Landesarbeitsgericht Köln Urteil, 02. Aug. 2016 - 12 Sa 78/16
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil desArbeitsgerichts Köln vom 17.11.2015, 12 Ca 5594/15, wird zurückgewiesen.
2. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil desArbeitsgerichts Köln vom 17.11.2015, 12 Ca 5594/15, wird zurückgewiesen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 75 Prozent und die Beklagte zu 25 Prozent.
4. Für die Beklagte wird das Rechtsmittel der Revisionzugelassen.
5. Für die Klägerin wird die Revision nicht zugelassen.
1
T a t b e s t a n d
2Die Parteien streiten über die zutreffende tarifliche Eingruppierung der Klägerin sowie über die Rechtsfrage, ob der arbeitsvertraglich in Bezug genommene Tarifvertrag nach Ende der Tarifbindung auf Beklagtenseite statisch oder dynamisch fortwirkt.
3Die Beklagte ist eine Betriebskrankenkasse. Sie ist zum 01.01.2011 aus einer Fusion mehrerer Krankenkassen entstanden.
4Eine der Krankenkassen, die an der Fusion beteiligt waren, war die Gemeinsame B K (G ).
5Die G war ursprünglich eine geschlossene Betriebskrankenkasse, die lediglich Beschäftigte der S K sowie deren Angehörige versicherte. Insofern verfügte die G ursprünglich nicht über eine eigene Rechtspersönlichkeit, sondern war unselbstständiger Teil der S K . Die S K war und ist kraft ihrer Mitgliedschaft im kommunalen A N W , der wiederum Mitglied in der V der k A (V ) ist, tarifgebunden.
6Im Zuge der Einführung des allgemeinen Kassenwahlrechts zum 1. Januar 1996 wurde die G von der S K getrennt und in eine eigenständige Körperschaft des öffentlichen Rechts überführt und durch Satzungsänderung für Versicherte im gesamten Bundesgebiet geöffnet.
7Zum 1. Oktober 2003 wurde die G Mitglied des k A N und insofern tarifgebunden.
8Mit Wirkung zum 01.04.2009 wurde die am 15.09.1958 geborene Klägerin bei der G als Verwaltungsangestellte in K angestellt.
9Der verhältnismäßig kurz gefasste schriftliche Arbeitsvertrag der Parteien, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird (Anlage K 2 zur Klageschrift, Bl. 10/11 d. A.) enthält u. a. folgende Regelungen:
10„§ 1
11Frau M wird ab dem 01.04.2009 in der Tätigkeit als Verwaltungsangestellte unter Eingruppierung in die Entgeltgruppe 9 (§ 17 TVÜ-VKA) eingestellt.
12§ 2
13Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) für die Verwaltung und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) jeweils geltenden Fassung einschließlich des Tarifvertrages zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-VKA). Außerdem finden die im Bereich des Arbeitgebers jeweils geltenden sonstigen einschlägigen Tarifverträge Anwendung.“
14Die Klägerin ist seitdem ist die Entgeltgruppe 9 eingruppiert und erhält eine monatliche Vergütung von 3.502,67 EUR brutto (Stand April 2013).
15Mit Wirkung zum 01.01.2011 kam es zu einer Fusion mehrerer Betriebskrankenkassen. Die GBK ging durch diese Fusion in der jetzigen Beklagten auf. Aufgrund dieser Fusion der Krankenkassen besteht das Arbeitsverhältnis der Klägerin seit dem 01.01.2011 mit der jetzigen Beklagten. Die jetzige Beklagte ist selbst nicht tarifgebunden. Sie wendet bei Neueinstellungen die Tarifverträge für Betriebskrankenkassen an, welche gegenüber dem TVöD ein teilweise geringeres Vergütungsniveau, eine höhere Wochenarbeitszeit sowie keine tarifliche ordentliche Unkündbarkeit vorsehen.
16Die Beklagte vertrat gegenüber ihren Mitarbeitern die Auffassung, dass sie nach der Fusion 2011 nicht verpflichtet sei, künftige Tariflohnerhöhungen des TVöD an ihre Mitarbeiter zu gewähren, sondern dass der TVöD lediglich noch statisch in seiner zum Stichtag 01.01.2011 anwendbaren Fassung Anwendung fände.
17Die Tariflöhne des öffentlichen Dienstes im Anwendungsbereich des TVöD wurden zum 01.03.2012 um 3,5 % sowie nochmals zum 01.01.2013 um 1,4 % sowie nochmals zum 01.08.2013 um weitere 1,4 % erhöht.
18Diese Tariflohnerhöhungen gab die Beklagte an die Klägerin nicht weiter. Die Vergütung der Klägerin blieb vielmehr unverändert bei monatlich 3.502,67 EUR.
19Mit anwaltlichem Schreiben vom 23.05.2013 (Bl. 20/21 d. A.) machte die Klägerin - die kein Gewerkschaftsmitglied ist - Ansprüche auf die Tariflohnerhöhungen geltend.
20Nachdem eine Zahlung durch die Beklagte nicht erfolgt ist, hat die Klägerin am 02.08.2013 die vorliegende Klage erhoben, mit der sie zunächst (nur) Ansprüche hinsichtlich Tariflohnerhöhungen des TVöD erhoben hat.
21Nahezu zeitgleich mit der Klageerhebung ist die Klägerin ab 01.08.2013 durch die Beklagte mit einer anderweitigen Tätigkeit betraut worden, nämlich derjenigen einer Pflegeberaterin. Die Tätigkeit der Pflegeberaterin war nach seinerzeitiger übereinstimmender Auffassung der Parteien grds. höherwertiger als die bisherige Tätigkeit der Klägerin als Verwaltungsangestellte.
22Im Zusammenhang mit der beabsichtigten Versetzung der Klägerin hatte die Beklagte nach Angaben des Personalrates diesen zu einer beabsichtigten Höhergruppierung der Klägerin nunmehr in die Entgeltgruppe 10, Stufe 6 TVöD angehört.
23Die Beklagte hat darauf verwiesen, dass der TVöD keine eigene Eingruppierung für die Tätigkeit einer Pflegeberaterin enthält und die Tätigkeit einer Pflegeberaterin zutreffend nach der bei ihr anwendbaren Vergütungsordnung auf der Basis der tarifvertraglichen Regelungen für die Betriebskrankenkassen in die dortige Entgeltgruppe 5, Stufe 6 einzuordnen gewesen wäre. Insofern wurde der Klägerin durch die Personalleiterin der Beklagten Frau P unter dem 09.07.2013 ein Entwurf eines Änderungsvertrages zum Arbeitsvertrag vorgelegt (Bl. 223 d. A.), welcher befristet für die Dauer von zwei Jahren für den Zeitraum 01.08.2013 bis 31.07.2015 eine Tätigkeit als Pflegeberaterin unter Eingruppierung in die Entgeltgruppe 10, Stufe 6 TVöD-VKA mit einem seinerzeitigen Bruttomonatsgehalt von 3.817,15 EUR vorgesehen hätte. Dieser Arbeitsvertrag wurde von der Klägerin nicht gegengezeichnet, insbesondere da sie sich mit der Befristung der Tätigkeit nicht einverstanden erklärten wollte.
24Die Klägerin wurde dennoch von der Beklagten ab dem 01.08.2013 zunächst als Pflegeberaterin eingesetzt, erhielt jedoch weiterhin nur das bisherige Bruttomonatsgehalt in Höhe von 3.502,67 EUR. Die Tätigkeit als Pflegeberaterin übte die Klägerin wie avisiert im Zeitraum bis einschließlich 31.07.2015 aus. Alsdann wurde die Tätigkeit einer Pflegeberaterin nach übereinstimmenden mündlichen Vortrag beider Parteien im Kammertermin bundesweit auf einen externen Dienstleister outgesourct. Im August 2015 war die Klägerin alsdann zunächst als Sachbearbeiterin in der Pflege tätig. Seit dem 01.09.2015 ist sie als Sachbearbeiterin in der Kundeninformation tätig. Ihr wird weiterhin das Gehalt in Höhe von 3.502,67 EUR gezahlt.
25Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 24.06.2014 (Bl. 73 d. A.) ihre bisherigen Feststellungsanträge nach erklärten Bedenken des Arbeitsgerichts gegen die Zulässigkeit teilweise modifiziert und darüber hinaus einen Hilfsantrag auf Zahlung gestellt, mit dem sie nunmehr auch Entgeltdifferenzen im Hinblick auf eine begehrte Höhergruppierung geltend gemacht hat.
26Die Parteien haben erstinstanzlich zunächst übereinstimmend eine vergleichsweise Regelung dahingehend avisiert, dass der Klägerin dauerhaft die Tätigkeit als Pflegeberaterin übertragen wird und sie dauerhaft in die Entgeltgruppe 5, Stufe 6 des BKK-Tarifvertrages eingruppiert werden sollte und sie im Gegenzug auf Nachforderungen für die Vergangenheit verzichtet. Eine entsprechende vergleichsweise Einigung ist letztlich nicht zustande gekommen, da man sich nicht auf den Zeitpunkt einigen konnte, ab dem diese Neuregelung gelten solle und darüber hinaus die Beklagte gegen den Widerstand der Klägerin den Abschluss eines vollständigen neuen Arbeitsvertrages auf Basis eines an den BKK-Tarifvertrag angelehnten Musterarbeitsvertrages begehrt hat.
27Die Klägerin begehrt mit der vorliegenden Klage die Zahlung der Tariflohnerhöhungen des TVöD für die Zeit nach der Fusion der Krankenkassen sowie eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe 10 TVöD.
28Sie hat erstinstanzlich die Rechtsansicht vertreten, nach der neueren BAG Rechtsprechung sei die arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel auf den Tarifvertrag als dynamische und nicht lediglich als statische Verweisung auszulegen.
29Sie hat weiter die Rechtsansicht vertreten, der Klägerin stehe für die Tätigkeit als Pflegeberaterin eine Vergütung nach der Entgeltgruppe 10 bereits deswegen zu, weil die Beklagte den Personalrat zu einer Eingruppierung der Klägerin in diese Entgeltgruppe angehört habe. Die Beklagte verhalte sich widersprüchlich und treuwidrig, wenn sie der Klägerin diese höhere Vergütung nach der höheren Entgeltgruppe nunmehr doch nicht gewähren wolle.
30Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,
31- 32
1. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin die Regelungen des Tarifwerkes TVöD-VKA entsprechend § 2 des Arbeitsvertrages vom 12.01.2009/06.02.2009 anzuwenden,
- 34
2. festzustellen, dass die Beklagte auch nach der Fusion verpflichtet ist, das Entgelt der Klägerin entsprechend den Tariferhöhungen des TVöD-VKA zu erhöhen,
- 36
3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, das Entgelt der Klägerin ab dem 01.03.2012 um 3,5 %, ab dem 01.01.2013 um weitere 1,4 % und ab dem 01.08.2013 um weitere 1,4 % zu erhöhen,
- 38
4. hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu 3:
- 40
a. Die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin für den Zeitraum 01.02.2012 – 31.12.2012 980,72 EUR zu zahlen zuzüglich 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit;
- 42
b. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin für den Zeitraum 01.01.2013 – 31.07.2013 1.213,38 EUR zu zahlen zuzüglich 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit,
- 44
c. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin für den Zeitraum 01.08.2013 – 31.05.2014 2.576,40 EUR zu zahlen zuzüglich 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit.
Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,
46die Klage abzuweisen.
47Sie hat vorgetragen, die Feststellungsanträge seien bereits aufgrund des Vorrangs der Leistungsklage unzulässig. Sie seien nicht geeignet, den Streit der Parteien zu klären. Hinsichtlich des Antrages zu 1.) sei dieser insbesondere bereits deswegen unzulässig, weil die sich bereits aus § 2 des Arbeitsvertrages ergebende Anwendbarkeit des TVöD-VKA auf das Arbeitsverhältnis der Parteien von der Beklagten zu keinem Zeitpunkt bestritten wurde.
