Landesarbeitsgericht Düsseldorf Urteil, 02. Juli 2014 - 4 Sa 321/14
Tenor
Die Berufungen der Parteien werden unter Einschluss der Hilfs-
widerklagen und der Vollstreckungsschutzanträge der Beklagten zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen zu 95 % der Kläger und zu 5 % die Beklagte.
Die Revision wird zugelassen.
1
T A T B E S T A N D :
2Die Parteien streiten um die Zahlung einer Sozialplanabfindung und einer Sonderprämie.
3Der Kläger ist beurlaubter Beamter der Deutschen Telekom AG (DT AG). Er war unter Anrechnung der jeweiligen Betriebszugehörigkeit in verschiedenen Gesellschaften dieses Konzerns als Arbeitnehmer tätig, zuletzt bei der W. Technical Services GmbH (W.). Diese beschäftigte neben beurlaubten Beamten auch sonstige Arbeitnehmer aus konzernangehörigen Telekom-Gesellschaften. Die Personalakten ihrer Mitarbeiter wurden bei W. neu angelegt.
4Zum 01.01.2008 übernahm die neu gegründete Beklagte den Geschäftsbetrieb der W.. Zuletzt beschäftigte sie an 19 Standorten ca. 950 Arbeitnehmer mit einer durchschnittlichen Betriebszugehörigkeit von 26 Jahren, darunter 190 beurlaubte Beamte.
5In den Jahren 2010 bis 2012 erstritten einige Arbeitnehmer der Beklagten, die nicht zu den beurlaubten Beamten gehörten, rechtskräftig obsiegende Urteile gegen die DT AG, wonach die Arbeitsverhältnisse zu dieser mangels rechtswirksamer Beendigung fortbestanden haben. Später ergingen entsprechende Anerkenntnisurteile zugunsten weiterer Arbeitnehmer.
6Ende 2012 entschloss sich die Beklagte, ihren Betrieb stillzulegen, und eröffnete dies ihrer Belegschaft auf einer Betriebsversammlung am 05.12.2012. Der bei der Beklagten bestehende Betriebsrat empfahl den Mitarbeitern zu prüfen, ob ihr Arbeitsverhältnis zur DT AG noch bestehe. Auf mehrere Anfragen der Geschäftsleitung der Beklagten lehnte die DT AG Zusagen für eine freiwillige Weiterbeschäftigung von Mitarbeitern der Beklagte ab.
7Unter dem 29.04.2013 unterzeichneten die Beklagte und der Betriebsrat einen Sozialplan zu der geplanten Betriebsschließung. Dieser lautet auszugsweise wie folgt:
8"Präambel
9…
10(2) Die Betriebsparteien möchten durch diesen Sozialplan insbesondere die Bedingungen dafür schaffen, dass die von Arbeitslosigkeit bedrohten Mitarbeiter der O. S bei ihrer notwendigen beruflichen Neuorientierung unterstützt werden. Zu diesem Zweck soll den Mitarbeitern nach Maßgabe dieses Sozialplans neben der Zahlung von Abfindungen auch der Abschluss von Transferarbeitsverhältnissen angeboten werden.
11(3) Das zur Verfügung stehende Sozialplanvolumen ist knapp bemessen und reicht nicht annähernd für den Ausgleich der wirtschaftlichen Nachteile aller Mitarbeiter aus. Vor diesem Hintergrund haben die Betriebsparteien das ihnen zustehende Ermessen so ausgeübt, dass die aus ihrer Sicht gravierendsten wirtschaftlichen Nachteile gemildert werden, die im Hinblick auf die zukunftsgerichtete Ausgleichs- und Überbrückungsfunktion des Sozialplanes in erster Linie durch Arbeitslosigkeit entstehen. Sie verkennen dabei nicht, dass auch beurlaubten Beamten bei Rückkehr zur Deutschen Telekom AG Nachteile entstehen können z. B. durch ein geringeres Entgelt oder einen Ortswechsel. Beurlaubte Beamte erleiden jedoch typischerweise wesentlich geringere wirtschaftliche Nachteile als diejenigen ohne Beamtenstatus, da sie normalerweise weder von Arbeitslosigkeit bedroht sind noch ihr Rückkehranspruch zur Deutschen Telekom AG bzw. ihr erworbener Besitzstand bestritten wird.
121. Geltungsbereich
13…
141.2Dieser Sozialplan gilt nicht für
15…
16?Beurlaubte Beamte
17…
183. Abfindung
193.1Höhe der Abfindung
20…
213.5Ausschluss der Anspruchsberechtigung
22Ein Anspruch auf Abfindung besteht nicht, wenn der Mitarbeiter unmittelbar bei Ausscheiden bei O. S oder im unmittelbaren Anschluss an die TG ein Arbeitsverhältnis mit O. T. Networks GmbH & Co. KG (O.) einem Tochterunternehmen der O. oder einem von O. beherrschten Unternehmen aufnimmt, bei dem seine Dienstzeiten bei O. S angerechnet werden. Der Mitarbeiter ist verpflichtet, die Aufnahme eines derartigen Arbeitsverhältnisses umgehend O. S zu melden.
233.6Rückzahlungsverpflichtung
24Begründet der Mitarbeiter innerhalb eines Zeitraums von 3 Jahren nach Ausscheiden bei O. S oder nach Ausscheiden aus der Transfergesellschaft ein Arbeitsverhältnis mit O., einem Tochterunternehmen der O. oder einem von O. beherrschten Unternehmen, bei dem seine bisherigen Dienstzeiten bei O. S angerechnet werden, besteht eine Rückzahlungsverpflichtung durch den Mitarbeiter für den zu 3 Jahren fehlenden Zeitraum in Höhe von 1/36 der Brutto-Abfindungszahlung je Monat an O. S bzw. die TG (je nachdem, wer die Abfindung an ihn ausbezahlt hat). Der Mitarbeiter ist verpflichtet, die Aufnahme eines derartigen Arbeitsverhältnisses umgehend O. S zu melden.
25…".
26Ebenfalls unter dem 29.04.2013 schlossen die Beklagte und der Betriebsrat eine "Betriebsvereinbarung Sonderprämie" (BV Sonderprämie). Diese lautet auszugsweise wie folgt:
27"Präambel
28Der gesamte Betrieb der O. S wird stillgelegt. Über diese Maßnahme existiert ein Interessenausgleich sowie ein Sozialplan. Dabei liegt es im vorrangingen Interesse der Betriebsparteien, die Arbeitslosigkeit der betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (zukünftig gemeinsam: "Mitarbeiter") zu vermeiden und neue berufliche Perspektiven zu eröffnen, weshalb der Wechsel in eine Transfergesellschaft besonders incentiviert werden soll. Soweit Mitarbeiter trotz des Angebots den Wechsel in eine Transfergesellschaft ablehnen oder kein Angebot auf einen Wechsel in die Transfergesellschaft erhalten, obwohl sie durch betriebsbedingte Kündigung von Arbeitslosigkeit bedroht sind und dem Geltungsbereich des Sozialplans unterfallen (weil sie sich z. B. in Elternzeit befinden), soll honoriert werden, wenn sie das Bedürfnis der O. S nach Planungssicherheit dennoch berücksichtigen, in dem sie keine Klage gegen die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses erheben oder innerhalb der dreiwöchigen Klagefrist einen Abwicklungsvertrag mit O. S schließen. Außerdem soll honoriert werden, wenn die Mitarbeiter alle überlassenen Arbeitsmittel vor Austritt bei O. S nachweisbar an O. S zurückgeben. Vor diesem Hintergrund vereinbaren die Parteien folgendes:
291. Geltungsbereich
30Diese Betriebsvereinbarung findet Anwendung auf diejenigen Mitarbeiter der O. S, die
31?den Geltungsbereich des Sozialplans vom 29.4.2013 unterfallen,
32?nicht vom Erhalt einer Abfindung gemäß Ziffer 3 des Sozialplans vom 29.4.2013 ausgeschlossen sind,
33?einen dreiseitigen Vertrag mit O. S innerhalb der Angebotsfrist abschließen und keine Klage gegen die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses erheben
34oder
35das Angebot auf Abschluss eines dreiseitigen Vertrages ablehnen (bzw. trotz Androhung durch Arbeitslosigkeit durch eine arbeitgeberseitigen Kündigung kein Angebot erhalten) und entweder (1) keine Klage gegen die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses erheben oder (2) innerhalb von 3 Wochen nach Zugang der arbeitgeberseitigen Kündigung einen Abwicklungsvertrag schließen, wobei kein Anspruch auf Abschluss eines Abwicklungsvertrages besteht.
362. Anspruch auf Sonderprämie
372.1Mitarbeiter, die unter den Geltungsbereich dieser Betriebsvereinbarung gemäß Ziff. 1 fallen, haben Anspruch auf eine Sonderprämie von EUR 4.346,00 brutto.
382.2Die Sonderprämie entsteht mit Abschluss des dreiseitigen Vertrages/Abwicklungsvertrages bzw. mit Ablauf der dreiwöchigen Klagefrist nach Zugang der Kündigung (je nachdem, welcher Zeitpunkt früher eintritt) und ist vor Fälligkeit vererbbar.
39…
402.3Der Anspruch auf Sonderprämie entfällt (auflösende Bedingung), wenn der Mitarbeiter die ihm überlassenen Arbeitsmittel vor seinem Austritt bei O. S nicht nachweisbar ans O. S zurückgibt. Der Bruttobetrag einer bereits ausgezahlten Sonderprämie ist in diesem Fall zurückzuzahlen.
41…."
42Mit Schreiben vom 29.05.2013 kündigte die Beklagte das mit dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis außerordentlich mit sozialer Auslauffrist zum 31.12.2013, hilfsweise zum nächstmöglichen Termin aus betriebsbedingten Gründen. Eine Kündigungsschutzklage erhob der Kläger nicht. Seine Arbeitsmittel gab er an die Beklagte zurück. Eine Abfindung oder Sonderprämie zahlte die Beklagte an ihn als beurlaubten Beamten nicht.
43In der Folgezeit meldete eine große Anzahl von Mitarbeitern der Beklagten Rückkehrrechte zur DT AG an. Nach Sichtung der Personalakten bei der W. in Zusammenarbeit mit der Gewerkschaft ver.di sowie in Anwesenheit u. a. des Personalleiters der Beklagten am 09.09.2013 verblieben ca. 80 und damit ein Bruchteil dieser Fälle, die als aussichtsreich eingestuft wurden.
44Mit seiner am 16.07.2013 beim Arbeitsgericht Bonn eingegangenen und von dort an das Arbeitsgericht Düsseldorf verwiesenen Klage hat der Kläger zuletzt von der Beklagten Zahlung einer Sozialplanabfindung in rechnerisch unstreitiger Höhe von 85.982,41 € sowie der Sonderprämie i.H.v. 4.346,00 € jeweils nebst Zinsen begehrt.
45Er hat den vollständigen Ausschluss der beurlaubten Beamten aus dem Anwendungsbereich des Sozialplans schon deshalb für unwirksam gehalten, weil auch die Beamten trotz ihres Rückkehrrechts zur DT AG Nachteile in Form von Entgeltminderungen oder Ortsveränderungen hinzunehmen hätten. Insbesondere würden sie aber im Verhältnis zu den vom Sozialplan nicht ausgeschlossenen Arbeitnehmern ungerechtfertigt benachteiligt, die ebenfalls ein - gerichtlich durchgesetztes - Recht zur Rückkehr zur DT AG hätten. Er hat behauptet, bereits während den Sozialplanverhandlungen sei ein solches Rückkehrrecht in Betriebsversammlungen erörtert worden. Dass es Arbeitnehmer mit einem Rückkehranspruch gäbe, sei auch der Beklagten bekannt gewesen. Im Rahmen der Sozialplanverhandlungen habe den Betriebsparteien eine Liste der Arbeitnehmer vorgelegen, auf der die Arbeitnehmer mit einem Rückkehrrecht aufgeführt gewesen seien. Die Liste stimme bis auf eine Fehlerquote von weniger als 5% mit derjenigen überein, die später als Ergebnis der Erörterungen zwischen der Deutsche Telekom AG und der Gewerkschaft ver.di erstellt worden sei. Die Deutsche Telekom AG sei in keinem dieser Fälle mit ihrer Rechtsauffassung, die Arbeitsverhältnisse seien beendet, vor Gericht durchgedrungen.
46Der Ausschluss von der Sonderprämie sei ebenfalls nicht gerechtfertigt. Auch die beurlaubten Beamten hätten ein Interesse daran gehabt, gegen die ausgesprochene Kündigung gerichtlich vorzugehen. Da im Falle einer Betriebsstilllegung das Prozessrisiko in einem Kündigungsschutzverfahren ohnehin gering sei, habe die Sonderprämie nur den Zweck, ein lästiges Verfahren zu vermeiden. Dies betreffe ebenso die beurlaubten Beamten.
47Demgegenüber hat die Beklagte bestritten, dass es mit Ausnahme der beurlaubten Beamten Arbeitnehmer mit einem gesicherten Rückkehranspruch zur DT AG gebe. Jedenfalls sei für die Betriebsparteien bei Abschluss des Sozialplans nicht erkennbar gewesen, welche Arbeitnehmer außer den beurlaubten Beamten dort eine sichere Anschlussbeschäftigung unter Wahrung ihres Besitzstandes erhalten würden. Sie ist der Auffassung, dass die Betriebsparteien davon hätten ausgehen können, dass alle Arbeitnehmer bis auf die beurlaubten Beamten gleichermaßen von Arbeitslosigkeit bedroht gewesen seien. Für die Mitarbeiter mit einem möglichen Rückkehrrecht zur DT AG wäre jedenfalls ein langer Rechtsstreit mit ungewissem Ausgang erforderlich gewesen. Die wirtschaftlichen Verluste der beurlaubten Beamten, die durch ihren Status abgesichert seien und keine Arbeitslosigkeit fürchten müssten, hätten demgegenüber als geringfügig angesehen werden können. Im Übrigen müsse sie voraussichtlich Insolvenz anmelden, wenn die Zwangsvollstreckung wegen weiterer Sozialabfindungsansprüche der beurlaubten Beamten gegen sie betrieben würde.
48Mit der Sonderprämie habe honoriert werden sollen, dass von Arbeitslosigkeit betroffene Mitarbeiter entweder in die Transfergesellschaft wechseln oder gleichwohl keine Klage gegen sie erheben würden. Bei den beurlaubten Beamten mit ihrer gesicherten Rückkehrmöglichkeit zur DT AG habe man das Interesse an der Erhebung einer Kündigungsschutzklage ohnehin für gering erachtet und eine Honorierung nicht für erforderlich gehalten.
49Die Beklagte hat ferner gemeint, im Falle eines Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz seien Sozialplan wie auch Betriebsvereinbarung Sonderprämie nichtig. Denn wenn alle beurlaubten Beamten in den Geltungsbereich der Betriebsvereinbarung Sonderprämie einbezogen werden würden, würde dies zu einer Ausweitung des Dotierungsrahmens der Betriebsvereinbarung Sonderprämie um 25 % (Erhöhung des Volumens von ca. 3,3 Millionen € für die 760 Arbeitnehmer um 825.000,00 € für die beurlaubten Beamten) führen. Dadurch würde die Freiheit des Arbeitgebers in der Bestimmung des Dotierungsrahmens freiwilliger Leistungen besonders nachhaltig verletzt.
50Mit Urteil vom 25.02.2014, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht die Beklagte
51verurteilt, an die Klägerin 4.346,00 € brutto nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 01.01.2014 zu zahlen.
52Die weitergehende Klage hat es abgewiesen. Ein Anspruch auf Sozialplanabfindung bestehe für beurlaubte Beamte nicht. Die Betriebsparteien hätten sowohl einen Gestaltungsspielraum in der Frage, welche Art von Nachteilen sie als ausgleichs- oder abmilderungswürdig erachten, als auch einen Beurteilungsspielraum, welche Nachteile den einzelnen Gruppen von Arbeitnehmern voraussichtlich überhaupt entstünden. Dieser Beurteilungsspielraum sei eingehalten worden, da bis zum Abschluss des Sozialplans keine Gewissheit bestanden habe, ob und welche der nicht beamteten Arbeitnehmer von der DT AG zu welchen Bedingungen übernommen würden. Während die DT AG das gesetzlich geregelte Rückkehrrecht der beurlaubten Beamten nicht in Zweifel gezogen habe, habe sie ein Rückkehrrecht von nichtbeamteten Arbeitnehmern bis zum Abschluss des Sozialplans zu keinem Zeitpunkt anerkannt. Die Betroffenen hätten ihre Rechte ausnahmslos einklagen müssen. Die Betriebsparteien hätten in dieser Lage keine eigene Einschätzung der Rechtslage nach der jeweils unterschiedlichen, erst zu ermittelnden Tatsachenlage in einem fremden, noch zu führenden Rechtsstreit vornehmen müssen. Der Leistungsausschluss der Beamten mit unbestrittenem Rückkehrrecht sei auch gegenüber diesen Arbeitnehmern mit ihrer bloßen Chance auf Rückkehr bei der gebotenen typisierenden Betrachtung gerechtfertigt.
53Demgegenüber hätten die beurlaubten Beamten Anspruch auf Zahlung der Sonderprämie. Ihr Ausschluss beruhe insoweit nicht auf einer sachlichen Differenzierung. Hinsichtlich der mit der BV Sonderprämie bezweckten Vermeidung von Kündigungsschutzprozessen und Förderung der rechtzeitigen Rückgabe von Arbeitsmitteln (Ziff. 2.3 der BV) bestehe zwischen den beurlaubten Beamten und den übrigen Arbeitnehmern kein sachlicher Unterscheidungsgrund. Dem Antrag der Beklagten auf Ausschluss der vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils sei nicht zu entsprechen gewesen. Die Beklagte habe hinsichtlich des titulierten Anspruchs auf Sonderprämie einen nicht zu ersetzenden Nachteil aus einer etwaigen vorläufigen Vollstreckung nicht behauptet.
54Gegen das Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Auf die Feststellungen über Zustellung des Urteils sowie Eingang und Begründung der Berufungen im Sitzungsprotokoll vom 02.07.2014 wird Bezug genommen.
55Der Kläger macht weiter geltend, der Sozialplan hätte nicht zwischen der Gruppe der beurlaubten Beamten und derjenigen der nicht beurlaubten Beamten mit Rückkehranspruch unterscheiden dürfen. Bei der gebotenen objektiven Betrachtung hätte kein Unterschied bestanden, alle ca. 80 betroffenen Arbeitnehmer hätten ihren Rückkehranspruch inzwischen gerichtlich durchgesetzt, zumeist durch Anerkenntnisurteil, und seien ebenso wie die Beamten zur DT AG zurückgekehrt. Die zur Beurteilung der Rechtslage maßgeblichen Tatsachen hätten bei Abschluss des Sozialplans bereits festgestanden. Für den Feststellungsantrag bestehe ein Interesse, da er - weiter als der Zahlungsantrag - auch andere Leistungen als die bezifferte Abfindung erfasse.
56Der Kläger beantragt,
57die Entscheidung des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 25.02.2014 - 2 Ca 6899/13 - abzuändern und den Tenor insgesamt wie folgt zu fassen:
58Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger zu zahlen
591.eine Sozialplanabfindung in Höhe von 85.982,41 € (brutto);
602.eine Sonderzahlung in Höhe von 4.346,00 € (brutto);
613.Zinsen aus den Beträgen zu 1. und 2. in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 31.12.2013;
624.hilfsweise festzustellen, dass seine Herausnahme als bei der Telekom beurlaubtem Beamten aus dem Sozialplan vom 29.04.2013 sowie aus der Betriebsvereinbarung Sonderprämie vom 29.04.2013 rechtswidrig ist und ihm Leistungen aus den genannten Betriebsvereinbarungen zustehen um Nachteile, die aus dem Verlust des Arbeitsplatzes entstehen, auszugleichen, zumindest aber abzumildern.
63Die Beklagte beantragt,
64das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 25.02.2014 - 2 Ca 6899/13 - abzuändern, soweit es der Klage stattgegeben hat, und die Klage insgesamt abzuweisen.
65Hilfsweise für den Fall des Unterliegens beantragt sie, festzustellen, dass
66der Sozialplan vom 29.04.2013 nichtig ist;
67die Betriebsvereinbarung Sonderprämie vom 29.04.2013 nichtig ist.
68Ferner beantragt sie, die vorläufige Vollstreckbarkeit des arbeitsgerichtlichen Urteils gemäß § 62 Abs. 1 Satz 3 und des Urteils des Landesarbeitsgerichts gemäß §§ 62 Abs. 1 Satz 2, 64 Abs. 7 ArbGG einzustellen bzw. auszusetzen.
69Im Übrigen beantragen beide Parteien wechselseitig, die gegnerische Berufung zurückzuweisen.
70Die Beklagte bringt vor, das Arbeitsgericht habe den Regelungszweck der Sonderprämie verkannt. Vorrangiger Zweck sei eine Motivation der Arbeitnehmer zum Wechsel in die Transfergesellschaft gewesen. Dies betreffe von vorn herein nur von Arbeitslosigkeit bedrohte Mitarbeiter, nicht also beurlaubte Beamte. Diese sachverhaltsbezogene Unterscheidung sei sachlich gerechtfertigt. Auch eine lediglich personenbezogene Unterscheidung hielte sich im Rahmen der Einschätzungsprärogative der Betriebsparteien. Diese hätten das Interesse der beurlaubten Beamten an der Erhebung von Kündigungsschutzklagen für geringer eingeschätzt als dasjenige der von Arbeitslosigkeit bedrohten Arbeitnehmer und ein Bedürfnis für einen finanziellen Anreiz zur Vermeidung von Klagen der beurlaubten Beamten nicht gesehen. Sollte dies nicht tragfähig sein, wäre die BV Sonderprämie, ebenso der Sozialplan, jedenfalls nichtig, da das vereinbarte Finanzvolumen angesichts zusätzlicher 128 geltend gemachter Ansprüche beurlaubter Beamter deutlich überschritten würde.
71Wegen des weiteren Berufungsvorbringens der Parteien wird auf ihre in zweiter Instanz gewechselten Schriftsätze nebst beigefügten Anlagen sowie ihre Protokollerklärungen verwiesen.
72E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E :
73Die zulässigen Berufungen der Parteien sind unbegründet. Zu Recht hat das Arbeitsgericht einen Anspruch der beurlaubten Beamten auf Sozialplanabfindung verneint. Für ihren Ausschluss von dieser Leistung bestehen sachlich rechtfertigende Gründe; damit fiel der hilfsweise widerklagend gestellte Feststellungsantrag der Beklagten insoweit nicht zur Entscheidung an (dazu I). Ebenfalls zu Recht hat das Arbeitsgericht solche sachlichen Gründe für den Ausschluss der beurlaubten Beamten von der Leistung einer Sonderprämie verneint. Die Betriebsvereinbarung ist auch nicht wegen einer Sprengung des vorgesehenen Dotierungsrahmens unwirksam. Der Anspruch auf die Prämie nebst zweitinstanzlich begehrten Zinsen besteht ab dem 01.01.2014. Der hilfsweise widerklagend von der Beklagten gestellte Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit der Betriebsvereinbarung ist damit ohne weiteres unbegründet (dazu II). Die vorläufige Vollstreckbarkeit der erst - und zweitinstanzlichen Urteile war nicht einzustellen bzw. auszusetzen (dazu III).
74I.
75Der Kläger hat gegen die Beklagte weder Anspruch auf Zahlung einer Abfindung in der rechnerisch unstreitigen Höhe von 85.982,41 € brutto noch Anspruch auf eine andere Leistung aus dem Sozialplan. Die vollständige Herausnahme der beurlaubten Beamten aus dem Geltungsbereich des Sozialplans ist wirksam (dazu 1). Der klägerische Hilfsantrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des Ausschlusses und weiterer Leistungspflicht ist damit jedenfalls unbegründet (dazu 2).
761.Dem Kläger als beurlaubtem Beamten stehen aus dem Sozialplan keine Ansprüche zu. Beurlaubte Beamte sind gemäß Ziff. 1.2 vom Geltungsbereich des Sozialplans ausdrücklich ausgenommen. Dies verstößt nicht gegen den in § 75 Abs. 1 BetrVG niedergelegten betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.
