Finanzgericht Nürnberg Urteil, 15. Jan. 2014 - 5 K 1582/12

bei uns veröffentlicht am15.01.2014

Gericht

Finanzgericht Nürnberg

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger zu tragen.

Tatbestand

Im Streit standen die Bescheide über Aussetzungszinsen zur Einkommensteuer 1991 und 1992, jeweils vom 24.06.2010. In Bezug auf die Aussetzungszinsen zur Einkommensteuer 1991 wurde die Klage in der mündlichen Verhandlung vom 15.01.2014 zurückgenommen. Das Verfahren wurde abgetrennt (neues Aktenzeichen: 5 K 67/14) und mit Beschluss vom 15.01.2014 eingestellt. Streitig ist daher noch die Festsetzung der Aussetzungszinsen zur Einkommensteuer 1992 bzw. ob das Finanzamt zu Recht einen Verzicht auf die Zinsen abgelehnt hat.

Die Kläger sind Ehegatten und wurden im Streitjahr beim Finanzamt zusammenveranlagt. Die Klägerin war zu diesem Zeitpunkt an der B OHG beteiligt, deren Einkünfte vom Finanzamt Z einheitlich und gesondert festgestellt wurden, nämlich zunächst für die Klägerin ein Verlust von 108.989 DM, dann mit dem aufgrund einer steuerlichen Außenprüfung ergangenen Änderungsbescheids vom 04.04.1996 insbesondere wegen eines angenommenen Veräußerungsgewinns ein Betrag von 3.143.867 DM.

Gegen den vom Finanzamt Z aufgrund der Feststellungen der Betriebsprüfung erlassenen Feststellungsbescheid für das Jahr 1992 wurde am 14.05.1996 Einspruch eingelegt. Der beantragten Aussetzung der Vollziehung wurde vom Feststellungsfinanzamt mit dem Bescheid vom 18.11.1996 entsprochen. Am 08.11.1996 erließ das beklagte Finanzamt infolge des Grundlagenbescheids den geänderten Einkommensteuerbescheid, mit dem eine Einkommensteuer für 1992 in Höhe von 2.763.149 DM festgesetzt wurde; hiergegen erhoben die Kläger mit dem Schriftsatz vom 26.11.1996 Einspruch und beantragten die Aussetzung der Vollziehung der Einkommensteuer.

Da die Kläger einen Verlustrücktrag aus 1994 geltend gemacht hatten, änderte das beklagte Finanzamt die Einkommensteuerfestsetzung für 1992 mit dem Bescheid vom 12.05.1997, berücksichtigten nun statt dem bisherigen Verlustrücktrag aus 1994 von 1.616.579 DM jetzt den Rücktrag eines Verlustes aus 1994 in Höhe von 4.975.686 DM und setzten die Einkommensteuer für 1992 in Höhe von 972.494 DM fest. Auf den Antrag der Kläger vom 26.11.1996 gewährte das beklagte Finanzamt mit den Bescheiden vom 21.08.1997 die Aussetzung der Vollziehung der Einkommensteuer 1992 in Höhe eines Teilbetrages von 475.320 DM und eines weiteren Teilbetrages von 377.531 DM. Weitere Änderungen des Verlustrücktrags aus 1994 erfolgten in den Bescheiden für Einkommensteuer 1992 vom 14.08.1997, vom 02.10.1997 und vom 19.11.1997.

Auf den Hinweis des beklagten Finanzamts, dass der Einspruch wegen Einkommensteuer 1992 ausschließlich den Grundlagenbescheid betreffe, nahmen die Kläger mit dem Schreiben vom 12.08.1998 diesen Einspruch zurück. Die Aussetzung der Vollziehung der Einkommensteuer 1992 blieb im Hinblick auf den noch offenen Einspruch gegen den Grundlagenbescheid und die insoweit gewährte Aussetzung der Vollziehung im Einvernehmen mit den Klägern bestehen.

Aufgrund der Feststellungen einer steuerlichen Außenprüfung bei den Klägern änderte das beklagte Finanzamt die bisher unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Einkommensteuerfestsetzungen für 1992 mit dem Bescheid vom 24.03.2000. Dabei blieben die der Klägerin zugewiesenen Gewinnanteile aus der B OHG unverändert, der Verlustrücktrag aus 1994 betrug 4.541.844 DM; die Einkommensteuer 1992 wurde in Höhe von 1.204.662 DM festgesetzt und im Hinblick auf das noch laufende Einspruchsverfahren bezüglich der B OHG mit der Verfügung vom 28.09.2000 in Höhe von 183.551 DM von der Vollziehung ausgesetzt.

Mit der Entscheidung vom 21.12.2009 des Finanzamts Z, bekanntgegeben am 28.12.2009, wurde dem Einspruch für 1992 bezüglich der Gewinnanteile an der B OHG nur teilweise entsprochen und der Gewinnanteil der Klägerin laut der Mitteilung vom 21.12.2009 in Höhe von 1.757.943 DM festgestellt. Die Aussetzung der Vollziehung war befristet bis zum Ablauf eines Monats nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung bzw. des geänderten Bescheids. Die Aussetzung war daher am 28.01.2010 beendet.

Am 10.03.2010 änderte das beklagte Finanzamt den Einkommensteuerbescheid 1992 entsprechend der Mitteilung des Finanzamts Z und setzte die Einkommensteuer für 1992 nun unter Berücksichtigung eines Verlustrücktrags aus 1994 in Höhe von 4.794.063 DM mit 633.566 DM fest.

Mit dem Bescheid vom 24.06.2010 erhob das beklagte Finanzamt die Aussetzungszinsen zur Einkommensteuer 1992 in Höhe von 166.689 €. Die Berechnung und die Höhe der Zinsen sind zwischen den Beteiligten unstreitig. Die Kläger legten mit Schreiben vom 20.07.2010 Einspruch gegen den Zinsbescheid ein. Zur Begründung trugen sie vor, dass nach §§ 237 Abs. 4 i.V.m. 234 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) auf eine Verzinsung verzichtet werden könne, wenn diese nach Lage des Falles unbillig sei. Der Einspruchsentscheidung sei eine rund 13 Jahre dauernde Entscheidungsfindung der Finanzverwaltung vorausgegangen. Die ursprünglichen Wertansätze des Finanzamts Z seien grob fehlerhaft gewesen. Dies sei auf die verzögernde Arbeitsweise des Finanzamts zurückzuführen gewesen, das insbesondere zu wenig Personal für Bewertungsfragen zur Verfügung gehabt habe. Eine Unbilligkeit komme insbesondere bei Zweckverfehlung der Nebenleistungen in Frage, wenn sich beispielsweise die Einziehung von Säumniszuschlägen als sinnlos erweise, weil dem Steuerpflichtigen die rechtzeitige Begleichung der zugrundeliegenden Steuerschuld infolge Zahlungsunfähigkeit unmöglich sei. Außerdem habe keiner der Kläger mangels vorhandener, ungebundener Finanzmittel einen Zinsvorteil oder ähnliche Vorteile erzielen können. Eine durchschnittliche Rendite von 6 % könne von einem Steuerpflichtigen im Wege einer Anlageform, bei der eine sofortige Beendigungsmöglichkeit vereinbart sei, nicht erzielt werden. Durch die hohe Verzinsung bei einer überlangen Verfahrensdauer würden die Steuerpflichtigen im Endergebnis jegliche Möglichkeit des Rechtsschutzes verlieren.

Den Einspruch der Kläger gegen die Festsetzung der Aussetzungszinsen zur Einkommensteuer 1992 wies das Finanzamt mit der Einspruchsentscheidung vom 13.09.2012 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte es aus, die Voraussetzungen für die Zinsfestsetzung nach § 237 AO seien gegeben. Bei überlanger Verfahrensdauer, gleich aus welchem Grund, könnten die Zinsen im Wege einer teleologischen Reduktion der Vorschrift nicht nur für die Zeit einer angemessenen Prozessdauer festgesetzt werden. Dies sei höchstrichterlich abschließend geklärt. Die nicht rechtzeitige Rechtsschutzgewährung werde dadurch sanktioniert, dass die sofortige Vollziehbarkeit des angefochtenen Steuerbescheids aufgehalten werde. Der hierin liegende Vorteil werde dem Steuerpflichtigen für die gesamte Verfahrensdauer durch Gewährung der Aussetzung der Vollziehung gewährt. Eine weitere Sanktion durch Nichtfestsetzung von Aussetzungszinsen sei unter Beachtung der Rechtsschutzgarantie nicht erforderlich. Aussetzungszinsen würden nach § 237 AO auch unabhängig davon festgesetzt, ob der durch die Aussetzung der Vollziehung Begünstigte den ausgesetzten Betrag zwischenzeitlich zinsbringend angelegt hat.

Die Kläger reichten fristgerecht Klage ein und beantragen zuletzt, den Bescheid wegen Aussetzungszinsen zur Einkommensteuer 1992 vom 24.06.2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13.09.2012 aufzuheben und das Finanzamt zu verpflichten, auf die Erhebung von Aussetzungszinsen für den Zeitraum Juni 2000 bis Januar 2009 zu verzichten.

Sie tragen zur Begründung folgende Gesichtspunkte vor:

Zwar gehe die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes davon aus, dass auch bei vergleichbarer Sachlage Aussetzungszinsen grundsätzlich festgesetzt werden könnten. Dabei werde jedoch außer Acht gelassen, dass es sich im Streitfall um eine Einzelfallentscheidung handele. Angesichts einer Verfahrensdauer im vorliegenden Fall von 13 Jahren werde dem Gebot wirksamen Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) nicht ausreichend Rechnung getragen. Außerdem werde das Beschleunigungsgebot nach Art. 6 Abs. 1 Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) verletzt. Des Weiteren verstoße die Festsetzung von Aussetzungszinsen auch gegen den Grundsatz von Treu und Glauben. Das Betriebsstättenfinanzamt Z sei aus eigenem Verschulden untätig geblieben. Hierdurch sei ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden. Die Kläger hätten sich nicht mehr einer Zinsforderung in dieser Größenordnung ausgesetzt sehen müssen. Schließlich sei es unzumutbar, eine Nebenleistung zu verlangen, die dem eigentlichen Steueranspruch nahezu entspreche.

In der mündlichen Verhandlung trugen die Klägervertreter ergänzend vor, dass es sich um eine „aufgedrängte“ Aussetzung der Vollziehung gehandelt habe. Die Klägerin sei erst am 06.02.2009 zu dem Einspruchsverfahren der B oHG hinzugezogen worden.

Das Finanzamt beantragt Klageabweisung.

Zur Begründung verweist es im Wesentlichen auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung. Die Streitfrage sei höchstrichterlich abschließend geklärt. Es komme weder auf die Dauer des Rechtsbehelfsverfahrens an noch darauf, worauf die Dauer im Einzelnen zurückzuführen sei, zumal der Steuerpflichtige jederzeit die Möglichkeit habe, der Festsetzung von Aussetzungszinsen durch Entrichtung der Steuer vor Beendigung der Aussetzung der Vollziehung zu entgehen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die im Klageverfahren eingereichten Schriftsätze der Beteiligten und Unterlagen sowie auf den Vortrag in der mündlichen Verhandlung verwiesen.

Gründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Der angefochtene Zinsbescheid vom 24.06.2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13.09.2012 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 FGO). Ebenso bestand kein Anspruch der Kläger auf Verpflichtung des Finanzamtes, auf die festgesetzten Aussetzungszinsen wegen Unbilligkeit zu verzichten (§§ 101 S. 1, 102 S. 1 FGO).

I. Das Finanzamt hat zu Recht für den streitigen Zeitraum Aussetzungszinsen festgesetzt.

Nach § 237 Abs. 1 S. 1 AO ist der geschuldete Betrag, hinsichtlich dessen die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts ausgesetzt wurde, zu verzinsen, soweit ein Einspruch oder eine Anfechtungsklage gegen einen Steuerbescheid endgültig keinen Erfolg gehabt hat. Satz 1 gilt entsprechend, wenn nach Einlegung eines förmlichen außergerichtlichen oder gerichtlichen Rechtbehelfs gegen einen Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10 AO) oder eine Rechtsbehelfsentscheidung über einen Grundlagenbescheid die Vollziehung eines Folgebescheids ausgesetzt wurde (§ 237 Abs. 1 S. 2 AO). Der Sinn und Zweck dieser Vorschrift besteht darin, den durch die Aussetzung der Vollziehung erlangten Zinsvorteil abzuschöpfen, der dem Steuerpflichtigen nach materiellem Recht nicht zusteht und der durch die Aussetzungszinsen ausgeglichen werden soll (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 09.12.1998, XI R 24/98, BStBl II 1999, 201).

Nach diesen Grundsätzen und unter Berücksichtigung der Umstände des Streitfalls kommt der erkennende Senat zu der Auffassung, dass das Finanzamt für den Zeitraum der Aussetzung der Vollziehung des Einkommensteuerbescheids 1992 (Folge-AdV) zutreffend angenommen hat, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Festsetzung von Aussetzungszinsen erfüllt sind, mithin auch für den noch streitigen Zeitraum von Juni 2000 bis Januar 2009.

