Landesarbeitsgericht Düsseldorf Urteil, 07. Jan. 2016 - 13 Sa 1165/15
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 01.10.2015 - 10 Ca 4027/15 - wird kostenpflichtig als unzulässig verworfen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
T A T B E S T A N D :
2Der Kläger macht in der Berufungsinstanz noch die Unwirksamkeit einer von der Beklagten ausgesprochenen Kündigung, die Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte sowie Entschädigungsansprüche wegen Diskriminierung als schwerbehinderter Mensch geltend.
3Er war bei der Beklagten als Ingenieur gegen ein Monatsbruttogehalt von zuletzt 3.350,00 € angestellt. Nach einem Motorradunfall ist der Kläger als schwerbehinderter Mensch mit einem Grad der Behinderung von 100 % anerkannt. Die Beklagte entwickelt mit weniger als zehn Mitarbeitern Beleuchtungskonzepte.
4Im April sowie im Mai 2015 kündigte die Beklagte jeweils das Arbeitsverhältnis. Auf vom Kläger erhobene Klagen einigten sich die Parteien aufgrund formaler Mängel der Kündigungen jeweils auf den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses.
5Mit Schreiben vom 23.07.2015 kündigte die Beklagte nach Zustimmung des Integrationsamtes das Arbeitsverhältnis zum 31.08.2015. Mit einem auf den "20.4.07.2015" datierten Schreiben sprach sie dem Kläger eine Abmahnung aus (Bl. 118 d. A.).
6Mit seiner Klage hat der Kläger geltend gemacht, die Beklagte habe ihn wegen seiner Schwerbehinderung diskriminiert. Daraus ergebe sich die Unwirksamkeit der Kündigung. Auch stünden ihm Entschädigungsansprüche zu. Sein Interesse an der Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte folge jedenfalls daraus, dass deren Inhalt für den Entschädigungsanspruch von Bedeutung sei.
7Der Kläger hat - soweit für das Berufungsverfahren von Interesse - beantragt,
81.die Beklagte zu verurteilen, an ihn 10.000,00 Euro nebst Verzugszinsen i. H. v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 11. August 2015 zu zahlen;
92.festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung vom 23 Juli 2015 sein Ende findet;
103.die Beklagte zu verurteilen, die Abmahnung vom 20. April 2015 aus der Personalakte zu entfernen.
11Die Beklagte hat insoweit beantragt,
12die Klage abzuweisen.
13Mit Urteil vom 01.10.2015, auf dessen Gründe im Einzelnen verwiesen wird, hat das Arbeitsgericht die Klage im dargestellten Umfang abgewiesen.
14Gegen das ihm am 26.10.2015 zugestellte Urteil hat der Kläger am 28.10.2015 Berufung eingelegt und diese zugleich begründet.
15Auf den Inhalt der Berufungsbegründung im Einzelnen wird verwiesen.
16Der Kläger beantragt,
17unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils
181.die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 10.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 11.08.2015 zu zahlen,
192.festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung vom 23.07.2015 sein Ende findet,
203.die Beklagte zu verurteilen, die Abmahnung vom 20.04.2015 aus der Personalakte zu entfernen.
21Die Beklagte beantragt,
22die Berufung zurückzuweisen.
23Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter Bezugnahme auf den erstinstanzlichen Vortrag.
24Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften beider Instanzen Bezug genommen.
25E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E :
26A.
27Die Berufung des Klägers war gemäß § 522 Abs. 1 Satz 2 ZPO als unzulässig zu verwerfen, da sie nicht ordnungsgemäß begründet wurde.
281.Eine Berufungsbegründung genügt den Anforderungen des § 64 Abs. 6 ArbGG i. V. m. § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 bis 4 ZPO nur dann, wenn sie klar und konkret erkennen lässt, in welchen Punkten tatsächlicher oder rechtlicher Art das angefochtene Urteil nach Ansicht des Berufungsklägers unrichtig ist und auf welchen Gründen diese Ansicht im Einzelnen beruht. Nach § 64 Abs. 6 ArbGG i. V. m. § 520 Abs. 3 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung durch das angefochtene Urteil und deren Erheblichkeit für das Ergebnis der Entscheidung ergibt. Erforderlich ist eine klare Darlegung der Gründe, aus denen das angefochtene Urteil rechtsfehlerhaft sein soll; bei verschiedenen Streitgegenständen gilt dies für jeden von ihnen gesondert (vgl. nur BAG 22.07.2003 - 1 ABR 28/02 - NZA 2004, 507 mwN), lediglich eine Berufung bezogen auf einen Anspruch, der von einem mit der Berufung angegriffenen anderen Anspruch abhängt, braucht nicht mit einer eigenen Begründung angegriffen zu werden (BAG 16.03.2004 - 9 AZR 323/03 - NZA 2004, 1047).
29Andernfalls kann die Berufungsbegründung ihren Zweck, eine Zusammenfassung und Beschränkung des Rechtsstoffs herbeizuführen, Berufungsgericht und Gegner darüber zu unterrichten, wie der Berufungskläger den Streitfall beurteilt wissen will, und sie in die Lage zu versetzen, sich auf die Rechtsmittelangriffe erschöpfend vorzubereiten, nicht erfüllen. Die Berufungsbegründung muss deshalb auf den zur Entscheidung stehenden Fall zugeschnitten sein. Sie muss klar und konkret erkennen lassen, in welchen Punkten tatsächlicher und rechtlicher Art und aus welchen Gründen der Berufungskläger das angefochtene Urteil für unrichtig hält. Der Berufungskläger hat - zugeschnitten auf den Streitfall und aus sich heraus verständlich - diejenigen Punkte rechtlicher Art darzulegen, die er als unzutreffend beurteilt ansieht, und dazu die Gründe anzugeben, aus denen sich die Fehlerhaftigkeit jener Punkte und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung herleitet (BGH 13.09.2012 - III ZB 24/12 - NJW 2012, 3581). Eine schlüssige, rechtlich haltbare Begründung kann zwar nicht verlangt werden, doch muss die Berufungsbegründung auf den zur Entscheidung stehenden Fall zugeschnitten sein und sich mit den rechtlichen oder tatsächlichen Argumenten des angefochtenen Urteils befassen, wenn sie diese bekämpfen will. Für die erforderliche Auseinandersetzung mit den Urteilsgründen der angefochtenen Entscheidung reicht es nicht aus, die tatsächliche oder rechtliche Würdigung durch das Arbeitsgericht mit formelhaften Wendungen zu rügen und lediglich auf das erstinstanzliche Vorbringen zu verweisen oder dieses zu wiederholen (BAG 14.12.2004 - 1 AZR 504/03 - NZA 2005, 818). Eine Berufungsbegründung, welche die tatsächliche oder rechtliche Würdigung durch das Arbeitsgericht lediglich mit formelhaften Wendungen rügt und lediglich die Rechtsausführungen aus der Vorinstanz wiederholt, genügt den Anforderungen nicht (BAG 13.03.2007 - 1 ABR 22/06 - NZA-RR 2007, 581; BAG 15.03.2011 - 9 AZR 813/09 - NZA 2011, 767). Auch reicht die bloße Darstellung anderer Rechtsansichten ohne Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung nicht aus (BAG 30.10.2012 - 1 ABR 64/11 - NZA 2013, 287).
30Rügt der Berufungskläger, das erstinstanzliche Urteil sei verfahrensfehlerhaft zustande gekommen, weil das Arbeitsgericht die ihm nach § 139 ZPO obliegende Hinweispflicht verletzt habe, muss er im Einzelnen angeben, was er auf einen entsprechenden Hinweis in erster Instanz vorgetragen hätte; außerdem ist darzulegen, dass das erstinstanzliche Gericht ohne den Verfahrensverstoß möglicherweise zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre (BAG 17.01.2007 - 7 AZR 20/06 - NZA 2007, 566).