77a. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts haben die Betriebsparteien bei der Aufstellung eines Sozialplans einen weiten Ermessenspielraum, in welchem Maße und auf welche Weise sie die Nachteile einer Betriebsänderung für die betroffenen Arbeitnehmer ausgleichen oder mildern wollen. Sie haben aber bei Sozialplänen - wie auch sonst bei Betriebsvereinbarungen - unter Beachtung der Zweckbestimmung eines Sozialplans den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz des § 75 Abs. 1 Satz 1 BetrVG zu beachten.
78Der auf den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG zurückzuführende Gleichbehandlungsgrundsatz aus § 75 Abs. 1 Satz 1 BetrVG zielt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (zuletzt BAG 14.05.2013 - 1 AZR 43/12, AP Nr. 58 zu § 75 BetrVG 1972, Rn. 18), der sich die erkennende Kammer anschließt, darauf ab, eine Gleichbehandlung von Personen in vergleichbaren Sachverhalten sicherzustellen und eine gleichheitswidrige Gruppenbildung auszuschließen. Eine Gruppenbildung kann auch dadurch erfolgen, dass für eine Arbeitnehmergruppe eine Regelung getroffen wird und für eine andere unterbleibt (BAG 22.03.2005 - 1 AZR 49/04 - zu 3 a der Gründe, BAGE 114, 179). Sind für verschiedene Arbeitnehmergruppen unterschiedliche Rechtsfolgen - insbesondere unterschiedliche Leistungen - vorgesehen, verlangt der Gleichheitssatz, dass diese Differenzierung sachlich gerechtfertigt ist. Maßgeblich hierfür ist vor allem der mit der Regelung verfolgte Zweck (BAG 18.05.2010 - 1 AZR 187/09, AP Nr. 209 zu § 112 BetrVG 1972, Rn. 15). Dabei ist bei einer personenbezogenen Ungleichbehandlung der Gleichheitssatz bereits dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (BAG 22.03.2005 - 1 AZR 49/04 - zu 3 a der Gründe, aaO). Diese Grundsätze gelten gleichermaßen, wenn eine Ungleichbehandlung von Sachverhalten mittelbar eine Ungleichbehandlung von Personengruppen bewirkt (vgl. BVerfG 30.07.2008 - 1 BvR 3262/07 ua. - Rn. 150, BVerfGE 121, 317). In beiden Fällen unterliegt der Normgeber daher bei einer Ungleichbehandlung von Personengruppen regelmäßig einer strengen Bindung (BVerfG, a.a.O.).
79Hinsichtlich der Gruppenbildung verfügen die Betriebspartner eines Sozialplans dabei über eine Typisierungsbefugnis und eine Einschätzungsprärogative (vgl. etwa BAG 18.05.2010 - 1 AZR 187/09, AP Nr. 209 zu § 112 BetrVG 1972, Rn. 20).
80b.Diesen Anforderungen genügt die Regelung in Ziffer 1.2 des Sozialplans vom 29.04.2013. Sozialpläne haben nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eine zukunftsbezogene Ausgleichs- und Überbrückungsfunktion. Die in ihnen vorgesehenen Leistungen sollen gemäß § 112 Abs. 1 Satz 2 BetrVG die künftigen Nachteile ausgleichen oder abmildern, die den Arbeitnehmern durch die Betriebsänderung entstehen können (vgl. etwa BAG 18.05.2010 - 1 AZR 187/09, a.a.O.).
81aa.Gemessen an diesem Zweck der Sozialplanleistungen ist es zunächst unschädlich, dass beurlaubte Beamte von Leistungen des Sozialplans ausgeschlossen wurden, obwohl auch sie aufgrund der Betriebsänderung unstreitig gewisse Nachteile wie etwa durch - in Einzelfällen erhebliche - Verdiensteinbußen oder Ortsveränderungen erleiden konnten.
82Die Sozialpartner sind nicht gehalten, in einem Sozialplan jeden derartigen Nachteil auszugleichen oder zu mildern. Sie besitzen einen weiten Ermessensspielraum bei der Entscheidung darüber, ob und in welchem Umfang sie die Nachteile einer Betriebsänderung für die betroffenen Arbeitnehmer ausgleichen wollen. Sie können im Rahmen ihres Ermessens von einem Nachteilsausgleich gänzlich absehen und nach der Vermeidbarkeit der Nachteile unterscheiden und sind nicht gehalten, alle denkbaren Nachteile zu entschädigen (BAG 24.08.2004 - 1 ABR 23/03, BAGE 111, 335 m.w.N.). Insbesondere angesichts beschränkter Mittel, wie sie auch hier gegeben sind (vgl. Abs. (3) Satz 1 der Päambel des Sozialplans), steht es ihnen im Rahmen ihres Gestaltungsspielraums daher frei, Nachteile erst ab einer gewissen Erheblichkeitsschwelle auszugleichen oder zu mildern. Die Nachteile, welche beurlaubte Beamte aufgrund der Betriebsänderung voraussichtlich erleiden würden, stellten sich bei typisierender und pauschalierender Betrachtung grundsätzlich deutlich geringfügiger dar als bei den von Arbeitslosigkeit bedrohten Arbeitnehmern. Die Betriebspartner waren auch nicht gehalten, den Beamten entsprechend geringfügigere Leistungen zukommen zu lassen. Sie durften die Beamten vielmehr angesichts einerseits der typischerweise eher geringfügigen zu erwartenden Nachteile für sie und andererseits der Begrenztheit der zur Verfügung stehenden Mittel vollständig von Sozialplanleistungen ausschließen und diese gänzlich den von Arbeitslosigkeit bedrohten Arbeitnehmern vorbehalten. Das gilt hier jedenfalls deshalb, weil die typischerweise von den Auswirkungen der Betriebsänderung zu erwartenden Nachteile für die beamteten Arbeitnehmer erheblich geringfügiger waren. Darauf haben die Betriebsparteien in Absatz (3) der Präambel zum Sozialplan zutreffend hingewiesen.
83bb.Der Ausschluss der beurlaubten Beamten vom Geltungsbereich des Sozialplans verletzt den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsanspruch weiterhin nicht deshalb, weil der Sozialplan gleichzeitig solche - nicht beamteten - Arbeitnehmer mit Leistungen bedachte, die möglicherweise einen Rückkehranspruch gegenüber der DT AG würden durchsetzen können.
84Der wesentliche und entscheidende Unterschied zwischen diesen Arbeitnehmern und beurlaubten Beamten liegt darin, dass letztere einen gesetzlich geregelten Rückkehranspruch unter Beibehaltung ihres rechtlichen Besitzstandes aus dem Beamtenverhältnis besaßen, der von der DT AG zu keinem Zeitpunkt in Frage gestellt wurde, während erstere auf eine klageweise Durchsetzung ihrer etwaigen Ansprüche angewiesen waren. Die DT AG hat bis zum Abschluss des Sozialplans die Rückkehransprüche dieser - nach Anzahl und Personen noch unbestimmten - Gruppe von Arbeitnehmern nicht bestätigt. Die Arbeitnehmer blieben auf den Klageweg verwiesen. In dieser Lage waren die Sozialplangeber nicht gehalten, nach Ermittlung der jeweiligen unterschiedlichen Tatsachenlage anhand der von W. angelegten Personalakten Arbeitnehmer mit Erfolgsaussichten zu identifizieren, die jeweiligen Aussichten etwaiger Rechtsstreite mit der DT AG abzuschätzen und auf dieser Grundlage die Betroffenen sodann von Sozialplanleistungen auszuschließen. Auf solche Weise zur Klage genötigte Arbeitnehmer hätten sich vielmehr ihrerseits gegen ihren Ausschluss wehren können, da er ihnen die Last und das Risiko eines Rechtsstreits aufgebürdet hätte, dessen Erfolgsaussichten für sie letztlich nur schwer einschätzbar gewesen wären.
85Von einer weitergehenden Begründung wird unter Bezugnahme auf das Urteil des Arbeitsgerichts abgesehen.
862. Der hilfsweise widerklagend von der Beklagten gestellte Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit des Sozialplans fiel der Kammer nicht zur Entscheidung an, da die Beklagte insoweit mit ihrem Hauptantrag obsiegt hat.
87II.
88Der Kläger hat dagegen Anspruch auf Zahlung von 4.346,00 € brutto gegen die Beklagte aus Ziffer 2.1 der BV Sonderprämie i. V. m. § 75 Abs. 1 Satz 1 BetrVG. Diese gewährt eine grundsätzlich zulässige Prämie für einen Klageverzicht (dazu 1). Der Ausschluss der beamteten Arbeitnehmer von der Sonderzahlung gemäß Ziff. 1 Punkt 1 BV Sonderprämie i.V.m. Ziff. 1.2 Sozialplan verstößt gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsanspruch aus § 75 Abs. 1 Satz 1 BetrVG und ist deshalb - bei Fortgeltung der Betriebsvereinbarung im Übrigen - nicht anzuwenden (dazu 2). Der Anspruch auf die Sonderprämie ist zu verzinsen (dazu 3). Der hilfsweise widerklagend von der Beklagten gestellte Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit der Betriebsvereinbarung ist damit ohne weiteres unbegründet (dazu 4).
891.Die Regelung einer Sonderprämie als Anreiz für eine streitlose Beendigung der Arbeitsverhältnisse in Ziff. 2.1 der BV Sonderprämie ist außerhalb eines Sozialplans gemäß § 88 BetrVG zulässig (BAG 31.05.2005 - 1 AZR 254/04, AP Nr. 175 zu § 112 BetrVG 1972). Das gilt jedenfalls, soweit - wie hier - die Prämie der Höhe nach deutlich hinter der Sozialplanabfindung zurückbleibt und deshalb eine Umgehung des Verbots, Sozialplanleistungen von einem Klageverzicht abhängig zu machen, ausscheidet (BAG 31.05.2005, a.a.O.).
902.Ziff. 1 BV Sonderprämie nimmt beurlaubte Beamte vom Geltungsbereich der Betriebsvereinbarung aus. Von den kumulativ zu erbringenden Voraussetzungen dieser Bestimmung erfüllt die Klägerin lediglich die im zweiten und dritten Punkt aufgeführten; sie unterfällt aber nicht, wie im ersten Punkt gefordert, dem Geltungsbereich des Sozialplans. Der dort in Ziff. 1.2 geregelte Ausschluss beurlaubter Beamter stellt sich jedoch innerhalb der BV Sonderprämie bezogen auf deren Regelungszweck als Verstoß gegen § 75 Abs. 1 Satz 1 BetrVG dar und ist damit unwirksam (dazu a). Der Ausschlusstatbestand ist deshalb - bei Fortgeltung der Betriebsvereinbarung im Übrigen - nicht anzuwenden (dazu b).
91a.Der Ausschluss beurlaubter Beamter aus dem Geltungsbereich der BV Sonderprämie verstößt gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Gemessen am Zweck der Sonderprämie (dazu aa) besteht kein Unterschied zwischen Beamten und sonstigen Arbeitnehmern von solcher Art und solchem Gewicht, dass er die ungleiche Behandlung, also den Ausschluss der Beamten von dieser Leistung, rechtfertigen könnte (vgl. zu den Anforderungen oben unter Ziff. I.1.a). Dies gilt auch unter Berücksichtigung der den Betriebspartnern zukommenden Einschätzungsprärogative (dazu bb).
92aa.Zweck der Sonderprämie ist gemäß der Präambel zur Betriebsvereinbarung in erster Linie, im Interesse der Beklagten an "Planungssicherheit" einen Anreiz zur Unterlassung von Kündigungsschutzklagen zu setzen ("incentivieren"). Daneben soll sie die Arbeitnehmer zu rechtzeitiger Rückgabe der überlassenen Arbeitsmittel veranlassen.
93Der Zweck der Prämie wird in Satz 3 der Präambel zur BV Sonderprämie ausdrücklich mit dem Bedürfnis der Beklagten an "Planungssicherheit" beschrieben, wobei es nicht auf einen Wechsel in die Transfergesellschaft ankommt, solange nur eine Kündigungsschutzklage unterbleibt. Der nach dem ersten Entwurf der Sonderprämie vom 16.04.2013 (Anlage B 14) noch primär verfolgte Zweck, die Mitarbeiter auch in ihrem eigenem Interesse zum Übertritt in die Transfergesellschaft zu motivieren, wurde in der Endfassung in Satz 2 der Präambel zwar noch als "vorrangig" bezeichnet, faktisch aber vollständig aufgegeben. Denn gemäß Ziff. 1, 3. Punkt, 2. Variante der Endfassung BV Sonderprämie erhält die Prämie gerade auch ein Mitarbeiter, der das Angebot auf Abschluss eines dreiseitigen Vertrags zum Übertritt in die Transfergesellschaft ablehnt, sofern er nur eine Kündigungsschutzklage unterlässt oder einen Abwicklungsvertrag mit der Beklagten schließt. Dadurch entfällt die dem Wortlaut nach noch vorrangig verfolgte Anreizwirkung für einen Wechsel in die Transfergesellschaft insgesamt. Als "gemeinsamer Nenner" und damit alleiniger Zweck (neben dem Anreiz zur rechtzeitigen Rückgabe von Arbeitsmitteln) verbleibt die Setzung eines Anreizes zur streitlosen Beendigung der Arbeitsverhältnisse. Insbesondere ist die Leistung gerade nicht als Ausgleich oder Milderung der aus der Betriebsschließung folgenden Nachteile gedacht; als solche wäre die Koppelung an einen Klageverzicht, wie oben dargelegt, unwirksam (BAG 31.05.2005 - 1 AZR 254/04, AP Nr. 175 zu § 112 BetrVG 1972).
94bb.Gemessen an diesen Zwecken besteht kein Unterschied zwischen den Gruppen der Beamten und der sonstigen Arbeitnehmer von solcher Art und solchem Gewicht, der die ungleiche Behandlung, also den Ausschluss der Beamten von dieser Leistung, rechtfertigen könnte.
95Die Beklagte macht geltend, die Normgeber der BV Sonderprämie hätten das Interesse der beurlaubten Beamten an der Erhebung von Kündigungsschutzklagen für geringer eingeschätzt als dasjenige der von Arbeitslosigkeit bedrohten Arbeitnehmer und ein Bedürfnis für einen finanziellen Anreiz zur Vermeidung von Klagen der beurlaubten Beamten nicht gesehen. Dieser Grund rechtfertigt die Ungleichbehandlung bei der Zahlung der Sonderprämie nach Auffassung der Kammer nicht. Dabei kann dahinstehen, ob die Ungleichbehandlung unmittelbar an die Person (beurlaubte Beamte) anknüpft, wie es über Ziff. 1, 2. Punkt BV Sonderprämie i.V.m. Ziff. 1.2 Sozialplan der Fall ist, oder ob sie nur mittelbar an die Person anknüpft, wie es über das Kriterium "von Arbeitslosigkeit bedroht" in Satz 3 der Präambel, allerdings sprachlich nicht zweifelsfrei, der Fall sein könnte. In beiden Fällen gelten dieselben Maßstäbe für Art und Gewicht des Unterscheidungsgrundes, die der hier gebotenen strengen Bindung an den Gleichbehandlungsgrundsatz Rechnung tragen sollen (vgl. BAG 14.05.2013 - 1 AZR 43/12, AP Nr. 58 zu § 75 BetrVG 1972, BVerfG 30.07.2008 - 1 BvR 3262/07 ua. - Rn. 150, BVerfGE 121, 317).
96(a)Die Kammer konnte zunächst nicht feststellen, dass der von der Beklagten angeführte Differenzierungsgrund für die Betriebsparteien bei Abschluss der BV Sonderprämie tatsächlich maßgeblich gewesen ist. Es erscheint ebenso denkbar, dass sie die Regelung ohne Problematisierung als bloßen Annex zum Sozialplan verstanden und sich über den Ausschluss der Beamten in Bezug auf den speziellen Leistungszweck der Sonderprämie keine gesonderten Gedanken mehr gemacht haben. In der Betriebsvereinbarung selber hat der Grund keinen Niederschlag gefunden. In der letzten mündlichen Verhandlung vor der Kammer hat die Beklagte zudem auf Befragen des Gerichts keine näheren Erkenntnisse über die Klagefreudigkeit der jeweiligen Unterscheidungsgruppen anführen können. Eine bloße Übernahme des Geltungsbereichs des Sozialplans für die BV Sonderprämie ohne Neujustierung des Geltungsbereichs im Hinblick auf den besonderen Zweck der Sonderprämie verbietet sich schon deshalb, weil diese gerade kein Annex oder Bestandteil des Sozialplans ist und sein darf.
97(b)Ungeachtet dessen rechtfertigt die Unterscheidung den Ausschluss der beurlaubten Beamten von der Sonderprämie in keinem Fall.
98Der oben (unter II.2.a) festgestellte Hauptzweck der Prämie, einen Anreiz für eine streitlose Beendigung der Arbeitsverhältnisse zu setzen, lässt eine Differenzierung nach der zu erwartenden Wahrscheinlichkeit einer Klageerhebung durch die betroffenen Personen zwar grundsätzlich als möglich erscheinen. Der gezielte Einsatz der Klageverzichtsprämie dort, wo am ehesten mit Klagen zu rechnen ist, erscheint jedenfalls nicht unsachgemäß. Um hier eine Gruppe von Arbeitnehmern von der Leistung vollständig auszuschließen, ist aber angesichts der in Bezug auf das Klagerecht vollkommen gleichen Lage aller Betroffenen, ob beamtet oder nicht, eine ausreichend tragfähige tatsächliche Grundlage für die Einschätzung erforderlich, dass bei einer der Gruppen signifikant häufiger mit Klagen zu rechnen ist. Daran fehlt es. Das gilt selbst dann, wenn - was nicht feststeht - die Parteien bei Abschluss der Betriebsvereinbarung unter Berücksichtigung der ihnen zustehenden Einschätzungsprärogative eine entsprechende Einschätzung getroffen haben sollten.
99Die Klagebereitschaft bestimmt sich zunächst und in erster Linie danach, welchen Nutzen ein Kläger aus einem Rechtsstreit ziehen kann und welches Risiko er dabei eingeht. Wie auch alle übrigen Beschäftigten konnten die beurlaubten Beamten die Rechtmäßigkeit der ihnen gegenüber ausgesprochenen Kündigungen durch die Arbeitsgerichte überprüfen lassen und damit den Fortbestand ihres Arbeitsverhältnisses zur Beklagten durchzusetzen versuchen. Dafür bestand durchaus Anlass, da die Kündigungen auch für sie Nachteile in Form von Verlust des konkreten Arbeitsplatzes, Verdiensteinbußen und Ortsveränderungen bringen konnten, wie im 3. Absatz der Präambel des Sozialplans ausdrücklich anerkannt wurde. Sie haben dies demgemäß - unstreitig - in einer Reihe von Fällen getan. Dabei waren die Erfolgsaussichten solcher Klagen - abgesehen von individuellen Besonderheiten wie etwa Sonderkündigungsschutz, die in beiden Gruppe auftreten können - mit denen von nicht beamteten Arbeitnehmern identisch.
100Die Einschätzung, ein von Arbeitslosigkeit bedrohter Arbeitnehmer sei eher bereit, das Risiko einer Kündigungsschutzklage auf sich zu nehmen als ein beurlaubter Beamter mit Rückkehrrecht zur DT AG, erscheint damit in tatsächlicher Hinsicht nicht tragfähig. Selbst wenn man aber annähme, dass bei gänzlich ungewissen Erfolgsaussichten ein Betroffener mit beamtenrechtlicher Absicherung das Prozessrisiko tendenziell eher scheute als ein von Arbeitslosigkeit bedrohter Arbeitnehmer, läge darin allenfalls ein nur marginaler gradueller Unterschied, der den Ausschluss von der Prämienleistung nicht rechtfertigte. Selbst dieser Unterschied besteht aber tatsächlich nicht. Für eine solche Annahme fehlt zum einen jede empirische Grundlage. Die Beklagte selber konnte in der letzten mündlichen Verhandlung zu entsprechenden Erkenntnissen keine Angaben machen. Zum anderen bliebe dabei insbesondere die Anreizwirkung zur Unterlassung einer Klageerhebung unberücksichtigt, die von den Sozialplanleistungen gerade für die nicht beamteten Arbeitnehmer ausgeht. Dies gilt insbesondere angesichts des hohen durchschnittlichen Lebensalters der Betroffenen. Für Arbeitnehmer, die nur noch einen relativ kurzen Zeitraum bis zum Rentenalter vor sich haben, kann sich die Sozialplanabfindung als willkommener Ausklang ihres Berufslebens darstellen. Eine Kündigungsschutzklage ließe im Obsiegensfall die Abfindung entfallen, was durchaus die Klagebereitschaft hemmen kann. Im Unterliegensfall hätten die Betroffenen zudem neben den Prozesskosten in Kauf zu nehmen, dass die eigentlich mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällige Sozialplanabfindung erst mit rechtskräftigem Abschluss des Prozesses und damit unter Umständen erheblich später zur Auszahlung gelangt (vgl. Ziff. 3.3 Abs. 2 und 3 Sozialplan).
101Ein Grund, die ebenfalls mit der Betriebsvereinbarung bezweckte Sicherstellung der rechtzeitigen Rückgabe der Arbeitsmittel bei den beurlaubten Beamten anders zu behandeln als bei den übrigen Arbeitnehmern, ist schließlich ebenfalls nicht ersichtlich. Insoweit hat die Beklagte keine Gesichtspunkte vorgetragen, die eine Differenzierung rechtfertigen könnten.
102Bei diesem Bild erscheint die vage und nicht verifizierte Annahme, ein von Arbeitslosigkeit bedrohter Betroffener sei in signifikant höherem Maße zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage bereit als ein beurlaubter Beamter, nicht tragfähig. Damit fehlt es an einem Unterscheidungskriterium von solcher Art und solchem Gewicht, dass es den Ausschluss der letztgenannten Personengruppe mit identischem Klagerecht von der Klageverzichtsprämie rechtfertigen könnte. Dies gilt auch unter Berücksichtigung eines den Normgebern zukommenden Beurteilungsspielraums.
103b.Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts führt ein gegen § 75 Abs. 1 BetrVG verstoßender Ausschluss eines Arbeitnehmers aus dem Geltungsbereich einer begünstigenden Regelung grundsätzlich dazu, dass dieser die ihm durch die gleichheitswidrige Gruppenbildung vorenthaltene Leistung beanspruchen kann. Dies beruht darauf, dass der gleichheitswidrige Ausschlusstatbestand nicht angewandt wird und so die Gleichstellung mit den übrigen Arbeitnehmern erreicht wird (vgl. BAG 19.02.2008 - 1 AZR 1004/06 - Rn. 41 f., BAGE 125, 366; BAG 14.05.2013 - 1 AZR 43/12, AP Nr. 58 zu § 75 BetrVG 1972).
104Die danach gebotene Nichtanwendung des Ausschlusses der beurlaubten Beamten von der Sonderprämie führt nicht zu Nichtigkeit der Betriebsvereinbarung insgesamt. Diese bildet auch ohne den Ausschluss eine sinnvolle Regelung unter Wahrung ihrer Zwecksetzung. Die Betriebsvereinbarung ist auch nicht etwa deshalb nichtig, weil durch die Einbeziehung der beurlaubten Beamten in ihren Geltungsbereich das vorgesehene Finanzvolumen erheblich (möglicherweise um 25 %) überschritten würde.
105Allerdings kann nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts die Angemessenheit der finanziellen Gesamtausstattung eines Sozialplans mit Hilfe der Inhaltskontrolle im Individualprozess nicht überprüft werden (BAG 17.02.1981 - 1 AZR 290/78, AP Nr. 11 zu BetrVG 1972 § 112; BAG 12.11.2002 - 1 ABR 58/02, AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 159, zu IV der Gründe). Dies schließt aber die Korrektur einer einzelnen Bestimmung des Sozialplans, die Arbeitnehmer unter Verstoß gegen Recht und Billigkeit benachteiligt, nicht aus. Nach der Rechtsprechung des Senats ist dabei die mit einer derartigen Korrektur mittelbar verbundene Ausdehnung des vereinbarten Finanzvolumens hinzunehmen, solange nur einzelne Arbeitnehmer benachteiligt werden und die Mehrbelastung des Arbeitgebers durch die Korrektur im Verhältnis zum Gesamtvolumen des Sozialplans nicht "ins Gewicht fällt" (BAG 26.06.1990 - 1 AZR 263/88, AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 56, zu IV der Gründe; BAG 12.11.2002 - 1 AZR 58/02, AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 159, zu IV der Gründe). Entscheidend ist dabei nicht die Zahl der betroffenen Arbeitnehmer, sondern allein das Verhältnis der finanziellen Mehrbelastung zum Gesamtvolumen. Für die Frage, ob die Mehrbelastung ins Gewicht fällt oder ob sie für den Arbeitgeber noch hinnehmbar ist, kommt es nicht darauf an, auf wie viele Arbeitnehmer die Mehrbelastung entfällt (BAG 21.10.2003 - 1 AZR 407/02, BAGE 108, 147).