Für die Verzinsung nach § 237 Abs. 1 S. 1 oder 2 AO ist auf den Inhalt der Aussetzungsentscheidung abzustellen, der dem Steuerpflichtigen bekannt gegeben und ihm gegenüber gemäß § 124 Abs. 1 S. 2 AO wirksam geworden ist (Tatbestandswirkung). Der Ausspruch der Aussetzungsverfügung bestimmt verbindlich Umfang und Dauer der Aussetzung (vgl. BFH-Urteile vom 18.07.1994, X R 33/91, BStBl II 1995, 4; vom 23.06.1998, VII R 119/97, BFH/NV 1998, 1322; vom 12.12.2007, XI R 25/07, BFH/NV 2008, 339). Die Verfügung über die Aussetzung der Vollziehung des Einkommen-steuerbescheids 1992 vom 28.09.2000 ist gemäß § 361 Abs. 3 S. 1 AO wegen der Anfechtung des Grundlagenbescheids des Finanzamts Z ergangen. Beide enthalten u.a. die Nebenbestimmungen, dass die Aussetzung einen Monat nach Bekanntgabe eines geänderten Folgebescheids ende. Gemäß § 237 Abs. 1 S. 1 und 2 AO trat mit diesem Zeitpunkt die Verpflichtung ein, den ausgesetzten Betrag zu verzinsen, soweit der Einspruch endgültig keinen Erfolg hatte.

Nach der Rechtsprechung des BFH bezweckt die Verzinsung nach § 237 AO, den Nutzungsvorteil abzuschöpfen, den der Steuerpflichtige dadurch erhält, dass er während der Dauer der Aussetzung über eine Geldsumme verfügen kann, die nach dem erfolglos angefochtenen Steuerbescheid dem Steuergläubiger zusteht. Die Regelung zielt auf einen Ausgleich zwischen den Zinsvorteilen des Steuerpflichtigen und dem Zinsverlust des Steuergläubigers ab, so dass die Verzinsung dazu dient, dem Steuergläubiger den Nutzungsvorteil zuzuwenden, der ihm für den nach dem materiellen Steuergesetz geschuldeten Betrag gebührt. Zur Erreichung dieses Zwecks knüpft § 237 AO im Interesse der Verfahrensentlastung generell an den endgültigen Ausgang eines gegen die Steuerfestsetzung geführten Verfahrens an.

Dementsprechend stellt die Festsetzung der Zinsen eine gebundene Entscheidung dar. Die Berechnung und die Höhe der Zinsen begegnen keinen Bedenken. Die Aussetzungszinsen zur Einkommensteuer 1992 wurden zu Recht festgesetzt.

II. Die Entscheidung des Finanzamts, nicht auf die Aussetzungszinsen wegen Unbilligkeit zu verzichten, ist mangels Ermessensfehlerhaftigkeit rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten. Sie haben keinen Anspruch darauf, dass auf die festgesetzten Zinsen für den Zeitraum von Juni 2000 bis Januar 2009 verzichtet wird.

1. Nach § 237 Abs. 4 AO i. V. m. § 234 Abs. 2 AO kann auf Aussetzungszinsen ganz oder teilweise verzichtet werden, wenn ihre Erhebung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Die Entscheidung über eine Billigkeitsmaßnahme ist eine Ermessensentscheidung, die gerichtlich nur in den durch § 102 S. 1 FGO gezogenen Grenzen nachprüfbar ist. Die Nachprüfung der Ablehnung des Zinsverzichts ist daher auf die Prüfung beschränkt, ob die Behörde bei ihrer Entscheidung die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von ihrem eingeräumten Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat.

Das Gericht vermag nicht zu erkennen, dass das beklagte Finanzamt bei der Ausübung des Ermessens fehlerhaft gehandelt hat. Erst recht ist der Ermessensspielraum im konkreten Fall nicht derart eingeschränkt, dass das Ermessen fehlerfrei nur durch Stattgabe des Verzichtantrages hätte ausgeübt werden können (sog. Ermessensreduzierung auf Null, vgl. Gräber/von Groll, FGO, 7. Aufl., 2010, § 102 Rz. 2 m.w.N.).

2. Hinreichende sachliche Billigkeitsgründe nach § 237 Abs. 4 i.Vm. § 234 Abs. 2 AO, auf welche die Kläger ihren Antrag stützen, sind nicht zu erkennen.

Bei der im Rahmen der Anwendung der gemäß § 237 Abs. 4 AO i.V.m § 234 Abs. 2 AO gebotenen Abwägung ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber den Ausgang des Rechtsbehelfsverfahrens als das beste Mittel ansieht, um einen Ausgleich zwischen den Geldnutzungsinteressen des Steuergläubigers und denen des Steuerpflichtigen herbeizuführen. Daher ist es für den Regelfall angemessen, die Entscheidung über die Festsetzung und Erhebung von Aussetzungszinsen als automatische Folge des Verfahrensausgangs über die Steuerfestsetzung anzusehen, so dass hiervon nur in besonders begründeten Einzelfällen abzuweichen ist (vgl. BFH, Urteile vom 25.04.2013, V R 29/11, BFH/NV 2013, 1653; vom 31.3. 2010, II R 2/09, BFH/NV 2010, 1602).

Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor. Aussetzungszinsen nach § 237 AO sind auch bei längerer Dauer des Rechtsbehelfsverfahrens zu zahlen (BFH-Urteil vom 21.2.1991, V R 105/84, BStBl II 1991, 498; BFH-Beschlüsse vom 13.9.1991, IV B 105/90, BStBl II 1992, 148; vom 31.3.1992, IV B 126/91, BFH/NV 1992, 440; vom 19.2.1996, I B 86/95, BFH/NV 1996, 725; vom 18.5.2005, X B 153/04, nicht veröffentlicht; vom 28.06.2010, III B 97/09, BFH/NV 2010, 1784). Dies gilt selbst bei schuldhaft verzögerter Rechtsbehelfsbearbeitung (Beschluss vom 19.2.1996, I B 86/95, BFH/NV 1996, 725; zuletzt vom 28.06.2010, III B 97/09, BFH/NV 2010, 1784 m.w.N.). Auf die Dauer des Rechtsbehelfsverfahrens kommt es dabei ebenso wenig an wie auf die Frage, worauf die Dauer im Einzelnen zurückzuführen ist.

Auch das Argument, die Klägerin habe den Fortgang des Einspruchsverfahrens in Z nicht beeinflussen können bzw. hiervon kaum Kenntnis gehabt, so dass eine aufgedrängte Vollziehungsaussetzung vorgelegen habe, kann nicht überzeugen. Die Kläger hatten jederzeit die Möglichkeit, der Festsetzung von Aussetzungszinsen durch Entrichtung der Steuer vor Beendigung der Aussetzung der Vollziehung zu entgehen (z.B. BFH, Beschluss vom 28.06.2010, III B 97/09, BFH/NV 2010, 1784). Maßgeblich für die Fortdauer der Verzinsung war somit nicht die Aussetzung der Vollziehung des Einkommensteuerbescheids 1992 aufgrund der fortdauernden Aussetzung des Grundlagenbescheids in Bezug auf die B oHG, sondern entscheidend war die Nichttilgung der Steuerschuld in Bezug auf die persönliche Einkommensteuer der Kläger (vgl. dazu BFH, Urteil vom 25.04.2013, V R 29/11, a.a.O.). Sie hatten es somit jederzeit in der Hand, den Zinslauf durch Zahlung zu beenden, wollten dies gerade aber nicht, wie es sich aus ihrem Schreiben vom 12.08.1998 ergibt, in dem sie die Fortdauer der Aussetzung der Vollziehung bis zur Erledigung des Einspruchsverfahrens gegen den Grundlagenbescheid bestätigten. Auch wurde in den Bescheiden über die Aussetzung der Vollziehung, die an die damaligen steuerlichen Berater der Kläger gerichtet waren, ausdrücklich auf die Zinspflicht nach § 237 AO hingewiesen.

Dass die Zinspflicht der Höhe nach (§ 238 AO) die von den Klägern erzielten Zinsen übersteigt bzw. von den Klägern keinerlei Zinsen erzielt werden konnten, begründet ebenfalls keinen Anspruch auf Billigkeitserlass (vgl. BFH, Beschluss vom 19.05.2011, X B 184/10, BFH/NV 2011, 1659).

Sachliche Billigkeitsgründe, die einen Verzicht rechtfertigen könnten, sind somit nicht gegeben.

1. Des Weiteren liegen keine persönlichen Billigkeitsgründe vor. Anhaltspunkte dafür, dass insbesondere eine Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz der Kläger oder der Fortsetzung ihrer Erwerbstätigkeit gegeben waren, sind nicht zu erkennen und wurden auch nicht geltend gemacht.

Die Klage konnte somit unter keinem Gesichtspunkt erfolgreich sein.

III. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus §§ 135 Abs. 1, 143 Abs. 1 FGO. Danach tragen die Kläger als die unterliegenden Beteiligten die Kosten des Verfahrens.

IV. Die Revision war nicht zuzulassen, weil keiner der in § 115 Abs. 2 FGO abschließend aufgezählten Zulassungsgründe vorliegt. Die von den Klägern als grundsätzlich bedeutsam (§ 115 Abs. 2 S. 1 FGO) herausgestellte Rechtsfrage, ob eine überlange Verfahrensdauer einen – zumindest teilweisen – Zinsverzicht rechtfertigen kann, ist höchstrichterlich abschließend geklärt.

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(1) Soweit ein Einspruch oder eine Anfechtungsklage gegen einen Steuerbescheid, eine Steueranmeldung oder einen Verwaltungsakt, der einen Steuervergütungsbescheid aufhebt oder ändert, oder gegen eine Einspruchsentscheidung über einen dieser Verwaltungsakte endgültig keinen Erfolg gehabt hat, ist der geschuldete Betrag, hinsichtlich dessen die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts ausgesetzt wurde, zu verzinsen. Satz 1 gilt entsprechend, wenn nach Einlegung eines förmlichen außergerichtlichen oder gerichtlichen Rechtsbehelfs gegen einen Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10) oder eine Rechtsbehelfsentscheidung über einen Grundlagenbescheid die Vollziehung eines Folgebescheids ausgesetzt wurde.

(2) Zinsen werden erhoben vom Tag des Eingangs des außergerichtlichen Rechtsbehelfs bei der Behörde, deren Verwaltungsakt angefochten wird, oder vom Tag der Rechtshängigkeit beim Gericht an bis zum Tag, an dem die Aussetzung der Vollziehung endet. Ist die Vollziehung erst nach dem Eingang des außergerichtlichen Rechtsbehelfs oder erst nach der Rechtshängigkeit ausgesetzt worden, so beginnt die Verzinsung mit dem Tag, an dem die Wirkung der Aussetzung der Vollziehung beginnt.

(3) Absätze 1 und 2 sind entsprechend anzuwenden, wenn nach Aussetzung der Vollziehung des Einkommensteuerbescheids, des Körperschaftsteuerbescheids oder eines Feststellungsbescheids die Vollziehung eines Gewerbesteuermessbescheids oder Gewerbesteuerbescheids ausgesetzt wird.

(4) § 234 Abs. 2 und 3 gelten entsprechend.

(5) Ein Zinsbescheid ist nicht aufzuheben oder zu ändern, wenn der Steuerbescheid nach Abschluss des Rechtsbehelfsverfahrens aufgehoben, geändert oder nach § 129 berichtigt wird.

(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an die rechtliche Beurteilung gebunden, die der Aufhebung zugrunde liegt, an die tatsächliche so weit, als nicht neu bekannt werdende Tatsachen und Beweismittel eine andere Beurteilung rechtfertigen. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, dass und wie die Finanzbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, dass die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt nicht, soweit der Steuerpflichtige seiner Erklärungspflicht nicht nachgekommen ist und deshalb die Besteuerungsgrundlagen geschätzt worden sind. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlass des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, dass Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluss kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

Soweit die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Finanzbehörde aus, den begehrten Verwaltungsakt zu erlassen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Soweit ein Einspruch oder eine Anfechtungsklage gegen einen Steuerbescheid, eine Steueranmeldung oder einen Verwaltungsakt, der einen Steuervergütungsbescheid aufhebt oder ändert, oder gegen eine Einspruchsentscheidung über einen dieser Verwaltungsakte endgültig keinen Erfolg gehabt hat, ist der geschuldete Betrag, hinsichtlich dessen die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts ausgesetzt wurde, zu verzinsen. Satz 1 gilt entsprechend, wenn nach Einlegung eines förmlichen außergerichtlichen oder gerichtlichen Rechtsbehelfs gegen einen Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10) oder eine Rechtsbehelfsentscheidung über einen Grundlagenbescheid die Vollziehung eines Folgebescheids ausgesetzt wurde.

(2) Zinsen werden erhoben vom Tag des Eingangs des außergerichtlichen Rechtsbehelfs bei der Behörde, deren Verwaltungsakt angefochten wird, oder vom Tag der Rechtshängigkeit beim Gericht an bis zum Tag, an dem die Aussetzung der Vollziehung endet. Ist die Vollziehung erst nach dem Eingang des außergerichtlichen Rechtsbehelfs oder erst nach der Rechtshängigkeit ausgesetzt worden, so beginnt die Verzinsung mit dem Tag, an dem die Wirkung der Aussetzung der Vollziehung beginnt.