31Hat das Gericht seine Entscheidung auf mehrere voneinander unabhängige, selbstständig tragende rechtliche Erwägungen gestützt, muss der Berufungskläger in der Berufungsbegründung für jede dieser Erwägungen darlegen, warum sie nach seiner Auffassung die angegriffene Entscheidung nicht trägt; andernfalls ist das Rechtsmittel insgesamt unzulässig (BAG 11.03.1998 - 2 AZR 497/97 - NZA 1998, 959; BAG 19.10.2010 - 6 AZR 118/10 - NZA 2011, 62).
322.Nach diesen Grundsätzen ergibt sich, dass der Kläger seine Berufung bezogen auf alle drei Streitgegenstände nicht ausreichend begründet hat, so dass die Berufung als unzulässig zu verwerfen war.
33a) Das Arbeitsgericht hat zum Anspruch auf Entschädigung zusammengefasst angenommen, nach § 22 AGG trage der Arbeitgeber dann die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen habe, wenn der Arbeitnehmer seinerseits Indizien beweise, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten ließen. Insoweit müssten diese Indizien keinen zwingenden Schluss auf eine Verknüpfung der Benachteiligung mit einem Diskriminierungsmerkmal erlauben, sondern es sei ausreichend, wenn dafür nach allgemeiner Lebenserfahrung eine überwiegende Wahrscheinlichkeit bestehe. Dann treffe den Arbeitgeber die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen habe. In Anwendung dieser Grundsätze sei eine Benachteiligung wegen der Behinderung nicht zu vermuten gewesen. Der Kläger sei bezüglich der von ihm behaupteten Indiztatsachen überwiegend bereits beweisfällig geblieben. Selbst wenn man seinen Vortrag als richtig unterstelle, bestehe nach Auffassung der Kammer aber auch keine nach allgemeiner Lebenserfahrung überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Behandlung des Klägers wegen seiner Behinderung erfolgt sei. Es spräche dann vielmehr vieles dafür, dass ein Arbeitgeber mit einem nicht schwerbehinderten Arbeitnehmer, dem er mehrfach versucht habe, zu kündigen und dabei wiederholt an formellen Hürden gescheitert sei, ebenso verfahren wäre.
34Das Arbeitsgericht hat seine Entscheidung damit auf zwei selbstständig tragende Begründungen gestellt. Mindestens die Letztgenannte, nämlich auch bei Unterstellung des vom Kläger vorgetragenen Sachverhalts spreche keine nach allgemeiner Lebenserfahrung überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Behandlung des Klägers wegen seiner Behinderung erfolgt sei, hat der Kläger nicht hinreichend angegriffen.
35(1) Soweit der Kläger unter II. seiner Berufungsbegründung vertreten hat, das Gericht habe die Beweislast verkannt, er habe nur die Benachteiligungen darstellen müssen und dann habe der Arbeitgeber das Gericht davon überzeugen müssen, dass die Benachteiligungen nicht aufgrund der Schwerbehinderung erfolgt seien, fehlt es bereits an jeder Begründung für diese These. Es handelt sich um eine bloße Negierung der seitens des Arbeitsgerichts aufgestellten Rechtssätze. Das Arbeitsgericht hat sich für seine Auffassung auf die gesetzliche Regelung in § 22 AGG berufen, ohne dass der Kläger dem argumentativ etwas entgegengesetzt hat. Die Berufungsbegründung liest sich so, als hätte der Kläger den Inhalt der gesetzlichen Regelung nicht einmal zur Kenntnis genommen. Es überspannt die an die Berufungsbegründung zu stellenden Anforderungen nicht, wenn vom Berufungsführer verlangt wird, zumindest den Kern der Argumentation, mit der er die Entscheidung des Arbeitsgerichts angreifen will, darzulegen und damit ein Mindestmaß an eigenem Begründungsaufwand zu betreiben. Ein solches Minimum an Auseinandersetzung mit der angefochtenen Entscheidung ist nach Sinn und Zweck des Begründungserfordernisses nach § 520 ZPO erforderlich (BAG 19.10.2010 - 6 AZR 118/10 - NZA 2011, 62 RN 18).
36(2) In den weiteren Ausführungen setzt der Kläger sich lediglich mit der Argumentation des Arbeitsgerichts auseinander, er sei beweisfällig geblieben. Damit kann er jedoch die zweite tragende Begründung des Arbeitsgerichts nicht infrage stellen, welche gerade seinen Sachvortrag als richtig unterstellt.
37(3) Auch der Hinweis des Klägers auf einen Verstoß der Vorinstanz gegen die Hinweispflicht nach § 139 ZPO ist unbehelflich, da er nicht vorträgt, was er - abgesehen von den bereits abgehandelten Darlegungen - bei einem erfolgten Hinweis vorgetragen hätte, und dass das erstinstanzliche Gericht ohne den Verfahrensverstoß möglicherweise zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre.
38b)Zur Kündigung vom 23.07.2015 hat das Arbeitsgericht insbesondere unter Bezugnahme auf die Ausführungen zum Entschädigungsanspruch angenommen, diese sei nicht nach § 134 BGB i. V. m. § 7 AGG unwirksam, da der Kläger nicht vermocht habe, eine Diskriminierung darzulegen. Hinzu komme, dass die Beklagte den Entschluss zur Kündigung bereits im April 2015 gefasst habe, die von ihm behaupteten Diskriminierungen jedoch nach seinem eigenen Vorbringen erst zu einem späteren Zeitpunkt begonnen hätten. Soweit der Kläger sich formelhaft und schlagwortartig auf europäisches Recht und europarechtliche Rechtsprechung berufe, sei dies unbehelflich. Die von ihm angeführte Adipositas-Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union sei für den Streitfall nicht zielführend.
39(1) Dass der Kläger die Argumentation des Arbeitsgerichts zu einer erfolgten Diskriminierung nicht hinreichend angegriffen hat, ist bereits ausgeführt worden. Auch wendet er sich mit keinem Wort gegen die Argumentation des Arbeitsgerichts, der Entschluss zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses sei bereits vor den von ihm behaupteten Diskriminierungen gefasst worden.
40(2) Ein anderes Ergebnis folgt auch nicht aus seinen Darlegungen unter VII. der Berufungsbegründung. Abgesehen von einer Wiederholung seiner erstinstanzlichen Argumentation beruft er sich lediglich darauf, das Gericht müsse die Rechtslage unabhängig davon berücksichtigen, ob er sich auf diese berufe. Er habe die ständige Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs dahingehend verstanden, es werde verlangt, dass vor der Kündigung eines Schwerbehinderten alle erdenklichen Möglichkeiten, die Kündigung zu vermeiden, geprüft werden. Eine solche Prüfung habe weder das Gericht noch der Arbeitgeber angestellt, so dass die Urteilsgründe mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nicht in Einklang zu bringen seien.
41Damit hat der Kläger lediglich vorgebracht, das Gericht habe die Rechtslage zu berücksichtigen sowie den Prüfungsumfang verkannt, ohne darzustellen, welche Erheblichkeit die behauptete Rechtsverletzung auf die Entscheidung haben soll, also inwiefern sich nach der gegebenen bzw. der von ihm angenommenen Rechtslage die Unwirksamkeit der Kündigung ergeben soll. Insbesondere finden sich keinerlei Ausführungen zu der Argumentation der Beklagten, die Kündigung sei erfolgt, weil sie die Aufgaben des Klägers künftig nicht mehr selbst erbringen wolle, sondern fremd vergebe. Dass das Ergebnis der nach seiner Ansicht gebotenen Prüfung die Unwirksamkeit der Kündigung gewesen wäre, lässt sich der Berufungsbegründung nicht entnehmen. Auf den Vortrag der Beklagten, sie habe die Kündigung ausgesprochen, weil sie die vom Kläger geschuldeten Tätigkeiten zukünftig fremd vergebe, geht die Berufungsbegründung an keiner Stelle ein. Allein das Unterlassen einer gebotenen Prüfung führt im Regelfall nicht zur Unwirksamkeit einer Kündigung; hierauf beruft sich auch der Kläger für die vorliegende Konstellation nicht.
