Insoweit treffe die Beklagte, die - unstreitig - ein bEM nicht durchgeführt habe, eine verschärfte Darlegungslast, der sie nicht nachgekommen sei. Auch habe sie ein etwaiges Recht zur „Umgruppierung“ verwirkt und es versäumt, den Betriebsrat ordnungsgemäß anzuhören.
- 12
-
Der Kläger hat - wörtlich - beantragt
-
festzustellen, dass die Änderungen der Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung vom 20. Dezember 2011 weder sozial gerechtfertigt noch aus anderen Gründen rechtswirksam sind.
- 13
-
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat vorgetragen, die Änderung der Vertragsbedingungen sei durch Gründe in der Person des Klägers bedingt. Sie habe den Kläger seit vielen Jahren nicht mehr - wie tarifvertraglich vorausgesetzt - an allen angebotenen Spielen einsetzen können. Eine Besserung seines Gesundheitszustands sei nicht absehbar gewesen. Aufgrund seiner nur eingeschränkten Einsatzfähigkeit stehe ihm die Tarifstufe Croupier I nicht mehr zu. Die Möglichkeit, ihn als Aufsicht zu beschäftigen, sei nicht „relevant“. Abgesehen davon sei er in dieser Funktion mangels positiver Beurteilung nicht einsetzbar und seit dem Jahr 2005 auch nicht eingesetzt worden. Die Beibehaltung der bisherigen Vertragsbedingungen führe zu nicht mehr tragbaren Ungerechtigkeiten im Verhältnis zu Mitarbeitern, die an allen Tischen arbeiten könnten. Eines Präventionsverfahrens oder eines bEM habe es nicht bedurft. Abgesehen davon sei die Änderung der Vertragsbedingungen unvermeidbar gewesen. Den Betriebsrat habe sie ordnungsgemäß unterrichtet.
- 14
-
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe
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-
Die zulässige Revision ist begründet. Die Vorinstanzen haben die Feststellungsklage zu Unrecht abgewiesen.
- 16
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A. Die von Amts wegen zu prüfenden Voraussetzungen für die Fortsetzung des Prozesses liegen vor. Das Landesarbeitsgericht hat dem Kläger durch Zwischenurteil Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Berufungsbegründung gewährt. Die Wiedereinsetzung ist gemäß § 238 Abs. 3, § 525 ZPO iVm. § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG unanfechtbar und für den Senat bindend(BAG 24. Januar 2012 - 9 AZR 440/10 - Rn. 11; 25. April 2006 - 3 AZR 50/05 - Rn. 17).
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B. Die Klage ist begründet. Die Änderung der Vertragsbedingungen des Klägers durch die Kündigung vom 20. Dezember 2011 ist sozial ungerechtfertigt iSv. § 1 Abs. 2, § 2 Satz 1 KSchG.
- 18
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I. Die dem Kläger angetragene Änderung der Arbeitsbedingungen zielte auf eine Änderung seines Aufgabenbereichs und damit einhergehend auf eine Änderung der Vergütung. Statt der bisher zugewiesenen Tätigkeit gemäß der Croupierstufe I sollte er künftig eine Tätigkeit verrichten, die - aus Sicht der Beklagten - der tariflich niedriger bewerteten Croupierstufe III entspricht. Dabei nahm das Änderungsangebot für den Inhalt der Tätigkeit - konkludent - auf die „Stellenbeschreibung“ in § 5 I Nr. 8 TG-TV Bezug, die den Aufgabenbereich dahin definiert, dass der Arbeitnehmer „am Spieltisch“ arbeitet. Die Vergütung sollte sich nach der Croupierstufe III richten und insoweit der geänderten Tätigkeit angepasst werden. Die im Angebot genannten 15 Anteile entsprechen - auf den Monat umgerechnet - der in § 7 TG-TV für die Position Croupier III festgelegten Punktzahl, nach der sich die Beteiligung am Tronc bemisst. Im Übrigen sollte der Vertragsinhalt unverändert bestehen bleiben. Das schloss - für den Kläger erkennbar - die Geltung der jeweiligen Haustarifverträge ein.
- 19
-
II. Die angestrebte Änderung der Tätigkeit erforderte eine Vertragsänderung iSv. § 2 Satz 1 KSchG. Die Beklagte war nicht schon aufgrund ihres Direktionsrechts (§ 106 Satz 1 GewO) berechtigt, dem Kläger eine der Croupierstufe III TG-TV entsprechende Tätigkeit zu übertragen. Ein „überflüssiges“ Änderungsangebot liegt damit nicht vor (zur Problematik vgl. BAG 22. Oktober 2015 - 2 AZR 124/14 - Rn. 30 ff.; 25. April 2013 - 2 AZR 960/11 - Rn. 29 mwN).
- 20
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1. Die Änderungskündigung zielte nicht nur auf die Zuweisung einer anderen Arbeitsaufgabe im Rahmen der durch die bisherigen Vertragsregelungen eröffneten Einsatzmöglichkeiten eines Croupiers der Stufe I. Mit dem unterbreiteten Angebot wollte die Beklagte vielmehr eine dauerhafte Zuweisung einer der Croupierstufe III entsprechenden Tätigkeit mit entsprechend geringerer Vergütung erreichen (für eine auf das gleiche Ziel gerichtete außerordentliche Änderungskündigung vgl. BAG 20. März 2014 - 2 AZR 825/12 - Rn. 15).
- 21
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2. Mit der Beförderung des Klägers zum Croupier I im Jahr 1991 auf der Grundlage der Beförderungsregelungen des § 6 TG-TV waren seine Beschäftigung im Aufgabenbereich eines Croupiers dieser Stufe und der Anspruch auf die entsprechende Vergütung Inhalt der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen der Parteien geworden. Damit war der Beklagten eine Rückstufung des Klägers verbunden mit der Herabsetzung seines Vergütungsanspruchs nicht einseitig im Wege des Direktionsrechts, sondern nur unter Änderung der vertraglichen Vereinbarungen möglich (vgl. BAG 20. März 2014 - 2 AZR 825/12 - Rn. 15; 28. August 2008 - 2 AZR 967/06 - Rn. 26, BAGE 127, 342).
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III. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet gemäß § 1 Abs. 1, § 23 Abs. 1 seiner Bestimmungen das KSchG Anwendung. Die Änderung der vereinbarten Vertragsbedingungen ist nicht durch Gründe iSv. § 1 Abs. 2 KSchG bedingt und deshalb sozial ungerechtfertigt.
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1. Eine Änderung der Arbeitsbedingungen iSv. § 2 KSchG ist sozial gerechtfertigt, wenn sie durch Gründe iSd. § 1 Abs. 2 KSchG bedingt ist und das Änderungsangebot des Arbeitgebers sich darauf beschränkt, solche Änderungen vorzusehen, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muss(BAG 5. Juni 2014 - 2 AZR 615/13 - Rn. 22, BAGE 148, 227; 10. April 2014 - 2 AZR 812/12 - Rn. 24 mwN). Dieser Maßstab gilt unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer das Änderungsangebot abgelehnt oder unter Vorbehalt angenommen hat (BAG 24. Mai 2012 - 2 AZR 163/11 - Rn. 13; 23. Februar 2012 - 2 AZR 45/11 - Rn. 11). Ob der Arbeitnehmer eine ihm vorgeschlagene Änderung billigerweise akzeptieren muss, ist nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beurteilen. Die Änderungen müssen geeignet und erforderlich sein, um den Inhalt des Arbeitsvertrags den geänderten Beschäftigungsmöglichkeiten anzupassen. Diese Voraussetzungen müssen für alle angebotenen Vertragsänderungen vorliegen. Keine von ihnen darf sich weiter vom bisherigen Inhalt des Arbeitsverhältnisses entfernen, als dies zur Erreichung des angestrebten Ziels erforderlich ist (BAG 10. April 2014 - 2 AZR 812/12 - aaO; 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 - Rn. 35).
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2. Eine Änderung der Vertragsbedingungen kann auch durch eine krankheitsbedingte Leistungsminderung bedingt sein. In einem solchen Fall ist ihre soziale Rechtfertigung - wie bei einer Beendigungskündigung wegen häufiger Kurzerkrankungen oder wegen langanhaltender Erkrankung - in drei Stufen zu prüfen. Innerhalb der einzelnen Prüfungsschritte können sich mit Blick auf die Eigenart des Kündigungsgrundes gewisse Unterschiede ergeben (BAG 12. Juli 1995 - 2 AZR 762/94 - zu 4 b der Gründe; 26. September 1991 - 2 AZR 132/91 - zu III 3 c der Gründe; KR/Griebeling 10. Aufl. § 1 KSchG Rn. 379). Danach ist zunächst - erste Stufe - eine negative Prognose hinsichtlich des voraussichtlichen Gesundheitszustands erforderlich. Die bisherigen und nach der Prognose zu erwartenden Auswirkungen der eingeschränkten Leistungsfähigkeit müssen zudem - zweite Stufe - zu einer erheblichen Beeinträchtigung betrieblicher Interessen führen. Liegen diese im wirtschaftlichen Bereich, kommt es darauf an, ob die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers die berechtigten Erwartungen des Arbeitgebers von der Gleichwertigkeit der beiderseitigen Leistungen in einem Maße unterschreitet, dass ihm das Festhalten am bisherigen Arbeitsvertrag unzumutbar wird; eine lediglich geringfügige - qualitative oder quantitative - Minderleistung reicht dafür nicht aus (vgl. BAG 20. März 2014 - 2 AZR 825/12 - Rn. 20; 26. September 1991 - 2 AZR 132/91 - aaO). Im Rahmen einer abschließenden Interessenabwägung - dritte Stufe - ist schließlich zu prüfen, ob die erheblichen Beeinträchtigungen zu einer billigerweise nicht mehr hinzunehmenden Belastung des Arbeitgebers führen. Hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, ob die Erkrankungen auf betrieblichen Ursachen beruhen, ferner ist auf das Alter des Arbeitnehmers und darauf Bedacht zu nehmen, wie lange das Arbeitsverhältnis ungestört verlaufen ist (BAG 20. November 2014 - 2 AZR 664/13 - Rn. 13, 52; 26. September 1991 - 2 AZR 132/91 - aaO).
- 25
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3. Diesen Maßstäben wird die angefochtene Entscheidung nicht gerecht. Zwar war der Kläger im Kündigungszeitpunkt nicht in der Lage, unter den gegebenen Bedingungen im Stehen am Tisch des American Roulette zu arbeiten, und seine gesundheitliche Prognose war insoweit negativ. Die vom Landesarbeitsgericht gegebene Begründung trägt aber nicht das Ergebnis, die eingeschränkte Leistungsfähigkeit des Klägers habe zu einer erheblichen Beeinträchtigung betrieblicher Interessen geführt.
- 26
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a) Mit Recht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, die Prognose der weiteren gesundheitlichen Entwicklung des Klägers sei negativ. Die damit verbundene Würdigung, eine Besserung des Zustands sei in absehbarer Zeit nicht zu erwarten, liegt auf tatsächlichem Gebiet. Sie ist in der Revisionsinstanz nur daraufhin zu überprüfen, ob sie vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt (vgl. BAG 26. März 2015 - 2 AZR 237/14 - Rn. 40; 20. November 2014 - 2 AZR 664/13 - Rn. 28). Einen solchen Rechtsfehler zeigt der Kläger nicht auf. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts war er schon vor der Kündigung über Jahre hinweg in seinem Leistungsvermögen eingeschränkt, ohne dass erkennbar eine Besserung eingetreten wäre. Diesem Umstand kam Indizwirkung für die weitere Entwicklung zu (vgl. dazu BAG 20. November 2014 - 2 AZR 755/13 - Rn. 17; 10. November 2005 - 2 AZR 44/05 - Rn. 24 mwN). Die Einschätzung des Landesarbeitsgerichts, die ärztliche Bescheinigung vom 11. Oktober 2010 lasse offen, ob und in welchem Rahmen eine Genesung zu erwarten sei, und das Attest sei deshalb ungeeignet, die aus der bisherigen Leistungseinschränkung resultierende Vermutung zu entkräften, hält sich im Beurteilungsspielraum des Tatsachengerichts. Soweit der Kläger nunmehr geltend macht, sein körperliches Leiden sei zwischenzeitlich geheilt, ist dies schon deshalb unbeachtlich, weil es sich um neuen, in der Revisionsinstanz grundsätzlich ausgeschlossenen (§ 559 Abs. 1 ZPO) Tatsachenvortrag handelt.
- 27
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b) Demgegenüber wird die weitergehende Annahme des Landesarbeitsgerichts, die gesundheitlich bedingte Einschränkung habe „auf Dauer“ bestanden, von den bisherigen Feststellungen nicht getragen. Zwar steht die völlige Ungewissheit der Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit einer dauernden Leistungsunfähigkeit dann gleich, wenn jedenfalls in den auf die Kündigung folgenden 24 Monaten mit einer Genesung nicht gerechnet werden konnte (BAG 13. Mai 2015 - 2 AZR 565/14 - Rn. 18; 20. November 2014 - 2 AZR 664/13 - Rn. 14 mwN). Eine solche Vermutung kann auch bei krankheitsbedingt verminderter Leistungsfähigkeit eingreifen. Das Landesarbeitsgericht hat aber zur Basis für eine solche Vermutung keine hinreichenden Feststellungen getroffen. Es hat sich auf die Überlegung beschränkt, ein Ende der „gegenwärtigen“ Beeinträchtigung sei nicht absehbar. Das reicht - auch wegen des unklaren zeitlichen Bezugspunkts - nicht aus. Aus der bloßen Ungewissheit einer Genesung folgt nicht, dass für eine Dauer von 24 Monaten nach Kündigungszugang das Ausbleiben einer Gesundung nach medizinischen Erkenntnissen gewiss gewesen wäre (BAG 13. Mai 2015 - 2 AZR 565/14 - Rn. 20; 20. November 2014 - 2 AZR 664/13 - Rn. 14).
- 28
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c) Die Dauerhaftigkeit der Leistungseinschränkung kann zugunsten der Beklagten unterstellt werden. Auch unter dieser Prämisse ist die Annahme des Landesarbeitsgerichts nicht berechtigt, die Einschränkung der Verwendungsmöglichkeiten des Klägers führe zu einer erheblichen Beeinträchtigung betrieblicher Interessen.
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aa) Eine solche Beeinträchtigung liegt nicht etwa auf der Hand. Der Sachverhalt ist nicht mit dem einer dauerhaften Arbeitsunfähigkeit vergleichbar, die den Arbeitnehmer außerstande setzte, die vertraglich festgelegte Arbeitsleistung überhaupt zu erbringen. Bei dieser Sachlage sind die betrieblichen Interessen regelmäßig schon dann erheblich beeinträchtigt, wenn der Arbeitgeber - prognostisch - zumindest für die nächsten 24 Monate gehindert ist, sein Direktionsrecht auszuüben und Arbeitsleistungen abzurufen; näherer Darlegungen von seiner Seite bedarf es dazu nicht (vgl. BAG 20. November 2014 - 2 AZR 664/13 - Rn. 14; 30. September 2010 - 2 AZR 88/09 - Rn. 11 mwN, BAGE 135, 361). Dagegen war der Kläger im vorliegenden Fall nur nicht mehr in der Lage, in der gesamten Bandbreite der von einem Croupier I zu betreuenden Spiele eingesetzt zu werden. Er fiel aufgrund seiner Beschwerden nicht etwa bei jedem Spiel teilweise aus, er konnte vielmehr sämtliche Spiele umfassend selbständig betreuen, lediglich das Spiel American Roulette nicht. Ob auch darin eine erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher Interessen liegt, bedarf näherer Prüfung.
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bb) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die krankheitsbedingte Beeinträchtigung des Klägers führe bei Beibehaltung der bisherigen Vergütung zu einer übertariflichen Bezahlung und damit zu einer Verletzung der Ausgewogenheit des betrieblichen Vergütungssystems. Die Beklagte sei ohne Rückstufung gehalten, den Kläger auf unabsehbare Zeit höher zu vergüten, als es nach der Tariflage geboten sei. Hinzu komme, dass die Mittel zur Vergütung der Croupiers allein aus dem Tronc aufgebracht und nach einem Punktesystem verteilt würden. Die übertarifliche Vergütung wirke sich auf diese Weise nachteilig auf die Vergütung der übrigen Mitarbeiter aus, die überdies durch ihren verstärkten Einsatz beim Spiel American Roulette beeinträchtigt seien. Auch sei die Planungs- und Organisationsfreiheit der Beklagten - insbesondere im Zusammenhang mit Urlaubs- und Krankheitszeiten anderer Arbeitnehmer - über das Maß des Notwendigen hinaus eingeschränkt.
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cc) Diese Würdigung ist nicht ohne Rechtsfehler.
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(1) Der Kläger hat kein „übertarifliches“ Gehalt bezogen. Die Vergütung eines spieltechnischen Mitarbeiters hängt nach der einschlägigen tariflichen Vergütungsordnung nicht davon ab, ob seine Tätigkeit bestimmten „Merkmalen“ der tariflichen „Stellenbeschreibung“ (§ 5 I TG-TV) gerecht wird. Maßgeblich ist vielmehr die dem Mitarbeiter aufgrund seiner „Beförderung“ übertragene Position (§ 7 iVm. § 6 TG-TV). Fallen die Voraussetzungen für eine „Übernahme“ des Mitarbeiters in die ihm übertragene Position später weg und wird seine tatsächliche Einsetzbarkeit geringer, hat allein dies auf seine tarifliche Position keinen Einfluss. Die Einsatzfähigkeit des spieltechnischen Mitarbeiters ist - auch soweit §§ 5, 6 TG-TV die Einsetzbarkeit voraussetzen - kein für seine Eingruppierung relevantes Kriterium. Das ergibt die Auslegung.
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(a) Tarifverträge sind wegen ihres normativen Charakters wie Gesetze auszulegen. Auszugehen ist danach vom Wortlaut der Bestimmungen und dem durch ihn vermittelten Wortsinn. Insbesondere bei unbestimmtem Wortsinn ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und der von ihnen beabsichtigte Zweck zu berücksichtigen, sofern und soweit sie im Text ihren Niederschlag gefunden haben. Abzustellen ist ferner auf den Gesamtzusammenhang und die Systematik der Regelungen. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einem sachgerechten, zweckorientierten, praktisch brauchbaren und gesetzeskonformen Verständnis der Bestimmung führt (BAG 13. Oktober 2015 - 1 AZR 853/13 - Rn. 22; 15. Mai 2013 - 7 AZR 665/11 - Rn. 44 mwN, BAGE 145, 142).
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(b) Die Tabelle des § 7 TG-TV knüpft den jeweiligen Vergütungsanspruch an eine bestimmte Position - hier Croupier I - und legt fest, mit welcher Punktzahl diese an der Verteilung des Tronc teilnimmt. Die in der Tarifvorschrift bezeichneten Positionen sind in § 5 TG-TV hinsichtlich ihrer „Hauptaufgaben“ näher beschrieben. Weder dem Wortlaut der Bestimmungen noch dem tariflichen Zusammenhang ist dabei zu entnehmen, dass es für den Anspruch auf die Vergütung bzw. das Innehaben der Position darauf ankäme, ob die Tätigkeit des Arbeitnehmers das tarifliche Stellenprofil in jeder Hinsicht und in vollem Umfang ausfüllt. Maßgebend ist nach Wortlaut und Gesamtzusammenhang der Regelungen allein die in § 6 TG-TV geregelte „Übernahme“ bzw. „Beförderung“ des Mitarbeiters. Ihr kommt hinsichtlich der Stellenbesetzung konstitutive Wirkung zu.
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(c) Für die „Übernahme“ bzw. „Beförderung“ verlangt § 6 TG-TV - neben der Erfüllung bestimmter Eignungs- bzw. Befähigungsvoraussetzungen und ggf. dem Verstreichen einer einjährigen Wartezeit - das Vorhandensein einer freien „Planstelle“. Dieses Erfordernis korrespondiert mit § 5 Abs. 3 TG-TV und trägt, ebenso wie die dort vorgegebene Begrenzung der Stellenanzahl, der Vergütung nach dem Tronc-Prinzip Rechnung. Auch die „Übernahme“ oder „Beförderung“ in eine bestimmte Position hängt nicht davon ab, dass der Arbeitnehmer Aufgaben verrichtet, die für die fragliche Stelle charakteristisch sind. Vielmehr bestimmt sich - umgekehrt - durch die Übertragung der betreffenden Position der tariflich vorgegebene Inhalt der geschuldeten Arbeitsleistung.
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(d) Richtet sich demnach die „Einreihung“ in das tarifliche Vergütungsschema nicht nach einer bestimmten ausgeübten oder auszuübenden Tätigkeit, sondern ausschließlich nach der übertragenen Position, so hat es auf die Vergütung jedenfalls keinen unmittelbaren Einfluss, wenn nach der Übernahme auf eine bestimmte Position ein für diese Bewertung charakteristisches Merkmal nicht mehr erfüllt wird (ähnlich für die Eingruppierung von Lehrkräften: BAG 29. September 2011 - 2 AZR 451/10 - Rn. 21; 12. März 2008 - 4 AZR 93/07 - Rn. 19 ff., BAGE 126, 149).
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(e) Im Übrigen ist es auch nach der Tätigkeitsbeschreibung für den Croupier in § 5 I Nr. 7 TG-TV nicht erforderlich, dass dieser jederzeit der gesamten Bandbreite der möglichen Aufgaben gerecht wird.
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(aa) § 5 I Nr. 7 TG-TV beschreibt iVm. § 5 Abs. 2 TG-TV die „Hauptaufgaben“ eines Croupiers der Stufen I und II dahin, dass dieser „am Spieltisch bei allen angebotenen Spielen (arbeitet)“. Mit diesem Merkmal hebt sich die Tätigkeit aus den „Hauptaufgaben“ eines Croupiers der Stufen III bis X heraus, die in § 5 I Nr. 8 TG-TV dahin umschrieben sind, dass er „am Spieltisch (arbeitet)“.
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(bb) § 5 I Nr. 7 TG-TV setzt erkennbar nicht voraus, dass der Arbeitnehmer bei „allen angebotenen Spielen“ auch tatsächlich zum Einsatz kommt. Andernfalls wäre die Bestimmung schwer verständlich und kaum handhabbar, zumal eine gleichzeitige Beschäftigung an mehreren Spieltischen praktisch ausscheidet und die Tarifvertragsparteien keine Zeitspanne vorgegeben haben, binnen derer die Arbeit rollierend bei allen Spielen erfolgen müsste. Sachgerecht kann die Regelung nur als Rahmen für das Direktionsrecht des Arbeitgebers verstanden werden. Sie beschreibt die Verpflichtung des Arbeitnehmers, auf Anforderung des Arbeitgebers - ggf. im Wechsel - an jedem beliebigen Spiel Arbeit zu leisten. Die Konkretisierung der Arbeitsleistung im Hinblick auf Spiel und Spieltisch bleibt dem Weisungsrecht des Arbeitgebers nach § 106 Satz 1 GewO überlassen. Charakteristisches Merkmal der „Tätigkeit“ eines Croupiers der Stufen I und II ist ein gegenüber den niedriger bewerteten Positionen erweitertes Aufgabenspektrum.
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(cc) Soweit allerdings der Kläger mit Blick auf § 6 Abs. 2 TG-TV gemeint hat, eine Tätigkeit genüge schon dann dem Anforderungsprofil des Croupier I und II, wenn der betreffende Mitarbeiter in allen angebotenen Spielen an einer Grundausbildung teilgenommen habe und darüber hinaus überhaupt am Spieltisch arbeite, überzeugt das nicht. Die Bestimmung des § 6 Abs. 2 TG-TV beschreibt die Qualifikation, über die ein spieltechnischer Mitarbeiter verfügen muss, um in die entsprechenden Stufen übernommen werden zu können. Sie ergänzt § 6 Abs. 1 TG-TV, der als „Grundvoraussetzung“ der Beförderung die „Eignung im Hinblick auf die zu besetzende Position“ nennt. Von der „Eignung“ ist die „Einsetzbarkeit“ im Rahmen der fraglichen Aufgabenbeschreibung mit umfasst. Schon für die Übernahme eines Mitarbeiters in die geringer bewerteten Croupierstufen X und V ist seine „Einsetzbarkeit“ an bestimmten Spielen - am Kessel des französischen Roulette und am Black Jack bzw. zusätzlich am American Roulette - erforderlich. Aus dem Umstand, dass es für die Croupierstufen I und II an einer ausdrücklichen Aufzählung der Spiele, an denen er „einsetzbar“ sein muss, fehlt, kann nicht geschlossen werden, dass es auf dieses Erfordernis im Rahmen des weiteren Aufstiegs nicht mehr ankäme. Die Tarifvertragsparteien gehen vielmehr erkennbar davon aus, dass es sich ohne Weiteres aus der in § 5 I Nr. 7 TG-TV beschriebenen Aufgabenstellung ergibt.
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(dd) Auch wenn die tarifvertraglichen Regelungen auf die „Einsetzbarkeit“ abstellen, kann ihnen nicht entnommen werden, dass Voraussetzung für die Übertragung der Position eines Croupier I und seine Einreihung in die entsprechende Vergütungsstufe des § 7 TG-TV die gesundheitliche Fähigkeit des Mitarbeiters wäre, stets Arbeit bei allen angebotenen Spielen zu leisten.
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(aaa) § 5 TG-TV enthält Stellenbeschreibungen. Die Regelung legt die Bandbreite möglicher Arbeitsleistungen fest. Bestimmte Konsequenzen für den Fall einer Leistungsminderung lassen sich hieraus nicht ableiten. Das gilt umso mehr, als Einschränkungen des gesundheitlichen Leistungsvermögens, die dazu führen, dass der Arbeitnehmer nicht mehr alle Aufgaben innerhalb der möglichen Bandbreite erledigen kann, nicht das Weisungsrecht als solches tangieren, sondern allenfalls dessen Ausübung im Einzelfall begrenzen.
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(bbb) Soweit § 6 TG-TV als Grundvoraussetzung für eine Beförderung „die Eignung im Hinblick auf die zu besetzende Position“ nennt, fehlt es an Anhaltspunkten dafür, dass die Tarifvertragsparteien damit auch auf die gesundheitliche Leistungsfähigkeit abstellen wollten. Dagegen spricht vielmehr, dass bei diesem Verständnis der Tarifbestimmung jede noch so kurzfristige Herabsetzung des Leistungsvermögens die Voraussetzungen für die Beförderung bzw. Eingruppierung entfallen ließe. Dagegen sprechen ferner die Regelungen im TG-TV, die mit Blick auf den jeweiligen „Erreichungsgrad“ der „Einsetzbarkeit“ die Zahlung eines Zuschlags vorsehen. Ob die gegenteilige Lesart nicht zu entgeltfortzahlungs- und diskriminierungsrechtlichen Problemen führen würde, kann deshalb dahinstehen.
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(2) Eine erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher Interessen liegt auch mit Blick auf die weiteren vom Landesarbeitsgericht angeführten Umstände nicht vor.
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(a) Dessen Annahme, die Vergütung des Klägers als Croupier I wirke sich nachteilig auf die anderen aus dem Tronc bezahlten Arbeitnehmer aus, beruht auf der fehlerhaften Auffassung, der Kläger beziehe ein übertarifliches Gehalt bzw. sei übertariflich eingruppiert. Das Landesarbeitsgericht lässt zudem unberücksichtigt, dass der Anspruch auf die Vergütung nach der Croupierstufe I nicht davon abhängt, ob der Arbeitgeber per Direktionsrecht das sich aus § 5 I Nr. 7 TG-TV ergebende Einsatzspektrum voll ausschöpft und der Mitarbeiter - rollierend - an allen oder doch einer Mindestanzahl von Spielen zum Einsatz kommt.
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(b) Eine erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher Interessen folgt nicht daraus, dass die Einsatzbeschränkung des Klägers womöglich einen verstärkten Einsatz der übrigen Mitarbeiter beim American Roulette zur Folge hatte (vgl. BAG 20. März 2014 - 2 AZR 825/12 - Rn. 22). Die Beklagte hat nicht dargelegt, welche konkrete, auf Dauer unzumutbare Mehrbelastung sich daraus im Vergleich zum Einsatz bei anderen Spielen, etwa Black Jack oder Poker, ergeben soll. Ebenso wenig hat sie dargetan, dass infolge der verstärkten Heranziehung anderer Mitarbeiter zum Spiel American Roulette eine konkrete Störung des Betriebsfriedens eingetreten sei. Auf sonstige schutzwürdige Belange anderer Arbeitnehmer, denen sie im Rahmen der Ausübung ihres Direktionsrechts Rechnung zu tragen hätte, hat sich die Beklagte nicht berufen.
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(c) Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Beklagte werde durch die Leistungseinschränkung des Klägers „über das Maß des Notwendigen“ in ihrer Planungs- und Organisationsfreiheit beeinträchtigt, ist mit Tatsachen nicht belegt. Konkrete, durch den Ausfall des Klägers beim American Roulette bedingte Störungen im Betriebsablauf sind weder festgestellt noch hat die Beklagte dazu vorgetragen. Der Umstand, dass sie mit Blick auf die gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Klägers in der Ausübung ihres Direktionsrechts entsprechend einschränkt ist, stellt für sich allein keine Beeinträchtigung der betrieblichen Belange dar, die im Rahmen von § 1 Abs. 2 KSchG erheblich wäre(vgl. BAG 20. März 2014 - 2 AZR 825/12 - Rn. 22).
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4. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Eine erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher Interessen ergibt sich im Streitfall nicht daraus, dass das Austauschverhältnis von Leistung und Gegenleistung mehr als nur geringfügig gestört wäre. Dies vermag der Senat abschließend zu entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO).
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a) Die Beklagte hat dem Kläger mit seiner „Übernahme“ in die Position Croupier I Arbeitsaufgaben übertragen, die der tariflichen Tätigkeitsbeschreibung (§ 5 I Nr. 7 TG-TV) entsprechen. Aufgrund seiner krankheitsbedingten Unfähigkeit, am Tisch des American Roulette im Stehen zu arbeiten, konnte sie den Kläger in einem Teilbereich des vereinbarten Leistungsspektrums nicht mehr einsetzen. Die sich daraus ergebende Beschränkung ihres Direktionsrechts ist nicht deshalb unbeachtlich, weil sie keinen unmittelbaren Einfluss auf die tarifliche „Eingruppierung“ hatte. Die Tarifvertragsparteien bewerten - wie gezeigt - eine Tätigkeit, die der Croupierstufe I entspricht, gegenüber derjenigen eines Croupiers der Stufe III unter anderem deshalb höher, weil der Mitarbeiter „bei allen angebotenen Spielen (arbeitet)“. Die Verwendungsbreite des Croupiers ist damit nach der tariflichen Vergütungsordnung ein wertbestimmender Faktor.
- 50
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b) Für die Beurteilung, ob die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers, der nicht mehr innerhalb der gesamten Bandbreite der geschuldeten Aufgaben eingesetzt werden kann, die berechtigten Erwartungen des Arbeitgebers von der Gleichwertigkeit der beiderseitigen Leistungen in einem Maße unterschreitet, dass diesem das Festhalten an den bisherigen Vertragsbedingungen unzumutbar wird, kann die Bewertung der Tarifvertragsparteien in einer dem Arbeitsvertrag zugrunde liegenden tariflichen Vergütungsordnung maßgebende Bedeutung gewinnen. Ist ein Arbeitnehmer mit seinem Restleistungsvermögen voraussichtlich auf Dauer oder doch für zumindest 24 Monate nach der Kündigung nicht mehr in der Lage, überhaupt eine der charakteristischen Tätigkeiten der betreffenden tariflichen Stellenbeschreibung ohne Einschränkung zu verrichten, spricht viel dafür, dass wirtschaftliche Interessen des Arbeitgebers dadurch erheblich beeinträchtigt sind (vgl. dazu BAG 11. Dezember 2003 - 2 AZR 667/02 - zu B III 2 d der Gründe, BAGE 109, 87; 26. September 1991 - 2 AZR 132/91 - zu III 3 c cc der Gründe; KR/Griebeling 10. Aufl. § 1 KSchG Rn. 386; Schaub/Linck ArbR-HdB 16. Aufl. § 131 Rn. 45; Greiner RdA 2007, 22, 30 ff.). So verhält es sich im vorliegenden Fall aber nicht. Die Leistungsminderung des Klägers wirkt sich nur auf eine der mehreren in § 5 I Nr. 7 TG-TV beschriebenen „Hauptaufgaben“ aus, die dort im Übrigen nicht einmal abschließend aufgeführt sind(§ 5 Abs. 2 TG-TV). Der Kläger konnte mit seinem verbliebenen Leistungsvermögen an einer Vielzahl von angebotenen Spielen weiterhin tätig werden. Selbst beim American Roulette war er lediglich auf einer bestimmten Position nicht mehr einsetzbar. Die Beklagte hat nicht dargetan, dass er damit hinter der „Normalleistung“ eines uneingeschränkt einsatzfähigen Croupiers I mehr als nur geringfügig zurückgeblieben wäre. Dies ist angesichts der Vielzahl der angebotenen Spiele und der weiteren sich aus § 5 TG-TV ergebenden möglichen Verwendungen auch objektiv nicht ersichtlich.
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IV. Angesichts dessen bedarf es keiner Entscheidung, ob die Änderung der Arbeitsbedingungen des Klägers aus anderen Gründen sozial ungerechtfertigt oder unwirksam ist. Auf die vom Betriebsrat verweigerte Zustimmung zur Versetzung und - wohl auch - zur Umgruppierung in die Croupierstufe III, deren Ersetzung die Beklagte in einem parallel geführten Beschlussverfahren begehrt, kam es nicht an. Ohnehin ist die Zustimmung des Betriebsrats nach §§ 99 ff. BetrVG keine Voraussetzung für die Wirksamkeit einer Änderungskündigung, die die vertraglichen Voraussetzungen für die fraglichen personellen Maßnahmen schaffen will (zur Versetzung vgl. BAG 12. August 2010 - 2 AZR 104/09 - Rn. 30; 22. April 2010 - 2 AZR 491/09 - Rn. 15 ff., BAGE 134, 154; zur Umgruppierung vgl. BAG 20. März 2014 - 2 AZR 840/12 - Rn. 24; 28. August 2008 - 2 AZR 967/06 - Rn. 33, BAGE 127, 342). Eine Aussetzung (§ 148 ZPO) des vorliegenden Rechtsstreits bis zur Erledigung des mittlerweile beim Bundesarbeitsgericht anhängigen Zustimmungsersetzungsverfahrens (- 1 ABR 48/14 -) war damit nicht angezeigt.
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-
C. Die Beklagte hat nach § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
-
Der Vorsitzende Richter am Bundesarbeitsgericht Kreft
ist infolge seiner Versetzung in den Ruhestand
mit Ablauf des 31. Januar 2016
an der Unterschriftsleistung verhindert.
RachorRachor
Niemann
Krichel
Jan Eulen
Tenor
-
1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 5. Juni 2014 - 3 Sa 123/13 - aufgehoben.
-
2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Dessau-Roßlau vom 23. Januar 2013 - 11 Ca 191/12 - abgeändert:
-
Die Klage wird abgewiesen.
-
3. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Tatbestand
- 1
-
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Änderungskündigung.
- 2
-
Die 1955 geborene Klägerin ist Facharbeiterin für Schreibtechnik und besitzt den Abschluss als Sekretärin. Sie ist seit 1992 mit 25 Wochenstunden bei der beklagten Stadt beschäftigt, nach § 1 des Arbeitsvertrags der Parteien vom 8. November 1993 als „Angestellter“. In § 5 des Arbeitsvertrags heißt es:
-
„Der Arbeitnehmer erhält gemäß § 22 BAT-O die Vergütungsgruppe VII.“
- 3
-
Tatsächlich wurde die Klägerin als Schreibkraft im Umweltamt eingesetzt. Die Vergütung erfolgte zunächst aus Vergütungsgruppe (VG) VII, nach Überleitung ihres Arbeitsverhältnisses in den TVöD-VKA aus Entgeltgruppe (EG) 5.
- 4
-
Im September 2009 beanstandete der Landesrechnungshof die Bewertung der Schreibkraftstellen bei der Beklagten mit EG 5 und bat um „korrigierende Rückgruppierung“. Die Beklagte sah mit dem Stellenplan für das Jahr 2010 eine Bewertung der meisten Schreibkraftstellen mit EG 3 (vormals VG VIII) vor. Mit Schreiben vom 1. September 2009 teilte sie der Klägerin Folgendes mit:
-
„Eingruppierungsüberprüfung
…,
im Zuge der letzten Eingruppierungsüberprüfung wurde festgestellt, dass Ihre Stelle zu hoch eingruppiert wurde.
Seit Ausführung Ihrer Tätigkeit als Schreibkraft wird Ihnen hierfür Entgelt entsprechend der Eingruppierung in Vergütungsgruppe VII (EG 5) gewährt, auf welche Sie jedoch nach geltenden Tarifvorschriften keinen Anspruch haben.
Nach Prüfung einer eventuell anstehenden Herabgruppierung in die richtige Vergütungs- bzw. Entgeltgruppe möchte ich Ihnen gerne folgendes erläutern.
Wie oben bereits erwähnt, haben Sie nach Überprüfung der Eingruppierung Ihrer Stelle als Schreibkraft nur einen Anspruch auf Eingruppierung nach Vergütungsgruppe VIII (EG 3). Dies hängt mit einer irrtümlich fehlerhaften Eingruppierung seitens des Arbeitgebers zusammen.
Auch wenn der Arbeitgeber grundsätzlich berechtigt ist, eine irrtümlicherweise vorgenommene Eingruppierung einseitig zu korrigieren, so muss er doch darlegen, welcher Irrtum ihm bei der ursprünglich vorgenommenen Eingruppierung unterlaufen ist.
Dies konnte im Zuge der Neueingruppierung der Stelle „Schreibkraft“ entsprechend dargelegt werden.
Zudem könnte einer Herabgruppierung in Ihrem Fall ein sogenanntes widersprüchliches Verhalten des Arbeitgebers nach Treu und Glauben gemäß § 242 BGB entgegenstehen. Dies ist der Fall, wenn durch die ursprüngliche Eingruppierung ein Vertrauenstatbestand geschaffen wurde und dieser sich über einen langen Zeitraum gefestigt hat.
In diversen Urteilen hierzu wurde ein Vertrauenstatbestand bejaht, wenn die entsprechende Tätigkeit über einen Zeitraum von 14 - 17 Jahren ausgeübt wurde und in dieser Zeit die Eingruppierung zu keinem Zeitpunkt vom Arbeitgeber angezweifelt wurde.
Sie üben die Tätigkeit als Schreibkraft seit dem 03.11.1993 in Verg.gr. VII bzw. EG 5 aus.
Ich gehe davon aus, dass Sie seit dieser Zeit auf die Richtigkeit der Eingruppierung vertraut haben. Ebenso hat der Arbeitgeber seit dieser Zeit keine Eingruppierungsüberprüfung durchgeführt.
Somit wurde aufgrund der langjährigen Ausübung Ihrer Tätigkeit und der nicht angezweifelten Eingruppierung auf beiden Seiten, ein o. g. Vertrauenstatbestand geschaffen und Sie können weiterhin auf das Entgelt nach Verg.gr. VII bzw. EG 5 vertrauen.
Eine Herabgruppierung seitens des Arbeitgebers wird somit nicht erfolgen und sie erhalten weiterhin Ihr Entgelt entsprechend Ihres Arbeitsvertrages.
Da die Stellen der Schreibkräfte und Sekretärinnen jedoch organisationsrechtlich tatsächlich runtergestuft worden sind, üben Sie hinsichtlich Ihrer vertraglich vereinbarten Vergütung bzw. Ihres vertraglich vereinbarten Entgeltes eine geringerwertige Tätigkeit aus und werden somit übertariflich bezahlt.
Der Arbeitgeber hat also nunmehr zu jedem Zeitpunkt das Recht, Ihnen entsprechende höherwertige Tätigkeiten im Rahmen Ihrer bestehenden vertraglichen Eingruppierung zu übertragen.
Da in den Tätigkeitsmerkmalen Ihrer bestehenden Eingruppierung zum Teil Kenntnisse und Fertigkeiten im Sachbearbeiterbereich gefordert werden, sehe ich einer Bereitschaft Ihrerseits zur Absolvierung des Beschäftigtenlehrganges I positiv entgegen. Anträge hierzu reichen Sie bitte in der Personalabteilung ein.
Sollten Sie noch Erklärungsbedarf haben, stehe ich Ihnen selbstverständlich gern zur Verfügung.“
- 5
-
Seit November 2011 war bei der Beklagten die Stelle einer Schreibkraft für den Personalrat mit 20 Wochenstunden zu besetzen. Im Juni 2012 beschloss der Stadtrat, die Stelle der Schreibkraft im Umweltamt zum Monatsende zu streichen und zugleich die Stelle eines Boten mit fünf Wochenstunden zu schaffen. Die Beklagte unterrichtete den Personalrat über ihre Absicht, das Arbeitsverhältnis der Klägerin zu kündigen und ihr dessen Fortsetzung „mit der Entgeltgruppe E 3“ anzubieten. Der Personalrat stimmte der beabsichtigten Änderungskündigung zu.