(3) Absätze 1 und 2 sind entsprechend anzuwenden, wenn nach Aussetzung der Vollziehung des Einkommensteuerbescheids, des Körperschaftsteuerbescheids oder eines Feststellungsbescheids die Vollziehung eines Gewerbesteuermessbescheids oder Gewerbesteuerbescheids ausgesetzt wird.

(4) § 234 Abs. 2 und 3 gelten entsprechend.

(5) Ein Zinsbescheid ist nicht aufzuheben oder zu ändern, wenn der Steuerbescheid nach Abschluss des Rechtsbehelfsverfahrens aufgehoben, geändert oder nach § 129 berichtigt wird.

(1) Die Festsetzungsfrist läuft nicht ab, solange die Steuerfestsetzung wegen höherer Gewalt innerhalb der letzten sechs Monate des Fristlaufs nicht erfolgen kann.

(2) Ist beim Erlass eines Steuerbescheids eine offenbare Unrichtigkeit unterlaufen, so endet die Festsetzungsfrist insoweit nicht vor Ablauf eines Jahres nach Bekanntgabe dieses Steuerbescheids. Das Gleiche gilt in den Fällen des § 173a.

(3) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist außerhalb eines Einspruchs- oder Klageverfahrens ein Antrag auf Steuerfestsetzung oder auf Aufhebung oder Änderung einer Steuerfestsetzung oder ihrer Berichtigung nach § 129 gestellt, so läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht ab, bevor über den Antrag unanfechtbar entschieden worden ist.

(3a) Wird ein Steuerbescheid mit einem Einspruch oder einer Klage angefochten, so läuft die Festsetzungsfrist nicht ab, bevor über den Rechtsbehelf unanfechtbar entschieden ist; dies gilt auch, wenn der Rechtsbehelf erst nach Ablauf der Festsetzungsfrist eingelegt wird. Der Ablauf der Festsetzungsfrist ist hinsichtlich des gesamten Steueranspruchs gehemmt; dies gilt nicht, soweit der Rechtsbehelf unzulässig ist. In den Fällen des § 100 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 1, § 101 der Finanzgerichtsordnung ist über den Rechtsbehelf erst dann unanfechtbar entschieden, wenn ein auf Grund der genannten Vorschriften erlassener Steuerbescheid unanfechtbar geworden ist.

(4) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist mit einer Außenprüfung begonnen oder wird deren Beginn auf Antrag des Steuerpflichtigen hinausgeschoben, so läuft die Festsetzungsfrist für die Steuern, auf die sich die Außenprüfung erstreckt oder im Fall der Hinausschiebung der Außenprüfung erstrecken sollte, nicht ab, bevor die aufgrund der Außenprüfung zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind oder nach Bekanntgabe der Mitteilung nach § 202 Absatz 1 Satz 3 drei Monate verstrichen sind. Dies gilt nicht, wenn eine Außenprüfung unmittelbar nach ihrem Beginn für die Dauer von mehr als sechs Monaten aus Gründen unterbrochen wird, die die Finanzbehörde zu vertreten hat. Die Ablaufhemmung nach Satz 1 endet spätestens fünf Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Prüfungsanordnung bekanntgegeben wurde; eine weitergehende Ablaufhemmung nach anderen Vorschriften bleibt unberührt. Wird auf Antrag des Steuerpflichtigen der Beginn der Außenprüfung verschoben oder die Außenprüfung unterbrochen, so verlängert sich die Frist nach Satz 3 erster Halbsatz für die in Satz 1 genannten Steuern um die Dauer des Hinausschiebens oder der Unterbrechung. Nimmt die Finanzbehörde für die in Satz 1 genannten Steuern vor Ablauf der Frist nach Satz 3 erster Halbsatz zwischenstaatliche Amtshilfe in Anspruch, verlängert sich diese Frist um die Dauer der zwischenstaatlichen Amtshilfe, mindestens aber um ein Jahr. Satz 5 gilt nur, sofern der Steuerpflichtige auf die Inanspruchnahme der zwischenstaatlichen Amtshilfe vor Ablauf der Frist nach Satz 3 erster Halbsatz hingewiesen wurde. Wird dem Steuerpflichtigen vor Ablauf der Festsetzungsfrist die Einleitung eines Strafverfahrens für eine der in Satz 1 genannten Steuern bekanntgegeben und wird infolgedessen mit einer Außenprüfung nicht begonnen oder eine bereits begonnene Außenprüfung unterbrochen, ist Satz 3 nicht anzuwenden; die Absätze 5 und 6 bleiben unberührt. § 200a Absatz 4 und 5 bleibt unberührt.

(5) Beginnen die Behörden des Zollfahndungsdienstes oder die mit der Steuerfahndung betrauten Dienststellen der Landesfinanzbehörden vor Ablauf der Festsetzungsfrist beim Steuerpflichtigen mit Ermittlungen der Besteuerungsgrundlagen, so läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht ab, bevor die auf Grund der Ermittlungen zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind; Absatz 4 Satz 2 gilt sinngemäß. Das Gleiche gilt, wenn dem Steuerpflichtigen vor Ablauf der Festsetzungsfrist die Einleitung des Steuerstrafverfahrens oder des Bußgeldverfahrens wegen einer Steuerordnungswidrigkeit bekannt gegeben worden ist; § 169 Abs. 1 Satz 3 gilt sinngemäß.

(6) Ist bei Steuerpflichtigen eine Außenprüfung im Geltungsbereich dieses Gesetzes nicht durchführbar, wird der Ablauf der Festsetzungsfrist auch durch sonstige Ermittlungshandlungen im Sinne des § 92 gehemmt, bis die auf Grund dieser Ermittlungen erlassenen Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind. Die Ablaufhemmung tritt jedoch nur dann ein, wenn der Steuerpflichtige vor Ablauf der Festsetzungsfrist auf den Beginn der Ermittlungen nach Satz 1 hingewiesen worden ist; § 169 Abs. 1 Satz 3 gilt sinngemäß.

(7) In den Fällen des § 169 Abs. 2 Satz 2 endet die Festsetzungsfrist nicht, bevor die Verfolgung der Steuerstraftat oder der Steuerordnungswidrigkeit verjährt ist.

(8) Ist die Festsetzung einer Steuer nach § 165 ausgesetzt oder die Steuer vorläufig festgesetzt worden, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor dem Ablauf eines Jahres, nachdem die Ungewissheit beseitigt ist und die Finanzbehörde hiervon Kenntnis erhalten hat. In den Fällen des § 165 Abs. 1 Satz 2 endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren, nachdem die Ungewissheit beseitigt ist und die Finanzbehörde hiervon Kenntnis erlangt hat.

(9) Erstattet der Steuerpflichtige vor Ablauf der Festsetzungsfrist eine Anzeige nach den §§ 153, 371 und 378 Abs. 3, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf eines Jahres nach Eingang der Anzeige.

(10) Soweit für die Festsetzung einer Steuer ein Feststellungsbescheid, ein Steuermessbescheid oder ein anderer Verwaltungsakt bindend ist (Grundlagenbescheid), endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Bekanntgabe des Grundlagenbescheids. Ist für den Erlass des Grundlagenbescheids eine Stelle zuständig, die keine Finanzbehörde im Sinne des § 6 Absatz 2 ist, endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach dem Zeitpunkt, in dem die für den Folgebescheid zuständige Finanzbehörde Kenntnis von der Entscheidung über den Erlass des Grundlagenbescheids erlangt hat. Die Sätze 1 und 2 gelten für einen Grundlagenbescheid, auf den § 181 nicht anzuwenden ist, nur, sofern dieser Grundlagenbescheid vor Ablauf der für den Folgebescheid geltenden Festsetzungsfrist bei der zuständigen Behörde beantragt worden ist. Ist der Ablauf der Festsetzungsfrist hinsichtlich des Teils der Steuer, für den der Grundlagenbescheid nicht bindend ist, nach Absatz 4 gehemmt, endet die Festsetzungsfrist für den Teil der Steuer, für den der Grundlagenbescheid bindend ist, nicht vor Ablauf der nach Absatz 4 gehemmten Frist.

(10a) Soweit Daten eines Steuerpflichtigen im Sinne des § 93c innerhalb von sieben Kalenderjahren nach dem Besteuerungszeitraum oder dem Besteuerungszeitpunkt den Finanzbehörden zugegangen sind, endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Zugang dieser Daten.

(11) Ist eine geschäftsunfähige oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkte Person ohne gesetzlichen Vertreter, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt, in dem die Person unbeschränkt geschäftsfähig wird oder der Mangel der Vertretung aufhört. Dies gilt auch, soweit für eine Person ein Betreuer bestellt und ein Einwilligungsvorbehalt nach § 1825 des Bürgerlichen Gesetzbuchs angeordnet ist, der Betreuer jedoch verstorben oder auf andere Weise weggefallen oder aus rechtlichen Gründen an der Vertretung des Betreuten verhindert ist.

(12) Richtet sich die Steuer gegen einen Nachlass, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor dem Ablauf von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt, in dem die Erbschaft von dem Erben angenommen oder das Insolvenzverfahren über den Nachlass eröffnet wird oder von dem an die Steuer gegen einen Vertreter festgesetzt werden kann.

(13) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist eine noch nicht festgesetzte Steuer im Insolvenzverfahren angemeldet, so läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht vor Ablauf von drei Monaten nach Beendigung des Insolvenzverfahrens ab.

(14) Die Festsetzungsfrist für einen Steueranspruch endet nicht, soweit ein damit zusammenhängender Erstattungsanspruch nach § 37 Abs. 2 noch nicht verjährt ist (§ 228).

(15) Soweit ein Dritter Steuern für Rechnung des Steuerschuldners einzubehalten und abzuführen oder für Rechnung des Steuerschuldners zu entrichten hat, endet die Festsetzungsfrist gegenüber dem Steuerschuldner nicht vor Ablauf der gegenüber dem Steuerentrichtungspflichtigen geltenden Festsetzungsfrist.

(1) Soweit ein Einspruch oder eine Anfechtungsklage gegen einen Steuerbescheid, eine Steueranmeldung oder einen Verwaltungsakt, der einen Steuervergütungsbescheid aufhebt oder ändert, oder gegen eine Einspruchsentscheidung über einen dieser Verwaltungsakte endgültig keinen Erfolg gehabt hat, ist der geschuldete Betrag, hinsichtlich dessen die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts ausgesetzt wurde, zu verzinsen. Satz 1 gilt entsprechend, wenn nach Einlegung eines förmlichen außergerichtlichen oder gerichtlichen Rechtsbehelfs gegen einen Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10) oder eine Rechtsbehelfsentscheidung über einen Grundlagenbescheid die Vollziehung eines Folgebescheids ausgesetzt wurde.

(2) Zinsen werden erhoben vom Tag des Eingangs des außergerichtlichen Rechtsbehelfs bei der Behörde, deren Verwaltungsakt angefochten wird, oder vom Tag der Rechtshängigkeit beim Gericht an bis zum Tag, an dem die Aussetzung der Vollziehung endet. Ist die Vollziehung erst nach dem Eingang des außergerichtlichen Rechtsbehelfs oder erst nach der Rechtshängigkeit ausgesetzt worden, so beginnt die Verzinsung mit dem Tag, an dem die Wirkung der Aussetzung der Vollziehung beginnt.

(3) Absätze 1 und 2 sind entsprechend anzuwenden, wenn nach Aussetzung der Vollziehung des Einkommensteuerbescheids, des Körperschaftsteuerbescheids oder eines Feststellungsbescheids die Vollziehung eines Gewerbesteuermessbescheids oder Gewerbesteuerbescheids ausgesetzt wird.

(4) § 234 Abs. 2 und 3 gelten entsprechend.

(5) Ein Zinsbescheid ist nicht aufzuheben oder zu ändern, wenn der Steuerbescheid nach Abschluss des Rechtsbehelfsverfahrens aufgehoben, geändert oder nach § 129 berichtigt wird.

(1) Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird.

(2) Ein Verwaltungsakt bleibt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist.

(3) Ein nichtiger Verwaltungsakt ist unwirksam.

(1) Durch Einlegung des Einspruchs wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts vorbehaltlich des Absatzes 4 nicht gehemmt, insbesondere die Erhebung einer Abgabe nicht aufgehalten. Entsprechendes gilt bei Anfechtung von Grundlagenbescheiden für die darauf beruhenden Folgebescheide.

(2) Die Finanzbehörde, die den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, kann die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen; § 367 Abs. 1 Satz 2 gilt sinngemäß. Auf Antrag soll die Aussetzung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für die betroffene Person eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, tritt an die Stelle der Aussetzung der Vollziehung die Aufhebung der Vollziehung. Bei Steuerbescheiden sind die Aussetzung und die Aufhebung der Vollziehung auf die festgesetzte Steuer, vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge, um die anzurechnende Körperschaftsteuer und um die festgesetzten Vorauszahlungen, beschränkt; dies gilt nicht, wenn die Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Die Aussetzung kann von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden.

(3) Soweit die Vollziehung eines Grundlagenbescheids ausgesetzt wird, ist auch die Vollziehung eines Folgebescheids auszusetzen. Der Erlass eines Folgebescheids bleibt zulässig. Über eine Sicherheitsleistung ist bei der Aussetzung eines Folgebescheids zu entscheiden, es sei denn, dass bei der Aussetzung der Vollziehung des Grundlagenbescheids die Sicherheitsleistung ausdrücklich ausgeschlossen worden ist.

