Landesarbeitsgericht Hamburg Urteil, 31. Aug. 2016 - 5 Sa 6/16

bei uns veröffentlicht am31.08.2016

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 08. Dezember 2015 – 11 Ca 26/15 – abgeändert:

Es wird festgestellt, dass auf das Arbeitsverhältnis der Parteien der kirchliche Arbeitnehmerinnentarifvertrag, abgeschlossen zwischen dem Verband kirchlicher und diakonischer Anstellungsträger Nordelbien sowie der Gewerkschaft Kirche und Diakonie und der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft Landesbezirke Hamburg und Nord andererseits vom 01.01.2006 Anwendung findet.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Frage, ob auf ihr Arbeitsverhältnis der kirchliche Arbeitnehmerinnentarifvertrag, abgeschlossen zwischen dem Verband kirchlicher und diakonischer Anstellungsträger Nordelbien sowie der Gewerkschaft Kirche und Diakonie und der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft Landesbezirke Hamburg und Nord vom 01.12.2006 (KAT) oder aber der kirchliche Tarifvertrag Diakonie vom 15.08.2002 (KTD) Anwendung findet.

2

Die am ...1956 geborene Klägerin war zunächst bei der S. – Alten- und Pflegeheim auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 05.02.1997 (Anlage K 1 zur Klagschrift vom 30.01.2015 – Bl. 5 d. A.) seit dem 01.04.1997 als Krankenpflegehelferin beschäftigt. In § 2 dieses Arbeitsvertrages war vereinbart, dass sich das Arbeitsverhältnis nach dem BAT vom 23. Februar 1961 und den diesen ergänzenden oder ändernden Tarifverträgen richtet.

3

Unter dem 13.12.2000 (Anlage zur Klagschrift vom 30.01.2015 – Bl. 6 d. A.) vereinbarten die Parteien, dass sich das Arbeitsverhältnis mit Wirkung vom 01.01.2001 einzelvertraglich nach dem kirchlichen Angestelltentarifvertrag für die nordelbische Ev.-Luth. Kirche (KAT-NEK) vom 15.01.1982 und den sich diesem Tarifvertrag anschließenden Tarifverträgen richtet. Unter dem 22.11.2002 (Anlage K 2 zur Klagschrift vom 30.01.2015 – Bl. 7/8 d. A.) schlossen die Parteien einen Arbeitsvertrag, nach dem die Klägerin gemäß § 1 mit Wirkung vom 22.11.2002 unbefristet für den Dienst als Altenpflegerin im Angestelltenverhältnis eingestellt wurde unter Wegfall der Probezeit. In § 2 wurde festgehalten, dass sich das Arbeitsverhältnis einzelvertraglich nach dem KAT-NEK richte und den sich diesem Tarifvertrag anschließenden Tarifverträgen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die genannte Anlage verwiesen.

4

Unter dem 10. Januar 2007 wurde der Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten in den Kirchlichen Arbeitnehmerinnentarifvertrag (TVÜ-KAT) zwischen dem Verband kirchlicher und diakonischer Anstellungsträger Nordelbien (VKDA-NEK) sowie der Gewerkschaft Kirche und Diakonie – VKM-NE und der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft Landesbezirke Hamburg und Nord abgeschlossen. Nach § 1 dieses Tarifvertrages sollte dieser für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Sinne des § 1 KAT gelten und nach § 2 ersetzte der KAT den KAT-NEK vom 15. Januar 1982.

5

In der Folgezeit wurde das Arbeitsverhältnis nach den Bestimmungen des KAT geführt.

6

Mit Wirkung zum 01.01.2015 trat die Beklagte den für den kirchlich-diakonischen Bereich zuständigen Arbeitgeberverband, dem VKDA, bei mit dem Zweck, die Arbeitsbedingungen für sämtliche Mitarbeitende der Beklagten zu vereinheitlichen und diese Arbeitsbedingungen über die Geltung des KTD dem für die Einrichtung der Diakonie geschaffenen und auf deren Tätigkeitsfelder zugeschnittenen tarifvertraglichen Regelungswerk zu unterwerfen.

7

Der VKDA schloss mit den im kirchlich-diakonischen Bereich zuständigen Gewerkschaften, nämlich der Kirchengewerkschaft – Landesverband Nord – und der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft – Landesbezirke Hamburg und Nord den „Tarifvertrag zur Einführung des kirchlichen Tarifvertrages Diakonie (KTD) in der Diakoniestiftung A.“. Dieser Tarifvertrag enthält u.a. folgende Regelungen:

8

§ 1
Geltungsbereich

9

Dieser Tarifvertrag gilt für alle Arbeitnehmerinnen im Sinne des § 1 und 2 KTD, die in einem Arbeitsverhältnis mit der Diakoniestiftung A. stehen.

10

§ 2
Ersetzung

11

Der kirchliche Tarifvertrag Diakonie (KTD) ersetzt den kirchlichen Arbeitnehmerinnen-Tarifvertrag (KAT).

12

§ 6
In-Kraft-Treten

13

Dieser Tarifvertrag tritt am 1. Januar 2015 in Kraft.

14

Die Klägerin war von Anbeginn ihrer Tätigkeit an Mitglied einer der Gewerkschaften, die Vertragspartnerin der zuvor genannten Tarifverträge war.

15

Mit Schreiben vom 21.12.2014 (Anlage K 3 zur Klagschrift vom 30.01.2015 – Bl. 9/10 d. A.) informierte die Beklagte die Klägerin, dass aufgrund ihrer Verbandszugehörigkeit und der sich daraus ergebenden Tarifgebundenheit der KTD mit den ihn ergänzenden und ändernden Tarifverträgen unmittelbar zur Geltung komme.

16

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, dass dem TVÜ-KAT folgend der KAT auf ihr Arbeitsverhältnis Anwendung finde. Der KAT sei der Tarifvertrag, der sich entsprechend der arbeitsvertraglichen Regelung an den KAT-NEK „anschließe“ und somit Geltung habe. Der KTD finde auf das Arbeitsverhältnis nicht kraft einzelvertraglicher Bezugnahme Anwendung, da es sich nicht um einen Tarifvertrag handele, der sich den im ursprünglichen Anstellungsvertrag zugrundeliegenden Tarifvertrag anschließe, dies ergebe bereits eine Auslegung des Wortlautes der Bezugnahmeklausel nach § 2 des Arbeitsvertrages. Der KTD könne sich bereits deswegen dem KAT nicht anschließen, da er vor dem KAT abgeschlossen worden sei. Das Merkmal „anschließen“ setze eine zeitliche Zäsur dergestalt voraus, dass derjenige Tarifvertrag, an den sich der neue Tarifvertrag anschließen solle, seine normative Gültigkeit verliere und an seine Stelle ein neuer Tarifvertrag trete und zwar für alle tarifunterworfenen Arbeitsverhältnisse.

17

Der KTD finde auch nicht normativ auf das Arbeitsverhältnis Anwendung bzw. seine grundsätzliche normative Wirkung trete hinter der arbeitsvertraglichen Bezugnahme gemäß § 4 Abs. 3 Tarifvertragsgesetz (TVG) zurück, denn der erforderliche Vergleich des KAT mit dem KTD ergebe, dass der KAT günstiger sei.

18

Die Klägerin hat beantragt,

19

es wird festgestellt, dass auf das Arbeitsverhältnis der Parteien der kirchliche Arbeitnehmerinnentarifvertrag, abgeschlossen zwischen dem Verband kirchlicher und diakonischer Anstellungsträger Nordelbien sowie der Gewerkschaft Kirche und Diakonie und der vereinten Dienstleistungsgewerkschaft Landesbezirke Hamburg und Nord andererseits vom 01.01.2006 Anwendung findet.

20

Die Beklagte hat beantragt,

21

die Klage abzuweisen.

22

Sie hat ausgeführt, dass es sich bei dem Tarifvertrag zur Einführung des KTD in der Diakoniestiftung A. um einen sich an den KAT anschließenden Tarifvertrag handele, der somit bereits aufgrund der in § 2 des Arbeitsvertrages der Klägerin zu findenden entsprechenden Bezugnahme ohne Weiteres für ihr Arbeitsverhältnis Geltung erlangt habe. Die für den Abschluss des KTD verantwortlichen Tarifvertragsparteien seien vollständig identisch mit denen, die den KAT ebenso wie den TVÜ-KAT miteinander verhandelt und abgeschlossen hätten. Diese Identität der Tarifvertragsparteien sei wesentlich für den über den „Tarifvertrag zur Einführung des kirchlichen Tarifvertrages Diakonie (KTD) in der Diakoniestiftung A.“ vermittelten Tarifwechsel auch und gerade für jene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die aufgrund einzelvertraglicher Bezugnahme in ihren jeweiligen Arbeitsverträgen an den KAT und den sich diesem Tarifvertrag anschließenden Tarifverträgen gebunden seien.

23

Für das Arbeitsverhältnis der Klägerin ergebe sich im Übrigen die Anwendung des KTD bereits daraus, dass sowohl die Klägerin als auch sie - die Beklagte - Mitglied der diesen Tarifvertrag und den Überleitungstarifvertrag abschließenden Parteien seien. Die Tarifvertragsparteien, deren Verhandlungsmacht und Verhandlungsergebnissen sich die Klägerin arbeitsvertraglich über die Bezugnahmeklausel unterworfen habe, hätten in bewusster und gewollter Abweichung von dem bisher geltenden KAT die Anwendung des KTD herbeiführen wollen.

24

Der KAT sei im Übrigen in seiner Gesamtheit nicht als günstiger anzusehen als der KTD. Zunächst sei schon eine Vergleichbarkeit des KAT mit dem KTD nur sehr eingeschränkt gegeben. Der KTD sei nach dem Willen der Tarifvertragsparteien ein spezifisch auf die Tätigkeiten und Berufsbilder sowie auf die Belange der Diakonie abgestellter Tarifvertrag, d. h. unter Berücksichtigung der in der Regel privatrechtlich organisierten Einrichtung und Träger mit diakonischen Aufgaben zugeschnitten, während der KAT Berufsbilder und Tätigkeiten sowie betriebliche Belange vor allem der verfassten „Kirche“, also der als Körperschaften öffentlichen Rechts organisierten Kirchengemeinden, Kirchengemeindeverbände, Kirchenkreise und ähnliche Organisationsformen im Bereich der evangelisch-lutherischen Kirche in Norddeutschland als zuständige Landeskirche berücksichtige und abbilde. Dieser Unterschied habe insbesondere Bedeutung für die Zuordnung einer Tätigkeit zu einer Entgeltgruppe und damit für die Entgeltgrundlagen gemäß § 14 KAT/KTD. Die Entgeltordnung zu § 14 KTD weise entsprechend der Vielfalt diakonischer Aufgaben eine deutlich stärkere ausdifferenzierte Zuordnung einzelner Tätigkeiten zu den vorgesehenen Entgeltgruppen auf als die Entgeltordnung zu § 14 KAT. Ein weiteres Merkmal, das einer Vergleichbarkeit entgegenstehe, sei der völlig unterschiedliche Ansatz zur Festlegung der regelmäßigen bzw. tariflichen Arbeitszeit.

25

Durch das der Klägerin am 28.12.2015 zugestellte Urteil vom 08.12.2015, auf das zur näheren Sachdarstellung Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Der KTD gelte normativ. Auch die Bezugnahmeklausel führe zu keinem anderen Tarifwerk, denn der KTD sei der von den Tarifvertragsparteien des KAT-NEK für das Arbeitsverhältnis vorgesehene spezielle Tarifvertrag.

26

Hiergegen richtet sich die am 22.01.2016 eingelegte und mit am 29.03.2016 beim Landesarbeitsgericht Hamburg eingegangenen Schriftsatz begründete Berufung der Klägerin, nachdem die Berufungsbegründungsfrist am 19.02.2016 bis zum 29.03.2016 verlängert worden war.

27

Die Klägerin wiederholt und ergänzt ihr erstinstanzliches Vorbringen. Unter anschließenden Tarifverträgen im Sinne der arbeitsvertraglichen Regelung (§ 2) seien nur solche Regelwerke zu fassen, die einzelne oder eine Vielzahl von Regelungen des KAT bzw. den KAT selbst abänderten. Eine andere Auslegung der arbeitsvertraglichen Regelung würde aus der „kleinen dynamischen Verweisungsklausel“ eine „große dynamische Verweisungsklausel“ machen. Im Ergebnis bleibe es daher beim KAT als einzelvertraglich in Bezug genommenen Tarifvertrag. Dieser verdränge als günstigere Abmachung den aufgrund beiderseitiger Tarifbindung geltenden KTD.

28

Die Klägerin beantragt,

29

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Hamburg vom 08.12.2015 - 11 Ca 26/15 - festzustellen, dass auf das Arbeitsverhältnis der Parteien der kirchliche Arbeitnehmerinnentarifvertrag, abgeschlossen zwischen dem Verband kirchlicher und diakonischer Anstellungsträger Nordelbien sowie der Gewerkschaft Kirche und Diakonie und der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft Landesbezirke Hamburg und Nord andererseits vom 01.12.2006 Anwendung findet.

30

Die Beklagte beantragt,

31

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

32

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Selbst wenn man annehmen wollte, dass der normativ geltende KTD und der einzelvertraglich in Bezug genommene KAT kollidierten, könne ein Günstigkeitsvergleich nach § 4 Abs. 3 TVG nicht zweifelsfrei vorgenommen werden. Dies habe im Ergebnis gleichwohl zur Folge, dass ab 01.01.2015 der KTD Anwendung fände.

33

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien, ihrer Beweisantritte und der von ihnen überreichten Unterlagen sowie ihrer Rechtsausführungen wird ergänzend auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

34

Die Berufung der Klägerin ist gemäß § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthaft und im Übrigen form- und fristgemäß eingelegt und begründet worden und damit zulässig (§§ 64 Abs. 6, 66 ArbGG, 519, 520 ZPO).

II.

35

Die Berufung ist begründet.

36

1. Nach ständiger Rechtsprechung des BAG (26.08.2015 – 4 AZR 719/13 – m.w.N. juris) kann ein Arbeitnehmer ein berechtigtes Interesse an der Feststellung haben, dass ein bestimmter Tarifvertrag auf sein Arbeitsverhältnis anzuwenden ist (sog. Elementenfeststellungsklage). Eine entsprechende Feststellung ist geeignet, eine Vielzahl von Einzelfragen zu klären, die sich an dessen Anwendbarkeit knüpfen. Der Feststellungsantrag ist hier allein darauf gerichtet, festzustellen, dass die Regelungen des KAT insoweit Anwendung finden, als sie Gegenstand der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen kraft Bezugnahme sind. Dass daneben die nach § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG unmittelbar und zwingend geltenden Tarifbestimmungen nach Maßgabe des Günstigkeitsprinzips (§ 4 Abs. 3 TVG) für das Arbeitsverhältnis gelten, ist für die Zulässigkeit des Antrags ohne Bedeutung (BAG 10.12.2014 – 4 AZR 991/12 –, juris). Das Rechtsschutzinteresse iSd. § 256 ZPO ist gegeben, die Feststellungsklage ist zulässig.Demsteht nicht entgegen, dass mit einem Feststellungsurteil nicht abschließend geklärt wird, welcher Tarifvertrag im Rahmen des im Einzelfall nach der Rechtsprechung des BAG vorzunehmenden Sachgruppenvergleichs günstiger wäre und es deshalb nachfolgend zu weiteren Rechtsstreitigkeiten darüber kommen kann, ob sich einzelne Rechte und Pflichten aus den fraglichen Tarifverträgen als günstigere einzelvertragliche Regelung im Arbeitsverhältnis der Parteien durchsetzen oder ob sie durch die Regelung des normativ anwendbaren Tarifvertrages verdrängt werden (BAG 26.08.2015 aaO.).

37

2. Die Klage ist auch begründet. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der KAT in seiner jeweils gültigen Fassung Anwendung. Das ergibt die Auslegung der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel, die hingegen den – daneben normativ geltenden - KTD gerade nicht erfasst.

38

a. Nach § 2 des im Jahre 2002 geänderten Arbeitsvertrags bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem Kirchlichen Angestelltentarifvertrag für die Nordelbische Ev.-Luth. Kirche (KAT/NEK) vom 15.01.1982 und „den sich diesem Tarifvertrag anschließenden Tarifverträgen“. Diese Abrede enthält eine zeitdynamische Bezugnahme. Klauseln, die nach dem 01.01.2002 vereinbart wurden, sind nach der Rechtsprechung des BAG mit Blick auf die Unklarheitenregelung des § 305c Abs. 2 BGB im Zweifel im Sinne einer dauerhaften dynamischen Bindung an den in der Vereinbarung genannten Tarifvertrag auszulegen (BAG 14.12.2005 – 4 AZR 536/04 – juris) und mehr nicht.

39

Bei dieser arbeitsvertraglichen dynamischen Bezugnahme eines bestimmten Tarifvertrages oder eines Tarifwerkes und den sich anschließenden Tarifverträgen ist der Wortlaut eindeutig. „Sich anschließen“ bedeutet nach Brockhaus „unmittelbar auf etwas folgen, aufeinanderfolgen“ (LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom. 21.03.2012 – 3 Sa 230/11 -, Rn. 48, juris). Mit „sich ... anschließenden Tarifverträge“ können allenfalls Tarifverträge gemeint sein, die sich dem KAT anschließen, wie insbesondere Tarifverträge, die einzelne oder eine Vielzahl von Regelungen des KAT bzw. den KAT selbst abändern.

40

Deshalb – von den Parteien praktiziert und nicht in Frage gestellt – war der KAT der sich dem KAT-NEK anschließende Tarifvertrag.

41

Bereits aus dieser zeitlichen Dynamik ergibt sich, dass der KTD entgegen der Auffassung der Beklagten keiner sich dem KAT anschließender Tarifvertrag i.S.d. Bezugnahmeklausel sein kann, da der KTD vor dem KAT abgeschlossen wurde. Zwar kann auch eine kleine dynamische Verweisung über ihren Wortlaut hinaus in Ausnahmefällen als große dynamische Verweisung (Tarifwechselklausel) ausgelegt werden, dies muss sich aber aus den besonderen Umständen ergeben (BAG 06.07.2011 – 4 AZR 706/09 – Rn. 45, juris). Solche sind dem Wortlaut der Bezugnahmeklausel oder sonstigen Umständen im Entscheidungsfall nicht zu entnehmen.Dies gilt auch dann, wenn die Bezugnahmeklausel die Gleichstellung nicht tarifgebundener Arbeitnehmer mit den tarifgebundenen bezweckt. Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte beschränkt sich die Gleichstellung auf das benannte Tarifwerk (BAG 29.08.2007 – 4 AZR 767/06 – juris), hier also auf den KAT.

42

Zurzeit des Vertragsschlusses war die Beklagte nicht tarifgebunden. Die Bezugnahmeklausel hatte konstitutive Wirkung, erst durch die Inbezugnahme galten der KAT-NEK und sein Nachfolger, der KAT, auf individualrechtlicher Ebene. Dass die Tarifvertragsparteien des in Bezug genommenen Tarifvertrages zu einem späteren Zeitpunkt einen anderen Tarifvertrag, den KTD, durch einen Überleitungstarifvertrag auf die Beklagte erstreckten, ist kein Umstand, der aus der kleinen dynamischen Klausel eine Tarifwechselklausel machen könnte, denn ein „abgestimmtes Verhalten“ von Tarifvertragsparteien hat keinen Einfluss auf die Auslegung einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel. Ihr eventueller Gestaltungswille als nicht am Arbeitsvertrag Beteiligte ist für die Auslegung einer einzelvertraglichen Bezugnahmeklausel ohne Bedeutung (BAG 06.07.2011 – 4 AZR 706/09 – juris).

43

b. Dies Ergebnis wird nicht durch die nach der zwischenzeitlich eingetretenen beiderseitigen Tarifbindung der Parteien entstandene normative Wirkung des KTD gemäß § 4 Abs.1 TVG geändert. Wenn ein vertraglich in Bezug genommenes Tarifwerk auf einen nicht identischen normativ geltenden Tarifvertrag trifft, die Bezugnahme also konstitutiv dasjenige widerspiegelt, was der normativ geltenden Rechtslage entspricht, wird die Kollision nicht nach den allgemeinen Grundsätzen der Tarifkonkurrenz (Spezialitätsgrundsatz) aufgelöst. Vielmehr greift das Günstigkeitsprinzip des § 4 Abs. 3 TVG, es ist also der für den Arbeitnehmer günstigere Tarifvertrag anzuwenden. Das ist konsequent, denn durch die Bezugnahme im Vertrag konkurriert ein vertraglicher Anspruch mit dem normativ geltenden Tarifvertrag, es „konkurriert" ein Arbeitsvertrag mit einem Tarifvertrag (BAG 29.08.2007 – 4 AZR 767/06 – juris).

44

aa. Das BAG wendet in diesen Fällen das Sachgruppenprinzip an (BAG 24.09.2008 – 6 AZR 76/07 –; 12.12.2014 – 4 AZR 328/11 - juris).Bei einem Günstigkeitsvergleich nach § 4 Abs. 3 TVG sind danach alle Regelungen miteinander zu vergleichen, die in einem sachlichen Zusammenhang stehen (st. Rspr., vgl. nur BAG 14.12.2011 - 4 AZR 180/10 -; 12.10.2010 - 9 AZR 522/09). Es sind nur die Regelungen des Tarifvertrages mit den abweichenden vertraglichen Abmachungen zu vergleichen, die jeweils in einem inneren, sachlichen Zusammenhang stehen. Bei einem Vergleich z.B. verschieden langer Arbeitszeiten ist zumindest das dem gegenüberstehende Entgelt einzubeziehen. Es bedarf immer einer umfassenden Betrachtung der Einzelfallumstände der einzubeziehenden Gestaltungsfaktoren der Sachgruppen. Deshalb wird – wie bei der Frage der Zulässigkeit ausgeführt – nicht für alle Konstellationen mit vorliegender Entscheidung jedweder Konflikt gelöst. In den Worten des BAG: Schließlich ist die Frage, ob der eine Tarifvertrag günstiger ist als der andere, nicht Voraussetzung für die Begründetheit der Feststellungsklage. Die Klage ist bereits deshalb begründet, weil der im Antrag genannte Tarifvertrag (KAT) - aufgrund der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel - im Grundsatz auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbar ist. Ob und inwieweit er günstiger ist als der für das Arbeitsverhältnis der Parteien daneben normativ geltende Tarifvertrag (KTD), ist nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits. Diese Frage ist ggf. zu klären, sobald die Klägerin konkrete Ansprüche aus dem KAT geltend macht (BAG 26.08.2015 – 4 AZR 719/13 – juris).

45

bb. Sind - wie hier - Vergleichsgegenstand zwei Regelungswerke (KAT und KTD), die miteinander kollidieren, soll nach einer Auffassung in der Literatur Vergleichsmaßstab statt eines Sachgruppenvergleiches ein Gesamtvergleich sein (Nachweise bei Henssler, Der Tarifvertrag, 2. Aufl. 2016 Nr. Teil 10 Nr. 50a). Eine Auslegung der Bezugnahmeklausel ergebe in dieser Sonderkonstellation, dass das in Bezug genommene Tarifwerk insgesamt angewandt werden soll (ErfK-Franzen, 16. Auflage 2016, § 4 TVG Rn. 37). Statt einem Kompositum aus zwei verschiedenen Tarifwerken, soll entweder das in Bezug genommene oder aber das normativ geltende Tarifwerk angewendet werden (Löwisch/Rieble, Tarifvertragsgesetz, 3. Auflage 2012, § 4 Rn. 543). Für diese Auffassung spricht, dass mit einer Feststellungsklage Klarheit erreicht wird und die bei einem Sachgruppenvergleich mögliche Rosinenpickerei vermieden wird.

46

Doch auch dies führt zu keinem anderen Ergebnis, da der KAT bei einem Gesamtvergleich insgesamt zweifelsfrei günstiger ist als der KTD:

47

(1) Während § 6 Abs. 8 KAT die für den Arbeitnehmer günstigere Möglichkeit eröffnet, ein langfristiges Zeitsparmodell in Analogie zu § 7 zu vereinbaren, sieht der KTD in seinem § 6 Abs. 7 nur die Festlegung eines anderen 12-Monatigen Ausgleichszeitraums vor.

48

(2) Darüber hinaus sieht § 9 Abs. 2 S. 1 KAT vor, dass der zusätzliche Arbeitsumfang bei Teilzeitbeschäftigten in dringenden Fällen täglich höchstens zwei Stunden betragen darf, während § 9 Abs. 2 S. 1 KTD von drei Stunden täglich ausgeht. Auch diese Regelung ist günstiger.

49

(3) Ferner wird bei Arbeitnehmern, die Aufsichts- und Betreuungsfunktionen wahrnehmen, die Arbeitszeit bis zu 7,8 Stunden täglich voll gewertet (§ 10 Abs. 6 S. 1 KAT), während der KTD in seinem §10 Abs. 4 S. 1 KTD nur bis zu 7,74 Stunden berücksichtigt. Weiterhin enthält § 10 Abs. 7 KAT eine im KTD fehlende Regelung, die die dienstliche Inanspruchnahme am auswärtigen Geschäftsort als Arbeitszeit berücksichtigt.

50

(4) Hinsichtlich der Rufbereitschaft sieht § 11 Abs. 2 S. 1 KAT einen günstigeren Faktor von 0,125 für die Wertung als Arbeitszeit vor, während der KTD im § 11 Abs. 2 S. 1 den Faktor 0,1 ansetzt. Außerdem enthält § 11 Abs. 2 S. 5 KAT eine Bestimmung, dass bei Teilzeitbeschäftigten maximal 8 Dienste im Monat angeordnet werden dürfen. Diese Regelung fehlt im KTD, sodass es bei diesem nach § 11 Abs. 2 S. 4 KTD bei wie bei Vollzeitbeschäftigten maximal 15 Diensten im Monat bleiben würde.

51

(5) Auch hinsichtlich der Zeitzuschläge handelt es sich bei § 12 Abs. 1 S. 2 Buchst. c) KAT um die günstigere Abmachung i.S.d. § 4 Abs. 3 TVG, setzt er für gesetzliche Feiertrage 100 % an, während der KTD in § 12 Abs. 1 S. 2 Buchst. b) 75 % vorsieht.

52

(6) § 13 Abs. 1 KAT sieht anders als § 13 Abs. 1 KTD keine Begrenzung für Schichtzulagen vor. Gleiches gilt für die Schichtzulage bei Teilzeitbeschäftigten. § 13 Abs. 4 KTD enthält anders als der KAT eine Beschränkung.

53

(7) Sieht § 14 Abs. 3 S. 2 KAT bei den Entgeltgrundlagen vor, dass die Entgeltstufe 2 bereits nach 2 Jahren erreicht wird, ist dies bei § 14 Abs. 1 Unterabschnitt 10 S. 2 KTD erst nach 3 Jahren der Fall. Anders als im KTD existiert im KAT eine 5. Entgeltstufe.

54

(8) Arbeitnehmer erhalten nach § 18 Abs. 2 KAT für die Gesundheitsvorsorge zusätzliche Leistungen von 12,50 €, diese fehlen aber in § 18 KTD.

55

(9) Eine weitere günstigere Regelung ist in § 19 Abs. 7 S. 3 KAT im Hinblick auf Ausschlussfristen. Der gesamte tarifliche Urlaub verfällt nach einer Langzeiterkrankung erst nach 15 Monaten. Eine entsprechende Regelung fehlt im KTD.

56

(10) Schließlich enthält § 24 Abs. 1 KAT eine im KTD fehlende Anspruchsgrundlage für Reise- und Umzugskosten.

57

(11) Beträgt die Kündigungsfrist in § 27 Abs. 3 KAT höchstens 6 Monate, sieht § 27 KTD hier maximal 9 bzw. 12 Monate vor. Gleichwohl ist § 27 KAT insgesamt als günstiger zu bewerten, sieht er doch nach einer Beschäftigungszeit von 15 Jahren vor, dass das Arbeitsverhältnis nur noch außerordentlich gekündigt werden kann. Schon das macht den KAT bedeutend günstiger.

58

(12) Eine im Vergleich zum KTD leicht ungünstigere Regelung enthält der KAT in § 3 Abs. 3, wonach der Arbeitnehmer auf Verlangen seine kirchliche Zugehörigkeit nachzuweisen hat. In Gegenüberstellung sieht § 3 Abs. 3 KTD hier lediglich vor, dass eine kirchliche Mitgliedschaft vorhanden sein soll.

59

(13) Neutral ist die unterschiedliche Regelung der Arbeitszeit zu bewerten. Während § 5 Abs. 1 KAT eine Wochenarbeitszeit von 39 Stunden vorsieht, geht der KTD von einer Jahresarbeitszeit von 2020 Stunden aus. Beide Regelungen sind weder vor- noch nachteilig für den Arbeitnehmer.

60

(14) In diesem Zusammenhang ist auch § 7 Abs. 1 S. 1 KAT einerseits und § 7 Abs. 1 S. 1 KTD andererseits zu lesen. Während der KAT ein Zeitsparkonto durch Einzelvereinbarung vorsieht, muss i.S.d. KTD auf Wunsch der Arbeitnehmerin ein solches angelegt werden.

61

(15) Eine Abweichung im Wortlaut in § 23 Abs. 1 S. 1 KAT/KTD ist unschädlich, ergibt die Auslegung, dass die Treueleistung jeweils nur einmalig gewährt wird.

62

Auch wer bei einem Vergleich zwischen arbeitsvertraglicher Bezugnahme und normativer Wirkung zweier Tarifverträge auf einen Gesamtvergleich abstellt, kommt zu einem der Klägerin günstigeren Ergebnis bei Anwendung des KAT.

III.

63

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen wegen grundsätzlicher Bedeutung vor, § 72 Abs. 2 ArbGG.

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Bundesarbeitsgericht Urteil, 06. Juli 2011 - 4 AZR 706/09

bei uns veröffentlicht am 06.07.2011

Tenor 1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 6. August 2009 - 7 Sa 1674/08 - aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 12. Okt. 2010 - 9 AZR 522/09

bei uns veröffentlicht am 12.10.2010

Tenor Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 23. Januar 2009 - 22 Sa 725/08 - wird zurückgewiesen.

Referenzen

(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Diese Vorschrift gilt entsprechend für Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen.

(2) Sind im Tarifvertrag gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien vorgesehen und geregelt (Lohnausgleichskassen, Urlaubskassen usw.), so gelten diese Regelungen auch unmittelbar und zwingend für die Satzung dieser Einrichtung und das Verhältnis der Einrichtung zu den tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

(3) Abweichende Abmachungen sind nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten.

(4) Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist ausgeschlossen. Ausschlußfristen für die Geltendmachung tariflicher Rechte können nur im Tarifvertrag vereinbart werden.

(5) Nach Ablauf des Tarifvertrags gelten seine Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 7. März 2013 - 3 Sa 258/11 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Anwendbarkeit des TVöD auf ihr Arbeitsverhältnis.

2

Der Kläger, Mitglied der Gewerkschaft ver.di, wurde im Jahr 2006 vom städtischen Klinikum M, einem Eigenbetrieb der Stadt, die ihrerseits Mitglied im Kommunalen Arbeitgeberverband war, als Krankenpfleger eingestellt. In § 2 des Arbeitsvertrags vom 12. Mai 2006 heißt es:

„Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) und dem Besonderen Teil Krankenhäuser und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen, einschl. des TV zur Überleitung in den TVöD, in der für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) jeweils geltenden Fassung.

Außerdem finden die im Bereich des Arbeitgebers jeweils geltenden sonstigen einschlägigen Tarifverträge Anwendung.“

3

Zum 1. Januar 2008 ging das Arbeitsverhältnis des Klägers auf die Beklagte über. Diese ist nicht Mitglied des kommunalen Arbeitgeberverbands. Die Parteien schlossen am 23. Dezember 2008 einen Änderungsvertrag. Danach wurde der Kläger ab dem 1. Dezember 2008 nach der Entgeltgruppe 9a TVöD vergütet.

4

Seit dem 1. März 2011 wendet die Beklagte auf die Arbeitsverhältnisse ihrer Beschäftigten - mit Ausnahme der Ärzte - den mit der Gewerkschaft ver.di abgeschlossenen „Tarifvertrag für die KLINIKUM M gemeinnützige GmbH“ vom 25. Februar 2011 (im Folgenden HTV) an. An den Kläger zahlt sie weiterhin ein Gehalt auf der Grundlage des TVöD mit Stand vom 31. Dezember 2007.

5

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, der TVöD finde aufgrund der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel dynamisch auf sein Arbeitsverhältnis Anwendung. Er hat beantragt

festzustellen, dass auf das Arbeitsverhältnis der Parteien über den 1. Januar 2008 hinaus zeitdynamisch im Sinne der neueren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) und der für den Besonderen Teil Krankenhäuser und die diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge in der für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) jeweils geltenden Fassung Anwendung finden.