48Hinsichtlich der hilfsweisen gestellten Zahlungsanträge sei die Klage unbegründet. Zunächst stehe der Klägerin kein Anspruch auf eine höhere Eingruppierung als nach der nach Ansicht der Beklagten nicht nur deklaratorisch sondern konstitutiv im Arbeitsvertrag vereinbarten Entgeltgruppe 9 des TVöD zu. Die Klägerin habe nicht substantiiert dargelegt, dass sie die Eingruppierungsmerkmale einer höheren Tarifgruppe erfülle. Dass mit dem 2013 vorgelegten Arbeitsvertragsentwurf eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe 10 angedacht worden sei, sei letztlich unerheblich, da mangels Gegenzeichnung der Klägerin die entsprechende Arbeitsvertragsänderung letztlich unstreitig nicht zustande gekommen ist. Eine höhere Eingruppierung nach dem TVöD könne die Klägerin nicht verlangen, da der TVöD für die Tätigkeit einer Pflegeberaterin überhaupt keine Eingruppierung vorsehe. Eine höhere Vergütung nach dem Tarifvertrag für Betriebskrankenkassen könne die Klägerin schon deswegen nicht verlangen, da dieser Tarifvertrag mangels beiderseitiger Tarifbindung und mangels diesbezüglicher arbeitsvertraglicher Bezugnahmeklausel auf das Arbeitsverhältnis der Parteien keine Anwendung finde.
49Weiter ist die Beklagte der Rechtsansicht, der TVöD wirke seit dem Zeitpunkt der Fusion 2011 auf das Arbeitsverhältnis der Parteien auch lediglich noch statisch und nicht dynamisch. Die Beklagte sei insofern nicht verpflichtet, Tariflohnerhöhungen aus der Zeit nach dem 01.01.2011 an die Klägerin weiterzugeben. Denn da sie, die Beklagte, kein Mitglied der Tarifvertragsparteien sei und sie als Betriebskrankenkasse auch kein Mitglied im VKA werden könne, habe sie keinen Einfluss auf künftige Tariflohnentwicklungen. Insofern sei die bisherige Rechtsprechung des BAG zur dynamischen Fortgeltung tariflicher Regelungen bei arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklauseln, die nach der Schutzrechtsreform 2002 vereinbart wurden, nach der Alemo-Herron-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 18.07.2013 nicht mehr haltbar. Denn insofern würde diese Rechtsprechung der schützenswerten Vertragsfreiheit des Betriebserwerber entgegenstehen.
50Nachdem ein im ersten Kammertermin am 16.09.2014 geschlossener Widerrufsvergleich widerrufen wurde und die Parteien ausdrücklich für den Fall des Widerrufs um einen neuen Kammertermin gebeten hatten, hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 02.10.2014 (Bl. 181/182 d. A.) der Klägerin ausdrücklich aufgegeben, ihren Zahlungsantrag unter Berücksichtigung der Verfallfrist des § 37 Abs. 1 S. 1 TVöD-VKA zu überprüfen und zur begehrten Eingruppierung weiter vorzutragen.
51Insofern wurde der Klägerin eine Schriftsatzfrist bis 7. November 2014 gesetzt. Es wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich bei dieser Frist um eine Ausschlussfrist handelt. Dennoch ist binnen der gesetzten Schriftsatzfrist kein weiterer Vortrag der Klägerin erfolgt.
52Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 17.11.2015 dem hilfsweise gestellten Zahlungsantrag für den Zeitraum November 2012 bis einschließlich Mai 2014 im Hinblick auf die vom Arbeitsgericht angenommene Dynamisierung der Bezugnahmeklausel bezüglich der Tariflohnerhöhungen entsprochen und darüber hinaus dem Feststellungsantrag zu 2) bezüglich der mit dem Zahlungsantrag noch nicht titulierten künftigen Tariflohnerhöhungen ab 01.06.2014 - entsprochen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.
53Zur Begründung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, dass die Klage zu den Feststellungsanträgen zu 1) und 3) bereits unzulässig sei. Es fehle am gemäߧ 256 ZPO erforderlichen besonderem Feststellungsinteresse.
54Für die mit dem Antrag zu 1) begehrte Feststellung fehle bereits deswegen das erforderliche Feststellungsinteresse, da über die hier streitgegenständliche generelle Anwendung des TVöD-VKA aufgrund der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel zwischen den Parteien überhaupt kein Streit besteht und für die zwischen den Parteien streitige Rechtsfrage, ob der TVöD-VKA auf das Arbeitsverhältnis der Parteien statisch oder dynamisch gilt, mit dem Feststellungsantrag zu 1) überhaupt keine Feststellung getroffen werden kann.
55Der Feststellungsantrag zu 3) sei mangels Vorliegen des erforderlichen besonderen Feststellungsinteresses deswegen unzulässig, weil es der Klägerin unproblematisch möglich sei, für die abgeschlossenen Zeiträume einen Leistungsantrag zu beziffern, was sie mit dem Hilfsantrag zu 4. ja auch getan hat.
56Den Feststellungsantrag zu 2) hat das Arbeitsgericht demgegenüber als zulässig und begründet angesehen. Die Zulässigkeit ergebe sich daraus, dass mit diesem Antrag die zwischen den Parteien streitige Rechtsfrage, ob der TVöD-VKA auf das Arbeitsverhältnis der Parteien dynamisch oder statisch gilt, dauerhaft geklärt werden könne. Insofern schließe die Möglichkeit der Leistungsklage das Feststellungsinteresse nicht schlechthin aus.
57Der Antrag sei auch begründet, da der TVöD-VKA zwischen den Parteien dynamisch Anwendung finde. Entscheidend sei, dass es sich insofern vorliegend um einen im Jahr 2009 nach der Schuldrechtsreform 2002 geschlossenen Arbeitsvertrag handele, bei denen eine Bezugnahmeklausel auf einen Tarifvertrag nach der insofern vom BAG vorgenommenen Rechtsprechungsänderung (BAG 14.12.2005, 4 AZR 536/04) nicht mehr als bloße Gleichstellungsabrede auszulegen sei, sondern mangels anderweitiger Begleitumstände grundsätzlich als dynamische Verweisung auf den Tarifvertrag in seiner jeweiligen Fassung.
58Abweichendes ergebe sich nach Ansicht des Arbeitsgerichts auch nicht aus der beklagtenseitig angeführten Entscheidung des EuGH vom 18.07.2013 („Alemo-Herron“, C-426/11). Sofern in dieser Entscheidung problematisiert wurde, ob im Fall eines Betriebsübergangs Klauseln gegenüber dem Erwerber durchsetzbar sind, die dynamisch auf nach dem Zeitpunkt des Übergangs verhandelte und abgeschlossene Kollektivverträge verweisen, wenn der Erwerber nicht die Möglichkeit hat, an den Verhandlungen über diese nach dem Übergang abgeschlossenen Kollektivverträge teilzunehmen, komme es darauf im vorliegenden Sachverhalt nicht an, da es sich vorliegend gar nicht um einen Betriebsübergang handele. Die gemäß § 144 SGB V erfolgte Fusion der Betriebskrankenkassen stelle keinen Betriebsübergang dar. Auch habe abweichend von dem vom Europäischen Gerichtshof entschiedenen Sachverhalt vorliegend kein Übergang eines Betriebes aus dem öffentlich Dienst in die Privatwirtschaft vorgelegen, sondern die Rechtsvorgängerin der jetzigen Beklagten und die jetzige Beklagte seien als Krankenkassen gleichermaßen öffentlich-rechtlich organisiert. Die Beklagte werde durch eine von der Rechtsvorgängerin vereinbarte dynamische Bezugnahmeklausel nicht unverhältnismäßig beeinträchtigt.
59Hieraus folgend hat das Arbeitsgericht auf die hilfsweise gestellten Zahlungsanträgen die Beklagte zur Nachzahlung der – der Höhe nach unstreitigen – Differenzbeträge aufgrund der nicht weitergeleiteten Tariflohnerhöhungen für den Zeitraum November 2012 bis einschließlich Mai 2014 verurteilt. Für den zuvor liegenden Zeitraum bis einschließlich Oktober 2012 hat das Arbeitsgericht die Ansprüche der Klägerin als verfallen angesehen und insoweit die Klage abgewiesen, da die Klägerin die Ausschlussfrist des § 37 TVöD nicht gewahrt habe.
60Weiter hat das Arbeitsgericht die Klage hinsichtlich der klägerseitig begehrten Höhergruppierung und der diesbezüglich Vergütungsbestandteile mit dem Hilfsantrag abgewiesen. Das Arbeitsgericht ist von einer – lediglich – geschuldeten Vergütung entsprechend der Entgeltgruppe 9, Stufe 6 TVöD ausgegangen, da die Klägerin eine höhere Eingruppierung nicht substantiiert dargelegt habe.
61Gegen das der Klägerin am 10.12.2015 sowie der Beklagten am 09.12.2015 zugestellte Urteil vom 17.11.2015 haben beide Parteien jeweils am Montag, 11.01.2016 Berufung eingelegt. Die Klägerin hat - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist für die Klägerin bis 09.03.2016 – am 09.03.2016 ihre Berufung begründet. Die Beklagte hat - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist für die Beklagte bis 10.03.2016 – am 10.03.2016 ihre Berufung begründet.
62Die Klägerin verteidigt das erstinstanzliche Urteil hinsichtlich der dortigen Ausführungen zu der tariflichen Dynamik.
63Mit ihrer Berufung begehrt sie darüber hinaus für den streitgegenständlichen Zeitraum eine Vergütung entsprechend der Entgeltgruppe 10, Stufe 6 TVöD. Sie ist der Ansicht auf eine entsprechende Eingruppierung einen Anspruch zu haben, da beklagtenseitig eine solche Eingruppierung ursprünglich angedacht wurde. Vortrag zu konkreten Eingruppierungsmerkmalen des TVöD erfolgt auch in der Berufungsinstanz in keiner Weise.
64Erstmals in der Berufungsinstanz behauptet die Klägerin im Hinblick auf die Ausführungen der erstinstanzlichen zur teilweisen Nichtwahrung der tariflichen Ausschlussfrist, sie habe bereits mit einer E-Mail vom 29.05.2012 gegenüber einer Personal-Sachbearbeiterin der Beklagten den Anspruch auf Höhergruppierung geltend gemacht. Der Wortlaut dieser E-Mail der Klägerin habe eine „Bitte um Überprüfung und kurzfristige Nachricht“ enthalten, weshalb sie im Hinblick auf die Tariflohnerhöhungen des öffentlichen Dienstes für April 2012 kein höheres Gehalt erhalten habe. Diese E-Mail sei am 30.05.2012 durch die Personalsachbearbeiterin dahingehend beantwortet worden, dass nach der Rechtsauffassung der Beklagten der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst lediglich statisch auf das Arbeitsverhältnis Anwendung fände.
65Insofern legt die Klägerin lediglich für das Gericht (Bl. 354 d. A.), jedoch nicht für die Beklagte einen Ausdruck einer E-Mail mit dem behaupteten Text vor. Auch auf ausdrückliche diesbezügliche Rüge durch die Beklagte und diesbezügliche Erörterung im Kammertermin verweigerte die Klägerin bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung die Vorlage einer entsprechenden Durchschrift dieser E-Mail für die Beklagtenseite, mit der Begründung, die E-Mail müsse auf dem Server der Beklagten vorhanden sein.