- 6
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Mit Schreiben vom 12. Juli 2012 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Klägerin zum 31. März 2013 und bot ihr dessen Fortsetzung ab dem 1. April 2013 zu folgenden geänderten Arbeitsbedingungen an:
-
„Die Vergütung erfolgt ab dem 01.04.2013 nach der Entgeltgruppe E 3 TVöD.“
- 7
-
Die Klägerin hat das Änderungsangebot unter Vorbehalt angenommen und fristgerecht die vorliegende Klage erhoben. Sie hat gemeint, die Änderungskündigung sei unwirksam. Die Stellenstreichung sei rechtsmissbräuchlich. Die bislang von ihr ausgeführten Arbeiten könnten nicht auf andere Arbeitnehmer umverteilt werden, ohne diese übermäßig zu belasten. Im Übrigen habe ihr vorrangig eine Tätigkeit mit 20 Wochenstunden in der vertraglich vereinbarten EG 5 angeboten werden müssen. Alle Schreibkraftstellen entsprächen dieser Entgeltgruppe. Jedenfalls habe die Beklagte ihr mit dem Schreiben vom 1. September 2009 eine Vergütung nach EG 5 für die Zeit „zugesichert“, in der sie überwiegend als Schreibkraft - gleich auf welchem Arbeitsplatz - eingesetzt werde. Schließlich sei die Sozialauswahl nicht ordnungsgemäß erfolgt und der Personalrat nicht korrekt informiert worden.
- 8
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Die Klägerin hat sinngemäß beantragt
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festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen gemäß der Änderungskündigung vom 12. Juli 2012 sozial ungerechtfertigt ist.
- 9
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Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Kündigung als wirksam verteidigt. Die Stellenstreichung sei nicht zu beanstanden. Die bisher von der Klägerin verrichteten Tätigkeiten könnten von anderen Arbeitnehmern innerhalb ihrer regulären Arbeitszeiten miterledigt werden. Möglicherweise auftretende Verzögerungen würden hingenommen. Es seien lediglich Arbeitsplätze der EG 3 frei gewesen. Um der Klägerin einen solchen zuweisen zu können, habe ihr Arbeitsvertrag geändert werden müssen. Aus dem Schreiben vom 1. September 2009 folge nicht, dass die Klägerin für Tätigkeiten nach EG 3 unter allen Umständen eine Vergütung aus EG 5 beanspruchen könne. Soweit darin überhaupt eine rechtsgeschäftliche Erklärung abgegeben oder ein „Vertrauenstatbestand“ geschaffen worden sei, beziehe sich dies allenfalls auf den weggefallenen Arbeitsplatz als Schreibkraft im Umweltamt. Die Sozialauswahl sei unter den Arbeitnehmern der EG 5 ordnungsgemäß erfolgt und der Personalrat vollständig unterrichtet worden.
- 10
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Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der Revision begehrt die Beklagte weiterhin, die Klage abzuweisen.
Entscheidungsgründe
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Die Revision ist begründet. Die Vorinstanzen haben der Klage zu Unrecht stattgegeben. Sie ist unbegründet. Die von der Beklagten fristgerecht zum 31. März 2013 erklärte Änderungskündigung hält einer rechtlichen Überprüfung stand. Sie ist sozial gerechtfertigt (A.). Der Personalrat wurde ordnungsgemäß beteiligt (B.). Der Senat hat davon auszugehen, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin ordentlich kündbar war (C.). Damit kann die Klägerin, die das mit der Kündigung verbundene Änderungsangebot wirksam unter Vorbehalt angenommen hat, seit dem 1. April 2013 „nur“ noch Beschäftigung und Vergütung gemäß EG 3 beanspruchen.
- 12
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A. Die Änderungskündigung ist sozial gerechtfertigt.
- 13
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I. Eine betriebsbedingte Änderungskündigung ist nur wirksam, wenn sich der Arbeitgeber bei Vorliegen eines Kündigungsgrundes darauf beschränkt hat, solche Änderungen vorzuschlagen, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muss. Im Rahmen von § 1 Abs. 2 Satz 1 iVm. § 2 KSchG ist zu prüfen, ob das Beschäftigungsbedürfnis für den Arbeitnehmer zu den bisherigen Vertragsbedingungen entfallen ist. Ob der Arbeitnehmer eine ihm vorgeschlagene Änderung billigerweise hinnehmen muss, ist nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu ermitteln. Die Änderungen müssen geeignet und erforderlich sein, um den Inhalt des Arbeitsvertrags an die verbliebenen Beschäftigungsmöglichkeiten anzupassen. Die angebotenen Änderungen dürfen sich nicht weiter vom bisherigen Inhalt des Arbeitsverhältnisses entfernen, als dies zur Erreichung des angestrebten Ziels erforderlich ist (BAG 29. September 2011 - 2 AZR 523/10 - Rn. 28 mwN).
- 14
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II. Ein Kündigungsgrund lag vor. Es bestand kein Bedarf an einer Beschäftigung der Klägerin zu den bisherigen Vertragsbedingungen.
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1. Die Klägerin wäre nach dem Arbeitsvertrag vom 8. November 1993 mit Tätigkeiten entsprechend VG VII (EG 5) zu betrauen gewesen.
- 16
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a) Die vom Landesarbeitsgericht unterlassene Auslegung des Arbeitsvertrags, die der Senat aufgrund des feststehenden Sachverhalts selbst vornehmen kann, ergibt, dass die Klägerin als Angestellte (§ 1) mit Aufgaben gemäß VG VII (§ 5) eingestellt wurde. Es handelte sich um eine im öffentlichen Dienst übliche Vertragsgestaltung, die die geschuldete Arbeitsleistung allein durch eine allgemeine Tätigkeitsbezeichnung („Angestellter“) und die Nennung einer Vergütungsgruppe („VG VII“) beschreibt. Bei einer solchen Vereinbarung können dem Arbeitnehmer kraft Direktionsrechts alle - aber auch nur solche - Arbeiten zugewiesen werden, die die Merkmale der Vergütungsgruppe erfüllen, in die er „eingestuft“ ist. Die Übertragung einer Tätigkeit, die geringere Qualifikationsmerkmale erfüllt, ist auch dann unzulässig, wenn der Arbeitgeber die vertraglich vereinbarte Vergütung (weiter) zahlt (vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 322/10 - Rn. 15 mwN).
- 17
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b) Zwar wurde die Klägerin lange Jahre als Schreibkraft im Umweltamt mit Aufgaben beschäftigt, die nur der VG VIII entsprachen, weil sie über eine abgeschlossene Berufsausbildung hinaus keine (gründlichen) Fachkenntnisse im Tarifsinne erforderten. Dadurch haben die Parteien den Arbeitsvertrag jedoch nicht - zumal nicht bloß auf „Tätigkeitsseite“ - stillschweigend geändert. Ihnen fehlte schon deshalb der entsprechende Wille, weil sie übereinstimmend davon ausgingen, dass der Klägerin Aufgaben gemäß VG VII übertragen seien. Die Beklagte wurde erst durch den Landesrechnungshof eines besseren belehrt. Die Klägerin wurde folglich nicht übertariflich vergütet, sondern „untervertraglich“ beschäftigt.
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c) Die Beklagte hat auch mit dem Schreiben vom 1. September 2009 nicht angeboten, den Arbeitsvertrag dahin abzuändern, dass fortan Tätigkeiten entsprechend EG 3 (VG VIII) bei einer Vergütung nach EG 5 (VG VII) geschuldet sein sollten. Vielmehr hat sie sich im drittletzten Absatz des Schreibens ausdrücklich vorbehalten, der Klägerin „entsprechende höherwertige Tätigkeiten im Rahmen (ihrer) bestehenden vertraglichen Eingruppierung zu übertragen“. Danach sollte die Klägerin weiterhin Tätigkeiten gemäß der vereinbarten Vergütungsgruppe (VG VII) schulden.
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2. Es bestand kein Bedarf an einer Beschäftigung der Klägerin mit Aufgaben der Wertigkeit EG 5. Weder waren - nach dem unwidersprochenen Vorbringen der Beklagten - Arbeitsplätze dieser Entgeltgruppe im Kündigungszeitpunkt frei, noch war absehbar, dass solche vor Ablauf der Kündigungsfrist am 31. März 2013 frei würden. Im Übrigen hat die Klägerin nicht dargetan, dass sie einen entsprechenden Arbeitsplatz - ggf. nach zumutbarer Einarbeitungszeit - habe besetzen können.
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III. Die Beklagte hat mit der Kündigung ein hinreichend bestimmtes Änderungsangebot unterbreitet. Die Klägerin konnte dem Kündigungsschreiben zweifelsfrei entnehmen, welche Arbeitsbedingungen künftig gelten sollen (vgl. dazu BAG 25. April 2013 - 2 AZR 960/11 - Rn. 31 mwN).
- 21
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1. Die Klägerin sollte fortan Tätigkeiten nach EG 3 bei Vergütung aus eben dieser Entgeltgruppe schulden. Hierzu musste lediglich in § 5 des - vom Landesarbeitsgericht nicht mit in den Blick genommenen - „Ausgangsvertrags“ vom 8. November 1993 „VG VII“ durch „EG 3“ ersetzt werden. Damit wurde nicht bloß die zu beanspruchende Vergütung, sondern zugleich die geschuldete Tätigkeit geändert. Sogar der Verweis auf § 22 BAT-O für die Bestimmung der zuweisbaren Tätigkeiten konnte „unangetastet“ bleiben, weil die Vorschrift über § 17 TVöD-VKA solange weiter gilt, bis die §§ 12, 13 TVöD-VKA belegt sind.
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2. Dass die Beklagte der Klägerin schon am 16. Juli 2012 - weit vor Ablauf der Kündigungsfrist am 31. März 2013 - die Tätigkeiten als Schreibkraft für den Personalrat und als Botin übertragen hat, spielt für die Auslegung des Angebots keine Rolle. Insofern kommt es auf den objektiven Empfängerhorizont im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung an. Dieser lag vor dem 16. Juli 2012. Die vorfristige Umsetzung besagt nicht mehr, als dass die Beklagte sich berechtigt sah, vorübergehend vertragsfremde Tätigkeiten unter Fortzahlung der (noch) vereinbarten höheren Vergütung zuzuweisen. Daraus kann nicht geschlossen werden, dass sie die vertragliche Tätigkeitsbeschreibung dauerhaft hätte „unberührt“ lassen wollen. Das hätte im Übrigen bedeutet, dass die Klägerin Tätigkeiten entsprechend EG 5 künftig für eine Vergütung aus EG 3 hätte verrichten sollen. Diese behauptet selbst nicht, sie habe das ihr mit der Kündigung angesonnene Änderungsangebot so verstehen müssen.
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IV. Das Änderungsangebot wahrt die Grenzen der Verhältnismäßigkeit.
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1. Das gilt zunächst für die erstrebte Änderung der geschuldeten Arbeitstätigkeit.
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a) Einerseits war die Änderung - unbeschadet der Frage, ob dies der Klage zum Erfolg verhülfe - nicht „überflüssig“. Die Beklagte konnte der Klägerin Tätigkeiten entsprechend EG 3 (VG VIII) nicht im Wege des Direktionsrechts nach § 106 GewO übertragen. Damit hätte sie die Grenzen des Arbeitsvertrags vom 8. November 1993 überschritten.
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b) Andererseits war die Änderung nicht deshalb weitergehend als nötig, weil der Klägerin wenigstens Tätigkeiten gemäß EG 4 hätten übertragen werden können. Sie hat nicht behauptet, dass bei Zugang der Kündigung entsprechende, von ihr qualifikationsgemäß „auszufüllende“ Arbeitsplätze unbesetzt gewesen oder doch absehbar während des Laufs der Kündigungsfrist frei geworden wären.
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2. Das Änderungsangebot ist auch hinsichtlich der mit ihm verbundenen Entgeltminderung weder unverhältnismäßig noch sonst unbillig.
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a) Werden einem Arbeitnehmer im Wege der Änderungskündigung Tätigkeiten gemäß den Qualifikationsmerkmalen einer bestimmten Vergütungsgruppe eines im Betrieb angewandten tariflichen Vergütungssystems angeboten, ist es grundsätzlich nicht unverhältnismäßig, wenn er künftig auch „nur“ entsprechend dieser Entgeltgruppe bezahlt wird (vgl. BAG 24. Mai 2012 - 2 AZR 163/11 - Rn. 37 mwN). Hier hatten die Parteien die Geltung des BAT-O bzw. seit Oktober 2005 des TVöD-VKA und des TVÜ-VKA vereinbart. Diese Abrede blieb von der Änderungskündigung unberührt.
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b) Im Streitfall ist von dem Grundsatz des Gleichklangs von Tätigkeit und tariflich für sie vorgesehenem Entgelt keine Ausnahme zu machen. Das Änderungsangebot der Beklagten musste nicht aufgrund besonderer Umstände dahin gehen, dass die Klägerin für Tätigkeiten entsprechend EG 3 ein Entgelt aus EG 5 beanspruchen könne.
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aa) Die Beklagte hat das Recht, die streitgegenständliche Änderungskündigung zu erklären, nicht allein dadurch verwirkt, dass sie die Klägerin von November 1993 bis September 2009 „übertariflich“ vergütet hätte. Es fehlte an hinreichenden zusätzlichen vertrauensbegründenden Umständen (vgl. BAG 24. Januar 2007 - 4 AZR 28/06 - Rn. 30 ff.). Das hat die Beklagte - anders als in ihrem Schreiben vom 1. September 2009 zum Ausdruck kommt - inzwischen selbst erkannt und dies wird auch von der Klägerin nicht anders gesehen.
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bb) Die Vergütungsabsenkung verbot sich auch nicht aufgrund eben dieses Schreibens vom 1. September 2009.
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(1) Mit ihrem Schreiben hat die Beklagte nicht auf das Recht zu einer - nunmehr erklärten - Änderungskündigung verzichtet. Sie hat der Klägerin darin im Kern Folgendes mitgeteilt: Die Tätigkeit als Schreibkraft im Umweltamt entspreche richtigerweise nur EG 3. Die Vergütung aus EG 5 beruhe auf einem Irrtum. Grundsätzlich dürfe deshalb eine „Korrektur“ erfolgen. Eine solche sei indes gemäß § 242 BGB ausgeschlossen, weil die Klägerin „Vertrauensschutz“ genieße. Eine „Herabgruppierung“ werde „somit“ unterbleiben. Hiernach wollte die Beklagte - für die Klägerin erkennbar - nicht davon absehen, ein auch nach ihrer Auffassung durchaus bestehendes Recht geltend zu machen. Sie ging vielmehr davon aus, die Befugnis zur „Herabgruppierung“ durch Zeitablauf verloren zu haben. Darin liegt keine konstitutive, rechtsgeschäftliche Verzichtserklärung - ebensowenig wie umgekehrt eine sog. betriebliche Übung nicht dadurch begründet wird, dass der Arbeitgeber Leistungen in der irrigen Annahme erbringt, zu diesen bereits aus anderen Gründen verpflichtet zu sein (vgl. BAG 29. August 2012 - 10 AZR 571/11 - Rn. 20). Die Beklagte hätte auch schwerlich „aus freien Stücken“ auf eine „Rückgruppierung“ der Klägerin verzichten können. Sie befand sich in der Haushaltskonsolidierung gemäß § 158 Abs. 3 iVm. § 156 Abs. 3 GO LSA aF. Zudem war sie durch den Landesrechnungshof angehalten worden, die „Fehlvergütung“ der bei ihr beschäftigten Schreibkräfte zu korrigieren (zur Maßgeblichkeit dieses Umstands bei der Korrektur einer irrtümlichen „Eingruppierung“ vgl. ErfK/Oetker 15. Aufl. § 2 KSchG Rn. 66).
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(2) Es stellt sich aufgrund der Ausführungen in dem Schreiben vom 1. September 2009 und der anschließenden Weiterbeschäftigung der Klägerin mit „vertragswidrigen“ Aufgaben entsprechend EG 3 nicht als rechtsmissbräuchlich widersprüchlich dar, dass die Beklagte später dennoch die streitgegenständliche Änderungskündigung erklärt hat. Die Voraussetzungen des engen Ausnahmetatbestands eines treuwidrigen Selbstwiderspruchs liegen nicht vor (vgl. dazu BAG 16. Februar 2012 - 6 AZR 553/10 - Rn. 53, BAGE 141, 1; BGH 15. November 2012 - IX ZR 103/11 - Rn. 12). Hat ein Arbeitgeber von einer „Rückgruppierung“ in der irrigen Annahme abgesehen, eine solche sei nicht zulässig, wird das Vertrauen des Arbeitnehmers auf ein solches Unterlassen für die Zukunft in der Regel nicht geschützt. Anders liegt es nur dann, wenn ausreichende vertrauensbegründende Umstände vorliegen (BAG 24. Januar 2007 - 4 AZR 28/06 - Rn. 30 ff.; MüKoBGB/Roth/Schubert 6. Aufl. § 242 Rn. 307). Das ist hier nicht der Fall. Die Klägerin, die im Übrigen noch im hiesigen Rechtsstreit davon ausgeht, alle Schreibkraftstellen bei der Beklagten seien mit EG 5 zu bewerten, hat nicht behauptet, sie habe im Vertrauen auf den ihr mitgeteilten „Bestandsschutz“ bestimmte Vermögensdispositionen getroffen. Das Verhalten der Beklagten stellt sich auch nicht deshalb als rechtsmissbräuchlich dar, weil sie selbst aus der Mitteilung mit Schreiben vom 1. September 2009 erhebliche Vorteile gezogen hätte (vgl. dazu Palandt/Grüneberg BGB 74. Aufl. § 242 Rn. 59). Zwar hat sie die Klägerin anschließend weiter „untervertraglich“ beschäftigt. Das beruhte jedoch nicht darauf, dass sie diese über die tarifliche Rechtslage „getäuscht“ hätte. Sie hat der Klägerin vielmehr ausdrücklich nahe gelegt, an dem Beschäftigtenlehrgang I teilzunehmen, damit sie - erst dann - entsprechend ihrer „vertraglichen Eingruppierung“ eingesetzt werden könne, falls ein solcher Arbeitsplatz frei würde. Es war allein die Klägerin, die aus der Fehleinschätzung der Beklagten, eine „Herabgruppierung“ sei nicht möglich, einen Vorteil gezogen hat. Sie hat für ihre von ihr selbst als vertragsgemäß erachteten Arbeiten, die in Wahrheit nur EG 3 entsprachen, noch bis zum 31. März 2013 eine „übertarifliche“ Vergütung nach EG 5 erhalten.
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V. Die Änderungskündigung gegenüber der Klägerin stellt sich nicht deshalb als „herausgreifend“ (vgl. dazu BAG 20. August 1998 - 2 AZR 84/98 - zu II 2 e der Gründe; 22. Februar 1979 - 2 AZR 115/78 - zu 2 a der Gründe) dar, weil andere Schreibkräfte, die ebenfalls Tätigkeiten nach EG 3 verrichteten, von einer Vertragsänderung „verschont“ geblieben sind. Die Beklagte sah sich nur deshalb zur „Herabgruppierung“ der Klägerin berechtigt, weil deren bisheriger Arbeitsplatz weggefallen war. Aus diesem Anlass hat sie die Situation hinsichtlich der Entgeltgruppe als Neueinstellung gemäß dem seit 2010 geltenden Haushaltsplan betrachtet. Es lässt sich nicht erkennen, dass der Anlass bloß vorgeschoben wäre. Die Klägerin ist dem schlüssigen Vortrag der Beklagten dazu, dass die Stelle einer Schreibkraft im Umweltamt in Umsetzung des für sich plausiblen, nicht offenkundig unsachlichen Beschlusses des Stadtrats weggefallen ist, nicht in erheblicher Weise entgegen getreten. Einen Rechtsmissbrauch der Beklagten hat sie nicht dargetan. Wenn die Klägerin übermäßige Belastungen zweier Kolleginnen vermutet, übersieht sie, dass es sich bei den fraglichen Tätigkeiten nicht um streng taktgebundene Arbeiten handelt und die Beklagte mögliche Verzögerungen als Teil ihres Konzepts hinnimmt. Das steht ihr - entgegen der Ansicht der Klägerin - frei (zu den Anforderungen an den Vortrag des öffentlichen Arbeitgebers bei der Streichung von Stellen durch den gemeindlichen Haushaltsgesetzgeber vgl. allgemein BAG 23. November 2004 - 2 AZR 38/04 - zu B I 1 der Gründe, BAGE 112, 361; 22. Mai 2003 - 2 AZR 326/02 - zu B I 2 der Gründe).
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VI. Die Änderungskündigung ist nicht aufgrund einer unzureichenden Sozialauswahl nach § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG unwirksam.
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1. Die Beklagte hat den in die soziale Auswahl einzubeziehenden Personenkreis zutreffend bestimmt.
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a) Sie hat die Auswahl zu Recht nur auf Arbeitnehmer mit vertraglichen Aufgaben gemäß EG 5 erstreckt. Eben solche Tätigkeiten schuldete die Klägerin. Das galt zwar auch für andere Schreibkräfte, die von der Beklagten nicht in die Auswahl einbezogen worden sind. Jedoch konnten der Klägerin deren tatsächlich ausgeübte Aufgaben der tariflichen Wertigkeit EG 3 nicht - wie für die Vergleichbarkeit erforderlich - kraft Direktionsrechts übertragen werden. Für die Klägerin hätte es sich, weil sie - wie gezeigt - bis dahin mit Arbeiten nach EG 5 zu betrauen war, um „untervertragliche“ Tätigkeiten gehandelt.
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b) Es ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte lediglich zwei Arbeitnehmerinnen für auch nach Qualifikation und Arbeitsplatz vergleichbar erachtet hat. Die Klägerin ist dem detaillierten Vorbringen der Beklagten zu den Umständen, die einer Vergleichbarkeit mit anderen tatsächlich nach EG 5 beschäftigten Arbeitnehmern entgegenstehen sollen, nicht ausreichend entgegen getreten. Sie hat nicht konkret dargelegt, welchen Arbeitsplatz sie unter Beachtung der arbeitgeberseitig aufgestellten Qualifikationsmerkmale - ggf. nach kurzer Einarbeitung - hätte besetzen können und welcher Arbeitnehmer statt ihrer ein Angebot zur Weiterbeschäftigung mit Aufgaben nach EG 3 hätte erhalten müssen. Zum einen beschränkt sie sich darauf, den Vortrag der Beklagten zu den für eine Tätigkeit nach EG 5 erforderlichen Qualifikationen (insbesondere entsprechende Verwaltungsausbildungen) mit Nichtwissen zu bestreiten. Zum anderen hat sie nicht aufgezeigt, dass andere Arbeitnehmer mit Tätigkeiten der Wertigkeit EG 5 binnen kurzer Einarbeitungszeit in der Lage gewesen wären, Aufgaben entsprechend EG 3 - namentlich solche einer Schreibkraft (beim Personalrat) - auszuüben.
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2. Innerhalb der korrekt bestimmten Vergleichsgruppe hat die Beklagte die sozialen Gesichtspunkte gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG zumindest ausreichend berücksichtigt. Die Klägerin weist nach dem von der Beklagten verwendeten Schema eine deutlich geringere Punktzahl auf als die beiden vergleichbaren Arbeitnehmerinnen. Entscheidend kommt hinzu, dass bei Berücksichtigung aller Sozialdaten die Auswahlentscheidung der Beklagten mindestens vertretbar ist. Keine der drei in die Auswahl einbezogenen Arbeitnehmerinnen ist schwerbehindert oder Dritten zum Unterhalt verpflichtet. Zwar ist die Klägerin zwei bzw. vier Jahre älter als die beiden anderen Arbeitnehmerinnen, diese weisen jedoch eine fünf bzw. elf Jahre längere Betriebszugehörigkeit auf als sie. Unter diesen Umständen kann nicht davon ausgegangen werden, die von der Beklagten vorgenommene Sozialauswahl sei mangelhaft. Die Klägerin ist im Verhältnis zu ihren beiden Kolleginnen jedenfalls nicht - zumal nicht deutlich (vgl. BAG 29. Januar 2015 - 2 AZR 164/14 - Rn. 11 mwN) - schutzbedürftiger.
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B. Der Personalrat ist ordnungsgemäß beteiligt worden. Die Beklagte hat ihn gemäß § 61 Abs. 3 Satz 1 PersVG LSA vollständig über den maßgeblichen Kündigungssachverhalt unterrichtet. Insbesondere hat sie ihm mitgeteilt, dass mangels Möglichkeiten zu vertragsgemäßer Beschäftigung entsprechend EG 5 sich künftig Tätigkeit und Vergütung nach EG 3 richten sollen, und hat sie die vorgenommene Sozialauswahl umfangreich erläutert. Der Personalrat hat der beabsichtigten Kündigung gemäß § 67 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 iVm. § 61 Abs. 1 PersVG LSA zugestimmt.
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C. Die Klägerin hat sich nicht darauf berufen, dass ihr Arbeitsverhältnis ordentlich unkündbar sei. Einen solchen Unwirksamkeitsgrund hätte sie prozessual ordnungsgemäß geltend machen müssen (vgl. BAG 8. November 2007 - 2 AZR 314/06 - Rn. 17, BAGE 124, 367). Deshalb war nicht der Frage nachzugehen, ob Art. 3 Abs. 1 GG eine „Erstreckung“ des Sonderkündigungsschutzes nach § 34 Abs. 2 Satz 1 TVöD auf Arbeitnehmer im Tarifgebiet Ost bedingen könnte(zur Problematik vgl. Linck/Scholz AR-Blattei SD 1010.7 Rn. 157 ff.; Schaub/Linck 16. Aufl. § 183 Rn. 24).
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D. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
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Kreft
Rachor
Niemann
Gans
Nielebock
Tenor
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Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 27. August 2008 - 18 Sa 1197/07 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer unter Vorbehalt angenommenen Änderungskündigung.
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Der 1959 geborene, verheiratete Kläger ist seit 1981 bei der Beklagten und deren Rechtsvorgängerin tätig. Er ist mit einem Grad von 20 behindert. Zuletzt war er als Dokumentarist in der Abteilung Bodenverkehrsdienste (BVD-F) beschäftigt. Im schriftlichen Arbeitsvertrag vom 19. Oktober 1981 wurde ihm eine Vergütung nach dem Lohntarifvertrag für Arbeiter/Arbeiterinnen gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe im Lande Hessen (HLT) zugesagt. Außerdem heißt es dort:
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„Ihr Arbeitsvertrag richtet sich nach den Bestimmungen des Bundesmanteltarifvertrages für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (BMT-G, Ausgabe Hessen) einschließlich der für die Flughafen Frankfurt/Main AG geltenden Zusatzbestimmungen, den betriebsüblichen Regelungen und den Dienstvorschriften.“
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Gemäß einer Vereinbarung vom 23. Mai 1985 wechselte der Kläger mit Wirkung zum 1. Mai 1985 in ein Angestelltenverhältnis und erhielt seither Vergütung auf der Grundlage des Bundes-Angestelltentarifvertrags (BAT). Danach war er in die Vergütungsgruppe Vc eingruppiert und bezog ein Gehalt von 3.052,00 Euro brutto. Im Verlauf des Arbeitsverhältnisses legte er erfolgreich die IHK-Prüfung zum „Flugzeugabfertiger“ ab.
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Die Beklagte beschäftigt etwa 13.000 Arbeitnehmer. Sie betrieb ua. die Abfertigung von Luftfracht am Flughafen Frankfurt/Main in der Abteilung BVD-F. Dort waren ca. 600 Arbeitnehmer - darunter der Kläger - tätig.
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Im September 2003 beschloss die Beklagte, den Bereich BVD-F zur Vermeidung weiterer Verluste auf ein Tochterunternehmen, die Tradeport Frankfurt GmbH, zu übertragen. Während die Beklagte durch Verbandsmitgliedschaft an den BAT und den BMT-G II gebunden war und mit allen Arbeitnehmern die Geltung dieser Tarifwerke zwecks Gleichstellung vereinbart hatte, unterliegt die Tochtergesellschaft diesen Bindungen nicht. Die Tradeport Frankfurt GmbH ist stattdessen Mitglied in der Vereinigung des Verkehrsgewerbes Hessen e.V. und wendet die von dieser mit der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) abgeschlossenen Tarifverträge für die Arbeitnehmer des privaten Transport- und Verkehrsgewerbes in Hessen an.
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Als sich abzeichnete, dass die Mehrzahl der Beschäftigten der Abteilung BVD-F einem Betriebsübergang widersprechen würde, richtete die Beklagte im Bereich Bodenverkehrsdienste die neue Abteilung „Frachtservice“ ein (BVD-FS). In dieser Abteilung sollten widersprechende Beschäftigte aus der Abteilung BVD-F „aufgefangen“ werden. Die Arbeitnehmer sollten sodann im Wege der Arbeitnehmerüberlassung bei der Tradeport Frankfurt GmbH eingesetzt werden.
- 7
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Mit Schreiben vom 27. Oktober 2003 unterrichtete die Beklagte den Kläger über den beabsichtigten Betriebsübergang. Der Kläger und ca. 550 weitere Arbeitnehmer widersprachen dem Übergang.
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Unter dem Datum 19. Dezember 2003 schlossen der Hessische Arbeitgeberverband der Gemeinden und Kommunalverbände, dessen Mitglied die Beklagte ist, und ver.di, vertreten durch die Landesbezirksleitung Hessen, die Tarifvertragliche Vereinbarung Nr. 741 (TVb Nr. 741). Sie enthält Sonderregelungen zu BAT und BMT-G II für die Beschäftigten der Abteilung „Frachtservice“ bei der Beklagten. Sie gilt nach § 1 für alle Arbeitnehmer, die dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die Tochtergesellschaft widersprochen haben. Sie sieht in § 2 ua. vor, dass die Arbeitnehmer „im Sinne der Beschäftigungssicherung“ verpflichtet sind, einen ggf. auch im Wege der Änderungskündigung angebotenen Arbeitsplatz in der Abteilung BVD-FS anzunehmen und für einen Entleiher tätig zu sein. Dabei ist grundsätzlich vorgesehen, dass der Einsatz bei der Tradeport Frankfurt GmbH erfolgt. Die TVb Nr. 741 regelt ferner, dass die Vergütung bei einer Beschäftigung in der Abteilung BVD-FS geringer als bisher ist. Nehmen die Arbeitnehmer die geänderten Arbeitsbedingungen im Sinne der Änderungskündigung nicht an, sind nach § 2 Abs. 6 TVb Nr. 741 Beendigungskündigungen zulässig, § 53 Abs. 3, § 55 Abs. 2 BAT und § 52 BMT-G II finden insoweit keine Anwendung.
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Am 22. Dezember 2003 wurde der Beklagten die Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Überlassung von Arbeitnehmern erteilt. Am 30. Januar 2004 schloss sie mit der Tradeport Frankfurt GmbH einen Vertrag zur Übertragung des Frachtgeschäfts mit Wirkung zum 1. Juli 2004.
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Mit Schreiben vom 15. Dezember 2004 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien nach Anhörung des Betriebsrats zum 30. Juni 2005 und bot dem Kläger die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses in der Abteilung BVD-FS zu den Bedingungen der TVb Nr. 741 an.
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Der Kläger, im Kündigungszeitpunkt Mitglied der Gewerkschaft ver.di, hat das Änderungsangebot unter dem Vorbehalt des § 2 KSchG angenommen und Änderungsschutzklage erhoben. Er hat die Auffassung vertreten, sein Arbeitsverhältnis sei gemäß § 53 Abs. 3 BAT ordentlich nicht kündbar. Die tarifvertraglichen Sonderregelungen seien unwirksam. Die TVb Nr. 741 sei mangels ordnungsgemäßer Bevollmächtigung der handelnden Tarifvertragsparteien nicht wirksam zustande gekommen. Die Änderungen der Arbeitsbedingungen seien zudem sozial ungerechtfertigt. Er verrichte weiterhin dieselbe Tätigkeit, nur als Leiharbeitnehmer. Die Entscheidung der Beklagten, die Abteilung BVD-FS zu gründen und Arbeitnehmer an die Tochtergesellschaft auszuleihen, sei missbräuchlich. Sie diene allein dazu, die Anforderungen an eine Änderungskündigung zur Entgeltkürzung zu umgehen. Die Beklagte habe keine Sozialauswahl durchgeführt, zudem fehle es an einer ordnungsgemäßen Anhörung des Betriebsrats.
-
Der Kläger hat - soweit noch von Bedeutung - beantragt
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festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Kündigung der Beklagten vom 15. Dezember 2004 rechtsunwirksam ist.
- 13
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Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat geltend gemacht, die TVb Nr. 741 sei wirksam. Die Änderung der Arbeitsbedingungen trage den geänderten Beschäftigungsmöglichkeiten nach Widerspruch des Klägers gegen den Betriebsübergang Rechnung. Das Änderungsangebot berücksichtige die wirtschaftlichen Gegebenheiten in dem umkämpften Markt des Frachtservice. Ein freier gleichwertiger Arbeitsplatz außerhalb der Frachtabfertigung sei weder im maßgeblichen Zeitraum ab September 2004 noch in der vom Kläger für relevant gehaltenen Zeit ab dem Jahr 2003 vorhanden gewesen. Einer Sozialauswahl habe es mit Rücksicht auf die Regelungen der TVb Nr. 741 nicht bedurft. Außerdem liege kein Auswahlfehler vor. Die Betriebsratsanhörung sei ordnungsgemäß durchgeführt worden. Sie habe dem Betriebsrat sämtliche aus ihrer Sicht kündigungsrelevanten Tatsachen mitgeteilt.
-
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Mit der Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.
Entscheidungsgründe
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Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass die Änderungskündigung weder wegen fehlerhafter Betriebsratsanhörung unwirksam ist noch tarifvertraglich ausgeschlossen war und dass die Änderungen der Arbeitsbedingungen iSv. §§ 2, 1 KSchG sozial gerechtfertigt sind.
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I. Die Änderungskündigung ist nicht nach § 102 Abs. 1 BetrVG unwirksam. Die entsprechende Würdigung des Landesarbeitsgerichts lässt unter Berücksichtigung der „subjektiven Determiniertheit“ der Betriebsratsanhörung (dazu Senat 23. Juni 2009 - 2 AZR 474/07 - Rn. 34, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 47 = EzA BGB 2002 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 8; 27. September 2001 - 2 AZR 236/00 - zu B II 1 der Gründe, BAGE 99, 167) keinen Rechtsfehler erkennen. Das betrifft insbesondere den zwischen den Parteien umstrittenen Gesichtspunkt der Sozialauswahl. Ist - wie im Streitfall - nach Auffassung des Arbeitgebers eine solche Auswahl nicht vorzunehmen, kann er dem Betriebsrat Auswahlgesichtspunkte nicht mitteilen (Senat 21. September 2000 - 2 AZR 385/99 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 111 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 107).
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II. Die - ordentliche - Änderungskündigung vom 15. Dezember 2004 ist nicht deshalb unwirksam, weil der Kläger im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung Sonderkündigungsschutz nach § 53 Abs. 3, § 55 Abs. 2 BAT genossen hätte. Der tarifliche Kündigungsschutz des Klägers ist durch die TVb Nr. 741 wirksam beschränkt worden. Die tariflichen Sonderregelungen sind auf das Arbeitsverhältnis der Parteien schon aufgrund beiderseitiger Tarifbindung anwendbar.
- 19
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a) Die Vereinbarung ist formell ordnungsgemäß zustande gekommen. Dabei kann offenbleiben, ob die bei Abschluss des Tarifvertrags für ver.di handelnden Mitglieder des Landesbezirks Hessen - der Landesfachbereichsleiter und der hessische Tarifkoordinator - von vorneherein ausreichend zur Vertretung der Gewerkschaft bevollmächtigt waren. Selbst wenn es hieran, wie der Kläger gemeint hat, gefehlt haben sollte, wäre angesichts der mit gewerkschaftlichem Schreiben vom 18. Juli 2008 ausdrücklich bestätigten Abschlussvollmacht und der Tatsache, dass der Tarifvertrag seit dem Jahr 2003 ohne erkennbare Beanstandung seitens der Tarifvertragsparteien Anwendung gefunden hat, zumindest von einer Genehmigung durch ver.di auszugehen (vgl. dazu BAG 12. Dezember 2007 - 4 AZR 996/06 - Rn. 18, BAGE 125, 169; 18. Dezember 1996 - 4 AZR 129/96 - zu II 1.1.2 der Gründe mwN, BAGE 85, 28).
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b) Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass ver.di und der Hessische Arbeitgeberverband für Gemeinden und Kommunalverbände ungeachtet der Regelungen des RTV 1998/2002 befugt waren, vom BAT und den dortigen Kündigungsschutzbestimmungen abweichende Regelungen zu vereinbaren. Darauf, ob sich die TVb Nr. 741 im Rahmen der Öffnungsklausel des Rahmentarifvertrags hält, kommt es nicht an.
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aa) Mit Abschluss des Rahmentarifvertrags haben sich die Tarifvertragsparteien und durch sie vertretene Unterorganisationen nicht ihrer Befugnis begeben, im Rahmen ihrer jeweiligen Tarifzuständigkeit und im Sinne des sog. Posterioritätsprinzips (dazu BAG 18. März 2009 - 4 AZR 84/08 - Rn. 38, AP TVG § 1 Auslegung Nr. 216) in Zukunft ergänzende und ggf. abändernde Regelungen zu BAT und BMT-G II zu vereinbaren. Dies lässt sich - entgegen der Auffassung der Revision - auch nicht den Regelungen des Tarifvertrags zur Überleitung der Beschäftigten der Kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts vom 13. September 2005 (TVÜ-VKA) entnehmen, der ohnehin erst nach Abschluss der TVb Nr. 741 und Zugang der Kündigung in Kraft getreten ist.
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bb) Der Wirksamkeit der abweichenden Regelungen steht nicht entgegen, dass die TVb Nr. 741 auf Arbeitgeberseite durch den Hessischen Arbeitgeberverband der Gemeinden und Kommunalverbände geschlossen wurde. Dieser war als Unterorganisation der Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) nicht gehindert, im Rahmen seiner Tarifzuständigkeit zur Ergänzung und Änderung eines von der Spitzenorganisation abgeschlossenen Tarifvertrags eigene, spezielle (Firmen-)Tarifverträge zu schließen. Durch sie wird der überregionale Tarifvertrag als solcher nicht aufgehoben, geändert oder gekündigt. Die Tarifverträge gelten vielmehr nebeneinander. Mögliche Widersprüche zwischen ihnen sind nach den Grundsätzen der Tarifkonkurrenz aufzulösen (BAG 22. Februar 1957 - 1 AZR 426/56 - BAGE 3, 358; Däubler/Peter TVG 2. Aufl. § 2 Rn. 61; Löwisch/Rieble TVG § 2 Rn. 114; Schaub ArbR-Hdb. 13. Aufl. § 199 Rn. 14; aA Wiedemann/Oetker TVG 7. Aufl. § 2 Rn. 442). Danach findet die TVb Nr. 741 auf das Arbeitsverhältnis der Parteien als die dem Geltungsbereich nach engere Regelung Anwendung.
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c) Die Einschränkungen des Sonderkündigungsschutzes durch die TVb Nr. 741 sind nicht wegen Eingriffs in eine schützenswerte Rechtsposition des Klägers unwirksam.
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aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts können Tarifvertragsparteien die Regelungen eines von ihnen abgeschlossenen Tarifvertrags auch rückwirkend ändern, was sich zulasten entweder der Arbeitnehmer oder der Arbeitgeber auswirken kann (Senat 2. Februar 2006 - 2 AZR 58/05 - Rn. 19 - 24 mwN, BAGE 117, 53). Die Gestaltungsfreiheit der Tarifvertragsparteien zu einem rückwirkenden Eingriff in ihr Regelwerk ist allerdings durch den Grundsatz des Vertrauensschutzes für die Normunterworfenen begrenzt. Insoweit gelten die gleichen Regeln wie nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bei der Rückwirkung von Gesetzen (BVerfG 19. Dezember 1961 - 2 BvL 6/59 - BVerfGE 13, 261). In deren Anwendung sind rückwirkende Regelungen zum tariflichen Sonderkündigungsschutz möglich, wenn der Ausschluss der ordentlichen Kündigung schon bisher Ausnahmetatbestände enthielt und die Neuregelung den Sonderkündigungsschutz nicht vollständig abschafft, sondern lediglich die Ausnahmetatbestände modifiziert (BAG 17. Oktober 2007 - 4 AZR 812/06 - Rn. 26 f., AP BAT § 53 Nr. 9).
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bb) Danach ist die Einschränkung des Sonderkündigungsschutzes nach § 53 Abs. 3 BAT durch die TVb Nr. 741 nicht zu beanstanden(so bereits BAG 17. Oktober 2007 - 4 AZR 812/06 - AP BAT § 53 Nr. 9). Die Bestimmungen des BAT enthielten bereits Ausnahmetatbestände, etwa die Möglichkeit, das Arbeitsverhältnis unter bestimmten Voraussetzungen zur Herabgruppierung um eine Vergütungsgruppe zu kündigen. Die TVb Nr. 741 hebt den Sonderkündigungsschutz nach § 53 Abs. 3, § 55 Abs. 2 BAT auch nicht vollständig auf, sondern enthält dazu nur eine weitere Einschränkung. Sie ermöglicht im Übrigen lediglich Änderungskündigungen, die auf den Einsatz in der Abteilung Frachtservice zu den dafür geltenden - verschlechterten - Vergütungsregelungen gerichtet sind. Nur die Ablehnung des Änderungsangebots kann zu einer Beendigungskündigung führen. Hinzu kommt, dass die Einschränkung des Sonderkündigungsschutzes ein Teil der Gesamtregelungen der TVb Nr. 741 ist, deren Gegenstand die aus dem Betriebsteilübergang und dem Widerspruch der Mehrheit der betroffenen Arbeitnehmer folgenden Probleme sind. Die TVb Nr. 741 hat das Ziel, einerseits die Arbeitsplätze der widersprechenden Arbeitnehmer zu erhalten, andererseits den Personalaufwand zu verringern. Durch § 2 Abs. 6 Satz 4 der Bestimmungen werden auch die Arbeitnehmer mit dem Sonderkündigungsschutz nach § 53 Abs. 3 BAT in diese Gesamtregelung einbezogen. Gleichwohl bleiben sie weiterhin stärker geschützt als andere Arbeitnehmer. Die Auswahlrichtlinien in der Anlage 1 zur TVb Nr. 741 gewichten die Umstände, die den Sonderkündigungsschutz begründen, als Auswahlkriterien bei der Besetzung gleichwertiger freier Arbeitsplätze so hoch, dass die Beschäftigten mit Sonderkündigungsschutz in aller Regel Vorrang genießen werden. Die so ausgestaltete Einschränkung des Sonderkündigungsschutzes verletzt kein schützenswertes Vertrauen der Betroffenen (so schon BAG 17. Oktober 2007 - 4 AZR 812/06 - Rn. 29 bis 34, aaO).