6

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Klage sei wegen des Vorrangs der Leistungsklage bereits unzulässig. Es werde lediglich eine Vorfrage geklärt. Streitig bliebe hingegen, welcher Tarifvertrag hinsichtlich der verschiedenen Sachgruppen günstiger sei. Die Klage sei zudem unbegründet. Der Kläger sei an den HTV unmittelbar und zwingend gebunden. Überdies nehme die Verweisungsklausel auf den mit derselben Gewerkschaft abgeschlossenen HTV Bezug. Für das Verhältnis von TVöD/VKA und HTV gelte das Ablöseprinzip. Abgesehen davon sei die Bezugnahmeklausel als Gleichstellungsabrede auszulegen.

7

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren weiter, die Klage abzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zu Recht zurückgewiesen.

9

I. Die Klage ist zulässig. Insbesondere besteht das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche besondere Feststellungsinteresse.

10

1. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats kann ein Arbeitnehmer ein berechtigtes Interesse an der Feststellung haben, dass ein bestimmter Tarifvertrag auf sein Arbeitsverhältnis anzuwenden ist (sog. Elementenfeststellungsklage). Eine entsprechende Feststellung ist geeignet, eine Vielzahl von Einzelfragen zu klären, die sich an dessen Anwendbarkeit knüpfen (vgl. hierzu ausführlich BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 11 mwN, BAGE 134, 283).

11

2. Entgegen der Auffassung der Revision steht der Annahme eines Feststellungsinteresses nicht entgegen, dass mit einem Feststellungsurteil nicht abschließend geklärt wird, welcher Tarifvertrag im Rahmen des im Einzelfall vorzunehmenden Sachgruppenvergleichs günstiger wäre und es deshalb nachfolgend zu weiteren Rechtsstreitigkeiten darüber kommen kann, ob sich einzelne Rechte und Pflichten aus den fraglichen Tarifverträgen als günstigere einzelvertragliche Regelung im Arbeitsverhältnis der Parteien durchsetzen oder ob sie durch die Regelung des Haustarifvertrags verdrängt werden(vgl. BAG 10. Dezember 2014 - 4 AZR 991/12 - Rn. 12; 6. Juli 2011 - 4 AZR 494/09 - Rn. 23 mwN).

12

II. Die Klage ist auch begründet. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der TVöD/VKA einschließlich des Besonderen Teils Krankenhäuser in seiner jeweils gültigen Fassung Anwendung. Das ergibt die Auslegung der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel.

13

1. Nach § 2 des im Jahr 2006 abgeschlossenen und am 23. Dezember 2008 geänderten Arbeitsvertrags bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst und dem Besonderen Teil Krankenhäuser und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände jeweils geltenden Fassung. Diese Abrede enthält eine zeitdynamische Bezugnahme, die die Tarifverträge für den öffentlichen Dienst (VKA) einschließlich der besonderen Regelungen für die Krankenhäuser in ihrer jeweils geltenden Fassung erfasst (zu den Maßstäben der Auslegung einer Allgemeinen Geschäftsbedingung vgl. BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 15, BAGE 134, 283).

14

2. Entgegen der Auffassung der Revision verweist die Bezugnahmeklausel jedoch nicht auf den Haustarifvertrag der Beklagten.

15

a) Der HTV ist kein den TVöD/VKA „ergänzender, ändernder oder ersetzender“ Tarifvertrag iSv. § 2 Abs. 1 des Arbeitsvertrags. Nach dem Wortlaut der Bezugnahmeregelung ist das Arbeitsverhältnis den Tarifbestimmungen des öffentlichen Dienstes „für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände“ unterstellt worden. Damit sollten nur die von den Tarifvertragsparteien des TVöD/VKA abgeschlossenen (Verbands-)Tarifverträge in Bezug genommen werden. Dies können zwar auch firmenbezogene Sanierungstarifverträge sein. Sie müssen dann aber unter Beteiligung des Kommunalen Arbeitgeberverbands geschlossen worden sein. Nicht von der Bezugnahmeklausel erfasst sind hingegen Haustarifverträge eines privaten Arbeitgebers. Diese sind - jedenfalls arbeitgeberseitig - nicht von den Tarifvertragsparteien des TVöD/VKA abgeschlossen worden.

16

b) Eine Bezugnahme auf den HTV ergibt sich auch nicht aus § 2 Abs. 2 des Arbeitsvertrags, wonach „außerdem … die im Bereich des Arbeitgebers jeweils geltenden sonstigen einschlägigen Tarifverträge Anwendung“ finden sollen.

17

aa) Der Begriff „außerdem“ bedeutet „daneben“, „des Weiteren“, „im Übrigen“, „zusätzlich“ (Duden Das Bedeutungswörterbuch 4. Aufl.). Aus der Wortwahl ergibt sich, dass mit dieser ergänzenden Bezugnahmeregelung Tarifverträge erfasst werden sollten, die „neben“ dem TVöD oder „zusätzlich“ zu diesem zur Anwendung kommen können. Dabei kann es sich allerdings nur um Tarifverträge handeln, deren inhaltliche Regelungsbereiche sich nicht mit denen des TVöD überschneiden. Andernfalls wären sie nicht „neben“ dem, sondern vielmehr „anstelle“ des TVöD anwendbar (vgl. auch BAG 16. Mai 2012 - 4 AZR 290/10 - Rn. 30; 22. Oktober 2008 - 4 AZR 784/07 - Rn. 20, BAGE 128, 165).

18

bb) Dieses Verständnis wird durch die Bezugnahme auf die „sonstigen“ einschlägigen Tarifverträge bestätigt. Ein verständiger und redlicher Vertragspartner des Arbeitgebers als der Verwender der Klausel durfte diese Formulierung als inhaltliche Einschränkung der Verweisung, dh. dahingehend verstehen, dass es sich insoweit nur um solche Tarifverträge handeln sollte, die sich in ihrem inhaltlichen Regelungsbereich von denen der Tarifverträge des TVöD/VKA unterscheiden und diese nicht „verdrängen“. Andernfalls käme der Regelung in § 2 Abs. 2 des Arbeitsvertrags - was die Beklagte offenbar annimmt - die Funktion einer Tarifwechselklausel zu. Eine kleine dynamische Verweisung kann jedoch über ihren Wortlaut hinaus nur dann als große dynamische Verweisung (Tarifwechselklausel) ausgelegt werden, wenn sich dies aus den besonderen Umständen ergibt (vgl. nur BAG 6. Juli 2011 - 4 AZR 706/09 - Rn. 45, BAGE 138, 269 mwN). Solche sind dem Wortlaut der Bezugnahmeklausel im Entscheidungsfall nicht zu entnehmen.

19

c) Es sind auch keine - für den Kläger aus damaliger Sicht erkennbaren - Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Arbeitgeber als Partei des Arbeitsvertrags andere und ggf. sogar konkurrierende Haustarifverträge einbeziehen wollte. Insbesondere gebietet der Umstand, dass die Parteien des Arbeitsvertrags bei Vertragsschluss normativ an den TVöD/VKA gebunden waren und nunmehr an den Haustarifvertrag der Beklagten gebunden sind, keine abweichende Auslegung der arbeitsvertraglichen Klausel. Die Anwendbarkeit eines Tarifvertrags aufgrund einer einzelvertraglichen Abrede auf der einen und seine Geltung kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit auf der anderen Seite sind grundlegend voneinander zu trennen. Die Wirkung einer Bezugnahmeklausel wird nicht dadurch berührt, dass der in Bezug genommene Tarifvertrag noch aus einem weiteren rechtlichen Grund für das Arbeitsverhältnis der Parteien maßgebend ist (BAG 29. August 2007 - 4 AZR 767/06 - Rn. 13, BAGE 124, 34).

20

3. Entgegen der Auffassung der Beklagten handelt es sich bei der Bezugnahmeklausel nicht um eine Gleichstellungsabrede iSd. früheren Rechtsprechung.

21

a) Nach der früheren Rechtsprechung des Senats galt die - widerlegliche - Vermutung, dass es einem an arbeitsvertraglich in Bezug genommene Tarifverträge gebundenen Arbeitgeber nur darum gehe, durch die Bezugnahme die nicht organisierten Arbeitnehmer mit den organisierten Beschäftigten hinsichtlich der Geltung des in Bezug genommenen Tarifwerks gleichzustellen. Der Senat ging davon aus, dass mit einer solchen von einem tarifgebundenen Arbeitgeber gestellten Vertragsklausel lediglich die möglicherweise fehlende Gebundenheit des Arbeitnehmers an die im Arbeitsvertrag genannten Tarifverträge ersetzt werden soll, um jedenfalls zu einer vertraglichen Anwendung des einschlägigen Tarifvertrags und damit zu dessen Geltung für alle Beschäftigten zu kommen. Daraus hat der Senat die Konsequenz gezogen, dass auch ohne weitere Anhaltspunkte im Vertragstext oder in den Begleitumständen bei Vertragsschluss im Falle der normativen Gebundenheit des Arbeitgebers an die in Bezug genommenen Tarifverträge Bezugnahmeklauseln in aller Regel als sog. Gleichstellungsabreden auszulegen seien. Die Verweisung auf einen Tarifvertrag oder ein Tarifwerk in der jeweils geltenden Fassung wurde deshalb einschränkend dahin ausgelegt, die auf diese Weise zum Ausdruck gebrachte Dynamik gehe nur so weit, wie sie bei einem tarifgebundenen Arbeitnehmer reiche, also dann ende, wenn der Arbeitgeber wegen Wegfalls der eigenen Tarifgebundenheit nicht mehr normativ an künftige Tarifentwicklungen gebunden sei (st. Rspr., siehe nur BAG 23. Februar 2011 - 4 AZR 536/09 - Rn. 17 f. mwN).

22

b) Diese Rechtsprechung hat der Senat jedoch für vertragliche Bezugnahmeregelungen, die nach dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am 1. Januar 2002 vereinbart worden sind, aufgegeben. Er wendet die Auslegungsregel lediglich aus Gründen des Vertrauensschutzes weiterhin auf Bezugnahmeklauseln an, die vor dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am 1. Januar 2002 vereinbart worden sind (BAG 14. Dezember 2005 - 4 AZR 536/04 - Rn. 24 ff., BAGE 116, 326; 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 29 ff., BAGE 122, 74; bestätigt durch BVerfG 26. März 2009 - 1 BvR 3564/08 - und 21. April 2009 - 1 BvR 784/09 -).

23

c) Auf diesen vom Senat in ständiger Rechtsprechung gewährten Vertrauensschutz kann sich die Beklagte nicht berufen. Zwar war ihre Rechtsvorgängerin tarifgebunden. Die streitgegenständliche Bezugnahmeklausel ist aber erst im Jahr 2006 und damit nach dem 1. Januar 2002 vereinbart worden. Der Umstand, dass der Senat seine geänderte Rechtsprechung erstmals im Jahr 2007 angewandt hat, gebietet bereits deshalb keinen weitergehenden Anspruch auf Vertrauensschutz, weil der Senat seine Rechtsprechungsänderung schon im Jahr 2005 angekündigt hatte (vgl. BAG 14. Dezember 2005 - 4 AZR 536/04 - Rn. 19 ff., BAGE 116, 326).

24

4. Schließlich ist - entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts - die Frage, ob der TVöD/VKA günstiger ist als der HTV, nicht Voraussetzung für die Begründetheit der Feststellungsklage. Die Klage ist bereits deshalb begründet, weil die im Antrag genannten Tarifverträge - aufgrund der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel - im Grundsatz auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbar sind. Ob und inwieweit sie günstiger sind als die für das Arbeitsverhältnis der Parteien daneben normativ geltenden Tarifverträge, ist nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits. Diese Frage ist ggf. zu klären, sobald der Kläger konkrete Ansprüche aus dem TVöD geltend macht (vgl. zur Durchführung eines Sachgruppenvergleichs BAG 15. April 2015 - 4 AZR 587/13 -).

25

III. Die Beklagte hat die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).

        

    Eylert    

        

    Creutzfeldt    

        

    Rinck    

        

        

        

    Pfeil    

        

    Rupprecht    

                 

(1) Tarifgebunden sind die Mitglieder der Tarifvertragsparteien und der Arbeitgeber, der selbst Partei des Tarifvertrags ist.

(2) Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen gelten für alle Betriebe, deren Arbeitgeber tarifgebunden ist.

(3) Die Tarifgebundenheit bleibt bestehen, bis der Tarifvertrag endet.

(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Diese Vorschrift gilt entsprechend für Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen.

(2) Sind im Tarifvertrag gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien vorgesehen und geregelt (Lohnausgleichskassen, Urlaubskassen usw.), so gelten diese Regelungen auch unmittelbar und zwingend für die Satzung dieser Einrichtung und das Verhältnis der Einrichtung zu den tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

(3) Abweichende Abmachungen sind nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten.

(4) Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist ausgeschlossen. Ausschlußfristen für die Geltendmachung tariflicher Rechte können nur im Tarifvertrag vereinbart werden.

(5) Nach Ablauf des Tarifvertrags gelten seine Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 20. September 2012 - 5 Sa 1256/12 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten der Revision hat die Beklagte zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, welche tariflichen Regelungen aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme auf ihr Arbeitsverhältnis anzuwenden sind.

2

Der Kläger, Mitglied der Vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di), ist seit dem Jahr 1991 bei der Beklagten und ihren Rechtsvorgängerinnen beschäftigt. Im schriftlichen Arbeitsvertrag mit der Deutschen Bundespost vom 1. März 1991, mit dem der Kläger als Arbeiter eingestellt wurde, heißt es unter Nr. 2:

        

Für das Arbeitsverhältnis gelten

        

-       

der ‚Tarifvertrag für die Angestellten der Deutschen Bundespost (TV Ang)‘ und die sonstigen Tarifverträge für die Angestellten der Deutschen Bundespost

                 

oder   

        

-       

der ‚Tarifvertrag für die Arbeiter der Deutschen Bundespost (TV Arb)‘ und die sonstigen Tarifverträge für die Arbeiter der Deutschen Bundespost

        

in ihrer jeweiligen Fassung als unmittelbar zwischen den Vertragsparteien vereinbart. Die Zuordnung zum Geltungsbereich des TV Ang oder dem des TV Arb ergibt sich in Anwendung des § 1 TV Ang bzw. des § 1 TV Arb aus der jeweils ausgeübten Tätigkeit.“

3

Im Zuge der sog. Postreform II wurden die drei Geschäftsbereiche des Sondervermögens Deutsche Bundespost durch das Gesetz zur Umwandlung der Unternehmen der Deutschen Bundespost in die Rechtsform der Aktiengesellschaft (vom 14. September 1994, BGBl. I S. 2325, 2339 - Postumwandlungsgesetz - PostUmwG) privatisiert. Aus dem Geschäftsbereich, in dem der Kläger tätig gewesen war (Deutsche Bundespost TELEKOM), entstand kraft Gesetzes die Deutsche Telekom AG (nachfolgend: DT AG). Das Arbeitsverhältnis des Klägers wurde zum 1. Januar 1995 auf die DT AG übergeleitet. Die von der DT AG geschlossenen Tarifverträge wurden seither auf das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger angewendet.

4

Mit Wirkung zum 25. Juni 2007 wurde der Geschäftsbereich im Wege eines Betriebsübergangs von der Beklagten, einer Tochtergesellschaft der DT AG, übernommen. Der Kläger widersprach dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die Beklagte nicht. Gleichfalls am 25. Juni 2007 schloss die Beklagte mit der Gewerkschaft ver.di Haustarifverträge ab, darunter einen Manteltarifvertrag und einen Entgeltrahmentarifvertrag, die von den Tarifverträgen der DT AG ua. bei der Arbeitszeit und beim Entgelt abwichen. Mit Schreiben vom 17. Juli 2007 unterrichteten die Beklagte und die DT AG den Kläger über den Übergang seines Arbeitsverhältnisses und dessen rechtliche Folgen. In dem Schreiben heißt es ua.:

        

„Soweit Sie tariflicher Arbeitnehmer sind, gelten grundsätzlich Ihre bisher bei der DTAG durch Tarifvertrag geregelten Arbeitsbedingungen auch nach dem Übergang zur Deutschen Telekom Netzproduktion GmbH auf arbeitsvertraglicher Ebene weiter und können innerhalb eines Jahres nicht zu Ihrem Nachteil geändert werden. Dieser Grundsatz gilt allerdings dann nicht, soweit bei der Deutschen Telekom Netzproduktion GmbH zum selben Regelungskomplex Tarifverträge mit ver.di … bestehen oder abgeschlossen werden. In diesem Fall lösen die Regelungen bei der Deutschen Telekom Netzproduktion GmbH die bisher geltenden Regelungen der DTAG ab. …

        

Bei dem Übergang auf die Deutsche Telekom Netzproduktion GmbH kommt es zu der soeben beschriebenen Ablösung der tarifvertraglichen Regelungen. … Basis dieses Tarifwerks sind die Ihnen bekannten Tarifverträge der DTAG, die allerdings an verschiedenen Stellen auf die Bedürfnisse der Deutschen Telekom Netzproduktion GmbH angepasst wurden.“

5

Nach erfolgloser Geltendmachung mit Schreiben vom 11. Januar 2012, die Tarifverträge der DT AG mit Stand vom 24. Juni 2007 auf das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis anzuwenden, hat der Kläger mit seiner am 5. März 2012 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage sein Begehren weiter verfolgt und die Auffassung vertreten, die Tarifverträge der DT AG seien weiter anzuwenden. Sie seien ua. hinsichtlich der Arbeitszeit günstiger.

6

Der Kläger hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass auf das Arbeitsverhältnis des Klägers zu der Beklagten die Tarifverträge der Deutschen Telekom AG, Tarifstand 24. Juni 2007, anzuwenden sind.

7

Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag damit begründet, dem Kläger fehle das erforderliche Rechtsschutzinteresse. Zudem habe er seinen Anspruch verwirkt. Schließlich sei nach der widerspruchslosen Weiterarbeit des Klägers über einen Zeitraum von weit mehr als vier Jahren seit dem Betriebsübergang von einer konkludenten Vertragsänderung auszugehen.

8

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht ihr stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Feststellungsklage zu Recht stattgegeben.

10

I. Für den als sog. Elementenfeststellungsklage zulässigen (st. Rspr., etwa BAG 26. Januar 2011 - 4 AZR 333/09 - Rn. 12; 22. Oktober 2008 - 4 AZR 784/07 - Rn. 11 mwN, BAGE 128, 165) und hinreichend bestimmten (vgl. BAG 6. Juli 2011 - 4 AZR 494/09 - Rn. 18 f.) Feststellungsantrag besteht entgegen der Auffassung der Beklagten das erforderliche Feststellungsinteresse.

11

1. Der Feststellungsantrag ist in seiner in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat klargestellten Fassung allein darauf gerichtet, festzustellen, dass die Regelungen der Tarifverträge der DT AG mit dem Regelungsbestand vom 24. Juni 2007 insoweit Anwendung finden, als sie Gegenstand der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen kraft Bezugnahme sind. Dass daneben die nach § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG unmittelbar und zwingend geltenden Tarifbestimmungen der von der Beklagten selbst abgeschlossenen Haustarifverträge nach Maßgabe des Günstigkeitsprinzips(§ 4 Abs. 3 TVG) für das Arbeitsverhältnis gelten, ist für die Zulässigkeit des Antrags ohne Bedeutung (s. nur BAG 20. Juni 2012 - 4 AZR 657/10 - Rn. 14; 14. Dezember 2011 - 4 AZR 179/10 - Rn. 18; 6. Juli 2011 - 4 AZR 494/09 - Rn. 19).

12

2. Durch eine Entscheidung über die begehrte Feststellung wird jedenfalls die zwischen den Parteien streitige Frage abschließend geklärt, ob die tariflichen Regelungen der DT AG aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme überhaupt heranzuziehen sind, was die Annahme eines rechtlichen Interesses auch dann rechtfertigt, wenn es nachfolgend doch noch zu Rechtsstreitigkeiten darüber kommen sollte, ob sich einzelne Rechte und Pflichten aus den Tarifverträgen der DT AG als günstigere einzelvertragliche Regelung im Arbeitsverhältnis der Parteien durchsetzen oder ob sie durch die firmentarifvertragliche Regelung verdrängt werden(vgl. BAG 6. Juli 2011 - 4 AZR 494/09 - Rn. 23 mwN).

13

II. Die Klage ist begründet. Die Tarifverträge der DT AG finden kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme in Nr. 2 des Arbeitsvertrags auf das Arbeitsverhältnis der Parteien mit dem tariflichen Regelungsbestand vom 24. Juni 2007, dem Tag vor dem Betriebsübergang auf die Beklagte, Anwendung.

14

1. Bei der Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag vom 1. März 1991 handelt es sich um eine sog. Gleichstellungsabrede iSd. früheren Rechtsprechung des Senats, die auf die fachlich einschlägigen Tarifverträge, an die die damalige Arbeitgeberin, die Deutsche Bundespost, gebunden war (ausf. zu einer inhaltlich identischen Bezugnahme BAG 6. Juli 2011 - 4 AZR 501/09 - Rn. 18 ff.).

15

2. Die Anwendbarkeit der Tarifverträge der DT AG ergibt sich zwar nicht unmittelbar aus der arbeitsvertraglichen Bezugnahme, sie folgt aber aus deren ergänzender Auslegung. Das hat der Senat anhand tatsächlich und rechtlich gleichgelagerter Fallgestaltungen bereits mehrfach ausführlich begründet. Hierauf wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen ( BAG 6. Juli 2011 - 4 AZR 706/09 - Rn. 22 ff. mwN, BAGE 138, 269; weiterhin 22. Februar 2012 - 4 AZR 579/10 - Rn. 39 f. mwN; 14. Dezember 2011 - 4 AZR 179/10 - Rn. 28 ff.; 16. November 2011 - 4 AZR 822/09 - Rn. 21 ff.). Für die Begründetheit des klägerischen Feststellungsbegehrens, welches sich allein auf die grundsätzliche Anwendbarkeit der Tarifverträge der DT AG bezieht, ist es entgegen der Auffassung der Revision ohne Bedeutung, ob im jeweiligen Einzelfall ein sachgruppenbezogener Günstigkeitsvergleich (BAG 12. Dezember 2012 - 4 AZR 328/11 - Rn. 46 ff. mwN) mit den kraft Tarifgebundenheit maßgebenden Tarifregelungen dazu führt, dass sich die vertraglichen Vereinbarungen durchsetzen.

16

3. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist keine konkludente vertragliche Änderung der Bezugnahmeregelung im Arbeitsvertrag aus dem Jahr 1991 dahingehend erfolgt, dass die von der Beklagten geschlossenen Haustarifverträge nunmehr anzuwenden sind.

17

a) Das Landesarbeitsgericht hat - kurz zusammengefasst - angenommen, eine konkludente Vertragsänderung sei deshalb nicht anzunehmen, weil die Beklagte gegenüber dem Kläger keine Änderung vertraglicher Abreden angekündigt oder solche vollzogen habe. Dem Kläger sei die Anwendung der neuen, bei der Beklagten geltenden Tarifverträge als von seinem Willen nicht abhängige gesetzliche Rechtsfolge des Betriebsübergangs auf einer unveränderten vertraglichen Grundlage dargestellt worden. Dies zeige auch das Unterrichtungsschreiben der Beklagten vom 17. Juli 2007.

18

b) Diese Auslegung des Verhaltens der Parteien durch das Landesarbeitsgericht, die ebenso wie die Auslegung einer ausdrücklichen nichttypischen Willenserklärung nur einer eingeschränkten revisionsrechtlichen Kontrolle unterliegt ( BAG 24. Juni 2010 - 6 AZR 75/09 - Rn. 22 mwN), lässt Rechtsfehler nicht erkennen.

19

c) Solche hat auch die Revision nicht aufgezeigt.

20

aa) Soweit sich die Beklagte auf eine nicht näher benannte Rechtsprechung des Senats bezieht, nach der sie davon habe ausgehen dürfen, der Inhalt einer Bezugnahme ändere sich bereits durch einen Betriebsübergang, hat der Senat schon in seinen Entscheidungen vom 30. August 2000 (-  4 AZR 581/99 - zu I 1 c bb der Gründe, BAGE 95, 296), vom 25. Oktober 2000 (- 4 AZR 506/99 - zu II 3 b aa der Gründe, BAGE 96, 177) und vom 16. Oktober 2002 (- 4 AZR 467/01 - zu I 1 b bb aaa der Gründe, BAGE 103, 141) die regelmäßige Auslegung einer sog. Gleichstellungsabrede als Tarifwechselklausel abgelehnt und dies zudem für eine mit dem Entscheidungsfall nahezu identische Sachverhaltsgestaltung ausführlich begründet (BAG 16. November 2011 - 4 AZR 822/09 - Rn. 56 ff.). Einen „Vertrauensschutz“ in die von der Beklagten geltend gemachte Auslegung, die sich möglicherweise auf die Entscheidung des Senats vom 4. September 1996 (- 4 AZR 135/95 - BAGE 84, 97) stützen soll, hat der Senat bereits im Urteil vom 29. August 2007 abgelehnt (- 4 AZR 765/06 - Rn. 30 ff.).

21

bb) Die weitere Rüge der Beklagten, das Landesarbeitsgericht habe ihren Vortrag unberücksichtigt gelassen, nach dem der Kläger seit dem Betriebsübergang das Arbeitsverhältnis „bewusst, im Sinne einer aktiven Teilhabe“ auf Basis der für sie geltenden Haustarifverträge „durchgeführt“ habe, ist unerheblich. Im Hinblick auf das Unterrichtungsschreiben der Beklagten konnte das Landesarbeitsgericht diese Umstände rechtsfehlerfrei außer Betracht lassen, weil aus ihm allein noch kein Änderungswille der Beklagten erkennbar wurde. In der Folge kann dem Verhalten des Klägers ohne weitere Begleitumstände (vgl. dazu etwa BAG 25. April 2007 - 5 AZR 504/06 - Rn. 12; 13. November 2013 - 10 AZR 1082/12 - Rn. 35 ff.) ein bestimmter rechtsgeschäftlicher Erklärungswert nicht entnommen werden. Solche macht auch die Revision nicht geltend. Im Ergebnis setzt die Beklagte lediglich ihre Auffassung, das von ihr geschilderte Verhalten sei als Willenserklärung auszulegen, gegen diejenige des Landesarbeitsgerichts. Damit wird ein revisibler Auslegungsfehler des Landesarbeitsgerichts nicht aufgezeigt.

22

4. Die Klage ist entgegen der Auffassung der Revision nicht deshalb unbegründet, weil der Kläger das Recht, sich auf den Inhalt der vertraglichen Abrede zu berufen, verwirkt hat ( § 242 BGB ). Dabei kann der Senat erneut, wie bereits in mehreren Entscheidungen (zB BAG 22. Februar 2012 - 4 AZR 580/10 - Rn. 43) offenlassen, ob gegen die Geltendmachung der vertraglichen Grundlage des Arbeitsverhältnisses bei einer einseitigen Änderung seiner praktischen Durchführung überhaupt der Einwand der Verwirkung erhoben werden kann oder ob in diesem Fall nicht allein die Grundsätze einer - möglicherweise konkludenten - Vertragsänderung anzuwenden sind. Das Landesarbeitsgericht ist jedenfalls zutreffend davon ausgegangen, sowohl das im Rahmen einer Verwirkung nach Treu und Glauben neben dem Zeitmoment erforderliche Umstandsmoment als auch das Zumutbarkeitsmoment (zu diesen Voraussetzungen etwa BAG 22. Februar 2012 - 4 AZR 579/10 - Rn. 43 mwN) seien in keinem Fall gegeben. Deshalb scheidet eine Verwirkung schon aus diesem Grund aus.

23

a) Der Kläger war weder verpflichtet, die Beklagte darauf aufmerksam zu machen, dass er sich vorbehält, seine Rechte geltend zu machen, noch ergibt sich aus der widerspruchslosen Durchführung des Arbeitsverhältnisses seitens des Klägers auf Basis der Haustarifverträge der Beklagten eine besonders vertrauensbegründende Verhaltensweise (ausf. in einem ähnlich gelagerten Sachverhalt BAG 22. Februar 2012 - 4 AZR 579/10 - Rn. 44 ff.). Den Kläger treffen auch keine Pflichten zur Überprüfung des Unterrichtungsschreibens oder Hinweispflichten gegenüber dem Arbeitgeber auf dessen möglicherweise fehlerhafte rechtliche Auffassung (vgl. BAG 22. Februar 2012 - 4 AZR 580/12 - Rn. 50 f. mwN). Für die Annahme, dem Kläger seien die fehlerhaften Angaben in dem Unterrichtungsschreiben vor Veröffentlichung der Entscheidungen des Senats vom 6. Juli 2011 (- 4 AZR 706/09 - BAGE 138, 269; ua.) bekannt gewesen und er sei „in Kenntnis seiner Rechte treuwidrig gegenüber der Beklagten untätig geblieben“, fehlt es an Anhaltspunkten. Soweit die Revision nunmehr eine solche Kenntnis pauschal behauptet, handelt es sich um ein nach § 559 Abs. 1 ZPO in der Revisionsinstanz unzulässiges und im Übrigen unsubstantiiertes neues Vorbringen.

24

b) Die weitere - in der Sache zutreffende - Annahme des Landesarbeitsgerichts, es sei nicht erkennbar, aus welchen Gründen es für die Beklagte unzumutbar sein soll, etwaige Forderungen des Klägers zu erfüllen, wird von der Revision nicht angegriffen.

25

III. Die Beklagte hat die Kosten der erfolglosen Revision zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).

        

    Eylert    

        

    Treber    

        

    Creutzfeldt    

        

        

        

    Drechsler    

        

    Schuldt    

                 

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil.

(2) Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders.

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Flensburg vom 30.03.2011 – 1 Ca 262/10 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen, allerdings mit der Maßgabe, dass Ziffer 1 des Tenors wie folgt gefasst wird:

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin eine Sonderzahlung für das Jahr 2007 in Höhe von 2.450,42 EUR brutto abzgl. geleisteter 992,33 EUR brutto und für das Jahr 2008 in Höhe von 2.450,42 EUR brutto abzgl. geleisteter 645,58 EUR brutto gemäß TVöD zu zahlen.

2. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die Höhe der tariflichen Sonderzahlung für 2007 und 2008 und in diesem Zusammenhang u.a. um die Auslegung einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel und deren Folgen.

2

Die Klägerin ist am ….1970 geboren. Mit Wirkung ab 01.05.2003 wurde sie von der M... GmbH (im Folgenden: M...-GmbH), die in kommunaler Trägerschaft geführt wurde, als Krankenschwester eingestellt. Die M...-GmbH war an die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes, also den BAT und ab 01.10.2005 den TVöD gebunden. Ab 2006 erwarb die nicht an die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes gebundene D...-Gruppe sukzessive mehr und mehr Geschäftsanteile der M...-GmbH bzw. nach Umbenennung von deren Rechtsnachfolgerin, der heutigen Beklagten.

3

Bis 2009 war die Klägerin nicht Mitglied einer Gewerkschaft. Im Jahre 2009 trat sie der Gewerkschaft ver.di bei.

4

Ihr Arbeitsvertrag vom 1.4.2003 enthält in § 2 u. a. folgende Klausel:

5

„Das Arbeitsverhältnis richtet sich nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) vom 23. Februar 1961 in der jeweils geltenden Fassung und den sich diesem Tarifvertrag anschließenden Tarifverträgen.“ (Anl. K1 – Bl. 7 d.A.)

6

Spätere Änderungsverträge bezogen sich nicht auf die oben genannte Klausel.

7

Bis 2006 erhielt die Klägerin die volle Jahressonderzahlung nach TVöD. Letztere belief sich 2006 auf 3.139,78 EUR brutto (Anl. K 14, Bl. 59 d.A.).

8

Mit Datum vom 25.3.2007 schlossen die Gewerkschaften ver.di und NGG mit der D... - Holding AG einen Firmen-„Tarifvertrag über die Gewährung einer jährlichen Sonderzahlung" (im Folgenden: TV- Sonderzahlung). Danach erhalten die Arbeitnehmer mit Wirkung ab 2007 für jedes Wirtschaftsjahr eine vom Betriebsergebnis abhängige Sonderzahlung auf Basis eines bestimmten Faktors. Für die Mitglieder der Gewerkschaften ver.di und der NGG ergeben sich für die Jahre 2007 bis einschließlich 2010 gegenüber den übrigen Arbeitnehmern jeweils höhere Faktoren.

9

Dieser Sonderzuwendungstarifvertrag der D...-Holding ist durch Urteil des Bundesarbeitsgerichts aus formellen Gründen für nicht anwendbar erklärt worden (BAG vom 18.11.2009 - 4 AZR 491/08 und BAG vom 07.07.2010 – 4 AZR 120/09). Im Anschluss daran haben die Tarifvertragsparteien mit Änderungstarifvertrag vom 02.03.2010, dem sogenannten Heilungstarifvertrag, den „Formfehler“ rückwirkend korrigiert und den alten Tarifvertrag inhaltlich wiederhergestellt.