66Die Klägerin beantragt,
67das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 17.11.2015, Aktenzeichen 12 Ca 5594/15 abzuändern und nach den klägerischen Schlussanträgen erster Instanz zu erkennen.
68Die Beklagte beantragt,
69das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 17.11.2015, Aktenzeichen 12 Ca 5594/15, teilweise abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
70Beide Parteien beantragen jeweils wechselseitig,
71die Berufung der jeweiligen Gegenseite zurückzuweisen.
72Die Beklagte verteidigt die erstinstanzlichen Ausführungen zur tariflichen Eingruppierung sowie zur Nichtwahrung der Ausschlussfrist. Hinsichtlich des neuen Tatsachenvortrags der Klägerin in der Berufungsinstanz behauptet sie insofern, ihr läge eine entsprechende E-Mail nicht vor. Sie bestreite die Existenz einer entsprechenden E-Mail. Im Übrigen verweist sie darauf, dass jedenfalls nach damals geltender Rechtslage eine E-Mail nicht das Schriftformerfordernis wahre. Schließlich rügt sie den diesbezüglich neuen Tatsachenvortrag in der Berufungsinstanz als verspätet.
73Mit ihrer Berufung rügt die Beklagte, zutreffend sei von einer lediglich statischen und nicht von einer dynamischen Anwendbarkeit des TVöD auf das Arbeitsverhältnis der Parteien seit der Fusion 2011 auszugehen. Dies ergebe sich aus der Alemo-Herron-Entscheidung des EuGH. Da die Beklagte kein Mitglied im VKA werden könne, könne sie auch keinen Einfluss auf künftige tarifliche Entwicklungen nehmen. Sie sei insofern nach der Betriebsübergangsrichtlinie zu schützen. Die Betriebsübergangsrichtlinie fände auch auf Fusionen von Krankenkassen nach § 144 SGB V Anwendung. Im Hinblick auf diese Rechtsfrage begehrt die Beklagte den hiesigen Rechtsstreit auszusetzen im Hinblick auf den Vorlagebeschluss des BAG vom 17.06.2015, 4 AZR 61/14, bzw. den hiesigen Rechtsstreit ebenfalls dem EuGH nach Artikel 267 AEUV vorzulegen.
74Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt und insbesondere die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien und deren Anlagen Bezug genommen.
75E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
76Die Berufungen beider Parteien hatten keinen Erfolg.
77Im Ergebnis erweist sich die erstinstanzliche Entscheidung als zutreffend. Es bestand auch keine Veranlassung, entsprechend der Anregung der Beklagten das vorliegende Verfahren auszusetzen und dem EuGH nach Artikel 267 AEUV vorzulegen. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung war jedoch für die Beklagte die Revision zum BAG zuzulassen.
78Das Urteil des Arbeitsgerichts ist – abgesehen vom fehlenden Tatbestand und einer geringfügig zu modifizierenden Kostenentscheidung – im Ergebnis und in wesentlichen Teilen der Begründung rechtsfehlerfrei.
79Der Klage war im erstinstanzlich titulierten Umfang teilweise zuzusprechen.
80Die Feststellungsanträge zu 1. und 3. waren unzulässig. Der Klägerin stehen die Zahlungsansprüche hinsichtlich der geltend gemachten Tariflohnerhöhungen des TVöD nicht aber hinsichtlich der begehrten Höhergruppierung zu. Bis einschließlich Oktober 2012 waren die Ansprüche der Klägerin verfallen. Da Zahlungsansprüche bis einschließlich Mai 2014 durch den Zahlungsantrag tituliert wurden, war der Feststellungsantrag zu 2) modifizierend dahingehend auszulegen, dass sich dieser auf den Zeitraum ab Juni 2014 bezieht. Da durch den Feststellungsantrag zu 2) eine dauerhafte Klärung der streitigen Frage der dynamischen oder statischen Fortgeltung des Tarifvertrages erzielt werden kann, war dieser Feststellungsantrag zusätzlich zu den gestellten Zahlungsanträgen zulässig und begründet.
81- I. Die Berufung der Klägerin war hinsichtlich der Feststellungsanträge zu 1) und 3) bereits unzulässig.
Gemäß § 520 Abs. 3 S. 2 Ziffer 2 ZPO ist die Berufungsbegründung die Bezeichnung der Umstände enthalten, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt. Weiter erforderlich ist die Bezeichnung konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellung im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten (§ 520 Abs. 3 S. 2 Ziffer 3 ZPO).
83An dieser erforderlichen Auseinandersetzung mit der erstinstanzlichen Entscheidung fehlt es vorliegend. Die Berufungsbegründung der Klägerin enthält zu den Feststellunganträgen zu 1) und 3) keinerlei Ausführungen. Insofern war nicht nachvollziehbar, weshalb die Klägerin beantragt, nach den Schlussanträgen der ersten Instanz zu entscheiden.
84Die Berufung wäre im Übrigen zu den Feststellungsanträgen zu 1) und 3) auch unbegründet gewesen. Aus den zutreffenden Ausführungen der erstinstanzlichen Entscheidung ergibt sich, dass die Feststellungsanträge zu Recht als unzulässig wegen fehlendem besonderem Feststellungsinteresse gemäß § 256 ZPO abgewiesen wurden. Der Antrag zu 1) klärt den Streit zwischen den Parteien über die Frage, ob der TVöD-VKA für das Arbeitsverhältnis der Parteien statisch oder dynamisch anzuwenden ist, in keiner Weise. Die durch diesen Antrag allein zur Entscheidung gestellte Frage, ob der TVöD-VKA aufgrund der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel in § 2 des Arbeitsvertrages überhaupt auf das Arbeitsverhältnis Anwendung findet, ist völlig unproblematisch zu bejahen, ohne dass dies aus dem Akteninhalt ersichtlich jemals von der Beklagten bestritten wurde. Insofern ist ein Feststellungsinteresse für den Feststellungsantrag zu 1) nicht ansatzweise ersichtlich.
85Auch hinsichtlich des Feststellungsantrages zu 3) fehlt es am gemäߧ 256 ZPO erforderlichen besonderen Feststellungsinteresse, da der Klägerin insofern ein bezifferter Zahlungsantrag möglich und zumutbar ist. Diesen hat sie mit dem Hilfsantrag zu 4) auch entsprechend ausformuliert gestellt.
86- II. Im Übrigen waren die Berufungen beider Parteien zulässig, aber unbegründet.
Beide Berufungen waren – bzgl. der klägerischen Berufung mit Ausnahme der Berufung zu den Feststellungsanträgen zu 1) und 3) – zulässig.
88Beide Berufungen waren gemäß § 64 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 lit. b) ArbGG statthaft, da der Beschwerdewert jeweils deutlich über 600 Euro liegt. Beide Berufungen wurden wurde frist- und formgerecht gemäß § 66 Abs. 1 ArbGG eingelegt und beide Berufungen wurden – bzgl. der klägerischen Berufung nach vorstehenden Ausführungen mit Ausnahme der Berufung zu den Feststellungsanträgen zu 1) und 3) – gemäß den §§ 519, 520 ZPO ausreichend begründet.
89Beide Berufungen waren jedoch – soweit zulässig - unbegründet.
90Das Arbeitsgericht hat der Klage in zutreffendem Umfang teilweise stattgegeben.
911.) Der Feststellungsantrag zu 2) war zulässig und begründet.
92Er war dahingehend auszulegen, dass die Klägerin mit dem Feststellungsantrag eine Feststellung für die Zukunft, d. h. ab einschließlich Juni 2014, begehrt, da für den vorangegangenen Zeitraum bis einschließlich Mai 2014 bereits die Zahlungsanträge zu 4. beziffert gestellt wurden. Insofern war der Feststellungsantrag neben den gestellten Zahlungsanträgen zulässig ohne dass die Klägerin auf den Vorwurf der Leistungsklage zu verweisen gewesen wäre. Denn mit den Zahlungsanträgen kann immer nur im Nachgang über einen bereits fälligen Zahlungsanspruch entschieden werden. Mit dem Feststellungsantrag wird die zwischen den Parteien dauerhaft in Streit stehende Frage, ob der TVöD statisch oder dynamisch auf das Arbeitsverhältnis Anwendung findet, dauerhaft geklärt. Insofern war der Feststellungsantrag zusätzlich neben den für die Vergangenheit bereits gestellten Zahlungsanträgen zulässig, dass erforderliche besondere Feststellungsinteresse gemäß § 256 ZPO war insofern gegeben.
93Der Feststellungsantrag zu 2) war auch begründet. Entsprechend der Rechtsansicht der Klägerin und entgegen der Rechtsansicht der Beklagten wirkt der TVöD auf das Arbeitsverhältnis hinsichtlich künftiger Tarifentwicklungen nach Wegfall der Tarifbindung auf Beklagtenseite dynamisch und nicht lediglich statisch.
94a) Das Arbeitsgericht hat zutreffend und mit überzeugender Begründung herausgearbeitet, dass das Bundesarbeitsgericht ursprünglich arbeitsvertragliche Bezugnahmeklauseln auf Tarifverträge lediglich als „Gleichstellungsabreden“ angesehen hat mit der Folge, dass man die Arbeitnehmer die nicht selbst Gewerkschaftsmitglied sind, jedoch aufgrund der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel ebenfalls in den Genuss der Tarifvertragsansprüche kommen sollten, mit den tarifgebundenen Arbeitnehmern lediglich gleichbehandeln wollte, sie jedoch auch nicht besser stellen wollte. Insofern war nach der alten BAG-Rechtsprechung grds. lediglich von einer statischen Inbezugnahme für den Fall der Beendigung der Tarifgebundenheit auf Arbeitgeberseite auszugehen.
95Das Arbeitsgericht hat weiter zutreffend herausgearbeitet, dass das BAG nach der Schuldrechtsreform 2002 diese Rechtsprechung aufgegeben hat und lediglich noch aus Gründen des Vertrauensschutzes auf Altfälle für vor 2002 abgeschlossene Arbeitsverträge anwendet, nicht jedoch auf Arbeitsverträge die erst ab 2002 nach der Schuldrechtsreform geschlossen wurden wie den hiesigen (vgl. u. a. BAG, Urteil vom 14.12.2005, 4 AZR 536/04). Da nunmehr aufgrund der §§ 305 ff. BGB Unklarheiten bei der Formulierung vorformulierter Verträge auch bei Arbeitsverträgen grds. zu Lasten des Verwenders gehen, ist dann, wenn der Arbeitgeber in einem von ihm vorformulierten Arbeitsvertrag nicht klar zum Ausdruck bringt, dass er für den Fall der Beendigung seiner eigenen Tarifgebundenheit lediglich eine statische Bindung an den Tarifvertrag vorsehen möchte, regelmäßig von einer dynamischen anstelle einer statischen Verweisung auszugehen. Etwas anderes ergibt sich ausnahmsweise nur dann, wenn aus dem Wortlaut der getroffenen Vereinbarung Anhaltspunkte für eine abweichende Auslegung vorliegen.
96Derartige Anhaltspunkte bestehen vorliegend nicht. Im Gegenteil wird nach dem Wortlaut des § 2 des Arbeitsvertrages vom 12.01.2003 ausdrücklich verwiesen auf den TVöD „und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge (…) in der jeweils geltenden Fassung“. Dies stellt die vom Wortlaut her maximal denkbare dynamische Bezugnahme auf künftige Tarifentwicklungen dar.
