Landesarbeitsgericht Düsseldorf Urteil, 14. Jan. 2015 - 12 Sa 684/14

ECLI:ECLI:DE:LAGD:2015:0114.12SA684.14.00
bei uns veröffentlicht am14.01.2015

Tenor

1.

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mönchengladbach vom 21.05.2014 - 7 Ca 417/14 - wird zurückgewiesen.

2.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.

3.

Die Revision wird zugelassen.


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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 12


(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden. (2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72 Grundsatz


(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 286 Freie Beweiswürdigung


(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei.

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 1 Sozial ungerechtfertigte Kündigungen


(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt is

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 15 Unzulässigkeit der Kündigung


(1) Die Kündigung eines Mitglieds eines Betriebsrats, einer Jugend- und Auszubildendenvertretung, einer Bordvertretung oder eines Seebetriebsrats ist unzulässig, es sei denn, daß Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Gr

Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 103 Außerordentliche Kündigung und Versetzung in besonderen Fällen


(1) Die außerordentliche Kündigung von Mitgliedern des Betriebsrats, der Jugend- und Auszubildendenvertretung, der Bordvertretung und des Seebetriebsrats, des Wahlvorstands sowie von Wahlbewerbern bedarf der Zustimmung des Betriebsrats. (2) Verwe

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 85 Klagerecht der Verbände


Werden Menschen mit Behinderungen in ihren Rechten nach diesem Buch verletzt, können an ihrer Stelle und mit ihrem Einverständnis Verbände klagen, die nach ihrer Satzung Menschen mit Behinderungen auf Bundes- oder Landesebene vertreten und nicht selb

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 95 Sicherstellungsauftrag


Die Träger der Eingliederungshilfe haben im Rahmen ihrer Leistungsverpflichtung eine personenzentrierte Leistung für Leistungsberechtigte unabhängig vom Ort der Leistungserbringung sicherzustellen (Sicherstellungsauftrag), soweit dieser Teil nichts A

Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 25 Ersatzmitglieder


(1) Scheidet ein Mitglied des Betriebsrats aus, so rückt ein Ersatzmitglied nach. Dies gilt entsprechend für die Stellvertretung eines zeitweilig verhinderten Mitglieds des Betriebsrats. (2) Die Ersatzmitglieder werden unter Berücksichtigung des § 1

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 96 Zusammenarbeit


(1) Die Träger der Eingliederungshilfe arbeiten mit Leistungsanbietern und anderen Stellen, deren Aufgabe die Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen betrifft, zusammen. (2) Die Stellung der Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentli

Bundespersonalvertretungsgesetz - BPersVG | § 108


(1) Die außerordentliche Kündigung von Mitgliedern der Personalvertretungen, der Jugendvertretungen oder der Jugend- und Auszubildendenvertretungen, der Wahlvorstände sowie von Wahlbewerbern, die in einem Arbeitsverhältnis stehen, bedarf der Zustimmu

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Tenor Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 9. Juni 2009 - 13 Sa 1609/08 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Referenzen

(1) Die Träger der Eingliederungshilfe arbeiten mit Leistungsanbietern und anderen Stellen, deren Aufgabe die Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen betrifft, zusammen.

(2) Die Stellung der Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts sowie der Verbände der Freien Wohlfahrtspflege als Träger eigener sozialer Aufgaben und ihre Tätigkeit zur Erfüllung dieser Aufgaben werden durch diesen Teil nicht berührt.

(3) Ist die Beratung und Sicherung der gleichmäßigen, gemeinsamen oder ergänzenden Erbringung von Leistungen geboten, sollen zu diesem Zweck Arbeitsgemeinschaften gebildet werden.

(4) Sozialdaten dürfen im Rahmen der Zusammenarbeit nur verarbeitet werden, soweit dies zur Erfüllung von Aufgaben nach diesem Teil erforderlich ist oder durch Rechtsvorschriften des Sozialgesetzbuches angeordnet oder erlaubt ist.

(1) Die Kündigung eines Mitglieds eines Betriebsrats, einer Jugend- und Auszubildendenvertretung, einer Bordvertretung oder eines Seebetriebsrats ist unzulässig, es sei denn, daß Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen, und daß die nach § 103 des Betriebsverfassungsgesetzes erforderliche Zustimmung vorliegt oder durch gerichtliche Entscheidung ersetzt ist. Nach Beendigung der Amtszeit ist die Kündigung eines Mitglieds eines Betriebsrats, einer Jugend- und Auszubildendenvertretung oder eines Seebetriebsrats innerhalb eines Jahres, die Kündigung eines Mitglieds einer Bordvertretung innerhalb von sechs Monaten, jeweils vom Zeitpunkt der Beendigung der Amtszeit an gerechnet, unzulässig, es sei denn, daß Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen; dies gilt nicht, wenn die Beendigung der Mitgliedschaft auf einer gerichtlichen Entscheidung beruht.

(2) Die Kündigung eines Mitglieds einer Personalvertretung, einer Jugend- und Auszubildendenvertretung oder einer Jugendvertretung ist unzulässig, es sei denn, daß Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen, und daß die nach dem Personalvertretungsrecht erforderliche Zustimmung vorliegt oder durch gerichtliche Entscheidung ersetzt ist. Nach Beendigung der Amtszeit der in Satz 1 genannten Personen ist ihre Kündigung innerhalb eines Jahres, vom Zeitpunkt der Beendigung der Amtszeit an gerechnet, unzulässig, es sei denn, daß Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen; dies gilt nicht, wenn die Beendigung der Mitgliedschaft auf einer gerichtlichen Entscheidung beruht.

(3) Die Kündigung eines Mitglieds eines Wahlvorstands ist vom Zeitpunkt seiner Bestellung an, die Kündigung eines Wahlbewerbers vom Zeitpunkt der Aufstellung des Wahlvorschlags an, jeweils bis zur Bekanntgabe des Wahlergebnisses unzulässig, es sei denn, daß Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen, und daß die nach § 103 des Betriebsverfassungsgesetzes oder nach dem Personalvertretungsrecht erforderliche Zustimmung vorliegt oder durch eine gerichtliche Entscheidung ersetzt ist. Innerhalb von sechs Monaten nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses ist die Kündigung unzulässig, es sei denn, daß Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen; dies gilt nicht für Mitglieder des Wahlvorstands, wenn dieser durch gerichtliche Entscheidung durch einen anderen Wahlvorstand ersetzt worden ist.

(3a) Die Kündigung eines Arbeitnehmers, der zu einer Betriebs-, Wahl- oder Bordversammlung nach § 17 Abs. 3, § 17a Nr. 3 Satz 2, § 115 Abs. 2 Nr. 8 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes einlädt oder die Bestellung eines Wahlvorstands nach § 16 Abs. 2 Satz 1, § 17 Abs. 4, § 17a Nr. 4, § 63 Abs. 3, § 115 Abs. 2 Nr. 8 Satz 2 oder § 116 Abs. 2 Nr. 7 Satz 5 des Betriebsverfassungsgesetzes beantragt, ist vom Zeitpunkt der Einladung oder Antragstellung an bis zur Bekanntgabe des Wahlergebnisses unzulässig, es sei denn, dass Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen; der Kündigungsschutz gilt für die ersten sechs in der Einladung oder die ersten drei in der Antragstellung aufgeführten Arbeitnehmer. Wird ein Betriebsrat, eine Jugend- und Auszubildendenvertretung, eine Bordvertretung oder ein Seebetriebsrat nicht gewählt, besteht der Kündigungsschutz nach Satz 1 vom Zeitpunkt der Einladung oder Antragstellung an drei Monate.

(3b) Die Kündigung eines Arbeitnehmers, der Vorbereitungshandlungen zur Errichtung eines Betriebsrats oder einer Bordvertretung unternimmt und eine öffentlich beglaubigte Erklärung mit dem Inhalt abgegeben hat, dass er die Absicht hat, einen Betriebsrat oder eine Bordvertretung zu errichten, ist unzulässig, soweit sie aus Gründen erfolgt, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, es sei denn, dass Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen. Der Kündigungsschutz gilt von der Abgabe der Erklärung nach Satz 1 bis zum Zeitpunkt der Einladung zu einer Betriebs-, Wahl- oder Bordversammlung nach § 17 Absatz 3, § 17a Nummer 3 Satz 2, § 115 Absatz 2 Nummer 8 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes, längstens jedoch für drei Monate.

(4) Wird der Betrieb stillgelegt, so ist die Kündigung der in den Absätzen 1 bis 3a genannten Personen frühestens zum Zeitpunkt der Stillegung zulässig, es sei denn, daß ihre Kündigung zu einem früheren Zeitpunkt durch zwingende betriebliche Erfordernisse bedingt ist.

(5) Wird eine der in den Absätzen 1 bis 3a genannten Personen in einer Betriebsabteilung beschäftigt, die stillgelegt wird, so ist sie in eine andere Betriebsabteilung zu übernehmen. Ist dies aus betrieblichen Gründen nicht möglich, so findet auf ihre Kündigung die Vorschrift des Absatzes 4 über die Kündigung bei Stillegung des Betriebs sinngemäß Anwendung.

(1) Die Träger der Eingliederungshilfe arbeiten mit Leistungsanbietern und anderen Stellen, deren Aufgabe die Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen betrifft, zusammen.

(2) Die Stellung der Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts sowie der Verbände der Freien Wohlfahrtspflege als Träger eigener sozialer Aufgaben und ihre Tätigkeit zur Erfüllung dieser Aufgaben werden durch diesen Teil nicht berührt.

(3) Ist die Beratung und Sicherung der gleichmäßigen, gemeinsamen oder ergänzenden Erbringung von Leistungen geboten, sollen zu diesem Zweck Arbeitsgemeinschaften gebildet werden.

(4) Sozialdaten dürfen im Rahmen der Zusammenarbeit nur verarbeitet werden, soweit dies zur Erfüllung von Aufgaben nach diesem Teil erforderlich ist oder durch Rechtsvorschriften des Sozialgesetzbuches angeordnet oder erlaubt ist.

(1) Die Kündigung eines Mitglieds eines Betriebsrats, einer Jugend- und Auszubildendenvertretung, einer Bordvertretung oder eines Seebetriebsrats ist unzulässig, es sei denn, daß Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen, und daß die nach § 103 des Betriebsverfassungsgesetzes erforderliche Zustimmung vorliegt oder durch gerichtliche Entscheidung ersetzt ist. Nach Beendigung der Amtszeit ist die Kündigung eines Mitglieds eines Betriebsrats, einer Jugend- und Auszubildendenvertretung oder eines Seebetriebsrats innerhalb eines Jahres, die Kündigung eines Mitglieds einer Bordvertretung innerhalb von sechs Monaten, jeweils vom Zeitpunkt der Beendigung der Amtszeit an gerechnet, unzulässig, es sei denn, daß Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen; dies gilt nicht, wenn die Beendigung der Mitgliedschaft auf einer gerichtlichen Entscheidung beruht.

(2) Die Kündigung eines Mitglieds einer Personalvertretung, einer Jugend- und Auszubildendenvertretung oder einer Jugendvertretung ist unzulässig, es sei denn, daß Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen, und daß die nach dem Personalvertretungsrecht erforderliche Zustimmung vorliegt oder durch gerichtliche Entscheidung ersetzt ist. Nach Beendigung der Amtszeit der in Satz 1 genannten Personen ist ihre Kündigung innerhalb eines Jahres, vom Zeitpunkt der Beendigung der Amtszeit an gerechnet, unzulässig, es sei denn, daß Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen; dies gilt nicht, wenn die Beendigung der Mitgliedschaft auf einer gerichtlichen Entscheidung beruht.

(3) Die Kündigung eines Mitglieds eines Wahlvorstands ist vom Zeitpunkt seiner Bestellung an, die Kündigung eines Wahlbewerbers vom Zeitpunkt der Aufstellung des Wahlvorschlags an, jeweils bis zur Bekanntgabe des Wahlergebnisses unzulässig, es sei denn, daß Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen, und daß die nach § 103 des Betriebsverfassungsgesetzes oder nach dem Personalvertretungsrecht erforderliche Zustimmung vorliegt oder durch eine gerichtliche Entscheidung ersetzt ist. Innerhalb von sechs Monaten nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses ist die Kündigung unzulässig, es sei denn, daß Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen; dies gilt nicht für Mitglieder des Wahlvorstands, wenn dieser durch gerichtliche Entscheidung durch einen anderen Wahlvorstand ersetzt worden ist.

(3a) Die Kündigung eines Arbeitnehmers, der zu einer Betriebs-, Wahl- oder Bordversammlung nach § 17 Abs. 3, § 17a Nr. 3 Satz 2, § 115 Abs. 2 Nr. 8 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes einlädt oder die Bestellung eines Wahlvorstands nach § 16 Abs. 2 Satz 1, § 17 Abs. 4, § 17a Nr. 4, § 63 Abs. 3, § 115 Abs. 2 Nr. 8 Satz 2 oder § 116 Abs. 2 Nr. 7 Satz 5 des Betriebsverfassungsgesetzes beantragt, ist vom Zeitpunkt der Einladung oder Antragstellung an bis zur Bekanntgabe des Wahlergebnisses unzulässig, es sei denn, dass Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen; der Kündigungsschutz gilt für die ersten sechs in der Einladung oder die ersten drei in der Antragstellung aufgeführten Arbeitnehmer. Wird ein Betriebsrat, eine Jugend- und Auszubildendenvertretung, eine Bordvertretung oder ein Seebetriebsrat nicht gewählt, besteht der Kündigungsschutz nach Satz 1 vom Zeitpunkt der Einladung oder Antragstellung an drei Monate.

(3b) Die Kündigung eines Arbeitnehmers, der Vorbereitungshandlungen zur Errichtung eines Betriebsrats oder einer Bordvertretung unternimmt und eine öffentlich beglaubigte Erklärung mit dem Inhalt abgegeben hat, dass er die Absicht hat, einen Betriebsrat oder eine Bordvertretung zu errichten, ist unzulässig, soweit sie aus Gründen erfolgt, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, es sei denn, dass Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen. Der Kündigungsschutz gilt von der Abgabe der Erklärung nach Satz 1 bis zum Zeitpunkt der Einladung zu einer Betriebs-, Wahl- oder Bordversammlung nach § 17 Absatz 3, § 17a Nummer 3 Satz 2, § 115 Absatz 2 Nummer 8 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes, längstens jedoch für drei Monate.

(4) Wird der Betrieb stillgelegt, so ist die Kündigung der in den Absätzen 1 bis 3a genannten Personen frühestens zum Zeitpunkt der Stillegung zulässig, es sei denn, daß ihre Kündigung zu einem früheren Zeitpunkt durch zwingende betriebliche Erfordernisse bedingt ist.

(5) Wird eine der in den Absätzen 1 bis 3a genannten Personen in einer Betriebsabteilung beschäftigt, die stillgelegt wird, so ist sie in eine andere Betriebsabteilung zu übernehmen. Ist dies aus betrieblichen Gründen nicht möglich, so findet auf ihre Kündigung die Vorschrift des Absatzes 4 über die Kündigung bei Stillegung des Betriebs sinngemäß Anwendung.

(1) Die Träger der Eingliederungshilfe arbeiten mit Leistungsanbietern und anderen Stellen, deren Aufgabe die Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen betrifft, zusammen.

(2) Die Stellung der Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts sowie der Verbände der Freien Wohlfahrtspflege als Träger eigener sozialer Aufgaben und ihre Tätigkeit zur Erfüllung dieser Aufgaben werden durch diesen Teil nicht berührt.

(3) Ist die Beratung und Sicherung der gleichmäßigen, gemeinsamen oder ergänzenden Erbringung von Leistungen geboten, sollen zu diesem Zweck Arbeitsgemeinschaften gebildet werden.

(4) Sozialdaten dürfen im Rahmen der Zusammenarbeit nur verarbeitet werden, soweit dies zur Erfüllung von Aufgaben nach diesem Teil erforderlich ist oder durch Rechtsvorschriften des Sozialgesetzbuches angeordnet oder erlaubt ist.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 19. Februar 2013 - 16 Sa 1652/12 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über eine ordentliche Kündigung ihres Vertragsverhältnisses. Die Beklagte stützt sie auf betriebliche Erfordernisse und auf Gründe im Verhalten des Klägers.

2

Die im Jahr 2003 gegründete Beklagte betreibt Planung, Konstruktion und EDV-Anwendung im industriellen Anlagenbau. Ihr Sitz ist L. Der Kläger war ursprünglich einer ihrer zwei einzelvertretungsberechtigten, ab dem Jahr 2010 war er ihr alleiniger Geschäftsführer. Gesellschafter der Beklagten im Jahr 2010 waren die Ehefrau des Klägers und die Gemeinschaft der Erben des ursprünglichen Mitgeschäftsführers je zur Hälfte. Die Beklagte beschäftigt zwischen 50 und 60 Arbeitnehmern. Ein Betriebsrat ist im Betrieb nicht gewählt.

3

Mit notariellem Vertrag vom 27. September 2010 verkauften die damaligen Gesellschafter - vertreten durch den Kläger - ihre Anteile an der Beklagten an die M GmbH (M) mit Sitz in S. Als „Basisbetrag für die Kaufpreisermittlung“ wurde eine Summe festgelegt, die auf einem von beiden Seiten angenommenen bestimmten Gewinn der Beklagten beruhte. Dem wiederum lagen eine Bewertung der Beklagten durch ihren damaligen kaufmännischen Leiter und ein Lagebericht des Klägers zugrunde. Nach Maßgabe einer im Vertrag vereinbarten „earn-out“-Klausel sollte ein Teil des Kaufpreises in seiner Höhe von der tatsächlichen künftigen Entwicklung der Beklagten abhängen.

4

In II. § 9 des Kaufvertrags wurde zur weiteren Tätigkeit des Klägers vereinbart:

        

„1.     

[Der Kläger] wird sein Geschäftsführeramt auf erste Anforderung des Erwerbers niederlegen.

        

2.    

[Der Kläger] sichert dem Erwerber und - im Sinne eines echten Vertrages zugunsten Dritter - dem Unternehmen zu, dass er mindestens bis zum 31.12.2012 weiterhin als Prokurist (Einzelprokurist) dem Unternehmen zur Verfügung steht, es sei denn …

        

3.    

Der bisherige Geschäftsführerdienstvertrag [des Klägers] mit allen zwischenzeitlich vorgenommenen Anpassungen und Zusatzvereinbarungen wird unter Beibehaltung aller darin festgelegten Konditionen und Arbeitszeitregelungen mit der Maßgabe fortgeführt, dass er sich zukünftig auf die Diensttätigkeit [des Klägers] als Prokurist bezieht. Ausgenommen hiervon ist der Zeitraum der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, die nur noch für die Dauer von 9 Monaten gewährt werden wird. …

        

4.    

Des Weiteren wird zwischen dem Erwerber und [dem Kläger] vereinbart, dass dieser auch in seiner Stellung als Prokurist bis zum einvernehmlichen Abschluss der Earn-Out-Regelungen ein unbeschränktes Informations- und Einsichtsrecht in Bezug auf alle Angelegenheiten und Unterlagen des Unternehmens behält. ...“

5

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Kläger das operative Geschäft der Beklagten weiterhin leiten sollte.

6

Noch im September 2010 legte der damit betraute Steuerberater einen „geänderten Zwischenabschluss auf den 31. Juli 2010“ über die Beklagte vor. Aus ihm ergab sich ein Fehlbetrag von mehreren hunderttausend Euro. Nach dem Vorbringen der Beklagten beruhte dieser insbesondere darauf, dass hinter einem in Verantwortung des Klägers auf Aktivseite angebrachten Bilanzposten Forderungen standen, die sich größtenteils als nicht werthaltig erwiesen. Verhandlungen zwischen den Parteien des Kaufvertrags führten am 5. November 2010 zu einem Änderungsvertrag.

7

Mit Beschluss vom 18. November 2010 berief die M den Kläger als Geschäftsführer der Beklagten ab. Statt seiner wurden zwei ihrer eigenen Mitarbeiter - einer ihrer Geschäftsführer und ihr kaufmännischer Leiter - zu Geschäftsführern berufen. Der Kläger erhielt im Dezember 2010 Einzelprokura. In den Folgemonaten kam es zu Unstimmigkeiten und mehrfachen Klarstellungen über die internen Befugnisse des Klägers. Dieser wandte sich insbesondere gegen das Erfordernis einer von der Beklagten - wegen des konzernweit geltenden Vier-Augen-Prinzips - verlangten zweiten Unterschrift.

8

Nach dem berichtigten Jahresabschluss für 2010 betrug der Verlust der Beklagten über 2,1 Mio. Euro. Ab April 2011 übernahm die M bei ihr die betriebswirtschaftliche Federführung für den Bereich Finanzen und Controlling.

9

Mit Beschluss vom 9. Januar 2012 entzog die M dem Kläger intern die Prokura. Mit zwei weiteren Beschlüssen vom selben Tag berief sie mit Wirkung zum 11. Januar 2012 ihren eigenen Geschäftsführer als Geschäftsführer der Beklagten ab und bestellte statt seiner - als zweiten Geschäftsführer - einen anderen ihrer Mitarbeiter.

10

Mit Schreiben vom 10. Januar 2012 kündigte die Beklagte das Vertragsverhältnis mit dem Kläger zum 31. Dezember 2012 und widerrief ihm gegenüber die Prokura. Zugleich stellte sie ihn - widerruflich - von seinen Arbeitspflichten frei.

11

Mit der vorliegenden Klage wehrt sich der Kläger gegen die Kündigung. Er hat die Ansicht vertreten, dringende betriebliche Erfordernisse, die eine Kündigung bedingten, hätten nicht vorgelegen. Die Beklagte habe eine einschlägige unternehmerische Entscheidung jedenfalls nicht vor Abgabe der Kündigungserklärung getroffen. Soweit sie behauptet habe, der neue Geschäftsführer habe seine - des Klägers - Aufgaben übernommen, sei das unrichtig. Er selbst sei nie „wirklich“ Mitglied der Geschäftsleitung der Beklagten, sondern eine von deren insgesamt sieben hierarchisch gleichberechtigten Führungskräften gewesen. Diese verträten sich trotz jeweils spezieller Aufgaben gegenseitig und seien untereinander austauschbar. Er sei zudem sozial schutzwürdiger als einige von ihnen. Zumindest habe die Beklagte ihm eine der zeitgleich ausgeschriebenen Stellen eines CAD-Konstrukteurs, eines Technikers/Konstrukteurs 2D/3D und eines Ingenieurs Anlagen- und Rohrleitungsplanung anbieten müssen. Andere Kündigungsgründe seien nicht gegeben. Seine Vertragspflichten im Rahmen der Bilanzerstellung und Kaufverhandlungen habe er nicht verletzt.

12

Der Kläger hat beantragt

        

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 10. Januar 2012 nicht aufgelöst worden ist.

13

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat behauptet, die M als ihre Gesellschafterin habe sich Anfang Januar 2012 dazu entschlossen, wieder einen Geschäftsführer zu bestellen, der vor Ort tätig sei und das operative Geschäft persönlich leite; die seinerzeit berufenen Geschäftsführer seien beide faktisch in S verblieben. Anlass für diese Entscheidung sei zum einen das Verhalten des Klägers gewesen, zu dem das Vertrauen verloren gegangen sei, zum anderen der Umstand, dass sich die „Konstruktion“ aus formell bestellten Geschäftsführern und einem wie ein Geschäftsführer tätigen Prokuristen nicht bewährt habe. Die Leitung des operativen Geschäfts durch einen „echten“ Geschäftsführer verbessere nicht zuletzt ihren Außenauftritt gegenüber den Kunden.

14

Der Kläger habe als Prokurist unverändert herausgehobene Leitungsaufgaben wahrgenommen. Er sei verantwortlich gewesen für die disziplinarische Führung der Vertriebsmitarbeiter, für die Steuerung des Vertriebs, insbesondere die Akquise von Neukunden und die Pflege des Altkundenbestands, für das Angebotswesen und die Überwachung der laufenden Projekte, für die Sichtung von Bewerbungen und das Führen von Vorstellungsgesprächen, für die Einstellung von Personal, die Überprüfung von Gehältern und Gehaltsanpassungen, für Disziplinarmaßnahmen bis hin zur Kündigung von Mitarbeitern und für die Freigabe von Schulungsmaßnahmen im Rahmen des genehmigten Budgets. Sämtliche Mitarbeiter bis auf ihren kaufmännischen Leiter hätten an ihn berichtet. Der Kläger habe seine Aufgaben allerdings nicht sehr kompetent erfüllt, sondern häufig um Weisungen nachgesucht. Da er im Jahr 2011 einerseits zuviel Personal eingestellt, andererseits rechtswidrige Vorschläge zum Personalabbau unterbreitet habe, habe sie Einstellungen und Entlassungen ab August 2011 von der Zustimmung ihrer Geschäftsführer abhängig gemacht.

15

Die Aufgaben des Klägers hätten vom 10. bis 13. Januar 2012 der abberufene, von da an der neu bestellte Geschäftsführer übernommen. Mit ihren sechs Abteilungsleitern sei der Kläger hierarchisch nicht vergleichbar. Diese seien auch nicht untereinander austauschbar. Die im Internet ausgeschriebenen Stellen seien nicht wirklich zu besetzen gewesen. Die Ausschreibungen hätten der Marktbeobachtung gedient. Zudem verfüge der Kläger nicht über die geforderten Qualifikationen.

16

Im Übrigen sei die Kündigung durch Gründe im Verhalten des Klägers während der Kaufverhandlungen vom September 2010 bedingt.

17

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen. Mit seiner Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe

18

Die Revision ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Bei Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes erweist sich die ausgesprochene Kündigung als durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt. Der Arbeitsplatz des Klägers ist durch die Übertragung seiner Aufgaben auf einen der Geschäftsführer der Beklagten entfallen. Auf mögliche Gründe in seinem Verhalten kommt es nicht an.

19

I. Die Klage ist nicht begründet. Die Kündigung vom 10. Januar 2012 ist rechtswirksam. Das gilt auch dann, wenn sie der sozialen Rechtfertigung nach Maßgabe des Kündigungsschutzgesetzes bedarf.

20

1. Gemäß § 1 Abs. 1 KSchG ist - nach Ablauf der Wartefrist - die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist. Der personelle Geltungsbereich des Gesetzes ist folglich auf Arbeitnehmer beschränkt. Ob der Kläger Arbeitnehmer ist, vermag der Senat nicht abschließend zu beurteilen.

21

a) Der Status des Klägers als Arbeitnehmer steht nicht deshalb fest, weil ersichtlich sowohl beide Parteien als auch die Vorinstanzen vom Bestehen eines Arbeitsverhältnisses ausgegangen sind. Der Senat ist an die übereinstimmende Rechtsauffassung der Parteien nicht gebunden. Die Gerichte können auch zu Gunsten einer Partei von deren Rechtsmeinung abweichen (BAG 11. Dezember 2007 - 1 ABR 73/06 - Rn. 28). Das Landesarbeitsgericht wiederum hat keine tatsächlichen Feststellungen getroffen, die die Arbeitnehmereigenschaft des Klägers auswiesen und Bindungswirkung nach § 559 Abs. 2 ZPO auslösten. Zwar hat es in den Gründen seiner Entscheidung ausgeführt: „Auf das Arbeitsverhältnis findet das Kündigungsschutzgesetz unstreitig Anwendung. Der Kläger ist seit mehr als sechs Monaten als Arbeitnehmer bei der Beklagten beschäftigt …“. Darin liegt jedoch keine den Senat hinsichtlich des Arbeitnehmerstatus bindende Tatsachenfeststellung.

22

aa) Dies ist nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil konkrete Tatsachen, die einer entsprechenden rechtlichen Beurteilung zugrunde lägen, nicht explizit festgestellt worden sind. Die Parteien können bestimmte Tatsachen durch allgemein gebräuchliche, einfache rechtliche Ausdrücke in den Rechtsstreit einführen, wenn diese den Teilnehmern des Rechtsverkehrs geläufig sind und das Vorliegen entsprechender tatsächlicher Umstände mit ihnen in Verbindung gebracht wird. Die Parteien lösen auch auf diese Weise eine Erklärungspflicht der Gegenseite gemäß § 138 Abs. 2 ZPO aus(BAG 6. November 2007 - 1 AZR 862/06 - Rn. 13, BAGE 124, 323; BGH 19. März 2004 - V ZR 104/03 - BGHZ 158, 295; Zöller/Greger ZPO 29. Aufl. § 138 Rn. 2). Im Gebrauch des betreffenden Rechtsbegriffs durch das Landesarbeitsgericht kann dann die komprimierte Feststellung der mit ihm regelmäßig verbundenen Tatsachen iSv. § 559 Abs. 2 ZPO zu erblicken sein.

23

bb) Es muss nicht entschieden werden, ob dies für die Begriffe „Arbeitsverhältnis“ und „Arbeitnehmer“ in Frage kommt. Im Streitfall ist nicht zu erkennen, dass der Kläger den Ausdruck „Arbeitnehmer“ zur Beschreibung seines Rechtsstatus je in diesem tatsächlichen Sinne gebraucht hätte. Sein dienstrechtlicher Status spielte in seinen Schriftsätzen keine spezifische Rolle. Die Beklagte hatte keinen Anlass, der Verwendung des Arbeitnehmerbegriffs durch den Kläger entgegenzutreten. Unter dieser Voraussetzung kommt dem Gebrauch der Rechtsbegriffe in den Urteilsgründen des Landesarbeitsgerichts Bindungswirkung iSv. § 559 Abs. 2 ZPO nicht zu.

24

b) Materiell-rechtlich ist Arbeitnehmer, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist (BAG 15. Februar 2012 - 10 AZR 301/10 - Rn. 13; 14. März 2007 - 5 AZR 499/06 - Rn. 13). Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen. Arbeitnehmer ist nach § 84 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 HGB derjenige Mitarbeiter, der nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann(BAG 25. Mai 2005 - 5 AZR 347/04 - zu I der Gründe mwN, BAGE 115, 1). Der Grad der persönlichen Abhängigkeit hängt auch von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab. Letztlich kommt es für die Beantwortung der Frage, welches Rechtsverhalten im konkreten Fall vorliegt, auf eine Gesamtwürdigung aller maßgeblichen Umstände des betreffenden Falls an. Der jeweilige Vertragstyp ergibt sich dabei aus dem wirklichen Geschäftsinhalt, nicht aus der Bezeichnung ihres Vertragsverhältnisses durch die Parteien (BAG 20. Mai 2009 - 5 AZR 31/08 - Rn. 19).

25

aa) Grundlage der vertraglichen Beziehung zwischen den Parteien waren ursprünglich der „Geschäftsführervertrag“ vom 13. August 2003 und das „Protokoll zur Gesellschafterversammlung“ vom 31. Januar 2006. Nach § 1 Nr. 1 des Vertrags führt der Kläger die Geschäfte der Beklagten mit der erforderlichen Sorgfalt „nach Maßgabe der Gesetze, dieses Vertrages und des Gesellschaftsvertrages“. Nach Nr. 2 der Abrede ist der Kläger als Geschäftsführer „in der Gestaltung seiner Arbeitszeit frei“. In § 6 heißt es: „Der Geschäftsführer hat Anspruch auf einen Jahresurlaub von 30 Arbeitstagen. Kann der Geschäftsführer seinen Jahresurlaub nicht nehmen, weil die Interessen der Gesellschaft entgegenstehen, so ist der Urlaubsanspruch abzugelten. Die Urlaubsabgeltung bemisst sich nach der Höhe des Festgehalts“. Dies sind Regelungen, die den „Geschäftsführervertrag“ vom 13. August 2003 prima facie als Dienstvertrag iSv. § 611 BGB und nicht - was rechtlich möglich wäre(EuGH 11. November 2010 - C-232/09 - [Danosa] Slg. 2010, I-11405; BAG 26. Mai 1999 - 5 AZR 664/98 - zu III 1 der Gründe) - als Arbeitsvertrag ausweisen.

26

bb) In § 9 Nr. 3 des Kaufvertrags vom 10. September 2010 wurde mit Blick auf die Person des Klägers vereinbart, dass „der bisherige Geschäftsführerdienstvertrag … unter Beibehaltung aller darin festgelegten Konditionen und Arbeitszeitregelungen mit der Maßgabe fortgeführt wird, dass er sich zukünftig auf die Diensttätigkeit [des Klägers] als Prokurist bezieht“. Lediglich der Lohnfortzahlungszeitraum sollte von zwölf auf neun Monate verkürzt sein. Nach § 9 Nr. 4 des Vertrags sollte der Kläger auch als Prokurist ein unbeschränktes Recht auf Einsicht in „alle Angelegenheiten und Unterlagen des Unternehmens“ behalten.

27

cc) Danach ist es nicht ausgeschlossen, dass der Kläger von der Beklagten auch nach seiner Abberufung als Geschäftsführer nicht als „Arbeitnehmer“, sondern weiterhin auf der Grundlage eines Dienstvertrags als „freier Dienstnehmer“ beschäftigt wurde. An seinem Tätigkeitsbereich, seinen Aufgaben und im äußeren Ablauf seiner Arbeit hat sich aufgrund des Wechsels vom Geschäftsführer zum einzelvertretungsberechtigten Prokuristen offenbar nichts geändert. Die Parteien wollten übereinstimmend - das hat das Landesarbeitsgericht ausdrücklich festgestellt -, dass der Kläger weiterhin das operative Geschäft der Beklagten leite. Das sollte er ersichtlich sowohl in fachlicher als auch in dienstrechtlicher Hinsicht zu unveränderten Bedingungen tun können, also auch als Prokurist gleichsam „organschaftlich“. Die spätere Vorgabe, für bestimmte rechtsgeschäftliche Erklärungen eine zweite Unterschrift einzuholen, gilt nach dem unwidersprochenen Vorbringen der Beklagten auch für die höchste Leitungsebene. Aus dem bisherigen Parteivortrag erschließt sich nicht, worin dennoch die für den Arbeitnehmerstatus erforderliche persönliche Abhängigkeit des Klägers liegen und wie sie rechtlich begründet worden sein sollte. Seine gehobenen Aufgaben kann man sowohl als Arbeitnehmer als auch als freier Dienstnehmer wahrnehmen. Für die Annahme, die Parteien hätten (konkludent) vereinbart, der Kläger solle unabhängig vom materiell-rechtlichen Status in jedem Fall wie ein Arbeitnehmer behandelt werden, zumindest Kündigungsschutz genießen, fehlt es gleichermaßen an tatsächlichen Grundlagen.

28

2. Der objektiv zutreffende dienstrechtliche Status des Klägers kann für das Ergebnis dahinstehen. Die Klage ist auch dann unbegründet, wenn der Kläger mit seiner Abberufung als Geschäftsführer oder aufgrund späterer Abreden wie ein Arbeitnehmer zu behandeln sein sollte. Die Kündigung der Beklagten vom 10. Januar 2012 hat ein mögliches Arbeitsverhältnis der Parteien aufgelöst. Zwar gilt dann das Kündigungsschutzgesetz. Die Kündigung ist jedoch iSv. § 1 Abs. 2 des Gesetzes sozial gerechtfertigt.

29

a) Auf ein Arbeitsverhältnis der Parteien findet gemäß § 1 Abs. 1, § 23 Abs. 1 Satz 3 seiner Vorschriften das Kündigungsschutzgesetz Anwendung. Der Kläger war seit über acht Jahren bei der Beklagten beschäftigt, wenn die Zeit seiner Tätigkeit als Geschäftsführer mitgerechnet wird; als Prokurist war er es zumindest seit über einem Jahr. Die Beklagte beschäftigte zu Beginn des Jahres 2012 mindestens 50 Arbeitnehmer.

30

b) Die Kündigung vom 10. Januar 2012 ist gemäß § 1 Abs. 2 KSchG durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt, die einer Weiterbeschäftigung des Klägers im Betrieb entgegenstehen.

31

aa) Dringende betriebliche Erfordernisse iSv. § 1 Abs. 2 KSchG liegen vor, wenn die Umsetzung einer unternehmerischen (Organisations-)Entscheidung auf der betrieblichen Ebene spätestens mit Ablauf der Kündigungsfrist zu einem voraussichtlich dauerhaften Wegfall des Bedarfs an einer Beschäftigung des betroffenen Arbeitnehmers führt. Diese Prognose muss schon im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung objektiv berechtigt sein (BAG 23. Februar 2010 - 2 AZR 268/08 - Rn. 17, BAGE 133, 240; 7. Juli 2005 - 2 AZR 399/04 - zu II 4 d dd der Gründe). Ein dringendes „betriebliches“ Erfordernis, das einer Weiterbeschäftigung entgegensteht, ist gegeben, wenn die Arbeitskraft des Arbeitnehmers im Betrieb nicht mehr gefordert ist. Der Arbeitgeber ist grundsätzlich nicht gehalten, nicht mehr benötigte Arbeitsplätze und Arbeitskräfte weiterhin zu besetzen bzw. zu beschäftigen. Dabei kommt es de lege lata nicht darauf an, ob die dem Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses zugrunde liegende unternehmerische (Organisations-)Entscheidung ihrerseits - etwa aus wirtschaftlichen Gründen - „dringend“ war oder die Existenz des Unternehmens auch ohne sie nicht gefährdet gewesen wäre (BAG 20. Juni 2013 - 2 AZR 379/12 - Rn. 20, BAGE 145, 265). In diesem Sinne ist die unternehmerische Entscheidung zur Umorganisation mit Blick auf Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG bis zur Grenze der offensichtlichen Unsachlichkeit, Unvernunft oder Willkür frei. Für eine beschlossene und tatsächlich durchgeführte unternehmerische Organisationsentscheidung spricht dabei die Vermutung, dass sie aus sachlichen - nicht zuletzt wirtschaftlichen - Gründen getroffen wurde und nicht auf Rechtsmissbrauch beruht (BAG 20. Juni 2013 - 2 AZR 379/12 - aaO; 29. März 2007 - 2 AZR 31/06 - Rn. 24).

32

bb) Danach war die Kündigung vom 10. Januar 2012 durch ein dringendes betriebliches Erfordernis bedingt, das einer Weiterbeschäftigung des Klägers im Betrieb entgegenstand. Bei Zugang der Kündigungserklärung war die Prognose berechtigt, spätestens bis zum Ablauf der Kündigungsfrist am Jahresende 2012 werde ein Bedarf an einer Beschäftigung des Klägers nicht mehr bestehen; das ist ausreichend.

33

(1) Der Beschäftigungsbedarf muss bei Zugang der Kündigung nicht schon tatsächlich entfallen sein. Für die Wirksamkeit der Kündigung genügt es, dass jedenfalls die Entwicklungen, die für den künftigen Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit maßgeblich sind, zu diesem Zeitpunkt feststehen, also abschließend geplant sind, und dass die Erwartung berechtigt ist, sie würden sich bis zum Ablauf der Kündigungsfrist realisiert haben (BAG 23. Februar 2010 - 2 AZR 268/08 - Rn. 17, 18, BAGE 133, 240). In diesem Sinne muss der betreffende Kausalverlauf zwar noch nicht beendet, aber bei Kündigungszugang doch bereits in Gang gesetzt worden sein.