42c)Die Abweisung der Klage auf Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte des Klägers hat das Arbeitsgericht darauf gestützt, nach Beendigung eines Arbeitsverhältnisses habe ein Arbeitnehmer regelmäßig keinen Anspruch mehr auf Entfernung einer zu Unrecht erteilten Abmahnung aus der Personalakte. Er sei dann darlegungs- und beweispflichtig dafür, dass ihm die Abmahnung auch noch nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses schaden könne. Solches ergebe sich aus dem Vortrag des Klägers nicht. Soweit er darauf hingewiesen habe, der Inhalt der Abmahnung sei auch für die Verfolgung seines Entschädigungsanspruchs von Bedeutung, sei u. a. darauf zu verweisen, dass das Berufungsgericht die erteilte Abmahnung im Rahmen des Entschädigungsprozesses unabhängig davon würdigen könne, ob sich diese noch in der Personalakte befinde oder nicht.
43Hierzu hat der Kläger in der Berufungsbegründung lediglich darauf berufen, dass er den Diskriminierungsprozess führen möchte und es deshalb für ihn wichtig sei, dass festgestellt werde, dass "die Abmahnungen" rechtswidrig gewesen seien. Dies könne im Gesamtkontext zumindest als eine Indiztatsache den Vorwurf der Diskriminierung rechtfertigen. Damit wiederholt er lediglich seine erstinstanzliche Begründung, ohne auf die Argumentation des angefochtenen Urteils einzugehen, für eine derartige Würdigung durch das Berufungsgericht komme es nicht darauf an, ob sich die Abmahnung noch in der Personalakte befinde oder nicht. Damit hat er diese - die erstinstanzliche Abweisung tragende - Begründung nicht in Frage gestellt.
443.Der Kläger hat seine Berufungsbegründung weit vor Ablauf der Berufungsbegründungsfrist eingereicht. Die Berufungskammer hatte dennoch keinen Hinweis auf die Mangelhaftigkeit der Berufung zu erteilen, um dem Kläger eine Nachbesserung zu ermöglichen.
45Das Berufungsgericht hat zwar gemäß § 139 Abs. 3 ZPO auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen. Dazu gehört auch die Frage der form- und fristgerechten Einlegung und Begründung der Berufung (§ 522 Abs. 1 ZPO). Eine solche Verpflichtung kommt vor allem bei offenkundigen Versehen oder rein formalen Bedenken wie bei Zweifeln über den rechtzeitigen Eingang einer Berufungsbegründungsschrift in Betracht. Erfolgt jedoch wie im vorliegenden Fall nur eine unzureichende Auseinandersetzung mit tragenden Gründen des angegriffenen Urteils, verlangt § 139 ZPO von dem Gericht nicht, die Partei auf diesen Mangel der Berufung hinzuweisen, selbst wenn diese um die Erteilung eines solchen Hinweises bittet. Unkenntnis oder Missachtung der formalen Anforderungen an die Berufung kann nicht durch die Bitte um einen Hinweis ersetzt werden. Im Gegenteil würde sich das Gericht mit einem solchen Hinweis über das Prozessrecht hinwegsetzen, sich zum Berater des Berufungsführers machen und diesem zulasten des Berufungsgegners bei seiner Prozessführung helfen. Eine solche prozessordnungswidrige Verfahrensweise wäre mit der gebotenen Neutralität und Äquidistanz des Richters gegenüber den Verfahrensbeteiligten nicht vereinbar (BAG 19.10.2010 - 6 AZR 118/10 - NZA 2011, 62).
46B.
47Die Kostenentscheidung folgt aus § 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit § 97 Abs. 1 ZPO. Für die Zulassung der Revision bestand kein gesetzlich vorgesehener Anlass.
48R E C H T S M I T T E L B E L E H R U N G :
49Gegen dieses Urteil ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.
50Wegen der Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf § 72a ArbGG verwiesen.
51Nübold Kraemer Zander
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Tenor
1.Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die fristlose Kündigung vom 13.08.2015 nicht aufgelöst ist.
2.Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Restlohn in Höhe von 3.350,00 Euro brutto abzüglich gezahlter 1.032,77 Euro netto zu zahlen.
3.Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger ein wohlwollendes und qualifiziertes Schlusszeugnis zu erteilen.
4.Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
5.Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu 57 % und die Beklagte zu 43 % zu tragen.
6.Streitwert: 32.417,23 Euro.
1
T a t b e s t a n d:
2Der Kläger begehrt von der Beklagten eine Entschädigung unter dem Gesichtspunkt der Diskriminierung wegen der Schwerbehinderung. Er wendet sich zuletzt darüber hinaus noch gegen die Wirksamkeit einer fristgerechten sowie einer fristlosen Kündigung, begehrt die Entfernung einer Abmahnung, die Zahlung von Annahmeverzugslohn sowie die Erteilung eines Zeugnisses.
3Der Kläger ist bei der Beklagten als Ingenieur zu einem Bruttolohn von zuletzt 3.350,00 Euro beschäftigt. Nach einem Motorradunfall ist der Kläger zu 100 % schwerbehindert und kann sich nur auf Krücken bzw. mit einem Rollstuhl bewegen. Die Beklagte, die weniger als zehn Mitarbeiter beschäftigt, entwickelt individuelle Beleuchtungskonzepte für Beleuchtungssanierung und Neu-Beleuchtung und setzt diese vor Ort um. Der Tätigkeitsbereich des Klägers umfasst laut Arbeitsvertrag den Bereich Aufnahme, Umsetzung und Installation von Projekten im Bereich der energiesparenden Beleuchtung und Planungen und Realisierung von elektrischen Anlagen. Er ist der einzige Mitarbeiter, der die technischen Fertigkeiten dafür mitbringt.
4Mit Schreiben vom 7. April 2015 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers, nachdem das Integrationsamt der Kündigung unter dem 25. März 2015 zugestimmt hatte, wobei das Kündigungsschreiben jedoch nicht handschriftlich unterschrieben war. Im Gütetermin vom 11. Mai 2015 einigten sich die Parteien daraufhin auf den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses (7 Ca 2366/15). Mit Schreiben vom 11. Mai 2015 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers erneut. Da zwischen der Zustimmung des Integrationsamtes und dem Zugang der Kündigung mittlerweile allerdings ein Zeitraum von mehr als einem Monat (§ 88 Abs. 3 SGB SGB IX) vergangen war, einigten sich die Parteien im Gütetermin vom 26. Juni 2015 (3 Ca 3200/15) erneut auf den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses.
5Für den Monat Mai 2015 rechnete die Beklagte zunächst lediglich einen Betrag von 2.300,00 Euro brutto ab, für den Monat Juni 2015 erfolgte zunächst keine Zahlung. Mittlerweile ist eine Nachzahlung an den Kläger erfolgt.
6Am 1. Juli 2015 erteilte die Beklagte dem Kläger eine Anweisung, wonach private, elektronische Geräte nicht am Arbeitsplatz genutzt oder betrieben werden dürfen.
7Mit Schreiben vom 23. Juli 2015 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis nach Zustimmung des Integrationsamtes vom 17. Juli 2015 erneut fristgerecht zum 31. August 2015. Am 24. Juli 2015 erteilte die Beklagte dem Kläger eine Abmahnung, deren näherer Inhalt dem Gericht nicht bekannt ist, da das Abmahnungsschreiben nicht zu den Akten gereicht wurde. Aus dem Klagevorbringen ergibt sich, dass dem Kläger vorgeworfen wird, für längere Zeit seinen Arbeitsplatz verlassen zu haben und in der Zeit vom 14. Juli 2015 bis zum 17. Juli 2015 unentschuldigt gefehlt zu haben. Schließlich kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien am 13. August 2015 fristlos und rechnete die Vergütung auch nur bis zum 13. August 2015 ab.