(4) Durch Einlegung eines Einspruchs gegen die Untersagung des Gewerbebetriebs oder der Berufsausübung wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts gehemmt. Die Finanzbehörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, kann die hemmende Wirkung durch besondere Anordnung ganz oder zum Teil beseitigen, wenn sie es im öffentlichen Interesse für geboten hält; sie hat das öffentliche Interesse schriftlich zu begründen. § 367 Abs. 1 Satz 2 gilt sinngemäß.

(5) Gegen die Ablehnung der Aussetzung der Vollziehung kann das Gericht nur nach § 69 Abs. 3 und 5 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung angerufen werden.

(1) Soweit ein Einspruch oder eine Anfechtungsklage gegen einen Steuerbescheid, eine Steueranmeldung oder einen Verwaltungsakt, der einen Steuervergütungsbescheid aufhebt oder ändert, oder gegen eine Einspruchsentscheidung über einen dieser Verwaltungsakte endgültig keinen Erfolg gehabt hat, ist der geschuldete Betrag, hinsichtlich dessen die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts ausgesetzt wurde, zu verzinsen. Satz 1 gilt entsprechend, wenn nach Einlegung eines förmlichen außergerichtlichen oder gerichtlichen Rechtsbehelfs gegen einen Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10) oder eine Rechtsbehelfsentscheidung über einen Grundlagenbescheid die Vollziehung eines Folgebescheids ausgesetzt wurde.

(2) Zinsen werden erhoben vom Tag des Eingangs des außergerichtlichen Rechtsbehelfs bei der Behörde, deren Verwaltungsakt angefochten wird, oder vom Tag der Rechtshängigkeit beim Gericht an bis zum Tag, an dem die Aussetzung der Vollziehung endet. Ist die Vollziehung erst nach dem Eingang des außergerichtlichen Rechtsbehelfs oder erst nach der Rechtshängigkeit ausgesetzt worden, so beginnt die Verzinsung mit dem Tag, an dem die Wirkung der Aussetzung der Vollziehung beginnt.

(3) Absätze 1 und 2 sind entsprechend anzuwenden, wenn nach Aussetzung der Vollziehung des Einkommensteuerbescheids, des Körperschaftsteuerbescheids oder eines Feststellungsbescheids die Vollziehung eines Gewerbesteuermessbescheids oder Gewerbesteuerbescheids ausgesetzt wird.

(4) § 234 Abs. 2 und 3 gelten entsprechend.

(5) Ein Zinsbescheid ist nicht aufzuheben oder zu ändern, wenn der Steuerbescheid nach Abschluss des Rechtsbehelfsverfahrens aufgehoben, geändert oder nach § 129 berichtigt wird.

(1) Für die Dauer einer gewährten Stundung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis werden Zinsen erhoben. Wird der Steuerbescheid nach Ablauf der Stundung aufgehoben, geändert oder nach § 129 berichtigt, so bleiben die bis dahin entstandenen Zinsen unberührt.

(2) Auf die Zinsen kann ganz oder teilweise verzichtet werden, wenn ihre Erhebung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre.

(3) Zinsen nach § 233a, die für denselben Zeitraum festgesetzt wurden, sind anzurechnen.

Soweit die Finanzbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln oder zu entscheiden, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Finanzbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes bis zum Abschluss der Tatsacheninstanz eines finanzgerichtlichen Verfahrens ergänzen.

(1) Für die Dauer einer gewährten Stundung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis werden Zinsen erhoben. Wird der Steuerbescheid nach Ablauf der Stundung aufgehoben, geändert oder nach § 129 berichtigt, so bleiben die bis dahin entstandenen Zinsen unberührt.

(2) Auf die Zinsen kann ganz oder teilweise verzichtet werden, wenn ihre Erhebung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre.

(3) Zinsen nach § 233a, die für denselben Zeitraum festgesetzt wurden, sind anzurechnen.

(1) Soweit ein Einspruch oder eine Anfechtungsklage gegen einen Steuerbescheid, eine Steueranmeldung oder einen Verwaltungsakt, der einen Steuervergütungsbescheid aufhebt oder ändert, oder gegen eine Einspruchsentscheidung über einen dieser Verwaltungsakte endgültig keinen Erfolg gehabt hat, ist der geschuldete Betrag, hinsichtlich dessen die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts ausgesetzt wurde, zu verzinsen. Satz 1 gilt entsprechend, wenn nach Einlegung eines förmlichen außergerichtlichen oder gerichtlichen Rechtsbehelfs gegen einen Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10) oder eine Rechtsbehelfsentscheidung über einen Grundlagenbescheid die Vollziehung eines Folgebescheids ausgesetzt wurde.

(2) Zinsen werden erhoben vom Tag des Eingangs des außergerichtlichen Rechtsbehelfs bei der Behörde, deren Verwaltungsakt angefochten wird, oder vom Tag der Rechtshängigkeit beim Gericht an bis zum Tag, an dem die Aussetzung der Vollziehung endet. Ist die Vollziehung erst nach dem Eingang des außergerichtlichen Rechtsbehelfs oder erst nach der Rechtshängigkeit ausgesetzt worden, so beginnt die Verzinsung mit dem Tag, an dem die Wirkung der Aussetzung der Vollziehung beginnt.

(3) Absätze 1 und 2 sind entsprechend anzuwenden, wenn nach Aussetzung der Vollziehung des Einkommensteuerbescheids, des Körperschaftsteuerbescheids oder eines Feststellungsbescheids die Vollziehung eines Gewerbesteuermessbescheids oder Gewerbesteuerbescheids ausgesetzt wird.

(4) § 234 Abs. 2 und 3 gelten entsprechend.

(5) Ein Zinsbescheid ist nicht aufzuheben oder zu ändern, wenn der Steuerbescheid nach Abschluss des Rechtsbehelfsverfahrens aufgehoben, geändert oder nach § 129 berichtigt wird.

(1) Für die Dauer einer gewährten Stundung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis werden Zinsen erhoben. Wird der Steuerbescheid nach Ablauf der Stundung aufgehoben, geändert oder nach § 129 berichtigt, so bleiben die bis dahin entstandenen Zinsen unberührt.

(2) Auf die Zinsen kann ganz oder teilweise verzichtet werden, wenn ihre Erhebung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre.

(3) Zinsen nach § 233a, die für denselben Zeitraum festgesetzt wurden, sind anzurechnen.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) bezog als Unternehmer im Juni und Juli 1998 im Inland steuerpflichtige Leistungen von dem im Ausland ansässigen Unternehmer P, für die sie nach §§ 51 ff. der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) in der damals geltenden Fassung verpflichtet war, Umsatzsteuer einzubehalten und abzuführen. Streitig ist, ob ihr im Hinblick auf eine für diese Umsatzsteuer gewährte Aussetzung der Vollziehung (AdV) ein Anspruch auf Erlass von Aussetzungszinsen gemäß § 237 Abs. 4 der Abgabenordnung (AO) zusteht.

2

Die Klägerin bezog die steuerpflichtigen Leistungen der P zur Durchführung von Konzerten einer Musikgruppe, die sie im Inland veranstaltete. Die Konzertveranstaltungen der Klägerin selbst waren aufgrund einer der Musikgruppe gemäß § 4 Nr. 20 Buchst. a Satz 2 des Umsatzsteuergesetzes 1993 (UStG) erteilten Bescheinigung nach § 4 Nr. 20 Buchst. b UStG steuerfrei.

3

P erteilte der Klägerin Rechnungen ohne Steuerausweis. Die Klägerin meldete für die von P bezogenen Leistungen als Leistungsempfänger Umsatzsteuer nach den Vorschriften der §§ 51 ff. UStDV a.F. im sog. Abzugsverfahren an. Da die Klägerin abweichend von ihrer Steuererklärung ebenso wie P von im Inland nichtsteuerbaren Leistungen ausging, legten beide gegen die Steueranmeldung der Klägerin Einspruch ein. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) wies die Einsprüche durch Einspruchsentscheidung als unbegründet zurück.

4

Hiergegen erhob P Klage zum Finanzgericht (FG), der das FG als begründet ansah. Auf die Revision des FA entschied der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 6. November 2002 V R 57/01 (BFH/NV 2003, 857), dass die Klage der P gegen die Steueranmeldung der Klägerin zwar zulässig sei, entgegen dem Urteil des FG aber für die Leistungen ein inländischer Leistungsort und damit eine inländische Steuerpflicht in Betracht komme. Die Sache wurde zur weiteren Sachaufklärung an das FG zurückverwiesen. Im zweiten Rechtsgang wies das FG die Klage als unbegründet ab. Die hiergegen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde hatte keinen Erfolg (BFH-Beschluss vom 7. Juli 2006 V B 113/05, BFH/NV 2006, 2103).

5

Im Hinblick auf die aufgrund der Voranmeldungen für die Klägerin bestehenden Zahlungsverpflichtungen setzte das FG auf Antrag der Klägerin mit Beschluss vom 13. Juli 1999 7 B 7355/98 (Entscheidungen der Finanzgerichte 1999, 1104) die Vollziehung der im Abzugsverfahren angemeldeten Umsatzsteuer gegen Sicherheitsleistung aus. Zur Stellung der danach erforderlichen Sicherheitsleistung schlossen das FA und P im Frühjahr 2000 eine Verpfändungsvereinbarung, nach der P ein Bankguthaben als Sicherheit verpfändete. Mit Verfügung vom 5. Mai 2000 gewährte das FA der Klägerin die Vollziehungsaussetzung.

6

Am 12. Oktober 2004 teilte ein Vertreter der Klägerin, Rechtsanwalt H, dem FA telefonisch mit, dass V beabsichtige, das Festgeldkonto aufzulösen und mit den Geldmitteln die Steuerschuld zu tilgen. Das FA erklärte hierzu mit Schreiben vom 29. Oktober 2004, dass dem nicht entsprochen werden könne.

7

Nach Zustellung des BFH-Beschlusses in BFH/NV 2006, 2103 stellte das FA die bis dahin in der Vollziehung ausgesetzte Umsatzsteuer durch Bescheid vom 17. Oktober 2006 fällig.

8

Am 24. Oktober 2006 setzte das FA gegenüber der Klägerin Aussetzungszinsen fest. Hiergegen legte die Klägerin am 27. November 2006 Einspruch ein ("erster Einspruch") und beantragte die Aussetzungszinsen teilweise zu erlassen.

9

Mit Schreiben vom 29. Dezember 2006 regte das FA unter Hinweis darauf, dass der Einspruch keine Aussicht auf Erfolg habe, an, die Erfolgsaussichten zu überdenken.

10

Mit Einspruchsentscheidung vom 31. Mai 2007 ("erste Einspruchsentscheidung") wies das FA den Einspruch gegen den Zinsbescheid als unbegründet zurück. Das FA wies darauf hin, dass Anhaltspunkte für eine sachliche Unbilligkeit gemäß § 237 Abs. 4 AO i.V.m. § 234 Abs. 2 AO nicht gegeben seien. Über die gegen diese Einspruchsentscheidung erhobene Klage ist noch nicht entschieden. Das FG setzte die Klage bis zur rechts- oder bestandskräftigen Entscheidung über den Antrag auf teilweisen Verzicht auf Aussetzungszinsen aus.

11

Am 4. Oktober 2007 legte die Klägerin Einspruch ("zweiter Einspruch") gegen die Ablehnung des Antrags auf Teilerlass der Aussetzungszinsen durch die Einspruchsentscheidung vom 31. Mai 2007 ein, die die Klägerin insoweit als Ablehnungserstbescheid ansah. Das FA wies diesen Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 7. April 2009 gleichfalls als unbegründet zurück ("zweite Einspruchsentscheidung"). Der Gesetzgeber habe die Zinshöhe absichtlich pauschal festgelegt. Es sei unerheblich, dass der Nachzahlungsbetrag zu einem geringeren Zinssatz angelegt worden sei. Die Höhe des Zinssatzes sei unabhängig vom Vorliegen einer Sicherheitsleistung. Die Kosten für eine Sicherheitsleistung rechtfertigten daher keinen Zinsverzicht. Ob die Klägerin am 12. Oktober 2004 die Aufhebung der Vollziehung beantragt habe, sei unerheblich, da sie ein derartiges Begehren im Anschluss an die Ablehnung vom 29. Oktober 2004 nicht weiter verfolgt habe.

12

Hiergegen erhob die Klägerin Klage zum FG. Die Klage wurde "namens und in Vollmacht" für die Klägerin auf Briefpapier der H-Partnerschaftsgesellschaft erhoben und ebenso wie die folgenden Schriftsätze Plural ("wir") abgefasst und stets von zwei Rechtsanwälten unterschrieben. Erstmals im Zusammenhang mit einem Antrag auf Terminsverlegung legte die Klägerin die von ihr am 1. August 2011 erteilte Prozessvollmacht, die nur eine Bevollmächtigung für Rechtsanwalt H enthielt, vor.