106Ob diese Rechtsprechung auch auf die BV Sonderprämie zu übertragen ist, erscheint fraglich. Sie stellt maßgeblich auf die Angemessenheit des vereinbarten finanziellen Gesamtrahmens eines Sozialplans ab. Bei einem Sozialplan einigen sich die Betriebspartner regelmäßig über ein finanzielles Gesamtvolumen (vgl. etwa BAG 17.02.1981 - 1 AZR 290/78, AP Nr. 11 zu BetrVG 1972 § 112, Rn. 42). Bei der BV Sonderprämie handelt es sich nicht um einen Sozialplan. Auch wurde ein Gesamtvolumen, soweit ersichtlich, nicht vereinbart. Die ausgelobte Prämie dient vielmehr der Planungssicherheit und damit nicht zuletzt auch der Kostenersparnis auf Arbeitgeberseite durch Vermeidung von Rechtsstreiten. Der Belastung der Beklagten durch eine Ausweitung des Kreises der einbezogenen Arbeitnehmer stehen daher die streitlose Beendigung der jeweiligen Arbeitsverhältnisse und eine entsprechende Kostenentlastung als "erkaufte" Gegenleistung gegenüber. Zudem erscheint eine Korrektur des Verstoßes gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsanspruch unter Wahrung eines etwaigen "Gesamtvolumens" nicht möglich. Den von der Regelung erfassten Arbeitnehmern könnte schon aus Vertrauensschutzgesichtspunkten durch eine Neuregelung der Betriebsvereinbarung unter Einbeziehung der beurlaubten Beamten die dafür ausgelobte Prämie nicht mehr entzogen oder gekürzt werden, nachdem sie bereits endgültig auf die Klage verzichtet haben. Damit wäre auch bei einer Neuverhandlung der Betriebsvereinbarung eine Ausweitung des Maximalvolumens unvermeidlich.
107Die Frage kann offen bleiben. Denn die BV Sonderprämie ist bereits deshalb nicht wegen Überschreitung eines möglicherweise vorgesehenen Finanzvolumens unwirksam, weil die Beklagte eine solche Überschreitung nicht dargelegt hat. Insofern ist zu berücksichtigen, dass es zu einer Ausweitung des maximal denkbaren Volumens der Betriebsvereinbarung Sonderprämie von ca. 3,3 Millionen € (760 nicht beamtete Arbeitnehmer x 4.346,00 €) nur kommen könnte, wenn tatsächlich alle von der Stilllegung betroffenen 760 Arbeitnehmer die Voraussetzungen der Betriebsvereinbarung Sonderprämie erfüllt haben. Vorstellbar ist aber auch, dass von den von der Beklagten offenbar einkalkulierten 760 Arbeitnehmern nicht alle die Voraussetzungen der Betriebsvereinbarung Sonderprämie erfüllt haben, beispielsweise weil sie Kündigungsschutzklage erhoben oder nicht alle überlassenen Arbeitsmittel vor Austritt bei der Beklagten an diese zurückgegeben haben. Daher führt die Auszahlung einer Sonderprämie an die beurlaubten Beamten nicht zwangsläufig zu einer Erhöhung des Volumens der BV Sonderprämie überhaupt, erst recht nicht zwangsläufig zu einer Erhöhung ihres Volumens um 25 % (so zutreffend ArbG Düsseldorf 25.02.2014 - 2 Ca 6899/13).
1083.Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286 Abs. 2 Nr. 2, 288 BGB. Da die Fälligkeit mit Wirkung zum 31.12.2013 eintrat, waren die Zinsen erst ab dem ersten auf die Fälligkeit folgenden Tag, mithin ab dem 01.01.2014, geschuldet.
1094.Die auch in zweiter Instanz gemäß § 533 ZPO i.V.m. § 64 Abs. 6 ArbGG zulässige Hilfswiderklage der Beklagten auf Feststellung der Nichtigkeit der BV Sonderprämie ist im Hinblick auf die Ausführungen oben unter II. 1 bis 3 ohne weiteres unbegründet.
110III.
111Die vorläufige Vollstreckbarkeit des zweitinstanzlichen Urteils war nicht nach § 62 Abs. 1 Satz 2 ArbGG auszuschließen. Es hat keinen vollstreckungsfähigen Inhalt. Abgesehen davon hat die Beklagte auch in zweiter Instanz weder behauptet noch glaubhaft gemacht, dass die Vollstreckung der titulierten Sonderprämie zu einer Insolvenz oder einem sonstigen nicht zu ersetzenden Nachteil führen würde. Aus dem gleichen Grund war auch der Antrag auf Einstellung der vorläufigen Vollstreckbarkeit des arbeitsgerichtlichen Urteils gemäß § 62 Abs. 1 Satz 3 ArbGG abzuweisen.
112IV.
113Die Kostenentscheidung folgt aus § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG i. V. m. § 97 Abs. 1 i.V.m. § 92 Abs. 1 ZPO. Danach waren die Kosten des jeweils erfolglosen Rechtsmittels den Parteien gemäß der sich aus ihren Rechtsmittelanträgen ergebenden Quote aufzuerlegen.
114Die Revision war gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG für beide Parteien zuzulassen.
115R E C H T S M I T T E L B E L E H R U N G :
116Gegen dieses Urteil kann von beiden Parteien
117R E V I S I O N
118eingelegt werden.
119Die Revision muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich oder in elektronischer Form beim
120Bundesarbeitsgericht
121Hugo-Preuß-Platz 1
12299084 Erfurt
123Fax: 0361-2636 2000
124eingelegt werden.
125Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.
126Die Revisionsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
1271.Rechtsanwälte,
1282.Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
1293.Juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nummer 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
130In den Fällen der Ziffern 2 und 3 müssen die Personen, die die Revisionsschrift unterzeichnen, die Befähigung zum Richteramt haben.
131Eine Partei, die als Bevollmächtigter zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
132Bezüglich der Möglichkeit elektronischer Einlegung der Revision wird auf die Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesarbeitsgericht vom 09.03.2006 (BGBl. I Seite 519) verwiesen.
133* eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
134gez.: Queckegez.: Schmischkegez.: Baumeister
ra.de-Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Düsseldorf Urteil, 02. Juli 2014 - 4 Sa 321/14
Urteilsbesprechung schreiben0 Urteilsbesprechungen zu Landesarbeitsgericht Düsseldorf Urteil, 02. Juli 2014 - 4 Sa 321/14
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Urteil einreichenLandesarbeitsgericht Düsseldorf Urteil, 02. Juli 2014 - 4 Sa 321/14 zitiert oder wird zitiert von 8 Urteil(en).
(1) Urteile der Arbeitsgerichte, gegen die Einspruch oder Berufung zulässig ist, sind vorläufig vollstreckbar. Macht der Beklagte glaubhaft, daß die Vollstreckung ihm einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde, so hat das Arbeitsgericht auf seinen Antrag die vorläufige Vollstreckbarkeit im Urteil auszuschließen. In den Fällen des § 707 Abs. 1 und des § 719 Abs. 1 der Zivilprozeßordnung kann die Zwangsvollstreckung nur unter derselben Voraussetzung eingestellt werden. Die Einstellung der Zwangsvollstreckung nach Satz 3 erfolgt ohne Sicherheitsleistung. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss.
(2) Im übrigen finden auf die Zwangsvollstreckung einschließlich des Arrests und der einstweiligen Verfügung die Vorschriften des Achten Buchs der Zivilprozeßordnung Anwendung. Die Entscheidung über den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung kann in dringenden Fällen, auch dann, wenn der Antrag zurückzuweisen ist, ohne mündliche Verhandlung ergehen. Eine in das Schutzschriftenregister nach § 945a Absatz 1 der Zivilprozessordnung eingestellte Schutzschrift gilt auch als bei allen Arbeitsgerichten der Länder eingereicht.
(1) Arbeitgeber und Betriebsrat haben darüber zu wachen, dass alle im Betrieb tätigen Personen nach den Grundsätzen von Recht und Billigkeit behandelt werden, insbesondere, dass jede Benachteiligung von Personen aus Gründen ihrer Rasse oder wegen ihrer ethnischen Herkunft, ihrer Abstammung oder sonstigen Herkunft, ihrer Nationalität, ihrer Religion oder Weltanschauung, ihrer Behinderung, ihres Alters, ihrer politischen oder gewerkschaftlichen Betätigung oder Einstellung oder wegen ihres Geschlechts oder ihrer sexuellen Identität unterbleibt.
(2) Arbeitgeber und Betriebsrat haben die freie Entfaltung der Persönlichkeit der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer zu schützen und zu fördern. Sie haben die Selbständigkeit und Eigeninitiative der Arbeitnehmer und Arbeitsgruppen zu fördern.
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Arbeitgeber und Betriebsrat haben darüber zu wachen, dass alle im Betrieb tätigen Personen nach den Grundsätzen von Recht und Billigkeit behandelt werden, insbesondere, dass jede Benachteiligung von Personen aus Gründen ihrer Rasse oder wegen ihrer ethnischen Herkunft, ihrer Abstammung oder sonstigen Herkunft, ihrer Nationalität, ihrer Religion oder Weltanschauung, ihrer Behinderung, ihres Alters, ihrer politischen oder gewerkschaftlichen Betätigung oder Einstellung oder wegen ihres Geschlechts oder ihrer sexuellen Identität unterbleibt.
(2) Arbeitgeber und Betriebsrat haben die freie Entfaltung der Persönlichkeit der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer zu schützen und zu fördern. Sie haben die Selbständigkeit und Eigeninitiative der Arbeitnehmer und Arbeitsgruppen zu fördern.
Tenor
-
1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 1. Dezember 2011 - 11 Sa 154/11 - wird zurückgewiesen.
-
2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
- 1
-
Die Parteien streiten über Ansprüche aus einer Betriebsvereinbarung.
- 2
-
Der am 21. Oktober 1966 geborene Kläger ist seit dem 1. April 1992 bei der Beklagten am Standort F als Flugbegleiter beschäftigt. Bei der Beklagten sind nach § 117 Abs. 2 BetrVG aufgrund des Tarifvertrags Personalvertretung für das Bordpersonal vom 15. November 1972 (TV PV) Personalvertretungen gebildet.
- 3
-
Der Kläger war seit dem Jahre 2001 in der sog. gemischten Gruppe tätig und wurde dabei auf Langstrecken- und Kurzstreckenflügen eingesetzt. Daneben gab es noch die sog. IK-Gruppe, die nur Langstrecken- bzw. Interkontinentalflüge durchführte. Im Jahre 2009 führte die Beklagte eine neue Einsatzstruktur ein. Hierdurch wurde die IK-Gruppe aufgelöst. Alle Flugbegleiter werden nunmehr auf Interkontinental-, Lang- und Kurzstreckenflügen eingesetzt. Ziel der Änderung ist, die Einteilung der Flugbegleiter zu optimieren und die Vorteile sowie Belastungen von Einsätzen auf Interkontinental- und Kurzstrecken gerecht zu verteilen.
- 4
-
Am 8. Juni 2009 schloss die Beklagte mit der Gesamtvertretung für das fliegende Personal einen freiwilligen „Sozialplan zur Umsetzung der Kabinen-Einsatzstruktur ‚we face the future’“ (SP). Darin ist bestimmt:
-
„...
2.
Dienst- und lebensältere Mitglieder der heutigen IK-Gruppe erhalten einen Zusatzrequest Kont. Es wird sichergestellt, dass nicht mehr als max. 5 Einsatztage Kont im Quartal zu fliegen sind. Die Regelung gilt für alle Mitarbeiter, die zum Stichzeitpunkt 31.12.2009 das 43. Lebensjahr vollendet haben und mindestens 15 Dienstjahre haben.
...“
- 5
-
Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Sozialplans beschäftigte die Beklagte an ihrem Standort in F ca. 8.000 Flugbegleiter. Von diesen fielen rund 1.350 Flugbegleiter unter die Regelung zu Nr. 2.
- 6
-
Der Kläger hat geltend gemacht, Nr. 2 SP sei altersdiskriminierend. Auch werde er ohne sachlichen Grund gegenüber gleichaltrigen Flugbegleitern der früheren IK-Gruppe benachteiligt. Die Regelung führe ihm gegenüber dazu, dass er nunmehr häufiger Kurzstrecken fliegen müsse, was belastender sei. Die Beklagte habe deshalb bei der Einsatzplanung die Regelung in Nr. 2 SP auch zu seinen Gunsten anzuwenden.
- 7
-
Der Kläger hat, soweit für die Revision von Bedeutung, beantragt,
-
1.
die Beklagte zu verurteilen, ihm über einen bereits gewährten Haupt- und zwei Nebenrequests hinaus monatlich einen weiteren Zusatzrequest Kont entsprechend Nr. 2 des Sozialplans zur Umsetzung der Kabinen-Einsatzstruktur „we face the future“ für das fliegende Personal der D AG vom 8. Juni 2009 zu gewähren;
2.
festzustellen, dass er entsprechend Nr. 2 Satz 2 des Sozialplans zur Umsetzung der Kabinen-Einsatzstruktur „we face the future“ für das fliegende Personal der D AG vom 8. Juni 2009 nicht verpflichtet ist, mehr als fünf Einsatztage Kont im Quartal zu fliegen.
- 8
-
Die Beklagte hat zur Begründung ihres Abweisungsantrags geltend gemacht, die unterschiedliche Behandlung sei sachlich gerechtfertigt, weil es älteren Beschäftigten des früheren IK-Bereichs erfahrungsgemäß schwerer falle, sich kurzfristig an die häufigeren Starts und Landungen bei Kontinentalflügen zu gewöhnen und auf die damit einhergehende Änderung ihrer Arbeitsbedingungen einzustellen.
- 9
-
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe
- 10
-
Die Revision des Klägers ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
- 11
-
I. Die Anträge des Klägers sind zulässig.
- 12
-
1. Der auf die Gewährung eines Zusatzrequest Kont gerichtete Antrag zu 1. ist nach § 259 ZPO zulässig. Hierbei handelt es sich um eine monatlich wiederkehrende Leistung. Da die Beklagte den Zusatzrequest bisher nicht gewährt hat, besteht die Besorgnis nicht rechtzeitiger Leistung.
- 13
-
2. Der Feststellungsantrag zu 2. ist nach § 256 Abs. 1 ZPO zulässig. Gegenstand einer Feststellungsklage kann auch das Bestehen oder Nichtbestehen von Ansprüchen oder Verpflichtungen aus einem Arbeitsverhältnis sein (BAG 9. November 2010 - 1 AZR 147/09 - Rn. 13). Hier geht es um die Feststellung, dass der Kläger nicht verpflichtet ist, mehr als fünf Einsatztage Kont im Quartal zu fliegen, also die Bestimmung des Umfangs der Arbeitspflicht. Hierfür besteht das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse. Der Vorrang der Leistungs- bzw. Unterlassungsklage steht dem nicht entgegen, denn das angestrebte Feststellungsurteil ist geeignet, den Konflikt der Parteien endgültig beizulegen und weitere Prozesse zwischen ihnen zu vermeiden. Es ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte einem gegen sie ergehenden Feststellungsurteil nicht nachkommen wird.
- 14
-
II. Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf einen Zusatzrequest Kont. Er kann auch nicht verlangen, nicht mehr als fünf Einsatztage Kont im Quartal zu fliegen.
- 15
-
1. Die erhobenen Ansprüche ergeben sich nicht aus Nr. 2 SP. Der Kläger fällt nicht in den persönlichen Geltungsbereich dieser Vorschrift. Er war zum maßgeblichen Stichtag des 31. Dezember 2009 nicht der IK-Gruppe zugeordnet.
- 16
-
2. Ein Anspruch des Klägers ergibt sich auch nicht aus § 68 Abs. 1 TV PV iVm. § 7 Abs. 1 und Abs. 2 AGG. Nach dieser Bestimmung haben Arbeitgeber und Personalvertreter darüber zu wachen, dass alle Angehörigen des Bordpersonals nach den Grundsätzen von Recht und Billigkeit behandelt werden. Hierzu gehört das aus § 7 Abs. 1 und Abs. 2 AGG folgende Verbot der Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes. Der Kläger wird jedoch nicht wegen seines Alters benachteiligt. Er übersieht, dass er zum Stichtag 31. Dezember 2009 bereits das 43. Lebensjahr vollendet hatte, mehr als 15 Dienstjahre bei der Beklagten beschäftigt war und somit diese unmittelbaren und mittelbaren altersbezogenen Anforderungen der Nr. 2 SP erfüllte.
- 17
-
3. Ein Anspruch des Klägers ergibt sich auch nicht aus § 68 TV PV. Zwar verstößt die in Nr. 2 SP vorgenommene Gruppenbildung gegen das dem § 75 BetrVG nachgebildete personalvertretungsrechtliche Gleichbehandlungsgebot des § 68 TV PV. Daraus folgt aber kein Anspruch auf Anwendung der gleichbehandlungswidrigen Begünstigung auf den Kläger. Vielmehr ist die Beklagte verpflichtet, die gesetzwidrige Begünstigung für ältere Flugbegleiter der IK-Gruppe bei der künftigen Dienstplangestaltung für Flugbegleiter insgesamt unangewendet zu lassen.
- 18
-
a) Bei dem „Sozialplan zur Umsetzung der Kabinen-Einsatzstruktur ‚we face the future’“ handelt es sich nach Annahme des Landesarbeitsgerichts um einen freiwilligen Sozialplan. Es bedarf keiner Entscheidung, ob die in dieser Vereinbarung getroffenen Regelungen dem Ausgleich oder Milderung wirtschaftlicher Nachteile aus Anlass einer Änderung des Flugbetriebs iSd. § 94 TV PV dienen. Unabhängig davon, ob es sich um einen Sozialplan iSd. § 95 Abs. 1 Satz 2 TV PV oder um eine freiwillige Betriebsvereinbarung iSd. § 88 BetrVG nachgebildeten § 78 TV PV handelt, sind Personalvertretung und Arbeitgeberin an § 68 TV PV gebunden. Danach haben Personalvertretung und Arbeitgeberin bei Betriebsvereinbarungen wie bei Sozialplänen den personalvertretungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz des § 68 TV PV zu beachten. Dieser auf den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG zurückzuführende Gleichbehandlungsgrundsatz zielt darauf ab, eine Gleichbehandlung von Personen in vergleichbaren Sachverhalten sicherzustellen und eine gleichheitswidrige Gruppenbildung auszuschließen. Eine Gruppenbildung kann auch dadurch erfolgen, dass für eine Arbeitnehmergruppe eine Regelung getroffen wird und für eine andere unterbleibt (BAG 22. März 2005 - 1 AZR 49/04 - zu 3 a der Gründe, BAGE 114, 179). Sind für verschiedene Arbeitnehmergruppen unterschiedliche Rechtsfolgen - insbesondere unterschiedliche Leistungen - vorgesehen, verlangt der Gleichheitssatz, dass diese Differenzierung sachlich gerechtfertigt ist. Maßgeblich hierfür ist vor allem der mit der Regelung verfolgte Zweck (BAG 18. Mai 2010 - 1 AZR 187/09 - Rn. 15). Dabei ist bei einer personenbezogenen Ungleichbehandlung der Gleichheitssatz bereits dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (BAG 22. März 2005 - 1 AZR 49/04 - zu 3 a der Gründe, aaO). Diese Grundsätze gelten gleichermaßen, wenn eine Ungleichbehandlung von Sachverhalten mittelbar eine Ungleichbehandlung von Personengruppen bewirkt (vgl. BVerfG 30. Juli 2008 - 1 BvR 3262/07 ua. - Rn. 150, BVerfGE 121, 317).
- 19
-
b) Nach diesen Grundsätzen ist die in Nr. 2 SP vorgenommene Gruppenbildung sachlich nicht gerechtfertigt. Sie bewirkt jedenfalls mittelbar eine Ungleichbehandlung von Personengruppen, die einer Überprüfung am Maßstab der Verhältnismäßigkeit nicht standhält.
- 20
-
aa) Nr. 2 SP verfolgt das Ziel, die Umstellungsschwierigkeiten älterer Flugbegleiter der bisherigen IK-Gruppe zu mildern, die für diese Personengruppe durch die Anwendung der neuen Einsatzstruktur auf die Dienstplangestaltung entstehen. Arbeitgeber und Personalvertreter haben damit berücksichtigt, dass bei Interkontinentalflügen die Belastung der Flugbegleiter in den durch die Zeitverschiebung bedingten sog. „Jetlags“ besteht, während die spezifische Belastung im Kont-Bereich in der Häufung von mehreren Starts und Landungen pro Tag liegt.
- 21
-
bb) Die Regelung in Nr. 2 SP ist allerdings nicht geeignet, das vorgegebene Ziel zu erreichen. Sie gewährleistet nicht, dass nur die Flugbegleiter erfasst werden, die infolge ihres langjährigen Einsatzes im Langstreckenbereich nach Einschätzung der Betriebsparteien überhaupt Umstellungsschwierigkeiten haben können. Sie ist vielmehr auch auf Mitarbeiter anwendbar, die viele Jahre in der gemischten Gruppe geflogen und erst kurze Zeit dem IK-Bereich zugeordnet sind. Für diese ist die neue Einsatzplanung aufgrund der noch nicht eingetretenen Gewöhnung an die Einsatzbedingungen im IK-Bereich nicht mit besonderen Schwierigkeiten verbunden, so dass sie sich in einer vergleichbaren Ausgangssituation befinden wie die Flugbegleiter, die zum Stichtag der gemischten Gruppe angehören, jedoch keinen Anspruch auf die Vergünstigungen in Nr. 2 SP haben. Es ist weder vorgetragen noch offenkundig, dass die Betriebsparteien im Rahmen ihrer Einschätzungsprärogative davon ausgehen konnten, dass die ganz überwiegende Mehrzahl der Flugbegleiter der IK-Gruppe langjährig ausschließlich auf Langstreckenflügen eingesetzt worden ist.
- 22
-
cc) Die in Nr. 2 SP vorgenommene Gruppenbildung ist darüber hinaus auch nicht zur Erreichung des vorgegebenen Ziels erforderlich. Die Regelung führt zu einer dauerhaften Begünstigung der von ihr erfassten Flugbegleiter. Hierfür ist kein sachlicher Grund erkennbar. Die Beklagte selbst geht vielmehr davon aus, dass die Angehörigen der IK-Gruppe nur eine „längere Eingewöhnungsphase“ benötigen. Die Notwendigkeit einer dauerhaften unterschiedlichen Behandlung hat sie weder dargelegt noch ist diese offenkundig.
- 23
-
4. Rechtsfolge des Verstoßes von Nr. 2 SP gegen den Gleichheitssatz aus § 68 Abs. 1 TV PV ist die Unwirksamkeit der Sozialplanregelung. Der Kläger hat aber keinen Anspruch auf die in Nr. 2 SP vereinbarten Leistungen.
- 24
-
a) Nach der Senatsrechtsprechung führt ein gegen § 75 Abs. 1 BetrVG/§ 68 TV PV verstoßender Ausschluss eines Arbeitnehmers aus dem Geltungsbereich einer begünstigenden Regelung zwar dazu, dass dieser die ihm durch die gleichheitswidrige Gruppenbildung vorenthaltene Leistung beanspruchen kann. Dies beruht indes darauf, dass der gleichheitswidrige Ausschlusstatbestand nicht angewandt wird und so die Gleichstellung mit den übrigen Arbeitnehmern erreicht wird (vgl. BAG 19. Februar 2008 - 1 AZR 1004/06 - Rn. 41 f., BAGE 125, 366). Hier hingegen fordert der Kläger die Anwendung der gleichheitswidrigen Norm auf die von ihr nicht erfassten Arbeitnehmer. Dies hätte zur Folge, dass alle rund 8.000 Flugbegleiter am Standort F ein Zusatzrequest Kont beanspruchen könnten und nicht verpflichtet wären, mehr als fünf Einsatztage Kont im Quartal zu fliegen. Damit wäre die Beklagte unstreitig außerstande, ihren Flugbetrieb aufrechtzuerhalten und die Arbeitsleistung des Klägers in Anspruch zu nehmen. Daher kann der Kläger nur verlangen, dass der Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz in anderer Weise, nämlich durch Nichtanwendung der Regelung der Nr. 2 SP beseitigt wird. Hierfür spricht zudem, dass die Anwendung der Nr. 2 SP auf alle Flugbegleiter den Regelungszweck dieser Bestimmung, Milderung vorübergehender Umstellungsschwierigkeiten, die den Angehörigen der IK-Gruppe durch die neue Einsatzstruktur entstehen, verfehlen und der Begünstigung einen gänzlich anderen Sinn geben würde.