97b) Abweichendes ergibt sich entgegen der Rechtsansicht der Beklagten auch nicht aus der Alemo-Herron-Entscheidung des EuGH vom 18.07.2013, C 226/11. Nach dieser Entscheidung ist Artikel 3 der Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12.03.2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Betriebsteilen dahingehend auszulegen, dass er es einem Mitgliedsstaat verwehrt, vorzusehen, dass im Fall eines Unternehmensübergangs die Klauseln, die dynamisch auf nach dem Zeitpunkt des Übergangs verhandelte und abgeschlossene Kollektivverträge verweisen, gegenüber dem Erwerber durchsetzbar sind, wenn dieser nicht die Möglichkeit hat, an den Verhandlungen über diese nach dem Übergang abgeschlossene Kollektivverträge teilzunehmen. Zur Begründung führt der EuGH aus, dass ansonsten beim Übergang eines Unternehmens aus dem öffentlichen auf den privaten Sektor eine Klausel, die dynamisch auf nach dem Übergang des Unternehmens verhandelte und geschlossene Kollektivverträge verweist, welche die Entwicklungen der Arbeitsbedingungen im öffentlichen Sektor regeln sollen, den Handlungsspielraum, den ein privater Erwerber benötigt, um Anpassungsmaßnahmen zu ergreifen, erheblich einschränken könnte. Hierdurch könne ein gerechter Ausgleich zwischen den Interessen des Erwerbers in seiner Eigenschaft als Arbeitgeber einerseits und denen der Arbeitnehmer andererseits beeinträchtigt werden.
98Diese Überlegungen können angewendet auf den hiesigen Sachverhalt nicht zu einer abweichenden Beurteilung führen, da vorliegend zu einen gar kein Betriebsübergang vorliegt, sondern eine Fusion von Krankenkassen nach öffentlichem Recht, und zum anderen gerade auch kein Wechsel vom öffentlichen Dienst in die Privatwirtschaft erfolgt, sondern Rechtsträger vor und nach der Fusion eine öffentlich-rechtlich organisierte Krankenkasse ist.
99Zutreffend hat bereits das Arbeitsgericht darauf hingewiesen, dass die generelle Rechtsfrage, ob sich aus der Alemo-Herron-Entscheidung des EuGH Konsequenzen für die Auslegung arbeitsvertraglicher Bezugnahmeklauseln als dynamische Verweisungen im Fall eines Betriebsübergangs ergeben, vorliegend gar nicht stellt, weil vorliegend kein Betriebsübergang gegeben ist.
100Es hat vorliegend eine Fusion von mehreren Krankenkassen ausschließlich nach öffentlichem Recht gegeben, welcher geregelt ist in § 144 SGB V. Grundlage hierfür war kein privatrechtliches Rechtsgeschäft, sondern ein Beschluss der Verwaltungsräte der beteiligten Krankenkassen. § 144 Abs. 4Satz 2 SGB V sieht insofern als Rechtsfolge der Fusion eine umfassende Gesamtrechtsnachfolge vor. Die neue Krankenkasse tritt vollumfänglich in sämtliche Rechte und Pflichten der bisherigen Krankenkassen ein. Dies stellt keinen Betriebsübergang im Sinne des § 613 a BGB bzw. der Richtlinie 2001/23/EG dar. Es gibt bei einer derartigen Fusion nach § 144 SGB V – anders als bei einem Betriebsübergang nach § 613 a BGB - keinen externen „Erwerber“, sondern lediglich eine Änderung der Rechtspersönlichkeit auf Arbeitgeberseite, mit einer gesetzlich angeordneten Rechtsfolge, welche als Gesamtrechtsnachfolge noch weitergehender ist, als die in § 613 a BGB vorgesehenen Rechtsfolgen (BAG, Urteil vom 29.09.2010, 10 AZR 588/09; BAG, Urteil vom 24.06.1998, 4 AZR 208/97; LAG Köln, Urteil vom 27.01.2006, 4 Sa 942/05; Arbeitsgericht Cottbus, Urteil vom 14.02.2013, 3 Ca 1043/12; Bergmann, PersR 2011, Seite 511 – 515).
101Lediglich nach einer in der Literatur vertretenen Mindermeinung soll abweichend von der herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur, wonach die Gesamtrechtsnachfolge nach § 144 Abs. 4 SGB V im Falle einer Fusion von Krankenkassen gerade keinen Betriebsübergang im Sinne des § 613 a BGB darstellt, § 613 a BGB analog subsidiär anwendbar sein, soweit es darum gehe einen Mindestschutz der Arbeitnehmer zu garantieren (Bieback, PersR 2000, Seite 13 -18). Hiernach sehe zwar die öffentlich-rechtliche geregelte Fusion von Körperschaften nach § 144 Abs. 4 SGB V mit dem Grundsatz der Gesamtrechtsnachfolge grundsätzlich eine weitergehende Rechtsfolge als diejenige des Betriebsübergangs nach § 613 a vor. § 613 a sei jedoch analog anwendbar, weil er als Umsetzung von europäischen Recht einen Mindestschutz des Arbeitnehmers aufstelle. Insofern müsse insbesondere das Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers und das Kündigungsverbot des § 613 a Abs. 4 BGB auch in den Fällen der gesetzlich durch § 144 Abs. 4, § 146 Abs. 3 SGB V angeordneten Gesamtrechtsnachfolge gelten (Bieback, a. a. O.; bzgl. der subsidiären analogen Anwendung des Widerspruchsrechts grds. zustimmend auch Bergmann, PersR 2011, Seite 511 ff., S. 512).
102Hiervon ausgehend lässt sich die beklagtenseitig mit der Berufung gewünschte analoge Anwendung des Betriebsübergangsrechts zugunsten des Arbeitgebers gerade nicht rechtfertigen.
103Der EuGH hat in der Alemo-Herron-Entscheidung auf die Vertragsfreiheit des Betriebserwerbers abgestellt, welcher vor für ihn nicht zu kalkulierenden und nicht zu beeinflussenden künftigen Entwicklungen kollektiver Verträge geschützt werden müsse, jedenfalls dann, wenn der übernommene Kollektivvertrag aus einem völlig anderen Regelungsgebiet (Privatwirtschaft ./. öffentlicher Dienst) stammt.
104Bei der hier vorliegenden öffentlich-rechtlichen Fusion von Krankenkassen gibt es einen solchen schützenswerten „Erwerber“ gerade nicht. Bei einer Fusion von Krankenkassen bleiben sämtliche Rechte und Pflichten aus bestehenden Verträgen vollumfänglich und unverändert bestehen. Dies ist gerade Sinn einer Gesamtrechtsnachfolge. Durch die gesetzlich angeordnete Gesamtrechtsnachfolge soll der Inhalt vertraglicher Abmachungen gerade unverändert fortgelten. Die Fusion soll auf den Inhalt vertraglicher Vereinbarungen keinerlei Auswirkungen haben. Es handelt sich allein um eine interne Strukturentscheidung der beteiligten Krankenkassen.
105Eine derartige von der Beklagten gewünschte Rechtsfolge würde dem Schutzzweck der nationalen und europäischen Vorschriften über den Betriebsübergang diametral entgegenstehen. Die beteiligten Krankenkassen hätten, wenn man der Rechtauffassung der Beklagten folgen würde, mit einer Fusion die Möglichkeit, sich lästiger vertraglicher Bestandteile zu entledigen und für die Zukunft für sie günstigere Vertragsbestandteile zu erwirken, nämlich eine lediglich statische und nicht dynamische Fortgeltung tariflicher Regelegungen, selbst wenn anderes ausdrücklich – wie hier – vertraglich vereinbart wurde. Eine derartige Rechtsfolge kann vom Schutzzweck der gesetzlichen Regelungen zum Betriebsübergang nicht erfasst sein. Bereits nach der amtlichen Überschrift der Richtlinien 2001/23/EG vom 12.03.2001 geht es um die „Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben und Betriebsteilen“. Schutzzweck der europäischen Regelung der Betriebsübergangsrichtlinie sowie der diese umsetzende nationale Vorschriften, insbesondere § 613 a BGB im deutschen Recht, ist gerade der Schutz der Arbeitnehmer vor für sie nachteiligen Veränderungen durch einen Betriebsübergang. Auch wenn, wie der EuGH in der Alemo-Herron-Entscheidung betont hat, der Arbeitnehmerschutz nicht ausschließlicher Zweck der Richtlinie ist, sondern es auch – wie grds. stets im Arbeitsrecht - um einen gerechten Ausgleich der Interessen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer geht, kann nicht Zweck der Betriebsübergangsrichtlinie sein, dem Arbeitgeber hierdurch Möglichkeiten zu schaffen, eine für ihn positive und für den Arbeitnehmer negative Veränderung vereinbarter Vertragsbestandteile zu erzielen, wenn er diese Möglichkeit ohne die Betriebsübergangsrichtlinie gerade nicht hätte.
106Die Betriebsübergangsrichtlinie soll hinsichtlich ihres Anwendungsbereichs lediglich anwendbar sein auf Betriebsübergänge (und ausweislich der ausdrücklichen Anordnung in Artikel 1 Abs. 1 der Richtlinie auch Verschmelzungen) zu denen es aufgrund privatrechtlicher Vereinbarung kommt. Änderungen der Rechtspersönlichkeit eines Arbeitgebers aufgrund eines von Verwaltungsräten beschlossenen und von einer Aufsichtsbehörde genehmigten öffentlich-rechtlichen Vorgangs werden von der Richtlinie grundsätzlich nicht erfasst. Allenfalls ist in den Fällen, in denen sich insofern möglicherweise eine Schutzlücke für die Arbeitnehmer ergibt, aus dem Schutzzweck der Norm eine erweiternde Auslegung der Betriebsübergangsrichtlinie anzudenken. Die vorliegende Fallkonstellation betrifft jedoch gerade den umgekehrten Fall. Es geht hier darum, dass der Arbeitgeber eine vermeindliche gesetzlich nicht geregelte Schutzlücke zu seinen Gunsten beansprucht. Hierfür ergibt sich aus der Betriebsübergangsrichtlinie als grundsätzlich arbeitnehmerschützende Rechtsnorm kein Ansatz.
107Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Beklagte als Betriebskrankenkasse nicht die Möglichkeit hat, der Vereinigung kommunaler Arbeitgeber beizutreten und insofern einen Einfluss auf künftige Tarifentwicklungen nehmen kann. Denn es ist vielmehr gerade Teil der Vertragsfreiheit im Zivilrecht, dass es Arbeitsvertragsparteien grundsätzlich auch unbenommen ist, arbeitsvertraglich auf Tarifverträge Bezug zu nehmen, bezüglich derer arbeitgeberseitig gerade keine Tarifbindung besteht. Wenn insofern eine dynamische Bezugnahme ausdrücklich vereinbart ist, ist dies eine bewusst mit Chancen und Risiken gebotene Entscheidung die Ausfluss der Vertragsfreiheit beider Parteien ist. Dass die ursprüngliche Arbeitgeberin der Klägerin (GBK) im Gegensatz zur jetzigen Beklagten Mitglied im VKA war und die jetzige Beklagte nicht Mitglied im VKA ist, ist letztlich Ausfluss der Fusionsentscheidung, die allein in der Risikosphäre der Beklagten und nicht in der Risikosphäre der Klägerin liegt. Die beteiligten Krankenkassen wussten vor ihrer Fusion, dass es bei der GBK eine Vielzahl von TVöD-Verträgen gibt. Wenn arbeitgeberseitig die Auffassung bestanden haben sollte, dass diese aufgrund der dynamischen Bezugnahmen „zu teuer“ werden könnten, hätte man von der Fusion absehen können. Das man sich dennoch in Kenntnis des Umstandes der bestehenden dynamischen Verweisungen auf den TVöD für die Fusion unter Einbeziehung der GBK entschieden hat, ist Ausfluss einer unternehmerischen Entscheidung auf Arbeitgeberseite unter Berücksichtigung von Chancen und Risiken der Fusion. Von den bestehenden Risiken kann die Beklagte nicht nunmehr dadurch ablenken, in dem sie sich darauf beruft, dass sie jetzt infolge der Fusion nicht mehr der KAV beitreten kann. Dies kommt für die Beklagte nicht überraschend, sondern dies wusste die Arbeitgeberseite bereits vor der Fusion. Es besteht insofern keinerlei Anlass, von der für diesen Fall gesetzlich angeordneten Gesamtrechtsnachfolge des § 144 SGB V aus Gründen der Betriebsübergangsrichtlinie 2001/23/EG abzuweichen.