13

Die Klage hatte keinen Erfolg. Nach dem Urteil des FG war die Klage zulässig, aber unbegründet. Der Zulässigkeit der Klage stehe auch nicht entgegen, dass das FA in der Einspruchsentscheidung vom 31. Mai 2007 den beantragten Erlass abgelehnt habe. Die Zinspflicht sei bewusst typisierend geregelt worden. Für den Fall der Bestellung einer Sicherheit bestünden keine Besonderheiten. Die Ermessensausübung durch das FA lasse keinen Ermessensfehler erkennen. Ein Teilerlass wäre nur möglich gewesen, wenn die Klägerin im Anschluss an die Ablehnung der Aufhebung der Vollziehung vom 29. Oktober 2004 alles Gebotene unternommen hätte, um dieses Begehren weiter zu verfolgen. Die Klägerin habe nicht einmal einen förmlichen Antrag auf Vollziehungsaufhebung gestellt.

14

Das FG ging zudem davon aus, dass trotz einer nur auf H lautenden Prozessvollmacht dem Antrag des Rechtsanwalts H auf urlaubsbedingte Terminverlegung nicht nachzukommen gewesen sei, da die Klägerin während des über vier Jahre andauernden Klageverfahrens die Prozessvertretung durch die H-Partnerschaftsgesellschaft zumindest geduldet habe.

15

Gegen das Urteil des FG wendet sich die Klägerin mit der Revision, für die sie Verletzung materiellen und formellen Rechts anführt. Es liege eine Ermessensreduzierung auf Null vor, so dass allein der Zinsverzicht rechtmäßig sei. Die Ablehnung des Billigkeitserlasses sei rechtswidrig. Hierdurch sei es zu einer aufgedrängten und aufgezwungenen weiteren Vollziehungsaussetzung gegen ihren Willen gekommen. Dass P und nicht sie Partei der Verpfändungsvereinbarung und sie, die Klägerin, nicht Haftungs-, sondern Entrichtungsschuldner gewesen sei, sei unerheblich. Sie könne gleichwohl die Einwendungen der P geltend machen, da sie auch als Entrichtungsschuldner nur wie der Steuerschuldner belastet werden solle. Hierfür spreche auch der Rechtsgedanke des § 48 AO. Dem Wunsch nach Aufhebung einer Vollziehungsaussetzung stünden keine schützenswerten Rechte des FA entgegen. Es komme dabei nicht darauf an, dass alles getan werde, um die Vollziehungsaufhebung zu erreichen. Weiter müsse der Gleichlauf zwischen Nachzahlungs- und Erstattungszinsen gewährleistet werden. Eine Zahlung der ausgesetzten Steuerschuld aus anderen Mitteln sei unzumutbar gewesen, da sich aus der Auflösung der Verpfändungsvereinbarung für das FA keinerlei Risiken ergeben hätten. Eine Zinspflicht sei auch im Hinblick auf die geringe Verzinsung des verpfändeten Kontos sachlich unbillig. Es liege kein gerechter Ausgleich vor. Aufgrund der Verpfändung hätten keine weiter gehenden Zinsvorteile erlangt werden können. Die Verpfändungsvereinbarung habe nur dazu gedient, einen Arrest abzuwenden.

16

Das Urteil des FG beruhe auch auf einer Verletzung rechtlichen Gehörs. Nach der von ihr, der Klägerin, erteilten Prozessvollmacht sei nur ein bestimmter Prozessbevollmächtigter allein bevollmächtigt gewesen. Dieser habe an der mündlichen Verhandlung vor dem FG aufgrund einer Urlaubsabwesenheit nicht teilnehmen können.

17

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des FG aufzuheben und die im Zinsbescheid vom 24. Oktober 2006 festgesetzten Zinsen insoweit zu erlassen, als der gesetzliche Zinssatz für Aussetzungszinsen den auf dem Festgeldkonto gewährten Zins in Höhe von 2,49 % übersteigt.

18

Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

19

Rechtsanwalt H habe am 12. Oktober 2004 lediglich telefonisch mitgeteilt, dass die Klägerin, mit der Verzinsung des verpfändeten Festgeldkontos in Höhe von 2,49 % unzufrieden gewesen sei und den Treuhandvertrag kündigen wollte, um den wirtschaftlichen Nachteil im Hinblick auf die Aussetzungszinsen von jährlich 6 % zu kompensieren und daher die Steuerschuld zu tilgen. Das FA habe hierzu mit Schreiben vom 29. Oktober 2004 mitgeteilt, dass die nach der Verpfändungsvereinbarung vorgesehenen Bedingungen noch nicht eingetreten seien und einer Vertragsänderung nicht zugestimmt werde. Im Gegensatz zu P habe die Klägerin nichts im Hinblick auf eine Tilgung der Steuerschuld unternommen. Auch P sei in der Folgezeit untätig geblieben. Die Klägerin sei auch nicht Partei der zwischen dem FA und P geschlossenen Verpfändungsvereinbarung gewesen. Weiter sei die Klägerin nicht Haftungs-, sondern Entrichtungsschuldner. Die Vollziehungsaussetzung hätte jederzeit durch Zahlung beendet werden können. Daher sei die AdV nicht durch das FA aufgedrängt worden. Ein Billigkeitserlass komme auch deshalb nicht in Betracht, weil sich Bund und Land im Zeitraum der Vollziehungsaussetzung zu einem höheren Zinssatz als dem des Festgeldkontos hätten finanzieren müssen. Die Ablehnung der Aufhebung der Verpfändungsvereinbarung sei auch nicht rechtsmissbräuchlich gewesen. Ein Verstoß gegen Treu und Glauben liege schon deshalb nicht vor, da es bereits an einer Disposition der Klägerin im Hinblick auf ein Handeln des FA fehle. Es liege auch kein Verstoß gegen den Schutzzweck des § 361 AO vor. Das FA habe mit der Ablehnung des Zinserlasses auch nicht sein Ermessen fehlerhaft ausgeübt. Durch die auf dem verpfändeten Konto aufgelaufenen Zinsen habe sich die dem FA zustehende Zugriffsmasse erhöht. Die Verzinsungsregelung setze keinen tatsächlichen Zinsschaden voraus. Es handele sich um eine bewusste Typisierung, die für den Fall einer Sicherheitsleistung keine Sonderbehandlung erforderlich mache.

Entscheidungsgründe

20

II. Die Revision der Klägerin ist unbegründet (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass der Klägerin der geltend gemachte Erlassanspruch nicht zusteht.

21

1. Aussetzungszinsen können aus Billigkeitsgründen erlassen werden.

22

a) Soweit ein Einspruch oder eine Anfechtungsklage gegen einen Steuerbescheid, eine Steueranmeldung oder einen Verwaltungsakt, der einen Steuervergütungsbescheid aufhebt oder ändert, oder gegen eine Einspruchsentscheidung über einen dieser Verwaltungsakte endgültig keinen Erfolg gehabt hat, ist der geschuldete Betrag, hinsichtlich dessen die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts ausgesetzt wurde, gemäß § 237 Abs. 1 Satz 1 AO zu verzinsen. Auf die Zinsen kann gemäß § 237 Abs. 4 AO i.V.m. § 234 Abs. 2 AO ganz oder teilweise verzichtet werden, wenn ihre Erhebung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre.

23

b) Nach der Rechtsprechung des BFH bezweckt die Verzinsung nach § 237 AO, den Nutzungsvorteil abzuschöpfen, den der Steuerpflichtige dadurch erhält, dass er während der Dauer der Aussetzung über eine Geldsumme verfügen kann, die nach dem erfolglos angefochtenen Steuerbescheid dem Steuergläubiger zusteht. Die Regelung zielt auf einen Ausgleich zwischen den Zinsvorteilen des Steuerpflichtigen und dem Zinsverlust des Steuergläubigers ab, so dass die Verzinsung dazu dient, dem Steuergläubiger den Nutzungsvorteil zuzuwenden, der ihm für den nach dem materiellen Steuergesetz geschuldeten Betrag gebührt. Zur Erreichung dieses Zwecks knüpft § 237 AO im Interesse der Verfahrensentlastung generell an den endgültigen Ausgang eines gegen die Steuerfestsetzung geführten Verfahrens an. Bei der im Rahmen der Anwendung der gemäß § 237 Abs. 4 AO i.V.m § 234 Abs. 2 AO gebotenen Abwägung ist deshalb zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber den Ausgang des Rechtsbehelfsverfahrens als das beste Mittel ansieht, um einen Ausgleich zwischen den Geldnutzungsinteressen des Steuergläubigers und denen des Steuerpflichtigen herbeizuführen. Daher ist es für den Regelfall angemessen, die Entscheidung über die Festsetzung von Aussetzungszinsen als automatische Folge des Verfahrensausgangs über die Steuerfestsetzung anzusehen, so dass hiervon nur in besonders begründeten Einzelfällen abzuweichen ist (vgl. BFH-Urteil vom 31. März 2010 II R 2/09, BFH/NV 2010, 1602).

24

2. Das FG hat zu Recht entschieden, dass keine Umstände vorliegen, die einen Billigkeitserlass erfordern.

25

a) Der Senat braucht im Billigkeitsverfahren nicht zu entscheiden, ob die mit Schreiben vom 29. Oktober 2004 kundgegebene Ablehnung des FA, die Verpfändungsvereinbarung aufzuheben und das Festgeldkonto freizugeben, rechtswidrig war. Denn mit diesem Schreiben reagierte das FA auf den nur mündlich vorgetragenen Freigabewunsch. Anders als bei einem schriftlichen Antrag auf Freigabe, der darüber hinaus weiter dargelegt hätte, wie das FA ohne Gefährdung des Steueranspruchs einer Freigabe hätte zustimmen können, bestand für das FA keine Veranlassung für eine weitere Sachbehandlung.

26

b) Es liegt auch keine aufgedrängte oder aufgezwungene Vollziehungsaussetzung oder ein "Zahlungsverbot" vor, da es der Klägerin und P freistand, die Vollziehungsaussetzung z.B. durch Zahlung zu beenden, wodurch die Verzinsungspflicht nach § 237 AO geendet hätte (vgl. BFH-Urteil vom 27. November 1991 X R 103/89, BFHE 166, 311, BStBl II 1992, 319, unter 3.b). Maßgeblich für die Fortdauer der Verzinsung war nicht die unterbliebene Freigabe durch das FA, sondern die Nichttilgung der Steuerschuld. Nur unter dieser Voraussetzung, die im Streitfall nach den Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) nicht gegeben ist, könnte sich die Frage nach einem Verursachungsbeitrag des Staates stellen. Auf die Parteistellung im Hinblick auf die Verpfändungsvereinbarung kommt es daher nicht an.

27

c) Ein Billigkeitsgrund ergibt sich auch nicht aus der Stellung einer Sicherheit, die durch die Verpfändung, anders als bei einer Bürgschaftsvereinbarung, dazu führt, dass der Kontoinhaber den Zugriff auf Geldmittel verliert. Denn dieser Nachteil beruht auf der Vereinbarung zur Leistung der Sicherheit. P hätte es insoweit auch offen gestanden, die Sicherheit in anderer Weise, wie z.B. durch Bankbürgschaft, zu erbringen. Anhaltspunkte dafür, dass dies im vorliegenden Fall ggf. nicht möglich war, ergeben sich aus den insoweit maßgeblichen Feststellungen des FG nicht.

28

d) Dass die Zinspflicht der Höhe nach (§ 238 AO) die von der Klägerin erzielten Zinsen übersteigt, begründet schließlich auch keinen Anspruch auf Billigkeitserlass (vgl. BFH-Beschluss vom 19. Mai 2011 X B 184/10, BFH/NV 2011, 1659).

29

3. Es liegt auch kein Verfahrensfehler vor. Das FG hat den Terminsverlegungsantrag zu Recht abgelehnt.

30

Nach der Rechtsprechung des BFH ist die Verhinderung des Prozessvertreters kein erheblicher Grund für eine Terminsverlegung, wenn der Termin durch ein anderes Mitglied der mit der Prozessführung beauftragten Sozietät sachgerecht wahrgenommen werden kann (z.B. BFH-Beschluss vom 12. Oktober 2012 IX B 61/12, BFH/NV 2013, 80, m.w.N.). Gleiches gilt für Partnerschaftsgesellschaften. Im Streitfall ist als Prozessbevollmächtigter für die Klägerin während des gesamten FG-Verfahrens die H-Partnerschaftsgesellschaft, nicht aber entsprechend der erstmals am 1. August 2011 erteilten Vollmachtsurkunde Rechtsanwalt H, geschäftsansässig bei der H-Partnerschaftsgesellschaft, aufgetreten. Bereits die Einspruchsentscheidung war an die H-Partnerschaftsgesellschaft, nicht aber an Rechtsanwalt H persönlich adressiert. In Übereinstimmung damit teilte Rechts-anwalt H auf Briefpapier der H-Partnerschaftsgesellschaft nach Ablehnung des Antrags auf Terminsverlegung durch das FG (am 7. Juli 2011) im Schriftsatz vom 14. Juli 2011 dem FG mit, zwar sei die Kanzlei H-Partnerschaftsgesellschaft "mandatiert", die Vertrauensbeziehung bestehe jedoch zu Rechtsanwalt H, der urlaubsbedingt verhindert sei. Erstmals mit Schriftsatz vom 27. Juli 2011, nach erneuter Ablehnung der Verlegung des Termins, legte die Klägerin zur Begründung, eine anderweitige Vertretung im Termin am 10. August 2011 sei nicht möglich, eine auf H lautende Prozessvollmacht vom 1. August 2011 vor. Bei dieser Sachlage konnte das FG zu Recht von einer zumindest konkludenten Bevollmächtigung der Partnerschaftsgesellschaft durch die Klägerin ausgehen, so dass der in der Person des Rechtsanwalts H, nicht aber auch in Person der anderen Mitglieder der Partnerschaftsgesellschaft, geplante Urlaub kein hinreichender Grund für eine Terminsverlegung war.