8Der Kläger begehrt von der Beklagten eine Entschädigung i.H.v. 10.000 Euro, da er wegen seiner Schwerbehinderung benachteiligt werde. Ihm sei durch schriftliche Arbeitsanweisung verboten, elektronische Geräte an seinem Arbeitsplatz benutzen, insbesondere ein Handy oder ein Laptop. So sei ihm auch verboten worden, an heißen Tagen ein von ihm selbst mitgebrachtes batteriebetriebenes Lüftungsgerät zum Einsatz kommen zu lassen. Er sei als Schwerbehinderter, der aus dem Rollstuhl nicht aufstehen könne und sich Luft verschaffen könne, auf die Luftzufuhr durch technische Hilfe angewiesen. Er habe einen Arbeitsplatz zugewiesen bekommen, den er nicht verlassen dürfe. Es handele sich hierbei um eine Abstellkammer, die eigens für ihn als Büroraum eingerichtet und mit einem Schreibtisch und einem Stuhl versehen worden sei. Zudem habe er das schriftliche Verbot erhalten, mit anderen Mitarbeitern zu sprechen. Schließlich habe er auch als einziger Mitarbeiter den Lohn für den Monat Mai 2015 nur zum Teil und den Lohn für den Monat Juni 2015 zunächst überhaupt nicht erhalten. Alle diese Maßnahmen im Betrieb beträfen ausschließlich den Kläger als schwerbehinderten Mitarbeiter. Für die anderen Mitarbeiter würden diese Verbote nicht gelten. Es sei Aufgabe der Beklagten das Gegenteil zu beweisen. Insofern berufe er sich auf die Beweislastumkehr des Antidiskriminierungsgesetzes.
9Aus den gleichen Gründen sei auch die fristgerechte Kündigung vom 23. Juli 2015 unwirksam. Er berufe sich insoweit auf die europarechtliche Rechtsprechung. Die Kündigung sei auch nicht fristgerecht erfolgt, da der Kläger als Schwerbehinderter eine andere Kündigungsfrist genießen würde.
10Die fristlose Kündigung sei in Ermangelung eines wichtigen Grundes unwirksam. Auch sei die Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB nicht eingehalten. Auch diese weitere Kündigung zeige aber deutlich, dass der Kläger diskriminiert und mit grundlosen Kündigungen überzogen werde.
11Unabhängig von der Frage, ob das Arbeitsverhältnis mittlerweile beendet sei oder nicht, habe er ein Interesse an der Entfernung der Abmahnung vom 24. Juli 2015, da der dortige Inhalt für den von ihm verfolgten Entschädigungsanspruch von Bedeutung sei.
12Nachdem die Beklagte erklärt hat, aus einer weiteren ausgesprochenen fristlosen Kündigung vom 27. Juli 2015 keinerlei Rechte mehr herzuleiten haben die Parteien den Rechtsstreit hinsichtlich dieses Kündigungsschutzantrags ebenso übereinstimmend für erledigt erklärt wie hinsichtlich der Vergütungklage für die Monate Mai und Juni 2015.
13Der Kläger beantragt zuletzt,
141.die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 10.000,00 Euro nebst Verzugszinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 11. August 2015 zu zahlen;
152.festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung vom 23 Juli. 2015 sein Ende findet;
163.die Beklagte zu verurteilen, die Abmahnung vom 20. April 2015 aus der Personalakte zu entfernen;
174.festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien auch nicht durch die Kündigung vom 13. August 2015 sein Ende findet;
185.die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Restlohn für den Monat August 2015 i.H.v. 3.350,00 Euro brutto abzüglich gezahlter 1.032,77 Euro netto zu zahlen;
196.die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ein wohlwollendes qualifiziertes Zwischenzeugnis, hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit den Kündigungsschutzanträgen ein wohlwollendes, qualifiziertes Schlusszeugnis zu erteilen.
20die Beklagte erkennt den Zeugnisanspruch an und beantragt im Übrigen,
21die Klage abzuweisen.
22Sie bestreitet, dass der Kläger als einziger sein Gehalt verspätet erhalten habe. Ebenso bestreitet sie, dass es ein schriftliches oder mündliches Verbot der Beklagten gebe, dass es anderen Mitarbeitern verbiete, mit dem Kläger zu sprechen. Nicht nur dem Kläger, sondern allen Mitarbeitern sei es gleichfalls verboten, eigene elektronische Geräte mitzubringen. Die im Termin vorgelegten Fotos zeigten, dass es sich bei dem dem Kläger zugewiesenen Büro nicht um eine Abstellkammer handele.
23Die Kündigung vom 22. Juli 2015 sei wirksam, da das Kündigungsschutzgesetz auf das Arbeitsverhältnis keine Anwendung finde. Der Tätigkeitsbereich des Klägers sei darüber hinaus auch tatsächlich in Wegfall geraten. Die Beklagte habe die unternehmerische Entscheidung getroffen, den Bereich der Planung nicht mehr aus eigener Hand anzubieten sondern künftig ausschließlich an elektrotechnische Drittfirmen zu vergeben.
24Die fristlose Kündigung sei erfolgt, weil der Kläger trotz der ausdrücklichen Arbeitsanweisung, der den Gebrauch von privaten elektronischen Geräten am Arbeitsplatz verbiete, mit seinem Smartphone Fotos von seinem Arbeitsplatz gefertigt habe, die er in der Güteverhandlung vom und 27. Juli 2015 vorgelegt habe. Aufgrund der ausdrücklichen Arbeitsanweisung sei eine Abmahnung entbehrlich gewesen.
25Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird die wechselseitigen Schriftsätze sowie auf den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen.
26E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
27Die Klage ist nur zum Teil begründet.
28I.
29Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine Entschädigung i.H.v. 10.000 Euro gemäß § 15 Abs. 2 AGG. Insoweit ist die Klage unbegründet.
301.Voraussetzung des Entschädigungsanspruchs nach § 15 Abs. 2 AGG ist ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG. Nach näherer Maßgabe des AGG sind Benachteiligungen aus einem in § 1 AGG genannten Grund, hier also wegen einer Behinderung, in Bezug auf die Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen einschließlich Arbeitsentgelt und Entlassungsbedingungen, insbesondere in individual- und kollektivrechtlichen Vereinbarungen und Maßnahmen bei der Durchführung und Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses unzulässig (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 AGG). Als "Maßnahmen" sind sämtliche Anordnungen des Arbeitgebers, also beispielsweise Weisungen, einseitige Leistungsbestimmungen, Versetzungen und Umsetzungen zu betrachten (BAG 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - Rn. 32, NZA 2009, 945; vgl. auch BT-Drucks. 16/1780 S. 31). Eine verbotene (§ 7 AGG) unmittelbare Benachteiligung liegt nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde (vgl. zum Ganzen zuletzt BAG 18. September 2014 - 8 AZR 759/13 - ZTR 2015, 216 mwN).
312.Gemäß § 22 AGG trägt der Arbeitgeber dann die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat, wenn der Arbeitnehmer seinerseits Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen. Dies bedeutet, dass der Beschäftigte zunächst Indizien vortragen und gegebenenfalls auch im Wege des Vollbeweises beweisen muss, die seine Benachteiligung wegen eines verpönten Merkmals vermuten lassen. Erst wenn dem Beschäftigten in einem ersten Schritt dieser Beweis gelungen ist, kommt ihm in einem zweiten Schritt eine Beweiserleichterung dergestalt zugute, dass es nicht erforderlich ist, dass die (nunmehr bewiesenen) Tatsachen einen zwingenden Schluss auf eine Verknüpfung der Benachteiligung mit einem Diskriminierungsmerkmal erlauben, sondern es vielmehr dann ausreicht, wenn dafür nach allgemeiner Lebenserfahrung eine überwiegende Wahrscheinlichkeit besteht. Ist dies der Fall, trägt der Arbeitgeber die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat (BAG 26. März 2015 - 2 AZR 237/14 - Rn. 38, NZA 2015,734; BAG 22. Juli 2010 - 8 AZR 1012/08 - Rn. 65, NZA 2011, 93).
323.In Anwendung dieser Grundsätze, war eine Benachteiligung wegen der Behinderung nicht zu vermuten.
33a)Der Kläger ist hinsichtlich der von ihm behaupteten Indiztatsachen überwiegend bereits beweisfällig geblieben.