108Hinzu kommt, dass bei einer Fusion von Krankenkassen der Bereich des öffentlichen Dienstes gerade nicht verlassen wird. Eine Krankenkasse ist nach den zwingenden gesetzlichen Bestimmungen des SGB V als Sozialversicherungsträger stets zwingend öffentlich-rechtlich organisiert. Die gesetzliche Krankenversicherung nach dem SGB V kann nicht rein privatwirtschaftlich angeboten werden. Auch die Tarifverträge BKK, die nunmehr bei der Beklagten grds. Anwendung finden, enthalten ein in vielen Bereichen deckungsähnliches Regelungswerk wie der TVöD. Insofern unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt erheblich von demjenigen Sachverhalt, welcher der Alemo-Herron-Entscheidung des EuGH zugrunde LAG. Einen Wechsel vom öffentlichen Dienst in die Privatwirtschaft mit zwei völlig unterschiedlichen Systemen kollektiver Regelungen wie im Sachverhalt der Alemo-Herron-Entscheidung hat es vorliegend gerade nicht gegeben. Ein solcher ist bei der Fusion von gesetzlichen Krankenkassen auch denklogisch ausgeschlossen.
109Insofern bestand auch keinerlei Veranlassung entsprechend der Anregung der Beklagtenseite den vorliegenden Rechtsstreit auszusetzen und dem Europäischen Gerichtshof nach Artikel 267 AEUV zur Klärung der Vereinbarkeit des § 144 Abs. 4 SGB V mit der Richtlinie 2001/23/EG vorzulegen. Voraussetzung für eine derartige Vorlage wäre, dass in einem schwebenden Verfahren eines einzelstaatlichen Gerichts eine Frage über die Gültigkeit und die Auslegung der Handlungen der Organe, Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union gestellt wird und das Gericht eine Entscheidung darüber zum Erlass seines Urteils für erforderlich hält. In einem solchen Fall kann das Gericht den EuGH anrufen, ein Gericht, dessen Entscheidung nicht mehr mit innerstaatlichen Rechtsmitteln angefochten werden kann, ist bei Vorliegen dieser Voraussetzungen zur Anrufung des EuGH verpflichtet. Hiervon ausgehend hat die erkennende Kammer entschieden, von einer Vorlage an den EuGH abzusehen, da nach vorstehenden Ausführungen auch unter Berücksichtigung der Alemo-Herron-Entscheidung des EuGH keine Zweifel an der Vereinbarkeit des § 144 Abs. 4 SGB V mit der EG-Richtlinie 2001/23/EG bestehen.
1102) Aufgrund der dynamischen Fortgeltung der TVöD waren auch die Zahlungsanträge wie erstinstanzlich tituliert teilweise begründet.
111Für den geltend gemachten Zeitraum November 2012 bis einschließlich Mai 2014 steht der Klägerin der geltend gemachte Nachzahlungsbetrag in der rechnerisch unstreitigen titulierten Höhe zur.
112Für den vorangegangenen Zeitraum bis einschließlich Oktober 2012 war der Anspruch gemäß § 37 TVöD entsprechend den zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts verfallen. Da die tarifvertraglichen Vorschriften insofern eine sechsmonatige Ausschlussfrist zur schriftlichen Geltendmachung der Ansprüche ab Fälligkeit vorsehen, konnten mit der schriftlichen Geltendmachung vom 23.05.2013 die Ansprüche erstmalig ab November 2012 gewahrt werden, nicht jedoch für den vorangegangen Zeitraum bis einschließlich Oktober 2012.
113Entgegen der Rechtsansicht der Klägerin war auch ausgehend von dem neuen Tatsachenvortrag in der Berufungsinstanz nicht von einer rechtzeitigen Geltendmachung bereits am 29.05.2012 auszugehen.
114Hierbei kann dahinstehen, ob die von der Klägerseite behauptete E-Mail überhaupt ausreichend wäre für eine schriftliche Geltendmachung im Sinne des Tarifvertrages, vor dem Hintergrund, dass nach den gesetzlichen Formvorschriften die E-Mail grds. lediglich das Erfordernis der Textform (§ 126 b BGB), nicht aber das Erfordernis der Schriftform (§ 126 BGB) wahrt. Des Weiteren kann dahinstehen, ob der klägerseitig behauptete Inhalt der E-Mail überhaupt eine Geltendmachung im Sinne der tarifvertraglichen Vorschriften darstellt und nicht lediglich eine bloße Anfrage, was der klägerseitig behauptete Wortlaut der E-Mail durchaus nahelegen könnte. Entscheidend war, dass die Klägerin bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung den Inhalt einer entsprechenden E-Mail nicht substantiiert für die Beklagtenseite dargestellt hat. Unstreitig hat sich die Klägerseite noch im Kammertermin geweigert, der Beklagtenseite den Inhalt dieser von ihr behaupteten E-Mail zur Kenntnis zu geben. Insofern war der diesbezügliche klägerische Vortrag für die Beklagtenseite nicht einlassungsfähig und damit unbeachtlich. Es kann von der Beklagten nicht verlangt werden, Ausführungen zu dem Inhalt einer E-Mail zu machen, den sie nach eigenen Angaben nicht kennt. Demgegenüber wäre es der Klägerseite ein Leichtes gewesen, nicht nur dem Gericht sondern auch der Beklagtenseite eine Kopie der von ihr behaupteten E-Mail zur Verfügung zu stellen. Dann wäre wiederum von der Beklagten ein konkreterer Vortrag hierzu zu verlangen gewesen. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass die Klägerseite die Beklagte überhaupt erstmals vom Inhalt der behaupteten E-Mail in Kenntnis setzt, denn nur dann sind der Beklagten entsprechende Nachforschungen möglich.
115Die pauschale Behauptung der Klägerin im Kammertermin, die E-Mail müsse „auf dem Server der Beklagten weiterhin gespeichert sein“ und deswegen müsse sie nach den Vorschriften der ZPO diese E-Mail der Beklagten nicht vorlegen, führt nicht zu einer anderen Beurteilung. Denn zum einen ist in keiner Weise ersichtlich und in keiner Weise von der Klägerin substantiiert vorgetragen, wie sie zu der Erkenntnis gelangt, entsprechende E-Mail müsse bei der Beklagten weiterhin auf dem Server gespeichert sein. Denn die Beklagte bestreitet bereits, dass es eine solche E-Mail überhaupt gibt. Insofern wäre zunächst von der Klägerin im Sinne einer abgestuften Darlegungs- und Beweislast näherer Vortrag zum Inhalt der behaupteten E-Mail erforderlich gewesen, nicht nur gegenüber dem Gericht sondern auch gegenüber der Beklagten, damit diese sich hierzu einlassen kann. Es ist von der Beklagten auch nicht zu verlangen, dass diese intensive Recherchen hinsichtlich einer angeblichen E-Mail anstellt, die bereits vor mehreren Jahren versandt worden sein soll und bezüglich derer die Klägerseite lediglich das Datum und den vermeindlichen Adressaten, nicht aber den konkreten Inhalt der Beklagtenseite mitteilt, obwohl ihr dies ohne größere Anstrengungen zumutbar gewesen wäre, wie sich aus der Vorlage der Inhalts der behaupteten E-Mail durch die Klägerseite gegenüber dem Gericht ergibt.
116Wäre der diesbezügliche neue Tatsachenvortrag erheblich gewesen, wäre er im Übrigen als verspätet zurückzuweisen gewesen. Nach § 520 Abs. 3 S. 2 Ziffer 4 ZPO hat die Berufungsbegründung die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmitte sowie der Tatsachen aufgrund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 ZPO zuzulassen sind, zu enthalten. Nach § 531 Abs. 2 S. 1 Ziffer 3 ZPO sind neue Angriffs- und Verteidigungsmittel nur zuzulassen, wenn sie im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass die auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht. Die weiteren Alternativen des § 531 Abs. 2 S. 1 Ziffern 1 und 2 ZPO kommen vorliegend ersichtlich nicht in Betracht. Vorliegend beruht es jedoch offenbar auf Nachlässigkeit der Klägerin, dass sie den neuen Tatsachenvortrag bezüglich der angeblichen E-Mail vom 29.05.2012 erst in der Berufungsinstanz vorträgt und den entsprechenden Vortrag nicht bereits in der ersten Instanz erbracht hat. Bereits erstinstanzlich ist auf die Problematik der tarifvertraglichen Ausschlussfristen hingewiesen worden. Mit gerichtlichem Beschluss vom 02.10.2014 ist der Klägerin unter Fristsetzung bis 07.11.2014 aufgegeben worden, zu der Verfallfrist des § 37 TVöD näher vorzutragen. Näherer Vortrag hierzu ist jedoch weder binnen der genannten Frist noch bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung in der ersten Instanz erfolgt. Entschuldigungsgründe, weshalb die Klägerin ihren Vortrag bezüglich der angeblichen E-Mail vom 29.05.2012 erst in der zweiten Instanz bringt und diesbezüglich nicht trotz entsprechendem Hinweis und entsprechender Fristsetzung nicht bereits erstinstanzlich vorgetragen hat, werden von der Klägerin nicht vorgetragen und sind auch nicht ersichtlich.
1173) Weiter hat das Arbeitsgericht zutreffend die Zahlungsanträge teilweise zurückgewiesen, sofern die Klägerin einen Zahlungsanspruch geltend macht, der auf einer höheren Eingruppierung als derjenigen in die Entgeltgruppe 9 beruht.
118Die Klägerin kann eine Vergütung lediglich nach Entgeltgruppe 9 TVöD und nicht nach Entgeltgruppe 10 TVöD verlangen.
119Zwar steht entgegen der Rechtsansicht der Beklagten nicht bereits der Umstand, dass die Tätigkeit einer „Pflegeberaterin“ im TVöD nicht ausdrücklich geregelt ist, einer höheren Eingruppierung zwingend entgegen. Die Eingruppierung nach dem TVöD enthält konkrete Eingruppierungsmerkmale anhand derer auch eine konkrete Eingruppierung für die Tätigkeit der Klägerin als Pflegeberaterin vorzunehmen wäre. Allerdings ist die Klägerin vollumfänglich darlegungs- und beweisbelastet, wenn sie eine höhere Eingruppierung begehrt, worauf sie bereits in der erstinstanzlichen Entscheidung hingewiesen wurde. Dennoch erfolgt auch in der Berufungsinstanz keinerlei näherer Vortrag zu den konkreten Eingruppierungsmerkmalen des TVöD. Es ist in keiner Weise ersichtlich, inwiefern die Klägerin die tariflichen Eingruppierungsvoraussetzungen der Entgeltgruppe 10 des TVöD erfüllt haben will durch ihre Tätigkeit als Pflegeberaterin.
120Die darlegungsbelastete Klägerin ist insofern die erforderlichen Darlegungen vollumfänglich schuldig geblieben.
121Allein aus dem Umstand, dass in dem 2013 avisierten Arbeitsvertrag eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe 10 vorgesehen war, kann die Klägerin eine entsprechende Eingruppierung nicht stützen. Denn die Beklagte weist zutreffend daraufhin, dass eine entsprechende vertragliche Vereinbarung zwischen den Parteien letztlich nicht zustande gekommen ist.