34

(2) Hängt der Wegfall des Arbeitsbedarfs von unternehmerisch-organisatorischen Maßnahmen des Arbeitgebers ab, die bei Zugang der Kündigung faktisch noch nicht umgesetzt worden sind, müssen folglich zumindest die Absicht und der Wille des Arbeitgebers, diese Maßnahmen vorzunehmen, schon vorhanden und abschließend gebildet worden sein. Andernfalls lässt sich im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung - auf den es dafür unverzichtbar ankommt - nicht hinreichend sicher prognostizieren, es werde bis zum Ablauf der Kündigungsfrist tatsächlich zum Wegfall des Beschäftigungsbedarfs kommen. Eine Kündigung, die erklärt wurde, ohne dass bei ihrem Zugang bereits festgestanden hätte, aufgrund welcher Maßnahme des Arbeitgebers es zum Arbeitsplatzverlust kommen werde, ist nicht durch dringende betriebliche Erfordernisse, sondern nur durch den Kündigungsentschluss des Arbeitgebers bedingt. Der bloße Kündigungswille des Arbeitgebers wiederum ist kein Grund, der eine Kündigung iSv. § 1 Abs. 2 KSchG sozial rechtfertigen könnte. Dazu bedarf es eines Grundes außerhalb der Kündigung selbst, also eines Grundes, der dem Kündigungsentschluss seinerseits zugrunde liegt. Im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung muss damit die unternehmerische Entscheidung, die zum Wegfall des Beschäftigungsbedarfs führen soll, tatsächlich bereits getroffen worden sein (vgl. BAG 20. Februar 2014 - 2 AZR 346/12 - Rn. 16, 18; 7. Juli 2005 - 2 AZR 399/04 - zu II 4 a und II 4 d dd der Gründe). Der Arbeitgeber muss schon in diesem Zeitpunkt endgültig und vorbehaltlos zur Vornahme einer Maßnahme entschlossen sein, die, wenn sie tatsächlich durchgeführt wird, bis zum Ablauf der Kündigungsfrist den Arbeitsplatzverlust zur Folge hat (BAG 20. Februar 2014 - 2 AZR 346/12 - Rn. 18; 23. Februar 2010 - 2 AZR 268/08 - Rn. 18, BAGE 133, 240).

35

(3) Der fragliche Entschluss unterliegt keinem Formzwang. Auch bei einem mehrköpfigen Entscheidungsgremium, das letztlich nur gemeinsam entscheiden kann, bedarf es dazu in der Regel keines förmlichen Beschlusses. Es genügt, dass ein einzelnes Gremiumsmitglied den betreffenden Entschluss vorbehaltlos gefasst hat und - etwa aufgrund von Erfahrungswerten - fest damit zu rechnen war, die übrigen Mitglieder würden sich dem anschließen (vgl. BAG 7. Juli 2005 - 2 AZR 399/04 - zu II 4 d dd der Gründe).

36

(4) Da der Arbeitgeber gemäß § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG die Tatsachen zu beweisen hat, die die Kündigung bedingen, hat er die tatsächlichen Grundlagen für die Berechtigung der Prognose, bis spätestens zum Ablauf der Kündigungsfrist werde ein Beschäftigungsbedarf entfallen sein, von sich aus schlüssig vorzutragen. Zu diesen Tatsachen gehört der schon bei Kündigungszugang getroffene endgültige Entschluss zur Vornahme einer Maßnahme, die zu einem solchen Wegfall führen werde. Wie substantiiert der Vortrag zu erfolgen hat, hängt von der Einlassung des Arbeitnehmers ab. Zunächst genügt es, wenn der Arbeitgeber - zumindest konkludent - behauptet, er habe seine entsprechende Entscheidung schon vor Zugang der Kündigung getroffen. Wenn der Arbeitnehmer dies mit - in der Regel zunächst ausreichendem - Nichtwissen bestreitet, wird der Arbeitgeber nähere tatsächliche Einzelheiten darlegen müssen, aus denen unmittelbar oder mittelbar geschlossen werden kann, er habe die entsprechende Absicht bereits im Kündigungszeitpunkt endgültig gehabt. Geht es dabei um den inneren Zustand einer einzelnen Person, wird sich das Gericht die Überzeugung von der Wahrheit der Behauptung - wie stets - nach § 286 ZPO bilden müssen. Wenn sich die innere Tatsache nicht in irgendeiner Weise nach außen manifestiert hat, wird es auf die genaue Darlegung des inneren Willensbildungsprozesses der betreffenden Person, die Schlüssigkeit ihrer Angaben und ggf. ihre Glaubwürdigkeit ankommen.

37

(5) Bei Zugang der Kündigung vom 10. Januar 2012 stand zu erwarten, dass der Bedarf an einer Weiterbeschäftigung des Klägers spätestens bei Ablauf der Kündigungsfrist Ende Dezember 2012 entfallen wäre.

38

(a) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hatte die Beklagte am 9. Januar 2012 - schriftlich niedergelegt - beschlossen, dem Kläger die Prokura zu entziehen, den Geschäftsführer der M als ihren Geschäftsführer abzuberufen und statt seiner einen anderen Mitarbeiter der M als Geschäftsführer zu ernennen. Noch im Kündigungsschreiben vom 10. Januar 2012 stellte sie den Kläger von seinen Arbeitspflichten - wenn auch nicht dauerhaft unwiderruflich - frei.

39

(b) Damit hatte sich der Wille der Beklagten, dem Kläger die Befugnis zur internen Geschäftsleitung und zur Vertretungsbefugnis nach außen zu entziehen und einen neuen, stärker vor Ort präsenten und den Kläger funktional ersetzenden Geschäftsführer zu berufen, im Kündigungszeitpunkt bereits deutlich manifestiert. Mit der sofortigen Freistellung des Klägers hat die Beklagte zudem einen Teil ihres Konzepts mit Zugang der Kündigung unmittelbar umgesetzt.

40

(c) Das Landesarbeitsgericht hat ein Übriges getan und durch Vernehmung des abberufenen Geschäftsführers Beweis über die Behauptung der Beklagten erhoben, dieser und ihr zweiter Geschäftsführer hätten „Anfang Januar 2012 den Entschluss gefasst“, bei ihr „statt eines Prokuristen als Leitung des operativen Geschäfts wieder einen Geschäftsführer für die operative Leitung vor Ort einzusetzen“. Es hat sodann für wahr erachtet, dass eine solche unternehmerische Entscheidung in den ersten Januartagen 2012 tatsächlich getroffen worden ist. Den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ist der Kläger mit einer Verfahrensrüge nicht entgegengetreten.

41

(d) Der Beschluss der Beklagten, die Aufgaben des Klägers dem neu berufenen Geschäftsführer zu übertragen, ließ - wenn das Vorhaben tatsächlich umgesetzt würde - den Bedarf an einer Beschäftigung des Klägers entfallen. Zwar würden nicht die Aufgaben des Klägers als solche wegfallen. Sie sollten mit dem neuen Geschäftsführer aber nicht einem anderen Arbeitnehmer übertragen werden - dies liefe auf eine regelmäßig unwirksame „Austauschkündigung“ hinaus, weil der Bedarf an der Beschäftigung von Arbeitnehmern auf diese Weise nicht geringer würde -, sondern sie sollten in der Person des neuen Geschäftsführers künftig von einem „Nicht-Arbeitnehmer“ wahrgenommen werden. Der Kläger hat nicht etwa behauptet, auch der neue Geschäftsführer sei dienstrechtlich in Wahrheit als Arbeitnehmer anzusehen - ungeachtet der Frage nach der Erheblichkeit solchen Vorbringens. Damit würde sich folglich der Bedarf an der Beschäftigung von Arbeitnehmern verringern und der Arbeitsplatz des Klägers entfallen.

42

(e) Eine solche Entscheidung des Arbeitgebers ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die dem Arbeitnehmer durch Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleistete Freiheit der Berufswahl bietet keinen unmittelbaren Schutz gegen den Verlust des Arbeitsplatzes aufgrund privater Dispositionen(BAG 20. Juni 2013 - 2 AZR 379/12 - Rn. 23, BAGE 145, 265). Dem Arbeitgeber ist es kündigungsschutzrechtlich nicht verwehrt, Tätigkeiten, die bisher von Arbeitnehmern geleistet wurden, künftig (echten) freien Mitarbeitern oder Mitgliedern seiner Vertretungsorgane, die keine Arbeitnehmer sind, zu übertragen (BAG 13. März 2008 - 2 AZR 1037/06 - Rn. 14, 30; 20. März 2003 - 8 AZR 97/02 - zu II 2 b der Gründe, BAGE 105, 338). Dies war die vom Landesarbeitsgericht festgestellte Absicht der Beklagten.

43

(f) Die Absicht und Entscheidung der Beklagten ist nicht rechtsmissbräuchlich.

44

(aa) Eine unternehmerisch-organisatorische Entscheidung des Arbeitgebers hat die Vermutung für sich, dass sie aus sachlichen Gründen erfolgt. Rechtsmissbrauch ist die Ausnahme. Er ist deshalb - in aller Regel mit Hilfe von Indizien - vom Arbeitnehmer darzulegen und ggf. zu beweisen (BAG 13. März 2008 - 2 AZR 1037/06 - Rn. 29 mwN).

45

(bb) Der Kläger hat in diesem Zusammenhang vorgebracht, in Wahrheit sei es der Beklagten nicht um eine neue Konzeption gegangen, die in ihrer Konsequenz zum Wegfall seines Arbeitsplatzes führe, sondern allein darum, ihn - den Kläger - „abzubauen“, gleich in welcher Funktion. Er sei der Beklagten „im Weg“ gewesen, insbesondere im Hinblick auf einen Schadensersatzprozess, den - unstreitig - ihre Alleingesellschafterin gegen ihn vor dem Landgericht führe.

46

(cc) Demgegenüber hat das Landesarbeitsgericht als erwiesen angenommen, der Beklagten sei es um die Wahrnehmung der Leitungsaufgaben durch einen auch förmlich als solcher bestellten, vor Ort tätigen Geschäftsführer gegangen. Auf diese Weise habe sie ihrer unerwartet negativen wirtschaftlichen Entwicklung im Jahr 2011 entgegenwirken wollen. Das Konzept, einen Prokuristen mit dem operativen Geschäft vor Ort und die meist ortsabwesenden Geschäftsführer mit vornehmlich überwachenden Aufgaben zu betrauen, habe sich aus Sicht der Beklagten nicht bewährt. Dem ist der Kläger mit zulässigen Verfahrensrügen nicht entgegengetreten.

47

(dd) Die Feststellungen des Landesarbeitsgerichts lassen rechtsmissbräuchliche Motive der Beklagten nicht erkennen. Deren Entscheidung, die Aufgaben des Klägers ihrem neu bestellten Geschäftsführer zu übertragen, beruhte auf sachadäquaten Erwägungen. Ihre zugleich bestehende, erkennbare Unzufriedenheit mit den Leistungen des Klägers stellt diese Beurteilung nicht in Frage. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, auch unter diesem Aspekt sei die Aufgabenübertragung nicht rechtsmissbräuchlich, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Entscheidung der Beklagten wäre selbst dann sachbezogen und objektiv nachvollziehbar, wenn sie ihre Unzufriedenheit mit dem Kläger immerhin zum Anlass genommen hätte, ihr neues Konzept mit seiner Übertragung der Leitungsaufgaben auf die Geschäftsführerebene zu entwickeln und umzusetzen. Im Übrigen entsprach die beabsichtigte Konstruktion derjenigen, die noch gut ein Jahr zuvor mit dem Kläger selbst als Geschäftsführer bestanden hatte.

48

(g) Die Beklagte hat ihren Organisationsentschluss tatsächlich umgesetzt.

49

(aa) Das Landesarbeitsgericht hat als Ergebnis seiner Beweisaufnahme festgestellt, der neu bestellte Geschäftsführer habe ab dem 11. Januar 2012 - einem Tag nach der Freistellung des Klägers - die Leitung des operativen Geschäfts der Beklagten vor Ort auch faktisch übernommen. Einzig dieser und nicht (zusätzlich) ein sonstiger Mitarbeiter habe von da an sämtliche Funktionen wahrgenommen, die bislang dem Kläger übertragen gewesen seien. Der Kläger sei dem entsprechenden, ins Einzelne gehenden Vorbringen der Beklagten nicht substantiiert entgegengetreten.

50

(bb) Die dagegen gerichtete Verfahrensrüge ist nicht berechtigt. Der Kläger hält dem Landesarbeitsgericht vor, es habe seinen Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt, weil es seinen Vortrag übergangen habe, ihm seien sämtliche kaufmännischen Befugnisse, die Informationswege und das Controlling längst entzogen gewesen. Demgegenüber ist das Landesarbeitsgericht unter B. III. 1. a) cc) seiner Entscheidungsgründe gerade davon ausgegangen, der Kläger habe die kaufmännische Leitung der Beklagten nicht mehr inne gehabt. Es hat lediglich angenommen, er habe weiterhin die operative Verantwortung für deren Geschäfte getragen und wahrgenommen.

51

cc) Der Kläger konnte nicht auf einem anderen freien Arbeitsplatz iSv. § 1 Abs. 2 Satz 2 KSchG weiterbeschäftigt werden. Das hätte vorausgesetzt, dass ein Arbeitsplatz zu gleichwertigen oder schlechteren Bedingungen tatsächlich frei gewesen wäre und er über die für die entsprechende Tätigkeit erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse verfügte (vgl. BAG 5. Juni 2008 - 2 AZR 107/07 - Rn. 17 mwN). Das war nicht der Fall.

52

(1) Der Kläger hat sich in diesem Zusammenhang auf die von der Beklagten zu Ende des Jahres 2011 ausgeschriebenen Stellen berufen.

53

(2) Demgegenüber hat das Landesarbeitsgericht festgestellt, dass der Kläger - ungeachtet der Frage, ob sie überhaupt besetzt werden sollten - für keine der drei Stellen die erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse besaß. Dies gelte insbesondere mit Blick auf die verlangte Technikerausbildung bzw. das vorausgesetzte Studium des Maschinenbaus, der Verfahrens- oder der Versorgungstechnik. Mit Recht ist das Landesarbeitsgericht dabei - unausgesprochen - davon ausgegangen, dass es Sache des Arbeitgebers ist, das Profil neu zu besetzender Stellen und die mit ihm verbundenen Anforderungen an Ausbildung und Fähigkeiten der künftigen Stelleninhaber festzulegen.

54

(3) Die in diesem Zusammenhang erhobenen Einwände des Klägers sind unbeachtlich. Dieser tritt den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht mit einer zulässigen Verfahrensrüge iSv. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO, sondern mit Ausführungen zum richtigen Verständnis des in den Ausschreibungen verwendeten Begriffs „bevorzugte Fähigkeiten“ und mit dem Vorwurf entgegen, die Beklagte habe nicht dargelegt, warum er in die Aufgaben nicht habe eingearbeitet oder entsprechend habe fortgebildet werden können. Zu beiden Punkten hatte er bis dahin Vortrag nicht gehalten. Mit beidem kann er in der Revisionsinstanz nicht mehr gehört werden.

55

c) Die aufgrund dringender betrieblicher Erfordernisse iSv. § 1 Abs. 2 KSchG erklärte Kündigung vom 10. Januar 2012 ist nicht wegen einer fehlerhaften Sozialauswahl gemäß Abs. 3 der Vorschrift sozial ungerechtfertigt. Der Kläger, den nach § 1 Abs. 3 Satz 3 KSchG insoweit die Darlegungslast trifft, hat Fehler bei der Sozialauswahl nicht schlüssig aufgezeigt.

56

aa) Die Beklagte hat vorgetragen, der Kläger sei mit einem ihrer sechs Abteilungsleiter - den Mitgliedern des von ihm so bezeichneten „Führungskreises“ - wegen seiner hierarchisch deutlich höheren Stellung nicht vergleichbar.

57

bb) Dieses Vorbringen ist nach dem Inhalt des für die Befugnisse des Klägers weiterhin maßgebenden Geschäftsführervertrags, angesichts des Umstands, dass beide Parteien davon ausgingen, der Kläger solle das operative Geschäft der Beklagten weiterhin leiten, und des unwidersprochenen Vorbringens der Beklagten, sämtliche Mitarbeiter mit Ausnahme ihres kaufmännischen Leiters hätten an den Kläger berichtet, ohne Weiteres schlüssig und plausibel. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, es sei unter diesen Umständen Sache des Klägers gewesen darzulegen, weshalb er sich in hierarchischer Hinsicht in Wirklichkeit vom Kreis der übrigen Führungskräfte nicht unterschieden habe. Das Vorbringen des Klägers lässt stattdessen jede konkrete Beschreibung der Aufgaben und Tätigkeiten vermissen, die er selbst und die die von ihm als vergleichbar angesehenen Mitarbeitern tatsächlich wahrgenommen haben.

58

d) Ob auch Gründe im Verhalten des Klägers die Kündigung iSv. § 1 Abs. 2 KSchG bedingen, kann dahinstehen.

59

II. Die Kündigung vom 10. Januar 2012 ist nicht aus Gründen außerhalb des KSchG unwirksam.

60

1. Unwirksamkeitsgründe aus § 242 BGB, die nicht schon von § 1 KSchG erfasst wären, oder solche aus §§ 134, 138 BGB sind nicht ersichtlich.

61

2. Ebenso wenig sind die Voraussetzungen des § 612a BGB gegeben. Die Kündigung ist keine Reaktion der Beklagten darauf, dass der Kläger ihr gegenüber seine Rechte ausgeübt hätte. Einen solchen Zusammenhang hat das Landesarbeitsgericht zu Recht verneint. Es fehlt bereits an schlüssigem Vorbringen des Klägers.

62

III. Nach § 97 ZPO hat der Kläger die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Kreft    

        

    Niemann    

        

    Berger    

        

        

        

    Alex    

        

    Bartz    

                 

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 8. August 2012 - 2 Sa 1733/11 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten in erster Linie darüber, ob das zwischen ihnen befristete Arbeitsverhältnis am 11. Oktober 2011 beendet worden ist. Hilfsweise erstrebt die Klägerin ihre Wiedereinstellung und Weiterbeschäftigung.

2

Die Beklagte - ein Unternehmen der chemischen Industrie - schloss mit der Klägerin am 5. Oktober 2009 einen schriftlichen, bis zum 11. Oktober 2010 sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrag.

3

Im Frühjahr 2010 wurde die Klägerin in den bei der Beklagten bestehenden Betriebsrat gewählt. Am 24. September 2010 vereinbarten die Parteien eine Verlängerung ihres Arbeitsverhältnisses bis zum 11. Oktober 2011. Mit Schreiben vom 12. Juli 2011 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie nach Ablauf der Befristung des Arbeitsvertrags nicht weiterbeschäftigt werden könne. Die Beklagte hat auch bei vier anderen Arbeitnehmern die befristeten Arbeitsverhältnisse nicht verlängert.

4

Mit ihrer am 2. August 2011 beim Arbeitsgericht eingegangenen und der Beklagten am 5. August 2011 zugestellten Klage hat die Klägerin zunächst nur die Feststellung begehrt, dass ihr Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der Befristung zum 11. Oktober 2011 ende. Sie hat die Ansicht vertreten, die streitbefangene Befristung sei wegen der gebotenen extensiven Auslegung des § 15 KSchG unwirksam. In der Berufungsinstanz hat sie außerdem - hilfsweise - einen Wiedereinstellungsanspruch geltend gemacht. Sie hat hierzu vorgetragen, befristete Arbeitsverhältnisse würden bei der Beklagten regelmäßig verlängert oder „entfristet“. Die übliche Übernahme in ein Arbeitsverhältnis sei ihr nur aufgrund der Tätigkeit im Betriebsrat verweigert worden. Bei der Beklagten bestehe ein Bedarf an der Beschäftigung von Chemielaboranten. Gerade im Zeitraum des Auslaufens ihres befristeten Vertrags habe die Beklagte andere Beschäftigte in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen und tatsächlich weiterbeschäftigt.

5

Die Klägerin hat zuletzt beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen ihr und der Beklagten nicht aufgrund einer Befristung zum 11. Oktober 2011 beendet ist, sondern als unbefristetes Arbeitsverhältnis über den 11. Oktober 2011 hinaus fortbesteht;

        

2.    

hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu 1.,

                 

die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin mit Wirkung zum 12. Oktober 2011 ein Angebot auf Abschluss eines Arbeitsvertrags zu unterbreiten, wonach die Klägerin unbefristet und im Übrigen zu den Arbeitsbedingungen aus dem mit ihr geschlossenen und einmal verlängerten Arbeitsvertrag vom 5. Oktober 2009 zu beschäftigen ist;

        

3.    

hilfshilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu 1. und dem Hilfsantrag zu 2.,

                 

die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin mit Wirkung zum 12. Oktober 2011 den Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrags mit im Übrigen den nachgenannten Arbeitsbedingungen zu unterbreiten:

                 

§ 1 Beginn des Anstellungsvertrages

                 

Die Arbeitnehmerin erhält mit Wirkung vom 12. Oktober 2011 einen Arbeitsvertrag als Chemielaborantin im Labor im Bereich ICP.

                 

Bei Bedarf erklärt sich die Arbeitnehmerin bereit, auch an anderer Stelle im Unternehmen und unter zumutbaren Bedingungen vergleichbare Aufgaben wahrzunehmen.

                          
                 

§ 2 Kündigungsfristen

                 

Das Arbeitsverhältnis wird auf unbestimmte Zeit geschlossen.

                 

Die Kündigungsfristen richten sich nach dem Tarifvertrag der chemischen Industrie.

                 

Im Falle einer Kündigung ist die Firma berechtigt, die Mitarbeiterin bis zum Vertragsende freizustellen.

                          
                 

§ 3 Vergütung

                 

Das monatliche Bruttogehalt beträgt nach dem Tarif der chemischen Industrie:

                 

E 7 / Anfangssatz = 2.471,00 Euro

                 

Die Vergütung wird jeweils am Ende des Monats fällig.

                 

Die Zahlung erfolgt bargeldlos auf das der Firma bekannte Konto der Arbeitnehmerin.

                 

Außerdem erhält die Mitarbeiterin bei Teilnahme einen Zuschuss zum Werksessen von 0,77 Euro pro Mahlzeit.

                          
                 

§ 4 Arbeitszeit / Überstunden

                 

Die Arbeitszeit beträgt derzeit wöchentlich 37,50 Stunden gem. Tarifvertrag ohne Berücksichtigung von unbezahlten Pausen.

                 

Der Arbeitsbeginn und das Arbeitsende sowie die unbezahlten Pausen sind in einer besonderen Betriebsvereinbarung geregelt.

                 

Die Firma ist berechtigt, aus dringenden betrieblichen Erfordernissen eine Änderung der Arbeitszeitaufteilung vorzunehmen, bzw. auch Überstunden anzuordnen. Die Überstunden einschließlich Zulagen werden nach Absprache mit der Firma durch Freizeit ausgeglichen.

                          
                 

§ 5 Urlaub

                 

Der Urlaubsanspruch richtet sich nach den tarifvertraglichen Regelungen. Er beträgt z. Zt. 30 Arbeitstage (ohne Sonnabende) pro Kalenderjahr. Für jeden Urlaubstag erhält die Mitarbeiterin ein zusätzliches Urlaubsgeld von 20,45 Euro.

                          
                 

§ 6 Nebentätigkeit

                 

Die Arbeitnehmerin verpflichtet sich, ihre ganze Arbeitskraft im Interesse des Arbeitgebers einzusetzen. Sie verpflichtet sich, jede bei Vertragsabschluss bereits ausgeübte oder später beabsichtigte entgeltliche Nebentätigkeit dem Arbeitgeber unaufgefordert und rechtzeitig mitzuteilen.

                 

Der Arbeitgeber ist berechtigt, der Mitarbeiterin die Nebentätigkeit zu untersagen, wenn und soweit dadurch eine Konkurrenzsituation gegenüber dem Arbeitgeber entsteht, gegen Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes verstoßen wird, die ordnungsgemäße Erfüllung der Pflichten der Arbeitnehmerin aus diesem Arbeitsverhältnis gefährdet wird oder sonstige berechtigte Interessen des Arbeitgebers erheblich beeinträchtigt werden können.

                          
                 

§ 7 Arbeitsverhinderung

                 

Die Arbeitnehmerin ist verpflichtet, im Falle einer Arbeitsverhinderung infolge Krankheit oder aus sonstigen Gründen der Firma unverzüglich Mitteilung zu machen. Bei Arbeitsunfähigkeit infolge Erkrankung hat die Mitarbeiterin der Firma spätestens am dritten Tag der Erkrankung eine ärztliche Bescheinigung vorzulegen, aus der sich die Dauer der voraussichtlichen Arbeitsunfähigkeit ergibt.

                          
                 

§ 8 Verschwiegenheitspflicht

                 

Die Arbeitnehmerin verpflichtet sich, über die ihr bekannt gewordenen oder anvertrauten Geschäftsvorgänge sowie über alle sonstigen betrieblichen Angelegenheiten sowohl während der Dauer des Arbeitsverhältnisses, als auch nach dessen Beendigung, Dritten gegenüber Stillschweigen zu bewahren. Bei Beendigung des Anstellungsverhältnisses sind alle betrieblichen Unterlagen sowie etwa angefertigte Abschriften oder Kopien an die Firma herauszugeben.

                          
                 

§ 9 Betriebliche Regelungen / Tarifvertrag

                 

Die Betriebsordnung und die bestehenden Betriebsvereinbarungen können im Personalbüro eingesehen werden.

                 

Ergänzend gelten die Regelungen des Tarifvertrages der chemischen Industrie in seiner jeweils geltenden Fassung.

                          
                 

§ 10 Nebenabreden

                 

Nebenabreden und Änderungen des Vertrages bedürfen zu ihrer Rechtsgültigkeit der Schriftform.

                 

Dieses Formerfordernis kann weder mündlich noch stillschweigend aufgehoben oder außer Kraft gesetzt werden.

                          
                 

§ 11 Ansprüche aus diesem Arbeitsverhältnis

                 

Diese sind spätestens zwei Monate nach Ende der Beschäftigung geltend zu machen, da sie andernfalls ersatzlos verfallen.

                          
                 

§ 12 Sonstiges

                 

Eine etwaige Ungültigkeit einzelner Vertragsbestimmungen berührt die Wirksamkeit der übrigen Bestimmungen nicht.

                          
        

4.    

im Falle des Obsiegens mit den Hauptanträgen oder dem Hilfsantrag oder dem Hilfshilfsantrag die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen, jedoch unbefristet tatsächlich als Chemielaborantin weiterzubeschäftigen.

6

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Der Klageänderung in der Berufungsinstanz hat sie widersprochen. Sie hat sich auf den Standpunkt gestellt, die Befristung sei nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG zulässig; sie habe die Klägerin nicht benachteiligt.

7

Das Arbeitsgericht hat die - bei ihm allein angefallene - Befristungskontrollklage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen; die Klageänderung hat es für sachdienlich, den ihr zugrunde liegenden Anspruch aber für unbegründet gehalten. Mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landesarbeitsgericht hat die Befristungskontrollklage und den auf Wiedereinstellung gerichteten Hilfsantrag zu Recht abgewiesen. Die weiteren Hilfsanträge fallen nicht zur Entscheidung an.

9

I. Die zulässige, mit dem Hauptantrag verfolgte Befristungskontrollklage ist unbegründet.

10

1. Wie die gebotene Auslegung des Antrags ergibt, verfolgt die Klägerin damit ausschließlich eine Befristungskontrollklage nach § 17 Satz 1 TzBfG. Dem Antragsbestandteil „… sondern als unbefristetes Arbeitsverhältnis über den 11. Oktober 2011 hinaus fortbesteht“ kommt keine eigenständige Bedeutung als allgemeine Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO zu. Andere Beendigungstatbestände als die Befristungsabrede sind zwischen den Parteien nicht im Streit.

11

2. Der Antrag ist unbegründet. Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat, ist die kalendermäßige Befristung wirksam.

12

a) Die Befristung gilt nicht bereits nach § 17 Satz 2 TzBfG iVm. § 7 Halbs. 1 KSchG als wirksam, denn die Klägerin hat deren Rechtsunwirksamkeit rechtzeitig geltend gemacht. Mit ihrer der Beklagten am 5. August 2011 zugestellten Klage hat sie die Klagefrist des § 17 Satz 1 TzBfG eingehalten. Diese wird nach ständiger Rechtsprechung des Senats auch durch die Erhebung einer Klage vor dem Ablauf der vereinbarten Vertragslaufzeit gewahrt (vgl. BAG 2. Juni 2010 - 7 AZR 136/09 - Rn. 13 mwN, BAGE 134, 339).

13

b) Die Befristung ist nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG zulässig.

14

aa) Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG ist die Befristung eines Arbeitsvertrags ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von zwei Jahren ist auch die höchstens dreimalige Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrags zulässig. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die Klägerin hat einen kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrag mit der Beklagten geschlossen, dessen Gesamtdauer - vom 12. Oktober 2009 bis 11. Oktober 2011 - zwei Jahre nicht überschreitet. Bei der streitbefangenen Befristung handelt es sich um die erste Vertragsverlängerung innerhalb dieser Gesamtdauer.

15

bb) Das Mandat und die Tätigkeit der Klägerin als Mitglied des Betriebsrats stehen der Anwendung von § 14 Abs. 2 TzBfG nicht entgegen.

16

(1) Wie der Senat mit Urteil vom 5. Dezember 2012 (- 7 AZR 698/11 - BAGE 144, 85) entschieden und ausführlich begründet hat, enden die nach § 14 Abs. 2 TzBfG sachgrundlos befristeten Arbeitsverhältnisse von Betriebsratsmitgliedern ebenso wie diejenigen anderer Arbeitnehmer mit Ablauf der vereinbarten Befristung. Der Anwendungsbereich des § 14 Abs. 2 TzBfG ist weder aus Gründen nationalen Rechts noch aus unionsrechtlichen Gründen teleologisch zu reduzieren(BAG 5. Dezember 2012 - 7 AZR 698/11 - Rn. 36 ff., aaO). An dieser Rechtsprechung, die bislang im Schrifttum überwiegend Zustimmung erfahren hat (vgl. Buchholz ZBVR online 2013 Nr. 6 S. 9; Kaiser Anm. AP TzBfG § 14 Nr. 102; Ulrici/Uhlig jurisPR-ArbR 27/2013 Anm. 2), hält der Senat uneingeschränkt fest. Entgegen der Auffassung der Klägerin folgt auch aus dem für Arbeitnehmervertreter in § 15 KSchG geregelten Sonderkündigungsschutz keine Unzulässigkeit einer in den Grenzen des § 14 Abs. 2 TzBfG verabredeten Befristung des Arbeitsvertrags mit einem Betriebsratsmitglied. § 15 Abs. 1 Satz 1 KSchG schützt die Amtsträger vor (ordentlichen) Kündigungen, nicht vor der sonstigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses(vgl. zB APS/Linck 4. Aufl. § 15 KSchG Rn. 14; KR-Etzel 10. Aufl. § 15 KSchG Rn. 14). Bei der Beendigung eines befristeten Arbeitsvertrags mit einem Mandatsträger wegen Zeitablaufs ist § 15 KSchG daher nicht anzuwenden(vgl. BAG 17. Februar 1983 - 2 AZR 481/81 - zu B IV 2 der Gründe, BAGE 41, 391). Während des Sonderkündigungsschutzes gelten Befristungsabreden uneingeschränkt fort (BAG 18. Februar 1993 - 2 AZR 526/92 - zu II 3 b aa (1) der Gründe; ganz hM auch im Schrifttum, vgl. zB ErfK/Kiel 14. Aufl. § 15 KSchG Rn. 2 mwN).

17

(2) Von der Fallgestaltung, die dem Urteil des Senats vom 5. Dezember 2012 (- 7 AZR 698/11 - BAGE 144, 85) zugrunde lag, unterscheidet sich der vorliegende Fall allerdings insoweit, als hier - anders als dort - die streitbefangene Befristung nicht vor, sondern während der Amtszeit des Betriebsratsmitglieds vereinbart wurde. In einem solchen Fall kann auch die Befristungsabrede als solche unwirksam sein, wenn dem Betriebsratsmitglied nur wegen seiner Betriebsratstätigkeit lediglich ein befristetes statt eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses angeboten wird (vgl. BAG 5. Dezember 2012 - 7 AZR 698/11 - Rn. 47, aaO). Im vorliegenden Fall gibt es aber keine Anhaltspunkte für die Annahme, die Beklagte hätte die streitbefangene Befristung nur deshalb anstelle eines unbefristeten Vertrags mit der Klägerin verabredet, weil diese im Zeitpunkt der Befristungsvereinbarung am 24. September 2010 Betriebsratsmitglied war. Dergleichen hat auch die Klägerin nicht behauptet; sie hat immer nur vorgebracht, ihr sei wegen des Betriebsratsmandats im Anschluss an den bis zum 11. Oktober 2011 verlängerten Vertrag kein unbefristeter Anschlussvertrag angeboten worden.

18

II. Der erstmals in der Berufungsinstanz gestellte, auf die Verurteilung zur Abgabe eines Vertragsangebots gerichtete echte Hilfsantrag ist ebenfalls zulässig, aber unbegründet.

19

1. Der Antrag ist zulässig.

20

a) Der Zulässigkeit des Antrags steht nicht entgegen, dass er erst in der Berufungsinstanz angebracht wurde. Das Landesarbeitsgericht hat die Voraussetzungen einer Klageänderung in der Berufungsinstanz nach § 533 ZPO bejaht und über den Antrag sachlich entschieden. Das ist in der Revisionsinstanz nicht mehr zu überprüfen (vgl. BAG 21. April 2009 - 3 AZR 674/07 - Rn. 15 mwN; BGH 25. Oktober 2007 - VII ZR 27/06 - Rn. 9).

21

b) Der Antrag ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

22

aa) Ein auf die Abgabe einer Willenserklärung gerichteter Antrag ist bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, wenn er so gefasst ist, dass der Inhalt der nach § 894 Satz 1 ZPO fingierten Erklärung klar ist. Geht es um den Abschluss eines Arbeitsvertrags, muss die nach § 894 Satz 1 ZPO als abgegeben geltende Willenserklärung den für eine Vertragseinigung notwendigen Mindestinhalt umfassen (essentialia negotii). Nach § 611 Abs. 1 BGB gehören hierzu auf jeden Fall die „versprochenen Dienste“, also Art und Beginn der Arbeitsleistung. Der Umfang der Arbeitsleistung und die Dauer des Arbeitsverhältnisses bestimmen sich ggf. nach den üblichen Umständen. Eine Einigung über weitere Inhalte ist nicht erforderlich, solange klar ist, dass eine bezahlte Tätigkeit vereinbart ist (vgl. hierzu näher BAG 13. Juni 2012 - 7 AZR 169/11 - Rn. 20 mwN).

23

bb) Danach ist vorliegend der Inhalt des mit der Angebotserklärung zu unterbreitenden Arbeitsvertrags ausreichend konkretisiert. Der Zeitpunkt der Wirkung der Willenserklärung ist bezeichnet. Die wesentlichen Vertragsbestandteile sind wegen der Bezugnahme auf die bisherigen Arbeitsbedingungen hinlänglich beschrieben.

24

c) Dem Antrag fehlt nicht das Rechtsschutzbedürfnis, weil die Klägerin auch die Möglichkeit gehabt hätte, selbst ein Vertragsangebot abzugeben und auf dessen Annahme durch die Beklagte zu klagen. Ein berechtigtes Interesse an der Abgabe eines Angebots durch die Beklagte, über dessen Annahme die Klägerin sodann entscheiden kann, hat sie bereits deshalb, weil es im Falle des Zustandekommens des Vertrags kein einseitiges, § 12 Satz 1 KSchG entsprechendes Lösungsrecht des Arbeitnehmers gibt(vgl. BAG 9. Februar 2011 - 7 AZR 91/10 - Rn. 23).

25

2. Der Antrag ist unbegründet.

26

a) Dies folgt nicht bereits daraus, dass die Klägerin eine Angebotserklärung zum Abschluss eines Arbeitsvertrags „mit Wirkung zum 12. Oktober 2011“ begehrt. Eine rückwirkende Begründung eines Arbeitsverhältnisses durch Urteil, die mit der Fiktion der Abgabe der Angebotserklärung vorbereitet werden soll, ist zulässig (vgl. BAG 9. Februar 2011 - 7 AZR 91/10 - Rn. 26 mwN).

27

b) Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Abgabe eines Vertragsangebots durch die Beklagte. Ein solcher ergibt sich vorliegend insbesondere nicht aus § 78 Satz 2 BetrVG iVm. § 280 Abs. 1, § 823 Abs. 2, § 249 Abs. 1 BGB. Diese Regelungen sind zwar grundsätzlich geeignet, einen auf Abschluss eines Folgevertrags gerichteten Anspruch eines befristet beschäftigten Betriebsratsmitglieds zu begründen, wenn ein solcher vom Arbeitgeber gerade wegen der Betriebsratstätigkeit verweigert wird. Dies war vorliegend aber nicht der Fall.

28

aa) § 78 Satz 2 BetrVG iVm. § 280 Abs. 1, § 823 Abs. 2, § 249 Abs. 1 BGB können einen Anspruch eines befristet beschäftigten Betriebsratsmitglieds auf Abschluss eines Folgevertrags begründen, wenn der Arbeitgeber einen solchen gerade wegen der Betriebsratstätigkeit ablehnt.

29

(1) Nach § 78 Satz 1 BetrVG dürfen die Mitglieder des Betriebsrats und anderer - näher bezeichneter - Gremien in der Ausübung ihrer Tätigkeit nicht gestört oder behindert werden. Gemäß § 78 Satz 2 BetrVG dürfen sie wegen ihrer Tätigkeit nicht benachteiligt oder begünstigt werden; dies gilt auch für ihre berufliche Entwicklung. Eine Benachteiligung iSv. § 78 Satz 2 BetrVG ist jede Schlechterstellung im Vergleich zu anderen Arbeitnehmern, die nicht auf sachlichen Gründen, sondern auf der Tätigkeit als Betriebsratsmitglied beruht. Eine Benachteiligungsabsicht ist nicht erforderlich. Es genügt die objektive Schlechterstellung gegenüber Nichtbetriebsratsmitgliedern (vgl. BAG 20. Januar 2010 - 7 ABR 68/08 - Rn. 11; 5. Dezember 2012 - 7 AZR 698/11 - Rn. 47, BAGE 144, 85). Die verbotene Benachteiligung kann sowohl in einer einseitigen Maßnahme des Arbeitgebers als auch in einer vertraglichen Vereinbarung liegen. Eine Maßnahme rechtsgeschäftlicher oder tatsächlicher Art kann auch in einem Unterlassen liegen, etwa indem einem von § 78 Satz 2 BetrVG geschützten Mandatsträger Vorteile vorenthalten werden, die der Arbeitgeber anderen Arbeitnehmern gewährt(BAG 5. Dezember 2012 - 7 AZR 698/11 - Rn. 47, aaO; vgl. zu § 612a BGB BAG 21. September 2011 - 7 AZR 150/10 - Rn. 34 mwN). Die Nichtübernahme eines befristet beschäftigten Betriebsratsmitglieds in ein unbefristetes oder auch nur in ein weiteres befristetes Arbeitsverhältnis stellt daher eine nach § 78 Satz 2 BetrVG unzulässige Benachteiligung dar, wenn sie gerade wegen der Betriebsratstätigkeit oder wegen des Betriebsratsmandats erfolgt(vgl. BAG 5. Dezember 2012 - 7 AZR 698/11 - Rn. 47, aaO; Thüsing in Richardi BetrVG 14. Aufl. § 78 Rn. 23).