34aa)Der Kläger ist beweisfällig geblieben, soweit er behauptet, dass er der einzige Mitarbeiter gewesen sei, dem die Maivergütung verspätet und die Junivergütung zunächst überhaupt nicht ausgezahlt worden sei. Die Beklagte war auch nicht im Wege einer abgestuften Darlegungs- und Beweislast verpflichtet, anhand von Kontoauszügen näher darzulegen, wann bei den einzelnen Mitarbeitern die Zahlung erfolgte. Gerade im Rahmen eines Kleinbetriebes wäre es dem Kläger ohne weiteres möglich gewesen, sich bei den Kollegen zu erkundigen, wann diese ihre Zahlung erhalten haben und insoweit Zeugenbeweis anzubieten. Geht man davon aus, dass der Kläger seine Kollegen nicht befragt hat, kann die Behauptung, dass er der einzige gewesen sei, nur als Behauptung ins Blaue hinein angesehen werden.
35bb)In gleicher Weise ist der Kläger für seine Behauptung beweisfällig geblieben, dass er ein schriftliches Verbot erhalten habe, mit anderen Mitarbeitern zu sprechen (Seite 2 des Schriftsatzes vom 17. Juli 2015). Dies überrascht umso mehr, als es dann doch ein Einfaches gewesen sein sollte, dieses Schriftstück im Prozess vorzulegen. Soweit er behauptet, dass die Kollegen ein solches schriftliches Verbot erhalten hätten, hätte er insoweit - sollte sein Vortrag nicht ins Blaue hinein erfolgt sein - Zeugenbeweis anbieten können. Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung beantragt hat, dass ihm die den Sachvortrag der Beklagten stützenden, schriftlichen Erklärungen einzelner Mitarbeiter zugänglich gemacht werden, besteht hierauf prozessual kein Anspruch, da sie aus Sicht des Gerichts nicht entscheidungserheblich waren.
36cc)Hinsichtlich der schriftlichen Arbeitsanweisung, wonach es verboten ist elektronische Geräte mit an den Arbeitsplatz zu nehmen, hat die Beklagte behauptet, dass diese Arbeitsanweisung sämtlichen Mitarbeitern erteilt worden sei. Für seine gegenteilige Behauptung ist der Kläger ebenfalls beweisfällig geblieben. Aus diesem Grunde kann auch das Verbot, ein batteriebetriebenes Lüftungsgerät am Arbeitsplatz zu nutzen keine Benachteiligung wegen der Behinderung darstellen. Es mag sein, dass dem Kläger unter dem Gesichtspunkt eines leidensgerechten Arbeitsplatzes wegen seiner Schwerbehinderung hätte gestattet werden müssen, ein solches Lüftungsgerät mitzubringen. Da die Mitnahme aber allen Mitarbeitern verboten ist, erfährt der Kläger nicht eine weniger günstige Behandlung, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, so dass sich das Verbot jedenfalls nicht als Benachteiligung erweist.
37b)Selbst wenn man den gesamten klägerischen Vortrag zu seinen Gunsten als richtig unterstellt, besteht aufgrund dieser Indiztatsachen nach Auffassung der Kammer aber auch keine nach allgemeiner Lebenserfahrung überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Behandlung des Klägers wegen seiner Schwerbehinderung erfolgt ist. Es würde vielmehr - den Sachvortrag des Klägers als richtig unterstellt - nach allgemeiner Lebenserfahrung vieles dafür sprechen, dass ein Arbeitgeber mit einem nicht schwerbehinderten Arbeitnehmer, dem er mehrfach versucht hat zu kündigen und dabei wiederholt an formellen Hürden gescheitert ist, ebenso verfahren wäre. Dies zeigt jedenfalls die Erfahrung des Gerichtes. Die vom Kläger behaupteten Verhaltensweisen der Beklagten könnten dann möglicherweise, als einzelne Mobbinghandlungen, um den Arbeitnehmer aus dem Arbeitsverhältnis zu drängen, den Beginn eines Mobbings darstellen, haben aber im Ergebnis mit der Schwerbehinderung des Klägers nichts zu tun.
38II.
39Die fristlose Kündigung vom 13. August 2015 ist unwirksam und hat das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgelöst.
401.Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Dafür ist zunächst zu prüfen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände "an sich", dh. typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. Alsdann bedarf es der Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile - jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist - zumutbar ist oder nicht (BAG 23. Oktober 2014 - 2 AZR 865/13 - Rn. 19; BAG 10. April 2014 - 2 AZR 684/13 - Rn. 39; BAG 21. November 2013 - 2 AZR 797/11 - Rn. 15, BAGE 146, 303). Grundsätzlich ist der Arbeitgeber - auch im Vertrauensbereich - vor Ausspruch einer fristlosen Kündigung unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit zunächst gehalten den Arbeitnehmer abzumahnen. Einer Abmahnung bedarf es auch in Ansehung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ausnahmsweise nur dann nicht, wenn bereits ex ante erkennbar ist, dass eine Verhaltensänderung in Zukunft auch nach Abmahnung nicht zu erwarten steht, oder es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass selbst deren erstmalige Hinnahme dem Arbeitgeber nach objektiven Maßstäben unzumutbar und damit offensichtlich - auch für den Arbeitnehmer erkennbar - ausgeschlossen ist (BAG 23. Oktober 2014 - 2 AZR 865/13 - Rn. 47; BAG 25. Oktober 2012 - 2 AZR 495/11 - Rn. 16; BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 381/10 - Rn. 18, NZA 2011, 1027).
412.Ausgehend von diesen Grundsätzen erweist sich die fristlose Kündigung der Beklagten mangels vorheriger Abmahnung jedenfalls als unverhältnismäßig. Sollte der Kläger die Fotos seines Arbeitsplatzes trotz der bestehenden Anweisung, am Arbeitsplatz keine elektronischen Geräte zu benutzen, gefertigt haben, steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass eine Abmahnung mit eindringlicher Kündigungsandrohung geeignet gewesen wäre, ein solches Verhalten in der Zukunft zu vermeiden. Ein Arbeitnehmer muss auch nicht damit rechnen, dass alleine die einmalige Fertigung von Fotos seines Arbeitsplatzes eine derart schwerwiegende Pflichtverletzung darstellt, deren Entgegennahme für den Arbeitgeber offensichtlich ausgeschlossen ist. Eine Abmahnung war auch nicht aufgrund der erteilten Anweisung vom 1. Juli 2015 entbehrlich. Soweit die Beklagte meint, dass hierin eine Art "vorweggenommene" Abmahnung liege, fehlt es dieser Abmahnung bereits an einer entsprechenden Kündigungsandrohung.
42III.
43In Ermangelung der Wirksamkeit der fristlosen Kündigung vom 13. August 2015 hat der Kläger einen Anspruch auf Annahmeverzugslohn (§ 615 Satz 1 BGB) für die Zeit vom 14. August 2015 bis zum 31. August 2015 i.H.v. 3.350,00 Euro brutto abzüglich bereits gezahlter 1.032,77 Euro netto.
44IV.
45Die fristgerechte Kündigung vom 23. Juli 2015 ist wirksam und hat das Arbeitsverhältnis zum 31. August 2015 aufgelöst.
461.Die Kündigung verstößt nicht gegen § 1 KSchG, da das Kündigungsschutzgesetz gemäß § 23 KSchG auf das Arbeitsverhältnis keine Anwendung findet, da die Beklagte nicht regelmäßig mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt.
472.Die Kündigung ist auch nicht nach § 134 BGB i.V.m. § 7 Abs. 1 AGG unwirksam. Zwar ist eine ordentliche Kündigung, die einen Arbeitnehmer, auf den das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung findet, aus einem der in § 1 AGG genannten Gründe diskriminiert, nach § 134 BGB iVm. § 7 Abs. 1, §§ 1, 3 AGG unwirksam. § 2 Abs. 4 AGG steht dem nicht entgegen (BAG 19. Dezember 2013 - 6 AZR 190/12 - Rn. 14, NZA 2014, 372). Wie bereits unter I. ausgeführt, vermochte der Kläger jedoch eine Diskriminierung wegen der Behinderung nicht darzulegen. Hinzu kommt, dass die Beklagte den Entschluss zur Kündigung des Klägers bereits Anfang April 2015 gefasst hatte (vgl. die formunwirksame Kündigung). Die vom Kläger behaupteten Diskriminierungshandlungen begannen jedoch nach eigenem Vorbringen erst zu einem späteren Zeitpunkt.