122Auch auf die nach Vortrag der Klägerin entsprechend erfolgten Personalratsanhörung zu einer beabsichtigten Eingruppierung in die Entgeltgruppe 10 kann die Klägerin einen entsprechenden Anspruch nicht stützen. Es besteht gerichtsbekannt keinerlei Garantie dahingehend, dass arbeitgeberseitig bei einem Betriebsrat oder Personalrat beantragte Eingruppierungen zwingend richtig sein müssen. Vielmehr zeigen zahlreiche gerichtlich anhängige Verfahren nach § 99 BetrVG zu Eingruppierungen um Umgruppierungen das Gegenteil. Auch ein arbeitgeberseitiger Antrag beim Personalrat auf eine bestimmte Eingruppierung ersetzt nicht die Darlegungslast der Klägerin, im Prozess konkret zu den Eingruppierungsmerkmalen der begehrten Eingruppierung vorzutragen.
123- III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO i. V. mit § 97 ZPO und § 64 Abs. 6 ArbGG.
Hiernach waren die Kosten des Rechtsstreits (für erste und zweite Instanz) entsprechend dem Verhältnis von Obsiegen und Unterliegen der Parteien aufzuteilen. Insofern hat die Beklagte zutreffend darauf hingewiesen, dass nach der erstinstanzlichen Entscheidung, die vorliegend im Ergebnis bestätigt wurde, an sich eine Kostenverteilung von ¾ zu Lasten der Klägerin und ¼ zu Lasten der Beklagten nach Begründung der Streitwertfestsetzung, die das Arbeitsgericht vorgenommen hat, vorzunehmen gewesen wäre. Dem ist die Klägerin nicht mehr entgegengetreten. Die abweichende Kostenentscheidung der erstinstanzlichen Entscheidung beruht offenbar darauf, dass die Klägerin mit dem Zahlungsantrag nicht vollumfänglich obsiegt hat, sondern sie auch mit dem Zahlungsantrag zu einem nicht unerheblichen Teil unterlegen war.
125IV. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der beklagtenseitig aufgeworfenen Rechtsfrage, ob die Alemo-Herron-Entscheidung des EuGH entgegen der hier vertretenen Auffassung doch Auswirkungen hat bezüglich der Frage einer statischen oder dynamischen Fortgeltung von arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklauseln auf Tarifverträge nach einer Fusion von Krankenkassen nach § 144 SGB V, war die Revision nach § 72 Abs. 2 ArbGG zuzulassen.
126Soweit die Klägerin durch dieses Urteil beschwert ist, ergaben sich keine Gründe für die Zulassung der Revision.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Köln Urteil, 02. Aug. 2016 - 12 Sa 78/16
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Urteil einreichenLandesarbeitsgericht Köln Urteil, 02. Aug. 2016 - 12 Sa 78/16 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).
(1) Betriebskrankenkassen sind Krankenkassen, die durch den Arbeitgeber für einen oder mehrere Betriebe errichtet wurden.
(2) Eine Betriebskrankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass sie durch alle Versicherungspflichtigen und Versicherungsberechtigten gewählt werden kann. Die Satzungsregelung darf das Wahlrecht nicht auf bestimmte Personen beschränken oder von Bedingungen abhängig machen und kann nicht widerrufen werden. Satz 1 gilt nicht für Betriebskrankenkassen, die für Betriebe privater Kranken- oder Lebensversicherungen errichtet oder aus einer Vereinigung mit solchen Betriebskrankenkassen hervorgegangen sind, wenn die Satzung dieser Krankenkassen am 26. September 2003 keine Regelung nach Satz 1 enthalten hat.
(3) Falls die Satzung eine Regelung nach Absatz 2 Satz 1 enthält, gilt diese für die Gebiete der Länder, in denen Betriebe bestehen und die Zuständigkeit für diese Betriebe sich aus der Satzung der Betriebskrankenkasse ergibt; soweit eine Satzungsregelung am 31. März 2007 für ein darüber hinausgehendes Gebiet gegolten hat, bleibt dies unberührt.
(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.
(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.
(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.
(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.
(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.
(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:
- 1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird; - 2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.
(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.
(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.
(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.
(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:
- 1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge); - 2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt; - 3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.
(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:
- 1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt; - 2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.
(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.
(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.
(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.
(1) Betriebskrankenkassen sind Krankenkassen, die durch den Arbeitgeber für einen oder mehrere Betriebe errichtet wurden.
(2) Eine Betriebskrankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass sie durch alle Versicherungspflichtigen und Versicherungsberechtigten gewählt werden kann. Die Satzungsregelung darf das Wahlrecht nicht auf bestimmte Personen beschränken oder von Bedingungen abhängig machen und kann nicht widerrufen werden. Satz 1 gilt nicht für Betriebskrankenkassen, die für Betriebe privater Kranken- oder Lebensversicherungen errichtet oder aus einer Vereinigung mit solchen Betriebskrankenkassen hervorgegangen sind, wenn die Satzung dieser Krankenkassen am 26. September 2003 keine Regelung nach Satz 1 enthalten hat.
(3) Falls die Satzung eine Regelung nach Absatz 2 Satz 1 enthält, gilt diese für die Gebiete der Länder, in denen Betriebe bestehen und die Zuständigkeit für diese Betriebe sich aus der Satzung der Betriebskrankenkasse ergibt; soweit eine Satzungsregelung am 31. März 2007 für ein darüber hinausgehendes Gebiet gegolten hat, bleibt dies unberührt.
(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.
(1a) Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach Satz 1 vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung nach Satz 1 festgestellt.
(2) Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Neunte Buch nichts Abweichendes vorsehen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten Buches gilt entsprechend. Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern.
(3) Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihre Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnissen der Versicherten ist Rechnung zu tragen.
(4) Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, daß die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.
(1) Betriebskrankenkassen sind Krankenkassen, die durch den Arbeitgeber für einen oder mehrere Betriebe errichtet wurden.
(2) Eine Betriebskrankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass sie durch alle Versicherungspflichtigen und Versicherungsberechtigten gewählt werden kann. Die Satzungsregelung darf das Wahlrecht nicht auf bestimmte Personen beschränken oder von Bedingungen abhängig machen und kann nicht widerrufen werden. Satz 1 gilt nicht für Betriebskrankenkassen, die für Betriebe privater Kranken- oder Lebensversicherungen errichtet oder aus einer Vereinigung mit solchen Betriebskrankenkassen hervorgegangen sind, wenn die Satzung dieser Krankenkassen am 26. September 2003 keine Regelung nach Satz 1 enthalten hat.
(3) Falls die Satzung eine Regelung nach Absatz 2 Satz 1 enthält, gilt diese für die Gebiete der Länder, in denen Betriebe bestehen und die Zuständigkeit für diese Betriebe sich aus der Satzung der Betriebskrankenkasse ergibt; soweit eine Satzungsregelung am 31. März 2007 für ein darüber hinausgehendes Gebiet gegolten hat, bleibt dies unberührt.
Tenor
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1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 19. Juni 2009 - 2 Sa 567/08 - wird zurückgewiesen, soweit der Kläger Beschäftigung als Datenschutzbeauftragter verlangt.
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2. Hinsichtlich des Hilfsantrags wird das bezeichnete Urteil des Landesarbeitsgerichts aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten, den Kläger als Beauftragten für den Datenschutz zu beschäftigen. Hilfsweise begehrt der Kläger die Feststellung, dass die ihm übertragene Tätigkeit nicht amtsangemessen ist.
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Der Kläger ist Dienstordnungsangestellter (DO-Angestellter) der Beklagten zu 1. Er wurde 1991 von der AOK Dresden angestellt. Die Besoldung richtete sich zunächst nach der Besoldungsgruppe A 13, mittlerweile bezieht der Kläger eine Vergütung aus der Besoldungsgruppe A 16. Das Dienstverhältnis untersteht der geltenden Dienstordnung für die Angestellten.
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1997 fusionierte die AOK Dresden mit der AOK Chemnitz und der AOK Leipzig zur AOK Sachsen - Die Gesundheitskasse (AOK Sachsen). Der Kläger wurde zum Beauftragten für den Datenschutz dieser Krankenkasse bestellt. Zum 1. Januar 2008 fusionierte die AOK Sachsen mit der AOK Thüringen - Die Gesundheitskasse in Thüringen (AOK Thüringen) zur Beklagten zu 1. Die Beklagte zu 2. ist die gemäß § 46 Abs. 1 Satz 2 SGB XI dort eingerichtete Pflegekasse. Die Beklagte zu 1. bestellte einen anderen Mitarbeiter zum Beauftragten für den Datenschutz und wies dem Kläger eine Tätigkeit als „Projektleiter Leistungen im Projekt oscare für den Roll-out 2.1 (Sachleistungswesen)“ zu. Ziel des Projekts ist die stufenweise Einführung einer neuen Software. Das Projekt leitet ein Mitarbeiter, der eine Vergütung aus einer niedrigeren Vergütungsgruppe als der Kläger bezieht.
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Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er habe einen Anspruch auf weitere Beschäftigung als Datenschutzbeauftragter, weil die Beklagte zu 1. gemäß § 144 Abs. 4 Satz 2 SGB V in die Rechte und Pflichten der AOK Sachsen eingetreten sei. Da die Beklagte zu 1. zugleich die Aufgaben der bei ihr eingerichteten Pflegekasse übernehmen müsse, richte sich der Anspruch auch gegen die Beklagte zu 2. Die Mitarbeit im Projekt „oscare“ sei jedenfalls nicht amtsangemessen.
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Der Kläger hat zuletzt beantragt,
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die Beklagten zu verpflichten, ihn als ihren gesetzlichen und bestellten Datenschutzbeauftragten entsprechend den Vorschriften des Sozialgesetzbuchs und des Bundesdatenschutzgesetzes zu beschäftigen,
hilfsweise,
festzustellen, dass seine Arbeitspflicht nicht die Mitarbeit in dem Projekt „oscare“ umfasst.
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Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, das Amt des Beauftragten für den Datenschutz bei der AOK Sachsen habe mit der Fusion geendet.
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Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht für den Kläger zugelassenen Revision verfolgt dieser sein Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe
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Die Revision ist unbegründet, soweit der Kläger Beschäftigung als Beauftragter für den Datenschutz begehrt (I). Im Übrigen war der Rechtsstreit an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen. Es bedarf weiterer Feststellungen, ob der Kläger amtsangemessen beschäftigt wird (III).
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I. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte zu 1. aus seinem Anstellungsvertrag iVm. § 144 Abs. 4 Satz 2 SGB V, § 4f Abs. 1 Satz 1 BDSG auf Beschäftigung als Beauftragter für den Datenschutz.
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1. Der Kläger wurde durch die AOK Sachsen zum Beauftragten für den Datenschutz bestellt. Mit der Bestellung trat die damit verbundene Tätigkeit für die Dauer des Amtes seiner vertraglich geschuldeten Leistung hinzu.
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a) Gemäß § 4f Abs. 1 Satz 1 BDSG haben öffentliche und nicht öffentliche Stellen, die personenbezogene Daten automatisch erheben, verarbeiten oder nutzen, einen Beauftragten für den Datenschutz zu bestellen. Das BDSG regelt nicht, welches Rechtsverhältnis mit der Bestellung begründet werden soll. § 4f Abs. 2 Satz 1 BDSG schreibt lediglich vor, dass nur bestellt werden darf, wer die zur Erfüllung dieser Aufgaben erforderliche Fachkunde und Zuverlässigkeit besitzt. § 4f Abs. 1 Satz 1 BDSG regelt die einseitige Bestellung; davon ist die vertragliche Grundlage zu trennen, nach der sich der Beauftragte schuldrechtlich verpflichtet, diese Aufgaben zu übernehmen (BAG 13. März 2007 - 9 AZR 612/05 - Rn. 22, BAGE 121, 369; vgl. 22. März 1994 - 1 ABR 51/93 - zu B II 2 a, b der Gründe, BAGE 76, 184; vgl. Simitis BDSG 6. Aufl. § 4f Rn. 60).