30

(2) Benachteiligt der Arbeitgeber unter Verstoß gegen § 78 Satz 2 BetrVG ein befristet beschäftigtes Betriebsratsmitglied, indem er wegen dessen Betriebsratstätigkeit den Abschluss eines Folgevertrags ablehnt, hat das Betriebsratsmitglied sowohl nach § 280 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BGB als auch nach § 823 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 BGB Anspruch auf Schadensersatz. § 78 Satz 2 BetrVG begründet ein gesetzliches Schuldverhältnis, auf das, wie auf andere gesetzliche Schuldverhältnisse, § 280 Abs. 1 BGB Anwendung findet(vgl. BGH 25. Oktober 2012 - I ZR 162/11 - Rn. 52; Palandt/Grüneberg 73. Aufl. § 280 Rn. 9). § 78 Satz 2 BetrVG ist, jedenfalls soweit er Benachteiligungen verbietet, auch ein Schutzgesetz iSv. § 823 Abs. 2 BGB(vgl. zu der § 78 Satz 2 BetrVG entsprechenden Regelung des § 107 BPersVG BAG 9. Juni 1982 - 4 AZR 766/79 - BAGE 39, 118; zu § 8 BPersVG BAG 31. Oktober 1985 - 6 AZR 129/83 - zu II 3 a der Gründe; vgl. ferner DKKW-Buschmann 14. Aufl. § 78 Rn. 36; Fitting 27. Aufl. § 78 Rn. 21; Kreutz GK-BetrVG 10. Aufl. § 78 Rn. 23; HWGNRH-Worzalla 9. Aufl. § 78 Rn. 5; Palandt/Sprau 73. Aufl. § 823 Rn. 62a). Nach § 249 Abs. 1 BGB hat, wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Der Schaden ist durch Naturalrestitution auszugleichen. Wenn daher ohne die gegen § 78 Satz 2 BetrVG verstoßende Benachteiligung ein Folgevertrag mit dem Betriebsratsmitglied abgeschlossen worden wäre, kann dieses als Schadensersatz den Abschluss eben eines solchen Vertrags verlangen.

31

(3) Mit Urteil vom 21. September 2011 (- 7 AZR 150/10 -) hat der Senat allerdings entschieden, dass in Fällen der Verletzung des in § 612a BGB normierten Maßregelungsverbots die im Abschluss eines Folgevertrags bestehende Naturalrestitution nach § 249 Abs. 1 BGB aufgrund der entsprechenden Anwendung des § 15 Abs. 6 AGG ausgeschlossen sei. Bei einer Verletzung des § 78 Satz 2 BetrVG ist aber die entsprechende Anwendung von § 15 Abs. 6 AGG weder geboten noch gerechtfertigt(vgl. zu den Voraussetzungen einer Analogie zB BAG 27. Juli 2011 - 7 AZR 402/10 - Rn. 30; 9. Februar 2011 - 7 AZR 221/10 - Rn. 22, BAGE 137, 113).

32

(a) Im Unterschied zum Maßregelungsverbot des § 612a BGB fehlt es beim Benachteiligungsverbot des § 78 Satz 2 BetrVG an einer mit dem Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 iVm. § 1 AGG vergleichbaren Interessenlage. Das AGG verfolgt ebenso wie § 612a BGB im Wesentlichen einen personenbezogenen Schutzzweck. Dagegen schützt § 78 Satz 2 BetrVG ebenso wie § 78 Satz 1 BetrVG neben den Betriebsratsmitgliedern als Personen auch den Betriebsrat als Organ(vgl. zu § 78 Satz 1 BetrVG BAG 12. November 1997 - 7 ABR 14/97 - zu B 1 der Gründe; vgl. ferner DKKW-Buschmann 14. Aufl. § 78 Rn. 15; Fitting 27. Aufl. § 78 Rn. 6; Kreutz GK-BetrVG 10. Aufl. § 78 Rn. 3; Thüsing in Richardi BetrVG 14. Aufl. § 78 Rn. 8; WPK/Preis BetrVG 4. Aufl. § 78 Rn. 1; vgl. zum BPersVG BVerwG 16. Juni 1989 - 6 P 10.86 - BVerwGE 82, 131; Treber in Richardi/Dörner/Weber Personalvertretungsrecht 4. Aufl. § 8 BPersVG Rn. 9 mwN). Die Regelungen sichern zugleich sowohl die Tätigkeit der Betriebsverfassungsorgane als auch die ihrer Mitglieder. Dies zeigt auch die Gesetzesbegründung, wonach der Schutzbereich des § 78 BetrVG gegenüber dem der Vorgängerregelung des § 53 BetrVG 1952 - in dieser war der Betriebsrat ausdrücklich genannt - erweitert und nicht beschränkt werden sollte. So heißt es in der Gesetzesbegründung (BT-Drs. VI/1786 S. 47): „Die Schutzbestimmung des § 78 entspricht im wesentlichen § 53 des geltenden Rechts. Sie dehnt jedoch ihren Geltungsbereich auf Mitglieder aller nach dem Betriebsverfassungsgesetz möglichen Institutionen aus, da insoweit eine gleiche Schutzbedürftigkeit besteht.“

33

(b) Indem § 78 Satz 1 und Satz 2 BetrVG jedenfalls auch den Betriebsrat als Organ schützen, sichern sie ua. auch die sachliche und personelle Kontinuität seiner Arbeit. Sie haben damit insoweit eine vergleichbare Funktion wie andere betriebsverfassungsrechtliche Schutzbestimmungen, die - wie etwa § 15 Abs. 1 Satz 1 KSchG, § 103 BetrVG und § 78a BetrVG - nicht nur die Unabhängigkeit der Mandatsträger, sondern auch die Kontinuität der Betriebsratsarbeit sichern(vgl. BAG 21. Juni 2012 - 2 AZR 343/11 - Rn. 13 mwN; 18. September 1997 - 2 ABR 15/97 - zu C II 2 a der Gründe, BAGE 86, 298; 15. November 2006 - 7 ABR 15/06 - Rn. 24, BAGE 120, 205).

34

(c) Der somit nicht nur individuell personenbezogene, sondern zugleich kollektiv gremienbezogene Normzweck des § 78 Satz 2 BetrVG unterscheidet dieses Benachteiligungsverbot maßgeblich von den personenbezogenen Benachteiligungsverboten des § 7 Abs. 1 iVm. § 1 AGG und des § 612a BGB. Die analoge Anwendung des eine Wiedereinstellung ausschließenden § 15 Abs. 6 AGG verbietet sich damit schon wegen des Fehlens einer vergleichbaren Interessenlage. Eine entsprechende Anwendung des § 15 Abs. 6 AGG wäre mit dem mit § 78 BetrVG auch verfolgten Zweck der Sicherung der Ämterkontinuität des Betriebsrats nicht vereinbar.

35

(4) Besteht zwischen einem Betriebsratsmitglied und dem Arbeitgeber Streit darüber, ob der Arbeitgeber das Betriebsratsmitglied durch die Ablehnung eines Folgevertrags unzulässig wegen seiner Betriebsratstätigkeit benachteiligt hat, gilt im Prozess ein abgestuftes System der Darlegungs-, Einlassungs- und Beweislast.

36

(a) Grundsätzlich trägt das Betriebsratsmitglied, das den Arbeitgeber auf Abschluss eines Folgevertrags in Anspruch nimmt, die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen einer unzulässigen Benachteiligung (vgl. zu § 612a BGB BAG 21. September 2011 - 7 AZR 150/10 - Rn. 37; 23. April 2009 - 6 AZR 189/08 - Rn. 13, BAGE 130, 347). Das entspricht dem allgemeinen Grundsatz, wonach derjenige, der ein Recht für sich in Anspruch nimmt, die Darlegungs- und Beweislast für die anspruchsbegründenden Tatsachen trägt (vgl. etwa BAG 25. April 2013 - 8 AZR 287/08 - Rn. 35).

37

(b) Es gibt keinen Erfahrungssatz, wonach die Entscheidung eines Arbeitgebers, mit einem befristet beschäftigten Betriebsratsmitglied keinen Folgevertrag zu schließen, auf dessen Betriebsratstätigkeit beruht. Daher ist weder Raum für eine entsprechende tatsächliche Vermutung noch für die Grundsätze des Anscheinsbeweises. Auch die Beweislastregel des § 22 AGG(vgl. dazu näher BAG 25. April 2013 - 8 AZR 287/08 - Rn. 36 ff.) findet weder unmittelbar noch entsprechend Anwendung. Allerdings ist durchaus die darin zum Ausdruck kommende gesetzgeberische Wertung zu berücksichtigen, wonach es demjenigen, der eine Benachteiligung aus einem von der Rechtsordnung missbilligten Grund geltend macht, nicht durch die prozessuale Verteilung der Beweislast in unzumutbarer Weise erschwert werden darf, die sich daraus ergebenden Ansprüche gerichtlich durchzusetzen. Insbesondere ist dem Umstand Rechnung zu tragen, dass es sich bei der Frage, ob der Abschluss eines Folgevertrags vom Arbeitgeber wegen der Betriebsratstätigkeit abgelehnt wird, um eine in der Sphäre des Arbeitgebers liegende „innere Tatsache“ handelt, die einer unmittelbaren Wahrnehmung durch den Arbeitnehmer oder Dritte nicht zugänglich ist (vgl. dazu, dass den Schwierigkeiten des Arbeitnehmers, wegen fehlender eigener Kenntnis die Missbräuchlichkeit einer sachgrundlosen Befristung darzulegen, durch die Grundsätze der abgestuften Darlegungs- und Beweislast Rechnung zu tragen ist, BAG 4. Dezember 2013 - 7 AZR 290/12 - Rn. 26; 19. März 2014 - 7 AZR 527/12 - Rn. 26).

38

(c) Hieraus folgt zum einen, dass der klagende Arbeitnehmer trotz fehlender genauer Kenntnis ohne Verstoß gegen seine zivilprozessuale Wahrheitspflicht (§ 138 Abs. 1 ZPO) die Behauptung aufstellen darf, ihm sei gerade wegen seiner Betriebsratstätigkeit der Abschluss eines Folgevertrags verweigert worden (vgl. in diesem Zusammenhang etwa BGH 20. September 2002 - V ZR 170/01 - zu II 2 b der Gründe mwN; 13. Juli 1988 - IVa ZR 67/87 - zu II 1 der Gründe). Der beklagte Arbeitgeber muss sich zu der Behauptung wahrheitsgemäß erklären (§ 138 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO; vgl. dazu BAG 20. November 2003 - 8 AZR 580/02 - zu II 3 b aa der Gründe). Bestreitet er diese nicht ausdrücklich, gilt sie nach Maßgabe des § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden. Eine Erklärung mit Nichtwissen ist, nachdem dem Arbeitgeber seine eigenen Motive bekannt sind, nicht zulässig (§ 138 Abs. 4 ZPO).

39

(d) Der Umstand, dass es sich bei der entscheidungserheblichen Haupttatsache um eine „innere Tatsache“ des Arbeitgebers handelt, bedeutet zum anderen, dass der Arbeitnehmer für das Vorliegen dieser Tatsache - außer einem Antrag nach § 445 Abs. 1 ZPO auf Vernehmung des Arbeitgebers als Partei - keinen unmittelbaren Beweis antreten kann. Vielmehr ist er auf eine Beweisführung durch den Vortrag von Hilfstatsachen (Indizien) verwiesen, die ihrerseits den Schluss auf die zu beweisende Haupttatsache rechtfertigen (vgl. BAG 20. November 2003 - 8 AZR 580/02 - zu II 3 a aa der Gründe; zu § 22 AGG BAG 25. April 2013 - 8 AZR 287/08 - Rn. 37; vgl. auch BGH 26. April 2010 - II ZR 60/09 - Rn. 9). So kann das Betriebsratsmitglied etwa darlegen, dass der Arbeitgeber allen anderen Arbeitnehmern Folgeverträge angeboten hat, oder es kann Äußerungen des Arbeitgebers im Zusammenhang mit der Betriebsratstätigkeit des Arbeitnehmers schildern, welche darauf schließen lassen, dass der Arbeitgeber einen Folgevertrag gerade wegen der Betriebsratstätigkeit abgelehnt hat. Auch zu diesen Hilfstatsachen muss sich der Arbeitgeber nach § 138 Abs. 2 ZPO im Einzelnen konkret erklären. Er hat die Möglichkeit, die Hilfstatsachen zu bestreiten oder seinerseits Umstände darzutun, die geeignet sind, die Indizwirkung der vom Arbeitnehmer vorgetragenen Hilfstatsachen zu entkräften. Insbesondere kann er die Gründe offenlegen, die für ihn maßgeblich waren, mit dem Arbeitnehmer keinen Folgevertrag zu schließen. Hierzu kann sich sodann wiederum der Arbeitnehmer erklären.

40

(e) Nach § 286 Abs. 1 ZPO ist es schließlich Sache des Tatsachengerichts, sich unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme eine Überzeugung darüber zu bilden, ob der Arbeitgeber den Abschluss eines Folgevertrags mit dem befristet beschäftigten Betriebsratsmitglied gerade wegen dessen Betriebsratstätigkeit abgelehnt hat(vgl. BAG 5. Dezember 2012 - 7 AZR 698/11 - Rn. 47, BAGE 144, 85; 20. November 2003 - 8 AZR 580/02 - zu II 3 b bb (4) der Gründe). Dabei darf das Gericht keine unerfüllbaren Beweisanforderungen stellen und keine unumstößliche Gewissheit bei der Prüfung verlangen, ob die Behauptung wahr und bewiesen ist. Vielmehr darf und muss sich der Richter in tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit begnügen, der den Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (vgl. BGH 14. Januar 1993 - IX ZR 238/91 - zu B II 3 a der Gründe mwN). An die Würdigung des Berufungsgerichts ist das Revisionsgericht grundsätzlich gemäß § 559 Abs. 2 ZPO gebunden. Es kann lediglich überprüfen, ob das Berufungsgericht die Voraussetzungen des § 286 Abs. 1 ZPO gewahrt und eingehalten hat(BAG 20. November 2003 - 8 AZR 580/02 - zu II 3 b bb (4) der Gründe).

41

bb) Nach diesen Grundsätzen ist das Landesarbeitsgericht vorliegend in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beklagte nicht gegen § 78 Satz 2 BetrVG verstoßen hat und die Klägerin daher nach § 280 Abs. 1, § 823 Abs. 2 BGB keinen auf Abschluss eines Folgevertrags gerichteten Schadensersatzanspruch hat. Das Landesarbeitsgericht ist von den Grundsätzen einer abgestuften Darlegungs- und Beweislast ausgegangen und hat bei der Subsumtion des festgestellten Sachverhalts alle wesentlichen Umstände widerspruchsfrei berücksichtigt. Es hat die Behauptung der Klägerin geprüft, wonach die Nichtverlängerung des Arbeitsverhältnisses auf ihrer Mitgliedschaft im Betriebsrat beruhe, und dabei den Vortrag der Klägerin gewürdigt, bei der Beklagten würden befristete Arbeitsverhältnisse regelmäßig verlängert und in unbefristete Arbeitsverhältnisse überführt. Es hat ferner in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise angenommen, die Beklagte sei diesem Vortrag substantiiert entgegengetreten, indem sie - von der Klägerin unwidersprochen - vorgetragen habe, dass die von der Klägerin benannten Mitarbeiter Frau G und Herr B nur befristet beschäftigt seien. Außerdem habe die Beklagte vier Mitarbeiter namentlich benannt, deren befristete Arbeitsverhältnisse nicht verlängert worden seien. Schließlich habe die Beklagte nachvollziehbare, in keinem Zusammenhang mit der Betriebsratstätigkeit der Klägerin stehende Gründe dafür vorgetragen, das Arbeitsverhältnis der Klägerin nicht fortzusetzen. Die Klägerin hat diese Feststellungen nicht mit beachtlichen Revisionsrügen angegriffen. Sie hat lediglich versucht, die Würdigung des Landesarbeitsgerichts durch eine eigene, abweichende Würdigung zu ersetzen. Die vom Landesarbeitsgericht gewonnene Überzeugung (§ 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO) ist daher für den Senat bindend (§ 559 Abs. 2 ZPO). Umstände, die ausnahmsweise die Berücksichtigung weiteren Tatsachenvorbringens der Klägerin im Revisionsverfahren rechtfertigen könnten, liegen nicht vor.

42

III. Der „hilfshilfsweise“ gestellte Antrag zu 3. fällt, nachdem der Senat über den ersten Hilfsantrag in der Sache entscheidet, nicht zur Entscheidung an. Er ist nur für den Fall der Unzulässigkeit des ersten Hilfsantrags gestellt.

43

IV. Auch der zu 4. für den Fall des Obsiegens mit dem Befristungskontrollantrag oder mindestens einem der beiden Hilfsanträge gestellte Weiterbeschäftigungsantrag fällt nicht zur Entscheidung an.

44

V. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

      

  Linsenmaier  

        

   Zwanziger   

        

    Kiel    

      

      

        

   Schuh   

        

  Krollmann  

                 
13
a) Die Klägerin macht gegen die Beklagte wegen des Verlusts von Transportgut (Fernsehgeräte) einen Schadensersatzanspruch gemäß Art. 17 Abs. 1, Art. 29 Abs. 1 CMR in Verbindung mit § 435 HGB geltend. Sie muss daher substantiiert darlegen und, da die Beklagte die Sachdarstellung der Klägerin insoweit bestritten hat, auch beweisen, dass das Gut während der Obhutszeit der Beklagten abhandengekommen und wie hoch der eingetretene Schaden ist (st. Rspr.; BGH, Urteil vom 16. November 1995 - I ZR 245/93, TranspR 1996, 72, 74 = VersR 1996, 913 zu § 407 HGB aF; Urteil vom 26. April 2007 - I ZR 31/05, TranspR 2007, 418 Rn. 13 mwN zu Art. 17 CMR; Koller, Transportrecht, 7. Aufl., Art. 17 CMR Rn. 12; MünchKomm.HGB/Jesser-Huß, 2. Aufl., Art. 18 CMR Rn. 5). Dies umfasst neben dem Beweis der Übernahme von Gütern als solchen auch den Nachweis ihrer Identität, ihrer Art, ihrer Menge und ihres Zustands (BGH, TranspR 2007, 418 Rn. 13; Koller aaO Art. 17 CMR Rn. 12). Die Frage, ob der Schadensersatz verlangende Kläger den ihm obliegenden Beweis geführt hat, ist grundsätzlich nach den allgemeinen Regeln des Zivilprozessrechts, insbesondere nach § 286 ZPO, zu beurteilen (BGH, TranspR 2007, 418 Rn. 13; Helm, Frachtrecht II, CMR, Art. 17 Rn. 46). Die Bildung der richterlichen Überzeugung davon, dass sich in dem entwendeten Container bei Übernahme durch die Beklagte Fernsehgeräte in der von der Klägerin behaupteten Anzahl befanden, setzt einen Grad an Gewissheit voraus, der Zweifeln Schweigen gebietet (vgl. BGH, Urteil vom 4. November 2003 - VI ZR 28/03, NJW 2004, 777, 778 = VersR 2004, 118; BGH, TranspR 2007, 418 Rn. 13).

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 21. August 2012 - 6 Sa 1149/11 - aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Befristung des letzten zwischen ihnen geschlossenen Arbeitsvertrages.

2

Die Klägerin arbeitete ab dem 5. Mai 1999 aufgrund mehrfacher Befristung ununterbrochen für den Beklagten im Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität München, Campus G, in der Herzchirurgischen Klinik und Poliklinik. Sie ist promovierte Fachärztin für Herzchirurgie. In diesem Fachgebiet wurde ihr von der Ludwig-Maximilians-Universität unter dem 5. Januar 2011 aufgrund des während des Arbeitsverhältnisses zum Beklagten durchgeführten Habilitationsverfahrens auch die Lehrbefugnis mit dem Recht zur Führung der Bezeichnung Privatdozentin erteilt. Arbeits- und Forschungsschwerpunkt der Klägerin ist Gender-Medizin.

3

Die letzte Befristung beruhte auf einem Dokument, das datiert auf den „26.5.09“ erstellt wurde. Danach wurde das Arbeitsverhältnis der Parteien auf der Basis einer Vollbeschäftigung ab dem 1. Juni 2009 befristet bis zum 28. Februar 2011 verlängert. Als Befristungsbegründung war durch Ankreuzen entsprechender Kästchen in dem vorgedruckten Dokument angegeben zum einen „Beschäftigung nach abgeschlossener Promotion (§ 2 Abs. 1 S. 2 WissZeitVG)“ sowie zum anderen unter Hinweis auf „§ 14 Abs. 1 Nr. 7 TzBfG“ Vergütung aus „Haushaltsmitteln, die haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind,“ und eine entsprechende Beschäftigung. In dem Dokument war ua. der Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte an Universitätskliniken in Bezug genommen. Mit der vorgesehenen Befristung war die Höchstbefristungsdauer nach § 2 Abs. 1 Satz 2 WissZeitVG nicht überschritten. Datiert auf den 3. Juli 2009 wurde die Eingruppierung der Klägerin geändert.

4

Unter dem 26. Mai 2009 erhielt die Klägerin ferner von der Abteilung für Personal und Rechtsangelegenheiten ein Schreiben, das wie folgt lautet:

        

Bestellung zur Oberärztin gem. § 12 des Tarifvertrages für Ärztinnen und Ärzte an Universitätskliniken (TV-Ärzte)

        

Sehr geehrte Frau Dr. E,

        

gemäß § 12 TV-Ärzte werden Sie im Namen und im Auftrag des Klinikumsvorstandes mit Wirkung vom 01.12.2008 zur Oberärztin in der Herzchirurgischen Klinik und Poliklinik bestellt.

        

Die Bestellung erfolgt unbefristet.

        

Es wird hiermit festgestellt, dass die medizinische Verantwortung für den Teil-/Funktionsbereich bereits seit dem 01.12.2008 übertragen wurde.

        

…“    

5

§ 12 TV-Ärzte betrifft die „Eingruppierung“ und lautet auszugsweise:

        

„Ärzte sind entsprechend ihrer nicht nur vorübergehend und zeitlich mindestens zur Hälfte auszuübenden Tätigkeit wie folgt eingruppiert:

        

Entgeltgruppe

Bezeichnung

        

…       

        
        

Ä 3     

Oberärztin/Oberarzt

                 

Oberarzt ist derjenige Arzt, dem die medizinische Verantwortung für Teil- oder Funktionsbereiche der Klinik beziehungsweise Abteilung vom Arbeitgeber übertragen worden ist.

                 

…“    

6

Obwohl sich Ende des Jahres 2010 sowohl der geschäftsführende Oberarzt der Herzchirurgischen Klinik und Poliklinik des Klinikums, in der die Klägerin tätig war, als auch der Klinikdirektor für eine unbefristete Beschäftigung der Klägerin einsetzten, hielt der Beklagte am Ablauf des Arbeitsverhältnisses Ende Februar 2011 fest. Das teilte er der Klägerin unter dem 21. Dezember 2010 mit. Die Klägerin schaltete daraufhin zur Klärung der Wirksamkeit ihrer Befristung ihren späteren Prozessbevollmächtigten ein. Dieser zeigte dem Beklagten mit Schreiben vom 4. Februar 2011 seine Vertretungsbefugnis an, beantragte Akteneinsicht unter Hinweis darauf, es müssten die vollständigen Personalakten im materiellen Sinne vorgelegt werden, und bat um die Möglichkeit zur Erstellung von Kopien bei Gelegenheit der Akteneinsicht. In dem Schreiben heißt es dann weiter:

        

„Im Arbeitsvertrag vom 26.05.2009 wird für die Zeit bis 28.02.2011 nicht auf Beschäftigung aus Drittmitteln und auf Vergütung aus Drittmitteln verwiesen. Wir bitten deshalb um Klarstellung, dass der Arbeitsvertrag nicht zusätzlich, neben beiden genannten Begründungen nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Wissenschaftszeitvertragsgesetz und § 14 Abs. 1 Nr. 7 TzBfG, als Drittmittelbefristung vereinbart worden ist.“

7

Am 15. Februar 2011 nahm der Klägerinvertreter Akteneinsicht. Die Personalakte der Klägerin weist keine frühere Akteneinsicht durch die Klägerin persönlich aus. In der Personalakte befindet sich als „Entwurf“ das Dokument vom 26. Mai 2009 über das befristete Arbeitsverhältnis.

8

Mit Schreiben vom 25. Februar 2011 machte der Klägerinvertreter rechtliche Bedenken gegen die Wirksamkeit der Befristung des Arbeitsverhältnisses der Parteien geltend, erklärte jedoch gleichzeitig, diese Bedenken seien noch nicht abschließend geklärt und über die Frage einer arbeitsgerichtlichen Überprüfung der Befristung noch nicht entschieden, es werde eine einvernehmliche außergerichtliche Lösung mit Weiterarbeit der Klägerin angestrebt.

9

Die Personalabteilung des Klinikums bestellte die Klägerin am 2. März 2011 zu einem Gespräch. Ihr wurde mitgeteilt, eine weitere befristete Beschäftigung sei möglich. Sie müsse jedoch zunächst eine Erklärung unterzeichnen. Diese unter dem Briefkopf des Klinikums der Ludwig-Maximilians-Universität München „Kaufmännische Direktion ABT. II - Personalangelegenheiten“ erstellte Erklärung lautete:

        

„Zwischen dem Freistaat Bayern, vertreten durch das Klinikum der Universität München, und Frau Dr. E wird festgehalten, dass die Parteien sich darüber einig sind, dass der Arbeitsvertrag vom 26.05.2009, zuletzt geändert am 03.07.2009, am 28.02.2011 geendet hat.“

10

Von Seiten des Beklagten war dieses Schriftstück bereits vom Leiter der Abteilung für Personalangelegenheiten unterzeichnet. Die Klägerin unterzeichnete es ebenfalls. Daraufhin wurde ihr das Vertragsangebot für eine befristete Weiterbeschäftigung vorgelegt. Es handelte sich um eine Weiterbeschäftigung für zwei Monate auf einer halben Stelle bei einem Viertel der bisherigen Vergütung. Den dahingehenden Vertrag unterzeichnete die Klägerin nicht. Ihre am 2. März 2011 abgegebene Erklärung ließ sie vorsorglich durch ihren späteren Prozessbevollmächtigten mit Schreiben vom 3. März 2011 anfechten.

11

Eingehend beim Arbeitsgericht am 21. März 2011 und dem Beklagten zugestellt am 28. März 2011 hat die Klägerin Befristungskontrollklage erhoben und ihre Weiterbeschäftigung als Oberärztin verlangt. Mit ihrer Klage hat sie als Anlage in Ablichtung das mit „26.5.09“ datierte Dokument vorgelegt. Es ist mit „Entwurf“ überschrieben und enthält die Unterschrift der Klägerin. Arbeitgeberseitig ist das Schreiben jeweils unter Beifügung des Datums „15.4.09“ mit den Buchstaben „Ba“ und „Ei“ paraphiert.

12

Erstmals in der Berufungsinstanz hat die Klägerin vorgebracht, das Dokument vom 26. Mai 2009 wahre hinsichtlich der Befristungsabrede nicht die Schriftform, da es von Seiten des Arbeitgebers lediglich paraphiert, jedoch nicht unterschrieben sei. Im Hinblick auf Vorhalte des Beklagten erklärte der Klägerinvertreter in der ersten Berufungsverhandlung vor dem Landesarbeitsgericht, die Unterlagen der Klägerin seien nicht vollständig gewesen. Der hier gegenständliche und andere Verträge hätten gefehlt, weswegen er Akteneinsicht beantragt habe. In den Akten des Beklagten habe er nur das vorgelegte Dokument unterzeichnet mit einer Paraphe vorgefunden. Nachdem das Landesarbeitsgericht darauf hingewiesen hatte, der zwischenzeitlich erfolgte Vortrag des Beklagten, in dessen Akten habe sich nur ein Entwurf befunden, das beidseitig unterzeichnete Exemplar sei der Klägerin ausgehändigt worden, sei seitens der Klägerin bislang nicht bestritten worden, hat der Klägerinvertreter weiter erklärt, es müsse bestritten werden, dass der Klägerin ein arbeitgeberseitig unterzeichnetes Vertragsexemplar ausgehändigt worden sei.

13

Die Klägerin hat dann weiter schriftsätzlich vorgetragen, sie könne sich nicht mehr erinnern, wie ihre jeweiligen Verlängerungen befristeter Arbeitsverträge abgelaufen seien. Sie sei wohl bei Verlängerungen, jedenfalls bei einigen, persönlich in der Verwaltung der Klinik gewesen und habe dort ihre Unterschrift jeweils mit vollem Namen unter einen Vertrag geleistet. Ihre eigenen Unterlagen seien - wohl aufgrund zweier Umzüge - unvollständig. Als sie ihren späteren Prozessvertreter im Januar 2011 bevollmächtigt habe, habe sie nur die dem Gericht vorgelegte Version des Vertrages in den Händen gehabt, es habe sich um eine beidseitig bedruckte Fotokopie gehandelt. Sie gehe davon aus, dass sie dieses Dokument entweder am 26. Mai 2009 oder später in genau diesem Exemplar erhalten habe. Soweit im Büro des Prozessbevollmächtigten der Klägerin Kopien gefertigt würden, geschehe dies nur jeweils einseitig. Auch aus der Personalakte der Klägerin und der Praxis des Beklagten ergebe sich nicht, dass ständig jeder Vorgang schriftlich dokumentiert werde. Sie erinnere sich auch nicht, schon im Mai 2009 das vorgelegte Dokument unterzeichnet zu haben und nicht erst im Nachgang, etwa bei Änderung der Eingruppierung am 3. Juli 2009 und damit nach Arbeitsaufnahme. Die Klägerin hat Sachverständigenbeweis hinsichtlich des Alters der bei ihr vorhandenen Kopie des auf den 26. Mai 2009 datierten Dokuments im Verhältnis zu anderen Kopien angetreten.

14

Die Klägerin hat zuletzt beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgrund vereinbarter Befristung zum 28. Februar 2011 geendet hat, sondern unbefristet fortbesteht,

        

2.    

den Beklagten zu verurteilen, die Klägerin als Oberärztin in der Herzchirurgischen Klinik und Poliklinik weiterzubeschäftigen.

15

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

16

Er hat geltend gemacht, der Sachvortrag der Klägerin sei unglaubhaft. Ihr Prozessbevollmächtigter habe bereits vor der Akteneinsicht aus dem Arbeitsvertrag zitiert. Da er das später bei Gericht eingereichte Dokument bereits bei den Akten gehabt habe, könne die Unvollständigkeit im Hinblick auf die vertragliche Regelung kein Grund gewesen sein, Akteneinsicht in die Personalakte zu beantragen. Die Angaben des Prozessbevollmächtigten der Klägerin gegenüber dem Landesarbeitsgericht könnten deshalb nicht stimmen. Beim Klinikum sei es - wie allgemein beim Beklagten - üblich gewesen, Schriftstücke nur im paraphierten Entwurf bei den Akten zu behalten, jedoch im Original unterzeichnet an den anderen Beteiligten herauszugeben.

17

Im Übrigen sei von einer wirksamen Befristung jedenfalls aufgrund der Vereinbarung vom 2. März 2011 auszugehen. Es habe sich um eine rechtsverbindliche Vereinbarung gehandelt. Sie sei auch nicht ohne Gegenleistung erfolgt, weil immerhin ein Angebot über eine befristete Beschäftigung seitens des Beklagten unterbreitet worden sei.

18

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Einen Hinweis nach § 17 Satz 2 TzBfG iVm. § 6 KSchG hat es nicht erteilt. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht der Klage stattgegeben. Mit seiner vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter. Die Klägerin begehrt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

19

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landesarbeitsgericht, die beide Anträge erfasst, da die Entscheidung über den Beschäftigungsantrag von der Entscheidung über die Befristungskontrollklage abhängig ist. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Beklagte habe den Beweis, es gebe ein von beiden Parteien mit Unterschrift versehenes Dokument, in dem die Befristungsabrede enthalten ist, nicht geführt. Zu dieser Annahme ist es in revisionsrechtlich zu beanstandender Weise gekommen. Die Entscheidung stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar. Ebenso wenig ist der Rechtsstreit zugunsten des Beklagten entscheidungsreif.

20

I. Zu seiner Annahme, der Beklagte habe den ihm obliegenden Beweis, es habe eine dem Schriftformerfordernis entsprechende Befristungsabrede vorgelegen, nicht geführt und daher sei von einer unwirksamen Befristung auszugehen, ist das Landesarbeitsgericht in revisionsrechtlich zu beanstandender Weise gekommen. Das führt zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landesarbeitsgericht.

21

1. Im Ergebnis zu Recht ist das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, dass die Klägerin nicht gehindert war, diesen Unwirksamkeitsgrund erstmals im Berufungsverfahren vorzubringen. § 17 Satz 2 TzBfG iVm. § 6 KSchG steht nicht entgegen. Danach kann der Kläger im Rahmen eines Befristungskontrollverfahrens alle Gründe für die Unwirksamkeit der Befristung bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz geltend machen, worauf ihn das Arbeitsgericht hinweisen soll. Wird - wie hier - ein derartiger Hinweis nicht einmal in allgemeiner Form erteilt, steht die Regelung der Einführung weiterer möglicher Unwirksamkeitsgründe im Berufungsverfahren nicht entgegen (vgl. BAG 4. Mai 2011 - 7 AZR 252/10 - Rn. 20, BAGE 138, 9; vgl. auch BAG 18. Januar 2012 - 6 AZR 407/10 - Rn. 12 ff., BAGE 140, 261).

22

2. Zu Recht ist das Landesarbeitsgericht auch davon ausgegangen, dass das von der Klägerin in Ablichtung in das Verfahren eingeführte in den Personalakten beim Beklagten befindliche Dokument keine wirksame Befristungsabrede enthält.

23

a) Nach § 14 Abs. 4 TzBfG bedarf die Befristung eines Arbeitsvertrages zur ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Das erfordert nach § 126 Abs. 1 BGB eine eigenhändig vom Aussteller durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnete Urkunde. Bei einem Vertrag muss nach § 126 Abs. 2 Satz 1 BGB die Unterzeichnung der Parteien auf derselben Urkunde erfolgen. Werden über den Vertrag mehrere gleichlautende Urkunden aufgenommen, genügt es, wenn jede Partei die für die andere Partei bestimmte Urkunde unterzeichnet (§ 126 Abs. 2 Satz 2 BGB; vgl. zum Ganzen BAG 25. März 2009 - 7 AZR 59/08 - Rn. 29). Nach § 1 Abs. 1 Satz 5 WissZeitVG gilt dies auch, soweit eine Befristung - wie hier - allein oder zusätzlich auf das Wissenschaftszeitvertragsgesetz gestützt wird. Das gesetzliche Schriftformerfordernis ist eine arbeitsvertragliche Vorschrift über befristete Arbeitsverträge. Das WissZeitVG enthält keine gegenteiligen Regelungen.

24

b) Das im Verfahren in Ablichtung vorgelegte Dokument erfüllt diese Voraussetzungen nicht. Es ist arbeitgeberseitig nicht unterzeichnet iSv. § 126 BGB. Eine Unterzeichnung iSd. gesetzlichen Regelung verlangt einen Schriftzug, der sich als Wiedergabe eines Namens darstellt und die Absicht einer vollen Unterschriftsleistung erkennen lässt. Ein bloßes Handzeichen (Paraphe) - wie es hier vorliegt - wahrt nach der gesetzlichen Regelung die Schriftform nur im Falle notarieller Beglaubigungen (vgl. BAG 24. Januar 2008 - 6 AZR 519/07 - Rn. 11, BAGE 125, 325); eine solche liegt nicht vor.

25

3. Folgte man jedoch der Behauptung des Beklagten, es sei eine Urkunde erstellt und beidseitig mit vollem Namen unterzeichnet worden, die dem vorgelegten „Entwurf“ hinsichtlich der Befristungsabrede entspricht, läge eine formwirksame Befristungsabrede vor. Das Landesarbeitsgericht ist davon ausgegangen, die Existenz einer solchen Urkunde könne der Entscheidung nicht zugrunde gelegt werden. Zu dieser Annahme ist das Landesarbeitsgericht in revisionsrechtlich zu beanstandender Weise gekommen.

26

a) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Sachvortrag der Klägerin erscheine nicht vollständig stimmig. Sie habe erst in zweiter Instanz und erst auf Hinweis des Gerichts, es sei bislang der Erhalt eines beidseits unterschriebenen Exemplars nicht bestritten, dieses Bestreiten nachgeholt. Bis dahin habe sie, die in einer Vielzahl befristeter Arbeitsverhältnisse beim Beklagten beschäftigt gewesen sei und der die Verwaltungspraxis des Beklagten bekannt gewesen sein müsse, nur auf ihre unvollständigen Unterlagen hingewiesen und dies mit Wohnungswechseln erklärt. Später habe sie zwar erklärt, das von ihr vorgelegte Vertragsexemplar sei das einzige, das ihr vorgelegen habe und vorliegt, aber auch insoweit ihre Wohnungswechsel in Bezug genommen. Trotz dieser äußeren und zu Bedenken Anlass gebenden Umstände sei von einem ausreichenden Bestreiten der Erstellung eines beidseits eigenhändig unterschriebenen Vertrages auszugehen, das die Beweisplicht des Beklagten auslöse. Das Landesarbeitsgericht hat sodann Zeugenbeweis erhoben und unter ausschließlicher Würdigung der Zeugenaussagen den Beweis als nicht geführt angesehen.

27

b) Das hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Zu Recht ist das Landesarbeitsgericht zwar davon ausgegangen, dass die Klägerin das Vorhandensein eines der Schriftform genügenden Vertrages bestritten hat. Ebenso hat es im Ergebnis zu Recht angenommen, dass die Beweislast für das Vorhandensein eines solchen Dokuments den Beklagten trifft. In revisionsrechtlich zu beanstandender Weise ist das Landesarbeitsgericht jedoch nach Beweisaufnahme davon ausgegangen, dass der Beklagte den dahingehenden Beweis nicht geführt hat. Das führt zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landesarbeitsgericht.

28

aa) Mit dem Landesarbeitsgericht ist davon auszugehen, dass die Klägerin das Vorhandensein eines beidseitig unterzeichneten Exemplars des Arbeitsvertrages mit der Befristungsabrede wirksam bestritten hat.

29

(1) Die Klägerin hat angegeben, sich nicht mehr genau an den Ablauf der Unterzeichnung der Vereinbarung über ihr letztes befristetes Arbeitsverhältnis erinnern zu können. Sie hat ferner darauf verwiesen, bei ihr lägen keine Unterlagen mehr vor. Damit hat die Klägerin mit Nichtwissen bestritten, dass ein solches Dokument jeweils vorgelegen hat.

30

(2) Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, dass die von ihm herausgearbeiteten Widersprüchlichkeiten der Angaben der Klägerin einer Berücksichtigung dieses Bestreitens nicht entgegenstehen. Soweit sich im Laufe des Verfahrens Widersprüche hinsichtlich der Frage ergeben haben, welche Dokumente die Klägerin zu welchem Zeitpunkt in Händen hielt, sind sie durch die Ausführungen der Klägerin im weiteren Berufungsverfahren bereinigt worden, so dass kein wegen Widersprüchlichkeit unbeachtlicher Vortag vorlag. Eine solche Klarstellung ist zulässig (vgl. BGH 13. März 2012 - II ZR 50/09 - Rn. 16).