10

Die Beklagte hat der Klägerin die Sonderzahlungen für 2007 und 2008 nach dem TV-Sonderzahlung ohne den Zuschlag für Gewerkschaftsmitglieder rechnerisch korrekt und insoweit unbeanstandet gezahlt. Für 2007 gewährte sie der Klägerin eine Sonderzahlung in Höhe von 992,33 EUR brutto und für 2008 in Höhe von 645,58 EUR brutto (Bl. 186 d.A.). 2009 erhielt die Klägerin infolge des Gewerkschaftsbeitritts dann eine Sonderzahlung in Höhe von 3.431,70 EUR brutto.

11

Die Klägerin hat stets die Auffassung vertreten, ihr Anspruch auf restliche Jahressonderzahlung für die Jahre 2007 und 2008 ergebe sich aufgrund der arbeitsvertraglichen Verweisungsklausel aus § 20 Abs. 2 TVöD. Jedenfalls aber differenziere die Beklagte im TV- Sonderzahlung unzulässig zwischen Gewerkschafts- und Nichtgewerkschaftsmitgliedern. Sie habe daher hilfsweise mindestens einen Anspruch auf die Sonderzahlung, die Gewerkschaftsmitglieder in den streitigen Jahren bezogen haben.

12

Die Klägerin hat beantragt,

13

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist,
der Klägerin eine Jahressonderzahlung für die Jahre 2007 und 2008 gemäß TVöD zu zahlen,
hilfsweise
die Klägerin hinsichtlich der Jahressonderzahlung für die Jahre 2007 und 2008 einem verdi-/NGG-Mitglied gleichzustellen,
und zwar bei beiden Anträgen unter Berücksichtigung/Abzug der bisher in den Jahren 2007 und 2008 bereits ausgekehrten Teil-Jahressonderzahlungen.

14

Die Beklagte hat beantragt,

15

die Klage abzuweisen.

16

Sie hat stets die Ansicht vertreten, die im Arbeitsvertrag vorgesehene Verweisungsklausel führe zur Anwendung des TV- Sonderzahlung. Die dort vorgenommene Differenzierung sei wirksam.

17

Das Arbeitsgericht hat der am 06.12.2007 eingegangenen Klage mit Urteil vom 30.03.2011 stattgegeben. Das ist im Wesentlichen mit der Begründung geschehen, der TVöD gelte vorliegend durch einzelvertragliche Einbeziehung. Die nach dem 01.01.2002 vereinbarte Bezugnahmeklausel sei nach der neueren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht als Gleichstellungsabrede auszulegen und deshalb weiterhin anwendbar. Eine Ablösung durch die Regelungen der Haustarifverträge sei nicht erfolgt. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Inhalt der erstinstanzlichen Entscheidung verwiesen.

18

Gegen dieses der Beklagten am 01.06.2011 zugestellte Urteil hat sie am 09.06.2011 Berufung eingelegt, die am 14.07.2011 begründet wurde.

19

Die Beklagte beruft sich darauf, dass der Klägerin ein über den bereits gezahlten Betrag hinausgehender Anspruch auf eine Sonderzahlung nicht zustehe. Die Verweisungsklausel im Arbeitsvertrag stelle eine Gleichstellungsabrede dar, mit der lediglich Nichtgewerkschaftsmitglieder den Gewerkschaftsmitgliedern gleichgestellt werden sollten. Deshalb sei der TV- Sonderzahlung anwendbar. Jedenfalls aber erfasse diese Klausel nicht nur den BAT und den TVöD, sondern erst Recht die speziell auf den Betrieb zugeschnittenen, vom Arbeitgeber abgeschlossenen Haus- bzw. Firmentarifverträge. Der TV- Sonderzahlung sei trotz seines rückwirkenden Inkrafttretens, der Stichtagsregelung und der Differenzierungsklausel wirksam.

20

Die Beklagte beantragt,

21

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Flensburg vom 30.03.2011 – 1 Ca 262/10 – abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Berufungsbeklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

22

Die Klägerin beantragt,

23

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

24

Hilfsweise beantragt sie,

25

die Beklagte zur Zahlung von 3.262,93 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 01.12.2007 zu verurteilen.

26

Sie hält das angefochtene Urteil sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht für zutreffend.

27

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den mündlich vorgebrachten Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

28

I. Die Berufung ist zulässig. Sie ist der Beschwer nach statthaft, form- und fristgemäß eingelegt und auch innerhalb der Berufungsbegründungsfrist begründet worden.

29

II. Die Berufung ist aber unbegründet. Die Beklagte ist verpflichtet, der Klägerin für die Jahre 2007 und 2008 die Sonderzuwendung nach Maßgabe des § 20 Abs. 2 TVöD zu gewähren. Das ergibt die Auslegung der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel. Die Regelungen des TV- Sonderzahlung finden für den streitbefangenen Zeitraum 2007 und 2008 auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin keine Anwendung.

30

1. Die Feststellungsklage ist zulässig. Trotz möglicher Leistungsklage ist hier das notwendige Feststellungsinteresse ausnahmsweise zu bejahen. Die Beklagte hat ausdrücklich zu Protokoll erklärt, auch auf ein Feststellungsurteil hin im Falle des Obsiegens der Klägerin die restlichen Sonderzuwendungsbeträge zu zahlen. Die Höhe der sich ergebenden Restforderung ist ausweislich der Erklärungen der Parteien in der Berufungsverhandlung unstreitig geworden. Damit kann eine erneute Inanspruchnahme der Gerichte zur Durchsetzung des Anspruchs ausgeschlossen werden.

31

2. Auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin findet der TVöD Anwendung.

32

a) Ein normativ aus dem TVöD begründeter Anspruch (§ 4 Abs. 1 TVG) besteht nicht. Die Klägerin war bei Abschluss des Arbeitsvertrages und bis einschließlich 2008 nicht Mitglied der tarifschließenden Gewerkschaft.

33

b) Der Anspruch der Klägerin auf eine Jahressonderzahlung aus § 20 Abs. 2 TVöD ergibt sich aus der Verweisungsklausel in § 2 des Arbeitsvertrages. Diese Klausel erstreckt sich auch auf den TVöD.

34

aa) § 2 des Arbeitsvertrages legt zwar an sich nur fest, dass sich das Arbeitsverhältnis nach „dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) vom 23. Februar 1961 in der jeweils geltenden Fassung und den sich diesem Tarifvertrag anschließenden Tarifverträgen richtet“. Damit ist der BAT dynamisch, in seiner jeweiligen durch die ändernden Tarifverträge bestimmten Fassung, in Bezug genommen worden. Die Bezugnahme erstreckt sich ihrem Wortlaut nach zunächst nicht auf den TVöD, aus dem die Klägerin ihren Anspruch herleitet.

35

bb) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist aber nicht mehr zweifelhaft, dass an die Stelle des dynamisch in Bezug genommenen BAT als dessen dynamische Nachfolgeregelung für einen Betrieb wie den der Beklagten der TVöD getreten ist (siehe BAG vom 07.07.2010 – 4 AZR 120/09 – Juris, Rz. 14). Die Rechtsvorgängerin der Beklagten, die den Arbeitsvertrag 2003 geschlossen hat, war an die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes, also den BAT und später den TVöD gebunden. Die Klägerin hat von ihrer Ursprungsarbeitgeberin nicht nur stets die Sonderzahlung nach den das Tarifwerk BAT ergänzenden Regelungen des Zuwendungstarifvertrages erhalten, sondern nach Inkrafttreten des TVöD auch die sich aus § 20 Abs. 2 TVöD ergebenden Ansprüche. Die in den Arbeitsvertrag eingetretene Beklagte hat sodann noch im Jahre 2006 in Erfüllung des Arbeitsvertrages die Jahressonderzahlung nach dem TVöD gezahlt.

36

3. Bei Geltung des TVöD und dessen § 20 Abs. 2 hat die Klägerin einen Anspruch auf eine Jahressonderzahlung für 2007 in Höhe von 2.911,07 EUR brutto, von der nach den Zahlungen der Beklagten nach Maßgabe des TV- Sonderzahlung in Höhe von 992,33 EUR noch 1.918,74 EUR brutto offenstehen. Für das Jahr 2008 hat die Klägerin bei Geltung des § 20 Abs. 2 TVöD einen Anspruch auf eine Jahressonderzahlung in Höhe von 1.893,86 EUR brutto, von der nach den Zahlungen der Beklagten in Höhe von 645,58 EUR brutto noch 1.248,28 EUR offen sind. Diese Beträge sind rechnerisch außer Streit.

37

4. Der Firmen-TV- Sonderzahlung verdrängt diesen Anspruch der 2007 und 2008 nicht tarifgebundenen Klägerin aus § 20 TVöD nicht. Der Geltungsbereich der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel bezieht den TV-Sonderzahlung nicht ein. Letzterer kann daher nicht den sich aus § 20 TVöD ergebenden Anspruch der Klägerin ablösen.

38

a) Bei der einzelvertraglich vereinbarten Bezugnahmeklausel handelt es sich nicht um eine Gleichstellungsabrede im Sinne der früheren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Vielmehr beinhaltet sie eine konstitutive Bezugnahme auf den BAT in seiner jeweiligen Fassung und den sich diesem Tarifvertrag anschließenden Tarifverträgen.

39

b) Der Arbeitsvertrag der Klägerin wurde nach Inkrafttreten der Schuldrechtsreform, nämlich am 1. April 2003 zum 1. Mai 2003 geschlossen. Das hat die Anwendung der maßgeblich mit Urteil vom 18.04.2007 – Az. 4 AZR 652/05 - geänderten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Folge. Danach ist eine einzelvertraglich vereinbarte dynamische Bezugnahme auf einen bestimmten Tarifvertrag jedenfalls dann, wenn eine Tarifgebundenheit des Arbeitgebers an den im Arbeitsvertrag genannten Tarifvertrag nicht in einer für den Arbeitnehmer erkennbaren Weise zur auflösenden Bedingung der Vereinbarung gemacht worden ist, eine konstitutive Verweisungsklausel, die durch einen Verbandsaustritt oder einen sonstigen Wegfall seiner Tarifgebundenheit nicht berührt wird. Die dynamische Anwendung des in Bezug genommenen Tarifvertrages ist vorliegend nicht von der Tarifgebundenheit des Arbeitgebers abhängig. Für sie ist auch die Tarifgebundenheit der Klägerin ohne Bedeutung.

40

c) Da es sich um einen sogenannten „Neuvertrag“ handelt, finden zu dessen Inhaltsbestimmung die allgemeinen Auslegungsregeln uneingeschränkt Anwendung. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass ein Formulararbeitsvertrag vorliegt.

41

aa) Nach §§ 133, 157 BGB sind Verträge so auszulegen, wie die Parteien sie nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen mussten. Dabei ist vom Wortlaut auszugehen, aber zur Ermittlung des wirklichen Willens der Parteien sind auch die außerhalb der Vereinbarung liegenden Umstände einzubeziehen, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen Das gilt auch für dynamische Verweisungsklauseln (BAG vom 18.04.2007 – 4 AZR 652/05 – zitiert nach Juris, Rz. 24; 18.03.2009 – 4 AZR 64/08 – zitiert nach Juris, Rz. 17 m. w. N.). Bei der Auslegung ist die für den Vertragspartner erkennbare jeweilige typische Interessenlage des anderen Teiles zu berücksichtigen (BAG vom 23.01.2008 - 4 AZR 602/06 – zitiert nach Juris, Rz. 24).

42

bb) Eine Auslegung von Verweisungsklauseln in Arbeitsverträgen, die nach dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform zum 01.01.2002 abgeschlossen worden sind, hat sich daher in erster Linie am Wortlaut der Verweisungsklausel zu orientieren. Soweit ein Vertragspartner vom Wortlaut abweichende Regelungsziele oder Motive verfolgt, können diese danach nur in die Auslegung eingehen, wenn sie für den anderen Vertragspartner mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck gekommen sind (BAG vom 24.02.2010 – 4 AZR 691/08 – zitiert nach Juris, Rz. 24 m.w.N.). Maßstab ist der objektivierte Empfängerhorizont (vgl. BAG vom 18.04.2007 – 4 AZR 652/05, Rz. 30 m.w.N.).

43

cc) Bei der arbeitsvertraglichen dynamischen Bezugnahme eines bestimmten Tarifvertrages oder eines Tarifwerkes in seiner jeweiligen Form ist der Wortlaut zunächst eindeutig. Es bedarf vorbehaltlich anderer Anhaltspunkte im Grundsatz keiner weiteren Heranziehung von Auslegungsfaktoren (Schaub-Treber, 14. Auflage, § 206 Rz. 46 m. w. N.).

44

d) Die Auslegung der vorliegenden Verweisungsklausel ergibt, dass nur der BAT bzw. TVöD, nicht jedoch etwaige weitere von einer Rechtsnachfolgerin der Ursprungsarbeitgeberin abgeschlossene Haustarifverträge anwendbar sind.

45

aa) Der Wortlaut der Klausel verweist lediglich auf den BAT in der jeweils geltenden Fassung und den sich „diesem Tarifvertrag anschließenden Tarifverträgen“. Hieraus lässt sich unmittelbar keine Anwendbarkeit des Firmen-TV-Sonderzahlung entnehmen. Die Anwendbarkeit von spezielleren Firmentarifverträgen ist in diesem Wortlaut nicht erwähnt.

46

bb) Nach dem Wortlaut der Verweisungsklausel haben die Arbeitsvertragsparteien auf ein Tarifwerk einer bestimmten Branche, nämlich die Flächentarifverträge des öffentlichen Dienstes verwiesen. „Die sich diesem Tarifvertrag anschließenden Tarifverträge“ sollten ebenfalls maßgeblich sein. Weitere tarifliche Veränderungsmöglichkeiten sind mit keinem Wort erwähnt.

47

cc) Die Arbeitsvertragsparteien haben explizit die Formulierung „sich diesem Tarifvertrag anschließenden Tarifverträgen“ gewählt. Sie haben damit eine dynamische Verweisung auf einen konkret benannten Flächentarifvertrag und dessen Nachfolgetarifverträge festgelegt. Der Text enthält keinerlei Hinweis darauf, dass nach dem Willen der Arbeitsvertragsparteien weitere oder andere Tarifverträge als der BAT/TVöD Anwendung finden sollten.

48

dd) Der TV-Sonderzuwendung schließt sich nicht dem BAT/TVöD an. „Sich anschließen“ bedeutet nach Brockhaus „unmittelbar auf etwas folgen, aufeinanderfolgen“. Die Regelungen des TV-Sonderzuwendung folgen jedoch nicht unmittelbar auf den BAT/ TVöD, haben vielmehr ihren Ursprung in einer anderen Ursachenkette. Der TV-Sonderzuwendung ist von anderen TV-Parteien geschlossen worden. Allein die Gewerkschaft ver.di ist auch Partei des BAT/TVöD. Im Übrigen sind sowohl auf Arbeitgeberseite, als auch auf Gewerkschaftsseite mit der NGG andere Vertragspartner gegeben. Damit kann angesichts dieser gewählten Wortwahl schon nicht von einer „sich dem BAT/TVöD anschließenden Regelung“ ausgegangen werden. Anderenfalls würde die vorliegend existierende spezielle Vereinbarung eines Tarifvertrages einer bestimmten Branche überflüssig. Könnte ein Haustarifvertrag als sachnäherer Tarifvertrag per se ohne besondere Erkennbarkeit einen vereinbarten Branchentarifvertrag verdrängen, wäre der tatsächliche Wortlaut einer Verweisungsklausel letztendlich obsolet. Das vereinbarte Tarifwerk BAT/TVöD würde ohne sich aus dem Wortlaut ergebende entsprechende Anhaltspunkte schlicht ersetzt/ausgewechselt werden.

49

ee) Für die vereinbarte und gewollte Einbeziehung von den Flächentarifvertrag BAT/TVöD abändernden Haustarifverträgen gibt der Wortlaut der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel hier keinerlei Anhaltspunkte.

50

(1) Grundsätzlich bestimmen die Arbeitsvertragsparteien mit ihrer vertraglichen Abrede den Umfang der Inbezugnahme. Vereinbaren sie die Einbeziehung der Tarifverträge der einschlägigen Branche, kann dazu zwar auch gehören, dass auch einschlägige Haustarifverträge Anwendung finden sollen. Dass muss aber für den Arbeitnehmer unter dem Gesichtspunkt seines Empfängerhorizontes erkennbar sein, das heißt, es muss dieses Regelungsziel durch eine irgendwie geartete Formulierung deutlich gemacht worden sein (vgl. BAG vom 23.01.2008 – 4 AZR 602/06 – Rz. 24).

51

(2) Bei tarifgebundenen Arbeitnehmern verdrängt der Haustarifvertrag zwar als sachnähere Regelung regelmäßig einen Flächentarifvertrag nach dem Spezialitätsprinzip. Diese Fallkonstellation ist aber hier nicht gegeben. Handelt es sich bei der vertraglichen Vereinbarung um eine Gleichstellungsabrede, spricht selbst dieses nur dann für eine Inbezugnahme der Haustarifverträge, wenn entsprechende Anhaltspunkte vorhanden sind (Schaub-Treber, Rz. 39 m. w. N.). Selbst bei einer klassischen Gleichstellungsabrede bedarf es insoweit entsprechender, dem Wortlaut der Verweisungsklausel zu entnehmender Hinweise auf andere im Betrieb geltende kollektive Regelungen. (Schaub-Treber a. a. O.). Derartige Hinweise fehlen vorliegend jedoch völlig. Auch handelt es sich nicht um eine klassische Gleichstellungsabrede im Sinne der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Die vorliegende Bezugnahmeklausel wurde im Jahre 2003 vereinbart.

52

(3) Der Wortlaut der Verweisungsklausel gibt nichts dafür her, dass auf die Geltung der jeweils konkret für den Betrieb einschlägigen Rechtsnormen abgestellt werden sollte. Der Wortlaut verweist vielmehr ausschließlich auf die flächendeckenden tariflichen Regelungen des öffentlichen Dienstes.

53

ff) Bei der Auslegung ist vorliegend zudem zu beachten, dass die Vertragsparteien im Wortlaut des Arbeitsvertrages gerade nicht festgelegt haben, dass den BAT „ersetzende“ Tarifverträge Anwendung finden sollen. Ebenso wenig enthält der Wortlaut der Vertragsklausel irgendwelche Anhaltspunkte dafür, dass alle für den Arbeitgeber jeweils einschlägigen Tarifverträge maßgeblich sein sollen. Von einem derartigen übereinstimmenden Willen kann auch nicht schlicht ausgegangen werden. Denn eine Arbeitnehmerin, die – wie hier – eine Tätigkeit als Krankenschwester in einem ehemals vom kommunalen Arbeitgeber geführten Krankenhaus ausübt, kann sich gezielt erfolgreich um eine Anstellung im öffentlichen Dienst bemüht haben, um dessen gute tarifliche flächendeckende Arbeitsbedingungen zu erhalten (vgl. hierzu BAG vom 29.08.2007 – 4 AZR 767/06 – zitiert nach Juris, Rz. 17). Für die Klägerin war zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages nach dem Wortlaut ihres Arbeitsvertrages auch nicht ansatzweise vorhersehbar, dass etwaige Ansprüche aus dem Flächentarifvertrag BAT/TVöD von einem nur Teilbereiche des BAT/TVöD regelnden, von anderen Parteien abgeschlossenen Haustarifvertrag verdrängt werden könnten. Jedenfalls hat die Beklagte hierzu nichts vorgetragen.

54

5) Da es vorliegend keinerlei Anhaltspunkte dafür gibt, dass die Arbeitsvertragsparteien vom BAT/TVöD abweichende Haustarifverträge in den Geltungsbereich des Arbeitsvertrages einbeziehen wollten, richtet sich der Anspruch der Klägerin auf Sonderzuwendungen für die Jahre 2007 und 2008 nach wie vor nach § 20 TVöD. Es ist daher zu Recht festgestellt worden, dass die Beklagte eine entsprechende Zahlungsverpflichtung trifft. Die Berufung war zurückzuweisen.

55

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.

56

Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG zuzulassen. Es ist eine Vielzahl von Arbeitsverhältnissen betroffen, die eine entsprechende Verweisungsklausel enthalten.


Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 6. August 2009 - 7 Sa 1674/08 - aufgehoben.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 7. Oktober 2008 - 10 Ca 130/08 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, welche tariflichen Regelungen aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme auf das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis anzuwenden sind.

2

Der nicht tarifgebundene Kläger ist seit dem 26. August 1980 als Arbeitnehmer bei der Beklagten und ihren Rechtsvorgängerinnen beschäftigt. In dem schriftlichen Arbeitsvertrag vom 3. September 1980, der seinerzeit mit der Deutschen Bundespost geschlossen wurde, heißt es ua.:

        

„Die Bestimmungen des Tarifvertrages für die Arbeiter der Deutschen Bundespost (TV Arb) und die sonstigen Tarifverträge für die Arbeiter der Deutschen Bundespost gelten in ihrer jeweiligen Fassung als unmittelbar zwischen den Vertragsparteien als vereinbart.“

3

Bereits im Jahr 1990 entstanden im Zuge der sog. Postreform I aus der Deutschen Bundespost die einzelnen Geschäftsbereiche - sog. öffentliche Unternehmen - Postdienst, Postbank und Fernmeldedienst, die nach wie vor (Teil-)Sondervermögen des Bundes bildeten. Der Kläger verblieb im Geschäftsbereich Deutsche Bundespost - Fernmeldedienst (ab 1992 Deutsche Bundespost - Telekom). Die Geschäftsbereiche wurden bei der sog. Postreform II durch das Gesetz zur Umwandlung der Unternehmen der Deutschen Bundespost in die Rechtsform der Aktiengesellschaft (vom 14. September 1994, BGBl. I S. 2325, 2339 - Postumwandlungsgesetz - PostUmwG) privatisiert. Aus dem Geschäftsbereich, in dem der Kläger tätig gewesen war, entstand nach § 1 Abs. 2 dritter Spiegelstrich PostUmwG die Deutsche Telekom AG(nachfolgend DT AG). Das Arbeitsverhältnis des Klägers wurde zum 1. Januar 1995 gemäß § 21 Abs. 1 dritter Spiegelstrich des Gesetzes zum Personalrecht der Beschäftigten der früheren Deutschen Bundespost(vom 14. September 1994, BGBl. I S. 2325, 2353 - Postpersonalrechtsgesetz - PostPersRG) auf die DT AG übergeleitet.

4

Die DT AG vereinbarte in der Folgezeit mit der Deutschen Postgewerkschaft (DPG) Tarifverträge, die ua. die zuvor zwischen der Deutschen Bundespost und der DPG geschlossenen „Tarifverträge für die Arbeiter der Deutschen Bundespost“ (nachfolgend TVArb) für den Bereich der DT AG abänderten. Eine weitgehende Ablösung der vormals mit der Deutschen Bundespost geschlossenen und auch noch nachfolgend geänderten Tarifverträge erfolgte anlässlich der Einführung des „Neuen Bewertungs- und Bezahlungssystems - NBBS“ zum 1. Juli 2001 in einem gesonderten Übergangstarifvertrag, dem Tarifvertrag zur Umstellung auf das NBBS.

5

Im Jahre 2007 gründete die DT AG drei Telekom Service Gesellschaften, darunter die Beklagte. Das Arbeitsverhältnis des Klägers ging infolge Betriebsübergangs mit dem 25. Juni 2007 auf diese über. Bis zu diesem Zeitpunkt wurden auf das Arbeitsverhältnis des Klägers stets die jeweiligen für ihn einschlägigen Tarifverträge der Deutschen Bundespost und später die der DT AG angewendet. Die Beklagte schloss ebenfalls am 25. Juni 2007 mit der Gewerkschaft ver.di Haustarifverträge ab, darunter den Manteltarifvertrag (MTV DTTS) und den Entgeltrahmentarifvertrag (ERTV DTTS), die von den Tarifverträgen der DT AG ua. bei der Arbeitszeit und beim Entgelt Abweichungen enthalten. Mit Schreiben vom 9. Januar 2008 hat der Kläger erfolglos Ansprüche nach den vormals bei der DT AG bestehenden Tarifverträgen geltend gemacht.

6

Mit seiner Klage begehrt der Kläger ua. die Feststellung, dass auf das Arbeitsverhältnis die Tarifverträge der DT AG mit dem Regelungsbestand vom 24. Juni 2007 anzuwenden sind. Er ist der Auffassung, ein solcher Feststellungsantrag sei zulässig, da mit ihm die Anwendbarkeit der Tarifverträge der DT AG auf das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis geklärt werde. Die Hilfsanträge seien für den Fall der Unzulässigkeit des Hauptantrages gestellt. Bei der arbeitsvertraglichen Regelung handele es sich um eine kleine dynamische Bezugnahmeklausel, die das Tarifwerk der Deutschen Bundespost und später dasjenige der DT AG zur Anwendung bringe. Da die DT AG kraft Gesetzes Rechtsnachfolgerin der Deutschen Bundespost - Telekom sei, würden die von ihr seit 1995 geschlossenen neuen Tarifverträge ohne weiteres von der Bezugnahmeklausel erfasst. Die mit der Beklagten geschlossenen Haustarifverträge hätten die mit der DT AG vereinbarten hingegen nicht im Wege einer Tarifsukzession ersetzt.

7

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

I.    

festzustellen, dass auf das Arbeitsverhältnis des Klägers zu der Beklagten die Tarifverträge der Deutschen Telekom AG, Tarifstand 24. Juni 2007, anzuwenden sind,

        

II.     

hilfsweise

        

1.    

Es wird festgestellt, dass die wöchentliche Arbeitszeit des Klägers über den 1. Juli 2007 hinaus weiterhin 34 Stunden gem. den tariflichen Bestimmungen der Deutschen Telekom AG, Tarifstand 24. Juni 2007, beträgt.

        

2.    

Es wird festgestellt, dass entsprechend den bisherigen arbeitsvertraglichen Bedingungen zwischen dem Kläger und der Deutschen Telekom AG die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger ab dem 1. Juli 2007 ein monatliches Entgelt nach Lohngruppe T 6 GrST 4 nach dem Entgelttarifvertrag der Deutschen Telekom AG, Stand Juni 2007, in Höhe von 3.444,00 Euro brutto sowie eine monatliche vermögenswirksame Leistung in Höhe von 6,65 Euro zu zahlen.

        

3.    

Es wird festgestellt, dass entsprechend den bisherigen arbeitsvertraglichen Bedingungen zwischen dem Kläger und der Deutschen Telekom AG der Samstag kein Regelarbeitstag ist.

        

4.    

Es wird festgestellt, dass entsprechend den bisherigen arbeitsvertraglichen Bedingungen zwischen dem Kläger und der Deutschen Telekom AG der Heiligabend (24.12.), Silvester (31.12.) sowie der Samstag vor Ostersonntag und Pfingstsonntag keine regulären Arbeitstage sind.

        

5.    

Es wird festgestellt, dass entsprechend den bisherigen arbeitsvertraglichen Bedingungen zwischen dem Kläger und der Deutschen Telekom AG Samstag und Sonntag zusammenhängende reguläre freie Arbeitstage pro Woche sind.

        

6.    

Es wird festgestellt, dass entsprechend den bisherigen arbeitsvertraglichen Bedingungen zwischen dem Kläger und der Deutschen Telekom AG es keinen so genannten optimierten Dienstantritt gibt.

        

7.    

Es wird festgestellt, dass der Kläger entsprechend den bisherigen arbeitsvertraglichen Bedingungen zwischen dem Kläger und der Deutschen Telekom AG gem. § 26 des Manteltarifvertrages iVm. § 7 des Tarifvertrages über Sonderregelungen besonderen Kündigungsschutz für ältere Arbeitnehmer bei der Deutschen Telekom AG, Tarifstand 24. Juni 2007, besitzt.

8

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

9

Der Feststellungsantrag sei wegen des Vorrangs der Leistungsklage unzulässig. Der Antrag sei nicht geeignet, den Streit zwischen den Parteien abschließend zu klären. Darüber hinaus sei die Klage unbegründet. Mit dem Betriebsübergang seien die für die DT AG geltenden Tarifbestimmungen durch die bei ihr geltenden Haustarifverträge ersetzt worden. Die vertragliche Verweisung sei zwar zunächst als eine sog. kleine dynamische Bezugnahmeklausel vereinbart worden. Ab dem 1. Juli 2001 habe jedoch eine Regelungslücke bestanden, weil die Tarifverträge vom Wortlaut nicht erfasst seien. Aus der zeitdynamischen Bezugnahme des Tarifwerks der Deutschen Bundespost ergebe sich der Parteiwille, auch die Tarifverträge der DT AG und die ihrer Nachfolgeeinheiten in Bezug zu nehmen. Die Vertragspraxis der Parteien zeige auch deren Willen, die jeweils einschlägigen Tarifverträge anzuwenden. Zudem habe mit der Gewerkschaft ver.di stets diejenige Gewerkschaft gehandelt, die - früher noch als Deutsche Postgewerkschaft - den TV Arb und die Nachfolgetarifverträge geschlossen habe. Es handele sich um eine unternehmensübergreifende und konzernbezogene Tarifeinigung mit Ablösungswillen. Diese Tarifsukzession setze sich mit der Aufgliederung in immer kleinere Konzerngesellschaften fort. Es sei Sinn und Zweck der Gleichstellungsabrede, gleiche Arbeitsbedingungen in dem jeweiligen Konzernunternehmen der DT AG sicherzustellen.

10

Das Arbeitsgericht hat der Feststellungsklage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Beklagten die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat den Feststellungsantrag zu 1. zu Unrecht abgewiesen. Der Antrag ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts begründet. Der Kläger kann die Anwendung der Tarifverträge der DT AG mit dem Regelungsstand vom 24. Juni 2007 auf sein Arbeitsverhältnis aufgrund der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel verlangen.

12

I. Der Feststellungsantrag zu 1. ist zulässig.

13

1. Der Feststellungsantrag bedarf der Auslegung. Er ist, obwohl er nach seinem Wortlaut nur gegenwartsbezogen formuliert ist, dahingehend zu verstehen, dass der Kläger die Anwendbarkeit der im Antrag genannten Tarifverträge ab dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs, dem 25. Juni 2007, festgestellt wissen will. Das ergibt sich aus dem Vorbringen des Klägers. Der Kläger hat bereits mit seinem Geltendmachungsschreiben die Anwendbarkeit der vormals bei der DT AG bestehenden Tarifverträge mit dem Regelungsbestand, der bei Ablauf des 24. Juni 2007 bestand, angemahnt. Dieses Verständnis seines Antrages hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt.

14

2. Der derart klargestellte Antrag ist entgegen der Auffassung der Beklagten zulässig. Damit fallen die Hilfsanträge nicht zur Entscheidung an.

15

Eine Feststellungsklage kann sich auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken - sog. Elementenfeststellungsklage -. Auch die Anwendbarkeit eines bestimmten Tarifvertrages oder Tarifwerks auf ein Arbeitsverhältnis kann Gegenstand einer Feststellungsklage sein (st. Rspr., s. nur BAG 22. Oktober 2008 - 4 AZR 784/07 - Rn. 11 mwN, BAGE 128, 165). Mit dem in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat klargestellten Begehren kann der Streit der Parteien über Grund und Umfang insbesondere der zukünftigen Leistungspflichten, die sich aus der Bezugnahmeklausel in seinem Arbeitsvertrag vom 3. September 1980 ergeben, geklärt werden. Dass die Beklagte einer gerichtlichen Feststellung nicht Folge leisten will, trägt sie selbst nicht vor. Für ein solches zukünftiges Verhalten fehlt es auch an Anhaltspunkten. Aufgrund der Befriedungsfunktion eines Feststellungsurteils ist der Kläger entgegen dem Vorbringen der Beklagten auch nicht gehalten, eine Leistungsklage zu erheben (BAG 5. November 2003 - 4 AZR 632/02 - zu I 2 a der Gründe, BAGE 108, 224; 9. Mai 2007 - 4 AZR 319/06 - Rn. 15, AP BGB § 305c Nr. 8 = EzA BGB 2002 § 305c Nr. 12). Entgegen der Auffassung der Beklagten bleibt auch etwa nicht ungeklärt, welche Ausschlussfristen zu beachten sind. Die von der Beklagten geschlossenen Tarifverträge gelten nicht nach § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG für das Arbeitsverhältnis des tarifungebundenen Klägers.

16

II. Der Feststellungsantrag zu 1. ist begründet. Die Tarifverträge der DT AG sind kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme auf das Arbeitsverhältnis der Parteien mit dem tariflichen Regelungsbestand vom 24. Juni 2007, dem Tag vor dem Betriebsübergang auf die Beklagte, anzuwenden. Das ergibt eine ergänzende Auslegung der vereinbarten Bezugnahmeklausel, bei der es sich um eine sog. Gleichstellungsabrede iSd. früheren Senatsrechtsprechung handelt. Diese erfasst nach dem Betriebsübergang auf die Beklagte allerdings nicht die von ihr geschlossenen Haustarifverträge, weil sie auch im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung weder als Tarifwechselklausel noch als eine Bezugnahmeklausel verstanden werden kann, die jedenfalls auf die im Konzern der DT AG für die einzelnen Konzernunternehmen jeweils einschlägigen Tarifverträge verweist.