(1) Soweit ein Einspruch oder eine Anfechtungsklage gegen einen Steuerbescheid, eine Steueranmeldung oder einen Verwaltungsakt, der einen Steuervergütungsbescheid aufhebt oder ändert, oder gegen eine Einspruchsentscheidung über einen dieser Verwaltungsakte endgültig keinen Erfolg gehabt hat, ist der geschuldete Betrag, hinsichtlich dessen die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts ausgesetzt wurde, zu verzinsen. Satz 1 gilt entsprechend, wenn nach Einlegung eines förmlichen außergerichtlichen oder gerichtlichen Rechtsbehelfs gegen einen Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10) oder eine Rechtsbehelfsentscheidung über einen Grundlagenbescheid die Vollziehung eines Folgebescheids ausgesetzt wurde.

(2) Zinsen werden erhoben vom Tag des Eingangs des außergerichtlichen Rechtsbehelfs bei der Behörde, deren Verwaltungsakt angefochten wird, oder vom Tag der Rechtshängigkeit beim Gericht an bis zum Tag, an dem die Aussetzung der Vollziehung endet. Ist die Vollziehung erst nach dem Eingang des außergerichtlichen Rechtsbehelfs oder erst nach der Rechtshängigkeit ausgesetzt worden, so beginnt die Verzinsung mit dem Tag, an dem die Wirkung der Aussetzung der Vollziehung beginnt.

(3) Absätze 1 und 2 sind entsprechend anzuwenden, wenn nach Aussetzung der Vollziehung des Einkommensteuerbescheids, des Körperschaftsteuerbescheids oder eines Feststellungsbescheids die Vollziehung eines Gewerbesteuermessbescheids oder Gewerbesteuerbescheids ausgesetzt wird.

(4) § 234 Abs. 2 und 3 gelten entsprechend.

(5) Ein Zinsbescheid ist nicht aufzuheben oder zu ändern, wenn der Steuerbescheid nach Abschluss des Rechtsbehelfsverfahrens aufgehoben, geändert oder nach § 129 berichtigt wird.

Gründe

1

Die Beschwerde ist unbegründet und durch Beschluss zurückzuweisen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

2

1. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO). Dieser Zulassungsgrund ist nur gegeben, wenn die für bedeutsam gehaltene Rechtsfrage im Allgemeininteresse klärungsbedürftig und im Streitfall klärbar ist. An der Klärungsbedürftigkeit fehlt es, wenn die Rechtsfrage anhand der gesetzlichen Grundlagen und der bereits vorliegenden Rechtsprechung beantwortet werden kann und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung der Rechtsfrage durch den Bundesfinanzhof (BFH) geboten erscheinen lassen (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 23. März 2009 XI B 89/08, BFH/NV 2009, 976, m.w.N.).

3

Es ist höchstrichterlich geklärt, dass Aussetzungszinsen nach § 237 der Abgabenordnung (AO) auch bei längerer Dauer des Rechtsbehelfsverfahrens zu zahlen sind (z.B. BFH-Urteil vom 21. Februar 1991 V R 105/84, BFHE 163, 313, BStBl II 1991, 498; BFH-Beschlüsse vom 13. September 1991 IV B 105/90, BFHE 165, 469, BStBl II 1992, 148; vom 31. März 1992 IV B 126/91, BFH/NV 1992, 440; vom 19. Februar 1996 I B 86/95, BFH/NV 1996, 725, und vom 18. Mai 2005 X B 153/04, nicht veröffentlicht), und dass dies selbst bei schuldhaft verzögerter Rechtsbehelfsbearbeitung gilt (z.B. BFH in BFH/NV 1996, 725). Auf die Dauer des Rechtsbehelfsverfahrens kommt es dabei ebenso wenig an wie auf die Frage, worauf die Dauer im Einzelnen zurückzuführen ist, zumal der Steuerpflichtige jederzeit die Möglichkeit hat, der Festsetzung von Aussetzungszinsen durch Entrichtung der Steuer vor Beendigung der Aussetzung der Vollziehung zu entgehen (vgl. z.B. BFH in BFHE 165, 469, BStBl II 1992, 148).

4

Die vom Kläger und Beschwerdeführer für klärungsbedürftig gehaltenen Fragen, ob eine überlange Verfahrensdauer einen --zumindest teilweisen-- Zinsverzicht rechtfertigen kann, wenn sie u.a. darauf zurückzuführen ist, dass das Einspruchsverfahren auf Veranlassung des Finanzamts gemäß § 363 AO lange Zeit geruht hat oder dass das Finanzamt erst nach vielen Jahren die Unzulässigkeit des Einspruchs erkannt hat, rechtfertigen danach keine Zulassung der Revision.

5

2. Die Revision ist auch nicht zur Fortbildung des Rechts zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 FGO). Der Zulassungsgrund der Rechtsfortbildung stellt einen Unterfall der grundsätzlichen Bedeutung dar. In beiden Fällen muss es sich u.a. um eine klärungsbedürftige Rechtsfrage handeln (z.B. Senatsbeschluss vom 6. Juni 2006 III B 202/05, BFH/NV 2006, 1653). Daran fehlt es hier. Denn die Frage, in welchem Umfang eine Verfahrensdauer noch hingenommen werden kann, ist nach den oben dargelegten Grundsätzen schon nicht klärungsbedürftig.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) bezog als Unternehmer im Juni und Juli 1998 im Inland steuerpflichtige Leistungen von dem im Ausland ansässigen Unternehmer P, für die sie nach §§ 51 ff. der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) in der damals geltenden Fassung verpflichtet war, Umsatzsteuer einzubehalten und abzuführen. Streitig ist, ob ihr im Hinblick auf eine für diese Umsatzsteuer gewährte Aussetzung der Vollziehung (AdV) ein Anspruch auf Erlass von Aussetzungszinsen gemäß § 237 Abs. 4 der Abgabenordnung (AO) zusteht.

2

Die Klägerin bezog die steuerpflichtigen Leistungen der P zur Durchführung von Konzerten einer Musikgruppe, die sie im Inland veranstaltete. Die Konzertveranstaltungen der Klägerin selbst waren aufgrund einer der Musikgruppe gemäß § 4 Nr. 20 Buchst. a Satz 2 des Umsatzsteuergesetzes 1993 (UStG) erteilten Bescheinigung nach § 4 Nr. 20 Buchst. b UStG steuerfrei.

3

P erteilte der Klägerin Rechnungen ohne Steuerausweis. Die Klägerin meldete für die von P bezogenen Leistungen als Leistungsempfänger Umsatzsteuer nach den Vorschriften der §§ 51 ff. UStDV a.F. im sog. Abzugsverfahren an. Da die Klägerin abweichend von ihrer Steuererklärung ebenso wie P von im Inland nichtsteuerbaren Leistungen ausging, legten beide gegen die Steueranmeldung der Klägerin Einspruch ein. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) wies die Einsprüche durch Einspruchsentscheidung als unbegründet zurück.

4

Hiergegen erhob P Klage zum Finanzgericht (FG), der das FG als begründet ansah. Auf die Revision des FA entschied der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 6. November 2002 V R 57/01 (BFH/NV 2003, 857), dass die Klage der P gegen die Steueranmeldung der Klägerin zwar zulässig sei, entgegen dem Urteil des FG aber für die Leistungen ein inländischer Leistungsort und damit eine inländische Steuerpflicht in Betracht komme. Die Sache wurde zur weiteren Sachaufklärung an das FG zurückverwiesen. Im zweiten Rechtsgang wies das FG die Klage als unbegründet ab. Die hiergegen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde hatte keinen Erfolg (BFH-Beschluss vom 7. Juli 2006 V B 113/05, BFH/NV 2006, 2103).

5

Im Hinblick auf die aufgrund der Voranmeldungen für die Klägerin bestehenden Zahlungsverpflichtungen setzte das FG auf Antrag der Klägerin mit Beschluss vom 13. Juli 1999 7 B 7355/98 (Entscheidungen der Finanzgerichte 1999, 1104) die Vollziehung der im Abzugsverfahren angemeldeten Umsatzsteuer gegen Sicherheitsleistung aus. Zur Stellung der danach erforderlichen Sicherheitsleistung schlossen das FA und P im Frühjahr 2000 eine Verpfändungsvereinbarung, nach der P ein Bankguthaben als Sicherheit verpfändete. Mit Verfügung vom 5. Mai 2000 gewährte das FA der Klägerin die Vollziehungsaussetzung.

6

Am 12. Oktober 2004 teilte ein Vertreter der Klägerin, Rechtsanwalt H, dem FA telefonisch mit, dass V beabsichtige, das Festgeldkonto aufzulösen und mit den Geldmitteln die Steuerschuld zu tilgen. Das FA erklärte hierzu mit Schreiben vom 29. Oktober 2004, dass dem nicht entsprochen werden könne.

7

Nach Zustellung des BFH-Beschlusses in BFH/NV 2006, 2103 stellte das FA die bis dahin in der Vollziehung ausgesetzte Umsatzsteuer durch Bescheid vom 17. Oktober 2006 fällig.

8

Am 24. Oktober 2006 setzte das FA gegenüber der Klägerin Aussetzungszinsen fest. Hiergegen legte die Klägerin am 27. November 2006 Einspruch ein ("erster Einspruch") und beantragte die Aussetzungszinsen teilweise zu erlassen.

9

Mit Schreiben vom 29. Dezember 2006 regte das FA unter Hinweis darauf, dass der Einspruch keine Aussicht auf Erfolg habe, an, die Erfolgsaussichten zu überdenken.

10

Mit Einspruchsentscheidung vom 31. Mai 2007 ("erste Einspruchsentscheidung") wies das FA den Einspruch gegen den Zinsbescheid als unbegründet zurück. Das FA wies darauf hin, dass Anhaltspunkte für eine sachliche Unbilligkeit gemäß § 237 Abs. 4 AO i.V.m. § 234 Abs. 2 AO nicht gegeben seien. Über die gegen diese Einspruchsentscheidung erhobene Klage ist noch nicht entschieden. Das FG setzte die Klage bis zur rechts- oder bestandskräftigen Entscheidung über den Antrag auf teilweisen Verzicht auf Aussetzungszinsen aus.

11

Am 4. Oktober 2007 legte die Klägerin Einspruch ("zweiter Einspruch") gegen die Ablehnung des Antrags auf Teilerlass der Aussetzungszinsen durch die Einspruchsentscheidung vom 31. Mai 2007 ein, die die Klägerin insoweit als Ablehnungserstbescheid ansah. Das FA wies diesen Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 7. April 2009 gleichfalls als unbegründet zurück ("zweite Einspruchsentscheidung"). Der Gesetzgeber habe die Zinshöhe absichtlich pauschal festgelegt. Es sei unerheblich, dass der Nachzahlungsbetrag zu einem geringeren Zinssatz angelegt worden sei. Die Höhe des Zinssatzes sei unabhängig vom Vorliegen einer Sicherheitsleistung. Die Kosten für eine Sicherheitsleistung rechtfertigten daher keinen Zinsverzicht. Ob die Klägerin am 12. Oktober 2004 die Aufhebung der Vollziehung beantragt habe, sei unerheblich, da sie ein derartiges Begehren im Anschluss an die Ablehnung vom 29. Oktober 2004 nicht weiter verfolgt habe.

12

Hiergegen erhob die Klägerin Klage zum FG. Die Klage wurde "namens und in Vollmacht" für die Klägerin auf Briefpapier der H-Partnerschaftsgesellschaft erhoben und ebenso wie die folgenden Schriftsätze Plural ("wir") abgefasst und stets von zwei Rechtsanwälten unterschrieben. Erstmals im Zusammenhang mit einem Antrag auf Terminsverlegung legte die Klägerin die von ihr am 1. August 2011 erteilte Prozessvollmacht, die nur eine Bevollmächtigung für Rechtsanwalt H enthielt, vor.

13

Die Klage hatte keinen Erfolg. Nach dem Urteil des FG war die Klage zulässig, aber unbegründet. Der Zulässigkeit der Klage stehe auch nicht entgegen, dass das FA in der Einspruchsentscheidung vom 31. Mai 2007 den beantragten Erlass abgelehnt habe. Die Zinspflicht sei bewusst typisierend geregelt worden. Für den Fall der Bestellung einer Sicherheit bestünden keine Besonderheiten. Die Ermessensausübung durch das FA lasse keinen Ermessensfehler erkennen. Ein Teilerlass wäre nur möglich gewesen, wenn die Klägerin im Anschluss an die Ablehnung der Aufhebung der Vollziehung vom 29. Oktober 2004 alles Gebotene unternommen hätte, um dieses Begehren weiter zu verfolgen. Die Klägerin habe nicht einmal einen förmlichen Antrag auf Vollziehungsaufhebung gestellt.