31

(3) Die Klägerin war auch berechtigt, das Verhalten einer beidseits unterzeichneten Urkunde mit Nichtwissen iSv. § 138 Abs. 4 ZPO zu bestreiten, obwohl es um Gegenstände ihrer eigenen Wahrnehmung geht.

32

Nach § 138 Abs. 4 ZPO ist eine Erklärung mit Nichtwissen nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlung der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind. Da es um ein Schriftstück geht, das die Klägerin selbst unterzeichnet und erhalten haben soll, lägen diese Voraussetzungen an sich nicht vor. Jedoch fordert der Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art. 103 GG iVm. Art. 2 Abs. 1 GG und dem in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Rechtsstaatsprinzip ein Ausmaß an rechtlichem Gehör, das sachgemäß ist. Es muss einer Prozesspartei möglich sein, Tatsachen, die sie zum Zeitpunkt ihres Prozessvortrages nicht mehr weiß und auch nicht zumutbar durch Nachforschungen feststellen kann, mit Nicht-mehr-wissen zu bestreiten (BAG 13. November 2007 - 3 AZN 449/07 -). Dies ist hier der Fall. Die Klägerin hat plausibel gemacht, sich an den maßgeblichen Vorgang nicht mehr erinnern und aus den ihr vorliegenden Unterlagen keine Feststellungen treffen zu können.

33

bb) Im Ergebnis zu Recht ist das Landesarbeitsgericht auch davon ausgegangen, dass der Beweis für eine formwirksame Befristungsabrede iSv. § 14 Abs. 4 TzBfG hier dem Beklagten obliegt. Der Beklagte hat sich auf die Wirksamkeit der Befristung berufen. Die Formwirksamkeit der Befristungsabrede ist deshalb für ihn günstig. Nach dem Grundsatz, dass jede Partei die für sie günstigen Tatbestandsmerkmale beweisen muss (vgl. Kittner/Zwanziger/Deinert-Zwanziger 7. Aufl. § 147 Rn. 51, 133), hat der Beklagte zu beweisen, dass eine formwirksame Befristungsabrede vorliegt.

34

cc) Zu seiner Annahme, der Beklagte habe den ihm obliegenden Beweis nicht geführt, ist das Landesarbeitsgericht in revisionsrechtlich zu beanstandender Weise gekommen.

35

(1) Die freie richterliche Beweiswürdigung des Tatsachengerichts ist nur beschränkt revisibel. Die revisionsrechtliche Kontrolle beschränkt sich darauf, dass sich der Tatrichter entsprechend dem Gebot des § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO mit dem Prozessstoff umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt(BAG 27. März 2014 - 6 AZR 989/12 - Rn. 37). Der Angriff gegen die Beweiswürdigung des Landesarbeitsgerichts bedarf einer Verfahrensrüge (§ 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b, § 557 Abs. 3 Satz 2 ZPO; BAG 16. Januar 2008 - 7 AZR 603/06 - Rn. 20, BAGE 125, 248).

36

(2) Der Beklagte hat hier eine Verfahrensrüge erhoben, die sich als begründet erweist. Das Landesarbeitsgericht hat gegen § 286 ZPO verstoßen.

37

(a) Nach dieser Bestimmung hat das Gericht seine nach freier Überzeugung zu treffende Entscheidung, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten ist, nicht nur unter Berücksichtigung des Ergebnisses einer Beweisaufnahme, sondern des gesamten Inhalts der Verhandlungen zu treffen.

38

(b) Das Landesarbeitsgericht hat fehlerhafterweise die von ihm selbst angeführten Punkte hinsichtlich der Widersprüchlichkeit des Vortrages der Klägerin seiner Entscheidung lediglich hinsichtlich der Frage zugrunde gelegt, ob die Klägerin das Vorhandensein einer bereits unterzeichneten Urkunde wirksam bestritten hat. Es hat sie jedoch nicht in die Tatsachenfeststellung miteinbezogen, ob tatsächlich eine solche Urkunde vorlag oder nicht, und insoweit allein auf das Ergebnis der Beweisaufnahme abgestellt. Das ist unzureichend (vgl. BGH 13. März 2012 - II ZR 50/09 - Rn. 16).

39

Zudem hat das Berufungsgericht nicht alle Widersprüche im Prozessverhalten der KIägerin berücksichtigt. Insbesondere hat es bei seiner Überzeugungsbildung nicht den Umstand gewürdigt, dass der spätere Verfahrensbevollmächtigte der Klägerin jedenfalls nicht - wie von ihm in der ersten Berufungsverhandlung ua. zu Protokoll erklärt - auch wegen Fehlens des hier gegenständlichen Vertrages die Akteneinsicht beim Beklagten beantragt haben kann. Denn er hat bereits vor der Akteneinsicht aus dem von ihm so bezeichneten „Arbeitsvertrag vom 26.05.2009“ zitiert.

40

dd) Das führt zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landesarbeitsgericht. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Landesarbeitsgericht bei rechtsfehlerfreier Gesamtwürdigung zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre. Daher ist durch Zurückverweisung dem Landesarbeitsgericht Gelegenheit zur Vornahme einer erneuten und vollständigen Gesamtwürdigung zu geben (§ 563 Abs. 1 ZPO; vgl. BAG 27. März 2014 - 6 AZR 989/12 - Rn. 42). Entgegen der Ansicht des Beklagten ist dabei aber nicht von einer Umkehr der Beweislast oder einem gegenüber dem normalen verringerten Beweismaß zugunsten des Beklagten auszugehen. Es wäre dem Beklagten ohne weiteres möglich gewesen, ein beidseitig unterzeichnetes Exemplar des Arbeitsvertrages mit der Befristungsabrede auch für sich zu erstellen und zur Personalakte zu nehmen. Dass er dies nicht getan hat, führt nicht dazu, dass ihm im gerichtlichen Verfahren Erleichterungen zugutekommen. Zweifel, die bei einer vollständigen Würdigung des Parteivortrages verbleiben, gehen zu seinen Lasten. Ggf. wird das Landesarbeitsgericht zu prüfen haben, ob entsprechend dem Beweisantritt der Klägerin sachverständige Feststellungen über das Alter der bei ihr vorhandenen Unterlagen möglich sind und ob das für die Frage, ob ein beidseitig unterzeichnetes Exemplar des Arbeitsvertrages mit der Befristungsabrede erstellt wurde, aussagekräftig wäre.

41

II. Die Zurückverweisung ist nicht deshalb entbehrlich, weil sich die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts aus anderen Gründen als richtig darstellt (§ 561 ZPO).

42

1. Aus ihrer unbefristeten Bestellung zur Oberärztin gemäß § 12 TV-Ärzte kann die Klägerin nichts herleiten.

43

Selbst wenn man davon ausgeht, dass es sich insoweit um eine nichttypische Willenserklärung handelt, kann der Senat als Revisionsgericht sie selbst auslegen. Das Landesarbeitsgericht hat keine Auslegung vorgenommen und eine weitere Sachverhaltsaufklärung ist nicht erforderlich (vgl. BAG 24. November 2005 - 2 AZR 614/04 - Rn. 33, BAGE 116, 254).

44

Wie sich aus der in der Bestellung enthaltenen Verweisung auf § 12 TV-Ärzte ergibt, ging es in dem Schreiben allein darum, die Grundlagen für die Eingruppierung der Klägerin nach § 12 TV-Ärzte zugunsten der Klägerin rechtsverbindlich festzulegen. Denn § 12 TV-Ärzte setzt die nicht nur vorübergehende Übertragung medizinischer Verantwortung für Teil- oder Funktionsbereiche der Klinik voraus(vgl. BAG 9. Dezember 2009 - 4 AZR 495/08 - BAGE 132, 365). Genau eine solche Übertragung enthielt das Schreiben vom 26. Mai 2009. Die unbefristete Bestellung diente lediglich dazu klarzustellen, dass es sich nicht nur um eine vorübergehende Übertragung im tariflichen Sinne handeln sollte.

45

2. Mit den Parteien kann davon ausgegangen werden, dass die Voraussetzungen einer Befristung nach § 2 Abs. 1 Satz 2 WissZeitVG vorliegen. Bedenken sind insoweit nicht ersichtlich. Die Klägerin arbeitete an ihrer Habilitation und forschte deswegen. Damit gehörte sie zum wissenschaftlichen Personal nach § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG. Die Ludwig-Maximilians-Universität München ist nach Landesrecht eine staatliche Hochschule (Art. 1 Abs. 2 Nr. 1 BayHSchG). Im Arbeitsvertrag war auch angegeben, dass die Befristung auf den Vorschriften des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes beruhte (§ 2 Abs. 4 Satz 1 WissZeitVG).

46

III. Der Rechtsstreit ist auch nicht zugunsten des Beklagten entscheidungsreif (§ 563 Abs. 3 ZPO).

47

1. Die Kündigung gilt nicht bereits nach § 17 Satz 2 TzBfG iVm. § 7 KSchG als wirksam. Die dreiwöchige Klagefrist nach § 17 Satz 1 TzBfG, die mit dem vereinbarten Ende des Arbeitsverhältnisses beginnt, ist eingehalten. Das Arbeitsverhältnis sollte mit dem 28. Februar 2011 auslaufen. Die Klage ging am 21. März 2011 beim Arbeitsgericht ein und wurde dem Beklagten am 28. März 2011 - also „demnächst“ - zugestellt (§ 188 Abs. 2, § 187 Abs. 1 BGB; § 167 ZPO).

48

2. Der Beklagte kann auch nichts aus der von der Klägerin am 2. März 2011 unterzeichneten Erklärung herleiten.

49

a) Das ergibt sich entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts allerdings nicht daraus, dass es sich bei dieser Erklärung um eine Wissens- und keine Willenserklärung gehandelt hat. Denn es liegt eine Willenserklärung vor. Die gegenteilige Auslegung des Landesarbeitsgerichts hält der revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand.

50

aa) Bei dem von der Klägerin mit unterzeichnetem Text vom 2. März 2011 handelt es sich um atypische Erklärungen der Parteien. Die Auslegung solcher individueller Erklärungen ist vom Revisionsgericht nur daraufhin zu überprüfen, ob das Berufungsgericht Auslegungsregeln verletzt, gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen und wesentliche Tatsachen unberücksichtigt gelassen hat (BAG 22. Mai 2012 - 9 AZR 453/10 - Rn. 13 mwN). Diese Maßstäbe gelten auch, wenn es um die Frage geht, ob überhaupt eine Willenserklärung vorliegt (BAG 4. Dezember 1986 - 2 AZR 33/86 - zu II 1 der Gründe).

51

bb) Auch diesem beschränkten Überprüfungsmaßstab wird die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts nicht gerecht. Die Auslegung des Landesarbeitsgerichts lässt wesentliche Tatsachen außer Acht. Es gab für die Parteien keinerlei Anlass, den völlig klaren Umstand, dass in dem die Befristung regelnden Dokument vom 26. Mai 2009 ein Ende des Arbeitsvertrages mit dem 28. Februar 2011 vorgesehen war, nochmals festzuhalten. Sinn der Vereinbarung durch die Parteien konnte deshalb nur sein, etwas rechtlich zu regeln. Da die Klägerin bereits die Unwirksamkeit ihrer Befristung geltend gemacht hatte, konnte es nur darum gehen, die Wirksamkeit dieser Befristung gemeinsam festzuhalten.

52

b) Ungeachtet der Unterzeichnung des Dokuments durch die Klägerin ist jedoch am 2. März 2011 zwischen den Parteien noch keine wirksame Vereinbarung zustande gekommen. Das ergibt sich aus § 154 Abs. 1 BGB.

53

aa) Nach dieser gesetzlichen Bestimmung ist im Zweifel ein Vertrag nicht geschlossen, solange nicht die Parteien sich über alle Punkte des Vertrages geeinigt haben, über die nach der Erklärung auch nur einer Partei eine Vereinbarung getroffen werden soll (§ 154 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die Verständigung über einzelne Punkte ist auch dann nicht bindend, wenn eine Aufzeichnung stattgefunden hat (§ 154 Abs. 1 Satz 2 BGB).

54

Maßgeblich dafür, was im Einzelfall Gegenstand einer einheitlichen Vereinbarung ist, ist wie bei jedem zusammengesetzten Rechtsgeschäft der Parteiwille. Es genügt, dass ein Vertragspartner erkennbar die Zusammengehörigkeit mehrerer Verhandlungspunkte gewollt hat (BGH 14. Oktober 1965 - II ZR 214/63 - zu 1 der Gründe). Die Regelung gilt daher auch, wenn das Ziel der Verhandlungen der Abschluss eines aus mehreren Teilen bestehenden einheitlichen Gesamtvertrages ist (MüKoBGB/Busche 6. Aufl. § 154 Rn. 4). Es reicht aus, wenn eine Partei bei den Vertragsverhandlungen durch schlüssiges Verhalten erkennbar gemacht hat, sie halte eine Einigung über den betreffenden, noch offenen Punkt für erforderlich (BGH 9. Mai 1990 - VIII ZR 222/89 - zu II 2 c dd der Gründe).

55

bb) Hier ergibt sich aus dem Ablauf der Verhandlungen, dass die Klägerin die Einigung über die Wirksamkeit ihrer Befristung von einer gleichzeitigen Einigung über den Abschluss eines weiteren befristeten Arbeitsvertrages abhängig machen wollte und insoweit ein einheitlicher Gesamtvertrag zustande kommen sollte. Der Beklagte hatte selbst die Abgabe seines Angebotes auf Abschluss eines weiteren befristeten Arbeitsvertrages davon abhängig gemacht, dass die Klägerin die Vereinbarung über die Wirksamkeit der letzten Befristung des Arbeitsvertrages unterzeichnete. Damit war ersichtlich ein innerer Zusammenhang zwischen beiden Vorgängen hergestellt. Ebenso musste für den Beklagten erkennbar sein, dass die Klägerin nicht auf alle ihre Rechte hinsichtlich der Unwirksamkeit der Befristung ihres Arbeitsvertrages, die sie mit anwaltlicher Hilfe gerade geltend machte, verzichten wollte, wenn nicht zugleich auch eine von ihr als angemessen angesehene Regelung über ein weiteres befristetes Arbeitsverhältnis zustande kam. Die Annahme, die Klägerin wolle sich insoweit allein in die Hand des Beklagten begeben und ihre eigenen Interessen völlig vernachlässigen, liegt dagegen fern.

56

Dass die Vereinbarung über die gegenseitige Akzeptanz der Wirksamkeit der letzten Befristung bereits unterzeichnet war, ist unerheblich.

57

cc) Der Senat ist als Revisionsgericht befugt, diese Umstände selbständig zu würdigen. Das Landesarbeitsgericht hat die Vereinbarung der Parteien fehlerhaft ausgelegt. Weitere Sachverhaltsaufklärungen über die Umstände der Vereinbarung stehen nicht zu erwarten (vgl. BAG 26. April 1985 - 7 AZR 78/83 -).

58

dd) Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob in der Vereinbarung vom 2. März 2011 ein bestätigendes Schuldanerkenntnis zu sehen ist, das einer Angemessenheitskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht standhält, weil mit der Unterzeichnung dieser Vereinbarung für sich genommen keine Gegenleistung verbunden war(vgl. zur Inhaltskontrolle bestätigender Schuldanerkenntnisse nach dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen BAG 15. März 2005 - 9 AZR 502/03 - zu II 2 c bb (3) der Gründe, BAGE 114, 97). Das würde die Anwendbarkeit dieser Bestimmung nach § 310 Abs. 3 BGB voraussetzen. Hierzu müsste angenommen werden, dass der Beklagte als „Unternehmer“ iSv. § 14 BGB anzusehen wäre. Dem stünde das Fehlen einer Gewinnerzielungsabsicht des Beklagten nicht entgegen (dazu BGH 29. März 2006 - VIII ZR 173/05 - Rn. 16, BGHZ 167, 40). Allenfalls könnte angeführt werden, dass es sich beim Beklagten um einen öffentlichen Arbeitgeber handelt.

59

IV. Das Landesarbeitsgericht wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

        

    Linsenmaier    

        

    M. Rennpferdt    

        

    Zwanziger    

        

        

        

    Deinert    

        

    Willms    

                 

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Bremen vom 25. April 2012 - 2 Sa 13/11 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten noch über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung.

2

Die Beklagte ist ein Bauunternehmen. Sie erbringt auf dem Gelände der A GmbH verschiedene Dienstleistungen wie Baggertätigkeiten im Hochofenbereich, Zerschlagung von Roheisen und Materialtransporte. Dort beschäftigte sie seit März 1987 den Kläger, zuletzt als Vorarbeiter. Außerhalb des betreffenden Werksgeländes ist die Beklagte im Straßen- und Tiefbau tätig. Insgesamt beschäftigt sie weit mehr als zehn Arbeitnehmer.

3

Am 15. Februar 2010 stellte der Werkschutz der A-GmbH fest, dass der Kläger bei Verlassen des Werksgeländes in seinem Fahrzeug vier mit Streusalz gefüllte Eimer mitführte, die der A-GmbH gehörten. Drei Tage später entzog die A-GmbH dem Kläger den Werksausweis. Ab dem 26. Februar 2010 verbot sie ihm den Zutritt zu ihrem Gelände. Am 4. März 2010 übersandte die Beklagte ihr kommentarlos eine Stellungnahme des Klägers zu den Vorgängen. Danach sei er von einem Kollegen gebeten worden, Streusalz zu dessen Arbeitsplatz zu bringen. Wegen anderer Vorgänge habe er das Material, das er für den Transport in sein Fahrzeug geladen habe, vor dem Verlassen des Werksgeländes schlicht vergessen.

4

Am 9. März 2010 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien außerordentlich fristlos. Der hierüber geführte Kündigungsrechtsstreit ist durch Teilurteil des Landesarbeitsgerichts rechtskräftig zugunsten des Klägers abgeschlossen.

5

Mit Schreiben vom 26. Mai 2010 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis - nach vorheriger Anhörung des Betriebsrats - ordentlich zum 31. Dezember 2010.

6

Gegen diese Kündigung hat der Kläger - fristgerecht - die vorliegende Klage erhoben. Er hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei weder aufgrund des Vorfalls vom 15. Februar 2010 als solchem, noch mit Blick auf den Entzug des Werksausweises oder das ihm erteilte Zutrittsverbot zum Werksgelände der A-GmbH gerechtfertigt. Als gelernten Maurer und Fliesenleger habe die Beklagte ihn auch im Straßen- und Tiefbau, insbesondere bei Kanalbautätigkeiten, einsetzen können. In diesem Bereich seien bei Zugang der Kündigung Arbeitsplätze frei gewesen. So sei etwa ein Mitarbeiter, welcher ursprünglich für den Bereich Straßen- und Tiefbau eingestellt worden sei, am 1. Mai 2010 „zu A gewechselt“.

7

Der Kläger hat - soweit für die Revision von Bedeutung - beantragt

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 26. Mai 2010 nicht aufgelöst worden ist.

8

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, eine Weiterbeschäftigung des Klägers sei ihr nicht zumutbar. Er sei des Diebstahls dringend verdächtig und aufgrund der fehlenden Zutrittsberechtigung zum Werksgelände nicht mehr in der Lage, seine vertraglich geschuldete Tätigkeit zu erbringen. Außerdem habe der Kläger - was ihr erst im Verlauf des Rechtsstreits bekannt geworden sei - durch eine Aufzeichnung überhöhter Arbeitszeiten einen Arbeitszeitbetrug zu ihren Lasten begangen. Im Bereich Straßen- und Tiefbau sei kein freier Arbeitsplatz vorhanden gewesen. In der fraglichen Zeit seien nicht einmal ihre dort eingesetzten Stammarbeitskräfte voll ausgelastet gewesen. Von Oktober 2009 bis Juli 2010 sei für diese Kurzarbeit angeordnet worden.

9

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren weiter, die Klage abzuweisen.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Kündigung vom 26. Mai 2010 zu Recht als sozial ungerechtfertigt iSv. § 1 Abs. 2 KSchG angesehen.

11

I. Die Kündigung ist nicht durch Gründe im Verhalten des Klägers iSd. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG bedingt.

12

1. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, dem Kläger könne - mangels hinreichender Indiztatsachen - weder der Versuch eines Diebstahls zum Nachteil eines Kunden der Beklagten, noch ein entsprechender dringender Tatverdacht zur Last gelegt werden. Ebenso wenig sei von einem Arbeitszeitbetrug zu Lasten der Beklagten auszugehen. Es fehle an der gebotenen Darlegung, dass der Kläger mit seiner Stundenaufstellung entgegen bestehenden Vorgaben Arbeitsstunden aufgeschrieben habe, für die ein Anspruch auf Bezahlung nicht bestanden habe. Soweit er durch die Mitnahme des Streusalzes seine Vertragspflichten fahrlässig verletzt habe, erreiche die darin liegende Pflichtverletzung nicht das erforderliche Gewicht, um eine ordentliche Kündigung, zumal ohne vorausgehende Abmahnung, zu rechtfertigen.

13

2. Diese Ausführungen lassen keinen Rechtsfehler erkennen. Die Beklagte erhebt diesbezüglich auch keine Rügen.

14

II. Die Kündigung ist nicht durch Gründe in der Person des Klägers oder durch dringende betriebliche Erfordernisse iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG bedingt. Dabei bedarf es keiner Entscheidung, welchem dieser beiden rechtlichen Gesichtspunkte der in Rede stehende Kündigungssachverhalt zuzuordnen ist. Ebenso kann dahinstehen, unter welchen Voraussetzungen ein durch einen Kunden des Arbeitgebers ausgesprochenes Zutritts-/Hausverbot die Annahme rechtfertigt, der Arbeitnehmer sei in dem bisherigen Arbeitsbereich nicht mehr einsetzbar. In keinem Fall ist die Kündigung sozial gerechtfertigt, wenn außerhalb des mit dem Zutritts-/Hausverbot belegten Bereichs ein freier Arbeitsplatz vorhanden ist, auf dem der Arbeitnehmer weiterbeschäftigt werden kann. Von einer solchen Möglichkeit ist das Landesarbeitsgericht im Streitfall rechtsfehlerfrei ausgegangen. Offenbleiben kann deshalb auch, welche Anstrengungen der Arbeitgeber zur Ermöglichung einer Weiterbeschäftigung zu unternehmen hat, wenn ein freier Arbeitsplatz nicht zur Verfügung steht (zur Verpflichtung des Arbeitgebers, Arbeitnehmer im Rahmen zumutbarer organisatorischer Änderungen umzusetzen vgl. BAG 24. Februar 2011 - 2 AZR 636/09 - Rn. 48, BAGE 137, 164).

15

1. Nach § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b KSchG ist die Kündigung dann sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann. Auf diese Weise wird der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz im Kündigungsrecht normativ konkretisiert (BAG 25. Oktober 2012 - 2 AZR 552/11 - Rn. 29; 12. August 2010 - 2 AZR 558/09 - Rn. 20). Die Weiterbeschäftigungsmöglichkeit ist deshalb auch ohne Widerspruch des Betriebsrats im Rahmen der Generalklausel des § 1 Abs. 2 Satz 2 KSchG zu berücksichtigen(BAG 21. September 2000 - 2 AZR 385/99 - zu B IV 2 a der Gründe; 17. Mai 1984 - 2 AZR 109/83 - zu C III 3 der Gründe, BAGE 46, 191). Entsprechendes gilt, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder zu geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist (§ 1 Abs. 2 Satz 3 KSchG).

16

2. Die Weiterbeschäftigung muss sowohl dem Arbeitnehmer als auch dem Arbeitgeber objektiv möglich sein.

17

a) Dies setzt zunächst voraus, dass ein freier Arbeitsplatz zu vergleichbaren (gleichwertigen) oder zu geänderten (schlechteren) Arbeitsbedingungen vorhanden ist. Als „frei“ sind grundsätzlich nur solche Arbeitsplätze anzusehen, die zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung unbesetzt sind (BAG 25. Oktober 2012 - 2 AZR 552/11 - Rn. 29; 15. Dezember 2011 - 2 AZR 42/10 - Rn. 24, BAGE 140, 169). Dem steht es gleich, wenn ein Arbeitsplatz bis zum Ablauf der Kündigungsfrist frei wird (BAG 25. Oktober 2012 - 2 AZR 552/11 - aaO; 1. März 2007 - 2 AZR 650/05 - Rn. 24).

18

b) Der anderweitige - freie - Arbeitsplatz muss für den Arbeitnehmer geeignet sein. Das setzt voraus, dass der Arbeitnehmer - ggf. unter Berücksichtigung angemessener Einarbeitungs-, Fortbildungs- oder Umschulungszeiten - den Anforderungen des neuen Arbeitsplatzes entsprechen kann. Dabei unterliegt die Gestaltung des Anforderungsprofils grundsätzlich der nur auf offenbare Unsachlichkeit zu überprüfenden unternehmerischen Disposition des Arbeitgebers (BAG 24. Mai 2012 - 2 AZR 124/11 - Rn. 24; 5. Juni 2008 - 2 AZR 107/07 - Rn. 17).

19

3. Für das Fehlen einer anderweitigen Weiterbeschäftigungsmöglichkeit ist gem. § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG der Arbeitgeber darlegungs- und beweispflichtig. Dabei gilt eine abgestufte Darlegungslast. Bestreitet der Arbeitnehmer lediglich den Wegfall seines bisherigen Arbeitsplatzes, genügt der Vortrag des Arbeitgebers, wegen der betrieblichen Notwendigkeiten sei eine Weiterbeschäftigung zu den gleichen Bedingungen nicht möglich. Macht der Arbeitnehmer geltend, es sei eine Beschäftigung an anderer Stelle möglich, obliegt es ihm darzulegen, wie er sich seine anderweitige Beschäftigung vorstellt. Erst daraufhin muss der Arbeitgeber eingehend erläutern, aus welchen Gründen eine solche Beschäftigung nicht möglich war (BAG 25. Oktober 2012 - 2 AZR 552/11 - Rn. 30; 24. Mai 2012 - 2 AZR 62/11 - Rn. 28).

20

4. Danach ist die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die Beklagte habe den Kläger auf einem anderen Arbeitsplatz iSv. § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b, Satz 3 KSchG beschäftigen können, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

21

a) Der Kläger hat - seiner sekundären Darlegungslast entsprechend - geltend gemacht, er habe ua. auf dem Arbeitsplatz des zur A-GmbH gewechselten Kollegen als Bagger- und Maschinenführer eingesetzt werden können. Der Vortrag enthält entgegen der Auffassung der Beklagten nicht nur die Behauptung, er - der Kläger - sei aufgrund seiner Qualifikation in der Lage, den Arbeitsplatz des Kollegen auszufüllen. Der Kläger hat vielmehr zugleich konkludent vorgetragen, der betreffende Arbeitsplatz sei durch den Tätigkeitswechsel des Kollegen absehbar frei geworden.

22

b) Danach war es wiederum Sache der Beklagten, darzulegen und zu beweisen, dass eine geeignete Beschäftigungsmöglichkeit für den Kläger nicht bestand. Dies ist ihr - wie das Landesarbeitsgericht nach Beweisaufnahme zutreffend erkannt hat - nicht gelungen.

23

aa) Eine vom Berufungsgericht nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO vorgenommene Beweiswürdigung unterliegt nur der eingeschränkten Kontrolle durch das Revisionsgericht. Es ist lediglich zu prüfen, ob das Berufungsgericht die Voraussetzungen und Grenzen des § 286 ZPO beachtet hat. Revisionsrechtlich von Bedeutung ist nur, ob seine Würdigung in sich widerspruchsfrei und ohne Verletzung von Denkgesetzen sowie allgemeinen Erfahrungssätzen erfolgt und ob sie rechtlich möglich ist (BAG 21. Juni 2012 - 2 AZR 694/11 - Rn. 28; 27. Juli 2011 - 7 AZR 402/10 - Rn. 51).

24

bb) Diesen Anforderungen wird die Beweiswürdigung gerecht. Das Landesarbeitsgericht hat den gesamten Inhalt der Verhandlung berücksichtigt und die erhobenen Beweise erwogen. Seine Annahme, es sei nicht erkennbar, dass entweder ein dauerhafter Einsatz des fraglichen Kollegen bei der A-GmbH im Jahr 2010 nicht vorgesehen gewesen sei oder dieser Mitarbeiter nicht habe ersetzt werden müssen, hält sich im Rahmen des tatrichterlichen Bewertungsspielraums.

25

(1) Zwar hat die Beweisaufnahme ergeben, dass der fragliche Mitarbeiter - anders als vom Kläger behauptet - ursprünglich für den Betriebsbereich bei der A-GmbH eingestellt worden war. Von Dezember 2008 bis April 2011 wurde er jedoch - mit Ausnahme vereinzelter Einsätze bei der A-GmbH - im Bereich Straßen- und Tiefbau eingesetzt. Dazu, welche Tätigkeiten er im Zeitraum von Januar bis Juni 2010 verrichtet hatte, konnte die vernommene Zeugin keine Angaben machen. Daraus durfte das Landesarbeitsgericht ohne Verletzung von Denkgesetzen oder Erfahrungssätzen folgern, die Beklagte habe den Vortrag des Klägers, im Mai 2010 sei im Bereich Straßen- und Tiefbau ein entsprechender Arbeitsplatz vorhanden gewesen, nicht widerlegt. Die Aussage der Zeugin lässt ferner die Möglichkeit zu, dass die Beklagte jedenfalls im Kündigungszeitpunkt von einem - absehbaren - Freiwerden des Arbeitsplatzes ausgehen musste. Insoweit verbleibende Zweifel gingen zu ihren Lasten.

26

(2) Die Behauptung der Beklagten, sie habe im Bereich Straßen- und Tiefbau Kurzarbeit angeordnet und Personal abgebaut, steht der Würdigung des Landesarbeitsgerichts nicht entgegen. Die Anordnung von Kurzarbeit als solche spricht im Allgemeinen dafür, dass die Betriebsparteien von einem nur vorübergehenden Arbeitsmangel und nicht von einem dauerhaft gesunkenen Beschäftigungsbedarf ausgehen (BAG 23. Februar 2012 - 2 AZR 548/10 - Rn. 21). Ein nur vorübergehender Arbeitsmangel ist kein Indiz für den Wegfall eines Arbeitsplatzes. Dies gilt im Streitfall umso mehr, als nach den eigenen Angaben der Beklagten in den Monaten August bis November 2010 - dh. noch innerhalb der Kündigungsfrist - keine Kurzarbeit geleistet worden ist. Soweit sich die Beklagte auf einen Personalabbau berufen hat, ist ihrem Vortrag nicht zu entnehmen, dass sich dieser auch und gerade auf die vom Kläger begehrte Stelle im Straßen- und Tiefbau bezogen hätte. Dazu, wie sich der Arbeitskräftebedarf im Bereich der fraglichen Bagger- und Maschinenführertätigkeiten konkret gestaltet, hat sie sich nicht substantiiert erklärt.

27

(3) Das Landesarbeitsgericht hat weiter angenommen, einem Einsatz des Klägers im Bereich Straßen- und Tiefbau stehe der Umstand nicht entgegen, dass er möglicherweise nicht über die erforderliche Erfahrung und die Befugnis zum Führen von Baggern oder sonstigen Maschinen verfüge. Die Arbeitsaufgabe erfordere keine abgeschlossene Berufsausbildung für den Straßen- und Tiefbau. Die Einweisung des Klägers in diesen Tätigkeitsbereich sei der Beklagten auch nicht unzumutbar gewesen. Sie habe nicht dargelegt, welcher Umschulungsaufwand für einen Einsatz des Klägers auf dem begehrten Arbeitsplatz erforderlich gewesen wäre. Auch diese Würdigung hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

28

(a) Die Rüge der Beklagten, das Landesarbeitsgericht habe ihren Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt, indem es entscheidungserheblichen Vortrag übergangen habe, ist unbegründet. Der Kläger hat dargelegt, er habe in vergangenen Jahren Baumaschinen geführt und besitze deshalb entsprechende Grundfertigkeiten. Dem ist die Beklagte nicht entgegengetreten. Dass für die Ausübung der bezeichneten Tätigkeit im Straßen- und Tiefbau darüber hinaus eine abgeschlossene - dreijährige - Berufsausbildung erforderlich wäre, ist ihrem bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht gehaltenen Vortrag nicht zu entnehmen. Ein entsprechendes Anforderungsprofil hat sie erst mit ihrer Revisionsbegründung behauptet. Sie hat zwar im Rahmen des Berufungsverfahrens vorgetragen, mit Baggerarbeiten im Straßen- und Tiefbau könne sie aus Sicherheitsgründen nur ausgebildete Baggerführer beschäftigen. Ihrem Vortrag sind aber keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass ihr eine entsprechende Einweisung, Fortbildung oder Umschulung des langjährig beschäftigten Klägers - etwa aufgrund des dafür erforderlichen Zeitaufwands - unzumutbar gewesen wäre.

29

(b) Der weitere Einwand der Beklagten, die Weiterbeschäftigung des Klägers auf dem fraglichen Arbeitsplatz sei ihr deshalb unzumutbar, weil eine Änderung seiner Arbeitsbedingungen erforderlich gewesen wäre, ist ohne rechtlichen Belang. Besteht eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit nur zu geänderten Arbeitsbedingungen, ist der Arbeitgeber aus Gründen der Verhältnismäßigkeit verpflichtet, dem Arbeitnehmer den freien Arbeitsplatz zur Vermeidung einer Beendigungskündigung im Wege der Änderungskündigung anzubieten (BAG 3. April 2008 - 2 AZR 500/06 - Rn. 12; 21. April 2005 - 2 AZR 132/04 - zu B II 2 der Gründe, BAGE 114, 243).

30

(c) Die Rüge der Beklagten, das Landesarbeitsgericht habe seine richterliche Hinweispflicht aus § 139 ZPO verletzt und damit zugleich gegen Art. 103 Abs. 1 GG verstoßen, ist unzulässig.

31

(aa) Erhebt der Revisionsführer Verfahrensrügen, müssen diese nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO die Bezeichnung der Tatsachen enthalten, die den Mangel ergeben, auf den sich die Revision stützt. Dementsprechend hätte die Beklagte konkret darlegen müssen, welchen Hinweis das Landesarbeitsgericht ihr hätte geben sollen und wie sie darauf reagiert, insbesondere welchen tatsächlichen Vortrag sie gehalten oder welche für die Entscheidung erheblichen rechtlichen Ausführungen sie gemacht hätte (BAG 16. Dezember 2010 - 2 AZR 770/09 - Rn. 10; 23. September 2008 - 6 AZN 84/08 - Rn. 13, BAGE 128, 13).

32

(bb) Diesen Anforderungen wird die Revisionsbegründung nicht gerecht. Die Beklagte legt nicht dar, welchen Hinweis ihr das Gericht hätte geben müssen und wie sie hierauf reagiert hätte.

33

III. Die Beklagte hat gem. § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Berger    

        

    Rachor    

        

    Rinck    

        

        

        

    Torsten Falke    

        

    Wolf    

                 

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 9. Juni 2009 - 13 Sa 1609/08 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer von der Beklagten auf betriebliche Gründe gestützten Kündigung.

2

Der Kläger trat im Jahre 1984 als leitender Arzt der Abteilung Anästhesiologie und Intensivpflege in die Dienste der Beklagten. Der Dienstvertrag verweist auf die Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes (im Folgenden: AVR) in der jeweils gültigen Fassung.

3

Die Beklagte ist eine im 19. Jahrhundert gegründete katholische Stiftung bürgerlichen Rechts, die bis Ende 2007 ein Krankenhaus, ein Altenheim und eine Sozialstation betrieb. Organe der Beklagten sind nach ihrer Satzung das Kuratorium und der Vorstand. Satzungsgemäß vertritt der Vorstand die Beklagte gerichtlich und außergerichtlich und übt die personalrechtlichen Befugnisse für alle Mitarbeiter aus, soweit dies nicht dem Kuratorium obliegt. Das Kuratorium bestellt, beaufsichtigt und entlässt die Vorstandsmitglieder und ist nach § 8 Abs. 2 der Satzung für Abschluss, Änderung und Beendigung von Verträgen mit Chefärzten zuständig.

4

Mit Beschluss vom 4. Dezember 2004 übertrug das Kuratorium dem Vorstand in Person von Herrn K mit Wirkung zum 31. Dezember 2004 auch die Zuständigkeit für den Abschluss, die Änderung und die Beendigung von Verträgen mit Chefärzten. Herr K war damit berechtigt, diese Aufgaben ohne Zustimmung des Kuratoriums wahrzunehmen und entsprechende Erklärungen abzugeben. Dieser Beschluss wurde kirchenoberlich genehmigt. Ob er auch dem Kläger bekannt wurde, ist streitig.

5

Die Beklagte gründete Ende 2007 für die drei Bereiche Krankenhaus, Altenheim und Sozialstation jeweils eigenständige gemeinnützige GmbHs. Für den Krankenhausbetrieb wurde die S gGmbH (im Folgenden: Krankenhaus GmbH) gegründet. Hierbei handelt es sich um eine 100-prozentige Tochter der Beklagten. Sie übernahm mit Wirkung vom 1. Januar 2008 den Krankenhausbetrieb.

6

Mit Schreiben vom 12. November 2007 unterrichtete die Beklagte den Kläger über den geplanten Betriebsübergang auf die Krankenhaus GmbH zum 1. Januar 2008. Der Kläger widersprach dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses mit Schreiben vom 3. Dezember 2007 und lehnte eine Beschäftigung bei der Krankenhaus GmbH ab. Unter dem 18. Dezember 2007 bot die Beklagte die Fortsetzung der Tätigkeit bis zum 30. Juni 2008 bei der Krankenhaus GmbH an, wobei sie Arbeitgeberin bleibe. Gleichzeitig erklärte die Krankenhaus GmbH, sie übernehme für Ansprüche aus der Arbeitsleistung ab 1. Januar 2008 die gesamtschuldnerische Haftung. Mit Schreiben vom 28. Dezember 2007 lehnte der Kläger das Beschäftigungsangebot ab. Auf ein weiteres Angebot vom 3. Januar 2008 ging der Kläger nicht ein und erbrachte nach dem 31. Dezember 2007 keine Arbeitsleistungen mehr.

7

Mit Schreiben vom 18. Dezember 2007 beteiligte die Beklagte die Mitarbeitervertretung. Die Mitarbeitervertretung teilte der Beklagten am 20. Dezember 2007 mit, sie werde sich zur Kündigung nicht äußern. Daraufhin wurde dem Kläger am 27. Dezember 2007 das von Herrn K unterzeichnete Kündigungsschreiben ausgehändigt. Mit Schreiben vom 28. Dezember 2007 wies der Kläger die Kündigung mangels Nachweises einer ordnungsgemäßen Bevollmächtigung zurück.