17

1. Die Parteien stimmen zu Recht darin überein, dass es sich bei der Bezugnahmeregelung in dem 1980 geschlossenen Arbeitsvertrag um eine sog. Gleichstellungsabrede iSd. früheren Senatsrechtsprechung handelt.

18

a) Nach dieser Rechtsprechung waren bei Tarifgebundenheit des Arbeitgebers - anders als bei nicht tarifgebundenen Arbeitgebern - Verweisungsklauseln wie diejenige in dem Arbeitsvertrag der Parteien in aller Regel als sog. Gleichstellungsabreden auszulegen. Dies beruhte auf der Vorstellung, dass mit einer solchen von einem tarifgebundenen Arbeitgeber gestellten Vertragsklausel lediglich die möglicherweise fehlende Gebundenheit des Arbeitnehmers an die im Arbeitsvertrag genannten Tarifverträge ersetzt werden soll, um jedenfalls zu einer vertraglichen Anwendung des einschlägigen Tarifvertrages zu kommen und damit - bei deren genereller Verwendung - zu dessen Geltung für alle Beschäftigten (vgl. nur BAG 21. August 2002 - 4 AZR 263/01 - zu I 2 b der Gründe, BAGE 102, 275; 25. September 2002 - 4 AZR 294/01 - zu II 2 f bb der Gründe, BAGE 103, 9; 1. Dezember 2004 - 4 AZR 50/04 - zu I 2 a der Gründe, BAGE 113, 40 ). Diese Auslegungsregel hält der Senat nicht mehr aufrecht. Er wendet sie aus Gründen des Vertrauensschutzes aber weiterhin auf die Verweisungsklauseln in Arbeitsverträgen an, die vor dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform zum 1. Januar 2002 abgeschlossen worden sind ( st. Rspr., vgl. nur BAG 18. November 2009 - 4 AZR 514/08 - Rn. 18 und 22 jeweils mwN, BAGE 132, 261; 26. August 2009 - 4 AZR 285/08 - Rn. 49, BAGE 132, 10; 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 26 ff., BAGE 122, 74; 14. Dezember 2005 - 4 AZR 536/04 - Rn. 24 ff., BAGE 116, 326).

19

b) Da die im Arbeitsvertrag enthaltene Verweisung auf die Tarifverträge für die Arbeiter der Deutschen Bundespost im Jahre 1980 vereinbart worden ist, kommt bei dessen Auslegung weiterhin die frühere Senatsrechtsprechung zum Tragen. Danach ist die Bezugnahmeklausel des Arbeitsvertrages eine Gleichstellungsabrede. Sie verweist auf die fachlich einschlägigen Tarifverträge, an die die damalige Arbeitgeberin tarifgebunden war. Auf diese Weise sind deren Regelungen mit der sich aus dem Charakter als Gleichstellungsabrede ergebenden Maßgabe Inhalt des Arbeitsvertrages des Klägers geworden.

20

2. Nach dem Arbeitsvertrag sind für das Arbeitsverhältnis die Anwendung der „Bestimmungen des Tarifvertrages für die Arbeiter der Deutschen Bundespost (TV Arb) und die sonstigen Tarifverträge für die Arbeiter der Deutschen Bundespost … in ihrer jeweiligen Fassung“ vereinbart. Diese Abrede enthält eine dynamische Bezugnahme, die den TV Arb und die sonstigen Tarifverträge für die Arbeiter der Deutschen Bundespost erfasst.

21

a) Bei dem zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsvertrag handelt es sich um einen Formularvertrag, dessen Inhalt als Allgemeine Geschäftsbedingung nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen ist, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten ( BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 15, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 76 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 48; 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 12, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 73 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44 ). Die Auslegung durch das Landesarbeitsgericht kann vom Revisionsgericht ohne Einschränkung überprüft werden (st. Rspr., vgl. nur BAG 30. August 2000 - 4 AZR 581/99 - zu I 1 b der Gründe mwN, BAGE 95, 296). Dies gilt auch für Bezugnahmeklauseln (BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - aaO; 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 24, BAGE 122, 74).

22

b) Danach enthält der Arbeitsvertrag eine zeitdynamische Bezugnahme auf die jeweiligen Regelungen des TV Arb einschließlich der hierzu geschlossenen Zusatztarifverträge, die aber nicht inhaltsdynamisch ausgestaltet ist.

23

aa) Im Arbeitsvertrag knüpfen die Parteien hinsichtlich der Arbeitsbedingungen an die für den Bereich der damaligen Deutschen Bundespost im Arbeiterbereich tariflich vereinbarten Regelungen an und gestalten sie zeitdynamisch. Davon gehen die Parteien übereinstimmend aus und dem entsprach auch die arbeitsvertragliche Praxis. Damit wollte die Deutsche Bundespost in ihren Betrieben das für sie geltende Tarifwerk anwenden und die dort stattfindende tarifliche Entwicklung auch in den Arbeitsverhältnissen der nicht tarifgebundenen Arbeitnehmer nachvollziehen.

24

bb) Die Bezugnahme erfasst von ihrem Wortlaut her jedenfalls nicht die den TV Arb und seine Zusatztarifverträge ersetzenden Tarifverträge der DT AG im Zuge der Vereinbarung der Tarifverträge des NBBS. Diese sind keine „jeweilige Fassung“ des TV Arb und der ihn ergänzenden oder ändernden Tarifverträge und wurden zudem nicht von der Deutschen Bundespost, sondern von einem der drei Nachfolgeunternehmen, der DT AG, geschlossen. Der Arbeitsvertrag ist hinsichtlich der Bezugnahme nur zeitdynamisch auf den TV Arb, nicht aber inhaltsdynamisch auf die Tarifverträge der DT AG ausgestaltet (s. auch BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 18, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 76 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 48; 10. Juni 2009 - 4 AZR 194/08 - Rn. 38, AP BGB § 157 Nr. 38; jeweils zum BAT). Ob die von der DT AG und der DPG seit Beginn des Jahres 1995 geschlossenen Tarifverträge, die den TV Arb und die Zusatztarifverträge für den Bereich der DT AG - teilweise unter Beibehaltung der Bezeichnung „TV Arb“ - änderten und ergänzten, noch ohne weiteres von der Bezugnahmeregelung erfasst waren, obwohl sie auf Arbeitgeberseite von der DT AG und nicht von der Deutschen Bundespost geschlossen worden waren, muss der Senat vorliegend nicht entscheiden.

25

3. Die Anwendbarkeit der Regelungen der vom Kläger angeführten Tarifverträge mit dem Regelungsstand vom 24. Juni 2007 ergibt sich jedenfalls aufgrund einer ergänzenden Auslegung der im Arbeitsvertrag enthaltenen Bezugnahmeklausel in Form einer sog. Gleichstellungsabrede. Der Arbeitsvertrag der Parteien enthält aufgrund des Übergangs der Deutschen Bundespost im Wege der partiellen Gesamtrechtsnachfolge auf die DT AG zum 1. Januar 1995 und durch die Ablösung der fortgeschriebenen Regelungen des TV Arb und der ihn ergänzenden Tarifverträge durch die Einführung des NBBS und der in diesem Zusammenhang geschlossenen Tarifverträge jedenfalls spätestens seit dem 1. Juli 2001 eine nachträglich eingetretene Regelungslücke, die im Wege einer zulässigen ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen ist.

26

a) Der Arbeitsvertrag ist, weil er nachträglich lückenhaft geworden ist, einer ergänzenden Vertragsauslegung zugänglich.

27

aa) Voraussetzung der ergänzenden Vertragsauslegung ist, dass die Vereinbarung eine Regelungslücke iSe. planwidrigen Unvollständigkeit aufweist (BAG 9. Dezember 2008 - 3 AZR 431/07 - Rn. 25; 21. April 2009 - 3 AZR 640/07 - Rn. 33, BAGE 130, 202). Eine Regelungslücke liegt dabei nur vor, wenn die Parteien einen Punkt übersehen oder zwar nicht übersehen, aber doch bewusst offengelassen haben, weil sie ihn im Zeitpunkt des Vertragsschlusses für nicht regelungsbedürftig gehalten haben, und die Annahme der fehlenden Regelungsbedürftigkeit sich nachträglich als unzutreffend herausstellt. Von einer Planwidrigkeit kann nur die Rede sein, wenn der Vertrag eine Bestimmung vermissen lässt, die erforderlich ist, um den ihm zugrunde liegenden Regelungsplan zu verwirklichen, mithin ohne Vervollständigung des Vertrages eine diesem einvernehmlichen Regelungsplan angemessene, interessengerechte Lösung nicht zu erzielen ist (BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 23 mwN, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 76 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 48; 21. April 2009 - 3 AZR 640/07 - aaO).

28

bb) Danach ist die Bezugnahme im Arbeitsvertrag lückenhaft. Aus der dynamischen Ausgestaltung der Bezugnahme auf das jeweils geltende tarifliche Regelungswerk für die Arbeiter der Deutschen Bundespost ergibt sich der Wille der Parteien, die Arbeitsbedingungen nicht in einer bestimmten Weise festzuschreiben, sondern sie - dynamisch - an der Tarifentwicklung im Bereich der Deutschen Bundespost auszurichten. Das Arbeitsverhältnis wird in seiner Entwicklung an diejenigen Arbeitsbedingungen gebunden, die für die Arbeitnehmer gelten, die von dem in Bezug genommenen Tarifvertrag erfasst werden.

29

Die Parteien haben allerdings, wie sie übereinstimmend vorgetragen haben, bei Abschluss des Arbeitsvertrages nicht bedacht, dass die Deutsche Bundespost privatisiert und im Wege der partiellen Gesamtrechtsnachfolge auf drei rechtlich selbständige Aktiengesellschaften übergeht und infolgedessen der TV Arb durch die Deutsche Bundespost nicht mehr fortgeführt werden könnte, weshalb für diesen Fall eine Regelung im Arbeitsvertrag fehlt. Durch die fast vollständige Ersetzung des tariflichen Regelungswerks für die Arbeiter der Deutschen Bundespost im Bereich der DT AG zum 1. Juli 2001 durch das neue Tarifwerk im Rahmen des NBBS war der bestehende Vertrag spätestens seit dem 1. Juli 2001 lückenhaft geworden.

30

Ob die DT AG als einer der drei Rechtsnachfolger der Deutschen Bundespost aufgrund der Regelung in § 21 Abs. 1 PostPersG in die von dieser geschlossenen Tarifverträge tatsächlich im Wege der partiellen Gesamtrechtsnachfolge eingetreten ist, wie es der Kläger meint, und was im Ergebnis zu einer „Verdreifachung“ des bestehenden Tarifwerks auf drei Rechtsnachfolger geführt hätte, muss der Senat nicht abschließend entscheiden. Denn jedenfalls die Tarifverträge, die im Rahmen des NBBS geschlossen wurden, werden von der Bezugnahmeklausel nicht mehr erfasst (unter II 2 b bb).

31

b) Eine nachträglich entstandene Regelungslücke ist im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen. Diese ergibt, dass die Parteien die für den Kläger einschlägigen Tarifverträge der DT AG vereinbart hätten. Ob der Kläger und die DT AG durch ihre Vertragspraxis nach dem 1. Juli 2001 bis zum Betriebsübergang auf die Beklagte im weiteren Verlauf des Arbeitsverhältnisses konkludent die Bezugnahmeklausel dahingehend abgeändert haben, es sollen die Tarifverträge der DT AG zur Anwendung kommen, muss, auch wenn vieles hierfür spricht, daher nicht abschließend entschieden werden (dazu etwa BAG 24. September 2008 - 6 AZR 76/07 - Rn. 25, BAGE 128, 73), da sich deren Anwendbarkeit jedenfalls infolge einer ergänzenden Vertragsauslegung ergibt.

32

aa) Im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung tritt an die Stelle der lückenhaften Klausel diejenige Gestaltung, die die Parteien bei einer angemessenen Abwägung der beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragsparteien vereinbart hätten, wenn ihnen die Unwirksamkeit der Geschäftsbedingung bekannt gewesen wäre (st. Rspr., etwa BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 31, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 76 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 48; 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 22, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 73 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44 ; 25. April 2007 - 5 AZR 627/06 - Rn. 26, BAGE 122, 182). Die ergänzende Vertragsauslegung im Bereich der Allgemeinen Geschäftsbedingungen hat sich zu orientieren an einem objektiv-generalisierenden, am Willen und Interesse der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise, ausgerichteten Maßstab, und nicht nur an dem der konkret beteiligten Personen (BGH 7. März 1989 - KZR 15/87 - zu II 1 der Gründe mwN, BGHZ 107, 273). Die Vertragsergänzung muss deshalb für den betroffenen Vertragstyp als allgemeine Lösung eines stets wiederkehrenden Interessengegensatzes angemessen sein. Maßgebender Zeitpunkt für die Feststellung und Bewertung des mutmaßlichen typisierten Parteiwillens und der Interessenlage ist der Zeitpunkt des Vertragsschlusses, da die ergänzende Vertragsauslegung eine anfängliche Regelungslücke rückwirkend schließt (BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - aaO; BGH 12. Oktober 2005 - IV ZR 162/03 - zu B IV 1 b der Gründe, BGHZ 164, 297). Das gilt auch, wenn eine Lücke sich erst nachträglich als Folge des weiteren Verlaufs der Dinge ergeben hat (BGH 6. Juli 1989 - III ZR 35/88 - zu II 4 a der Gründe, NJW-RR 1989, 1490). Zunächst ist hierfür an den Vertrag selbst anzuknüpfen, denn die in ihm enthaltenen Regelungen und Wertungen, sein Sinn und Zweck sind Ausgangspunkt der Vertragsergänzung. Soweit irgend möglich, sind danach Lücken im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung in der Weise auszufüllen, dass die Grundzüge des konkreten Vertrages „zu Ende gedacht“ werden (BGH 20. September 1993 - II ZR 104/92 - zu 2 der Gründe, BGHZ 123, 281).

33

bb) Ausgehend von diesen Maßstäben hätten die Parteien redlicherweise für den Fall des Wegfalls der ursprünglichen Tarifvertragspartei Deutsche Bundespost auf Arbeitgeberseite infolge der Postreform II und der damit verbundenen partiellen Gesamtrechtsnachfolge auf die DT AG sowie der sich nachfolgend vollziehenden Ablösung der Tarifverträge der Deutschen Bundespost durch das tarifliche Regelungswerk der DT AG dessen arbeitsvertragliche Bezugnahme vereinbart, weil eine statische Regelung der Arbeitsbedingungen nach dem TV Arb und den weiteren Tarifverträgen für die Arbeiter, sei es in dem Regelungsbestand zum Jahreswechsel 1995 oder zum 1. Juli 2001, nicht ihren Interessen entsprach.

34

Zwar handelt es sich bei der Ersetzung des TV Arb durch das Tarifwerk der DT AG nicht um eine von den denselben Tarifvertragsparteien vereinbarte Tarifsukzession innerhalb des Anwendungsbereichs des bisherigen Tarifvertrages, wie es etwa im Bereich des öffentlichen Dienstes durch die weitgehende Ersetzung des BAT durch die Nachfolgetarifverträge der Fall gewesen ist (dazu ausf. BAG 22. April 2009 - 4 ABR 14/08 - Rn. 24 ff. mwN, BAGE 130, 286). Das würde nicht berücksichtigen, dass es nicht nur zu einer Ablösung des TV Arb sowie der ihn ändernden und ergänzenden Tarifverträge gekommen ist, sondern auch zu einer partiellen Gesamtrechtsnachfolge in Bezug auf die ursprüngliche Tarifvertragspartei „Deutsche Bundespost“, die im weiteren Verlauf drei voneinander differierende Tarifvertragswerke in den Unternehmen DT AG, Deutsche Post AG und Deutsche Postbank AG hervorgebracht hat.

35

Jedenfalls für den Kläger, der seit Beginn seiner Tätigkeit stets als Fernmeldehandwerker in dem Unternehmensbereich tätig gewesen ist, der später den Geschäftsbereich Fernmeldedienst und nachfolgend Telekom bildete und anschließend auf die DT AG übergegangen ist, ist davon auszugehen, dass die Arbeitsvertragsparteien in diesem speziellen Fall einer Gesamtrechtsnachfolge auf drei Nachfolgeunternehmen unter Wegfall der ursprünglichen Tarifvertragspartei von den dann bestehenden Nachfolgeregelungen diejenigen Tarifbestimmungen in Bezug genommen hätten, die dem Tätigkeitsbereich des Klägers entsprechen. Dies sind die Tarifverträge der DT AG. Dem entspricht auch die Vertragspraxis der damaligen Arbeitsvertragsparteien - des Klägers und der DT AG -, die bis zum Betriebsübergang im Jahre 2007 stets dieses Tarifwerk angewendet haben.

36

4. Infolge des Betriebsübergangs auf die Beklagte hat sich an dieser Rechtslage nichts geändert. Die so begründeten, aus dem in Bezug genommenen Tarifwerk herrührenden individualvertraglichen Rechte und Pflichten wurden nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB Inhalt des Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten als Erwerberin(vgl. BAG 17. November 2010 - 4 AZR 391/09 - Rn. 19, NZA 2011, 356; 19. März 2003 - 4 AZR 331/02 - BAGE 105, 284; 26. September 2001 - 4 AZR 544/00 - BAGE 99, 120), und zwar, weil es sich um eine Gleichstellungsabrede handelt (oben II 1 a), mit dem tariflichen Regelungsbestand vom 24. Juni 2007. Die Bezugnahme erstreckt sich dagegen nicht auf die von der Beklagten geschlossenen Tarifverträge.

37

a) Die Bezugnahmeklausel erfasst nicht die bei der Beklagten bestehenden Tarifverträge. Besondere Umstände, die eine erweiternde Auslegung der Bezugnahmeklausel ermöglichen, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Für eine weitere ergänzende Vertragsauslegung fehlt es an der erforderlichen Vertragslücke. Ein anderes ergibt sich nicht aus dem Charakter der Bezugnahmeklausel als Gleichstellungsabrede.

38

aa) Die Bezugnahmeklausel erfasst nach ihrem Inhalt nicht die bei der Beklagten geschlossenen Tarifverträge.

39

(1) Der Wortlaut der Bezugnahmeklausel gibt keine ausreichenden Hinweise darauf, dass eine Tarifwechselklausel oder zumindest eine Bezugnahme vereinbart worden ist, die die jeweiligen Tarifverträge von einzelnen Konzernunternehmen der DT AG erfasst. Das gilt auch für die im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung bestehende Bezugnahmeregelung. Es bestehen selbst unter Berücksichtigung der Vertragspraxis bei der DT AG bis zum Betriebsübergang im Jahre 2007 keine Anhaltspunkte dafür, es sollten über die von der DT AG selbst geschlossenen Tarifregelungen weitere Tarifverträge anderer Tarifvertragsparteien erfasst werden. Anhaltspunkte, die ursprüngliche Bezugnahmeklausel sei bereits ihrem Wortlaut nach als Tarifwechselklausel auszulegen, sind nicht erkennbar. Das gilt auch für ihren Inhalt aufgrund der ergänzenden Vertragsauslegung.

40

(2) Auch für die von der Beklagten in Anspruch genommene Auslegung dahingehend, jedenfalls innerhalb einzelner Konzernunternehmen sollten im Falle von Unternehmensabspaltungen oder Neugründungen von Tochterunternehmen mit nachfolgenden (Teil-)Betriebsübergängen die dort jeweils einschlägigen Tarifverträge angewendet werden, gibt es weder im Vertragswortlaut noch in der folgenden Vertragspraxis einen hinreichenden Anhaltspunkt. Deshalb kann nicht davon ausgegangen werden, es solle die Tarifentwicklung nicht nur bei der DT AG, sondern auch bei von ihr gegründeten Tochterunternehmen jeweils nachvollzogen werden, selbst wenn die DT AG und die von ihr geschlossenen und arbeitsvertraglich - mit - in Bezug genommenen Tarifverträge weiterhin bestehen und als solche auch weiterentwickelt werden.

41

(3) Eine arbeitsvertragliche Bezugnahme auf die bei der Beklagten geltenden Haustarifverträge kann dem Arbeitsvertrag der Parteien nicht im Wege einer - weiteren - ergänzenden Vertragsauslegung entnommen werden. Weder liegt ein Fall der Tarifsukzession vor, wie die Beklagte meint, noch besteht eine Vertragslücke.

42

Eine von den denselben Tarifvertragsparteien vereinbarte Tarifsukzession innerhalb des Geltungsbereichs des bisherigen Tarifvertrages, wie sie etwa im Bereich des öffentlichen Dienstes durch die weitgehende Ersetzung des BAT durch die Nachfolgetarifverträge geschehen ist (dazu ausf. BAG 22. April 2009 - 4 ABR 14/08 - Rn. 24 ff. mwN, BAGE 130, 286), ist vorliegend nicht gegeben. Vielmehr bestehen die Tarifverträge bei der DT AG nach wie vor fort. Deshalb fehlt es auch an einer Vertragslücke, weil das Bezugnahmeobjekt - anders als der TV Arb und die dazu geschlossenen Zusatztarifverträge spätestens zum 1. Juli 2001 - nicht weggefallen ist.

43

(4) Ebenso wenig hat ein „abgestimmtes Verhalten“ von Tarifvertragsparteien Einfluss auf die Auslegung einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel. Ihr eventueller Gestaltungswille als nicht am Arbeitsvertrag Beteiligte ist für die Auslegung einer einzelvertraglichen Bezugnahmeklausel ohne Bedeutung (BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 20, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 76 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 48; 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 16, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 73 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44). Allein der Umstand, dass die DT AG vor dem Betriebsübergang Spartentarifverträge hätte schließen können, die dann von der Bezugnahmeklausel hätten erfasst sein können, führt nicht dazu, dass der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag nun - da dies nicht geschehen ist - entsprechend korrigierend auszulegen wäre. Der DT AG wäre es - eine Einigung mit der vertragsschließenden Gewerkschaft vorausgesetzt - zwar unbenommen gewesen, Spartentarifverträge für ihr Unternehmen abzuschließen. Aber selbst dann würde die Bezugnahmeklausel im Falle eines nachfolgenden Betriebsübergangs nur die von der DT AG geschlossenen Tarifverträge erfassen, nicht aber nachfolgende Tarifverträge der Beklagten, die diese inhaltlich fortsetzen.

44

bb) Dafür, dass die Bezugnahmeklausel über ihren Wortlaut hinaus auch einen Wechsel auf die jeweils einschlägigen Tarifverträge in Konzernunternehmen der DT AG mit erfassen soll, spricht nichts.

45

(1) Nach der Rechtsprechung des Senats kann die Bezugnahme auf das Tarifwerk einer bestimmten Branche über ihren Wortlaut hinaus nur dann als große dynamische Verweisung - Bezugnahme auf den jeweils für den Betrieb fachlich bzw. betrieblich geltenden Tarifvertrag - ausgelegt werden, wenn sich dies aus besonderen Umständen ergibt (st. Rspr., 22. Oktober 2008 - 4 AZR 784/07 - Rn. 21 mwN, BAGE 128, 165; 29. August 2007 - 4 AZR 767/06 - Rn. 17, BAGE 124, 34; 25. September 2002 - 4 AZR 294/01 - zu II 2 c der Gründe, BAGE 103, 9).

46

(2) Ein derartiges am Wortlaut der Bezugnahmeklausel orientiertes Auslegungsergebnis gilt auch, wenn die Arbeitsvertragsparteien vertraglich die Anwendung eines beim Arbeitgeber geltenden Haustarifvertrages vereinbaren und diesen in der Klausel namentlich bezeichnen. In Bezug genommen ist dann nur der genannte Tarifvertrag oder das betreffende Tarifwerk in seiner jeweiligen Fassung und - was durch Auslegung der Klausel zu ermitteln ist - die ergänzenden, ändernden und ggf. ersetzenden Tarifverträge.

47

Auch hier haben die Arbeitsvertragsparteien die Möglichkeit, die Rechtsfolge eines Tarifwechsels, etwa weil wie hier ein anderer Arbeitgeber an einen anderen abgeschlossenen Tarifvertrag gebunden ist, ausdrücklich zu vereinbaren. Sie bestimmen mit ihrer vertraglichen Abrede den Umfang der Bezugnahme. Wollen die Arbeitsvertragsparteien für den Fall einer durch einen Betriebsübergang geänderten Tarifbindung des Arbeitgebers an einen anderen Tarifvertrag erreichen, dass durch eine vertragliche Bezugnahme das im neuen Unternehmen geltende Tarifrecht zur Anwendung kommt, haben sie die Möglichkeit, den Typus der Tarifwechselklausel zu wählen. Schlicht unterstellt werden kann der Wille zum Tarifwechsel nicht (st. Rspr., s. nur BAG 22. Oktober 2008 - 4 AZR 784/07 - Rn. 22 mwN, BAGE 128, 165). Solcher Tarifwechselklauseln hat sich die Beklagte im Übrigen auch in den später von ihr geschlossenen Arbeitsverträgen nach dem unstreitigen Vorbringen des Klägers bedient.

48

Das Argument der Beklagten, die vertragliche Bezugnahme sei dann anders zu beurteilen, wenn es sich lediglich um einen Arbeitgeberwechsel infolge eines Betriebsübergangs innerhalb derselben Branche handelt, verkennt, dass es sich hier um die Auslegung einer vertraglichen Abrede handelt. Hierfür ist es grundsätzlich ohne Bedeutung, ob sich die Tarifgebundenheit durch einen Verbandswechsel des Arbeitgebers ändert oder das Arbeitsverhältnis infolge eines Betriebsübergangs auf einen anders tarifgebundenen Arbeitgeber übergeht. Ebenso wenig ist es von Bedeutung, ob ein solcher Vorgang mit einem Branchenwechsel einhergeht (vgl. BAG 22. April 2009 - 4 ABR 14/08 - Rn. 27, BAGE 130, 286; 22. Oktober 2008 - 4 AZR 784/07 - Rn. 23, BAGE 128, 165).

49

(3) Die Beklagte kann sich schließlich nicht erfolgreich auf die Entscheidung des Senats vom 4. September 1996 (- 4 AZR 135/95 - BAGE 84, 97) stützen. Die damalige Entscheidung betraf zwar eine arbeitsvertragliche Verweisungsklausel, die keine Tarifwechselklausel zum Inhalt hatte, und im Fall des Verbandswechsels des Arbeitgebers korrigierend dahingehend ausgelegt wurde, dass eine Verweisung auf den jeweils für den Betrieb geltenden Tarifvertrag vereinbart sei. Grundlage dieses Verständnisses war der Umstand, dass der Vertragspartner der von unterschiedlichen Arbeitgeberverbänden abgeschlossenen Tarifverträge jeweils dieselbe Gewerkschaft war, der auch die damalige Klägerin angehört hatte. Soweit der Senat in der wiedergegebenen Rechtsprechung angenommen hat, in solchen Fallgestaltungen sei eine korrigierende Auslegung über den eindeutigen Wortlaut der Bezugnahmeklausel hinaus möglich, hat er diese kritisierte Rechtsprechung (s. nur Buchner Anm. EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 7; kritisch auch Annuß BB 1999, 2558; Danne SAE 1998, 111; Dauner-Lieb SAE 1999, 47; Kohte AuA 1997, 171) ausdrücklich aufgegeben (BAG 22. April 2009 - 4 ABR 14/08 - Rn. 73, BAGE 130, 286; im Anschluss an 22. Oktober 2008 - 4 AZR 784/07 - Rn. 24 f., BAGE 128, 165; relativierend bereits 30. August 2000 - 4 AZR 581/99 - zu I 1 c bb der Gründe, BAGE 95, 296 ).

50

cc) Entgegen der Auffassung der Beklagten führt der Umstand, dass die Verweisung im Arbeitsvertrag als Gleichstellungsabrede auszulegen ist, nicht zu einem Wechsel des auf vertraglicher Grundlage anwendbaren Tarifrechts. Das lässt sich weder aus Wortlaut und Sinn der Vertragsklausel noch aus dem Gedanken einer hierauf aufbauenden „entsprechenden Anwendung“ des § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB herleiten, die die Beklagte anführt.

51

(1) Das mit dem Begriff „Gleichstellungsabrede“ gekennzeichnete Auslegungsergebnis einer Bezugnahmeklausel hatte und hat in der Rechtsprechung des Senats nicht den Inhalt, den am Vertrag beteiligten Arbeitnehmer in jeder Hinsicht wie ein Mitglied der tarifschließenden Gewerkschaft oder zumindest tarifrechtlich wie einen an den in Bezug genommenen Tarifvertrag gebundenen Arbeitnehmer zu behandeln. Es ging und geht stets nur um die vertragsrechtliche Stellung des Arbeitnehmers, ihn also lediglich vertraglich hinsichtlich des in Bezug genommenen Tarifvertrages oder Tarifwerks so zu stellen, als wäre er an diesen Tarifvertrag gebunden. Wesentliche Rechtsfolge dieses Auslegungsergebnisses war es, die sich aus dem Wortlaut der Bezugnahme ergebende Dynamik der einzelvertraglich anwendbaren Tarifverträge auf die Zeit zu begrenzen, in der der Arbeitgeber ohnehin im Verhältnis zu tarifgebundenen Arbeitnehmern durch seine Verbandsmitgliedschaft an die Tarifentwicklung gebunden war. Eine Gleichstellung, die auch einen für Gewerkschaftsmitglieder normativ, beispielsweise aufgrund von § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB, eintretenden Tarifwechsel vertraglich nachvollzieht, kann zwar vereinbart werden; ein derartiger Regelungswille muss aber im Vertragswortlaut erkennbar zum Ausdruck kommen (BAG 17. November 2010 - 4 AZR 391/09 - Rn. 31, NZA 2011, 356). Das ist vorliegend nicht der Fall.

52

(2) In seinem Urteil vom 29. August 2007 hat der Senat im Einzelnen begründet, warum im Verhältnis zwischen einer vertraglich vereinbarten Tarifgeltung und einem normativ geltenden Tarifvertrag im Hinblick auf die unterschiedlichen Regelungsebenen entgegen der Auffassung der Beklagten eine entsprechende Anwendung des § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB nicht in Betracht kommt(-  4 AZR 767/06  - Rn. 19 mwN, BAGE 124, 34 zu den hierzu in der Literatur vertretenen Auffassungen). Der Senat nimmt hierauf zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug.

53

Die Vorschrift des § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB ist nicht dazu bestimmt, auf beim Veräußerer vertraglich begründete Rechte und Pflichten Einfluss zu nehmen. § 613a Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 BGB regeln ausschließlich den Erhalt von ursprünglich normativ begründeten Besitzständen nach einem Betriebsübergang, in dessen Folge die Voraussetzungen für eine normative Weitergeltung entfallen sind. Vertragliche Rechtspositionen, auch wenn sie in einer privatautonomen Einbeziehung von Tarifrecht ihren Grund haben, gehen ohne weiteres und uneingeschränkt nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB über. Ein anderes Verständnis stünde im Übrigen auch im Widerspruch zu Art. 3 Abs. 1 der Betriebsübergangs-Richtlinie 2001/23/EG vom 12. März 2001, wonach Rechte und Pflichten aus einem Arbeitsvertrag ohne weiteres auf den Erwerber übergehen (s. nur BAG 17. November 2010 - 4 AZR 391/09 - Rn. 23, NZA 2011, 356).

54

(3) Der weitere Einwand der Beklagten, dem Arbeitgeber werde bei einem Vertragsverständnis, das nicht zu einer Einbeziehung des bei ihm geltenden Tarifrechts führe, kein wirksames Instrument zur Verfügung gestellt, mit dem er in Ausübung seines Grundrechts des Art. 9 Abs. 3 GG „konstitutive einzelvertragliche Ansprüche jedenfalls ihrer ebenfalls tarifgebundenen Arbeitnehmer ändern … könnte“, weshalb es zu einem Verstoß gegen das Koalitionsgrundrecht komme, geht bereits im Ansatz fehl. Die Beklagte übersieht die unterschiedlichen Regelungsebenen tarifvertraglicher und individualvertraglicher Vereinbarungen.