- 25
-
b) Gleichwohl muss der Kläger eine gleichheitswidrige Behandlung nicht hinnehmen. Vor einer weiteren Anwendung der Nr. 2 SP ist er individualrechtlich geschützt. Wenn die Beklagte künftig die Dienstpläne unter Beachtung von Nr. 2 SP erstellen sollte, wären diese unwirksam. Einer hierauf beruhenden Weisung müsste der Kläger nicht nachkommen. Eine solche Anweisung wäre nicht nur unbillig iSv. § 106 GewO, § 315 BGB, sondern nichtig, weil sie auf einer unwirksamen Regelung beruht(hierzu BAG 22. Februar 2012 - 5 AZR 249/11 - Rn. 24). Im Falle der Leistungsverweigerung könnte die Beklagte in Annahmeverzug geraten.
- 26
-
c) Entgegen der Auffassung der Revision steht diesem Ergebnis Unionsrecht nicht entgegen. Dieses ist im Fall des Klägers nicht betroffen, da er nicht wegen seines Alters benachteiligt wird, sondern wegen seiner fehlenden Zugehörigkeit zur IK-Gruppe.
-
Schmidt
Koch
Linck
Schäferkord
N. Schuster
(1) Arbeitgeber und Betriebsrat haben darüber zu wachen, dass alle im Betrieb tätigen Personen nach den Grundsätzen von Recht und Billigkeit behandelt werden, insbesondere, dass jede Benachteiligung von Personen aus Gründen ihrer Rasse oder wegen ihrer ethnischen Herkunft, ihrer Abstammung oder sonstigen Herkunft, ihrer Nationalität, ihrer Religion oder Weltanschauung, ihrer Behinderung, ihres Alters, ihrer politischen oder gewerkschaftlichen Betätigung oder Einstellung oder wegen ihres Geschlechts oder ihrer sexuellen Identität unterbleibt.
(2) Arbeitgeber und Betriebsrat haben die freie Entfaltung der Persönlichkeit der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer zu schützen und zu fördern. Sie haben die Selbständigkeit und Eigeninitiative der Arbeitnehmer und Arbeitsgruppen zu fördern.
Tenor
-
1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 11. Februar 2009 - 11 Sa 598/08 - wird zurückgewiesen.
-
2. Die Klägerin trägt die Kosten der Revision.
Tatbestand
- 1
-
Die Parteien streiten über eine Sozialplanabfindung.
- 2
-
Die Klägerin war seit dem 1. Januar 1980 bei der A Versicherungs-AG in der Poststelle beschäftigt. Ihr Verdienst betrug bei einer Arbeitszeit von 60 % der regelmäßigen Arbeitszeit ab April 2005 rund 1.600,00 Euro. Zusätzlich erhielt sie bis März 2007 eine monatliche Ausgleichszahlung in Höhe von 50 % der Differenz zu der zuvor bezogenen Vergütung als Vollzeitbeschäftigte.
- 3
-
Ab 2006 wurde das deutsche Versicherungsgeschäft der A unter dem Dach der beklagten A Deutschland AG(ADAG) neu organisiert. Im Zuge dieser Umstrukturierung sollten bis Ende 2008 insgesamt 5.700 Stellen wegfallen. Hiervon waren auch die Mitarbeiter der A Versicherungs-AG betroffen. Die durch die Betriebsänderungen entstehenden wirtschaftlichen Nachteile für die Mitarbeiter sollten durch den von den betroffenen Unternehmen mit den bei ihnen bestehenden Gesamtbetriebsräten vereinbarten „Sozialplan zur Neuordnung des deutschen Versicherungsgeschäfts der A unter dem Dach der A Deutschland AG“ (SP-Neuordnung) vom 28. April 2006 ausgeglichen werden. Dieser Sozialplan galt auch für die Beklagte und die A Versicherungs-AG. Zur Berechnung der Grundabfindung für Vollzeitbeschäftigte des Innendienstes wurde in dem Sozialplan ein Mindestbruttomonatsverdienst in Höhe von 3.000,00 Euro zugrunde gelegt. Für Teilzeitbeschäftigte bestimmte sich die Höhe des Mindestbruttomonatsverdienstes grundsätzlich anteilig nach der jeweiligen Vertragsarbeitszeit. Eine vorangegangene Vollzeitbeschäftigung war allerdings zu berücksichtigen, wenn die individuelle Arbeitszeitverkürzung aus betriebsbedingten Gründen in den letzten zwei Jahren vor Inkrafttreten des Sozialplans vereinbart wurde, was der Fall sein sollte, wenn der Arbeitnehmer eine Ausgleichszahlung zur bestehenden Gehaltsdifferenz erhielt.
- 4
-
Zeitgleich mit dem Abschluss des Sozialplans schlossen dieselben Parteien am 28. April 2006 die „Gesamtbetriebsvereinbarung zur Neuordnung des deutschen Versicherungsgeschäfts der A unter dem Dach der A Deutschland AG - Sozialverträgliche Umsetzung der Neuordnung -“(GBV-Neuordnung). Nach deren Präambel sollte mit der Bereitstellung zusätzlicher finanzieller Mittel der Personalabbau durch einvernehmliche Beendigung von Arbeitsverhältnissen beschleunigt werden. Arbeitnehmer, die ihr Arbeitsverhältnis durch Aufhebungsvertrag beendeten, erhielten neben der Sozialplanabfindung eine nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit gestaffelte zusätzliche Abfindung.
- 5
-
Am 31. Januar 2007 verzichteten die Beklagte sowie die unter ihrem Dach zusammengefassten Unternehmen in einer mit den bei ihnen bestehenden Gesamtbetriebsräten geschlossenen „Vereinbarung zum besonderen Kündigungsschutz im Rahmen der Neuordnung des deutschen Versicherungsgeschäfts der A unter dem Dach der A Deutschland AG“(Vereinbarung besonderer Kündigungsschutz) auf betriebsbedingte Kündigungen bis Ende des Jahres 2009.
- 6
-
Die Klägerin vereinbarte am 20. März 2007 mit der A Versicherungs-AG einen Aufhebungsvertrag, wodurch das Arbeitsverhältnis zum 30. September 2008 gegen Zahlung einer Abfindung nach dem SP-Neuordnung in Höhe von 109.875,00 Euro brutto beendet wurde. Am 1. Juni 2007 ging ihr Arbeitsverhältnis im Wege eines Betriebsübergangs auf die Beklagte über.
- 7
-
Am 11. Juli 2007 schloss die Beklagte mit dem bei ihr gebildeten Gesamtbetriebsrat eine „Gesamtbetriebsvereinbarung über die Bereitstellung von ergänzenden finanziellen Mitteln zur Unterstützung der personalwirtschaftlichen Ziele der Neuordnung des deutschen Versicherungsgeschäfts unter dem Dach der A Deutschland AG“(GBV-Sonderfonds). Diese sollte nach ihrer Präambel besonderen sozialen Härten bei bestimmten Mitarbeitern Rechnung tragen und gewährleisten, dass das arbeitgeberseitige Abbauziel von 5.700 Stellen zeitgerecht sozialverträglich durch einvernehmliche Maßnahmen erreicht wird. Hierzu wurde für einzelne Mitarbeitergruppen, ua. für die Beschäftigten aus dem Post-/Scan- und Verteilbereich, ein Sonderfonds aufgelegt. Diese Mitarbeiter sollten zeitnah ein Angebot zur einvernehmlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhalten, in dem bei der Berechnung der Sozialplanabfindung nach dem SP-Neuordnung und der Berechnung der zusätzlichen Abfindung nach der GBV-Neuordnung ein Mindestbruttoverdienst von 5.000,00 Euro zugrunde zu legen war. Nach Nr. 4 GBV-Sonderfonds waren allerdings nur diejenigen Arbeitnehmer anspruchsberechtigt, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Vereinbarung, dh. am 11. Juli 2007, noch keine Vereinbarung zur Aufhebung ihres Arbeitsverhältnisses unterzeichnet hatten.
- 8
-
Mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses zahlte die Beklagte die vereinbarte Abfindung in Höhe von 109.875,00 Euro brutto. Diese hält die Klägerin nicht für ausreichend. Sie hat die Auffassung vertreten, bei der Berechnung der Abfindung sei entsprechend der GBV-Sonderfonds ein Bruttomonatseinkommen in Höhe von 5.000,00 Euro je Beschäftigungsjahr zugrunde zu legen. Hieraus ergebe sich ein Abfindungsanspruch in Höhe von insgesamt 183.125,00 Euro, jedenfalls aber von 174.206,81 Euro bei einer durchschnittlichen Beschäftigungsquote von 0,9513 bezogen auf die gesamte Dauer der Betriebszugehörigkeit. Die Beschränkung des Geltungsbereichs dieser Gesamtbetriebsvereinbarung auf Mitarbeiter, die im Zeitpunkt ihres Inkrafttretens noch keinen Aufhebungsvertrag unterzeichnet hatten, verstoße gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz und sei damit unwirksam.
-
Die Klägerin hat zuletzt beantragt,
-
die Beklagte zu verurteilen, an sie 73.250,00 Euro brutto, hilfsweise 64.331,81 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 1. Oktober 2008 zu bezahlen.
- 10
-
Die Beklagte hat zur Begründung ihres Abweisungsantrags geltend gemacht, mit der GBV-Sonderfonds habe ein besonderer zusätzlicher Anreiz zum Abschluss von Aufhebungsverträgen geschaffen werden sollen. Wegen des vereinbarten Verzichts auf betriebsbedingte Kündigungen sei der angestrebte Personalabbau von 5.700 Stellen nicht anders erreichbar gewesen.
-
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe
- 12
-
Die gemäß § 551 Abs. 3 Nr. 2 ZPO ordnungsgemäß begründete und damit zulässige Revision hat in der Sache keinen Erfolg.
- 13
-
I. Die Klägerin hat keinen Anspruch aus der GBV-Sonderfonds auf Zahlung einer weiteren Abfindung. Eine solche Leistung steht nach Nr. 4 GBV-Sonderfonds nur Mitarbeitern zu, die am 11. Juli 2007 noch keine Vereinbarung zur Aufhebung ihres Arbeitsverhältnisses unterschrieben haben. Von diesem persönlichen Geltungsbereich wird die Klägerin nicht erfasst. Sie hat ihren Aufhebungsvertrag am 20. März 2007 unterzeichnet.
- 14
-
II. Die Stichtagsregelung in Nr. 4 GBV-Sonderfonds ist wirksam. Sie verstößt nicht gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz des § 75 Abs. 1 BetrVG.
- 15
-
1. Die Betriebsparteien haben beim Abschluss von Betriebsvereinbarungen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz des § 75 Abs. 1 BetrVG zu beachten, dem wiederum der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG zugrunde liegt. Er zielt darauf ab, eine Gleichbehandlung von Personen in vergleichbaren Sachverhalten sicherzustellen und eine gleichheitswidrige Gruppenbildung auszuschließen. Maßgeblich für das Vorliegen eines die Bildung unterschiedlicher Gruppen rechtfertigenden Sachgrundes ist vor allem der mit der Regelung verfolgte Zweck(BAG 19. Februar 2008 - 1 AZR 1004/06 - Rn. 25 mwN, BAGE 125, 366).
- 16
-
Erfolgt die Gruppenbildung durch eine Stichtagsregelung, muss auch diese mit dem betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz vereinbar sein. Dabei kommt den Betriebsparteien sowohl bei der Gruppenbildung als auch bei der Bestimmung des darauf bezogenen Stichtags ein erheblicher Ermessensspielraum zu. Die durch eine Stichtagsregelung verursachten Härten müssen hingenommen werden, wenn sich unter Berücksichtigung des Regelungszwecks die Wahl des Stichtags am gegebenen Sachverhalt orientiert und somit sachlich vertretbar ist(vgl. BAG 22. März 2005 - 1 AZR 49/04 - zu 3 a der Gründe, BAGE 114, 179).
- 17
-
2. In der GBV-Sonderfonds haben die Betriebsparteien mehrere Gruppenbildungen vorgenommen. Nach deren Nr. 1 Abs. 2 erstreckt sich der persönliche Geltungsbereich nur auf diejenigen Arbeitnehmer, die von der Neuordnung der Post-/Scan- und Verteilfunktionen innerhalb der ADAG betroffen waren, sowie auf Mitarbeiter von Support- bzw. ehemaliger Organisationseinheiten in Dienstleistungsgebieten. Damit waren Mitarbeiter anderer Bereiche, die ebenfalls von der Neuordnung des deutschen Versicherungsgeschäfts der ADAG erfasst waren, von den Begünstigungen der GBV-Sonderfonds ausgenommen. Darüber hinaus erfolgt eine Gruppenbildung nach den Bruttoverdiensten der Arbeitnehmer. Die GBV-Sonderfonds begünstigt gemäß deren Nr. 1 Abs. 4 ausschließlich diejenigen Arbeitnehmer, deren Verdienst bei Vollzeitbeschäftigung den der Abfindungsberechnung zugrunde zu legenden Bruttomonatsverdienst von 5.000,00 Euro nicht erreicht. Arbeitnehmer mit einem höheren Einkommen erlangen durch die GBV-Sonderfonds keinen finanziellen Vorteil. Schließlich haben die Betriebsparteien in Nr. 4 GBV-Sonderfonds eine stichtagsbezogene Gruppenbildung vorgesehen, indem sie deren Leistungen auf diejenigen begünstigten Arbeitnehmer beschränkten, die bis zum 11. Juli 2007 noch keine Vereinbarung zur Aufhebung ihres Arbeitsverhältnisses geschlossen hatten. Damit sind Arbeitnehmer unterer Lohngruppen aus den in Nr. 1 Abs. 2 GBV-Sonderfonds genannten Bereichen, die zu einem früheren Zeitpunkt aus Anlass der erfolgten Umstrukturierung einen Aufhebungsvertrag vereinbart hatten, von den Leistungen der GBV-Sonderfonds ausgenommen. Das beanstandet die Klägerin.
- 18
-
3. Die durch die Stichtagsregelung in Nr. 4 GBV-Sonderfonds bewirkte Ungleichbehandlung ist nach dem mit ihr verfolgten einheitlichen Zweck sachlich gerechtfertigt und damit mit § 75 Abs. 1 BetrVG vereinbar.
- 19
-
a) Die GBV-Sonderfonds bezweckt, durch finanzielle Anreize für bestimmte Beschäftigtengruppen die Bereitschaft zum Abschluss von Aufhebungsverträgen zu fördern. Das folgt aus ihrer Präambel. Danach soll die GBV-Sonderfonds gewährleisten, dass das arbeitgeberseitige Ziel eines Personalabbaus von 5.700 Arbeitskapazitäten ohne betriebsbedingte Kündigungen erreicht werden kann. Soweit es in der Präambel weiter heißt, die Vereinbarung sei geschlossen worden, um den besonderen sozialen Härten bestimmter Mitarbeitergruppen im Rahmen der Neuordnung des Versicherungsgeschäfts Rechnung tragen zu können, ergibt sich daraus kein weitergehender Zweck. Die mit den Leistungen der GBV-Sonderfonds angestrebte Förderung einvernehmlicher Vertragsbeendigungen beruht auf der Einschätzung der Betriebsparteien, bei Mitarbeitern der unteren Entgeltgruppen mit typischerweise schlechten beruflichen Perspektiven könne die Bereitschaft zum Abschluss von Aufhebungsverträgen nur durch eine Aufstockung der finanziellen Anreize gesteigert werden. Dazu haben die Betriebsparteien für die Berechnung der Abfindung ein Mindestbruttoentgelt von 5.000,00 Euro zugrunde gelegt. Davon profitieren allein Arbeitnehmer der unteren Entgeltgruppen, deren Bruttomonatsentgelt diese Grenze typischerweise nicht erreicht.
- 20
-
b) Die Schaffung besonderer Anreize zur einvernehmlichen Beendigung von Arbeitsverhältnissen war aus Sicht der Betriebsparteien geboten, nachdem bis Ende Juni 2007 erst 4.060 Stellen von den in Aussicht genommenen 5.700 Arbeitskapazitäten abgebaut waren und der Beklagten der Ausspruch betriebsbedingter Kündigungen wegen des mit den Gesamtbetriebsräten der betroffenen Unternehmen vereinbarten Kündigungsverzichts bis Ende 2009 verwehrt war. Diese Einschätzung sowie die Annahme der Betriebsparteien, Arbeitnehmer der unteren Entgeltgruppen mit typischerweise negativen beruflichen Perspektiven seien nur durch einen zusätzlichen finanziellen Anreiz zum Abschluss von Aufhebungsverträgen zu motivieren, hält sich innerhalb ihrer Typisierungsbefugnis und Einschätzungsprärogative. Soweit die Revision beanstandet, der zu erfolgende Stellenabbau sei innerhalb der verbleibenden Zeit auch ohne weitere Anreize möglich gewesen, weil die Beklagte die Einigungsmöglichkeiten nicht ausgeschöpft habe, setzt sie lediglich ihre Beurteilung der Verhältnisse an Stelle der Einschätzung der Betriebsparteien. Zudem übersieht sie, dass aufgrund des vereinbarten Kündigungsverzichts für die betroffenen Arbeitnehmer bis Ende 2009 keine Veranlassung bestand, auf ein Aufhebungsangebot der Beklagten einzugehen. Letztlich beanstandet die Klägerin auch nicht die auf dieser Einschätzung beruhende und sie begünstigende Gruppenbildung, sondern allein die darauf bezogene Stichtagsregelung.
- 21
-
c) Entsprechend diesem Regelungszweck ist die Stichtagsregelung der Nr. 4 der GBV-Sonderfonds wirksam. Die GBV-Sonderfonds ist eine freiwillige Betriebsvereinbarung iSd. § 88 BetrVG und kein Sozialplan iSd. § 112 Abs. 1 BetrVG.
- 22
-
aa) Sozialpläne haben nach der ständigen Rechtsprechung des Senats eine zukunftsbezogene Ausgleichs- und Überbrückungsfunktion. Die in ihnen vorgesehenen Leistungen sollen gemäß § 112 Abs. 1 Satz 2 BetrVG die künftigen Nachteile ausgleichen oder abmildern, die den Arbeitnehmern durch die Betriebsänderung entstehen können. Ein Sozialplan dient nicht dazu, die individualrechtlichen Risiken des Arbeitgebers bei der Durchführung der Betriebsänderung zu reduzieren oder zu beseitigen (BAG 31. Mai 2005 - 1 AZR 254/04 - zu II 2 der Gründe, BAGE 115, 68). Derartige Ziele kann der Arbeitgeber allerdings gemeinsam mit dem Betriebsrat in einer freiwilligen Betriebsvereinbarung nach § 88 BetrVG verfolgen. Eine solche Betriebsvereinbarung unterliegt nicht den für Sozialpläne aus § 112 Abs. 1 BetrVG folgenden Regelungsbeschränkungen (vgl. BAG 19. Februar 2008 - 1 AZR 1004/06 - Rn. 31, BAGE 125, 366). In ihr können die Betriebsparteien auch Regelungen treffen, die dazu dienen, das arbeitgeberseitige Interesse an einem zügigen Personalabbau durch einvernehmliche Beendigungsvereinbarungen mit den Arbeitnehmern zu verwirklichen, wenn daneben in einem Sozialplan nach § 112 Abs. 1 BetrVG ein angemessener Ausgleich der den Arbeitnehmern durch die Betriebsänderung entstehenden wirtschaftlichen Nachteile vereinbart worden ist.
- 23
-
bb) Die GBV-Sonderfonds bezweckt - wie dargelegt - nicht den Ausgleich oder die Milderung der durch den geplanten Personalabbau entstehenden wirtschaftlichen Nachteile, sondern die Förderung der Bereitschaft von Arbeitnehmern, durch den Abschluss von Aufhebungsverträgen einvernehmlich ihre Arbeitsverhältnisse zu beenden. Die durch die Betriebsänderungen den betroffenen Arbeitnehmern entstandenen Nachteile sind durch den SP-Neuordnung ausgeglichen worden. Unerheblich ist, dass der Anreiz zum Abschluss eines Aufhebungsvertrags dadurch geschaffen worden ist, dass ein Element der Abfindungsformel des Sozialplans geändert wurde und sich so für den von der GBV-Sonderfonds erfassten Personenkreis ein höherer Abfindungsbetrag ergibt. Die Betriebsparteien sind im Rahmen freiwilliger Vereinbarungen nach § 88 BetrVG frei, wie sie den Anreiz zum Abschluss von Aufhebungsverträgen ausgestalten.
- 24
-
cc) Durch die GBV-Sonderfonds haben die Betriebsparteien nicht die Regelungsziele des § 112 Abs. 1 BetrVG umgangen. Dem SP-Neuordnung sind nicht Mittel für eine angemessene Dotierung vorenthalten worden, um damit anschließend den Sonderfonds der GBV-Sonderfonds auszustatten. Zwar heißt es in der GBV-Sonderfonds, der Sonderfonds werde aus Sozialplanmitteln aufgelegt. Daraus ergibt sich jedoch nicht ohne Weiteres, dass die Beklagte von vornherein den Dotierungsrahmen des SP-Neuordnung beschränkt und sich eine Aufstockung vorbehalten hat. Dagegen spricht maßgeblich, dass der SP-Neuordnung überaus angemessene Abfindungsregelungen enthält. So beläuft sich die der Klägerin ausgezahlte Abfindung auf rund 68 Monatsgehälter bei einer Betriebszugehörigkeit von 28,75 Jahren. Bereits dies spricht gegen die Annahme, die Beklagte habe den SP-Neuordnung nicht ausreichend dotiert, um spätere Anreizregelungen zu finanzieren. Die Klägerin hat auch nicht behauptet und es ist auch im Übrigen nicht ersichtlich, dass das von der Beklagten ursprünglich verfolgte Personalkonzept nicht verwirklicht werden konnte und der beabsichtigte Stellenabbau von vornherein nur durch höhere Abfindungen hätte erreicht werden können. Auch wenn die in der GBV-Sonderfonds vereinbarten höheren Abfindungen ein beträchtliches finanzielles Volumen haben, ergeben sich allein daraus keine greifbaren Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte dem Sozialplan Mittel vorenthalten hat.
- 25
-
dd) In Anbetracht der zulässigen Anreizfunktion der GBV-Sonderfonds ist es mit § 75 Abs. 1 BetrVG vereinbar, den Stichtag für den Erhalt einer finanziellen Vergünstigung auf den Zeitpunkt des Abschlusses der Gesamtbetriebsvereinbarung festzulegen und damit diejenigen Arbeitnehmer auszuschließen, die bis zu diesem Zeitpunkt bereits einen Aufhebungsvertrag geschlossen hatten und hierfür keines weiteren Anreizes mehr bedurften.
-
4. Der von der Klägerin gestellte „Hilfsantrag“ fällt dem Senat nicht zur Entscheidung an. Er stellt keinen eigenen Streitgegenstand dar, ihm liegt vielmehr lediglich eine andere Berechnung für die von der Klägerin mit ihrem Hauptantrag erfolglos geltend gemachte weitere Abfindungszahlung zugrunde.
-
Schmidt
Koch
Linck
Federlin
Platow
Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 112 Interessenausgleich über die Betriebsänderung, Sozialplan
(1) Kommt zwischen Unternehmer und Betriebsrat ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung zustande, so ist dieser schriftlich niederzulegen und vom Unternehmer und Betriebsrat zu unterschreiben; § 77 Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend. Das Gleiche gilt für eine Einigung über den Ausgleich oder die Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern infolge der geplanten Betriebsänderung entstehen (Sozialplan). Der Sozialplan hat die Wirkung einer Betriebsvereinbarung. § 77 Abs. 3 ist auf den Sozialplan nicht anzuwenden.