8

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er habe die Kündigung nach § 174 BGB zu Recht zurückgewiesen. Eine Bevollmächtigung des Herrn K sei ihm nicht bekannt gewesen. Außerdem sei die Übertragung der Kündigungsberechtigung auf Herrn K unwirksam. Die Kündigung sei nicht begründet. Die Beklagte habe ihn an die Krankenhaus GmbH abordnen können. Darüber hinaus sei die Kündigung auch mangels ordnungsgemäßer Beteiligung der Mitarbeitervertretung unwirksam. Für Januar 2008 schulde die Beklagte Vergütung aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs.

9

Der Kläger hat beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 18. Dezember 2007 nicht aufgelöst worden ist, sondern über den 30. Juni 2008 hinaus fortbesteht,

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn als Vergütung für Januar 2008 einen Betrag von 11.899,66 Euro brutto nebst Zinsen iHv. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. Februar 2008 zu zahlen.

10

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Kündigung für wirksam gehalten. Herr K sei zu ihrem Ausspruch bevollmächtigt gewesen. Das sei den Mitarbeitern bekanntgegeben worden. Außerdem habe Herr K mit Chefärzten arbeitsvertragliche Vereinbarungen, darunter auch Auflösungsverträge abgeschlossen. Mit dem Kläger habe er den zweiten und dritten Nachtrag zum Dienstvertrag vereinbart. Der Kläger habe sich auch in weiteren arbeitsrechtlichen Belangen an Herrn K gewandt. Eine Beschäftigungsmöglichkeit für den Kläger bestehe nicht mehr. Vergütung für Januar 2008 schulde sie nicht, da der Kläger die ihm angebotene Beschäftigung abgelehnt habe.

11

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seine Anträge weiter.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision ist unbegründet. Die Kündigung vom 18. Dezember 2007 hat das Arbeitsverhältnis wirksam aufgelöst (I.). Der Kläger hat keinen Anspruch auf Vergütung für Januar 2008 (II.).

13

I. Die Kündigung hat das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Ablauf der Kündigungsfrist aufgelöst.

14

1. Die Mitarbeitervertretung wurde vorschriftsmäßig beteiligt.

15

a) Sie ist mit Schreiben vom 18. Dezember 2007 ordnungsgemäß angehört worden. Die Kündigungsart ist im Anhörungsschreiben ausreichend bezeichnet. Die Beklagte hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine Kündigung nach § 15 Abs. 1 AVR beabsichtigt sei. Auch die Kündigungsgründe hat die Beklagte dargelegt. Nach den nicht mit einer ordnungsgemäßen Verfahrensrüge angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Mitarbeitervertretung der Beklagten mitgeteilt, sie werde sich zur Kündigung nicht äußern. Darin liegt die abschließende Stellungnahme der Mitarbeitervertretung.

16

b) Entgegen der Revisionsbegründung ist die auf den 18. Dezember 2007 datierte Kündigung nicht vor der Stellungnahme der Mitarbeitervertretung ausgesprochen worden. Sie wurde dem Kläger nach den bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts erst am 27. Dezember 2007 übergeben. Ob die Beklagte ihren Kündigungswillen schon vor Abschluss des Anhörungsverfahrens gebildet hatte, kann dahinstehen. Entscheidend ist, dass die Beklagte den Kündigungswillen nicht vor Abschluss des Beteiligungsverfahrens verwirklicht hatte (Senat 28. September 1978 - 2 AZR 2/77 - zu III 5 der Gründe, BAGE 31, 83).

17

c) Einer Mitteilung von Familienstand und Kinderzahl bedurfte es nicht, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat. Eine Auswahl nach sozialen Gesichtspunkten kam mangels vergleichbarer Mitarbeiter erkennbar nicht in Betracht.

18

2. Herr K war berechtigt, die Kündigung zu unterzeichnen.

19

a) Die Kündigung war nicht nach § 180 Satz 1 BGB unwirksam. Herr K handelte nicht ohne Vertretungsmacht. Nach § 8 Abs. 2 Nr. 6 1. Spiegelstrich der Satzung hat zwar das Kuratorium die Aufgabe der Beendigung von Verträgen mit Chefärzten. Indes hat das Kuratorium durch Beschluss vom 4. Dezember 2004 Herrn K ermächtigt, diese Aufgabe wahrzunehmen und entsprechende Erklärungen abzugeben. Der Beschluss ist wirksam. Er wurde am 7. Dezember 2004 kirchenoberlich genehmigt. Er bezog sich auch nicht lediglich auf die Zeit vom 1. Januar bis 31. Dezember 2005. Vielmehr galt nach dem Beschluss die Ermächtigung jeweils für ein weiteres halbes Jahr weiter, wenn nicht zwei Monate vor Fristablauf eine Kündigung erfolgen würde. Der Ausspruch einer solchen Kündigung ist nicht festgestellt. Schließlich bedurfte die Kündigung des Arbeitsverhältnisses nicht der kirchlichen Genehmigung. Nach der Satzung bedarf die Änderung, nicht aber die Beendigung von Dienstverträgen mit leitenden Ärzten der Genehmigung der Kirchenbehörde. Genehmigungsbedürftig wäre nur eine Kündigung der Herrn K erteilten Vollmacht gewesen.

20

b) Der Beschluss stand weder in Widerspruch zu §§ 80 ff. BGB noch zu den Vorschriften des Niedersächsischen Stiftungsgesetzes (im Folgenden: NStiftG).

21

aa) Die stiftungsrechtlichen Vorschriften der §§ 80 ff. BGB in Verbindung mit den vereinsrechtlichen Vorschriften, auf die § 86 BGB verweist, enthalten keine zwingenden Regelungen zur Verteilung der Aufgaben auf die Stiftungsorgane. In § 81 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 BGB ist lediglich bestimmt, dass die Satzung die Bildung eines Vorstands vorsehen muss. Dem tut die Satzung Genüge.

22

bb) Gleiches gilt für die Regelungen des NStiftG. Auch dort findet sich keine konkrete Aufgabenzuteilung. Überdies ist die Beklagte eine kirchliche Stiftung. Damit können nach § 20 Abs. 2 NStiftG kirchliche Vorschriften vorgehen. Nach § 20 Abs. 2 Satz 5 NStiftG tritt die Aufsicht durch die zuständige Kirchenbehörde an die Stelle der staatlichen Stiftungsaufsicht. Die kirchliche Aufsicht hat den Beschluss vom 4. Dezember 2004 genehmigt.

23

c) Ebenfalls nicht durchdringen kann der Kläger mit dem Einwand, zu einer wirksamen Bevollmächtigung des Vorstands habe eine Befreiung von § 181 BGB erteilt werden müssen. Ein In-Sich-Geschäft liegt nicht vor.

24

d) Die Vollmachtserteilung stellt entgegen der Auffassung des Klägers keine Änderung des Dienstvertrags dar, der er hätte zustimmen müssen. Eine Bevollmächtigung führt lediglich zur rechtlichen Vertretung (vgl. § 164 Abs. 1 Satz 1 BGB), nicht aber zu einem Wechsel des Rechtsinhabers. Zwar bestimmt § 2 Abs. 2 des Dienstvertrags, dass Dienstvorgesetzter des Klägers das Kuratorium der Beklagten ist. Damit ist aber kein Ausschluss der Vollmachtserteilung für Kündigungen verbunden, sondern lediglich die Zuweisung des Weisungsrechts an eine bestimmte Hierarchie-Ebene geregelt, wodurch gleichzeitig die hierarchische Anbindung des Klägers für den Vollzug des Arbeitsverhältnisses sichergestellt ist.

25

3. Die Kündigung ist nicht nach § 174 Satz 1 BGB unwirksam.

26

a) Zwar liegen die Voraussetzungen des § 174 Satz 1 BGB vor. Herrn K war durch Beschluss des satzungsmäßig zuständigen Organs eine rechtsgeschäftliche Vollmacht erteilt worden. Der Kläger hat die Kündigung auch unverzüglich iSd. § 174 Satz 1 BGB zurückgewiesen.

27

b) Die Zurückweisung war jedoch nach § 174 Satz 2 BGB ausgeschlossen. Herr K war in eine Stellung berufen, die üblicherweise mit dem Kündigungsrecht verbunden ist. Dies steht der Mitteilung von der Bevollmächtigung gleich (st. Rspr., Senat 12. Januar 2006 - 2 AZR 179/05 - AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 54 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 68; 11. Juli 1991 - 2 AZR 107/91 - AP BGB § 174 Nr. 9 = EzA BGB § 174 Nr. 9; 30. Mai 1972 - 2 AZR 298/71 - BAGE 24, 273).

28

aa) Herr K hat seit dem Jahr 2005 in Vollzug der ihm übertragenen Vollmacht Dienstverträge, Nachträge zu Dienstverträgen und Auflösungsverträge, auch mit Chefärzten, abgeschlossen. Darunter waren auch auf den Kläger bezogene Erklärungen, wie etwa der zweite und dritte Nachtrag zum Dienstvertrag vom 13. Juni 2005 und 16. Mai 2007. Dass eine andere Person als Herr K in der Zeit seit dem Jahre 2005 arbeitsrechtlich maßgebliche Fragen für die Beklagte verhandelt hätte, ist nicht ersichtlich.

29

bb) Daneben hat Herr K auch weitere Vorgänge mit dem Kläger besprochen bzw. wurde vom Kläger darauf angesprochen. So hat sich der Kläger mit Schreiben vom 4. April 2006 gemeinsam mit einem weiteren Chefarzt bezüglich der Besetzung der Anästhesieabteilung an Herrn K gewandt. Am 30. Juni 2006 führte der Kläger mit Herrn K ein Gespräch wegen des vorzeitigen Ruhestands/der Teilzeittätigkeit des Chefarztkollegen. Im Jahr 2007 führten beide ein Gespräch über einen Antrag des Klägers auf Abschluss eines Altersteilzeitvertrags. Der Kläger ist Herrn K als dem Ansprechpartner für sämtliche arbeitsrechtlichen Belange begegnet und erkannte ihn auch als solchen an. Aufgrund dieser Gesamtumstände ist die Würdigung gerechtfertigt, dass Herr K seit dem Jahre 2005 eine Stellung einnahm, die üblicherweise mit der Kündigungsvollmacht verbunden ist. Auf die streitige Frage, ob der Kläger ohnehin aufgrund des Aushangs einer Mitteilung Anfang 2005 von der Bevollmächtigung Kenntnis hatte, kommt es nicht an.

30

4. Die Kündigung hat das Arbeitsverhältnis nach § 15 Abs. 1 AVR, § 1 Abs. 2 KSchG wirksam aufgelöst.

31

a) Die nach § 15 Abs. 1 AVR zulässige Kündigung ist keine außerordentliche Kündigung, für die es eines wichtigen Grundes bedurft hätte, sondern eine ordentliche Kündigung aus betrieblichem Anlass. Für sie gelten neben den in § 15 Abs. 1 AVR genannten Voraussetzungen die in § 1 KSchG aufgestellten Erfordernisse.

32

aa) Dass es sich um eine ordentliche Kündigung handelt, die auch im Fall einer im Übrigen bestehenden ordentlichen Unkündbarkeit unter den in § 15 AVR genannten Voraussetzungen möglich sein soll, folgt aus dem Wortlaut der Norm sowie der Systematik der AVR. Die Vorschrift des § 14 AVR enthält ausweislich ihrer Überschrift Regelungen zur „ordentlichen Kündigung“. Nach § 14 Abs. 5 AVR ist die ordentliche Kündbarkeit ausgeschlossen, „soweit nicht § 15 etwas anderes bestimmt“. Dies zeigt, dass die ordentliche Kündigung gerade nicht ausgeschlossen, sondern in den Grenzen des § 15 AVR zulässig ist. Der Wortlaut des § 15 Abs. 1 AVR, der eine „Sonderregelung“ aufstellt, gibt keinerlei Hinweis auf eine außerordentliche Kündigung. Im Kontrast hierzu steht § 16 AVR, der gesondert die „außerordentliche Kündigung“ jeweils sowohl in Abs. 1 als auch in Abs. 2 bei Vorliegen eines wichtigen personen- oder verhaltensbedingten Grunds zulässt. Insoweit kann auch der Teil des § 15 Abs. 1 AVR, der auf eine Kündigung nach § 16 Abs. 2 AVR Bezug nimmt(„... kann ... außer nach § 16 Abs. 2 gekündigt werden...“), nicht zu der Annahme führen, § 15 Abs. 1 AVR regele eine außerordentliche Kündigung. Vielmehr zeigt die Vorschrift zwei unterschiedliche Alternativen auf, nach denen ein grundsätzlich unkündbarer Arbeitnehmer gekündigt werden kann: Entweder - ordentlich - nach § 15 Abs. 1 AVR bei betrieblich veranlasster fehlender Weiterbeschäftigungsmöglichkeit wegen wesentlicher Einschränkung/Auflösung der Einrichtung oder - außerordentlich - nach § 16 Abs. 2 AVR bei Vorliegen eines wichtigen Grundes im Verhalten oder in der Person des Mitarbeiters.

33

bb) Die Auffassung, aufgrund des ähnlichen Wortlauts von § 15 AVR und § 55 BAT müsse § 15 AVR als Regelung eines außerordentlichen Kündigungsrechts verstanden werden(LAG Köln 1. März 2010 - 5 Sa 1191/09 - zu I 2 a der Gründe), berücksichtigt nicht ausreichend die systematischen Unterschiede zwischen den Kündigungsregeln in §§ 53 ff. BAT und §§ 14 ff. AVR. § 53 Abs. 3 BAT regelt die Unkündbarkeit, § 54 BAT die außerordentliche Kündigung und § 55 BAT enthält Regelungen für unkündbare Angestellte. Nach § 55 Abs. 1 BAT ist - vergleichbar: § 16 Abs. 2 AVR - eine fristlose Kündigung bei in der Person oder im Verhalten liegendem wichtigen Grund möglich. § 55 Abs. 2 Satz 1 BAT hingegen - und dies ist der maßgebliche Unterschied zu § 15 Abs. 1, § 16 AVR - legt fest, dass andere wichtige Gründe, insbesondere dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung entgegenstehen, den Arbeitgeber nicht zur Kündigung berechtigen. Eine solche Vorschrift fehlt gerade in den AVR (vgl. zu der ähnlichen Regelung in § 25 MTV Berufsfortbildungswerk des DGB idF vom 1. Dezember 2003: Senat 2. Februar 2006 - 2 AZR 58/05 - Rn. 26 f., BAGE 117, 53).

34

b) Die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 AVR sind gegeben.

35

aa) Die Einrichtung, in der der Kläger beschäftigt war, ist aufgelöst worden. Der Begriff der Einrichtung iSd. § 2 Abs. 1 AVR erfasst alle organisatorischen Einheiten mit caritativer Zielsetzung in kirchlicher Trägerschaft, in denen Mitarbeiter aufgrund von Dienstverträgen tätig sind(Beyer/Papenheim Arbeitsrecht der Caritas Stand September 2010 Allgemeiner Teil § 2 Rn. 11). Zur Auslegung des Begriffs kann auch auf § 1 Abs. 1 Mitarbeitervertretungsordnung für das Bistum Münster vom 14. November 1996 (MAVO Münster) zurückgegriffen werden, wonach der Oberbegriff der „Einrichtung“ sowohl Dienststellen, Einrichtungen als auch sonstige selbständig geführte Stellen umfasst (Beyer/Papenheim aaO § 15 Rn. 8). Es handelt sich um einen Sammelbegriff für alle denkbaren Organisationseinheiten kirchlicher und karitativer Art wie Krankenhäuser, Heime, Betreuungseinrichtungen etc. (Frey/Coutelle/Beyer MAVO 5. Aufl. § 1 Rn. 5). Vom Begriff der Einrichtung ist der des Rechtsträgers zu unterscheiden, der eine oder mehrere Einrichtungen haben kann (Frey/Coutelle/Beyer aaO Rn. 6). Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts betrieb die Beklagte neben dem Krankenhaus, in dem der Kläger tätig war, auch ein Altenheim und eine Sozialstation. Bei der Organisationseinheit „Krankenhaus“ handelt es sich somit um eine Einrichtung iSd. § 15 Abs. 1 AVR. Da die Beklagte diese nicht weiter betreibt, liegt eine „Auflösung“ vor. Entgegen der Auffassung des Klägers kann es hierbei auch nicht darauf ankommen, dass die Einrichtung wegen des Betriebsübergangs von einem anderen Rechtsträger weiter betrieben wird. Die Dienstgeberin des Klägers betreibt die Einrichtung „Krankenhaus“ nicht mehr, womit innerhalb des maßgeblichen Rechtsverhältnisses zwischen Kläger und Beklagter die „Auflösung“ einer Einrichtung vorliegt.

36

bb) Ob die Auflösung dieser Einrichtung zweckmäßig war, ist von den Arbeitsgerichten nur begrenzt nachprüfbar, nämlich darauf, ob sie offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist (st. Rspr., Senat 18. September 2008 - 2 AZR 560/07 - Rn. 13, AP KSchG 1969 § 1 Nr. 89 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 162). Anhaltspunkte dafür, dass die Unternehmerentscheidung der Beklagten der Missbrauchskontrolle nicht standhalten würde, sind nicht gegeben.

37

c) Die Kündigung ist nicht mangels sozialer Rechtfertigung nach § 1 Abs. 2 KSchG unwirksam. Zutreffend geht das Landesarbeitsgericht davon aus, dass sie durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Klägers im Betrieb der Beklagten entgegenstehen, bedingt ist. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts stand im Kündigungszeitpunkt fest, dass aufgrund der nicht zu beanstandenden Unternehmerentscheidung, die Einrichtung auf einen anderen Rechtsträger zu übertragen, eine Weiterbeschäftigung des Klägers bei der Beklagten nicht möglich war. Eine Sozialauswahl entfällt wegen der vollständigen Übertragung des Betriebs.

38

II. Der Kläger hat keinen Vergütungsanspruch für Januar 2008. Es kann offenbleiben, ob die Beklagte in dieser Zeit in Annahmeverzug war (vgl. zu den Voraussetzungen: BAG 13. Juli 2005 - 5 AZR 578/04 - BAGE 115, 216). Jedenfalls muss sich der Kläger die Vergütung anrechnen lassen, die zu erzielen er böswillig iSd. § 615 Satz 2 Alt. 3 BGB unterlassen hat.

39

1. Nach § 615 Satz 2 Alt. 3 BGB kommt es insoweit darauf an, ob dem Arbeitnehmer nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) sowie unter Beachtung des Grundrechts auf freie Arbeitsplatzwahl (Art. 12 GG) die Aufnahme einer anderweitigen Arbeit zumutbar ist. Maßgebend sind die Umstände des Einzelfalls. Die Unzumutbarkeit der Arbeit kann sich unter verschiedenen Gesichtspunkten ergeben. Sie kann ihren Grund in der Person des Arbeitgebers, der Art der Arbeit oder den sonstigen Arbeitsbedingungen haben (BAG 7. Februar 2007 - 5 AZR 422/06 - BAGE 121, 133).

40

2. Die Beklagte hatte den Kläger aufgefordert, die selbe Arbeit wie bisher zu denselben Bedingungen zu Gunsten der GmbH zu leisten. Sie hat damit vertragsgemäße Arbeit bei einem anderen Arbeitgeber angeboten. Warum dies nicht zumutbar gewesen sein soll, ist nicht erkennbar. Der Kläger wusste, dass er in dem selben Krankenhausbetrieb die selben Tätigkeiten wie bisher ausüben konnte. Aus den Angebotsschreiben der Beklagten war ersichtlich, dass der Betriebsübernehmer auf die Weiterarbeit des Klägers angewiesen war. Der Kläger hatte somit keinen berechtigten Anlass anzunehmen, dass die Arbeitsbedingungen sich nachteilig ändern sollten. Aus dem anderweitigen Erwerb hätte der Kläger genau das Einkommen erzielt, das er nun aus Annahmeverzug, also ohne Arbeitsleistung erbracht zu haben, verlangt.

41

III. Der Kläger hat als unterlegene Partei die Kosten der Revision zu tragen, § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Kreft    

        

    Berger    

        

    Schmitz-Scholemann    

        

        

        

    Krichel    

        

    Pitsch    

                 

(1) Die Träger der Eingliederungshilfe arbeiten mit Leistungsanbietern und anderen Stellen, deren Aufgabe die Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen betrifft, zusammen.

(2) Die Stellung der Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts sowie der Verbände der Freien Wohlfahrtspflege als Träger eigener sozialer Aufgaben und ihre Tätigkeit zur Erfüllung dieser Aufgaben werden durch diesen Teil nicht berührt.

(3) Ist die Beratung und Sicherung der gleichmäßigen, gemeinsamen oder ergänzenden Erbringung von Leistungen geboten, sollen zu diesem Zweck Arbeitsgemeinschaften gebildet werden.

(4) Sozialdaten dürfen im Rahmen der Zusammenarbeit nur verarbeitet werden, soweit dies zur Erfüllung von Aufgaben nach diesem Teil erforderlich ist oder durch Rechtsvorschriften des Sozialgesetzbuches angeordnet oder erlaubt ist.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde der Schwerbehindertenvertretung gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts München vom 11. April 2012 - 11 TaBV 18/12 - wird zurückgewiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten über Beteiligungsrechte der bei einer kirchlichen Arbeitgeberin gebildeten Schwerbehindertenvertretung im Zusammenhang mit der Abmahnung einer schwerbehinderten Mitarbeiterin. Die Arbeitgeberin stellt bereits die Zuständigkeit der von der Schwerbehindertenvertretung angerufenen staatlichen Arbeitsgerichtsbarkeit in Abrede.

2

Die Arbeitgeberin betreibt das Krankenhaus B in München. Bei ihr gilt die Mitarbeitervertretungsordnung für die Erzdiözese München und Freising vom 1. Juli 2004 in der Fassung vom 1. Dezember 2011 (MAVO). In § 2 Nr. 2 der ebenfalls anwendbaren Kirchlichen Arbeitsgerichtsordnung (KAGO) heißt es:

        

„Die kirchlichen Gerichte für Arbeitssachen sind ferner zuständig für Rechtsstreitigkeiten aus dem Mitarbeitervertretungsrecht …“

3

Die MAVO regelt in § 28a zu „Aufgaben und Beteiligung der Mitarbeitervertretung zum Schutz schwerbehinderter Menschen“ ua.:

        

„(1)   

Die Mitarbeitervertretung fördert die Eingliederung schwerbehinderter Menschen. Sie achtet darauf, dass die dem Dienstgeber nach §§ 71, 72, 81, 83 und 84 SGB IX obliegenden Verpflichtungen erfüllt werden und wirkt auf die Wahl einer Vertrauensperson der schwerbehinderten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hin.

        

(2)     

Der Dienstgeber trifft mit der Vertrauensperson der schwerbehinderten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und der Mitarbeitervertretung in Zusammenarbeit mit dem Beauftragten des Dienstgebers gemäß § 98 SGB IX eine verbindliche Integrationsvereinbarung.

                 

…       

        

(3)     

Treten ernsthafte Schwierigkeiten in einem Beschäftigungsverhältnis einer schwerbehinderten Mitarbeiterin oder eines schwerbehinderten Mitarbeiters auf, die dieses Beschäftigungsverhältnis gefährden können, sind zunächst unter möglichst frühzeitiger Einschaltung des Beauftragten des Dienstgebers nach § 98 SGB IX, der Vertrauensperson der schwerbehinderten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und der Mitarbeitervertretung sowie des Integrationsamtes alle Möglichkeiten und alle zur Verfügung stehenden Hilfen zu erörtern, mit denen die Schwierigkeiten beseitigt werden können und das Beschäftigungsverhältnis möglichst dauerhaft fortgesetzt werden kann.“

4

§ 52 MAVO enthält zur „Mitwirkung der Vertrauensperson der schwerbehinderten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“ ua. folgende Regelungen:

        

„(2)   

Der Dienstgeber hat die Vertrauensperson der schwerbehinderten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in allen Angelegenheiten, die einen einzelnen oder die schwerbehinderten Menschen als Gruppe berühren, unverzüglich und umfassend zu unterrichten und vor einer Entscheidung anzuhören; er hat ihr die getroffene Entscheidung unverzüglich mitzuteilen. Ist dies bei einem Beschluss der Mitarbeitervertretung nicht geschehen oder erachtet die Vertrauensperson der schwerbehinderten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einen Beschluss der Mitarbeitervertretung als eine erhebliche Beeinträchtigung wichtiger Interessen schwerbehinderter Menschen, wird auf ihren Antrag der Beschluss für die Dauer von einer Woche vom Zeitpunkt der Beschlussfassung ausgesetzt. Durch die Aussetzung wird eine Frist nicht verlängert.

        

…       

        
        

(5)     

Für die Vertrauensperson der schwerbehinderten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gelten die §§ 15 bis 20 entsprechend. Weitergehende persönliche Rechte und Pflichten, die sich aus den Bestimmungen des SGB IX ergeben, bleiben hiervon unberührt.“

5

In § 17 Abs. 1 MAVO heißt es:

        

„Der Dienstgeber trägt die durch die Tätigkeit der Mitarbeitervertretung entstehenden und für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben erforderlichen Kosten einschließlich der Reisekosten im Rahmen der für den Dienstgeber bestehenden Bestimmungen. …“

6

Am 24. August 2011 richtete die Arbeitgeberin unter dem Betreff „Anhörung zu Beschwerden gemäß § 6 Abs. 3 AT zu den AVR“ ein Schreiben an die medizinisch-technische Radiologie-Assistentin S, die mit einem GdB von 50 schwerbehindert ist. Darin hielt sie der Mitarbeiterin vor, ihren Dienst am 18. August 2011 42 Minuten zu spät aufgenommen zu haben. Gleichzeitig übermittelte die Arbeitgeberin der Schwerbehindertenvertretung eine Kopie dieses Schreibens und gab ihr - wie auch der abzumahnenden Mitarbeiterin - Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 1. September 2011.

7

Mit Schreiben vom 26. August 2011 rügte die Schwerbehindertenvertretung, die Unterrichtung sei unter Verstoß gegen § 52 Abs. 2 Satz 1 MAVO und § 84 Abs. 1 SGB IX erfolgt. Wörtlich führte die Vertrauensperson der Schwerbehinderten aus:

        

„Daher setze ich hiermit das (Anhörungs-)Verfahren zur beabsichtigten Abmahnung von Frau S

        

nach § 95 Abs. 2 Satz 2 SGB IX aus            

        

und bitte um entsprechende Bestätigung bis zum

        

29.08.2011/ 12:00 Uhr            

        

zu meinen Händen.“

8

Nachdem die Arbeitgeberin unter dem 29. August 2011 mitgeteilt hatte, dass aus ihrer Sicht kein Aussetzungsrecht der Schwerbehindertenvertretung bestehe, verfolgte die Schwerbehindertenvertretung ihr Begehren, das Anhörungsverfahren zur beabsichtigten Abmahnung auszusetzen, im einstweiligen Verfügungsverfahren. Erstinstanzlich hatte ihr Antrag keinen Erfolg. Nach Ausspruch der Abmahnung wurde dieses Verfahren in der Beschwerdeinstanz für erledigt erklärt.

9

Im vorliegenden Verfahren hat die Schwerbehindertenvertretung weiterhin die Auffassung vertreten, die Arbeitgeberin habe ihre Rechte aus § 95 Abs. 2 Satz 1, Satz 2 SGB IX und § 52 Abs. 2 Satz 1 MAVO verletzt und sei außerdem zur Übernahme der anfallenden Kosten verpflichtet. Für die Entscheidung seien die staatlichen Gerichte für Arbeitssachen zuständig.

10

Die Schwerbehindertenvertretung hat zuletzt beantragt:

        

1.    

Die Abmahnung der schwerbehinderten Mitarbeiterin Frau S, medizinisch-technische-radiologische Assistentin (MTRA) im Krankenhaus B vom 9. September 2011 wird mangels ordnungsgemäßer Unterrichtung der Vertrauensperson und Durchführung des Klärungsverfahrens nach § 84 Abs. 1 SGB IX ausgesetzt;

        

2.    

Es wird festgestellt, dass die Antragsgegnerin (Beklagte) gegen § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX, § 52 Abs. 2 Satz 1 MAVO verstoßen hat, indem sie der Antragsgegnerin nicht unverzüglich ihre Entscheidung, die sie nach der stattgefundenen mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht München, Az.: 19 Ga 181/11 am 8. September 2011 getroffen hat, die Abmahnung von Frau S am/vom 9. September 2011 auszusprechen, mitgeteilt hat;

        

3.    

Es wird festgestellt, dass die Antragsgegnerin (Beklagte) gegen § 95 Abs. 2 Satz 2 SGB IX verstoßen hat, indem sie das Anhörungsverfahren zur beabsichtigten Abmahnung von Frau S, medizinisch-technische-radiologische Assistentin (MTRA) im Krankenhaus B trotz Aussetzung durch die Antragstellerin mit Schreiben vom 26. August 2011 fortgeführt hat und die Abmahnung vom 9. September 2011 ausgesprochen hat;

        

4.    

festzustellen, dass die Kosten der Beauftragung des Unterzeichners in diesem Verfahren erforderlich sind.

11

Die Arbeitgeberin hat beantragt, die Anträge abzuweisen. Sie hat die Ansicht vertreten, zur Entscheidung sei ausschließlich die kirchliche Arbeitsgerichtsbarkeit berufen.

12

Das Arbeitsgericht hat die Anträge abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde der Schwerbehindertenvertretung zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt diese ihre Anträge weiter. Die Arbeitgeberin beantragt die Zurückweisung der Rechtsbeschwerde.

13

B. Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg. Die Anträge der Schwerbehindertenvertretung sind unzulässig. Die angerufene staatliche Arbeitsgerichtsbarkeit ist zwar entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts zur Entscheidung über die Anträge berufen, soweit die Schwerbehindertenvertretung ihre Ansprüche auf staatliche Rechtsnormen stützt. Die Anträge erweisen sich jedoch insoweit aus anderen Gründen als unzulässig. Soweit die Schwerbehindertenvertretung ihre Ansprüche auf die MAVO stützt, fehlt es bereits am Rechtsschutzbedürfnis für die Anrufung der staatlichen Gerichte.

14

I. Der Senat hat die rechtliche Existenz der Schwerbehindertenvertretung für die Rechtsmittel- und Antragsbefugnis in vorliegendem Verfahren als qualifizierte Sachentscheidungsvoraussetzung zu unterstellen. Er muss deshalb nicht der Frage nachgehen, welche materiell-rechtlichen Folgen sich daraus ergeben, dass das SGB IX - jedenfalls ausdrücklich - eine Schwerbehindertenvertretung für Einrichtungen kirchlicher Arbeitgeber nicht vorsieht, § 52 Abs. 1 MAVO aber von einer „entsprechend den Vorschriften des SGB IX“ gewählten Vertrauensperson ausgeht.

15

II. Der Rechtsweg zu den staatlichen Gerichten ist im vorliegenden Fall eröffnet, soweit die Beteiligten um die Anwendung staatlichen Rechts streiten. Soweit dagegen Ansprüche auf die MAVO gestützt werden, ist die Zuständigkeit der kirchlichen Gerichte für Arbeitssachen nach § 2 Nr. 2 KAGO gegeben; insoweit sind die Anträge wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig.

16

1. Einer Rechtswegprüfung durch den Senat stehen § 48 Abs. 1 ArbGG iVm. § 17a Abs. 5 GVG nicht entgegen. § 17a Abs. 5 GVG bestimmt nur das Verhältnis der verschiedenen staatlichen Gerichtsbarkeiten untereinander. Das Verhältnis der staatlichen Gerichtsbarkeit zu den von einer Kirche im Rahmen ihrer Selbstbestimmung errichteten Kirchengerichten regelt die Vorschrift nicht (vgl. BAG 12. Oktober 2010 - 9 AZR 554/09 - Rn. 22; BVerwG 28. April 1994 - 2 C 23.92 - zu 2 der Gründe, BVerwGE 95, 379).

17

2. Die Zuständigkeit der staatlichen Arbeitsgerichtsbarkeit folgt nicht bereits aus § 2a Abs. 1 Nr. 3a ArbGG. Danach sind die Gerichte für Arbeitssachen zwar ausschließlich zuständig für Angelegenheiten aus den §§ 94, 95, 139 SGB IX. Die Vorschrift regelt aber ebenfalls nur den Rechtsweg innerhalb der staatlichen Gerichtsbarkeit, nicht dagegen die Zuständigkeit der staatlichen im Verhältnis zur kirchlichen Gerichtsbarkeit.

18

3. Soweit die Schwerbehindertenvertretung ihre Ansprüche auf staatliches Recht stützt, sind die staatlichen Gerichte für Arbeitssachen zur Entscheidung berufen.

19

a) Die staatlichen Gerichte sind für die Entscheidung über sämtliche Ansprüche aus staatlichem Recht zuständig, während die kirchliche Arbeitsgerichtsbarkeit über Ansprüche zu entscheiden hat, die sich ausschließlich nach kirchlichem Recht richten.

20

aa) Der verfassungsrechtliche Anspruch auf Gewährung von Rechtsschutz umfasst alle Rechtsfragen, deren Beurteilung sich nach staatlichem Recht richtet. Die Pflicht des Staates zur Justizgewährung hat sowohl gegen als auch zugunsten der Kirchen und Glaubensgemeinschaften in gleicher Weise wie für und gegen alle Rechtssubjekte auf dem Staatsgebiet zu gelten, und zwar selbst dann, wenn bei der Anwendung staatlicher Rechtssätze glaubensgemeinschaftliche Vorfragen zu klären sind. Das verfassungsrechtlich garantierte kirchliche Bestimmungsrecht (Art. 140 GG iVm. Art. 137 Abs. 3 WRV), das den Schranken des für alle geltenden Gesetzes unterliegt, bedingt keine Freistellung von staatlicher Justizhoheit. Die Justizgewährungspflicht hängt weder davon ab, ob die Kirche oder Glaubensgemeinschaft die Zuständigkeit der staatlichen Gerichtsbarkeit eigens kirchenrechtlich begründet hat, noch davon, ob der Staat mit einer ihm ausdrücklich oder stillschweigend „angedienten“ Jurisdiktion ausdrücklich „einverstanden“ ist. Die staatliche Gerichtsbarkeit kann einer Entscheidung auch nicht deswegen ausweichen, weil die Rechtsfrage den kirchlich autonomen Bereich, wie etwa den der Organisations- und Ämterhoheit, betrifft. Denn auch dieser ist nach Art. 140 GG iVm. Art. 137 Abs. 3 WRV in die staatliche Rechtsordnung eingebunden. Ob eine zum Kernbereich des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts gehörende Maßnahme oder Entscheidung mit den Grundprinzipien der Rechtsordnung vereinbar ist, beurteilt sich nach staatlichem Recht, für das nur die staatlichen Gerichte zur Entscheidung berufen sind (vgl. BGH 28. März 2003 - V ZR 261/02 - zu II 1 b der Gründe, BGHZ 154, 306). Geht es um die Anwendung staatlichen Rechts, müssen die staatlichen Gerichte auch das entscheidungserhebliche kirchliche Recht anwenden. In diesen Fällen sind die kirchlichen Gerichte zu einer auch für die staatlichen Gerichte verbindlichen eigenen Auslegung nur befugt, wenn die Kirche sich eine Vorfragenkompetenz vorbehält (vgl. BAG 11. November 2008 - 1 AZR 646/07 - Rn. 9).

21

bb) Das Rechtsschutzbedürfnis zur Anrufung staatlicher Gerichte kann dagegen fehlen, wenn es in innerkirchlichen Angelegenheiten ausschließlich um die Anwendung kirchlichen Rechts geht, für entsprechende Streitigkeiten durch die Anrufung kircheneigener Gerichte oder Schlichtungsgremien ein Rechtsweg geschaffen und von ihm ein effektiver Rechtsschutz zu erwarten ist (vgl. BGH 28. März 2003 - V ZR 261/02 - zu II 3 a der Gründe, BGHZ 154, 306).

22

(1) Die Zuständigkeit der kirchlichen Gerichtsbarkeit ist eröffnet, soweit es um die Anwendung kirchlichen Mitarbeitervertretungsrechts geht. Darüber haben die staatlichen Gerichte nicht zu entscheiden. Dies folgt aus Art. 140 GG iVm. Art. 137 Abs. 3 WRV und findet seinen einfachgesetzlichen Ausdruck in § 118 Abs. 2 BetrVG, § 112 BPersVG(vgl. BAG 11. November 2008 - 1 AZR 646/07 - Rn. 9).

23

(2) Das kirchliche Selbstverwaltungsrecht umschließt die Befugnis, Möglichkeiten zu schaffen, innerkirchliche Streitigkeiten in Einklang mit dem kirchlichen Selbstverständnis durch die Anrufung eigener Gerichte oder Schlichtungsgremien beizulegen. Indem Art. 140 GG iVm. Art. 137 Abs. 3 WRV den Kirchen und Glaubensgemeinschaften die selbstständige Ordnung und Verwaltung der eigenen Angelegenheiten in den Grenzen der allgemeinen Gesetze gewährleistet, schränkt die Verfassung zwar nicht die Justizgewährungspflicht ein, wohl aber den Maßstab der Justiziabilität. Ist ein solcher Rechtsweg für kirchenrechtliche Bestimmungen geschaffen und von ihm effektiver Rechtsschutz auch zu erwarten, dürfen staatliche Gerichte nicht - oder jedenfalls nicht vor Ausschöpfung des kirchlichen Rechtswegs - entscheiden (vgl. BAG 25. April 1989 - 1 ABR 88/87 - zu B 2, 3 der Gründe, BAGE 61, 376; BGH 28. März 2003 - V ZR 261/02 - zu II 3 a der Gründe, BGHZ 154, 306).

24

cc) Parallele Zuständigkeiten der kirchlichen und der staatlichen Gerichtsbarkeit können sich ergeben, wenn der Antragsteller ein bestimmtes Rechtsschutzziel sowohl auf eine kirchliche als auch auf eine staatliche Rechtsgrundlage stützt. Etwas anderes folgt nicht aus § 48 Abs. 1 ArbGG iVm. § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG. Nach § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG entscheidet das Gericht des zulässigen Rechtswegs den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten. In entsprechender Geltung des § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG kommt damit den Gerichten für Arbeitssachen ggf. eine verfahrensüberschreitende Sachentscheidungskompetenz zu, wenn Gegenstand des Verfahrens ein einheitlicher Streitgegenstand im Sinne eines einheitlichen prozessualen Anspruchs ist (BAG 4. Dezember 2013 - 7 ABR 7/12 - Rn. 47; BGH 27. November 2013 - III ZB 59/13 - Rn. 14 mwN, BGHZ 199, 159). Die Bestimmungen des § 48 Abs. 1 ArbGG iVm. §§ 17 bis 17b GVG regeln aber nur das Verhältnis der verschiedenen staatlichen (fachgerichtlichen) Rechtswege untereinander, nicht dagegen das Verhältnis der staatlichen Gerichtsbarkeit zu den von einer Kirche im Rahmen ihrer Selbstbestimmung(Art. 140 GG, Art. 137 WRV) errichteten Kirchengerichten (vgl. zu § 17a Abs. 5 GVG: BAG 12. Oktober 2010 - 9 AZR 554/09 - Rn. 22; BVerwG 28. April 1994 - 2 C 23.92 - zu 2 der Gründe, BVerwGE 95, 379).