55

Gegenstand kollektiver Regelungen durch tarifliche Inhaltsnormen ist die Festsetzung allgemeiner und gleicher Mindestarbeitsbedingungen. Die Möglichkeit, demgegenüber günstigere Arbeitsbedingungen einzelvertraglich zu vereinbaren, kann ein Tarifvertrag auch für tarifgebundene Arbeitsverhältnisse nicht einschränken (BAG 23. März 2011 - 4 AZR 366/09 - Rn. 41, NZA 2011, 920). Ebenso wenig kann ein Tarifvertrag bestehende individualvertraglich vereinbarte Rechte abändern oder verkürzen (s. nur BAG 18. August 1971 - 4 AZR 342/70 - BAGE 23, 399: Anrechnungsklausel). Von daher ist schon im Ansatz eine Verletzung des Koalitionsgrundrechts im Hinblick auf die verfassungsrechtlich gewährleistete Tarifautonomie ausgeschlossen. Das Recht, Tarifverträge mit unmittelbarer und zwingender Wirkung für die Tarifgebundenen zu vereinbaren - § 4 Abs. 1, § 3 Abs. 1 TVG - bleibt der Beklagten unbenommen. Ebenso unbeeinträchtigt davon bleiben allerdings auch die einzelvertraglich vereinbarten günstigeren Regelungen, die im Wege des Sachgruppenvergleichs (st. Rspr., etwa BAG 1. Juli 2009 - 4 AZR 261/08 - Rn. 60 mwN, BAGE 131, 176) zu ermitteln sind.

56

dd) Dem vorliegenden Ergebnis steht auch nicht die „Rechtsfolgenbetrachtung“ der Beklagten entgegen, wonach es im Falle von zwei aufeinanderfolgenden Betriebsübergängen zu einer nicht mehr auflösbaren Kollision des nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB transformierten Rechts kommen soll. Es könne dann nicht mehr geklärt werden, in welchem Verhältnis einzelvertraglich vereinbarte Regelungen und vormalige tariflich geltende Regelungen, die nun transformiert worden seien, zueinander stünden. Die Beklagte berücksichtigt nicht, dass die nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB transformierten Normen nicht dergestalt Inhalt der individualvertraglichen Abrede werden, wie dies bei der vertraglichen Bezugnahme von Tarifverträgen der Fall ist; sie behalten vielmehr ihren kollektiv-rechtlichen Charakter bei (ausf. BAG 22. April 2009 - 4 AZR 100/08 - Rn. 61 ff., BAGE 130, 237). Deshalb ist ein Günstigkeitsvergleich entgegen ihrer Auffassung ohne weiteres möglich und geboten, wenn es zu einem zweiten Betriebsübergang auf einen tarifungebundenen Erwerber kommt (dazu BAG 22. April 2009 - 4 AZR 100/08 - Rn. 30, aaO).

57

b) Eine korrigierende Auslegung im Sinne der Beklagten ist schließlich nicht aus Gründen des Vertrauensschutzes geboten.

58

aa) Die Beklagte verkennt, dass sich der in den Entscheidungen des Senats zur Gleichstellungsabrede gewährte Vertrauensschutz nicht darauf bezieht, ob eine Klausel als Tarifwechselklausel auszulegen ist oder nicht.

59

(1) Der Gleichstellungsgehalt einer solchen Vereinbarung ist nach der früheren Rechtsprechung auf den Zusammenhang zwischen der Dynamik der Bezugnahme und der Tarifgebundenheit des Arbeitgebers an die bezeichneten Tarifverträge beschränkt (BAG 29. August 2007 - 4 AZR 767/06 - Rn. 17 f., BAGE 124, 34; 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 27, BAGE 122, 74). Nur insoweit wendet der Senat die frühere Rechtsprechung auf „Altverträge“, also vor dem 1. Januar 2002 geschlossene Arbeitsverträge an und gewährt in diesem Rahmen Vertrauensschutz (st. Rspr., vgl. nur BAG 18. November 2009 - 4 AZR 514/08 - Rn. 18 und 22 jeweils mwN, BAGE 132, 261; 26. August 2009 - 4 AZR 285/08 - Rn. 49, BAGE 132, 10; 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 26 ff., BAGE 122, 74; 14. Dezember 2005 - 4 AZR 536/04 - Rn. 24 ff., BAGE 116, 326).

60

(2) Demgegenüber hat der Senat für die Annahme einer Tarifwechselklausel stets besondere und von der Annahme einer Gleichstellungsabrede unabhängige Voraussetzungen für notwendig erachtet (s. nur BAG 30. August 2000 - 4 AZR 581/99 - zu I 1 c bb der Gründe, BAGE 95, 296; 16. Oktober 2002 - 4 AZR 467/01 - zu I 1 b aa und bb aaa der Gründe, BAGE 103, 141).

61

bb) Die Beklagte kann sich schließlich nicht deshalb auf Vertrauensschutz berufen, weil das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein (11. August 2004 - 2 Sa 475/03 -) ihre Rechtsauffassung geteilt hat.

62

Die Gewährung von Vertrauensschutz in eine höchstrichterliche Rechtsprechung setzt voraus, dass die betroffene Partei in die Fortgeltung einer bisherigen Rechtsprechung vertrauen durfte. Selbst eine einzelne höchstgerichtliche Entscheidung reicht nicht aus, die Gewährung von Vertrauensschutz zu begründen. Für die vorliegende Fallgestaltung gibt es keine die Vertragsauslegung der Beklagten stützende höchstrichterliche Rechtsprechung, weshalb ein Vertrauensschutz schon deshalb ausscheidet (BAG 29. August 2007 - 4 AZR 765/06 - Rn. 31 f., AuR 2008, 181).

63

III. Die Beklagte hat die Kosten der Berufung und der Revsion nach § 91 ZPO zu tragen.

        

    Bepler    

        

    Creutzfeldt    

        

    Treber    

        

        

        

    H. Klotz    

        

    Th. Hess    

                 

(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Diese Vorschrift gilt entsprechend für Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen.

(2) Sind im Tarifvertrag gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien vorgesehen und geregelt (Lohnausgleichskassen, Urlaubskassen usw.), so gelten diese Regelungen auch unmittelbar und zwingend für die Satzung dieser Einrichtung und das Verhältnis der Einrichtung zu den tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

(3) Abweichende Abmachungen sind nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten.

(4) Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist ausgeschlossen. Ausschlußfristen für die Geltendmachung tariflicher Rechte können nur im Tarifvertrag vereinbart werden.

(5) Nach Ablauf des Tarifvertrags gelten seine Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 13. April 2011 - 2 Sa 228/10 - hinsichtlich des Tenors zu Ziff. I. 1., 2. und 3. aufgehoben.

Die Sache wird insoweit zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die gesamten Kosten des Rechtsstreits - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Dauer der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit und eine damit zusammenhängende Zeitgutschrift auf einem Arbeitszeitkonto des Klägers.

2

Der Kläger, der seit langem Mitglied der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (Gewerkschaft ver.di) ist, ist seit 1989 bei der Beklagten und ihren Rechtsvorgängerinnen beschäftigt. Im schriftlichen Arbeitsvertrag mit der Deutschen Bundespost Telekom vom 14. Februar 1992 heißt es ua.:

        

„Für das Arbeitsverhältnis gelten

        

-       

der ‚Tarifvertrag für die Angestellten der Deutschen Bundespost (TV Ang-O)’ und die sonstigen Tarifverträge für die Angestellten der Deutschen Bundespost im Beitrittsgebiet

                 

oder   

        

-       

der ‚Tarifvertrag für die Arbeiter der Deutschen Bundespost (TV Arb-O)’ und die sonstigen Tarifverträge für die Arbeiter der Deutschen Bundespost im Beitrittsgebiet

        

in ihrer jeweiligen Fassung als unmittelbar zwischen den Vertragsparteien vereinbart. …“

3

Im Zuge der sog. Postreform II wurden die Geschäftsbereiche der Deutschen Bundespost durch das Gesetz zur Umwandlung der Unternehmen der Deutschen Bundespost in die Rechtsform der Aktiengesellschaft (vom 14. September 1994, BGBl. I S. 2325, 2339 - Postumwandlungsgesetz - PostUmwG) privatisiert. Aus dem Geschäftsbereich, in dem der Kläger tätig gewesen war, entstand kraft Gesetzes die Deutsche Telekom AG (nachfolgend DT AG). Die DT AG vereinbarte in der Folgezeit mit der Deutschen Postgewerkschaft (DPG) Tarifverträge, die ua. die zuvor zwischen der Deutschen Bundespost und der DPG geschlossenen Tarifverträge für die Arbeiter und Angestellten der Deutschen Bundespost in Ost und West für den Bereich der DT AG abänderten. Eine weitgehende Ablösung der vormals mit der Deutschen Bundespost geschlossenen und nachfolgend geänderten Tarifverträge erfolgte anlässlich der Einführung des „Neuen Bewertungs- und Bezahlungssystems - NBBS“ zum 1. Juli 2001 in einem gesonderten Übergangstarifvertrag, dem Tarifvertrag zur Umstellung auf das NBBS. Auf das Arbeitsverhältnis des Klägers wurden die jeweiligen für ihn einschlägigen Tarifverträge der Deutschen Bundespost Telekom und später die der DT AG angewendet, unter anderem der Manteltarifvertrag der Deutschen Telekom AG in der Fassung vom 1. März 2004 (MTV DT AG), der in § 11 eine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 34 Stunden vorsieht.

4

Mit Wirkung ab dem 1. September 2007 wurde der Beschäftigungsbetrieb, in dem der Kläger tätig ist, im Wege des Betriebsübergangs von der V C S GmbH (VCS), einer Tochtergesellschaft der DT AG, übernommen. Der Kläger widersprach dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses nicht. In der Folgezeit wendete die VCS auf das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger den zwischen ihr und der Gewerkschaft ver.di geschlossenen, zum 1. März 2004 in Kraft getretenen Tarifvertrag zur Umsetzung des Beschäftigungsbündnisses (Umsetzungs-Tarifvertrag, UTV) an, der Abweichungen von den Tarifverträgen der DT AG ua. bei der Arbeitszeit und beim Entgelt enthält. Der UTV sieht ua. eine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 38 Stunden vor.

5

Zum 1. März 2008 übernahm die nicht tarifgebundene Beklagte den Beschäftigungsbetrieb des Klägers im Wege eines weiteren Betriebsübergangs.

6

Mit seiner Klage hat der Kläger nach vorheriger erfolgloser Geltendmachung zuletzt noch die Feststellung einer wöchentlichen Arbeitszeit von 34 Stunden sowie eine Gutschrift auf dem Arbeitszeitkonto von 140 Stunden aufgrund der im Zeitraum 1. Oktober 2008 bis 12. Juli 2009 abverlangten Arbeitszeit von 38 Stunden begehrt. Er hat die Auffassung vertreten, aufgrund der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel seien auf das Arbeitsverhältnis der Parteien die Tarifverträge der DT AG mit dem Regelungsstand vom 1. September 2007 anzuwenden, darunter der MTV DT AG mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 34 Stunden.

7

Der Kläger hat, soweit für die Revision von Bedeutung, beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, ihm auf dem für ihn geführten Arbeitszeitkonto 140 Stunden gutzuschreiben;

        

2.    

festzustellen, dass die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit 34 Wochenstunden beträgt;

        

3.    

festzustellen, dass auf sein Arbeitsverhältnis die Bestimmungen der Tarifverträge der Deutschen Telekom AG, Stand 1. September 2007, Anwendung finden.

8

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die Feststellungsanträge seien unzulässig. Die arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel erfasse auch den UTV der VCS. Der UTV bestimme nach dem letzten Betriebsübergang das Arbeitsverhältnis des Klägers statisch mit dem Tarifstand 29. Februar 2008. Selbst wenn die Tarifverträge der DT AG noch aufgrund der Bezugnahmeklausel daneben anwendbar sein sollten, würden sie sowohl bei einem Gesamtvergleich als auch bei einem Sachgruppenvergleich durch die Regelungen des UTV verdrängt, da letztere nicht per se ungünstiger seien. Der Kläger verdiene bei der Beklagten mit einer Wochenarbeitszeit von 38 Stunden mehr als früher mit einer Wochenarbeitszeit von 34 Stunden bei der DT AG. Zudem seien mögliche Ansprüche des Klägers verwirkt.

9

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht der Klage im Wesentlichen stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag, die Klage insgesamt abzuweisen, weiter. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision der Beklagten ist begründet.

11

Mit der Begründung des Landesarbeitsgerichts konnte der Klage im noch streitigen Umfang nicht stattgegeben werden. Aufgrund unzureichender Tatsachenfeststellungen konnte der Senat nicht abschließend entscheiden, ob die Klage zulässig und begründet ist. Die Sache war deshalb zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

12

1. Der Antrag zu 1., mit dem der Kläger eine Gutschrift von 140 Stunden auf ein für ihn geführtes Arbeitszeitkonto begehrt, ist unzulässig. Er ist nicht hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).

13

a) Bei einer Leistungsklage muss der Klageantrag hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO sein. Aus dem Klageantrag hat sich unter Heranziehung des Sachvortrages des Klägers zu ergeben, welche Leistung von der Beklagten begehrt wird. Eine mögliche Verurteilung muss einen vollstreckungsfähigen Inhalt haben (BAG 6. Juli 2011 - 4 AZR 501/09 - Rn. 70 mwN, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 91; 10. Mai 1989 - 4 AZR 79/89 -; 28. Juli 1987 - 3 AZR 694/85 - zu II 3 c der Gründe, AP BetrAVG § 1 Lebensversicherung Nr. 4 = EzA BetrAVG § 1 Lebensversicherung Nr. 2).

14

b) Diesen Anforderungen wird der Antrag zu 1. nicht gerecht.

15

aa) Ein Antrag, einem Arbeitszeitkonto Stunden „gutzuschreiben“, kann hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO sein, wenn der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer ein Zeitkonto führt, auf dem zu erfassende Arbeitszeiten nicht aufgenommen wurden und noch gutgeschrieben werden können(vgl. BAG 23. Januar 2008 - 5 AZR 1036/06 - Rn. 9, AP TVG § 1 Tarifverträge: Lufthansa Nr. 42 = EzA TVG § 4 Luftfahrt Nr. 16; 14. August 2002 - 5 AZR 417/01 - AP EntgeltFG § 2 Nr. 10 = EzA EntgeltfortzG § 2 Nr. 4) und die von dem Kläger geforderte Leistungshandlung sich zumindest seinem Sachvortrag entnehmen lässt.

16

bb) Vorliegend bleibt nach dem klägerischen Vorbringen bereits offen, ob und in welcher Weise die Beklagte ein Arbeitszeitkonto für den Kläger führt und wie dort Arbeitsstunden im Rahmen der geforderten „Gutschrift“ erfasst werden können und erfasst werden (vgl. BAG 10. November 2010 - 5 AZR 766/09 - Rn. 11, BAGE 136, 152; 13. März 2002 - 5 AZR 43/01 - zu I der Gründe, EzA ZPO § 253 Nr. 22). Bei einem stattgebenden Urteil bliebe nach der Antragsformulierung ungeklärt, welche Handlungen genau die Beklagte vorzunehmen hat (vgl. ebenso BAG 6. Juli 2011 - 4 AZR 501/09 - Rn. 72, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 91).

17

c) Die Unzulässigkeit des Antrages führt im Entscheidungsfall dennoch nicht zu einer Klageabweisung, sondern zu einer Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht. Der Kläger hat bisher noch keinen gerichtlichen Hinweis (§ 139 ZPO) zur Unzulässigkeit dieses Antrages erhalten. Vielmehr haben beide Tatsacheninstanzen den Antrag ohne weitere Erörterung implizit für hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO erachtet und das Landesarbeitsgericht hat ihm sogar stattgegeben. Auch die Beklagte hat seine Zulässigkeit bisher nicht beanstandet. Deshalb muss dem Kläger aus Gründen seines verfassungsrechtlichen Anspruchs auf rechtliches Gehör Gelegenheit zu einer Konkretisierung seines Antrages und zu ergänzendem Vorbringen gegeben werden.

18

Bei der weiteren Behandlung der Sache wird das Landesarbeitsgericht die erforderlichen Feststellungen zu den Grundlagen und den Maßgaben des bei der nicht tarifgebundenen Beklagten ggf. geführten Arbeitszeitkontos zu treffen haben (vgl. für einen Rechtsstreit mit einer tarifgebundenen Beklagten im Bereich der Privatisierung der Deutschen Bundespost BAG 6. Juli 2011 - 4 AZR 501/09 - Rn. 74, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 91). Weiterhin wird es zu beachten haben, dass der Kläger bisher die Leistung der der geforderten Zeitgutschrift zu Grunde liegenden Arbeitsstunden nicht im Einzelnen dargelegt, sondern lediglich pauschal - offenbar vier Stunden wöchentlich - berechnet hat. Es ist ferner offen, ob und wie beispielsweise Urlaubs- und Krankheitszeiten oder andere Zeiten der Arbeitsbefreiung Berücksichtigung gefunden haben, was nach der zu ermittelnden Rechtsgrundlage für das laut dem Antrag zu 1. „für ihn geführte“ Arbeitszeitkonto von Bedeutung sein kann. Aus dieser Rechtsgrundlage müsste sich auch ein Anspruch des Klägers ergeben, eine über 34 Wochenstunden hinausgehende Arbeitszeit - in welcher Form auch immer - zu verbuchen (vgl. BAG 10. November 2010 - 5 AZR 766/09 - Rn. 13, BAGE 136, 152). Zudem wird zu beachten sein, dass ein Arbeitszeitkonto den Umfang der vom Arbeitnehmer geleisteten Arbeit wiedergibt und damit nur in anderer Form den Vergütungsanspruch ausdrückt (BAG 6. Juli 2011 - 4 AZR 424/09 - Rn. 54, BAGE 138, 287; 28. Juli 2010 - 5 AZR 521/09 - Rn. 13, BAGE 135, 197). Die Gutschrift von Arbeitsstunden setzt damit voraus, dass die gutzuschreibenden Stunden nicht vergütet wurden (vgl. näher BAG 22. Februar 2012 - 4 AZR 527/10 - Rn. 25, EzA BGB 2002 § 611 Arbeitszeitkonto Nr. 8). Ferner ist die Anwendung und ggf. die Einhaltung durch Arbeitsvertrag in Bezug genommener tarifvertraglicher Ausschlussfristen zu beachten.

19

2. Ob der zulässige Antrag zu 2., mit dem der Kläger die Feststellung einer wöchentlichen Arbeitszeit von 34 Stunden begehrt, begründet ist, kann aufgrund der bisherigen Tatsachenfeststellungen nicht abschließend beurteilt werden.

20

a) Der Antrag ist nach einer gebotenen Auslegung (dazu BAG 11. November 2009 - 7 AZR 387/08 - Rn. 11, AP ZPO § 253 Nr. 50 = EzA ZPO 2002 § 253 Nr. 3)zulässig.

21

aa) Der Antrag bedarf der Auslegung. Der auf die Feststellung gerichtete Antrag, „die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit (beträgt) 34 Wochenstunden“, ist dahin auszulegen und zu verstehen, dass der Kläger damit seine vertraglich geschuldete Arbeitszeit festgestellt wissen will. Dabei ist der gegenwartsbezogen formulierte Antrag zukunftsbezogen zu verstehen. Davon gehen auch die Parteien übereinstimmend aus.

22

Der Kläger hat dagegen nicht ausdrücklich dargelegt, für welchen vergangenen Zeitraum er diese Feststellung begehrt. Auch das Landesarbeitsgericht hat hierzu keine Angaben im Tenor oder in den sonstigen Teilen des Berufungsurteils gemacht. Aus dem Vorbringen des Klägers ergibt sich jedoch mit hinreichender Klarheit, dass das Bestehen des genannten Rechtsverhältnisses für den Zeitraum ab dem 13. Juli 2009 festgestellt werden soll. Für den Zeitraum bis zum 12. Juli 2009 hat der Kläger mit der am 16. Juli 2009 eingegangenen Klage aus dem begehrten Rechtsverhältnis einen Leistungsanspruch, nämlich im Antrag zu 1. eine Gutschrift einer bestimmten Stundenanzahl auf seinem Arbeitszeitkonto, geltend gemacht. Er hat seinen Willen, die Feststellung erst für den Zeitraum ab dem 13. Juli 2009 zu beantragen, dadurch klargestellt, dass er in seinem erstinstanzlichen Schriftsatz vom 2. Dezember 2009 zum Feststellungsinteresse ausgeführt hat, mit der Entscheidung über den Leistungsantrag zu 1. und einem seinerzeit noch gestellten Zahlungsantrag betreffend denselben Zeitraum sei die Frage der Tarifgeltung lediglich für bestimmte Zeiträume zu entscheiden und damit sei keine Entscheidung über die zukünftige Vergütung verbunden. Es sei insofern notwendig, eine weitere Klärung darüber zu erzielen, welche Arbeitsbedingungen zukünftig für sein Arbeitsverhältnis gelten würden. Er habe deshalb über den Leistungsantrag hinaus, der nur einen bestimmten Zeitraum erfasse, ein Interesse an der Klärung der zukünftigen tariflichen Bedingungen.

23

bb) Dieser Antrag ist zulässig (§ 253 Abs. 2 Nr. 2, § 256 Abs. 1 ZPO).

24

Der Kläger hat ein rechtliches Interesse, den gegenwärtigen Streit über die Dauer seiner Arbeitszeit abschließend klären zu lassen. Das ergibt sich bereits aus der Zukunftsgerichtetheit der Feststellung. Für den vergangenen Zeitraum ab dem 13. Juli 2009 käme inzwischen zwar auch eine Umstellung auf eine Leistungsklage in Betracht; eine solche bloße Möglichkeit lässt das ursprüngliche Feststellungsinteresse jedoch nicht entfallen (BAG 18. März 1997 - 9 AZR 84/96 - BAGE 85, 306). Anhaltspunkte, dass die Beklagte einer gerichtlichen Feststellung nicht Folge leisten wird, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Der Antrag in dieser Auslegung ist auch hinreichend bestimmt.

25

b) Aufgrund der bisher unzureichenden tatrichterlichen Feststellungen steht noch nicht fest, dass der Kläger nur zur Arbeitsleistung von 34 Stunden wöchentlich verpflichtet ist.

26

aa) Das Landesarbeitsgericht ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass aufgrund der arbeitsvertraglichen Bezugnahme, die nach gebotener Auslegung im Ergebnis ua. auf den MTV DT AG verweist, die für den Kläger insoweit maßgebende wöchentliche Arbeitszeit nach § 11 MTV DT AG 34 Stunden beträgt.

27

(1) Die individualvertragliche, konstitutive Bezugnahme der Tarifverträge der DT AG ist unabhängig von deren normativer Geltung gemäß § 4 Abs. 1, § 3 Abs. 1 TVG im Arbeitsverhältnis des Klägers und seiner damaligen Arbeitgeberin Deutsche Bundespost Telekom. Im Fall des Betriebsübergangs geht die arbeitsvertraglich vereinbarte Anwendung der Tarifverträge der DT AG als vertragliche Rechtsposition gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB ohne Weiteres und uneingeschränkt auf das mit der jeweiligen Erwerberin fortbestehende Arbeitsverhältnis über(BAG 17. November 2010 - 4 AZR 391/09 - Rn. 23, BAGE 136, 184).

28

(2) Aufgrund der arbeitsvertraglichen Bezugnahme ergibt sich iVm. § 11 MTV DT AG eine wöchentliche Arbeitszeit von 34 Stunden.

29

(a) Bei der Bezugnahmeregelung des Arbeitsvertrages handelt es sich um eine sog. Gleichstellungsabrede iSd. früheren Rechtsprechung des Senats (ausf. BAG 6. Juli 2011 - 4 AZR 706/09 - Rn. 17 ff., BAGE 138, 269). Sie verweist auf die fachlich einschlägigen Tarifverträge, an die die damalige Arbeitgeberin des Klägers, die Deutsche Bundespost Telekom, tarifgebunden war. Auf diese Weise sind deren Regelungen mit der sich aus dem Charakter als Gleichstellungsabrede ergebenden Maßgabe Inhalt des Arbeitsvertrages des Klägers geworden.

30

(b) Die arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel, deren Auslegung vom Senat ohne Einschränkung überprüft werden kann (zum Maßstab BAG 6. Juli 2011 - 4 AZR 706/09 - Rn. 21 mwN, BAGE 138, 269), enthält nur eine zeitdynamische Bezugnahme auf die Bestimmungen des Tarifvertrages für die Angestellten bzw. Arbeiter der Deutschen Bundespost im Beitrittsgebiet in seiner jeweiligen Fassung. Sie erfasst nach ihrem Wortlaut hingegen nicht die ersetzenden Tarifverträge der DT AG im Zuge der Vereinbarung der Tarifverträge des NBBS. Diese sind keine „jeweilige Fassung“ des Tarifvertrages für die Angestellten bzw. Arbeiter der Deutschen Bundespost im Beitrittsgebiet. Der Arbeitsvertrag ist hinsichtlich der Bezugnahme nur zeitdynamisch auf den Tarifvertrag für die Angestellten bzw. Arbeiter der Deutschen Bundespost im Beitrittsgebiet, nicht aber inhaltsdynamisch auf die Tarifverträge der DT AG ausgestaltet (ausf. BAG 6. Juli 2011 - 4 AZR 706/09 - Rn. 22 ff. mwN, aaO).

31

(c) Die Anwendung auch der Tarifverträge der DT AG folgt jedoch aus einer ergänzenden Auslegung der im Arbeitsvertrag enthaltenen Bezugnahmeklausel.

32

(aa) Der Arbeitsvertrag der Parteien enthält aufgrund des Übergangs der Deutschen Bundespost Telekom im Wege der partiellen Gesamtrechtsnachfolge auf die DT AG zum 1. Januar 1995 und durch die Ablösung der fortgeschriebenen Regelungen des Tarifvertrages für die Angestellten bzw. Arbeiter der Deutschen Bundespost im Beitrittsgebiet und der sonstigen Tarifverträge durch die Einführung des NBBS und der in diesem Zusammenhang geschlossenen Tarifverträge jedenfalls spätestens seit dem 1. Juli 2001 eine nachträglich eingetretene Regelungslücke. Diese ist im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen. Danach waren zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs auf die VCS kraft vertraglicher Vereinbarung die Tarifverträge der DT AG mit dem Stand „im Zeitpunkt“ des Betriebsübergangs anzuwenden. Dies hat der Senat in vergleichbaren Fällen bereits mehrfach entschieden und ausführlich begründet (BAG 6. Juli 2011 - 4 AZR 706/09 - Rn. 25 ff. mwN, BAGE 138, 269; weiterhin 6. Juli 2011 - 4 AZR 494/09 - Rn. 34 ff. mwN, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 90; 16. November 2011 - 4 AZR 822/09 - Rn. 21 ff.; 14. Dezember 2011 - 4 AZR 179/10 - Rn. 28 ff.; zuletzt: 21. November 2012 - 4 AZR 231/10 - Rn. 15). Da im Streitfall keine Besonderheiten erkennbar sind, verweist der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Begründungen in den genannten Entscheidungen.

33

(bb) Die von der VCS geschlossenen Tarifverträge werden von der Bezugnahmeklausel nicht erfasst. Diese kann weder als eine sog. Tarifwechselklausel noch als eine solche Verweisungsklausel verstanden werden, die zumindest auch auf die im Konzern der DT AG für die einzelnen Konzernunternehmen jeweils geschlossenen Tarifverträge verweist. Auch dies hat der Senat in vergleichbaren Fällen bereits mehrfach entschieden und ausführlich begründet (BAG 6. Juli 2011 - 4 AZR 706/09 - Rn. 36 ff. mwN, BAGE 138, 269; weiterhin 6. Juli 2011 - 4 AZR 494/09 - Rn. 45 ff. mwN, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 90; 16. November 2011 - 4 AZR 822/09 - Rn. 21, 42 ff.; 14. Dezember 2011 - 4 AZR 179/10 - Rn. 38 ff.; zuletzt: 21. November 2012 - 4 AZR 231/10 - Rn. 16).

34

(cc) Die diesbezüglich von der Beklagten erhobene Verfahrensrüge, das Landesarbeitsgericht habe es versäumt, sich mit acht im Einzelnen aufgeführten, „für die (ergänzende) Auslegung der Bezugnahme zwingend zu berücksichtigende(n) besondere(n) Umstände(n)“ auseinanderzusetzen, aus denen sich die Erfassung der Tarifverträge der einzelnen Konzerngesellschaften durch die Verweisungsklausel ergebe, ist unbegründet. Die von der Beklagten erwähnten Umstände stehen der Feststellung nicht entgegen. Das hat der Senat in parallelen Fällen bezüglich vergleichbaren Sachvortrages der Beklagten bereits mehrfach entschieden und ausführlich begründet (ua. BAG 6. Juli 2011 - 4 AZR 706/09 - Rn. 40 ff., BAGE 138, 269; 6. Juli 2011 - 4 AZR 494/09 - Rn. 49 ff., AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 90; 16. November 2011 - 4 AZR 822/09 - Rn. 46 ff.; 14. Dezember 2011 - 4 AZR 179/10 - Rn. 42 ff.). Besonderheiten sind im Entscheidungsfall nicht erkennbar; der Senat verweist zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Begründungen in den genannten Entscheidungen.

35

(3) Einer solchen Feststellung steht der Verwirkungseinwand der Beklagten (§ 242 BGB) nicht entgegen. Das hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt.

36

(a) Die sog. Verwirkung schließt als Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB) eine illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten aus. Sie dient dem Vertrauensschutz und verfolgt nicht den Zweck, den Schuldner stets von seiner Verpflichtung zu befreien, wenn der Gläubiger längere Zeit seine Rechte nicht geltend gemacht hat (Zeitmoment). Der Berechtigte muss vielmehr unter Umständen untätig geblieben sein, die beim Verpflichteten den Eindruck erweckt haben, der Berechtigte wolle sein Recht nicht mehr geltend machen, so dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden (Umstandsmoment). Weiterhin muss das Vertrauen des Verpflichteten, der Berechtigte werde sein Recht nicht mehr geltend machen, das Interesse des Berechtigten derart überwiegen, dass ihm die Erfüllung des Anspruchs nicht mehr zuzumuten ist (Zumutbarkeitsmoment; vgl. zu den Voraussetzungen ua. BAG 22. Februar 2012 - 4 AZR 3/10 - Rn. 26 und - 4 AZR 579/10 - Rn. 43, jeweils mwN).

37

(b) Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Insbesondere sind keine Umstände gegeben, aus denen die Beklagte schließen konnte, der Kläger werde sich nicht mehr auf eine vertraglich geschuldete Arbeitszeit von 34 Stunden berufen.

38

Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zutreffend erkannt, dass die Beklagte nicht auf eine Untätigkeit des Klägers vertrauen konnte. Ein Verhalten des Klägers, aus dem die Beklagte ein berechtigtes Vertrauen hätte ableiten können, er werde in Kenntnis der ihm zustehenden Rechte diese nicht mehr geltend machen, hat die Beklagte weder vorgetragen noch ist ein solches ersichtlich. Insbesondere hat der Kläger ihm angebotene neue Arbeitsverträge weder nach dem ersten noch nach dem zweiten Betriebsübergang unterschrieben. Allein aus dem Umstand, dass der Kläger sowohl bei der VCS als auch bei der Beklagten über einen längeren Zeitraum zu den veränderten Arbeitsbedingungen (38 Stunden), die ihm in Unterrichtungsschreiben mitgeteilt worden und ua. aus Vergütungsabrechnungen ersichtlich sind, tätig gewesen ist, ergibt sich ein solches vertrauensbegründendes Verhalten nicht. Dies hat der Senat in vergleichbaren Fällen bereits entschieden und ausführlich begründet (vgl. ua. BAG 22. Februar 2012 - 4 AZR 3/10 - Rn. 32 und - 4 AZR 579/10 - Rn. 45 ff. sowie Rn. 51 f. zum „Zumutbarkeitsmoment“). Im Streitfall liegen auch keine Besonderheiten vor, aus denen geschlossen werden kann, der Kläger sei von der „bisherigen Vertragslage gestaltend abgewichen“.

39

(c) Es bedarf deshalb keiner Entscheidung über die Frage, ob die Grundsätze der Verwirkung bei der Feststellung der verbindlichen vertraglichen Arbeitsbedingungen überhaupt zur Anwendung kommen können oder ob hier nicht allein die Maßstäbe für eine konkludente Vertragsänderung anzulegen sind.

40

bb) Der Feststellung einer von dem Kläger arbeitsvertraglich geschuldeten wöchentlichen Arbeitszeit von nur 34 Stunden könnte aber die kollektivrechtliche - eingeschränkte - Weitergeltung der von der VCS mit der Gewerkschaft ver.di geschlossenen Tarifverträge und die im UTV geregelte Arbeitszeit von 38 Stunden in der Woche entgegenstehen, wenn sich diese tariflichen Regelungen nicht als ungünstiger erweisen. Zwar hat das Landesarbeitsgericht erkannt, dass die entstandene Kollision zwischen den arbeitsvertraglich in Bezug genommenen Tarifregelungen der DT AG und den mit kollektiv-rechtlichem Charakter fortwirkenden Regelungen des UTV nach dem Günstigkeitsprinzip zu lösen ist. Es hat jedoch nicht dargelegt, nach welchen Kriterien es einen Günstigkeitsvergleich vorgenommen hat.