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cc) Dem steht, anders als die Revision meint, auch nicht die Unterrichtung des Klägers über den Betriebsteil-Übergang entgegen. Darin wurde den im Zeitpunkt des Übergangs „tariflich unkündbaren Arbeitnehmern“ einzelvertraglich die Unkündbarkeit auch bei der Tradeport Frankfurt GmbH zugesichert. Infolge des Widerspruchs des Klägers ist ein Arbeitsverhältnis zwischen ihm und dieser Gesellschaft jedoch nicht zustande gekommen. Soweit der Kläger gemeint hat, er werde wegen seines Widerspruchs sowohl gegenüber den bei dieser weiterbeschäftigten Arbeitnehmern als auch gegenüber den nicht im Bereich BVD-F beschäftigten Arbeitnehmern der Beklagten ungleich behandelt, übersieht er, dass durch den Widerspruch bei der Beklagten ein Überhang an Arbeitskräften entstanden ist. Dieser und nicht sein Widerspruch als solcher bildet die Grundlage für die durch die TVb Nr. 741 in engen Grenzen ermöglichte ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses.
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2. Der Würdigung des Landesarbeitsgerichts, dass die in § 1 und § 2 TVb Nr. 741 normierten tatbestandlichen Voraussetzungen für die Einschränkung des Sonderkündigungsschutzes im Kündigungszeitpunkt erfüllt waren, ist die Revision nicht entgegengetreten.
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III. Die dem Kläger mit der Kündigung angetragene und auf betriebliche Gründe gestützte Änderung der Arbeitsbedingungen ist sozial gerechtfertigt iSv. § 2 Satz 1, § 1 Abs. 2, Abs. 3 KSchG.
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1. Eine betriebsbedingte Änderungskündigung ist sozial gerechtfertigt, wenn sich der Arbeitgeber bei Vorliegen eines Kündigungsgrundes darauf beschränkt hat, solche Änderungen anzubieten, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muss. Im Rahmen des § 1 Abs. 2 Satz 1 iVm. § 2 KSchG ist vor allem zu prüfen, ob ein Beschäftigungsbedürfnis für den betreffenden Arbeitnehmer zu den bisherigen Vertragsbedingungen entfallen ist und dem Arbeitnehmer bei Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes die am wenigsten beeinträchtigende Änderung angeboten wurde(Senat 8. Oktober 2009 - 2 AZR 235/08 - Rn. 17 mwN, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 143 = EzA KSchG § 2 Nr. 75; 15. Januar 2009 - 2 AZR 641/07 - Rn. 13 f., AP KSchG 1969 § 2 Nr. 141).
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2. Danach ist es revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Landesarbeitsgericht angenommen hat, das bisherige Beschäftigungsbedürfnis für den Kläger sei entfallen. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat die Beklagte zum 1. Juli 2004 sämtliche Betriebsmittel der Abteilung BVD-F einschließlich der Halle, der Wiegestation und der Büro- und Unterkunftscontainer sowie alle Kundenverträge ihrer Tochtergesellschaft überlassen.
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3. Diese Organisationsentscheidung der Beklagten war weder offensichtlich unsachlich noch unvernünftig oder willkürlich. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat sich die Beklagte zur Auslagerung der Abteilung BVD-F entschieden, um den dort erwirtschafteten Verlusten entgegenzuwirken und wettbewerbsfähig zu bleiben. Soweit der Kläger rügt, das Landesarbeitsgericht habe es unterlassen, ein von ihm angeregtes Sachverständigengutachten einzuholen, ist dies unzulässig. Der Kläger hat nicht dargelegt, zu welchem Ergebnis das Gutachten voraussichtlich geführt hätte. Im Übrigen kommt es nicht darauf an, ob in der Abteilung BVD-F ein Umsatzrückgang zu verzeichnen war. Dessen Fehlen stellt die vom Landesarbeitsgericht festgestellte defizitäre Entwicklung nicht in Frage. Ohnehin verpflichtet das gesetzliche Kündigungsschutzrecht den Unternehmer nicht etwa dazu, Organisationsänderungen nur dann durchzuführen, wenn er Defizite vermeiden will. Es ist ausreichend, wenn er sie aus nicht willkürlichen Gründen für angezeigt erachtet. Es ist nicht Sache der Gerichte, dem Arbeitgeber eine bestimmte betriebliche oder unternehmerische Organisationsstruktur vorzuschreiben (Senat 29. März 2007 - 2 AZR 31/06 - Rn. 27, EzA KSchG § 2 Nr. 66).
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4. Die Beklagte hat mit dem Änderungsangebot die Grenzen der Verhältnismäßigkeit gewahrt. Es handelt sich nicht - wie die Revision meint - um eine Lohnkürzung bei unverändertem Inhalt der Arbeitspflicht. Die ausgesprochene Änderungskündigung dient nicht der Entgeltreduzierung, sondern der Änderung der Tätigkeit - an diese knüpft sodann die tarifliche Neufestsetzung des Lohns an. Während der Kläger bisher im Betrieb der Beklagten eingesetzt wurde, soll er nunmehr - wenn auch mit den gleichen Arbeiten und am selben Ort wie bisher - als Leiharbeitnehmer in einem Fremdbetrieb tätig werden; dafür erhält er nach der maßgeblichen TVb Nr. 741 eine geringere Vergütung.
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a) Was das mit der Kündigung verbundene Angebot einer neuen Tätigkeit anbelangt, so ist ein Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht erkennbar. Im Kündigungszeitpunkt stand fest, dass der Kläger nach Ablauf der Kündigungsfrist bei der Beklagten infolge des Betriebsübergangs mit den bisherigen Tätigkeiten nicht mehr beschäftigt werden konnte. Das Angebot der Beklagten, den Vertrag so zu ändern, dass sie ihn an die Betriebsübernehmerin würde ausleihen können, damit er dort wie bisher weiter arbeiten könne, diente der Vermeidung einer Beendigungskündigung. Unter diesen Umständen ist eine Änderungskündigung betrieblich bedingt iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG(vgl. Senat 29. März 2007 - 2 AZR 31/06 - Rn. 35, EzA KSchG § 2 Nr. 66). Davon, dass die Beklagte den Kläger auch auf der Grundlage seines bisherigen Arbeitsvertrags im Wege des Direktionsrechts hätte anweisen können, als Leiharbeitnehmer bei der Tochtergesellschaft zu arbeiten, kann nicht ausgegangen werden. Diese Änderung, die einen zentralen Teil des Vertragsinhalts betrifft, hätte einer Vertragsänderung bedurft (Senat 29. März 2007 - 2 AZR 31/06 - aaO). Das gilt umso mehr, als Arbeitnehmern, die in der Abteilung „Frachtservice“ der Beklagten beschäftigt werden, nach der TVb Nr. 741 - nach vorheriger Abstimmung mit dem Betriebsrat - auch Aufgaben in anderen Entleiherbetrieben zugewiesen werden können.
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b) Das Änderungsangebot ist auch hinsichtlich der mit ihm verbundenen Entgeltminderung verhältnismäßig.
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aa) Eine gesonderte Rechtfertigung der Vergütungsänderung ist grundsätzlich entbehrlich, wenn sich die geänderte Vergütung aus einem im Betrieb angewandten Vergütungssystem ergibt („Tarifautomatik“) (Senat 27. November 2008 - 2 AZR 757/07 - Rn. 31 mwN, BAGE 128, 308). Das Gesetz weist den Tarifvertragsparteien eine weitgehende Regelungsmacht mit gesetzesgleicher Wirkung für ihre Mitglieder zu. Das geschieht im Vertrauen darauf, dass die Tarifvertragsparteien in der Lage sind, die Interessen ihrer Mitglieder zu einem angemessenen Ausgleich - auch und gerade im Bereich der Vergütung - zu bringen. Haben also die Tarifvertragsparteien für eine bestimmte Tätigkeit eine bestimmte Vergütung ausgehandelt, ist es in der Regel gerechtfertigt, diese Vergütung als angemessen im Sinne der sozialen Rechtfertigung des Änderungsangebots anzusehen. So liegt es auch hier. Die Beklagte hat dem im Kündigungszeitpunkt tarifgebundenen Kläger die ihm nach der TVb Nr. 741 zustehende Vergütung angetragen.
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bb) Ein Verstoß gegen das Schlechterstellungsverbot des § 9 Nr. 2 AÜG liegt nicht vor. Die Regelung des § 9 Nr. 2 Teilsatz 1 AÜG, nach der Vereinbarungen unwirksam sind, die für den Leiharbeitnehmer für die Zeit der Überlassung an einen Entleiher schlechtere als die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Entgelts vorsehen, ist nach § 9 Nr. 2 Teilsatz 4 AÜG tarifdispositiv und lässt nach ihrem Teilsatz 5 auch Abweichungen durch(insgesamt) in Bezug genommene Tarifverträge zu. Unabhängig davon stellt der Kläger nicht in Abrede, dass die im Betrieb der Tradeport Frankfurt GmbH (mittlerweile umfirmiert in FCS GmbH) zur Anwendung gebrachten Tarifverträge des privaten Transport- und Verkehrsgewerbes für eine vergleichbare Tätigkeit sogar ein geringeres Entgelt vorsehen als die ihm nach der TVb Nr. 741 angetragene Vergütung.
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cc) Auf die vom Kläger ins Spiel gebrachte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Beklagten kommt es für die Angemessenheit der sich aus einem tarifvertraglichen Vergütungssystem ergebenden Vergütung nicht an.
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5. Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die Kündigung sei auch nicht deshalb sozial ungerechtfertigt iSv. § 1 Abs. 2 Satz 2 KSchG, weil die Beklagte die Möglichkeit gehabt hätte, den Kläger anderweitig im Betrieb weiterzubeschäftigen.
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a) Nach § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b KSchG ist die Kündigung auch dann sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiter beschäftigt werden kann. Die Weiterbeschäftigung muss sowohl dem Arbeitnehmer als auch dem Arbeitgeber objektiv möglich und zumutbar sein. Dies setzt voraus, dass ein freier vergleichbarer (gleichwertiger) Arbeitsplatz oder ein freier Arbeitsplatz zu geänderten (schlechteren) Arbeitsbedingungen vorhanden ist und der Arbeitnehmer über die hierfür erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse verfügt (Senat 21. September 2000 - 2 AZR 385/99 - zu B IV 2 a der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 111 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 107). Diese Grundsätze sind auf die Änderungskündigung insoweit übertragbar, als sich der Arbeitnehmer auf die Möglichkeit der Beschäftigung auf einem anderen freien Arbeitsplatz zu ihn weniger belastenden, vergleichbaren oder ggf. auch geänderten Arbeitsbedingungen berufen kann (KR/Rost 9. Aufl. § 2 KSchG Rn. 101 f.).
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b) Der Kläger rügt, das Landesarbeitsgericht habe die Reichweite des § 1 Abs. 2 KSchG verkannt, weil es nicht auch die im Jahr 2003 freigewordenen und wiederbesetzten Stellen berücksichtigt habe. Unabhängig davon, dass es für diese Beurteilung auf die Zeitpunkte des Zugangs der Kündigung und des Auslaufens der Kündigungsfrist ankommt und der Kläger nicht dargelegt hat, welche Stelle die Beklagte iSv. § 162 BGB treuwidrig besetzt habe, durfte das Landesarbeitsgericht vom Fehlen einer solchen Beschäftigungsmöglichkeit ausgehen. Der Kläger hat das entsprechende Vorbringen der Beklagten nicht substantiiert bestritten.
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aa) Im Rahmen der abgestuften Darlegungs- und Beweislast zur anderweitigen Beschäftigungsmöglichkeit genügt es zunächst, dass der Arbeitnehmer angibt, welche andere Beschäftigung er meint. Er muss im Allgemeinen keinen konkreten freien Arbeitsplatz benennen (Senat 15. August 2002 - 2 AZR 195/01 - zu II 1 c aa der Gründe, BAGE 102, 197). Auf die Darlegung des Arbeitnehmers hin, wie er sich eine anderweitige Beschäftigung vorstellt, muss der Arbeitgeber eingehend erläutern, aus welchem Grund eine Beschäftigung auf einem entsprechenden Arbeitsplatz nicht möglich gewesen ist (Senat 24. Juni 2004 - 2 AZR 215/03 - zu B II 3 e der Gründe, AP BGB § 613a Nr. 278 = EzA BGB 2002 § 626 Unkündbarkeit Nr. 5).
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bb) Diesen Anforderungen ist die Beklagte unter Vorlage von Stellenbeschreibungen und Hinweisen auf die jeweiligen Qualifikationsanforderungen nachgekommen, die der Kläger nicht besitze. Dem ist der Kläger nicht hinreichend substantiiert entgegen getreten. Sein pauschaler Vortrag, seine Qualifizierung sei mit einem zeitmäßig verhältnismäßigen Aufwand möglich gewesen, wird seiner Darlegungslast nicht gerecht, weil weder sein Kenntnisstand bei Kündigungsausspruch noch sein Schulungsbedarf nach Inhalt und zeitlichem Umfang ersichtlich werden.
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6. Die Kündigung ist nicht wegen einer unzureichenden sozialen Auswahl unwirksam.
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a) Gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG ist auch eine aus dringenden betrieblichen Erfordernissen ausgesprochene Kündigung sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat. Das Gebot der ausreichenden Berücksichtigung sozialer Gesichtspunkte gilt auch für betriebsbedingte Änderungskündigungen ( § 2 Satz 1 KSchG ). Bei diesen kommt es für die Vergleichbarkeit der Arbeitnehmer nicht nur darauf an, ob die Arbeitnehmer nach ihren bisherigen Tätigkeiten miteinander verglichen und damit gegeneinander ausgetauscht werden können. Die Arbeitnehmer müssen vielmehr auch für die Tätigkeit, die Gegenstand des Änderungsangebots ist, wenigstens annähernd gleich geeignet sein, die Austauschbarkeit muss sich auch auf den mit der Änderungskündigung angebotenen Arbeitsplatz beziehen (Senat 18. Januar 2007 - 2 AZR 796/05 - Rn. 26, AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 89 = EzA KSchG § 2 Nr. 64).
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b) Der Kreis der in die soziale Auswahl einzubeziehenden vergleichbaren Arbeitnehmer bestimmt sich in erster Linie nach arbeitsplatzbezogenen Merkmalen, also nach der ausgeübten Tätigkeit. Die Austauschbarkeit setzt nicht die Gleichheit der Arbeitsplätze voraus, sondern liegt in dem Umfang vor, in welchem der Arbeitnehmer aufgrund seiner bisherigen Tätigkeit und seiner Ausbildung die Aufgaben auf einem anderen - gleichwertigen - Arbeitsplatz ausführen kann. Die Notwendigkeit einer kurzen Einarbeitungszeit steht der Vergleichbarkeit nicht entgegen (Senat 2. März 2006 - 2 AZR 23/05 - Rn. 13, AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 81 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 67). An der Austauschbarkeit fehlt es allerdings, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht im Wege des Direktionsrechts auf den anderen Arbeitsplatz um- oder versetzen kann.
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c) Danach hat der Kläger unter Berücksichtigung des Vorbringens der Beklagten zu den Umständen, die aus ihrer Sicht einer Vergleichbarkeit mit anderen nach der Vergütungsgruppe Vc vergüteten Arbeitnehmern entgegenstehen, nicht konkret dargelegt, welchen Arbeitsplatz er hätte besetzen können und welcher Arbeitnehmer statt seiner ein Angebot zur Weiterbeschäftigung als Leiharbeitnehmer hätten erhalten müssen. Seine Rüge, das Landesarbeitsgericht habe seinen Vortrag im Schriftsatz vom 25. Mai 2007 übergangen, ist unbeachtlich. Sie legt die Entscheidungserheblichkeit des Vortrags nicht dar. Sein Vorbringen, er sei in anderen Bereichen der Bodenverkehrsdienste nach kurzer Einarbeitungszeit einsetzbar gewesen, erschöpft sich in pauschalen Behauptungen und ist einer näheren Prüfung nicht zugänglich. Der Vortrag verhält sich zudem nicht über eine wechselseitige Austauschbarkeit.
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d) Die Beklagte war nicht aus betriebsverfassungsrechtlichen Gründen gehindert, zur sozialen Auswahl vorzutragen, auch wenn die Betriebsratsanhörung hierzu keine Information enthielt.
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Der Arbeitgeber, der bei einer durchgeführten Sozialauswahl bestimmte Arbeitnehmer übersehen oder für nicht vergleichbar gehalten und deshalb dem Betriebsrat die für die soziale Auswahl (objektiv) erheblichen Umstände nicht mitgeteilt hat, ist grundsätzlich berechtigt, seinen Vortrag auf entsprechende Rüge im Prozess zu ergänzen. Darin liegt kein nach § 102 BetrVG unzulässiges Nachschieben von Kündigungsgründen(vgl. Senat 26. März 2009 - 2 AZR 296/07 - Rn. 42, BAGE 130, 182; 21. September 2000 - 2 AZR 385/99 - zu B II 3 b der Gründe mwN, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 111 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 107). Entsprechendes gilt, wenn der Arbeitgeber aus nachvollziehbaren Gründen bei Ausspruch der Kündigung davon ausgegangen ist, eine Sozialauswahl sei insgesamt entbehrlich. Im Streitfall steht überdies nicht die Sozialauswahl im engeren Sinne, sondern nur die Vergleichbarkeit der Arbeitnehmer in Rede. Die Beklagte konnte deshalb ihr Vorbringen ergänzen, ohne durch die Betriebsratsanhörung „präkludiert“ zu sein.
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Kreft
Schmitz-Scholemann
Berger
Krichel
Pitsch
Tenor
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1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 15. Juli 2014 - 7 Sa 662/14 - aufgehoben.
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2. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Potsdam vom 14. Januar 2014 - 3 Ca 1440/13 - abgeändert:
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Es wird festgestellt, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen aufgrund der Änderungskündigung der Beklagten vom 8. Juli 2013 unwirksam ist.
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3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Änderungskündigung.
- 2
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Die Klägerin war bei der Beklagten unter Anrechnung von Beschäftigungszeiten seit August 1987 zuletzt im Betrieb „T“ (nachfolgend DTDB) beschäftigt. Auf ihr Arbeitsverhältnis fanden kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme die für den Betrieb oder Betriebsteil betrieblich bzw. fachlich einschlägigen Tarifverträge in ihrer jeweils gültigen Fassung Anwendung. Bei der Beklagten sind regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt.
- 3
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Unter dem 21. Juni 2011 vereinbarte die Beklagte mit der Gewerkschaft ver.di den „Tarifvertrag Bereichsausnahme DTDB“. Er sah für Beschäftigte im Betrieb DTDB vor, dass auf diese - mit Ausnahme von drei hier nicht interessierenden Regelwerken - nicht die bei der Beklagten geltenden Tarifverträge Anwendung fänden, sondern diejenigen der T D GmbH (TDG) in der jeweils aktuellen Fassung. Die Regelungen des TV Ratio sollten dabei mit der Maßgabe Anwendung finden, dass die Beschäftigungs- und Qualifizierungseinheit (BQE) im Sinne des TV Ratio diejenige im Sinne des TV Ratio der Beklagten (V) sei.
- 4
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Ein TV Ratio der TDG war zum Zeitpunkt des Abschlusses des Tarifvertrags Bereichsausnahme DTDB noch nicht geschlossen. Die Unterzeichnung des „Tarifvertrags Rationalisierungsschutz und Beschäftigungssicherung“ zwischen der TDG und der Gewerkschaft ver.di erfolgte erst im Juli 2013. Die Unterschriftszeile trägt das Datum „01.04.2010“. Nach den Regelungen des TV Ratio TDG sind alle Arbeitnehmer, die vom Wegfall gleicher Arbeitsplätze in ihrer Gesamtheit betroffen werden, in die BQE der TDG zu versetzen. Sie erhalten ein Angebot auf Abschluss eines entsprechenden Änderungsvertrags. Als Alternative zum Abschluss eines Änderungsvertrags können sie einen Auflösungsvertrag mit Abfindungsregelung wählen. Lehne ein Arbeitnehmer diese Angebote ab, erfolge eine Kündigung unter Aufrechterhaltung des Vertragsangebots zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Bedingungen in der BQE. Abweichend von den Bestimmungen des Manteltarifvertrags gelte dafür eine Kündigungsfrist von drei Wochen zum 15. oder zum Ende eines Kalendermonats. Es werde auf die am 1. April 2010 geltenden gesetzlichen, steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen abgestellt. Sollten sich diese ändern, so seien die Tarifvertragsparteien verpflichtet, Verhandlungen über eine entsprechende Anpassung des Tarifvertrags zu führen. In § 17 des Tarifvertrags heißt es, er trete am 1. April 2010 in Kraft.
- 5
-
Die Beklagte legte den Betrieb DTDB zum 31. Juli 2013 still. Zuvor hatte sie am 2. Mai 2013 mit dem Betriebsrat einen Interessenausgleich geschlossen. Sie bot der Klägerin sowohl einen Änderungsvertrag als auch einen Aufhebungsvertrag zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung an. Die Klägerin nahm keines der Angebote an.
- 6
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Nach Anhörung des Betriebsrats und Erstattung einer Massenentlassungsanzeige gegenüber der Agentur für Arbeit kündigte die Beklagte das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 8. Juli 2013 „unter Beachtung der Kündigungsfrist von drei Wochen zum 15. eines Monats oder zum Monatsende mit Wirkung zum Ablauf des 31.07.2013, hilfsweise zum nächst zulässigen Termin“. Zugleich bot sie der Klägerin die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses „ab dem 01.08.2013, hilfsweise ab dem nächst zulässigen Termin … in der Vermittlungs- und Qualifizierungseinheit V … zu den in Abschnitt 1 des TV Ratio TDG (nebst Anlagen) genannten Bedingungen“ an. Die Kündigung ging der Klägerin am 10. Juli 2013 zu. Die Klägerin nahm das Änderungsangebot mit Schreiben vom 11. Juli 2013 unter dem Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung der Änderung der Arbeitsbedingungen an.
- 7
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Die Klägerin hat sich mit der vorliegenden Klage rechtzeitig gegen die Änderung ihrer Arbeitsbedingungen gewandt. Sie ist der Ansicht gewesen, die Änderungskündigung sei mangels hinreichender Bestimmtheit unwirksam. Zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung habe kein wirksamer Tarifvertrag vorgelegen, aus dem sich die angebotenen Änderungen der Arbeitsbedingungen hätten ergeben können. Rückwirkung komme dem TV Ratio TDG trotz der Bestimmung zu seinem Inkrafttreten am 1. April 2010 nicht zu. Dementsprechend sei die Kündigung überdies mit einer zu kurzen Kündigungsfrist erklärt worden und daher unverhältnismäßig. Eine Auslegung bzw. Umdeutung dahingehend, dass die Kündigung zum nächst zulässigen Zeitpunkt wirken solle, komme nicht in Betracht. Im Übrigen kürze der TV Ratio TDG die gesetzlichen Kündigungsfristen in unzulässiger Weise ab. Darüber hinaus sei Folge des erst späteren Wirksamwerdens des Tarifvertrags, dass der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß informiert worden sei.
- 8
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Die Klägerin hat beantragt
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festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen aufgrund der Änderungskündigung der Beklagten vom 8. Juli 2013 sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen unwirksam ist.
- 9
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Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Änderungskündigung für wirksam, insbesondere für hinreichend bestimmt gehalten. Der TV Ratio TDG habe rückwirkend seit dem 1. April 2010 Wirkung entfaltet. Die Beklagte hat behauptet, eine „finalisierte Fassung“ des Tarifvertrags sei für die Beschäftigten seit dem 19. Juni 2013 in ihrem Intranet abrufbar gewesen. Der TV Ratio TDG sei zunächst von der Gewerkschaft und sodann am 4. Juli 2013 von der TDG unterzeichnet worden. In der von beiden Parteien unterschriebenen Fassung sei er an die Gewerkschaft zurückgesandt worden. Dort sei er laut Auskunft von ver.di am 10. Juli 2013, nach Auskunft des Kurierunternehmens am 11. Juli 2013 zugegangen.
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Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe
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Die Revision ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hätte der Änderungsschutzklage auf die Berufung der Klägerin hin stattgeben müssen.
- 12
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I. Die Revision ist entgegen der von der Beklagten geäußerten Zweifel nicht deshalb unbegründet, weil die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts unzulässig gewesen wäre.
- 13
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1. Eine Berufungsbegründung muss gemäß § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 bis Nr. 4 ZPO erkennen lassen, in welchen Punkten tatsächlicher oder rechtlicher Art das angefochtene Urteil nach Ansicht des Berufungsklägers unrichtig ist und auf welchen Gründen diese Ansicht im Einzelnen beruht. Nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung durch das angefochtene Urteil und deren Erheblichkeit für das Ergebnis der Entscheidung ergibt. Die Berufungsbegründung muss deshalb auf den zur Entscheidung stehenden Fall zugeschnitten sein und sich mit den rechtlichen oder tatsächlichen Argumenten des angefochtenen Urteils befassen, wenn sie diese bekämpfen will. Für die erforderliche Auseinandersetzung mit den Urteilsgründen der angefochtenen Entscheidung reicht es nicht aus, die tatsächliche oder rechtliche Würdigung durch das Arbeitsgericht mit formelhaften Wendungen zu rügen und lediglich auf das erstinstanzliche Vorbringen zu verweisen oder dieses zu wiederholen (BAG 13. Mai 2015 - 2 AZR 531/14 - Rn. 18; 11. November 2014 - 3 AZR 404/13 - Rn. 18).
- 14
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2. Die Berufungsbegründung der Klägerin genügt diesen Anforderungen. Sie zeigt ausreichend deutlich auf, in welchen Punkten die Klägerin das erstinstanzliche Urteil für fehlerhaft hält.
- 15
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a) Die Klägerin hat gerügt, der TV Ratio TDG sei erst nach Zugang der Kündigung wirksam geworden und entfalte keine Rückwirkung. Vor Eintritt der Wirksamkeit des TV Ratio TDG sei es rechtlich nicht möglich gewesen, ihr ein Angebot gemäß dessen § 5 Abs. 1 zu unterbreiten. Ohne ein solches Angebot wiederum sei die Kündigung unwirksam. Darüber hinaus sei Folge des erst späteren Wirksamwerdens des Tarifvertrags, dass der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß informiert worden sei. Die Kündigung verstoße daher gegen § 102 BetrVG. Mangels eines wirksamen Tarifvertrags sei auch das mit der Kündigung verbundene Änderungsangebot nicht hinreichend bestimmt gewesen.
- 16
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b) Damit hat sich die Klägerin in ausreichendem Maße gegen das arbeitsgerichtliche Urteil gewandt. Sie hat dargelegt, aus welchen Gründen die Kündigung ihrer Ansicht nach unwirksam sei. Zwar beruhten ihre Ausführungen ausschließlich auf der erst mit der Berufungsbegründung vorgetragenen Tatsache, dass der TV Ratio TDG zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung noch nicht wirksam zustande gekommen sei. Ob dieser Vortrag nach § 67 ArbGG vom Landesarbeitsgericht zu berücksichtigen war, ist aber keine Frage der Zulässigkeit der Berufung, sondern ihrer Begründetheit(vgl. GMP/Germelmann 8. Aufl. § 64 Rn. 76). Es kann offenbleiben, ob es für die Zulässigkeit der Berufung zumindest der Darlegung bedurfte, weshalb das neue Vorbringen nach Auffassung der Klägerin gemäß § 67 ArbGG zuzulassen sei. Die Klägerin hat sich für die fragliche Tatsache auf Ausführungen in dem Urteil eines Arbeitsgerichts berufen, welches erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz im vorliegenden Rechtsstreit verkündet worden war.
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II. Die Änderungsschutzklage (§ 4 Satz 2 KSchG) ist begründet. Das mit der Kündigung der Beklagten vom 8. Juli 2013 verbundene Änderungsangebot war nicht hinreichend bestimmt. Die Änderung der Arbeitsbedingungen aufgrund der Änderungskündigung ist damit unwirksam. Ob sie dies auch aus anderen Gründen ist, bedarf keiner Entscheidung.
- 18
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1. Die Änderungskündigung ist ein aus zwei Willenserklärungen zusammengesetztes Rechtsgeschäft. Zur Kündigungserklärung muss als zweites Element ein bestimmtes, zumindest bestimmbares und somit den Voraussetzungen des § 145 BGB entsprechendes Angebot zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Bedingungen hinzukommen(BAG 20. Februar 2014 - 2 AZR 346/12 - Rn. 38, BAGE 147, 237; 16. Dezember 2010 - 2 AZR 576/09 - Rn. 21). Das Änderungsangebot muss so konkret gefasst sein, dass es der Arbeitnehmer ohne weiteres annehmen kann. Ihm muss klar sein, welche Vertragsbedingungen künftig gelten sollen. Nur so kann er eine abgewogene Entscheidung über die Annahme oder Ablehnung des Angebots treffen. Er muss von Gesetzes wegen innerhalb einer recht kurzen Frist auf das Vertragsangebot des Arbeitgebers reagieren und sich entscheiden, ob er es ablehnt, ob er es mit oder ob er es ohne Vorbehalt annimmt. Schon im Interesse der Rechtssicherheit muss deshalb das Änderungsangebot zweifelsfrei klarstellen, zu welchen Vertragsbedingungen das Arbeitsverhältnis künftig fortbestehen soll. Unklarheiten gehen zu Lasten des Arbeitgebers. Sie führen zur Unwirksamkeit der Änderung der Arbeitsbedingungen (BAG 20. Juni 2013 - 2 AZR 396/12 - Rn. 18; 29. September 2011 - 2 AZR 523/10 - Rn. 29).
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2. Diesen Anforderungen genügte das der Klägerin mit der Änderungskündigung unterbreitete Änderungsangebot nicht.
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a) Das Änderungsangebot lautete auf eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses „ab dem 01.08.2013, hilfsweise ab dem nächst zulässigen Termin … in der Vermittlungs- und Qualifizierungseinheit V der D AG zu den in Abschnitt 1 des TV Ratio TDG (nebst Anlagen) genannten Bedingungen“. Es nahm damit Bezug auf die sich aus dem näher bezeichneten Tarifvertrag ergebenden Bedingungen.
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b) Diese Bedingungen waren zu dem für die Beurteilung der Wirksamkeit der Änderungskündigung maßgeblichen Zeitpunkt ihres Zugangs nicht hinreichend bestimmt oder zumindest bestimmbar. Ein „TV Ratio TDG“ existierte noch nicht. Da er bei Kündigungszugang nicht unter Wahrung des Schriftformerfordernisses des § 1 Abs. 2 TVG zustande gekommen war, lag allenfalls ein abgestimmter Entwurf vor, aber kein Tarifvertrag.
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aa) Das Zustandekommen eines Tarifvertrags als eines privatrechtlichen Vertrags richtet sich nach den Vorschriften des allgemeinen Zivilrechts (BAG 7. Juli 2010 - 4 AZR 1023/08 - Rn. 14). Es bedarf übereinstimmender Willenserklärungen - Antrag und Annahme -, gerichtet auf Abschluss eines Tarifvertrags. Darüber hinaus stellt § 1 Abs. 2 TVG für Tarifverträge ein Schriftformerfordernis iSd. § 126 BGB auf. Tarifverträge müssen schriftlich niedergelegt und von beiden Seiten unterzeichnet werden. Die nötige Schriftform dient der Klarstellung des Vertragsinhalts und damit dem Gebot der Normenklarheit (BAG 10. November 1982 - 4 AZR 1203/79 - BAGE 40, 327; 9. Juli 1980 - 4 AZR 564/78 - BAGE 34, 42).Wird der Antrag auf Abschluss eines Tarifvertrags gegenüber einem Abwesenden erklärt, ist dessen Annahmeerklärung erforderlich. Diese ist wie der Antrag eine empfangsbedürftige Willenserklärung. Ist für einen Vertrag gesetzlich die Schriftform vorgesehen, wird die Annahmeerklärung erst in dem Zeitpunkt wirksam (§ 130 Abs. 1 Satz 1 BGB), in dem sie dem anderen Teil in der vorgeschriebenen Form zugeht (BAG 7. Juli 2010 - 4 AZR 1023/08 - aaO). Es reicht nicht aus, dass der Empfänger des Antrags die Vertragsurkunde unterzeichnet und den anderen Teil hierüber in einer Form, die die Voraussetzungen des § 126 BGB nicht wahrt, in Kenntnis setzt(BAG 7. Juli 2010 - 4 AZR 1023/08 - aaO; BGH 30. Mai 1962 - VIII ZR 173/61 - zu II 2 der Gründe; 30. Juli 1997 - VIII ZR 244/96 - zu II 2 b bb der Gründe mwN; vgl. auch BAG 16. Oktober 1991 - 2 AZR 156/91 - zu II 4 d der Gründe). Etwas anderes gilt nur dann, wenn nach § 151 Satz 1 BGB eine Annahmeerklärung entbehrlich ist(BAG 7. Juli 2010 - 4 AZR 1023/08 - aaO).
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bb) Solange der „TV Ratio TDG“ nicht formwirksam zustande gekommen war, stand nicht zweifelsfrei fest, ob und mit welchem Inhalt er wirksam würde. Solange wiederum war das auf ihn verweisende Änderungsangebot zu unbestimmt.
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(1) Gegen die Unbestimmtheit des Änderungsangebots im Zeitpunkt seines Zugangs bei der Klägerin am 10. Juli 2013 lässt sich nicht mit Erfolg anführen, in einem Arbeitsvertrag könne ggf. auch auf nichtige oder nicht mehr wirksame Tarifverträge Bezug genommen werden, soweit nicht deren inhaltliche Festlegungen auch als arbeitsvertragliche Regelungen nichtig seien (vgl. dazu BAG 14. Dezember 2011 - 4 AZR 26/10 - Rn. 43). Dies besagt nicht, dass die in Bezug genommenen Regelungen nicht jedenfalls hinreichend bestimmt sein müssten. Das wiederum sind sie nicht, solange ihr Inhalt mangels wirksamen Abschlusses noch geändert werden kann.
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(2) Keiner Entscheidung bedarf, ob das Änderungsangebot hinreichend bestimmt gewesen wäre, wenn darin auf eine genau bezeichnete Entwurfsfassung eines noch nicht formwirksam zustande gekommenen Tarifvertrags verwiesen worden wäre. Ein solches Änderungsangebot hat die Beklagte nicht unterbreitet. Es kommt daher auch nicht darauf an, ob eine von der Beklagten so bezeichnete „finalisierte“ Fassung des Tarifvertrags in ihrem Intranet einsehbar war.
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(3) Es wäre auch nicht ausreichend, wenn der Tarifvertrag zwar nach Zugang der Änderungskündigung, aber noch innerhalb der Frist zur Annahme des Änderungsangebots durch die Klägerin zustande gekommen wäre. Das Änderungsangebot muss bereits im Kündigungszeitpunkt hinreichend bestimmt sein. Die Kündigung ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, mit der ein Gestaltungsrecht ausgeübt wird (allgM, vgl. nur APS/Preis 4. Aufl. Grundlagen D Rn. 10). Nur dann, wenn alle Voraussetzungen für die Ausübung des Gestaltungsrechts im Zeitpunkt ihres Zugangs beim Erklärungsgegner vorliegen, kann die - dann wirksame - Kündigung ihr Gestaltungsziel erreichen (APS/Preis aaO Rn. 11). Der Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Kündigung ist daher der ihres Zugangs, ihre Wirksamkeit bestimmt sich nach den in diesem Zeitpunkt gegebenen objektiven Verhältnissen (BAG 23. Oktober 2014 - 2 AZR 644/13 - Rn. 21, BAGE 149, 367; 27. Februar 1997 - 2 AZR 160/96 - zu II 2 c der Gründe, BAGE 85, 194; APS/Preis aaO Rn. 11; für die soziale Rechtfertigung einer Kündigung nach § 1 KSchG KR/Griebeling 10. Aufl. § 1 KSchG Rn. 235 mwN).
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cc) Der TV Ratio TDG war in dem Zeitpunkt, als die Änderungskündigung der Klägerin zuging, noch nicht formwirksam zustande gekommen.
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(1) Unstreitig ist, dass die Originalurkunde des TV Ratio TDG „im Juli 2013“ von beiden Tarifvertragsparteien unterzeichnet wurde.
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(2) Nach dem Vorbringen der Beklagten war die Vertragsurkunde schon am 4. Juli 2013 von beiden Seiten unterschrieben. Die schriftliche Annahme durch die TDG war aber nicht in Anwesenheit des anderen Teils erfolgt und musste daher, um formwahrend zu sein, der Gewerkschaft noch zugehen. Die Beklagte hat vorgetragen, laut Auskunft von ver.di sei dies am 10. Juli 2013 der Fall gewesen, nach Auskunft des beauftragten Kurierunternehmens am 11. Juli 2013. Damit hat die Beklagte als sicher feststehend nur behauptet, die von beiden Seiten unterschriebene Urkunde sei jedenfalls nicht nach dem 11. Juli 2013 bei ver.di eingegangen. Das schließt einen Eingang bei ver.di erst nach Zugang des Kündigungsschreibens bei der Klägerin nicht aus. Diese hat die Änderungskündigung bereits am 10. Juli 2013 erhalten.
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(3) Einer Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht, um der Beklagten Gelegenheit zu geben, ggf. zu einem früheren Zugang vorzutragen, bedurfte es nicht. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Beklagtenvertreter auf Nachfrage erklärt, der Zeitpunkt des Zugangs der Vertragsurkunde bei ver.di sei nicht weiter aufklärbar.
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c) Der Umstand, dass der TV Ratio TDG nach seinem § 17 bereits zum 1. April 2010 in Kraft treten sollte, ändert nichts an der Unbestimmtheit des Änderungsangebots im Zeitpunkt der Kündigung. Es liegt zwar grundsätzlich - soweit Vertrauensschutzgesichtspunkte nicht entgegenstehen - in der Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien, eine rückwirkende Begründung oder Einschränkung tariflicher Ansprüche vorzusehen (vgl. BAG 24. Oktober 2007 - 10 AZR 878/06 - Rn. 18; 17. Juli 2007 - 9 AZR 1089/06 - Rn. 16; 22. Oktober 2003 - 10 AZR 152/03 - zu II 2 a der Gründe, BAGE 108, 176). Der maßgebliche Zeitpunkt für die Wirksamkeit der Kündigung als Ausübung eines Gestaltungsrechts durch einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung ist aber nicht tarifdispositiv.
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III. Die Kosten des Rechtsstreits hat nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO die Beklagte zu tragen.
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Kreft
Niemann
Rachor
Gans
Nielebock
Tenor
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Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 20. März 2013 - 6 Sa 617/12 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Tatbestand
- 1
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Die Parteien streiten über die Wirksamkeit mehrerer außerordentlicher, hilfsweise ordentlicher Kündigungen.
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Die Beklagte ist tätig auf dem Gebiet der Bahnelektrifizierung und Bahnstromversorgung. Sie ist Marktführerin in Deutschland und beschäftigt regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer.
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Der Kläger war bei ihr und ihrer Rechtsvorgängerin seit Oktober 1975, zuletzt als Bereichsleiter Technologie, beschäftigt. Sein Arbeitsort war seit Anfang 2010 O. Der Kläger ist vom Eisenbahn-Bundesamt als Plan- und Abnahmeprüfer auf dem Gebiet der Oberleitungsanlagen mit Rückstromführung und Bahnerdung einschließlich der Statik anerkannt. Er erstellte für die Beklagte Gutachten über elektrische Anlagen. Diese rechnete die Beklagte gegenüber ihren Auftraggebern ab.
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In einem Rechtsstreit über Vergütungsansprüche des Klägers erklärte dieser vor dem Arbeitsgericht am 3. August 2011 zu Protokoll:
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„Im Zusammenhang mit dem Reiseantrag für den Zeitraum vom 17. Februar bis 18. Februar 2011 habe ich meinem Vorgesetzten Herrn Dr. Z mitgeteilt, dass ich am 18. Februar 2011 den Dienstwagen zu einem TÜV-Termin nach Ol bringen werde. Er erwiderte daraufhin,
dass er seinen Wagen auch zum TÜV bringen müsse und dies normal sei.“
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Nach Auffassung der Beklagten war diese Aussage falsch. Die Beklagte sah in dem Verhalten des Klägers den Versuch eines Prozessbetrugs und kündigte das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Schreiben vom 24. August 2011 außerordentlich und fristlos sowie mit Schreiben vom 5. September 2011 hilfsweise ordentlich zum 31. Dezember 2012. Sie hatte zuvor sowohl ihren sog. Montagebetriebsrat als auch den Betriebsrat in O zu den beabsichtigten Kündigungen angehört.