483.Der Kläger hat zudem auch keine Tatsachen vorgetragen, die dazu führen würden, dass sich die Kündigung als Verstoß gegen Treu und Glauben im Sinne des § 242 BGB darstellte. Zwar hat ein Arbeitgeber auch außerhalb der Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes bei einer Kündigung das verfassungsrechtlich gebotene Mindestmaß bei einer sozialen Auswahl zu berücksichtigen. Die Beklagte hat aber vorgetragen, dass der Arbeitsplatz des Klägers in Wegfall geraten sei, da die von ihm ausgeübten Tätigkeiten zukünftig fremd vergeben würden und der Kläger der einzige Mitarbeiter sei, der diese Tätigkeiten wahrgenommen habe. Bei dem neu eingestellten Mitarbeiter handele es sich um einen Verkäufer. Dem ist der für das Vorliegen des Unwirksamkeitsgrundes nach § 242 BGB darlegungs- und beweisbelastete Kläger nicht mehr substantiiert entgegengetreten.
494.Soweit sich der Kläger formelhaft und schlagwortartig darauf beruft, dass die Kündigung gegen EG Recht und die europarechtliche Rechtsprechung verstoße, ist ein solches pauschales Vorbringen, ohne sich konkret mit der Rechtsprechung des Gerichtshof der Europäischen Union bzw. der Richtlinie 2000/78 EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf auseinander zu setzen, unbehelflich. Auch die im Gütetermin angesprochene Adipositas-Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (18. Dezember 2014 - C-354/13 - NZA 2015,33) ist für den Streitfall nicht zielführend. Der Gerichtshof hat in dieser Entscheidung Ausführungen dazu gemacht, ob und gegebenenfalls wann Adipositas eines Arbeitnehmers eine Behinderung darstellen kann. Welche Rückschlüsse aus dieser Entscheidung für die Wirksamkeit der Kündigung des Klägers gezogen werden sollen, erschloss sich der Kammer nicht.
505.Das Integrationsamt hat der Kündigung mit Bescheid vom 17. Juli 2015 zugestimmt, so dass die Kündigung auch nicht nach § 85 Abs. 1 SGB IX unwirksam ist.
516.Die Beklagte hat die gesetzliche Kündigungsfrist des § 622 Abs. 2 BGB gewahrt. Damit ist zugleich auch die Mindestkündigungsfrist des § 86 SGB IX eingehalten.
52V.
53Aufgrund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses hat der Kläger einen Anspruch auf Erteilung eines wohlwollenden und qualifizierten Schlusszeugnisses gemäß § 109 Abs. 1 GewO, wohingegen der Anspruch auf Erteilung eines Zwischenzeugnisses nicht mehr bestand.
54VI.
55Soweit der Kläger noch die Entfernung der Abmahnung vom 20. April 2015 begehrt, ist die Klage unbegründet.
561.Arbeitnehmer können grundsätzlich in entsprechender Anwendung der §§ 242, 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB die Entfernung einer zu Unrecht erteilten Abmahnung aus ihrer Personalakte verlangen. Der Anspruch besteht, wenn die Abmahnung entweder inhaltlich unbestimmt ist, unrichtige Tatsachenbehauptungen enthält, auf einer unzutreffenden rechtlichen Bewertung des Verhaltens des Arbeitnehmers beruht oder den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt, und auch dann, wenn selbst bei einer zu Recht erteilten Abmahnung kein schutzwürdiges Interesse des Arbeitgebers mehr an deren Verbleib in der Personalakte besteht (BAG 19. Juli 2012 - 2 AZR 782/11 - Rn. 13, NZA 2013, 91 m.w.N.). Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses hat der Arbeitnehmer allerdings regelmäßig keinen Anspruch mehr auf Entfernung einer zu Unrecht erteilten Abmahnung aus der Personalakte. Ein solcher Anspruch kann nur dann gegeben sein, wenn objektive Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Abmahnung dem Arbeitnehmer auch noch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses schaden kann. Dafür ist der Arbeitnehmer darlegungs- und beweispflichtig (BAG 14. September 1991 - 5 AZR 632 / 93 - NZA 1995, 220; LAG München 8. Juli 2009 - 11 Sa 51/09 - zitiert nach juris; LAG Schleswig-Holstein 27. Mai 2008 - 5 Sa 396/07 - zitiert nach juris).
572.Hiernach hat der Kläger keine Umstände vorgetragen, die dafür sprechen würden, dass er auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch ein Interesse an der Entfernung der Abmahnung hat. Soweit er in der mündlichen Verhandlung vom 1. Oktober 2015 darauf hingewiesen hat, dass der Inhalt der Abmahnung auch für die Verfolgung seines Entschädigungsanspruchs von Bedeutung sei, ist zum einen darauf zu verweisen, dass dieser Klageantrag mit diesem Urteil abgewiesen wurde und zudem das Berufungsgericht in einem möglichen Berufungsverfahren die erteilte Abmahnung im Rahmen des Entschädigungsprozesses unabhängig davon würdigen kann, ob sich die Abmahnung noch in der Personalakte befindet oder nicht.
58VII.
59Da der Schriftsatz der Beklagten vom 25. September keinerlei neuen entscheidungserheblichen Sachvortrag enthielt, war die Gewährung eines Schriftsatznachlasses für den Kläger nicht geboten.
60VIII.
61Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91a, 92 Abs. 1 ZPO. Hierbei ist das Gericht von einem Gerichtsgebührenstreitwert von 40.703,44 Euro (drei Kündigungen = insgesamt fünf Gehälter, Abmahnung = ein Gehalt, Zeugnis = ein Gehalt, zuzüglich Zahlungsanträge). Soweit die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben, hat die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, da die Klage insoweit ursprünglich zulässig und begründet war. Im Übrigen richtet sich die Kostenentscheidung nach § 92 Abs. 1 ZPO nach dem Anteil des Obsiegens bzw. Unterliegens. Den Rechtsmittelstreitwert hat das Gericht gemäß § 61 Abs. 1 ArbGG im Urteil festgesetzt.
62RECHTSMITTELBELEHRUNG
63Gegen dieses Urteil kann von jeder Partei Berufung eingelegt werden.
64Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich oder in elektronischer Form beim
65Landesarbeitsgericht Düsseldorf
66Ludwig-Erhard-Allee 21
6740227 Düsseldorf
68Fax: 0211 7770-2199
69eingegangen sein.
70Die elektronische Form wird durch ein qualifiziert signiertes elektronisches Dokument gewahrt, das nach Maßgabe der Verordnung des Justizministeriums über den elektronischen Rechtsverkehr bei den Arbeitsgerichten im Lande Nordrhein-Westfalen (ERVVO ArbG) vom 2. Mai 2013 in der jeweils geltenden Fassung in die elektronische Poststelle zu übermitteln ist. Nähere Hinweise zum elektronischen Rechtsverkehr finden Sie auf der Internetseite www.egvp.de.
71Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach dessen Verkündung.
72Die Berufungsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
731.Rechtsanwälte,
742.Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
753.juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nr. 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
76Eine Partei, die als Bevollmächtigte zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
77* Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
78E.
(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.
(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,
- a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist, - b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt, - c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder - d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.
(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft - a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen, - b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder - c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
- 3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.
(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.
(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.
(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.
(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.
(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.
(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.
(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.
(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:
- 1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge); - 2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt; - 3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.
(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:
- 1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt; - 2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.
(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.
(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.
(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,
- a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist, - b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt, - c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder - d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.
(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft - a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen, - b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder - c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
- 3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.
(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.
(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.
(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.
(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.
(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.
(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.
(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.
(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:
- 1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge); - 2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt; - 3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.
(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:
- 1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt; - 2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.
(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.