41

(1) Die weitere Anwendung der arbeitsvertraglich in Bezug genommenen Tarifverträge der DT AG auf das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der VCS und später mit der Beklagten gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB ist von der kollektiv-rechtlichen Weitergeltung von tariflichen Normen nach § 613a Abs. 1 Satz 2 bis 4 BGB zu trennen.

42

(a) Die zwischen dem Kläger und der DT AG zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs auf die VCS geltenden Tarifnormen sind nach § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB iVm. § 4 Abs. 1, § 3 Abs. 1 TVG durch die Firmentarifverträge der VCS, insbesondere den UTV, abgelöst worden. Während der Dauer des Arbeitsverhältnisses des Klägers mit der VCS galten allein die von der VCS abgeschlossenen Firmentarifverträge normativ.

43

(b) Mit dem Betriebsübergang von der VCS auf die Beklagte zum 1. März 2008 wurden die tariflich geregelten Rechte und Pflichten des Klägers zum Inhalt des Arbeitsverhältnisses der Parteien (§ 613a Abs. 1 Satz 2 BGB). Dabei behalten die transformierten Tarifnormen ihren kollektiv-rechtlichen Charakter (dazu ua. BAG 24. August 2011 - 4 AZR 566/09 - Rn. 20, AP TVG § 1 Auslegung Nr. 225; 22. April 2009 - 4 AZR 100/08 - Rn. 61 ff., BAGE 130, 237). Da die Beklagte nicht tarifgebunden ist, kommt weder eine Fortgeltung des bisher normativ geltenden UTV noch eine Ablösung durch einen anderen Tarifvertrag, an den die Parteien kongruent gebunden sein müssten (BAG 21. Februar 2001 - 4 AZR 18/00 - BAGE 97, 107; 30. August 2000 - 4 AZR 581/99 - BAGE 95, 296), in Betracht.

44

(c) Bestehen neben transformierten Tarifnormen abweichende Invidualvereinbarungen - hier die arbeitsvertragliche Verweisung auf die Tarifverträge der DT AG -, ist die daraus erwachsene Kollision nach dem Günstigkeitsprinzip (§ 4 Abs. 3 TVG) zu lösen (vgl. ausführlich BAG 22. April 2009 - 4 AZR 100/08 - Rn. 27 ff., BAGE 130, 237). Dies gilt nicht nur gegenüber Tarifnormen, an die der Erwerber und der Arbeitnehmer durch Mitgliedschaft gebunden sind, sondern auch gegenüber solchen Tarifnormen, die nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB in das Arbeitsverhältnis transformiert worden sind. Ein Günstigkeitsvergleich ist ohne Weiteres möglich, auch wenn es zu einem zweiten Betriebsübergang auf einen tarifungebundenen Erwerber kommt (BAG 6. Juli 2011 - 4 AZR 707/09 - Rn. 66; 22. April 2009 - 4 AZR 100/08 - Rn. 30, aaO).

45

(2) Hiervon ist das Landesarbeitsgericht zunächst auch ausgegangen. Es hat jedoch keinen hinreichenden Günstigkeitsvergleich vorgenommen.

46

(a) Bei einem Günstigkeitsvergleich nach § 4 Abs. 3 TVG sind alle Regelungen miteinander zu vergleichen, die in einem sachlichen Zusammenhang stehen. Es hat ein „Sachgruppenvergleich“ zu erfolgen (st. Rspr., vgl. nur BAG 14. Dezember 2011 - 4 AZR 180/10 - Rn. 55; 12. Oktober 2010 - 9 AZR 522/09 - Rn. 19 mwN, AP BUrlG § 11 Nr. 69; 1. Juli 2009 - 4 AZR 261/08 - Rn. 60 mwN, BAGE 131, 176). Es sind nur die Regelungen des Tarifvertrages mit den abweichenden vertraglichen Abmachungen zu vergleichen, die jeweils in einem inneren, sachlichen Zusammenhang stehen. Bei einem Vergleich verschieden langer Arbeitszeiten ist zumindest das dem gegenüberstehende Entgelt einzubeziehen (dazu Greiner in Henssler/Moll/Bepler Der Tarifvertrag Teil 9 Rn. 176 - „synallagmatische Kernfrage des Arbeitsverhältnisses“). Hierbei sind alle Vergütungsbestandteile von Bedeutung, die sich als Gegenleistung zu der zu erbringenden Arbeitsleistung darstellen. Dabei geht es primär um einen Vergleich der Regelungen. Dementsprechend reicht der Umstand, dass der Kläger bei der Rechtsvorgängerin oder der Beklagten letztlich mehr verdient haben soll - wie die Beklagte in den Vorinstanzen ausgeführt hat -, allein nicht aus, eine „günstigere“ Regelung anzuerkennen. Es bedarf vielmehr einer umfassenden Betrachtung der Einzelfallumstände der einzubeziehenden Gestaltungsfaktoren der Sachgruppen.

47

(b) Einen entsprechenden Sachgruppenvergleich hat das Landesarbeitsgericht erkennbar nicht vorgenommen. Es fehlen bereits nähere Feststellungen, welche Faktoren das Berufungsgericht in seinen Vergleich einbezogen haben will. Sollte es sich - wie seine Formulierungen nahe legen - lediglich auf einen Vergleich der Arbeitszeiten beschränkt haben, ist bereits die Bildung der Sachgruppe fehlerhaft, da die synallagmatischen Gegenleistungen nicht berücksichtigt wurden. Sollte es hingegen die Gegenleistungen einbezogen haben, lässt sich dies aus seinen Formulierungen nicht ausreichend erkennen.

48

(3) Der Senat konnte aufgrund der bisherigen tatrichterlichen Feststellungen den notwendigen Sachgruppenvergleich nicht selbst vornehmen.

49

(a) Es fehlen bereits nähere Feststellungen des Landesarbeitsgerichts zum Verhältnis der wöchentlichen Arbeitsleistung und der proportionalen Vergütung, insbesondere zur Höhe und Zusammensetzung der Vergütungen des Klägers bei der DT AG und der Beklagten nach Maßgabe der in Frage stehenden Tarifverträge. Zwar lassen sich die ggf. zu vergleichenden Regelungen aus den Tarifverträgen der DT AG und der VCS ersehen. Insbesondere der UTV enthält aber zahlreiche, nicht aus sich heraus - ohne weitere Parameter - einer Bewertung zugängliche tarifliche Regelungen. So sieht er neben dem regelmäßig zu zahlenden Monatsentgelt ua. leistungs- und ergebnisbezogene Entgeltbestandteile, Einmalzahlungen, Sonderzuwendungen und Zulagen vor, die ggf. bei der Bestimmung des für die Arbeitsleistung zu zahlenden Entgelts zu berücksichtigen sein können.

50

(b) Im Übrigen war den Parteien auch aus Gründen ihres verfassungsrechtlichen Anspruchs auf rechtliches Gehör Gelegenheit zur Stellungnahme zum Sachgruppenvergleich und ggf. zu ergänzendem Vortrag einzuräumen.

51

3. Ob ein weitergehendes Feststellungsinteresse des Klägers nach § 256 Abs. 1 ZPO für den Antrag zu 3., mit dem er die Feststellung der Anwendbarkeit der Tarifverträge der Deutschen Telekom AG (Stand 1. September 2007), begehrt, gegeben ist, lässt sich zur Zeit ebenfalls nicht abschließend beurteilen. Es fehlt bisher an einem hinreichenden Vortrag des Klägers, dass zwischen den Parteien neben der Frage der Dauer der Arbeitszeit, die bereits mit den ersten beiden Anträgen zur Klärung gestellt ist, weitere Streitpunkte bestehen. Es kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass solche iVm. dem hier nicht abschließend geklärten Klageantrag zu 2. bestehen.

        

    Eylert    

        

    Creutzfeldt    

        

    Winter    

        

        

        

    G. Kleinke    

        

    J. Ratayczak    

                 

(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Diese Vorschrift gilt entsprechend für Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen.

(2) Sind im Tarifvertrag gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien vorgesehen und geregelt (Lohnausgleichskassen, Urlaubskassen usw.), so gelten diese Regelungen auch unmittelbar und zwingend für die Satzung dieser Einrichtung und das Verhältnis der Einrichtung zu den tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

(3) Abweichende Abmachungen sind nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten.

(4) Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist ausgeschlossen. Ausschlußfristen für die Geltendmachung tariflicher Rechte können nur im Tarifvertrag vereinbart werden.

(5) Nach Ablauf des Tarifvertrags gelten seine Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 10. Februar 2010 - 5 Sa 66/09 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, welche tariflichen Regelungen aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme auf das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis anzuwenden sind.

2

Der Kläger ist seit 1977 als Arbeitnehmer bei der Beklagten und ihren Rechtsvorgängern beschäftigt. In dem schriftlichen Änderungsvertrag vom 30. Januar 1992, der seinerzeit mit der Deutschen Bundespost Telekom geschlossen wurde, heißt es ua.:

        

„Für das Arbeitsverhältnis gelten

        

-       

der ‚Tarifvertrag für die Angestellten der Deutschen Bundespost TELEKOM (TV Ang-O)’ und die sonstigen Tarifverträge für die Angestellten der Deutschen Bundespost TELEKOM im Beitrittsgebiet

                 

...     

        

in ihrer jeweiligen Fassung als unmittelbar zwischen den Vertragsparteien vereinbart....“

3

Im Zuge der sog. Postreform II wurden die Geschäftsbereiche der Deutschen Bundespost durch das Gesetz zur Umwandlung der Unternehmen der Deutschen Bundespost in die Rechtsform der Aktiengesellschaft (vom 14. September 1994, BGBl. I S. 2325, 2339 - Postumwandlungsgesetz - PostUmwG) privatisiert. Aus dem Geschäftsbereich, in dem der Kläger tätig gewesen war, entstand nach § 1 Abs. 2 dritter Spiegelstrich PostUmwG die Deutsche Telekom AG(nachfolgend DT AG). Das Arbeitsverhältnis des Klägers wurde zum 1. Januar 1995 gemäß § 21 Abs. 1 dritter Spiegelstrich des Gesetzes zum Personalrecht der Beschäftigten der früheren Deutschen Bundespost(vom 14. September 1994, BGBl. I S. 2325, 2353 - Postpersonalrechtsgesetz - PostPersRG) auf die DT AG übergeleitet.

4

Die DT AG vereinbarte in der Folgezeit mit der Deutschen Postgewerkschaft (DPG) Tarifverträge, die ua. die zuvor zwischen der Deutschen Bundespost und der DPG geschlossenen Tarifverträge für die Arbeiter und Angestellten der Deutschen Bundespost in Ost und West (darunter den TV Ang-O ) für den Bereich der DT AG abänderten. Eine weitgehende Ablösung der vormals mit der Deutschen Bundespost geschlossenen und auch noch nachfolgend geänderten Tarifverträge erfolgte anlässlich der Einführung des „Neuen Bewertungs- und Bezahlungssystems - NBBS“ zum 1. Juli 2001 in einem gesonderten Übergangstarifvertrag, dem Tarifvertrag zur Umstellung auf das NBBS.

5

Auf das Arbeitsverhältnis des Klägers wurden stets die jeweiligen für ihn einschlägigen Tarifverträge der Deutschen Bundespost Telekom und später die der DT AG angewendet.

6

Mit Wirkung ab dem 1. September 2007 wurde die Kundenniederlassung Spezial der DT AG, in der der Kläger beschäftigt war, von der Beklagten, einer Tochtergesellschaft der DT AG, übernommen. Die Beklagte wandte auf das infolge Betriebsübergangs auf sie übergegangene Arbeitsverhältnis des Klägers fortan den zwischen ihr und der Gewerkschaft ver.di vereinbarten Tarifvertrag zur Umsetzung des Beschäftigungsbündnisses (Umsetzungs-Tarifvertrag, UTV) in der Fassung vom 1. März 2004 an, der Abweichungen von den Tarifverträgen der DT AG enthält, ua. bei der Arbeitszeit und beim Entgelt. Im April 2008 forderte der Kläger die Beklagte erfolglos auf, künftig wieder die Tarifverträge der Deutschen Telekom AG auf sein Arbeitsverhältnis anzuwenden.

7

Mit seiner am 26. Juni 2008 eingereichten Klage hat der Kläger die Feststellung begehrt, dass auf das Arbeitsverhältnis die Tarifverträge der DT AG mit dem Regelungsbestand vom 31. August 2007 anzuwenden sind. Bei der im Arbeitsvertrag vereinbarten Bezugnahmeklausel handele es sich um eine kleine dynamische Bezugnahmeklausel, die das Tarifwerk der Deutschen Bundespost und später dasjenige der DT AG zur Anwendung bringe. Eine Tarifwechselklausel sei nicht vereinbart worden, weshalb der UTV nicht anzuwenden sei.

8

Der Kläger hat zuletzt beantragt

        

        

festzustellen, dass auf das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien die Tarifverträge der Deutschen Telekom AG, Tarifstand 31. August 2007, Anwendung finden.

9

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Der Kläger habe sein Klagerecht bereits verwirkt. Spätestens mit Zugang des Unterrichtungsschreibens vom 26. Juli 2007 sei der Kläger über die ihm aus dem bevorstehenden Betriebsübergang zur Beklagten erwachsenden rechtlichen und wirtschaftlichen Folgen und die Auffassung der Beklagten zur Auslegung der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel informiert gewesen. Bis zur Geltendmachung mit im April 2008 sei er fast neun Monate untätig geblieben, auch trotz monatlicher Vergütungsabrechnungen, aus denen die wirtschaftlichen Nachteile der Anwendung des UTV anstatt der Tarifverträge der DT AG deutlich abzulesen gewesen seien. Unzulässig sei die Klage auch, weil sie keine Klarheit schaffe, welche Tarifverträge der DT AG anwendbar seien. Der Kläger habe diejenigen Regelungskomplexe bezeichnen müssen, die auf sein Arbeitsverhältnis Anwendung finden sollen. Daher fehle das Feststellungsinteresse.

10

Darüber hinaus sei die Klage unbegründet. Mit dem Betriebsübergang seien die für die DT AG geltenden Tarifbestimmungen durch den bei ihr geltenden UTV ersetzt worden. Zwar sei die vertragliche Verweisung, die als Gleichstellungsabrede auszulegen sei, womöglich zunächst als sog. kleine dynamische Bezugnahmeklausel angelegt gewesen. Sie sei jedoch aufgrund besonderer Umstände ergänzend als begrenzte Tarifwechselklausel auszulegen. Ab dem 1. Juli 2001 habe eine planwidrige Regelungslücke bestanden, weil die Tarifverträge vom Wortlaut der Klausel nicht erfasst seien. Aus der zeitdynamischen Inbezugnahme des Tarifwerks der Deutschen Bundespost Telekom ergebe sich der Parteiwille, auch die Tarifverträge der DT AG und die ihrer Nachfolgeeinheiten in Bezug zu nehmen. Die Vertragspraxis der Parteien zeige auch deren Willen, die jeweils einschlägigen Tarifverträge anzuwenden. So habe der Kläger widerspruchslos die Anwendung der Tarifverträge der DT AG auf sein Arbeitsverhältnis akzeptiert. Zudem habe mit der Gewerkschaft ver.di stets diejenige Gewerkschaft gehandelt, die - früher noch als Deutsche Postgewerkschaft - die im Arbeitsvertrag benannten sowie die Nachfolgetarifverträge geschlossen habe. Es handele sich um eine unternehmensübergreifende und konzernbezogene Tarifeinigung mit Ablösungswillen. Diese Tarifsukzession setze sich mit der Aufgliederung in immer kleinere Konzerngesellschaften fort. Es sei Sinn und Zweck der Gleichstellungsabrede, gleiche Arbeitsbedingungen in dem jeweiligen Konzernunternehmen der DT AG sicherzustellen.

11

Das Arbeitsgericht hat der Feststellungsklage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte weiterhin die Klageabweisung. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

12

Die zulässige Revision ist unbegründet. Die Feststellungsklage ist zulässig und begründet. Der Kläger kann die Anwendung der Tarifverträge der DT AG mit dem Regelungsstand vom 31. August 2007 auf sein Arbeitsverhältnis aufgrund der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel verlangen.

13

I. Die Feststellungsklage ist zulässig.

14

1. Eine Feststellungsklage kann sich auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken - sog. Elementenfeststellungsklage -. Auch die Anwendbarkeit eines bestimmten Tarifvertrages oder Tarifwerks auf ein Arbeitsverhältnis kann Gegenstand einer Feststellungsklage sein (st. Rspr., s. nur BAG 22. Oktober 2008 - 4 AZR 784/07 - Rn. 11 mwN, BAGE 128, 165). Solange sich nach dem Klagevortrag noch Rechtsfolgen für Gegenwart oder Zukunft ergeben, kann auch ein vergangenes Rechtsverhältnis Gegenstand einer Feststellungsklage sein (vgl. bspw. BAG 4. Mai 2010 - 9 AZR 184/09 - Rn. 22, BAGE 134, 202; 16. Oktober 2007 - 9 AZR 144/07 - Rn. 20 mwN, AP GewO § 106 Nr. 2).

15

2. Der Feststellungsantrag des Klägers ist dahin gehend zu verstehen, dass er, obwohl er nach seinem Wortlaut nur gegenwartsbezogen formuliert ist, darauf gerichtet ist, dass der Kläger die Anwendbarkeit der im Antrag genannten Tarifverträge ab dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs, dem 1. September 2007, auch für die Zukunft festgestellt wissen will, ggf. nach Maßgabe des Günstigkeitsprinzips gem. § 4 Abs. 3 TVG. Das ergibt sich aus dem gesamten Vorbringen des Klägers. Mit dem Feststellungsantrag kann der Streit der Parteien über Grund und Umfang insbesondere der zukünftigen Leistungspflichten, die sich aus der Bezugnahmeklausel in ihrem Arbeitsvertrag ergeben, geklärt werden. Der Kläger hat ein rechtlich geschütztes Interesse daran, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt wird. Dass die Beklagte einer gerichtlichen Feststellung nicht Folge leisten will, ist nicht ersichtlich. Aufgrund der Befriedungsfunktion eines Feststellungsurteils ist der Kläger auch nicht gehalten, eine Leistungsklage zu erheben (BAG 5. November 2003 - 4 AZR 632/02 - zu I 2 a der Gründe, BAGE 108, 224; 9. Mai 2007 - 4 AZR 319/06 - Rn. 15, AP BGB § 305c Nr. 8 = EzA BGB 2002 § 305c Nr. 12).

16

3. Der Antrag ist auch hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Dem Kläger geht es ersichtlich um die Feststellung der Anwendbarkeit der Tarifverträge der DT AG als vertraglicher Inhalt des Arbeitsverhältnisses infolge arbeitsvertraglicher Bezugnahme. Genau das ist zwischen den Parteien umstritten. Ob daneben die von der Beklagten geschlossenen Haustarifverträge kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit für das Arbeitsverhältnis gelten, ist nicht Gegenstand des Feststellungsinteresses des Klägers und muss auch nicht in einem vorweggenommenen Vergleich nach dem Günstigkeitsprinzip, § 4 Abs. 3 TVG, geklärt werden.

17

II. Wie der Senat bereits am 6. Juli 2011 und am 16. November 2011 in seinen Urteilen zu gleich gelagerten Rechtsstreitigkeiten, auf die zugleich insgesamt verwiesen wird (ua. - 4 AZR 494/09 - und - 4 AZR 706/09 -), im Einzelnen begründet hat, ist die Feststellungsklage begründet. Die Tarifverträge der DT AG sind kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme auf das Arbeitsverhältnis der Parteien mit dem tariflichen Regelungsbestand vom 31. August 2007, dem Tag vor dem Betriebsübergang auf die Beklagte, anzuwenden. Das ergibt eine ergänzende Auslegung der vereinbarten Bezugnahmeklausel, bei der es sich um eine sog. Gleichstellungsabrede iSd. früheren Senatsrechtsprechung handelt. Diese erfasst nach dem Betriebsübergang auf die Beklagte allerdings nicht den von ihr geschlossenen Haustarifvertrag UTV, weil sie auch im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung weder als Tarifwechselklausel noch als eine Bezugnahmeklausel verstanden werden kann, die jedenfalls auf die im Konzern der DT AG für die einzelnen Konzernunternehmen jeweils einschlägigen Tarifverträge verweist.

18

1. Die Parteien stimmen zu Recht darin überein, dass es sich bei der Bezugnahmeregelung in dem 1992 geschlossenen Änderungsvertrag um eine sog. Gleichstellungsabrede iSd. früheren Senatsrechtsprechung handelt.

19

a) Nach dieser Rechtsprechung waren bei Tarifgebundenheit des Arbeitgebers - anders als bei nicht tarifgebundenen Arbeitgebern - Verweisungsklauseln wie diejenige in dem Arbeitsvertrag der Parteien in aller Regel als sog. Gleichstellungsabreden auszulegen. Dies beruhte auf der Vorstellung, dass mit einer solchen von einem tarifgebundenen Arbeitgeber gestellten Vertragsklausel lediglich die möglicherweise fehlende Gebundenheit des Arbeitnehmers an die im Arbeitsvertrag genannten Tarifverträge ersetzt werden soll, um jedenfalls zu einer vertraglichen Anwendung des einschlägigen Tarifvertrages zu kommen und damit - bei deren genereller Verwendung - zu dessen Geltung für alle Beschäftigten (vgl. nur BAG 21. August 2002 - 4 AZR 263/01 - zu I 2 b der Gründe, BAGE 102, 275; 25. September 2002 - 4 AZR 294/01 - zu II 2 f bb der Gründe, BAGE 103, 9; 1. Dezember 2004 - 4 AZR 50/04 - zu I 2 a der Gründe, BAGE 113, 40 ). Diese Auslegungsregel hält der Senat nicht mehr aufrecht. Er wendet sie aus Gründen des Vertrauensschutzes aber weiterhin auf die Verweisungsklauseln in Arbeitsverträgen an, die vor dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform zum 1. Januar 2002 abgeschlossen worden sind ( st. Rspr., vgl. nur BAG 18. November 2009 - 4 AZR 514/08 - Rn. 18 und 22 jeweils mwN, BAGE 132, 261; 26. August 2009 - 4 AZR 285/08 - Rn. 49, BAGE 132, 10; 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 26 ff., BAGE 122, 74; 14. Dezember 2005 - 4 AZR 536/04 - Rn. 24 ff., BAGE 116, 326).

20

b) Da die im Arbeitsvertrag enthaltene Verweisung auf die Tarifverträge der Deutschen Bundespost Telekom im Jahre 1992 vereinbart worden ist, kommt bei deren Auslegung weiterhin die frühere Senatsrechtsprechung zum Tragen. Danach ist die Bezugnahmeklausel des Arbeitsvertrages eine Gleichstellungsabrede. Sie verweist auf die fachlich einschlägigen Tarifverträge, an die die damalige Arbeitgeberin tarifgebunden war. Auf diese Weise sind deren Regelungen mit der sich aus dem Charakter als Gleichstellungsabrede ergebenden Maßgabe Inhalt des Arbeitsvertrages des Klägers geworden.

21

2. Nach dem Arbeitsvertrag ist für das Arbeitsverhältnis die Anwendung der Bestimmungen des Tarifvertrages für die Angestellten der Deutschen Bundespost Telekom - TV Ang-O - und der sonstigen für das „Beitrittsgebiet“ vereinbarten Tarifverträge für die Angestellten der Deutschen Bundespost Telekom in ihrer jeweiligen Fassung vereinbart. Diese Abrede enthält eine dynamische Bezugnahme auf die genannten Tarifverträge der Deutschen Bundespost Telekom.

22

a) Bei dem zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsvertrag handelt es sich um einen Formularvertrag, dessen Inhalt als Allgemeine Geschäftsbedingung nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen ist, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten ( BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 15, BAGE 134, 283; 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 12, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 73 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44 ). Die Auslegung durch das Landesarbeitsgericht kann vom Revisionsgericht ohne Einschränkung überprüft werden (st. Rspr., vgl. nur BAG 30. August 2000 - 4 AZR 581/99 - zu I 1 b der Gründe mwN, BAGE 95, 296). Dies gilt auch für Bezugnahmeklauseln (BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - aaO; 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 24, BAGE 122, 74).

23

b) Danach enthält der Arbeitsvertrag eine zeitdynamische Bezugnahme auf die jeweiligen Regelungen des TV Ang-O einschließlich der hierzu geschlossenen sonstigen Tarifverträge, die aber nicht inhaltsdynamisch ausgestaltet ist.

24

aa) Im Arbeitsvertrag knüpfen die Parteien hinsichtlich der Arbeitsbedingungen an die für das „Beitrittsgebiet“ tariflich vereinbarten Regelungen für den Angestelltenbereich im Bereich der damaligen Deutschen Bundespost Telekom an und gestalten sie zeitdynamisch. Für das Arbeitsverhältnis sollte allerdings nicht nur der in der Bezugnahmeklausel genannte TV Ang-O in der jeweils gültigen Fassung gelten; es sollen auch die hierzu abgeschlossenen sonstigen Tarifverträge anzuwenden sein. Der Kläger konnte ungeachtet dessen, dass einzelne Tarifverträge nicht Bestandteil des Tarifwerks des TV Ang-O waren, davon ausgehen, dass sämtliche bei der Deutschen Bundespost Telekom bestehenden und für sie einschlägigen Tarifverträge angewendet würden (vgl. BAG 24. September 2008 - 6 AZR 76/07 - Rn. 24, BAGE 128, 73). Davon gehen die Parteien übereinstimmend aus und dem entsprach auch die arbeitsvertragliche Praxis. Damit wollte die Deutsche Bundespost Telekom in ihren Betrieben das für sie geltende Tarifwerk anwenden und die dort stattfindende tarifliche Entwicklung auch in den Arbeitsverhältnissen der nicht tarifgebundenen Arbeitnehmer nachvollziehen.

25

bb) Die Bezugnahme erfasst von ihrem Wortlaut her jedenfalls nicht die den TV Ang-O und seine Zusatztarifverträge ersetzenden Tarifverträge der DT AG im Zuge der Vereinbarung der Tarifverträge des NBBS. Diese sind keine „jeweilige Fassung“ des TV Ang-O und der ihn ergänzenden oder ändernden Tarifverträge und wurden zudem nicht von der Deutschen Bundespost Telekom, sondern von dem Nachfolgeunternehmen DT AG geschlossen. Der Arbeitsvertrag ist hinsichtlich der Bezugnahme nur zeitdynamisch auf den TV Ang-O, nicht aber inhaltsdynamisch auf die Tarifverträge der DT AG ausgestaltet (s. auch BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 18, BAGE 134, 283; 10. Juni 2009 - 4 AZR 194/08 - Rn. 38, AP BGB § 157 Nr. 38; jeweils zum BAT). Ob die von der DT AG und der DPG seit Beginn des Jahres 1995 geschlossenen Tarifverträge, die den TV Ang-O und die Zusatztarifverträge für den Bereich der DT AG änderten und ergänzten, noch ohne weiteres von der Bezugnahmeregelung erfasst waren, obwohl sie auf Arbeitgeberseite von der DT AG und nicht von der Deutschen Bundespost Telekom geschlossen worden waren, muss der Senat vorliegend nicht entscheiden.

26

3. Die Anwendbarkeit der Regelungen der von dem Kläger angeführten Tarifverträge mit dem Regelungsstand vom 31. August 2007 ergibt sich jedenfalls aufgrund einer ergänzenden Auslegung der im Arbeitsvertrag enthaltenen Bezugnahmeklausel in Form einer sog. Gleichstellungsabrede. Der Arbeitsvertrag der Parteien enthält aufgrund des Übergangs der Deutschen Bundespost Telekom im Wege der Rechtsnachfolge nach § 2 PostUmwG auf die DT AG zum 1. Januar 1995 und durch die Ablösung der fortgeschriebenen Regelungen des TV Ang-O und der ihn ergänzenden Tarifverträge durch die Einführung des NBBS und der in diesem Zusammenhang geschlossenen Tarifverträge jedenfalls spätestens seit dem 1. Juli 2001 eine nachträglich eingetretene Regelungslücke, die im Wege einer zulässigen ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen ist.

27

a) Der Arbeitsvertrag ist, weil er nachträglich lückenhaft geworden ist, einer ergänzenden Vertragsauslegung zugänglich.

28

aa) Voraussetzung der ergänzenden Vertragsauslegung ist, dass die Vereinbarung eine Regelungslücke iSe. planwidrigen Unvollständigkeit aufweist (BAG 9. Dezember 2008 - 3 AZR 431/07 - Rn. 25; 21. April 2009 - 3 AZR 640/07 - Rn. 33, BAGE 130, 202). Eine Regelungslücke liegt dabei nur vor, wenn die Parteien einen Punkt übersehen oder zwar nicht übersehen, aber doch bewusst offengelassen haben, weil sie ihn im Zeitpunkt des Vertragsschlusses für nicht regelungsbedürftig gehalten haben, und die Annahme der fehlenden Regelungsbedürftigkeit sich nachträglich als unzutreffend herausstellt. Von einer Planwidrigkeit kann nur die Rede sein, wenn der Vertrag eine Bestimmung vermissen lässt, die erforderlich ist, um den ihm zugrunde liegenden Regelungsplan zu verwirklichen, mithin ohne Vervollständigung des Vertrages eine diesem einvernehmlichen Regelungsplan angemessene, interessengerechte Lösung nicht zu erzielen ist (BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 23 mwN, BAGE 134, 283; 21. April 2009 - 3 AZR 640/07 - aaO).

29

bb) Danach ist die Bezugnahme im Arbeitsvertrag lückenhaft. Aus der dynamischen Ausgestaltung der Bezugnahme auf das jeweils geltende tarifliche Regelungswerk für die Angestellten der Deutschen Bundespost Telekom ergibt sich der Wille der Parteien, die Arbeitsbedingungen nicht in einer bestimmten Weise festzuschreiben, sondern sie - dynamisch - an der Tarifentwicklung im Bereich der Deutschen Bundespost Telekom auszurichten. Das Arbeitsverhältnis wird in seiner Entwicklung an diejenigen Arbeitsbedingungen gebunden, die für die Arbeitnehmer gelten, die von den in Bezug genommenen Tarifverträgen erfasst werden.

30

Die Parteien haben allerdings, wie sie übereinstimmend vorgetragen haben, bei Abschluss des Arbeitsvertrages nicht bedacht, dass die Deutsche Bundespost Telekom privatisiert und im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf eine rechtlich selbständige Aktiengesellschaft übergeht und infolgedessen der TV Ang-O weder durch die ehemalige Deutsche Bundespost noch durch die Deutsche Bundespost Telekom fortgeführt werden könnte, weshalb für diesen Fall eine Regelung im Arbeitsvertrag fehlt. Durch die Ersetzung des tariflichen Regelungswerks für die Arbeitnehmer der Deutschen Bundespost Telekom bei der DT AG zum 1. Juli 2001 durch das neue Tarifwerk im Rahmen des NBBS war der bestehende Vertrag spätestens seit dem 1. Juli 2001 lückenhaft geworden. Die Tarifverträge, die im Rahmen des NBBS geschlossen wurden, werden von der Bezugnahmeklausel nicht mehr erfasst (unter II 2 b bb).

31

b) Eine nachträglich entstandene Regelungslücke ist im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen. Diese ergibt, dass die Parteien die für den Kläger einschlägigen Tarifverträge der DT AG vereinbart hätten. Ob der Kläger und die DT AG durch ihre Vertragspraxis nach dem 1. Juli 2001 bis zum Betriebsübergang auf die Beklagte im weiteren Verlauf des Arbeitsverhältnisses konkludent die Bezugnahmeklausel dahin gehend abgeändert haben, es sollen die Tarifverträge der DT AG zur Anwendung kommen, muss, auch wenn vieles hierfür spricht, daher nicht abschließend entschieden werden (dazu etwa BAG 24. September 2008 - 6 AZR 76/07 - Rn. 25, BAGE 128, 73), da sich deren Anwendbarkeit jedenfalls infolge einer ergänzenden Vertragsauslegung ergibt.

32

aa) Im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung tritt an die Stelle der lückenhaften Klausel diejenige Gestaltung, die die Parteien bei einer angemessenen Abwägung der beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragsparteien vereinbart hätten, wenn ihnen die Lückenhaftigkeit der Regelung bekannt gewesen wäre (st. Rspr., vgl. etwa BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 31, BAGE 134, 283; 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 22, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 73 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44 ; 25. April 2007 - 5 AZR 627/06 - Rn. 26, BAGE 122, 182). Die Vertragsergänzung muss für den betroffenen Vertragstyp als allgemeine Lösung eines stets wiederkehrenden Interessengegensatzes angemessen sein. Maßgebender Zeitpunkt für die Feststellung und Bewertung des mutmaßlichen typisierten Parteiwillens und der Interessenlage ist der Zeitpunkt des Vertragsschlusses, da die ergänzende Vertragsauslegung eine anfängliche Regelungslücke rückwirkend schließt (BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - aaO; BGH 12. Oktober 2005 - IV ZR 162/03 - zu B IV 1 b der Gründe, BGHZ 164, 297). Das gilt auch, wenn eine Lücke sich erst nachträglich als Folge des weiteren Verlaufs der Dinge ergeben hat (BGH 6. Juli 1989 - III ZR 35/88 - zu II 4 a der Gründe, NJW-RR 1989, 1490). Zunächst ist hierfür an den Vertrag selbst anzuknüpfen, denn die in ihm enthaltenen Regelungen und Wertungen, sein Sinn und Zweck sind Ausgangspunkt der Vertragsergänzung. Soweit irgend möglich, sind danach Lücken im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung in der Weise auszufüllen, dass die Grundzüge des konkreten Vertrages „zu Ende gedacht“ werden (BGH 20. September 1993 - II ZR 104/92 - zu 2 der Gründe, BGHZ 123, 281).