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Die außerordentliche Kündigung vom 24. August 2011 ging dem Kläger am 25. August 2011 zu. Mit einem weiteren Schreiben vom 24. August 2011 widerrief die Beklagte die dem Kläger erteilte Prokura und forderte ihn auf, Firmeneigentum herauszugeben. Nach Zugang beider Schreiben bearbeitete der Kläger eine Prüfanfrage der D GmbH (künftig: D) und leitete dieser den Prüfbericht am 29. August 2011 von seiner Privatadresse aus zu. Er hatte den Bericht mit einem Stempel als Gutachter der Beklagten gekennzeichnet. Die damalige Prozessbevollmächtigte des Klägers teilte der Beklagten mit Schreiben vom 19. September 2011 zu diesem Vorgang ua. mit:
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„Der vorgenannten Schadensminderungspflicht ist unser Mandant nachgekommen, als er der … von Seiten der D GmbH an ihn persönlich gerichtete[n] Anfrage auf Erstellung eines Prüfberichts nachgekommen ist.
…
Mit der Bearbeitung dieses Statik-Prüfberichts für die D GmbH ist unser Mandant daher eindeutig nicht für Ihr Unternehmen tätig geworden.
…
Selbstverständlich also ist festzuhalten, dass unser Mandant diese Prüftätigkeit selbständig und auf eigene Rechnung vorgenommen hat.“
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Nach Anhörung des Montagebetriebsrats und des Betriebsrats O kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Schreiben vom 27. September 2011 erneut außerordentlich und fristlos sowie mit Schreiben vom 4. Oktober 2011 hilfsweise ordentlich zum 31. Dezember 2012.
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Ab dem 1. November 2011 war der Kläger auf der Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrags vom 20. September 2011 für die S GmbH (künftig: S) als „Technischer Support/Gutachter im Fernverkehr“ tätig. Er nahm für diese Planprüfungen und damit verbundene Aufgaben wahr und beriet und unterstützte sie bei der Planerstellung. Nach erneuter Anhörung beider Betriebsräte kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Schreiben vom 22. November 2011 ein weiteres Mal außerordentlich und fristlos sowie mit Schreiben vom 24. November 2011 ordentlich zum 31. Dezember 2012.
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Da der Kläger außerdem einen Prüfauftrag der I GmbH (künftig: I) durchgeführt hatte, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien - abermals nach Anhörung beider Betriebsräte - mit Schreiben vom 6. Dezember 2011 außerordentlich und fristlos sowie mit Schreiben vom 12. Dezember 2011 ordentlich zum 31. Dezember 2012. Bei der I handelt es sich um eine Schwestergesellschaft der Beklagten.
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Gegen sämtliche Kündigungen hat der Kläger rechtzeitig die vorliegende Klage erhoben. Er hat gemeint, es fehle an einem Grund sowohl für die außerordentlichen als auch für die hilfsweise erklärten ordentlichen Kündigungen. Der Versuch eines Prozessbetrugs habe nicht vorgelegen. Bei der Tätigkeit für die D habe er nicht auf eigene Rechnung gearbeitet. Es habe sich daher nicht um eine Konkurrenztätigkeit gehandelt. Die anders lautende Erklärung im Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 19. September 2011 hat der Kläger mit Schriftsatz vom 1. Februar 2012 korrigiert. Er hat vorgetragen, er habe den Auftrag nach Zugang der ersten außerordentlichen Kündigung nur deshalb durchgeführt, weil er sich hierzu gegenüber der D verpflichtet gefühlt habe, insbesondere weil den Auftrag kein anderer Prüfer der Beklagten habe ausführen können. Der Kläger hat weiter vorgebracht, auch mit seiner Tätigkeit für die S sei er nicht in Wettbewerb zu der Beklagten getreten. Zwischen den beiden Unternehmen bestehe keine Konkurrenz im klassischen Sinne. Das Verhältnis zwischen ihnen sei vielmehr in erheblichem Umfang von unternehmerischer Zusammenarbeit geprägt. Die Beklagte selbst habe ihn in Kenntnis seiner Tätigkeit für die S mit Prüfungen beauftragt. Jedenfalls habe er die Interessen der Beklagten durch seine Tätigkeit nicht beeinträchtigt. Außerdem habe es sich, nachdem die Beklagte das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis zuvor gekündigt habe, um eine Übergangslösung gehandelt und nicht um eine auf Dauer angelegte Konkurrenztätigkeit. Auch für die I sei er nicht in Konkurrenz zur Beklagten tätig geworden. Die I sei bei dem betreffenden Projekt als Nachunternehmerin der Beklagten beauftragt gewesen. Er habe zudem bei einem Mitarbeiter der Beklagten nachgefragt, ob seine Beauftragung durch die I von der Beklagten freigegeben sei, was dieser bejaht habe. Der Kläger hat hinsichtlich aller außerordentlichen Kündigungen gerügt, die Beklagte habe die Frist des § 626 Abs. 2 BGB nicht eingehalten. Zu der Kündigung vom 22. November 2011 sei überdies der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß angehört worden.
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Der Kläger hat beantragt
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festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien weder durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 24. August 2011, noch durch die außerordentlichen Kündigungen der Beklagten vom 27. September 2011, 22. November 2011 und 6. Dezember 2011, noch durch die ordentlichen Kündigungen der Beklagten vom 5. September 2011, 4. Oktober 2011, 24. November 2011 und 12. Dezember 2011 beendet worden ist.
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Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat gemeint, die Kündigungen seien jeweils schon als außerordentliche gerechtfertigt. Der Kläger habe für den 18. Februar 2011 Dienstgeschäfte in E vorgetäuscht. Die von ihm in dem Vergütungsrechtsstreit zu Protokoll gegebene Erklärung, er habe seinen Vorgesetzten vorab über seinen Aufenthalt in Ol am 18. Februar 2011 unterrichtet, sei unwahr. Selbst wenn sie wahr wäre, hätte der Kläger sie, die Beklagte, im Zusammenwirken mit seinem Vorgesetzten doch darüber getäuscht, nicht in E, sondern in Ol gewesen zu sein. Mit Blick auf die Erledigung des Auftrags für die D habe sich aufgrund der Angaben im Schreiben der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 19. September 2011 zumindest im Kündigungszeitpunkt der dringende Verdacht einer Konkurrenztätigkeit ergeben. Die Frist des § 626 Abs. 2 BGB sei gewahrt. Sie habe erst mit Eingang der Stellungnahme des Klägers zu laufen begonnen. Auch mit der Tätigkeit für die S habe sich der Kläger in unerlaubten Wettbewerb zu ihr begeben. Der Umstand, dass sie und die S Aufträge gelegentlich in Arbeitsgemeinschaften oder im Haupt- und Subunternehmerverhältnis erledigten, beseitige nicht ihrer beider Konkurrenzverhältnis. Die Prüftätigkeit für die I habe ebenso einer ihrer Arbeitnehmer erbringen können. Ihre Geschäftsführung sei erst am 28. November 2011 über den Sachverhalt informiert worden.
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Das Arbeitsgericht hat die außerordentlichen Kündigungen vom 24. August 2011 und 27. September 2011 als unwirksam angesehen und die Klage im Übrigen abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr auf die Berufung des Klägers insgesamt stattgegeben und die Anschlussberufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt diese ihr Begehren weiter, die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
Entscheidungsgründe
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Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Für die außerordentlichen Kündigungen fehlt es an einem wichtigen Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB, die hilfsweise erklärten ordentlichen Kündigungen sind sozial ungerechtfertigt iSv. § 1 Abs. 2 KSchG.
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I. Die außerordentliche Kündigung vom 24. August 2011 ist nicht gerechtfertigt. In der Protokollerklärung des Klägers in dem vorausgegangenen Rechtsstreit liegt kein wichtiger Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB.
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1. Bewusst wahrheitswidrige Erklärungen, die ein Arbeitnehmer in einem Rechtsstreit mit seinem Arbeitgeber abgibt, weil er befürchtet, mit wahrheitsgemäßen Angaben den Prozess nicht gewinnen zu können, können geeignet sein, eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen (BAG 8. November 2007 - 2 AZR 528/06 - Rn. 17). Dabei kommt es nicht entscheidend auf die strafrechtliche Einordnung an; ein Arbeitnehmer, der bewusst falsch vorträgt, um sich einen Vorteil im Rechtsstreit mit seinem Arbeitgeber zu verschaffen, verletzt in erheblicher Weise seine nach § 241 Abs. 2 BGB bestehende Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen des Arbeitgebers(vgl. BAG 8. November 2007 - 2 AZR 528/06 - aaO).
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2. Ohne Rechtsfehler hat das Landesarbeitsgericht angenommen, es gebe keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Annahme, der Kläger habe die fragliche Protokollerklärung in dem Bewusstsein abgegeben, sich durch wahrheitswidrige Angaben einen Vorteil gegenüber der Beklagten im Rechtsstreit über seine Vergütungsansprüche zu verschaffen.
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a) Es hat dies daraus abgeleitet, dass die Frage, wo der Kläger den Dienstwagen zum TÜV gebracht und seine Arbeitsleistung für die Beklagte erbracht habe, für seinen Vergütungsanspruch ohne Bedeutung gewesen sei. Aus dem weiteren Vorbringen des Klägers in dem Vorprozess ergebe sich, dass auch er selbst diese Frage in keiner Weise für entscheidungserheblich gehalten habe.
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b) Die Beklagte hat demgegenüber geltend macht, in diesem Fall hätte der Kläger nichts befürchten müssen, wenn er wahrheitsgemäße Angaben gemacht hätte. Ein anderer Grund für seine unzutreffende Erklärung als die Absicht, sich dadurch einen Vorteil zu verschaffen, sei daher nicht ersichtlich. Damit zeigt die Beklagte keinen Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts auf. Ein solcher ist auch objektiv nicht ersichtlich. Die Schlussfolgerungen der Beklagten aus dem Prozessverhalten des Klägers sind nicht zwingend. Sie setzen voraus, dass der Kläger bewusst wahrheitswidrige Angaben gemacht hat. Dies ist weder festgestellt noch gibt es dafür objektiv hinreichende Anhaltspunkte. Selbst wenn zugunsten der Beklagten unterstellt wird, die Erklärung des Klägers habe nicht der Wahrheit entsprochen, muss das diesem nicht bewusst gewesen sein. Ebenso gut kann er sich in seiner Erinnerung darüber, ob er seinen Vorgesetzten vorab über den Aufenthalt in Ol am 18. Februar 2011 unterrichtet hatte, getäuscht haben. Die Beklagte trägt die Darlegungslast für den Kündigungsgrund und damit für eine Schädigungsabsicht des Klägers. Dieser ist sie nicht hinreichend nachgekommen. Das Landesarbeitsgericht musste deshalb keinen Beweis darüber erheben, ob die Erklärung des Klägers wahrheitswidrig war.
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II. Ebenso fehlt es an einem wichtigen Grund für die außerordentliche Kündigung vom 27. September 2011. Die Voraussetzungen für eine Kündigung wegen des Verdachts einer schwerwiegenden Pflichtverletzung liegen nicht vor.
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1. In einem Rechtsstreit über die Wirksamkeit einer Verdachtskündigung sind nicht nur die dem Arbeitgeber bei Kündigungsausspruch bekannten Tatsachen von Bedeutung. Es sind auch solche später bekannt gewordenen Umstände zu berücksichtigen, die den ursprünglichen Verdacht abschwächen oder verstärken (BAG 23. Mai 2013 - 2 AZR 102/12 - Rn. 25; 24. Mai 2012 - 2 AZR 206/11 - Rn. 41). Dies gilt zumindest dann, wenn sie bei Kündigungszugang objektiv bereits vorlagen. Der Arbeitgeber kann verdachtserhärtende Tatsachen in den Prozess einführen, die ihm erst nachträglich bekannt geworden sind, der Arbeitnehmer solche, die den Verdacht entkräften. Bei einer Verdachtskündigung muss der Besonderheit Rechnung getragen werden, dass für sie nicht der volle Nachweis einer Pflichtverletzung verlangt wird. Blieben den Arbeitnehmer entlastende Tatsachen, die erst im Prozess zutage getreten sind, außer Betracht, hätte der Arbeitgeber nur nachzuweisen, dass jedenfalls zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung ein dringender Tatverdacht bestand. Das würde der bei der Verdachtskündigung bestehenden Gefahr, einen „Unschuldigen“ zu treffen, nicht gerecht (BAG 24. Mai 2012 - 2 AZR 206/11 - Rn. 42; 12. Mai 2010 - 2 AZR 587/08 - Rn. 28). Die Berücksichtigung später bekannt gewordener Umstände steht entgegen der Auffassung der Beklagten nicht im Widerspruch zu dem Grundsatz, dass sich die Wirksamkeit einer Kündigung nach den bei ihrem Zugang gegebenen - objektiven - Tatsachen richtet (vgl. dazu BAG 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 52, BAGE 134, 349; 27. Februar 1997 - 2 AZR 160/96 - zu II 2 c der Gründe, BAGE 85, 194). Diese erschöpfen sich auch im Fall der Verdachtskündigung nicht etwa notwendig in den dem Arbeitgeber zu diesem Zeitpunkt bekannten Verdachtsmomenten.
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2. Selbst Umstände, die auch objektiv erst nachträglich eingetreten sind, können für die gerichtliche Beurteilung der Wirksamkeit einer Kündigung ausnahmsweise von Bedeutung sein, falls sie die Vorgänge, die zur Kündigung geführt haben, in einem neuen Licht erscheinen lassen (BAG 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 53, BAGE 134, 349; 15. Dezember 1955 - 2 AZR 228/54 - zu III der Gründe, BAGE 2, 245). Dazu müssen zwischen den neuen Vorgängen und den alten Gründen so enge innere Beziehungen bestehen, dass jene nicht außer Acht gelassen werden können, ohne dass ein einheitlicher Lebensvorgang zerrissen würde (BAG 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - aaO mwN). Von Bedeutung kann dies gerade für die Würdigung von verdachtsbegründenden Indiztatsachen sein.
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3. Danach hat das Landesarbeitsgericht in dem Schreiben der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 19. September 2011 zu Recht keine hinreichenden Verdachtsmomente dafür gesehen, dass der Kläger einen der Beklagten erteilten Auftrag der D für eigene Rechnung bearbeitet habe.
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a) Es durfte zum einen berücksichtigen, dass der Kläger die Angaben seiner Prozessbevollmächtigten im Schreiben vom 19. September 2011 nachträglich korrigiert hat. Damit hat er sich von ihnen distanziert. Sie können nicht mehr uneingeschränkt als sein eigenes Eingeständnis gewertet werden und erscheinen dadurch in einem anderen Licht.
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b) Es durfte zum anderen annehmen, dass weitere Verdachtsmomente gegen den Kläger nicht bestünden. Das Landesarbeitsgericht hat ausgeführt, die Beklagte habe bei der D nicht nachgefragt, auf wen die Rechnung für den Auftrag gestellt worden sei. Der Inhalt der Prüfunterlagen spreche dafür, dass der Kläger durch die Verwendung des Stempels der Beklagten deutlich gemacht habe, für diese tätig geworden zu sein. Gegen diese Würdigung bringt die Beklagte keine beachtlichen Einwände vor. Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts sind auch objektiv nicht ersichtlich. Zwar hat es nicht festgestellt, aus welchem Grund es zu den zunächst falschen Angaben der Prozessbevollmächtigten des Klägers gekommen ist. Es hat aber, zumal die Prüfungsunterlagen die Version des Klägers stützten, ersichtlich einen bloßen Abstimmungsfehler für möglich gehalten. Soweit die Beklagte in der Revisionsinstanz geltend gemacht hat, der Kläger habe sehr wohl privat abrechnen wollen und dies nur deshalb nicht getan, weil er über keinen anderen als ihren Stempel verfügt habe, hat sie keine zulässige Verfahrensrüge erhoben. Sie hat nicht dargelegt, dass und an welcher Stelle sie die für diese Annahme sprechenden Umstände in den Vorinstanzen vorgetragen habe. Die Rüge ist zudem unbegründet. Es bliebe auch unter Berücksichtigung dieses Vorbringens dabei, dass es keine hinreichenden Verdachtsmomente dafür gibt, der Kläger sei auf eigene Rechnung tätig geworden.
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III. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Tätigkeit des Klägers für die S ab dem 1. November 2011 stelle keinen wichtigen Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB für die außerordentliche Kündigung vom 22. November 2011 dar. Dies hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.
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1. Ein Arbeitnehmer, der während des bestehenden Arbeitsverhältnisses Konkurrenztätigkeiten entfaltet, verstößt gegen seine Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen des Arbeitgebers aus § 241 Abs. 2 BGB. Es handelt sich in der Regel um eine erhebliche Pflichtverletzung. Sie ist „an sich“ geeignet, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen (BAG 28. Januar 2010 - 2 AZR 1008/08 - Rn. 20; 26. Juni 2008 - 2 AZR 190/07 - Rn. 15 mwN).
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a) Während des rechtlichen Bestehens eines Arbeitsverhältnisses ist einem Arbeitnehmer grundsätzlich jede Konkurrenztätigkeit zum Nachteil seines Arbeitgebers untersagt (BAG 16. Januar 2013 - 10 AZR 560/11 - Rn. 14; 28. Januar 2010 - 2 AZR 1008/08 - Rn. 22). Die für Handlungsgehilfen geltende Regelung des § 60 Abs. 1 HGB normiert einen allgemeinen Rechtsgedanken. Der Arbeitgeber soll vor Wettbewerbshandlungen seines Arbeitnehmers geschützt werden. Der Arbeitnehmer darf im Marktbereich seines Arbeitgebers Dienste und Leistungen nicht Dritten anbieten. Dem Arbeitgeber soll dieser Bereich uneingeschränkt und ohne die Gefahr einer nachteiligen Beeinflussung durch den Arbeitnehmer offenstehen (BAG 28. Januar 2010 - 2 AZR 1008/08 - aaO; 21. November 1996 - 2 AZR 852/95 - zu II 1 a der Gründe). Dem Arbeitnehmer ist aufgrund des Wettbewerbsverbots nicht nur eine Konkurrenztätigkeit im eigenen Namen und Interesse untersagt. Ihm ist ebenso wenig gestattet, einen Wettbewerber des Arbeitgebers zu unterstützen (BAG 28. Januar 2010 - 2 AZR 1008/08 - aaO; 21. November 1996 - 2 AZR 852/95 - aaO). Allerdings darf er, wenn ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot nach § 74 HGB nicht vereinbart ist, schon vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses für die Zeit nach seinem Ausscheiden die Gründung eines eigenen Unternehmens oder den Wechsel zu einem Konkurrenzunternehmen vorbereiten(vgl. BAG 26. Juni 2008 - 2 AZR 190/07 - Rn. 15). Verboten ist lediglich die Aufnahme einer werbenden Tätigkeit, etwa durch Vermittlung von Konkurrenzgeschäften oder aktives Abwerben von Kunden. Bloße Vorbereitungshandlungen erfüllen diese Voraussetzungen regelmäßig nicht (BAG 26. Juni 2008 - 2 AZR 190/07 - aaO).
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b) Das vertragliche Wettbewerbsverbot gilt während der gesamten rechtlichen Dauer des Arbeitsverhältnisses. Ein Arbeitnehmer darf deshalb grundsätzlich auch nach Zugang einer von ihm gerichtlich angegriffenen fristlosen Kündigung des Arbeitgebers keine Konkurrenztätigkeit ausgeübt haben, falls sich die Kündigung später als unwirksam herausstellt. Er ist in der Regel auch während des - für ihn erfolgreichen - Kündigungsschutzprozesses an das vertragliche Wettbewerbsverbot gebunden (BAG 28. Januar 2010 - 2 AZR 1008/08 - Rn. 23; 25. April 1991 - 2 AZR 624/90 - zu B III 3 a der Gründe). Dies gilt unabhängig davon, ob eine Karenzentschädigung angeboten oder er vorläufig weiterbeschäftigt wird (BAG 28. Januar 2010 - 2 AZR 1008/08 - aaO). Seine Obliegenheit aus § 615 Satz 2 BGB, nicht böswillig anderweitigen Erwerb zu unterlassen, rechtfertigt es nicht, eine Konkurrenztätigkeit im Geschäftsbereich des Arbeitgebers aufzunehmen(BAG 25. April 1991 - 2 AZR 624/90 - zu B III 3 a bb der Gründe).
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2. Bei der Prüfung, ob ein Verstoß gegen das vertragliche Wettbewerbsverbot nach Zugang einer - gerichtlich angegriffenen - außerordentlichen Kündigung die weitere Kündigung des Arbeitsverhältnisses - falls es auf sie noch ankommt - rechtfertigen kann, ist im Rahmen der erforderlichen Interessenabwägung (vgl. auch dazu BAG 28. Januar 2010 - 2 AZR 1008/08 - Rn. 26; 25. April 1991 - 2 AZR 624/90 - zu B III 3 b der Gründe) zu berücksichtigen, dass sich in einer solchen Konstellation beide Parteien objektiv vertragswidrig verhalten.
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a) Eine Fallgestaltung wie die vorliegende ist durch ein in sich widersprüchliches Verhalten beider Vertragsparteien gekennzeichnet. Der Arbeitgeber beruft sich vorrangig auf die Wirksamkeit einer schon zuvor erklärten Kündigung, erwartet aber vom Arbeitnehmer ein Verhalten, das dieser nur bei Unwirksamkeit der Kündigung schuldet. Hätte im Übrigen der Arbeitgeber - entsprechend der objektiven Rechtslage - keine Kündigung erklärt, hätte aller Voraussicht nach der Arbeitnehmer keinen Anlass für die Aufnahme einer Konkurrenztätigkeit gehabt. Der Arbeitnehmer wiederum erstrebt die Feststellung einer Unwirksamkeit der früheren Kündigung, verstößt aber mit der Aufnahme von Konkurrenztätigkeiten gegen gerade dann bestehende Unterlassungspflichten.
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b) Auf diese Besonderheiten ist bei der Prüfung, ob dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses trotz der Konkurrenztätigkeit des Arbeitnehmers zumutbar ist, Bedacht zu nehmen. Es spricht dabei zugunsten des Arbeitnehmers, wenn die Wettbewerbstätigkeit erst durch die frühere - unwirksame - Kündigung ausgelöst worden ist (vgl. für einen Handelsvertreter BGH 28. April 1960 - VII ZR 218/59 - zu 6 der Gründe). Dann rechtfertigt die objektiv gegebene Pflichtverletzung des Arbeitnehmers für die Zeit nach Prozessende in der Regel keine negative Verhaltensprognose. Auch ist zu berücksichtigen, ob der Wettbewerb auf eine dauerhafte Konkurrenz zum bisherigen Arbeitgeber angelegt ist oder zunächst nur eine Übergangslösung für den Schwebezustand bis zur Klärung der Rechtslage darstellt (BAG 25. April 1991 - 2 AZR 624/90 - zu B III 3 b bb der Gründe). Von Bedeutung ist ferner, ob dem Arbeitgeber aufgrund der Art und der Auswirkungen der Konkurrenztätigkeit unmittelbar ein Schaden zugefügt wird oder nur eine abstrakte Gefährdung von dessen geschäftlichen Interessen vorliegt (vgl. BAG 25. April 1991 - 2 AZR 624/90 - aaO).
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3. Zu Recht hat danach das Landesarbeitsgericht den Interessen des Klägers an einer Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses den Vorrang gegenüber den Interessen der Beklagten an dessen Beendigung eingeräumt.
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a) Der Kläger hat den Arbeitsvertrag mit der S erst geschlossen und die Tätigkeit für sie erst aufgenommen, nachdem die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien zuvor fristlos gekündigt hatte. Da keine Anhaltspunkte für das Gegenteil vorliegen, lässt dies nur den Schluss zu, dass seine Wettbewerbstätigkeit durch die Kündigung ausgelöst worden ist. Das spricht zudem dafür, dass der Kläger sie lediglich als Ersatz für seine bisherige Tätigkeit aufgenommen hat. Es sind keine Umstände festgestellt oder objektiv erkennbar, die die Annahme rechtfertigten, er hätte es auf eine dauerhafte Konkurrenz zur Beklagten angelegt. Der Kläger hat nicht etwa ein eigenes Unternehmen in Konkurrenz zur Beklagten aufgebaut. Aus dem neu eingegangenen Arbeitsverhältnis konnte er sich für den Fall, dass er mit der Kündigungsschutzklage gegen die Beklagte obsiegen würde, jederzeit - etwa durch Kündigung - wieder lösen.
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b) Das Landesarbeitsgericht durfte zugunsten des Klägers berücksichtigen, dass er durch seine Tätigkeit für die S der Beklagten keinen unmittelbaren Schaden zugefügt hat. Soweit die S für die Beklagte tätig geworden ist, hat er dieser sogar die zeitgerechte Auftragserfüllung gesichert. Die Beklagte weist zwar zutreffend darauf hin, dass ein Wettbewerbsverstoß auch ohne eine konkrete Schädigung vorliegen kann. Darum geht es jedoch nicht. Es geht darum, ob dieser Verstoß eine außerordentliche Kündigung rechtfertigt.
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c) Entgegen der Auffassung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht nicht angenommen, möglicher Gewinn sei im gegebenen Zusammenhang schlechthin kein schützenswertes Interesse. Es hat lediglich gewürdigt, dass der Beklagten ein Gewinn aus den Prüfarbeiten des Klägers nicht deshalb entgangen ist, weil dieser für die S tätig war. Dies sei vielmehr die Folge davon gewesen, dass sie das Arbeitsverhältnis der Parteien zuvor fristlos gekündigt habe, ohne einen Ersatz für den Kläger einzustellen. Das Landesarbeitsgericht hat damit zu Recht eine Kausalität zwischen der Konkurrenztätigkeit des Klägers und einem Gewinnausfall der Beklagten verneint. Auch wenn der Kläger nicht für die S gearbeitet hätte, hätte die Beklagte die von ihm erbrachte Tätigkeit nicht selbst und mit eigenen Arbeitnehmern durchführen können.
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d) Die von der Beklagten vermissten weiteren Gesichtspunkte hat das Landesarbeitsgericht bei der Interessenabwägung nicht unberücksichtigt gelassen. Es hat ihnen nur kein zugunsten der Beklagten ausschlaggebendes Gewicht beigemessen.
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aa) Die mit der Tätigkeit des Klägers verbundene Möglichkeit einer Gewinnerhöhung bei der S hat das Landesarbeitsgericht - wie seine Ausführungen zum Fehlen einer unmittelbaren Schädigung der Beklagten erkennen lassen - zutreffend nicht als einen erschwerenden Umstand erachtet. Ein möglicher wirtschaftlicher Vorteil für das konkurrierende Unternehmen ist einer Konkurrenztätigkeit immanent.
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bb) Das Landesarbeitsgericht hat auch den Grad des Schuldvorwurfs nicht unberücksichtigt gelassen. Es hat vielmehr auf die Besonderheiten einer Konkurrenztätigkeit nach fristloser Kündigung abgestellt. Danach ist dem Arbeitnehmer zwar kein Wettbewerb zu seinem bisherigen Arbeitgeber gestattet, wenn das Arbeitsverhältnis - objektiv - fortbesteht. Die Situation lässt eine gleichwohl aufgenommene Konkurrenztätigkeit aber in der Regel in einem milderen Licht erscheinen. Durch die fristlose Kündigung hatte der Arbeitgeber zu verstehen gegeben, sich seinerseits an vertragliche Pflichten nicht mehr gebunden zu fühlen.
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cc) Auf der Basis der Feststellungen des Landesarbeitsgerichts gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger in vollem Bewusstsein der Tatsache gehandelt hätte, die Beklagte werde seine Konkurrenztätigkeit nicht akzeptieren. Die Beklagte macht zwar geltend, der Kläger habe dies daran erkennen müssen, dass sie schon auf seine Konkurrenztätigkeit für die D mit einer außerordentlichen Kündigung reagiert habe. Aus dem vom Landesarbeitsgericht in Bezug genommenen Kündigungsschreiben vom 27. September 2011 ergibt sich ein solcher Kündigungsgrund aber nicht. Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass und ggf. welche sonstigen Umstände die Annahme rechtfertigen sollten, der Kläger habe im Bewusstsein dessen gehandelt, sie werde seine Tätigkeit für die S keinesfalls akzeptieren. Es kann daher dahinstehen, ob dies anderenfalls zu ihren Gunsten zu werten wäre. Dagegen spricht, dass es nicht auf die subjektive Bereitschaft zur Akzeptanz auf Seiten des Arbeitgebers, sondern darauf ankommt, was diesem objektiv zuzumuten ist (vgl. BAG 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 47, BAGE 134, 349).
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dd) Das Landesarbeitsgericht hat auch berücksichtigt, dass der Kläger nicht nur punktuell, sondern im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses, dh. kontinuierlich für die S tätig geworden ist. Es hat diesen Umstand erkennbar deshalb nicht als erschwerend angesehen, weil damit keine unmittelbare Schädigung der Beklagten einhergegangen sei. Diese habe nicht vorgetragen, dass ihre eigenen Arbeitnehmer, die solche Prüftätigkeiten hätten ausführen können, nicht ausgelastet gewesen seien. Sie habe vielmehr nicht über ausreichende eigene Kapazitäten verfügt, um eine zeitnahe Prüfung sicherzustellen. Diese Würdigung lässt Rechtsfehler nicht erkennen.
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IV. Die außerordentliche Kündigung vom 6. Dezember 2011 ist mangels wichtigen Grundes ebenfalls unwirksam. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
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1. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, auch die auf wettbewerbswidriges Verhalten des Klägers gestützte Kündigung vom 6. Dezember 2011 sei nach § 626 Abs. 1 BGB nicht gerechtfertigt. Bei der I handele es sich um ein Schwesterunternehmen der Beklagten, das für diese bei dem fraglichen Auftrag als Nachunternehmerin tätig geworden sei. Eine Verletzung der Interessen der Beklagten sei nicht ersichtlich.
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2. Die Sachrügen, die die Beklagte gegen diese Würdigung vorbringt, entsprechen denen, die sie gegen die Auffassung des Landesarbeitsgerichts von der Unwirksamkeit der Kündigung vom 22. November 2011 erhoben hat. Sie greifen aus den dargelegten Gründen nicht durch. Hinzu kommt, dass sich die Tätigkeit des Klägers für die I in der Ausführung eines einzelnen Prüfauftrags erschöpfte, für den die I Nachunternehmerin der Beklagten war. Eine fortdauernde Tätigkeit lag nicht vor. Die Verfahrensrüge der Beklagten, das Landesarbeitsgericht habe nicht in Erwägung gezogen, dass sie vorgetragen habe, einer ihrer Arbeitnehmer habe den Auftrag erledigen können, ist unzulässig. Aus dem Tatbestand der angefochtenen Entscheidung ergibt sich lediglich, dass die Beklagte dies erstinstanzlich behauptet hat, nicht aber, was sie dazu im Einzelnen vorgebracht, ob sie für ihr Vorbringen Beweis angetreten und ob sie Vortrag und ggf. Beweisantritt im Berufungsverfahren aufrechterhalten hat. Es ist deshalb nicht ausgeschlossen, dass im Berufungsverfahren unstreitig wurde, die Beklagte sei an der Durchführung des Auftrags schon aus rechtlichen Gründen gehindert gewesen.
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V. Gegen die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die hilfsweise ausgesprochenen ordentlichen Kündigungen seien „aus den gleichen Gründen“ nicht sozial gerechtfertigt iSv. § 1 Abs. 2 KSchG, erhebt die Beklagte keine gesonderten Rügen. Ein Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts ist auch objektiv nicht ersichtlich.
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1. Das Landesarbeitsgericht hat offenbar angenommen, die ordentlichen Kündigungen seien aus eben den Gründen sozial ungerechtfertigt, aus denen die außerordentlichen Kündigungen unwirksam seien. Bei deren Prüfung hat es die Folgen der (teilweise unterstellten) Pflichtverletzungen und den Grad des Verschuldens des Klägers als nicht so schwerwiegend angesehen, dass der Beklagten die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zumindest bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar gewesen sei.
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2. Wenn das Landesarbeitsgericht auf diese Gründe mit Blick auf die ordentlichen Kündigungen Bezug nimmt, bedeutet das, dass es zu dem Ergebnis gelangt ist, der Beklagten sei eine Fortführung des Arbeitsverhältnisses auch über den Ablauf der Kündigungsfrist hinaus zuzumuten. Dies lässt Rechtsfehler nicht erkennen.
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VI. Die Kosten ihrer erfolglosen Revision hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Beklagte zu tragen.
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Kreft
Niemann
Rachor
Frey
Torsten Falke
(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.
(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn
- 1.
in Betrieben des privaten Rechts - a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt, - b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat, - 2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts - a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt, - b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.
(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.
(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.
In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Unternehmer den Betriebsrat über geplante Betriebsänderungen, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben können, rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und die geplanten Betriebsänderungen mit dem Betriebsrat zu beraten. Der Betriebsrat kann in Unternehmen mit mehr als 300 Arbeitnehmern zu seiner Unterstützung einen Berater hinzuziehen; § 80 Abs. 4 gilt entsprechend; im Übrigen bleibt § 80 Abs. 3 unberührt. Als Betriebsänderungen im Sinne des Satzes 1 gelten
- 1.
Einschränkung und Stilllegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen, - 2.
Verlegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen, - 3.
Zusammenschluss mit anderen Betrieben oder die Spaltung von Betrieben, - 4.
grundlegende Änderungen der Betriebsorganisation, des Betriebszwecks oder der Betriebsanlagen, - 5.
Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren.
Tenor
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Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 1. Juni 2011 - 4 Sa 1783/10 - aufgehoben.
-
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
- 1
-
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen betriebsbedingten Kündigung.
- 2
-
Die Beklagte ist ein Unternehmen der Metallindustrie. Der im Mai 1964 geborene Kläger, der über keine abgeschlossene Berufungsausbildung verfügt, ist bei ihr seit dem 15. Oktober 1990 als gewerblicher Arbeitnehmer tätig. Er ist verheiratet sowie drei Kindern gegenüber zum Unterhalt verpflichtet. Seine Einstellung erfolgte „für die Tätigkeit Richtpresse, Rollenrichtmaschine“. Im Arbeitsvertrag behielt sich die Beklagte das Recht vor, ihm eine andere - bei Abwägung der beiderseitigen Belange zumutbare - Arbeit zuzuweisen. Zuletzt erzielte der Kläger einen durchschnittlichen Bruttomonatsverdienst iHv. 2.759,29 Euro.
- 3
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Im April 2010 beschäftigte die Beklagte rund 700 Arbeitnehmer. Bereits im Jahr 2009 war sie in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten, in deren Folge Kurzarbeit eingeführt wurde. Im Juni 2009 vereinbarten die Parteien für die Zeit vom 3. August 2009 bis zum 22. Juli 2011 die Teilnahme des Klägers an einer außerbetrieblichen Qualifizierungsmaßnahme im Rahmen des von der Bundesagentur für Arbeit geförderten Programms „WeGebAU“ (Weiterbildung Geringqualifizierter und beschäftigter älterer Arbeitnehmer in Unternehmen). Gegenstand der Maßnahme war die Umschulung des Klägers zum Verfahrensmechaniker. Anschließend sollte er im Betrieb der Beklagten weiterbeschäftigt werden. Insgesamt nahmen 39 Arbeitnehmer der Beklagten an einer solchen Qualifizierungsmaßnahme teil.
-
Wegen ihrer wirtschaftlichen Schwierigkeiten beschloss die Beklagte, Personal abzubauen. Unter dem Datum des 1. April 2010 vereinbarte sie mit dem Betriebsrat einen Interessenausgleich mit Namensliste. Auf der Liste stehen in alphabetischer Reihenfolge die Namen von 196 Arbeitnehmern, darunter der Name des Klägers. In der Präambel des Interessenausgleichs wird auf das (negative) operative Ergebnis in 2009 mit einem Minus von 21,6 Millionen Euro infolge erheblicher Auftragsrückgänge verwiesen. In Abstimmung mit einer Unternehmensberatung sei ein Strukturkonzept entwickelt worden, über das die Mitarbeiter anlässlich einer Belegschaftsversammlung vom 30. Januar 2010 unterrichtet worden seien. Zur Umsetzung des Strukturkonzepts vereinbarten die Betriebsparteien unter Nr. 2.1, 3.0 und 3.1 des Interessenausgleichs Folgendes:
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„…
2.1 Maßnahmen
…
Zukünftig werden Hierarchieebenen abgebaut und so die Organisations- und Kommunikationsstrukturen verschlankt. Des Weiteren werden Abteilungen/ Werke zusammengefasst, um innerbetriebliche Synergien zu heben. In einem ersten Schritt wird dabei das Press- und Ziehwerk zusammengelegt und die zentralen Dienste/ Instandhaltung in die entsprechenden Bereiche integriert.
Zudem wird zur Anpassung der Kapazitäten ein Wechsel von Drei- auf Zwei-Schicht-Betrieb erfolgen. …
Zur Unterstützung bei den anstehenden Veränderungen und Anpassungen sowie zur Sicherung aktuell bestehender Kompetenz und Qualität im Unternehmen, vereinbaren die Betriebsparteien, bei der Anpassung der Organisation auf deren Erhalt zu achten. Dies kann zukünftig dazu führen, dass höher qualifizierte Mitarbeiter auch entsprechend ihrer Qualifikation andere Tätigkeiten ausführen können und müssen.
…
3.0 Personelle Maßnahmen
...
Insgesamt wird abteilungsübergreifend eine Reduzierung bis zu 240 Mitarbeitern angestrebt. Die Personalzielzahl der zukünftigen Stammbelegschaft zum 31.12.2012 beträgt aus heutiger Sicht ca. 430 Mitarbeiter. Diese Zahl wird erreicht durch die Maßnahmen dieses Interessenausgleichs - Abbau bis zu 240 Mitarbeitern - sowie dem Ausnutzen natürlicher Fluktuation (ATZ, Verrentung etc.). Grundlage hierfür ist der zwischen den Betriebsparteien im Rahmen dieses Interessenausgleichs verabredete Stellenplan. Das Organigramm/der Stellenplan ist Anlage dieses Interessenausgleichs.
Die vorliegende Betriebsänderung erstreckt sich auch auf die bereits jetzt in Folge des WeGebAU-Programms nicht mehr im Betrieb befindlichen Arbeitnehmer. Entgegen der ursprünglichen Absicht, diese weiterqualifizierten Mitarbeiter dann wieder im Unternehmen einzusetzen, mussten die Betriebsparteien übereinstimmend feststellen, dass der Beschäftigungsbedarf für diese Mitarbeiter dauerhaft entfallen ist. Deshalb sind diese auch von der Betriebsänderung betroffen.
3.1 Durchführung der personellen Maßnahme
Die Betriebsparteien werden auf Grundlage des verabredeten Stellenplans anhand von Qualifizierungsmatrixen einen Vergleichsgruppenplan aufstellen und festlegen, welche Arbeitnehmer von der Betriebsänderung betroffen sind. Die Mitarbeiter, die von der Betriebsänderung betroffen sind, werden von den Betriebsparteien in einer Namensliste gemäß § 1 Abs. 5 KSchG zusammengefasst. Die Namensliste ist Gegenstand dieses Interessenausgleichs.
…“
- 5
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Hinsichtlich der Sozialauswahl verständigten sich die Betriebsparteien unter Nr. 3.2 des Interessenausgleichs darauf, eine Vergleichbarkeit von Arbeitnehmern nur bei einer Anlernzeit von bis zu zwölf Wochen anzunehmen. Innerhalb der zu bildenden Vergleichsgruppen sollte die Sozialauswahl nach einem Punkteschema erfolgen. Dabei sollte das Lebensalter mit einer Punktzahl von 0,5 „pro angefangenem Jahr“, die Betriebszugehörigkeit mit 2 Punkten „pro beendetem Jahr“, die Unterhaltspflichten mit 5 Punkten „pro Ehegatten/eingetragene Lebenspartnerschaft“ sowie 5 Punkten „pro Kind gem. Steuerklassenmerkmal“ und die Schwerbehinderung mit 10 Punkten „bei Schwerbehinderung bei einem Grad der Behinderung von 50 oder mehr oder bei erfolgter Gleichstellung“ Berücksichtigung finden. Danach wurde der Kläger mit 76 Punkten der „Vergleichsgruppe 84“ zugeordnet. In dieser Gruppe wurden ausschließlich Mitarbeiter zusammengefasst, die sich in einer „WeGebAU“-Maßnahme befanden. Sofern bis 31. Dezember 2013 Neueinstellungen bei der Beklagten erfolgten, sollten gemäß Nr. 4 des Interessenausgleichs von diesem „betroffene“ Mitarbeiter bei entsprechender Bewerbung „bevorzugt berücksichtigt werden“.
-
Daneben vereinbarten die Betriebsparteien einen Sozialplan. Dieser enthält Abfindungsregelungen und - insoweit unter Ausschluss der Mitarbeiter im „WeGebAU“-Programm - Regelungen zu einem Wechsel von Arbeitnehmern in eine Transfer- oder Qualifizierungsgesellschaft (TQG). Darüber hinaus verständigten sich die Betriebsparteien auf ein zum 1. Mai 2010 geltendes „Soll-Organigramm“, das ua. die künftige Personalstärke einzelner Abteilungen/ Werke ausweist. In einer auf den 1. April 2010 datierten Protokollnotiz heißt es außerdem:
-
„…
Die Betriebsparteien sind sich darüber einig, dass bereits zum jetzigen Zeitpunkt es wahrscheinlich ist, dass aufgrund der sich abzeichnenden wirtschaftlichen Lage mit Abschluss der WeGebAU-Maßnahme jedenfalls für die Herren
•
K
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T
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S
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W
eine Weiterbeschäftigung bei der H GmbH möglich sein wird.
Insoweit verpflichten sich die Betriebsparteien, dass diese Mitarbeiter - aufgrund der in den Verhandlungen zum Interessenausgleich/Sozialplan zwischen den Betriebsparteien getroffenen Zusage - im Unternehmen verbleiben.