14

Das FG ging zudem davon aus, dass trotz einer nur auf H lautenden Prozessvollmacht dem Antrag des Rechtsanwalts H auf urlaubsbedingte Terminverlegung nicht nachzukommen gewesen sei, da die Klägerin während des über vier Jahre andauernden Klageverfahrens die Prozessvertretung durch die H-Partnerschaftsgesellschaft zumindest geduldet habe.

15

Gegen das Urteil des FG wendet sich die Klägerin mit der Revision, für die sie Verletzung materiellen und formellen Rechts anführt. Es liege eine Ermessensreduzierung auf Null vor, so dass allein der Zinsverzicht rechtmäßig sei. Die Ablehnung des Billigkeitserlasses sei rechtswidrig. Hierdurch sei es zu einer aufgedrängten und aufgezwungenen weiteren Vollziehungsaussetzung gegen ihren Willen gekommen. Dass P und nicht sie Partei der Verpfändungsvereinbarung und sie, die Klägerin, nicht Haftungs-, sondern Entrichtungsschuldner gewesen sei, sei unerheblich. Sie könne gleichwohl die Einwendungen der P geltend machen, da sie auch als Entrichtungsschuldner nur wie der Steuerschuldner belastet werden solle. Hierfür spreche auch der Rechtsgedanke des § 48 AO. Dem Wunsch nach Aufhebung einer Vollziehungsaussetzung stünden keine schützenswerten Rechte des FA entgegen. Es komme dabei nicht darauf an, dass alles getan werde, um die Vollziehungsaufhebung zu erreichen. Weiter müsse der Gleichlauf zwischen Nachzahlungs- und Erstattungszinsen gewährleistet werden. Eine Zahlung der ausgesetzten Steuerschuld aus anderen Mitteln sei unzumutbar gewesen, da sich aus der Auflösung der Verpfändungsvereinbarung für das FA keinerlei Risiken ergeben hätten. Eine Zinspflicht sei auch im Hinblick auf die geringe Verzinsung des verpfändeten Kontos sachlich unbillig. Es liege kein gerechter Ausgleich vor. Aufgrund der Verpfändung hätten keine weiter gehenden Zinsvorteile erlangt werden können. Die Verpfändungsvereinbarung habe nur dazu gedient, einen Arrest abzuwenden.

16

Das Urteil des FG beruhe auch auf einer Verletzung rechtlichen Gehörs. Nach der von ihr, der Klägerin, erteilten Prozessvollmacht sei nur ein bestimmter Prozessbevollmächtigter allein bevollmächtigt gewesen. Dieser habe an der mündlichen Verhandlung vor dem FG aufgrund einer Urlaubsabwesenheit nicht teilnehmen können.

17

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des FG aufzuheben und die im Zinsbescheid vom 24. Oktober 2006 festgesetzten Zinsen insoweit zu erlassen, als der gesetzliche Zinssatz für Aussetzungszinsen den auf dem Festgeldkonto gewährten Zins in Höhe von 2,49 % übersteigt.

18

Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

19

Rechtsanwalt H habe am 12. Oktober 2004 lediglich telefonisch mitgeteilt, dass die Klägerin, mit der Verzinsung des verpfändeten Festgeldkontos in Höhe von 2,49 % unzufrieden gewesen sei und den Treuhandvertrag kündigen wollte, um den wirtschaftlichen Nachteil im Hinblick auf die Aussetzungszinsen von jährlich 6 % zu kompensieren und daher die Steuerschuld zu tilgen. Das FA habe hierzu mit Schreiben vom 29. Oktober 2004 mitgeteilt, dass die nach der Verpfändungsvereinbarung vorgesehenen Bedingungen noch nicht eingetreten seien und einer Vertragsänderung nicht zugestimmt werde. Im Gegensatz zu P habe die Klägerin nichts im Hinblick auf eine Tilgung der Steuerschuld unternommen. Auch P sei in der Folgezeit untätig geblieben. Die Klägerin sei auch nicht Partei der zwischen dem FA und P geschlossenen Verpfändungsvereinbarung gewesen. Weiter sei die Klägerin nicht Haftungs-, sondern Entrichtungsschuldner. Die Vollziehungsaussetzung hätte jederzeit durch Zahlung beendet werden können. Daher sei die AdV nicht durch das FA aufgedrängt worden. Ein Billigkeitserlass komme auch deshalb nicht in Betracht, weil sich Bund und Land im Zeitraum der Vollziehungsaussetzung zu einem höheren Zinssatz als dem des Festgeldkontos hätten finanzieren müssen. Die Ablehnung der Aufhebung der Verpfändungsvereinbarung sei auch nicht rechtsmissbräuchlich gewesen. Ein Verstoß gegen Treu und Glauben liege schon deshalb nicht vor, da es bereits an einer Disposition der Klägerin im Hinblick auf ein Handeln des FA fehle. Es liege auch kein Verstoß gegen den Schutzzweck des § 361 AO vor. Das FA habe mit der Ablehnung des Zinserlasses auch nicht sein Ermessen fehlerhaft ausgeübt. Durch die auf dem verpfändeten Konto aufgelaufenen Zinsen habe sich die dem FA zustehende Zugriffsmasse erhöht. Die Verzinsungsregelung setze keinen tatsächlichen Zinsschaden voraus. Es handele sich um eine bewusste Typisierung, die für den Fall einer Sicherheitsleistung keine Sonderbehandlung erforderlich mache.

Entscheidungsgründe

20

II. Die Revision der Klägerin ist unbegründet (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass der Klägerin der geltend gemachte Erlassanspruch nicht zusteht.

21

1. Aussetzungszinsen können aus Billigkeitsgründen erlassen werden.

22

a) Soweit ein Einspruch oder eine Anfechtungsklage gegen einen Steuerbescheid, eine Steueranmeldung oder einen Verwaltungsakt, der einen Steuervergütungsbescheid aufhebt oder ändert, oder gegen eine Einspruchsentscheidung über einen dieser Verwaltungsakte endgültig keinen Erfolg gehabt hat, ist der geschuldete Betrag, hinsichtlich dessen die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts ausgesetzt wurde, gemäß § 237 Abs. 1 Satz 1 AO zu verzinsen. Auf die Zinsen kann gemäß § 237 Abs. 4 AO i.V.m. § 234 Abs. 2 AO ganz oder teilweise verzichtet werden, wenn ihre Erhebung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre.

23

b) Nach der Rechtsprechung des BFH bezweckt die Verzinsung nach § 237 AO, den Nutzungsvorteil abzuschöpfen, den der Steuerpflichtige dadurch erhält, dass er während der Dauer der Aussetzung über eine Geldsumme verfügen kann, die nach dem erfolglos angefochtenen Steuerbescheid dem Steuergläubiger zusteht. Die Regelung zielt auf einen Ausgleich zwischen den Zinsvorteilen des Steuerpflichtigen und dem Zinsverlust des Steuergläubigers ab, so dass die Verzinsung dazu dient, dem Steuergläubiger den Nutzungsvorteil zuzuwenden, der ihm für den nach dem materiellen Steuergesetz geschuldeten Betrag gebührt. Zur Erreichung dieses Zwecks knüpft § 237 AO im Interesse der Verfahrensentlastung generell an den endgültigen Ausgang eines gegen die Steuerfestsetzung geführten Verfahrens an. Bei der im Rahmen der Anwendung der gemäß § 237 Abs. 4 AO i.V.m § 234 Abs. 2 AO gebotenen Abwägung ist deshalb zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber den Ausgang des Rechtsbehelfsverfahrens als das beste Mittel ansieht, um einen Ausgleich zwischen den Geldnutzungsinteressen des Steuergläubigers und denen des Steuerpflichtigen herbeizuführen. Daher ist es für den Regelfall angemessen, die Entscheidung über die Festsetzung von Aussetzungszinsen als automatische Folge des Verfahrensausgangs über die Steuerfestsetzung anzusehen, so dass hiervon nur in besonders begründeten Einzelfällen abzuweichen ist (vgl. BFH-Urteil vom 31. März 2010 II R 2/09, BFH/NV 2010, 1602).

24

2. Das FG hat zu Recht entschieden, dass keine Umstände vorliegen, die einen Billigkeitserlass erfordern.

25

a) Der Senat braucht im Billigkeitsverfahren nicht zu entscheiden, ob die mit Schreiben vom 29. Oktober 2004 kundgegebene Ablehnung des FA, die Verpfändungsvereinbarung aufzuheben und das Festgeldkonto freizugeben, rechtswidrig war. Denn mit diesem Schreiben reagierte das FA auf den nur mündlich vorgetragenen Freigabewunsch. Anders als bei einem schriftlichen Antrag auf Freigabe, der darüber hinaus weiter dargelegt hätte, wie das FA ohne Gefährdung des Steueranspruchs einer Freigabe hätte zustimmen können, bestand für das FA keine Veranlassung für eine weitere Sachbehandlung.

26

b) Es liegt auch keine aufgedrängte oder aufgezwungene Vollziehungsaussetzung oder ein "Zahlungsverbot" vor, da es der Klägerin und P freistand, die Vollziehungsaussetzung z.B. durch Zahlung zu beenden, wodurch die Verzinsungspflicht nach § 237 AO geendet hätte (vgl. BFH-Urteil vom 27. November 1991 X R 103/89, BFHE 166, 311, BStBl II 1992, 319, unter 3.b). Maßgeblich für die Fortdauer der Verzinsung war nicht die unterbliebene Freigabe durch das FA, sondern die Nichttilgung der Steuerschuld. Nur unter dieser Voraussetzung, die im Streitfall nach den Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) nicht gegeben ist, könnte sich die Frage nach einem Verursachungsbeitrag des Staates stellen. Auf die Parteistellung im Hinblick auf die Verpfändungsvereinbarung kommt es daher nicht an.

27

c) Ein Billigkeitsgrund ergibt sich auch nicht aus der Stellung einer Sicherheit, die durch die Verpfändung, anders als bei einer Bürgschaftsvereinbarung, dazu führt, dass der Kontoinhaber den Zugriff auf Geldmittel verliert. Denn dieser Nachteil beruht auf der Vereinbarung zur Leistung der Sicherheit. P hätte es insoweit auch offen gestanden, die Sicherheit in anderer Weise, wie z.B. durch Bankbürgschaft, zu erbringen. Anhaltspunkte dafür, dass dies im vorliegenden Fall ggf. nicht möglich war, ergeben sich aus den insoweit maßgeblichen Feststellungen des FG nicht.

28

d) Dass die Zinspflicht der Höhe nach (§ 238 AO) die von der Klägerin erzielten Zinsen übersteigt, begründet schließlich auch keinen Anspruch auf Billigkeitserlass (vgl. BFH-Beschluss vom 19. Mai 2011 X B 184/10, BFH/NV 2011, 1659).

29

3. Es liegt auch kein Verfahrensfehler vor. Das FG hat den Terminsverlegungsantrag zu Recht abgelehnt.

30

Nach der Rechtsprechung des BFH ist die Verhinderung des Prozessvertreters kein erheblicher Grund für eine Terminsverlegung, wenn der Termin durch ein anderes Mitglied der mit der Prozessführung beauftragten Sozietät sachgerecht wahrgenommen werden kann (z.B. BFH-Beschluss vom 12. Oktober 2012 IX B 61/12, BFH/NV 2013, 80, m.w.N.). Gleiches gilt für Partnerschaftsgesellschaften. Im Streitfall ist als Prozessbevollmächtigter für die Klägerin während des gesamten FG-Verfahrens die H-Partnerschaftsgesellschaft, nicht aber entsprechend der erstmals am 1. August 2011 erteilten Vollmachtsurkunde Rechtsanwalt H, geschäftsansässig bei der H-Partnerschaftsgesellschaft, aufgetreten. Bereits die Einspruchsentscheidung war an die H-Partnerschaftsgesellschaft, nicht aber an Rechtsanwalt H persönlich adressiert. In Übereinstimmung damit teilte Rechts-anwalt H auf Briefpapier der H-Partnerschaftsgesellschaft nach Ablehnung des Antrags auf Terminsverlegung durch das FG (am 7. Juli 2011) im Schriftsatz vom 14. Juli 2011 dem FG mit, zwar sei die Kanzlei H-Partnerschaftsgesellschaft "mandatiert", die Vertrauensbeziehung bestehe jedoch zu Rechtsanwalt H, der urlaubsbedingt verhindert sei. Erstmals mit Schriftsatz vom 27. Juli 2011, nach erneuter Ablehnung der Verlegung des Termins, legte die Klägerin zur Begründung, eine anderweitige Vertretung im Termin am 10. August 2011 sei nicht möglich, eine auf H lautende Prozessvollmacht vom 1. August 2011 vor. Bei dieser Sachlage konnte das FG zu Recht von einer zumindest konkludenten Bevollmächtigung der Partnerschaftsgesellschaft durch die Klägerin ausgehen, so dass der in der Person des Rechtsanwalts H, nicht aber auch in Person der anderen Mitglieder der Partnerschaftsgesellschaft, geplante Urlaub kein hinreichender Grund für eine Terminsverlegung war.