33

bb) Ausgehend von diesen Maßstäben hätten die Parteien redlicherweise für den Fall des Wegfalls der ursprünglichen Tarifvertragspartei Deutsche Bundespost Telekom auf Arbeitgeberseite infolge der Postreform II und der damit verbundenen Gesamtrechtsnachfolge auf die DT AG sowie der sich nachfolgend insoweit vollziehenden Ablösung der Tarifverträge der Deutschen Bundespost Telekom durch das tarifliche Regelungswerk der DT AG dessen arbeitsvertragliche Bezugnahme vereinbart, weil eine statische Regelung der Arbeitsbedingungen nach dem TV Ang-O und den jeweiligen weiteren Tarifverträgen für die Angestellten, sei es in dem Regelungsbestand zum Jahreswechsel 1995 oder zum 1. Juli 2001, nicht ihren Interessen entsprach.

34

Zwar handelt es sich bei der Ersetzung des TV Ang-O durch das Tarifwerk der DT AG nicht um eine von denselben Tarifvertragsparteien vereinbarte Tarifsukzession innerhalb des Geltungsbereichs des bisherigen Tarifvertrages, wie es etwa im Bereich des öffentlichen Dienstes durch die weitgehende Ersetzung des BAT durch die Nachfolgetarifverträge der Fall gewesen ist (dazu ausf. BAG 22. April 2009 - 4 ABR 14/08 - Rn. 24 ff. mwN, BAGE 130, 286). Das würde nicht berücksichtigen, dass es nicht nur zu einer Ablösung des TV Ang-O sowie der ihn ändernden und ergänzenden Tarifverträge gekommen ist, sondern auch zu einer partiellen Gesamtrechtsnachfolge in Bezug auf die ursprüngliche Tarifvertragspartei „Deutsche Bundespost Telekom“, die im weiteren Verlauf drei voneinander differierende Tarifvertragswerke in den Unternehmen DT AG, Deutsche Post AG und Deutsche Postbank AG hervorgebracht hat.

35

Für den Kläger, der in dem Unternehmensbereich Deutsche Bundespost Telekom tätig gewesen ist, der später auf die DT AG übergegangen ist, ist davon auszugehen, dass die Arbeitsvertragsparteien in diesem Fall einer Gesamtrechtsnachfolge unter Wegfall der ursprünglichen Tarifvertragspartei die für den Tätigkeitsbereich des Klägers vereinbarten tarifvertraglichen Nachfolgeregelungen in Bezug genommen hätten. Dies sind die Tarifverträge der DT AG. Dem entspricht auch die Vertragspraxis der damaligen Arbeitsvertragsparteien - des Klägers und der DT AG -, die bis zum Betriebsübergang im Jahre 2007 stets dieses Tarifwerk angewendet haben.

36

4. Infolge des Betriebsübergangs auf die Beklagte hat sich an dieser Rechtslage nichts geändert. Die so begründeten, aus dem in Bezug genommenen Tarifwerk herrührenden individualvertraglichen Rechte und Pflichten wurden nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB Inhalt des Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten als Erwerberin(vgl. BAG 17. November 2010 - 4 AZR 391/09 - Rn. 19, AP BGB § 613a Nr. 391 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 51; 19. März 2003 - 4 AZR 331/02 - BAGE 105, 284; 26. September 2001 - 4 AZR 544/00 - BAGE 99, 120), und zwar, weil es sich um eine Gleichstellungsabrede handelt (oben II 1), mit dem tariflichen Regelungsbestand vom 31. August 2007. Die Bezugnahme erstreckt sich dagegen nicht auf den von der Beklagten geschlossenen UTV.

37

a) Die Bezugnahmeklausel erfasst nicht die bei der Beklagten bestehenden Tarifverträge. Besondere Umstände, die eine erweiternde Auslegung der Bezugnahmeklausel ermöglichen, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Für eine weitere ergänzende Vertragsauslegung fehlt es an der erforderlichen Vertragslücke. Ein anderes ergibt sich nicht aus dem Charakter der Bezugnahmeklausel als Gleichstellungsabrede.

38

aa) Die Bezugnahmeklausel erfasst nach ihrem Inhalt nicht die bei der Beklagten geschlossenen Tarifverträge.

39

(1) Der Wortlaut der Bezugnahmeklausel gibt keine ausreichenden Hinweise darauf, dass eine Tarifwechselklausel oder zumindest eine Bezugnahme vereinbart worden ist, die die jeweiligen Tarifverträge von einzelnen Konzernunternehmen der DT AG erfasst. Das gilt auch für die im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung bestehende Bezugnahmeregelung. Es bestehen selbst unter Berücksichtigung der Vertragspraxis bei der DT AG bis zum Betriebsübergang im Jahre 2007 keine Anhaltspunkte dafür, es sollten über die von der DT AG selbst geschlossenen Tarifregelungen hinaus weitere Tarifverträge anderer Tarifvertragsparteien erfasst werden. Anhaltspunkte, die ursprüngliche Bezugnahmeklausel sei bereits ihrem Wortlaut nach als Tarifwechselklausel auszulegen, sind nicht erkennbar. Das gilt auch für ihren Inhalt aufgrund der ergänzenden Vertragsauslegung.

40

(2) Auch für die von der Beklagten in Anspruch genommene Auslegung dahin gehend, jedenfalls innerhalb einzelner Konzernunternehmen sollten im Falle von Unternehmensabspaltungen oder Neugründungen von Tochterunternehmen mit nachfolgenden (Teil-)Betriebsübergängen die dort jeweils einschlägigen Tarifverträge angewendet werden, gibt es weder im Vertragswortlaut noch in der folgenden Vertragspraxis einen hinreichenden Anhaltspunkt. Deshalb kann nicht davon ausgegangen werden, es solle die Tarifentwicklung nicht nur bei der DT AG, sondern auch bei von ihr gegründeten Tochterunternehmen jeweils nachvollzogen werden, selbst wenn die DT AG und die von ihr geschlossenen und arbeitsvertraglich - mit - in Bezug genommenen Tarifverträge weiterhin bestehen und als solche auch weiterentwickelt werden.

41

(3) Eine arbeitsvertragliche Bezugnahme auf den bei der Beklagten geltenden Haustarifvertrag UTV kann dem Arbeitsvertrag der Parteien nicht im Wege einer - weiteren - ergänzenden Vertragsauslegung entnommen werden. Weder liegt ein Fall der Tarifsukzession vor, wie die Beklagte meint, noch besteht eine Vertragslücke.

42

Eine von denselben Tarifvertragsparteien vereinbarte Tarifsukzession innerhalb des Geltungsbereichs des bisherigen Tarifvertrages, wie sie etwa im Bereich des öffentlichen Dienstes durch die weitgehende Ersetzung des BAT durch die Nachfolgetarifverträge geschehen ist (dazu ausf. BAG 22. April 2009 - 4 ABR 14/08 - Rn. 24 ff. mwN, BAGE 130, 286), ist vorliegend nicht gegeben. Vielmehr bestehen die Tarifverträge bei der DT AG nach wie vor fort. Deshalb fehlt es auch an einer Vertragslücke, weil das Bezugnahmeobjekt - anders als der TV Ang-O sowie die dazu geschlossenen Zusatztarifverträge spätestens zum 1. Juli 2001 - nicht weggefallen ist.

43

(4) Ebenso wenig hat ein „abgestimmtes Verhalten“ von Tarifvertragsparteien Einfluss auf die Auslegung einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel. Ihr eventueller Gestaltungswille als nicht am Arbeitsvertrag Beteiligte ist für die Auslegung einer einzelvertraglichen Bezugnahmeklausel ohne Bedeutung (BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 20, BAGE 134, 283; 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 16, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 73 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44). Allein der Umstand, dass die DT AG vor dem Betriebsübergang Spartentarifverträge hätte schließen können, die dann von der Bezugnahmeklausel hätten erfasst sein können, führt nicht dazu, dass der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag nun - da dies nicht geschehen ist - entsprechend „korrigierend auszulegen“ wäre. Der DT AG wäre es - eine Einigung mit der vertragsschließenden Gewerkschaft vorausgesetzt - zwar unbenommen gewesen, Spartentarifverträge für ihr Unternehmen abzuschließen. Aber selbst dann würde die Bezugnahmeklausel im Falle eines nachfolgenden Betriebsübergangs nur die von der DT AG geschlossenen Tarifverträge erfassen, nicht aber nachfolgende Tarifverträge der Beklagten, die diese inhaltlich fortsetzen.

44

bb) Dafür, dass die Bezugnahmeklausel über ihren Wortlaut hinaus auch einen Wechsel auf die jeweils einschlägigen Tarifverträge in Konzernunternehmen der DT AG mit erfassen soll, spricht nichts.

45

(1) Nach der Rechtsprechung des Senats kann die Bezugnahme auf das Tarifwerk einer bestimmten Branche über ihren Wortlaut hinaus nur dann als große dynamische Verweisung - Bezugnahme auf den jeweils für den Betrieb fachlich bzw. betrieblich geltenden Tarifvertrag - ausgelegt werden, wenn sich dies aus besonderen Umständen ergibt (st. Rspr., 22. Oktober 2008 - 4 AZR 784/07 - Rn. 21 mwN, BAGE 128, 165; 29. August 2007 - 4 AZR 767/06 - Rn. 17, BAGE 124, 34; 25. September 2002 - 4 AZR 294/01 - zu II 2 c der Gründe, BAGE 103, 9).

46

(2) Ein derartiges am Wortlaut der Bezugnahmeklausel orientiertes Auslegungsergebnis gilt auch, wenn die Arbeitsvertragsparteien vertraglich die Anwendung eines beim Arbeitgeber geltenden Haustarifvertrages vereinbaren und diesen in der Klausel namentlich bezeichnen. In Bezug genommen ist dann nur der genannte Tarifvertrag oder das betreffende Tarifwerk in seiner jeweiligen Fassung und - was durch Auslegung der Klausel zu ermitteln ist - die ergänzenden, ändernden und ggf. ersetzenden Tarifverträge.

47

Auch hier haben die Arbeitsvertragsparteien die Möglichkeit, die Rechtsfolge eines Tarifwechsels, etwa weil wie hier ein anderer Arbeitgeber an einen anderen abgeschlossenen Tarifvertrag gebunden ist, ausdrücklich zu vereinbaren. Sie bestimmen mit ihrer vertraglichen Abrede den Umfang der Bezugnahme. Wollen die Arbeitsvertragsparteien für den Fall einer durch einen Betriebsübergang geänderten Tarifgebundenheit des Arbeitgebers an einen anderen Tarifvertrag erreichen, dass durch eine vertragliche Bezugnahme das im neuen Unternehmen geltende Tarifrecht zur Anwendung kommt, haben sie die Möglichkeit, den Typus der Tarifwechselklausel zu wählen. Schlicht unterstellt werden kann der Wille zum Tarifwechsel nicht (st. Rspr., s. nur BAG 22. Oktober 2008 - 4 AZR 784/07 - Rn. 22 mwN, BAGE 128, 165).

48

Das Argument der Beklagten, die vertragliche Bezugnahme sei dann anders zu beurteilen, wenn es sich lediglich um einen Arbeitgeberwechsel infolge eines Betriebsübergangs innerhalb derselben Branche handelt, verkennt, dass es sich hier um die Auslegung einer vertraglichen Abrede handelt. Hierfür ist es grundsätzlich ohne Bedeutung, ob sich die Tarifgebundenheit durch einen Verbandswechsel des Arbeitgebers ändert oder das Arbeitsverhältnis infolge eines Betriebsübergangs auf einen anders tarifgebundenen Arbeitgeber übergeht. Ebenso wenig ist es von Bedeutung, ob ein solcher Vorgang mit einem Branchenwechsel einhergeht (vgl. BAG 22. April 2009 - 4 ABR 14/08 - Rn. 27, BAGE 130, 286; 22. Oktober 2008 - 4 AZR 784/07 - Rn. 23, BAGE 128, 165).

49

(3) Die Beklagte kann sich schließlich nicht erfolgreich auf die Entscheidung des Senats vom 4. September 1996 (- 4 AZR 135/95 - BAGE 84, 97) stützen. Die damalige Entscheidung betraf zwar eine arbeitsvertragliche Verweisungsklausel, die keine Tarifwechselklausel zum Inhalt hatte und im Fall des Verbandswechsels des Arbeitgebers „korrigierend“ dahin gehend ausgelegt wurde, dass eine Verweisung auf den jeweils für den Betrieb geltenden Tarifvertrag vereinbart sei. Grundlage dieses Verständnisses war der Umstand, dass der Vertragspartner der von unterschiedlichen Arbeitgeberverbänden abgeschlossenen Tarifverträge jeweils dieselbe Gewerkschaft war, der auch die damalige Klägerin angehört hatte. Soweit der Senat in der wiedergegebenen Rechtsprechung angenommen hat, in solchen Fallgestaltungen sei eine „korrigierende Auslegung“ über den eindeutigen Wortlaut der Bezugnahmeklausel hinaus möglich, hat er diese kritisierte Rechtsprechung (s. nur Buchner Anm. EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 7; kritisch auch Annuß BB 1999, 2558; Danne SAE 1998, 111; Dauner-Lieb SAE 1999, 47; Kohte AuA 1997, 171) ausdrücklich aufgegeben (BAG 22. April 2009 - 4 ABR 14/08 - Rn. 73, BAGE 130, 286; im Anschluss an 22. Oktober 2008 - 4 AZR 784/07 - Rn. 24 f., BAGE 128, 165; relativierend bereits 30. August 2000 - 4 AZR 581/99 - zu I 1 c bb der Gründe, BAGE 95, 296 ).

50

cc) Entgegen der Auffassung der Beklagten führt der Umstand, dass die Verweisung im Arbeitsvertrag als Gleichstellungsabrede auszulegen ist, nicht zu einem Wechsel des auf vertraglicher Grundlage anwendbaren Tarifrechts. Das lässt sich weder aus Wortlaut und Sinn der Vertragsklausel noch aus dem Gedanken einer hierauf aufbauenden „entsprechenden Anwendung“ des § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB herleiten, die die Beklagte anführt.

51

(1) Das mit dem Begriff „Gleichstellungsabrede“ gekennzeichnete Auslegungsergebnis einer Bezugnahmeklausel hatte und hat in der Rechtsprechung des Senats nicht den Inhalt, den am Vertrag beteiligten Arbeitnehmer in jeder Hinsicht wie ein Mitglied der tarifschließenden Gewerkschaft oder zumindest tarifrechtlich wie einen an den in Bezug genommenen Tarifvertrag gebundenen Arbeitnehmer zu behandeln. Es ging und geht stets nur um die vertragsrechtliche Stellung des Arbeitnehmers, ihn also lediglich vertraglich hinsichtlich des in Bezug genommenen Tarifvertrages oder Tarifwerks so zu stellen, als wäre er an diesen Tarifvertrag gebunden (BAG 18. März 2009 - 4 AZR 64/08 - Rn. 27 ff., BAGE 130, 43). Wesentliche Rechtsfolge dieses Auslegungsergebnisses war es, die sich aus dem Wortlaut der Bezugnahme ergebende Dynamik der einzelvertraglich anwendbaren Tarifverträge auf die Zeit zu begrenzen, in der der Arbeitgeber ohnehin im Verhältnis zu tarifgebundenen Arbeitnehmern durch seine Verbandsmitgliedschaft an die Tarifentwicklung gebunden war. Eine Gleichstellung, die auch einen für Gewerkschaftsmitglieder normativ, beispielsweise aufgrund von § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB, eintretenden Tarifwechsel vertraglich nachvollzieht, kann zwar vereinbart werden; ein derartiger Regelungswille muss aber im Vertragswortlaut erkennbar zum Ausdruck kommen (BAG 17. November 2010 - 4 AZR 391/09 - Rn. 31, AP BGB § 613a Nr. 391 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 51). Das ist vorliegend nicht der Fall.

52

(2) In seinem Urteil vom 29. August 2007 hat der Senat im Einzelnen begründet, warum im Verhältnis zwischen einer vertraglich vereinbarten Tarifgeltung und einem normativ geltenden Tarifvertrag im Hinblick auf die unterschiedlichen Regelungsebenen entgegen der Auffassung der Beklagten eine entsprechende Anwendung des § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB nicht in Betracht kommt(-  4 AZR 767/06  - Rn. 19 mwN, BAGE 124, 34 zu den hierzu in der Literatur vertretenen Auffassungen). Der Senat nimmt hierauf zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug.

53

Die Vorschrift des § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB ist nicht dazu bestimmt, auf beim Veräußerer vertraglich begründete Rechte und Pflichten Einfluss zu nehmen. § 613a Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 BGB regeln ausschließlich den Erhalt von ursprünglich normativ begründeten Besitzständen nach einem Betriebsübergang, in dessen Folge die Voraussetzungen für eine normative Weitergeltung entfallen sind. Vertragliche Rechtspositionen, auch wenn sie in einer privatautonomen Einbeziehung von Tarifrecht ihren Grund haben, gehen ohne weiteres und uneingeschränkt nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB über. Ein anderes Verständnis stünde im Übrigen auch im Widerspruch zu Art. 3 Abs. 1 der Betriebsübergangs-Richtlinie 2001/23/EG vom 12. März 2001, wonach Rechte und Pflichten aus einem Arbeitsvertrag ohne weiteres auf den Erwerber übergehen (s. nur BAG 17. November 2010 - 4 AZR 391/09 - Rn. 23, AP BGB § 613a Nr. 391 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 51). Ob im Übrigen einer entsprechenden Anwendung des § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB in dem von der Beklagten angestrebten Sinne die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 6. September 2011 zur Richtlinie 2001/23/EG (- C-108/10 - [Scattolon] Rn. 76, EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2001/23 Nr. 7) entgegensteht, musste der Senat nicht entscheiden.

54

(3) Der weitere Einwand der Beklagten, dem Arbeitgeber werde bei einem Vertragsverständnis, das nicht zu einer Einbeziehung des bei ihm geltenden Tarifrechts führe, kein wirksames Instrument zur Verfügung gestellt, mit dem er in Ausübung seines Grundrechts aus Art. 9 Abs. 3 GG „konstitutive einzelvertragliche Ansprüche jedenfalls ihrer ebenfalls tarifgebundenen Arbeitnehmer ändern … könnte“, weshalb es zu einem Verstoß gegen das Koalitionsgrundrecht komme, geht bereits im Ansatz fehl. Die Beklagte übersieht die unterschiedlichen Regelungsebenen tarifvertraglicher und individualvertraglicher Vereinbarungen.

55

Gegenstand kollektiver Regelungen durch tarifliche Inhaltsnormen ist die Festsetzung allgemeiner und gleicher Mindestarbeitsbedingungen. Die Möglichkeit, demgegenüber günstigere Arbeitsbedingungen einzelvertraglich zu vereinbaren, kann ein Tarifvertrag auch für tarifgebundene Arbeitsverhältnisse nicht einschränken (BAG 23. März 2011 - 4 AZR 366/09 - Rn. 41, EzA GG Art. 9 Nr. 104). Ebenso wenig kann ein Tarifvertrag bestehende individualvertraglich vereinbarte Rechte abändern oder verkürzen (s. nur BAG 18. August 1971 - 4 AZR 342/70 - BAGE 23, 399: Anrechnungsklausel). Von daher ist schon im Ansatz eine Verletzung des Koalitionsgrundrechts im Hinblick auf die verfassungsrechtlich gewährleistete Tarifautonomie ausgeschlossen. Das Recht, Tarifverträge mit unmittelbarer und zwingender Wirkung für die Tarifgebundenen zu vereinbaren - § 4 Abs. 1, § 3 Abs. 1 TVG - bleibt der Beklagten unbenommen. Ebenso unbeeinträchtigt davon bleiben allerdings auch die einzelvertraglich vereinbarten günstigeren Regelungen, die im Wege des Sachgruppenvergleichs (st. Rspr., etwa BAG 1. Juli 2009 - 4 AZR 261/08 - Rn. 60 mwN, BAGE 131, 176) zu ermitteln sind.

56

dd) Dem vorliegenden Ergebnis steht auch nicht die „Rechtsfolgenbetrachtung“ der Beklagten entgegen, wonach es im Falle von zwei aufeinanderfolgenden Betriebsübergängen zu einer nicht mehr auflösbaren Kollision des nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB transformierten Rechts kommen soll. Es könne dann nicht mehr geklärt werden, in welchem Verhältnis einzelvertraglich vereinbarte Regelungen und vormalige tariflich geltende Regelungen, die nun transformiert worden seien, zueinander stünden. Die Beklagte berücksichtigt nicht, dass die nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB transformierten Normen nicht dergestalt Inhalt der individualvertraglichen Abrede werden, wie dies bei der vertraglichen Bezugnahme von Tarifverträgen der Fall ist; sie behalten vielmehr ihren kollektiv-rechtlichen Charakter bei (ausf. BAG 22. April 2009 - 4 AZR 100/08 - Rn. 61 ff., BAGE 130, 237). Deshalb ist ein Günstigkeitsvergleich entgegen ihrer Auffassung ohne weiteres möglich und geboten, wenn es zu einem zweiten Betriebsübergang auf einen tarifungebundenen Erwerber kommt (dazu BAG 22. April 2009 - 4 AZR 100/08 - Rn. 30, aaO).

57

b) Eine „korrigierende Auslegung“ im Sinne der Beklagten ist schließlich nicht aus Gründen des Vertrauensschutzes geboten. Die Beklagte verkennt, dass sich der in den Entscheidungen des Senats zur Gleichstellungsabrede gewährte Vertrauensschutz nicht darauf bezieht, ob eine Klausel als Tarifwechselklausel auszulegen ist oder nicht.

58

aa) Der Gleichstellungsgehalt einer solchen Vereinbarung ist nach der früheren Rechtsprechung auf den Zusammenhang zwischen der Dynamik der Bezugnahme und der Tarifgebundenheit des Arbeitgebers an die bezeichneten Tarifverträge beschränkt (BAG 29. August 2007 - 4 AZR 767/06 - Rn. 17 f., BAGE 124, 34; 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 27, BAGE 122, 74). Nur insoweit wendet der Senat die frühere Rechtsprechung auf „Altverträge“, also vor dem 1. Januar 2002 geschlossene Arbeitsverträge an und gewährt in diesem Rahmen Vertrauensschutz (st. Rspr., vgl. nur BAG 18. November 2009 - 4 AZR 514/08 - Rn. 18 und 22 jeweils mwN, BAGE 132, 261; 26. August 2009 - 4 AZR 285/08 - Rn. 49, BAGE 132, 10; 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 26 ff., aaO; 14. Dezember 2005 - 4 AZR 536/04 - Rn. 24 ff., BAGE 116, 326).

59

bb) Demgegenüber hat der Senat für die Annahme einer Tarifwechselklausel stets besondere und von der Annahme einer Gleichstellungsabrede unabhängige Voraussetzungen für notwendig erachtet (s. nur BAG 30. August 2000 - 4 AZR 581/99 - zu I 1 c bb der Gründe, BAGE 95, 296; 16. Oktober 2002 - 4 AZR 467/01 - zu I 1 b aa und bb aaa der Gründe, BAGE 103, 141).

60

c) Schließlich führt auch die Auffassung der Beklagten, für die sie sich auf die Senatsentscheidung vom 1. Juli 2001 (- 4 AZR 129/00 -) beruft, dass eine konkludente Vertragsänderung zustande gekommen sei, weil der Kläger nach dem Betriebsübergang zu veränderten Vertragsbedingungen widerspruchslos weitergearbeitet habe, nicht zu der angestrebten Klageabweisung. Für die Annahme, ein arbeitgeberseitiges Änderungsangebot, das auf die Vereinbarung einer Tarifwechselklausel zielt, sei angenommen worden, müssten sich besondere Umstände zeigen, die vorliegend nicht ersichtlich sind.

61

5. Auf die Verfahrensrüge der Beklagten, das Landesarbeitsgericht habe es versäumt, sich mit acht „für die (ergänzende) Auslegung der Bezugnahme zwingend zu berücksichtigende besondere Umstände“ auseinanderzusetzen, kommt es nicht an. Diese Verfahrensrüge ist im Übrigen unbegründet. Wie die Beklagte selbst erkannt hat, hat das Landesarbeitsgericht dieses Vorbringen der Beklagten ausdrücklich in den Parteivortrag im Tatbestand seines Urteils aufgenommen. Bereits dadurch ist davon auszugehen, dass eine Auseinandersetzung damit stattgefunden hat, auch wenn sie nicht ausdrücklich in der Urteilsbegründung zum Ausdruck gebracht wird. Vorliegend ist zudem S. 13 f. der Urteilsbegründung zu entnehmen, dass eine solche Auseinandersetzung stattgefunden hat.

62

6. Der Anspruch des Klägers ist entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht verwirkt.

63

a) Mit der Verwirkung als Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung gem. § 242 BGB wird die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen. Sie dient dem Vertrauensschutz und verfolgt nicht den Zweck, den Schuldner stets dann von seiner Verpflichtung zu befreien, wenn dessen Gläubiger längere Zeit seine Rechte nicht geltend gemacht hat (Zeitmoment). Der Berechtigte muss vielmehr unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erweckten, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, so dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden (Umstandsmoment) (st. Rspr., s. nur BAG 7. November 2001 - 4 AZR 724/00 - zu I 3 a der Gründe, BAGE 99, 295). Hierbei muss das Vertrauen des Verpflichteten, nicht in Anspruch genommen zu werden, das Interesse des Berechtigten an Anspruchserfüllung derart überwiegen, dass ihm die Erfüllung des Anspruchs nicht mehr zuzumuten ist.

64

b) Vorliegend fehlt es sowohl an dem erforderlichen Zeitmoment als auch an dem notwendigen Umstandsmoment. Der Kläger hat im April 2008 und damit etwa acht Monate nach dem Betriebsübergang auf die Beklagte zum 1. September 2007 seine Rechte aus der vertraglichen Bezugnahme geltend gemacht, wobei davon auszugehen ist, dass bei schwierigen Sachverhalten die Rechte des Arbeitnehmers auch erst nach längerer Untätigkeit verwirken können (BAG 27. November 2008 - 8 AZR 174/07 - Rn. 24, BAGE 128, 328). Entgegen der Auffassung der Beklagten ändern monatlich erteilte Vergütungsabrechnungen, aus denen die wirtschaftlichen Nachteile erkennbar sind, nichts an der Schwierigkeit des Sachverhalts. Auch kann sie sich jedenfalls im Grundsatz nicht im Rahmen des Einwands der Verwirkung auf die Dauer tarifvertraglicher Ausschlussfristen berufen, denn die ausschlussfristgerechte Geltendmachung von konkreten Einzelansprüchen ist eine gesondert zu beantwortende Frage. Ob im Einzelfall eine Untätigkeit für ein Vielfaches der von den Tarifvertragsparteien festgelegten Ausschlussfrist einen Hinweis auf die Erfüllung des Zeitmoments geben kann, muss hier angesichts der gerade einmal achtmonatigen Untätigkeit des Klägers nicht geklärt werden. Darüber hinaus ist auch ein Verhalten des Klägers, aus dem die Beklagte ein berechtigtes Vertrauen hätte ableiten können, dieser werde solche Rechte nicht mehr geltend machen, weder vorgetragen noch ersichtlich.

65

III. Die Beklagte hat die Kosten des erfolglosen Rechtsmittels nach § 97 ZPO zu tragen.

        

    Bepler    

        

    Creutzfeldt    

        

    Winter     

        

        

        

    Hannig    

        

    Drechsler    

                 

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 23. Januar 2009 - 22 Sa 725/08 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten in der Revisionsinstanz über die Verpflichtung der Beklagten, an den Kläger ein Urlaubsgeld für das Jahr 2005 zu zahlen.

2

Die Beklagte, eine Tochtergesellschaft der Pro Seniore Consulting + Conception für Senioreneinrichtungen AG, und den Kläger verbindet seit dem 1. Oktober 1998 ein Arbeitsverhältnis. Die Beklagte beschäftigt den Kläger, der Mitglied der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) ist, in einer Pflegeeinrichtung in Berlin als Pflegehelfer. Der vom 1. Oktober 1998 datierende Arbeitsvertrag der Parteien verweist auf einen vorformulierten Anhang (Anh ArbV), der ua. folgende Regelungen enthält:

        

„§ 14 

        

Bestandteile der Vergütung

        

Die Vergütung des Beschäftigten besteht aus

        

a)    

der Grundvergütung (§ 15)

        

b)    

den Zeitzuschlägen (§ 17)

        

…       

        

§ 18   

        

Berechnung und Auszahlung der Bezüge

        

1.    

Die Bezüge sind für den Kalendermonat zu berechnen und spätestens am letzten Werktag eines jeden Monats für den laufenden Monat auf ein vom Beschäftigten eingerichtetes Girokonto im Inland zu zahlen. …

        

…       

        

§ 21   

        

Erholungsurlaub

        

1.    

Der Beschäftigte erhält in jedem Urlaubsjahr Erholungsurlaub unter Zahlung der Vergütung. …

        

…       

        

§ 23   

        

Urlaubsgeld

        

Mit der Lohn-Gehaltsabrechnung für den Monat Juli eines Kalenderjahres wird ein Urlaubsgeld in Höhe von DM 600,-- (Nichtvollbeschäftigte anteilig) gewährt.

        

Anspruchsvoraussetzungen:

        

Der Beschäftigte muss am 1. Juli im Arbeitsverhältnis stehen und seit dem 1. Januar ununterbrochen beschäftigt sein und mindestens für einen Teil des Monats Juli Anspruch auf Vergütung, Urlaubsvergütung oder Krankenbezüge haben.

        

Ist Urlaubsgeld gezahlt worden, obwohl es nicht oder nicht in voller Höhe zustand, ist es in Höhe des überzahlten Betrages zurückzuzahlen.

        

…       

        

§ 32   

        

Jährliche Sonderzuwendung

        

1.    

Der Beschäftigte, der sich am 1. Dezember in ungekündigtem Arbeitsverhältnis befindet und seit dem 1. Oktober ununterbrochen bei demselben Arbeitgeber im Arbeitsverhältnis steht und nicht in der Zeit bis 31. März des folgenden Kalenderjahres aus seinem Verschulden oder auf eigenen Wunsch ausscheidet, erhält eine Sonderzuwendung.

        

2.    

Die Sonderzuwendung ist mit dem Arbeitsentgelt des Monats November fällig und beträgt 100 % der für den Monat Oktober gezahlten Grundvergütung (§ 15).

                 

…       

        

§ 33   

        

Ausschlussfrist

        

Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis entfallen, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit vom Beschäftigten oder vom Arbeitgeber schriftlich geltend gemacht werden. …“

3

Auf das Arbeitsverhältnis finden kraft beiderseitiger Tarifbindung mehrere Tarifverträge Anwendung. Der zwischen der Pro Seniore Consulting + Conception für Senioreneinrichtungen AG und ver.di geschlossene Manteltarifvertrag vom 24. September 2004 (MTV) enthält ua. folgende Regelungen, die teils mit Wirkung zum 1. Oktober 2004 und im Übrigen mit Wirkung zum 1. Januar 2005 in Kraft traten:

        

㤠12a

        

Bestandteile der Vergütung

        

1.    

Die Vergütung des Angestellten besteht aus der Grundvergütung, dem Ortszuschlag und der allgemeinen Zulage.

        

2.    

Die Beträge der Grundvergütung, des Ortszuschlags und der allgemeinen Zulage werden in einem besonderen Tarifvertrag (Vergütungstarifvertrag) vereinbart.

        

…       

        

§ 13a 

        

Berechnung und Auszahlung der Vergütung

        

Die Vergütung ist für den Kalendermonat zu berechnen und spätestens am 5. Werktag eines jeden Monats (Zahltag) für den vergangenen Monat auf ein von dem Angestellten eingerichtetes Girokonto im Inland zu zahlen. Sie sind so rechtzeitig zu überweisen, dass der Angestellte am Zahltag über sie verfügen kann.

        

…       

        

§ 19   

        

Erholungsurlaub

        

Der Arbeitnehmer erhält in jedem Kalenderjahr Erholungsurlaub unter Zahlung der Urlaubsvergütung:

                 

…       

        

§ 20   

        

Zusatzurlaub

        

1.    