…“
- 7
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Mit Schreiben vom 26. April 2010, das dem Kläger am 29. April 2010 zuging, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien - nach Anhörung des Betriebsrats und Erstattung einer Massenentlassungsanzeige - ordentlich zum 31. Juli 2011.
- 8
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Der Kläger hat mit seiner fristgerecht erhobenen Kündigungsschutzklage geltend gemacht, die Kündigung sei sozial ungerechtfertigt. Dringende betriebliche Erfordernisse iSd. § 1 Abs. 2 KSchG lägen nicht vor. Der Interessenausgleich entfalte keine entsprechende Vermutungswirkung. Jedenfalls sei diese durch die Protokollnotiz widerlegt. Hiernach seien die Betriebsparteien - entgegen den Verlautbarungen im Interessenausgleich - nicht von einem vollständigen Wegfall des Beschäftigungsbedarfs der in einer „WeGebAU“-Maßnahme befindlichen Mitarbeiter ausgegangen. Die spätere Entwicklung habe dies bestätigt. Die Beklagte habe eine Vielzahl der zunächst in die TQG gewechselten Arbeitnehmer wieder eingestellt. Auch habe sie sämtliche Auszubildende übernommen und Neueinstellungen vorgenommen. Die soziale Auswahl sei grob fehlerhaft. Das gelte schon für die Vergleichsgruppenbildung. Die Teilnahme an einer Umschulungsmaßnahme im „WeGebAU“-Programm sei ebenso wenig ein sachlicher Grund hierfür wie die vermeintlich geringe Qualifikation dieser Arbeitnehmer. Die Sozialauswahl habe vielmehr arbeitsplatz- und tätigkeitsbezogen durchgeführt werden müssen. Jedenfalls hätten die Betriebsparteien nicht außer Acht lassen dürfen, dass ihm - dem Kläger - die Teilnahme an der Umschulungsmaßnahme mit der Begründung angetragen worden sei, künftig besser vor betriebsbedingter Entlassung geschützt zu sein. Seinem Verlangen aufzuzeigen, nach welchen Kriterien die übrigen Vergleichsgruppen gebildet worden seien, sei die Beklagte nicht nachgekommen. Deshalb sei ohne Weiteres von einer unzureichenden Sozialauswahl auszugehen. Jedenfalls seien im Presswerk bzw. Walzwerk noch acht - namentlich benannte - Arbeitnehmer beschäftigt, die im Vergleich zu ihm deutlich weniger schutzbedürftig seien. Unabhängig davon sei der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß zur Kündigung angehört worden.
-
Der Kläger hat beantragt
-
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 26. April 2010 nicht aufgelöst worden ist.
- 10
-
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, gemäß dem Interessenausgleich sei zu vermuten, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt sei. Weitergehender Ausführungen ihrerseits zum Inhalt des der Betriebsänderung zugrunde liegenden Konzepts und deren Auswirkungen im Arbeitsbereich des Klägers habe es nicht bedurft. Die in der Protokollnotiz getroffenen Regelungen seien nicht geeignet, die Vermutungswirkung des Interessenausgleichs zu widerlegen. Die Namen der dort bezeichneten Arbeitnehmer stünden - unstreitig - auf der Namensliste des Interessenausgleichs. Allerdings habe der Betriebsrat schon während der laufenden Verhandlungen Bedenken gegen deren Sozialauswahl angemeldet. Nach Ausspruch der Kündigungen habe er den Wunsch geäußert, für die vier Arbeitnehmer eine Weiterbeschäftigung zu ermöglichen. Dem sei sie mit der am 22. Juni 2010 erfolgten Unterzeichnung der - rückdatierten - Protokollnotiz nachgekommen. Die Durchführbarkeit der im Interessenausgleich beschlossenen Maßnahmen gehe aus dem „Soll-Organigramm“ hervor. Den Vereinbarungen im Interessenausgleich sei immanent, dass die Arbeitsaufgaben gering qualifizierter Arbeitnehmer künftig von besser ausgebildeten Kräften miterledigt werden sollten. Diese Entscheidung liege auch der Sozialauswahl zugrunde, die weder hinsichtlich des Verfahrens noch des Ergebnisses grob fehlerhaft sei. Die mit Anhörungsbogen vom 19. April 2010 nebst Anlage erfolgte Betriebsratsanhörung sei nicht zu beanstanden.
-
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr stattgegeben und die Revision zugelassen. Mit dieser begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
- 12
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Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann der Kündigungsschutzklage nicht stattgegeben werden. Ob das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 26. April 2010 aufgelöst worden ist, steht noch nicht fest.
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I. Das Landesarbeitsgericht hat ohne Weiteres angenommen, zwischen den Parteien habe im Kündigungszeitpunkt ein Arbeitsverhältnis bestanden. Das begegnet keinen durchgreifenden Bedenken. Zwar absolvierte der Kläger im Kündigungszeitpunkt mit Einverständnis der Beklagten eine außerbetriebliche Umschulungsmaßnahme und hatte zu diesem Zweck mit einem anderen Unternehmen einen Umschulungsvertrag geschlossen. Dieser Umstand steht einem rechtlichen Fortbestand des Arbeitsverhältnisses der Parteien aber nicht entgegen (zum Ruhen bei Abschluss eines Umschulungsvertrags zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vgl. BAG 19. Januar 2006 - 6 AZR 638/04 - Rn. 19, BAGE 117, 20). Ebenso wenig liegen im Streitfall konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass nach dem Willen der Parteien während der Dauer des Umschulungsverhältnisses die ordentliche Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses ausgeschlossen sein sollte. Der Teilnahme des Klägers an einer außerbetrieblichen Qualifizierungsmaßnahme hat die Beklagte dadurch Rechnung getragen, dass sie das Arbeitsverhältnis zu einem Termin nach deren voraussichtlichem Ende gekündigt hat.
- 14
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II. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die Kündigung sei trotz der sich aus dem Interessenausgleich vom 1. April 2010 ergebenden Vermutung nicht durch dringende betriebliche Erfordernisse iSd. § 1 Abs. 2 KSchG bedingt, verletzt § 1 Abs. 5 KSchG sowie § 138 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO. Das Landesarbeitsgericht hat die Anforderungen an eine der Beklagten im Rahmen von § 1 Abs. 5 Satz 1 KSchG obliegende - sekundäre - Darlegungslast überspannt und ist zu dem unzutreffenden Ergebnis gelangt, die Kündigung sei schon deshalb unwirksam, weil die Beklagte es versäumt habe, auf das einfache Bestreiten der Gegenseite das der Kündigung zugrunde liegende Konzept und dessen Auswirkungen auf die Beschäftigungsmöglichkeiten im Arbeitsbereich des Klägers umfassend zu erläutern. Auch seine weitere Begründung, die zu vermutende Betriebsbedingtheit der Kündigung sei jedenfalls durch die Protokollnotiz „vom 1. April 2010“ widerlegt, hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
- 15
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1. Nach § 1 Abs. 5 Satz 1 KSchG wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse iSd. § 1 Abs. 2 KSchG bedingt ist, wenn die Arbeitnehmer, denen aufgrund einer Betriebsänderung nach § 111 BetrVG gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet sind. Dies gilt nicht, soweit sich die Sachlage nach dem Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat (§ 1 Abs. 5 Satz 3 KSchG).
- 16
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2. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 1 Abs. 5 Satz 1 KSchG, für die der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast trägt(BAG 26. März 2009 - 2 AZR 296/07 - Rn. 17 mwN, BAGE 130, 182; 22. Januar 2004 - 2 AZR 111/02 - zu C II der Gründe mwN, AP BetrVG 1972 § 112 Namensliste Nr. 1 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 11), sind im Streitfall erfüllt. Davon geht das Landesarbeitsgericht zutreffend aus.
- 17
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a) Die Kündigung vom 26. April 2010 wurde aufgrund einer Betriebsänderung iSd. § 111 BetrVG ausgesprochen.
- 18
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aa) Besteht die Betriebsänderung in einem bloßen Personalabbau, kommt es für die Frage, ob eine „Einschränkung des Betriebs“ iSv. § 111 Satz 3 Nr. 1 BetrVG vorliegt, auf die Schwellenwerte des § 17 Abs. 1 KSchG an(BAG 23. Februar 2012 - 2 AZR 773/10 - Rn. 14, NZA 2012, 992; 31. Mai 2007 - 2 AZR 254/06 - Rn. 16, AP BetrVG 1972 § 111 Nr. 65 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 12). Der Grenzwert des § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 KSchG ist erreicht. Der Interessenausgleich vom 1. April 2010 sieht den Abbau von bis zu 240 Arbeitsplätzen vor. Aus seinen Regelungen zu Nr. 3.0 und 3.1 geht hervor, dass die betroffenen Arbeitnehmer, soweit der Personalabbau durch Kündigung - ggf. bei Ablehnung eines Angebots zum Wechsel in die TQG - vollzogen werden sollte, allesamt in der ihm beigefügten Namensliste aufgeführt wurden. Allein mit den dort bezeichneten 196 Arbeitnehmern ist bei einer Gesamtzahl von rund 700 Beschäftigten der Schwellenwert „mindestens 30 Arbeitnehmer“ bei Weitem überschritten.
- 19
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bb) Die Art des Auflösungstatbestands ist für die Qualifizierung eines Personalabbaus als Betriebsänderung iSd. § 111 Satz 1 BetrVG ohne Bedeutung. Maßgebend ist allein, dass das Ausscheiden vom Arbeitgeber veranlasst ist (BAG 10. Dezember 1996 - 1 AZR 290/96 - AP BetrVG 1972 § 113 Nr. 32 = EzA BetrVG 1972 § 111 Nr. 34). Das trifft auf die in der Namensliste aufgeführten Arbeitnehmer zu.
- 20
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cc) Der beschlossene Personalabbau erfüllt damit schon für sich genommen die Voraussetzungen einer Betriebsänderung iSd. § 111 Satz 1 BetrVG iVm. § 17 Abs. 1 KSchG, ohne dass es noch auf die beschlossenen Einzelmaßnahmen ankäme(vgl. BAG 15. Dezember 2011 - 2 AZR 42/10 - Rn. 14 mwN, AP KSchG 1969 § 1 Namensliste Nr. 21 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 84; 31. Mai 2007 - 2 AZR 254/06 - Rn. 16 mwN, AP BetrVG 1972 § 111 Nr. 65 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 12).
- 21
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b) Der Kläger ist in der dem Interessenausgleich beigefügten Liste namentlich genannt. Den nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts zufolge ist die Namensliste Bestandteil des Interessenausgleichs. Dem liegt das unstreitige Vorbringen der Beklagten zugrunde, die - ihrerseits von den Betriebsparteien eigenhändig unterzeichnete - Namensliste sei fest mit dem schriftlichen Interessenausgleich verbunden gewesen. Die Einhaltung der Schriftform des § 112 Abs. 1 Satz 1 BetrVG iVm. §§ 125, 126 BGB(dazu BAG 12. Mai 2010 - 2 AZR 551/08 - Rn. 17, AP KSchG 1969 § 1 Namensliste Nr. 20 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 21)wird von der Revision auch nicht infrage gestellt.
- 22
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3. Die sich daraus ergebende Vermutung, die Kündigung sei durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt, hat der Kläger - ausgehend von den Feststellungen im Berufungsurteil - nicht widerlegt.
- 23
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a) Das Landesarbeitsgericht hat gemeint, die Beklagte habe schon keine ausreichenden Tatsachen vorgetragen, die es erforderlich gemacht hätten, die Vermutungswirkung des § 1 Abs. 5 Satz 1 KSchG zu widerlegen. Auch im Rahmen dieser Vorschrift sei der Arbeitgeber gehalten, auf einfaches Bestreiten des Arbeitnehmers hin die Tatsachen, die zum Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses führen sollen, wahrheitsgemäß vorzutragen. Bestehe die Betriebsänderung in einem Personalabbau, müsse der Arbeitgeber - sofern der Interessenausgleich keine entsprechenden Angaben enthalte - das zugrunde liegende unternehmerische Konzept und dessen Umsetzung einschließlich der sich hieraus ergebenden Auswirkungen auf die konkreten Einsatzmöglichkeiten des Arbeitnehmers in den erforderlichen Einzelheiten darlegen. Komme der Arbeitgeber seiner dahingehenden Verpflichtung nicht nach, obwohl der Arbeitnehmer keine eigene Kenntnis von den zur Kündigung führenden Umständen habe, sei die Kündigung ohne Weiteres als sozial ungerechtfertigt anzusehen.
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b) Das überzeugt nicht. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts wird der Vermutungswirkung des Interessenausgleichs und der sich daraus ergebenden Verteilung der Darlegungs- und Beweislast nicht gerecht.
- 25
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aa) Liegen - wie im Streitfall - die Voraussetzungen des § 1 Abs. 5 Satz 1 KSchG vor, wird gemäß § 292 ZPO die rechtliche Folge - das Vorliegen dringender betrieblicher Erfordernisse iSd. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG - ohne weiteren Vortrag des Arbeitgebers gesetzlich vermutet. Diese Vermutung bezieht sich sowohl auf den Wegfall der bisherigen Beschäftigung als auch auf das Fehlen anderer Beschäftigungsmöglichkeiten im Betrieb (vgl. BAG 15. Dezember 2011 - 2 AZR 42/10 - Rn. 24 mwN, AP KSchG 1969 § 1 Namensliste Nr. 21 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 84).
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bb) Nach § 292 ZPO ist(nur) der Beweis des Gegenteils zulässig. Es ist deshalb Sache des Arbeitnehmers darzulegen und im Bestreitensfall zu beweisen, dass in Wirklichkeit eine Beschäftigungsmöglichkeit für ihn weiterhin besteht. Eine bloße Erschütterung der Vermutung reicht nicht aus. Es ist vielmehr ein substantiierter Tatsachenvortrag erforderlich, der den gesetzlich vermuteten Umstand nicht nur in Zweifel zieht, sondern ausschließt (BAG 5. November 2009 - 2 AZR 676/08 - Rn. 17, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 183 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 20; 23. Oktober 2008 - 2 AZR 163/07 - Rn. 37, AP KSchG 1969 § 1 Namensliste Nr. 18 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 16). Der Arbeitnehmer muss darlegen, weshalb der Arbeitsplatz trotz der Betriebsänderung noch vorhanden ist oder wo sonst im Betrieb oder Unternehmen er weiterbeschäftigt werden kann (vgl. BAG 12. März 2009 - 2 AZR 418/07 - Rn. 24 mwN, AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 97 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 17).
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cc) Die von der Regelung des § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG abweichende Verteilung der Darlegungs- und Beweislast trägt dem gesetzgeberischen Anliegen Rechnung, betriebsbedingte Kündigungen in Fällen, in denen eine größere Anzahl von Arbeitnehmern betroffen ist, rechtssicherer zu gestalten(vgl. ErfK/Oetker 13. Aufl. § 1 KSchG Rn. 365; HaKo/Gallner/Mestwerdt 4. Aufl. § 1 KSchG Rn. 685; KR/Griebeling 10. Aufl. § 1 KSchG Rn. 703l ff.; mit gewissen Einschränkungen auch APS/Kiel 4. Aufl. § 1 KSchG Rn. 810). Dies stellt keinen unzulässigen Eingriff in verfassungsrechtlich geschützte Rechtspositionen des Arbeitnehmers dar (BAG 6. September 2007 - 2 AZR 715/06 - Rn. 20, 37, BAGE 124, 48; 5. Dezember 2002 - 2 AZR 571/01 - zu II 2 b der Gründe, BAGE 104, 131). Die Vermutung der Betriebsbedingtheit der Kündigung knüpft an Regelungen an, die der Mitwirkung des Betriebsrats bedürfen und die nicht durch eine Einigungsstelle erzwungen werden können. Der Gesetzgeber durfte bei dieser Sachlage davon ausgehen, dass eine hohe Richtigkeitsgewähr für die betriebsbedingte Notwendigkeit der Kündigungen besteht und die Interessen der Belegschaft typischerweise angemessen durch die Beteiligung des Betriebsrats gewahrt sind (vgl. LAG Niedersachsen 30. Juni 2006 - 10 Sa 1816/05 - zu B II 2 der Gründe, LAGE KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 52).
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dd) Dem Arbeitnehmer können bei der Führung des Gegenbeweises gewisse Erleichterungen nach den Regeln der abgestuften Darlegungs- und Beweislast zugutekommen (BAG 5. November 2009 - 2 AZR 676/08 - Rn. 17, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 183 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 20; 12. März 2009 - 2 AZR 418/07 - Rn. 23, AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 97 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 17). Es entspricht allgemeinen zivilprozessualen Grundsätzen, dass die Gegenseite eine - sekundäre - Behauptungslast trifft, wenn die primär darlegungs- und beweisbelastete Partei außerhalb eines für ihren Anspruch erheblichen Geschehensablaufs steht, während die Gegenseite alle erforderlichen Tatsachen kennt und es ihr zumutbar ist, nähere Angaben zu machen (vgl. BAG 26. Juni 2008 - 2 AZR 264/07 - Rn. 28 mwN, BAGE 127, 102; BGH 24. November 1998 - VI ZR 388/97 - zu II 2 der Gründe, NJW 1999, 714). Im Rahmen von § 1 Abs. 5 Satz 1 KSchG ist zudem zu berücksichtigen, dass es um Eingriffe in grundrechtlich geschützte Rechtspositionen des Arbeitnehmers(Art. 12 Abs. 1 GG)geht. Diesem Schutz ist nicht nur in materiell-rechtlicher Hinsicht, sondern auch bei der Ausgestaltung des Verfahrens angemessen Rechnung zu tragen (vgl. BVerfG 6. Oktober 1999 - 1 BvR 2110/93 - zu IV 3 a der Gründe, AP GG Art. 12 Nr. 112).
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ee) Welche Anforderungen an ein erstes, die sekundäre Behauptungslast des Arbeitgebers auslösendes Vorbringen des Arbeitnehmers zu stellen sind, lässt sich nicht für alle Fälle im Voraus abstrakt festlegen. Sie richten sich vielmehr nach der konkreten Kenntnis und Kenntnismöglichkeit des Arbeitnehmers.
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(1) Grundsätzlich kann von diesem verlangt werden, (zumindest) greifbare Anhaltspunkte zu benennen, aus denen sich die Unrichtigkeit der nach § 1 Abs. 5 Satz 1 KSchG vermuteten Tatsache ergeben soll(vgl. Bram in Bader/ Bram Stand Dezember 2012 § 1 KSchG Rn. 340b). Im Regelfall wird schon der Vortrag des Arbeitgebers zum Vorliegen einer Betriebsänderung iSd. § 111 BetrVG dem Arbeitnehmer gewisse Aufklärung darüber geben, aus welchen Gründen der Beschäftigungsbedarf entfallen sein soll. Daran kann dieser ansetzen und ggf. eigene Nachforschungen anstellen (vgl. ErfK/Oetker 13. Aufl. § 1 KSchG Rn. 365; HaKo/Gallner/Mestwerdt 4. Aufl. § 1 KSchG Rn. 685; Eylert in Schwarze/Eylert/Schrader KSchG § 1 Rn. 540). Hat eine Partei keinen Einblick in die Geschehensabläufe und ist ihr deshalb die Beweisführung erschwert, kann sie auch solche Umstände unter Beweis stellen, die sie aufgrund greifbarer Anhaltspunkte nur vermuten kann. Zu einem unzulässigen Ausforschungsbeweis wird ihr Beweisantrag unter solchen Umständen erst dann, wenn sie, ohne wenigstens greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts aufzuzeigen, Behauptungen „aufs Geratewohl“ oder „ins Blaue hinein“ aufstellt (vgl. BAG 18. September 2008 - 2 AZR 1039/06 - Rn. 33, EzTöD 100 TVöD-AT § 34 Abs. 2 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 13; BGH 15. Mai 2003 - III ZR 7/02 - zu II 2 a der Gründe, BGHReport 2003, 891). Der zur Führung des Gegenbeweises verpflichtete Arbeitnehmer muss deshalb die ihm zur Verfügung stehenden Informationsmöglichkeiten, zu denen eine Nachfrage beim Betriebsrat gehören kann (vgl. Eylert/Schinz AE 2004, 219, 227), tatsächlich ausschöpfen und sich auf dieser Grundlage zu der vermuteten Betriebsbedingtheit der Kündigung erklären.
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(2) Allerdings ist nicht auszuschließen, dass weder aus dem Interessenausgleich Gründe für den Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit hervorgehen noch der Arbeitnehmer in der Lage war, sich aus sonstigen Quellen über diese Gründe zu informieren. Er ist dann schwerlich in der Lage, auch nur Anhaltspunkte dafür vorzutragen, dass die gesetzliche Vermutung des § 1 Abs. 5 Satz 1 KSchG objektiv unrichtig ist. Ob und durch welches Vorbringen des Arbeitnehmers unter diesen Umständen eine sekundäre Behauptungslast des Arbeitgebers ausgelöst werden kann, braucht im Streitfall nicht entschieden zu werden. Diese greift stets nur insoweit ein, wie dem Arbeitnehmer die erforderliche Kenntnismöglichkeit fehlt (vgl. BAG 6. September 2007 - 2 AZR 715/06 - Rn. 38, BAGE 124, 48). Auch ergibt sich aus ihr keine umfassende Verpflichtung des Arbeitgebers, die Betriebsbedingtheit der Kündigung - wie bei Geltung von § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG - substantiiert zu begründen. Es geht lediglich darum, die dem Interessenausgleich zugrunde liegende Betriebsänderung so weit zu verdeutlichen, dass der Arbeitnehmer in die Lage versetzt wird, seiner primären Darlegungs- und Beweislast nachzukommen, mag dies auch weitere Recherchen seinerseits erfordern.
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ff) Danach war die Beklagte nicht verpflichtet, den vom Landesarbeitsgericht vermissten Vortrag zu einem der Kündigung zugrunde liegenden Konzept zu halten.
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(1) Der Kläger hat sich in erster Instanz darauf beschränkt, das Vorliegen dringender betrieblicher Erfordernisse - einfach - zu bestreiten. Im Berufungsrechtszug hat er zur Vermutungswirkung des Interessenausgleichs ausgeführt, diese greife deshalb nicht ein, weil sich die Sachlage nach dessen Abschluss durch die Weiterbeschäftigung mehrerer auf der Namensliste aufgeführter Arbeitnehmer und durch Neueinstellungen wesentlich geändert habe. Im Übrigen hat er die Protokollnotiz vorgelegt und gemeint, daraus ergebe sich die Unrichtigkeit der Vermutung.
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(2) Das Vorbringen macht deutlich, dass der Kläger einen gewissen Einblick in die betrieblichen Verhältnisse durchaus hat. Es sind auch keine Umstände ersichtlich, die erkennen ließen, dass er nicht in der Lage gewesen wäre, sich zumindest mit dem im Interessenausgleich angeführten Auftragsrückgang auseinanderzusetzen und/oder auf die beschlossenen Maßnahmen - insbesondere die Zusammenlegung von Werken und die Umstellung vom Drei- auf ein Zweischichtsystem - einzugehen oder auf dieser Grundlage weitere Nachforschungen anzustellen. Als langjähriger Mitarbeiter der Beklagten dürfte er auch über hinreichend eigene Kenntnisse verfügen, um zumindest ansatzweise einzuschätzen, wie sich die Streichung einer Schicht auf den Personalbedarf in seinem Arbeitsbereich auswirkte. Hinzu kommt, dass dem Betriebsrat ausweislich der Angaben im Interessenausgleich ein der Betriebsänderung zugrunde liegendes Strukturkonzept zur Kenntnis gebracht wurde und anlässlich einer Belegschaftsversammlung vom 30. Januar 2010 - unstreitig - eine „Unterrichtung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“ erfolgte. Dazu, ob er an der Versammlung teilgenommen oder anderweitig von den dort erteilten Auskünften Kenntnis erlangt hat, verhält sich der Kläger nicht. Ebenso wenig nennt er Gründe, die einer Kenntnismöglichkeit entgegenstehen. Das verkennt das Landesarbeitsgericht, welches der Beklagten entgegen hält, es sei „unklar geblieben“ was Gegenstand der betreffenden Unterrichtung gewesen sei. Seine Betriebsabwesenheit im Kündigungszeitpunkt entband den Kläger unter den gegebenen Umständen nicht davon, zumindest Anhaltspunkte vorzutragen, die gegen die Vermutungswirkung des Interessenausgleichs streiten.
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(3) Darauf, ob das mit dem Betriebsrat abgestimmte und auf den 1. Mai 2010 bezogene „Soll-Organigramm“ mit seinen Angaben zur künftigen Personalstärke im Walzwerk (193 Arbeitnehmer) und im Ziehwerk (128 Arbeitnehmer) geeignet war, die Auswirkungen des Personalabbaus auf den Arbeitsplatz des Klägers zu verdeutlichen, kommt es nicht an. Es war primär Sache des Klägers aufzuzeigen, wo Beschäftigungsmöglichkeiten für ihn weiterhin vorhanden sein sollen. Deshalb kommt es auch nicht darauf an, ob das Organigramm - einen anderen Stellenplan gab es nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht - bereits bei Abschluss des Interessenausgleichs vorlag oder von den Betriebsparteien nachträglich erstellt wurde.
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c) Die Vermutungswirkung des Interessenausgleichs ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht durch die auf den 1. April 2010 datierte Protokollnotiz widerlegt.
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aa) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Protokollnotiz und der Interessenausgleich enthielten, was die Beschäftigungsmöglichkeiten der an einer „WeGebAU“-Maßnahme teilnehmenden Arbeitnehmer anbelange, widersprüchliche Aussagen. Da die Betriebsparteien in der Protokollnotiz eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit der dort bezeichneten Arbeitnehmer als wahrscheinlich dargestellt hätten, hätten sie deutlich zu erkennen gegeben, dass die im Interessenausgleich getroffene Aussage zum Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit aller im „WeGebAU“-Programm befindlichen Mitarbeiter nicht mit ihrer tatsächlichen Einschätzung übereinstimme. Stehe aber fest, dass zumindest für vier der in das Programm aufgenommenen Mitarbeiter eine Weiterbeschäftigung zum 1. August 2011 wahrscheinlich möglich sein werde, könne nicht mehr nach § 1 Abs. 5 Satz 1 KSchG vermutet werden, dass für alle(anderen) an der Qualifizierungsmaßnahme teilnehmenden Mitarbeiter eine Beschäftigung nach Abschluss der Qualifizierungsmaßnahme nicht mehr möglich gewesen sei. Das gelte jedenfalls so lange, wie die Beklagte diesen Widerspruch nicht aufgeklärt habe.
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bb) Diese Wertung kann, soweit sie Gegenstand tatrichterlicher Überzeugungsbildung ist, revisionsrechtlich zwar nur daraufhin überprüft werden, ob die Voraussetzungen und Grenzen des § 286 ZPO beachtet sind(zu den Einzelheiten vgl. BAG 21. Juni 2012 - 2 AZR 153/11 - Rn. 22, NZA 2012, 1025; 13. Dezember 2007 - 2 AZR 537/06 - Rn. 19, AP BGB § 626 Nr. 210 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 20). Selbst dieser eingeschränkten Überprüfung hält sie aber nicht stand. Das gilt unabhängig davon, ob die der Würdigung zugrunde liegende Auslegung der Protokollnotiz ihrerseits einer uneingeschränkten Überprüfung unterliegt oder ob - was zugunsten des Klägers unterstellt werden kann - auch diesbezüglich ein beschränkter Maßstab gilt (vgl. dazu BAG 3. Juli 2003 - 2 AZR 437/02 - zu II 1 b der Gründe, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 38 = EzA KSchG § 1 Verdachtskündigung Nr. 2). Es kann deshalb offenbleiben, wie die betreffenden Regelungen rechtlich zu qualifizieren sind.
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(1) Mit der Protokollnotiz haben die Betriebsparteien bezogen auf einen klar begrenzten Personenkreis ihre Einschätzung dokumentiert, „jedenfalls“ eine Weiterbeschäftigung dieser (vier) Mitarbeiter erscheine möglich. Die Regelungen zum Verbleib der Arbeitnehmer im Unternehmen knüpfen erkennbar an Nr. 4 des Interessenausgleichs an.
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(2) Soweit diese Erklärungen überhaupt in Widerspruch zu Aussagen im Interessenausgleich stehen, betrifft dies lediglich die Beschäftigungsmöglichkeiten der vier in der Protokollnotiz genannten Personen. Die Beschäftigungslage der übrigen am „WeGebAU“-Programm teilnehmenden Mitarbeiter war objektiv nicht Gegenstand der zusätzlichen Vereinbarungen und sollte dies nach dem erkennbaren Willen der Betriebsparteien auch nicht sein. Die gleichwohl vom Landesarbeitsgericht gezogene Schlussfolgerung, die Protokollnotiz stelle die im Interessenausgleich dokumentierten Erwägungen zu Einsatzmöglichkeiten der an den fraglichen Qualifizierungsmaßnahmen teilnehmenden Arbeitnehmer generell infrage, entbehrt nicht nur einer tatsächlichen Grundlage. Sie berücksichtigt nicht, dass die in Rede stehende Fehleinschätzung der Betriebsparteien auch rechtlich nichts damit zu tun hat, ob für andere vergleichbare Arbeitnehmer Beschäftigungsmöglichkeiten dauerhaft entfallen sind oder nicht. Allenfalls drängte sich die Frage nach der Sozialauswahl auf. Die Beklagte musste deshalb das dem Personalabbau zugrunde liegende Konzept auch mit Bezug auf die Protokollnotiz nicht umfassend erläutern, zumal sie die aus ihrer Sicht für die Absprache maßgebenden Erwägungen der Betriebsparteien durchaus vorgetragen hat.
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(3) Die betreffenden Vereinbarungen führen nicht dazu, dass die dem Interessenausgleich beigefügte Namensliste als sog. „Teil-Namensliste“ anzusehen wäre. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Beklagte beabsichtigte, statt der in der Protokollnotiz aufgeführten Arbeitnehmer andere Mitarbeiter zu entlassen. Darauf, ob eine „Teil-Namensliste“ eine ausreichende Basis für das Eingreifen der Vermutungswirkung sein kann (zur Problematik BAG 26. März 2009 - 2 AZR 296/07 - Rn. 33, 34, BAGE 130, 182), kommt es daher nicht an. Ebenso wenig besteht Anlass zu der Annahme, die Betriebsparteien hätten die fraglichen vier Mitarbeiter bewusst nur zum Schein auf die Namensliste des Interessenausgleichs gesetzt.
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III. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Es liegt mangels Entscheidungsreife auch kein Fall von § 563 Abs. 3 ZPO vor. Das angefochtene Urteil ist deshalb aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).
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1. Das Landesarbeitsgericht hat sich - von seinem Standpunkt ausgehend konsequent - nicht mit dem Vortrag des Klägers zu erfolgten Neu-/Wiedereinstellungen und der Übernahme von Auszubildenden befasst. Es hat nicht geprüft, ob sich daraus Anhaltspunkte für eine wesentliche Änderung der Sachlage iSd. § 1 Abs. 5 Satz 3 KSchG ergeben. Eine abschließende Beurteilung durch den Senat selbst ist nicht möglich. Dem Vorbringen fehlt derzeit die erforderliche Substanz. Es ist nicht erkennbar, dass die fraglichen Einstellungen/Übernahmen bereits im Zeitpunkt der Kündigung erfolgt oder doch endgültig beschlossen worden wären (dazu BAG 15. Dezember 2011 - 2 AZR 42/10 - Rn. 35, AP KSchG 1969 § 1 Namensliste Nr. 21 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 84; 23. Oktober 2008 - 2 AZR 163/07 - Rn. 49, AP KSchG 1969 § 1 Namensliste Nr. 18 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 16). Es kann aber nicht ausgeschlossen werden, dass der Kläger sein Vorbringen nur deshalb nicht vertieft hat, weil er aufgrund entsprechender Hinweise des Landesarbeitsgerichts der Auffassung sein konnte, dieses gehe davon aus, die Beklagte habe schon keinen ausreichenden Vortrag zum Wegfall seines Arbeitsplatzes geleistet.
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2. Je nach Sachlage wird der Frage nachzugehen sein, ob die Kündigung wegen grob fehlerhafter sozialer Auswahl iSd. § 1 Abs. 3, Abs. 5 Satz 2 KSchG sozial ungerechtfertigt ist und/oder ob ein Unwirksamkeitsgrund iSd. § 102 Abs. 1 BetrVG vorliegt. Im Zusammenhang mit der Sozialauswahl wird das Landesarbeitsgericht insbesondere festzustellen und zu bewerten haben, ob die Beklagte ihre Auskunftspflicht nach § 1 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 KSchG erfüllt hat. Diese besteht uneingeschränkt auch in den Fällen des § 1 Abs. 5 KSchG(vgl. BAG 12. März 2009 - 2 AZR 418/07 - Rn. 31, AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 97 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 17; 21. Februar 2002 - 2 AZR 581/00 - zu B I 5 b der Gründe, EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 10). Da das Vorbringen der Parteien zur Sozialauswahl weitgehend streitig ist, wird für die weitere Sachbehandlung lediglich auf Folgendes hingewiesen:
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a) Die Sozialauswahl ist grob fehlerhaft, wenn eine evidente, ins Auge springende erhebliche Abweichung von den Grundsätzen des § 1 Abs. 3 KSchG vorliegt und der Interessenausgleich jede soziale Ausgewogenheit vermissen lässt(BAG 19. Juli 2012 - 2 AZR 352/11 - Rn. 34, NZA 2013, 86; 15. Dezember 2011 - 2 AZR 42/10 - Rn. 39, AP KSchG 1969 § 1 Namensliste Nr. 21 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 84). Eine grob fehlerhafte Sozialauswahl kann sich auch daraus ergeben, dass der auswahlrelevante Personenkreis evident verkannt wurde (st. Rspr. vgl. BAG 3. April 2008 - 2 AZR 879/06 - AP KSchG 1969 § 1 Namensliste Nr. 17 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 15; 21. September 2006 - 2 AZR 284/06 - Rn. 22 mwN). Dabei muss sich die getroffene Auswahl gerade mit Blick auf den klagenden Arbeitnehmer als grob fehlerhaft erweisen (BAG 10. Juni 2010 - 2 AZR 420/09 - Rn. 19, AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 98 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 22). Nicht entscheidend ist, ob das gewählte Auswahlverfahren als solches zu Beanstandungen Anlass gibt (BAG 19. Juli 2012 - 2 AZR 352/11 - aaO; 10. Juni 2010 - 2 AZR 420/09 - aaO). Dem entspricht es, dass der Arbeitnehmer mit der Kündigungsschutzklage, jedenfalls wenn er ausreichend unterrichtet worden ist (§ 1 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 KSchG), die soziale Auswahl konkret rügen, dh. geltend machen muss, ein bestimmter, mit ihm vergleichbarer Arbeitnehmer sei weniger sozial schutzwürdig, so dass diesem habe gekündigt werden müssen.
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b) Die Darlegungs- und Beweislast für die Tatsachen, aus denen sich die Fehlerhaftigkeit der Sozialauswahl ergibt, liegt grundsätzlich beim Arbeitnehmer. Auch sie ist abgestuft. Der Maßstab der groben Fehlerhaftigkeit ändert daran nichts (BAG 17. November 2005 - 6 AZR 107/05 - Rn. 29, BAGE 116, 213; 21. Februar 2002 - 2 AZR 581/00 - zu B I 5 b der Gründe, EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 10, zu § 1 Abs. 5 KSchG aF). Es ist zunächst Sache des Arbeitnehmers, die grobe Fehlerhaftigkeit der Sozialauswahl darzulegen, sofern er über die erforderlichen Informationen verfügt. Soweit er hierzu nicht in der Lage ist und deswegen den Arbeitgeber zur Mitteilung der Gründe auffordert, die ihn zu der Auswahl veranlasst haben, hat dieser als Folge seiner materiellen Auskunftspflicht gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 KSchG auch im Prozess substantiiert vorzutragen. Seine sich aus der Mitteilungspflicht ergebende Vortragslast ist grundsätzlich auf die subjektiven, von ihm tatsächlich angestellten Auswahlüberlegungen beschränkt. Der Arbeitnehmer hat keinen Anspruch auf die vollständige Auflistung der Sozialdaten aller objektiv vergleichbaren Arbeitnehmer (BAG 18. Januar 2007 - 2 AZR 796/05, 2 AZR 2 AZR 796/05 - Rn. 38, AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 89 = EzA KSchG § 2 Nr. 64).
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c) Gibt der Arbeitgeber keine oder keine vollständige Auskunft, so kann der Arbeitnehmer beim Fehlen eigener Kenntnis seiner aus § 1 Abs. 3 KSchG iVm. § 138 Abs. 1 ZPO herzuleitenden Substantiierungspflicht, die Namen sozial stärkerer Arbeitnehmer zu nennen, nicht genügen. In diesen Fällen ist sein Vortrag, es seien sozial stärkere Arbeitnehmer als er vorhanden, schlüssig und ausreichend (BAG 18. Januar 2007 - 2 AZR 796/05 - Rn. 38, AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 89 = EzA KSchG § 2 Nr. 64; 21. Juli 1988 - 2 AZR 75/88 - AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 17 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 26).
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d) Entsprechende Erwägungen gelten, wenn der Vortrag des Arbeitgebers Anhaltspunkte dafür bietet, er habe die Sozialauswahl - bei Berücksichtigung des Vortrags des Arbeitnehmers - grob fehlerhaft nicht auf vergleichbare Arbeitnehmer erstreckt, und der Arbeitgeber es unterlässt, sein Vorbringen zu vervollständigen. Die aus § 1 Abs. 3 Satz 1 letzter Halbs. KSchG folgende subjektiv determinierte materielle Mitteilungspflicht des Arbeitgebers wird in dieser Konstellation ergänzt durch die prozessuale Erklärungspflicht nach § 138 ZPO. Ergibt sich aus der Mitteilung des Arbeitgebers, dass er Tatsachen, die gemäß § 1 Abs. 5 Satz 2, Abs. 3 KSchG objektiv erheblich sein können, in seine subjektiven Erwägungen nicht einbezogen hat, und trägt der gekündigte Arbeitnehmer nachvollziehbar vor, gerade aus diesen Tatsachen ergebe sich die grobe Fehlerhaftigkeit der sozialen Auswahl, so ist es eine Obliegenheit des Arbeitgebers, seinen Vortrag weiter zu substantiieren. Anderenfalls ist der dem Kenntnisstand des Arbeitnehmers entsprechende und ihm konkreter nicht mögliche Vortrag, soziale Gesichtspunkte seien in grob fehlerhafter Weise unberücksichtigt geblieben, als unstreitig anzusehen (vgl. BAG 18. Januar 2007 - 2 AZR 796/05 - Rn. 39, AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 89 = EzA KSchG § 2 Nr. 64).
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e) Der Kläger hat geltend gemacht, die soziale Auswahl sei deshalb evident fehlerhaft, weil die Beklagte die Auswahl auf die in der „Vergleichsgruppe 84“ zusammengefassten Arbeitnehmer beschränkt habe. Er sei auch mit denjenigen Arbeitnehmern vergleichbar, die fortan die bisher ihm übertragenen Arbeitsaufgaben erledigten und/oder andere gering qualifizierte Tätigkeiten verrichteten, die eine Einarbeitungszeit von bis zu zwölf Wochen erforderten. Das Vorbringen erscheint grundsätzlich geeignet, eine grobe Fehlerhaftigkeit der Sozialauswahl zu begründen. Die Beklagte hat zwar geltend gemacht, der Betriebsänderung sei die Entscheidung „immanent“, künftig keine gering qualifizierten Arbeitnehmer mehr zu beschäftigen. Dafür fehlt es bislang aber - wie das Landesarbeitsgericht richtig gesehen hat - an hinreichenden Anhaltspunkten. Im Übrigen stünde eine solche Entscheidung einer Vergleichbarkeit des Klägers mit besser qualifizierten Arbeitnehmern dann nicht entgegen, wenn es sich bei den fraglichen Arbeitsaufgaben um solche handelt, die eine höhere Qualifikation nicht erfordern, dh. ohne Weiteres von angelernten Kräften verrichtet werden können und von diesen in der Vergangenheit auch verrichtet wurden. Die Beklagte ist ihrer Verpflichtung, dazu im Wege einer abgestuften Darlegungslast substantiiert Stellung zu nehmen, bisher nicht nachgekommen. Sie hat weder erläutert, ob Tätigkeiten, wie sie der Kläger in der Vergangenheit erledigt hat, im Betrieb weiterhin anfallen, noch hat sie dargestellt, woraus sich ein berechtigtes betriebliches Interesse ergeben soll, auf bisher von „ungelernten“ Kräften besetzten Arbeitsplätzen nur noch besser ausgebildete Mitarbeiter einzusetzen.
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f) Die abschließende Beurteilung, ob daraus eine grobe Fehlerhaftigkeit der Sozialauswahl folgt, bleibt dem Landesarbeitsgericht vorbehalten, dem insoweit ein tatrichterlicher Beurteilungsspielraum zukommt. Je nach der Substanz eines etwaigen ergänzenden Vorbringens der Beklagten zu Qualifikationsgesichtspunkten wird sich das Landesarbeitsgericht ggf. mit der Frage zu befassen haben, ob es rechtsmissbräuchlich ist, dass sich die Beklagte auch gegenüber den an einer „WeGebAU“-Maßnahme teilnehmenden Arbeitnehmern auf ein legitimes betriebliches Interesse an der Weiterbeschäftigung besser ausgebildeter Arbeitnehmer beruft.
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Berger
Rinck
Rachor
Gans
Pitsch
Stellt das Gesetz für das Vorhandensein einer Tatsache eine Vermutung auf, so ist der Beweis des Gegenteils zulässig, sofern nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt. Dieser Beweis kann auch durch den Antrag auf Parteivernehmung nach § 445 geführt werden.