(1) Soweit ein Einspruch oder eine Anfechtungsklage gegen einen Steuerbescheid, eine Steueranmeldung oder einen Verwaltungsakt, der einen Steuervergütungsbescheid aufhebt oder ändert, oder gegen eine Einspruchsentscheidung über einen dieser Verwaltungsakte endgültig keinen Erfolg gehabt hat, ist der geschuldete Betrag, hinsichtlich dessen die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts ausgesetzt wurde, zu verzinsen. Satz 1 gilt entsprechend, wenn nach Einlegung eines förmlichen außergerichtlichen oder gerichtlichen Rechtsbehelfs gegen einen Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10) oder eine Rechtsbehelfsentscheidung über einen Grundlagenbescheid die Vollziehung eines Folgebescheids ausgesetzt wurde.

(2) Zinsen werden erhoben vom Tag des Eingangs des außergerichtlichen Rechtsbehelfs bei der Behörde, deren Verwaltungsakt angefochten wird, oder vom Tag der Rechtshängigkeit beim Gericht an bis zum Tag, an dem die Aussetzung der Vollziehung endet. Ist die Vollziehung erst nach dem Eingang des außergerichtlichen Rechtsbehelfs oder erst nach der Rechtshängigkeit ausgesetzt worden, so beginnt die Verzinsung mit dem Tag, an dem die Wirkung der Aussetzung der Vollziehung beginnt.

(3) Absätze 1 und 2 sind entsprechend anzuwenden, wenn nach Aussetzung der Vollziehung des Einkommensteuerbescheids, des Körperschaftsteuerbescheids oder eines Feststellungsbescheids die Vollziehung eines Gewerbesteuermessbescheids oder Gewerbesteuerbescheids ausgesetzt wird.

(4) § 234 Abs. 2 und 3 gelten entsprechend.

(5) Ein Zinsbescheid ist nicht aufzuheben oder zu ändern, wenn der Steuerbescheid nach Abschluss des Rechtsbehelfsverfahrens aufgehoben, geändert oder nach § 129 berichtigt wird.

(1) Die Zinsen betragen für jeden Monat einhalb Prozent. Sie sind von dem Tag an, an dem der Zinslauf beginnt, nur für volle Monate zu zahlen; angefangene Monate bleiben außer Ansatz. Erlischt der zu verzinsende Anspruch durch Aufrechnung, gilt der Tag, an dem die Schuld des Aufrechnenden fällig wird, als Tag der Zahlung.

(1a) In den Fällen des § 233a betragen die Zinsen abweichend von Absatz 1 Satz 1 ab dem 1. Januar 2019 0,15 Prozent für jeden Monat, das heißt 1,8 Prozent für jedes Jahr.

(1b) Sind für einen Zinslauf unterschiedliche Zinssätze maßgeblich, ist der Zinslauf in Teilverzinsungszeiträume aufzuteilen. Die Zinsen für die Teilverzinsungszeiträume sind jeweils tageweise zu berechnen. Hierbei wird jeder Kalendermonat unabhängig von der tatsächlichen Anzahl der Kalendertage mit 30 Zinstagen und jedes Kalenderjahr mit 360 Tagen gerechnet.

(1c) Die Angemessenheit des Zinssatzes nach Absatz 1a ist unter Berücksichtigung der Entwicklung des Basiszinssatzes nach § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuchs wenigstens alle zwei Jahre zu evaluieren. Die erste Evaluierung erfolgt spätestens zum 1. Januar 2024.

(2) Für die Berechnung der Zinsen wird der zu verzinsende Betrag jeder Steuerart auf den nächsten durch 50 Euro teilbaren Betrag abgerundet.

Tatbestand

1

I. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) haben im Streitjahr 1995 u.a. Einkünfte aus gewerblichen Mitunternehmerschaften erzielt. In dem unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen erstmaligen Einkommensteuerbescheid 1995 gewährte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) die Tarifbegrenzung nach § 32c des Einkommensteuergesetzes in der damals geltenden Fassung (EStG a.F.) wegen eines Veranlagungsfehlers für die gesamten gewerblichen Beteiligungseinkünfte (seinerzeit 1.596.903 DM).

2

Mit einem auf § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) gestützten Änderungsbescheid vom 4. Dezember 2001 korrigierte das FA den Fehler und gewährte die Tarifbegrenzung nur noch für einen Teilbetrag von 424.683 DM. Ferner nahm es zahlreiche weitere Änderungen der Steuerfestsetzung vor. Insgesamt ergab sich eine Einkommensteuer-Nachzahlung von 89.292 DM, wovon unstreitig ca. 68.000 DM auf die Korrektur des Veranlagungsfehlers entfielen. Zugleich setzte das FA --bezogen auf den gesamten Nachzahlungsbetrag-- Zinsen nach § 233a AO in Höhe von 24.976 DM nach einem Zinslauf von 56 Monaten fest. Die Kläger hatten nach ihrer Darstellung ihre freien Geldmittel in der Zeit von 1997 bis 2001 mit einem Zinssatz von durchschnittlich ca. 3 % angelegt und die Zinserträge zum jeweils geltenden Spitzensteuersatz versteuert. Einspruch und Klage gegen die Zinsfestsetzung blieben ohne Erfolg.

3

Nach Abschluss des Rechtsmittelverfahrens gegen die Zinsfestsetzung stellten die Kläger den im vorliegenden Verfahren streitgegenständlichen Antrag auf Erlass der Nachforderungszinsen aus sachlichen Billigkeitsgründen. Der Antrag blieb --ebenso wie nachfolgend Einspruch und Klage-- ohne Erfolg. Das Finanzgericht führte aus, sowohl der gesetzlich typisierte Zinssatz von 6 % als auch die Steuerpflicht der aus der zwischenzeitlichen Geldanlage erzielten Guthabenzinsen und die steuerliche Nichtabziehbarkeit der Nachforderungszinsen entsprächen dem Willen des Gesetzgebers, was eine sachliche Unbilligkeit ausschließe. Zinsen nach § 233a AO seien als Gegenleistung für die Möglichkeit zur Kapitalnutzung anzusehen; auf die Ursache der eingetretenen Verzögerung der Steuerfestsetzung komme es --selbst bei langer Verfahrensdauer oder Fehlern des FA-- nicht an.

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Mit ihrer Beschwerde begehren die Kläger die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache.

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Das FA hält die Beschwerde für unbegründet.

Entscheidungsgründe

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II. Die Beschwerde ist unbegründet.

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Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung

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a) Die Kläger halten die Rechtsfrage für grundsätzlich bedeutsam, ob das kumulierte Auftreten von Einzelaspekten, die nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung bei isolierter Betrachtung in der Regel noch keine sachliche Unbilligkeit begründen, insbesondere das kumulierte Auftreten der Aspekte

- Diskrepanz zwischen dem beim Steuerpflichtigen eingetretenen Liquiditätsvorteil und dem vom FA abgeschöpften Betrag,

- einseitiges Verschulden des FA an der verspäteten Steuerfestsetzung,

- fehlende Erkennbarkeit des Fehlers der ursprünglichen Steuerfestsetzung für den Steuerpflichtigen und

- erhebliche Dauer des Zinslaufs

dazu führen kann, dass die Erhebung von Nachforderungszinsen nicht mehr mit dem Zweck des § 233a AO vereinbar ist und die Zinsen deshalb nach § 227 AO zu erlassen sind.

9

Sie weisen hierzu darauf hin, dass das FA nicht nur die 6 % Nachforderungszinsen, sondern auch noch 50 % Einkommensteuer auf den zwischenzeitlich erzielten Zinsertrag von 3 %, insgesamt also einen Satz von jährlich 7,5 % des angelegten Kapitals abgeschöpft habe. Da sie tatsächlich nur einen Zinssatz von 3 % hätten erzielen können, hätten sie zur Begleichung dieser 7,5 % den Differenzbetrag von 4,5 % des Kapitals aus versteuertem Einkommen dazulegen müssen. Im Rahmen der Versteuerung dieses zusätzlich erforderlichen Einkommens hätten sie --bezogen auf den ursprünglichen Kapitalbetrag-- weitere 4,5 % Einkommensteuer zahlen müssen. Insgesamt hätten sie an den Fiskus daher jährlich 12 % (7,5 % + 4,5 %) des angelegten Kapitals zu entrichten gehabt; dem stehe ein Netto-Zinsertrag von lediglich 1,5 % gegenüber. Die Belastung durch Zinsen und Steuern liege daher bei 800 % des Kapitalertrags. Dies sei unverhältnismäßig.

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b) Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zu, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das (abstrakte) Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Außerdem muss die Rechtsfrage klärungsbedürftig und in einem künftigen Revisionsverfahren klärungsfähig sein (BFH-Beschluss vom 14. November 2005 II B 51/05, BFH/NV 2006, 305, unter II.1.).

11

Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt.

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aa) Soweit sich die Kläger --mittelbar-- gegen die gesetzlichen Regelungen wenden, nach denen die gemäß § 233a AO festzusetzenden Zinsen monatlich 0,5 % betragen (§ 238 Abs. 1 Satz 1 AO) und damit den in den Jahren 1997 bis 2001 erzielbaren Anlagezinssatz übersteigen, und einerseits zwar die erzielten Guthabenzinsen einkommensteuerpflichtig sind (§ 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG), andererseits aber die gezahlten Nachforderungszinsen einkommensteuerrechtlich nicht abziehbar sind (§ 12 Nr. 3 Halbsatz 2 EStG), fehlt es an der Klärungsbedürftigkeit der hiermit in Zusammenhang stehenden Fragen in einem künftigen Revisionsverfahren im Streitfall, der sich auf ein --vom Zinsfestsetzungsverfahren zu trennendes-- Billigkeitsverfahren beschränkt.

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Denn die Einwendungen der Kläger betreffen --ungeachtet des Umstands, dass sie dies ausdrücklich außer Streit stellen wollen-- im Kern die Verfassungsmäßigkeit der dargestellten gesetzlichen Regelungen, insbesondere die Fragen, ob der in § 238 Abs. 1 Satz 1 AO genannte Prozentsatz sich noch innerhalb der Typisierungsbefugnis des Gesetzgebers bewegt, und ob das für Nachforderungszinsen geltende Abzugsverbot bei gleichzeitiger Steuerpflicht von Guthabenzinsen mit dem verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz vereinbar ist. Diese Fragen stellen sich aber nicht allein in wenigen atypischen Einzelfällen, sondern bei nahezu jeder Festsetzung von Nachforderungszinsen.

14

Nach ständiger Rechtsprechung sowohl des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) als auch des BFH dürfen Billigkeitsmaßnahmen jedoch nicht die einem gesetzlichen Steuertatbestand innewohnende Wertung des Gesetzgebers generell durchbrechen oder korrigieren, sondern nur einem ungewollten Überhang des gesetzlichen Steuertatbestandes abhelfen. Daraus folgt, dass mit verfassungsrechtlich gebotenen Billigkeitsmaßnahmen nicht die Geltung des Gesetzes unterlaufen werden kann. Müssten solche Maßnahmen ein Ausmaß erreichen, dass sie die allgemeine Geltung des Gesetzes aufhöben, wäre das Gesetz als solches verfassungswidrig (vgl. zum Ganzen BVerfG-Beschlüsse vom 5. April 1978  1 BvR 117/73, BVerfGE 48, 102, unter C.II.3., und vom 3. September 2009  1 BvR 2539/07, BFH/NV 2009, 2115, unter III.2.a; BFH-Urteil vom 25. November 1997 IX R 28/96, BFHE 185, 94, BStBl II 1998, 550, unter II.1.b).

15

Die genannten Fragen könnten daher nur Gegenstand eines Rechtsmittelverfahrens gegen die Zinsfestsetzung als solche sein (vgl. hierzu auch das von den Klägern angeführte Revisionsverfahren I R 80/10), sind aber nicht im hier zu beurteilenden Billigkeitsverfahren klärungsfähig.

16

bb) Die weitere Frage, ob eine Kumulation von Einzelaspekten dazu führen kann, dass die Festsetzung von Nachforderungszinsen im jeweiligen Einzelfall als sachlich unbillig zu beurteilen ist, ist nicht klärungsbedürftig. Denn es liegt auf der Hand, dass sich die Wertung eines bestimmten Ergebnisses als "unbillig" auch aus einer Kumulation von Einzelaspekten ergeben kann (vgl. hierzu auch die Sachverhaltsgestaltung, die dem von den Klägern selbst angeführten BFH-Urteil in BFHE 185, 94, BStBl II 1998, 550 zugrunde lag und durch eine Kumulation von drei Einzelaspekten --Fehler des FA, sofortiger Hinweis des Steuerpflichtigen an das FA, zinsloses Vorhalten des Nachzahlungsbetrags auf dem Girokonto-- gekennzeichnet war).

17

Ob jedoch im jeweiligen Einzelfall eine solche Wertung verschiedener Aspekte als "bei kumulativer Betrachtung unbillig" vorzunehmen ist, ist als Würdigung tatsächlicher Art grundsätzlich der Beurteilung durch die jeweilige Tatsacheninstanz zugewiesen. Diese Frage hat daher keine grundsätzliche Bedeutung, zumal abstrakte Kriterien für die von der Tatsacheninstanz vorzunehmende Gewichtung einer --prinzipiell unbegrenzten-- Vielzahl einzubeziehender Einzelaspekte nicht aufgestellt werden können. Ob im konkreten Fall --wie die Kläger meinen--- eine andere Würdigung nahegelegen hätte, ist eine Frage der Richtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, die die Zulassung der Revision nicht rechtfertigt.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.