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b) Die Übertragung des Amtes und der damit verbundenen Aufgaben ist gegenüber einem Arbeitnehmer regelmäßig nicht durch Ausübung des Direktionsrechts möglich. Es bedarf der Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien, dass die Wahrnehmung des Amtes und die damit verbundene Tätigkeit Teil der vertraglich geschuldeten Leistung sein sollen. Diese Vereinbarung kann konkludent erfolgen, indem der Arbeitnehmer das angetragene Amt annimmt. Damit erweitern sich die arbeitsvertraglichen Rechte und Pflichten des Arbeitnehmers um die Tätigkeit eines Beauftragten für den Datenschutz (vgl. BAG 13. März 2007 - 9 AZR 612/05 - Rn. 22, BAGE 121, 369; 22. März 1994 - 1 ABR 51/93 - zu B II 2 b der Gründe, BAGE 76, 184).
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c) Mit welchem konkreten Inhalt der Arbeitsvertrag geändert wird, ist durch Auslegung der Vereinbarung am Maßstab von §§ 133, 157 BGB zu ermitteln. Dabei sind alle tatsächlichen Begleitumstände der Erklärung zu berücksichtigen, die für die Frage von Bedeutung sein können, welchen Willen der Erklärende bei seiner Erklärung gehabt hat und wie die Erklärung von ihrem Empfänger zu verstehen war (Senat 2. Juli 2008 - 10 AZR 378/07 - Rn. 26; 13. Dezember 2006 - 10 AZR 787/05 - Rn. 19, AP ZPO § 278 Nr. 1 = EzA BGB 2002 § 779 Nr. 3).
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aa) Die Auslegung kann ergeben, dass die Aufgaben eines Beauftragten für den Datenschutz nur befristet geschuldet werden. Sie kann ergeben, dass die Wahrnehmung der Aufgaben auf Dauer Inhalt der vertraglich geschuldeten Leistung wird, etwa wenn ein Mitarbeiter (nur) zur Wahrnehmung des Amtes eingestellt wird.
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bb) Soll ein Arbeitnehmer im bestehenden Arbeitsverhältnis zum Beauftragten für den Datenschutz bestellt werden, liegt darin regelmäßig das Angebot des Arbeitgebers, den Arbeitsvertrag nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen um die mit dem Amt verbundenen Aufgaben zu erweitern. Der Arbeitgeber will der Verpflichtung aus § 4f Abs. 1 BDSG genügen und die dafür erforderlichen vertraglichen Vereinbarungen treffen, aber keine weitergehenden Verpflichtungen eingehen. Der Arbeitnehmer strebt regelmäßig keine - für ihn nachteilige - vertragliche Einschränkung auf die Tätigkeiten des Amtes an. Notwendig ist die Änderung des Arbeitsvertrags für die Zeitspanne, für die der Arbeitnehmer das Amt nach den gesetzlichen Bestimmungen ausübt. Nimmt der Arbeitnehmer dieses Angebot durch sein Einverständnis mit der Bestellung an, wird der Arbeitsvertrag für die Zeitspanne der Übertragung des Amtes geändert. Wird die Bestellung nach § 4f Abs. 3 Satz 4 BDSG widerrufen oder entfällt das Funktionsamt auf andere Weise, ist die Tätigkeit nicht mehr Bestandteil der vertraglich geschuldeten Leistung. Damit entfällt insoweit der arbeitsvertragliche Beschäftigungsanspruch.
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cc) Ist eine Vereinbarung über die Wahrnehmung des Amtes so auszulegen, bedarf es weder einer Änderungskündigung noch einer arbeitsvertraglichen Teilkündigung. Ob bei einer anderen Vertragslage eine Teilkündigung erforderlich sein kann (vgl. BAG 13. März 2007 - 9 AZR 612/05 - Rn. 29, BAGE 121, 369), bedarf keiner Entscheidung.
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d) Eine Ergänzung des Anstellungsvertrags ist ebenso notwendig, wenn ein DO-Angestellter zum Beauftragten für den Datenschutz bestellt wird. DO-Angestellte sind nicht Beamte und haben keinen öffentlich-rechtlichen Status, sondern werden aufgrund eines privatrechtlichen Arbeitsvertrags beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis wird allerdings normativ bestimmt durch die Dienstordnung (BAG 22. Juli 2010 - 6 AZR 82/09 - Rn. 19), die autonomes Satzungsrecht des Dienstgebers ist (Senat 20. Februar 2008 - 10 AZR 440/07 - Rn. 15, ZTR 2008, 323; BAG 30. August 2005 - 3 AZR 391/04 - zu B II 1 der Gründe, AP BGB § 611 Dienstordnungs-Angestellte Nr. 77). Aus diesem ergibt sich aber nicht das Recht, die in Rede stehenden Aufgaben einseitig zuzuweisen.
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e) Das Landesarbeitsgericht hat die zwischen dem Kläger und der AOK Sachsen im Zusammenhang mit der Bestellung zum Beauftragten für den Datenschutz getroffene Vereinbarung nicht ausgelegt. Der Senat kann die unterbliebene Vertragsauslegung selbst vornehmen. Die maßgeblichen Tatsachen sind vom Landesarbeitsgericht festgestellt. Eine ergänzende Tatsachenfeststellung ist nicht zu erwarten. Sowohl der Anstellungsvertrag vom 18. Juni 1991 als auch das die Bestellung des Klägers zum Beauftragten für den Datenschutz regelnde Schreiben der AOK Sachsen vom 18. Juli 1997 enthalten typische Willenserklärungen, deren Erklärungswert durch den Senat vollumfänglich bestimmt werden kann (st. Rspr., Senat 20. September 2006 - 10 AZR 770/05 - Rn. 18 mwN, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 41; vgl. BAG 28. Februar 1991 - 8 AZR 89/90 - zu 2 b bb der Gründe, AP ZPO § 550 Nr. 21 = EzA ArbGG 1979 § 72 Nr. 11).
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aa) Nach dem Anstellungsvertrag vom 18. Juni 1991 wurde der Kläger der Dienstordnung für die Angestellten seiner damaligen Dienstgeberin unterstellt und in ein Dienstverhältnis auf Lebenszeit angestellt. Ihm wurde die Stelle eines Verwaltungsrats übertragen. Der Kläger wurde nicht für eine konkrete Tätigkeit, sondern für einen allgemein beschriebenen Tätigkeitsbereich eingestellt. Das Schreiben vom 18. Juli 1997 beinhaltet die Bestellung zum Beauftragten für den Datenschutz der AOK Sachsen nach Maßgabe des BDSG. Es enthält weder ein Angebot auf dauerhafte Übertragung der entsprechenden Aufgaben noch ein Angebot auf sonstige dauerhafte Änderungen des Anstellungsvertrags. Die Bestellung sollte danach nur nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu einer Erweiterung der arbeitsvertraglichen Rechte und Pflichten führen.
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bb) Dieses Angebot hat der Kläger angenommen, indem er sich mit der Bestellung einverstanden erklärt hat. Der Arbeitsvertrag wurde für die Dauer der Übertragung des Amtes um die damit verbundenen Tätigkeiten erweitert.
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2. Das Amt des Beauftragten für den Datenschutz für die AOK Sachsen ist mit der Schließung dieser Krankenkasse erloschen.
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a) Die AOK Sachsen und die AOK Thüringen haben sich mit Wirkung zum 1. Januar 2008 vereinigt. Nach § 144 Abs. 4 Satz 1 SGB V sind sie mit dem Zeitpunkt der Vereinigung geschlossen und verlieren ihre Rechtsfähigkeit(Hänlein in LPK-SGB V § 144 Rn. 9). Ihre Organe fallen im Vereinigungszeitpunkt weg (BVerwG 25. Juni 2003 - 6 P 1.03 - zu II 3 b cc der Gründe, AP BPersVG § 75 Nr. 84; Krauskopf/Baier SozKV Stand Juni 2010 § 144 SGB V Rn. 28; Koch in Schlegel/Voelzke SGB V § 144 Rn. 25). Für die neue Krankenkasse müssen die Aufsichtsbehörden deshalb nach § 144 Abs. 3 SGB V neue Organmitglieder berufen.
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b) Gesetzliche Krankenkassen sind nach § 81 Abs. 4 Satz 1 SGB X, § 35 SGB I, § 4f BDSG als öffentliche Stellen verpflichtet, einen Beauftragten für den Datenschutz zu bestellen(Gola/Schomerus BDSG 10. Aufl. § 4f Rn. 6; André RDV 1994, 234, 239). Wird die Krankenkasse geschlossen, existiert diese öffentliche Stelle nicht mehr und das Amt des Beauftragten für den Datenschutz erlischt. Der Beauftragte verliert mit der Fusion sein Amt ( Schaffland/Wiltfang BDSG Stand Juni 2010 § 4f Rn. 65i; Simitis § 4f Rn. 200; sinngemäß Däubler in Däubler/Klebe/Wedde/Weichert BDSG 3. Aufl. § 4f Rn. 79). Die aus der Fusion hervorgegangene Krankenkasse ist als „neue“ öffentliche Stelle verpflichtet, mit Beginn ihrer Existenz einen Beauftragten für den Datenschutz schriftlich zu bestellen. Allein sie trägt die Verantwortung dafür, eine für die Erfüllung der Aufgaben der neuen Krankenkasse geeignete Person (§ 4f Abs. 2 BDSG) zu bestellen.
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c) Die Beklagte zu 1. ist nicht nach § 144 Abs. 4 Satz 2 SGB V verpflichtet, den Kläger weiter als Beauftragten für den Datenschutz zu beschäftigen.
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aa) Nach § 144 Abs. 4 Satz 2 SGB V tritt zwar die neue Krankenkasse in die Rechte und Pflichten der bisherigen Krankenkassen ein. Darin liegt eine gesetzlich angeordnete Gesamtrechtsnachfolge; die neue Krankenkasse hat alle Pflichten der geschlossenen Krankenkassen gegenüber Dritten zu erfüllen (Krauskopf/Baier § 144 SGB V Rn. 29; Koch in Schlegel/Voelzke § 144 Rn. 25). Sie tritt damit auch in die Rechte und Pflichten aus den Arbeitsverhältnissen ein.
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bb) Die neue Krankenkasse übernimmt aber nicht alle Funktionsämter der geschlossenen Krankenkassen. Wird eine Krankenkasse geschlossen, endet die gesetzliche Pflicht, einen Beauftragten für den Datenschutz für diese öffentliche Stelle zu bestellen. An ihre Stelle tritt die neue öffentliche Stelle, die ihrerseits nach § 4f Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 BDSG verpflichtet ist, einen eigenen nach ihrem Umfang und Schutzbedarf fachkundigen und zuverlässigen Beauftragten für den Datenschutz zu bestellen. Ein Übergang dieses Funktionsamtes findet nicht statt, da das Amt unmittelbar beim Rechtsträger besteht.