Tenor
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Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 1. Juni 2011 - 4 Sa 1783/10 - aufgehoben.
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Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen betriebsbedingten Kündigung.
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Die Beklagte ist ein Unternehmen der Metallindustrie. Der im Mai 1964 geborene Kläger, der über keine abgeschlossene Berufungsausbildung verfügt, ist bei ihr seit dem 15. Oktober 1990 als gewerblicher Arbeitnehmer tätig. Er ist verheiratet sowie drei Kindern gegenüber zum Unterhalt verpflichtet. Seine Einstellung erfolgte „für die Tätigkeit Richtpresse, Rollenrichtmaschine“. Im Arbeitsvertrag behielt sich die Beklagte das Recht vor, ihm eine andere - bei Abwägung der beiderseitigen Belange zumutbare - Arbeit zuzuweisen. Zuletzt erzielte der Kläger einen durchschnittlichen Bruttomonatsverdienst iHv. 2.759,29 Euro.
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Im April 2010 beschäftigte die Beklagte rund 700 Arbeitnehmer. Bereits im Jahr 2009 war sie in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten, in deren Folge Kurzarbeit eingeführt wurde. Im Juni 2009 vereinbarten die Parteien für die Zeit vom 3. August 2009 bis zum 22. Juli 2011 die Teilnahme des Klägers an einer außerbetrieblichen Qualifizierungsmaßnahme im Rahmen des von der Bundesagentur für Arbeit geförderten Programms „WeGebAU“ (Weiterbildung Geringqualifizierter und beschäftigter älterer Arbeitnehmer in Unternehmen). Gegenstand der Maßnahme war die Umschulung des Klägers zum Verfahrensmechaniker. Anschließend sollte er im Betrieb der Beklagten weiterbeschäftigt werden. Insgesamt nahmen 39 Arbeitnehmer der Beklagten an einer solchen Qualifizierungsmaßnahme teil.
-
Wegen ihrer wirtschaftlichen Schwierigkeiten beschloss die Beklagte, Personal abzubauen. Unter dem Datum des 1. April 2010 vereinbarte sie mit dem Betriebsrat einen Interessenausgleich mit Namensliste. Auf der Liste stehen in alphabetischer Reihenfolge die Namen von 196 Arbeitnehmern, darunter der Name des Klägers. In der Präambel des Interessenausgleichs wird auf das (negative) operative Ergebnis in 2009 mit einem Minus von 21,6 Millionen Euro infolge erheblicher Auftragsrückgänge verwiesen. In Abstimmung mit einer Unternehmensberatung sei ein Strukturkonzept entwickelt worden, über das die Mitarbeiter anlässlich einer Belegschaftsversammlung vom 30. Januar 2010 unterrichtet worden seien. Zur Umsetzung des Strukturkonzepts vereinbarten die Betriebsparteien unter Nr. 2.1, 3.0 und 3.1 des Interessenausgleichs Folgendes:
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„…
2.1 Maßnahmen
…
Zukünftig werden Hierarchieebenen abgebaut und so die Organisations- und Kommunikationsstrukturen verschlankt. Des Weiteren werden Abteilungen/ Werke zusammengefasst, um innerbetriebliche Synergien zu heben. In einem ersten Schritt wird dabei das Press- und Ziehwerk zusammengelegt und die zentralen Dienste/ Instandhaltung in die entsprechenden Bereiche integriert.
Zudem wird zur Anpassung der Kapazitäten ein Wechsel von Drei- auf Zwei-Schicht-Betrieb erfolgen. …
Zur Unterstützung bei den anstehenden Veränderungen und Anpassungen sowie zur Sicherung aktuell bestehender Kompetenz und Qualität im Unternehmen, vereinbaren die Betriebsparteien, bei der Anpassung der Organisation auf deren Erhalt zu achten. Dies kann zukünftig dazu führen, dass höher qualifizierte Mitarbeiter auch entsprechend ihrer Qualifikation andere Tätigkeiten ausführen können und müssen.
…
3.0 Personelle Maßnahmen
...
Insgesamt wird abteilungsübergreifend eine Reduzierung bis zu 240 Mitarbeitern angestrebt. Die Personalzielzahl der zukünftigen Stammbelegschaft zum 31.12.2012 beträgt aus heutiger Sicht ca. 430 Mitarbeiter. Diese Zahl wird erreicht durch die Maßnahmen dieses Interessenausgleichs - Abbau bis zu 240 Mitarbeitern - sowie dem Ausnutzen natürlicher Fluktuation (ATZ, Verrentung etc.). Grundlage hierfür ist der zwischen den Betriebsparteien im Rahmen dieses Interessenausgleichs verabredete Stellenplan. Das Organigramm/der Stellenplan ist Anlage dieses Interessenausgleichs.
Die vorliegende Betriebsänderung erstreckt sich auch auf die bereits jetzt in Folge des WeGebAU-Programms nicht mehr im Betrieb befindlichen Arbeitnehmer. Entgegen der ursprünglichen Absicht, diese weiterqualifizierten Mitarbeiter dann wieder im Unternehmen einzusetzen, mussten die Betriebsparteien übereinstimmend feststellen, dass der Beschäftigungsbedarf für diese Mitarbeiter dauerhaft entfallen ist. Deshalb sind diese auch von der Betriebsänderung betroffen.
3.1 Durchführung der personellen Maßnahme
Die Betriebsparteien werden auf Grundlage des verabredeten Stellenplans anhand von Qualifizierungsmatrixen einen Vergleichsgruppenplan aufstellen und festlegen, welche Arbeitnehmer von der Betriebsänderung betroffen sind. Die Mitarbeiter, die von der Betriebsänderung betroffen sind, werden von den Betriebsparteien in einer Namensliste gemäß § 1 Abs. 5 KSchG zusammengefasst. Die Namensliste ist Gegenstand dieses Interessenausgleichs.
…“
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Hinsichtlich der Sozialauswahl verständigten sich die Betriebsparteien unter Nr. 3.2 des Interessenausgleichs darauf, eine Vergleichbarkeit von Arbeitnehmern nur bei einer Anlernzeit von bis zu zwölf Wochen anzunehmen. Innerhalb der zu bildenden Vergleichsgruppen sollte die Sozialauswahl nach einem Punkteschema erfolgen. Dabei sollte das Lebensalter mit einer Punktzahl von 0,5 „pro angefangenem Jahr“, die Betriebszugehörigkeit mit 2 Punkten „pro beendetem Jahr“, die Unterhaltspflichten mit 5 Punkten „pro Ehegatten/eingetragene Lebenspartnerschaft“ sowie 5 Punkten „pro Kind gem. Steuerklassenmerkmal“ und die Schwerbehinderung mit 10 Punkten „bei Schwerbehinderung bei einem Grad der Behinderung von 50 oder mehr oder bei erfolgter Gleichstellung“ Berücksichtigung finden. Danach wurde der Kläger mit 76 Punkten der „Vergleichsgruppe 84“ zugeordnet. In dieser Gruppe wurden ausschließlich Mitarbeiter zusammengefasst, die sich in einer „WeGebAU“-Maßnahme befanden. Sofern bis 31. Dezember 2013 Neueinstellungen bei der Beklagten erfolgten, sollten gemäß Nr. 4 des Interessenausgleichs von diesem „betroffene“ Mitarbeiter bei entsprechender Bewerbung „bevorzugt berücksichtigt werden“.
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Daneben vereinbarten die Betriebsparteien einen Sozialplan. Dieser enthält Abfindungsregelungen und - insoweit unter Ausschluss der Mitarbeiter im „WeGebAU“-Programm - Regelungen zu einem Wechsel von Arbeitnehmern in eine Transfer- oder Qualifizierungsgesellschaft (TQG). Darüber hinaus verständigten sich die Betriebsparteien auf ein zum 1. Mai 2010 geltendes „Soll-Organigramm“, das ua. die künftige Personalstärke einzelner Abteilungen/ Werke ausweist. In einer auf den 1. April 2010 datierten Protokollnotiz heißt es außerdem:
-
„…
Die Betriebsparteien sind sich darüber einig, dass bereits zum jetzigen Zeitpunkt es wahrscheinlich ist, dass aufgrund der sich abzeichnenden wirtschaftlichen Lage mit Abschluss der WeGebAU-Maßnahme jedenfalls für die Herren
•
K
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T
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S
•
W
eine Weiterbeschäftigung bei der H GmbH möglich sein wird.
Insoweit verpflichten sich die Betriebsparteien, dass diese Mitarbeiter - aufgrund der in den Verhandlungen zum Interessenausgleich/Sozialplan zwischen den Betriebsparteien getroffenen Zusage - im Unternehmen verbleiben.
…“
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Mit Schreiben vom 26. April 2010, das dem Kläger am 29. April 2010 zuging, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien - nach Anhörung des Betriebsrats und Erstattung einer Massenentlassungsanzeige - ordentlich zum 31. Juli 2011.
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Der Kläger hat mit seiner fristgerecht erhobenen Kündigungsschutzklage geltend gemacht, die Kündigung sei sozial ungerechtfertigt. Dringende betriebliche Erfordernisse iSd. § 1 Abs. 2 KSchG lägen nicht vor. Der Interessenausgleich entfalte keine entsprechende Vermutungswirkung. Jedenfalls sei diese durch die Protokollnotiz widerlegt. Hiernach seien die Betriebsparteien - entgegen den Verlautbarungen im Interessenausgleich - nicht von einem vollständigen Wegfall des Beschäftigungsbedarfs der in einer „WeGebAU“-Maßnahme befindlichen Mitarbeiter ausgegangen. Die spätere Entwicklung habe dies bestätigt. Die Beklagte habe eine Vielzahl der zunächst in die TQG gewechselten Arbeitnehmer wieder eingestellt. Auch habe sie sämtliche Auszubildende übernommen und Neueinstellungen vorgenommen. Die soziale Auswahl sei grob fehlerhaft. Das gelte schon für die Vergleichsgruppenbildung. Die Teilnahme an einer Umschulungsmaßnahme im „WeGebAU“-Programm sei ebenso wenig ein sachlicher Grund hierfür wie die vermeintlich geringe Qualifikation dieser Arbeitnehmer. Die Sozialauswahl habe vielmehr arbeitsplatz- und tätigkeitsbezogen durchgeführt werden müssen. Jedenfalls hätten die Betriebsparteien nicht außer Acht lassen dürfen, dass ihm - dem Kläger - die Teilnahme an der Umschulungsmaßnahme mit der Begründung angetragen worden sei, künftig besser vor betriebsbedingter Entlassung geschützt zu sein. Seinem Verlangen aufzuzeigen, nach welchen Kriterien die übrigen Vergleichsgruppen gebildet worden seien, sei die Beklagte nicht nachgekommen. Deshalb sei ohne Weiteres von einer unzureichenden Sozialauswahl auszugehen. Jedenfalls seien im Presswerk bzw. Walzwerk noch acht - namentlich benannte - Arbeitnehmer beschäftigt, die im Vergleich zu ihm deutlich weniger schutzbedürftig seien. Unabhängig davon sei der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß zur Kündigung angehört worden.
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Der Kläger hat beantragt
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festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 26. April 2010 nicht aufgelöst worden ist.
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Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, gemäß dem Interessenausgleich sei zu vermuten, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt sei. Weitergehender Ausführungen ihrerseits zum Inhalt des der Betriebsänderung zugrunde liegenden Konzepts und deren Auswirkungen im Arbeitsbereich des Klägers habe es nicht bedurft. Die in der Protokollnotiz getroffenen Regelungen seien nicht geeignet, die Vermutungswirkung des Interessenausgleichs zu widerlegen. Die Namen der dort bezeichneten Arbeitnehmer stünden - unstreitig - auf der Namensliste des Interessenausgleichs. Allerdings habe der Betriebsrat schon während der laufenden Verhandlungen Bedenken gegen deren Sozialauswahl angemeldet. Nach Ausspruch der Kündigungen habe er den Wunsch geäußert, für die vier Arbeitnehmer eine Weiterbeschäftigung zu ermöglichen. Dem sei sie mit der am 22. Juni 2010 erfolgten Unterzeichnung der - rückdatierten - Protokollnotiz nachgekommen. Die Durchführbarkeit der im Interessenausgleich beschlossenen Maßnahmen gehe aus dem „Soll-Organigramm“ hervor. Den Vereinbarungen im Interessenausgleich sei immanent, dass die Arbeitsaufgaben gering qualifizierter Arbeitnehmer künftig von besser ausgebildeten Kräften miterledigt werden sollten. Diese Entscheidung liege auch der Sozialauswahl zugrunde, die weder hinsichtlich des Verfahrens noch des Ergebnisses grob fehlerhaft sei. Die mit Anhörungsbogen vom 19. April 2010 nebst Anlage erfolgte Betriebsratsanhörung sei nicht zu beanstanden.
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Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr stattgegeben und die Revision zugelassen. Mit dieser begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
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Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann der Kündigungsschutzklage nicht stattgegeben werden. Ob das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 26. April 2010 aufgelöst worden ist, steht noch nicht fest.
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I. Das Landesarbeitsgericht hat ohne Weiteres angenommen, zwischen den Parteien habe im Kündigungszeitpunkt ein Arbeitsverhältnis bestanden. Das begegnet keinen durchgreifenden Bedenken. Zwar absolvierte der Kläger im Kündigungszeitpunkt mit Einverständnis der Beklagten eine außerbetriebliche Umschulungsmaßnahme und hatte zu diesem Zweck mit einem anderen Unternehmen einen Umschulungsvertrag geschlossen. Dieser Umstand steht einem rechtlichen Fortbestand des Arbeitsverhältnisses der Parteien aber nicht entgegen (zum Ruhen bei Abschluss eines Umschulungsvertrags zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vgl. BAG 19. Januar 2006 - 6 AZR 638/04 - Rn. 19, BAGE 117, 20). Ebenso wenig liegen im Streitfall konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass nach dem Willen der Parteien während der Dauer des Umschulungsverhältnisses die ordentliche Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses ausgeschlossen sein sollte. Der Teilnahme des Klägers an einer außerbetrieblichen Qualifizierungsmaßnahme hat die Beklagte dadurch Rechnung getragen, dass sie das Arbeitsverhältnis zu einem Termin nach deren voraussichtlichem Ende gekündigt hat.
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II. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die Kündigung sei trotz der sich aus dem Interessenausgleich vom 1. April 2010 ergebenden Vermutung nicht durch dringende betriebliche Erfordernisse iSd. § 1 Abs. 2 KSchG bedingt, verletzt § 1 Abs. 5 KSchG sowie § 138 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO. Das Landesarbeitsgericht hat die Anforderungen an eine der Beklagten im Rahmen von § 1 Abs. 5 Satz 1 KSchG obliegende - sekundäre - Darlegungslast überspannt und ist zu dem unzutreffenden Ergebnis gelangt, die Kündigung sei schon deshalb unwirksam, weil die Beklagte es versäumt habe, auf das einfache Bestreiten der Gegenseite das der Kündigung zugrunde liegende Konzept und dessen Auswirkungen auf die Beschäftigungsmöglichkeiten im Arbeitsbereich des Klägers umfassend zu erläutern. Auch seine weitere Begründung, die zu vermutende Betriebsbedingtheit der Kündigung sei jedenfalls durch die Protokollnotiz „vom 1. April 2010“ widerlegt, hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
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1. Nach § 1 Abs. 5 Satz 1 KSchG wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse iSd. § 1 Abs. 2 KSchG bedingt ist, wenn die Arbeitnehmer, denen aufgrund einer Betriebsänderung nach § 111 BetrVG gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet sind. Dies gilt nicht, soweit sich die Sachlage nach dem Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat (§ 1 Abs. 5 Satz 3 KSchG).
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2. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 1 Abs. 5 Satz 1 KSchG, für die der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast trägt(BAG 26. März 2009 - 2 AZR 296/07 - Rn. 17 mwN, BAGE 130, 182; 22. Januar 2004 - 2 AZR 111/02 - zu C II der Gründe mwN, AP BetrVG 1972 § 112 Namensliste Nr. 1 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 11), sind im Streitfall erfüllt. Davon geht das Landesarbeitsgericht zutreffend aus.
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a) Die Kündigung vom 26. April 2010 wurde aufgrund einer Betriebsänderung iSd. § 111 BetrVG ausgesprochen.
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aa) Besteht die Betriebsänderung in einem bloßen Personalabbau, kommt es für die Frage, ob eine „Einschränkung des Betriebs“ iSv. § 111 Satz 3 Nr. 1 BetrVG vorliegt, auf die Schwellenwerte des § 17 Abs. 1 KSchG an(BAG 23. Februar 2012 - 2 AZR 773/10 - Rn. 14, NZA 2012, 992; 31. Mai 2007 - 2 AZR 254/06 - Rn. 16, AP BetrVG 1972 § 111 Nr. 65 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 12). Der Grenzwert des § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 KSchG ist erreicht. Der Interessenausgleich vom 1. April 2010 sieht den Abbau von bis zu 240 Arbeitsplätzen vor. Aus seinen Regelungen zu Nr. 3.0 und 3.1 geht hervor, dass die betroffenen Arbeitnehmer, soweit der Personalabbau durch Kündigung - ggf. bei Ablehnung eines Angebots zum Wechsel in die TQG - vollzogen werden sollte, allesamt in der ihm beigefügten Namensliste aufgeführt wurden. Allein mit den dort bezeichneten 196 Arbeitnehmern ist bei einer Gesamtzahl von rund 700 Beschäftigten der Schwellenwert „mindestens 30 Arbeitnehmer“ bei Weitem überschritten.
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bb) Die Art des Auflösungstatbestands ist für die Qualifizierung eines Personalabbaus als Betriebsänderung iSd. § 111 Satz 1 BetrVG ohne Bedeutung. Maßgebend ist allein, dass das Ausscheiden vom Arbeitgeber veranlasst ist (BAG 10. Dezember 1996 - 1 AZR 290/96 - AP BetrVG 1972 § 113 Nr. 32 = EzA BetrVG 1972 § 111 Nr. 34). Das trifft auf die in der Namensliste aufgeführten Arbeitnehmer zu.
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cc) Der beschlossene Personalabbau erfüllt damit schon für sich genommen die Voraussetzungen einer Betriebsänderung iSd. § 111 Satz 1 BetrVG iVm. § 17 Abs. 1 KSchG, ohne dass es noch auf die beschlossenen Einzelmaßnahmen ankäme(vgl. BAG 15. Dezember 2011 - 2 AZR 42/10 - Rn. 14 mwN, AP KSchG 1969 § 1 Namensliste Nr. 21 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 84; 31. Mai 2007 - 2 AZR 254/06 - Rn. 16 mwN, AP BetrVG 1972 § 111 Nr. 65 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 12).
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b) Der Kläger ist in der dem Interessenausgleich beigefügten Liste namentlich genannt. Den nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts zufolge ist die Namensliste Bestandteil des Interessenausgleichs. Dem liegt das unstreitige Vorbringen der Beklagten zugrunde, die - ihrerseits von den Betriebsparteien eigenhändig unterzeichnete - Namensliste sei fest mit dem schriftlichen Interessenausgleich verbunden gewesen. Die Einhaltung der Schriftform des § 112 Abs. 1 Satz 1 BetrVG iVm. §§ 125, 126 BGB(dazu BAG 12. Mai 2010 - 2 AZR 551/08 - Rn. 17, AP KSchG 1969 § 1 Namensliste Nr. 20 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 21)wird von der Revision auch nicht infrage gestellt.
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3. Die sich daraus ergebende Vermutung, die Kündigung sei durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt, hat der Kläger - ausgehend von den Feststellungen im Berufungsurteil - nicht widerlegt.
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a) Das Landesarbeitsgericht hat gemeint, die Beklagte habe schon keine ausreichenden Tatsachen vorgetragen, die es erforderlich gemacht hätten, die Vermutungswirkung des § 1 Abs. 5 Satz 1 KSchG zu widerlegen. Auch im Rahmen dieser Vorschrift sei der Arbeitgeber gehalten, auf einfaches Bestreiten des Arbeitnehmers hin die Tatsachen, die zum Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses führen sollen, wahrheitsgemäß vorzutragen. Bestehe die Betriebsänderung in einem Personalabbau, müsse der Arbeitgeber - sofern der Interessenausgleich keine entsprechenden Angaben enthalte - das zugrunde liegende unternehmerische Konzept und dessen Umsetzung einschließlich der sich hieraus ergebenden Auswirkungen auf die konkreten Einsatzmöglichkeiten des Arbeitnehmers in den erforderlichen Einzelheiten darlegen. Komme der Arbeitgeber seiner dahingehenden Verpflichtung nicht nach, obwohl der Arbeitnehmer keine eigene Kenntnis von den zur Kündigung führenden Umständen habe, sei die Kündigung ohne Weiteres als sozial ungerechtfertigt anzusehen.
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b) Das überzeugt nicht. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts wird der Vermutungswirkung des Interessenausgleichs und der sich daraus ergebenden Verteilung der Darlegungs- und Beweislast nicht gerecht.
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aa) Liegen - wie im Streitfall - die Voraussetzungen des § 1 Abs. 5 Satz 1 KSchG vor, wird gemäß § 292 ZPO die rechtliche Folge - das Vorliegen dringender betrieblicher Erfordernisse iSd. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG - ohne weiteren Vortrag des Arbeitgebers gesetzlich vermutet. Diese Vermutung bezieht sich sowohl auf den Wegfall der bisherigen Beschäftigung als auch auf das Fehlen anderer Beschäftigungsmöglichkeiten im Betrieb (vgl. BAG 15. Dezember 2011 - 2 AZR 42/10 - Rn. 24 mwN, AP KSchG 1969 § 1 Namensliste Nr. 21 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 84).
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bb) Nach § 292 ZPO ist(nur) der Beweis des Gegenteils zulässig. Es ist deshalb Sache des Arbeitnehmers darzulegen und im Bestreitensfall zu beweisen, dass in Wirklichkeit eine Beschäftigungsmöglichkeit für ihn weiterhin besteht. Eine bloße Erschütterung der Vermutung reicht nicht aus. Es ist vielmehr ein substantiierter Tatsachenvortrag erforderlich, der den gesetzlich vermuteten Umstand nicht nur in Zweifel zieht, sondern ausschließt (BAG 5. November 2009 - 2 AZR 676/08 - Rn. 17, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 183 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 20; 23. Oktober 2008 - 2 AZR 163/07 - Rn. 37, AP KSchG 1969 § 1 Namensliste Nr. 18 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 16). Der Arbeitnehmer muss darlegen, weshalb der Arbeitsplatz trotz der Betriebsänderung noch vorhanden ist oder wo sonst im Betrieb oder Unternehmen er weiterbeschäftigt werden kann (vgl. BAG 12. März 2009 - 2 AZR 418/07 - Rn. 24 mwN, AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 97 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 17).
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cc) Die von der Regelung des § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG abweichende Verteilung der Darlegungs- und Beweislast trägt dem gesetzgeberischen Anliegen Rechnung, betriebsbedingte Kündigungen in Fällen, in denen eine größere Anzahl von Arbeitnehmern betroffen ist, rechtssicherer zu gestalten(vgl. ErfK/Oetker 13. Aufl. § 1 KSchG Rn. 365; HaKo/Gallner/Mestwerdt 4. Aufl. § 1 KSchG Rn. 685; KR/Griebeling 10. Aufl. § 1 KSchG Rn. 703l ff.; mit gewissen Einschränkungen auch APS/Kiel 4. Aufl. § 1 KSchG Rn. 810). Dies stellt keinen unzulässigen Eingriff in verfassungsrechtlich geschützte Rechtspositionen des Arbeitnehmers dar (BAG 6. September 2007 - 2 AZR 715/06 - Rn. 20, 37, BAGE 124, 48; 5. Dezember 2002 - 2 AZR 571/01 - zu II 2 b der Gründe, BAGE 104, 131). Die Vermutung der Betriebsbedingtheit der Kündigung knüpft an Regelungen an, die der Mitwirkung des Betriebsrats bedürfen und die nicht durch eine Einigungsstelle erzwungen werden können. Der Gesetzgeber durfte bei dieser Sachlage davon ausgehen, dass eine hohe Richtigkeitsgewähr für die betriebsbedingte Notwendigkeit der Kündigungen besteht und die Interessen der Belegschaft typischerweise angemessen durch die Beteiligung des Betriebsrats gewahrt sind (vgl. LAG Niedersachsen 30. Juni 2006 - 10 Sa 1816/05 - zu B II 2 der Gründe, LAGE KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 52).
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dd) Dem Arbeitnehmer können bei der Führung des Gegenbeweises gewisse Erleichterungen nach den Regeln der abgestuften Darlegungs- und Beweislast zugutekommen (BAG 5. November 2009 - 2 AZR 676/08 - Rn. 17, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 183 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 20; 12. März 2009 - 2 AZR 418/07 - Rn. 23, AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 97 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 17). Es entspricht allgemeinen zivilprozessualen Grundsätzen, dass die Gegenseite eine - sekundäre - Behauptungslast trifft, wenn die primär darlegungs- und beweisbelastete Partei außerhalb eines für ihren Anspruch erheblichen Geschehensablaufs steht, während die Gegenseite alle erforderlichen Tatsachen kennt und es ihr zumutbar ist, nähere Angaben zu machen (vgl. BAG 26. Juni 2008 - 2 AZR 264/07 - Rn. 28 mwN, BAGE 127, 102; BGH 24. November 1998 - VI ZR 388/97 - zu II 2 der Gründe, NJW 1999, 714). Im Rahmen von § 1 Abs. 5 Satz 1 KSchG ist zudem zu berücksichtigen, dass es um Eingriffe in grundrechtlich geschützte Rechtspositionen des Arbeitnehmers(Art. 12 Abs. 1 GG)geht. Diesem Schutz ist nicht nur in materiell-rechtlicher Hinsicht, sondern auch bei der Ausgestaltung des Verfahrens angemessen Rechnung zu tragen (vgl. BVerfG 6. Oktober 1999 - 1 BvR 2110/93 - zu IV 3 a der Gründe, AP GG Art. 12 Nr. 112).
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ee) Welche Anforderungen an ein erstes, die sekundäre Behauptungslast des Arbeitgebers auslösendes Vorbringen des Arbeitnehmers zu stellen sind, lässt sich nicht für alle Fälle im Voraus abstrakt festlegen. Sie richten sich vielmehr nach der konkreten Kenntnis und Kenntnismöglichkeit des Arbeitnehmers.
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(1) Grundsätzlich kann von diesem verlangt werden, (zumindest) greifbare Anhaltspunkte zu benennen, aus denen sich die Unrichtigkeit der nach § 1 Abs. 5 Satz 1 KSchG vermuteten Tatsache ergeben soll(vgl. Bram in Bader/ Bram Stand Dezember 2012 § 1 KSchG Rn. 340b). Im Regelfall wird schon der Vortrag des Arbeitgebers zum Vorliegen einer Betriebsänderung iSd. § 111 BetrVG dem Arbeitnehmer gewisse Aufklärung darüber geben, aus welchen Gründen der Beschäftigungsbedarf entfallen sein soll. Daran kann dieser ansetzen und ggf. eigene Nachforschungen anstellen (vgl. ErfK/Oetker 13. Aufl. § 1 KSchG Rn. 365; HaKo/Gallner/Mestwerdt 4. Aufl. § 1 KSchG Rn. 685; Eylert in Schwarze/Eylert/Schrader KSchG § 1 Rn. 540). Hat eine Partei keinen Einblick in die Geschehensabläufe und ist ihr deshalb die Beweisführung erschwert, kann sie auch solche Umstände unter Beweis stellen, die sie aufgrund greifbarer Anhaltspunkte nur vermuten kann. Zu einem unzulässigen Ausforschungsbeweis wird ihr Beweisantrag unter solchen Umständen erst dann, wenn sie, ohne wenigstens greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts aufzuzeigen, Behauptungen „aufs Geratewohl“ oder „ins Blaue hinein“ aufstellt (vgl. BAG 18. September 2008 - 2 AZR 1039/06 - Rn. 33, EzTöD 100 TVöD-AT § 34 Abs. 2 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 13; BGH 15. Mai 2003 - III ZR 7/02 - zu II 2 a der Gründe, BGHReport 2003, 891). Der zur Führung des Gegenbeweises verpflichtete Arbeitnehmer muss deshalb die ihm zur Verfügung stehenden Informationsmöglichkeiten, zu denen eine Nachfrage beim Betriebsrat gehören kann (vgl. Eylert/Schinz AE 2004, 219, 227), tatsächlich ausschöpfen und sich auf dieser Grundlage zu der vermuteten Betriebsbedingtheit der Kündigung erklären.
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(2) Allerdings ist nicht auszuschließen, dass weder aus dem Interessenausgleich Gründe für den Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit hervorgehen noch der Arbeitnehmer in der Lage war, sich aus sonstigen Quellen über diese Gründe zu informieren. Er ist dann schwerlich in der Lage, auch nur Anhaltspunkte dafür vorzutragen, dass die gesetzliche Vermutung des § 1 Abs. 5 Satz 1 KSchG objektiv unrichtig ist. Ob und durch welches Vorbringen des Arbeitnehmers unter diesen Umständen eine sekundäre Behauptungslast des Arbeitgebers ausgelöst werden kann, braucht im Streitfall nicht entschieden zu werden. Diese greift stets nur insoweit ein, wie dem Arbeitnehmer die erforderliche Kenntnismöglichkeit fehlt (vgl. BAG 6. September 2007 - 2 AZR 715/06 - Rn. 38, BAGE 124, 48). Auch ergibt sich aus ihr keine umfassende Verpflichtung des Arbeitgebers, die Betriebsbedingtheit der Kündigung - wie bei Geltung von § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG - substantiiert zu begründen. Es geht lediglich darum, die dem Interessenausgleich zugrunde liegende Betriebsänderung so weit zu verdeutlichen, dass der Arbeitnehmer in die Lage versetzt wird, seiner primären Darlegungs- und Beweislast nachzukommen, mag dies auch weitere Recherchen seinerseits erfordern.
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ff) Danach war die Beklagte nicht verpflichtet, den vom Landesarbeitsgericht vermissten Vortrag zu einem der Kündigung zugrunde liegenden Konzept zu halten.
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(1) Der Kläger hat sich in erster Instanz darauf beschränkt, das Vorliegen dringender betrieblicher Erfordernisse - einfach - zu bestreiten. Im Berufungsrechtszug hat er zur Vermutungswirkung des Interessenausgleichs ausgeführt, diese greife deshalb nicht ein, weil sich die Sachlage nach dessen Abschluss durch die Weiterbeschäftigung mehrerer auf der Namensliste aufgeführter Arbeitnehmer und durch Neueinstellungen wesentlich geändert habe. Im Übrigen hat er die Protokollnotiz vorgelegt und gemeint, daraus ergebe sich die Unrichtigkeit der Vermutung.
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(2) Das Vorbringen macht deutlich, dass der Kläger einen gewissen Einblick in die betrieblichen Verhältnisse durchaus hat. Es sind auch keine Umstände ersichtlich, die erkennen ließen, dass er nicht in der Lage gewesen wäre, sich zumindest mit dem im Interessenausgleich angeführten Auftragsrückgang auseinanderzusetzen und/oder auf die beschlossenen Maßnahmen - insbesondere die Zusammenlegung von Werken und die Umstellung vom Drei- auf ein Zweischichtsystem - einzugehen oder auf dieser Grundlage weitere Nachforschungen anzustellen. Als langjähriger Mitarbeiter der Beklagten dürfte er auch über hinreichend eigene Kenntnisse verfügen, um zumindest ansatzweise einzuschätzen, wie sich die Streichung einer Schicht auf den Personalbedarf in seinem Arbeitsbereich auswirkte. Hinzu kommt, dass dem Betriebsrat ausweislich der Angaben im Interessenausgleich ein der Betriebsänderung zugrunde liegendes Strukturkonzept zur Kenntnis gebracht wurde und anlässlich einer Belegschaftsversammlung vom 30. Januar 2010 - unstreitig - eine „Unterrichtung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“ erfolgte. Dazu, ob er an der Versammlung teilgenommen oder anderweitig von den dort erteilten Auskünften Kenntnis erlangt hat, verhält sich der Kläger nicht. Ebenso wenig nennt er Gründe, die einer Kenntnismöglichkeit entgegenstehen. Das verkennt das Landesarbeitsgericht, welches der Beklagten entgegen hält, es sei „unklar geblieben“ was Gegenstand der betreffenden Unterrichtung gewesen sei. Seine Betriebsabwesenheit im Kündigungszeitpunkt entband den Kläger unter den gegebenen Umständen nicht davon, zumindest Anhaltspunkte vorzutragen, die gegen die Vermutungswirkung des Interessenausgleichs streiten.
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(3) Darauf, ob das mit dem Betriebsrat abgestimmte und auf den 1. Mai 2010 bezogene „Soll-Organigramm“ mit seinen Angaben zur künftigen Personalstärke im Walzwerk (193 Arbeitnehmer) und im Ziehwerk (128 Arbeitnehmer) geeignet war, die Auswirkungen des Personalabbaus auf den Arbeitsplatz des Klägers zu verdeutlichen, kommt es nicht an. Es war primär Sache des Klägers aufzuzeigen, wo Beschäftigungsmöglichkeiten für ihn weiterhin vorhanden sein sollen. Deshalb kommt es auch nicht darauf an, ob das Organigramm - einen anderen Stellenplan gab es nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht - bereits bei Abschluss des Interessenausgleichs vorlag oder von den Betriebsparteien nachträglich erstellt wurde.
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c) Die Vermutungswirkung des Interessenausgleichs ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht durch die auf den 1. April 2010 datierte Protokollnotiz widerlegt.
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aa) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Protokollnotiz und der Interessenausgleich enthielten, was die Beschäftigungsmöglichkeiten der an einer „WeGebAU“-Maßnahme teilnehmenden Arbeitnehmer anbelange, widersprüchliche Aussagen. Da die Betriebsparteien in der Protokollnotiz eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit der dort bezeichneten Arbeitnehmer als wahrscheinlich dargestellt hätten, hätten sie deutlich zu erkennen gegeben, dass die im Interessenausgleich getroffene Aussage zum Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit aller im „WeGebAU“-Programm befindlichen Mitarbeiter nicht mit ihrer tatsächlichen Einschätzung übereinstimme. Stehe aber fest, dass zumindest für vier der in das Programm aufgenommenen Mitarbeiter eine Weiterbeschäftigung zum 1. August 2011 wahrscheinlich möglich sein werde, könne nicht mehr nach § 1 Abs. 5 Satz 1 KSchG vermutet werden, dass für alle(anderen) an der Qualifizierungsmaßnahme teilnehmenden Mitarbeiter eine Beschäftigung nach Abschluss der Qualifizierungsmaßnahme nicht mehr möglich gewesen sei. Das gelte jedenfalls so lange, wie die Beklagte diesen Widerspruch nicht aufgeklärt habe.
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bb) Diese Wertung kann, soweit sie Gegenstand tatrichterlicher Überzeugungsbildung ist, revisionsrechtlich zwar nur daraufhin überprüft werden, ob die Voraussetzungen und Grenzen des § 286 ZPO beachtet sind(zu den Einzelheiten vgl. BAG 21. Juni 2012 - 2 AZR 153/11 - Rn. 22, NZA 2012, 1025; 13. Dezember 2007 - 2 AZR 537/06 - Rn. 19, AP BGB § 626 Nr. 210 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 20). Selbst dieser eingeschränkten Überprüfung hält sie aber nicht stand. Das gilt unabhängig davon, ob die der Würdigung zugrunde liegende Auslegung der Protokollnotiz ihrerseits einer uneingeschränkten Überprüfung unterliegt oder ob - was zugunsten des Klägers unterstellt werden kann - auch diesbezüglich ein beschränkter Maßstab gilt (vgl. dazu BAG 3. Juli 2003 - 2 AZR 437/02 - zu II 1 b der Gründe, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 38 = EzA KSchG § 1 Verdachtskündigung Nr. 2). Es kann deshalb offenbleiben, wie die betreffenden Regelungen rechtlich zu qualifizieren sind.
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(1) Mit der Protokollnotiz haben die Betriebsparteien bezogen auf einen klar begrenzten Personenkreis ihre Einschätzung dokumentiert, „jedenfalls“ eine Weiterbeschäftigung dieser (vier) Mitarbeiter erscheine möglich. Die Regelungen zum Verbleib der Arbeitnehmer im Unternehmen knüpfen erkennbar an Nr. 4 des Interessenausgleichs an.
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(2) Soweit diese Erklärungen überhaupt in Widerspruch zu Aussagen im Interessenausgleich stehen, betrifft dies lediglich die Beschäftigungsmöglichkeiten der vier in der Protokollnotiz genannten Personen. Die Beschäftigungslage der übrigen am „WeGebAU“-Programm teilnehmenden Mitarbeiter war objektiv nicht Gegenstand der zusätzlichen Vereinbarungen und sollte dies nach dem erkennbaren Willen der Betriebsparteien auch nicht sein. Die gleichwohl vom Landesarbeitsgericht gezogene Schlussfolgerung, die Protokollnotiz stelle die im Interessenausgleich dokumentierten Erwägungen zu Einsatzmöglichkeiten der an den fraglichen Qualifizierungsmaßnahmen teilnehmenden Arbeitnehmer generell infrage, entbehrt nicht nur einer tatsächlichen Grundlage. Sie berücksichtigt nicht, dass die in Rede stehende Fehleinschätzung der Betriebsparteien auch rechtlich nichts damit zu tun hat, ob für andere vergleichbare Arbeitnehmer Beschäftigungsmöglichkeiten dauerhaft entfallen sind oder nicht. Allenfalls drängte sich die Frage nach der Sozialauswahl auf. Die Beklagte musste deshalb das dem Personalabbau zugrunde liegende Konzept auch mit Bezug auf die Protokollnotiz nicht umfassend erläutern, zumal sie die aus ihrer Sicht für die Absprache maßgebenden Erwägungen der Betriebsparteien durchaus vorgetragen hat.
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(3) Die betreffenden Vereinbarungen führen nicht dazu, dass die dem Interessenausgleich beigefügte Namensliste als sog. „Teil-Namensliste“ anzusehen wäre. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Beklagte beabsichtigte, statt der in der Protokollnotiz aufgeführten Arbeitnehmer andere Mitarbeiter zu entlassen. Darauf, ob eine „Teil-Namensliste“ eine ausreichende Basis für das Eingreifen der Vermutungswirkung sein kann (zur Problematik BAG 26. März 2009 - 2 AZR 296/07 - Rn. 33, 34, BAGE 130, 182), kommt es daher nicht an. Ebenso wenig besteht Anlass zu der Annahme, die Betriebsparteien hätten die fraglichen vier Mitarbeiter bewusst nur zum Schein auf die Namensliste des Interessenausgleichs gesetzt.
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III. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Es liegt mangels Entscheidungsreife auch kein Fall von § 563 Abs. 3 ZPO vor. Das angefochtene Urteil ist deshalb aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).
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1. Das Landesarbeitsgericht hat sich - von seinem Standpunkt ausgehend konsequent - nicht mit dem Vortrag des Klägers zu erfolgten Neu-/Wiedereinstellungen und der Übernahme von Auszubildenden befasst. Es hat nicht geprüft, ob sich daraus Anhaltspunkte für eine wesentliche Änderung der Sachlage iSd. § 1 Abs. 5 Satz 3 KSchG ergeben. Eine abschließende Beurteilung durch den Senat selbst ist nicht möglich. Dem Vorbringen fehlt derzeit die erforderliche Substanz. Es ist nicht erkennbar, dass die fraglichen Einstellungen/Übernahmen bereits im Zeitpunkt der Kündigung erfolgt oder doch endgültig beschlossen worden wären (dazu BAG 15. Dezember 2011 - 2 AZR 42/10 - Rn. 35, AP KSchG 1969 § 1 Namensliste Nr. 21 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 84; 23. Oktober 2008 - 2 AZR 163/07 - Rn. 49, AP KSchG 1969 § 1 Namensliste Nr. 18 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 16). Es kann aber nicht ausgeschlossen werden, dass der Kläger sein Vorbringen nur deshalb nicht vertieft hat, weil er aufgrund entsprechender Hinweise des Landesarbeitsgerichts der Auffassung sein konnte, dieses gehe davon aus, die Beklagte habe schon keinen ausreichenden Vortrag zum Wegfall seines Arbeitsplatzes geleistet.