(2) Kommt ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung oder eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat den Vorstand der Bundesagentur für Arbeit um Vermittlung ersuchen, der Vorstand kann die Aufgabe auf andere Bedienstete der Bundesagentur für Arbeit übertragen. Erfolgt kein Vermittlungsersuchen oder bleibt der Vermittlungsversuch ergebnislos, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat die Einigungsstelle anrufen. Auf Ersuchen des Vorsitzenden der Einigungsstelle nimmt ein Mitglied des Vorstands der Bundesagentur für Arbeit oder ein vom Vorstand der Bundesagentur für Arbeit benannter Bediensteter der Bundesagentur für Arbeit an der Verhandlung teil.
(3) Unternehmer und Betriebsrat sollen der Einigungsstelle Vorschläge zur Beilegung der Meinungsverschiedenheiten über den Interessenausgleich und den Sozialplan machen. Die Einigungsstelle hat eine Einigung der Parteien zu versuchen. Kommt eine Einigung zustande, so ist sie schriftlich niederzulegen und von den Parteien und vom Vorsitzenden zu unterschreiben.
(4) Kommt eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle über die Aufstellung eines Sozialplans. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.
(5) Die Einigungsstelle hat bei ihrer Entscheidung nach Absatz 4 sowohl die sozialen Belange der betroffenen Arbeitnehmer zu berücksichtigen als auch auf die wirtschaftliche Vertretbarkeit ihrer Entscheidung für das Unternehmen zu achten. Dabei hat die Einigungsstelle sich im Rahmen billigen Ermessens insbesondere von folgenden Grundsätzen leiten zu lassen:
- 1.
Sie soll beim Ausgleich oder bei der Milderung wirtschaftlicher Nachteile, insbesondere durch Einkommensminderung, Wegfall von Sonderleistungen oder Verlust von Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung, Umzugskosten oder erhöhte Fahrtkosten, Leistungen vorsehen, die in der Regel den Gegebenheiten des Einzelfalles Rechnung tragen. - 2.
Sie hat die Aussichten der betroffenen Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt zu berücksichtigen. Sie soll Arbeitnehmer von Leistungen ausschließen, die in einem zumutbaren Arbeitsverhältnis im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens oder eines zum Konzern gehörenden Unternehmens weiterbeschäftigt werden können und die Weiterbeschäftigung ablehnen; die mögliche Weiterbeschäftigung an einem anderen Ort begründet für sich allein nicht die Unzumutbarkeit. - 2a.
Sie soll insbesondere die im Dritten Buch des Sozialgesetzbuches vorgesehenen Förderungsmöglichkeiten zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit berücksichtigen. - 3.
Sie hat bei der Bemessung des Gesamtbetrages der Sozialplanleistungen darauf zu achten, dass der Fortbestand des Unternehmens oder die nach Durchführung der Betriebsänderung verbleibenden Arbeitsplätze nicht gefährdet werden.
Tenor
-
1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 11. Februar 2009 - 11 Sa 598/08 - wird zurückgewiesen.
-
2. Die Klägerin trägt die Kosten der Revision.
Tatbestand
- 1
-
Die Parteien streiten über eine Sozialplanabfindung.
- 2
-
Die Klägerin war seit dem 1. Januar 1980 bei der A Versicherungs-AG in der Poststelle beschäftigt. Ihr Verdienst betrug bei einer Arbeitszeit von 60 % der regelmäßigen Arbeitszeit ab April 2005 rund 1.600,00 Euro. Zusätzlich erhielt sie bis März 2007 eine monatliche Ausgleichszahlung in Höhe von 50 % der Differenz zu der zuvor bezogenen Vergütung als Vollzeitbeschäftigte.
- 3
-
Ab 2006 wurde das deutsche Versicherungsgeschäft der A unter dem Dach der beklagten A Deutschland AG(ADAG) neu organisiert. Im Zuge dieser Umstrukturierung sollten bis Ende 2008 insgesamt 5.700 Stellen wegfallen. Hiervon waren auch die Mitarbeiter der A Versicherungs-AG betroffen. Die durch die Betriebsänderungen entstehenden wirtschaftlichen Nachteile für die Mitarbeiter sollten durch den von den betroffenen Unternehmen mit den bei ihnen bestehenden Gesamtbetriebsräten vereinbarten „Sozialplan zur Neuordnung des deutschen Versicherungsgeschäfts der A unter dem Dach der A Deutschland AG“ (SP-Neuordnung) vom 28. April 2006 ausgeglichen werden. Dieser Sozialplan galt auch für die Beklagte und die A Versicherungs-AG. Zur Berechnung der Grundabfindung für Vollzeitbeschäftigte des Innendienstes wurde in dem Sozialplan ein Mindestbruttomonatsverdienst in Höhe von 3.000,00 Euro zugrunde gelegt. Für Teilzeitbeschäftigte bestimmte sich die Höhe des Mindestbruttomonatsverdienstes grundsätzlich anteilig nach der jeweiligen Vertragsarbeitszeit. Eine vorangegangene Vollzeitbeschäftigung war allerdings zu berücksichtigen, wenn die individuelle Arbeitszeitverkürzung aus betriebsbedingten Gründen in den letzten zwei Jahren vor Inkrafttreten des Sozialplans vereinbart wurde, was der Fall sein sollte, wenn der Arbeitnehmer eine Ausgleichszahlung zur bestehenden Gehaltsdifferenz erhielt.
- 4
-
Zeitgleich mit dem Abschluss des Sozialplans schlossen dieselben Parteien am 28. April 2006 die „Gesamtbetriebsvereinbarung zur Neuordnung des deutschen Versicherungsgeschäfts der A unter dem Dach der A Deutschland AG - Sozialverträgliche Umsetzung der Neuordnung -“(GBV-Neuordnung). Nach deren Präambel sollte mit der Bereitstellung zusätzlicher finanzieller Mittel der Personalabbau durch einvernehmliche Beendigung von Arbeitsverhältnissen beschleunigt werden. Arbeitnehmer, die ihr Arbeitsverhältnis durch Aufhebungsvertrag beendeten, erhielten neben der Sozialplanabfindung eine nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit gestaffelte zusätzliche Abfindung.
- 5
-
Am 31. Januar 2007 verzichteten die Beklagte sowie die unter ihrem Dach zusammengefassten Unternehmen in einer mit den bei ihnen bestehenden Gesamtbetriebsräten geschlossenen „Vereinbarung zum besonderen Kündigungsschutz im Rahmen der Neuordnung des deutschen Versicherungsgeschäfts der A unter dem Dach der A Deutschland AG“(Vereinbarung besonderer Kündigungsschutz) auf betriebsbedingte Kündigungen bis Ende des Jahres 2009.
- 6
-
Die Klägerin vereinbarte am 20. März 2007 mit der A Versicherungs-AG einen Aufhebungsvertrag, wodurch das Arbeitsverhältnis zum 30. September 2008 gegen Zahlung einer Abfindung nach dem SP-Neuordnung in Höhe von 109.875,00 Euro brutto beendet wurde. Am 1. Juni 2007 ging ihr Arbeitsverhältnis im Wege eines Betriebsübergangs auf die Beklagte über.
- 7
-
Am 11. Juli 2007 schloss die Beklagte mit dem bei ihr gebildeten Gesamtbetriebsrat eine „Gesamtbetriebsvereinbarung über die Bereitstellung von ergänzenden finanziellen Mitteln zur Unterstützung der personalwirtschaftlichen Ziele der Neuordnung des deutschen Versicherungsgeschäfts unter dem Dach der A Deutschland AG“(GBV-Sonderfonds). Diese sollte nach ihrer Präambel besonderen sozialen Härten bei bestimmten Mitarbeitern Rechnung tragen und gewährleisten, dass das arbeitgeberseitige Abbauziel von 5.700 Stellen zeitgerecht sozialverträglich durch einvernehmliche Maßnahmen erreicht wird. Hierzu wurde für einzelne Mitarbeitergruppen, ua. für die Beschäftigten aus dem Post-/Scan- und Verteilbereich, ein Sonderfonds aufgelegt. Diese Mitarbeiter sollten zeitnah ein Angebot zur einvernehmlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhalten, in dem bei der Berechnung der Sozialplanabfindung nach dem SP-Neuordnung und der Berechnung der zusätzlichen Abfindung nach der GBV-Neuordnung ein Mindestbruttoverdienst von 5.000,00 Euro zugrunde zu legen war. Nach Nr. 4 GBV-Sonderfonds waren allerdings nur diejenigen Arbeitnehmer anspruchsberechtigt, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Vereinbarung, dh. am 11. Juli 2007, noch keine Vereinbarung zur Aufhebung ihres Arbeitsverhältnisses unterzeichnet hatten.
- 8
-
Mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses zahlte die Beklagte die vereinbarte Abfindung in Höhe von 109.875,00 Euro brutto. Diese hält die Klägerin nicht für ausreichend. Sie hat die Auffassung vertreten, bei der Berechnung der Abfindung sei entsprechend der GBV-Sonderfonds ein Bruttomonatseinkommen in Höhe von 5.000,00 Euro je Beschäftigungsjahr zugrunde zu legen. Hieraus ergebe sich ein Abfindungsanspruch in Höhe von insgesamt 183.125,00 Euro, jedenfalls aber von 174.206,81 Euro bei einer durchschnittlichen Beschäftigungsquote von 0,9513 bezogen auf die gesamte Dauer der Betriebszugehörigkeit. Die Beschränkung des Geltungsbereichs dieser Gesamtbetriebsvereinbarung auf Mitarbeiter, die im Zeitpunkt ihres Inkrafttretens noch keinen Aufhebungsvertrag unterzeichnet hatten, verstoße gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz und sei damit unwirksam.
-
Die Klägerin hat zuletzt beantragt,
-
die Beklagte zu verurteilen, an sie 73.250,00 Euro brutto, hilfsweise 64.331,81 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 1. Oktober 2008 zu bezahlen.
- 10
-
Die Beklagte hat zur Begründung ihres Abweisungsantrags geltend gemacht, mit der GBV-Sonderfonds habe ein besonderer zusätzlicher Anreiz zum Abschluss von Aufhebungsverträgen geschaffen werden sollen. Wegen des vereinbarten Verzichts auf betriebsbedingte Kündigungen sei der angestrebte Personalabbau von 5.700 Stellen nicht anders erreichbar gewesen.
-
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe
- 12
-
Die gemäß § 551 Abs. 3 Nr. 2 ZPO ordnungsgemäß begründete und damit zulässige Revision hat in der Sache keinen Erfolg.
- 13
-
I. Die Klägerin hat keinen Anspruch aus der GBV-Sonderfonds auf Zahlung einer weiteren Abfindung. Eine solche Leistung steht nach Nr. 4 GBV-Sonderfonds nur Mitarbeitern zu, die am 11. Juli 2007 noch keine Vereinbarung zur Aufhebung ihres Arbeitsverhältnisses unterschrieben haben. Von diesem persönlichen Geltungsbereich wird die Klägerin nicht erfasst. Sie hat ihren Aufhebungsvertrag am 20. März 2007 unterzeichnet.
- 14
-
II. Die Stichtagsregelung in Nr. 4 GBV-Sonderfonds ist wirksam. Sie verstößt nicht gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz des § 75 Abs. 1 BetrVG.
- 15
-
1. Die Betriebsparteien haben beim Abschluss von Betriebsvereinbarungen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz des § 75 Abs. 1 BetrVG zu beachten, dem wiederum der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG zugrunde liegt. Er zielt darauf ab, eine Gleichbehandlung von Personen in vergleichbaren Sachverhalten sicherzustellen und eine gleichheitswidrige Gruppenbildung auszuschließen. Maßgeblich für das Vorliegen eines die Bildung unterschiedlicher Gruppen rechtfertigenden Sachgrundes ist vor allem der mit der Regelung verfolgte Zweck(BAG 19. Februar 2008 - 1 AZR 1004/06 - Rn. 25 mwN, BAGE 125, 366).
- 16
-
Erfolgt die Gruppenbildung durch eine Stichtagsregelung, muss auch diese mit dem betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz vereinbar sein. Dabei kommt den Betriebsparteien sowohl bei der Gruppenbildung als auch bei der Bestimmung des darauf bezogenen Stichtags ein erheblicher Ermessensspielraum zu. Die durch eine Stichtagsregelung verursachten Härten müssen hingenommen werden, wenn sich unter Berücksichtigung des Regelungszwecks die Wahl des Stichtags am gegebenen Sachverhalt orientiert und somit sachlich vertretbar ist(vgl. BAG 22. März 2005 - 1 AZR 49/04 - zu 3 a der Gründe, BAGE 114, 179).
- 17
-
2. In der GBV-Sonderfonds haben die Betriebsparteien mehrere Gruppenbildungen vorgenommen. Nach deren Nr. 1 Abs. 2 erstreckt sich der persönliche Geltungsbereich nur auf diejenigen Arbeitnehmer, die von der Neuordnung der Post-/Scan- und Verteilfunktionen innerhalb der ADAG betroffen waren, sowie auf Mitarbeiter von Support- bzw. ehemaliger Organisationseinheiten in Dienstleistungsgebieten. Damit waren Mitarbeiter anderer Bereiche, die ebenfalls von der Neuordnung des deutschen Versicherungsgeschäfts der ADAG erfasst waren, von den Begünstigungen der GBV-Sonderfonds ausgenommen. Darüber hinaus erfolgt eine Gruppenbildung nach den Bruttoverdiensten der Arbeitnehmer. Die GBV-Sonderfonds begünstigt gemäß deren Nr. 1 Abs. 4 ausschließlich diejenigen Arbeitnehmer, deren Verdienst bei Vollzeitbeschäftigung den der Abfindungsberechnung zugrunde zu legenden Bruttomonatsverdienst von 5.000,00 Euro nicht erreicht. Arbeitnehmer mit einem höheren Einkommen erlangen durch die GBV-Sonderfonds keinen finanziellen Vorteil. Schließlich haben die Betriebsparteien in Nr. 4 GBV-Sonderfonds eine stichtagsbezogene Gruppenbildung vorgesehen, indem sie deren Leistungen auf diejenigen begünstigten Arbeitnehmer beschränkten, die bis zum 11. Juli 2007 noch keine Vereinbarung zur Aufhebung ihres Arbeitsverhältnisses geschlossen hatten. Damit sind Arbeitnehmer unterer Lohngruppen aus den in Nr. 1 Abs. 2 GBV-Sonderfonds genannten Bereichen, die zu einem früheren Zeitpunkt aus Anlass der erfolgten Umstrukturierung einen Aufhebungsvertrag vereinbart hatten, von den Leistungen der GBV-Sonderfonds ausgenommen. Das beanstandet die Klägerin.
- 18
-
3. Die durch die Stichtagsregelung in Nr. 4 GBV-Sonderfonds bewirkte Ungleichbehandlung ist nach dem mit ihr verfolgten einheitlichen Zweck sachlich gerechtfertigt und damit mit § 75 Abs. 1 BetrVG vereinbar.
- 19
-
a) Die GBV-Sonderfonds bezweckt, durch finanzielle Anreize für bestimmte Beschäftigtengruppen die Bereitschaft zum Abschluss von Aufhebungsverträgen zu fördern. Das folgt aus ihrer Präambel. Danach soll die GBV-Sonderfonds gewährleisten, dass das arbeitgeberseitige Ziel eines Personalabbaus von 5.700 Arbeitskapazitäten ohne betriebsbedingte Kündigungen erreicht werden kann. Soweit es in der Präambel weiter heißt, die Vereinbarung sei geschlossen worden, um den besonderen sozialen Härten bestimmter Mitarbeitergruppen im Rahmen der Neuordnung des Versicherungsgeschäfts Rechnung tragen zu können, ergibt sich daraus kein weitergehender Zweck. Die mit den Leistungen der GBV-Sonderfonds angestrebte Förderung einvernehmlicher Vertragsbeendigungen beruht auf der Einschätzung der Betriebsparteien, bei Mitarbeitern der unteren Entgeltgruppen mit typischerweise schlechten beruflichen Perspektiven könne die Bereitschaft zum Abschluss von Aufhebungsverträgen nur durch eine Aufstockung der finanziellen Anreize gesteigert werden. Dazu haben die Betriebsparteien für die Berechnung der Abfindung ein Mindestbruttoentgelt von 5.000,00 Euro zugrunde gelegt. Davon profitieren allein Arbeitnehmer der unteren Entgeltgruppen, deren Bruttomonatsentgelt diese Grenze typischerweise nicht erreicht.
- 20
-
b) Die Schaffung besonderer Anreize zur einvernehmlichen Beendigung von Arbeitsverhältnissen war aus Sicht der Betriebsparteien geboten, nachdem bis Ende Juni 2007 erst 4.060 Stellen von den in Aussicht genommenen 5.700 Arbeitskapazitäten abgebaut waren und der Beklagten der Ausspruch betriebsbedingter Kündigungen wegen des mit den Gesamtbetriebsräten der betroffenen Unternehmen vereinbarten Kündigungsverzichts bis Ende 2009 verwehrt war. Diese Einschätzung sowie die Annahme der Betriebsparteien, Arbeitnehmer der unteren Entgeltgruppen mit typischerweise negativen beruflichen Perspektiven seien nur durch einen zusätzlichen finanziellen Anreiz zum Abschluss von Aufhebungsverträgen zu motivieren, hält sich innerhalb ihrer Typisierungsbefugnis und Einschätzungsprärogative. Soweit die Revision beanstandet, der zu erfolgende Stellenabbau sei innerhalb der verbleibenden Zeit auch ohne weitere Anreize möglich gewesen, weil die Beklagte die Einigungsmöglichkeiten nicht ausgeschöpft habe, setzt sie lediglich ihre Beurteilung der Verhältnisse an Stelle der Einschätzung der Betriebsparteien. Zudem übersieht sie, dass aufgrund des vereinbarten Kündigungsverzichts für die betroffenen Arbeitnehmer bis Ende 2009 keine Veranlassung bestand, auf ein Aufhebungsangebot der Beklagten einzugehen. Letztlich beanstandet die Klägerin auch nicht die auf dieser Einschätzung beruhende und sie begünstigende Gruppenbildung, sondern allein die darauf bezogene Stichtagsregelung.
- 21
-
c) Entsprechend diesem Regelungszweck ist die Stichtagsregelung der Nr. 4 der GBV-Sonderfonds wirksam. Die GBV-Sonderfonds ist eine freiwillige Betriebsvereinbarung iSd. § 88 BetrVG und kein Sozialplan iSd. § 112 Abs. 1 BetrVG.
- 22
-
aa) Sozialpläne haben nach der ständigen Rechtsprechung des Senats eine zukunftsbezogene Ausgleichs- und Überbrückungsfunktion. Die in ihnen vorgesehenen Leistungen sollen gemäß § 112 Abs. 1 Satz 2 BetrVG die künftigen Nachteile ausgleichen oder abmildern, die den Arbeitnehmern durch die Betriebsänderung entstehen können. Ein Sozialplan dient nicht dazu, die individualrechtlichen Risiken des Arbeitgebers bei der Durchführung der Betriebsänderung zu reduzieren oder zu beseitigen (BAG 31. Mai 2005 - 1 AZR 254/04 - zu II 2 der Gründe, BAGE 115, 68). Derartige Ziele kann der Arbeitgeber allerdings gemeinsam mit dem Betriebsrat in einer freiwilligen Betriebsvereinbarung nach § 88 BetrVG verfolgen. Eine solche Betriebsvereinbarung unterliegt nicht den für Sozialpläne aus § 112 Abs. 1 BetrVG folgenden Regelungsbeschränkungen (vgl. BAG 19. Februar 2008 - 1 AZR 1004/06 - Rn. 31, BAGE 125, 366). In ihr können die Betriebsparteien auch Regelungen treffen, die dazu dienen, das arbeitgeberseitige Interesse an einem zügigen Personalabbau durch einvernehmliche Beendigungsvereinbarungen mit den Arbeitnehmern zu verwirklichen, wenn daneben in einem Sozialplan nach § 112 Abs. 1 BetrVG ein angemessener Ausgleich der den Arbeitnehmern durch die Betriebsänderung entstehenden wirtschaftlichen Nachteile vereinbart worden ist.
- 23
-
bb) Die GBV-Sonderfonds bezweckt - wie dargelegt - nicht den Ausgleich oder die Milderung der durch den geplanten Personalabbau entstehenden wirtschaftlichen Nachteile, sondern die Förderung der Bereitschaft von Arbeitnehmern, durch den Abschluss von Aufhebungsverträgen einvernehmlich ihre Arbeitsverhältnisse zu beenden. Die durch die Betriebsänderungen den betroffenen Arbeitnehmern entstandenen Nachteile sind durch den SP-Neuordnung ausgeglichen worden. Unerheblich ist, dass der Anreiz zum Abschluss eines Aufhebungsvertrags dadurch geschaffen worden ist, dass ein Element der Abfindungsformel des Sozialplans geändert wurde und sich so für den von der GBV-Sonderfonds erfassten Personenkreis ein höherer Abfindungsbetrag ergibt. Die Betriebsparteien sind im Rahmen freiwilliger Vereinbarungen nach § 88 BetrVG frei, wie sie den Anreiz zum Abschluss von Aufhebungsverträgen ausgestalten.
- 24
-
cc) Durch die GBV-Sonderfonds haben die Betriebsparteien nicht die Regelungsziele des § 112 Abs. 1 BetrVG umgangen. Dem SP-Neuordnung sind nicht Mittel für eine angemessene Dotierung vorenthalten worden, um damit anschließend den Sonderfonds der GBV-Sonderfonds auszustatten. Zwar heißt es in der GBV-Sonderfonds, der Sonderfonds werde aus Sozialplanmitteln aufgelegt. Daraus ergibt sich jedoch nicht ohne Weiteres, dass die Beklagte von vornherein den Dotierungsrahmen des SP-Neuordnung beschränkt und sich eine Aufstockung vorbehalten hat. Dagegen spricht maßgeblich, dass der SP-Neuordnung überaus angemessene Abfindungsregelungen enthält. So beläuft sich die der Klägerin ausgezahlte Abfindung auf rund 68 Monatsgehälter bei einer Betriebszugehörigkeit von 28,75 Jahren. Bereits dies spricht gegen die Annahme, die Beklagte habe den SP-Neuordnung nicht ausreichend dotiert, um spätere Anreizregelungen zu finanzieren. Die Klägerin hat auch nicht behauptet und es ist auch im Übrigen nicht ersichtlich, dass das von der Beklagten ursprünglich verfolgte Personalkonzept nicht verwirklicht werden konnte und der beabsichtigte Stellenabbau von vornherein nur durch höhere Abfindungen hätte erreicht werden können. Auch wenn die in der GBV-Sonderfonds vereinbarten höheren Abfindungen ein beträchtliches finanzielles Volumen haben, ergeben sich allein daraus keine greifbaren Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte dem Sozialplan Mittel vorenthalten hat.
- 25
-
dd) In Anbetracht der zulässigen Anreizfunktion der GBV-Sonderfonds ist es mit § 75 Abs. 1 BetrVG vereinbar, den Stichtag für den Erhalt einer finanziellen Vergünstigung auf den Zeitpunkt des Abschlusses der Gesamtbetriebsvereinbarung festzulegen und damit diejenigen Arbeitnehmer auszuschließen, die bis zu diesem Zeitpunkt bereits einen Aufhebungsvertrag geschlossen hatten und hierfür keines weiteren Anreizes mehr bedurften.
-
4. Der von der Klägerin gestellte „Hilfsantrag“ fällt dem Senat nicht zur Entscheidung an. Er stellt keinen eigenen Streitgegenstand dar, ihm liegt vielmehr lediglich eine andere Berechnung für die von der Klägerin mit ihrem Hauptantrag erfolglos geltend gemachte weitere Abfindungszahlung zugrunde.
-
Schmidt
Koch
Linck
Federlin
Platow
Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 112 Interessenausgleich über die Betriebsänderung, Sozialplan
(1) Kommt zwischen Unternehmer und Betriebsrat ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung zustande, so ist dieser schriftlich niederzulegen und vom Unternehmer und Betriebsrat zu unterschreiben; § 77 Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend. Das Gleiche gilt für eine Einigung über den Ausgleich oder die Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern infolge der geplanten Betriebsänderung entstehen (Sozialplan). Der Sozialplan hat die Wirkung einer Betriebsvereinbarung. § 77 Abs. 3 ist auf den Sozialplan nicht anzuwenden.