25

b) Hiernach hat das Landesarbeitsgericht die Entscheidungsbefugnis der staatlichen Gerichte zu Unrecht verneint, soweit die Schwerbehindertenvertretung ihre Ansprüche auf staatliches Recht stützt; das betrifft die Anträge zu 1. und 3. sowie teilweise den Antrag zu 2. Soweit die Schwerbehindertenvertretung ihre Ansprüche auf die MAVO stützt, fehlt es am Rechtsschutzbedürfnis für die Inanspruchnahme der staatlichen Arbeitsgerichtsbarkeit; das betrifft den Antrag zu 4. sowie teilweise den Antrag zu 2.

26

aa) Den Antrag zu 1., mit dem die Abmahnung der Frau S „mangels ordnungsgemäßer Unterrichtung der Vertrauensperson und Durchführung des Klärungsverfahrens nach § 84 Abs. 1 SGB IX ausgesetzt“ werden soll, stützt die Schwerbehindertenvertretung auf § 95 Abs. 2 Satz 2 SGB IX. In der kirchlichen MAVO ist auch nicht etwa das gesamte staatliche Recht der Schwerbehindertenvertretung uneingeschränkt inkorporiert. Die MAVO regelt das Schwerbehindertenvertretungsrecht in den §§ 28a, 52 MAVO eigenständig und nimmt dabei staatliches Recht nur punktuell in Bezug. Dieses Regelungskonzept wird durch § 52 Abs. 1 Satz 1 MAVO deutlich. Danach wird die Vertrauensperson „entsprechend“ den Vorschriften des SGB IX gewählt. Zudem verweist § 52 Abs. 5 Satz 2 MAVO ergänzend auf die Bestimmungen des SGB IX zu den persönlichen Rechten und Pflichten der Vertrauensperson. Darin liegt keine generelle, sondern nur eine punktuelle Übernahme des staatlichen Schwerbehindertenrechts. Mit § 52 Abs. 2 Satz 2 MAVO hat der kirchliche Gesetzgeber zudem eine gegenüber dem staatlichen Recht in § 95 Abs. 2 Satz 2 SGB IX eigenständige Regelung getroffen. § 95 Abs. 2 Satz 2 SGB IX regelt die Möglichkeit, die Durchführung oder Vollziehung einer ohne Beteiligung nach Satz 1 getroffenen Entscheidung, die einen schwerbehinderten Menschen betrifft, auszusetzen und die Beteiligung binnen sieben Tagen nachzuholen. Damit geht die staatliche Regelung, auf die sich die Schwerbehindertenvertretung beruft, über § 52 Abs. 2 Satz 2 MAVO hinaus, der lediglich die Aussetzung eines Beschlusses der Mitarbeitervertretung vorsieht. Für den Antrag zu 1. sind daher die staatlichen Gerichte entscheidungsbefugt.

27

bb) Die staatlichen Gerichte sind auch zur Entscheidung berufen, soweit die Schwerbehindertenvertretung den Antrag zu 2. auf eine Verletzung von § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX stützt.

28

cc) Mit dem Antrag zu 3. macht die Schwerbehindertenvertretung einen Verstoß der Arbeitgeberin gegen § 95 Abs. 2 Satz 2 SGB IX geltend. Auch insoweit sind die staatlichen Gerichte entscheidungsbefugt.

29

dd) Soweit die Schwerbehindertenvertretung den Antrag zu 2. auch auf einen Verstoß gegen § 52 Abs. 2 Satz 2 MAVO und den Antrag zu 4. auf § 17 Abs. 1 MAVO stützt, fehlt es dagegen am Rechtsschutzbedürfnis. Die Prüfung der mitarbeitervertretungsrechtlichen Rechtsgrundlagen hat ausschließlich durch die kirchlichen Gerichte für Arbeitssachen zu erfolgen, die nach § 2 Nr. 2 KAGO unter anderem zuständig sind für Rechtsstreitigkeiten „aus dem Mitarbeitervertretungsrecht“. Dazu gehören auch diejenigen des Schwerbehindertenvertretungsrechts, soweit dieses Teil der Mitarbeitervertretungsordnung ist. Die Vertrauensperson vertritt die Interessen der schwerbehinderten Menschen in dem Betrieb oder der Dienststelle nach Maßgabe der in §§ 28a, 52 MAVO enthaltenen Regelungen. Sie ist das gewählte Vertretungsorgan der schwerbehinderten Mitarbeiter/innen des Betriebs.

30

(1) Das von der Arbeitgeberin betriebene Krankenhaus ist eine karitative Einrichtung der katholischen Kirche, die das Selbstordnungs- und Selbstverwaltungsrecht nach Art. 140 GG iVm. Art. 137 Abs. 3 WRV für sich in Anspruch nehmen kann. Darüber besteht zwischen den Beteiligten auch kein Streit.

31

(a) Das kirchliche Selbstordnungs- und Selbstverwaltungsrecht kommt nicht nur den Religionsgesellschaften und deren rechtlich selbstständigen Teilen zugute, sondern allen der verfassten Kirche in bestimmter Weise zugeordneten Einrichtungen ohne Rücksicht auf ihre Rechtsform, wenn sie nach kirchlichem Selbstverständnis ihrem Zweck oder ihrer Aufgabe entsprechend berufen sind, ein Stück des Auftrags der Kirche wahrzunehmen und zu erfüllen (vgl. BVerfG 25. März 1980 - 2 BvR 208/76 - [KrankenhausG-NRW] zu C I 2 a der Gründe, BVerfGE 53, 366; BAG 20. November 2012 - 1 AZR 179/11 - Rn. 56, BAGE 143, 354). Die notwendige institutionelle Verbindung liegt vor, wenn die Kirche über ein Mindestmaß an Einflussmöglichkeiten verfügt, um auf Dauer eine Übereinstimmung der religiösen Betätigung der Einrichtung mit kirchlichen Vorstellungen gewährleisten zu können (für die Zuordnung zu § 118 Abs. 2 BetrVG: BAG 5. Dezember 2007 - 7 ABR 72/06 - Rn. 32 mwN, BAGE 125, 100). Orden sind Träger des von den Religionsgesellschaften vermittelten kirchlichen Selbstbestimmungsrechts, da sie organisatorisch oder institutionell mit Kirchen verbunden sind und ihr Daseinszweck eine Intensivierung der gesamtkirchlichen Aufgaben enthält (vgl. BVerfG 11. Oktober 1977 - 2 BvR 209/76 - [Betriebsratsarbeit im katholischen Krankenhaus] zu B II 2 a der Gründe, BVerfGE 46, 73; BAG 10. Dezember 1992 - 2 AZR 271/92 - zu II 3 b bb (3) der Gründe).

32

(b) Das von der Arbeitgeberin betriebene Krankenhaus ist institutionell mit der verfassten katholischen Kirche verbunden. Die Arbeitgeberin, deren Alleingesellschafterin sowie der hinter dieser stehende Orden verfolgen das Ziel, ein Stück des Auftrags der Kirche wahrzunehmen. Unter „Gegenstand des Unternehmens“ heißt es im Handelsregisterauszug für die Arbeitgeberin ua., gemäß Werk und Leitbildern des Ordens B sei die vom christlichen Verantwortungsbewusstsein getragene Hilfe für den notleidenden Menschen Richtschnur des Handelns. Zweck der Gesellschaft sei die Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens und der Gesundheitspflege, die Förderung der Religion und Kirche, von Wissenschaft und Forschung sowie des Wohlfahrtswesens.

33

(2) Anhaltspunkte dafür, dass der nach § 2 Nr. 2 KAGO eröffnete kirchliche Rechtsweg keinen effektiven, rechtsstaatlichen Anforderungen genügenden Rechtsschutz gewährleisten könnte und aus diesem Grund die staatliche Gerichtsbarkeit zur Entscheidung berufen wäre, sind nicht ersichtlich. Nach § 17 Nr. 1 KAGO sind die Richter der kirchlichen Arbeitsgerichtsbarkeit von Weisungen unabhängig und nur an Gesetz und Recht gebunden. Rechtliches Gehör wird gewährleistet, §§ 31, 32, 38 KAGO. Über Beratung und Abstimmung ist Stillschweigen zu wahren, § 42 Nr. 3 KAGO. Nach § 43 Nr. 1 KAGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Zwangsvollstreckungsmaßnahmen sind nach §§ 53, 54 KAGO möglich.

34

III. Soweit das Landesarbeitsgericht die Entscheidungsbefugnis der staatlichen Gerichte zu Unrecht verneint hat, erweist sich seine die Anträge abweisende Entscheidung aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO). Die Anträge zu 1. und 3. sowie der auf staatliches Recht gestützte Antrag zu 2. sind unzulässig.

35

1. Der Antrag zu 1. ist nicht hinreichend bestimmt.

36

a) Nach der im Beschlussverfahren entsprechend anwendbaren Vorschrift des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss die Antragsschrift die bestimmte Angabe des Gegenstands und des Grundes des erhobenen Anspruchs sowie einen bestimmten Antrag enthalten. Das ist erforderlich, um zu klären, worüber das Gericht entscheidet und wie der objektive Umfang der Rechtskraft einer Sachentscheidung iSv. § 322 Abs. 1 ZPO ist(vgl. BAG 12. Januar 2011 - 7 ABR 94/09 - Rn. 14 mwN; 4. Dezember 2013 - 7 ABR 7/12 - Rn. 21). Dabei sind Anträge vom Gericht möglichst so auszulegen, dass sie die vom Antragsteller erkennbar erstrebte Sachentscheidung zulassen (vgl. BAG 21. Juli 2009 - 1 ABR 42/08 - Rn. 13 mwN, BAGE 131, 225).

37

b) Diesen Anforderungen genügt der Antrag zu 1. nicht. Das damit verfolgte Begehren, die Abmahnung „mangels ordnungsgemäßer Unterrichtung der Vertrauensperson und Durchführung des Klärungsverfahrens nach § 84 Abs. 1 SGB IX“ auszusetzen, lässt nicht hinreichend erkennen, welches konkrete Tun oder Unterlassen der Arbeitgeberin aufgegeben werden oder welche rechtsgestaltende oder feststellende Entscheidung das Gericht treffen soll. Eine einmal ausgesprochene Abmahnung kann nicht mehr „ausgesetzt“ werden. Hat der Arbeitgeber eine Maßnahme durchgeführt und - wie hier - durch den Zugang der Abmahnung bei der Arbeitnehmerin vollzogen, läuft das Aussetzungsrecht ins Leere (vgl. Düwell in LPK-SGB IX 4. Aufl. § 95 Rn. 61; Kleinebrink FA 2012, 194, 195; Pahlen in Neumann/Pahlen/Majerski-Pahlen SGB IX 12. Aufl. § 95 Rn. 16; Trenk-Hinterberger in HK-SGB IX 3. Aufl. § 95 Rn. 26).

38

2. Der Antrag zu 2. genügt - soweit er auf staatliches Recht gestützt wird - nicht den Erfordernissen des § 256 Abs. 1 ZPO.

39

a) Nach dem im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren anwendbaren § 256 Abs. 1 ZPO kann die gerichtliche Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses beantragt werden, wenn der Antragsteller ein rechtliches Interesse an einer entsprechenden alsbaldigen richterlichen Entscheidung hat(vgl. zB BAG 24. April 2007 - 1 ABR 27/06 - Rn. 15, BAGE 122, 121). Rechtsverhältnis iSv. § 256 Abs. 1 ZPO ist jedes durch die Herrschaft einer Rechtsnorm über einen konkreten Sachverhalt entstandene rechtliche Verhältnis einer Person zu einer anderen Person oder zu einer Sache. Dabei sind einzelne Rechte und Pflichten ebenso Rechtsverhältnisse wie die Gesamtheit eines einheitlichen Schuldverhältnisses. Kein Rechtsverhältnis iSv. § 256 Abs. 1 ZPO sind dagegen abstrakte Rechtsfragen, bloße Elemente eines Rechtsverhältnisses oder rechtliche Vorfragen. Die Klärung solcher Fragen liefe darauf hinaus, ein Rechtsgutachten zu erstellen. Das ist den Gerichten verwehrt (vgl. BAG 18. Januar 2012 - 7 ABR 73/10 - Rn. 35 mwN, BAGE 140, 277). So ist etwa die Wirksamkeit eines Rechtsgeschäfts kein zulässiger Gegenstand einer Feststellungsklage (vgl. BAG 1. Juli 2009 - 4 AZR 261/08 - Rn. 21 mwN, BAGE 131, 176; 4. Dezember 2013 - 7 ABR 7/12 - Rn. 18).

40

b) Hiernach ist der Antrag zu 2. nicht auf die Feststellung eines Rechtsverhältnisses iSv. § 256 Abs. 1 ZPO gerichtet. Die Schwerbehindertenvertretung will mit dem Antrag feststellen lassen, dass die Arbeitgeberin durch ein bestimmtes Verhalten gegen § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX verstoßen habe. Damit zielt der Antrag auf die Dokumentation einer in der Vergangenheit liegenden Tatsache und deren rechtliche Bewertung, nicht dagegen auf das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses. Im Übrigen ist auch weder dargetan noch sonst ersichtlich, inwiefern die Schwerbehindertenvertretung ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung hat.

41

3. Auch der Antrag zu 3., mit dem die Feststellung begehrt wird, dass die Arbeitgeberin gegen § 95 Abs. 2 Satz 2 SGB IX verstoßen hat, indem sie das Anhörungsverfahren trotz Aussetzung der Abmahnung durch die Schwerbehindertenvertretung fortgeführt und die Abmahnung ausgesprochen habe, ist nicht auf die Feststellung eines Rechtsverhältnisses iSv. § 256 Abs. 1 ZPO gerichtet. Im Übrigen fehlt es auch insofern an der erforderlichen Darlegung des Feststellungsinteresses.

        

    Linsenmaier    

        

    Zwanziger    

        

    Kiel     

        

        

        

    Hansen     

        

    Auhuber     

                 

(1) Die Träger der Eingliederungshilfe arbeiten mit Leistungsanbietern und anderen Stellen, deren Aufgabe die Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen betrifft, zusammen.

(2) Die Stellung der Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts sowie der Verbände der Freien Wohlfahrtspflege als Träger eigener sozialer Aufgaben und ihre Tätigkeit zur Erfüllung dieser Aufgaben werden durch diesen Teil nicht berührt.

(3) Ist die Beratung und Sicherung der gleichmäßigen, gemeinsamen oder ergänzenden Erbringung von Leistungen geboten, sollen zu diesem Zweck Arbeitsgemeinschaften gebildet werden.

(4) Sozialdaten dürfen im Rahmen der Zusammenarbeit nur verarbeitet werden, soweit dies zur Erfüllung von Aufgaben nach diesem Teil erforderlich ist oder durch Rechtsvorschriften des Sozialgesetzbuches angeordnet oder erlaubt ist.

Die Träger der Eingliederungshilfe haben im Rahmen ihrer Leistungsverpflichtung eine personenzentrierte Leistung für Leistungsberechtigte unabhängig vom Ort der Leistungserbringung sicherzustellen (Sicherstellungsauftrag), soweit dieser Teil nichts Abweichendes bestimmt. Sie schließen hierzu Vereinbarungen mit den Leistungsanbietern nach den Vorschriften des Kapitels 8 ab. Im Rahmen der Strukturplanung sind die Erkenntnisse aus der Gesamtplanung nach Kapitel 7 zu berücksichtigen.

(1) Die außerordentliche Kündigung von Mitgliedern der Personalvertretungen, der Jugendvertretungen oder der Jugend- und Auszubildendenvertretungen, der Wahlvorstände sowie von Wahlbewerbern, die in einem Arbeitsverhältnis stehen, bedarf der Zustimmung der zuständigen Personalvertretung. Verweigert die zuständige Personalvertretung ihre Zustimmung oder äußert sie sich nicht innerhalb von drei Arbeitstagen nach Eingang des Antrags, so kann das Verwaltungsgericht sie auf Antrag des Dienststellenleiters ersetzen, wenn die außerordentliche Kündigung unter Berücksichtigung aller Umstände gerechtfertigt ist. In dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht ist der betroffene Arbeitnehmer Beteiligter.

(2) Eine durch den Arbeitgeber ausgesprochene Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Beschäftigten ist unwirksam, wenn die Personalvertretung nicht beteiligt worden ist.

(1) Die außerordentliche Kündigung von Mitgliedern des Betriebsrats, der Jugend- und Auszubildendenvertretung, der Bordvertretung und des Seebetriebsrats, des Wahlvorstands sowie von Wahlbewerbern bedarf der Zustimmung des Betriebsrats.

(2) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so kann das Arbeitsgericht sie auf Antrag des Arbeitgebers ersetzen, wenn die außerordentliche Kündigung unter Berücksichtigung aller Umstände gerechtfertigt ist. In dem Verfahren vor dem Arbeitsgericht ist der betroffene Arbeitnehmer Beteiligter.

(2a) Absatz 2 gilt entsprechend, wenn im Betrieb kein Betriebsrat besteht.

(3) Die Versetzung der in Absatz 1 genannten Personen, die zu einem Verlust des Amtes oder der Wählbarkeit führen würde, bedarf der Zustimmung des Betriebsrats; dies gilt nicht, wenn der betroffene Arbeitnehmer mit der Versetzung einverstanden ist. Absatz 2 gilt entsprechend mit der Maßgabe, dass das Arbeitsgericht die Zustimmung zu der Versetzung ersetzen kann, wenn diese auch unter Berücksichtigung der betriebsverfassungsrechtlichen Stellung des betroffenen Arbeitnehmers aus dringenden betrieblichen Gründen notwendig ist.

(1) Die außerordentliche Kündigung von Mitgliedern der Personalvertretungen, der Jugendvertretungen oder der Jugend- und Auszubildendenvertretungen, der Wahlvorstände sowie von Wahlbewerbern, die in einem Arbeitsverhältnis stehen, bedarf der Zustimmung der zuständigen Personalvertretung. Verweigert die zuständige Personalvertretung ihre Zustimmung oder äußert sie sich nicht innerhalb von drei Arbeitstagen nach Eingang des Antrags, so kann das Verwaltungsgericht sie auf Antrag des Dienststellenleiters ersetzen, wenn die außerordentliche Kündigung unter Berücksichtigung aller Umstände gerechtfertigt ist. In dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht ist der betroffene Arbeitnehmer Beteiligter.

(2) Eine durch den Arbeitgeber ausgesprochene Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Beschäftigten ist unwirksam, wenn die Personalvertretung nicht beteiligt worden ist.

(1) Die außerordentliche Kündigung von Mitgliedern des Betriebsrats, der Jugend- und Auszubildendenvertretung, der Bordvertretung und des Seebetriebsrats, des Wahlvorstands sowie von Wahlbewerbern bedarf der Zustimmung des Betriebsrats.

(2) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so kann das Arbeitsgericht sie auf Antrag des Arbeitgebers ersetzen, wenn die außerordentliche Kündigung unter Berücksichtigung aller Umstände gerechtfertigt ist. In dem Verfahren vor dem Arbeitsgericht ist der betroffene Arbeitnehmer Beteiligter.

(2a) Absatz 2 gilt entsprechend, wenn im Betrieb kein Betriebsrat besteht.

(3) Die Versetzung der in Absatz 1 genannten Personen, die zu einem Verlust des Amtes oder der Wählbarkeit führen würde, bedarf der Zustimmung des Betriebsrats; dies gilt nicht, wenn der betroffene Arbeitnehmer mit der Versetzung einverstanden ist. Absatz 2 gilt entsprechend mit der Maßgabe, dass das Arbeitsgericht die Zustimmung zu der Versetzung ersetzen kann, wenn diese auch unter Berücksichtigung der betriebsverfassungsrechtlichen Stellung des betroffenen Arbeitnehmers aus dringenden betrieblichen Gründen notwendig ist.

(1) Die Kündigung eines Mitglieds eines Betriebsrats, einer Jugend- und Auszubildendenvertretung, einer Bordvertretung oder eines Seebetriebsrats ist unzulässig, es sei denn, daß Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen, und daß die nach § 103 des Betriebsverfassungsgesetzes erforderliche Zustimmung vorliegt oder durch gerichtliche Entscheidung ersetzt ist. Nach Beendigung der Amtszeit ist die Kündigung eines Mitglieds eines Betriebsrats, einer Jugend- und Auszubildendenvertretung oder eines Seebetriebsrats innerhalb eines Jahres, die Kündigung eines Mitglieds einer Bordvertretung innerhalb von sechs Monaten, jeweils vom Zeitpunkt der Beendigung der Amtszeit an gerechnet, unzulässig, es sei denn, daß Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen; dies gilt nicht, wenn die Beendigung der Mitgliedschaft auf einer gerichtlichen Entscheidung beruht.

(2) Die Kündigung eines Mitglieds einer Personalvertretung, einer Jugend- und Auszubildendenvertretung oder einer Jugendvertretung ist unzulässig, es sei denn, daß Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen, und daß die nach dem Personalvertretungsrecht erforderliche Zustimmung vorliegt oder durch gerichtliche Entscheidung ersetzt ist. Nach Beendigung der Amtszeit der in Satz 1 genannten Personen ist ihre Kündigung innerhalb eines Jahres, vom Zeitpunkt der Beendigung der Amtszeit an gerechnet, unzulässig, es sei denn, daß Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen; dies gilt nicht, wenn die Beendigung der Mitgliedschaft auf einer gerichtlichen Entscheidung beruht.

(3) Die Kündigung eines Mitglieds eines Wahlvorstands ist vom Zeitpunkt seiner Bestellung an, die Kündigung eines Wahlbewerbers vom Zeitpunkt der Aufstellung des Wahlvorschlags an, jeweils bis zur Bekanntgabe des Wahlergebnisses unzulässig, es sei denn, daß Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen, und daß die nach § 103 des Betriebsverfassungsgesetzes oder nach dem Personalvertretungsrecht erforderliche Zustimmung vorliegt oder durch eine gerichtliche Entscheidung ersetzt ist. Innerhalb von sechs Monaten nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses ist die Kündigung unzulässig, es sei denn, daß Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen; dies gilt nicht für Mitglieder des Wahlvorstands, wenn dieser durch gerichtliche Entscheidung durch einen anderen Wahlvorstand ersetzt worden ist.

(3a) Die Kündigung eines Arbeitnehmers, der zu einer Betriebs-, Wahl- oder Bordversammlung nach § 17 Abs. 3, § 17a Nr. 3 Satz 2, § 115 Abs. 2 Nr. 8 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes einlädt oder die Bestellung eines Wahlvorstands nach § 16 Abs. 2 Satz 1, § 17 Abs. 4, § 17a Nr. 4, § 63 Abs. 3, § 115 Abs. 2 Nr. 8 Satz 2 oder § 116 Abs. 2 Nr. 7 Satz 5 des Betriebsverfassungsgesetzes beantragt, ist vom Zeitpunkt der Einladung oder Antragstellung an bis zur Bekanntgabe des Wahlergebnisses unzulässig, es sei denn, dass Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen; der Kündigungsschutz gilt für die ersten sechs in der Einladung oder die ersten drei in der Antragstellung aufgeführten Arbeitnehmer. Wird ein Betriebsrat, eine Jugend- und Auszubildendenvertretung, eine Bordvertretung oder ein Seebetriebsrat nicht gewählt, besteht der Kündigungsschutz nach Satz 1 vom Zeitpunkt der Einladung oder Antragstellung an drei Monate.

(3b) Die Kündigung eines Arbeitnehmers, der Vorbereitungshandlungen zur Errichtung eines Betriebsrats oder einer Bordvertretung unternimmt und eine öffentlich beglaubigte Erklärung mit dem Inhalt abgegeben hat, dass er die Absicht hat, einen Betriebsrat oder eine Bordvertretung zu errichten, ist unzulässig, soweit sie aus Gründen erfolgt, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, es sei denn, dass Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen. Der Kündigungsschutz gilt von der Abgabe der Erklärung nach Satz 1 bis zum Zeitpunkt der Einladung zu einer Betriebs-, Wahl- oder Bordversammlung nach § 17 Absatz 3, § 17a Nummer 3 Satz 2, § 115 Absatz 2 Nummer 8 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes, längstens jedoch für drei Monate.

(4) Wird der Betrieb stillgelegt, so ist die Kündigung der in den Absätzen 1 bis 3a genannten Personen frühestens zum Zeitpunkt der Stillegung zulässig, es sei denn, daß ihre Kündigung zu einem früheren Zeitpunkt durch zwingende betriebliche Erfordernisse bedingt ist.

(5) Wird eine der in den Absätzen 1 bis 3a genannten Personen in einer Betriebsabteilung beschäftigt, die stillgelegt wird, so ist sie in eine andere Betriebsabteilung zu übernehmen. Ist dies aus betrieblichen Gründen nicht möglich, so findet auf ihre Kündigung die Vorschrift des Absatzes 4 über die Kündigung bei Stillegung des Betriebs sinngemäß Anwendung.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 5. August 2010 - 2 Sa 634/09 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über den Bestand ihres Arbeitsverhältnisses sowie über die Entfernung von Abmahnungen aus der Personalakte des Klägers.

2

Die Beklagte ist ein international tätiges IT-Beratungs- und Systemintegrationsunternehmen mit ca. 2000 Mitarbeitern in Deutschland. Der Kläger ist Jurist. Von Dezember 1999 bis November 2000 nahm er erfolgreich an einem Qualifikationsprogramm „Applikationsentwickler Client-Server“ teil. Wenige Wochen vor dem Ende dieses Programms besuchte ein Bereichsleiter der Beklagten den Kurs und forderte die Teilnehmer auf, sich bei dieser zu bewerben. Auf seine Bewerbung hin wurde der Kläger zum 1. Dezember 2000 von der Beklagten als Organisationsprogrammierer eingestellt. Zu seinen vertraglichen Aufgaben gehörte ua. die „Programmierung von Anwendersoftware“ und die „Beratung in Organisations- und Systemfragen“.

3

Der Kläger wurde zunächst im B-Projekt PPC eingesetzt und mit der Konzepterstellung, einer Projektassistenz sowie dem Erstellen eines Handbuchs beauftragt. Nach Abschluss des Projekts war er weiter für den Kunden B im Projekt „Produkt Qualitätsmanagement“ bis zu dessen Ende im Herbst 2004 tätig. Zwischenzeitlich wurde die Abteilung „TA Applications Consulting und Development“, in der der Kläger beschäftigt war, aufgelöst. Deshalb sollte er ab Mai 2005 im Bereich Programmierung eingesetzt werden. Zu diesem Zweck wurde ihm zunächst ein Skript zum Selbststudium überlassen. Eine beabsichtigte zweimonatige Schulung in der Filiale P scheiterte. Danach sollte der Kläger sich in ein bestimmtes Securitysystem einarbeiten. Hierzu nahm er an mindestens zwei Schulungen teil. Im August 2006 wurde er im Projekt „B-Atlas“ eingesetzt. Im März 2007 sollte er im Programmierbereich tätig werden, löste aber die ihm gestellte Aufgabe nicht.

4

Im Mai 2007 initiierte der Kläger zusammen mit Kollegen eine Betriebsversammlung zur (erstmaligen) Wahl eines Betriebsrats.

5

Am 20. Juni 2007 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien außerordentlich wegen Arbeitsverweigerung.

6

Am 10. Oktober 2007, einen Tag vor der Betriebsratswahl, schickte der Kläger eine E-Mail an 20 Mitarbeiter der Beklagten, in der er ua. ausführte:

        

„Wie Ihr vielleicht wisst, wurde ich am 20.6. fristlos gekündigt, es wurden zwar kein Gründe angegeben, aber es liegt natürlich auf der Hand, dass man mit dieser Maßnahme den Betriebsrat verhindern wollte.“

Wegen dieser E-Mail kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis am 23. Oktober 2007 erneut außerordentlich. Das Arbeitsgericht stellte die Unwirksamkeit der Kündigungen vom 20. Juni und 23. Oktober 2007 rechtskräftig fest und verurteilte die Beklagte, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens als Organisationsprogrammierer weiterzubeschäftigen.

7

Am 31. Januar 2008 mahnte die Beklagte den Kläger mit der Begründung ab, er habe gegenüber einem Mitarbeiter erklärt, man müsse sie - die Beklagte - in allen Belangen „hart anfassen“. Mit einer Abmahnung vom 5. Februar 2008 wurde ihm vorgeworfen, er habe sich nicht acht Stunden täglich auf einen Arbeitseinsatz vorbereitet. Mit einer weiteren Abmahnung vom 19. Februar 2008 rügte die Beklagte die fehlende Bereitschaft des Klägers, seine Programmiererfähigkeiten gutachterlich untersuchen zu lassen.

8

Am 4. März 2008 erstellte ein IT-Sachverständiger nach zwei Gesprächen mit dem Kläger ein Gutachten über dessen Qualifikations- und Kenntnisstand im Bereich der Softwareentwicklung. Er kam zu dem Ergebnis, dass der Kläger nicht über die erforderliche fachliche Qualifikation verfüge, um eine Tätigkeit als Organisationsprogrammierer zu erbringen.

9

Die Beklagte hörte den bei ihr bestehenden Betriebsrat am 6. März 2008 zu einer außerordentlichen fristlosen, hilfsweise außerordentlichen Kündigung mit Auslauffrist an. Der Personalausschuss des Betriebsrats stimmte den beabsichtigten Kündigungen zu. Mit Schreiben vom 10. März 2008 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis außerordentlich und fristlos, hilfsweise außerordentlich mit einer Auslauffrist zum 30. Juni 2008. Zugleich erteilte sie dem Kläger Hausverbot.

10

Nach Auslaufen des nachwirkenden Kündigungsschutzes als Bewerber zur Betriebsratswahl hörte die Beklagte den Betriebsrat mit Schreiben vom 16. April 2008 zu einer ordentlichen Kündigung des Klägers aus personen- und verhaltensbedingten Gründen an. Der Vorsitzende des Personalausschusses teilte am 17. April 2008 die Zustimmung des Betriebsrats zur beabsichtigten ordentlichen Kündigung mit. Am gleichen Tag kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien ordentlich zum 30. September 2008.

11

Zum 30. April 2008 schied einer der beiden bei der Beklagten beschäftigten Juristen aufgrund einer Eigenkündigung vom Januar 2008 aus. Spätestens zum 1. Oktober 2008 stellte die Beklagte einen Juristen neu ein.

12

Am 13. Oktober 2008 wollte der Kläger als Ersatzmitglied an einer außerhalb des Betriebs stattfindenden Sitzung des Betriebsrats teilnehmen. Der Vorsitzende verweigerte ihm dies. Da der Kläger nicht freiwillig gehen wollte, rief er die Polizei zu Hilfe. Hierzu nahm der Kläger am 7. November 2008 nach Aufforderung durch die Beklagte wie folgt Stellung:

        

„Da Sie zweifellos nicht das Hausrecht über die Gaststätte ... ausüben, besteht kein Anlass, zu Ihrem Schreiben näher Stellung zu nehmen.

        

Einen besseren Beweis als Ihr Schreiben, dass der m Betriebsrat unternehmensgesteuert, unternehmensdominiert und unternehmensbestimmt ist und dass Sie ihn lediglich als Hilfsorgan ansehen, hätten Sie gar nicht liefern können.“

13

In einem Schreiben vom 27. November 2008 wiederholte der Kläger den Vorwurf, der Betriebsrat sei von der Beklagten nicht unabhängig. Die Beklagte forderte ihn am 3. Dezember 2008 auf, diese Äußerung zurückzunehmen und den Betriebsfrieden zukünftig nicht mehr zu stören.

14

Mit einem als „Abmahnung und Aufforderung zum Widerruf“ überschriebenen Schreiben vom 23. Dezember 2008 rügte die Beklagte den Kläger wegen seiner Äußerung in der E-Mail vom 10. Oktober 2007 und forderte ihn auf, gegenüber den Empfängern dieser Mail bis 9. Januar 2009 seine Äußerung zu widerrufen, andernfalls behalte sie sich arbeitsrechtliche Konsequenzen bis hin zum Ausspruch einer Kündigung vor. Nachdem die Beklagte den Betriebsrat zu einer weiteren außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung angehört und der Personalausschuss mitgeteilt hatte, dass dagegen keine Einwände bestünden, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis am 21. Januar 2009 außerordentlich, hilfsweise ordentlich. Mit Schreiben vom 11. Februar 2009 kündigte sie das Arbeitsverhältnis ein weiteres Mal außerordentlich, hilfsweise ordentlich zum nächstmöglichen Termin, nachdem der Personalausschuss auch dagegen keine Einwände erhoben hatte.

15

Mit Schreiben vom 7. April 2009 erklärte die Beklagte die Anfechtung des Arbeitsverhältnisses, weil der Kläger nicht programmieren könne und ihm diese Fähigkeit bereits bei Abschluss des Vertrags gefehlt habe.

16

Der Kläger hat mit seiner rechtzeitig erhobenen Klage geltend gemacht, sämtliche Kündigungen seien unwirksam. Er habe zu keiner Zeit die Arbeit verweigert. Die ihm gestellten Aufgaben seien jedoch zu schwierig und die angebotenen Schulungen für ihn als Anfänger nicht geeignet gewesen. Ein Fachfremder könne in einer einjährigen Schulung das Programmieren nicht lernen. Die Beklagte habe bei seiner Einstellung gewusst, dass er lediglich eine Qualifizierungsmaßnahme von einem Jahr absolviert habe. Trotz seiner unzureichenden Kenntnisse habe sie ihn eingestellt und fünf Jahre lang ohne Programmiertätigkeiten beschäftigt. Nach Ablauf der Probezeit könne sie sich deshalb nicht mehr auf unzulängliche Kenntnisse berufen. Er könne weiterhin in einem der Tätigkeitsbereiche eingesetzt werden, in dem er jahrelang gearbeitet habe. Auch sei während der Kündigungsfrist die Stelle eines Juristen zur Nachbesetzung frei gewesen, die ihm habe übertragen werden können.

17

Im Übrigen sei er ordentlich unkündbar gewesen. Bei Ausspruch der Kündigung vom 17. April 2008 habe ihm der nachwirkende Kündigungsschutz als Ersatzmitglied zugestanden. In den Betriebsratssitzungen am 28. oder 29. Februar, 29. März und 28. April 2008 seien ordentliche Betriebsratsmitglieder verhindert gewesen. Gleichwohl sei er nicht geladen worden.

18

Die Abmahnungen vom 31. Januar, 5. Februar, 26. Februar und 23. Dezember 2008 seien unwirksam und deshalb zurückzunehmen und aus der Personalakte zu entfernen.

19

Der Kläger hat - soweit für die Revision von Bedeutung - beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die außerordentliche Kündigung vom 10. März 2008 nicht beendet worden ist;

        

2.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die ordentliche Kündigung vom 17. April 2008 nicht zum 30. September 2008 beendet worden ist;

        

3.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis weder durch die außerordentliche Kündigung vom 21. Januar 2009 noch durch die hilfsweise ausgesprochene Kündigung von diesem Tage zum 30. Juni 2009 beendet worden ist;

        

4.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis weder durch die außerordentliche Kündigung vom 11. Februar 2009 noch durch die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung von diesem Tage zum 30. Juni 2009 beendet worden ist;

        

5.    

die Beklagte zu verurteilen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten Arbeitsbedingungen weiterzubeschäftigen;

        

6.    

die Beklagte zu verurteilen, die ihm mit Schreiben vom 31. Januar 2008, 5. Februar 2008, 26. Februar 2008 und 23. Dezember 2008 erteilten Abmahnungen zurückzunehmen und aus der Personalakte zu entfernen.

20

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen, hilfsweise

        

für den Fall der Unwirksamkeit der Kündigungen vom 10. März und 17. April 2008 das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2, § 10 Abs. 1 KSchG gegen Zahlung einer Abfindung, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt werde, die jedoch 8.042,28 Euro brutto nicht übersteigen sollte, zum 30. September 2008 aufzulösen.

21

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, die Kündigung vom 17. April 2008 sei aus verhaltensbedingten und personenbedingten Gründen gerechtfertigt. Entweder habe der Kläger trotz Abmahnungen die Arbeit verweigert oder er sei nicht in der Lage, zu programmieren. Seine ursprüngliche Tätigkeit könne er nicht mehr ausüben, seine Abteilung sei bereits 2005 aufgelöst worden. Eine Weiterbeschäftigung im Rahmen von Projekten sei nicht möglich. Sämtliche Projekte seien abgeschlossen, es gebe nur noch freie Stellen als Programmierer. Für eine Tätigkeit im Bereich Business fehle dem Kläger die notwendige Qualifikation. Sie sei nicht verpflichtet gewesen, den Kläger auf der frei gewordenen Juristenstelle, einer Beförderungsstelle, weiterzubeschäftigen. Die Position habe zunächst nicht nachbesetzt werden sollen. Erst Anfang Juli 2008 habe sie entschieden, wieder einen Juristen einzustellen. Die Kündigung vom 21. Januar 2009 sei begründet, weil der Kläger trotz Abmahnung und Aufforderung mit Fristsetzung die beleidigenden Äußerungen in seiner E-Mail vom 10. Oktober 2007 nicht widerrufen habe. Die Kündigung vom 11. Februar 2009 beruhe auf dem Vorwurf, der Betriebsrat sei unternehmensgesteuert. Die Anfechtung sei wirksam. Bei der Fähigkeit zu programmieren handele es sich um eine verkehrswesentliche Eigenschaft. In jedem Fall sei das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung aufzulösen. Es sei zerrüttet. Der Kläger habe sie anlässlich der letzten Betriebsratswahl erheblich diskreditiert.

22

Der Kläger hat beantragt, den Auflösungsantrag abzuweisen.

23

Das Arbeitsgericht hat der Klage teilweise stattgegeben und festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die außerordentliche Kündigung vom 10. März 2008 weder fristlos noch mit einer sozialen Auslauffrist aufgelöst worden ist. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers und die Anschlussberufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seine noch rechtshängigen Klageanträge weiter.

Entscheidungsgründe

24

Die zulässige Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zu Recht zurückgewiesen. Die Kündigung vom 17. April 2008 hat das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 30. September 2008 aus personenbedingten Gründen iSd. § 1 Abs. 2 KSchG rechtswirksam beendet.

25

I. Die Kündigung vom 17. April 2008 ist aus Gründen in der Person des Klägers iSv. § 1 Abs. 2 KSchG sozial gerechtfertigt.

26

1. Zum Zeitpunkt der Kündigung vom 17. April 2008 bestand zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis.

27

a) Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist, wie das Landesarbeitsgericht mangels Revision der Beklagten rechtskräftig festgestellt hat, durch die Kündigung vom 10. März 2008 nicht aufgelöst worden.

28

b) Das Arbeitsverhältnis ist von der Beklagten mit ihrem Schreiben vom 7. April 2009 nicht wirksam - und dann rückwirkend zum März 2008 - angefochten worden. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht das Vorliegen eines Irrtums über eine verkehrswesentliche Eigenschaft nach § 119 Abs. 2 BGB verneint.

29

aa) Fehlt einem Vertragspartner die fachliche Qualifikation, die dem Vertrag von den Parteien ersichtlich zugrunde gelegt worden ist, kann dies zu einer Anfechtung nach § 119 Abs. 2 BGB berechtigen.