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2. Je nach Sachlage wird der Frage nachzugehen sein, ob die Kündigung wegen grob fehlerhafter sozialer Auswahl iSd. § 1 Abs. 3, Abs. 5 Satz 2 KSchG sozial ungerechtfertigt ist und/oder ob ein Unwirksamkeitsgrund iSd. § 102 Abs. 1 BetrVG vorliegt. Im Zusammenhang mit der Sozialauswahl wird das Landesarbeitsgericht insbesondere festzustellen und zu bewerten haben, ob die Beklagte ihre Auskunftspflicht nach § 1 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 KSchG erfüllt hat. Diese besteht uneingeschränkt auch in den Fällen des § 1 Abs. 5 KSchG(vgl. BAG 12. März 2009 - 2 AZR 418/07 - Rn. 31, AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 97 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 17; 21. Februar 2002 - 2 AZR 581/00 - zu B I 5 b der Gründe, EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 10). Da das Vorbringen der Parteien zur Sozialauswahl weitgehend streitig ist, wird für die weitere Sachbehandlung lediglich auf Folgendes hingewiesen:
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a) Die Sozialauswahl ist grob fehlerhaft, wenn eine evidente, ins Auge springende erhebliche Abweichung von den Grundsätzen des § 1 Abs. 3 KSchG vorliegt und der Interessenausgleich jede soziale Ausgewogenheit vermissen lässt(BAG 19. Juli 2012 - 2 AZR 352/11 - Rn. 34, NZA 2013, 86; 15. Dezember 2011 - 2 AZR 42/10 - Rn. 39, AP KSchG 1969 § 1 Namensliste Nr. 21 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 84). Eine grob fehlerhafte Sozialauswahl kann sich auch daraus ergeben, dass der auswahlrelevante Personenkreis evident verkannt wurde (st. Rspr. vgl. BAG 3. April 2008 - 2 AZR 879/06 - AP KSchG 1969 § 1 Namensliste Nr. 17 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 15; 21. September 2006 - 2 AZR 284/06 - Rn. 22 mwN). Dabei muss sich die getroffene Auswahl gerade mit Blick auf den klagenden Arbeitnehmer als grob fehlerhaft erweisen (BAG 10. Juni 2010 - 2 AZR 420/09 - Rn. 19, AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 98 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 22). Nicht entscheidend ist, ob das gewählte Auswahlverfahren als solches zu Beanstandungen Anlass gibt (BAG 19. Juli 2012 - 2 AZR 352/11 - aaO; 10. Juni 2010 - 2 AZR 420/09 - aaO). Dem entspricht es, dass der Arbeitnehmer mit der Kündigungsschutzklage, jedenfalls wenn er ausreichend unterrichtet worden ist (§ 1 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 KSchG), die soziale Auswahl konkret rügen, dh. geltend machen muss, ein bestimmter, mit ihm vergleichbarer Arbeitnehmer sei weniger sozial schutzwürdig, so dass diesem habe gekündigt werden müssen.
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b) Die Darlegungs- und Beweislast für die Tatsachen, aus denen sich die Fehlerhaftigkeit der Sozialauswahl ergibt, liegt grundsätzlich beim Arbeitnehmer. Auch sie ist abgestuft. Der Maßstab der groben Fehlerhaftigkeit ändert daran nichts (BAG 17. November 2005 - 6 AZR 107/05 - Rn. 29, BAGE 116, 213; 21. Februar 2002 - 2 AZR 581/00 - zu B I 5 b der Gründe, EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 10, zu § 1 Abs. 5 KSchG aF). Es ist zunächst Sache des Arbeitnehmers, die grobe Fehlerhaftigkeit der Sozialauswahl darzulegen, sofern er über die erforderlichen Informationen verfügt. Soweit er hierzu nicht in der Lage ist und deswegen den Arbeitgeber zur Mitteilung der Gründe auffordert, die ihn zu der Auswahl veranlasst haben, hat dieser als Folge seiner materiellen Auskunftspflicht gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 KSchG auch im Prozess substantiiert vorzutragen. Seine sich aus der Mitteilungspflicht ergebende Vortragslast ist grundsätzlich auf die subjektiven, von ihm tatsächlich angestellten Auswahlüberlegungen beschränkt. Der Arbeitnehmer hat keinen Anspruch auf die vollständige Auflistung der Sozialdaten aller objektiv vergleichbaren Arbeitnehmer (BAG 18. Januar 2007 - 2 AZR 796/05, 2 AZR 2 AZR 796/05 - Rn. 38, AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 89 = EzA KSchG § 2 Nr. 64).
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c) Gibt der Arbeitgeber keine oder keine vollständige Auskunft, so kann der Arbeitnehmer beim Fehlen eigener Kenntnis seiner aus § 1 Abs. 3 KSchG iVm. § 138 Abs. 1 ZPO herzuleitenden Substantiierungspflicht, die Namen sozial stärkerer Arbeitnehmer zu nennen, nicht genügen. In diesen Fällen ist sein Vortrag, es seien sozial stärkere Arbeitnehmer als er vorhanden, schlüssig und ausreichend (BAG 18. Januar 2007 - 2 AZR 796/05 - Rn. 38, AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 89 = EzA KSchG § 2 Nr. 64; 21. Juli 1988 - 2 AZR 75/88 - AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 17 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 26).
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d) Entsprechende Erwägungen gelten, wenn der Vortrag des Arbeitgebers Anhaltspunkte dafür bietet, er habe die Sozialauswahl - bei Berücksichtigung des Vortrags des Arbeitnehmers - grob fehlerhaft nicht auf vergleichbare Arbeitnehmer erstreckt, und der Arbeitgeber es unterlässt, sein Vorbringen zu vervollständigen. Die aus § 1 Abs. 3 Satz 1 letzter Halbs. KSchG folgende subjektiv determinierte materielle Mitteilungspflicht des Arbeitgebers wird in dieser Konstellation ergänzt durch die prozessuale Erklärungspflicht nach § 138 ZPO. Ergibt sich aus der Mitteilung des Arbeitgebers, dass er Tatsachen, die gemäß § 1 Abs. 5 Satz 2, Abs. 3 KSchG objektiv erheblich sein können, in seine subjektiven Erwägungen nicht einbezogen hat, und trägt der gekündigte Arbeitnehmer nachvollziehbar vor, gerade aus diesen Tatsachen ergebe sich die grobe Fehlerhaftigkeit der sozialen Auswahl, so ist es eine Obliegenheit des Arbeitgebers, seinen Vortrag weiter zu substantiieren. Anderenfalls ist der dem Kenntnisstand des Arbeitnehmers entsprechende und ihm konkreter nicht mögliche Vortrag, soziale Gesichtspunkte seien in grob fehlerhafter Weise unberücksichtigt geblieben, als unstreitig anzusehen (vgl. BAG 18. Januar 2007 - 2 AZR 796/05 - Rn. 39, AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 89 = EzA KSchG § 2 Nr. 64).
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e) Der Kläger hat geltend gemacht, die soziale Auswahl sei deshalb evident fehlerhaft, weil die Beklagte die Auswahl auf die in der „Vergleichsgruppe 84“ zusammengefassten Arbeitnehmer beschränkt habe. Er sei auch mit denjenigen Arbeitnehmern vergleichbar, die fortan die bisher ihm übertragenen Arbeitsaufgaben erledigten und/oder andere gering qualifizierte Tätigkeiten verrichteten, die eine Einarbeitungszeit von bis zu zwölf Wochen erforderten. Das Vorbringen erscheint grundsätzlich geeignet, eine grobe Fehlerhaftigkeit der Sozialauswahl zu begründen. Die Beklagte hat zwar geltend gemacht, der Betriebsänderung sei die Entscheidung „immanent“, künftig keine gering qualifizierten Arbeitnehmer mehr zu beschäftigen. Dafür fehlt es bislang aber - wie das Landesarbeitsgericht richtig gesehen hat - an hinreichenden Anhaltspunkten. Im Übrigen stünde eine solche Entscheidung einer Vergleichbarkeit des Klägers mit besser qualifizierten Arbeitnehmern dann nicht entgegen, wenn es sich bei den fraglichen Arbeitsaufgaben um solche handelt, die eine höhere Qualifikation nicht erfordern, dh. ohne Weiteres von angelernten Kräften verrichtet werden können und von diesen in der Vergangenheit auch verrichtet wurden. Die Beklagte ist ihrer Verpflichtung, dazu im Wege einer abgestuften Darlegungslast substantiiert Stellung zu nehmen, bisher nicht nachgekommen. Sie hat weder erläutert, ob Tätigkeiten, wie sie der Kläger in der Vergangenheit erledigt hat, im Betrieb weiterhin anfallen, noch hat sie dargestellt, woraus sich ein berechtigtes betriebliches Interesse ergeben soll, auf bisher von „ungelernten“ Kräften besetzten Arbeitsplätzen nur noch besser ausgebildete Mitarbeiter einzusetzen.
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f) Die abschließende Beurteilung, ob daraus eine grobe Fehlerhaftigkeit der Sozialauswahl folgt, bleibt dem Landesarbeitsgericht vorbehalten, dem insoweit ein tatrichterlicher Beurteilungsspielraum zukommt. Je nach der Substanz eines etwaigen ergänzenden Vorbringens der Beklagten zu Qualifikationsgesichtspunkten wird sich das Landesarbeitsgericht ggf. mit der Frage zu befassen haben, ob es rechtsmissbräuchlich ist, dass sich die Beklagte auch gegenüber den an einer „WeGebAU“-Maßnahme teilnehmenden Arbeitnehmern auf ein legitimes betriebliches Interesse an der Weiterbeschäftigung besser ausgebildeter Arbeitnehmer beruft.
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Berger
Rinck
Rachor
Gans
Pitsch
(1) Die Mitglieder des Betriebsrats führen ihr Amt unentgeltlich als Ehrenamt.
(2) Mitglieder des Betriebsrats sind von ihrer beruflichen Tätigkeit ohne Minderung des Arbeitsentgelts zu befreien, wenn und soweit es nach Umfang und Art des Betriebs zur ordnungsgemäßen Durchführung ihrer Aufgaben erforderlich ist.
(3) Zum Ausgleich für Betriebsratstätigkeit, die aus betriebsbedingten Gründen außerhalb der Arbeitszeit durchzuführen ist, hat das Betriebsratsmitglied Anspruch auf entsprechende Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts. Betriebsbedingte Gründe liegen auch vor, wenn die Betriebsratstätigkeit wegen der unterschiedlichen Arbeitszeiten der Betriebsratsmitglieder nicht innerhalb der persönlichen Arbeitszeit erfolgen kann. Die Arbeitsbefreiung ist vor Ablauf eines Monats zu gewähren; ist dies aus betriebsbedingten Gründen nicht möglich, so ist die aufgewendete Zeit wie Mehrarbeit zu vergüten.
(4) Das Arbeitsentgelt von Mitgliedern des Betriebsrats darf einschließlich eines Zeitraums von einem Jahr nach Beendigung der Amtszeit nicht geringer bemessen werden als das Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung. Dies gilt auch für allgemeine Zuwendungen des Arbeitgebers.
(5) Soweit nicht zwingende betriebliche Notwendigkeiten entgegenstehen, dürfen Mitglieder des Betriebsrats einschließlich eines Zeitraums von einem Jahr nach Beendigung der Amtszeit nur mit Tätigkeiten beschäftigt werden, die den Tätigkeiten der in Absatz 4 genannten Arbeitnehmer gleichwertig sind.
(6) Die Absätze 2 und 3 gelten entsprechend für die Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen, soweit diese Kenntnisse vermitteln, die für die Arbeit des Betriebsrats erforderlich sind. Betriebsbedingte Gründe im Sinne des Absatzes 3 liegen auch vor, wenn wegen Besonderheiten der betrieblichen Arbeitszeitgestaltung die Schulung des Betriebsratsmitglieds außerhalb seiner Arbeitszeit erfolgt; in diesem Fall ist der Umfang des Ausgleichsanspruchs unter Einbeziehung der Arbeitsbefreiung nach Absatz 2 pro Schulungstag begrenzt auf die Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers. Der Betriebsrat hat bei der Festlegung der zeitlichen Lage der Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen die betrieblichen Notwendigkeiten zu berücksichtigen. Er hat dem Arbeitgeber die Teilnahme und die zeitliche Lage der Schulungs- und Bildungsveranstaltungen rechtzeitig bekannt zu geben. Hält der Arbeitgeber die betrieblichen Notwendigkeiten für nicht ausreichend berücksichtigt, so kann er die Einigungsstelle anrufen. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.
(7) Unbeschadet der Vorschrift des Absatzes 6 hat jedes Mitglied des Betriebsrats während seiner regelmäßigen Amtszeit Anspruch auf bezahlte Freistellung für insgesamt drei Wochen zur Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen, die von der zuständigen obersten Arbeitsbehörde des Landes nach Beratung mit den Spitzenorganisationen der Gewerkschaften und der Arbeitgeberverbände als geeignet anerkannt sind. Der Anspruch nach Satz 1 erhöht sich für Arbeitnehmer, die erstmals das Amt eines Betriebsratsmitglieds übernehmen und auch nicht zuvor Jugend- und Auszubildendenvertreter waren, auf vier Wochen. Absatz 6 Satz 2 bis 6 findet Anwendung.
Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.
(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.
(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.
(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.
(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.
(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn
- 1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist, - 2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt, - 3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert, - 4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.
(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.
(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.
(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.
(1) Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos, zu entnehmen ist. Die Vorschriften der §§ 827 und 828 finden entsprechende Anwendung.
(2) Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.
(3) Die Haftung wegen Vorsatzes kann dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden.
Tenor
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Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 5. Dezember 2008 - 3 Sa 816/08 - aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten im Rahmen einer Zahlungsklage um die zutreffende Eingruppierung des Klägers nach dem TV-Ärzte/VKA.
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Der Kläger ist Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe. Er war auf der Grundlage des am 21. Oktober 2004 geschlossenen Arbeitsvertrages vom 1. Februar 2005 bis 31. Dezember 2007 bei der Beklagten in der Frauenklinik der Städtischen Kliniken F beschäftigt. In seinem schriftlichen Arbeitsvertrag heißt es, er sei „im Rahmen der jeweiligen Aufgaben des Krankenhauses des Arbeitgebers als Oberarzt beschäftigt“. Kraft beiderseitiger Tarifbindung fand auf das Arbeitsverhältnis der Parteien zunächst der BAT Anwendung und der Kläger erhielt Vergütung nach der Vergütungsgruppe Ib BAT. Ab Inkrafttreten des Tarifvertrages für Ärztinnen und Ärzte an kommunalen Krankenhäusern im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (TV-Ärzte/VKA) am 1. August 2006 richteten sich die Arbeitsbedingungen nach diesem Tarifvertrag. Der Kläger erhielt bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses Vergütung nach der Entgeltgruppe II (Fachärztin/Facharzt mit entsprechender Tätigkeit), Stufe 2, gemäß § 16 Buchst. b TV-Ärzte/VKA.
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Von Beginn seiner Tätigkeit in der Frauenklinik an war der Kläger nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts aufgrund einer Aufgabenübertragung durch den Chefarzt und medizinischen Leiter der Klinik Prof. Dr. M für den Bereich Geburtshilfe zuständig. Dieser umfasst den Kreißsaal, die Schwangerenambulanz sowie zwei Wochenbettstationen. Darüber hinaus führte er Ultraschalluntersuchungen der DEGUM Stufe II aus, die für die Einstufung der Frauenklinik als Perinatalzentrum der höchsten Versorgungsstufe unverzichtbar sind. Seine fachliche Weisungsbefugnis erstreckte sich auf das nichtärztliche Personal, Assistenzärzte und Fachärzte, soweit sie dem Kläger unterstellt waren. Auf den offiziellen Briefbögen der Klinik wurde er als Oberarzt bezeichnet. Der Dienstvertrag von Prof. Dr. M enthält in § 6 Abs. 1, wie alle bei der Beklagten verwendeten Chefarztverträge, folgende Regelung:
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„Im Rahmen der Besorgung seiner Dienstaufgaben überträgt der Arzt, soweit nicht die Art oder die Schwere der Krankheit oder die Voraussetzungen der Ermächtigung oder Zulassung sein persönliches Tätigwerden erfordern, den ärztlichen Mitarbeitern - entsprechend ihrem beruflichen Bildungsstand, ihren Fähigkeiten und Erfahrungen - bestimmte Tätigkeitsbereiche oder Einzelaufgaben zur selbständigen Erledigung. Die Gesamtverantwortung des Arztes wird hierdurch nicht eingeschränkt.“
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Darüber hinaus hat nach § 7 Abs. 2 des Dienstvertrages für Chefärzte der leitende Arzt in ärztlichen Angelegenheiten das Weisungsrecht gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.
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Mit Schreiben vom 24. Januar 2007 begehrte der Kläger erfolglos seine Eingruppierung in der Entgeltgruppe III (Oberärztin/Oberarzt) gemäß § 16 Buchst. c TV-Ärzte/VKA.
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Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm sei die medizinische Verantwortung für einen Teil- oder Funktionsbereich einer Klinik vom Arbeitgeber ausdrücklich übertragen worden, weshalb er als Oberarzt iSv. § 16 Buchst. c TV-Ärzte/VKA zu vergüten sei. Er hat mit vorliegender Klage die Zahlung der monatlichen Vergütungsdifferenz zwischen der Entgeltgruppe III Stufe 1 TV-Ärzte/VKA und der Entgeltgruppe II Stufe 2 TV-Ärzte/VKA in Höhe von monatlich 850,00 Euro brutto sowie die entsprechende Differenzvergütung für 860,9 Stunden unstreitig geleisteter Bereitschaftsdienste verlangt.
-
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
-
1.
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 14.450,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 850,00 Euro brutto seit dem 1. des jeweiligen Folgemonats, beginnend mit dem 1. September 2006 und endend mit dem 1. Januar 2008 zu zahlen,
2.
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 2.496,61 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13. März 2008 zu zahlen.
- 8
-
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Rechtsauffassung vertreten, dass der Kläger lediglich sog. Titularoberarzt sei. Die tarifvertraglich geforderte ausdrückliche Übertragung der medizinischen Verantwortung durch den Arbeitgeber sei nicht erfolgt. Eine Übertragung durch den Chefarzt genüge nicht, da diesem keine Vertretungsmacht für den Arbeitgeber eingeräumt worden sei. Der Wortlaut des Tarifvertrages könne nur so verstanden werden, dass es der Arbeitgeber in der Hand haben solle, wie viele Tarifoberärzte bei ihm beschäftigt würden und in welchem Bereich eine entsprechende Verantwortung für einen Teil- oder Funktionsbereich auf einen Oberarzt übertragen werden solle. Seitens der Beklagten liege die erforderliche unternehmerische Entscheidung zur Einrichtung eines Funktionsbereiches für Geburtshilfe und Kreißsaal nicht vor.
-
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und die Revision gegen sein Urteil zugelassen. Der Kläger verfolgt mit seiner Revision den Klageantrag uneingeschränkt weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
- 10
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Die Revision des Klägers ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers rechtsfehlerhaft zurückgewiesen. Es hat das Tarifmerkmal „vom Arbeitgeber ausdrücklich übertragen“ rechtsfehlerhaft ausgelegt. Ob die Zahlungsansprüche des Klägers aufgrund einer Tätigkeit als Oberarzt im tariflichen Sinne bestehen, kann der Senat aufgrund des Fehlens tatsächlicher Feststellungen nicht abschließend entscheiden.
- 11
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I. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen damit begründet, dass die Voraussetzungen für die Einreihung in der Entgeltgruppe III nach § 16 Buchst. c TV-Ärzte/VKA schon deshalb nicht erfüllt seien, weil dem Kläger die medizinische Verantwortung nicht von der Beklagten ausdrücklich übertragen worden sei. Die Auslegung des Tarifvertrages ergebe, dass zum einen der Arbeitgeber, also der Träger der Klinik handelnd durch das jeweils zuständige Organ, die Entscheidung getroffen haben müsse, die medizinische Verantwortung zu übertragen, und in Ausführung dieser Entscheidung zum anderen die Übertragung von dem Krankenhausträger ausdrücklich vorgenommen worden sein müsse. Dies liege beim Kläger nicht vor. Weiterhin enthalte die Tarifnorm ein rechtsgeschäftliches Vertretungsverbot, so dass sich der Kläger auch nicht auf eine Anscheins- oder Duldungsvollmacht berufen könne. Auch ein Verstoß der Beklagten gegen Treu und Glauben könne nicht angenommen werden. Ob die übrigen Merkmale der Entgeltgruppe III TV-Ärzte/VKA erfüllt sind, hat das Landesarbeitsgericht dahinstehen lassen.
- 12
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II. Die Revision des Klägers ist begründet. Die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Das Tarifmerkmal „vom Arbeitgeber ausdrücklich übertragen“ schließt entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts eine rechtsgeschäftliche Vertretung des Arbeitgebers nicht aus. Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung, weil der Rechtsstreit noch nicht zur Entscheidung reif ist. Es kann derzeit nicht abschließend entschieden werden, ob dem Kläger die begehrten Vergütungsdifferenzen zustehen. Es fehlt an hinreichenden tatsächlichen Feststellungen für die Beurteilung, ob bei ihm zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen des Tätigkeitsmerkmales dieser Vergütungsgruppe erfüllen, ob der Bereich Geburtshilfe ein selbständiger Teilbereich der Klinik bzw. Abteilung war und ob dem Kläger die medizinische Verantwortung für diesen Bereich übertragen worden ist.
- 13
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1. Der TV-Ärzte/VKA ist aufgrund beiderseitiger Tarifgebundenheit gemäß § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbar.
- 14
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2. Der Erfolg der Klage setzt voraus, dass der Kläger die Tätigkeitsmerkmale der begehrten Entgeltgruppe III nach § 16 Buchst. c TV-Ärzte/VKA erfüllt.
-
Die maßgebenden Tarifnormen des TV-Ärzte/VKA lauten:
-
„§ 15
Allgemeine Eingruppierungsregelungen
(1)
Die Eingruppierung der Ärztinnen und Ärzte richtet sich nach den Tätigkeitsmerkmalen des § 16. Die Ärztin/ der Arzt erhält Entgelt nach der Entgeltgruppe, in der sie/ er eingruppiert ist.
(2)
Die Ärztin/ der Arzt ist in der Entgeltgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmalen die gesamte von ihr/ ihm nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht.
Die gesamte auszuübende Tätigkeit entspricht den Tätigkeitsmerkmalen einer Entgeltgruppe, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale dieser Entgeltgruppe erfüllen. Kann die Erfüllung einer Anforderung in der Regel erst bei der Betrachtung mehrerer Arbeitsvorgänge festgestellt werden, sind diese Arbeitsvorgänge für die Feststellung, ob diese Anforderung erfüllt ist, insoweit zusammen zu beurteilen. Ist in einem Tätigkeitsmerkmal als Anforderung eine Voraussetzung in der Person des Angestellten bestimmt, muss auch diese Anforderung erfüllt sein.
Protokollerklärungen zu § 15 Abs. 2
1.
Arbeitsvorgänge sind Arbeitsleistungen (einschließlich Zusammenhangsarbeiten), die, bezogen auf den Aufgabenkreis der Ärztin/ des Arztes, zu einem bei natürlicher Betrachtung abgrenzbaren Arbeitsergebnis führen (z.B. Erstellung eines EKG). Jeder einzelne Arbeitsvorgang ist als solcher zu bewerten und darf dabei hinsichtlich der Anforderungen zeitlich nicht aufgespalten werden.
…
§ 16
Eingruppierung
Ärztinnen und Ärzte sind wie folgt eingruppiert:
a)
Entgeltgruppe I:
Ärztin/ Arzt mit entsprechender Tätigkeit.
b)
Entgeltgruppe II:
Fachärztin/ Facharzt mit entsprechender Tätigkeit
Protokollerklärung zu Buchst. b:
Fachärztin/ Facharzt ist diejenige Ärztin/ derjenige Arzt, die/ der aufgrund abgeschlossener Facharztweiterbildung in ihrem/ seinem Fachgebiet tätig ist.
c)
Entgeltgruppe III:
Oberärztin/ Oberarzt
Protokollerklärung zu Buchst. c:
Oberärztin/ Oberarzt ist diejenige Ärztin/ derjenige Arzt, der/ dem die medizinische Verantwortung für selbstständige Teil- oder Funktionsbereiche der Klinik bzw. Abteilung vom Arbeitgeber ausdrücklich übertragen worden ist.
d)
Entgeltgruppe IV:
Leitende Oberärztin/ Leitender Oberarzt, ist diejenige Ärztin/ derjenige Arzt, der/ dem die ständige Vertretung der leitenden Ärztin/ des leitenden Arztes (Chefärztin/ Chefarzt) vom Arbeitgeber ausdrücklich übertragen worden ist.
Protokollerklärung zu Buchst. d:
Leitende Oberärztin/ Leitender Oberarzt ist nur diejenige Ärztin/ derjenige Arzt, die/ der die leitende Ärztin/ den leitenden Arzt in der Gesamtheit ihrer/ seiner Dienstaufgaben vertritt. Das Tätigkeitsmerkmal kann daher innerhalb einer Klinik in der Regel nur von einer Ärztin/ einem Arzt erfüllt werden.“
- 16
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3. Die vom Landesarbeitsgericht für die Klageabweisung angeführte Begründung, dem Kläger sei die medizinische Verantwortung nicht ausdrücklich durch den Arbeitgeber übertragen worden, ist unzutreffend. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts schließt diese tarifliche Anforderung eine rechtsgeschäftliche Vertretung nicht aus.
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a) Der Senat hat sich in seiner Entscheidung vom 22. September 2010 (- 4 AZR 166/09 -) mit einem in der insoweit tragenden Begründung weitgehend gleichlautenden Berufungsurteil derselben Kammer des Hessischen Landesarbeitsgerichts ausführlich mit deren Sichtweise auseinandergesetzt. Die dortigen Ausführungen lassen sich wie folgt zusammenfassen (im Hinblick auf die klagende Partei wird im Folgenden stets die männliche Form gewählt):
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Grundlage der tariflichen Eingruppierungsbewertung ist nach § 15 Abs. 2 Satz 1 TV-Ärzte/VKA die nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit des Arztes. Nach der Senatsrechtsprechung ist dies die nach dem Inhalt des Arbeitsvertrages der Parteien bestimmte, vertraglich geschuldete Tätigkeit. Die Wirksamkeit einer entsprechenden Vereinbarung richtet sich nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen. Insoweit kann sich die Arbeitgeberpartei des Arbeitsvertrages auch vertreten lassen. Soweit sie in Bezug auf den Arbeitsvertragsinhalt nicht selbst handelt, muss sie sich ggf. das Handeln eines Vertreters nach den Grundsätzen der Anscheins- und Duldungsvollmacht zurechnen lassen. Entscheidend ist die von dem Arzt nach der konkreten Gestaltung des Arbeitsverhältnisses auszuübende vertragliche Tätigkeit. Bedient sich der Arbeitgeber bei der Leitung einer Klinik der Dienste eines Chefarztes und überlässt er diesem die nähere Ausgestaltung der Organisation der Klinik und die personelle Zuweisung von Aufgaben, ist der Arbeitgeber an die sich daraus ergebenden Rechtsfolgen gebunden. Die Zuweisung einer Tätigkeit an einen Arzt, die dieser nach einer entsprechenden Aufgabenübertragung längere Zeit ausübt, ist in der Regel arbeitsvertraglich gedeckt, dh. entweder hält sich die Maßnahme im Bereich des bisherigen Direktionsrechts oder sie stellt eine übereinstimmende Änderung des Arbeitsvertrages hinsichtlich der konkreten Arbeitspflicht des Arztes dar. Jedenfalls handelt es sich dabei in der Regel auch im tariflichen Sinne um die auszuübende Tätigkeit des Arztes, die sodann nach dem auch von den Tarifvertragsparteien des TV-Ärzte/VKA in § 15 Abs. 2 für maßgebend erachteten Grundsatz der Tarifautomatik anhand der tariflichen Tätigkeitsmerkmale zu bewerten ist. Der TV-Ärzte/VKA hat mit seiner Anforderung, die medizinische Verantwortung müsse dem Arzt „vom Arbeitgeber ausdrücklich“ übertragen werden, kein - grundsätzlich auch noch für die Vergangenheit rückwirkendes - „rechtsgeschäftliches Vertretungsverbot“ bestimmt, das die Tarifautomatik außer Kraft setzen würde. Der Arbeitgeber ist an die von seinem Chefarzt vorgenommenen Zuweisungen von Tätigkeiten, die die vertragliche Arbeitspflicht des Arbeitnehmers betreffen, gebunden als hätte er sie selbst angeordnet (vgl. dazu ausf. BAG 22. September 2010 - 4 AZR 166/09 - Rn. 16 bis 27).
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b) Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze scheitert der Klageanspruch nicht an der Anforderung einer „ausdrücklichen Übertragung“ durch den Arbeitgeber. Dies hat das Landesarbeitsgericht verkannt.
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Zwar geht es zu Recht davon aus, dass die Erlaubnis, den Titel eines „Oberarztes“ zu tragen, tariflich ohne Bedeutung ist. Das Landesarbeitsgericht hat aber nicht geprüft, ob die von dem Kläger auszuübende Tätigkeit, die nach dessen Auffassung ua. die Ausübung einer medizinischen Verantwortung im Sinne von § 16 Buchst. c TV-Ärzte/VKA beinhaltet, dieser in einer der Beklagten zivilrechtlich zuzurechnenden Weise übertragen worden ist. Letztlich lässt es das Landesarbeitsgericht ausreichen, dass etwaige arbeitsvertraglich verbindliche Arbeitszuweisungen des Chefarztes jedenfalls seit Inkrafttreten des TV-Ärzte/VKA am 1. August 2006 eingruppierungsrechtlich irrelevant seien. Damit stellt es auf die förmliche Übertragung einer Verantwortung ab, die unabhängig von der arbeitsvertraglich auszuübenden Tätigkeit des Klägers durch den Arbeitgeber selbst erfolgen muss. Dies entspricht jedoch nicht den tariflichen Bestimmungen, die - wie dargelegt - von einer Bewertung der vertraglich auszuübenden Tätigkeit im Sinne einer Tarifautomatik ausgehen. Hiermit hat sich das Landesarbeitsgericht nicht befasst.
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c) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist im Ergebnis davon auszugehen, dass die tariflich zu bewertende Tätigkeit des Klägers von der Beklagten ausdrücklich übertragen worden ist.
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Die tatsächlich dem Kläger obliegenden Aufgaben, soweit sich das Landesarbeitsgericht mit ihnen befasst hat, sind zwischen den Parteien unstreitig. Die Stellenausschreibung und das Einstellungsgespräch zwischen dem Kläger und Prof. Dr. M hatten die Besetzung der Stelle für die verantwortliche Leitung eines Kreißsaales, der Maximalversorgung und Pränataldiagnostik (Geburtshilfe), die zu jenem Zeitpunkt bereits im zuletzt vom Kläger ausgeübten Umfang existierte, zum Gegenstand. Wie vertraglich vereinbart, übte der Kläger von Anfang an die organisatorischen Leitungsfunktionen innerhalb des Bereichs der Geburtshilfe aus. Diese Aufgaben sind ihm vom Chefarzt und medizinischen Leiter der Klinik, Prof. Dr. M übertragen worden. Sie änderten sich während der gesamten Dauer des Arbeitsverhältnisses nicht. Auch nach Inkrafttreten des TV-Ärzte/VKA hat die Beklagte keinen Anlass gesehen, an dieser Aufgabenzuweisung etwas zu ändern.
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Damit ist die vom Kläger auszuübende Tätigkeit als Gegenstand der vertraglichen Arbeitsverpflichtung hinreichend umschrieben. Ob sie die Tarifmerkmale eines Oberarztes erfüllt, hängt davon ab, ob der Kläger bei Erfüllung seiner Aufgaben die medizinische Verantwortung für einen Teil- oder Funktionsbereich der Klinik trägt. Die Übertragung der konkreten Aufgaben und der mit seiner Stellung in der Klinik, insbesondere im Bereich Geburtshilfe, verbundenen Funktionen ist der Beklagten selbst arbeitsvertraglich zuzurechnen.
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4. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts ist nach § 562 Abs. 1 ZPO aufzuheben und die Sache nach § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen. Dies ist nicht etwa deshalb ausgeschlossen, weil die Klage aus anderen Gründen entscheidungsreif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts kann nicht beurteilt werden, ob es sich bei der für die Eingruppierung maßgebenden Tätigkeit des Klägers im Bereich der Geburtshilfe der Klinik für Frauenheilkunde um von ihm wahrzunehmende medizinische Verantwortung für einen selbständigen Teil- oder Funktionsbereich der Klinik oder Abteilung im Tarifsinne handelt. Den Parteien ist entsprechend Gelegenheit zur Präzisierung ihres Vortrages zu geben. Dies gebietet der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs, insbesondere im Hinblick auf neue tarifliche Tätigkeitsmerkmale, die gemessen an der komplexen Wirklichkeit einen außerordentlich hohen Abstraktionsgrad aufweisen und dementsprechend einer intensiven Auslegung unterzogen werden müssen. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass weder dem Kläger noch dem Landesarbeitsgericht die Senatsentscheidungen vom 9. Dezember 2009 zur Auslegung der Anforderungen an die Erfüllung der Tätigkeitsmerkmale bekannt waren.
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a) Zunächst muss die tariflich relevante Tätigkeit des Klägers näher bestimmt werden. Die bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts bieten für deren erforderliche tarifliche Bewertung keine ausreichende Beurteilungsgrundlage. Fest steht lediglich, dass der Kläger im Bereich der Geburtshilfe und bei Ultraschalluntersuchungen der DEGUM Stufe II Tätigkeiten ausübt. Hinsichtlich der zeitlichen Anteile der jeweiligen Tätigkeiten hat das Landesarbeitsgericht keine Feststellungen getroffen.
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b) Die nach § 15 Abs. 2 Satz 2 TV-Ärzte/VKA maßgebenden Arbeitsvorgänge der tariflich relevanten Tätigkeit des Klägers sind nicht bestimmt worden und auf der Grundlage der Feststellungen des Landesarbeitsgerichts auch nicht bestimmbar. Es ist bereits unklar, welche Arbeitsergebnisse die verschiedenen Tätigkeiten des Klägers zum Ziel haben. Zwar ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bei einer ärztlichen Tätigkeit häufig ein einziger großer Arbeitsvorgang anzunehmen, weil die Tarifvertragsparteien, jedenfalls des BAT, den Arztbegriff als Funktionsmerkmal auffassen und alle ärztlichen Tätigkeiten einheitlich bewertet wissen wollen ( vgl. zB 29. August 2007 - 4 AZR 571/06 - Rn. 23, ZTR 2008, 210; 5. November 2003 - 4 AZR 632/02 - zu II 2 b der Gründe, BAGE 108, 224). Ob dies auch vorliegend der Fall ist, kann derzeit nicht beurteilt werden, weil seitens der Parteien jeglicher Vortrag zu einem einheitlichen Arbeitsergebnis der Tätigkeiten im Bereich Geburtshilfe und der Ultraschalluntersuchungen fehlt. Insbesondere bleibt unklar, ob die Einzeltätigkeiten des Klägers im Kreißsaal, in den beiden Wochenbettstationen, in der Schwangerenambulanz und bei der Ultraschalldiagnostik einem einheitlichen Zweck dienen. Es bleibt ferner unklar, in welchem Zusammenhang der Kläger Ultraschalluntersuchungen der DEGUM Stufe II durchgeführt hat, insbesondere ob diese im Rahmen der Schwangerenambulanz anfielen.
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c) Die Klage ist auch nicht deshalb bereits jetzt abzuweisen, weil feststünde, dass dem Kläger eine medizinische Verantwortung weder für einen Teil- noch für einen Funktionsbereich der Klinik übertragen worden wäre.
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aa) Der Bereich der Geburtshilfe ist allerdings kein Funktionsbereich im tariflichen Sinne.
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(1) Die Tarifvertragsparteien des TV-Ärzte/VKA haben den Begriff des Funktionsbereichs in dem Sinne gebraucht, der den schon früher von ihnen als Tarifvertragsparteien des BAT vereinbarten Regelungen der dortigen Vergütungsordnung (VergGr. Ib Fallgr. 4 iVm. Protokollerklärung Nr. 3) zugrunde lag (idS für die gleichlautende Formulierung im TV-Ärzte/TdL: BAG 9. Dezember 2009 - 4 AZR 495/08 - Rn. 33, AP TVG § 1 Tarifverträge: Arzt Nr. 8 zu VergGr. Ib Fallgr. 10 iVm. Protokollnotiz Nr. 5; Placzek/Griebeling MedR 2008, 599, 600; Anton ZTR 2008, 184, 186; Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TV-L Stand Oktober 2010 Teil IIa TV-Ärzte - Eingruppierung § 12 Rn. 46 f.). Danach sind Funktionsbereiche medizinisch definiert, dh. sie sind Untergliederungen eines Fachgebietes der Medizin, die wissenschaftlich anerkannte Spezialgebiete erfassen. Als Beispiele für Funktionsbereiche haben die Tarifvertragsparteien in ihrer Protokollerklärung Nr. 3 des Tarifvertrages zur Änderung und Ergänzung der Anlage 1a zum BAT vom 23. Februar 1972 ua. die Handchirurgie, die Neuroradiologie, die Elektroencephalographie und die Herzkatheterisierung benannt.
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(2) Ein solcher Funktionsbereich ist die Geburtshilfe nicht, weil es sich dabei nicht um ein wissenschaftlich anerkanntes Spezialgebiet innerhalb des Fachgebietes Frauenheilkunde und Geburtshilfe handelt, sondern um einen Teil des Fachgebietes selbst (so auch die Beschlüsse des Gruppenausschusses der VKA für Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen v. 29. September 1978, abgedruckt bei Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TV-L Stand Oktober 2010 Teil IIa TV-Ärzte - Eingruppierung § 12 Rn. 54, Geburtshilfe).
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bb) Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass der Bereich der Geburtshilfe als selbständiger Teilbereich im tariflichen Sinne anzusehen ist.
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(1) Die Auslegung des Begriffs ergibt unter besonderer Berücksichtigung des Wortlauts und des tariflichen Gesamtzusammenhangs, dass ein selbständiger Teilbereich einer Klinik oder Abteilung im tariflichen Sinne regelmäßig eine organisatorisch abgrenzbare Einheit innerhalb der übergeordneten Einrichtung einer Klinik oder Abteilung ist, der eine bestimmte Aufgabe mit eigener Zielsetzung sowie eigener medizinischer Verantwortungsstruktur zugewiesen ist und die über eine eigene räumliche, personelle und sachlich-technische Ausstattung verfügt. Die Anforderung einer gewissen organisatorischen Verselbständigung wird in der Regel einerseits durch eine zumindest auf einen nicht unerheblichen Zeitraum, zumeist jedoch auf unbestimmte Dauer ausgerichtete Ausstattung mit eigenem nichtärztlichem und ärztlichem Personal erfüllt. Die bloße Aufgabenerfüllung mit wechselndem Personal genügt für die erforderliche Abgrenzung nicht. Andererseits müssen der Einheit regelmäßig auch eigene Räume und sonstige Sachmittel zugewiesen worden sein. Diese orientieren sich an dem der organisatorischen Einheit innerhalb der Klinik oder der Abteilung übertragenen Zweck. Erforderlich ist, dass die Einheit in diesem Sinne tatsächlich organisatorisch verselbständigt ist; es genügt nicht, dass aufgrund der Aufgabenstellung hierzu die Möglichkeit bestünde. Zugewiesen sein muss eine eigenständige Verantwortungsstruktur. Nicht zwingend ist dagegen, dass es sich um eine organisatorische Ebene unmittelbar unterhalb derjenigen der Klinik oder Abteilung handeln muss. Es ist aber regelmäßig davon auszugehen, dass ein Teilbereich im tariflichen Sinne über eine bestimmte Mindestgröße verfügen muss und nicht auf der untersten organisatorischen Hierarchieebene angesiedelt sein kann, was jedoch durch die Anforderung einer organisatorischen Selbständigkeit und die Anbindung an das Merkmal der „medizinischen Verantwortung“ in der Regel auch ausgeschlossen sein dürfte (vgl. ausführlich BAG 9. Dezember 2009 - 4 AZR 568/08 - Rn. 29 ff.).
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(2) Danach ist es möglich, dass der Bereich der Geburtshilfe die tariflichen Anforderungen erfüllt.
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(a) Das Landesarbeitsgericht hat hierzu keine tatsächlichen Feststellungen getroffen. Der Kläger selbst hat vorgetragen, dem Bereich Geburtshilfe sei eigenes Personal zugeordnet, nämlich fünf Assistenzärzte, Hebammen, Stationsschwestern und zwei Ambulanzschwestern, und er sei fachlich weisungsbefugt gegenüber zwei (namentlich nicht benannten) Fachärztinnen. Der Kreißsaal (intensivmedizinischer Funktionsbereich) sei durch eine abgeschlossene Tür von der übrigen Klinik getrennt. Angrenzend auf demselben Stockwerk, abgetrennt durch eine abschließbare Tür, befinde sich die Schwangerenberatung(-ambulanz). Die geburtshilflichen Stationen lägen als solche gekennzeichnet im 3. und 4. Obergeschoss der Klinik.
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(b) Dies lässt es als nicht ausgeschlossen erscheinen, dass der Kläger in einem selbständigen Teilbereich einer Klinik tätig war. Die Zuordnung eines festen Personalstammes und die räumlich jedenfalls in gewisser Hinsicht abgegrenzte Einheit können dafür sprechen. Es ist jedoch nicht vorgetragen oder gar festgestellt, ob die vom Kläger durchgeführten Ultraschalluntersuchungen organisatorisch dem Bereich der Geburtshilfe zugeordnet sind. Dem Kläger muss insoweit jedenfalls Gelegenheit gegeben werden, hierzu erforderlichenfalls ergänzend vorzutragen.
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d) Die Klage ist auch nicht deshalb zurückzuweisen, weil auszuschließen ist, dass der Kläger für einen solchen Teilbereich die medizinische Verantwortung trug.