Arbeitnehmer, die regelmäßig Nachtarbeit leisten, erhalten einen Zusatzurlaub:

                 

…       

        

§ 24   

        

Besitzstandswahrung

        

1.    

Soweit sich aus der Anwendung dieses Tarifvertrages und diesen ergänzenden oder ersetzenden Tarifverträgen ein niedrigeres Gesamteinkommen als nach den für den jeweiligen Arbeitnehmer zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Tarifvertrages oder anderer Regelungen ergibt, gelten folgende Regelungen:

                 

a)    

Bei denjenigen Arbeitnehmern, die am 30.09.2004 schon bei Pro Seniore beschäftigt waren und deren Stufung nach Berufsjahren bzw. Lebensalter erfolgte, bleibt diese Stufung solange bestehen, bis er die Anspruchsvoraussetzungen dieses Tarifvertrages zur Höherstufung erfüllt.

                 

b)    

Arbeitnehmer deren bisherige Vergütung in Form eines Festbetrages höher ist als die, die sie nach den jeweils gültigen Regelungen dieses Tarifvertrages bekommen würden, erhalten den Differenzbetrag als persönliche Zulage.

                 

Protokollnotiz:

                          

Als Bestandteile des monatlichen Gesamteinkommens gelten die Grundvergütung, der Ortszuschlag und die allgemeine Zulage.

        

§ 25   

        

Ausschlussfristen

        

1.    

Die Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis müssen innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden.

        

…“    

        
4

Der Tarifvertrag über eine Zuwendung zwischen der Pro Seniore Consulting + Conception für Senioreneinrichtungen AG und ver.di vom 24. September 2004 (TV Zuwendung), der mit Wirkung zum 1. Oktober 2004 in Kraft trat, sieht unter den in § 2 TV Zuwendung genannten Voraussetzungen einen Anspruch auf eine jährliche Zuwendung vor. Diese beträgt für Beschäftigte in Berlin im Regelfall 82 % der Vergütung für den Monat September, § 3 TV Zuwendung.

5

Seit dem Inkrafttreten des MTV zahlt die Beklage die monatliche Arbeitsvergütung am fünften Werktag des Folgemonats an den Kläger aus. Der Kläger war mit dieser Zahlungspraxis einverstanden.

6

Unter dem 31. Januar 2006 richtete der Kläger an die Beklagte per Telefax ein Schreiben, mit dem er seinen Anspruch auf Urlaubsgeld für das Jahr 2005 geltend machte. Der Sendebericht des von dem Kläger verwendeten Telefaxgeräts weist aus, die Fernkopie sei am 31. Januar 2006 gegen 13:14 Uhr an die Beklagte mit dem Ergebnis „OK“ übermittelt worden. Das Original des Schreibens ging der Beklagten am 1. Februar 2006 zu.

7

Der Kläger hat unter dem 27. Februar 2007 gegen die „Pro Seniore B gGmbH“ Klage erhoben. Auf Antrag des Klägers hat das Arbeitsgericht das Passivrubrum entsprechend der Firma der Beklagten geändert.

8

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Beklagte sei gemäß § 23 Anh ArbV verpflichtet, an ihn Urlaubsgeld zu zahlen. Die arbeitsvertraglichen Vereinbarungen seien günstiger als die tarifvertraglichen Regelungen. Der Kläger behauptet, das Geltendmachungsschreiben vom 31. Januar 2006 sei der Beklagten am selben Tage per Telefax zugegangen.

9

Der Kläger hat - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 306,78 Euro brutto zuzüglich Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 7. August 2005 zu zahlen.

10

Das Arbeitsgericht hat insoweit die im Termin säumige Beklagte antragsgemäß verurteilt. Die Beklagte hat im Wege des Einspruchs beantragt, das Versäumnisurteil aufzuheben und die Klage abzuweisen. Sie hat die Ansicht vertreten, sie sei auch nicht durch die Rubrumsberichtigung Partei des Rechtsstreits geworden. Das tarifliche Leistungsniveau sei bei einer Gesamtbetrachtung günstiger als die arbeitsvertraglichen Regelungen. § 24 MTV enthalte eine abschließende Regelung der Besitzstandswahrung. Der Anspruch des Klägers auf Urlaubsgeld für das Jahr 2005 sei verfallen. Die Fälligkeit des Urlaubsgeldanspruchs und damit der Lauf der Ausschlussfristen richte sich nach § 18 Anh ArbV.

11

Das Arbeitsgericht hat auf den Einspruch der Beklagten das Versäumnisurteil aufrechterhalten. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte allein den Abweisungsantrag bezüglich des Urlaubsgelds für das Jahr 2005 weiter.

Entscheidungsgründe

12

Die zulässige Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben der Klage im Ergebnis zu Recht stattgegeben.

13

A. Die Klage ist zulässig. Zwischen den Parteien besteht ein Prozessrechtsverhältnis.

14

Nach § 253 Abs. 2 Nr. 1 ZPO hat der Kläger die Parteien des Prozesses in der Klageschrift anzugeben. Ist die gewählte Bezeichnung nicht eindeutig, so ist die Partei durch Auslegung zu ermitteln. Bei der Auslegung prozessualer Willenserklärungen ist entsprechend der für die Auslegung von rechtsgeschäftlichen Willenserklärungen geltenden Regelung des § 133 BGB nicht am buchstäblichen Sinn einzelner Bezeichnungen zu haften, sondern unter Berücksichtigung der gleichzeitig erteilten Begründung sowie sonstiger Verfahrenserklärungen der eigentliche Wille zu ermitteln(vgl. Senat 14. Oktober 2003 - 9 AZR 636/02 - zu A II der Gründe, BAGE 108, 103). Maßgeblich ist der objektive Empfängerhorizont der Adressaten, dh. des Gerichts sowie des Verfahrensgegners und der sonstigen am Verfahren beteiligten Personen. Eine ungenaue oder ersichtlich falsche Parteibezeichnung ist unschädlich und kann jederzeit - von Amts wegen - richtiggestellt werden (BAG 28. August 2008 - 2 AZR 279/07 - Rn. 14 ff., AP KSchG 1969 § 4 Nr. 67 = EzA KSchG § 4 nF Nr. 86). Das Revisionsgericht hat im Rahmen des § 557 Abs. 3 ZPO von Amts wegen nachzuvollziehen, ob die angegriffene Entscheidung gegen die Person ergangen ist, die Partei des Rechtsstreits ist(vgl. BGH 13. Juli 1993 - VI ZR 278/92 - zu II 1 der Gründe, NJW 1993, 3067).

15

Das Arbeitsgericht hat die Bezeichnung der Beklagten zu Recht korrigiert. Die Klageschrift weist als beklagte Partei die „Pro Seniore B gGmbH, vertr. d. d. GF C“ aus. Dies ist eine für die Verfahrensbeteiligten offenkundige Falschbezeichnung. Für das angerufene Arbeitsgericht ist aufgrund der Klagebegründung ohne Weiteres erkennbar gewesen, dass sich die Klage allein gegen die Beklagte richtet. In der Klagebegründung hat der Kläger ausgeführt, er sei „bei der Beklagten auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 1.10.1998 … beschäftigt“. Der der Klageschrift beigefügte Arbeitsvertrag vom 1. Oktober 1998 nennt als Arbeitgeberin die Beklagte. Die Beklagte hat die Klageschrift im nämlichen Sinne verstanden. Dies belegt das Rubrum, das die Beklagte ihrer eigenen Klageerwiderungsschrift vom 12. März 2007 vorangestellt hat. Dieses weist nicht die Pro Seniore B gGmbH, sondern sie selbst als beklagte Partei aus.

16

B. Die Klage ist begründet. Die Beklagte ist verpflichtet, an den Kläger einen Bruttobetrag iHv. 306,78 Euro zuzüglich Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 7. August 2005 zu zahlen. Anspruchsgrundlage für den Urlaubsgeldanspruch ist § 23 Abs. 1 Anh ArbV. Der Zinsanspruch findet seine Rechtfertigung in den gesetzlichen Vorschriften über den Schuldnerverzug.

17

I. Soweit das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen ist, dass die Voraussetzungen des § 23 Abs. 2 Anh ArbV vorliegen, hat die Beklagte in der Revision keine Einwendungen erhoben.

18

II. Tarifvertragliche Regelungen, die kraft beiderseitiger Tarifbindung unmittelbar und zwingend auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung finden (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG), lassen den Klageanspruch unberührt.

19

1. Für das Verhältnis von tarifvertraglichen und arbeitsvertraglichen Regelungen gilt die gesetzliche Kollisionsregel des § 4 Abs. 3 TVG(vgl. BAG 24. Februar 2010 - 4 AZR 691/08 - Rn. 43, EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 47). Hiernach treten unmittelbar und zwingend geltende Tarifnormen hinter einzelvertraglichen Vereinbarungen mit für Arbeitnehmer günstigeren Bedingungen zurück. Ob ein Arbeitsvertrag abweichende Regelungen gegenüber dem Tarifvertrag iSd. § 4 Abs. 3 TVG enthält, erfordert einen Vergleich zwischen der tarifvertraglichen und der arbeitsvertraglichen Regelung. Zu vergleichen sind nur Regelungen, die in einem sachlichen Zusammenhang stehen (sog. Sachgruppenvergleich; vgl. BAG 21. April 2010 - 4 AZR 768/08 - Rn. 39, EzA BGB 2002 § 613a Nr. 118). Dies gilt unabhängig davon, ob die Parteien des Arbeitsvertrags die vertraglichen Regelungen vor oder nach Inkrafttreten des Tarifvertrags vereinbart haben (vgl. BAG 25. Juli 2001 - 10 AZR 391/00 - zu II 2 a bb (2) der Gründe).

20

2. Nach Maßgabe dieser Grundsätze bedarf es eines Günstigkeitsvergleichs zwischen der arbeitsvertraglichen Regelung in § 23 Anh ArbV und den tarifvertraglichen Bestimmungen nicht. Während § 23 Anh ArbV dem Kläger einen Anspruch auf ein jährliches Urlaubsgeld einräumt, sehen weder die Regelungen des MTV noch die des TV Zuwendung vergleichbare Ansprüche vor. Dies ergibt eine Auslegung des § 23 Anh ArbV.

21

a) Der Senat kann die von der Beklagten vorformulierten Klauseln, die den Anhang des Arbeitsvertrags bilden, auslegen, da es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen iSd. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB handelt. Die Vertragsbestimmungen sind nach § 157 BGB so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern. Dabei ist nach § 133 BGB ausgehend vom objektiven Wortlaut der wirkliche Wille des Erklärenden zu erforschen und nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften. Bei der Auslegung sind weiterhin alle tatsächlichen Begleitumstände der Erklärung zu berücksichtigen, die für die Frage von Bedeutung sein können, welchen Willen der Erklärende gehabt hat und wie die Erklärung von ihrem Empfänger zu verstehen war (Senat 15. September 2009 - 9 AZR 757/08 - Rn. 43, EzA GewO § 106 Nr. 4).

22

b) Das arbeitsvertragliche Urlaubsgeld gemäß § 23 Anh ArbV ist mit den arbeitsvertraglichen Regelungen, die Erholungs- und Zusatzurlaub zum Gegenstand haben, nicht verknüpft. Während das Urlaubsgeld eine saisonale Sonderleistung beinhaltet, sind die §§ 21, 22 Anh ArbV dem Urlaubsrecht zuzurechnen.

23

Allein die Bezeichnung einer Leistung als Urlaubsgeld rechtfertigt es nicht, einen zwingenden Sachzusammenhang zum Erholungsurlaub anzunehmen (vgl. Senat 11. April 2000 - 9 AZR 225/99 - zu I 2 b aa der Gründe, AP TVG § 1 Tarifverträge: Luftfahrt Nr. 13 = EzA TVG § 4 Luftfahrt Nr. 4). Denn den Vertragsparteien steht es frei, die Bezeichnung auch für nichturlaubsakzessorische Sonderzahlungen zu verwenden (vgl. Senat 15. April 2003 - 9 AZR 137/02 - zu I 1 b aa der Gründe, BAGE 106, 22). Die schlichte Aufeinanderfolge der §§ 21, 22 und 23 Anh ArbV legt eine sachliche Verbindung beider Regelungsmaterien nicht nah. Der Vertragsanhang weist keine abschnittsweise Gliederung auf, so dass zwangsläufig auch Normen, die inhaltlich nicht miteinander in Verbindung stehen, aufeinanderfolgen.

24

Deshalb ist anhand der Leistungsvoraussetzungen, dh. der Anforderungen und Ausschlussgründe, zu ermessen, ob das Urlaubsgeld von den Regelungen zum Urlaub abhängig ist oder bloß eine saisonale Sonderleistung darstellt (vgl. Senat 19. Mai 2009 - 9 AZR 477/07 - Rn. 15, DB 2009, 2051). Die für eine Akzessorietät sprechende Anbindung des Urlaubsgelds an die tatsächliche Urlaubsnahme und den erzielten Urlaubserfolg (Senat 21. Oktober 1997 - 9 AZR 255/96 - zu I 2 b der Gründe, AP TVG § 1 Tarifverträge: Schuhindustrie Nr. 5 = EzA TVG § 4 Schuhindustrie Nr. 2), hat in § 23 Anh ArbV keinen Ausdruck gefunden. Das Urlaubsgeld hängt weder in seiner Entstehung von der tatsächlichen Urlaubsnahme ab, noch steht es mit deren Erfolg in Verbindung. Die in § 23 Anh ArbV vorausgesetzte 6-monatige Wartefrist lässt nicht auf eine Verbindung zur tatsächlichen Urlaubsnahme schließen(vgl. Senat 15. April 2003 - 9 AZR 137/02 - zu I 1 b aa der Gründe, BAGE 106, 22). Der Umstand, dass die Bemessungshöhe feststeht und keinerlei Verbindung zum erzielten Urlaubsentgelt aufweist, spricht gegen eine sachliche Verbindung mit dem Urlaubsanspruch (vgl. Senat 19. Mai 2009 - 9 AZR 477/07 - Rn. 18, aaO). Schließlich gibt die abweichend geregelte Fälligkeit beider Leistungen einen deutlichen Hinweis auf die sachliche Trennung beider Regelungskomplexe (vgl. Senat 24. Oktober 2000 - 9 AZR 610/99 - zu I 2 a der Gründe, AP BUrlG § 5 Nr. 19).

25

Die Gewährung des Urlaubsgelds steht im Übrigen in keiner sachlichen Verbindung zu den weiteren im Anhang des Arbeitsvertrags enthaltenen Sonderzahlungen. Die Jubiläumszuwendung ist gemäß § 20 Anh ArbV von der Fortdauer der Beschäftigung abhängig. Die vermögenswirksamen Leistungen gewährt die Beklage entsprechend den gesetzlichen Regelungen des 5. VermBG, § 31 Anh ArbV. Die jährliche Sonderzuwendung iSd. § 32 Anh ArbV besitzt, wie die Anknüpfung an den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses verdeutlicht, Gratifikationscharakter.

26

c) Weder der MTV noch der TV Zuwendung enthalten - wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat - eine der Urlaubsgeldgewährung in § 23 Anh ArbV vergleichbare Sonderleistung. Der in §§ 19, 20 MTV geregelte Urlaub bildet lediglich die in §§ 21 und 22 Anh ArbV enthaltenen Erholungs- und Zusatzurlaubstatbestände ab. § 3 TV Zuwendung normiert eine jährliche Sonderzuwendung, die sowohl ihren Anspruchsvoraussetzungen als auch der Höhe nach von dem arbeitsvertraglich geregelten Urlaubsgeld abweicht.

27

III. Der Kläger hat den Zahlungsanspruch unter Wahrung der arbeitsvertraglichen Ausschlussfrist gegenüber der Beklagten geltend gemacht.

28

1. Gemäß § 33 Satz 1 Anh ArbV entfallen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit geltend gemacht werden. Das Urlaubsgeld ist nach § 23 Abs. 1 Anh ArbV mit der Vergütungsabrechnung für den Monat Juli eines Kalenderjahres zu zahlen. § 18 Abs. 1 Satz 1 Anh ArbV bestimmt, dass die Bezüge für den Kalendermonat zu berechnen und spätestens am letzten Werktag eines jeden Monats zu zahlen sind.

29

2. Der Senat kann offenlassen, ob das Schreiben des Klägers vom 31. Januar 2006 der Beklagten am selben Tag per Telefax oder erst am Folgetag im Original zugegangen ist. Zwar Wahrung der Ausschlussfrist genügte es, dass der Kläger den Urlaubsgeldanspruch bis zum 5. Februar 2006 der Beklagten gegenüber geltend gemacht hat. Denn der arbeitsvertraglich bestimmte Fälligkeitstermin ist durch eine einvernehmliche Stundung auf den 5. Februar 2006 hinausgeschoben worden.

30

Die Beklagte hat seit dem Inkrafttreten des MTV die Vergütung im Einverständnis mit dem Kläger nicht am arbeitsvertraglich bestimmten Fälligkeitstermin, dem letzten Werktag des jeweiligen Kalendermonats, sondern nach Maßgabe des § 13a MTV gezahlt. Danach ist die Vergütung für den Kalendermonat zu berechnen und spätestens am fünften Werktag eines jeden Monats für den vergangenen Monat zu zahlen. Eine Ausschlussfrist beginnt erst an dem Termin zu laufen, zu dem der Arbeitgeber die Zahlungen betriebsüblich erbringt (vgl. Senat 18. März 2003 - 9 AZR 44/02 - zu I 2 d der Gründe, AP BGB § 157 Nr. 28). Zahlt der Arbeitgeber im Einverständnis mit dem Arbeitnehmer das Urlaubsgeld abweichend von vertraglichen Bestimmungen, liegt hierin eine Stundungsvereinbarung, durch die die Fälligkeit des Anspruchs hinausgeschoben wird (vgl. Senat 18. Mai 1999 - 9 AZR 515/98 - zu I 2 d der Gründe, AP TVG § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 223 = EzA BUrlG § 11 Nr. 43; siehe ferner Senat 9. Dezember 2003 - 9 AZR 648/02 - zu I 4 der Gründe, EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 171).

31

C. Die Beklagte hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der ohne Erfolg eingelegten Revision zu tragen.

        

    Düwell    

        

    Krasshöfer    

        

    Suckow    

        

        

        

    Preuß    

        

    Ropertz    

                 

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 7. März 2013 - 3 Sa 258/11 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Anwendbarkeit des TVöD auf ihr Arbeitsverhältnis.

2

Der Kläger, Mitglied der Gewerkschaft ver.di, wurde im Jahr 2006 vom städtischen Klinikum M, einem Eigenbetrieb der Stadt, die ihrerseits Mitglied im Kommunalen Arbeitgeberverband war, als Krankenpfleger eingestellt. In § 2 des Arbeitsvertrags vom 12. Mai 2006 heißt es:

„Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) und dem Besonderen Teil Krankenhäuser und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen, einschl. des TV zur Überleitung in den TVöD, in der für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) jeweils geltenden Fassung.

Außerdem finden die im Bereich des Arbeitgebers jeweils geltenden sonstigen einschlägigen Tarifverträge Anwendung.“

3

Zum 1. Januar 2008 ging das Arbeitsverhältnis des Klägers auf die Beklagte über. Diese ist nicht Mitglied des kommunalen Arbeitgeberverbands. Die Parteien schlossen am 23. Dezember 2008 einen Änderungsvertrag. Danach wurde der Kläger ab dem 1. Dezember 2008 nach der Entgeltgruppe 9a TVöD vergütet.

4

Seit dem 1. März 2011 wendet die Beklagte auf die Arbeitsverhältnisse ihrer Beschäftigten - mit Ausnahme der Ärzte - den mit der Gewerkschaft ver.di abgeschlossenen „Tarifvertrag für die KLINIKUM M gemeinnützige GmbH“ vom 25. Februar 2011 (im Folgenden HTV) an. An den Kläger zahlt sie weiterhin ein Gehalt auf der Grundlage des TVöD mit Stand vom 31. Dezember 2007.

5

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, der TVöD finde aufgrund der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel dynamisch auf sein Arbeitsverhältnis Anwendung. Er hat beantragt

festzustellen, dass auf das Arbeitsverhältnis der Parteien über den 1. Januar 2008 hinaus zeitdynamisch im Sinne der neueren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) und der für den Besonderen Teil Krankenhäuser und die diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge in der für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) jeweils geltenden Fassung Anwendung finden.

6

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Klage sei wegen des Vorrangs der Leistungsklage bereits unzulässig. Es werde lediglich eine Vorfrage geklärt. Streitig bliebe hingegen, welcher Tarifvertrag hinsichtlich der verschiedenen Sachgruppen günstiger sei. Die Klage sei zudem unbegründet. Der Kläger sei an den HTV unmittelbar und zwingend gebunden. Überdies nehme die Verweisungsklausel auf den mit derselben Gewerkschaft abgeschlossenen HTV Bezug. Für das Verhältnis von TVöD/VKA und HTV gelte das Ablöseprinzip. Abgesehen davon sei die Bezugnahmeklausel als Gleichstellungsabrede auszulegen.

7

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren weiter, die Klage abzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zu Recht zurückgewiesen.

9

I. Die Klage ist zulässig. Insbesondere besteht das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche besondere Feststellungsinteresse.

10

1. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats kann ein Arbeitnehmer ein berechtigtes Interesse an der Feststellung haben, dass ein bestimmter Tarifvertrag auf sein Arbeitsverhältnis anzuwenden ist (sog. Elementenfeststellungsklage). Eine entsprechende Feststellung ist geeignet, eine Vielzahl von Einzelfragen zu klären, die sich an dessen Anwendbarkeit knüpfen (vgl. hierzu ausführlich BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 11 mwN, BAGE 134, 283).

11

2. Entgegen der Auffassung der Revision steht der Annahme eines Feststellungsinteresses nicht entgegen, dass mit einem Feststellungsurteil nicht abschließend geklärt wird, welcher Tarifvertrag im Rahmen des im Einzelfall vorzunehmenden Sachgruppenvergleichs günstiger wäre und es deshalb nachfolgend zu weiteren Rechtsstreitigkeiten darüber kommen kann, ob sich einzelne Rechte und Pflichten aus den fraglichen Tarifverträgen als günstigere einzelvertragliche Regelung im Arbeitsverhältnis der Parteien durchsetzen oder ob sie durch die Regelung des Haustarifvertrags verdrängt werden(vgl. BAG 10. Dezember 2014 - 4 AZR 991/12 - Rn. 12; 6. Juli 2011 - 4 AZR 494/09 - Rn. 23 mwN).

12

II. Die Klage ist auch begründet. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der TVöD/VKA einschließlich des Besonderen Teils Krankenhäuser in seiner jeweils gültigen Fassung Anwendung. Das ergibt die Auslegung der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel.

13

1. Nach § 2 des im Jahr 2006 abgeschlossenen und am 23. Dezember 2008 geänderten Arbeitsvertrags bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst und dem Besonderen Teil Krankenhäuser und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände jeweils geltenden Fassung. Diese Abrede enthält eine zeitdynamische Bezugnahme, die die Tarifverträge für den öffentlichen Dienst (VKA) einschließlich der besonderen Regelungen für die Krankenhäuser in ihrer jeweils geltenden Fassung erfasst (zu den Maßstäben der Auslegung einer Allgemeinen Geschäftsbedingung vgl. BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 15, BAGE 134, 283).

14

2. Entgegen der Auffassung der Revision verweist die Bezugnahmeklausel jedoch nicht auf den Haustarifvertrag der Beklagten.

15

a) Der HTV ist kein den TVöD/VKA „ergänzender, ändernder oder ersetzender“ Tarifvertrag iSv. § 2 Abs. 1 des Arbeitsvertrags. Nach dem Wortlaut der Bezugnahmeregelung ist das Arbeitsverhältnis den Tarifbestimmungen des öffentlichen Dienstes „für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände“ unterstellt worden. Damit sollten nur die von den Tarifvertragsparteien des TVöD/VKA abgeschlossenen (Verbands-)Tarifverträge in Bezug genommen werden. Dies können zwar auch firmenbezogene Sanierungstarifverträge sein. Sie müssen dann aber unter Beteiligung des Kommunalen Arbeitgeberverbands geschlossen worden sein. Nicht von der Bezugnahmeklausel erfasst sind hingegen Haustarifverträge eines privaten Arbeitgebers. Diese sind - jedenfalls arbeitgeberseitig - nicht von den Tarifvertragsparteien des TVöD/VKA abgeschlossen worden.

16

b) Eine Bezugnahme auf den HTV ergibt sich auch nicht aus § 2 Abs. 2 des Arbeitsvertrags, wonach „außerdem … die im Bereich des Arbeitgebers jeweils geltenden sonstigen einschlägigen Tarifverträge Anwendung“ finden sollen.

17

aa) Der Begriff „außerdem“ bedeutet „daneben“, „des Weiteren“, „im Übrigen“, „zusätzlich“ (Duden Das Bedeutungswörterbuch 4. Aufl.). Aus der Wortwahl ergibt sich, dass mit dieser ergänzenden Bezugnahmeregelung Tarifverträge erfasst werden sollten, die „neben“ dem TVöD oder „zusätzlich“ zu diesem zur Anwendung kommen können. Dabei kann es sich allerdings nur um Tarifverträge handeln, deren inhaltliche Regelungsbereiche sich nicht mit denen des TVöD überschneiden. Andernfalls wären sie nicht „neben“ dem, sondern vielmehr „anstelle“ des TVöD anwendbar (vgl. auch BAG 16. Mai 2012 - 4 AZR 290/10 - Rn. 30; 22. Oktober 2008 - 4 AZR 784/07 - Rn. 20, BAGE 128, 165).

18

bb) Dieses Verständnis wird durch die Bezugnahme auf die „sonstigen“ einschlägigen Tarifverträge bestätigt. Ein verständiger und redlicher Vertragspartner des Arbeitgebers als der Verwender der Klausel durfte diese Formulierung als inhaltliche Einschränkung der Verweisung, dh. dahingehend verstehen, dass es sich insoweit nur um solche Tarifverträge handeln sollte, die sich in ihrem inhaltlichen Regelungsbereich von denen der Tarifverträge des TVöD/VKA unterscheiden und diese nicht „verdrängen“. Andernfalls käme der Regelung in § 2 Abs. 2 des Arbeitsvertrags - was die Beklagte offenbar annimmt - die Funktion einer Tarifwechselklausel zu. Eine kleine dynamische Verweisung kann jedoch über ihren Wortlaut hinaus nur dann als große dynamische Verweisung (Tarifwechselklausel) ausgelegt werden, wenn sich dies aus den besonderen Umständen ergibt (vgl. nur BAG 6. Juli 2011 - 4 AZR 706/09 - Rn. 45, BAGE 138, 269 mwN). Solche sind dem Wortlaut der Bezugnahmeklausel im Entscheidungsfall nicht zu entnehmen.

19

c) Es sind auch keine - für den Kläger aus damaliger Sicht erkennbaren - Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Arbeitgeber als Partei des Arbeitsvertrags andere und ggf. sogar konkurrierende Haustarifverträge einbeziehen wollte. Insbesondere gebietet der Umstand, dass die Parteien des Arbeitsvertrags bei Vertragsschluss normativ an den TVöD/VKA gebunden waren und nunmehr an den Haustarifvertrag der Beklagten gebunden sind, keine abweichende Auslegung der arbeitsvertraglichen Klausel. Die Anwendbarkeit eines Tarifvertrags aufgrund einer einzelvertraglichen Abrede auf der einen und seine Geltung kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit auf der anderen Seite sind grundlegend voneinander zu trennen. Die Wirkung einer Bezugnahmeklausel wird nicht dadurch berührt, dass der in Bezug genommene Tarifvertrag noch aus einem weiteren rechtlichen Grund für das Arbeitsverhältnis der Parteien maßgebend ist (BAG 29. August 2007 - 4 AZR 767/06 - Rn. 13, BAGE 124, 34).

20

3. Entgegen der Auffassung der Beklagten handelt es sich bei der Bezugnahmeklausel nicht um eine Gleichstellungsabrede iSd. früheren Rechtsprechung.

21

a) Nach der früheren Rechtsprechung des Senats galt die - widerlegliche - Vermutung, dass es einem an arbeitsvertraglich in Bezug genommene Tarifverträge gebundenen Arbeitgeber nur darum gehe, durch die Bezugnahme die nicht organisierten Arbeitnehmer mit den organisierten Beschäftigten hinsichtlich der Geltung des in Bezug genommenen Tarifwerks gleichzustellen. Der Senat ging davon aus, dass mit einer solchen von einem tarifgebundenen Arbeitgeber gestellten Vertragsklausel lediglich die möglicherweise fehlende Gebundenheit des Arbeitnehmers an die im Arbeitsvertrag genannten Tarifverträge ersetzt werden soll, um jedenfalls zu einer vertraglichen Anwendung des einschlägigen Tarifvertrags und damit zu dessen Geltung für alle Beschäftigten zu kommen. Daraus hat der Senat die Konsequenz gezogen, dass auch ohne weitere Anhaltspunkte im Vertragstext oder in den Begleitumständen bei Vertragsschluss im Falle der normativen Gebundenheit des Arbeitgebers an die in Bezug genommenen Tarifverträge Bezugnahmeklauseln in aller Regel als sog. Gleichstellungsabreden auszulegen seien. Die Verweisung auf einen Tarifvertrag oder ein Tarifwerk in der jeweils geltenden Fassung wurde deshalb einschränkend dahin ausgelegt, die auf diese Weise zum Ausdruck gebrachte Dynamik gehe nur so weit, wie sie bei einem tarifgebundenen Arbeitnehmer reiche, also dann ende, wenn der Arbeitgeber wegen Wegfalls der eigenen Tarifgebundenheit nicht mehr normativ an künftige Tarifentwicklungen gebunden sei (st. Rspr., siehe nur BAG 23. Februar 2011 - 4 AZR 536/09 - Rn. 17 f. mwN).

22

b) Diese Rechtsprechung hat der Senat jedoch für vertragliche Bezugnahmeregelungen, die nach dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am 1. Januar 2002 vereinbart worden sind, aufgegeben. Er wendet die Auslegungsregel lediglich aus Gründen des Vertrauensschutzes weiterhin auf Bezugnahmeklauseln an, die vor dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am 1. Januar 2002 vereinbart worden sind (BAG 14. Dezember 2005 - 4 AZR 536/04 - Rn. 24 ff., BAGE 116, 326; 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 29 ff., BAGE 122, 74; bestätigt durch BVerfG 26. März 2009 - 1 BvR 3564/08 - und 21. April 2009 - 1 BvR 784/09 -).

23

c) Auf diesen vom Senat in ständiger Rechtsprechung gewährten Vertrauensschutz kann sich die Beklagte nicht berufen. Zwar war ihre Rechtsvorgängerin tarifgebunden. Die streitgegenständliche Bezugnahmeklausel ist aber erst im Jahr 2006 und damit nach dem 1. Januar 2002 vereinbart worden. Der Umstand, dass der Senat seine geänderte Rechtsprechung erstmals im Jahr 2007 angewandt hat, gebietet bereits deshalb keinen weitergehenden Anspruch auf Vertrauensschutz, weil der Senat seine Rechtsprechungsänderung schon im Jahr 2005 angekündigt hatte (vgl. BAG 14. Dezember 2005 - 4 AZR 536/04 - Rn. 19 ff., BAGE 116, 326).

24

4. Schließlich ist - entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts - die Frage, ob der TVöD/VKA günstiger ist als der HTV, nicht Voraussetzung für die Begründetheit der Feststellungsklage. Die Klage ist bereits deshalb begründet, weil die im Antrag genannten Tarifverträge - aufgrund der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel - im Grundsatz auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbar sind. Ob und inwieweit sie günstiger sind als die für das Arbeitsverhältnis der Parteien daneben normativ geltenden Tarifverträge, ist nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits. Diese Frage ist ggf. zu klären, sobald der Kläger konkrete Ansprüche aus dem TVöD geltend macht (vgl. zur Durchführung eines Sachgruppenvergleichs BAG 15. April 2015 - 4 AZR 587/13 -).

25

III. Die Beklagte hat die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).

        

    Eylert    

        

    Creutzfeldt    

        

    Rinck    

        

        

        

    Pfeil    

        

    Rupprecht    

                 

(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Diese Vorschrift gilt entsprechend für Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen.

(2) Sind im Tarifvertrag gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien vorgesehen und geregelt (Lohnausgleichskassen, Urlaubskassen usw.), so gelten diese Regelungen auch unmittelbar und zwingend für die Satzung dieser Einrichtung und das Verhältnis der Einrichtung zu den tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

(3) Abweichende Abmachungen sind nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten.

(4) Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist ausgeschlossen. Ausschlußfristen für die Geltendmachung tariflicher Rechte können nur im Tarifvertrag vereinbart werden.

(5) Nach Ablauf des Tarifvertrags gelten seine Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.