30

bb) Der Beklagten war bei der Einstellung des Klägers bekannt, dass dieser nur für ein Jahr an dem Qualifizierungsprogramm „Applikationsentwickler Client-Server“ teilgenommen hatte. Es fehlt deshalb an einem schlüssigen Vortrag dahin, dass sie die Kenntnisse, die sie mittlerweile beim Kläger als erforderlich ansieht, schon bei Vertragsschluss gefordert und zur Voraussetzung des Arbeitsvertrags gemacht hat.

31

cc) Auf die Frage, ob die Beklagte die Anfechtung unverzüglich iSd. § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB erklärt hat, kommt es nicht mehr an.

32

2. Die Kündigung vom 17. April 2008 ist durch Gründe in der Person des Klägers bedingt.

33

a) Das Landesarbeitsgericht hat mit Bezug auf das Gutachten des IT-Sachverständigen zum Qualifikations- und Kenntnisstand des Klägers im Bereich der Softwareentwicklung angenommen, dass diesem die wesentlichen Grundlagen des Programmierens fehlten und er sich die notwendigen Kenntnisse nur durch eine zweijährige Ausbildung hätte aneignen können. Diese Feststellungen greift die Revision nicht an.

34

b) Aufgrund dieses in einem vertretbaren Zeitraum nicht zu behebenden Mangels an Programmierkenntnissen des Klägers lag zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung eine erhebliche Störung des Arbeitsverhältnisses der Parteien vor (vgl. dazu BAG 16. Februar 1989 - 2 AZR 299/88 - zu B der Gründe, BAGE 61, 131; KR/Griebeling 9. Aufl. § 1 KSchG Rn. 271 ff.). Der Umstand, dass dieser Mangel in den ersten Jahren des Bestehens des Arbeitsverhältnisses nicht zum Tragen kam, weil der Kläger zunächst vertragsgemäß anderweitig beschäftigt worden war, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Das Fehlen von Kenntnissen für die vertraglich gleichermaßen geschuldete Tätigkeit als Organisationsprogrammierer hat die Beklagte mit dem mehrjährigen anderweitigen Einsatz nicht „gebilligt“.

35

c) Die weitere Feststellung des Landesarbeitsgerichts, die Störung des Arbeitsverhältnisses könne nicht durch eine anderweitige Beschäftigung des Klägers beseitigt werden, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

36

aa) Zwar bestand die arbeitsvertraglich geschuldete Tätigkeit des Klägers nicht allein im Programmieren, sondern auch in der Beratung. Auch wurde er jahrelang nicht als Programmierer beschäftigt. Ein Mangel von Programmierkenntnissen des Klägers rechtfertigt deshalb für sich allein noch nicht die Annahme, die Beklagte könne ihn nicht mehr vertragsgerecht beschäftigen. Das Landesarbeitsgericht ist jedoch nach Beweisaufnahme zu der Überzeugung gelangt, der Kläger habe nicht mehr wie zuvor in Projekten ohne Programmiertätigkeit beschäftigt werden können. Die bisherigen Projekte seien ausgelaufen. Künftig werde es solche nicht mehr in gleicher Weise wie bisher geben. Tätigkeiten wie die Administration von Hard- und Software und die Durchführung von Schulungsveranstaltungen würden von den Programmierern miterledigt. Eine Umorganisation von Arbeitsplätzen sei nicht möglich, weil mittlerweile alle Mitarbeiter Programmierkenntnisse haben müssten. Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten wie bisher gebe es für den Kläger nicht. Freie Arbeitsplätze gebe es nur noch im Bereich Programmierung. Der Kläger hat sich gegen diese Beweiswürdigung nicht gewandt.

37

bb) Die Beklagte musste den Kläger auch nicht auf der Stelle des ausgeschiedenen Juristen weiterbeschäftigen. Das Landesarbeitsgericht ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon ausgegangen, zum Zeitpunkt der Kündigung habe für die Beklagte nicht festgestanden, dass die Stelle eines Juristen zum Ablauf der Kündigungsfrist zur Verfügung stehen würde. Nach den glaubhaften Aussagen der Zeugen B und R sei eine Nachbesetzung der frei gewordenen Stelle zunächst nicht vorgesehen gewesen. Erst nach Ausspruch der Kündigung im Juli 2008 habe sich die Situation geändert.

38

d) Die vom Landesarbeitsgericht vorgenommene abschließende Interessenabwägung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Revision zeigt nicht auf, dass dieses wesentliche Umstände oder erhebliche Gesichtspunkte außer Acht gelassen hätte.

39

II. Die Kündigung vom 17. April 2008 ist nicht wegen fehlerhafter Anhörung des Betriebsrats gemäß § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam. Das Landesarbeitsgericht hat die ausführliche Unterrichtung des Betriebsrats vom 16. April 2008 zu Recht als hinreichend angesehen. Die Revision rügt auch das nicht.

40

III. Die Kündigung vom 17. April 2008 verstößt nicht gegen § 15 Abs. 1 Satz 2 KSchG. Der Kläger genoss keinen besonderen Kündigungsschutz.

41

1. Der besondere Kündigungsschutz nach § 15 Abs. 1 Satz 1 KSchG besteht für Ersatzmitglieder des Betriebsrats solange, wie sie ein zeitweilig verhindertes ordentliches Mitglied vertreten. Der besondere Kündigungsschutz nach § 15 Abs. 1 Satz 2 KSchG besteht für die Dauer eines Jahres nach dem Ende ihrer Tätigkeit als Ersatzmitglied(vgl. BAG 5. November 2009 - 2 AZR 487/08 - Rn. 26, AP KSchG 1969 § 15 Nr. 65 = EzA KSchG § 15 nF Nr. 64; 18. Mai 2006 - 6 AZR 627/05 - Rn. 23, AP KSchG 1969 § 15 Ersatzmitglied Nr. 2 = EzA ArbGG 1979 § 69 Nr. 5). Dieser nachwirkende Kündigungsschutz tritt allerdings nur ein, wenn das Ersatzmitglied in der Vertretungszeit konkrete Betriebsratsaufgaben tatsächlich wahrgenommen hat. Der nachwirkende Schutz soll die unabhängige, pflichtgemäße Ausübung des Betriebsratsamts dadurch gewährleisten, dass er den Arbeitgeber nach dem Amtsende ein Jahr lang hindert, eine Kündigung des früheren Betriebsratsmitglieds ohne wichtigen Grund auszusprechen. Das Gesetz setzt darauf, dass sich in dieser Zeit eine mögliche Verärgerung des Arbeitgebers über die Amtsgeschäfte des Betriebsratsmitglieds deutlich legt und dieses deshalb während seiner aktiven Zeit unbefangen agieren lässt. Einer solchen „Abkühlungsphase“ bedarf es nicht, wenn das Ersatzmitglied während der Zeit, in der es vertretungshalber nachgerückt war, weder an Sitzungen des Betriebsrats teilgenommen noch sonstige Betriebsratstätigkeiten ausgeübt hat. Es hat dann dem Arbeitgeber keinen Anlass zu möglichen negativen Reaktionen auf seine Amtsausübung gegeben und bedarf deshalb keines besonderen Schutzes (BAG 8. September 2011 - 2 AZR 388/10 - Rn. 40, AP KSchG 1969 § 15 Nr. 70 = EzA BetrVG 2001 § 25 Nr. 3; 5. November 2009 - 2 AZR 487/08 - Rn. 16, AP KSchG 1969 § 15 Nr. 65 = EzA KSchG § 15 nF Nr. 64).

42

2. Hiernach stand dem Kläger zum Zeitpunkt der Kündigung ein besonderer Kündigungsschutz nach § 15 Abs. 1 Satz 1 oder Satz 2 KSchG nicht zu.

43

a) Ein Fall des § 15 Abs. 1 Satz 1 KSchG liegt nicht vor. Der Kläger war bei Kündigungsausspruch am 17. April 2008 nicht in den Betriebsrat nachgerückt.

44

b) Ebenso wenig sind die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Satz 2 KSchG gegeben. Zwar war der Kläger als erstes Ersatzmitglied für ein verhindertes reguläres Mitglied Ende Februar und Ende März 2008 in den Betriebsrat nachgerückt, soweit er nicht seinerseits wegen des Ausspruchs der Kündigung vom 10. März 2008 objektiv verhindert war. Ist ein ordentliches Mitglied verhindert, rückt das betreffende Ersatzmitglied in den Betriebsrat „automatisch“ nach, unabhängig davon, ob es selbst oder etwa der Betriebsratsvorsitzende vom Verhinderungsfall Kenntnis hat (BAG 8. September 2011 - 2 AZR 388/10 - Rn. 34, AP KSchG 1969 § 15 Nr. 70 = EzA BetrVG 2001 § 25 Nr. 3). Der Kläger hat jedoch auch als nachgerücktes Ersatzmitglied keinerlei Betriebsratstätigkeit erbracht. An den Ende Februar und Ende März 2008 durchgeführten Betriebsratssitzungen hat er schon deshalb nicht teilgenommen, weil er nicht geladen worden war. Selbst wenn dies darauf beruht haben sollte, dass der Betriebsratsvorsitzende die Nachrückregelung des § 25 Abs. 1, Abs. 2 BetrVG bewusst ignoriert hat, ändert das nichts daran, dass der Kläger an den Sitzungen des Gremiums tatsächlich nicht teilgenommen und auch sonstige Betriebsratsaufgaben nicht wahrgenommen hat. Bloß fiktive, in Wirklichkeit aber unterbliebene Tätigkeiten des Ersatzmitglieds lösen den nachwirkenden Kündigungsschutz nach § 15 Abs. 1 Satz 2 KSchG nicht aus.

45

Etwas anderes käme allenfalls dann in Betracht, wenn die Beklagte den Fehler in der Amtsführung des Betriebsratsvorsitzenden bewusst veranlasst oder mit diesem kollusiv zusammengewirkt hätte (vgl. BAG 4. August 1975 - 2 AZR 266/74 - zu III 6 der Gründe, BAGE 27, 209). Dafür fehlt es an Anhaltspunkten.

46

IV. Die Kündigung vom 17. April 2008 ist nicht wegen eines Verstoßes gegen § 612a BGB iVm. § 134 BGB unwirksam.

47

1. Nach § 612a BGB darf der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer bei einer Maßnahme nicht deshalb benachteiligen, weil dieser in zulässiger Weise seine Rechte ausübt. Als „Maßnahme“ im Sinne des Gesetzes kommt auch eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses in Betracht. Sie kann sich als eine Benachteiligung wegen einer zulässigen Rechtsausübung des Arbeitnehmers darstellen. Das Maßregelungsverbot ist aber nur dann verletzt, wenn zwischen der Benachteiligung und der Rechtsausübung ein unmittelbarer Zusammenhang besteht. Die zulässige Rechtsausübung muss der tragende Grund, dh. das wesentliche Motiv für die benachteiligende Maßnahme gewesen sein. Es reicht nicht aus, dass die Rechtsausübung nur der äußere Anlass für die Maßnahme war (BAG 12. Mai 2011 - 2 AZR 384/10 - Rn. 38, EzA BEEG § 18 Nr. 1).

48

2. Nach diesen Grundsätzen kann hier ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot nicht festgestellt werden. Es ist nicht erkennbar, dass etwa die Inanspruchnahme betriebsverfassungsrechtlicher Rechte durch den Kläger der tragende Grund für die Kündigung vom 17. April 2008 war. Bereits ab dem Jahr 2005, also längere Zeit vor der Initiierung der Betriebsversammlung, wurden Schulungsmaßnahmen durchgeführt, um den Kläger mit Programmierungsaufgaben beschäftigen zu können. Längere Zeit nach der Betriebsversammlung, Ende Februar 2008, erstellte der IT-Sachverständige das Gutachten, das dem Kläger einen nicht ausreichenden Qualifikations- und Kenntnisstand in der Softwareentwicklung bescheinigt und inhaltlich von ihm selbst nicht für falsch gehalten wird. Vor diesem Hintergrund kann nicht davon ausgegangen werden, die Aktivitäten des Klägers im Zusammenhang mit dem Anstoß zu einer Betriebsversammlung und Betriebsratswahl seien der tragende Grund für die Kündigung vom 17. April 2008.

49

V. Die weiteren Feststellungsanträge sind unbegründet. Sie setzen sämtlich das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses über den 30. September 2008 hinaus voraus.

50

VI. Der Antrag auf vorläufige Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens ist dem Senat nicht zur Entscheidung angefallen. Das Kündigungsschutzverfahren ist rechtskräftig beendet.

51

VII. Der Antrag des Klägers, die vier näher bezeichneten Abmahnungen zurückzunehmen und aus seiner Personalakte zu entfernen, ist unbegründet. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses hat ein Arbeitnehmer regelmäßig keinen Anspruch mehr auf Entfernung selbst einer zu Unrecht erteilten Abmahnung aus der Personalakte. Ein solcher Anspruch kann nur ausnahmsweise gegeben sein, wenn objektive Anhaltspunkte dafür bestehen, eine Abmahnung könne dem Arbeitnehmer auch noch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses schaden. Entsprechende Gründe hat der Kläger nicht dargelegt.

52

VIII. Der Kläger hat die Kosten der erfolglosen Revision gemäß § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.

        

    Kreft     

        

    Rachor    

        

    Eylert     

        

        

        

    Frey    

        

    Grimberg     

                 

(1) Scheidet ein Mitglied des Betriebsrats aus, so rückt ein Ersatzmitglied nach. Dies gilt entsprechend für die Stellvertretung eines zeitweilig verhinderten Mitglieds des Betriebsrats.

(2) Die Ersatzmitglieder werden unter Berücksichtigung des § 15 Abs. 2 der Reihe nach aus den nichtgewählten Arbeitnehmern derjenigen Vorschlagslisten entnommen, denen die zu ersetzenden Mitglieder angehören. Ist eine Vorschlagsliste erschöpft, so ist das Ersatzmitglied derjenigen Vorschlagsliste zu entnehmen, auf die nach den Grundsätzen der Verhältniswahl der nächste Sitz entfallen würde. Ist das ausgeschiedene oder verhinderte Mitglied nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl gewählt, so bestimmt sich die Reihenfolge der Ersatzmitglieder unter Berücksichtigung des § 15 Abs. 2 nach der Höhe der erreichten Stimmenzahlen.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 20. Oktober 2010 - 8 Sa 249/10 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

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Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Verdachtskündigung.

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Der 1953 geborene Kläger war seit Januar 2002 bei der Beklagten - einer bundesunmittelbaren juristischen Person des öffentlichen Rechts mit Sitz in F - als Ingenieur beschäftigt. Seine Tätigkeit verrichtete er in einer nach M ausgelagerten „Fachstelle/Bau“ der Abteilung „Zentrales Baumanagement“. In seine Zuständigkeit fiel die Abwicklung von Bau- und sonstigen Sanierungsvorhaben im Bereich der M Außenstelle der Beklagten und an ihren Liegenschaften in B und R.

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Der Kläger betreute ua. das Projekt „Erneuerung der Brandschutzklappen des Dienstgebäudes B“. Um den Auftrag bewarb sich die A GmbH (im Folgenden: GmbH), die schon zuvor in dem Dienstgebäude mit regelmäßigen Wartungsarbeiten betraut war. Anfang März 2008 gab sie ein erstes Angebot und unter dem 11. März 2008 ein zweites, inhaltlich erweitertes Angebot mit einer Angebotssumme von 122.652,68 Euro ab.

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Ein von der Beklagten beauftragtes Ingenieurbüro befürwortete im Hinblick auf das zweite Angebot die Vergabe des Auftrags an die GmbH, allerdings mit der Einschränkung, dass bestimmte Positionen wegen zu hoher Zeitansätze bzw. Einheitspreise nachzuverhandeln seien. Die Unterlagen reichte der Kläger an das Servicezentrum der Beklagten in F weiter. Nachdem von dort die Höhe des Angebots beanstandet worden war, reduzierte die GmbH nach Verhandlungen mit dem Kläger das zweite Angebot um einen Betrag von 10.499,75 Euro. Auf Vorschlag des Klägers und nach Gegenzeichnung durch seinen Vorgesetzten sowie weiteren Genehmigungen über mehrere Hierarchieebenen wurde der GmbH im Wege einer freihändigen Vergabe der Zuschlag erteilt.

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Aufgrund einer Selbstanzeige des Geschäftsführers der GmbH leitete die Staatsanwaltschaft gegen den Kläger ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der versuchten Erpressung und Bestechlichkeit ein. Am 4. Februar 2009 wurden die Privatwohnung des Klägers und die Geschäftsräume der M Außenstelle der Beklagten durchsucht. Der Beklagten wurde der Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts M vom 21. November 2008 eröffnet, der eine detaillierte Darstellung des zugrunde liegenden Sachverhalts enthält. Insbesondere ist dort der Inhalt mehrerer Gespräche wiedergegeben, die zwischen dem Kläger und dem Geschäftsführer geführt worden sein sollen. Bei der Beklagten wurden Geschäftsunterlagen betreffend die Projekte „Erneuerung der Brandschutzklappen“ und „Umbau Zu- und Abluftanlage“ beschlagnahmt, darunter Unterlagen von Firmen, die hierauf bezogen Angebote abgegeben hatten. Ein dem Kläger am Folgetag eröffneter Haftbefehl wurde gegen Auflagen außer Vollzug gesetzt.

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Mit Schreiben vom 5. Februar 2009 stellte die Beklagte den Kläger von seiner Verpflichtung zur Arbeitsleistung frei. Zugleich teilte sie mit, er sei verdächtig, am 15. Februar 2008 vom Geschäftsführer der GmbH eine Gegenleistung in Höhe von 10 vH des Auftragswerts dafür gefordert zu haben, dass er sich in besonderer Weise für eine Beauftragung der GmbH durch die Beklagte einsetzen würde. Außerdem stehe er im Verdacht, im August 2008 das Angebot des Geschäftsführers der GmbH angenommen zu haben, ihm ohne finanzielle Gegenleistung eine Ferienwohnung am Gardasee für eine Woche zur Verfügung zu stellen. Um dem Kläger Gelegenheit zu geben, sich zu den Vorwürfen zu äußern, lud sie ihn zu einem Gespräch am Montag, dem 9. Februar 2009, in ihre F Zentrale ein.

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Mit anwaltlichem Schreiben vom 6. Februar 2009 sagte der Kläger seine Teilnahme an dem Gespräch ab. Er berief sich mit Blick auf das laufende staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren auf sein Schweigerecht. Gleichwohl sei er bereit, eine schriftliche Stellungnahme abzugeben, wozu er einen Fragenkatalog erbitte. Mit Schreiben vom selben Tag teilte die Beklagte dem Kläger unter Beifügung einer Kopie des Durchsuchungsbeschlusses vom 21. November 2008 mit, es stehe ihm frei, sich schriftlich zu den in dem Beschluss angeführten Verdachtstatsachen zu äußern. Sie erwarte den Eingang einer Stellungnahme „bis Dienstschluss“ am 9. Februar 2009. Einen Fragenkatalog werde sie nicht erstellen.

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Mit Schreiben vom 9. Februar 2009 erklärte der Kläger, ihm sei noch keine Akteneinsicht gewährt worden. Die gegen ihn erhobenen Vorwürfe wies er pauschal als unzutreffend zurück. Weder bei seinem ersten Zusammentreffen noch zu einem späteren Zeitpunkt habe er den mitbeschuldigten Geschäftsführer zu Zahlungen im Zusammenhang mit einer möglichen Beauftragung aufgefordert. Er habe auch keine finanziellen Zuwendungen oder einen geldwerten Vorteil sonstiger Art erhalten. Hinsichtlich der Ferienwohnung am Gardasee sei anzumerken, dass er gemeinsam mit seiner Ehefrau bereits Monate zuvor einen Hotelurlaub an der Adria gebucht und gezahlt habe, wie aus einer beigefügten Buchungsbestätigung hervorgehe.

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Nach Beteiligung des Gesamtpersonalrats kündigte die Beklage das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 12. Februar 2009 außerordentlich fristlos. Mit Schreiben vom 26. Februar 2009 erklärte sie hilfsweise eine ordentliche Kündigung zum 30. Juni 2009. Gegen beide Kündigungen erhob der Kläger rechtzeitig die vorliegende Klage.

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Der Kläger hat geltend gemacht, die Kündigungen seien unwirksam. Die Voraussetzungen für eine Verdachtskündigung lägen nicht vor. Die Beklagte habe sich nicht auf eine Aussage des Geschäftsführers im staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren stützen dürfen, sondern habe eigene Nachforschungen anstellen müssen. Der Geschäftsführer sei nicht glaubwürdig. Diesem sei Straffreiheit zugesichert worden. Auch habe er wohl angesichts der knappen Kalkulation der Aufträge seinen Betrieb gefährdet gesehen und ihn - den Kläger - aus dem Weg räumen wollen. Er selbst habe keinen bestimmenden Einfluss auf die Vergabe von Aufträgen durch die Beklagte gehabt. Sollte je ein dringender Tatverdacht bestanden haben sei dieser mit der am 3. März 2010 - unstreitig - erfolgten Aufhebung des Haftbefehls entfallen. Die Erhebung der öffentlichen Klage vom 8. April 2010 und die anschließende Eröffnung des Hauptverfahrens ließen keine andere Bewertung zu. Diese Entscheidungen erforderten nur ein geringeres Maß an Tatverdacht. Eine im Verlauf des Rechtsstreits von der Beklagten veranlasste Innenrevision habe keine Unregelmäßigkeiten ergeben. Die Beklagte habe ihn vor der Kündigung nicht ausreichend angehört. Die Äußerungsfrist sei zu kurz gewesen und habe ihm keine substantiierte Stellungnahme ermöglicht. Mangels konkreter Vorgaben habe er nicht erkennen können, zu welchen Sachverhalten und/oder Tatsachen er sich habe äußern sollen. Die Beklagte habe es versäumt, auf ihre Kündigungsabsicht hinzuweisen.

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Der Kläger hat beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 12. Februar 2009 nicht aufgelöst worden ist;

        

2.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien auch durch die Kündigung der Beklagten vom 26. Februar 2009 nicht aufgelöst worden ist und weiter fortbesteht.

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Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, ein wichtiger Grund zur Kündigung liege vor, zumindest sei die ordentliche Kündigung sozial gerechtfertigt. Der Kläger sei einer Bestechlichkeit und der versuchten Erpressung verdächtig. Grundlage hierfür seien die im Durchsuchungsbeschluss festgehaltenen Ermittlungsergebnisse. Soweit diese auf Aussagen des Geschäftsführers der GmbH beruhten, habe sie keinen Anlass gehabt, an dessen Glaubwürdigkeit zu zweifeln. Auch die Strafverfolgungsbehörden hätten offenkundig einen dringenden Tatverdacht angenommen, da ein Haftbefehl nur unter dieser Voraussetzung habe erlassen werden dürfen. Deren Erkenntnisse und Bewertungen mache sie sich zu eigen. Der Kläger habe an der Aufklärung des Sachverhalts nicht nach Kräften mitgewirkt. Weitere Ermittlungen habe sie weder anstellen müssen, noch sei sie dazu nach Beschlagnahme ihrer Geschäftsunterlagen in der Lage gewesen. Soweit der Kläger wegen der Ferienwohnung am Gardasee darauf verwiesen habe, vom 6. bis 13. September 2008 andernorts in Italien eine Unterkunft gebucht zu haben, sei dies angesichts des bis zum 26. September 2008 bewilligten Urlaubs nicht geeignet, den Vorwurf der Bestechlichkeit zu entkräften. Ebenso wenig komme es darauf an, ob der Kläger die Unterkunft tatsächlich genutzt habe. Entscheidend sei, dass er sich den Vorteil habe versprechen lassen.

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Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

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Die Revision ist unbegründet. Die außerordentliche Kündigung vom 12. Februar 2009 hat das Arbeitsverhältnis der Parteien mit sofortiger Wirkung aufgelöst. Damit bleibt auch die Klage gegen die ordentliche Kündigung erfolglos.

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I. Nach § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

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1. Auch der Verdacht einer schwerwiegenden Pflichtverletzung kann einen wichtigen Grund bilden. Ein solcher Verdacht stellt gegenüber dem Vorwurf, der Arbeitnehmer habe die Tat begangen, einen eigenständigen Kündigungsgrund dar. Eine Verdachtskündigung kann gerechtfertigt sein, wenn sich starke Verdachtsmomente auf objektive Tatsachen gründen, die Verdachtsmomente geeignet sind, das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen zu zerstören, und der Arbeitgeber alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhalts unternommen, insbesondere dem Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat (st. Rspr., BAG 25. November 2010 - 2 AZR 801/09 - Rn. 16, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 48 = EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 9; 23. Juni 2009 - 2 AZR 474/07 - Rn. 51, BAGE 131, 155).

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2. Der Verdacht muss auf konkrete - vom Kündigenden ggf. zu beweisende - Tatsachen gestützt sein. Der Verdacht muss ferner dringend sein. Es muss eine große Wahrscheinlichkeit dafür bestehen, dass er zutrifft (BAG 25. November 2010 - 2 AZR 801/09 - AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 48 = EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 9; 12. Mai 2010 - 2 AZR 587/08 - Rn. 27, AP KSchG 1969 § 15 Nr. 67 = EzA KSchG § 15 nF Nr. 67). Die Umstände, die ihn begründen, dürfen nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht ebenso gut durch ein Geschehen zu erklären sein, das eine außerordentliche Kündigung nicht zu rechtfertigen vermöchte. Bloße, auf mehr oder weniger haltbare Vermutungen gestützte Verdächtigungen reichen dementsprechend zur Rechtfertigung eines dringenden Tatverdachts nicht aus (BAG 29. November 2007 - 2 AZR 724/06 - Rn. 30, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 5; 10. Februar 2005 - 2 AZR 189/04 - AP KSchG 1969 § 1 Nr. 79 = EzA KSchG § 1 Verdachtskündigung Nr. 3). Schließlich muss der Arbeitgeber alles ihm Zumutbare zur Aufklärung des Sachverhalts getan, insbesondere dem Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben haben (BAG 23. Juni 2009 - 2 AZR 474/07 - Rn. 51, BAGE 131, 155; 10. Februar 2005 - 2 AZR 189/04 - Rn. 28, aaO). Der Umfang der Nachforschungspflichten richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls (BAG 23. Juni 2009 - 2 AZR 474/10 - aaO; 10. Februar 2005 - 2 AZR 189/04 - aaO).

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3. Für die kündigungsrechtliche Beurteilung der Pflichtverletzung, auf die sich der Verdacht bezieht, ist ihre strafrechtliche Bewertung nicht maßgebend. Entscheidend ist der Verstoß gegen vertragliche Haupt- oder Nebenpflichten und der mit ihm verbundene Vertrauensbruch (BAG 25. November 2010 - 2 AZR 801/09 - Rn. 17, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 48 = EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 9; 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 30, BAGE 134, 349). Auch der dringende Verdacht einer nicht strafbaren, gleichwohl erheblichen Verletzung der sich aus dem Arbeitsverhältnis ergebenden Pflichten kann ein wichtiger Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB sein(BAG 25. November 2010 - 2 AZR 801/09 - Rn. 17, aaO).

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II. Danach liegt „an sich“ ein wichtiger Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB vor.

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1. Wer als Arbeitnehmer bei der Ausführung von vertraglichen Aufgaben Vorteile für sich fordert, sich versprechen lässt oder entgegen nimmt, verletzt zugleich - unabhängig von einer möglichen Strafbarkeit wegen Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr nach § 299 Abs. 1 StGB oder - als Beschäftigter im öffentlichen Dienst - wegen Vorteilsannahme nach § 331 Abs. 1 StGB bzw. Bestechlichkeit nach § 332 Abs. 1 StGB - seine Pflicht, auf die berechtigten Interessen seines Arbeitgebers Rücksicht zu nehmen(§ 241 Abs. 2 BGB). Ein solches Verhalten ist „an sich“ geeignet, eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen. Dabei spielt es grundsätzlich keine Rolle, ob es zu einer den Arbeitgeber schädigenden Handlung gekommen ist. Der ins Auge gefasste Vorteil begründet vielmehr allgemein die Gefahr, der Annehmende werde nicht mehr allein die Interessen des Geschäftsherrn wahrnehmen. Der wichtige Grund liegt in der zu Tage getretenen Einstellung des Arbeitnehmers, bei der Erfüllung von arbeitsvertraglich geschuldeten Aufgaben unberechtigte eigene Vorteile wahrzunehmen. Durch sein Verhalten zerstört der Arbeitnehmer regelmäßig das Vertrauen in seine Zuverlässigkeit und Redlichkeit (BAG 26. September 2002 - 2 AZR 424/01 - zu B I 2 a der Gründe, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 37 = EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 1; 21. Juni 2001 - 2 AZR 30/00 - zu B III 2 a der Gründe, EzA BGB § 626 Unkündbarkeit Nr. 7). Auch der dringende Verdacht einer derartigen Pflichtverletzung kann einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung darstellen (BAG 26. September 2002 - 2 AZR 424/01 - zu B I 2 b der Gründe, aaO).

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2. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, der Kläger sei im Kündigungszeitpunkt einer in diesem Sinne schwerwiegenden Pflichtverletzung dringend verdächtig gewesen, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

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a) Die Beklagte hat sich für den Verdacht auf den im Durchsuchungsbeschluss vom 21. November 2008 wiedergegebenen Sachverhalt berufen. Danach soll der Kläger - zusammengefasst - den Geschäftsführer der GmbH Mitte Februar 2008 aufgefordert haben, ihm eine Gegenleistung iHv. 10 vH des Werts des Auftrags betreffend die Brandschutzklappensanierung dafür zu gewähren, dass er sich in besonderer Weise für die Vergabe von Aufträgen an die GmbH einsetze. Nachdem der Geschäftsführer ihm in einem Telefonat vom 10. März 2008 mitgeteilt habe, er werde den geforderten Betrag nicht zahlen, soll der Kläger ihn gefragt haben, ob er sich diese Weigerung auch gut überlegt habe; diese Haltung könne Konsequenzen nach sich ziehen. Die Äußerungen soll der Kläger am 5. August 2008 anlässlich einer Besprechung in der Räumlichkeiten der Bu sinngemäß wiederholt und nachfolgend das Angebot des Geschäftsführers, ihm eine Ferienwohnung am Gardasee zur Verfügung zu stellen, angenommen haben.

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b) Mit der Bezugnahme auf diese Sachverhaltsdarstellung hat die Beklagte hinreichend objektive Tatsachen aufgezeigt, die den Verdacht begründen, der Kläger habe sich in Bezug auf seine Berufstätigkeit Geld bzw. geldwerte Vorteile von einem Vertragspartner der Beklagten versprechen lassen und diesen zu dem Versprechen durch das Inaussichtstellen eines möglichen Auftragsverlusts genötigt. Die Beklagte beruft sich dazu nicht auf bloße Mutmaßungen oder Spekulationen, sondern auf einen greifbaren, durch die Strafverfolgungsbehörden ermittelten und in dem Durchsuchungsbeschluss über mehrere Seiten hinweg hinsichtlich Tatzeit und Tatgeschehen detailliert beschriebenen Sachverhalt. Dass dieser Sachverhalt im Wesentlichen auf den Angaben des im Ermittlungsverfahren mitbeschuldigten Geschäftsführers der GmbH über den Inhalt mit dem Kläger geführter Vieraugengespräche beruht und mit dessen Aussage „steht und fällt“, steht dem Umstand, dass es sich dabei um objektive Verdachtstatsachen handelt, nicht entgegen. Die Beklagte hatte keinen durchgreifenden Anlass, die Glaubhaftigkeit der Angaben des Geschäftsführers in Zweifel zu ziehen. Auch wenn diesem - wie der Kläger im Verlauf des Kündigungsrechtsstreits behauptet hat - Straffreiheit zugesagt worden sein sollte, ist nicht erkennbar - und ist es fernliegend -, dass sich diese Zusage auch auf den Straftatbestand der falschen Verdächtigung (§ 164 StGB) bezöge. Möglichen Unsicherheiten in Bezug auf die Beweisführung hat die Beklagte dadurch Rechnung getragen, dass sie die Kündigung auf den Verdacht und nicht auf die Erwiesenheit einer Tat stützt.

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c) Demgegenüber bringt der Kläger lediglich vor, das Landesarbeitsgericht sei zu Unrecht von der Dringlichkeit des Verdachts ausgegangen. Insbesondere habe es verkannt, dass sich die Beklagte hierfür nicht auf den gegen ihn erlassenen Haftbefehl habe berufen dürfen. Damit hat der Kläger die den Verdacht begründenden Tatsachen nicht entkräftet.

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aa) Im Strafverfahren gewonnene Erkenntnisse oder Handlungen der Strafverfolgungsbehörden können die Annahme verstärken, der Arbeitnehmer habe die Pflichtverletzung begangen (BAG 27. Januar 2011 - 2 AZR 825/09 - Rn. 17, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 49 = EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 10; 5. Juni 2008 - 2 AZR 234/07 - Rn. 25, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 44 = EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 7; SPV/Preis 10. Aufl. Rn. 711). Derartige Umstände können nicht nur bei der Frage Bedeutung gewinnen, zu welchem Zeitpunkt eine Verdachtskündigung ausgesprochen werden soll, und deshalb für die Einhaltung der Zweiwochenfrist von Bedeutung sein (BAG 27. Januar 2011 - 2 AZR 825/09 - Rn. 17, aaO). Sie können auch den Kündigungsgrund selbst unterstützen, sofern es um Handlungen oder Anordnungen der Ermittlungsbehörden geht, die ihrerseits einen dringenden Tatverdacht voraussetzen (vgl. BAG 29. November 2007 - 2 AZR 724/06 - Rn. 38, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 5). Das trifft auf den in Rede stehenden Haftbefehl grundsätzlich zu. Nach § 112 Abs. 1 iVm. § 114 StPO darf Untersuchungshaft gegen den Beschuldigten nur angeordnet werden, wenn er der Tat dringend verdächtig ist und - kumulativ - ein Haftgrund besteht. Hinzu kommt, dass die Staatsanwaltschaft der materiellen Wahrheit verpflichtet ist und deshalb nach § 160 Abs. 2 StPO auch den Beschuldigten entlastende Umstände zu ermitteln und bei ihrem Vorgehen zu berücksichtigen hat(Löwe/Rosenberg/Erb StPO § 160 Rn. 47 mwN). Gleiches gilt für den Ermittlungsrichter, der über die Anordnung von Untersuchungshaft entscheidet.

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bb) Allerdings wird die Verdachtskündigung nicht allein auf eine den dringenden Tatverdacht bejahende Entscheidung der Strafverfolgungsbehörden als solche gestützt werden können. Bei der Kündigung wegen erwiesener Tat reicht eine strafgerichtliche Verurteilung für sich genommen nicht aus, die Kündigung zu rechtfertigen. Vielmehr sind die Arbeitsgerichte gehalten, den Sachverhalt im Kündigungsschutzprozess ohne Bindung an das Strafurteil selbst aufzuklären und zu bewerten (BAG 18. November 1999 - 2 AZR 852/98 - zu II 2 a der Gründe, BAGE 93, 12; 26. März 1992 - 2 AZR 519/91 - zu B II 4 und III 3 b, dd der Gründe, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 23 = EzA BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 4). Für die Verdachtskündigung wird nichts anderes gelten können. Dies hat zur Folge, dass Handlungen oder Entscheidungen der Strafverfolgungsbehörden allenfalls indizielle Bedeutung für die vom Gericht vorzunehmende Bewertung erlangen können, ob die Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus wichtigem Grund wegen des entsprechenden Verdachts gerechtfertigt ist. Die behördlichen Maßnahmen bilden dagegen für sich genommen keinen Kündigungsgrund und sind nicht geeignet, eine eigene Bewertung der den Verdacht begründenden Tatsachen durch die mit der Sache befassten Gerichte zu ersetzen. Im Ergebnis kommt es hierauf nicht an.

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(1) Das Landesarbeitsgericht hat seine Auffassung, die Beklagte habe im Kündigungszeitpunkt davon ausgehen dürfen, der Kläger sei der ihm vorgeworfenen Taten dringend verdächtig, nicht mit dem Haftbefehl als solchem begründet. Es hat vielmehr angenommen, die Beklagte habe sich auf der Grundlage bekannter Verdachtstatsachen die Einschätzung der Ermittlungsbehörden zur Dringlichkeit des Verdachts zu eigen gemacht.

28

(2) Daran anknüpfend hat es weiter geprüft, ob sich der Verdacht aufgrund des Parteivorbringens im vorliegenden Verfahren als weniger intensiv darstellt. Seine Auffassung, dies sei nicht der Fall, hat es im Wesentlichen damit begründet, Manipulationen bei der Preisgestaltung seien den Umständen nach nicht auszuschließen. Das gelte auch dann, wenn das zweite Angebot der GmbH vom 11. März 2008 - wie vom Kläger behauptet - auf der Grundlage des Leistungsverzeichnisses des hinzugezogenen Ingenieurbüros erfolgt sei. Dieser Umstand entlaste den Kläger nicht, weil schon der Umfang der auf 38 Seiten zusammengestellten Angebotspositionen die Chance erhöhe, dass unbemerkt einzelne preisrelevante Posten höher als erforderlich kalkuliert würden. Außerdem sei eine mögliche Preismanipulation durch die später, allerdings erst auf Initiative des Servicezentrums der Beklagten tatsächlich erreichte deutliche Reduzierung des Angebotspreises indiziert.

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(a) Diese Würdigung ist, soweit sie auf tatsächlichem Gebiet liegt, revisionsrechtlich nur daraufhin überprüfbar, ob sie in sich widerspruchsfrei ist und nicht gegen Denkgesetze, Erfahrungssätze oder andere Rechtssätze verstößt (BAG 27. Januar 2011 - 8 AZR 580/09 - EzA AGG § 22 Nr. 3; 7. November 2002 - 2 AZR 599/01 - AP KSchG 1969 § 1 Krankheit Nr. 40 = EzA KSchG § 1 Krankheit Nr. 50; 1. Oktober 1997 - 5 AZR 685/96 - BAGE 86, 347 mwN). Einen derartigen Rechtsfehler zeigt der Kläger nicht auf.

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(b) Die Wertung des Landesarbeitsgerichts ist grundsätzlich möglich. Das gilt umso mehr, als der Kläger keinen Grund dafür benannt hat, warum er als zuständiger Sachbearbeiter das Angebot an das Servicezentrum der Beklagten in F weitergeleitet hat, ohne auf die vom Ingenieurbüro beanstandeten Punkte einzugehen. Selbst wenn er sich damit im Rahmen bestehender Richtlinien bewegt haben sollte, fügt sich sein Vorgehen immerhin in das „Bild“ der gegen ihn erhobenen Anschuldigungen. Die Rüge der Revision, das Landesarbeitsgericht habe in Erwägung ziehen müssen, dass vereinzelt falsche Mengen zu dem überhöhten Angebotspreis vom 11. März 2008 geführt hätten, ist unbegründet. Nach dem Tatbestand des Berufungsurteils hat das Ingenieurbüro eine Nachverhandlung des betreffenden Angebots wegen zu hoher Zeitansätze und Einheitspreise vorgeschlagen. Daran knüpfen die Ausführungen des Gerichts an. Das Landesarbeitsgericht hat dabei nicht den Vortrag des Klägers übergangen, er habe auf die Auftragsvergabe keinen bestimmenden Einfluss nehmen können. Es hat das Vorbringen im Tatbestand seines Urteils erwähnt und im Rahmen seiner rechtlichen Ausführungen (unter II 1.2.1.2 der Entscheidungsgründe) gewürdigt. Dass es darin keinen Umstand erblickt hat, der die Intensität des Verdachts hätte vermindern können, begründet keinen Rechtsfehler im aufgezeigten Sinne. Im Übrigen schließt das Fehlen einer Möglichkeit zur internen Einflussnahme nicht aus, dass sich der Arbeitnehmer nach außen einer solchen berühmt. Soweit der Kläger gemeint hat, die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts seien „lebensfremd“, setzt er seine eigene Bewertung der Abläufe an die Stelle derjenigen des Landesarbeitsgerichts. Das macht dessen Würdigung nicht rechtsfehlerhaft.