(2) Kommt ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung oder eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat den Vorstand der Bundesagentur für Arbeit um Vermittlung ersuchen, der Vorstand kann die Aufgabe auf andere Bedienstete der Bundesagentur für Arbeit übertragen. Erfolgt kein Vermittlungsersuchen oder bleibt der Vermittlungsversuch ergebnislos, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat die Einigungsstelle anrufen. Auf Ersuchen des Vorsitzenden der Einigungsstelle nimmt ein Mitglied des Vorstands der Bundesagentur für Arbeit oder ein vom Vorstand der Bundesagentur für Arbeit benannter Bediensteter der Bundesagentur für Arbeit an der Verhandlung teil.
(3) Unternehmer und Betriebsrat sollen der Einigungsstelle Vorschläge zur Beilegung der Meinungsverschiedenheiten über den Interessenausgleich und den Sozialplan machen. Die Einigungsstelle hat eine Einigung der Parteien zu versuchen. Kommt eine Einigung zustande, so ist sie schriftlich niederzulegen und von den Parteien und vom Vorsitzenden zu unterschreiben.
(4) Kommt eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle über die Aufstellung eines Sozialplans. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.
(5) Die Einigungsstelle hat bei ihrer Entscheidung nach Absatz 4 sowohl die sozialen Belange der betroffenen Arbeitnehmer zu berücksichtigen als auch auf die wirtschaftliche Vertretbarkeit ihrer Entscheidung für das Unternehmen zu achten. Dabei hat die Einigungsstelle sich im Rahmen billigen Ermessens insbesondere von folgenden Grundsätzen leiten zu lassen:
- 1.
Sie soll beim Ausgleich oder bei der Milderung wirtschaftlicher Nachteile, insbesondere durch Einkommensminderung, Wegfall von Sonderleistungen oder Verlust von Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung, Umzugskosten oder erhöhte Fahrtkosten, Leistungen vorsehen, die in der Regel den Gegebenheiten des Einzelfalles Rechnung tragen. - 2.
Sie hat die Aussichten der betroffenen Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt zu berücksichtigen. Sie soll Arbeitnehmer von Leistungen ausschließen, die in einem zumutbaren Arbeitsverhältnis im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens oder eines zum Konzern gehörenden Unternehmens weiterbeschäftigt werden können und die Weiterbeschäftigung ablehnen; die mögliche Weiterbeschäftigung an einem anderen Ort begründet für sich allein nicht die Unzumutbarkeit. - 2a.
Sie soll insbesondere die im Dritten Buch des Sozialgesetzbuches vorgesehenen Förderungsmöglichkeiten zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit berücksichtigen. - 3.
Sie hat bei der Bemessung des Gesamtbetrages der Sozialplanleistungen darauf zu achten, dass der Fortbestand des Unternehmens oder die nach Durchführung der Betriebsänderung verbleibenden Arbeitsplätze nicht gefährdet werden.
Tenor
-
1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 11. Februar 2009 - 11 Sa 598/08 - wird zurückgewiesen.
-
2. Die Klägerin trägt die Kosten der Revision.
Tatbestand
- 1
-
Die Parteien streiten über eine Sozialplanabfindung.
- 2
-
Die Klägerin war seit dem 1. Januar 1980 bei der A Versicherungs-AG in der Poststelle beschäftigt. Ihr Verdienst betrug bei einer Arbeitszeit von 60 % der regelmäßigen Arbeitszeit ab April 2005 rund 1.600,00 Euro. Zusätzlich erhielt sie bis März 2007 eine monatliche Ausgleichszahlung in Höhe von 50 % der Differenz zu der zuvor bezogenen Vergütung als Vollzeitbeschäftigte.
- 3
-
Ab 2006 wurde das deutsche Versicherungsgeschäft der A unter dem Dach der beklagten A Deutschland AG(ADAG) neu organisiert. Im Zuge dieser Umstrukturierung sollten bis Ende 2008 insgesamt 5.700 Stellen wegfallen. Hiervon waren auch die Mitarbeiter der A Versicherungs-AG betroffen. Die durch die Betriebsänderungen entstehenden wirtschaftlichen Nachteile für die Mitarbeiter sollten durch den von den betroffenen Unternehmen mit den bei ihnen bestehenden Gesamtbetriebsräten vereinbarten „Sozialplan zur Neuordnung des deutschen Versicherungsgeschäfts der A unter dem Dach der A Deutschland AG“ (SP-Neuordnung) vom 28. April 2006 ausgeglichen werden. Dieser Sozialplan galt auch für die Beklagte und die A Versicherungs-AG. Zur Berechnung der Grundabfindung für Vollzeitbeschäftigte des Innendienstes wurde in dem Sozialplan ein Mindestbruttomonatsverdienst in Höhe von 3.000,00 Euro zugrunde gelegt. Für Teilzeitbeschäftigte bestimmte sich die Höhe des Mindestbruttomonatsverdienstes grundsätzlich anteilig nach der jeweiligen Vertragsarbeitszeit. Eine vorangegangene Vollzeitbeschäftigung war allerdings zu berücksichtigen, wenn die individuelle Arbeitszeitverkürzung aus betriebsbedingten Gründen in den letzten zwei Jahren vor Inkrafttreten des Sozialplans vereinbart wurde, was der Fall sein sollte, wenn der Arbeitnehmer eine Ausgleichszahlung zur bestehenden Gehaltsdifferenz erhielt.
- 4
-
Zeitgleich mit dem Abschluss des Sozialplans schlossen dieselben Parteien am 28. April 2006 die „Gesamtbetriebsvereinbarung zur Neuordnung des deutschen Versicherungsgeschäfts der A unter dem Dach der A Deutschland AG - Sozialverträgliche Umsetzung der Neuordnung -“(GBV-Neuordnung). Nach deren Präambel sollte mit der Bereitstellung zusätzlicher finanzieller Mittel der Personalabbau durch einvernehmliche Beendigung von Arbeitsverhältnissen beschleunigt werden. Arbeitnehmer, die ihr Arbeitsverhältnis durch Aufhebungsvertrag beendeten, erhielten neben der Sozialplanabfindung eine nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit gestaffelte zusätzliche Abfindung.
- 5
-
Am 31. Januar 2007 verzichteten die Beklagte sowie die unter ihrem Dach zusammengefassten Unternehmen in einer mit den bei ihnen bestehenden Gesamtbetriebsräten geschlossenen „Vereinbarung zum besonderen Kündigungsschutz im Rahmen der Neuordnung des deutschen Versicherungsgeschäfts der A unter dem Dach der A Deutschland AG“(Vereinbarung besonderer Kündigungsschutz) auf betriebsbedingte Kündigungen bis Ende des Jahres 2009.
- 6
-
Die Klägerin vereinbarte am 20. März 2007 mit der A Versicherungs-AG einen Aufhebungsvertrag, wodurch das Arbeitsverhältnis zum 30. September 2008 gegen Zahlung einer Abfindung nach dem SP-Neuordnung in Höhe von 109.875,00 Euro brutto beendet wurde. Am 1. Juni 2007 ging ihr Arbeitsverhältnis im Wege eines Betriebsübergangs auf die Beklagte über.
- 7
-
Am 11. Juli 2007 schloss die Beklagte mit dem bei ihr gebildeten Gesamtbetriebsrat eine „Gesamtbetriebsvereinbarung über die Bereitstellung von ergänzenden finanziellen Mitteln zur Unterstützung der personalwirtschaftlichen Ziele der Neuordnung des deutschen Versicherungsgeschäfts unter dem Dach der A Deutschland AG“(GBV-Sonderfonds). Diese sollte nach ihrer Präambel besonderen sozialen Härten bei bestimmten Mitarbeitern Rechnung tragen und gewährleisten, dass das arbeitgeberseitige Abbauziel von 5.700 Stellen zeitgerecht sozialverträglich durch einvernehmliche Maßnahmen erreicht wird. Hierzu wurde für einzelne Mitarbeitergruppen, ua. für die Beschäftigten aus dem Post-/Scan- und Verteilbereich, ein Sonderfonds aufgelegt. Diese Mitarbeiter sollten zeitnah ein Angebot zur einvernehmlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhalten, in dem bei der Berechnung der Sozialplanabfindung nach dem SP-Neuordnung und der Berechnung der zusätzlichen Abfindung nach der GBV-Neuordnung ein Mindestbruttoverdienst von 5.000,00 Euro zugrunde zu legen war. Nach Nr. 4 GBV-Sonderfonds waren allerdings nur diejenigen Arbeitnehmer anspruchsberechtigt, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Vereinbarung, dh. am 11. Juli 2007, noch keine Vereinbarung zur Aufhebung ihres Arbeitsverhältnisses unterzeichnet hatten.
- 8
-
Mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses zahlte die Beklagte die vereinbarte Abfindung in Höhe von 109.875,00 Euro brutto. Diese hält die Klägerin nicht für ausreichend. Sie hat die Auffassung vertreten, bei der Berechnung der Abfindung sei entsprechend der GBV-Sonderfonds ein Bruttomonatseinkommen in Höhe von 5.000,00 Euro je Beschäftigungsjahr zugrunde zu legen. Hieraus ergebe sich ein Abfindungsanspruch in Höhe von insgesamt 183.125,00 Euro, jedenfalls aber von 174.206,81 Euro bei einer durchschnittlichen Beschäftigungsquote von 0,9513 bezogen auf die gesamte Dauer der Betriebszugehörigkeit. Die Beschränkung des Geltungsbereichs dieser Gesamtbetriebsvereinbarung auf Mitarbeiter, die im Zeitpunkt ihres Inkrafttretens noch keinen Aufhebungsvertrag unterzeichnet hatten, verstoße gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz und sei damit unwirksam.
-
Die Klägerin hat zuletzt beantragt,
-
die Beklagte zu verurteilen, an sie 73.250,00 Euro brutto, hilfsweise 64.331,81 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 1. Oktober 2008 zu bezahlen.
- 10
-
Die Beklagte hat zur Begründung ihres Abweisungsantrags geltend gemacht, mit der GBV-Sonderfonds habe ein besonderer zusätzlicher Anreiz zum Abschluss von Aufhebungsverträgen geschaffen werden sollen. Wegen des vereinbarten Verzichts auf betriebsbedingte Kündigungen sei der angestrebte Personalabbau von 5.700 Stellen nicht anders erreichbar gewesen.
-
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe
- 12
-
Die gemäß § 551 Abs. 3 Nr. 2 ZPO ordnungsgemäß begründete und damit zulässige Revision hat in der Sache keinen Erfolg.
- 13
-
I. Die Klägerin hat keinen Anspruch aus der GBV-Sonderfonds auf Zahlung einer weiteren Abfindung. Eine solche Leistung steht nach Nr. 4 GBV-Sonderfonds nur Mitarbeitern zu, die am 11. Juli 2007 noch keine Vereinbarung zur Aufhebung ihres Arbeitsverhältnisses unterschrieben haben. Von diesem persönlichen Geltungsbereich wird die Klägerin nicht erfasst. Sie hat ihren Aufhebungsvertrag am 20. März 2007 unterzeichnet.
- 14
-
II. Die Stichtagsregelung in Nr. 4 GBV-Sonderfonds ist wirksam. Sie verstößt nicht gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz des § 75 Abs. 1 BetrVG.
- 15
-
1. Die Betriebsparteien haben beim Abschluss von Betriebsvereinbarungen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz des § 75 Abs. 1 BetrVG zu beachten, dem wiederum der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG zugrunde liegt. Er zielt darauf ab, eine Gleichbehandlung von Personen in vergleichbaren Sachverhalten sicherzustellen und eine gleichheitswidrige Gruppenbildung auszuschließen. Maßgeblich für das Vorliegen eines die Bildung unterschiedlicher Gruppen rechtfertigenden Sachgrundes ist vor allem der mit der Regelung verfolgte Zweck(BAG 19. Februar 2008 - 1 AZR 1004/06 - Rn. 25 mwN, BAGE 125, 366).
- 16
-
Erfolgt die Gruppenbildung durch eine Stichtagsregelung, muss auch diese mit dem betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz vereinbar sein. Dabei kommt den Betriebsparteien sowohl bei der Gruppenbildung als auch bei der Bestimmung des darauf bezogenen Stichtags ein erheblicher Ermessensspielraum zu. Die durch eine Stichtagsregelung verursachten Härten müssen hingenommen werden, wenn sich unter Berücksichtigung des Regelungszwecks die Wahl des Stichtags am gegebenen Sachverhalt orientiert und somit sachlich vertretbar ist(vgl. BAG 22. März 2005 - 1 AZR 49/04 - zu 3 a der Gründe, BAGE 114, 179).
- 17
-
2. In der GBV-Sonderfonds haben die Betriebsparteien mehrere Gruppenbildungen vorgenommen. Nach deren Nr. 1 Abs. 2 erstreckt sich der persönliche Geltungsbereich nur auf diejenigen Arbeitnehmer, die von der Neuordnung der Post-/Scan- und Verteilfunktionen innerhalb der ADAG betroffen waren, sowie auf Mitarbeiter von Support- bzw. ehemaliger Organisationseinheiten in Dienstleistungsgebieten. Damit waren Mitarbeiter anderer Bereiche, die ebenfalls von der Neuordnung des deutschen Versicherungsgeschäfts der ADAG erfasst waren, von den Begünstigungen der GBV-Sonderfonds ausgenommen. Darüber hinaus erfolgt eine Gruppenbildung nach den Bruttoverdiensten der Arbeitnehmer. Die GBV-Sonderfonds begünstigt gemäß deren Nr. 1 Abs. 4 ausschließlich diejenigen Arbeitnehmer, deren Verdienst bei Vollzeitbeschäftigung den der Abfindungsberechnung zugrunde zu legenden Bruttomonatsverdienst von 5.000,00 Euro nicht erreicht. Arbeitnehmer mit einem höheren Einkommen erlangen durch die GBV-Sonderfonds keinen finanziellen Vorteil. Schließlich haben die Betriebsparteien in Nr. 4 GBV-Sonderfonds eine stichtagsbezogene Gruppenbildung vorgesehen, indem sie deren Leistungen auf diejenigen begünstigten Arbeitnehmer beschränkten, die bis zum 11. Juli 2007 noch keine Vereinbarung zur Aufhebung ihres Arbeitsverhältnisses geschlossen hatten. Damit sind Arbeitnehmer unterer Lohngruppen aus den in Nr. 1 Abs. 2 GBV-Sonderfonds genannten Bereichen, die zu einem früheren Zeitpunkt aus Anlass der erfolgten Umstrukturierung einen Aufhebungsvertrag vereinbart hatten, von den Leistungen der GBV-Sonderfonds ausgenommen. Das beanstandet die Klägerin.
- 18
-
3. Die durch die Stichtagsregelung in Nr. 4 GBV-Sonderfonds bewirkte Ungleichbehandlung ist nach dem mit ihr verfolgten einheitlichen Zweck sachlich gerechtfertigt und damit mit § 75 Abs. 1 BetrVG vereinbar.
- 19
-
a) Die GBV-Sonderfonds bezweckt, durch finanzielle Anreize für bestimmte Beschäftigtengruppen die Bereitschaft zum Abschluss von Aufhebungsverträgen zu fördern. Das folgt aus ihrer Präambel. Danach soll die GBV-Sonderfonds gewährleisten, dass das arbeitgeberseitige Ziel eines Personalabbaus von 5.700 Arbeitskapazitäten ohne betriebsbedingte Kündigungen erreicht werden kann. Soweit es in der Präambel weiter heißt, die Vereinbarung sei geschlossen worden, um den besonderen sozialen Härten bestimmter Mitarbeitergruppen im Rahmen der Neuordnung des Versicherungsgeschäfts Rechnung tragen zu können, ergibt sich daraus kein weitergehender Zweck. Die mit den Leistungen der GBV-Sonderfonds angestrebte Förderung einvernehmlicher Vertragsbeendigungen beruht auf der Einschätzung der Betriebsparteien, bei Mitarbeitern der unteren Entgeltgruppen mit typischerweise schlechten beruflichen Perspektiven könne die Bereitschaft zum Abschluss von Aufhebungsverträgen nur durch eine Aufstockung der finanziellen Anreize gesteigert werden. Dazu haben die Betriebsparteien für die Berechnung der Abfindung ein Mindestbruttoentgelt von 5.000,00 Euro zugrunde gelegt. Davon profitieren allein Arbeitnehmer der unteren Entgeltgruppen, deren Bruttomonatsentgelt diese Grenze typischerweise nicht erreicht.
- 20
-
b) Die Schaffung besonderer Anreize zur einvernehmlichen Beendigung von Arbeitsverhältnissen war aus Sicht der Betriebsparteien geboten, nachdem bis Ende Juni 2007 erst 4.060 Stellen von den in Aussicht genommenen 5.700 Arbeitskapazitäten abgebaut waren und der Beklagten der Ausspruch betriebsbedingter Kündigungen wegen des mit den Gesamtbetriebsräten der betroffenen Unternehmen vereinbarten Kündigungsverzichts bis Ende 2009 verwehrt war. Diese Einschätzung sowie die Annahme der Betriebsparteien, Arbeitnehmer der unteren Entgeltgruppen mit typischerweise negativen beruflichen Perspektiven seien nur durch einen zusätzlichen finanziellen Anreiz zum Abschluss von Aufhebungsverträgen zu motivieren, hält sich innerhalb ihrer Typisierungsbefugnis und Einschätzungsprärogative. Soweit die Revision beanstandet, der zu erfolgende Stellenabbau sei innerhalb der verbleibenden Zeit auch ohne weitere Anreize möglich gewesen, weil die Beklagte die Einigungsmöglichkeiten nicht ausgeschöpft habe, setzt sie lediglich ihre Beurteilung der Verhältnisse an Stelle der Einschätzung der Betriebsparteien. Zudem übersieht sie, dass aufgrund des vereinbarten Kündigungsverzichts für die betroffenen Arbeitnehmer bis Ende 2009 keine Veranlassung bestand, auf ein Aufhebungsangebot der Beklagten einzugehen. Letztlich beanstandet die Klägerin auch nicht die auf dieser Einschätzung beruhende und sie begünstigende Gruppenbildung, sondern allein die darauf bezogene Stichtagsregelung.
- 21
-
c) Entsprechend diesem Regelungszweck ist die Stichtagsregelung der Nr. 4 der GBV-Sonderfonds wirksam. Die GBV-Sonderfonds ist eine freiwillige Betriebsvereinbarung iSd. § 88 BetrVG und kein Sozialplan iSd. § 112 Abs. 1 BetrVG.
- 22
-
aa) Sozialpläne haben nach der ständigen Rechtsprechung des Senats eine zukunftsbezogene Ausgleichs- und Überbrückungsfunktion. Die in ihnen vorgesehenen Leistungen sollen gemäß § 112 Abs. 1 Satz 2 BetrVG die künftigen Nachteile ausgleichen oder abmildern, die den Arbeitnehmern durch die Betriebsänderung entstehen können. Ein Sozialplan dient nicht dazu, die individualrechtlichen Risiken des Arbeitgebers bei der Durchführung der Betriebsänderung zu reduzieren oder zu beseitigen (BAG 31. Mai 2005 - 1 AZR 254/04 - zu II 2 der Gründe, BAGE 115, 68). Derartige Ziele kann der Arbeitgeber allerdings gemeinsam mit dem Betriebsrat in einer freiwilligen Betriebsvereinbarung nach § 88 BetrVG verfolgen. Eine solche Betriebsvereinbarung unterliegt nicht den für Sozialpläne aus § 112 Abs. 1 BetrVG folgenden Regelungsbeschränkungen (vgl. BAG 19. Februar 2008 - 1 AZR 1004/06 - Rn. 31, BAGE 125, 366). In ihr können die Betriebsparteien auch Regelungen treffen, die dazu dienen, das arbeitgeberseitige Interesse an einem zügigen Personalabbau durch einvernehmliche Beendigungsvereinbarungen mit den Arbeitnehmern zu verwirklichen, wenn daneben in einem Sozialplan nach § 112 Abs. 1 BetrVG ein angemessener Ausgleich der den Arbeitnehmern durch die Betriebsänderung entstehenden wirtschaftlichen Nachteile vereinbart worden ist.
- 23
-
bb) Die GBV-Sonderfonds bezweckt - wie dargelegt - nicht den Ausgleich oder die Milderung der durch den geplanten Personalabbau entstehenden wirtschaftlichen Nachteile, sondern die Förderung der Bereitschaft von Arbeitnehmern, durch den Abschluss von Aufhebungsverträgen einvernehmlich ihre Arbeitsverhältnisse zu beenden. Die durch die Betriebsänderungen den betroffenen Arbeitnehmern entstandenen Nachteile sind durch den SP-Neuordnung ausgeglichen worden. Unerheblich ist, dass der Anreiz zum Abschluss eines Aufhebungsvertrags dadurch geschaffen worden ist, dass ein Element der Abfindungsformel des Sozialplans geändert wurde und sich so für den von der GBV-Sonderfonds erfassten Personenkreis ein höherer Abfindungsbetrag ergibt. Die Betriebsparteien sind im Rahmen freiwilliger Vereinbarungen nach § 88 BetrVG frei, wie sie den Anreiz zum Abschluss von Aufhebungsverträgen ausgestalten.
- 24
-
cc) Durch die GBV-Sonderfonds haben die Betriebsparteien nicht die Regelungsziele des § 112 Abs. 1 BetrVG umgangen. Dem SP-Neuordnung sind nicht Mittel für eine angemessene Dotierung vorenthalten worden, um damit anschließend den Sonderfonds der GBV-Sonderfonds auszustatten. Zwar heißt es in der GBV-Sonderfonds, der Sonderfonds werde aus Sozialplanmitteln aufgelegt. Daraus ergibt sich jedoch nicht ohne Weiteres, dass die Beklagte von vornherein den Dotierungsrahmen des SP-Neuordnung beschränkt und sich eine Aufstockung vorbehalten hat. Dagegen spricht maßgeblich, dass der SP-Neuordnung überaus angemessene Abfindungsregelungen enthält. So beläuft sich die der Klägerin ausgezahlte Abfindung auf rund 68 Monatsgehälter bei einer Betriebszugehörigkeit von 28,75 Jahren. Bereits dies spricht gegen die Annahme, die Beklagte habe den SP-Neuordnung nicht ausreichend dotiert, um spätere Anreizregelungen zu finanzieren. Die Klägerin hat auch nicht behauptet und es ist auch im Übrigen nicht ersichtlich, dass das von der Beklagten ursprünglich verfolgte Personalkonzept nicht verwirklicht werden konnte und der beabsichtigte Stellenabbau von vornherein nur durch höhere Abfindungen hätte erreicht werden können. Auch wenn die in der GBV-Sonderfonds vereinbarten höheren Abfindungen ein beträchtliches finanzielles Volumen haben, ergeben sich allein daraus keine greifbaren Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte dem Sozialplan Mittel vorenthalten hat.
- 25
-
dd) In Anbetracht der zulässigen Anreizfunktion der GBV-Sonderfonds ist es mit § 75 Abs. 1 BetrVG vereinbar, den Stichtag für den Erhalt einer finanziellen Vergünstigung auf den Zeitpunkt des Abschlusses der Gesamtbetriebsvereinbarung festzulegen und damit diejenigen Arbeitnehmer auszuschließen, die bis zu diesem Zeitpunkt bereits einen Aufhebungsvertrag geschlossen hatten und hierfür keines weiteren Anreizes mehr bedurften.
-
4. Der von der Klägerin gestellte „Hilfsantrag“ fällt dem Senat nicht zur Entscheidung an. Er stellt keinen eigenen Streitgegenstand dar, ihm liegt vielmehr lediglich eine andere Berechnung für die von der Klägerin mit ihrem Hauptantrag erfolglos geltend gemachte weitere Abfindungszahlung zugrunde.
-
Schmidt
Koch
Linck
Federlin
Platow
(1) Arbeitgeber und Betriebsrat haben darüber zu wachen, dass alle im Betrieb tätigen Personen nach den Grundsätzen von Recht und Billigkeit behandelt werden, insbesondere, dass jede Benachteiligung von Personen aus Gründen ihrer Rasse oder wegen ihrer ethnischen Herkunft, ihrer Abstammung oder sonstigen Herkunft, ihrer Nationalität, ihrer Religion oder Weltanschauung, ihrer Behinderung, ihres Alters, ihrer politischen oder gewerkschaftlichen Betätigung oder Einstellung oder wegen ihres Geschlechts oder ihrer sexuellen Identität unterbleibt.