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cc) Es widerspräche dem Sinn und Zweck des BDSG, wenn bei einer Fusion mehrerer öffentlicher Stellen die aus der Fusion hervorgegangene (neue) öffentliche Stelle nach § 144 Abs. 4 Satz 2 SGB V alle - nach § 4f Abs. 3 Satz 2 BDSG weisungsfreien - Beauftragten für den Datenschutz als solche weiterbeschäftigen müsste und erst nachfolgend geklärt werden könnte, wem gegenüber ein wichtiger Grund nach § 4f Abs. 3 Satz 4 BDSG für den Widerruf der Bestellung vorliegt. Bei einem gesetzlichen Übergang wäre die Funktionsfähigkeit des Datenschutzes nicht gewährleistet und der neue Rechtsträger könnte seinen gesetzlichen Pflichten nicht in vollem Umfang gerecht werden. Das BDSG regelt deshalb, dass für jede öffentliche Stelle unmittelbar mit Aufnahme ihrer Tätigkeit ein Beauftragter für den Datenschutz zu bestellen ist. Es bedarf deshalb keines Widerrufs nach § 4f Abs. 3 Satz 4 BDSG und damit keiner Prüfung, ob die Fusion den Widerruf gegenüberallen beteiligten Beauftragen für den Datenschutz rechtfertigen würde.
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II. Gegenüber der Beklagten zu 2. besteht schon aus den vorstehenden Gründen ebenfalls kein Anspruch auf Beschäftigung als Beauftragter für den Datenschutz.
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III. Die Revision ist begründet, soweit der Kläger mit dem Hilfsantrag die Feststellung begehrt, dass seine Arbeitspflicht nicht die Mitarbeit in dem Projekt „oscare“ umfasst.
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1. Die Rechte und Pflichten des Klägers aus seinem Anstellungsverhältnis als Dienstordnungsangestellter ergeben sich aus der Dienstordnung der AOK Sachsen, die nach § 144 Abs. 4 Satz 2 SGB V auch zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1. zur Anwendung kommt. Nach § 10 Abs. 1 der Dienstordnung kann dem Angestellten bei Vorliegen eines dienstlichen Bedürfnisses auf unbestimmte Zeit an einem anderen Dienstort ein anderes Dienstgeschäft übertragen werden; nach § 10 Abs. 4 der Dienstordnung gelten im Übrigen die jeweiligen Vorschriften für die Beamten des Freistaates Sachsen. Nach beamtenrechtlichen Grundsätzen kann der Dienstherr aus jedem sachlichen Grund den Aufgabenbereich eines Beamten verändern, solange diesem ein amtsangemessener Aufgabenbereich verbleibt (BVerwG 26. November 2004 - 2 B 72.04 - zu 1 a der Gründe, Buchholz 235 § 9 BDO Nr. 41). Der Beamte muss Änderungen seines dienstlichen Aufgabenbereichs durch Umsetzung oder andere organisatorische Maßnahmen hinnehmen, jedoch nur nach Maßgabe seines Amtes im statusrechtlichen Sinn. Ihm darf deshalb ohne sein Einverständnis - von eng begrenzten Ausnahmen wie Not- oder Katastrophenfällen abgesehen - grundsätzlich keine Tätigkeit zugewiesen werden, die gemessen an seinem statusrechtlichen Amt, seiner Laufbahn und seinem Ausbildungsstand, dh. dem abstrakten Aufgabenbereich seines statusrechtlichen Amtes, „unterwertig“ ist (BVerwG 27. Februar 1992 - 2 C 45.89 - ZBR 1992, 242; vgl. 28. November 1991 - 2 C 41.89 - BVerwGE 89, 199).
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2. Der Kläger wird nach der Besoldungsgruppe A 16 vergütet. Ihm können deshalb alle mit einem Amt dieser Besoldungsgruppe im statusrechtlichen Sinn (leitender Verwaltungsdirektor) verbundenen Tätigkeiten zugewiesen werden. Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts kann nicht entschieden werden, ob die zugewiesene Tätigkeit eines „Projektleiters Leistungen im Projekt oscare“ amtsangemessen ist. Das Landesarbeitsgericht hat dies ohne Begründung bejaht. Das hält der revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand, weil der Begriff der Amtsangemessenheit nicht geklärt worden ist und keine Subsumtion stattgefunden hat. Zudem rügt die Revision zutreffend nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO, das Landesarbeitsgericht habe den Sachvortrag des Klägers zur fehlenden Amtsangemessenheit der übertragenen Tätigkeiten übergangen. Danach ist der Kläger einem Projektleiter unterstellt, der eine Vergütung aus einer zwei Stufen niedrigeren Vergütungsgruppe erhält. Dies kann dafür sprechen, dass die zugewiesene Tätigkeit nicht amtsangemessen ist. Der Senat kann nicht selbst abschließend entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Das Landesarbeitsgericht wird im erneuten Berufungsverfahren weitere Feststellungen zur konkret übertragenen Tätigkeit zu treffen haben, um eine abschließende Beurteilung vornehmen zu können.
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Mikosch
Eylert
Mestwerdt
Beck
Zielke
(1) Betriebskrankenkassen sind Krankenkassen, die durch den Arbeitgeber für einen oder mehrere Betriebe errichtet wurden.
(2) Eine Betriebskrankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass sie durch alle Versicherungspflichtigen und Versicherungsberechtigten gewählt werden kann. Die Satzungsregelung darf das Wahlrecht nicht auf bestimmte Personen beschränken oder von Bedingungen abhängig machen und kann nicht widerrufen werden. Satz 1 gilt nicht für Betriebskrankenkassen, die für Betriebe privater Kranken- oder Lebensversicherungen errichtet oder aus einer Vereinigung mit solchen Betriebskrankenkassen hervorgegangen sind, wenn die Satzung dieser Krankenkassen am 26. September 2003 keine Regelung nach Satz 1 enthalten hat.
(3) Falls die Satzung eine Regelung nach Absatz 2 Satz 1 enthält, gilt diese für die Gebiete der Länder, in denen Betriebe bestehen und die Zuständigkeit für diese Betriebe sich aus der Satzung der Betriebskrankenkasse ergibt; soweit eine Satzungsregelung am 31. März 2007 für ein darüber hinausgehendes Gebiet gegolten hat, bleibt dies unberührt.
Die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau als Träger der Krankenversicherung der Landwirte führt die Krankenversicherung nach dem Zweiten Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte durch; sie führt in Angelegenheiten der Krankenversicherung die Bezeichnung landwirtschaftliche Krankenkasse.
(1) Betriebskrankenkassen sind Krankenkassen, die durch den Arbeitgeber für einen oder mehrere Betriebe errichtet wurden.
(2) Eine Betriebskrankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass sie durch alle Versicherungspflichtigen und Versicherungsberechtigten gewählt werden kann. Die Satzungsregelung darf das Wahlrecht nicht auf bestimmte Personen beschränken oder von Bedingungen abhängig machen und kann nicht widerrufen werden. Satz 1 gilt nicht für Betriebskrankenkassen, die für Betriebe privater Kranken- oder Lebensversicherungen errichtet oder aus einer Vereinigung mit solchen Betriebskrankenkassen hervorgegangen sind, wenn die Satzung dieser Krankenkassen am 26. September 2003 keine Regelung nach Satz 1 enthalten hat.
(3) Falls die Satzung eine Regelung nach Absatz 2 Satz 1 enthält, gilt diese für die Gebiete der Länder, in denen Betriebe bestehen und die Zuständigkeit für diese Betriebe sich aus der Satzung der Betriebskrankenkasse ergibt; soweit eine Satzungsregelung am 31. März 2007 für ein darüber hinausgehendes Gebiet gegolten hat, bleibt dies unberührt.
(1) Ist durch Gesetz schriftliche Form vorgeschrieben, so muss die Urkunde von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden.
(2) Bei einem Vertrag muss die Unterzeichnung der Parteien auf derselben Urkunde erfolgen. Werden über den Vertrag mehrere gleichlautende Urkunden aufgenommen, so genügt es, wenn jede Partei die für die andere Partei bestimmte Urkunde unterzeichnet.
(3) Die schriftliche Form kann durch die elektronische Form ersetzt werden, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.
(4) Die schriftliche Form wird durch die notarielle Beurkundung ersetzt.
(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.
(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie
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einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist, - 2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder - 3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
(1) In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung zu unterrichten, ihm die erforderlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen und Auskunft über die Person der Beteiligten zu geben; er hat dem Betriebsrat unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen Auskunft über die Auswirkungen der geplanten Maßnahme zu geben und die Zustimmung des Betriebsrats zu der geplanten Maßnahme einzuholen. Bei Einstellungen und Versetzungen hat der Arbeitgeber insbesondere den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz und die vorgesehene Eingruppierung mitzuteilen. Die Mitglieder des Betriebsrats sind verpflichtet, über die ihnen im Rahmen der personellen Maßnahmen nach den Sätzen 1 und 2 bekanntgewordenen persönlichen Verhältnisse und Angelegenheiten der Arbeitnehmer, die ihrer Bedeutung oder ihrem Inhalt nach einer vertraulichen Behandlung bedürfen, Stillschweigen zu bewahren; § 79 Abs. 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.
(2) Der Betriebsrat kann die Zustimmung verweigern, wenn
- 1.
die personelle Maßnahme gegen ein Gesetz, eine Verordnung, eine Unfallverhütungsvorschrift oder gegen eine Bestimmung in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung oder gegen eine gerichtliche Entscheidung oder eine behördliche Anordnung verstoßen würde, - 2.
die personelle Maßnahme gegen eine Richtlinie nach § 95 verstoßen würde, - 3.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass infolge der personellen Maßnahme im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer gekündigt werden oder sonstige Nachteile erleiden, ohne dass dies aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist; als Nachteil gilt bei unbefristeter Einstellung auch die Nichtberücksichtigung eines gleich geeigneten befristet Beschäftigten, - 4.
der betroffene Arbeitnehmer durch die personelle Maßnahme benachteiligt wird, ohne dass dies aus betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen gerechtfertigt ist, - 5.
eine nach § 93 erforderliche Ausschreibung im Betrieb unterblieben ist oder - 6.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass der für die personelle Maßnahme in Aussicht genommene Bewerber oder Arbeitnehmer den Betriebsfrieden durch gesetzwidriges Verhalten oder durch grobe Verletzung der in § 75 Abs. 1 enthaltenen Grundsätze, insbesondere durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigung, stören werde.
(3) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so hat er dies unter Angabe von Gründen innerhalb einer Woche nach Unterrichtung durch den Arbeitgeber diesem schriftlich mitzuteilen. Teilt der Betriebsrat dem Arbeitgeber die Verweigerung seiner Zustimmung nicht innerhalb der Frist schriftlich mit, so gilt die Zustimmung als erteilt.
(4) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so kann der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht beantragen, die Zustimmung zu ersetzen.
(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn
- 1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder - 2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.
(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,
- a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist, - b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt, - c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder - d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.
(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft - a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen, - b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder - c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
- 3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.
(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.
(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.
(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.
(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.
(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.
(1) Betriebskrankenkassen sind Krankenkassen, die durch den Arbeitgeber für einen oder mehrere Betriebe errichtet wurden.
(2) Eine Betriebskrankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass sie durch alle Versicherungspflichtigen und Versicherungsberechtigten gewählt werden kann. Die Satzungsregelung darf das Wahlrecht nicht auf bestimmte Personen beschränken oder von Bedingungen abhängig machen und kann nicht widerrufen werden. Satz 1 gilt nicht für Betriebskrankenkassen, die für Betriebe privater Kranken- oder Lebensversicherungen errichtet oder aus einer Vereinigung mit solchen Betriebskrankenkassen hervorgegangen sind, wenn die Satzung dieser Krankenkassen am 26. September 2003 keine Regelung nach Satz 1 enthalten hat.
(3) Falls die Satzung eine Regelung nach Absatz 2 Satz 1 enthält, gilt diese für die Gebiete der Länder, in denen Betriebe bestehen und die Zuständigkeit für diese Betriebe sich aus der Satzung der Betriebskrankenkasse ergibt; soweit eine Satzungsregelung am 31. März 2007 für ein darüber hinausgehendes Gebiet gegolten hat, bleibt dies unberührt.
(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.
(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn
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eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.
(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.
(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.
(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.
(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.