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d) Die Beklagte hat ihre Verpflichtung nicht verletzt, den Verdacht so weit wie möglich aufzuklären. Insbesondere hat sie den Kläger vor der Kündigung ordnungsgemäß angehört.

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aa) Die vorherige Anhörung des Arbeitnehmers ist Wirksamkeitsvoraussetzung der Verdachtskündigung. Bei dieser besteht in besonderem Maße die Gefahr, dass der Arbeitnehmer zu Unrecht beschuldigt wird. Dessen Anhörung ist deshalb ein Gebot der Verhältnismäßigkeit. Unterbliebe sie, wäre die Kündigung nicht „ultima ratio“ (BAG 23. Juni 2009 - 2 AZR 474/07 - Rn. 51, BAGE 131, 155; 13. März 2008 - 2 AZR 961/06 - Rn. 14 mwN, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 43 = EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 6).

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bb) Der dringende Verdacht einer schwerwiegenden Verfehlung kann nur dann für den Ausspruch einer Kündigung genügen, wenn es weder gelungen ist, ihn auszuräumen, noch gelungen ist, die erhobenen Vorwürfe auf eine sichere Grundlage zu stellen (BAG 28. November 2007 - 5 AZR 952/06 - Rn. 19, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 42 = EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 4). Die Anhörung des Arbeitnehmers ist deshalb ein stets gebotenes Mittel der Sachverhaltsaufklärung. Ihr Umfang richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Einerseits muss sie nicht in jeder Hinsicht den Anforderungen genügen, die an eine Anhörung des Betriebsrats nach § 102 Abs. 1 BetrVG gestellt werden(BAG 13. März 2008 - 2 AZR 961/06 - Rn. 15, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 43 = EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 6; 26. September 2002 - 2 AZR 424/01 - zu B I 1 b bb der Gründe, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 37 = EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 1). Andererseits reicht es nicht aus, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer lediglich mit einer allgemein gehaltenen Wertung konfrontiert. Die Anhörung muss sich auf einen greifbaren Sachverhalt beziehen. Der Arbeitnehmer muss die Möglichkeit haben, bestimmte, zeitlich und räumlich eingegrenzte Tatsachen ggf. zu bestreiten oder den Verdacht entkräftende Tatsachen aufzuzeigen und so zur Aufhellung der für den Arbeitgeber im Dunkeln liegenden Geschehnisse beizutragen. Um dieser Aufklärung willen wird dem Arbeitgeber die Anhörung abverlangt. Sie ist nicht etwa dazu bestimmt, als verfahrensrechtliche Erschwernis die Aufklärung zu verzögern und die Wahrheit zu verdunkeln (BAG 13. März 2008 - 2 AZR 961/06 - aaO).

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cc) Diesen Anforderungen wird die Anhörung des Klägers gerecht. Die Beklagte hat ihm die konkreten Vorwürfe bekannt gemacht und hinreichend Zeit für eine Stellungnahme eingeräumt. Eines ausdrücklichen Hinweises auf eine bestehende Kündigungsabsicht bedurfte es nicht.

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(1) Die Beklagte hat den Kläger mit Schreiben vom 5. und 6. Februar 2009 mit dem gegen ihn gehegten Verdacht konfrontiert. Aufgrund der Mitteilungen im ersten Schreiben wusste der Kläger, dass es im Kern um zwei Sachverhalte geht. Die Darstellung der Vorwürfe war ausreichend. Der Kläger konnte angesichts des dem Schreiben vom 6. Februar 2009 beigefügten Durchsuchungsbeschlusses und der dort enthaltenen ausführlichen Darstellung des maßgebenden Sachverhalts in räumlicher und zeitlicher Hinsicht nicht im Unklaren sein, über welchen Kenntnisstand die Beklagte verfügte und auf welche Umstände sie den Verdacht stützte. Einen Katalog von Fragen - wie vom Kläger erbeten - brauchte die Beklagte nicht zu formulieren. Zweck der Anhörung ist die Aufklärung des belastenden Sachverhalts in seiner Gänze, und zwar auch in Richtung auf eine mögliche Entlastung. Der Arbeitnehmer soll Gelegenheit erhalten, sich möglichst unbefangen mit den Vorwürfen des Arbeitgebers auseinanderzusetzen, weil möglicherweise schon seine spontane Reaktion zu einer Entlastung führt (Ebeling Die Kündigung wegen Verdachts S. 167). Diesem Zweck liefe die Formulierung konkreter Fragen zuwider.

36

(2) Die dem Kläger im zweiten Schreiben eingeräumte Frist zur Stellungnahme „bis Dienstschluss“ am Montag, dem 9. Februar 2009, war zwar knapp bemessen. Der Kläger hat aber weder dargelegt, dass und ggf. warum ihm tatsächlich eine sachangemessene Äußerung binnen der Frist nicht zumutbar war, noch sind solche Umstände objektiv erkennbar. Das gilt umso mehr, als die ihm eingeräumte Möglichkeit zur schriftlichen Äußerung seinem Wunsch entsprach und die - allemal rechtzeitige - Einladung der Beklagten zu dem Gesprächstermin am 9. Februar 2009 nicht aufhob. Soweit mit Blick auf die Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB für Aufklärungsbemühungen des Arbeitgebers im Wege der Anhörung des Arbeitnehmers in der Regel eine Frist von einer Woche zu veranschlagen ist(BAG 27. Januar 2011 - 2 AZR 825/09 - Rn. 22, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 49 = EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 10), folgt daraus nicht, dass dem Arbeitnehmer stets eine entsprechend lange Frist zur Stellungnahme einzuräumen wäre. Das gilt auch angesichts der dem Arbeitnehmer grundsätzlich zuzugestehenden Möglichkeit, einen Rechtsanwalt hinzuzuziehen (vgl. insoweit BAG 13. März 2008 - 2 AZR 961/06 - Rn. 18, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 43 = EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 6). Im Übrigen hat der Kläger in seinem Schreiben vom 9. Februar 2009 Stellung genommen, ohne um eine Verlängerung der Frist nachzusuchen. Daraus durfte die Beklagte folgern, es habe sich um eine abschließende Äußerung gehandelt. Dass sich der Kläger vorbehalten hat, nach Einsicht in die Ermittlungsakten zu einzelnen Punkten weiter Stellung zu beziehen, steht dem nicht entgegen. Der Kläger hat nicht begründet, warum er sich zu welchen Gesichtspunkten nicht abschließend hat erklären können oder wollen. Dessen hätte es aber bedurft, da sich die Verdachtstatsachen auf Gegenstände seiner eigenen Wahrnehmung bezogen und er keinen Anlass haben konnte anzunehmen, die Beklagte verfüge über bessere Erkenntnisse als er selbst (ähnlich BAG 26. September 2002 - 2 AZR 424/01 - zu B I 1 c der Gründe, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 37 = EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 1).

37

(3) Für die ordnungsgemäße Anhörung kommt es nicht darauf an, ob mit der Angabe „Dienstschluss“ das Ende der dem Kläger eingeräumten Frist hinreichend bestimmt bezeichnet worden ist. Die Beklagte hat sich gegenüber den Erklärungen im Schreiben vom 9. Februar 2009 nicht auf Verspätung berufen. Die Rüge des Klägers, das Landesarbeitsgericht habe nicht berücksichtigt, dass die Beklagte ihr Anhörungsschreiben nicht mehr an ihn persönlich, sondern an seinen bereits umfassend beauftragten Rechtsanwalt habe übermitteln müssen, ist vor diesem Hintergrund nicht verständlich.

38

(4) Die Anhörung ist auch nicht deshalb unzureichend, weil die Beklagte den Kläger nicht ausdrücklich auf eine bestehende Kündigungsabsicht für den Fall hingewiesen hat, dass sich die Vorwürfe nicht ausräumen ließen. Es ist bereits fraglich, ob den Arbeitgeber eine solche Verpflichtung trifft (bejahend Fischer BB 2003, 522, 523; Seeling/Zwickel MDR 2008, 1022). In jedem Fall bleibt die Nichterteilung eines Hinweises auf eine mögliche Kündigung dann folgenlos, wenn für den Arbeitnehmer die Bestandsgefährdung des Arbeitsverhältnisses erkennbar war. So liegt es hier. Die Beklagte hat den Kläger mit dem Schreiben vom 5. Februar 2009 mit sofortiger Wirkung von der Arbeitsleistung frei gestellt. Sie hat mitgeteilt, aufgrund des Verdachts und der Schwere der ihm zugrunde liegenden Tat sei ihr seine Weiterbeschäftigung unzumutbar. Unter diesen Umständen musste dem Kläger klar sein, dass der Fortbestand seines Arbeitsverhältnisses aus Sicht der Beklagten ganz wesentlich von seiner Stellungnahme abhing.

39

dd) Die Beklagte hat nicht andere Erkenntnismöglichkeiten ungenutzt gelassen, insbesondere nur unzureichende eigene Ermittlungen angestellt. Anhaltspunkte für weitere Aufklärungsbemühungen konnten sich angesichts der Beschlagnahme relevanter Geschäftsunterlagen nur aus der Stellungnahme des Klägers ergeben. Dieser hat sich darauf beschränkt, den Verdacht pauschal von sich zu weisen. Er hat sich mit den im Durchsuchungsbeschluss einzeln aufgeführten Gesprächen weder auseinandergesetzt, noch ihnen substantiierten Vortrag entgegengehalten. Ohne eine detaillierte Erwiderung hatte die Beklagte keinen Anlass, etwa den Geschäftsführer der GmbH selbst zu befragen. Mit Blick auf das Angebot einer Ferienwohnung am Gardasee ist die Beklagte den Angaben des Klägers zur Buchung einer angeblich zeitgleichen Urlaubsreise an die Adria nachgegangen - mit dem Ergebnis, dass dieser Umstand in Anbetracht der Dauer des dem Kläger bewilligten Urlaubs nacheinander liegende Aufenthalte an beiden Orten nicht ausschloss.

40

3. Der Verdacht besteht weiterhin. Er wurde im Verlauf des Rechtsstreits weder entkräftet, noch sind Umstände eingetreten, die zu seiner Abschwächung geführt hätten.

41

a) Bei der Prüfung der Wirksamkeit einer Verdachtskündigung ist zu berücksichtigen, dass der ursprüngliche Verdacht durch später bekannt gewordene Umstände, jedenfalls soweit sie bei Kündigungszugang objektiv bereits vorlagen, abgeschwächt oder verstärkt werden kann (BAG 12. Mai 2010 - 2 AZR 587/08 - Rn. 28, AP KSchG 1969 § 15 Nr. 67 = EzA KSchG § 15 nF Nr. 67; 6. November 2003 - 2 AZR 631/02 - zu B II 1 c der Gründe, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 39 = EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 2). Eine Differenzierung danach, ob der Arbeitgeber objektiv die Möglichkeit hatte, von den betreffenden Tatsachen bis zum Kündigungsausspruch Kenntnis zu erlangen, ist nicht gerechtfertigt.

42

b) Demgegenüber hält das Landesarbeitsgericht nur solche Tatsachen für berücksichtigungsfähig, die der Arbeitgeber bei Anwendung gebotener und zumutbarer Sorgfalt hätte erkennen können. Dies überzeugt nicht. Hat der Arbeitgeber entlastende Umstände deshalb nicht erkannt, weil er den Sachverhalt nicht sorgfältig genug aufgeklärt hat, ist die Verdachtskündigung regelmäßig schon aus diesem Grund unwirksam. Dass zugunsten des Arbeitnehmers darüber hinaus Tatsachen berücksichtigungsfähig sind, die der Arbeitgeber selbst nach zumutbaren Aufklärungsbemühungen noch nicht hat kennen können, trägt der Besonderheit Rechnung, dass im Rahmen der Verdachtskündigung nicht der volle Nachweis einer Pflichtverletzung verlangt wird. Blieben den Arbeitnehmer entlastende Tatsachen, die erst im Prozess zutage getreten sind, außer Betracht, hätte der Arbeitgeber ein sehr geringes Prozessrisiko. Er müsste nur nachweisen, dass zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung ein dringender Tatverdacht bestand. Das würde der bei der Verdachtskündigung bestehenden Gefahr, einen Unschuldigen zu treffen, nicht gerecht (BAG 12. Mai 2010 - 2 AZR 587/08 - Rn. 28, AP KSchG 1969 § 15 Nr. 67 = EzA KSchG § 15 nF Nr. 67). Die Gefahr würde vielmehr „sehenden Auges“ vergrößert. Ihr erst mit einem möglichen Wiedereinstellungsanspruch zu begegnen, würde der Sach- und Interessenlage nicht gerecht.

43

c) Der Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts wirkt sich im Ergebnis nicht aus (§ 561 ZPO).

44

aa) Der Kläger hat dem Vorbringen der Beklagten zum Inhalt der Gespräche mit dem Geschäftsführer der GmbH keinen anderen, im Einzelnen dargelegten Gesprächsverlauf entgegengesetzt. Er hat sich auf ein einfaches Bestreiten beschränkt und lediglich behauptet, die eine oder andere Äußerung sei so nicht gefallen. Dabei ist er auch dann noch geblieben, als die Beklagte vorgetragen hatte, sie habe mittlerweile Einsicht in die beschlagnahmten Unterlagen nehmen können und diese ausgewertet, zudem habe sie den Geschäftsführer der GmbH befragt, der seine frühere Aussage bekräftigt habe. Spätestens angesichts dieses Vorbringens hätte der Kläger dem von der Beklagten behaupteten Inhalt und Verlauf der Gespräche mit dem Geschäftsführer der GmbH substantiiert entgegentreten müssen. Das hat er unterlassen. Damit hat er seiner Erklärungspflicht nach § 138 Abs. 1, Abs. 2 ZPO nicht genügt. Das gilt gleichermaßen für die bruchstückhafte Einlassung zum Komplex „Ferienwohnung“. Sie fügt sich ohne Weiteres in die von der Beklagten behaupteten Verdachtstatsachen ein und vermag diese gerade nicht zu entkräften. Der Kläger hat eine vollständige Darstellung des tatsächlichen, aus seiner Sicht wahrhaftigen Geschehensablaufs auch insoweit unterlassen. Auf eine Einschränkung seiner prozessualen Wahrheitspflicht wegen des laufenden Strafverfahrens hat er sich nicht berufen. Es kann deshalb offenbleiben, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen ein solcher Einwand mit Blick auf die Besonderheiten der Verdachtskündigung beachtlich gewesen wäre.

45

bb) Die Aufhebung des Haftbefehls entlastet den Kläger nicht. Aus ihr folgt - unbeschadet der Frage, inwieweit dies dem Kläger zugute kommen könnte - nicht, die Strafverfolgungsbehörden hätten einen dringenden Tatverdacht zuletzt nicht mehr bejaht. Sie kann ebenso gut darauf zurückzuführen sein, dass der Sachverhalt aus Sicht der zuständigen Stellen ausermittelt war und etwa der Haftgrund der Verdunkelungsgefahr nicht mehr vorlag. Die Annahme, dass nicht etwa der Wegfall eines dringenden Tatverdachts zur Aufhebung des Haftbefehls geführt hat, liegt deshalb nahe, weil er zu diesem Zeitpunkt schon über ein Jahr bestand. Zumindest hatte der Kläger aufgrund seiner Sachnähe Anlass, sich zum Grund der Aufhebung zu erklären. Das hat er versäumt. Ebenso wenig wird der Verdacht dadurch entkräftet, dass bei einer von der Beklagten durchgeführten Innenrevision kein weiteres den Kläger belastendes Material aufgefunden wurde.

46

III. Die Interessenabwägung des Landesarbeitsgerichts ist unter Beachtung eines ihm zukommenden Beurteilungsspielraums (vgl. BAG 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 33, BAGE 134, 349; 11. Dezember 2003 - 2 AZR 36/03 - zu II 1 f der Gründe, AP BGB § 626 Nr. 179 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 5) revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Es hat alle vernünftigerweise in Betracht zu ziehenden Umstände des Einzelfalls berücksichtigt und vertretbar gegeneinander abgewogen. Danach konnte es ohne Rechtsfehler zu dem Ergebnis gelangen, der Beklagten sei in Anbetracht der Schwere der Pflichtverletzung, derer der Kläger verdächtig war, ein Festhalten am Arbeitsverhältnis selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zumutbar gewesen.

47

IV. Die Kündigungserklärungsfrist (§ 626 Abs. 2 BGB)ist gewahrt. Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts sind die den Verdacht begründenden Tatsachen der Beklagten erstmals am 4. Februar 2009 bekannt geworden. Das Kündigungsschreiben ging dem Kläger am 13. Februar 2009 zu.

48

V. Das Landesarbeitsgericht hat nicht näher geprüft, ob die Kündigung an einer fehlerhaften Beteiligung des Personalrats oder des Gesamtpersonalrats scheitert. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger habe zuletzt eine fehlerhafte Beteiligung nicht mehr behauptet. Dagegen wendet sich die Revision nicht. Ein Rechtsfehler liegt auch objektiv nicht vor.

49

1. Allerdings entbindet der Umstand, dass ein Arbeitnehmer, der die ordnungsgemäße Beteiligung des Personalrats bzw. Gesamtpersonalrats gerügt hat, den Ausführungen des Arbeitgebers nicht weiter entgegen tritt, das mit der Sache befasste Gerichte nicht von der Verpflichtung, den Arbeitgebervortrag auf seine Schlüssigkeit hin zu überprüfen. Hinsichtlich des Vorbringens zur ordnungsgemäßen Beteiligung des zuständigen Personalrats gilt - wie für die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats nach § 102 Abs. 1 BetrVG - eine abgestufte Darlegungslast(BAG 18. Januar 2001 - 2 AZR 616/99 - zu II 3 a der Gründe, AP LPVG Niedersachsen § 28 Nr. 1 = EzA BGB § 626 Krankheit Nr. 4). Hat der Arbeitnehmer die ordnungsgemäße Beteiligung des Personalrats bestritten, muss der Arbeitgeber im Detail darlegen, ob und ggf. wie das Verfahren durchgeführt worden ist. Erst wenn er dem nachgekommen ist und eine ordnungsgemäße Beteiligung des zuständigen Personalrats schlüssig aufgezeigt hat, kommt es darauf an, ob der Arbeitnehmer diesem Vorbringen iSv. § 138 Abs. 2 ZPO ausreichend entgegengetreten ist, insbesondere deutlich gemacht hat, welche Angaben des Arbeitgebers er weiterhin(mit Nichtwissen, § 138 Abs. 4 ZPO) bestreitet (BAG 23. Juni 2005 - 2 AZR 193/04 - zu II 1 b der Gründe, AP ZPO § 138 Nr. 11 = EzA BetrVG 2001 § 102 Nr. 12; 18. Januar 2001 - 2 AZR 616/99 - aaO; 16. März 2000 - 2 AZR 75/99 - AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 114 = EzA BGB § 626 nF Nr. 179).

50

2. Einer Schlüssigkeitsprüfung im dargestellten Sinne bedarf es nur dann nicht, wenn der Arbeitnehmer auf die Ausführungen des Arbeitgebers zur Personalratsbeteiligung zweifelsfrei zu erkennen gibt, dass er an der betreffenden Rüge als solcher nicht länger festhält. Mit seinem Vorbringen, es fehle an einer ordnungsgemäßen Beteiligung der zuständigen Arbeitnehmervertretung, beruft sich der Arbeitnehmer auf einen „anderen“ Unwirksamkeitsgrund iSd. § 4 Satz 1, § 6 KSchG(BAG 18. Januar 2012 - 6 AZR 407/10 - Rn. 12, EzA KSchG § 6 Nr. 4). Die Rüge, die Kündigung sei noch aus einem anderen Grund als dem der Sozialwidrigkeit unwirksam, führt zwar nicht zu einem Wechsel des Streitgegenstands, sondern nur zu einer Erweiterung des Sachvortrags im Kündigungsschutzprozess. Die Regelung des § 6 KSchG ist aber Beleg dafür, dass der Arbeitnehmer über die Einführung der Unwirksamkeitsgründe frei entscheiden und den Prozessstoff insoweit von vorneherein begrenzen oder in den zeitlichen Grenzen des § 6 Satz 1 KSchG erweitern kann. Die gerichtliche Überprüfung der Wirksamkeit der Kündigung hat nur im Rahmen der iSv. § 4 Satz 1 iVm. § 6 Satz 1 KSchG rechtzeitig angebrachten Unwirksamkeitsgründe zu erfolgen. Für die außerordentliche Kündigung gilt über § 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG Entsprechendes. Unterliegt es deshalb in diesem rechtlichen Rahmen der Disposition des Arbeitnehmers, den Umfang der gerichtlichen Überprüfung einer Kündigung zu bestimmen, ist regelmäßig davon auszugehen, dass sich der Prozessstoff entsprechend reduziert, falls der Arbeitnehmer im Verlauf des Rechtsstreits zweifelsfrei zu erkennen gibt, sich auf bestimmte, rechtlich eigenständige Unwirksamkeitsgründe nicht mehr berufen zu wollen. Eine solche die Gerichte bindende Beschränkung des Sachvortrags ist grundsätzlich noch in zweiter Instanz möglich. Die Regelung des § 6 Satz 1 KSchG dient der Konzentration des Kündigungsschutzprozesses und in diesem Zusammenhang auch dem Schutz des Arbeitgebers. Dieser soll sich nicht erstmals in zweiter Instanz auf einen bis dahin in das gerichtliche Verfahren nicht eingeführten „anderen“ Unwirksamkeitsgrund einlassen und dementsprechend langfristig entsprechende Beweise sichern müssen. Diesem Zweck widerspricht es nicht, dem Arbeitnehmer die Befugnis einzuräumen, die Unwirksamkeitsrüge bezogen auf einen bestimmten Unwirksamkeitsgrund selbst im fortgeschrittenen Verfahrensstadium wieder fallen zu lassen.

51

3. So liegt es hier. Einer Überprüfung der Wirksamkeit der Kündigung mit Blick auf die (Gesamt-)Personalratsbeteiligung bedurfte es nicht. Das Landesarbeitsgericht hat im Tatbestand des Berufungsurteils festgestellt, der Kläger erhebe die betreffende Rüge nicht mehr. Tatbestandsberichtigung hat der Kläger nicht beantragt.

52

VI. Da die außerordentliche Kündigung das Arbeitsverhältnis mit ihrem Zugang am 13. Februar 2009 beendet hat, bleibt die Klage gegen die ordentliche Kündigung zum 30. Juni 2009 schon deshalb ohne Erfolg.

53

VII. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Kreft    

        

    Koch    

        

    Berger    

        

        

        

    Gans    

        

    F. Löllgen    

                 

Werden Menschen mit Behinderungen in ihren Rechten nach diesem Buch verletzt, können an ihrer Stelle und mit ihrem Einverständnis Verbände klagen, die nach ihrer Satzung Menschen mit Behinderungen auf Bundes- oder Landesebene vertreten und nicht selbst am Prozess beteiligt sind. In diesem Fall müssen alle Verfahrensvoraussetzungen wie bei einem Rechtsschutzersuchen durch den Menschen mit Behinderungen selbst vorliegen.

Tenor

1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 21. Juli 2011 - 7 Sa 1155/09 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung.

2

Der Kläger war bei dem Beklagten seit 1992 als Elektriker beschäftigt. Er ist als schwerbehinderter Mensch mit einem Grad der Behinderung von 60 anerkannt und war Mitglied des für das Dezernat „Kultur/Umwelt“ gewählten Personalrats.

3

Am 24. April 2008 erschien in der örtlichen Presse ein Artikel unter der Überschrift „Chef der Abtei … unter Verdacht - ‚ausgeprägte Selbstbedienungsmentalität’ in der Außenstelle …“. Darin heißt es: „In der Schreinerei sollen Gartenmöbel für den Chef gebaut worden sein, wie der ehemalige Personalvertreter … sagt.“ Auf Befragen des Beklagten räumte der Kläger ein, sich gegenüber dem recherchierenden Journalisten entsprechend geäußert zu haben.

4

Mit Datum vom 23. Mai 2008 beantragte der Beklagte beim Integrationsamt die Zustimmung zu einer außerordentlichen Tat-, hilfsweise Verdachtskündigung des Klägers. Diese wurde mit Bescheid vom 6. Juni 2008 erteilt. Am selben Tag kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger nach Zustimmung von Personalrat und Gesamtpersonalrat außerordentlich fristlos.

5

Der Kläger hat rechtzeitig die vorliegende Kündigungsschutzklage erhoben. Gegen den Zustimmungsbescheid des Integrationsamts hat er Widerspruch eingelegt. Dieser wurde vom Widerspruchsausschuss zurückgewiesen. Dagegen hat der Kläger Anfechtungsklage vor dem Verwaltungsgericht erhoben. Mit Urteil vom 24. Juni 2010 hat dieses den Bescheid des Integrationsamts in Gestalt des Widerspruchsbescheids aufgehoben. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung zugelassen.

6

Der Kläger hat die Kündigung für unwirksam gehalten. Seine Auskünfte gegenüber der Presse entsprächen der Wahrheit. Jahrelang seien in der Schreinerei mit Kenntnis und Billigung des Leiters Möbel für Privatzwecke gebaut und verkauft worden. Der Leiter habe durch Mitarbeiter des Beklagten auch die Privatwohnungen von Angehörigen renovieren lassen. Im Übrigen habe es nach dem Urteil des Verwaltungsgerichts an einem wirksamen Zustimmungsbescheid des Integrationsamts gefehlt.

7

Der Kläger hat beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung des Beklagten vom 6. Juni 2008 nicht aufgelöst worden ist.

8

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Der Kläger habe haltlose Vorwürfe gegen Vorgesetzte erhoben und diese der Presse zugänglich gemacht. Er habe zudem fünf - unberechtigte - anonyme Anzeigen zu seinen - des Beklagten - Lasten erstattet. Der Zustimmungsbescheid des Integrationsamts sei inhaltlich nicht zu beanstanden und zu keinem Zeitpunkt rechtskräftig aufgehoben worden.

9

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat den Rechtsstreit mit Blick auf das verwaltungsgerichtliche Verfahren zunächst ausgesetzt. Nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichts hat es das Verfahren fortgeführt und der Klage stattgegeben. Mit seiner vom Bundesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt der Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

10

Mit rechtskräftigem Urteil vom 28. Januar 2013 hat das Oberverwaltungsgericht das Urteil des Verwaltungsgerichts abgeändert und die Anfechtungsklage abgewiesen.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision ist begründet. Auf der Grundlage seiner bisherigen Feststellungen durfte das Landesarbeitsgericht die außerordentliche Kündigung vom 6. Juni 2008 nicht als unwirksam ansehen. Die Sache war zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Der Senat kann den Rechtsstreit nicht abschließend entscheiden. Der relevante Sachverhalt ist noch nicht hinreichend festgestellt (§ 563 Abs. 3 ZPO).

12

A. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Kündigung sei unwirksam, weil im Zeitpunkt seiner letzten mündlichen Verhandlung eine wirksame Zustimmung des Integrationsamts nicht (mehr) vorgelegen habe. Dem stehe nicht entgegen, dass die den Zustimmungsbescheid aufhebende Entscheidung des Verwaltungsgerichts noch nicht rechtskräftig gewesen sei. Sie habe die Wirkung des Bescheids jedenfalls zunächst beseitigt. Eine Fortdauer der Aussetzung des vorliegenden Rechtsstreits sei dem Kläger wegen des im arbeitsgerichtlichen Verfahren geltenden Beschleunigungsgrundsatzes nicht zumutbar gewesen. Der Beklagte sei für den Fall eines ihm günstigen Ausgangs des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens durch die Möglichkeit der Restitutionsklage hinreichend geschützt.

13

B. Das hält der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

14

I. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts ergibt bereits deshalb eine Rechtsverletzung iSv. § 561 ZPO, weil aufgrund des Urteils des Oberverwaltungsgerichts inzwischen rechtskräftig feststeht, dass das Integrationsamt der Kündigung zustimmen durfte. Der Klage kann deshalb jedenfalls mittlerweile nicht (mehr) mit der Begründung stattgegeben werden, ein wirksamer Zustimmungsbescheid habe nicht vorgelegen.

15

1. Zwar sind neue Tatsachen in der Revisionsinstanz grundsätzlich nicht zu berücksichtigen. Abweichendes gilt jedoch, wenn andernfalls ein Grund für die Wiederaufnahme des Verfahrens gegeben wäre (vgl. BAG 16. Mai 2002 - 2 AZR 730/00 - zu B II 2 a cc der Gründe, BAGE 101, 138; 15. Mai 1997 - 2 AZR 43/96 - zu IV der Gründe, BAGE 86, 7). Das Revisionsgericht darf nicht sehenden Auges ein Urteil erlassen, das alsbald durch eine Restitutionsklage wieder beseitigt würde (GMP/Müller-Glöge 8. Aufl. § 74 Rn. 117).

16

2. So liegt es hier. Würde der Senat die angefochtene Entscheidung mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung, dh. ohne Berücksichtigung des mittlerweile ergangenen Urteils des Oberverwaltungsgerichts bestätigen, wäre das Verfahren auf Antrag des Beklagten nach § 580 Nr. 6 ZPO wieder aufzunehmen.

17

II. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts erweist sich auch ungeachtet dieses nach Abschluss des Berufungsverfahrens eingetretenen Umstands als rechtsfehlerhaft.

18

1. Gemäß § 85 SGB IX bedarf die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines schwerbehinderten Menschen durch den Arbeitgeber der vorherigen Zustimmung des Integrationsamts. Das gilt nach § 91 Abs. 1 SGB IX uneingeschränkt auch für die außerordentliche Kündigung. Eine ohne wirksame Zustimmung ausgesprochene Kündigung ist nach § 134 BGB nichtig(BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 703/09 - Rn. 14).

19

2. Im Streitfall hatte das Integrationsamt die erforderliche Zustimmung vor Abgabe der Kündigungserklärung erteilt. Dem Beklagten war damit die Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger gestattet. Diese Wirkung des Zustimmungsbescheids ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht - auch nicht vorübergehend - dadurch entfallen, dass das Verwaltungsgericht den Bescheid aufgehoben hat.

20

a) Zu Recht ist das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, die Gerichte für Arbeitssachen seien bezogen auf die Wirksamkeit der Zustimmung an die Entscheidungen von Verwaltung und Verwaltungsgerichten gebunden. Das Gesetz sieht für den Fall der Kündigung eines schwerbehinderten Menschen eine Aufspaltung des Rechtswegs vor. Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Zustimmungsbescheids sind danach ausschließlich die Verwaltungsgerichte zuständig. Die Arbeitsgerichte sind nicht befugt, deren Entscheidungen rechtlich zu überprüfen (KR/Etzel/Gallner 10. Aufl. §§ 85-90 SGB IX Rn. 125; GK-SGB IX/Lampe § 88 Rn. 103).

21

b) Rechtsfehlerhaft hat das Landesarbeitsgericht aber angenommen, auch die noch nicht rechtskräftige Aufhebung des Zustimmungsbescheids des Integrationsamts durch ein Verwaltungsgericht entfalte Bindungswirkung im arbeitsgerichtlichen Verfahren.

22

aa) Gemäß § 88 Abs. 4 SGB IX haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Zustimmung des Integrationsamts keine aufschiebende Wirkung. Das bedeutet, dass die durch das Integrationsamt einmal erteilte Zustimmung zur Kündigung - vorbehaltlich ihrer Nichtigkeit - so lange Wirksamkeit entfaltet, wie sie nicht rechtskräftig aufgehoben ist (LPK-SGB IX/Düwell 3. Aufl. § 88 Rn. 28; Neumann/Pahlen/Majerski-Pahlen SGB IX 12. Aufl. § 85 Rn. 80).

23

bb) Für die Berechtigung des Arbeitgebers, auf der Grundlage des Zustimmungsbescheids die Kündigung zunächst zu erklären, ist es folglich ohne Bedeutung, ob die Zustimmung vom Widerspruchsausschuss oder einem Gericht aufgehoben wird, solange die betreffende Entscheidung nicht bestands- bzw. rechtskräftig ist (KR/Etzel/Gallner 10. Aufl. §§ 85-90 SGB IX Rn. 107; Schaub/Koch ArbR-Hdb. 14. Aufl. § 179 Rn. 45).

24

(1) Die Regelung des § 88 Abs. 4 SGB IX will verhindern, dass der Arbeitnehmer durch die Einlegung von Rechtsbehelfen und Rechtsmitteln die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für oft längere Zeit auch in den Fällen erzwingen kann, in denen er ohne Zusammenhang mit der Behinderung einen Grund zur Kündigung gegeben hat(BT-Drucks. 7/656, S. 44). Nach der Wertung des Gesetzgebers ist es dem Arbeitgeber bei einmal erteilter Zustimmung nicht zumutbar, für die (weitere) Dauer des verwaltungsrechtlichen Widerspruchs- und Anfechtungsverfahrens von einer Kündigung abzusehen. Etwas anderes gilt erst mit der rechtskräftigen Aufhebung des Zustimmungsbescheids. In diesem Fall wird eine aufgrund der zunächst erteilten Zustimmung ausgesprochene Kündigung rückwirkend unwirksam (BAG 15. Mai 1986 - 2 AZR 497/85 - zu B II 3 b der Gründe). Sollte bis dahin die Kündigungsschutzklage bereits rechtskräftig abgewiesen worden sein, ist das Kündigungsschutzverfahren auf Antrag des Arbeitnehmers in entsprechender Anwendung von § 580 Nr. 6 ZPO wieder aufzunehmen(BAG 29. September 2011 - 2 AZR 674/10 - Rn. 33; KR/Etzel/Gallner 10. Aufl. §§ 85-90 SGB IX Rn. 144; Neumann/Pahlen/Majerski-Pahlen SGB IX 12. Aufl. § 85 Rn. 22; Hauck/Noftz/Griebeling SGB IX § 85 Rn. 39a; Schaub/Koch ArbR-Hdb. 14. Aufl. § 179 Rn. 49).

25

(2) Die Auffassung des Landesarbeitsgerichts findet in der gesetzlichen Regelung keine Stütze. Zwar schließt § 88 Abs. 4 SGB IX die aufschiebende Wirkung ausdrücklich nur für „Widerspruch und Anfechtungsklage“ aus. Unter der „Anfechtungsklage“ ist jedoch nicht nur der Rechtszug erster Instanz, sondern sind auch die gesetzlich vorgesehenen Rechtsmittelverfahren zu verstehen (Deinert/Neumann/Braasch SGB IX 2. Aufl. § 19 Rn. 244).

26

(a) Dieses Verständnis folgt schon aus dem Wortsinn. Die „Anfechtungsklage“ ist nicht bereits mit Ende der ersten Instanz erledigt. Auch im ggf. zweiten und dritten Rechtszug ist weiterhin „Anfechtungsklage“ erhoben, solange sie rechtshängig ist. Dies gilt unabhängig davon, wie die jeweilige Vorinstanz über sie entschieden hat. § 80b VwGO bestätigt diese Lesart. Dort heißt es, die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage ende nach einer bestimmten Frist, wenn „die Anfechtungsklage im ersten Rechtszug abgewiesen worden ist“. Das impliziert ein Begriffsverständnis, demzufolge ggf. auch im zweiten und dritten Rechtszug noch über „die Anfechtungsklage“ entschieden wird.

27

(b) Die Entstehungsgeschichte der Vorschrift gebietet ebenfalls ein solches Verständnis. § 18 Abs. 5 SchwbG sah in seiner bis zum 31. Juli 1986 geltenden Fassung bei der außerordentlichen Kündigung den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung von „Rechtsmitteln“ vor. Diese Regelung wurde in § 18 Abs. 4 SchwbG 1986 und später in § 88 Abs. 4 SGB IX mit der Änderung übernommen, dass die aufschiebende Wirkung auch bei einer ordentlichen Kündigung entfallen sollte(vgl. BT-Drucks. 10/3138, S. 21). Dafür, dass der Gesetzgeber mit der zugleich erfolgten Ersetzung des Begriffs „Rechtsmittel“ durch die präzisere Formulierung „Widerspruch und Anfechtungsklage“ eine zeitliche Beschränkung des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung auf die Dauer der Anfechtungsklage in erster Instanz beabsichtigt hätte, gibt es keinen Anhaltspunkt.

28

(c) Die gegenteilige Ansicht widerspricht überdies Sinn und Zweck der Regelung. Ihr zufolge wären die Gerichte für Arbeitssachen nach einem erstinstanzlichen Erfolg der Anfechtungsklage auch bei Vorliegen eines Kündigungsgrundes gehalten, auf die Unwirksamkeit der Kündigung zu erkennen. Der Arbeitnehmer könnte damit entgegen der gesetzlichen Intention die vorläufige Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erzwingen, obwohl die Kündigung behördlich zugelassen worden und das verwaltungsgerichtliche Anfechtungsverfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen ist. Auch wären die Gerichte für Arbeitssachen gezwungen, innerhalb ihres Instanzenzugs selbst bei übereinstimmend angenommenem Vorliegen eines Kündigungsgrundes unterschiedliche Entscheidungen zu treffen, wenn mittlerweile ein Verwaltungsgericht anders als die Behörde und/oder die gerichtliche Vorinstanz geurteilt hätte, ohne dass dessen Entscheidung in Rechtskraft erwachsen wäre. Dies entspricht nicht dem Grundsatz der Unabhängigkeit der Gerichtszweige und schon aus Kostengründen nicht den wohlverstandenen Interessen der Parteien. Auch das prozessuale Beschleunigungsgebot verlangt danach, dass die Gerichte für Arbeitssachen bei behördlich erteilter Zustimmung zur Kündigung den Kündigungsrechtsstreit der Parteien ohne Rücksicht auf den Fortgang des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nach Maßgabe der einschlägigen arbeitsrechtlichen Vorschriften entscheiden und - falls es darauf ankommt - erst auf eine rechtskräftige Versagung der Zustimmung Bedacht zu nehmen haben. Dementsprechend ist eine Aussetzung des arbeitsgerichtlichen Verfahrens für die Dauer des Verwaltungsrechtsstreits in der Regel nicht angezeigt (BAG 2. März 2006 - 2 AZR 53/05 - zu B V der Gründe).

29

C. Die Sache war an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen. Sie ist nicht entscheidungsreif. Das Landesarbeitsgericht hat - aus seiner Sicht folgerichtig - nicht geprüft, ob ein wichtiger Grund für die Kündigung gegeben war. Der Senat kann dies mangels der erforderlichen Feststellungen nicht selbst beurteilen.

        

    Kreft    

        

    Berger    

        

    Rinck    

        

        

        

    Beckerle    

        

    Torsten Falke    

                 

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.