(2) Arbeitgeber und Betriebsrat haben die freie Entfaltung der Persönlichkeit der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer zu schützen und zu fördern. Sie haben die Selbständigkeit und Eigeninitiative der Arbeitnehmer und Arbeitsgruppen zu fördern.
Durch Betriebsvereinbarung können insbesondere geregelt werden
- 1.
zusätzliche Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen und Gesundheitsschädigungen; - 1a.
Maßnahmen des betrieblichen Umweltschutzes; - 2.
die Errichtung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist; - 3.
Maßnahmen zur Förderung der Vermögensbildung; - 4.
Maßnahmen zur Integration ausländischer Arbeitnehmer sowie zur Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit im Betrieb; - 5.
Maßnahmen zur Eingliederung schwerbehinderter Menschen.
Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 112 Interessenausgleich über die Betriebsänderung, Sozialplan
(1) Kommt zwischen Unternehmer und Betriebsrat ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung zustande, so ist dieser schriftlich niederzulegen und vom Unternehmer und Betriebsrat zu unterschreiben; § 77 Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend. Das Gleiche gilt für eine Einigung über den Ausgleich oder die Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern infolge der geplanten Betriebsänderung entstehen (Sozialplan). Der Sozialplan hat die Wirkung einer Betriebsvereinbarung. § 77 Abs. 3 ist auf den Sozialplan nicht anzuwenden.
(2) Kommt ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung oder eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat den Vorstand der Bundesagentur für Arbeit um Vermittlung ersuchen, der Vorstand kann die Aufgabe auf andere Bedienstete der Bundesagentur für Arbeit übertragen. Erfolgt kein Vermittlungsersuchen oder bleibt der Vermittlungsversuch ergebnislos, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat die Einigungsstelle anrufen. Auf Ersuchen des Vorsitzenden der Einigungsstelle nimmt ein Mitglied des Vorstands der Bundesagentur für Arbeit oder ein vom Vorstand der Bundesagentur für Arbeit benannter Bediensteter der Bundesagentur für Arbeit an der Verhandlung teil.
(3) Unternehmer und Betriebsrat sollen der Einigungsstelle Vorschläge zur Beilegung der Meinungsverschiedenheiten über den Interessenausgleich und den Sozialplan machen. Die Einigungsstelle hat eine Einigung der Parteien zu versuchen. Kommt eine Einigung zustande, so ist sie schriftlich niederzulegen und von den Parteien und vom Vorsitzenden zu unterschreiben.
(4) Kommt eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle über die Aufstellung eines Sozialplans. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.
(5) Die Einigungsstelle hat bei ihrer Entscheidung nach Absatz 4 sowohl die sozialen Belange der betroffenen Arbeitnehmer zu berücksichtigen als auch auf die wirtschaftliche Vertretbarkeit ihrer Entscheidung für das Unternehmen zu achten. Dabei hat die Einigungsstelle sich im Rahmen billigen Ermessens insbesondere von folgenden Grundsätzen leiten zu lassen:
- 1.
Sie soll beim Ausgleich oder bei der Milderung wirtschaftlicher Nachteile, insbesondere durch Einkommensminderung, Wegfall von Sonderleistungen oder Verlust von Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung, Umzugskosten oder erhöhte Fahrtkosten, Leistungen vorsehen, die in der Regel den Gegebenheiten des Einzelfalles Rechnung tragen. - 2.
Sie hat die Aussichten der betroffenen Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt zu berücksichtigen. Sie soll Arbeitnehmer von Leistungen ausschließen, die in einem zumutbaren Arbeitsverhältnis im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens oder eines zum Konzern gehörenden Unternehmens weiterbeschäftigt werden können und die Weiterbeschäftigung ablehnen; die mögliche Weiterbeschäftigung an einem anderen Ort begründet für sich allein nicht die Unzumutbarkeit. - 2a.
Sie soll insbesondere die im Dritten Buch des Sozialgesetzbuches vorgesehenen Förderungsmöglichkeiten zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit berücksichtigen. - 3.
Sie hat bei der Bemessung des Gesamtbetrages der Sozialplanleistungen darauf zu achten, dass der Fortbestand des Unternehmens oder die nach Durchführung der Betriebsänderung verbleibenden Arbeitsplätze nicht gefährdet werden.
(1) Arbeitgeber und Betriebsrat haben darüber zu wachen, dass alle im Betrieb tätigen Personen nach den Grundsätzen von Recht und Billigkeit behandelt werden, insbesondere, dass jede Benachteiligung von Personen aus Gründen ihrer Rasse oder wegen ihrer ethnischen Herkunft, ihrer Abstammung oder sonstigen Herkunft, ihrer Nationalität, ihrer Religion oder Weltanschauung, ihrer Behinderung, ihres Alters, ihrer politischen oder gewerkschaftlichen Betätigung oder Einstellung oder wegen ihres Geschlechts oder ihrer sexuellen Identität unterbleibt.
(2) Arbeitgeber und Betriebsrat haben die freie Entfaltung der Persönlichkeit der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer zu schützen und zu fördern. Sie haben die Selbständigkeit und Eigeninitiative der Arbeitnehmer und Arbeitsgruppen zu fördern.
Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 112 Interessenausgleich über die Betriebsänderung, Sozialplan
(1) Kommt zwischen Unternehmer und Betriebsrat ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung zustande, so ist dieser schriftlich niederzulegen und vom Unternehmer und Betriebsrat zu unterschreiben; § 77 Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend. Das Gleiche gilt für eine Einigung über den Ausgleich oder die Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern infolge der geplanten Betriebsänderung entstehen (Sozialplan). Der Sozialplan hat die Wirkung einer Betriebsvereinbarung. § 77 Abs. 3 ist auf den Sozialplan nicht anzuwenden.
(2) Kommt ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung oder eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat den Vorstand der Bundesagentur für Arbeit um Vermittlung ersuchen, der Vorstand kann die Aufgabe auf andere Bedienstete der Bundesagentur für Arbeit übertragen. Erfolgt kein Vermittlungsersuchen oder bleibt der Vermittlungsversuch ergebnislos, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat die Einigungsstelle anrufen. Auf Ersuchen des Vorsitzenden der Einigungsstelle nimmt ein Mitglied des Vorstands der Bundesagentur für Arbeit oder ein vom Vorstand der Bundesagentur für Arbeit benannter Bediensteter der Bundesagentur für Arbeit an der Verhandlung teil.
(3) Unternehmer und Betriebsrat sollen der Einigungsstelle Vorschläge zur Beilegung der Meinungsverschiedenheiten über den Interessenausgleich und den Sozialplan machen. Die Einigungsstelle hat eine Einigung der Parteien zu versuchen. Kommt eine Einigung zustande, so ist sie schriftlich niederzulegen und von den Parteien und vom Vorsitzenden zu unterschreiben.
(4) Kommt eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle über die Aufstellung eines Sozialplans. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.
(5) Die Einigungsstelle hat bei ihrer Entscheidung nach Absatz 4 sowohl die sozialen Belange der betroffenen Arbeitnehmer zu berücksichtigen als auch auf die wirtschaftliche Vertretbarkeit ihrer Entscheidung für das Unternehmen zu achten. Dabei hat die Einigungsstelle sich im Rahmen billigen Ermessens insbesondere von folgenden Grundsätzen leiten zu lassen:
- 1.
Sie soll beim Ausgleich oder bei der Milderung wirtschaftlicher Nachteile, insbesondere durch Einkommensminderung, Wegfall von Sonderleistungen oder Verlust von Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung, Umzugskosten oder erhöhte Fahrtkosten, Leistungen vorsehen, die in der Regel den Gegebenheiten des Einzelfalles Rechnung tragen. - 2.
Sie hat die Aussichten der betroffenen Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt zu berücksichtigen. Sie soll Arbeitnehmer von Leistungen ausschließen, die in einem zumutbaren Arbeitsverhältnis im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens oder eines zum Konzern gehörenden Unternehmens weiterbeschäftigt werden können und die Weiterbeschäftigung ablehnen; die mögliche Weiterbeschäftigung an einem anderen Ort begründet für sich allein nicht die Unzumutbarkeit. - 2a.
Sie soll insbesondere die im Dritten Buch des Sozialgesetzbuches vorgesehenen Förderungsmöglichkeiten zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit berücksichtigen. - 3.
Sie hat bei der Bemessung des Gesamtbetrages der Sozialplanleistungen darauf zu achten, dass der Fortbestand des Unternehmens oder die nach Durchführung der Betriebsänderung verbleibenden Arbeitsplätze nicht gefährdet werden.
Tenor
-
1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 1. Dezember 2011 - 11 Sa 154/11 - wird zurückgewiesen.
-
2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
- 1
-
Die Parteien streiten über Ansprüche aus einer Betriebsvereinbarung.
- 2
-
Der am 21. Oktober 1966 geborene Kläger ist seit dem 1. April 1992 bei der Beklagten am Standort F als Flugbegleiter beschäftigt. Bei der Beklagten sind nach § 117 Abs. 2 BetrVG aufgrund des Tarifvertrags Personalvertretung für das Bordpersonal vom 15. November 1972 (TV PV) Personalvertretungen gebildet.
- 3
-
Der Kläger war seit dem Jahre 2001 in der sog. gemischten Gruppe tätig und wurde dabei auf Langstrecken- und Kurzstreckenflügen eingesetzt. Daneben gab es noch die sog. IK-Gruppe, die nur Langstrecken- bzw. Interkontinentalflüge durchführte. Im Jahre 2009 führte die Beklagte eine neue Einsatzstruktur ein. Hierdurch wurde die IK-Gruppe aufgelöst. Alle Flugbegleiter werden nunmehr auf Interkontinental-, Lang- und Kurzstreckenflügen eingesetzt. Ziel der Änderung ist, die Einteilung der Flugbegleiter zu optimieren und die Vorteile sowie Belastungen von Einsätzen auf Interkontinental- und Kurzstrecken gerecht zu verteilen.
- 4
-
Am 8. Juni 2009 schloss die Beklagte mit der Gesamtvertretung für das fliegende Personal einen freiwilligen „Sozialplan zur Umsetzung der Kabinen-Einsatzstruktur ‚we face the future’“ (SP). Darin ist bestimmt:
-
„...
2.
Dienst- und lebensältere Mitglieder der heutigen IK-Gruppe erhalten einen Zusatzrequest Kont. Es wird sichergestellt, dass nicht mehr als max. 5 Einsatztage Kont im Quartal zu fliegen sind. Die Regelung gilt für alle Mitarbeiter, die zum Stichzeitpunkt 31.12.2009 das 43. Lebensjahr vollendet haben und mindestens 15 Dienstjahre haben.
...“
- 5
-
Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Sozialplans beschäftigte die Beklagte an ihrem Standort in F ca. 8.000 Flugbegleiter. Von diesen fielen rund 1.350 Flugbegleiter unter die Regelung zu Nr. 2.
- 6
-
Der Kläger hat geltend gemacht, Nr. 2 SP sei altersdiskriminierend. Auch werde er ohne sachlichen Grund gegenüber gleichaltrigen Flugbegleitern der früheren IK-Gruppe benachteiligt. Die Regelung führe ihm gegenüber dazu, dass er nunmehr häufiger Kurzstrecken fliegen müsse, was belastender sei. Die Beklagte habe deshalb bei der Einsatzplanung die Regelung in Nr. 2 SP auch zu seinen Gunsten anzuwenden.
- 7
-
Der Kläger hat, soweit für die Revision von Bedeutung, beantragt,
-
1.
die Beklagte zu verurteilen, ihm über einen bereits gewährten Haupt- und zwei Nebenrequests hinaus monatlich einen weiteren Zusatzrequest Kont entsprechend Nr. 2 des Sozialplans zur Umsetzung der Kabinen-Einsatzstruktur „we face the future“ für das fliegende Personal der D AG vom 8. Juni 2009 zu gewähren;
2.
festzustellen, dass er entsprechend Nr. 2 Satz 2 des Sozialplans zur Umsetzung der Kabinen-Einsatzstruktur „we face the future“ für das fliegende Personal der D AG vom 8. Juni 2009 nicht verpflichtet ist, mehr als fünf Einsatztage Kont im Quartal zu fliegen.
- 8
-
Die Beklagte hat zur Begründung ihres Abweisungsantrags geltend gemacht, die unterschiedliche Behandlung sei sachlich gerechtfertigt, weil es älteren Beschäftigten des früheren IK-Bereichs erfahrungsgemäß schwerer falle, sich kurzfristig an die häufigeren Starts und Landungen bei Kontinentalflügen zu gewöhnen und auf die damit einhergehende Änderung ihrer Arbeitsbedingungen einzustellen.
- 9
-
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe
- 10
-
Die Revision des Klägers ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
- 11
-
I. Die Anträge des Klägers sind zulässig.
- 12
-
1. Der auf die Gewährung eines Zusatzrequest Kont gerichtete Antrag zu 1. ist nach § 259 ZPO zulässig. Hierbei handelt es sich um eine monatlich wiederkehrende Leistung. Da die Beklagte den Zusatzrequest bisher nicht gewährt hat, besteht die Besorgnis nicht rechtzeitiger Leistung.
- 13
-
2. Der Feststellungsantrag zu 2. ist nach § 256 Abs. 1 ZPO zulässig. Gegenstand einer Feststellungsklage kann auch das Bestehen oder Nichtbestehen von Ansprüchen oder Verpflichtungen aus einem Arbeitsverhältnis sein (BAG 9. November 2010 - 1 AZR 147/09 - Rn. 13). Hier geht es um die Feststellung, dass der Kläger nicht verpflichtet ist, mehr als fünf Einsatztage Kont im Quartal zu fliegen, also die Bestimmung des Umfangs der Arbeitspflicht. Hierfür besteht das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse. Der Vorrang der Leistungs- bzw. Unterlassungsklage steht dem nicht entgegen, denn das angestrebte Feststellungsurteil ist geeignet, den Konflikt der Parteien endgültig beizulegen und weitere Prozesse zwischen ihnen zu vermeiden. Es ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte einem gegen sie ergehenden Feststellungsurteil nicht nachkommen wird.
- 14
-
II. Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf einen Zusatzrequest Kont. Er kann auch nicht verlangen, nicht mehr als fünf Einsatztage Kont im Quartal zu fliegen.
- 15
-
1. Die erhobenen Ansprüche ergeben sich nicht aus Nr. 2 SP. Der Kläger fällt nicht in den persönlichen Geltungsbereich dieser Vorschrift. Er war zum maßgeblichen Stichtag des 31. Dezember 2009 nicht der IK-Gruppe zugeordnet.
- 16
-
2. Ein Anspruch des Klägers ergibt sich auch nicht aus § 68 Abs. 1 TV PV iVm. § 7 Abs. 1 und Abs. 2 AGG. Nach dieser Bestimmung haben Arbeitgeber und Personalvertreter darüber zu wachen, dass alle Angehörigen des Bordpersonals nach den Grundsätzen von Recht und Billigkeit behandelt werden. Hierzu gehört das aus § 7 Abs. 1 und Abs. 2 AGG folgende Verbot der Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes. Der Kläger wird jedoch nicht wegen seines Alters benachteiligt. Er übersieht, dass er zum Stichtag 31. Dezember 2009 bereits das 43. Lebensjahr vollendet hatte, mehr als 15 Dienstjahre bei der Beklagten beschäftigt war und somit diese unmittelbaren und mittelbaren altersbezogenen Anforderungen der Nr. 2 SP erfüllte.
- 17
-
3. Ein Anspruch des Klägers ergibt sich auch nicht aus § 68 TV PV. Zwar verstößt die in Nr. 2 SP vorgenommene Gruppenbildung gegen das dem § 75 BetrVG nachgebildete personalvertretungsrechtliche Gleichbehandlungsgebot des § 68 TV PV. Daraus folgt aber kein Anspruch auf Anwendung der gleichbehandlungswidrigen Begünstigung auf den Kläger. Vielmehr ist die Beklagte verpflichtet, die gesetzwidrige Begünstigung für ältere Flugbegleiter der IK-Gruppe bei der künftigen Dienstplangestaltung für Flugbegleiter insgesamt unangewendet zu lassen.
- 18
-
a) Bei dem „Sozialplan zur Umsetzung der Kabinen-Einsatzstruktur ‚we face the future’“ handelt es sich nach Annahme des Landesarbeitsgerichts um einen freiwilligen Sozialplan. Es bedarf keiner Entscheidung, ob die in dieser Vereinbarung getroffenen Regelungen dem Ausgleich oder Milderung wirtschaftlicher Nachteile aus Anlass einer Änderung des Flugbetriebs iSd. § 94 TV PV dienen. Unabhängig davon, ob es sich um einen Sozialplan iSd. § 95 Abs. 1 Satz 2 TV PV oder um eine freiwillige Betriebsvereinbarung iSd. § 88 BetrVG nachgebildeten § 78 TV PV handelt, sind Personalvertretung und Arbeitgeberin an § 68 TV PV gebunden. Danach haben Personalvertretung und Arbeitgeberin bei Betriebsvereinbarungen wie bei Sozialplänen den personalvertretungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz des § 68 TV PV zu beachten. Dieser auf den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG zurückzuführende Gleichbehandlungsgrundsatz zielt darauf ab, eine Gleichbehandlung von Personen in vergleichbaren Sachverhalten sicherzustellen und eine gleichheitswidrige Gruppenbildung auszuschließen. Eine Gruppenbildung kann auch dadurch erfolgen, dass für eine Arbeitnehmergruppe eine Regelung getroffen wird und für eine andere unterbleibt (BAG 22. März 2005 - 1 AZR 49/04 - zu 3 a der Gründe, BAGE 114, 179). Sind für verschiedene Arbeitnehmergruppen unterschiedliche Rechtsfolgen - insbesondere unterschiedliche Leistungen - vorgesehen, verlangt der Gleichheitssatz, dass diese Differenzierung sachlich gerechtfertigt ist. Maßgeblich hierfür ist vor allem der mit der Regelung verfolgte Zweck (BAG 18. Mai 2010 - 1 AZR 187/09 - Rn. 15). Dabei ist bei einer personenbezogenen Ungleichbehandlung der Gleichheitssatz bereits dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (BAG 22. März 2005 - 1 AZR 49/04 - zu 3 a der Gründe, aaO). Diese Grundsätze gelten gleichermaßen, wenn eine Ungleichbehandlung von Sachverhalten mittelbar eine Ungleichbehandlung von Personengruppen bewirkt (vgl. BVerfG 30. Juli 2008 - 1 BvR 3262/07 ua. - Rn. 150, BVerfGE 121, 317).
- 19
-
b) Nach diesen Grundsätzen ist die in Nr. 2 SP vorgenommene Gruppenbildung sachlich nicht gerechtfertigt. Sie bewirkt jedenfalls mittelbar eine Ungleichbehandlung von Personengruppen, die einer Überprüfung am Maßstab der Verhältnismäßigkeit nicht standhält.
- 20
-
aa) Nr. 2 SP verfolgt das Ziel, die Umstellungsschwierigkeiten älterer Flugbegleiter der bisherigen IK-Gruppe zu mildern, die für diese Personengruppe durch die Anwendung der neuen Einsatzstruktur auf die Dienstplangestaltung entstehen. Arbeitgeber und Personalvertreter haben damit berücksichtigt, dass bei Interkontinentalflügen die Belastung der Flugbegleiter in den durch die Zeitverschiebung bedingten sog. „Jetlags“ besteht, während die spezifische Belastung im Kont-Bereich in der Häufung von mehreren Starts und Landungen pro Tag liegt.
- 21
-
bb) Die Regelung in Nr. 2 SP ist allerdings nicht geeignet, das vorgegebene Ziel zu erreichen. Sie gewährleistet nicht, dass nur die Flugbegleiter erfasst werden, die infolge ihres langjährigen Einsatzes im Langstreckenbereich nach Einschätzung der Betriebsparteien überhaupt Umstellungsschwierigkeiten haben können. Sie ist vielmehr auch auf Mitarbeiter anwendbar, die viele Jahre in der gemischten Gruppe geflogen und erst kurze Zeit dem IK-Bereich zugeordnet sind. Für diese ist die neue Einsatzplanung aufgrund der noch nicht eingetretenen Gewöhnung an die Einsatzbedingungen im IK-Bereich nicht mit besonderen Schwierigkeiten verbunden, so dass sie sich in einer vergleichbaren Ausgangssituation befinden wie die Flugbegleiter, die zum Stichtag der gemischten Gruppe angehören, jedoch keinen Anspruch auf die Vergünstigungen in Nr. 2 SP haben. Es ist weder vorgetragen noch offenkundig, dass die Betriebsparteien im Rahmen ihrer Einschätzungsprärogative davon ausgehen konnten, dass die ganz überwiegende Mehrzahl der Flugbegleiter der IK-Gruppe langjährig ausschließlich auf Langstreckenflügen eingesetzt worden ist.
- 22
-
cc) Die in Nr. 2 SP vorgenommene Gruppenbildung ist darüber hinaus auch nicht zur Erreichung des vorgegebenen Ziels erforderlich. Die Regelung führt zu einer dauerhaften Begünstigung der von ihr erfassten Flugbegleiter. Hierfür ist kein sachlicher Grund erkennbar. Die Beklagte selbst geht vielmehr davon aus, dass die Angehörigen der IK-Gruppe nur eine „längere Eingewöhnungsphase“ benötigen. Die Notwendigkeit einer dauerhaften unterschiedlichen Behandlung hat sie weder dargelegt noch ist diese offenkundig.
- 23
-
4. Rechtsfolge des Verstoßes von Nr. 2 SP gegen den Gleichheitssatz aus § 68 Abs. 1 TV PV ist die Unwirksamkeit der Sozialplanregelung. Der Kläger hat aber keinen Anspruch auf die in Nr. 2 SP vereinbarten Leistungen.
- 24
-
a) Nach der Senatsrechtsprechung führt ein gegen § 75 Abs. 1 BetrVG/§ 68 TV PV verstoßender Ausschluss eines Arbeitnehmers aus dem Geltungsbereich einer begünstigenden Regelung zwar dazu, dass dieser die ihm durch die gleichheitswidrige Gruppenbildung vorenthaltene Leistung beanspruchen kann. Dies beruht indes darauf, dass der gleichheitswidrige Ausschlusstatbestand nicht angewandt wird und so die Gleichstellung mit den übrigen Arbeitnehmern erreicht wird (vgl. BAG 19. Februar 2008 - 1 AZR 1004/06 - Rn. 41 f., BAGE 125, 366). Hier hingegen fordert der Kläger die Anwendung der gleichheitswidrigen Norm auf die von ihr nicht erfassten Arbeitnehmer. Dies hätte zur Folge, dass alle rund 8.000 Flugbegleiter am Standort F ein Zusatzrequest Kont beanspruchen könnten und nicht verpflichtet wären, mehr als fünf Einsatztage Kont im Quartal zu fliegen. Damit wäre die Beklagte unstreitig außerstande, ihren Flugbetrieb aufrechtzuerhalten und die Arbeitsleistung des Klägers in Anspruch zu nehmen. Daher kann der Kläger nur verlangen, dass der Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz in anderer Weise, nämlich durch Nichtanwendung der Regelung der Nr. 2 SP beseitigt wird. Hierfür spricht zudem, dass die Anwendung der Nr. 2 SP auf alle Flugbegleiter den Regelungszweck dieser Bestimmung, Milderung vorübergehender Umstellungsschwierigkeiten, die den Angehörigen der IK-Gruppe durch die neue Einsatzstruktur entstehen, verfehlen und der Begünstigung einen gänzlich anderen Sinn geben würde.
- 25
-
b) Gleichwohl muss der Kläger eine gleichheitswidrige Behandlung nicht hinnehmen. Vor einer weiteren Anwendung der Nr. 2 SP ist er individualrechtlich geschützt. Wenn die Beklagte künftig die Dienstpläne unter Beachtung von Nr. 2 SP erstellen sollte, wären diese unwirksam. Einer hierauf beruhenden Weisung müsste der Kläger nicht nachkommen. Eine solche Anweisung wäre nicht nur unbillig iSv. § 106 GewO, § 315 BGB, sondern nichtig, weil sie auf einer unwirksamen Regelung beruht(hierzu BAG 22. Februar 2012 - 5 AZR 249/11 - Rn. 24). Im Falle der Leistungsverweigerung könnte die Beklagte in Annahmeverzug geraten.
- 26
-
c) Entgegen der Auffassung der Revision steht diesem Ergebnis Unionsrecht nicht entgegen. Dieses ist im Fall des Klägers nicht betroffen, da er nicht wegen seines Alters benachteiligt wird, sondern wegen seiner fehlenden Zugehörigkeit zur IK-Gruppe.
-
Schmidt
Koch
Linck
Schäferkord
N. Schuster
(1) Arbeitgeber und Betriebsrat haben darüber zu wachen, dass alle im Betrieb tätigen Personen nach den Grundsätzen von Recht und Billigkeit behandelt werden, insbesondere, dass jede Benachteiligung von Personen aus Gründen ihrer Rasse oder wegen ihrer ethnischen Herkunft, ihrer Abstammung oder sonstigen Herkunft, ihrer Nationalität, ihrer Religion oder Weltanschauung, ihrer Behinderung, ihres Alters, ihrer politischen oder gewerkschaftlichen Betätigung oder Einstellung oder wegen ihres Geschlechts oder ihrer sexuellen Identität unterbleibt.
(2) Arbeitgeber und Betriebsrat haben die freie Entfaltung der Persönlichkeit der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer zu schützen und zu fördern. Sie haben die Selbständigkeit und Eigeninitiative der Arbeitnehmer und Arbeitsgruppen zu fördern.
Tenor
-
1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 1. Dezember 2011 - 11 Sa 154/11 - wird zurückgewiesen.
-
2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
- 1
-
Die Parteien streiten über Ansprüche aus einer Betriebsvereinbarung.
- 2
-
Der am 21. Oktober 1966 geborene Kläger ist seit dem 1. April 1992 bei der Beklagten am Standort F als Flugbegleiter beschäftigt. Bei der Beklagten sind nach § 117 Abs. 2 BetrVG aufgrund des Tarifvertrags Personalvertretung für das Bordpersonal vom 15. November 1972 (TV PV) Personalvertretungen gebildet.
- 3
-
Der Kläger war seit dem Jahre 2001 in der sog. gemischten Gruppe tätig und wurde dabei auf Langstrecken- und Kurzstreckenflügen eingesetzt. Daneben gab es noch die sog. IK-Gruppe, die nur Langstrecken- bzw. Interkontinentalflüge durchführte. Im Jahre 2009 führte die Beklagte eine neue Einsatzstruktur ein. Hierdurch wurde die IK-Gruppe aufgelöst. Alle Flugbegleiter werden nunmehr auf Interkontinental-, Lang- und Kurzstreckenflügen eingesetzt. Ziel der Änderung ist, die Einteilung der Flugbegleiter zu optimieren und die Vorteile sowie Belastungen von Einsätzen auf Interkontinental- und Kurzstrecken gerecht zu verteilen.
- 4
-
Am 8. Juni 2009 schloss die Beklagte mit der Gesamtvertretung für das fliegende Personal einen freiwilligen „Sozialplan zur Umsetzung der Kabinen-Einsatzstruktur ‚we face the future’“ (SP). Darin ist bestimmt:
-
„...
2.
Dienst- und lebensältere Mitglieder der heutigen IK-Gruppe erhalten einen Zusatzrequest Kont. Es wird sichergestellt, dass nicht mehr als max. 5 Einsatztage Kont im Quartal zu fliegen sind. Die Regelung gilt für alle Mitarbeiter, die zum Stichzeitpunkt 31.12.2009 das 43. Lebensjahr vollendet haben und mindestens 15 Dienstjahre haben.
...“
- 5
-
Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Sozialplans beschäftigte die Beklagte an ihrem Standort in F ca. 8.000 Flugbegleiter. Von diesen fielen rund 1.350 Flugbegleiter unter die Regelung zu Nr. 2.
- 6
-
Der Kläger hat geltend gemacht, Nr. 2 SP sei altersdiskriminierend. Auch werde er ohne sachlichen Grund gegenüber gleichaltrigen Flugbegleitern der früheren IK-Gruppe benachteiligt. Die Regelung führe ihm gegenüber dazu, dass er nunmehr häufiger Kurzstrecken fliegen müsse, was belastender sei. Die Beklagte habe deshalb bei der Einsatzplanung die Regelung in Nr. 2 SP auch zu seinen Gunsten anzuwenden.
- 7
-
Der Kläger hat, soweit für die Revision von Bedeutung, beantragt,
-
1.
die Beklagte zu verurteilen, ihm über einen bereits gewährten Haupt- und zwei Nebenrequests hinaus monatlich einen weiteren Zusatzrequest Kont entsprechend Nr. 2 des Sozialplans zur Umsetzung der Kabinen-Einsatzstruktur „we face the future“ für das fliegende Personal der D AG vom 8. Juni 2009 zu gewähren;
2.
festzustellen, dass er entsprechend Nr. 2 Satz 2 des Sozialplans zur Umsetzung der Kabinen-Einsatzstruktur „we face the future“ für das fliegende Personal der D AG vom 8. Juni 2009 nicht verpflichtet ist, mehr als fünf Einsatztage Kont im Quartal zu fliegen.
- 8
-
Die Beklagte hat zur Begründung ihres Abweisungsantrags geltend gemacht, die unterschiedliche Behandlung sei sachlich gerechtfertigt, weil es älteren Beschäftigten des früheren IK-Bereichs erfahrungsgemäß schwerer falle, sich kurzfristig an die häufigeren Starts und Landungen bei Kontinentalflügen zu gewöhnen und auf die damit einhergehende Änderung ihrer Arbeitsbedingungen einzustellen.
- 9
-
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe
- 10
-
Die Revision des Klägers ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
- 11
-
I. Die Anträge des Klägers sind zulässig.
- 12
-
1. Der auf die Gewährung eines Zusatzrequest Kont gerichtete Antrag zu 1. ist nach § 259 ZPO zulässig. Hierbei handelt es sich um eine monatlich wiederkehrende Leistung. Da die Beklagte den Zusatzrequest bisher nicht gewährt hat, besteht die Besorgnis nicht rechtzeitiger Leistung.
- 13
-
2. Der Feststellungsantrag zu 2. ist nach § 256 Abs. 1 ZPO zulässig. Gegenstand einer Feststellungsklage kann auch das Bestehen oder Nichtbestehen von Ansprüchen oder Verpflichtungen aus einem Arbeitsverhältnis sein (BAG 9. November 2010 - 1 AZR 147/09 - Rn. 13). Hier geht es um die Feststellung, dass der Kläger nicht verpflichtet ist, mehr als fünf Einsatztage Kont im Quartal zu fliegen, also die Bestimmung des Umfangs der Arbeitspflicht. Hierfür besteht das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse. Der Vorrang der Leistungs- bzw. Unterlassungsklage steht dem nicht entgegen, denn das angestrebte Feststellungsurteil ist geeignet, den Konflikt der Parteien endgültig beizulegen und weitere Prozesse zwischen ihnen zu vermeiden. Es ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte einem gegen sie ergehenden Feststellungsurteil nicht nachkommen wird.
- 14
-
II. Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf einen Zusatzrequest Kont. Er kann auch nicht verlangen, nicht mehr als fünf Einsatztage Kont im Quartal zu fliegen.
- 15
-
1. Die erhobenen Ansprüche ergeben sich nicht aus Nr. 2 SP. Der Kläger fällt nicht in den persönlichen Geltungsbereich dieser Vorschrift. Er war zum maßgeblichen Stichtag des 31. Dezember 2009 nicht der IK-Gruppe zugeordnet.
- 16
-
2. Ein Anspruch des Klägers ergibt sich auch nicht aus § 68 Abs. 1 TV PV iVm. § 7 Abs. 1 und Abs. 2 AGG. Nach dieser Bestimmung haben Arbeitgeber und Personalvertreter darüber zu wachen, dass alle Angehörigen des Bordpersonals nach den Grundsätzen von Recht und Billigkeit behandelt werden. Hierzu gehört das aus § 7 Abs. 1 und Abs. 2 AGG folgende Verbot der Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes. Der Kläger wird jedoch nicht wegen seines Alters benachteiligt. Er übersieht, dass er zum Stichtag 31. Dezember 2009 bereits das 43. Lebensjahr vollendet hatte, mehr als 15 Dienstjahre bei der Beklagten beschäftigt war und somit diese unmittelbaren und mittelbaren altersbezogenen Anforderungen der Nr. 2 SP erfüllte.
- 17
-
3. Ein Anspruch des Klägers ergibt sich auch nicht aus § 68 TV PV. Zwar verstößt die in Nr. 2 SP vorgenommene Gruppenbildung gegen das dem § 75 BetrVG nachgebildete personalvertretungsrechtliche Gleichbehandlungsgebot des § 68 TV PV. Daraus folgt aber kein Anspruch auf Anwendung der gleichbehandlungswidrigen Begünstigung auf den Kläger. Vielmehr ist die Beklagte verpflichtet, die gesetzwidrige Begünstigung für ältere Flugbegleiter der IK-Gruppe bei der künftigen Dienstplangestaltung für Flugbegleiter insgesamt unangewendet zu lassen.
- 18
-
a) Bei dem „Sozialplan zur Umsetzung der Kabinen-Einsatzstruktur ‚we face the future’“ handelt es sich nach Annahme des Landesarbeitsgerichts um einen freiwilligen Sozialplan. Es bedarf keiner Entscheidung, ob die in dieser Vereinbarung getroffenen Regelungen dem Ausgleich oder Milderung wirtschaftlicher Nachteile aus Anlass einer Änderung des Flugbetriebs iSd. § 94 TV PV dienen. Unabhängig davon, ob es sich um einen Sozialplan iSd. § 95 Abs. 1 Satz 2 TV PV oder um eine freiwillige Betriebsvereinbarung iSd. § 88 BetrVG nachgebildeten § 78 TV PV handelt, sind Personalvertretung und Arbeitgeberin an § 68 TV PV gebunden. Danach haben Personalvertretung und Arbeitgeberin bei Betriebsvereinbarungen wie bei Sozialplänen den personalvertretungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz des § 68 TV PV zu beachten. Dieser auf den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG zurückzuführende Gleichbehandlungsgrundsatz zielt darauf ab, eine Gleichbehandlung von Personen in vergleichbaren Sachverhalten sicherzustellen und eine gleichheitswidrige Gruppenbildung auszuschließen. Eine Gruppenbildung kann auch dadurch erfolgen, dass für eine Arbeitnehmergruppe eine Regelung getroffen wird und für eine andere unterbleibt (BAG 22. März 2005 - 1 AZR 49/04 - zu 3 a der Gründe, BAGE 114, 179). Sind für verschiedene Arbeitnehmergruppen unterschiedliche Rechtsfolgen - insbesondere unterschiedliche Leistungen - vorgesehen, verlangt der Gleichheitssatz, dass diese Differenzierung sachlich gerechtfertigt ist. Maßgeblich hierfür ist vor allem der mit der Regelung verfolgte Zweck (BAG 18. Mai 2010 - 1 AZR 187/09 - Rn. 15). Dabei ist bei einer personenbezogenen Ungleichbehandlung der Gleichheitssatz bereits dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (BAG 22. März 2005 - 1 AZR 49/04 - zu 3 a der Gründe, aaO). Diese Grundsätze gelten gleichermaßen, wenn eine Ungleichbehandlung von Sachverhalten mittelbar eine Ungleichbehandlung von Personengruppen bewirkt (vgl. BVerfG 30. Juli 2008 - 1 BvR 3262/07 ua. - Rn. 150, BVerfGE 121, 317).
- 19
-
b) Nach diesen Grundsätzen ist die in Nr. 2 SP vorgenommene Gruppenbildung sachlich nicht gerechtfertigt. Sie bewirkt jedenfalls mittelbar eine Ungleichbehandlung von Personengruppen, die einer Überprüfung am Maßstab der Verhältnismäßigkeit nicht standhält.
- 20
-
aa) Nr. 2 SP verfolgt das Ziel, die Umstellungsschwierigkeiten älterer Flugbegleiter der bisherigen IK-Gruppe zu mildern, die für diese Personengruppe durch die Anwendung der neuen Einsatzstruktur auf die Dienstplangestaltung entstehen. Arbeitgeber und Personalvertreter haben damit berücksichtigt, dass bei Interkontinentalflügen die Belastung der Flugbegleiter in den durch die Zeitverschiebung bedingten sog. „Jetlags“ besteht, während die spezifische Belastung im Kont-Bereich in der Häufung von mehreren Starts und Landungen pro Tag liegt.
- 21
-
bb) Die Regelung in Nr. 2 SP ist allerdings nicht geeignet, das vorgegebene Ziel zu erreichen. Sie gewährleistet nicht, dass nur die Flugbegleiter erfasst werden, die infolge ihres langjährigen Einsatzes im Langstreckenbereich nach Einschätzung der Betriebsparteien überhaupt Umstellungsschwierigkeiten haben können. Sie ist vielmehr auch auf Mitarbeiter anwendbar, die viele Jahre in der gemischten Gruppe geflogen und erst kurze Zeit dem IK-Bereich zugeordnet sind. Für diese ist die neue Einsatzplanung aufgrund der noch nicht eingetretenen Gewöhnung an die Einsatzbedingungen im IK-Bereich nicht mit besonderen Schwierigkeiten verbunden, so dass sie sich in einer vergleichbaren Ausgangssituation befinden wie die Flugbegleiter, die zum Stichtag der gemischten Gruppe angehören, jedoch keinen Anspruch auf die Vergünstigungen in Nr. 2 SP haben. Es ist weder vorgetragen noch offenkundig, dass die Betriebsparteien im Rahmen ihrer Einschätzungsprärogative davon ausgehen konnten, dass die ganz überwiegende Mehrzahl der Flugbegleiter der IK-Gruppe langjährig ausschließlich auf Langstreckenflügen eingesetzt worden ist.
- 22
-
cc) Die in Nr. 2 SP vorgenommene Gruppenbildung ist darüber hinaus auch nicht zur Erreichung des vorgegebenen Ziels erforderlich. Die Regelung führt zu einer dauerhaften Begünstigung der von ihr erfassten Flugbegleiter. Hierfür ist kein sachlicher Grund erkennbar. Die Beklagte selbst geht vielmehr davon aus, dass die Angehörigen der IK-Gruppe nur eine „längere Eingewöhnungsphase“ benötigen. Die Notwendigkeit einer dauerhaften unterschiedlichen Behandlung hat sie weder dargelegt noch ist diese offenkundig.
- 23
-
4. Rechtsfolge des Verstoßes von Nr. 2 SP gegen den Gleichheitssatz aus § 68 Abs. 1 TV PV ist die Unwirksamkeit der Sozialplanregelung. Der Kläger hat aber keinen Anspruch auf die in Nr. 2 SP vereinbarten Leistungen.
- 24
-
a) Nach der Senatsrechtsprechung führt ein gegen § 75 Abs. 1 BetrVG/§ 68 TV PV verstoßender Ausschluss eines Arbeitnehmers aus dem Geltungsbereich einer begünstigenden Regelung zwar dazu, dass dieser die ihm durch die gleichheitswidrige Gruppenbildung vorenthaltene Leistung beanspruchen kann. Dies beruht indes darauf, dass der gleichheitswidrige Ausschlusstatbestand nicht angewandt wird und so die Gleichstellung mit den übrigen Arbeitnehmern erreicht wird (vgl. BAG 19. Februar 2008 - 1 AZR 1004/06 - Rn. 41 f., BAGE 125, 366). Hier hingegen fordert der Kläger die Anwendung der gleichheitswidrigen Norm auf die von ihr nicht erfassten Arbeitnehmer. Dies hätte zur Folge, dass alle rund 8.000 Flugbegleiter am Standort F ein Zusatzrequest Kont beanspruchen könnten und nicht verpflichtet wären, mehr als fünf Einsatztage Kont im Quartal zu fliegen. Damit wäre die Beklagte unstreitig außerstande, ihren Flugbetrieb aufrechtzuerhalten und die Arbeitsleistung des Klägers in Anspruch zu nehmen. Daher kann der Kläger nur verlangen, dass der Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz in anderer Weise, nämlich durch Nichtanwendung der Regelung der Nr. 2 SP beseitigt wird. Hierfür spricht zudem, dass die Anwendung der Nr. 2 SP auf alle Flugbegleiter den Regelungszweck dieser Bestimmung, Milderung vorübergehender Umstellungsschwierigkeiten, die den Angehörigen der IK-Gruppe durch die neue Einsatzstruktur entstehen, verfehlen und der Begünstigung einen gänzlich anderen Sinn geben würde.
- 25
-
b) Gleichwohl muss der Kläger eine gleichheitswidrige Behandlung nicht hinnehmen. Vor einer weiteren Anwendung der Nr. 2 SP ist er individualrechtlich geschützt. Wenn die Beklagte künftig die Dienstpläne unter Beachtung von Nr. 2 SP erstellen sollte, wären diese unwirksam. Einer hierauf beruhenden Weisung müsste der Kläger nicht nachkommen. Eine solche Anweisung wäre nicht nur unbillig iSv. § 106 GewO, § 315 BGB, sondern nichtig, weil sie auf einer unwirksamen Regelung beruht(hierzu BAG 22. Februar 2012 - 5 AZR 249/11 - Rn. 24). Im Falle der Leistungsverweigerung könnte die Beklagte in Annahmeverzug geraten.
- 26
-
c) Entgegen der Auffassung der Revision steht diesem Ergebnis Unionsrecht nicht entgegen. Dieses ist im Fall des Klägers nicht betroffen, da er nicht wegen seines Alters benachteiligt wird, sondern wegen seiner fehlenden Zugehörigkeit zur IK-Gruppe.
-
Schmidt
Koch
Linck
Schäferkord
N. Schuster
(1) Arbeitgeber und Betriebsrat haben darüber zu wachen, dass alle im Betrieb tätigen Personen nach den Grundsätzen von Recht und Billigkeit behandelt werden, insbesondere, dass jede Benachteiligung von Personen aus Gründen ihrer Rasse oder wegen ihrer ethnischen Herkunft, ihrer Abstammung oder sonstigen Herkunft, ihrer Nationalität, ihrer Religion oder Weltanschauung, ihrer Behinderung, ihres Alters, ihrer politischen oder gewerkschaftlichen Betätigung oder Einstellung oder wegen ihres Geschlechts oder ihrer sexuellen Identität unterbleibt.
(2) Arbeitgeber und Betriebsrat haben die freie Entfaltung der Persönlichkeit der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer zu schützen und zu fördern. Sie haben die Selbständigkeit und Eigeninitiative der Arbeitnehmer und Arbeitsgruppen zu fördern.
Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 112 Interessenausgleich über die Betriebsänderung, Sozialplan
(1) Kommt zwischen Unternehmer und Betriebsrat ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung zustande, so ist dieser schriftlich niederzulegen und vom Unternehmer und Betriebsrat zu unterschreiben; § 77 Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend. Das Gleiche gilt für eine Einigung über den Ausgleich oder die Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern infolge der geplanten Betriebsänderung entstehen (Sozialplan). Der Sozialplan hat die Wirkung einer Betriebsvereinbarung. § 77 Abs. 3 ist auf den Sozialplan nicht anzuwenden.
(2) Kommt ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung oder eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat den Vorstand der Bundesagentur für Arbeit um Vermittlung ersuchen, der Vorstand kann die Aufgabe auf andere Bedienstete der Bundesagentur für Arbeit übertragen. Erfolgt kein Vermittlungsersuchen oder bleibt der Vermittlungsversuch ergebnislos, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat die Einigungsstelle anrufen. Auf Ersuchen des Vorsitzenden der Einigungsstelle nimmt ein Mitglied des Vorstands der Bundesagentur für Arbeit oder ein vom Vorstand der Bundesagentur für Arbeit benannter Bediensteter der Bundesagentur für Arbeit an der Verhandlung teil.
(3) Unternehmer und Betriebsrat sollen der Einigungsstelle Vorschläge zur Beilegung der Meinungsverschiedenheiten über den Interessenausgleich und den Sozialplan machen. Die Einigungsstelle hat eine Einigung der Parteien zu versuchen. Kommt eine Einigung zustande, so ist sie schriftlich niederzulegen und von den Parteien und vom Vorsitzenden zu unterschreiben.
(4) Kommt eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle über die Aufstellung eines Sozialplans. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.
(5) Die Einigungsstelle hat bei ihrer Entscheidung nach Absatz 4 sowohl die sozialen Belange der betroffenen Arbeitnehmer zu berücksichtigen als auch auf die wirtschaftliche Vertretbarkeit ihrer Entscheidung für das Unternehmen zu achten. Dabei hat die Einigungsstelle sich im Rahmen billigen Ermessens insbesondere von folgenden Grundsätzen leiten zu lassen:
- 1.
Sie soll beim Ausgleich oder bei der Milderung wirtschaftlicher Nachteile, insbesondere durch Einkommensminderung, Wegfall von Sonderleistungen oder Verlust von Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung, Umzugskosten oder erhöhte Fahrtkosten, Leistungen vorsehen, die in der Regel den Gegebenheiten des Einzelfalles Rechnung tragen. - 2.
Sie hat die Aussichten der betroffenen Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt zu berücksichtigen. Sie soll Arbeitnehmer von Leistungen ausschließen, die in einem zumutbaren Arbeitsverhältnis im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens oder eines zum Konzern gehörenden Unternehmens weiterbeschäftigt werden können und die Weiterbeschäftigung ablehnen; die mögliche Weiterbeschäftigung an einem anderen Ort begründet für sich allein nicht die Unzumutbarkeit. - 2a.
Sie soll insbesondere die im Dritten Buch des Sozialgesetzbuches vorgesehenen Förderungsmöglichkeiten zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit berücksichtigen. - 3.
Sie hat bei der Bemessung des Gesamtbetrages der Sozialplanleistungen darauf zu achten, dass der Fortbestand des Unternehmens oder die nach Durchführung der Betriebsänderung verbleibenden Arbeitsplätze nicht gefährdet werden.
(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.
(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn
- 1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist, - 2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt, - 3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert, - 4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.
(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.
(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.
(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.
Klageänderung, Aufrechnungserklärung und Widerklage sind nur zulässig, wenn
- 1.
der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und - 2.
diese auf Tatsachen gestützt werden können, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 zugrunde zu legen hat.
(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.
(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,
- a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist, - b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt, - c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder - d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.
(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft - a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen, - b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder - c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
- 3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.
(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.
(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.
(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.
(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.
(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.
(1) Urteile der Arbeitsgerichte, gegen die Einspruch oder Berufung zulässig ist, sind vorläufig vollstreckbar. Macht der Beklagte glaubhaft, daß die Vollstreckung ihm einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde, so hat das Arbeitsgericht auf seinen Antrag die vorläufige Vollstreckbarkeit im Urteil auszuschließen. In den Fällen des § 707 Abs. 1 und des § 719 Abs. 1 der Zivilprozeßordnung kann die Zwangsvollstreckung nur unter derselben Voraussetzung eingestellt werden. Die Einstellung der Zwangsvollstreckung nach Satz 3 erfolgt ohne Sicherheitsleistung. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss.
(2) Im übrigen finden auf die Zwangsvollstreckung einschließlich des Arrests und der einstweiligen Verfügung die Vorschriften des Achten Buchs der Zivilprozeßordnung Anwendung. Die Entscheidung über den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung kann in dringenden Fällen, auch dann, wenn der Antrag zurückzuweisen ist, ohne mündliche Verhandlung ergehen. Eine in das Schutzschriftenregister nach § 945a Absatz 1 der Zivilprozessordnung eingestellte Schutzschrift gilt auch als bei allen Arbeitsgerichten der Länder eingereicht.
(1) Das Urteilsverfahren findet in den in § 2 Abs. 1 bis 4 bezeichneten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten Anwendung.
(2) Für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Verfahren vor den Amtsgerichten entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt. Die Vorschriften über den frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung und das schriftliche Vorverfahren (§§ 275 bis 277 der Zivilprozeßordnung), über das vereinfachte Verfahren (§ 495a der Zivilprozeßordnung), über den Urkunden- und Wechselprozeß (§§ 592 bis 605a der Zivilprozeßordnung), über die Musterfeststellungsklage (§§ 606 bis 613 der Zivilprozessordnung), über die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 128 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung) und über die Verlegung von Terminen in der Zeit vom 1. Juli bis 31. August (§ 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung) finden keine Anwendung. § 127 Abs. 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe Anwendung, dass die sofortige Beschwerde bei Bestandsschutzstreitigkeiten unabhängig von dem Streitwert zulässig ist.
(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn
- 1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder - 2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.
(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.
(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn
- 1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.
(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.
(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.
(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.
(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.