Tenor
-
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 4. November 2009 - 6 Sa 18/09 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 17. Dezember 2008 - 4 Ca 1090 b/08 - als unzulässig verworfen wird.
-
Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Tatbestand
- 1
-
Die Klägerin begehrt von der Beklagten den Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrags.
- 2
-
Die 1952 geborene Klägerin und die Beklagte verbindet ein Arbeitsverhältnis. Die Beklagte beschäftigt die Klägerin als Krankenschwester in einem Krankenhaus. Der kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme anwendbare Tarifvertrag zur Regelung der Altersteilzeitarbeit vom 5. Mai 1998 in der Fassung des Änderungstarifvertrags Nr. 2 vom 30. Juni 2000 (TV ATZ) gewährt Beschäftigten unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch gegen den Arbeitgeber, mit ihnen einen Altersteilzeitarbeitsvertrag abzuschließen. Einen solchen Anspruch sieht auch der zwischen dem Kommunalen Arbeitgeberverband Schleswig-Holstein und der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di geschlossene Tarifvertrag „Arbeitszeit für Schleswig-Holstein“ (TV-ArbZ SH) vor.
- 3
-
Mit Schreiben vom 17. März 2008, das der Beklagten am 26. März 2008 zuging, forderte die Klägerin die Beklagte erfolglos auf, mit ihr einen Altersteilzeitarbeitsvertrag für den Zeitraum vom 1. Oktober 2009 bis zum 30. September 2017 zu schließen.
- 4
-
Die Klägerin hat die Rechtsauffassung vertreten, die ablehnende Entscheidung der Beklagten diskriminiere sie wegen ihres Alters. Die Tarifvertragsparteien, die an den grundgesetzlichen Gleichheitssatz gebunden seien, hätten den ihnen von Verfassungs wegen zustehenden Regelungsspielraum überschritten. Es verstoße gegen den allgemeinen Gleichheitssatz, den Beschäftigten der Stadt Kiel, nicht aber den Beschäftigten in den Krankenhäusern den Zugang zur Altersteilzeit unter den TV-ArbZ SH spezifizierten Bedingungen zu gewähren.
-
Die Klägerin hat beantragt,
-
die Beklagte zu verurteilen, ihr Angebot zum Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrags in Form des Teilzeitmodells in der Zeit vom 1. Oktober 2009 bis zum 30. September 2017 anzunehmen.
- 6
-
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie ist der Ansicht gewesen, sie sei berechtigt, Altersteilzeitanträge von Arbeitnehmern, die das 60. Lebensjahr nicht vollendet hätten, aus Kostengründen abzulehnen. Das ihr zustehende Ermessen habe sie fehlerfrei ausgeübt.
-
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter.
Entscheidungsgründe
- 8
-
Die Revision ist unbegründet, da bereits die Berufung unzulässig gewesen ist. Das Landesarbeitsgericht hätte die Berufung als unzulässig verwerfen müssen; denn die Berufungsbegründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen.
- 9
-
1. Die Zulässigkeit der Berufung ist Prozessvoraussetzung für das gesamte weitere Verfahren nach Einlegung der Berufung (BAG 27. Juli 2010 - 1 AZR 186/09 - Rn. 17, NZA 2010, 1446). Sie ist deshalb vom Revisionsgericht von Amts wegen zu prüfen (BAG 17. Januar 2007 - 7 AZR 20/06 - Rn. 10, BAGE 121, 18). Fehlt es an einer ordnungsgemäßen Begründung iSd. § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO, hat das Revisionsgericht die Revision mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass die Berufung verworfen wird(vgl. BAG 15. August 2002 - 2 AZR 473/01 - zu 2 der Gründe, AP ZPO § 519 Nr. 55 = EzA ZPO § 519 Nr. 14). Dass das Berufungsgericht das Rechtsmittel für zulässig gehalten hat, ist hierbei ohne Bedeutung (vgl. BAG 9. Juli 2003 - 10 AZR 615/02 - zu 1 der Gründe, AP ArbGG 1979 § 64 Nr. 33 = EzA ArbGG 1979 § 64 Nr. 37).
- 10
-
2. Die Berufungsbegründungsschrift genügt nicht den Anforderungen des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO. Die Klägerin hat sich nicht in ausreichender Weise mit den Erwägungen des Arbeitsgerichts, auf die es seine klageabweisende Entscheidung gestützt hat, auseinandergesetzt.
- 11
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a) Nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung durch das angefochtene Urteil und deren Erheblichkeit für das Ergebnis der Entscheidung ergibt. Gemäß § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG sind die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Begründung der Berufung auch im Urteilsverfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen anwendbar(BAG 10. Februar 2005 - 6 AZR 183/04 - zu 2 a der Gründe, EzA ArbGG 1979 § 64 Nr. 40). Erforderlich ist eine hinreichende Darstellung der Gründe, aus denen sich die Rechtsfehlerhaftigkeit der angefochtenen Entscheidung ergeben soll (BAG 28. Mai 2009 - 2 AZR 223/08 - Rn. 14, AP ZPO § 520 Nr. 2). Die Regelung des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO soll gewährleisten, dass der Rechtsstreit für die Berufungsinstanz durch eine Zusammenfassung und Beschränkung des Rechtsstoffs ausreichend vorbereitet wird(vgl. BAG 11. März 1998 - 2 AZR 497/97 - zu I der Gründe, BAGE 88, 171). Deshalb hat der Berufungsführer die Beurteilung des Streitfalls durch den Erstrichter zu überprüfen und darauf hinzuweisen, in welchen Punkten und mit welchem Grund er das angefochtene Urteil für unrichtig hält (vgl. BAG 6. März 2003 - 2 AZR 596/02 - zu II 1 a der Gründe, BAGE 105, 200). Dadurch soll bloß formelhaften Berufungsbegründungen entgegengewirkt und eine Beschränkung des Rechtsstoffs im Berufungsverfahren erreicht werden (BAG 15. August 2002 - 2 AZR 473/01 - zu 2 der Gründe, AP ZPO § 519 Nr. 55 = EzA ZPO § 519 Nr. 14). Die Berufungsbegründung muss deshalb auf den Streitfall zugeschnitten sein (BAG 8. Mai 2008 - 6 AZR 517/07 - Rn. 30, AP BGB § 620 Aufhebungsvertrag Nr. 40 = EzA ZPO 2002 § 520 Nr. 6). Eine schlüssige Begründung kann zwar nicht verlangt werden; doch muss sich die Berufungsbegründung mit den rechtlichen oder tatsächlichen Argumenten des angefochtenen Urteils befassen, wenn sie diese bekämpfen will (BAG 10. Februar 2005 - 6 AZR 183/04 - zu 2 a der Gründe, aaO ; 16. Juni 2004 - 5 AZR 529/03 - zu II 2 b der Gründe, EzA ZPO 2002 § 520 Nr. 3; 15. August 2002 - 2 AZR 473/01 - zu 2 der Gründe, aaO). Für die erforderliche Auseinandersetzung mit den Urteilsgründen der angefochtenen Entscheidung reicht es nicht aus, die tatsächliche oder rechtliche Würdigung durch das Arbeitsgericht mit formelhaften Wendungen zu rügen und lediglich auf das erstinstanzliche Vorbringen zu verweisen oder dieses zu wiederholen (BAG 25. April 2007 - 6 AZR 436/05 - Rn. 14, BAGE 122, 190).
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b) An diesem Maßstab gemessen, hat die Klägerin die Berufung gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts nicht ausreichend begründet. Das Arbeitsgericht hat in seinem Urteil mit § 2 Abs. 1 TV ATZ(Seite 6 des Urteils) und § 7 TV-ArbZ SH(Seite 8 des Urteils) zwei Anspruchsgrundlagen in Betracht gezogen und deren Voraussetzungen im Ergebnis verneint.