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aa) Die Eingruppierung eines Arztes als Oberarzt iSd. Entgeltgruppe III TV-Ärzte/VKA setzt ua. voraus, dass dem Arzt die medizinische Verantwortung für Teil- oder Funktionsbereiche der Klinik bzw. Abteilung übertragen worden ist. Nach der Rechtsprechung des Senats ergibt sich aus dem tariflichen Gesamtzusammenhang, dass das Tätigkeitsmerkmal nur dann erfüllt werden kann, wenn dem Oberarzt ein Aufsichts- und - teilweise eingeschränktes - Weisungsrecht hinsichtlich des medizinischen Personals zugewiesen worden ist (9. Dezember 2009 - 4 AZR 495/08 - Rn. 45, AP TVG § 1 Tarifverträge: Arzt Nr. 8). Dabei genügt es nicht, dass in dem Teilbereich Ärzte der Entgeltgruppe I tätig sind. Ihm muss auch mindestens ein Facharzt der Entgeltgruppe II unterstellt sein (BAG 9. Dezember 2009 - 4 AZR 495/08 - Rn. 45, aaO). Ferner ist idR erforderlich, dass die Verantwortung für den Bereich ungeteilt bei ihm liegt (BAG 9. Dezember 2009 - 4 AZR 495/08 - Rn. 45, aaO). Eine ungeteilte Verantwortung liegt nicht vor, wenn in einer organisatorischen Einheit mehrere Titularoberärzte tätig sind, die nur teil- oder zeitweise, etwa bei den Hintergrunddiensten, jeweils allein verantwortlich sind (BAG 9. Dezember 2009 - 4 AZR 495/08 - Rn. 52, aaO).
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bb) Danach kann dem Kläger die medizinische Verantwortung für den Bereich der Geburtshilfe übertragen worden sein.
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(1) Das Landesarbeitsgericht hat hierzu keine Feststellungen getroffen. Der Kläger selbst trägt vor, er sei gegenüber dem medizinischen Personal, darunter auch zwei namentlich nicht benannten Fachärztinnen, weisungsbefugt gewesen. Soweit der leitende Oberarzt S auch im Bereich Geburtshilfe tätig war, habe er ausschließlich seine eigene Privatsprechstunde abgehalten und seine eigenen Privatpatientinnen betreut, aber weder organisatorische Aufgaben in der Geburtshilfe wahrgenommen noch Assistenzärzte ausgebildet. Die medizinische Verantwortung im laufenden Betrieb für alle gesetzlich versicherten Patientinnen und für einen Teil der Privatpatienten habe der Kläger getragen. Täglich seien alle behandelten Fälle mit ihm besprochen worden (Kreißsaalbesprechung). Das Therapieregime und Geburtsmodi hätte er abzeichnen und verantworten müssen. Er habe Tätigkeiten mit erhöhtem Schwierigkeitsgrad wie komplizierte Kaiserschnitte, Entbindung von Frühgeborenen und die Versorgung von komplizierten Geburtsverletzungen selbst durchgeführt. Er habe die Kreißsaalvisite mit anschließender Frühbesprechung und die Kreißsaalbesprechung ebenso geleitet wie die einmal wöchentlich stattfindende interdisziplinäre Besprechung mit der Kinderklinik.
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(2) Diese Tatsachen sprechen für das Vorliegen einer medizinischen Verantwortung im Tarifsinne. Die Beklagte hat diesen Sachvortrag bislang nicht substantiiert bestritten. Es ist ihr jedoch Gelegenheit zu geben, hierzu ergänzend vorzutragen. Insoweit gelten die oben zu Gunsten des Klägers und seines Anspruchs auf rechtliches Gehör ausgeführten Grundsätze entsprechend. Der Rechtsstreit ist bis in die Berufungsinstanz nahezu ausschließlich unter dem Gesichtspunkt der „ausdrücklichen Übertragung“ durch den Arbeitgeber geführt worden.
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5. Auch die Klageabweisung des Zahlungsantrages zu 2) lässt sich nicht mit den Erwägungen des Landesarbeitsgerichts begründen. Auch hier fehlt es an den entsprechenden Feststellungen, um über den Antrag abschließend zu entscheiden.
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Hinsichtlich der hierfür maßgebenden Erwägungen des Senats wird auf die obigen Ausführungen zur Eingruppierung verwiesen. Die mit dem Antrag geltend gemachte Bereitschaftsdienstvergütung wird nach § 12 Abs. 2 TV-Ärzte/VKA mit einem von der Entgeltgruppe abhängigen Faktor errechnet. Die Beklagte hat die unstreitig geleisteten Bereitschaftsdienste des Klägers auf der Grundlage der von ihr als zutreffend angenommenen Entgeltgruppe II TV-Ärzte/VKA berechnet. Die vom Kläger geltend gemachten Differenzvergütungen basieren ausschließlich auf der von ihm angenommenen Eingruppierung in der Entgeltgruppe III TV-Ärzte/VKA. Aus diesem Grund hängt das Bestehen eines entsprechenden Anspruchs allein von der Eingruppierung des Klägers ab, die das Landesarbeitsgericht nach Maßgabe der oa. Ausführungen neu zu verhandeln und zu entscheiden hat.
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6. Die Klage ist auch nicht insoweit bereits jetzt teilweise abzuweisen, weil, wie die Beklagte vorgetragen hat, die Zinsansprüche des Klägers auch bei einer Eingruppierung in der Entgeltgruppe III TV-Ärzte/VKA überhöht wären.
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a) Der Kläger hat Zinsen in der gesetzlich vorgesehenen Höhe (§ 288 Abs. 1 BGB) ab Fälligkeit der jeweiligen, aus der begehrten Eingruppierung folgenden Entgeltansprüche geltend gemacht.
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b) Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sind Zinsansprüche bei Entgeltdifferenzen wegen fehlerhafter Eingruppierung jedenfalls im öffentlichen Dienst nur als Prozesszinsen begründet. Soweit auch schon vor gerichtlicher Geltendmachung Zinsen begehrt werden, scheitert dies nach der bisherigen Rechtsprechung regelmäßig daran, dass der öffentliche Arbeitgeber nicht zu vertreten habe, dass die geschuldete Leistung zum Zeitpunkt der Fälligkeit unterblieben ist (§ 285 BGB aF). Die Eingruppierung im öffentlichen Dienst soll danach durch Einführung der Vergütungsordnung des BAT „außerordentlich vielfältig geworden, starken inhaltlichen Änderungen unterworfen und wegen der zahlreichen darin verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffe und des für deren Anwendung bestehenden tatrichterlichen Beurteilungsspielraumes nicht nur schwer praktisch anwendbar, sondern auch nur mit erheblichen Schwierigkeiten tatsächlicher und rechtlicher Art judizierbar“ sein (grdl. BAG 7. Oktober 1981 - 4 AZR 225/79 - BAGE 36, 245, 260; bestätigt durch 11. Juni 1997 - 10 AZR 613/96 - AP BGB § 291 Nr. 1). Hieraus folgerte die Rechtsprechung entgegen der Beweislastregel in § 285 BGB aF(jetzt § 286 Abs. 4 BGB), dass der fehlerhaft eingruppierte Arbeitnehmer über die fehlerhafte Eingruppierung hinaus auch das Verschulden des öffentlichen Arbeitgebers darlegen und beweisen müsse.
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c) Der für Eingruppierungsstreitigkeiten im öffentlichen Dienst nach der Geschäftsverteilung des Bundesarbeitsgerichts allein zuständige Vierte Senat gibt diese Rechtsprechung ausdrücklich auf.
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aa) Die gesetzliche Regelung in § 286 Abs. 4 BGB ist eindeutig. Der Schuldner einer Leistung kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.
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Daraus ergibt sich zum Einen, dass der Verzug ein Verschulden des Schuldners voraussetzt. Insoweit kommt grundsätzlich auch ein Rechtsirrtum als verschuldensausschließend in Betracht (zB BAG 14. Dezember 1999 - 3 AZR 713/98 - BAGE 93, 105, 109 f. für eine unwirksame Tarifregelung; 13. Juni 2002 - 2 AZR 391/01 - BAGE 101, 328, 339 f. für den Annahmeverzug nach § 615 BGB). Hieran werden jedoch strenge Anforderungen gestellt. Dies geht auf die Überlegung zurück, dass derjenige schuldhaft handelt, der seine Interessen trotz zweifelhafter Rechtslage auf Kosten fremder Rechte wahrnimmt (BGH 21. Dezember 1995 - V ZB 4/94 - BGHZ 131, 346, 354; vgl. auch BGH 12. Juli 2006 - X ZR 157/05 - BB 2006, 1819, 1820). Gleichwohl bleibt dem Schuldner vorbehalten, sich nach Maßgabe dieser materiell-rechtlichen Vorgaben zu entlasten. Dies ist auch dem öffentlichen Arbeitgeber in Eingruppierungsrechtsstreitigkeiten möglich.
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bb) Davon zu unterscheiden ist die Frage der Darlegungs- und Beweislast für das (fehlende) Verschulden. Das Gesetz weist diese dem Schuldner zu. Er ist gehalten, im Einzelnen darzulegen und ggf. zu beweisen, dass die geschuldete Leistung zum Fälligkeitszeitpunkt unterblieben ist, ohne dass ihn ein Verschulden trifft (MünchKommBGB/Ernst 5. Aufl. § 286 Rn. 115; Staudinger/Löwisch/Feldmann BGB Neubearbeitung 2009 § 286 Rn. 171; Schmidt-Kessel in Prütting/Wegen/Weinreich BGB 5. Aufl. § 286 Rn. 23; Erman/J. Hager BGB 12. Aufl. § 286 Rn. 58, jeweils mwN).
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Für eine Nichtbeachtung dieser gesetzlichen Beweislastverteilungsanordnung gibt es keinen Grund. Dass die Eingruppierung im öffentlichen Dienst - insbesondere in den ersten Jahren der Geltung der Vergütungsordnung - schwierig war und noch immer sein kann, mag im Ergebnis dazu führen, dass dem Arbeitgeber die Exkulpation wegen des Nachweises eines unverschuldeten Rechtsirrtums leichter gelingen kann. Dass er diesen deshalb aber gar nicht erst zu führen braucht, sondern im Gegenteil die Darlegung und der Beweis eines Verschuldens entgegen dem Gesetzeswortlaut dem fehlerhaft eingruppierten Arbeitnehmer obliegen soll, ist mit der Häufigkeit unbestimmter Rechtsbegriffe und der daraus erwachsenden Schwierigkeit einer Prognose der Rechtsprechung nicht zu begründen.
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cc) Der Anrufung des Großen Senats des Bundesarbeitsgerichts gem. § 45 Abs. 2 ArbGG oder der Anfrage bei einem anderen Senat des Bundesarbeitsgerichts gem. § 45 Abs. 3 ArbGG bedarf es nicht, weil der erkennende Senat für die Eingruppierung von Arbeitnehmern im öffentlichen Dienst nach der Geschäftsverteilung allein zuständig ist.
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d) Das Landesarbeitsgericht wird daher der Beklagten vorsorglich Gelegenheit geben müssen, zur Frage eines möglicherweise fehlenden Verschuldens bei der Eingruppierung des Klägers vorzutragen und ggf. Beweis anzutreten.
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Bepler
Treber
Creutzfeldt
Dassel
J. Ratayczak
Tenor
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Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 5. Dezember 2008 - 3 Sa 816/08 - aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten im Rahmen einer Zahlungsklage um die zutreffende Eingruppierung des Klägers nach dem TV-Ärzte/VKA.
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Der Kläger ist Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe. Er war auf der Grundlage des am 21. Oktober 2004 geschlossenen Arbeitsvertrages vom 1. Februar 2005 bis 31. Dezember 2007 bei der Beklagten in der Frauenklinik der Städtischen Kliniken F beschäftigt. In seinem schriftlichen Arbeitsvertrag heißt es, er sei „im Rahmen der jeweiligen Aufgaben des Krankenhauses des Arbeitgebers als Oberarzt beschäftigt“. Kraft beiderseitiger Tarifbindung fand auf das Arbeitsverhältnis der Parteien zunächst der BAT Anwendung und der Kläger erhielt Vergütung nach der Vergütungsgruppe Ib BAT. Ab Inkrafttreten des Tarifvertrages für Ärztinnen und Ärzte an kommunalen Krankenhäusern im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (TV-Ärzte/VKA) am 1. August 2006 richteten sich die Arbeitsbedingungen nach diesem Tarifvertrag. Der Kläger erhielt bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses Vergütung nach der Entgeltgruppe II (Fachärztin/Facharzt mit entsprechender Tätigkeit), Stufe 2, gemäß § 16 Buchst. b TV-Ärzte/VKA.
-
Von Beginn seiner Tätigkeit in der Frauenklinik an war der Kläger nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts aufgrund einer Aufgabenübertragung durch den Chefarzt und medizinischen Leiter der Klinik Prof. Dr. M für den Bereich Geburtshilfe zuständig. Dieser umfasst den Kreißsaal, die Schwangerenambulanz sowie zwei Wochenbettstationen. Darüber hinaus führte er Ultraschalluntersuchungen der DEGUM Stufe II aus, die für die Einstufung der Frauenklinik als Perinatalzentrum der höchsten Versorgungsstufe unverzichtbar sind. Seine fachliche Weisungsbefugnis erstreckte sich auf das nichtärztliche Personal, Assistenzärzte und Fachärzte, soweit sie dem Kläger unterstellt waren. Auf den offiziellen Briefbögen der Klinik wurde er als Oberarzt bezeichnet. Der Dienstvertrag von Prof. Dr. M enthält in § 6 Abs. 1, wie alle bei der Beklagten verwendeten Chefarztverträge, folgende Regelung:
-
„Im Rahmen der Besorgung seiner Dienstaufgaben überträgt der Arzt, soweit nicht die Art oder die Schwere der Krankheit oder die Voraussetzungen der Ermächtigung oder Zulassung sein persönliches Tätigwerden erfordern, den ärztlichen Mitarbeitern - entsprechend ihrem beruflichen Bildungsstand, ihren Fähigkeiten und Erfahrungen - bestimmte Tätigkeitsbereiche oder Einzelaufgaben zur selbständigen Erledigung. Die Gesamtverantwortung des Arztes wird hierdurch nicht eingeschränkt.“
- 4
-
Darüber hinaus hat nach § 7 Abs. 2 des Dienstvertrages für Chefärzte der leitende Arzt in ärztlichen Angelegenheiten das Weisungsrecht gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.
- 5
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Mit Schreiben vom 24. Januar 2007 begehrte der Kläger erfolglos seine Eingruppierung in der Entgeltgruppe III (Oberärztin/Oberarzt) gemäß § 16 Buchst. c TV-Ärzte/VKA.
- 6
-
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm sei die medizinische Verantwortung für einen Teil- oder Funktionsbereich einer Klinik vom Arbeitgeber ausdrücklich übertragen worden, weshalb er als Oberarzt iSv. § 16 Buchst. c TV-Ärzte/VKA zu vergüten sei. Er hat mit vorliegender Klage die Zahlung der monatlichen Vergütungsdifferenz zwischen der Entgeltgruppe III Stufe 1 TV-Ärzte/VKA und der Entgeltgruppe II Stufe 2 TV-Ärzte/VKA in Höhe von monatlich 850,00 Euro brutto sowie die entsprechende Differenzvergütung für 860,9 Stunden unstreitig geleisteter Bereitschaftsdienste verlangt.
-
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
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1.
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 14.450,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 850,00 Euro brutto seit dem 1. des jeweiligen Folgemonats, beginnend mit dem 1. September 2006 und endend mit dem 1. Januar 2008 zu zahlen,
2.
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 2.496,61 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13. März 2008 zu zahlen.
- 8
-
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Rechtsauffassung vertreten, dass der Kläger lediglich sog. Titularoberarzt sei. Die tarifvertraglich geforderte ausdrückliche Übertragung der medizinischen Verantwortung durch den Arbeitgeber sei nicht erfolgt. Eine Übertragung durch den Chefarzt genüge nicht, da diesem keine Vertretungsmacht für den Arbeitgeber eingeräumt worden sei. Der Wortlaut des Tarifvertrages könne nur so verstanden werden, dass es der Arbeitgeber in der Hand haben solle, wie viele Tarifoberärzte bei ihm beschäftigt würden und in welchem Bereich eine entsprechende Verantwortung für einen Teil- oder Funktionsbereich auf einen Oberarzt übertragen werden solle. Seitens der Beklagten liege die erforderliche unternehmerische Entscheidung zur Einrichtung eines Funktionsbereiches für Geburtshilfe und Kreißsaal nicht vor.
-
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und die Revision gegen sein Urteil zugelassen. Der Kläger verfolgt mit seiner Revision den Klageantrag uneingeschränkt weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
- 10
-
Die Revision des Klägers ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers rechtsfehlerhaft zurückgewiesen. Es hat das Tarifmerkmal „vom Arbeitgeber ausdrücklich übertragen“ rechtsfehlerhaft ausgelegt. Ob die Zahlungsansprüche des Klägers aufgrund einer Tätigkeit als Oberarzt im tariflichen Sinne bestehen, kann der Senat aufgrund des Fehlens tatsächlicher Feststellungen nicht abschließend entscheiden.
- 11
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I. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen damit begründet, dass die Voraussetzungen für die Einreihung in der Entgeltgruppe III nach § 16 Buchst. c TV-Ärzte/VKA schon deshalb nicht erfüllt seien, weil dem Kläger die medizinische Verantwortung nicht von der Beklagten ausdrücklich übertragen worden sei. Die Auslegung des Tarifvertrages ergebe, dass zum einen der Arbeitgeber, also der Träger der Klinik handelnd durch das jeweils zuständige Organ, die Entscheidung getroffen haben müsse, die medizinische Verantwortung zu übertragen, und in Ausführung dieser Entscheidung zum anderen die Übertragung von dem Krankenhausträger ausdrücklich vorgenommen worden sein müsse. Dies liege beim Kläger nicht vor. Weiterhin enthalte die Tarifnorm ein rechtsgeschäftliches Vertretungsverbot, so dass sich der Kläger auch nicht auf eine Anscheins- oder Duldungsvollmacht berufen könne. Auch ein Verstoß der Beklagten gegen Treu und Glauben könne nicht angenommen werden. Ob die übrigen Merkmale der Entgeltgruppe III TV-Ärzte/VKA erfüllt sind, hat das Landesarbeitsgericht dahinstehen lassen.
- 12
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II. Die Revision des Klägers ist begründet. Die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Das Tarifmerkmal „vom Arbeitgeber ausdrücklich übertragen“ schließt entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts eine rechtsgeschäftliche Vertretung des Arbeitgebers nicht aus. Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung, weil der Rechtsstreit noch nicht zur Entscheidung reif ist. Es kann derzeit nicht abschließend entschieden werden, ob dem Kläger die begehrten Vergütungsdifferenzen zustehen. Es fehlt an hinreichenden tatsächlichen Feststellungen für die Beurteilung, ob bei ihm zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen des Tätigkeitsmerkmales dieser Vergütungsgruppe erfüllen, ob der Bereich Geburtshilfe ein selbständiger Teilbereich der Klinik bzw. Abteilung war und ob dem Kläger die medizinische Verantwortung für diesen Bereich übertragen worden ist.
- 13
-
1. Der TV-Ärzte/VKA ist aufgrund beiderseitiger Tarifgebundenheit gemäß § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbar.
- 14
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2. Der Erfolg der Klage setzt voraus, dass der Kläger die Tätigkeitsmerkmale der begehrten Entgeltgruppe III nach § 16 Buchst. c TV-Ärzte/VKA erfüllt.
-
Die maßgebenden Tarifnormen des TV-Ärzte/VKA lauten:
-
„§ 15
Allgemeine Eingruppierungsregelungen
(1)
Die Eingruppierung der Ärztinnen und Ärzte richtet sich nach den Tätigkeitsmerkmalen des § 16. Die Ärztin/ der Arzt erhält Entgelt nach der Entgeltgruppe, in der sie/ er eingruppiert ist.
(2)
Die Ärztin/ der Arzt ist in der Entgeltgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmalen die gesamte von ihr/ ihm nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht.
Die gesamte auszuübende Tätigkeit entspricht den Tätigkeitsmerkmalen einer Entgeltgruppe, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale dieser Entgeltgruppe erfüllen. Kann die Erfüllung einer Anforderung in der Regel erst bei der Betrachtung mehrerer Arbeitsvorgänge festgestellt werden, sind diese Arbeitsvorgänge für die Feststellung, ob diese Anforderung erfüllt ist, insoweit zusammen zu beurteilen. Ist in einem Tätigkeitsmerkmal als Anforderung eine Voraussetzung in der Person des Angestellten bestimmt, muss auch diese Anforderung erfüllt sein.
Protokollerklärungen zu § 15 Abs. 2
1.
Arbeitsvorgänge sind Arbeitsleistungen (einschließlich Zusammenhangsarbeiten), die, bezogen auf den Aufgabenkreis der Ärztin/ des Arztes, zu einem bei natürlicher Betrachtung abgrenzbaren Arbeitsergebnis führen (z.B. Erstellung eines EKG). Jeder einzelne Arbeitsvorgang ist als solcher zu bewerten und darf dabei hinsichtlich der Anforderungen zeitlich nicht aufgespalten werden.
…
§ 16
Eingruppierung
Ärztinnen und Ärzte sind wie folgt eingruppiert:
a)
Entgeltgruppe I:
Ärztin/ Arzt mit entsprechender Tätigkeit.
b)
Entgeltgruppe II:
Fachärztin/ Facharzt mit entsprechender Tätigkeit
Protokollerklärung zu Buchst. b:
Fachärztin/ Facharzt ist diejenige Ärztin/ derjenige Arzt, die/ der aufgrund abgeschlossener Facharztweiterbildung in ihrem/ seinem Fachgebiet tätig ist.
c)
Entgeltgruppe III:
Oberärztin/ Oberarzt
Protokollerklärung zu Buchst. c:
Oberärztin/ Oberarzt ist diejenige Ärztin/ derjenige Arzt, der/ dem die medizinische Verantwortung für selbstständige Teil- oder Funktionsbereiche der Klinik bzw. Abteilung vom Arbeitgeber ausdrücklich übertragen worden ist.
d)
Entgeltgruppe IV:
Leitende Oberärztin/ Leitender Oberarzt, ist diejenige Ärztin/ derjenige Arzt, der/ dem die ständige Vertretung der leitenden Ärztin/ des leitenden Arztes (Chefärztin/ Chefarzt) vom Arbeitgeber ausdrücklich übertragen worden ist.
Protokollerklärung zu Buchst. d:
Leitende Oberärztin/ Leitender Oberarzt ist nur diejenige Ärztin/ derjenige Arzt, die/ der die leitende Ärztin/ den leitenden Arzt in der Gesamtheit ihrer/ seiner Dienstaufgaben vertritt. Das Tätigkeitsmerkmal kann daher innerhalb einer Klinik in der Regel nur von einer Ärztin/ einem Arzt erfüllt werden.“
- 16
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3. Die vom Landesarbeitsgericht für die Klageabweisung angeführte Begründung, dem Kläger sei die medizinische Verantwortung nicht ausdrücklich durch den Arbeitgeber übertragen worden, ist unzutreffend. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts schließt diese tarifliche Anforderung eine rechtsgeschäftliche Vertretung nicht aus.
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a) Der Senat hat sich in seiner Entscheidung vom 22. September 2010 (- 4 AZR 166/09 -) mit einem in der insoweit tragenden Begründung weitgehend gleichlautenden Berufungsurteil derselben Kammer des Hessischen Landesarbeitsgerichts ausführlich mit deren Sichtweise auseinandergesetzt. Die dortigen Ausführungen lassen sich wie folgt zusammenfassen (im Hinblick auf die klagende Partei wird im Folgenden stets die männliche Form gewählt):
- 18
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Grundlage der tariflichen Eingruppierungsbewertung ist nach § 15 Abs. 2 Satz 1 TV-Ärzte/VKA die nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit des Arztes. Nach der Senatsrechtsprechung ist dies die nach dem Inhalt des Arbeitsvertrages der Parteien bestimmte, vertraglich geschuldete Tätigkeit. Die Wirksamkeit einer entsprechenden Vereinbarung richtet sich nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen. Insoweit kann sich die Arbeitgeberpartei des Arbeitsvertrages auch vertreten lassen. Soweit sie in Bezug auf den Arbeitsvertragsinhalt nicht selbst handelt, muss sie sich ggf. das Handeln eines Vertreters nach den Grundsätzen der Anscheins- und Duldungsvollmacht zurechnen lassen. Entscheidend ist die von dem Arzt nach der konkreten Gestaltung des Arbeitsverhältnisses auszuübende vertragliche Tätigkeit. Bedient sich der Arbeitgeber bei der Leitung einer Klinik der Dienste eines Chefarztes und überlässt er diesem die nähere Ausgestaltung der Organisation der Klinik und die personelle Zuweisung von Aufgaben, ist der Arbeitgeber an die sich daraus ergebenden Rechtsfolgen gebunden. Die Zuweisung einer Tätigkeit an einen Arzt, die dieser nach einer entsprechenden Aufgabenübertragung längere Zeit ausübt, ist in der Regel arbeitsvertraglich gedeckt, dh. entweder hält sich die Maßnahme im Bereich des bisherigen Direktionsrechts oder sie stellt eine übereinstimmende Änderung des Arbeitsvertrages hinsichtlich der konkreten Arbeitspflicht des Arztes dar. Jedenfalls handelt es sich dabei in der Regel auch im tariflichen Sinne um die auszuübende Tätigkeit des Arztes, die sodann nach dem auch von den Tarifvertragsparteien des TV-Ärzte/VKA in § 15 Abs. 2 für maßgebend erachteten Grundsatz der Tarifautomatik anhand der tariflichen Tätigkeitsmerkmale zu bewerten ist. Der TV-Ärzte/VKA hat mit seiner Anforderung, die medizinische Verantwortung müsse dem Arzt „vom Arbeitgeber ausdrücklich“ übertragen werden, kein - grundsätzlich auch noch für die Vergangenheit rückwirkendes - „rechtsgeschäftliches Vertretungsverbot“ bestimmt, das die Tarifautomatik außer Kraft setzen würde. Der Arbeitgeber ist an die von seinem Chefarzt vorgenommenen Zuweisungen von Tätigkeiten, die die vertragliche Arbeitspflicht des Arbeitnehmers betreffen, gebunden als hätte er sie selbst angeordnet (vgl. dazu ausf. BAG 22. September 2010 - 4 AZR 166/09 - Rn. 16 bis 27).
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b) Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze scheitert der Klageanspruch nicht an der Anforderung einer „ausdrücklichen Übertragung“ durch den Arbeitgeber. Dies hat das Landesarbeitsgericht verkannt.
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Zwar geht es zu Recht davon aus, dass die Erlaubnis, den Titel eines „Oberarztes“ zu tragen, tariflich ohne Bedeutung ist. Das Landesarbeitsgericht hat aber nicht geprüft, ob die von dem Kläger auszuübende Tätigkeit, die nach dessen Auffassung ua. die Ausübung einer medizinischen Verantwortung im Sinne von § 16 Buchst. c TV-Ärzte/VKA beinhaltet, dieser in einer der Beklagten zivilrechtlich zuzurechnenden Weise übertragen worden ist. Letztlich lässt es das Landesarbeitsgericht ausreichen, dass etwaige arbeitsvertraglich verbindliche Arbeitszuweisungen des Chefarztes jedenfalls seit Inkrafttreten des TV-Ärzte/VKA am 1. August 2006 eingruppierungsrechtlich irrelevant seien. Damit stellt es auf die förmliche Übertragung einer Verantwortung ab, die unabhängig von der arbeitsvertraglich auszuübenden Tätigkeit des Klägers durch den Arbeitgeber selbst erfolgen muss. Dies entspricht jedoch nicht den tariflichen Bestimmungen, die - wie dargelegt - von einer Bewertung der vertraglich auszuübenden Tätigkeit im Sinne einer Tarifautomatik ausgehen. Hiermit hat sich das Landesarbeitsgericht nicht befasst.
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c) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist im Ergebnis davon auszugehen, dass die tariflich zu bewertende Tätigkeit des Klägers von der Beklagten ausdrücklich übertragen worden ist.
- 22
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Die tatsächlich dem Kläger obliegenden Aufgaben, soweit sich das Landesarbeitsgericht mit ihnen befasst hat, sind zwischen den Parteien unstreitig. Die Stellenausschreibung und das Einstellungsgespräch zwischen dem Kläger und Prof. Dr. M hatten die Besetzung der Stelle für die verantwortliche Leitung eines Kreißsaales, der Maximalversorgung und Pränataldiagnostik (Geburtshilfe), die zu jenem Zeitpunkt bereits im zuletzt vom Kläger ausgeübten Umfang existierte, zum Gegenstand. Wie vertraglich vereinbart, übte der Kläger von Anfang an die organisatorischen Leitungsfunktionen innerhalb des Bereichs der Geburtshilfe aus. Diese Aufgaben sind ihm vom Chefarzt und medizinischen Leiter der Klinik, Prof. Dr. M übertragen worden. Sie änderten sich während der gesamten Dauer des Arbeitsverhältnisses nicht. Auch nach Inkrafttreten des TV-Ärzte/VKA hat die Beklagte keinen Anlass gesehen, an dieser Aufgabenzuweisung etwas zu ändern.
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Damit ist die vom Kläger auszuübende Tätigkeit als Gegenstand der vertraglichen Arbeitsverpflichtung hinreichend umschrieben. Ob sie die Tarifmerkmale eines Oberarztes erfüllt, hängt davon ab, ob der Kläger bei Erfüllung seiner Aufgaben die medizinische Verantwortung für einen Teil- oder Funktionsbereich der Klinik trägt. Die Übertragung der konkreten Aufgaben und der mit seiner Stellung in der Klinik, insbesondere im Bereich Geburtshilfe, verbundenen Funktionen ist der Beklagten selbst arbeitsvertraglich zuzurechnen.
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4. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts ist nach § 562 Abs. 1 ZPO aufzuheben und die Sache nach § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen. Dies ist nicht etwa deshalb ausgeschlossen, weil die Klage aus anderen Gründen entscheidungsreif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts kann nicht beurteilt werden, ob es sich bei der für die Eingruppierung maßgebenden Tätigkeit des Klägers im Bereich der Geburtshilfe der Klinik für Frauenheilkunde um von ihm wahrzunehmende medizinische Verantwortung für einen selbständigen Teil- oder Funktionsbereich der Klinik oder Abteilung im Tarifsinne handelt. Den Parteien ist entsprechend Gelegenheit zur Präzisierung ihres Vortrages zu geben. Dies gebietet der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs, insbesondere im Hinblick auf neue tarifliche Tätigkeitsmerkmale, die gemessen an der komplexen Wirklichkeit einen außerordentlich hohen Abstraktionsgrad aufweisen und dementsprechend einer intensiven Auslegung unterzogen werden müssen. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass weder dem Kläger noch dem Landesarbeitsgericht die Senatsentscheidungen vom 9. Dezember 2009 zur Auslegung der Anforderungen an die Erfüllung der Tätigkeitsmerkmale bekannt waren.
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a) Zunächst muss die tariflich relevante Tätigkeit des Klägers näher bestimmt werden. Die bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts bieten für deren erforderliche tarifliche Bewertung keine ausreichende Beurteilungsgrundlage. Fest steht lediglich, dass der Kläger im Bereich der Geburtshilfe und bei Ultraschalluntersuchungen der DEGUM Stufe II Tätigkeiten ausübt. Hinsichtlich der zeitlichen Anteile der jeweiligen Tätigkeiten hat das Landesarbeitsgericht keine Feststellungen getroffen.
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b) Die nach § 15 Abs. 2 Satz 2 TV-Ärzte/VKA maßgebenden Arbeitsvorgänge der tariflich relevanten Tätigkeit des Klägers sind nicht bestimmt worden und auf der Grundlage der Feststellungen des Landesarbeitsgerichts auch nicht bestimmbar. Es ist bereits unklar, welche Arbeitsergebnisse die verschiedenen Tätigkeiten des Klägers zum Ziel haben. Zwar ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bei einer ärztlichen Tätigkeit häufig ein einziger großer Arbeitsvorgang anzunehmen, weil die Tarifvertragsparteien, jedenfalls des BAT, den Arztbegriff als Funktionsmerkmal auffassen und alle ärztlichen Tätigkeiten einheitlich bewertet wissen wollen ( vgl. zB 29. August 2007 - 4 AZR 571/06 - Rn. 23, ZTR 2008, 210; 5. November 2003 - 4 AZR 632/02 - zu II 2 b der Gründe, BAGE 108, 224). Ob dies auch vorliegend der Fall ist, kann derzeit nicht beurteilt werden, weil seitens der Parteien jeglicher Vortrag zu einem einheitlichen Arbeitsergebnis der Tätigkeiten im Bereich Geburtshilfe und der Ultraschalluntersuchungen fehlt. Insbesondere bleibt unklar, ob die Einzeltätigkeiten des Klägers im Kreißsaal, in den beiden Wochenbettstationen, in der Schwangerenambulanz und bei der Ultraschalldiagnostik einem einheitlichen Zweck dienen. Es bleibt ferner unklar, in welchem Zusammenhang der Kläger Ultraschalluntersuchungen der DEGUM Stufe II durchgeführt hat, insbesondere ob diese im Rahmen der Schwangerenambulanz anfielen.
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c) Die Klage ist auch nicht deshalb bereits jetzt abzuweisen, weil feststünde, dass dem Kläger eine medizinische Verantwortung weder für einen Teil- noch für einen Funktionsbereich der Klinik übertragen worden wäre.
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aa) Der Bereich der Geburtshilfe ist allerdings kein Funktionsbereich im tariflichen Sinne.
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(1) Die Tarifvertragsparteien des TV-Ärzte/VKA haben den Begriff des Funktionsbereichs in dem Sinne gebraucht, der den schon früher von ihnen als Tarifvertragsparteien des BAT vereinbarten Regelungen der dortigen Vergütungsordnung (VergGr. Ib Fallgr. 4 iVm. Protokollerklärung Nr. 3) zugrunde lag (idS für die gleichlautende Formulierung im TV-Ärzte/TdL: BAG 9. Dezember 2009 - 4 AZR 495/08 - Rn. 33, AP TVG § 1 Tarifverträge: Arzt Nr. 8 zu VergGr. Ib Fallgr. 10 iVm. Protokollnotiz Nr. 5; Placzek/Griebeling MedR 2008, 599, 600; Anton ZTR 2008, 184, 186; Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TV-L Stand Oktober 2010 Teil IIa TV-Ärzte - Eingruppierung § 12 Rn. 46 f.). Danach sind Funktionsbereiche medizinisch definiert, dh. sie sind Untergliederungen eines Fachgebietes der Medizin, die wissenschaftlich anerkannte Spezialgebiete erfassen. Als Beispiele für Funktionsbereiche haben die Tarifvertragsparteien in ihrer Protokollerklärung Nr. 3 des Tarifvertrages zur Änderung und Ergänzung der Anlage 1a zum BAT vom 23. Februar 1972 ua. die Handchirurgie, die Neuroradiologie, die Elektroencephalographie und die Herzkatheterisierung benannt.
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(2) Ein solcher Funktionsbereich ist die Geburtshilfe nicht, weil es sich dabei nicht um ein wissenschaftlich anerkanntes Spezialgebiet innerhalb des Fachgebietes Frauenheilkunde und Geburtshilfe handelt, sondern um einen Teil des Fachgebietes selbst (so auch die Beschlüsse des Gruppenausschusses der VKA für Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen v. 29. September 1978, abgedruckt bei Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TV-L Stand Oktober 2010 Teil IIa TV-Ärzte - Eingruppierung § 12 Rn. 54, Geburtshilfe).
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bb) Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass der Bereich der Geburtshilfe als selbständiger Teilbereich im tariflichen Sinne anzusehen ist.
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(1) Die Auslegung des Begriffs ergibt unter besonderer Berücksichtigung des Wortlauts und des tariflichen Gesamtzusammenhangs, dass ein selbständiger Teilbereich einer Klinik oder Abteilung im tariflichen Sinne regelmäßig eine organisatorisch abgrenzbare Einheit innerhalb der übergeordneten Einrichtung einer Klinik oder Abteilung ist, der eine bestimmte Aufgabe mit eigener Zielsetzung sowie eigener medizinischer Verantwortungsstruktur zugewiesen ist und die über eine eigene räumliche, personelle und sachlich-technische Ausstattung verfügt. Die Anforderung einer gewissen organisatorischen Verselbständigung wird in der Regel einerseits durch eine zumindest auf einen nicht unerheblichen Zeitraum, zumeist jedoch auf unbestimmte Dauer ausgerichtete Ausstattung mit eigenem nichtärztlichem und ärztlichem Personal erfüllt. Die bloße Aufgabenerfüllung mit wechselndem Personal genügt für die erforderliche Abgrenzung nicht. Andererseits müssen der Einheit regelmäßig auch eigene Räume und sonstige Sachmittel zugewiesen worden sein. Diese orientieren sich an dem der organisatorischen Einheit innerhalb der Klinik oder der Abteilung übertragenen Zweck. Erforderlich ist, dass die Einheit in diesem Sinne tatsächlich organisatorisch verselbständigt ist; es genügt nicht, dass aufgrund der Aufgabenstellung hierzu die Möglichkeit bestünde. Zugewiesen sein muss eine eigenständige Verantwortungsstruktur. Nicht zwingend ist dagegen, dass es sich um eine organisatorische Ebene unmittelbar unterhalb derjenigen der Klinik oder Abteilung handeln muss. Es ist aber regelmäßig davon auszugehen, dass ein Teilbereich im tariflichen Sinne über eine bestimmte Mindestgröße verfügen muss und nicht auf der untersten organisatorischen Hierarchieebene angesiedelt sein kann, was jedoch durch die Anforderung einer organisatorischen Selbständigkeit und die Anbindung an das Merkmal der „medizinischen Verantwortung“ in der Regel auch ausgeschlossen sein dürfte (vgl. ausführlich BAG 9. Dezember 2009 - 4 AZR 568/08 - Rn. 29 ff.).
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(2) Danach ist es möglich, dass der Bereich der Geburtshilfe die tariflichen Anforderungen erfüllt.
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(a) Das Landesarbeitsgericht hat hierzu keine tatsächlichen Feststellungen getroffen. Der Kläger selbst hat vorgetragen, dem Bereich Geburtshilfe sei eigenes Personal zugeordnet, nämlich fünf Assistenzärzte, Hebammen, Stationsschwestern und zwei Ambulanzschwestern, und er sei fachlich weisungsbefugt gegenüber zwei (namentlich nicht benannten) Fachärztinnen. Der Kreißsaal (intensivmedizinischer Funktionsbereich) sei durch eine abgeschlossene Tür von der übrigen Klinik getrennt. Angrenzend auf demselben Stockwerk, abgetrennt durch eine abschließbare Tür, befinde sich die Schwangerenberatung(-ambulanz). Die geburtshilflichen Stationen lägen als solche gekennzeichnet im 3. und 4. Obergeschoss der Klinik.
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(b) Dies lässt es als nicht ausgeschlossen erscheinen, dass der Kläger in einem selbständigen Teilbereich einer Klinik tätig war. Die Zuordnung eines festen Personalstammes und die räumlich jedenfalls in gewisser Hinsicht abgegrenzte Einheit können dafür sprechen. Es ist jedoch nicht vorgetragen oder gar festgestellt, ob die vom Kläger durchgeführten Ultraschalluntersuchungen organisatorisch dem Bereich der Geburtshilfe zugeordnet sind. Dem Kläger muss insoweit jedenfalls Gelegenheit gegeben werden, hierzu erforderlichenfalls ergänzend vorzutragen.
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d) Die Klage ist auch nicht deshalb zurückzuweisen, weil auszuschließen ist, dass der Kläger für einen solchen Teilbereich die medizinische Verantwortung trug.
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aa) Die Eingruppierung eines Arztes als Oberarzt iSd. Entgeltgruppe III TV-Ärzte/VKA setzt ua. voraus, dass dem Arzt die medizinische Verantwortung für Teil- oder Funktionsbereiche der Klinik bzw. Abteilung übertragen worden ist. Nach der Rechtsprechung des Senats ergibt sich aus dem tariflichen Gesamtzusammenhang, dass das Tätigkeitsmerkmal nur dann erfüllt werden kann, wenn dem Oberarzt ein Aufsichts- und - teilweise eingeschränktes - Weisungsrecht hinsichtlich des medizinischen Personals zugewiesen worden ist (9. Dezember 2009 - 4 AZR 495/08 - Rn. 45, AP TVG § 1 Tarifverträge: Arzt Nr. 8). Dabei genügt es nicht, dass in dem Teilbereich Ärzte der Entgeltgruppe I tätig sind. Ihm muss auch mindestens ein Facharzt der Entgeltgruppe II unterstellt sein (BAG 9. Dezember 2009 - 4 AZR 495/08 - Rn. 45, aaO). Ferner ist idR erforderlich, dass die Verantwortung für den Bereich ungeteilt bei ihm liegt (BAG 9. Dezember 2009 - 4 AZR 495/08 - Rn. 45, aaO). Eine ungeteilte Verantwortung liegt nicht vor, wenn in einer organisatorischen Einheit mehrere Titularoberärzte tätig sind, die nur teil- oder zeitweise, etwa bei den Hintergrunddiensten, jeweils allein verantwortlich sind (BAG 9. Dezember 2009 - 4 AZR 495/08 - Rn. 52, aaO).
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bb) Danach kann dem Kläger die medizinische Verantwortung für den Bereich der Geburtshilfe übertragen worden sein.
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(1) Das Landesarbeitsgericht hat hierzu keine Feststellungen getroffen. Der Kläger selbst trägt vor, er sei gegenüber dem medizinischen Personal, darunter auch zwei namentlich nicht benannten Fachärztinnen, weisungsbefugt gewesen. Soweit der leitende Oberarzt S auch im Bereich Geburtshilfe tätig war, habe er ausschließlich seine eigene Privatsprechstunde abgehalten und seine eigenen Privatpatientinnen betreut, aber weder organisatorische Aufgaben in der Geburtshilfe wahrgenommen noch Assistenzärzte ausgebildet. Die medizinische Verantwortung im laufenden Betrieb für alle gesetzlich versicherten Patientinnen und für einen Teil der Privatpatienten habe der Kläger getragen. Täglich seien alle behandelten Fälle mit ihm besprochen worden (Kreißsaalbesprechung). Das The