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aa) Zu § 2 Abs. 1 TV ATZ hat das Arbeitsgericht im Einzelnen ausgeführt, die Beklagte habe das ihr von den Tarifvertragsparteien eingeräumte Ermessen fehlerfrei ausgeübt. Die von der Beklagten angeführten wirtschaftlichen Gründe rechtfertigten die Ablehnung des von der Klägerin unter dem 17. März 2008 gestellten Antrags. Eine Diskriminierung der Beschäftigten, die das 60. Lebensjahr nicht vollendet hätten, liege nicht vor, da diese nicht benachteiligt würden. Die Tarifbestimmung begünstige ältere Arbeitnehmer, ohne jüngere zu benachteiligen. Ausweislich der Präambel des Tarifvertrags solle älteren Beschäftigten ein gleitender Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand ermöglicht und dadurch vorrangig Auszubildenden und Arbeitslosen Beschäftigungsmöglichkeiten eröffnet werden. Die Tarifvertragsparteien verfolgten mit den Regelungen des TV ATZ arbeitsmarktpolitische Ziele und beschränkten die Begünstigung deshalb auf Arbeitnehmer, für die der gesetzliche Ruhestand alsbald anstehe.
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Die Berufungsbegründungsschrift der Klägerin enthält keine argumentative Auseinandersetzung mit diesen Erwägungen. Soweit die Klägerin auf Seite 1 der Berufungsbegründung ausführt, ihr Anspruch ergebe sich aus § 2 des Arbeitsvertrags, paraphrasiert sie im Folgenden die Tarifnorm des § 2 TV ATZ und rügt „die Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes“. Zudem „beruft (sie) sich auch auf das AGG, das jede Diskriminierung aus Altersgründen verbietet“. Hierbei handelt es sich um eine formelhafte Wendung, auf die die Klägerin in ähnlicher Form bereits in der Klageschrift vom 31. Mai 2008 zurückgegriffen hat. Dort hat sie die Ansicht vertreten, in der Regelung liege eine „rechtswidrige Diskriminierung aus Altersgründen, die mit Europa-, Verfassungs- und Bundesrecht unvereinbar“ sei. Die Klägerin legt weder dar, aus welchem Grund sie den Gleichbehandlungsgrundsatz für verletzt erachtet, noch, aufgrund welcher Umstände sie sich auf welche Vorschriften des AGG zur Stützung der Rechtsbehauptung, ihr stehe ein Anspruch auf Abschluss des begehrten Altersteilzeitarbeitsvertrags zu, berufen will. Der pauschale Hinweis auf den Gleichbehandlungsgrundsatz und die Vorschriften des AGG ersetzt nicht die erforderliche Auseinandersetzung mit der die angefochtene Entscheidung tragenden Erwägung des Arbeitsgerichts, es liege keine Ungleichbehandlung zulasten der jüngeren, sondern eine - diskriminierungsrechtlich gerechtfertigte - Begünstigung älterer Arbeitnehmer vor. Auf das weitere Argument des Arbeitsgerichts, die unterschiedliche Behandlung beider Arbeitnehmergruppen sei aufgrund arbeitsmarktpolitischer Erwägungen der Tarifvertragsparteien gerechtfertigt, geht die Klägerin nicht ein.
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bb) Auch hinsichtlich der zweiten von dem Arbeitsgericht in Betracht gezogenen Anspruchsgrundlage, der Regelung des § 7 TV-ArbZ SH, fehlt es an einer der Form des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO entsprechenden Berufungsbegründung. Das Arbeitsgericht hat seine Entscheidung darauf gestützt, es sei Sache der Tarifvertragsparteien, die Gruppe derer zu bestimmen, auf die das zur Verfügung stehende arbeitsmarktpolitische Instrumentarium angewendet werde. Eine Diskriminierung sei nicht ersichtlich, da im Bereich der Krankenpflege keine erhebliche Arbeitslosigkeit bestehe. Angesichts dessen habe kein Bedarf zur Förderung von Arbeitslosen und Jugendlichen bestanden.
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Dieser Urteilsbegründung setzt die Klägerin auf Seite 2 der Berufungsbegründung den pauschalen Hinweis entgegen, die Tarifvertragsparteien hätten ihre Regelungsbefugnis überschritten. Damit wird die Klägerin ihrer Begründungsobliegenheit nicht gerecht. Ihre ohne nähere Erläuterung aufgestellte Behauptung, „Rechtfertigungsgründe für die Ungleichbehandlung sind nicht ersichtlich“ (Seite 3 der Berufungsbegründung), ist nicht auf die Erwägungen, die das erstinstanzliche Gericht zur Klageabweisung bewogen haben, zugeschnitten. Das Arbeitsgericht hat auf die mit der Einführung von Altersteilzeit verfolgten arbeitsmarktpolitischen Zwecke abgestellt und ist davon ausgegangen, es bestehe angesichts der Arbeitsmarktlage kein Bedürfnis, Mitarbeitern in Krankenhäusern den Zugang zur Altersteilzeit zu eröffnen. Mit diesen sowohl rechtlichen als auch tatsächlichen Argumenten des Arbeitsgerichts befasst sich die Klägerin nicht. Sie erhebt weder Verfahrensrügen, noch stellt sie die rechtlichen Folgerungen des Arbeitsgerichts infrage. Wenn sie auf Seite 3 der Berufungsbegründung ohne nähere Erklärung auf eine Gleichstellung von Altenpflegern und Krankenpflegern im Krankenpflegegesetz verweist, steht dies mit den maßgebenden Tarifbestimmungen in keinem erkennbaren Zusammenhang.
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C. Die Klägerin hat als Revisionsführerin die Kosten der ohne Erfolg eingelegten Revision zu tragen, § 97 Abs. 1 ZPO.
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Düwell
Krasshöfer
Suckow
Faltyn
Kranzusch
(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.
(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.
(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.
(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.
(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.
Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 genannten Grundes vermuten lassen, trägt die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat.
Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.
Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 genannten Grundes vermuten lassen, trägt die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat.
(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.
(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.
(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:
- 1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge); - 2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt; - 3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.
(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:
- 1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt; - 2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.
(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.
(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.
(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.
(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.
(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.
(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.
Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.
(1) Beschäftigte dürfen nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt werden; dies gilt auch, wenn die Person, die die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines in § 1 genannten Grundes bei der Benachteiligung nur annimmt.
(2) Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des Absatzes 1 verstoßen, sind unwirksam.
(3) Eine Benachteiligung nach Absatz 1 durch Arbeitgeber oder Beschäftigte ist eine Verletzung vertraglicher Pflichten.
(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.
(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.
(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.
(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.
(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.
(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.
(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.
(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.
(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.
(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.
(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.
(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,
- a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist, - b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt, - c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder - d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.
(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft - a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen, - b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder - c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
- 3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.
(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.
(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.
(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.
(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.
(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden.
(2) Die Beschwerde ist bei dem Bundesarbeitsgericht innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefaßten Urteils schriftlich einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils beigefügt werden, gegen das die Revision eingelegt werden soll.
(3) Die Beschwerde ist innerhalb einer Notfrist von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefaßten Urteils zu begründen. Die Begründung muss enthalten:
- 1.
die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtsfrage und deren Entscheidungserheblichkeit, - 2.
die Bezeichnung der Entscheidung, von der das Urteil des Landesarbeitsgerichts abweicht, oder - 3.
die Darlegung eines absoluten Revisionsgrundes nach § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör und der Entscheidungserheblichkeit der Verletzung.
(4) Die Einlegung der Beschwerde hat aufschiebende Wirkung. Die Vorschriften des § 719 Abs. 2 und 3 der Zivilprozeßordnung sind entsprechend anzuwenden.
(5) Das Landesarbeitsgericht ist zu einer Änderung seiner Entscheidung nicht befugt. Das Bundesarbeitsgericht entscheidet unter Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluß, der ohne mündliche Verhandlung ergehen kann. Die ehrenamtlichen Richter wirken nicht mit, wenn die Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig verworfen wird, weil sie nicht statthaft oder nicht in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Dem Beschluss soll eine kurze Begründung beigefügt werden. Von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundesarbeitsgericht wird das Urteil rechtskräftig.
(6) Wird der Beschwerde stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.
(7) Hat das Landesarbeitsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Bundesarbeitsgericht abweichend von Absatz 6 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverweisen.