Finanzgericht München Urteil, 24. März 2016 - 7 K 1769/15

bei uns veröffentlicht am24.03.2016

Gericht

Finanzgericht München

Gründe

Finanzgericht München

Az.: 7 K 1769/15

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil

Stichwort:

In der Streitsache

...

Kläger

gegen

Familienkasse ...

Beklagte

wegen Kindergeld hat der 7. Senat des Finanzgerichts München durch ... als Einzelrichterin ohne mündliche Verhandlung

am 24. März 2016 für Recht erkannt:

1. Unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 26. Mai 2015 und des Ablehnungsbescheids vom 24. November 2014 wird die Beklagte verpflichtet, dem Kläger für seine Kinder A und B Kindergeld in voller gesetzlicher Höhe für die Monate Dezember 2012 und Juli bis Dezember 2013 zu gewähren. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger zu 70 v. H. und die Beklagte zu 30 v. H.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

1. Rechtsmittelbelehrung

Die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil kann durch Beschwerde angefochten werden.

Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Der Beschwerdeschrift soll eine Abschrift oder Ausfertigung des angefochtenen Urteils beigefügt werden. Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Auch die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen.

Rechtsmittel können auch über den elektronischen Gerichtsbriefkasten des Bundesfinanzhofs eingelegt und begründet werden, der über die vom Bundesfinanzhof zur Verfügung gestellte Zugangs- und Übertragungssoftware erreichbar ist. Die Software kann über die Internetseite „www.b...de“ lizenzkostenfrei heruntergeladen werden. Hier befinden sich auch weitere Informationen über die Einzelheiten des Verfahrens, das nach der Verordnung der Bundesregierung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesverwaltungsgericht und beim Bundesfinanzhof vom 26. November 2004 (BGBl. I S. 3091) einzuhalten ist.

Vor dem Bundesfinanzhof müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesfinanzhof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur Rechtsanwälte, niedergelassene europäische Rechtsanwälte, Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer oder vereidigte Buchprüfer zugelassen; zur Vertretung berechtigt sind auch Steuerberatungsgesellschaften, Rechtsanwaltsgesellschaften, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Buchprüfungsgesellschaften sowie Partnerschaftsgesellschaften, deren Partner ausschließlich Rechtsanwälte, niedergelassene europäische Rechtsanwälte, Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer oder vereidigte Buchprüfer sind. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe des vorhergehenden Satzes zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.

Der Bundesfinanzhof hat die Postanschrift: Postfach 86 02 40, 81629 München, und die Hausanschrift: Ismaninger Str. 109, 81675 München, sowie den Telefax-Anschluss: 089/92 31-201.

Lässt der Bundesfinanzhof aufgrund der Beschwerde die Revision zu, so wird das Verfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. Der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht. Innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses des Bundesfinanzhofs über die Zulassung der Revision ist jedoch bei dem Bundesfinanzhof eine Begründung der Revision einzureichen. Die Beteiligten müssen sich auch im Revisionsverfahren nach Maßgabe des vierten Absatzes dieser Belehrung vertreten lassen.

Tatbestand

Streitig ist das Bestehen eines Anspruchs auf Kindergeld für die Zeiträume August 2012 bis Dezember 2013, September 2014 bis Januar 2015 und Mai bis Juni 2015.

Der verheiratete Kläger ist Vater der Kinder A (geboren am 9. April 1991) und B (geb. 4. Mai 1996). Er ist polnischer Staatsangehöriger. Der gemeinsame Familienwohnsitz des Klägers, seiner Ehefrau E und der Kinder befindet sich in Polen (vgl. Bestätigung der polnischen Behörde vom 05.12.2014).

Der Kläger beantragte am 6. September 2013 bei der Beklagten (Familienkasse) Kindergeld. Er legte eine Gewerbeanmeldung bei der Stadt M vom 16. August 2012 (Anschrift der Betriebsstätte und Wohnanschrift: C-Str., M) und eine Meldebescheinigung der Gemeinde H vom 30. Juli 2013 (Einzugsdatum: 1. Juli 2013, Anschrift: D-Str., H) vor. Den Gegenstand seines Gewerbes bezeichnet er mit Trockenbau, Fliesenleger und Estrichleger. Da der Kläger trotz Aufforderung keine weiteren Unterlagen vorlegte, lehnte die Familienkasse mit Bescheid vom 24. November 2014 die Festsetzung von Kindergeld ab. Dagegen legte der Kläger fristgemäß Einspruch ein, der mit Einspruchsentscheidung vom 26. Mai 2015 als unbegründet zurückgewiesen wurde. Die anschließend erhobene Klage ging am 10. Juli 2015 bei Gericht ein.

Aus den nunmehr vorliegenden Unterlagen ergibt sich, dass der Kläger für die Jahre 2012 und 2013 vom Finanzamt O als unbeschränkt steuerpflichtig nach § 1 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) veranlagt wurde (Einkommensteuerbescheid für 2012 vom 28. Februar 2014, Einkommensteuerbescheid für 2013 vom 10. März 2015). Ein entsprechender Passus ist ausdrücklich in den Steuerbescheiden aufgenommen. Der Kläger ermittelte seinen Gewinn durch Einnahmen-Überschussrechnung gemäß § 4 Abs. 3 EStG. Für die Jahre 2014 und 2015 ist noch keine Einkommensteuerveranlagung erfolgt. Für die Mietverhältnisse legte der Kläger Bestätigungen von Herrn F vom 9. April 2015 und von Herrn G vom 14. April 2015 vor. Darin erklärt F, dass er für die Vermietung des Zimmers in der C-Str. in M im Zeitraum August 2012 bis Juni 2013 monatlich 200 € in bar erhalten habe. Ebenso bestätigt G Barzahlungen von monatlich 700 € für die Wohnung in der D-Str. in H seit Juni 2013. Weiter liegen vom Kläger erstellte Rechnungen für die Zeiträume Dezember 2012 und Mai 2013 bis Juli 2015 vor. Kontoauszüge über Zahlungseingänge fehlen.

Hinsichtlich der persönlichen Verhältnisse reichte der Kläger die Bescheinigung E 402 über den Schul-/Hochschulbesuch von K für den Zeitraum Oktober 2012 bis voraussichtlich September 2015, ausgestellt am 21. August 2014 ein. Für B übersandte er eine Schulbescheinigung vom 19. August 2014, in der der Schulbesuch für den Zeitraum September 2013 bis voraussichtlich April 2015 bestätigt wird. Aus einer weiteren Bescheinigung vom 2. Oktober 2015 ergibt sich, dass B ab Oktober 2015 ein Hochschulstudium aufgenommen hat. Schließlich legte der Kläger eine Bestätigung der zuständigen polnischen Behörde vor, wonach er und seine Frau seit April 1991 kein polnisches Kindergeld erhalten haben.

Während des gerichtlichen Verfahrens erteilte die Familienkasse einen Teilabhilfebescheid. Sie setzte volles Kindergeld für K für den Zeitraum Februar bis Mai 2015 und für B für Februar bis April 2015 fest. Zur Begründung gab sie an, es sei nachgewiesen, dass sich der Kläger in diesen Monaten im Inland gewöhnlich aufgehalten habe. Allerdings läge für B für den Streitmonat Mai 2015 kein Nachweis über einen Tatbestand des § 32 Abs. 4 EStG vor.

Zur Begründung der Klage trägt der Kläger im Wesentlichen vor: Er lebe seit 2012 durchgängig in Deutschland und übe seit August 2012 eine selbstständige Erwerbstätigkeit aus. Seine nicht erwerbstätige Ehefrau lebe mit den Kindern in Polen. Weder er noch E hätten in Polen einen Anspruch auf Kindergeld. Der Inlandsaufenthalt sei durch die Bescheinigungen der Vermieter nachgewiesen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 24. November 2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26. Mai 2015 die Familienkasse zu verpflichten, ihm Kindergeld für seine beiden Kinder A und B für die Zeiträume August 2012 bis Dezember 2013, September 2014 bis Januar 2015 und für Juni 2015 sowie nur für B für Mai 2015 zu gewähren.

Die Familienkasse beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung beruft sie sich im Wesentlichen auf ihre Einspruchsentscheidung. Ergänzend trägt sie vor, für die weiterhin geltend gemachten Zeiträume lägen die notwendigen Nachweise nicht vor.

Mit Aufklärungsanordnung vom 22. Januar 2016 verbunden mit einer Fristsetzung nach § 79 b Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) bis spätestens1. März 2016 wurde der Kläger aufgefordert, die bereits von der Familienkasse angeforderten Unterlagen nunmehr vorzulegen. Auf den Inhalt der Schreiben wird Bezug genommen. Die Anforderung blieb ohne Ergebnis.

Zur Ergänzung des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die vorgelegten Akten, die Einspruchsentscheidung vom 26. Mai 2015 und die eingereichten Schriftsätze Bezug genommen. Die Beteiligten haben, auch für den Fall der Übertragung des Rechtsstreits auf den Einzelrichter, auf mündliche Verhandlung verzichtet. Mit Beschluss vom 26. Januar 2016 wurde der Rechtsstreit gemäß § 6 Abs. 1 FGO dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

Entscheidungsgründe

1. Die Klage ist lediglich hinsichtlich des Monats Juni 2015 unzulässig.

a) Nach ständiger Rechtsprechung kann das Finanzgericht den Anspruch auf Kindergeld grundsätzlich nur in dem zeitlichen Umfang in zulässiger Weise zum Gegenstand einer Inhaltskontrolle machen, in dem die Familienkasse den Kindergeldanspruch geregelt hat. Im Falle eines zulässigen, in der Sache aber unbegründeten Einspruchs gegen einen Ablehnungsbescheid ist der Familienkasse längstens eine Regelung bis zum Ende des Monats der Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung möglich. Begehrt ein Kläger mit seiner Klage über diesen Zeitraum hinaus Kindergeld, ist sie insoweit unzulässig (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 24. Juli 2013 XI R 24/12, BFH/NV 2013, 1920; BFH-Beschluss vom 18. November 2014 V S 30/14, BFH/NV 2015, 346 m. w. N.)

b) Im Streitfall datiert die Einspruchsentscheidung vom 26. Mai 2015. Das Finanzgericht kann deshalb über den Kindergeldanspruch bis längstens Mai 2015 entscheiden. Da der Kläger aber ausdrücklich den Kindergeldanspruch von August 2012 bis Juni 2015 beantragt, ist die Verpflichtungsklage für die Monate Juni 2015 als unzulässig abzuweisen.

2. Im Übrigen ist die am 10. Juli 2015 erhobene Klage zulässig. Die Klagefrist des § 47 Abs. 1 FGO wurde eingehalten.

Zwar datiert die Einspruchsentscheidung bereits vom 26. Mai 2015 und wurde am Tag darauf zur Post gegeben. Entgegen § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO gilt sie jedoch nicht als am dritten Tage nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben, weil die Zugangsvermutung wegen eines Poststreiks in den Monaten Mai und Juni 2015 erschüttert ist. Dem Vortrag des Klägers, ihm sei die Einspruchsentscheidung erst am 12. Juni 2015 zugegangen, ist zu folgen. Die Familienkasse hat auch davon abgesehen, den Beweis über den Zugang der Einspruchsentscheidung vor dem 12. Mai 2015 anzutreten.

3. Die Klage ist teilweise begründet. Für die Monate Dezember 2012 sowie Juli bis Dezember 2013 ist der angegriffene Ablehnungsbescheid rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten.

Gemäß § 62 Abs. 1 EStG hat Anspruch auf Kindergeld, wer als freizügigkeitsberechtigter Ausländer im Inland einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat (Nr. 1) oder ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nach § 1 Abs. 3 EStG als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt wird (Nr. 2 b). Als Kinder werden gemäß § 63 Abs. 1 i. V. m. § 32 Abs. 1 EStG die leiblichen Kinder des Anspruchstellers berücksichtigt, sofern diese ihren Wohnsitz im Inland oder in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union haben. Polen ist seit 1. Mai 2004 Mitglied der Europäischen Union.

a) Zeitraum August 2012 bis Dezember 2013

aa) Für die Monate Juli bis Dezember 2013 besteht ein Anspruch auf Kindergeld nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 EStG für beide Kinder.

a) Zwar kann das Bestehen eines inländischen Wohnsitzes in den Monaten August 2012 bis Dezember 2013 nicht festgestellt werden. Es besteht deshalb kein Kindergeldanspruch nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 EStG für den gesamten Zeitraum.

Gemäß § 8 AO hat jemand einen Wohnsitz dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Das Innehaben einer Wohnung bedeutet, dass der Anspruchsteller tatsächlich über sie verfügen kann und sie als Bleibe entweder ständig benutzt oder sie doch mit einer gewissen Regelmäßigkeit - wenn auch in größeren Zeitabständen - aufsucht (vgl. BFH-Urt. vom 23. November 2000 VI R 107/99, BStBl II 2001, 294; vom 8. Mai 2014 III R 21/12, BStBl II 2015, 135). Das Innehaben der Wohnung muss unter Umständen erfolgen, die darauf schließen lassen, dass die Person die Wohnung beibehalten wird (vgl. BFH in BStBl II 2015, 135). Ein Wohnsitz wird durch tatsächliches Handeln begründet, der bloße Wille des Steuerpflichtigen ist dagegen nicht entscheidend (vgl. BFH-Urt. vom 7. April 2011 III R 77/09, BFH/NV 2011, 1351; vom 12. September 2013 III R 16/11, BFH/NV 2014, 320). Von ausschlaggebender Bedeutung ist die tatsächliche Gestaltung der Verhältnisse, d. h. der objektive Zustand (vgl. BFH in BFH/NV 2011, 1351). Unerheblich ist die Anmeldung eines Wohnsitzes beim inländischen Einwohnermeldeamt (BFH-Urteile vom 17. Mai 1995 I R 8/94, BStBl II 1996, 2; vom 20. November 2008 III R 53/05, BFH/NV 2009, 564; vom 27. Februar 2014 V R 15/13, BFH/NV 2014, 1030). Das Vorliegen der Voraussetzungen des § 8 AO ist nach den objektiv erkennbaren Umständen zu beurteilen (BFH-Urt. vom 22. August 2007 III R 89/06, BFH/NV 2008, 351, m. w. N.).

Es kann nicht zur Überzeugung des Gerichts festgestellt werden, dass der Kläger im streitigen Zeitraum über einen inländischen Wohnsitz verfügt hat. Zwar trägt er im vorliegenden Verfahren vor, dass er durchgehend einen inländischen Wohnsitz hatte, nämlich vom August 2012 bis Juni 2013 in der C-Str. in M und vom seit Juli 2013 in der D-Str. in H. Diese Behauptung begegnet jedoch erheblichen Zweifeln. Primär ist darauf hinzuweisen, dass im Besteuerungsverfahren gegenüber dem Finanzamt O genau das Gegenteil angegeben wurde. Weiter vermögen die Bestätigungen der Vermieter über den Erhalt von Barzahlungen nicht den vollen Beweis zu erbringen. Es liegen weder Mietverträge vor noch Nebenkostenabrechnungen oder Überweisungsbelege für die Mietzahlungen. Bei dem Vermieter F handelt es sich um einen Geschäftspartner des Klägers. Es kann bei beiden angeblichen Mietverhältnissen nicht ausgeschlossen werden, dass es sich um Gefälligkeitsbestätigungen handelt. Für die Monate August 2012 bis Oktober 2012, Januar bis März 2013 und Mai bis Juni 2013 liegen auch keine Rechnungen über im Inland ausgeführte Arbeitsleistungen vor. Schließlich verschwieg der Kläger gegenüber der Familienkasse seinen polnischen Familienwohnsitz und gab stets an, nur E und die Kinder würden dort wohnen. Dies ist durch die Bestätigung seiner Heimatgemeinde vom 5. Dezember 2014 widerlegt. Bei einer Gesamtwürdigung dieser Umstände verbleiben Zweifel am inländischen Wohnsitz, die zulasten des Klägers gehen, da dieser die Feststellungslast für ihn begünstigende Tatsachen trägt.

ß) Der Kläger hatte jedoch in den Monaten Juli bis Dezember 2013 seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und ist deshalb kindergeldberechtigt nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 EStG. Den gewöhnlichen Aufenthalt hat gemäß § 9 Satz 1 AO jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Als gewöhnlicher Aufenthalt ist stets und von Beginn an ein zeitlich zusammenhängender Aufenthalt von mehr als sechs Monaten Dauer anzusehen, § 9 Satz 2 AO.

Vorliegend ist ein zusammenhängender Aufenthalt für die Monate Juli 2013 bis einschließlich Januar 2014 durch Rechnungen über im Inland vom Kläger persönlich ausgeführten Bauleistungen nachgewiesen. Ein gewöhnlicher Aufenthalt im Sinne des § 9 AO ist somit ab Juli 2013 bis Dezember 2013 zu bejahen. Dagegen wurde der Nachweis des gewöhnlichen Aufenthalts im Inland für den Zeitraum August 2012 bis Juni 2013 nicht erbracht. Es liegen lediglich Rechnungen für die Leistungszeiträume November und Dezember 2012 (Rechnungen Nr. 01/2012 vom 12. Dezember 2012, Nr. 02/2012 vom 14. Dezember 2012, Nr. 03/2012 vom 19. Dezember 2012, Nr. 04/2012 vom 05. Dezember 2012) sowie April 2013 (Rechnung Nr. 0113 vom 13. Mai 2013) vor. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger sich über die abgerechneten Leistungszeiträume (November, Dezember 2012, April 2013) hinaus im Inland aufgehalten hätte. Die nachgewiesenen Anwesenheitszeiten reichen für die Annahme eines gewöhnlichen Aufenthalts im Inland nicht aus. Ein Anspruch auf Kindergeld nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 EStG besteht vor der Begründung des gewöhnlichen Aufenthalts - hier ab Juli 2013 - nicht (vgl. BFH-Urt. vom 24. Oktober 2012 V R 43/11, BStBl II 2013, 491; vom 24. Juli 2013 XI R 8/12, BFH/NV 2014, 495; vom 14. Mai 2014 XI R 56/10, BFH/NV 2015, 169).

Die weiteren Voraussetzungen für Kindergeld nach §§ 63 Abs. 1 i. V. m. § 32 EStG, § 65 EStG sind unstreitig gegeben (vgl. Schreiben und Abhilfebescheid der Familienkasse vom 16. November 2015 für den Zeitraum Februar bis April bzw. Mai 2015). Nähere Ausführungen erübrigen sich deshalb.

Y) Der Kläger wurde in den Jahren 2012 und 2013 antragsgemäß nach § 1 Abs. 3 EStG veranlagt. § 1 Abs. 3 EStG in der Fassung des Jahressteuergesetzes 1996 regelt mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 1996 die erweiterte unbeschränkte Steuerpflicht von im Ausland wohnenden, im Inland arbeitenden Personen. Gemäß § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b) EStG ist kindergeldberechtigt, wer nach § 1 Abs. 3 EStG als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt wird. Entgegen der Auffassung der Familienkasse steht die Veranlagung des Klägers nach § 1 Abs. 3 EStG der Berücksichtigung für Kindergeld nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 EStG nicht entgegen (vgl. Urt. des Sächsischen FG vom 9. Dezember 2015 8 K 656/15 Kg, juris). Ob der Anspruchsteller im Sinne des § 62 Abs. 1 Nr. 1 EStG im Inland einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, müssen die Familienkasse und das FG ohne Bindung an die im Einkommensteuerfestsetzungsverfahren vom zuständigen Finanzamt getroffenen Feststellungen selbstständig entscheiden (vgl. BFH-Urt. vom 20. November 2008 III R 53/05, BFH/NV 2009, 564; vom 18. Juli 2013 III R 9/09, BStBl II 2014, 802). Die vorliegend erfolgte unzutreffende Veranlagung nach § 1 Abs. 3 EStG entfaltet keine Sperrwirkung für die Kindergeldfestsetzung, da tatsächlich zeitweise ein gewöhnlicher Aufenthalt vorlag.

bb) Hinsichtlich des verbleibenden Zeitraums August 2012 bis Juni 2013 besteht lediglich für den Monat Dezember 2012 ein Anspruch auf Kindergeld gemäß § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG für beide Kinder.

Bei einer Kindergeldberechtigung nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG besteht ein Anspruch nur in den Monaten des betreffenden Kalenderjahres, in denen der Anspruchsberechtigte inländische Einkünfte i. S. des § 49 EStG erzielt hat (ständ. Rspr., vgl. BFH-Urteile vom 24. Oktober 2012 V R 43/11, BStBl II 2013, 491; vom 18. April 2013 VI R 70/11, BFH/NV 2013, 1554; vom 18. Juli 2013 III R 59/11, BStBl II 2014, 843 und vom 12. März 2015 III R 14/14, BFH/NV 2015, 1187). Hierbei handelt es sich um diejenigen Monate, in denen die Einkünfte des Klägers nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. § 11 EStG zeitlich zu erfassen sind (BFH-Urteile vom 5. September 2013 XI R 22/12, BFH/NV 2014, 313, m. w. N., und in BStBl II 2014, 843).

Der Kläger wurde für die Jahre 2012 und 2013 nach § 1 Abs. 3 EStG veranlagt. Im streitigen Zeitraum hat er im Dezember 2012 (Rechnungen Nr. 01/2012 vom 12. Dezember 2012, Nr. 02/2012 vom 14. Dezember 2012, Nr. 03/2012 vom 19. Dezember 2012, Nr. 04/2012 vom 05. Dezember 2012) und im Mai 2013 (Rechnung Nr. 0113 vom 13. Mai 2013) Rechnungen erteilt. Den Gewinn aus Gewerbebetrieb hat er in beiden Jahren gemäß § 4 Abs. 3 EStG ermittelt. Bei dieser Gewinnermittlungsart beeinflussen Forderungen den Gewinn grundsätzlich nicht, der Gewinn wird erst bei Zahlungseingang berührt (vgl. Heinicke in Schmidt, EStG, § 4 Rz. 400). Dieser ist nicht bekannt, da der Kläger keine Kontoauszüge vorgelegt hat. Allerdings hat er im Veranlagungszeitraum 2012 Leistungen im Gegenwert von insgesamt 8.116 € abgerechnet. Der Gewinn aus Gewerbebetrieb beträgt laut dem Einkommensteuerbescheid für 2012 8.100 €. Daraus kann gefolgert werden, dass die in Rechnung gestellten Beträge dem Kläger noch im Dezember 2012 zugeflossen sein müssen, da sie als Jahresgewinn erklärt wurden. Demgemäß besteht für diesen Monat ein Anspruch auf Kindergeld.

Für das erste Halbjahr 2013 kann die Klage aufgrund der fehlenden Mitwirkung des Klägers keinen Erfolg haben. Das Gericht ist nicht in der Lage, festzustellen, in welchen Monat ihm das Entgelt für die im April 2013 erbrachte Leistung zugeflossen ist. Trotz Aufforderung mit Fristsetzung nach § 79b Abs. 2 FGO hat der Kläger keine Nachweise für einen tatsächlichen Zahlungszufluss (z. B. Kontoauszüge) beigebracht. Die fehlende Möglichkeit, die notwendigen Feststellungen zu treffen, geht zulasten des Klägers, der gemäß § 76 Abs. 1 FGO zur Mitwirkung verpflichtet ist (vgl. BFH-Beschluss vom 8. Februar 2008 VII B 123/07, BFH/NV 2008, 993).

b) Zeitraum September 2014 bis Januar 2015

Für diesen Zeitraum liegen lediglich die Rechnungen Nr. 1014 vom 4. Dezember 2014 (Leistungszeitraum: November 2014) und Nr. 1114 vom 15. Dezember 2014 (Leistungszeitraum 1.- 13. Dezember 2014) vor. Eine Veranlagung zur Einkommensteuer ist nicht erfolgt. Nach Ende des streitigen Zeitraums kehrte der Kläger ab 2. Februar 2015 wieder nach Deutschland zurück.

Ein Kindergeldanspruch nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 EStG besteht nicht, da kein inländischer Wohnsitz nachgewiesen wurde. Die Ausführungen unter 3. a) aa) a) gelten entsprechend.

Eine Kindergeldberechtigung gemäß § 62 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 EStG ist ebenfalls nicht gegeben. Während des streitigen Zeitraums erbrachte der Kläger lediglich im November und Dezember Bauleistungen im Inland. Konkrete Hinweise für einen Inlandsaufenthalt während der übrigen streitigen Monate fehlen. Zwar hatte der Kläger ausweislich der von ihm gestellten Rechnungen in den Monaten Januar bis August 2014 Arbeitsleistungen im Rahmen seines inländischen Gewerbebetriebs erbracht und damit einen gewöhnlichen Aufenthalt begründet. Dieser war jedoch durch die nachfolgende, mindestens zwei Monate dauernde Abwesenheit wieder beendet worden. Es handelte sich hierbei nicht mehr um eine kurzfristige Unterbrechung im Sinne des § 9 Satz 2, 2. Halbsatz AO. Durch die Rückkehr im November und Dezember 2014 wurde kein neuer gewöhnlicher Aufenthalt begründet, da die Verweildauer von maximal sechs Wochen hierfür zu kurz war. Ein neuer gewöhnlicher Aufenthalt bestand erst wieder ab Februar 2015, insoweit hat die Familienkasse auch einen Abhilfebescheid erteilt.

c) Mai 2015

aa) Mit Abhilfebescheid vom 16. November 2015 hat die Familienkasse die Kindergeldberechtigung des Klägers nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 EStG anerkannt, weil es den gewöhnlichen Aufenthalt im Inland in den Monaten Februar bis Mai 2015 als nachgewiesen angesehen hat (vgl. Schreiben der Familienkasse an das FG vom 16. November 2015). Dennoch hat sie lediglich für A und nicht auf für B Kindergeld festgesetzt. Zur Begründung führte sie aus, für B fehle es an einem Ausbildungsnachweis für den Monat Mai 2015.

bb) Gemäß §§ 62 Abs. 1 Nr. 1, 63 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 32 Abs. 4 EStG besteht eine Anspruch auf Kindergeld für ein volljähriges Kind nur dann, wenn dieses für einen Beruf ausgebildet wird (Abs. 4 Buchst. a), sich in einer Übergangszeit von höchstens vier Monaten befindet, die zwischen zwei Ausbildungsabschnitten liegt (Abs. 4 Buchst. b) oder wenn es eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatz nicht beginnen oder fortsetzen kann (Abs. 4 Buchst. c).

Das Kind B hat am 4. Mai 2014 das 18. Lebensjahr vollendet. Die Schulbescheinigung vom 19. August 2014 endet mit dem Monat April 2015 und deckt den Monat Mai 2015 nicht mehr ab. Eine Ausbildungsbescheinigung fehlt somit. Da die Hochschulausbildung erst ab Oktober 2015 begann, betrug die Übergangszeit zwischen den beiden Ausbildungsabschnitten auch mehr als vier Monate. Ein Nachweis, dass B sich im Mai bereits an der Hochschule beworben hat, wurde nicht beigebracht. Ein Berücksichtigungstatbestand liegt somit nicht vor. Die weiteren Tatbestände des § 32 Abs. 4 EStG sind vorliegend offensichtlich nicht einschlägig, ein Kindergeldanspruch für B besteht somit nicht.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO, die Entscheidung durch den Einzelrichter ohne mündliche Verhandlung auf §§ 6, 90 Abs. 2 FGO.

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(1) Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. § 34 Abs. 2 ist entsprechend anzuwenden. Der Verwaltungsakt kann auch gegenüber einem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden

Einkommensteuergesetz - EStG | § 65 Andere Leistungen für Kinder


1Kindergeld wird nicht für ein Kind gezahlt, für das eine der folgenden Leistungen zu zahlen ist oder bei entsprechender Antragstellung zu zahlen wäre:1.Leistungen für Kinder, die im Ausland gewährt werden und dem Kindergeld oder der Kinderzulage aus

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 6


(1) Der Senat kann den Rechtsstreit einem seiner Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn 1. die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und2. die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeu

Einkommensteuergesetz - EStG | § 49 Beschränkt steuerpflichtige Einkünfte


(1) Inländische Einkünfte im Sinne der beschränkten Einkommensteuerpflicht (§ 1 Absatz 4) sind1.Einkünfte aus einer im Inland betriebenen Land- und Forstwirtschaft (§§ 13, 14);2.Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§§ 15 bis 17),a)für den im Inland eine Bet

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 79b


(1) Der Vorsitzende oder der Berichterstatter kann dem Kläger eine Frist setzen zur Angabe der Tatsachen, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung im Verwaltungsverfahren er sich beschwert fühlt. Die Fristsetzung nach Satz 1 kann mit d

Abgabenordnung - AO 1977 | § 8 Wohnsitz


Einen Wohnsitz hat jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird.

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 47


(1) Die Frist für die Erhebung der Anfechtungsklage beträgt einen Monat; sie beginnt mit der Bekanntgabe der Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf, in den Fällen des § 45 und in den Fällen, in denen ein außergerichtlicher Rechtsbehelf

Abgabenordnung - AO 1977 | § 9 Gewöhnlicher Aufenthalt


Den gewöhnlichen Aufenthalt hat jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Als gewöhnlicher Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes ist ste

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Finanzgericht München Urteil, 24. März 2016 - 7 K 1769/15

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Tatbestand 1 I. Es ist streitig, ob dem Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger), einem polnischen Staatsangehörigen, deutsches Kindergeld für seine beiden minderjährigen

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Bundesfinanzhof Urteil, 24. Juli 2013 - XI R 24/12

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Bundesfinanzhof Urteil, 18. Juli 2013 - III R 9/09

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Tatbestand 1 I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist polnischer Staatsangehöriger. Er lebt mit seiner Ehefrau und zwei Kindern, S und K, in einem gemeinsamen Fami

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Finanzgericht München Urteil, 24. März 2016 - 7 K 1769/15

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Referenzen

(1)1Gewinn ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, vermehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen.2Entnahmen sind alle Wirtschaftsgüter (Barentnahmen, Waren, Erzeugnisse, Nutzungen und Leistungen), die der Steuerpflichtige dem Betrieb für sich, für seinen Haushalt oder für andere betriebsfremde Zwecke im Laufe des Wirtschaftsjahres entnommen hat.3Einer Entnahme für betriebsfremde Zwecke steht der Ausschluss oder die Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung oder der Nutzung eines Wirtschaftsguts gleich; dies gilt auf Antrag auch in den Fällen, in denen die Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts entfällt und in einem anderen Staat eine Besteuerung auf Grund des Ausschlusses oder der Beschränkung des Besteuerungsrechts dieses Staates hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung des Wirtschaftsguts erfolgt.4Ein Ausschluss oder eine Beschränkung des Besteuerungsrechts hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts liegt insbesondere vor, wenn ein bisher einer inländischen Betriebsstätte des Steuerpflichtigen zuzuordnendes Wirtschaftsgut einer ausländischen Betriebsstätte zuzuordnen ist.5Satz 3 gilt nicht für Anteile an einer Europäischen Gesellschaft oder Europäischen Genossenschaft in den Fällen

1.
einer Sitzverlegung der Europäischen Gesellschaft nach Artikel 8 der Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates vom 8. Oktober 2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE) (ABl. EG Nr. L 294 S. 1), zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 885/2004 des Rates vom 26. April 2004 (ABl. EU Nr. L 168 S. 1), und
2.
einer Sitzverlegung der Europäischen Genossenschaft nach Artikel 7 der Verordnung (EG) Nr. 1435/2003 des Rates vom 22. Juli 2003 über das Statut der Europäischen Genossenschaft (SCE) (ABl. EU Nr. L 207 S. 1).
6Ein Wirtschaftsgut wird nicht dadurch entnommen, dass der Steuerpflichtige zur Gewinnermittlung nach § 13a übergeht.7Eine Änderung der Nutzung eines Wirtschaftsguts, die bei Gewinnermittlung nach Satz 1 keine Entnahme ist, ist auch bei Gewinnermittlung nach § 13a keine Entnahme.8Einlagen sind alle Wirtschaftsgüter (Bareinzahlungen und sonstige Wirtschaftsgüter), die der Steuerpflichtige dem Betrieb im Laufe des Wirtschaftsjahres zugeführt hat; einer Einlage steht die Begründung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts gleich.9In den Fällen des Satzes 3 zweiter Halbsatz gilt das Wirtschaftsgut als unmittelbar nach der Entnahme wieder eingelegt.10Bei der Ermittlung des Gewinns sind die Vorschriften über die Betriebsausgaben, über die Bewertung und über die Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung zu befolgen.

(2)1Der Steuerpflichtige darf die Vermögensübersicht (Bilanz) auch nach ihrer Einreichung beim Finanzamt ändern, soweit sie den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung unter Befolgung der Vorschriften dieses Gesetzes nicht entspricht; diese Änderung ist nicht zulässig, wenn die Vermögensübersicht (Bilanz) einer Steuerfestsetzung zugrunde liegt, die nicht mehr aufgehoben oder geändert werden kann.2Darüber hinaus ist eine Änderung der Vermögensübersicht (Bilanz) nur zulässig, wenn sie in einem engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit einer Änderung nach Satz 1 steht und soweit die Auswirkung der Änderung nach Satz 1 auf den Gewinn reicht.

(3)1Steuerpflichtige, die nicht auf Grund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, und die auch keine Bücher führen und keine Abschlüsse machen, können als Gewinn den Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben ansetzen.2Hierbei scheiden Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben aus, die im Namen und für Rechnung eines anderen vereinnahmt und verausgabt werden (durchlaufende Posten).3Die Vorschriften über die Bewertungsfreiheit für geringwertige Wirtschaftsgüter (§ 6 Absatz 2), die Bildung eines Sammelpostens (§ 6 Absatz 2a) und über die Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung sind zu befolgen.4Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten für nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, für Anteile an Kapitalgesellschaften, für Wertpapiere und vergleichbare nicht verbriefte Forderungen und Rechte, für Grund und Boden sowie Gebäude des Umlaufvermögens sind erst im Zeitpunkt des Zuflusses des Veräußerungserlöses oder bei Entnahme im Zeitpunkt der Entnahme als Betriebsausgaben zu berücksichtigen.5Die Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens und Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens im Sinne des Satzes 4 sind unter Angabe des Tages der Anschaffung oder Herstellung und der Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder des an deren Stelle getretenen Werts in besondere, laufend zu führende Verzeichnisse aufzunehmen.

(4) Betriebsausgaben sind die Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind.

(4a)1Schuldzinsen sind nach Maßgabe der Sätze 2 bis 4 nicht abziehbar, wenn Überentnahmen getätigt worden sind.2Eine Überentnahme ist der Betrag, um den die Entnahmen die Summe des Gewinns und der Einlagen des Wirtschaftsjahres übersteigen.3Die nicht abziehbaren Schuldzinsen werden typisiert mit 6 Prozent der Überentnahme des Wirtschaftsjahres zuzüglich der Überentnahmen vorangegangener Wirtschaftsjahre und abzüglich der Beträge, um die in den vorangegangenen Wirtschaftsjahren der Gewinn und die Einlagen die Entnahmen überstiegen haben (Unterentnahmen), ermittelt; bei der Ermittlung der Überentnahme ist vom Gewinn ohne Berücksichtigung der nach Maßgabe dieses Absatzes nicht abziehbaren Schuldzinsen auszugehen.4Der sich dabei ergebende Betrag, höchstens jedoch der um 2 050 Euro verminderte Betrag der im Wirtschaftsjahr angefallenen Schuldzinsen, ist dem Gewinn hinzuzurechnen.5Der Abzug von Schuldzinsen für Darlehen zur Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens bleibt unberührt.6Die Sätze 1 bis 5 sind bei Gewinnermittlung nach § 4 Absatz 3 sinngemäß anzuwenden; hierzu sind Entnahmen und Einlagen gesondert aufzuzeichnen.

(5)1Die folgenden Betriebsausgaben dürfen den Gewinn nicht mindern:

1.
Aufwendungen für Geschenke an Personen, die nicht Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen sind.2Satz 1 gilt nicht, wenn die Anschaffungs- oder Herstellungskosten der dem Empfänger im Wirtschaftsjahr zugewendeten Gegenstände insgesamt 35 Euro nicht übersteigen;
2.
Aufwendungen für die Bewirtung von Personen aus geschäftlichem Anlass, soweit sie 70 Prozent der Aufwendungen übersteigen, die nach der allgemeinen Verkehrsauffassung als angemessen anzusehen und deren Höhe und betriebliche Veranlassung nachgewiesen sind.2Zum Nachweis der Höhe und der betrieblichen Veranlassung der Aufwendungen hat der Steuerpflichtige schriftlich die folgenden Angaben zu machen: Ort, Tag, Teilnehmer und Anlass der Bewirtung sowie Höhe der Aufwendungen.3Hat die Bewirtung in einer Gaststätte stattgefunden, so genügen Angaben zu dem Anlass und den Teilnehmern der Bewirtung; die Rechnung über die Bewirtung ist beizufügen;
3.
Aufwendungen für Einrichtungen des Steuerpflichtigen, soweit sie der Bewirtung, Beherbergung oder Unterhaltung von Personen, die nicht Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen sind, dienen (Gästehäuser) und sich außerhalb des Orts eines Betriebs des Steuerpflichtigen befinden;
4.
Aufwendungen für Jagd oder Fischerei, für Segeljachten oder Motorjachten sowie für ähnliche Zwecke und für die hiermit zusammenhängenden Bewirtungen;
5.
Mehraufwendungen für die Verpflegung des Steuerpflichtigen.2Wird der Steuerpflichtige vorübergehend von seiner Wohnung und dem Mittelpunkt seiner dauerhaft angelegten betrieblichen Tätigkeit entfernt betrieblich tätig, sind die Mehraufwendungen für Verpflegung nach Maßgabe des § 9 Absatz 4a abziehbar;
6.
Aufwendungen für die Wege des Steuerpflichtigen zwischen Wohnung und Betriebsstätte und für Familienheimfahrten, soweit in den folgenden Sätzen nichts anderes bestimmt ist.2Zur Abgeltung dieser Aufwendungen ist § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 Satz 2 bis 6 und Nummer 5 Satz 5 bis 7 und Absatz 2 entsprechend anzuwenden.3Bei der Nutzung eines Kraftfahrzeugs dürfen die Aufwendungen in Höhe des positiven Unterschiedsbetrags zwischen 0,03 Prozent des inländischen Listenpreises im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 des Kraftfahrzeugs im Zeitpunkt der Erstzulassung je Kalendermonat für jeden Entfernungskilometer und dem sich nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 Satz 2 bis 6 oder Absatz 2 ergebenden Betrag sowie Aufwendungen für Familienheimfahrten in Höhe des positiven Unterschiedsbetrags zwischen 0,002 Prozent des inländischen Listenpreises im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 für jeden Entfernungskilometer und dem sich nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 Satz 5 bis 7 oder Absatz 2 ergebenden Betrag den Gewinn nicht mindern; ermittelt der Steuerpflichtige die private Nutzung des Kraftfahrzeugs nach § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 1 oder Satz 3, treten an die Stelle des mit 0,03 oder 0,002 Prozent des inländischen Listenpreises ermittelten Betrags für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte und für Familienheimfahrten die auf diese Fahrten entfallenden tatsächlichen Aufwendungen; § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 3 zweiter Halbsatz gilt sinngemäß.4§ 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 Satz 8 und Nummer 5 Satz 9 gilt entsprechend;
6a.
die Mehraufwendungen für eine betrieblich veranlasste doppelte Haushaltsführung, soweit sie die nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 Satz 1 bis 4 abziehbaren Beträge und die Mehraufwendungen für betrieblich veranlasste Übernachtungen, soweit sie die nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5a abziehbaren Beträge übersteigen;
6b.
Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung.2Dies gilt nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet.3Anstelle der Aufwendungen kann pauschal ein Betrag von 1 260 Euro (Jahrespauschale) für das Wirtschafts- oder Kalenderjahr abgezogen werden.4Für jeden vollen Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen nach Satz 2 nicht vorliegen, ermäßigt sich der Betrag von 1 260 Euro um ein Zwölftel;
6c.
für jeden Kalendertag, an dem die betriebliche oder berufliche Tätigkeit überwiegend in der häuslichen Wohnung ausgeübt und keine außerhalb der häuslichen Wohnung belegene erste Tätigkeitsstätte aufgesucht wird, kann für die gesamte betriebliche und berufliche Betätigung ein Betrag von 6 Euro (Tagespauschale), höchstens 1 260 Euro im Wirtschafts- oder Kalenderjahr, abgezogen werden.2Steht für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit dauerhaft kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, ist ein Abzug der Tagespauschale zulässig, auch wenn die Tätigkeit am selben Kalendertag auswärts oder an der ersten Tätigkeitsstätte ausgeübt wird.3Der Abzug der Tagespauschale ist nicht zulässig, soweit für die Wohnung Unterkunftskosten im Rahmen der Nummer 6a oder des § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 abgezogen werden können oder soweit ein Abzug nach Nummer 6b vorgenommen wird;
7.
andere als die in den Nummern 1 bis 6 und 6b bezeichneten Aufwendungen, die die Lebensführung des Steuerpflichtigen oder anderer Personen berühren, soweit sie nach allgemeiner Verkehrsauffassung als unangemessen anzusehen sind;
8.
Geldbußen, Ordnungsgelder und Verwarnungsgelder, die von einem Gericht oder einer Behörde im Geltungsbereich dieses Gesetzes oder von einem Mitgliedstaat oder von Organen der Europäischen Union festgesetzt wurden sowie damit zusammenhängende Aufwendungen.2Dasselbe gilt für Leistungen zur Erfüllung von Auflagen oder Weisungen, die in einem berufsgerichtlichen Verfahren erteilt werden, soweit die Auflagen oder Weisungen nicht lediglich der Wiedergutmachung des durch die Tat verursachten Schadens dienen.3Die Rückzahlung von Ausgaben im Sinne der Sätze 1 und 2 darf den Gewinn nicht erhöhen.4Das Abzugsverbot für Geldbußen gilt nicht, soweit der wirtschaftliche Vorteil, der durch den Gesetzesverstoß erlangt wurde, abgeschöpft worden ist, wenn die Steuern vom Einkommen und Ertrag, die auf den wirtschaftlichen Vorteil entfallen, nicht abgezogen worden sind; Satz 3 ist insoweit nicht anzuwenden;
8a.
Zinsen auf hinterzogene Steuern nach § 235 der Abgabenordnung und Zinsen nach § 233a der Abgabenordnung, soweit diese nach § 235 Absatz 4 der Abgabenordnung auf die Hinterziehungszinsen angerechnet werden;
9.
Ausgleichszahlungen, die in den Fällen der §§ 14 und 17 des Körperschaftsteuergesetzes an außenstehende Anteilseigner geleistet werden;
10.
die Zuwendung von Vorteilen sowie damit zusammenhängende Aufwendungen, wenn die Zuwendung der Vorteile eine rechtswidrige Handlung darstellt, die den Tatbestand eines Strafgesetzes oder eines Gesetzes verwirklicht, das die Ahndung mit einer Geldbuße zulässt.2Gerichte, Staatsanwaltschaften oder Verwaltungsbehörden haben Tatsachen, die sie dienstlich erfahren und die den Verdacht einer Tat im Sinne des Satzes 1 begründen, der Finanzbehörde für Zwecke des Besteuerungsverfahrens und zur Verfolgung von Steuerstraftaten und Steuerordnungswidrigkeiten mitzuteilen.3Die Finanzbehörde teilt Tatsachen, die den Verdacht einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit im Sinne des Satzes 1 begründen, der Staatsanwaltschaft oder der Verwaltungsbehörde mit.4Diese unterrichten die Finanzbehörde von dem Ausgang des Verfahrens und den zugrundeliegenden Tatsachen;
11.
Aufwendungen, die mit unmittelbaren oder mittelbaren Zuwendungen von nicht einlagefähigen Vorteilen an natürliche oder juristische Personen oder Personengesellschaften zur Verwendung in Betrieben in tatsächlichem oder wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, deren Gewinn nach § 5a Absatz 1 ermittelt wird;
12.
Zuschläge nach § 162 Absatz 4 der Abgabenordnung;
13.
Jahresbeiträge nach § 12 Absatz 2 des Restrukturierungsfondsgesetzes.
2Das Abzugsverbot gilt nicht, soweit die in den Nummern 2 bis 4 bezeichneten Zwecke Gegenstand einer mit Gewinnabsicht ausgeübten Betätigung des Steuerpflichtigen sind.3§ 12 Nummer 1 bleibt unberührt.

(5a) (weggefallen)

(5b) Die Gewerbesteuer und die darauf entfallenden Nebenleistungen sind keine Betriebsausgaben.

(6) Aufwendungen zur Förderung staatspolitischer Zwecke (§ 10b Absatz 2) sind keine Betriebsausgaben.

(7)1Aufwendungen im Sinne des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 1 bis 4, 6b und 7 sind einzeln und getrennt von den sonstigen Betriebsausgaben aufzuzeichnen.2Soweit diese Aufwendungen nicht bereits nach Absatz 5 vom Abzug ausgeschlossen sind, dürfen sie bei der Gewinnermittlung nur berücksichtigt werden, wenn sie nach Satz 1 besonders aufgezeichnet sind.

(8) Für Erhaltungsaufwand bei Gebäuden in Sanierungsgebieten und städtebaulichen Entwicklungsbereichen sowie bei Baudenkmalen gelten die §§ 11a und 11b entsprechend.

(9)1Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine Berufsausbildung oder für sein Studium sind nur dann Betriebsausgaben, wenn der Steuerpflichtige zuvor bereits eine Erstausbildung (Berufsausbildung oder Studium) abgeschlossen hat.2§ 9 Absatz 6 Satz 2 bis 5 gilt entsprechend.

(10) § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5b ist entsprechend anzuwenden.

(1) Kinder sind

1.
im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandte Kinder,
2.
Pflegekinder (Personen, mit denen der Steuerpflichtige durch ein familienähnliches, auf längere Dauer berechnetes Band verbunden ist, sofern er sie nicht zu Erwerbszwecken in seinen Haushalt aufgenommen hat und das Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den Eltern nicht mehr besteht).

(2)1Besteht bei einem angenommenen Kind das Kindschaftsverhältnis zu den leiblichen Eltern weiter, ist es vorrangig als angenommenes Kind zu berücksichtigen.2Ist ein im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandtes Kind zugleich ein Pflegekind, ist es vorrangig als Pflegekind zu berücksichtigen.

(3) Ein Kind wird in dem Kalendermonat, in dem es lebend geboren wurde, und in jedem folgenden Kalendermonat, zu dessen Beginn es das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, berücksichtigt.

(4)1Ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, wird berücksichtigt, wenn es

1.
noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet hat, nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht und bei einer Agentur für Arbeit im Inland als Arbeitsuchender gemeldet ist oder
2.
noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat und
a)
für einen Beruf ausgebildet wird oder
b)
sich in einer Übergangszeit von höchstens vier Monaten befindet, die zwischen zwei Ausbildungsabschnitten oder zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung des gesetzlichen Wehr- oder Zivildienstes, einer vom Wehr- oder Zivildienst befreienden Tätigkeit als Entwicklungshelfer oder als Dienstleistender im Ausland nach § 14b des Zivildienstgesetzes oder der Ableistung des freiwilligen Wehrdienstes nach § 58b des Soldatengesetzes oder der Ableistung eines freiwilligen Dienstes im Sinne des Buchstaben d liegt, oder
c)
eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann oder
d)
einen der folgenden freiwilligen Dienste leistet:
aa)
ein freiwilliges soziales Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes,
bb)
ein freiwilliges ökologisches Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes,
cc)
einen Bundesfreiwilligendienst im Sinne des Bundesfreiwilligendienstgesetzes,
dd)
eine Freiwilligentätigkeit im Rahmen des Europäischen Solidaritätskorps im Sinne der Verordnung (EU) 2021/888 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2021 zur Aufstellung des Programms für das Europäische Solidaritätskorps und zur Aufhebung der Verordnungen (EU) 2018/1475 und (EU) Nr. 375/2014 (ABl. L 202 vom 8.6.2021, S. 32),
ee)
einen anderen Dienst im Ausland im Sinne von § 5 des Bundesfreiwilligendienstgesetzes,
ff)
einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts“ im Sinne der Förderleitlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 1. Januar 2016,
gg)
einen Freiwilligendienst aller Generationen im Sinne von § 2 Absatz 1a des Siebten Buches Sozialgesetzbuch oder
hh)
einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 4. Januar 2021 (GMBl S. 77) oder
3.
wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten; Voraussetzung ist, dass die Behinderung vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist.
2Nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums wird ein Kind in den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 nur berücksichtigt, wenn das Kind keiner Erwerbstätigkeit nachgeht.3Eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne der §§ 8 und 8a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch sind unschädlich.

(5)1In den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 Buchstabe a und b wird ein Kind, das

1.
den gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst geleistet hat, oder
2.
sich anstelle des gesetzlichen Grundwehrdienstes freiwillig für die Dauer von nicht mehr als drei Jahren zum Wehrdienst verpflichtet hat, oder
3.
eine vom gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst befreiende Tätigkeit als Entwicklungshelfer im Sinne des § 1 Absatz 1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes ausgeübt hat,
für einen der Dauer dieser Dienste oder der Tätigkeit entsprechenden Zeitraum, höchstens für die Dauer des inländischen gesetzlichen Grundwehrdienstes oder bei anerkannten Kriegsdienstverweigerern für die Dauer des inländischen gesetzlichen Zivildienstes über das 21. oder 25. Lebensjahr hinaus berücksichtigt.2Wird der gesetzliche Grundwehrdienst oder Zivildienst in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, geleistet, so ist die Dauer dieses Dienstes maßgebend.3Absatz 4 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(6)1Bei der Veranlagung zur Einkommensteuer wird für jedes zu berücksichtigende Kind des Steuerpflichtigen ein Freibetrag von 3 012 Euro für das sächliche Existenzminimum des Kindes (Kinderfreibetrag) sowie ein Freibetrag von 1 464 Euro für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes vom Einkommen abgezogen.2Bei Ehegatten, die nach den §§ 26, 26b zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden, verdoppeln sich die Beträge nach Satz 1, wenn das Kind zu beiden Ehegatten in einem Kindschaftsverhältnis steht.3Die Beträge nach Satz 2 stehen dem Steuerpflichtigen auch dann zu, wenn

1.
der andere Elternteil verstorben oder nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist oder
2.
der Steuerpflichtige allein das Kind angenommen hat oder das Kind nur zu ihm in einem Pflegekindschaftsverhältnis steht.
4Für ein nicht nach § 1 Absatz 1 oder 2 unbeschränkt einkommensteuerpflichtiges Kind können die Beträge nach den Sätzen 1 bis 3 nur abgezogen werden, soweit sie nach den Verhältnissen seines Wohnsitzstaates notwendig und angemessen sind.5Für jeden Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen für einen Freibetrag nach den Sätzen 1 bis 4 nicht vorliegen, ermäßigen sich die dort genannten Beträge um ein Zwölftel.6Abweichend von Satz 1 wird bei einem unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Elternpaar, bei dem die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 nicht vorliegen, auf Antrag eines Elternteils der dem anderen Elternteil zustehende Kinderfreibetrag auf ihn übertragen, wenn er, nicht jedoch der andere Elternteil, seiner Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind für das Kalenderjahr im Wesentlichen nachkommt oder der andere Elternteil mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist; die Übertragung des Kinderfreibetrags führt stets auch zur Übertragung des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf.7Eine Übertragung nach Satz 6 scheidet für Zeiträume aus, für die Unterhaltsleistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz gezahlt werden.8Bei minderjährigen Kindern wird der dem Elternteil, in dessen Wohnung das Kind nicht gemeldet ist, zustehende Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf auf Antrag des anderen Elternteils auf diesen übertragen, wenn bei dem Elternpaar die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 nicht vorliegen.9Eine Übertragung nach Satz 8 scheidet aus, wenn der Übertragung widersprochen wird, weil der Elternteil, bei dem das Kind nicht gemeldet ist, Kinderbetreuungskosten trägt oder das Kind regelmäßig in einem nicht unwesentlichen Umfang betreut.10Die den Eltern nach den Sätzen 1 bis 9 zustehenden Freibeträge können auf Antrag auch auf einen Stiefelternteil oder Großelternteil übertragen werden, wenn dieser das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat oder dieser einer Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind unterliegt.11Die Übertragung nach Satz 10 kann auch mit Zustimmung des berechtigten Elternteils erfolgen, die nur für künftige Kalenderjahre widerrufen werden kann.12Voraussetzung für die Berücksichtigung des Kinderfreibetrags sowie des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes ist die Identifizierung des Kindes durch die an dieses Kind vergebene Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung).13Ist das Kind nicht nach einem Steuergesetz steuerpflichtig (§ 139a Absatz 2 der Abgabenordnung), ist es in anderer geeigneter Weise zu identifizieren.14Die nachträgliche Identifizierung oder nachträgliche Vergabe der Identifikationsnummer wirkt auf Monate zurück, in denen die übrigen Voraussetzungen für die Gewährung des Kinderfreibetrags sowie des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes vorliegen.

(1) Der Senat kann den Rechtsstreit einem seiner Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn

1.
die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat.

(2) Der Rechtsstreit darf dem Einzelrichter nicht übertragen werden, wenn bereits vor dem Senat mündlich verhandelt worden ist, es sei denn, dass inzwischen ein Vorbehalts-, Teil- oder Zwischenurteil ergangen ist.

(3) Der Einzelrichter kann nach Anhörung der Beteiligten den Rechtsstreit auf den Senat zurückübertragen, wenn sich aus einer wesentlichen Änderung der Prozesslage ergibt, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist. Eine erneute Übertragung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.

(4) Beschlüsse nach den Absätzen 1 und 3 sind unanfechtbar. Auf eine unterlassene Übertragung kann die Revision nicht gestützt werden.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist die Mutter ihrer 1990 geborenen Tochter (T), die … an der Universität … studierte. Sie bezog für T laufend Kindergeld.

2

T wurde ab dem zum 1. Oktober 2010 beginnenden Wintersemester bis zum Ende des Sommersemesters am 30. September 2011 zur Sprecherin der Studentenvertretung ("…") der Universität gewählt und war während ihrer Amtszeit vom Studium beurlaubt. Ab dem 1. Oktober 2011 wirkte sie als kommissarische Geschäftsführerin dieses Gremiums.

3

Die frühere Beklagte und Revisionsklägerin (Familienkasse) hob mit Bescheid vom 16. September 2010 die Kindergeldfestsetzung für T für die Zeit ab Oktober 2010 auf und wies den hiergegen eingelegten Einspruch der Klägerin mit Einspruchsentscheidung vom 22. November 2010 als unbegründet zurück.

4

Die Klägerin beantragte im April 2011 für T erneut Kindergeld. Diesen Antrag lehnte die Familienkasse mit Bescheid vom 26. Mai 2011 ab. Der Einspruch der Klägerin wurde von der Familienkasse mit Einspruchsentscheidung vom 21. Juni 2011 unter Hinweis darauf, dass T vom Studium beurlaubt sei, gleichfalls als unbegründet zurückgewiesen.

5

Die Klage, mit der die Klägerin Kindergeld für ihre Tochter T ab Dezember 2010 begehrte, hatte im Wesentlichen Erfolg. Die Familienkasse wurde verpflichtet, der Klägerin Kindergeld für T für den Zeitraum von Dezember 2010 bis Juni 2011 zu bewilligen und sie wegen des Kindergelds ab Juli 2011 neu zu bescheiden. Im Übrigen wies das Finanzgericht (FG) die Klage ab.

6

Das FG war der Ansicht, dass sich T auch während ihrer Beurlaubung vom Studium wegen ihrer leitenden Tätigkeit für die Studentenvertretung in einer Berufsausbildung i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a des Einkommensteuergesetzes befunden habe.

7

Es führte weiter aus, anders als im Falle einer Anfechtungsklage, die die Aufhebung eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes betreffe und deren Gegenstand deshalb auch in zeitlicher Hinsicht entsprechend der Regelungswirkung des angefochtenen Verwaltungsaktes begrenzt sei, sei --wie im Streitfall-- Gegenstand der Verpflichtungsklage die Frage, ob ein Anspruch auf Erlass des begehrten Verwaltungsaktes bestehe. Werde --wie hier ab Dezember 2010-- die Bewilligung von Kindergeld fortlaufend begehrt, müsse grundsätzlich nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung --hier am 26. Oktober 2011-- entschieden werden. Sei die Sache hinsichtlich bestimmter Bewilligungsmonate oder bestimmter Bewilligungsvoraussetzungen nicht spruchreif, da --wie hier-- die Familienkasse insoweit noch keine Entscheidung getroffen habe und das Gericht selbst aus Gewaltenteilungsgesichtspunkten keine Entscheidung treffen dürfe, ergehe insoweit nach § 101 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ein Bescheidungsurteil.

8

Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2013, 138 veröffentlicht.

9

Die Familienkasse stützt ihre mit Senatsbeschluss vom 21. Juni 2012 XI B 4/12 zugelassene Revision auf die Verletzung von § 101 Sätze 1 und 2 FGO. Der Regelungsgehalt eines Bescheids, durch den --wie hier-- ein Antrag auf Festsetzung von Kindergeld abgelehnt werde, erschöpfe sich in der Bescheidung des Antragstellers für den Zeitraum bis einschließlich des Monats der Bekanntgabe des Ablehnungsbescheids. Die Klägerin könne nur insoweit beschwert sein, als die Bindungswirkung des Ablehnungsbescheids reiche.

10

Zudem sei eine Klage gemäß § 44 Abs. 1 FGO --soweit wie hier ein außergerichtlicher Rechtsbehelf gegeben sei-- nur zulässig, wenn das Vorverfahren über den außergerichtlichen Rechtsbehelf ganz oder zum Teil erfolglos geblieben sei. Über Zeiträume nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung sei kein Vorverfahren durchgeführt worden. Eine diesbezügliche Klage sei --wie im Streitfall-- mithin unzulässig.

11

Hinzu komme, dass sich die Sach- und Rechtslage in den der Einspruchsentscheidung nachfolgenden Zeiträumen mit der Folge ändern könne, dass der Kindergeldanspruch aus Gründen wegfalle, die im bisherigen Verfahren keine Rolle gespielt hätten.

12

Die Familienkasse beantragt, die Vorentscheidung wegen Kindergeld für den Zeitraum ab Juli 2011 aufzuheben und insoweit die Klage als unzulässig abzuweisen.

13

Die Klägerin hat im Revisionsverfahren weder einen Antrag gestellt noch in der Sache Stellung genommen.

Entscheidungsgründe

14

II. Der während des Revisionsverfahrens durch den Beschluss des Vorstands der Bundesagentur für Arbeit vom 18. April 2013 Nr. 21/2013 gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 11 des Finanzverwaltungsgesetzes (Amtliche Nachrichten der Bundesagentur für Arbeit, Ausgabe Mai 2013, S. 6 ff.) eingetretene Zuständigkeitswechsel führt zu einem gesetzlichen Beteiligtenwechsel (vgl. z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 22. August 2007 X R 2/04, BFHE 218, 533, BStBl II 2008, 109, m.w.N.).

15

III. Auf die Revision der Familienkasse hin war die Vorentscheidung entsprechend dem Revisionsantrag aufzuheben und die Klage hinsichtlich des Zeitraums ab Juli 2011 abzuweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO).

16

Das FG hat der Klage zu Unrecht insoweit entsprochen, als es die Familienkasse verpflichtete, die Klägerin wegen des Kindergeldanspruchs für den Zeitraum nach dem Monat der Einspruchsentscheidung --hier Juli 2011-- bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung --hier Oktober 2011-- neu zu bescheiden. Denn die Klägerin ist insoweit nicht klagebefugt i.S. des § 40 Abs. 2 FGO.

17

1. Streitgegenstand des Revisionsverfahrens ist entsprechend dem Revisionsantrag und der Revisionsbegründung der Familienkasse lediglich die vom FG ausgesprochene Verpflichtung, die Klägerin wegen des Kindergelds für den Zeitraum von Juli 2011 bis Oktober 2011 neu zu bescheiden. Die Vorentscheidung ist, soweit sie die mit der Revision nicht angegriffene Verpflichtung der Familienkasse betrifft, der Klägerin Kindergeld für den Zeitraum von Dezember 2010 bis Juni 2011 zu bewilligen, rechtskräftig (vgl. dazu z.B. Lange in Hübschmann/Hepp/ Spitaler, § 120 FGO Rz 171; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 115 Rz 6, jeweils m.w.N.).

18

2. Eine auf den Erlass eines abgelehnten Verwaltungsaktes gerichtete Klage (Verpflichtungsklage) ist, soweit --wie hier-- gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nach § 40 Abs. 2 FGO nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch die Ablehnung eines Verwaltungsaktes in seinen Rechten verletzt zu sein. Hieran fehlt es im Streitfall.

19

a) Der angegriffene Ablehnungsbescheid vom 26. Mai 2011 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 21. Juni 2011 enthalten keine das Kindergeld ab Juli 2011 ablehnende Regelung. Denn die Familienkasse kann im Falle eines zulässigen, in der Sache aber unbegründeten Einspruchs gegen einen Ablehnungs- oder Aufhebungsbescheid längstens eine Regelung des Kindergeldanspruchs bis zu dem Ende des Monats der Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung treffen (vgl. dazu BFH-Urteile vom 9. Juni 2011 III R 54/09, BFH/NV 2011, 1858; vom 4. August 2011 III R 71/10, BFHE 235, 203, BStBl II 2013, 380; vom 22. Dezember 2011 III R 70/09, BFH/NV 2012, 1446). Dieser zeitliche Regelungsumfang wird durch eine Klageerhebung nicht verändert. Insbesondere ist das gerichtliche Verfahren keine Fortsetzung des Verwaltungsverfahrens. Im Hinblick auf die von der Verfassung vorgegebene Gewaltenteilung (Art. 20 Abs. 2 des Grundgesetzes) ist es die Aufgabe der Gerichte, das bisher Geschehene bzw. das Unterlassen auf seine Rechtmäßigkeit zu überprüfen, nicht jedoch, grundsätzlich der Verwaltung zustehende Funktionen auszuüben (vgl. dazu BFH-Urteil in BFH/NV 2012, 1446, Rz 18).

20

b) Etwas anderes lässt sich auch nicht aus Gründen der Prozessökonomie vertreten.

21

aa) Der III. Senat des BFH hat --unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung (vgl. dazu Urteile vom 2. Juni 2005 III R 66/04, BFHE 210, 265, BStBl II 2006, 184; vom 30. Juni 2005 III R 80/03, BFH/NV 2006, 262)-- entschieden, dass die vom Bundessozialgericht (BSG) für das sozialgerichtliche Verfahren abweichend vertretene Auffassung, wonach bei einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungs- (§ 54 Abs. 4 des Sozialgerichtsgesetzes --SGG--) bzw. Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG) gegen einen Verwaltungsakt, durch den die Gewährung laufender Zahlungen abgelehnt werde, auch über die nach der Widerspruchsentscheidung abgelaufenen Zeiträume zu entscheiden sei (vgl. BSG-Urteil vom 11. Dezember 2007 B 8/9b SO 12/06 R, Sozialrecht 4-3500 § 21 Nr. 1), auf das finanzgerichtliche Verfahren in Kindergeldsachen nicht übertragbar ist (vgl. dazu BFH-Urteil in BFH/NV 2012, 1446, Rz 20).

22

bb) Im finanzgerichtlichen Verfahren kann der Anspruch auf Kindergeld grundsätzlich nur in dem zeitlichen Umfang in zulässiger Weise zum Gegenstand einer Inhaltskontrolle gemacht werden, in dem die Familienkasse den Kindergeldanspruch geregelt hat. Gründe der Prozessökonomie oder der sozialen Fürsorge (vgl. dazu BSG-Urteil vom 28. April 1960  8 RV 1341/58, BSGE 12, 127) rechtfertigen es nicht, eine Klage --wie hier-- ohne das Vorliegen zwingender Sachurteilsvoraussetzungen als zulässig anzusehen (vgl. dazu BFH-Urteil in BFH/NV 2012, 1446, Rz 20, m.w.N.).

23

cc) Der erkennende Senat schließt sich dieser Rechtsprechung im BFH-Urteil in BFH/NV 2012, 1446 an.

24

3. Die Vorentscheidung beruht auf einer anderen Rechtsauffassung. Sie war daher entsprechend dem Revisionsantrag aufzuheben.

25

4. Die Sache ist spruchreif. Nach den vorgenannten Grundsätzen ist die Klägerin nicht in ihren Rechten i.S. des § 40 Abs. 2 FGO verletzt, soweit die Familienkasse über das Ende des Monats der Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung --im Streitfall Juni 2011-- hinaus keine Regelung über den Kindergeldanspruch der Klägerin getroffen hat. Die den Zeitraum ab Juli 2011 betreffende Klage ist mithin als unzulässig zurückzuweisen (§ 40 Abs. 2 FGO).

26

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1, § 143 Abs. 1 FGO.

27

Das FG hat als Streitgegenstand auch das Kindergeld für den Monat nach Ergehen der Einspruchsentscheidung bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung angesehen.

28

Da die Revision der Familienkasse Erfolg hat, kann auch die Kostenentscheidung des FG keinen Bestand haben. Der Senat hält es für angemessen, über die Kosten nach Verfahrensabschnitten zu entscheiden. Auch eine solche Entscheidung wahrt den Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung (vgl. dazu BFH-Urteile vom 30. April 2003 II R 6/01, BFH/NV 2004, 341; vom 6. Juli 1999 VIII R 17/97, BFHE 189, 302, BStBl II 2000, 306; vom 10. Dezember 2009 V R 13/08, BFH/NV 2010, 960; in BFHE 235, 203, BStBl II 2013, 380).

Tatbestand

1

I. Der Kläger, Beschwerdeführer und Antragsteller (Kläger) hatte am 12. Oktober 2010 die Festsetzung von Kindergeld für seine vier in der Türkei lebenden minderjährigen Kinder bei der Beklagten, Beschwerdegegnerin und Antragsgegnerin (Familienkasse) beantragt.

2

Gegen die ablehnende Entscheidung der Familienkasse erhob er Klage beim Finanzgericht (FG). Mit dieser begehrte er den Ablehnungsbescheid vom 16. November 2010 i.d.F. der Einspruchsentscheidung vom 18. Januar 2011 aufzuheben und die Familienkasse zu verpflichten, Kindergeld für seine vier Kinder festzusetzen.

3

Das FG wies die Klage durch Urteil vom 17. Januar 2013  2 K 544/11 Kg ab, ohne die Revision zuzulassen. Die am 3. April 2013 eingelegte Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision wies der Bundesfinanzhof (BFH) durch Beschluss vom 15. Januar 2014 V B 37/13 als unbegründet zurück.

4

Die Kostenstelle des BFH hat in der Kostenrechnung vom 3. Februar 2014 dem Verfahren wegen Nichtzulassung der Revision einen Streitwert von 3.092 € zu Grunde gelegt.

5

Der Kläger hat demgegenüber unter Hinweis auf den BFH-Beschluss vom 24. Mai 2000 VI S 4/00 (BFHE 192, 19, BStBl II 2000, 544) die Festsetzung eines Streitwerts für das Beschwerdeverfahren in Höhe von 12.479 € beantragt.

Entscheidungsgründe

6

II. Der Antrag ist zulässig, aber unbegründet. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wegen Nichtzulassung der Revision wird auf 3.092 € festgesetzt.

7

1. Der nach Beseitigung rechnerischer Ungenauigkeiten auf eine Streitwertfestsetzung von 15.460 € gerichtete Antrag ist zulässig.

8

Nach § 63 Abs. 2 Satz 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG) setzt in der Finanzgerichtsbarkeit das Prozessgericht den Wert des Streitgegenstands durch Beschluss fest, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse dies beantragt oder das Gericht sie für angemessen erachtet. Das nach ständiger Rechtsprechung des BFH erforderliche besondere Rechtsschutzbedürfnis (z.B. BFH-Beschluss vom 17. November 2011 IV S 15/10, BFHE 235, 122, BStBl II 2012, 246, m.w.N.) ergibt sich daraus, dass der III. Senat des BFH seine Rechtsprechung --mit Zustimmung des VI. Senats des BFH-- bei der Bestimmung des Streitwerts in Fällen vorliegender Art geändert hat (BFH-Beschluss vom 2. Oktober 2014 III S 2/14, BFHE 247, 119, juris, Rz 12 und 23).

9

2. Der Streitwert ist für Fälle vorliegender Art --in Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung des BFH-- nach § 52 Abs. 3 i.V.m. § 47 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 in der für den Streitfall gültigen Fassung (GKG) zu bestimmen.

10

a) Maßgeblich für die Streitwertermittlung ist das durch den BFH nach § 52 Abs. 3 GKG zu bestimmende Klägerinteresse.

11

Im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist der Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert (§ 47 Abs. 3 GKG). Nach § 47 Abs. 1 Satz 1 GKG bestimmt sich der Streitwert im Rechtsmittelverfahren nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Fehlt es --wie hier-- an Sachanträgen, weil das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren allein darauf gerichtet ist, die Zugangsschranke (Nichtzulassung der Revision) zur Revisionsinstanz zu beseitigen (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 116 Rz 3), ist nach § 47 Abs. 1 Satz 2 GKG die Beschwer maßgebend.

12

Die Beschwer des Rechtsmittelführers (hier des Klägers) ergibt sich regelmäßig aus dem (ganzen) Umfang des Unterliegens in der Vorinstanz, d.h. aus einem Vergleich der dort gestellten Anträge und der Entscheidung des FG (Brandis in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, Vor § 135 FGO Rz 114; Gräber/Ratschow, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., Vor § 135 Rz 103). Demnach ist bei unverändertem Streitgegenstand und vollem Unterliegen des Klägers in der Vorinstanz der Streitwert des Rechtsmittelverfahrens mit dem Streitwert des ersten Rechtszugs identisch (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 19. April 2012 II E 3/12, BFH/NV 2012, 1167, unter Rz 8, m.w.N.).

13

Der Streitwert des ersten finanzgerichtlichen Rechtszugs bestimmt sich nach § 52 Abs. 1 GKG. Danach ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Betrifft der Antrag des Klägers --wie im Streitfall-- eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend (§ 52 Abs. 3 GKG); diese Regelung geht § 52 Abs. 1 GKG vor (BFH-Beschluss in BFH/NV 2012, 1167, unter Rz 9 f.).

14

b) Im Streitfall betrifft der Antrag des Klägers in der Vorinstanz einen auf eine bezifferte Geldleistung gerichteten Verwaltungsakt (§ 52 Abs. 3 GKG). Für den Streitwert sind ausschließlich die Kindergeldansprüche des Streitzeitraums maßgeblich.

15

aa) Das FG kann den Anspruch auf Kindergeld grundsätzlich nur in dem zeitlichen Umfang in zulässiger Weise zum Gegenstand einer Inhaltskontrolle machen, in dem die Familienkasse den Kindergeldanspruch geregelt hat (zeitlicher Regelungsumfang). Dabei umfasst ein mit einer Verpflichtungsklage angegriffener Ablehnungsbescheid eine Regelung des Kindergeldanspruchs ab dem Monat der Ablehnung bis längstens zum Ende des Monats der Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteil vom 24. Juli 2013 XI R 24/12, BFH/NV 2013, 1920, unter Rz 19, und BFH-Beschluss vom 12. November 2013 VI B 94/13, BFH/NV 2014, 176, unter Rz 6 f., für Ablehnungsbescheide; BFH-Urteil vom 5. Juli 2012 V R 58/10, BFH/NV 2012, 1953, unter Rz 14, für Aufhebungsbescheide).

16

bb) Die bisherige Rechtsprechung, wonach sich der Streitwert in Kindergeldangelegenheiten --wie beantragt-- nach dem Jahresbetrag des Kindergelds zuzüglich der Summe des im Streit befindlichen Kindergelds bis zur Einreichung der Klage richte (vgl. BFH-Beschlüsse in BFHE 192, 19, BStBl II 2000, 544, vom 14. Dezember 2001 VI B 285/01, BFH/NV 2002, 534, juris Rz 8, und vom 28. Oktober 2011 III S 25/11, Zeitschrift für Steuern und Recht 2011, R1274-R1275), hat der III. Senat des BFH --mit Zustimmung des VI. Senats des BFH-- durch Beschluss vom 2. Oktober 2014 III S 2/14 (BFHE 247, 119, juris Rz 23) aufgegeben. Der beschließende Senat schließt sich --im Hinblick auf die zwischenzeitlich eingetretenen Änderungen in der Rechtsprechung (vgl. dazu BFH-Beschluss vom 2. Oktober 2014 III S 2/14, BFHE 247, 119, juris Rz 9 ff.)-- der geänderten Auffassung aus den im Beschluss des BFH vom 2. Oktober 2014 III S 2/14 (BFHE 247, 119, juris Rz 12 ff.) genannten Gründen an.

17

3. Nach diesen Maßstäben ist der Streitwert nach den bis zum Erlass der Einspruchsentscheidung streitigen Kindergeldansprüchen auf 3.092 € festzusetzen.

18

a) Mit der Verpflichtungsklage begehrt der Kläger die Festsetzung von Kindergeld für den Streitzeitraum Oktober 2010 bis Januar 2011 (vier Monate).

19

Nachdem der Kläger im Klageverfahren --ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 17. Januar 2013-- Kindergeld erst ab dem Monat Oktober 2010 begehrte, muss der Senat nicht darüber entscheiden, ob der Ablehnungsbescheid der Familienkasse vom 16. November 2010 möglicherweise eine Regelung auch für Zeiträume vor Oktober 2010 betraf. Der streitige Zeitraum endet im Monat der Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung, also im Monat Januar 2011.

20

b) Für die Bestimmung des Streitwerts ist die Höhe des Kindergelds nach § 66 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der für den Streitzeitraum geltenden Fassung maßgeblich. Dieses beträgt im Streitzeitraum monatlich für das erste und zweite Kind jeweils 184 €, für das dritte Kind 190 € und für das vierte und jedes weitere Kind 215 €.

21

Unerheblich ist deshalb, dass sowohl im Urteil als auch in der Sitzungsniederschrift die Anträge dahingehend lauten, dass für drei Kinder ein Kindergeldbetrag in Höhe von 154 € und für das vierte Kind ein erhöhter Betrag von 179 € zu leisten ist. Insoweit hat das FG lediglich die Kindergeldbeträge i.S. des § 66 Abs. 1 Satz 1 EStG in einer für den Streitzeitraum nicht maßgeblichen Fassung beziffert.

22

c) Danach ergibt sich ein für vier Kinder --jeweils vier Monate umfassender-- streitiger Kindergeldbetrag in Höhe von insgesamt 3.092 € [(184 € für das erste und zweite Kind, 190 € für das dritte Kind und 215 € für das vierte Kind = 773 € pro Monat) x 4 Monate].

23

Dieser Streitwert erhöht sich nicht deshalb, weil in Kindergeldangelegenheiten bei einer objektiven Klagehäufung der in § 52 Abs. 4 GKG geregelte Mindeststreitwert mehrfach angesetzt werden müsste (BFH-Beschluss vom 2. Oktober 2014 III S 2/14, BFHE 247, 119, juris Rz 26 f.).

24

4. Gerichtsgebühren für die Streitwertfestsetzung fallen nicht an, da es an einem entsprechenden Gebührentatbestand im GKG fehlt (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 18. Oktober 2012 IV S 17/12, BFH/NV 2013, 248, unter 3.).

25

5. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG i.V.m. § 128 Abs. 4 der Finanzgerichtsordnung).

(1) Die Frist für die Erhebung der Anfechtungsklage beträgt einen Monat; sie beginnt mit der Bekanntgabe der Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf, in den Fällen des § 45 und in den Fällen, in denen ein außergerichtlicher Rechtsbehelf nicht gegeben ist, mit der Bekanntgabe des Verwaltungsakts. Dies gilt für die Verpflichtungsklage sinngemäß, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

(2) Die Frist für die Erhebung der Klage gilt als gewahrt, wenn die Klage bei der Behörde, die den angefochtenen Verwaltungsakt oder die angefochtene Entscheidung erlassen oder den Beteiligten bekannt gegeben hat oder die nachträglich für den Steuerfall zuständig geworden ist, innerhalb der Frist angebracht oder zu Protokoll gegeben wird. Die Behörde hat die Klageschrift in diesem Fall unverzüglich dem Gericht zu übermitteln.

(3) Absatz 2 gilt sinngemäß bei einer Klage, die sich gegen die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen oder gegen die Festsetzung eines Steuermessbetrags richtet, wenn sie bei der Stelle angebracht wird, die zur Erteilung des Steuerbescheids zuständig ist.

(1) Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. § 34 Abs. 2 ist entsprechend anzuwenden. Der Verwaltungsakt kann auch gegenüber einem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden. Er soll dem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden, wenn der Finanzbehörde eine schriftliche oder eine nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz elektronisch übermittelte Empfangsvollmacht vorliegt, solange dem Bevollmächtigten nicht eine Zurückweisung nach § 80 Absatz 7 bekannt gegeben worden ist.

(2) Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der durch die Post übermittelt wird, gilt als bekannt gegeben

1.
bei einer Übermittlung im Inland am dritten Tage nach der Aufgabe zur Post,
2.
bei einer Übermittlung im Ausland einen Monat nach der Aufgabe zur Post,
außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

(2a) Ein elektronisch übermittelter Verwaltungsakt gilt am dritten Tage nach der Absendung als bekannt gegeben, außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

(3) Ein Verwaltungsakt darf öffentlich bekannt gegeben werden, wenn dies durch Rechtsvorschrift zugelassen ist. Eine Allgemeinverfügung darf auch dann öffentlich bekannt gegeben werden, wenn eine Bekanntgabe an die Beteiligten untunlich ist.

(4) Die öffentliche Bekanntgabe eines Verwaltungsakts wird dadurch bewirkt, dass sein verfügender Teil ortsüblich bekannt gemacht wird. In der ortsüblichen Bekanntmachung ist anzugeben, wo der Verwaltungsakt und seine Begründung eingesehen werden können. Der Verwaltungsakt gilt zwei Wochen nach dem Tag der ortsüblichen Bekanntmachung als bekannt gegeben. In einer Allgemeinverfügung kann ein hiervon abweichender Tag, jedoch frühestens der auf die Bekanntmachung folgende Tag bestimmt werden.

(5) Ein Verwaltungsakt wird zugestellt, wenn dies gesetzlich vorgeschrieben ist oder behördlich angeordnet wird. Die Zustellung richtet sich vorbehaltlich der Sätze 3 und 4 nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes. Für die Zustellung an einen Bevollmächtigten gilt abweichend von § 7 Absatz 1 Satz 2 des Verwaltungszustellungsgesetzes Absatz 1 Satz 4 entsprechend. Erfolgt die öffentliche Zustellung durch Bekanntmachung einer Benachrichtigung auf der Internetseite oder in einem elektronischen Portal der Finanzbehörden, können die Anordnung und die Dokumentation nach § 10 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 5 des Verwaltungszustellungsgesetzes elektronisch erfolgen.

(6) Die Bekanntgabe eines Verwaltungsakts an einen Beteiligten zugleich mit Wirkung für und gegen andere Beteiligte ist zulässig, soweit die Beteiligten einverstanden sind; diese Beteiligten können nachträglich eine Abschrift des Verwaltungsakts verlangen.

(7) Betreffen Verwaltungsakte

1.
Ehegatten oder Lebenspartner oder
2.
Ehegatten mit ihren Kindern, Lebenspartner mit ihren Kindern oder Alleinstehende mit ihren Kindern,
so reicht es für die Bekanntgabe an alle Beteiligten aus, wenn ihnen eine Ausfertigung unter ihrer gemeinsamen Anschrift übermittelt wird. Die Verwaltungsakte sind den Beteiligten einzeln bekannt zu geben, soweit sie dies beantragt haben oder soweit der Finanzbehörde bekannt ist, dass zwischen ihnen ernstliche Meinungsverschiedenheiten bestehen.

(1)1Für Kinder im Sinne des § 63 hat Anspruch auf Kindergeld nach diesem Gesetz, wer

1.
im Inland einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat oder
2.
ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland
a)
nach § 1 Absatz 2 unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist oder
b)
nach § 1 Absatz 3 als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt wird.
2Voraussetzung für den Anspruch nach Satz 1 ist, dass der Berechtigte durch die an ihn vergebene Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung) identifiziert wird.3Die nachträgliche Vergabe der Identifikationsnummer wirkt auf Monate zurück, in denen die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen.

(1a)1Begründet ein Staatsangehöriger eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines Staates, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, im Inland einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt, so hat er für die ersten drei Monate ab Begründung des Wohnsitzes oder des gewöhnlichen Aufenthalts keinen Anspruch auf Kindergeld.2Dies gilt nicht, wenn er nachweist, dass er inländische Einkünfte im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 4 mit Ausnahme von Einkünften nach § 19 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 erzielt.3Nach Ablauf des in Satz 1 genannten Zeitraums hat er Anspruch auf Kindergeld, es sei denn, die Voraussetzungen des § 2 Absatz 2 oder Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU liegen nicht vor oder es sind nur die Voraussetzungen des § 2 Absatz 2 Nummer 1a des Freizügigkeitsgesetzes/EU erfüllt, ohne dass vorher eine andere der in § 2 Absatz 2 des Freizügigkeitsgesetzes/EU genannten Voraussetzungen erfüllt war.4Die Prüfung, ob die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Kindergeld gemäß Satz 2 vorliegen oder gemäß Satz 3 nicht gegeben sind, führt die Familienkasse in eigener Zuständigkeit durch.5Lehnt die Familienkasse eine Kindergeldfestsetzung in diesem Fall ab, hat sie ihre Entscheidung der zuständigen Ausländerbehörde mitzuteilen.6Wurde das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen durch die Verwendung gefälschter oder verfälschter Dokumente oder durch Vorspiegelung falscher Tatsachen vorgetäuscht, hat die Familienkasse die zuständige Ausländerbehörde unverzüglich zu unterrichten.

(2) Ein nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer erhält Kindergeld nur, wenn er

1.
eine Niederlassungserlaubnis oder eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU besitzt,
2.
eine Blaue Karte EU, eine ICT-Karte, eine Mobiler-ICT-Karte oder eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, die für einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigen oder berechtigt haben oder diese erlauben, es sei denn, die Aufenthaltserlaubnis wurde
a)
nach § 16e des Aufenthaltsgesetzes zu Ausbildungszwecken, nach § 19c Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes zum Zweck der Beschäftigung als Au-Pair oder zum Zweck der Saisonbeschäftigung, nach § 19e des Aufenthaltsgesetzes zum Zweck der Teilnahme an einem Europäischen Freiwilligendienst oder nach § 20 Absatz 1 und 2 des Aufenthaltsgesetzes zur Arbeitsplatzsuche erteilt,
b)
nach § 16b des Aufenthaltsgesetzes zum Zweck eines Studiums, nach § 16d des Aufenthaltsgesetzes für Maßnahmen zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen oder nach § 20 Absatz 3 des Aufenthaltsgesetzes zur Arbeitsplatzsuche erteilt und er ist weder erwerbstätig noch nimmt er Elternzeit nach § 15 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes oder laufende Geldleistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch in Anspruch,
c)
nach § 23 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes wegen eines Krieges in seinem Heimatland oder nach den § 23a oder § 25 Absatz 3 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes erteilt,
3.
eine in Nummer 2 Buchstabe c genannte Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet berechtigt erwerbstätig ist oder Elternzeit nach § 15 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes oder laufende Geldleistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch in Anspruch nimmt,
4.
eine in Nummer 2 Buchstabe c genannte Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens 15 Monaten erlaubt, gestattet oder geduldet im Bundesgebiet aufhält oder
5.
eine Beschäftigungsduldung gemäß § 60d in Verbindung mit § 60a Absatz 2 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes besitzt.

(1)1Natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, sind unbeschränkt einkommensteuerpflichtig.2Zum Inland im Sinne dieses Gesetzes gehört auch der der Bundesrepublik Deutschland zustehende Anteil

1.
an der ausschließlichen Wirtschaftszone, soweit dort
a)
die lebenden und nicht lebenden natürlichen Ressourcen der Gewässer über dem Meeresboden, des Meeresbodens und seines Untergrunds erforscht, ausgebeutet, erhalten oder bewirtschaftet werden,
b)
andere Tätigkeiten zur wirtschaftlichen Erforschung oder Ausbeutung der ausschließlichen Wirtschaftszone ausgeübt werden, wie beispielsweise die Energieerzeugung aus Wasser, Strömung und Wind oder
c)
künstliche Inseln errichtet oder genutzt werden und Anlagen und Bauwerke für die in den Buchstaben a und b genannten Zwecke errichtet oder genutzt werden, und
2.
am Festlandsockel, soweit dort
a)
dessen natürliche Ressourcen erforscht oder ausgebeutet werden; natürliche Ressourcen in diesem Sinne sind die mineralischen und sonstigen nicht lebenden Ressourcen des Meeresbodens und seines Untergrunds sowie die zu den sesshaften Arten gehörenden Lebewesen, die im nutzbaren Stadium entweder unbeweglich auf oder unter dem Meeresboden verbleiben oder sich nur in ständigem körperlichen Kontakt mit dem Meeresboden oder seinem Untergrund fortbewegen können; oder
b)
künstliche Inseln errichtet oder genutzt werden und Anlagen und Bauwerke für die in Buchstabe a genannten Zwecke errichtet oder genutzt werden.

(2)1Unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind auch deutsche Staatsangehörige, die

1.
im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben und
2.
zu einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts in einem Dienstverhältnis stehen und dafür Arbeitslohn aus einer inländischen öffentlichen Kasse beziehen,
sowie zu ihrem Haushalt gehörende Angehörige, die die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen oder keine Einkünfte oder nur Einkünfte beziehen, die ausschließlich im Inland einkommensteuerpflichtig sind.2Dies gilt nur für natürliche Personen, die in dem Staat, in dem sie ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, lediglich in einem der beschränkten Einkommensteuerpflicht ähnlichen Umfang zu einer Steuer vom Einkommen herangezogen werden.

(3)1Auf Antrag werden auch natürliche Personen als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, soweit sie inländische Einkünfte im Sinne des § 49 haben.2Dies gilt nur, wenn ihre Einkünfte im Kalenderjahr mindestens zu 90 Prozent der deutschen Einkommensteuer unterliegen oder die nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte den Grundfreibetrag nach § 32a Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 nicht übersteigen; dieser Betrag ist zu kürzen, soweit es nach den Verhältnissen im Wohnsitzstaat des Steuerpflichtigen notwendig und angemessen ist.3Inländische Einkünfte, die nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung nur der Höhe nach beschränkt besteuert werden dürfen, gelten hierbei als nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegend.4Unberücksichtigt bleiben bei der Ermittlung der Einkünfte nach Satz 2 nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegende Einkünfte, die im Ausland nicht besteuert werden, soweit vergleichbare Einkünfte im Inland steuerfrei sind.5Weitere Voraussetzung ist, dass die Höhe der nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte durch eine Bescheinigung der zuständigen ausländischen Steuerbehörde nachgewiesen wird.6Der Steuerabzug nach § 50a ist ungeachtet der Sätze 1 bis 4 vorzunehmen.

(4) Natürliche Personen, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, sind vorbehaltlich der Absätze 2 und 3 und des § 1a beschränkt einkommensteuerpflichtig, wenn sie inländische Einkünfte im Sinne des § 49 haben.

(1) Kinder sind

1.
im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandte Kinder,
2.
Pflegekinder (Personen, mit denen der Steuerpflichtige durch ein familienähnliches, auf längere Dauer berechnetes Band verbunden ist, sofern er sie nicht zu Erwerbszwecken in seinen Haushalt aufgenommen hat und das Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den Eltern nicht mehr besteht).

(2)1Besteht bei einem angenommenen Kind das Kindschaftsverhältnis zu den leiblichen Eltern weiter, ist es vorrangig als angenommenes Kind zu berücksichtigen.2Ist ein im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandtes Kind zugleich ein Pflegekind, ist es vorrangig als Pflegekind zu berücksichtigen.

(3) Ein Kind wird in dem Kalendermonat, in dem es lebend geboren wurde, und in jedem folgenden Kalendermonat, zu dessen Beginn es das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, berücksichtigt.

(4)1Ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, wird berücksichtigt, wenn es

1.
noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet hat, nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht und bei einer Agentur für Arbeit im Inland als Arbeitsuchender gemeldet ist oder
2.
noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat und
a)
für einen Beruf ausgebildet wird oder
b)
sich in einer Übergangszeit von höchstens vier Monaten befindet, die zwischen zwei Ausbildungsabschnitten oder zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung des gesetzlichen Wehr- oder Zivildienstes, einer vom Wehr- oder Zivildienst befreienden Tätigkeit als Entwicklungshelfer oder als Dienstleistender im Ausland nach § 14b des Zivildienstgesetzes oder der Ableistung des freiwilligen Wehrdienstes nach § 58b des Soldatengesetzes oder der Ableistung eines freiwilligen Dienstes im Sinne des Buchstaben d liegt, oder
c)
eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann oder
d)
einen der folgenden freiwilligen Dienste leistet:
aa)
ein freiwilliges soziales Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes,
bb)
ein freiwilliges ökologisches Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes,
cc)
einen Bundesfreiwilligendienst im Sinne des Bundesfreiwilligendienstgesetzes,
dd)
eine Freiwilligentätigkeit im Rahmen des Europäischen Solidaritätskorps im Sinne der Verordnung (EU) 2021/888 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2021 zur Aufstellung des Programms für das Europäische Solidaritätskorps und zur Aufhebung der Verordnungen (EU) 2018/1475 und (EU) Nr. 375/2014 (ABl. L 202 vom 8.6.2021, S. 32),
ee)
einen anderen Dienst im Ausland im Sinne von § 5 des Bundesfreiwilligendienstgesetzes,
ff)
einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts“ im Sinne der Förderleitlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 1. Januar 2016,
gg)
einen Freiwilligendienst aller Generationen im Sinne von § 2 Absatz 1a des Siebten Buches Sozialgesetzbuch oder
hh)
einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 4. Januar 2021 (GMBl S. 77) oder
3.
wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten; Voraussetzung ist, dass die Behinderung vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist.
2Nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums wird ein Kind in den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 nur berücksichtigt, wenn das Kind keiner Erwerbstätigkeit nachgeht.3Eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne der §§ 8 und 8a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch sind unschädlich.

(5)1In den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 Buchstabe a und b wird ein Kind, das

1.
den gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst geleistet hat, oder
2.
sich anstelle des gesetzlichen Grundwehrdienstes freiwillig für die Dauer von nicht mehr als drei Jahren zum Wehrdienst verpflichtet hat, oder
3.
eine vom gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst befreiende Tätigkeit als Entwicklungshelfer im Sinne des § 1 Absatz 1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes ausgeübt hat,
für einen der Dauer dieser Dienste oder der Tätigkeit entsprechenden Zeitraum, höchstens für die Dauer des inländischen gesetzlichen Grundwehrdienstes oder bei anerkannten Kriegsdienstverweigerern für die Dauer des inländischen gesetzlichen Zivildienstes über das 21. oder 25. Lebensjahr hinaus berücksichtigt.2Wird der gesetzliche Grundwehrdienst oder Zivildienst in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, geleistet, so ist die Dauer dieses Dienstes maßgebend.3Absatz 4 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(6)1Bei der Veranlagung zur Einkommensteuer wird für jedes zu berücksichtigende Kind des Steuerpflichtigen ein Freibetrag von 3 012 Euro für das sächliche Existenzminimum des Kindes (Kinderfreibetrag) sowie ein Freibetrag von 1 464 Euro für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes vom Einkommen abgezogen.2Bei Ehegatten, die nach den §§ 26, 26b zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden, verdoppeln sich die Beträge nach Satz 1, wenn das Kind zu beiden Ehegatten in einem Kindschaftsverhältnis steht.3Die Beträge nach Satz 2 stehen dem Steuerpflichtigen auch dann zu, wenn

1.
der andere Elternteil verstorben oder nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist oder
2.
der Steuerpflichtige allein das Kind angenommen hat oder das Kind nur zu ihm in einem Pflegekindschaftsverhältnis steht.
4Für ein nicht nach § 1 Absatz 1 oder 2 unbeschränkt einkommensteuerpflichtiges Kind können die Beträge nach den Sätzen 1 bis 3 nur abgezogen werden, soweit sie nach den Verhältnissen seines Wohnsitzstaates notwendig und angemessen sind.5Für jeden Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen für einen Freibetrag nach den Sätzen 1 bis 4 nicht vorliegen, ermäßigen sich die dort genannten Beträge um ein Zwölftel.6Abweichend von Satz 1 wird bei einem unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Elternpaar, bei dem die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 nicht vorliegen, auf Antrag eines Elternteils der dem anderen Elternteil zustehende Kinderfreibetrag auf ihn übertragen, wenn er, nicht jedoch der andere Elternteil, seiner Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind für das Kalenderjahr im Wesentlichen nachkommt oder der andere Elternteil mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist; die Übertragung des Kinderfreibetrags führt stets auch zur Übertragung des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf.7Eine Übertragung nach Satz 6 scheidet für Zeiträume aus, für die Unterhaltsleistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz gezahlt werden.8Bei minderjährigen Kindern wird der dem Elternteil, in dessen Wohnung das Kind nicht gemeldet ist, zustehende Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf auf Antrag des anderen Elternteils auf diesen übertragen, wenn bei dem Elternpaar die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 nicht vorliegen.9Eine Übertragung nach Satz 8 scheidet aus, wenn der Übertragung widersprochen wird, weil der Elternteil, bei dem das Kind nicht gemeldet ist, Kinderbetreuungskosten trägt oder das Kind regelmäßig in einem nicht unwesentlichen Umfang betreut.10Die den Eltern nach den Sätzen 1 bis 9 zustehenden Freibeträge können auf Antrag auch auf einen Stiefelternteil oder Großelternteil übertragen werden, wenn dieser das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat oder dieser einer Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind unterliegt.11Die Übertragung nach Satz 10 kann auch mit Zustimmung des berechtigten Elternteils erfolgen, die nur für künftige Kalenderjahre widerrufen werden kann.12Voraussetzung für die Berücksichtigung des Kinderfreibetrags sowie des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes ist die Identifizierung des Kindes durch die an dieses Kind vergebene Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung).13Ist das Kind nicht nach einem Steuergesetz steuerpflichtig (§ 139a Absatz 2 der Abgabenordnung), ist es in anderer geeigneter Weise zu identifizieren.14Die nachträgliche Identifizierung oder nachträgliche Vergabe der Identifikationsnummer wirkt auf Monate zurück, in denen die übrigen Voraussetzungen für die Gewährung des Kinderfreibetrags sowie des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes vorliegen.

Einen Wohnsitz hat jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird.

Tatbestand

1

I. Es ist streitig, ob dem Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger), einem polnischen Staatsangehörigen, deutsches Kindergeld für seine beiden minderjährigen Kinder (nachfolgend P und K) für den Zeitraum September 2007 bis März 2008 (Streitzeitraum) in voller Höhe zusteht.

2

Die Kindsmutter von P ist Frau L, die Kindsmutter von K die Ehefrau (E) des Klägers. Beide Kinder leben bei E in Polen. Der Kläger erhielt für P und K polnische Familienleistungen für den Zeitraum Juni 2006 bis Mai 2007. Die für den Zeitraum Februar 2007 bis Mai 2007 bezogenen polnischen Familienleistungen zahlte er später zurück.

3

Der Kläger meldete im Juni 2006 einen Wohnsitz und ein Gewerbe in der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) in der Gemeinde B an. Im Februar 2007 meldete er dieses Gewerbe ab und im Juli 2007 wieder ein Gewerbe für eine GbR in der Gemeinde B an. Nach den vorgelegten Einkommensteuerbescheiden für 2006 und für 2007 erzielte der Kläger im Jahr 2006 ein zu versteuerndes Einkommen in Höhe von 10.271 € und im Jahr 2007 in Höhe von 13.379 €. Laut dem Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für das Jahr 2008 erzielte er im Jahr 2008 Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 12.968,63 €. Ausweislich dieses Bescheids waren an der Gesellschaft eine Vielzahl von Personen --u.a. der Kläger mit der laufenden Nr. 19-- beteiligt. Der Kläger legte einen von Herrn A (Untervermieter) und ihm (Untermieter) unterzeichneten --inhaltlich kurz gefassten-- Untermietvertrag vom 1. Juni 2006 vor, der mit den Worten "Mietvertrag über das Zimmer und Betriebsstätte" überschrieben war. Zudem legte er einen von Frau O (Vermieterin) und Herrn A unterzeichneten Hauptmietvertrag vom 25. April 2005 sowie eine von einer weiteren Person (nicht der Vermieterin) --im Auftrag-- unterzeichnete Erklärung vom 30. März 2006 vor, mit welcher Herrn A die Untervermietung des von ihm angemieteten Einfamilienhauses gestattet wurde.

4

Der Kläger war in den Jahren 2006 bis 2008 weder in der polnischen noch in der deutschen Sozialversicherung erfasst. Seit 31. Oktober 2008 lebt der Kläger wieder in Polen und erhält dort seit März 2009 wieder polnische Familienleistungen.

5

Im April 2007 beantragte der Kläger bei der Beklagten und Revisionsklägerin (Familienkasse) Kindergeld für P und K. Er gab an, in Deutschland nicht sozialversichert zu sein. Weder er noch seine Ehefrau hätten in den letzten fünf Jahren Familienleistungen für die Kinder beantragt oder erhalten. Nach Auskunft des polnischen Leistungsträgers übte E seit 1. Februar 2007 (Vordruck E 411 vom 24. Juli 2007) bzw. seit 1. Juni 2006 (Vordruck E 411 vom 16. November 2009) und die Kindsmutter von P, mit der die Behörde keinen Kontakt hatte, ebenfalls seit 1. Juni 2006 (Vordruck E 411 vom 16. November 2009) keine berufliche Tätigkeit aus.

6

Die Familienkasse entsprach dem Kindergeldantrag nur teilweise. Sie setzte mit Bescheid vom 8. November 2007 deutsches Kindergeld für P und K ab Juni 2006 in jeweils hälftiger Höhe (77 € pro Kind und Monat) fest. Zur Begründung führte die Familienkasse aus, dass zwar die nationalen Ansprüche zweier Staaten aufeinandertreffen würden, aber ein gesamter Ausschluss des deutschen Kindergeldanspruchs nach § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes in der für den Streitzeitraum geltenden Fassung (EStG) nicht gerechtfertigt sei. In Anwendung des Art. 12 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der für den Streitzeitraum geltenden Fassung (VO Nr. 1408/71) und des Art. 7 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 574/72 des Rates vom 21. März 1972 über die Durchführung der VO Nr. 1408/71 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der für den Streitzeitraum geltenden Fassung (VO Nr. 574/72), sei Kindergeld in hälftiger Höhe zu gewähren. Der Einspruch, mit dem der Kläger Kindergeld in voller Höhe begehrte, blieb erfolglos (Einspruchsentscheidung vom 18. März 2008).

7

Nachdem der Kläger im erstinstanzlichen Verfahren die Klage für den Zeitraum Juni 2006 bis August 2007 zurückgenommen hatte, war vor dem Finanzgericht (FG) nur noch streitig, ob der Kläger das Kindergeld für P und K für den Streitzeitraum in voller Höhe beanspruchen kann. Die Klage hatte mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2012, 1943 veröffentlichten Gründen Erfolg. Zur Begründung führte das FG im Wesentlichen aus, dass im Streitfall der persönliche Anwendungsbereich der VO Nr. 1408/71 nicht eröffnet sei. Die Rechtslage beurteile sich daher allein nach den §§ 62 ff. EStG. Dabei bestünden --anders als die Familienkasse meine-- keine Bedenken, einen inländischen Wohnsitz des Klägers zu bejahen. Der dem Kläger zustehende Kindergeldanspruch sei nicht nach § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG ausgeschlossen, weil nach dem einschlägigen polnischen Gesetz über Familienleistungen vom 28. November 2003 (FamLstgG-PL) kein Anspruch auf polnische Familienleistungen bestanden habe.

8

Mit der Revision macht die Familienkasse eine unzutreffende Auslegung des § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG geltend. Nach dieser Vorschrift werde kein Kindergeld für ein Kind gezahlt, für welches im Ausland Leistungen gezahlt werden oder bei entsprechender Antragstellung zu zahlen wären, die dem Kindergeld vergleichbar seien. Indem das FG eigenständig die polnischen Rechtsvorschriften geprüft und unter Zugrundelegung der Steuerbescheide des Klägers einen Anspruch auf polnische Familienleistungen verneint habe, habe es gegen den Regelungsinhalt des § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG verstoßen. Zur Feststellung eines Anspruchs auf polnische Familienleistungen seien verschiedene Vorschriften des FamLstgG-PL zu prüfen. Hiernach sei fraglich, ob der Kläger die einzige Person sei, die zur Erzielung des Familieneinkommens beitrage. Weiter stelle sich die Frage, ob nicht auch Sozialversicherungs- oder Krankenversicherungsbeiträge anderer Familienmitglieder vom Einkommen des Klägers abzuziehen seien. Außerdem erscheine es nicht ausgeschlossen, dass der Kläger gegenüber der --von ihm getrennt lebenden-- Mutter des P unterhaltspflichtig sei. Aufgrund dieser Komplexität des polnischen Rechts sei es den Familienkassen nicht möglich, die --nach polnischem Recht-- erforderliche Einkommensberechnung durchzuführen. Eine solche Verpflichtung lasse sich weder dem § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG entnehmen noch wäre sie umsetzbar. Vielmehr sei es Aufgabe des Klägers durch geeignete Mittel (z.B. durch den Vordruck E 411) nachzuweisen, dass im Ausland kein Anspruch auf vergleichbare Leistungen bestehe. Diese Vordrucke und die Zusammenarbeit mit ausländischen Staaten wären überflüssig, wenn die Prüfung von möglichen ausländischen Ansprüchen durch die Familienkasse selbst erfolgen müsse. Im Übrigen hätten auch bereits verschiedene FG entschieden, dass in solchen Fällen den Kläger eine erhöhte Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) treffe. Danach sei es weder Aufgabe der Familienkasse noch des FG festzustellen, ob bei entsprechender Antragstellung Leistungen im Ausland zu zahlen wären.

9

Die Familienkasse beantragt sinngemäß, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

10

Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

11

II. Die Familienkasse ... der Bundesagentur für Arbeit ist aufgrund eines Organisationsaktes (Beschluss des Vorstands der Bundesagentur für Arbeit Nr. 21/2013 vom 18. April 2013 gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 11 des Finanzverwaltungsgesetzes, Amtliche Nachrichten der Bundesagentur für Arbeit, Ausgabe Mai 2013, S. 6 ff.) im Wege des gesetzlichen Parteiwechsels in die Beteiligtenstellung der Agentur für Arbeit ... --Familienkasse-- eingetreten (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 22. August 2007 X R 2/04, BFHE 218, 533, BStBl II 2008, 109, unter II.1.).

III.

12

Die Revision ist begründet. Das FG-Urteil ist aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die Feststellungen des FG reichen nicht aus, um abschließend beurteilen zu können, ob der Kläger im Streitzeitraum nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 EStG anspruchsberechtigt ist.

13

1. Nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 EStG ist anspruchsberechtigt, wer im Inland einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Das FG hat entschieden, dass der Kläger über einen inländischen Wohnsitz verfügt hat. Diese Annahme hält einer revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand, weil es hierfür an einer tragfähigen Tatsachengrundlage fehlt.

14

a) Seinen Wohnsitz hat jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten oder benutzen wird (§ 8 AO).

15

Hiernach setzt ein Wohnsitz eine Wohnung, d.h. eine stationäre Räumlichkeit voraus, die auf Dauer zum Bewohnen geeignet ist. Dies wiederum erfordert eine den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Inhabers entsprechende Bleibe (BFH-Urteil vom 19. März 1997 I R 69/96, BFHE 182, 296, BStBl II 1997, 447). Eine nur vorübergehende oder notdürftige Unterbringungsmöglichkeit reicht allerdings nicht aus (Buciek in Beermann/Gosch, AO § 8 Rz 16), ebenso nicht eine bloße Schlafstelle in Betriebsräumen (vgl. BFH-Urteil vom 6. Februar 1985 I R 23/82, BFHE 143, 217, BStBl II 1985, 331). Innehaben der Wohnung bedeutet, dass der Anspruchsteller tatsächlich über sie verfügen kann und sie als Bleibe entweder ständig benutzt oder sie doch mit einer gewissen Regelmäßigkeit --wenn auch in größeren Zeitabständen-- aufsucht (BFH-Urteil vom 23. November 2000 VI R 107/99, BFHE 193, 558, BStBl II 2001, 294). Die Nutzung muss zu Wohnzwecken erfolgen; eine Nutzung zu ausschließlich beruflichen oder geschäftlichen Zwecken reicht nicht aus (Buciek in Beermann/Gosch, a.a.O., AO § 8 Rz 27), ebenso nicht ein nur gelegentliches Verweilen während unregelmäßig aufeinander folgender kurzer Zeiträume zu Erholungszwecken (BFH-Urteil in BFHE 193, 558, BStBl II 2001, 294). Schließlich muss das Innehaben der Wohnung unter Umständen erfolgen, die darauf schließen lassen, dass die Person die Wohnung beibehalten wird. Hierin kommt u.a. ein Zeitmoment zum Ausdruck. Dabei kann im Rahmen des § 8 AO zur Bestimmung des Zeitmoments als Anhaltspunkt auf die in § 9 Satz 2 AO normierte Sechsmonatsfrist zurückgegriffen werden (Senatsurteil vom 22. August 2007 III R 89/06, BFH/NV 2008, 351).

16

b) Das Vorliegen der Voraussetzungen des § 8 AO ist nach den objektiv erkennbaren Umständen zu beurteilen (Senatsurteil vom 22. August 2007 III R 89/06, BFH/NV 2008, 351, m.w.N.). Ob der Anspruchsteller i.S. des § 62 Abs. 1 Nr. 1 EStG im Inland einen Wohnsitz hat, müssen die Familienkasse und das FG ohne Bindung an die im Einkommensteuerfestsetzungsverfahren vom zuständigen FA getroffenen Feststellungen selbständig entscheiden (Senatsurteile vom 20. November 2008 III R 53/05, BFH/NV 2009, 564, unter II.1.c; vom 18. Juli 2013 III R 9/09, BFHE 243, 170, Rz 19). Im Finanzgerichtsverfahren obliegt die Würdigung derjenigen tatsächlichen Umstände, die im Einzelfall für das Bestehen oder Nichtbestehen eines Wohnsitzes sprechen, dem FG (vgl. Senatsbeschluss vom 17. Dezember 2010 III B 141/10, BFH/NV 2011, 576). Dies gilt namentlich für die Abwägung der Faktoren, die für und gegen ein Innehaben der Wohnung und die Absicht der weiteren Benutzung sprechen (Buciek in Beermann/Gosch, a.a.O., AO § 8 Rz 11). Das FG hat die gesamten Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO).

17

c) An diese Tatsachenwürdigung ist der BFH gemäß § 118 Abs. 2 FGO gebunden, soweit keine zulässigen und begründeten Verfahrensrügen erhoben wurden. Im Übrigen kann das Revisionsgericht die Würdigung des FG nur auf Rechtsfehler bzw. nur auf Verstöße gegen die Denkgesetze oder gegen Erfahrungssätze hin überprüfen (BFH-Urteil vom 30. August 1989 I R 215/85, BFHE 158, 118, BStBl II 1989, 956).

18

2. Die vom FG im Streitfall vorgenommene Würdigung ist auch unter Berücksichtigung dieses eingeschränkten Prüfungsmaßstabs zu beanstanden. Das FG-Urteil enthält keine tragfähige Tatsachengrundlage für die Annahme eines inländischen Wohnsitzes des Klägers (zum Fehlen einer tragfähigen Tatsachengrundlage vgl. BFH-Urteil vom 26. Mai 2009 VII R 28/08, BFHE 225, 543; Senatsurteil vom 2. Dezember 2004 III R 49/03, BFHE 208, 531, BStBl II 2005, 483). Hierin liegt ein Rechtsfehler, den der erkennende Senat auch ohne Rüge von Amts wegen zu beachten hat (vgl. BFH-Urteil vom 25. Mai 1988 I R 225/82, BFHE 154, 7, BStBl II 1988, 944). Das FG hat die Annahme eines inländischen Wohnsitzes aus den vom Kläger vorgelegten Mietverträgen, aus seiner Meldung beim Einwohnermeldeamt, aus den von ihm im Zeitraum von 2006 bis 2008 in Deutschland in nicht unerheblicher Höhe erzielten Einkünften und aus dem Einkommensteuerbescheid für 2007 abgeleitet, dem zu entnehmen sei, dass der Kläger im Jahr 2007 unbeschränkt einkommensteuerpflichtig gewesen sei.

19

Diese tatsächlichen Umstände sind aber weder einzeln noch in ihrer Zusammenschau geeignet, nachvollziehbar einen inländischen Wohnsitz des Klägers zu begründen. So bleibt bereits unklar, ob das vom Kläger mit Untermietvertrag vom 1. Juni 2006 angemietete Zimmer überhaupt eine zu Wohnzwecken geeignete Bleibe dargestellt hat. Der --inhaltlich sehr knappe-- Untermietvertrag enthält keine Angaben zur Ausstattung des Zimmers. Sonstige diesbezügliche Feststellungen enthält das FG-Urteil nicht. Daneben hat das FG keine Feststellungen dazu getroffen, für welche Zwecke das angemietete Zimmer tatsächlich genutzt wurde. Anlass hierzu hätte gerade auch deshalb bestanden, weil der genannte Untermietvertrag als "Mietvertrag über das Zimmer und Betriebsstätte" überschrieben ist und es im ersten Satz heißt, es werde "ein Zimmer für Wohnen und für Erledigung von anfallende Büro– und Geschäftsbedingte Arbeiten" vermietet. Weiter bleibt im Verborgenen, in welcher Häufigkeit und über welche Dauer der Kläger das angemietete Zimmer tatsächlich bewohnt hat; Feststellungen hierzu fehlen.

20

Für den Zeitraum September 2007 bis Dezember 2007 ergibt sich ein inländischer Wohnsitz des Klägers auch nicht aus dem Einkommensteuerbescheid für 2007. Selbst wenn das Finanzamt im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung für 2007 von einer unbeschränkten Einkommensteuerpflicht des Klägers nach § 1 Abs. 1 EStG ausgegangen sein sollte, ergibt sich hieraus keine Bindung für die Familienkasse (vgl. Senatsurteile in BFH/NV 2009, 564, unter II.1.c; in BFHE 243, 170, Rz 19). Eine solche Bindung ließe sich für den Zeitraum Januar 2008 bis März 2008 auch nicht aus dem Bescheid für 2008 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen ableiten. Einem solchen Grundlagenbescheid kommt für die Kindergeldfestsetzung --anders als für die Einkommensteuerfestsetzung (vgl. § 171 Abs. 10, § 182 AO)-- keine Bindungswirkung zu. Ebenso lässt sich die Annahme eines Wohnsitzes nicht darauf stützen, dass der Kläger --wie vom FG ausgeführt-- beim Einwohnermeldeamt gemeldet war. Für die Annahme eines Wohnsitzes ist es ohne Bedeutung, wo jemand polizeilich gemeldet ist (z.B. Senatsurteil vom 27. April 1995 III R 57/93, BFH/NV 1995, 967). Schließlich lässt sich ein Wohnsitz des Klägers auch nicht auf die im Juli 2007 erfolgte Gewerbeanmeldung stützen. Die Anzeige eines Gewerbes nach § 14 der Gewerbeordnung ist eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. Juli 2003  6 C 10/03, Gewerbearchiv 2003, 482), die als solche nicht geeignet ist, eine nach den tatsächlichen Umständen zu beurteilende Wohnsitzbegründung i.S. des § 8 AO zu ersetzen.

21

Nach alledem bleibt im Ergebnis offen, ob der Kläger --ggf. auch in größeren Zeitabständen-- eine auf Dauer zum Bewohnen geeignete Räumlichkeit mit einer gewissen Regelmäßigkeit tatsächlich zu Wohnzwecken genutzt hat. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen lässt sich im Allgemeinen auch nicht aus der Höhe der vom Kläger im Inland erzielten Einkünfte folgern. Insbesondere ergibt sich hieraus nicht, in welcher Häufigkeit und über welche Dauer der Kläger die Räumlichkeit genutzt hat. Insoweit erschiene es bei einem Gewerbetreibenden näher liegend, auf die den Einkünften zugrundeliegenden Geschäftsvorfälle abzustellen. So könnten sich aus Art und Dauer der Aufträge Hinweise auf die Verweildauer und Häufigkeit der Nutzung ergeben.

22

Das FG hat die fehlenden tatsächlichen Feststellungen zum Vorliegen eines inländischen Wohnsitzes im zweiten Rechtsgang nachzuholen.

23

3. Außerdem weist der erkennende Senat für den zweiten Rechtsgang auf Folgendes hin:

24

a) Sollte sich ein inländischer Wohnsitz des Klägers nicht feststellen lassen, bleibt zu prüfen, ob der Kläger während des Streitzeitraums seinen gewöhnlichen Aufenthalt i.S. des § 9 AO im Inland hatte. Dabei hat derjenige, der mehr als sechs Monate zusammenhängend im Inland arbeitet und seinen Inlandsaufenthalt jeweils nur kurzfristig für Heimfahrten nach Polen unterbricht, seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland (vgl. Senatsurteil vom 7. April 2011 III R 89/08, BFH/NV 2011, 1324).

25

b) Soweit sich keine Anspruchsberechtigung des Klägers aus § 62 Abs. 1 Nr. 1 EStG ergeben sollte, muss geprüft werden, ob eine Anspruchsberechtigung nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b i.V.m. § 1 Abs. 3 EStG besteht (vgl. dazu z.B. Senatsurteil vom 18. Juli 2013 III R 59/11, BFHE 242, 228).

26

c) Sollte der Kläger nach den §§ 62 ff. EStG anspruchsberechtigt sein, bleibt schließlich zu prüfen, wie eine Konkurrenz des Kindergeldanspruchs nach dem EStG zu etwaigen Ansprüchen des Klägers oder Dritter auf polnische Familienleistungen aufzulösen ist.

27

aa) Insoweit ist das FG im ersten Rechtsgang in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen, dass im Streitfall der persönliche Geltungsbereich der VO Nr. 1408/71 nicht eröffnet ist. Es hat festgestellt, dass der Kläger weder in Deutschland noch in Polen in einem Zweig der sozialen Sicherheit versichert war. Im Übrigen bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der persönliche Geltungsbereich der VO Nr. 1408/71 über den anderen Elternteil von P oder K eröffnet sein könnte. Danach greifen vorliegend --wie vom FG zutreffend entschieden-- nicht die gemeinschaftsrechtlichen Antikumulierungsvorschriften (Art. 76 der VO Nr. 1408/71, Art. 10 der VO Nr. 574/72), sondern die nationale Konkurrenzvorschrift des § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG ein.

28

bb) Dabei hat das FG § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG zu Recht so ausgelegt, dass es im Grundsatz verpflichtet ist, eigenständig zu prüfen, ob dem Kläger oder einem Dritten nach ausländischem (hier polnischem) Recht ein Anspruch auf Gewährung dem Kindergeld vergleichbarer Leistungen für P und K zusteht. Im Streitfall sind auch keine Anhaltspunkte dafür gegeben, dass eine das FG ggf. bindende --den Streitzeitraum betreffende-- (positive oder negative) Entscheidung/Bescheinigung einer polnischen Behörde über einen Anspruch auf polnische Familienleistungen vorliegt. Wegen der bei Prüfung des § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG zu beachtenden Grundsätze verweist der erkennende Senat auf seine Urteile vom 13. Juni 2013 III R 10/11 (BFHE 241, 562) und III R 63/11 (BFHE 242, 34). Sollte hiernach kein Anspruch auf polnische Familienleistungen bestehen, ist das deutsche Kindergeld gegenüber dem Kläger in voller Höhe festzusetzen.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) heiratete im Dezember 2004 in der Ukraine seine Ehefrau (E), eine ukrainische Staatsangehörige, die seit Mai 2004 in der Wohnung des Klägers in Deutschland gemeldet ist. Nachdem E im August 2004 in die Ukraine gereist war, brachte sie dort am 10. Januar 2005 den gemeinsamen Sohn S zur Welt. Bis zu ihrer Rückkehr nach Deutschland im Januar 2006 hielt E sich zusammen mit S ausschließlich in der Ukraine auf. Seit dem Tag der Einreise am 25. Januar 2006 ist auch S in Deutschland gemeldet.

2

Die Beklagte und Revisionsbeklagte (Familienkasse) setzte auf den Antrag des Klägers für S Kindergeld erst ab Januar 2006 fest, da S erst ab diesem Monat seinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland habe. Der hiergegen gerichtete Einspruch des Klägers blieb erfolglos.

3

Zur Begründung seiner Klage trug der Kläger vor, E und er hätten im Oktober 2004 in Deutschland heiraten wollen. E sei dann im August 2004 aus privaten Gründen in die Ukraine gereist. Die für September/Oktober 2004 geplante Rückreise habe sie jedoch wegen Problemen in der Schwangerschaft nicht antreten können, weshalb sie im Dezember 2004 in der Ukraine hätten heiraten müssen. Nachdem E sich von der Geburt erholt gehabt habe, habe sie sich umgehend um die erforderlichen Papiere (ukrainischer Personalausweis, internationaler Reisepass, Geburtsurkunde nebst Übersetzung und Legalisation, Kinderausweis und Visum) gekümmert, was jedoch in der Ukraine gedauert habe. Im Ergebnis habe E deshalb erst im Januar 2006 zusammen mit S nach Deutschland einreisen können. Ihr Verbleib --und damit auch der des S-- in der Ukraine sei unfreiwillig gewesen.

4

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Es entschied, S habe im Streitzeitraum im Inland weder einen Wohnsitz noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt gehabt. Einen Wohnsitz i.S. des § 8 der Abgabenordnung (AO) könne nur beibehalten, wer zuvor bereits einen Wohnsitz begründet habe. Dies setze --auch bei einem Kind-- die Anwesenheit im Inland voraus. Ein Wohnsitz werde jedoch grundsätzlich nicht allein durch die Absicht der Eltern, das Kind solle ab seiner Geburt in der gemeinsamen Wohnung im Inland leben, begründet. Allein dadurch, dass der Wohnsitz des Klägers und der E im strittigen Zeitraum im Inland weiterbestanden habe, hätten die Eltern dem S keinen inländischen Wohnsitz vermittelt, da dieser sich bis Januar 2006 nicht selbst in der Wohnung der Eltern im Inland aufgehalten, diese also nicht tatsächlich innegehabt habe. Ob ausnahmsweise etwas anderes gelte, wenn das Kind innerhalb angemessener Zeit nach der Geburt in das Inland gebracht werde, könne dahinstehen, da S im Streitfall jedenfalls nicht mehr innerhalb eines als angemessen zu beurteilenden Zeitraums eingereist sei.

5

Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung von § 63 Abs. 1 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes in der für das Streitjahr geltenden Fassung (EStG). Er ist der Ansicht, ihm stehe für S auch für den Streitzeitraum Januar bis Dezember 2005 Kindergeld zu, da er und E --und damit auch zugleich S-- ihren Wohnsitz während dieser Zeit in Deutschland gehabt hätten und der Aufenthalt von E und S in der Ukraine unfreiwillig gewesen sei. Allein aufgrund der besonderen Verhältnisse in der Ukraine sei eine sofortige Rückkehr nach der Geburt nicht möglich gewesen. Kinder teilten den Wohnsitz der Eltern, solange nach den äußerlich erkennbaren Umständen davon auszugehen sei, dass die elterliche Wohnung für das Kind bestimmt sei und von dem Kind auch als eigenes Heim angesehen werde. Bei einem Neugeborenen könne der Wohnsitz bei vernünftiger Betrachtung --jedenfalls dann, wenn es von den Eltern betreut werde-- ausschließlich von dem Willen der Eltern bestimmt werden.

6

Der Kläger beantragt sinngemäß, die Familienkasse unter Aufhebung des Urteils des FG und der Einspruchsentscheidung vom 5. Dezember 2006 zu verpflichten, den Bescheid vom 20. Juni 2006 zu ändern und Kindergeld für S auch für die Monate Januar 2005 bis Dezember 2005 zu gewähren.

7

Die Familienkasse beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

8

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt (§ 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

Entscheidungsgründe

9

II. Die Revision ist unbegründet und nach § 126 Abs. 2 FGO zurückzuweisen. Die Entscheidung des FG, S habe vor seiner Einreise nach Deutschland im Januar 2006 weder einen Wohnsitz noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland gehabt, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

10

1. Wer --wie der Kläger-- über einen Wohnsitz im Inland verfügt, hat gemäß § 62 Abs. 1 Nr. 1 EStG Anspruch auf Kindergeld für Kinder i.S. des § 63 EStG. Nach § 63 Abs. 1 Satz 3 EStG werden indes Kinder nicht berücksichtigt, die weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat haben, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, und die auch nicht im Haushalt eines Berechtigten i.S. des § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG leben. Das Existenzminimum dieser Kinder wird nur durch die Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG von der Besteuerung freigestellt, die keine unbeschränkte Steuerpflicht des Kindes voraussetzen (vgl. § 32 Abs. 1 und 6 EStG).

11

a) Die Frage, ob eine natürliche Person im Inland einen Wohnsitz hat, beurteilt sich nach § 8 AO. Danach kommt es darauf an, ob die betreffende Person im Inland eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass sie die Wohnung beibehalten und benutzen wird.

12

Die Begründung eines Wohnsitzes erfolgt durch tatsächliches Handeln (Michel in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 1 Rz 79), der bloße Wille des Steuerpflichtigen ist dagegen nicht entscheidend (Kruse in Tipke/ Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 8 AO Rz 12). Von ausschlaggebender Bedeutung ist vielmehr die tatsächliche Gestaltung der Verhältnisse (Klein/Gersch, AO, 10. Aufl., § 8 Rz 5, m.w.N.), d.h. der objektive Zustand (Musil in Hübschmann/Hepp/Spitaler --HHSp--, § 8 AO Rz 11). Im Gegensatz zum bürgerlichen Recht, nach dem Begründung, Beibehaltung und Aufgabe des Wohnsitzes rechtsgeschäftliche Willenserklärungen darstellen (§§ 7, 8 des Bürgerlichen Gesetzbuchs), genügt deshalb für den Bereich des Steuerrechts ein natürlicher Wille, den auch ein Geschäftsunfähiger haben kann; auf den Willen des gesetzlichen Vertreters kommt es nicht an (Senatsurteil vom 22. April 1994 III R 22/92, BFHE 174, 523, BStBl II 1994, 887).

13

b) Ob an einem bestimmten Ort ein Wohnsitz besteht oder nicht, ist für jede Person --insbesondere auch im Verhältnis zwischen Eltern und ihren minderjährigen Kindern-- gesondert zu prüfen (Buciek in Beermann/Gosch, AO § 8 Rz 9). Deshalb ist auch die Frage, ob ein Kind einen Wohnsitz begründet --oder beibehalten-- hat, ausschließlich nach den tatsächlichen Gesichtspunkten zu beurteilen (Greite in Korn, § 63 EStG Rz 15). Auch ein Kind begründet deshalb erst dann einen Wohnsitz, wenn es eine Wohnung unter Umständen innehat, die auf das Beibehalten und Benutzen schließen lassen.

14

c) Zwar teilen minderjährige Kinder grundsätzlich den Wohnsitz ihrer Eltern, weil sie über ihre Haushaltszugehörigkeit eine abgeleitete Nutzungsmöglichkeit besitzen und damit zugleich die elterliche Wohnung i.S. des § 8 AO innehaben (Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 20. Dezember 2001 VI B 123/00, juris; Buciek, a.a.O., AO § 8 Rz 21). Dies ist jedoch nicht zwingend der Fall, sondern hängt wiederum maßgeblich von den objektiven Umständen des Einzelfalls ab. So führt insbesondere ein mehrjähriger Schulbesuch im Ausland, für den das Kind vor Ort bei Verwandten untergebracht ist, regelmäßig dazu, dass das Kind die elterliche Wohnung im Inland nicht weiterhin unter Umständen innehat, die darauf hinweisen, dass die Wohnung beibehalten und als solche genutzt werden soll und wird (hierzu z.B. Senatsurteile in BFHE 174, 523, BStBl II 1994, 887, und vom 27. April 1995 III R 57/93, BFH/NV 1995, 967; BFH-Urteile vom 23. November 2000 VI R 165/99, BFHE 193, 569, BStBl II 2001, 279, und VI R 107/99, BFHE 193, 558, BStBl II 2001, 294). Auch teilen minderjährige Kinder nicht stets --gleichsam automatisch-- sämtliche Wohnsitze ihrer Eltern, wenn diese über mehrere Wohnsitze verfügen (Senatsbeschlüsse vom 15. Mai 2009 III B 209/08, BFH/NV 2009, 1630, und vom 27. August 2010 III B 30/09, BFH/NV 2010, 2272; a.A. FG Baden-Württemberg, Urteil vom 18. November 2008  8 K 37/07, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2009, 420). Dies ergibt sich bereits aus der Unterscheidung im EStG zwischen dem Wohnsitz des Kindes (§ 63 Abs. 1 Satz 3 EStG) und dem des Kindergeldberechtigten (§ 62 Abs. 1 EStG) als Voraussetzung für den Kindergeldanspruch, so dass der Wohnsitz von Kind und Eltern durchaus auseinanderfallen kann.

15

d) Soweit Rechtsprechung (z.B. BFH-Urteil vom 11. April 1984 I R 230/80, juris, m.w.N.) und Literatur (z.B. Buciek, a.a.O., AO § 8 Rz 22 und 30) davon ausgehen, dass über das Rechtsinstitut des Familienwohnsitzes das "Innehaben einer Wohnung" durch einen Familienangehörigen vermittelt werden kann, so gilt dies uneingeschränkt nur für das "Beibehalten" eines bereits vorhandenen Wohnsitzes. Dagegen kann ein im Ausland lebender Angehöriger im Inland grundsätzlich keinen Wohnsitz begründen, ohne sich hier aufgehalten zu haben (BFH-Urteil vom 3. März 1978 VI R 195/75, BFHE 124, 530, BStBl II 1978, 372; FG Hamburg, Urteil vom 15. April 1994 V 61/92, EFG 1994, 730; Buciek, a.a.O., AO § 8 Rz 31, jeweils für Ehegatten).

16

aa) Wird ein Kind im Ausland geboren, so billigen Verwaltung (Dienstanweisung zur Durchführung des Familienleistungsausgleichs --DA-FamEStG-- 63.6.1 Abs. 3 Satz 1, BStBl I 2009, 1033) sowie Teile der Literatur (Felix, in: Kirchhof/Söhn/ Mellinghoff, EStG, § 63 Rz G 6; dies. in Kirchhof, EStG, 10. Aufl., § 63 Rz 4; Blümich/Treiber, § 63 EStG Rz 38; Buciek, a.a.O., AO § 8 Rz 33 Fn 10) dem Kind allerdings unter bestimmten Voraussetzungen ausnahmsweise einen Wohnsitz im Inland bereits ab seiner Geburt zu (zweifelnd Schmidt/ Heinicke, EStG, 30. Aufl., § 1 Rz 24), sofern sich die Mutter nur kurzfristig (Buciek, a.a.O.), lediglich vorübergehend zum Zeitpunkt der Geburt (Felix, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O., § 63 Rz G 6; Treiber, a.a.O., § 63 EStG Rz 38) bzw. lediglich zur Entbindung vorübergehend (DA-FamEStG, a.a.O.; Felix in Kirchhof, a.a.O., § 63 Rz 4) im Ausland aufgehalten hat und das Kind alsbald (Buciek, a.a.O.) bzw. innerhalb angemessener Zeit (DA-FamEStG, Felix und Treiber, jeweils a.a.O.) nach Deutschland gebracht wird.

17

bb) Auch der Senat hält es unter solchen Umständen für möglich, dass ein im Ausland geborenes Kind bereits von Geburt an den inländischen (Familien-)Wohnsitz teilt. Kann das Kind den Wohnsitz der Eltern im Inland indes aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht nur kurzfristig nicht aufsuchen, kann es dort (zunächst) auch keinen eigenen Wohnsitz begründen (ebenso Buciek, a.a.O., AO § 8 Rz 49, "Kinder"; s. auch Lehner/Waldhoff, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O., § 1 Rz B 130; Musil in HHSp, § 8 AO Rz 39; Urteil des Bundessozialgerichts vom 14. April 1983 10 RKg 15/82, juris, zum wortgleichen § 30 Abs. 3 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch; a.A. FG Baden-Württemberg in EFG 2009, 420). Insgesamt muss die tatsächliche Gestaltung dafür sprechen, dass das Kind bereits mit seiner Geburt im Ausland seinen Wohnsitz in der elterlichen Wohnung im Inland begründet, weil es diese über seine Eltern innehat und Umstände vorliegen, die auf eine Nutzung der Wohnung auch durch das Kind schließen lassen. Dies ist letztlich eine Frage der tatrichterlichen Würdigung der Gesamtumstände des Einzelfalles (§ 96 Abs. 1 FGO), die einer revisionsrechtlichen Prüfung im Hinblick auf § 118 Abs. 2 FGO regelmäßig entzogen ist (z.B. BFH-Urteile vom 30. August 1989 I R 215/85, BFHE 158, 118, BStBl II 1989, 956; vom 9. Mai 2000 VIII R 77/97, BFHE 192, 445, BStBl II 2000, 660; Senatsurteil vom 20. November 2008 III R 53/05, BFH/NV 2009, 564).

18

e) Die Anknüpfung an den Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes als Ausprägung des Territorialitätsprinzips ist sachgerecht und verfassungsgemäß (z.B. BFH-Urteile in BFHE 193, 569, BStBl II 2001, 279, und vom 26. Februar 2002 VIII R 85/98, BFH/NV 2002, 912). Auch die Differenzierung in § 63 Abs. 1 Satz 3 EStG ist nicht zu beanstanden. Sie unterscheidet in verfassungsrechtlich vertretbarer Weise danach, ob ein Kind, das weder einen Wohnsitz noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland oder in einem EU/EWR-Staat hat, zum Haushalt eines erweitert unbeschränkt Steuerpflichtigen (§ 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a i.V.m. § 1 Abs. 2 EStG) gehört (Senatsbeschluss in BFH/NV 2009, 1630; Pust in Littmann/Bitz/Pust, a.a.O., § 63 Rz 72).

19

2. Danach ist die Entscheidung des FG, der in der Ukraine geborene S habe einen Wohnsitz im Inland nicht bereits mit seiner Geburt im Januar 2005, sondern erst mit seiner Einreise nach Deutschland im Januar 2006 begründet, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Dies gilt insbesondere auch für die Wertung, S sei jedenfalls nicht mehr innerhalb eines als angemessen zu beurteilenden Zeitraums ins Inland gebracht worden.

20

3. Da eine Person zu derselben Zeit immer nur einen gewöhnlichen Aufenthalt haben kann (Klein/Gersch, a.a.O., § 9 Rz 2) und S sich während des gesamten Streitzeitraums in der Ukraine aufgehalten hat, hat das FG den gewöhnlichen Aufenthalt des S im Inland ebenfalls zutreffend verneint. Ein gewöhnlicher Aufenthalt im Inland kann nicht bereits ab Geburt angenommen werden, wenn das Kind sich nicht in Deutschland aufhält. "Aufhalten" erfordert bereits nach dem Wortlaut die körperliche Anwesenheit an einem bestimmten Ort. Daraus folgt, dass die erstmalige Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts an einem bestimmten Ort stets die dortige körperliche Anwesenheit der natürlichen Person voraussetzt (BFH-Urteil vom 18. Juli 1990 I R 109/88, BFHE 161, 482).

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist mit Hauptwohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) gemeldet. Seine Ehefrau und die beiden gemeinsamen Kinder --ein im August 1985 geborener Sohn (S) und eine im Januar 1995 geborene Tochter (T)-- leben in Polen.

2

Der Kläger meldete im Jahr 2004 in Deutschland einen Garten- und Landschaftsbaubetrieb an und wurde ab dem Jahr 2004 von der deutschen Finanzverwaltung als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig eingestuft. Gleichzeitig war der Kläger durchgehend in Polen bei der X sozialversicherungspflichtig. Er und seine Ehefrau erzielten folgende Einkünfte:

3
                          

Einkünfte

des Klägers

seiner Ehefrau

        

in Deutschland

in Polen

in Polen

2004   

0,00 €

3.810,23 PLN

0,00 PLN

2005   

4.390,00 €

1.555,64 PLN

9.350,00 PLN

2006   

5.423,00 €

5.828,36 PLN

850,00 PLN

2007   

5.957,00 €

20.730,00 PLN

0,00 PLN

2008   

9.280,00 €

4.000,00 PLN

0,00 PLN

4

Die Ehefrau des Klägers bezog in Polen für S vom 1. Mai 2004 bis 31. August 2006 und für T vom 1. Mai 2004 bis 31. August 2007 Kindergeld in Höhe von 43 PLN monatlich. Hinzu kamen Beihilfen zum Schuljahresbeginn in Höhe von 90 PLN pro Kind jeweils im September 2004 und September 2005 sowie in Höhe von 100 PLN für T im September 2006. Ferner erhielt sie Beihilfen für S wegen auswärtiger Unterbringung (monatlich 80 PLN) vom 1. September 2004 bis 30. Juni 2005 bzw. Fahrgeld in Höhe von monatlich 40 PLN vom 1. September 2005 bis 30. Juni 2006. Ab dem 1. September 2007 wurde in Polen kein Kindergeld mehr beantragt und ausgezahlt. S war ab dem 1. Oktober 2006 vollzeiterwerbstätig.

5

Der Kläger beantragte am 16. Dezember 2005 bei der Beklagten und Revisionsbeklagten (Familienkasse) Kindergeld für seine beiden Kinder. Die Familienkasse lehnte den Antrag mit Bescheid vom 19. Juli 2007 für die Zeit ab August 2004 mit der Begründung ab, dass der Kläger nicht alle für die Entscheidung notwendigen Unterlagen vorgelegt habe. Am 17. August 2007 reichte der Kläger weitere Unterlagen ein. Mit Schreiben vom 23. August 2007 forderte die Familienkasse weitere Nachweise an. Mit Bescheid vom 11. Dezember 2007 lehnte die Familienkasse den Antrag vom 17. August 2007 mit der Begründung ab, dass der polnische Kindergeldanspruch einen Kindergeldanspruch nach dem deutschen Einkommensteuergesetz (EStG) gemäß § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG ausschließe.

6

Den hiergegen per Telefax am 14. Januar 2008 bei der Familienkasse eingegangenen Einspruch wies diese mit Einspruchsentscheidung vom 5. März 2008 als unbegründet zurück. Zur Begründung verwies sie darauf, dass nach Art. 13 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (VO Nr. 1408/71), in ihrer durch die Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996 --VO Nr. 118/97-- (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften 1997 Nr. L 28, S. 1) geänderten und aktualisierten Fassung, geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 647/2005 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. April 2005 --VO Nr. 647/2005-- (Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 117, S. 1) auf den Kläger nur polnisches Recht Anwendung finde und daher ein Kindergeldanspruch nach dem deutschen EStG ausscheide.

7

Die auf Kindergeldgewährung für die beiden Kinder für den Zeitraum von Oktober 2004 bis März 2008 gerichtete Klage wies das Finanzgericht (FG) mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2011, 1172 veröffentlichten Gründen als unbegründet ab.

8

Mit der hiergegen vom FG zugelassenen Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts.

9

Der Kläger beantragt, das angefochtene FG-Urteil, den Ablehnungsbescheid und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung insoweit aufzuheben, als sie die streitgegenständlichen Zeiträume betreffen und die Familienkasse zu verpflichten, Kindergeld für das Kind S für den Zeitraum Oktober 2004 bis einschließlich August 2006 und für das Kind T für den Zeitraum Oktober 2004 bis einschließlich März 2008 in Höhe von 10.010 € festzusetzen.

10

Die Familienkasse beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

11

Die Beteiligten sind mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden (§ 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

Entscheidungsgründe

12

II. Die Familienkasse … der Bundesagentur für Arbeit ist aufgrund eines Organisationsaktes (Beschluss des Vorstands der Bundesagentur für Arbeit Nr. 21/2013 vom 18. April 2013 gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 11 des Finanzverwaltungsgesetzes, Amtliche Nachrichten der Bundesagentur für Arbeit, Ausgabe Mai 2013, S. 6 ff., Nr. 2.2 der Anlage 2) im Wege des gesetzlichen Parteiwechsels in die Beteiligtenstellung der Agentur für Arbeit … --Familienkasse-- eingetreten (s. dazu Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 3. März 2011 V B 17/10, BFH/NV 2011, 1105, unter II.A.).

III.

13

Die Revision ist begründet. Sie führt gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO insoweit zur Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils und zur Zurückverweisung der nicht spruchreifen Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung, als das FG über den Anspruch auf Kindergeld für das Kind S für den Zeitraum Oktober 2004 bis einschließlich August 2006 und für das Kind T für den Zeitraum Oktober 2004 bis einschließlich März 2008 entschieden hat.

14

1. a) Das FG ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Anwendung der §§ 62 ff. EStG ausgeschlossen ist, wenn nach Art. 13 ff. VO Nr. 1408/71 die Rechtsvorschriften Polens für anwendbar erklärt werden.

15

Wie der Senat mit Urteil vom 16. Mai 2013 III R 8/11 (BFH/NV 2013, 1698) unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vom 12. Juni 2012 C-611, 612/10 in der Rechtssache Hudzinski und Wawrzyniak (Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst 2012, 999) entschieden hat, entfalten die Art. 13 ff. VO Nr. 1408/71 keine Sperrwirkung gegenüber den §§ 62 ff. EStG, wenn nicht die deutschen Vorschriften, sondern die Vorschriften eines anderen Mitgliedstaats für anwendbar erklärt werden. Dies gilt bei eröffnetem persönlichen Geltungsbereich der VO Nr. 1408/71 auch dann, wenn der Anspruchsberechtigte nicht Arbeitnehmer, sondern Selbständiger ist (Senatsurteil vom 13. Juni 2013 III R 63/11, BFH/NV 2013, 1872). Auch bedarf es in einem solchen Fall keines zusätzlichen nationalen Anwendungsbefehls, um die §§ 62 ff. EStG anwenden zu können (Senatsurteil in BFH/NV 2013, 1698).

16

b) Rechtsfehlerhaft ist das FG ferner (hilfsweise) davon ausgegangen, dass jedenfalls für die Zeiträume, in denen der Kläger bzw. seine Ehefrau Anspruch auf Kindergeld in Polen hatten bzw. solches bezogen haben, § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG einem inländischen Kindergeldanspruch entgegenstünde. Insoweit reichen die vom FG getroffenen tatsächlichen Feststellungen nicht aus, um beurteilen zu können, ob eine Konkurrenz zwischen einem Anspruch auf deutsches Kindergeld und einem Anspruch auf vergleichbare Leistungen in Polen überhaupt nach § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG aufzulösen wäre (s. hierzu die Ausführungen unter III.2.d und e).

17

2. Für die im zweiten Rechtsgang vorzunehmende Prüfung weist der Senat auf Folgendes hin:

18

a) Ausgangspunkt für die Prüfung eines Kindergeldanspruchs des Klägers ist die Frage, ob die Anspruchsvoraussetzungen nach §§ 62 ff. EStG erfüllt sind.

19

Gemäß § 62 Abs. 1 EStG hat für Kinder i.S. des § 63 EStG Anspruch auf Kindergeld nach dem EStG u.a., wer im Inland einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat (§ 62 Abs. 1 Nr. 1 EStG) oder ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland nach § 1 Abs. 3 EStG als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt wird (§ 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG).

20

Das FG hat hierzu bislang nur festgestellt, dass der Kläger mit Hauptwohnsitz in Deutschland gemeldet ist und vom Finanzamt (FA) als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig "behandelt wurde".

21

Hinsichtlich der Frage, wo jemand einen Wohnsitz i.S. des § 8 der Abgabenordnung (AO) hat, sind indessen melderechtliche Angaben unerheblich (Senatsurteil vom 20. November 2008 III R 53/05, BFH/NV 2009, 564). Überdies hängt eine --auch vom Kläger im Schriftsatz vom 23. Oktober 2013 problematisierte-- Kindergeldberechtigung nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG i.V.m. § 1 Abs. 3 EStG davon ab, dass der Anspruchsteller aufgrund eines entsprechenden Antrags vom zuständigen FA nach § 1 Abs. 3 EStG als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt wird (Senatsurteil vom 24. Mai 2012 III R 14/10, BFHE 237, 239, BStBl II 2012, 897). Die Tatsache allein, dass in einem Einkommensteuerbescheid von einer unbeschränkten Einkommensteuerpflicht ausgegangen wurde, besagt nicht notwendigerweise, dass es sich um eine Behandlung nach § 1 Abs. 3 EStG gehandelt hat. Vielmehr kann einem solchen Bescheid z.B. auch eine --für die Familienkasse und das FG nicht bindende-- zutreffende oder unzutreffende Bejahung der Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 EStG zugrunde liegen. Soweit sich daher eine Behandlung nach § 1 Abs. 3 EStG nicht unmittelbar aus dem Wortlaut des Steuerbescheids selbst ergibt, ist zu prüfen, ob der Anspruchsteller sein Antragswahlrecht gegenüber dem FA entsprechend ausgeübt hat. Da für die Auslegung von Verwaltungsakten der "objektive Verständnis- bzw. Empfängerhorizont” maßgebend ist, ist ein entsprechender Einkommensteuerbescheid so auszulegen, wie der Empfänger ihn verstehen konnte und musste (Müller-Franken in Hübschmann/Hepp/Spitaler --HHSp--, § 124 AO Rz 183). Für die mit der Wirksamkeit des Einkommensteuerbescheids verbundenen Rechtsfolgen kommt es damit nicht auf das von der Behörde Gewollte an, sondern darauf, wie der Empfänger nach den ihm im Laufe des Veranlagungsverfahrens bekannt gewordenen Umständen den materiellen Gehalt (objektiven Inhalt) der Erklärung unter Berücksichtigung von Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte verstehen konnte. Das Erklärte gilt damit auch dann, wenn der Steuerbescheid nach dem Willen der Finanzbehörde einen anderen Inhalt haben sollte (Müller-Franken in HHSp, § 124 AO Rz 183 f.). Es ist daher gegebenenfalls unter Rückgriff auf die Veranlagungsakten zu klären, wie der Anspruchsteller den Einkommensteuerbescheid verstehen konnte.

22

b) Für die Frage, welcher Mitgliedstaat für die Gewährung von Familienleistungen zuständig ist, muss zunächst geprüft werden, ob der persönliche Geltungsbereich der VO Nr. 1408/71 eröffnet ist.

23

Insoweit hat das FG zwar bereits festgestellt, dass der Kläger bei der polnischen X sozialversicherungspflichtig war. Festzustellen wäre jedoch noch, ob es sich insoweit um eine den persönlichen Geltungsbereich der VO Nr. 1408/71 eröffnende Versicherung, insbesondere als Arbeitnehmer oder als Selbständiger handelte (Art. 2 Abs. 1 VO Nr. 1408/71). Bei Anwendung der Zuständigkeitsbestimmungen der Art. 13 ff. VO Nr. 1408/71 wäre insoweit dann nur an diejenige(n) Tätigkeit(en) anzuknüpfen, hinsichtlich derer der Kläger als Arbeitnehmer bzw. Selbständiger i.S. des Art. 1 Buchst. a VO Nr. 1408/71 gilt (Senatsurteil vom 4. August 2011 III R 55/08, BFHE 234, 316, BStBl II 2013, 619).

24

c) Soweit es nach den Art. 13 ff. VO Nr. 1408/71 darauf ankommt, in welchem Mitgliedstaat die selbständige Tätigkeit ausgeübt wird (so z.B. in Art. 13 Abs. 2 Buchst. b und Art. 14a der VO Nr. 1408/71), bestimmt sich dies entgegen der Auffassung der Familienkasse grundsätzlich nicht danach, in welchem Land die Versicherung besteht, sondern --entsprechend dem insoweit eindeutigen Wortlaut der jeweiligen Bestimmung-- danach, in welchem Mitgliedstaat die Person eine selbständige Tätigkeit ausübt. Dabei ist grundsätzlich von dem bescheinigten Versichertenstatus des Versicherten auszugehen (Senatsurteil in BFHE 234, 316, BStBl II 2013, 619).

25

d) Ist Deutschland der zuständige Mitgliedstaat, kommt hinsichtlich konkurrierender Ansprüche der Kindsmutter in Polen grundsätzlich die Antikumulierungsvorschrift des Art. 10 der Verordnung (EWG) Nr. 574/72 des Rates vom 21. März 1972 über die Durchführung der VO Nr. 1408/71 (VO Nr. 574/72) in ihrer durch die VO Nr. 118/97 geänderten und aktualisierten Fassung, geändert durch die VO Nr. 647/2005 zur Anwendung. Zwar kann deren Anwendbarkeit aufgrund der für Deutschland geltenden Einschränkungen des Anhangs I Teil I VO Nr. 1408/71 in der jeweils gültigen Fassung ausgeschlossen sein (s. hierzu Senatsurteil in BFHE 234, 316, BStBl II 2013, 619, unter II.3.b). Jedoch hat der Senat unter Bezugnahme auf das EuGH-Urteil in der Rechtssache Schwemmer vom 14. Oktober 2010 C-16/09 (Slg 2010, I-9717 Rdnr. 38) bereits darauf hingewiesen, dass auch in einem Fall, in dem der nach deutschem Recht Kindergeldberechtigte die Voraussetzungen des Anhangs I Teil I Buchst. D VO Nr. 1408/71 nicht erfüllt, die europarechtlichen Antikumulierungsvorschriften wie der Art. 76 VO Nr. 1408/71 und der Art. 10 VO Nr. 574/72 gleichwohl zur Anwendung kommen können (Senatsurteil vom 5. Juli 2012 III R 76/10, BFHE 238, 87, unter II.4.a). Dies kann sich vor allem daraus ergeben, dass die Kinder des Anspruchstellers als Familienangehörige des anderen Elternteils (hier der Ehefrau des Klägers) in den persönlichen Anwendungsbereich der VO Nr. 1408/71 fallen und parallele Ansprüche auf Familienleistungen für denselben Zeitraum bestehen (vgl. hierzu Senatsurteil in BFH/NV 2013, 1698).

26

e) Ist Deutschland nach den Bestimmungen der Art. 13 ff. VO Nr. 1408/71 der nicht zuständige Mitgliedstaat und auch nicht der Wohnmitgliedstaat der Kinder, dann ist die Konkurrenz zu Ansprüchen im anderen Mitgliedstaat Polen nach nationalem Recht, d.h. nach § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG, zu lösen (vgl. hierzu Senatsurteil in BFH/NV 2013, 1698). Zur Frage, welche Grundsätze bei der Prüfung des ausländischen Anspruches zu beachten sind und ob die Gewährung ausländischer Leistungen zum Wegfall oder zur Kürzung des Anspruchs auf Kindergeld führt, verweist der Senat auf seine Urteile vom 13. Juni 2013 III R 10/11 (BFH/NV 2013, 1868) und in BFH/NV 2013, 1872.

Einen Wohnsitz hat jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird.

Den gewöhnlichen Aufenthalt hat jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Als gewöhnlicher Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes ist stets und von Beginn an ein zeitlich zusammenhängender Aufenthalt von mehr als sechs Monaten Dauer anzusehen; kurzfristige Unterbrechungen bleiben unberücksichtigt. Satz 2 gilt nicht, wenn der Aufenthalt ausschließlich zu Besuchs-, Erholungs-, Kur- oder ähnlichen privaten Zwecken genommen wird und nicht länger als ein Jahr dauert.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist polnischer Staatsangehöriger. Er lebt mit seiner Ehefrau und zwei Kindern, S und K, in einem gemeinsamen Familienhaushalt in Polen. Ein Anspruch auf Kindergeld für die beiden Kinder besteht in Polen nicht.

2

Vom 2. April bis zum 30. September 2009 war der Kläger im Inland sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) ist der Kläger wegen der aus dieser Tätigkeit erzielten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig gemäß § 1 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr 2009 geltenden Fassung (EStG) behandelt worden.

3

Dem Kläger war zunächst ab April 2009 Kindergeld für die Kinder S und K bewilligt worden. Dem Einspruch gegen die (teilweise) Aufhebung der Kindergeldfestsetzung für die Kinder S und K half die Beklagte und Revisionsbeklagte (Familienkasse) mit Bescheid vom 28. Oktober 2010 insoweit ab, als für beide Kinder für den Zeitraum April bis September 2009 Kindergeld in voller gesetzlicher Höhe gewährt wurde, nicht jedoch für den Zeitraum vor Aufnahme und nach Beendigung der Erwerbstätigkeit (von Januar bis März bzw. von Oktober bis Dezember 2009). Die hiergegen erhobene Klage, die der Kläger damit begründet hatte, die Voraussetzungen für die Kindergeldgewährung hätten nicht nur für den Zeitraum der Arbeitstätigkeit, sondern im ganzen Jahr vorgelegen, wies das FG als unbegründet ab. Der Kläger habe zwar nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG i.V.m. § 1 Abs. 3 Satz 1 EStG Anspruch auf Kindergeld, weil er als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig zu behandeln und dementsprechend zur Einkommensteuer veranlagt worden sei. Den erforderlichen Antrag nach § 1 Abs. 3 EStG habe er konkludent mit der Abgabe der Einkommensteuererklärung 2009 bei dem Finanzamt gestellt. Die unbeschränkte Einkommensteuerpflicht bestehe allerdings nur für den Zeitraum, für den der Kläger Einkünfte erziele, da die unbeschränkte Steuerpflicht nach § 1 Abs. 3 Satz 4 2. Halbsatz EStG nur "soweit" entstehe, als inländische Einkünfte vorlägen. Dieses Tatbestandsmerkmal betreffe nicht nur die Höhe der Einkünfte, sondern enthalte auch einen zeitlichen Moment.

4

Hiergegen wendet sich der Kläger mit der vom FG zugelassenen Revision.

5

Das FG habe verfahrensfehlerhaft nicht festgestellt, ob der Kläger außerhalb seiner nichtselbständigen Tätigkeit vom April bis September 2009 keine weiteren Einkünfte erzielt habe. Das FG hätte dazu die Einkommensteuerakten auswerten und von ausländischen Steuerbehörden ergänzende Bescheinigungen beschaffen müssen.

6

Der Einschränkung in § 1 Abs. 3 EStG, wonach natürliche Personen ohne Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland unbeschränkt steuerpflichtig seien, "soweit" sie inländische Einkünfte erzielen, sei keine zeitliche Beschränkung für das Kindergeld zu entnehmen. Deren Sinn und Zweck sei lediglich, vom Welteinkommen nur die im Inland erzielten Einkünfte der inländischen Steuerpflicht zu unterwerfen. Zudem verweist der Kläger auf § 32 Abs. 4 EStG, wonach bei der Anrechnung eigener Einkünfte des Kindes auf den Jahresbetrag abzustellen sei. Seine Rechtsauffassung werde auch von der Dienstanweisung zur Durchführung des Familienleistungsausgleichs nach dem X. Abschnitt des Einkommensteuergesetzes (DA-FamEStG) unter Rz 62.1 Satz 10 sowie in der Kommentarliteratur (Felix, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 66 Rz C 8; Pust in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 66 Rz 52; Weber-Grellet in Schmidt, EStG, 31. Aufl., § 66 Rz 6) geteilt. Zudem komme es ohnehin nicht auf den Beginn oder das Ende der Erwerbstätigkeit, sondern auf den Zufluss der Einkünfte an. Die Anwendung des Monatsprinzips führe zu einer Diskriminierung von Saisonarbeitern.

7

Der Kläger beantragt,
das Urteil des FG sowie die Einspruchsentscheidung der Familienkasse vom 5. November 2010 aufzuheben und die Familienkasse zu verpflichten, Kindergeld für die Kinder S und K für die Monate Januar bis März und Oktober bis Dezember 2009 zu gewähren, hilfsweise, dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) folgende Rechtsfrage vorzulegen:

8


"Ist das EU-Primärrecht (hier insbesondere die Artikel 3 und 45 des Vertrages über die Europäische Union -AEUV-) sowie das EU-Sekundärrecht (hier insbesondere die VO 1408/71 bzw. 883/2004) jeweils in ihren aktuellen Fassungen dahin auszulegen, dass sie einer Entscheidung des Mitgliedstaates entgegenstehen, wonach einem Angehörigen eines Mitgliedstaates, der sich zur Ausübung einer Beschäftigung in diesem Mitgliedstaat dort aufhält und tätig ist (sog. Wanderarbeitnehmer) und der als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig im gesamten Kalenderjahr veranlagt wurde, Familienleistungen i.S.d. VO 1408/71 bzw. 883/2004 lediglich für den Zeitraum der Ausübung der Beschäftigung in diesem Mitgliedstaat gewährt wird, wenn nach der Entscheidung des Mitgliedstaates jedoch einem Angehörigen eines Mitglied-staates, der sich lediglich als sog. Grenzpendler inner-halb seiner täglichen Arbeitszeit in diesem Mitgliedstaat aufhält und als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig im gesamten Kalenderjahr veranlagt wurde, die Familienleistungen für das gesamte Kalenderjahr gewährt werden?"

9

Die Familienkasse beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

10

Eine Zuweisung des Klägers unter die deutschen Rechtsvorschriften aufgrund einer (weiteren) Beschäftigung im Inland sei nicht möglich. Die Anwendung der vom EuGH in der Rechtssache Bosmann (Urteil vom 20. Mai 2008 C-352/06, Slg. 2008, I-3827, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 2008, 877) aufgestellten Grundsätze komme nicht in Betracht, da außerhalb des Zeitraums der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung im Inland kein Anknüpfungspunkt für eine im Hinblick auf die Arbeitnehmerfreizügigkeit gebotene Gewährung deutschen Kindergeldes erkennbar sei.

Entscheidungsgründe

11

II. Die Revision des Klägers ist im Ergebnis begründet. Das Urteil des FG ist aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat zwar zu Recht entschieden, dass dem Kläger ein Anspruch auf Kindergeld nur für diejenigen Kalendermonate zusteht, in denen er im Inland unbeschränkt steuerpflichtige Einkünfte i.S. von § 1 Abs. 3 i.V.m. § 49 EStG erzielt hat. Hierzu sind jedoch noch weitere Feststellungen zur "Behandlung als unbeschränkt Steuerpflichtiger" sowie zum Zeit-punkt des Zuflusses der Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit zu treffen.

12

1. Dem Kläger steht nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 EStG für die streitigen Monate Januar bis März 2009 und Oktober bis Dezember 2009 kein Anspruch auf Kindergeld zu; denn nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 EStG hat Anspruch auf Kindergeld für Kinder i.S. des § 63 EStG, wer im Inland einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.

13

Selbst wenn der Kläger in den Monaten, für die er Kindergeld erhalten hat (von April bis September 2009) im Inland einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt gehabt hätte, wofür nach dem vom FG nicht festgestellten Akteninhalt die Geltendmachung von Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung spricht, stünde ihm für die allein streitigen Monate Januar bis einschließlich März 2009 und Oktober bis einschließlich Dezember 2009 kein Kindergeld nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu, weil er in diesen Monaten keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hatte. Denn nach § 66 Abs. 2 EStG wird das Kindergeld monatlich vom Beginn des Monats an gezahlt, in dem die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind, bis zum Ende des Monats, in dem die Anspruchsvoraussetzungen wegfallen (sog. Monatsprinzip). Der Kindergeldanspruch richtet sich daher danach, ob die Voraussetzungen für die Gewährung von Kindergeld im jeweiligen Monat vorliegen. Beim Wechsel von der beschränkten zur unbeschränkten Steuerpflicht und umgekehrt kann Kindergeld daher nur vom Beginn des Monats, in dem ein inländischer Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt begründet wird, bis zum Ablauf des Monats, in dem dieser aufgegeben wird, gewährt werden (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 20. November 2008 III R 53/05, BFH/NV 2009, 564). Vor Begründung und nach Aufgabe des inländischen Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts besteht daher kein Anspruch auf Kindergeld.

14

2. Dem Kläger steht für die streitigen Monate Januar bis März 2009 und Oktober bis Dezember 2009 --vorbehaltlich der Frage der zeitlichen Zuordnung der Einkünfte-- auch kein Anspruch nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG zu, wenn er im Zeitraum April bis September 2009 keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland besaß.

15

a) Für Kinder i.S. des § 63 EStG hat nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG Anspruch auf Kindergeld, wer ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland nach § 1 Abs. 3 EStG "als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt" wird.

16

Nach § 1 Abs. 3 EStG werden auf Antrag auch natürliche Personen als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, soweit sie inländische Einkünfte i.S. des § 49 EStG haben. Dies gilt nur, wenn ihre Einkünfte im Kalenderjahr zu mindestens 90 % der deutschen Einkommensteuer unterliegen oder die nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte den Grundfreibetrag nach § 32a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG nicht übersteigen. Voraussetzung ist weiter u.a., dass die Höhe der nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte durch eine Bescheinigung der zuständigen ausländischen Steuerbehörde nachgewiesen wird.

17

b) Bei Anwendung von § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG liegt eine Behandlung "nach § 1 Abs. 3 als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig" nur für die Kalendermonate vor, in denen der Kindergeldberechtigte Einkünfte i.S. des § 49 EStG erzielt, die nach § 1 Abs. 3 EStG der Einkommensteuer unterliegen.

18

aa) Mit dem Tatbestandsmerkmal in § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG "als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt" i.S. von § 1 Abs. 3 EStG stellt die Vorschrift steuersystematisch auf die "Behandlung" bei der Einkommensteuerfestsetzung ab. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Einkommensteuer nach § 2 Abs. 7 Satz 1 EStG eine Jahressteuer ist und ihre Grundlagen bei der Steuerfestsetzung gemäß § 2 Abs. 7 Satz 2 EStG jeweils für das Kalenderjahr zu ermitteln sind.

19

bb) Aus § 2 Abs. 7 EStG folgt jedoch nicht, dass sich die Behandlung als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig jeweils auf ein Kalenderjahr bezieht. Endet z.B. die am Jahresanfang bestehende unbeschränkte Steuerpflicht nach § 1 Abs. 1 EStG während eines Kalenderjahres --nach Wegzug aus dem Inland und damit nach der Aufgabe des Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthaltes im Inland--, erfolgt eine "Behandlung" als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig für den nachfolgenden Zeitraum bis zum Ende des Kalenderjahres nur nach § 1 Abs. 3 EStG. Die Behandlung als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig gemäß § 1 Abs. 3 EStG beschränkt sich dann auf den Zeitraum, für den die Steuerpflicht nach dieser Vorschrift besteht (Lehner/Waldhoff, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O., § 1 Rz D 212).

20

cc) Dass sich die Behandlung als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig i.S. von § 1 Abs. 3 EStG wie im Fall des Wegzugs auf einen Teil eines Kalenderjahres beschränkt, zeigt, dass eine Behandlung als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig nach § 1 Abs. 3 EStG i.S. des § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG nur für die Zeiträume eines Kalenderjahres vorliegt, in denen der Steuerpflichtige die nach § 1 Abs. 3 EStG steuerpflichtigen Einkünfte bezieht. Dies steht auch im Einklang mit dem Wortlaut des § 1 Abs. 3 EStG, wonach die Behandlung von Personen als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig nur erfolgt, "soweit sie inländische Einkünfte i.S. des § 49 EStG haben". Dabei handelt es sich somit nicht nur um eine gegenständliche Definition im Hinblick auf die Bestimmung des sachlichen Umfangs der Einkünfte, sondern auch um eine zeitliche Einschränkung auf den Zeitraum der Behandlung als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig.

21

dd) Für diese Auslegung sprechen zudem Sinn und Zweck des § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG. Danach sollen natürliche Personen, die im Inland weder einen Wohnsitz noch einen gewöhnlichen Aufenthalt haben und auf Antrag nach § 1 Abs. 3 EStG als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt werden, kindergeldrechtlich den natürlichen Personen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland gleichgestellt werden. Wer ohne inländischen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt als nach § 1 Abs. 3 EStG unbeschränkt Steuerpflichtiger keine Einkünfte im Inland (als anspruchsbegründendes Merkmal nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b i.V.m. § 1 Abs. 3 EStG) erzielt, kann kindergeldrechtlich nicht besser gestellt werden als der Steuerpflichtige, der durch einen Wegzug ins Ausland seinen inländischen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland (als anspruchsbegründendes Merkmal nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 EStG) aufgibt und mit Beendigung des Monats des Wegzugs seinen Anspruch auf Kindergeld verliert. Gleiches gilt für den Zeitraum vor Begründung eines inländischen Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts.

22

3. Die hiergegen gerichteten Einwendungen des Klägers greifen nicht durch.

23

a) Gegen die einschränkende Auslegung nach dem Monatsprinzip spricht nicht, dass der unbeschränkt Steuerpflichtige nach § 1 Abs. 3 EStG einer Jahresveranlagung nach § 2 Abs. 7 EStG unterliegt, wonach für die Berechnung der Einkommensteuer "die während der beschränkten Einkommensteuerpflicht erzielten inländischen Einkünfte in eine Veranlagung zur unbeschränkten Einkommensteuerpflicht einzubeziehen" sind. Durch § 2 Abs. 7 EStG wurde mit dem Jahressteuergesetz 1996 vom 11. Oktober 1995 die bis dahin geltende Regelung aufgehoben, nach der für die jeweiligen Zeiträume der beschränkten und unbeschränkten Einkommensteuerpflicht getrennte Veranlagungen durchzuführen waren. Sinn und Zweck der Gesetzesänderung war, eine Ungleichbehandlung zu Gunsten von Steuerpflichtigen beim Wechsel von der unbeschränkten zur beschränkten Steuerpflicht (z.B. in Wegzugsfällen) abzubauen, die darin bestand, dass diese Personengruppe nicht für das gesamte Veranlagungsjahr nach einem einheitlichen Steuertarif besteuert wurde (vgl. BTDrucks 13/1558, S. 152), und insbesondere der Grundfreibetrag nicht --wie bis einschließlich des Veranlagungszeitraums 1995-- doppelt in Ansatz gebracht werden sollte (Musil in Herrmann/ Heuer/Raupach, § 2 EStG Rz 922). Nicht bezweckt war den Bezug von Kindergeld für das gesamte Veranlagungsjahr zu bewirken, wenn die Voraussetzungen des Bezugs von Einkünften i.S. des § 49 EStG z.B. nur für wenige Tage im Jahr gegeben waren. Denn auch für die Kindergeldberechtigung nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG i.V.m. § 1 Abs. 3 EStG wird das einkommensteuerrechtliche Jahresprinzip des § 2 Abs. 7 EStG durch das Monatsprinzip des § 66 Abs. 2 EStG überlagert.

24

b) Der Kläger kann sich für seine Auffassung auch nicht auf § 32 Abs. 4 Satz 3 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung stützen, wonach ein Kind nur berücksichtigt werden darf, wenn es Einkünfte und Bezüge, die zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind, von nicht mehr als 7.680 € "im Kalenderjahr" hat (sog. Jahresgrenzbetrag). Auch hier ist eine Monatsbetrachtung erforderlich, wenn die kindbezogenen Voraussetzungen für den Anspruch auf Kindergeld nicht ganzjährig vorliegen (§ 32 Abs. 4 Sätze 7 und 8 EStG). Denn nach Satz 7 dieser Regelung ermäßigt sich der Betrag nach Satz 2 oder 3 (der Jahresgrenzbetrag von 7.680 €) für jeden Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 oder 2 an keinem Tag vorliegen. Nach Satz 8 bleiben Einkünfte und Bezüge des Kindes, die auf diese Kalendermonate entfallen, außer Ansatz.

25

Zudem berührt die Regelung in § 32 Abs. 4 Satz 1 EStG (Jahresgrenzbetrag) zur Begrenzung des Kindergeldanspruchs nicht die Frage, ob in der Person desjenigen, der Kindergeld beansprucht, die Voraussetzungen für die Gewährung von Kindergeld vorliegen.

26

c) Der Kläger macht zu Unrecht geltend, andernfalls bestehe ein Widerspruch zu den Urteilen des BFH vom 24. Mai 2012 III R 14/10 (BFHE 237, 239, BStBl II 2012, 897) und vom 27. Juli 1994 I R 25/94 (BFHE 175, 528, BStBl II 1995, 127). Im Urteil in BFHE 237, 239, BStBl II 2012, 897 ging es um die (fehlende) Bindungswirkung einer Veranlagung eines Finanzamts, das zu Unrecht von einem inländischen Wohnsitz eines Kindergeldberechtigten ausgegangen war, nicht aber um die im Streitfall entscheidungserhebliche Frage einer Monatsbetrachtung bei der Einkünfteerzielung eines Wohnsitzausländers. Das Urteil in BFHE 175, 528, BStBl II 1995, 127 betrifft nicht Kindergeld, sondern die Berechtigung eines Klägers zum Lohnsteuerjahresausgleich für den Zeitraum nach einem Wegzug in die Niederlande, wenn er ganzjährig im Inland Einkünfte erzielt hat, woran es im Streitfall fehlt.

27

d) Auch aus der --den Senat ohnehin nicht bindenden-- DA-FamEStG ergibt sich entgegen der Auffassung des Klägers nichts Gegenteiliges unter Rz 62.1 Abs. 3 Satz 10. Dort heißt es: "Besteht Anspruch auf Kindergeld wegen Behandlung als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig, ist das Kindergeld nur für dasjenige Kalenderjahr festzusetzen, für das ein Vorliegen der Voraussetzungen des § 1 Absatz 3 EStG nachgewiesen worden ist." Die Regelung bezweckt den Ausschluss von Kindergeld für andere Veranlagungszeiträume; sie betrifft nicht die Frage, ob ganzjährig oder monatsweise ein Kindergeldanspruch bei Einkünfteerzielung in einem Teil des Jahres besteht, zumal in Rz 62.3.2 Abs. 4 Satz 1 für Botschaftsangehörige, die die Hausgemeinschaft innerhalb des Jahres aufgegeben haben, ausgeführt wird: "Der Kindergeldanspruch der in § 1 Abs. 2 EStG genannten Personen endet mit Ablauf des Monats, in dem die Hausgemeinschaft auf Dauer beendet wird." Soweit sich der Kläger durch die Kommentarliteratur bestätigt sieht, in der ohne weitere Begründung Gegenteiliges vertreten wird (Felix, a.a.O., § 66 Rz C 8; Pust, a.a.O., § 66 Rz 52; Weber-Grellet, a.a.O., § 66 Rz 6), vermag der Senat dem aus den vorgenannten Gründen nicht zu folgen.

28

e) Die Entscheidungen des EuGH vom 12. Juni 2012 C-611/10 und C-612/10 (juris) zu Art. 14 Nr. 1 Buchst. a und Art. 14a Nr. 1 Buchst. a der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicher-heit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familien-angehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern --VO Nr. 1408/71--, (in der durch die Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996 geänderten und aktualisierten Fassung, diese wiederum geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 647/2005 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. April 2005), berühren nicht die vorliegend entscheidungserhebliche Frage der Begrenzung des Kindergeldanspruchs nach dem Monatsprinzip für Zeiträume vor oder nach Beendigung der anspruchsbegründenden Tätigkeit.

29

f) Entgegen der Auffassung des Klägers besteht kein Anlass, dem EuGH die im Klageantrag hilfsweise gestellte Rechtsfrage nach der unterschiedlichen Behandlung von Grenzgängern und Saisonarbeitern vorzulegen. Nach Art. 3 Abs. 1 der VO Nr. 1408/71 gilt der Grundsatz der Gleichbehandlung:

30


"Die Personen, die im Gebiet eines Mitgliedstaats wohnen und für die diese Verordnung gilt, haben die gleichen Rechte und Pflichten auf Grund der Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats wie die Staatsangehörigen dieses Staates, soweit besondere Bestimmungen dieser Verordnung nichts anderes vorsehen."

31

Nach der Auslegung des Senats haben alle Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben, dieselbe Rechtsposition hinsichtlich ihres Kindergeldanspruchs nach dem Monatsprinzip. Personen, die im Inland keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben (z.B. Wanderarbeiter oder Saisonarbeiter), werden den Wohnsitzinländern gleichgestellt; es wird lediglich --wie unter II.2.b dd ausgeführt-- eine Privilegierung nicht im Inland ansässiger Personen, die nach § 1 Abs. 3 EStG als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt werden, gegenüber Personen, die im gleichen Zeitraum im Inland ansässig sind, verhindert.

32

4. Die Sache ist gleichwohl nicht spruchreif.

33

Eine Kindergeldberechtigung nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG setzt voraus, dass der Anspruchsteller aufgrund eines entsprechenden Antrags nach § 1 Abs. 3 EStG als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt wird (BFH-Urteil in BFHE 273, 239, BStBl II 2012, 897). Ob der Kläger einen Antrag nach § 1 Abs. 3 EStG gestellt hatte und entsprechend zur Einkommen-steuer veranlagt wurde, lässt sich den Feststellungen des FG nicht zweifelsfrei entnehmen. Ebenso fehlen Feststellungen zum Zeitpunkt, zu dem dem Kläger die Einkünfte nach § 49 Abs. 1 Nr. 4 EStG i.V.m. § 11 EStG zugeflossen sind.

34

5. Auf die Verfahrensrüge kam es wegen der Zurückverweisung an das FG nicht mehr an.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger), dessen Familienwohnsitz sich in Polen befindet, meldete im April 2008 einen inländischen Wohnsitz in X an. Das von ihm angegebene Einzugsdatum war der im April 2008. Die in Polen ansässige Arbeitgeberin des vom März 2008 bis zum Mai 2009 ununterbrochen beschäftigten Klägers behielt für 2008 und 2009 Lohnsteuer sowie Solidaritätszuschlag ein.

2

Das Finanzamt A veranlagte den Kläger unter dessen polnischer Anschrift mit Einkommensteuerbescheid für 2008 vom 3. September 2009 zur Einkommensteuer.

3

Im Januar 2010 beantragte der Kläger bei der früheren Beklagten und Revisionsbeklagten (Familienkasse) Kindergeld für seine 1989, 1991 und 1994 geborenen Kinder K, J und B. Er gab an, dass er von März 2008 bis Mai 2009 am Beschäftigungsort X mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden ohne inländische Sozialversicherung "unselbständig" erwerbstätig gewesen sei. Seinem Antrag waren die Formulare E 402 und Erklärungen zu den Einkünften und Bezügen eines über 18 Jahre alten Kindes beigefügt.

4

Die Familienkasse lehnte mit Bescheid vom 26. Januar 2010 den Antrag des Klägers mit der Begründung ab, dass ein Kindergeldanspruch nicht bestehe, weil der Kläger in Deutschland nicht sozialversicherungspflichtig gewesen sei.

5

Mit seinem hiergegen eingelegten Einspruch machte der Kläger geltend, dass ein Anspruch auf Kindergeld nicht nur für den Zeitraum bestehe, in dem er in Deutschland einer Erwerbstätigkeit nachgegangen sei. Er könne, da seine unbeschränkte Einkommensteuerpflicht aus § 1 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) folge, Kindergeld für jedes volle Kalenderjahr, für das die Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 EStG gegeben seien, beanspruchen. Er wies ferner darauf hin, dass die Voraussetzungen für Familienleistungen in Polen nicht erfüllt gewesen seien und ein konkurrierender Anspruch mithin nicht bestanden habe.

6

Die Familienkasse half dem Einspruch des Klägers insoweit ab, als sie mit Bescheid vom 28. Juni 2010 zunächst Kindergeld einschließlich des für 2009 zu gewährenden Einmalbetrags in Höhe von 100 € je Kind für die Kinder K und B für den Zeitraum von März 2008 bis Mai 2009 und für das Kind J für den Zeitraum von März 2008 bis Januar 2009 festsetzte. Mit Änderungsbescheid vom 30. Juni 2010 gewährte sie sodann Kindergeld für das Kind J auch für den Zeitraum von Februar 2009 bis Mai 2009. Den weitergehenden Einspruch wies die Familienkasse mit Einspruchsentscheidung vom 1. Juli 2010 als unbegründet zurück.

7

Die Klage, mit der der Kläger darüber hinaus weiteres Kindergeld in Höhe von … € für die Jahre 2008 und 2009 begehrte, hatte keinen Erfolg.

8

Das Finanzgericht (FG) führte im Wesentlichen aus, für die Gewährung von Kindergeld für weitere Monate der Jahre 2008 und 2009 über den von der Familienkasse bereits berücksichtigten Zeitraum von März 2008 bis Mai 2009 hinaus fehle es an einem Anspruch des Klägers.

9

Die Voraussetzungen des § 62 Abs. 1 Nr. 1 EStG, wonach derjenige für Kinder i.S. des § 63 EStG Kindergeld beanspruchen könne, der im Inland einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt habe, seien nur für den Zeitraum von März 2008 bis Mai 2009 erfüllt. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger bereits vor Beginn seines Dienstverhältnisses im März 2008 einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland gehabt habe, lägen nicht vor. Der Kläger habe auch keinen Nachweis für das Fortbestehen eines inländischen Wohnsitzes über das Ende seiner Beschäftigung im Mai 2009 hinaus, vorgelegt.

10

Der Antrag des Klägers, i.S. des § 1 Abs. 3 EStG als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt zu werden, begründe nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG keinen Anspruch auf Kindergeld für Zeiträume eines Jahres, in denen er keine inländischen Einkünfte i.S. des § 49 EStG erzielt habe. Das kindergeldrechtliche Monatsprinzip gebiete es, die unbeschränkte Einkommensteuerpflicht nach § 1 Abs. 3 EStG, auch wenn sie steuerlich zu einer Veranlagung für ein Kalenderjahr führe, für Zwecke des Kindergelds auf den Zeitraum des Bezugs inländischer Einkünfte zu begrenzen.

11

Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2012, 1282 veröffentlicht.

12

Der Kläger stützt seine vom FG wegen grundsätzlicher Bedeutung und Rechtsfortbildung zugelassene Revision auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts.

13

Er rügt eine unzureichende Sachverhaltsaufklärung durch das FG und bringt vor, es sei nicht ersichtlich, aufgrund welcher Umstände die Vorinstanz meine, weitere Einkünfte i.S. des § 49 EStG außerhalb der Beschäftigungszeiten ausschließen zu können. Das FG habe nicht festgestellt, dass er, der Kläger, außerhalb dieses Zeitraumes keine derartigen Einkünfte erzielt habe.

14

Die Ansicht des FG, wonach er, der Kläger, lediglich in den Zeiträumen seiner inländischen Beschäftigung als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig i.S. des § 1 Abs. 3 EStG gelte, weshalb er nur in diesen Zeiträumen nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG anspruchsberechtigt sei, sei rechtsfehlerhaft. Die in § 1 Abs. 3 EStG getroffene Formulierung "soweit" beinhalte allein eine partielle Behandlung der im Inland erzielten Einkünfte. Eine zeitliche Einschränkung der unbeschränkten Steuerpflicht nach § 1 Abs. 3 EStG auf den konkreten Zeitraum der Erzielung inländischer Einkünfte sei damit nicht verbunden.

15

Es sei entgegen der Ansicht des FG auch nicht möglich, allein auf die Monate der Erzielung inländischer Einkünfte abzustellen. Die Einkommensteuerbescheide nach § 1 Abs. 3 EStG führten die konkreten Zeiträume, in denen jeweils die der Besteuerung zugrunde gelegten Einkünfte erzielt worden seien, nicht explizit auf. Auch seien in den Vordrucken --insbesondere des Vordrucks EU/EWR-- solche monatlichen Informationen nicht enthalten. Die Prüfung und Bewertung einkommensteuerrechtlicher Sachverhalte würde, abgesehen davon, dass die Einholung der erforderlichen Informationen derzeit nicht möglich sei, zudem zu einem nach Ansicht des Gesetzgebers zu vermeidenden Verwaltungsmehraufwand führen.

16

Der Kläger beantragt, die Vorentscheidung und den Bescheid vom 26. Januar 2010 in Gestalt der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 1. Juli 2010 aufzuheben und die Familienkasse zu verpflichten, für die Kinder J, K und B für die verbleibenden streitigen Monate der Jahre 2008 und 2009 über die Kindergeldfestsetzungen vom 28. Juni 2010 und 30. Juni 2010 hinaus weiteres Kindergeld in Höhe von … € festzusetzen.

17

Die Familienkasse hat im Revisionsverfahren weder einen Antrag gestellt noch eine Stellungnahme in der Sache abgegeben.

Entscheidungsgründe

18

II. Im Streitfall hat zum 1. Mai 2013 ein gesetzlicher Beteiligtenwechsel stattgefunden; Beklagte und Revisionsbeklagte ist nunmehr die Familienkasse … (vgl. z.B. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 22. August 2007 X R 2/04, BFHE 218, 533, BStBl II 2008, 109; vom 16. Mai 2013 III R 8/11, BFHE 241, 511, BStBl II 2013, 1040, Rz 11; vom 28. Mai 2013 XI R 38/11, juris, Rz 14). Das Rubrum des Verfahrens ist deshalb zu ändern.

III.

19

Die Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

20

Das FG hat zwar zu Recht entschieden, dass dem Kläger ein Anspruch auf Kindergeld nur für diejenigen Kalendermonate zusteht, in denen er im Inland unbeschränkt steuerpflichtige Einkünfte i.S. von § 1 Abs. 3 i.V.m. § 49 EStG erzielt hat. Die Feststellungen der Vorinstanz reichen aber nicht aus, um abschließend beurteilen zu können, ob der Kläger für die Jahre 2008 und 2009 nach § 1 Abs. 3 EStG zur Einkommensteuer veranlagt worden ist und in welchen Monaten der Kläger seine inländischen Einkünfte i.S. des § 49 EStG erzielt hat.

21

1. Der Kläger hat für die noch streitigen Zeiträume der Jahre 2008 und 2009 keinen Anspruch auf Kindergeld nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 EStG.

22

a) Nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 EStG hat Anspruch auf Kindergeld für Kinder i.S. des § 63 EStG, wer im Inland einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Der Kindergeldanspruch richtet sich --dem Monatsprinzip nach § 66 Abs. 2 EStG folgend-- danach, ob die Voraussetzungen für die Gewährung von Kindergeld im jeweiligen Monat vorliegen. Beim Wechsel von der beschränkten zur unbeschränkten Steuerpflicht und umgekehrt kann Kindergeld daher nur vom Beginn des Monats, in dem ein inländischer Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt begründet wird, bis zum Ablauf des Monats, in dem dieser aufgegeben wird, gewährt werden (vgl. BFH-Urteile vom 20. November 2008 III R 53/05, BFH/NV 2009, 564; vom 24. Oktober 2012 V R 43/11, BFHE 239, 327, BStBl II 2013, 491). Vor Begründung und nach Aufgabe des inländischen Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts besteht daher nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 EStG kein Anspruch auf Kindergeld (vgl. BFH-Urteil in BFHE 239, 327, BStBl II 2013, 491).

23

b) Es ist --wovon das FG zutreffend ausging-- weder ersichtlich noch geltend gemacht, dass der Kläger in den noch verbleibenden streitigen Monaten der Jahre 2008 und 2009 einen Wohnsitz (§ 8 der Abgabenordnung --AO--) oder gewöhnlichen Aufenthalt (§ 9 AO) im Inland hatte.

24

2. Der Kläger ist im Streitzeitraum --was hier ausschließlich noch in Betracht kommt-- nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG kindergeldberechtigt, soweit er nach § 1 Abs. 3 EStG aufgrund inländischer Einkünfte i.S. des § 49 EStG als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt worden ist.

25

a) Für Kinder i.S. des § 63 EStG hat nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG Anspruch auf Kindergeld, wer ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland nach § 1 Abs. 3 EStG "als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt" wird.

26

aa) Nach § 1 Abs. 3 EStG werden auf Antrag auch natürliche Personen als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, soweit sie inländische Einkünfte i.S. des § 49 EStG erzielen. Dies gilt nur, wenn ihre Einkünfte im Kalenderjahr zu mindestens 90 % der deutschen Einkommensteuer unterliegen oder die nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte den Grundfreibetrag nach § 32a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG nicht übersteigen. Voraussetzung ist weiter u.a., dass die Höhe der nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte durch eine Bescheinigung der zuständigen ausländischen Steuerbehörde nachgewiesen wird.

27

bb) Die Kindergeldberechtigung nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG ist --anders als die nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 Buchst. a EStG-- von der einkommensteuerrechtlichen Behandlung des Antragstellers abhängig. Eine Kindergeldberechtigung nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG setzt voraus, dass der Antragsteller aufgrund eines entsprechenden Antrags vom Finanzamt nach § 1 Abs. 3 EStG als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt wird (vgl. dazu BFH-Urteile vom 24. Mai 2012 III R 14/10, BFHE 237, 239, BStBl II 2012, 897; vom 18. Juli 2013 III R 59/11, BFHE 242, 228).

28

b) Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers ist eine Kindergeldberechtigung in den Fällen des § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG nicht für das gesamte Kalenderjahr gegeben, auch wenn die Einkommensteuer eine Jahressteuer ist (§ 2 Abs. 7 Satz 1 EStG).

29

aa) Der BFH hat bereits in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass eine Kindergeldberechtigung nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG nur in den Monaten des betreffenden Kalenderjahrs besteht, in denen der Anspruchsberechtigte inländische Einkünfte i.S. des § 49 EStG erzielt, und diese einschränkende Auslegung der Anspruchsnorm auch im Einklang mit dem Unionsrecht steht (vgl. dazu BFH-Urteile in BFHE 239, 327, BStBl II 2013, 491; vom 18. April 2013 VI R 70/11, BFH/NV 2013, 1554; in BFHE 242, 228).

30

bb) Dieser Rechtsprechung schließt sich der erkennende Senat an und verweist zur weiteren Begründung auf die Ausführungen in den BFH-Urteilen in BFHE 239, 327, BStBl II 2013, 491, in BFH/NV 2013, 1554 und in BFHE 242, 228.

31

cc) Die hiergegen erhobenen Einwendungen des Klägers greifen nicht durch.

32

(1) Soweit er vorbringt, dass es nicht möglich sei, allein auf die Monate der Erzielung inländischer Einkünfte abzustellen, da weder die nach § 1 Abs. 3 EStG ergehenden Einkommensteuerbescheide noch die Bescheinigung EU/EWR die konkreten Zeiträume, in denen jeweils die der Besteuerung zugrunde gelegten Einkünfte erzielt worden seien, nicht explizit aufführten, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Denn die Familienkassen und Finanzgerichte haben den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln (§ 88 AO, § 76 FGO). Dabei sind die Beteiligten zur Mitwirkung verpflichtet (§ 90 AO, § 76 Abs. 1 Sätze 2 bis 4 FGO).

33

(2) Ebenso wenig vermag sich der Senat dem Kläger darin anzuschließen, dass die im Zusammenhang mit der Erzielung inländischer Einkünfte i.S. des § 1 Abs. 3 EStG verbundene Prüfung und Bewertung einkommensteuerrechtlicher Sachverhalte zu einem nach Ansicht des Gesetzgebers zu vermeidenden Verwaltungsmehraufwand führen würde. Die Gewährleistung des Monatsprinzips auch bei den Fällen des § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG entspricht dem Sinn und Zweck dieser Vorschrift und mithin der Intention des Gesetzgebers.

34

3. Die Sache ist nicht spruchreif. Die Feststellungen des FG lassen keine Beurteilung darüber zu, ob der Kläger für die verbleibenden streitigen Monate der Jahre 2008 und 2009 nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG kindergeldberechtigt ist.

35

a) Eine Kindergeldberechtigung nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG setzt voraus, dass der Anspruchsteller aufgrund eines entsprechenden Antrags nach § 1 Abs. 3 EStG als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt wird (vgl. dazu BFH-Urteile in BFHE 237, 239, BStBl II 2012, 897, Leitsatz; in BFHE 239, 327, BStBl II 2013, 491, Rz 33). Ob der Kläger --wie er vorbringt-- einen Antrag nach § 1 Abs. 3 EStG gestellt hat und in den Kalenderjahren 2008 und 2009 entsprechend zur Einkommensteuer veranlagt wurde, lässt sich den Feststellungen des FG nicht zweifelsfrei entnehmen. Dem vom FG in Bezug genommenen Einkommensteuerbescheid für 2008 lässt sich allein nicht entnehmen, ob das Finanzamt dem Antrag des Klägers --wie er behauptet-- nach § 1 Abs. 3 EStG entsprochen oder ihn möglicherweise nach § 1 Abs. 1 EStG als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig veranlagt hat. Hinsichtlich des Kalenderjahrs 2009 fehlt es schon an Feststellungen, ob der Kläger überhaupt als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig veranlagt worden war.

36

b) Sollten die noch durchzuführenden Ermittlungen für die Veranlagungszeiträume 2008 und 2009 eine Behandlung nach § 1 Abs. 3 EStG ergeben, bliebe weiter festzustellen, ob und in welchen Monaten der Kläger inländische Einkünfte i.S. des § 49 EStG erzielt hat. Hierbei handelt es sich um diejenigen Monate, in denen die Einkünfte des Klägers nach § 49 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 11 EStG zeitlich zu erfassen sind (vgl. dazu BFH-Urteil in BFHE 239, 327, BStBl II 2013, 491, Rz 33).

37

c) Soweit hiernach der Kläger für die verbleibenden streitigen Monate der Jahre 2008 und 2009 kindergeldberechtigt wäre, bliebe abschließend zu prüfen, ob in diesen Monaten eine Konkurrenzsituation mit polnischen Familienleistungen --was der Kläger verneint-- gegeben war, und eine sich ggf. ergebende Anspruchskumulierung nach den einschlägigen Vorschriften aufzulösen.

38

4. Auf die vom Kläger geltend gemachte Verfahrensrüge kam es wegen der Zurückverweisung an das FG nicht mehr an (vgl. dazu z.B. BFH-Urteil in BFHE 239, 327, BStBl II 2013, 491, Rz 34; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 126 Rz 16, m.w.N.).

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger), ein polnischer Staatsangehöriger, der von 2004 bis 2006 zusammen mit seiner Ehefrau und seinen Kindern in Polen lebte, war vom 12. Mai 2004 bis zum 10. September 2004, vom 11. Dezember 2004 bis zum 26. April 2005 sowie vom 18. August 2005 bis zum 29. April 2006 bei der "…" beschäftigt und von ihr als Arbeitnehmer in die Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) entsandt. Sozialversichert war er in Polen.

2

Von den vom Kläger in Deutschland bezogenen (inländischen) Arbeitslöhnen wurden Lohnsteuer und Solidaritätszuschlag, jedoch keine Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung einbehalten. In Zeiten, in denen sich der Kläger nicht in Deutschland zur Arbeit aufhielt, erzielte er keine inländischen Einkünfte.

3

Das Finanzamt … (FA) veranlagte den Kläger und dessen Ehefrau für die Kalenderjahre 2004 bis 2006 zusammen zur Einkommensteuer, die jeweils auf … € festgesetzt wurde.

4

Der Kläger beantragte im Dezember 2008 bei der Familienkasse X für seine 1998, 2000 sowie 2005 geborenen Kinder … (A), … (B) und … (C) Kindergeld für die Zeit von 2004 bis 2006. Er gab an, dass er in Deutschland unselbständig, jedoch nicht sozialversicherungspflichtig tätig gewesen sei und seine Ehefrau von Juni 2004 bzw. September 2005 bis August 2008 in Polen Familienleistungen in Höhe von monatlich jeweils … Zloty für A und B sowie … Zloty für C erhalten habe.

5

Mit Bescheid vom 14. Januar 2009 lehnte die Familienkasse X den Antrag des Klägers ab, weil er wegen seiner Sozialversicherungsplicht in Polen ausschließlich den polnischen Rechtsvorschriften unterliege.

6

Die Beklagte und Revisionsbeklagte --die vormals zuständige Familienkasse Y-- (Familienkasse) wies den an sie abgegebenen Einspruch des Klägers mit Einspruchsentscheidung vom 12. März 2009 als unbegründet zurück.

7

Die Klage mit dem Antrag, die Familienkasse unter Aufhebung des angefochtenen Ablehnungsbescheids in Gestalt der Einspruchsentscheidung zu verpflichten, Kindergeld für die Kinder A, B und C für die Zeit von 2004 bis 2006 zu gewähren, hatte ebenso wenig Erfolg.

8

Das Finanzgericht (FG) führte im Wesentlichen aus, dem Kläger stehe für die Zeiträume nach dem 1. Mai 2004 --nach dem Beitritt Polens zur Europäischen Union (EU)--, in denen er in Deutschland tätig gewesen sei, kein Kindergeld nach deutschem Recht zu, weil die deutschen Kindergeldvorschriften nach den Bestimmungen des Unionsrechts keine Anwendung fänden. Die Klage sei zudem für die Zeiträume, in denen die Ehefrau des Klägers polnische Familienleistungen erhalten habe, auch deshalb unbegründet, weil nach § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) kein Kindergeld gezahlt werde, wenn --wie hier-- für das betreffende Kind im Ausland dem deutschen Kindergeld vergleichbare Leistungen gewährt würden.

9

Auch für die Zeiträume nach dem 1. Mai 2004, in denen der Kläger nicht in Deutschland gearbeitet habe, bestehe kein Kindergeldanspruch nach deutschem Recht. Weder bestünden Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger insoweit einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland gehabt habe, noch könne § 1 Abs. 3 i.V.m. § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG für die Zeiträume eine Kindergeldberechtigung begründen, in denen ein Steuerpflichtiger --wie hier der Kläger-- keine inländischen Einkünfte i.S. des § 49 EStG erzielt habe.

10

Vom 1. Januar 2004 bis zum 30. April 2004 --in der Zeit vor dem Beitritt Polens zur EU-- lasse sich schon nicht feststellen, dass der Kläger einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland gehabt habe und kindergeldberechtigt nach § 62 Abs. 1 EStG gewesen sei.

11

Der Kläger stützt seine vom FG zugelassene Revision auf die Verletzung materiellen Rechts.

12

Er bringt im Wesentlichen vor, die Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der im Streitzeitraum maßgeblichen Fassung (VO Nr. 1408/71), verpflichte die jeweiligen Behörden des Beschäftigungsstaats, den dort tätigen Wanderarbeitnehmern Familienleistungen zu gewähren. Seien in Deutschland als Beschäftigungsstaat die Voraussetzungen für einen Kindergeldanspruch nach §§ 62 ff. EStG gegeben, bestehe hiernach ein Anspruch auf Kindergeld. Die unionsrechtlich zwingende Anwendbarkeit des innerstaatlichen Rechts "konterkariere" § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG; diese Vorschrift sei daher unionsrechtswidrig.

13

Zudem bestehe entgegen der vom FG vertretenen Rechtsansicht nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG ein Anspruch auf Kindergeld für jedes volle Kalenderjahr, in dem die Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 EStG gegeben seien.

14

Der vormals zuständige III. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat das Revisionsverfahren mit Beschluss vom 17. März 2011 III R 27/10 bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) über die bei ihm anhängigen Vorabentscheidungsersuchen C-611/10 und C-612/10 ausgesetzt.

15

Die Familienkasse hat nach Fortsetzung des Revisionsverfahrens den angefochtenen Ablehnungsbescheid vom 14. Januar 2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12. März 2009 im Hinblick auf das inzwischen ergangene EuGH-Urteil vom 12. Juni 2012 C-611/10, C-612/10 --Hudzinski und Wawrzyniak-- (Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst --DStRE-- 2012, 999, Zeitschrift für europäisches Sozial- und Arbeitsrecht --ZESAR-- 2012, 475) mit Bescheid vom 28. Januar 2014 geändert und nunmehr Kindergeld für A und B für die Zeit von August 2005 bis April 2006 und für C für die Zeit von September 2005 bis April 2006 unter Anrechnung der erhaltenen polnischen Familienleistungen festgesetzt sowie den Rechtsstreit (insgesamt) in der Hauptsache für erledigt erklärt.

16

Hierauf erwiderte der Kläger, dass wegen dieser Teilabhilfe der Rechtsstreit in der Hauptsache nicht (insgesamt) für erledigt erklärt werden könne. Hinsichtlich der danach weiter streitigen Zeiträume habe er --entgegen der Auffassung der Familienkasse-- das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen (ebenfalls) nachgewiesen. Er habe vom 12. Mai 2004 bis zum 26. April 2005 --mit kurzzeitiger nicht relevanter Unterbrechung vom 11. September 2004 bis zum 10. Dezember 2004-- seinen gewöhnlichen Aufenthalt i.S. des § 9 der Abgabenordnung (AO) im Inland gehabt, weshalb er auch für diesen Zeitraum nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 Alternative 2 EStG Anspruch auf Kindergeld habe. Im Übrigen lägen die Anspruchsvoraussetzungen des § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG vor, weil er nach § 1 Abs. 3 EStG zur Einkommensteuer veranlagt worden sei und dies bereits im Antragsverfahren durch Vorlage der betreffenden Einkommensteuerbescheide auch nachgewiesen habe. Soweit die Familienkasse von ihrer abweichenden Rechtsansicht nicht abrücke, könne der Rechtsstreit lediglich für die mit Bescheid vom 28. Januar 2014 umfassten Monate in der Hauptsache für erledigt erklärt werden.

17

Der Kläger hat beantragt,
die Vorentscheidung und den Ablehnungsbescheid vom 14. Januar 2009 sowie die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 12. März 2009 aufzuheben und die Familienkasse zu verpflichten, Kindergeld für seine Kinder für die Zeit von 2004 bis 2006 festzusetzen.

18

Die Familienkasse beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

19

Sie trägt vor, nach Auskunft des FA habe eine Veranlagung des Klägers nach § 1 Abs. 3 EStG nicht stattgefunden. Auch habe der Kläger für eine Anspruchsberechtigung nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 EStG keine Nachweise zu einem inländischen Wohnsitz vorgelegt.

Entscheidungsgründe

20

II. Im Streitfall hat zum 1. Mai 2013 ein gesetzlicher Beteiligtenwechsel stattgefunden; Beklagte und Revisionsbeklagte ist nunmehr die Familienkasse Z (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 22. August 2007 X R 2/04, BFHE 218, 533, BStBl II 2008, 109; vom 16. Mai 2013 III R 8/11, BFHE 241, 511, BStBl II 2013, 1040, Rz 11; vom 28. Mai 2013 XI R 38/11, BFH/NV 2013, 1774, Rz 14; vom 24. Juli 2013 XI R 8/12, BFH/NV 2014, 495, Rz 18). Das Rubrum des Verfahrens ist entsprechend zu ändern.

III.

21

Der Rechtsstreit ist in der Hauptsache erledigt, soweit er Kindergeld für A und B von August 2005 bis April 2006 sowie für C von September 2005 bis April 2006 betrifft.

22

1. Im Streitfall liegen insoweit übereinstimmende Erledigungserklärungen vor.

23

a) Die Erklärung der Familienkasse ist eindeutig erfolgt; sie hat den Rechtsstreit vollumfänglich --mithin auch die Monate der Teilabhilfe umfassend-- für erledigt erklärt.

24

b) Die Erklärung des Klägers legt der Senat entsprechend aus.

25

aa) Soweit der Kläger vorgetragen hat, der Rechtsstreit könne wegen der Teilabhilfe durch die Familienkasse nicht für erledigt erklärt werden, bezieht sich dies auf die vollumfängliche Hauptsacheerledigungserklärung der Familienkasse, der der Kläger nicht zu folgen vermochte. Denn aus dem weiteren Vorbringen des Klägers zu den "danach weiter streitigen Zeiträumen" und seinem Vortrag, dass der Rechtsstreit "lediglich" für die mit Bescheid vom 28. Januar 2014 umfassten Monate der Teilabhilfe in der Hauptsache für erledigt erklärt werden könne, wenn die Familienkasse von ihrer bisher geäußerten --die übrigen streitigen Zeiträume betreffenden und für ihn, den Kläger, nachteiligen-- Rechtsansicht nicht abrücke, ergibt sich eindeutig, dass der Kläger für die Zeiträume der Teilabhilfe zuletzt kein Kindergeld über das bereits gewährte Differenzkindergeld hinaus mehr begehrt.

26

bb) Ausgehend von diesem erkennbaren Rechtsschutzziel entspricht die so verstandene Prozesserklärung des Klägers allein dem, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und --im Hinblick auf die Kostenfolge-- zudem in seinem wohlverstandenen Interesse liegt (vgl. dazu Urteil des Bundesgerichtshofs vom 1. August 2013 VII ZR 268/11, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 2014, 155, Betriebs-Berater 2014, 719, m.w.N.; Kammerbeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 25. Januar 2014  1 BvR 1126/11, NJW 2014, 991, m.w.N.). Denn das Rechtsschutzbedürfnis für eine Revision entfällt nachträglich mit der Folge, dass das Rechtsmittel unzulässig wird, soweit sich --wie hier die Zeiträume der Teilabhilfe betreffend-- die Hauptsache während des Rechtsmittelverfahrens materiell erledigt und der Rechtsmittelführer gleichwohl seinen ursprünglichen Sachantrag aufrechterhält (vgl. dazu z.B. BFH-Beschluss vom 5. August 2009 X B 198/08, Zeitschrift für Steuern und Recht 2009, R1023, unter II.2.; Senatsurteil vom 5. September 2013 XI R 52/10, BFH/NV 2014, 33, Rz 21; ferner Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., Vor § 115 Rz 21a, jeweils m.w.N.).

27

2. Erklären --wie somit hier hinsichtlich der vorgenannten Zeiträume-- die Beteiligten im Revisionsverfahren übereinstimmend den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt, ist das angefochtene Urteil des FG einschließlich der darin enthaltenen Kostenentscheidung insoweit gegenstandslos geworden (vgl. dazu z.B. BFH-Beschlüsse vom 18. Juni 2013 III R 19/09, BFH/NV 2013, 1568; vom 6. Dezember 2013 III R 2/12, BFH/NV 2014, 549; vom 8. Januar 2014 VII R 38/12, BFH/NV 2014, 562).

IV.

28

Die Revision des Klägers ist hinsichtlich des Kindergelds für A und B von Januar 2004 bis April 2004, Oktober 2004 bis November 2004, Mai 2005 bis Juli 2005 und Mai 2006 bis Dezember 2006 sowie für C von Mai 2006 bis Dezember 2006 unbegründet.

29

Sie hat --soweit sie Kindergeld für A und B von Mai 2004 bis September 2004 und Dezember 2004 bis April 2005 betrifft-- hingegen Erfolg und führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der nicht spruchreifen Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung –-FGO--).

30

1. Soweit sich die Klage gegen die Ablehnung des Antrags auf Kindergeld für A und B von Januar 2004 bis April 2004, Oktober 2004 bis November 2004, Mai 2005 bis Juli 2005 und Mai 2006 bis Dezember 2006 sowie für C von Mai 2006 bis Dezember 2006 richtet, ist die Revision als unbegründet zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO).

31

a) Nach § 62 Abs. 1 EStG hat Anspruch auf Kindergeld nach dem EStG, wer
"1. im Inland einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat oder
2. ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland
a) nach § 1 Abs. 2 unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist oder
b) nach § 1 Abs. 3 als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt wird."

32

b) Der Kläger hat für die genannten Zeiträume, in denen er nicht in Deutschland gearbeitet hat, keinen Anspruch auf Kindergeld nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 EStG.

33

aa) Das FG hat festgestellt, es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger in den betreffenden Zeiträumen, in denen er nicht in Deutschland gearbeitet habe, einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland gehabt habe. Dies hat der Kläger nicht mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen angegriffen und ist deshalb nach § 118 Abs. 2 FGO bindend.

34

bb) Der Einwand des Klägers, dass er in der Zeit vom 12. Mai 2004 bis 26. April 2005 --mit kurzzeitiger nicht relevanter Unterbrechung vom 11. September 2004 bis zum 10. Dezember 2004-- seinen gewöhnlichen Aufenthalt i.S. des § 9 AO im Inland gehabt habe, greift nicht durch.

35

(1) Einen gewöhnlichen Aufenthalt hat jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt (§ 9 Satz 1 AO). Als gewöhnlicher Aufenthalt ist stets und von Beginn an ein zeitlich zusammenhängender Aufenthalt von mehr als sechs Monaten anzusehen; kurzfristige Unterbrechungen bleiben unberücksichtigt (§ 9 Satz 2 AO). Bei einem --hier nicht vorliegenden-- Aufenthalt zu privaten Zwecken trifft § 9 Satz 3 AO eine Sonderregelung.

36

(2) Zwar stehen nach der Rechtsprechung des BFH z.B. übliche Familienheimfahrten und urlaubsbedingte Abwesenheitszeiten einem zusammenhängenden Aufenthalt i.S. des § 9 Satz 2 AO nicht entgegen (vgl. dazu BFH-Urteil vom 22. Juni 2011 I R 26/10, BFH/NV 2011, 2001, Rz 14, m.w.N.).

37

Entgegen der Ansicht des Klägers stellt aber die (fast) dreimonatige Zeitspanne vom 11. September 2004 bis zum 10. Dezember 2004 keine "kurzfristige Unterbrechung" i.S. des § 9 Satz 2 Halbsatz 2 AO dar. Denn es ist weder festgestellt noch nach den objektiven Umständen des Einzelfalles ersichtlich, dass die wiederholten beschäftigungsbedingten Aufenthalte des Klägers in Deutschland im Zusammenhang standen. Mithin kommt eine Fortdauer des Anlasses für den Aufenthalt im Inland nicht in Betracht.

38

cc) Der Kindergeldanspruch richtet sich im Übrigen --dem Monatsprinzip nach § 66 Abs. 2 EStG folgend-- danach, ob die Voraussetzungen für die Gewährung von Kindergeld im jeweiligen Monat vorliegen. Beim Wechsel von der beschränkten zur unbeschränkten Steuerpflicht und umgekehrt kann Kindergeld daher nur vom Beginn des Monats, in dem ein inländischer Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt begründet wird, bis zum Ablauf des Monats, in dem dieser aufgegeben wird, gewährt werden (vgl. BFH-Urteile vom 20. November 2008 III R 53/05, BFH/NV 2009, 564; vom 24. Oktober 2012 V R 43/11, BFHE 239, 327, BStBl II 2013, 491). Vor Begründung und nach Aufgabe des inländischen Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts besteht daher nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 EStG kein Anspruch auf Kindergeld (vgl. BFH-Urteil in BFHE 239, 327, BStBl II 2013, 491; in BFH/NV 2014, 495).

39

dd) Der Kläger ist für die Monate, in denen er nicht im Inland beschäftigt war, --was hier ausschließlich noch in Betracht kommt-- ebenso wenig nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG kindergeldberechtigt, selbst wenn er für die Veranlagungszeiträume 2004 bis 2006 nach § 1 Abs. 3 EStG aufgrund inländischer Einkünfte i.S. des § 49 EStG als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt worden wäre.

40

(1) Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers ist eine Kindergeldberechtigung in den Fällen des § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG nicht für das gesamte Kalenderjahr gegeben, auch wenn die Einkommensteuer eine Jahressteuer ist (§ 2 Abs. 7 Satz 1 EStG). Der BFH hat bereits in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass --wovon auch die Vorinstanz ausgegangen ist-- eine Kindergeldberechtigung nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG nur in den Monaten des betreffenden Kalenderjahrs besteht, in denen der Anspruchsberechtigte inländische Einkünfte i.S. des § 49 EStG erzielt, und diese einschränkende Auslegung der Anspruchsnorm auch im Einklang mit dem Unionsrecht steht (vgl. dazu BFH-Urteile in BFHE 239, 327, BStBl II 2013, 491; vom 18. April 2013 VI R 70/11, BFH/NV 2013, 1554; vom 18. Juli 2013 III R 59/11, BFHE 242, 228, BFH/NV 2013, 1992; in BFH/NV 2014, 495).

41

(2) Bezogen auf den Streitfall hat das FG festgestellt, dass --was gleichfalls mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen nicht angegriffen wurde-- der Kläger in den Zeiträumen, in denen er sich nicht in Deutschland zur Arbeit aufhielt, keine inländischen Einkünfte erzielte.

42

c) Die Vorinstanz hat gleichfalls zu Recht entschieden, dass der Kläger für C für die Zeit von Mai 2006 bis Dezember 2006 keinen Anspruch auf Kindergeld hat.

43

aa) Der Kläger hat für C --aus den für A und B geltenden Gründen (dazu vorstehend unter IV.1.b)-- ebenso wenig einen Anspruch auf Kindergeld für die Monate von Mai 2006 bis Dezember 2006, in denen er weder im Inland beschäftigt war noch inländische Einkünfte i.S. des § 49 EStG erzielte.

44

bb) Ferner könnte der Kläger Kindergeld für C von Januar 2004 bis August 2005 schon deshalb nicht beanspruchen, weil ein Kind nach § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 32 Abs. 3 EStG erst ab dem Kalendermonat berücksichtigungsfähig ist, in dem es geboren wird (vgl. dazu BFH-Urteil vom 18. Dezember 2013 III R 52/11, BFH/NV 2014, 851). Im Streitfall war dies der Monat … 2005.

45

2. Die Vorentscheidung ist --soweit sie Kindergeld für A und B von Mai 2004 bis September 2004 und Dezember 2004 bis April 2005 betrifft-- aufzuheben und die Sache mangels Spruchreife an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.

46

a) Entgegen der Ansicht des FG entfällt die sich aus den §§ 62 ff. EStG ergebende Anspruchsberechtigung nicht dadurch, dass --wie im Falle der Entsendung-- eine Person gemäß Art. 13 ff. der VO Nr. 1408/71 nicht den deutschen Rechtsvorschriften, sondern nur den Vorschriften eines anderen Mitgliedstaats der EU unterliegt. Obwohl Deutschland in diesem Fall im Hinblick auf die Gewährung der Familienleistungen an sich der unzuständige Staat ist, wird ein sich aus § 62 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 Buchst. b EStG ergebender Kindergeldanspruch nicht ausgeschlossen. Denn die Art. 13 ff. der VO Nr. 1408/71 entfalten keine Sperrwirkung für die Anwendung des Rechts des nicht zuständigen Mitgliedstaats, sodass sich die Anspruchsberechtigung auch bei Personen und bei Leistungen, die dem persönlichen und sachlichen Anwendungsbereich der VO Nr. 1408/71 unterliegen, allein nach den Bestimmungen des deutschen Rechts richtet (vgl. dazu z.B. BFH-Urteile in BFHE 241, 511, BStBl II 2013, 1040, Leitsatz; vom 18. Juli 2013 III R 51/09, BFHE 242, 222, BFH/NV 2013, 1973, Rz 18; in BFH/NV 2014, 33, Rz 29; in BFH/NV 2014, 851, Rz 20, jeweils m.w.N.).

47

Die gegenteilige Auffassung, die der vorinstanzlichen Entscheidung zugrunde liegt und die auch der BFH in ständiger Rechtsprechung früher vertreten hat (vgl. z.B. Urteile vom 13. August 2002 VIII R 61/00, BFHE 200, 205, BStBl II 2002, 869, und VIII R 97/01, BFHE 200, 211, BStBl II 2002, 869; vom 24. März 2006 III R 41/05, BFHE 212, 551, BStBl II 2008, 369), wurde im Hinblick auf die Rechtsprechung des EuGH (--Hudzinski und Wawrzyniak-- in DStRE 2012, 999, ZESAR 2012, 475) inzwischen aufgegeben (vgl. dazu BFH-Urteile in BFHE 241, 511, BStBl II 2013, 1040; in BFHE 242, 222, BFH/NV 2013, 1973; in BFH/NV 2014, 33, Rz 30).

48

b) Das FG ist von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Seine Entscheidung konnte daher insoweit --das Kindergeld für A und B von Mai 2004 bis September 2004 und Dezember 2004 bis April 2005 betreffend-- keinen Bestand haben und war demnach aufzuheben.

49

Hinsichtlich der vorstehend genannten Zeiträume kommt für A und B die Gewährung von Differenzkindergeld, ggf. sogar die Gewährung von Kindergeld in voller Höhe in Betracht. Allerdings reichen die vom FG getroffenen Feststellungen nicht aus, um abschließend zu beurteilen, ob ein solcher Anspruch tatsächlich besteht.

50

aa) Der Kläger ist zwar insoweit nicht schon nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 Alternative 1 EStG anspruchsberechtigt. Denn es ist weder vorgebracht noch ersichtlich, dass der Kläger neben seinem Familienwohnsitz in Polen in den betreffenden Zeiträumen einen weiteren Wohnsitz im Inland begründet hätte, was gemäß § 8 AO erfordert, dass jemand eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird.

51

bb) Die Feststellungen des FG lassen keine Beurteilung darüber zu, ob hinsichtlich der betreffenden Zeiträume von Mai 2004 bis September 2004 und Dezember 2004 bis April 2005 der Kläger i.S. von § 62 Abs. 1 Nr. 1 Alternative 2 EStG i.V.m. § 9 AO seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hatte (vgl. dazu z.B. BFH-Urteil vom 27. April 1995 III R 57/93, BFH/NV 1995, 967, unter 2.; Stapperfend in Herrmann/Heuer/Raupach, § 1 EStG Rz 76; Klein/Gersch, AO, 12. Aufl., § 9 Rz 3, jeweils m.w.N.).

52

cc) Soweit der Kläger insoweit nicht schon nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 Alternative 2 EStG anspruchsberechtigt ist, kommt für die Monate von Mai 2004 bis September 2004 und Dezember 2004 bis April 2005, in denen dieser im Inland beschäftigt war, nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG ein Anspruch auf Kindergeld in Betracht, wenn der Kläger für die Veranlagungszeiträume 2004 bis 2006 nach § 1 Abs. 3 EStG als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt worden ist und in den betreffenden Monaten inländische Einkünfte i.S. des § 49 EStG erzielt hat (vgl. dazu z.B. BFH-Urteile vom 24. Mai 2012 III R 14/10, BFHE 237, 239, BStBl II 2012, 897; in BFHE 239, 327, BStBl II 2013, 491, Rz 33; in BFH/NV 2014, 495). Ob diese Voraussetzungen vorliegen, lässt sich den Feststellungen des FG nicht entnehmen.

53

c) Soweit hiernach der Kläger für die verbleibenden streitigen Monate der Jahre 2004 und 2005 kindergeldberechtigt wäre, bliebe abschließend zu prüfen, ob in diesen Monaten eine Konkurrenzsituation mit polnischen Familienleistungen gegeben war, und eine sich ggf. ergebende Anspruchskumulierung nach den einschlägigen Vorschriften aufzulösen (vgl. dazu EuGH-Urteil --Hudzinski und Wawrzyniak–- in DStRE 2012, 999, ZESAR 2012, 475, Rz 73 ff.; BFH-Urteile in BFHE 242, 222, BFH/NV 2013, 1973; in BFH/NV 2014, 33, Rz 38 ff.; in BFH/NV 2014, 851, Rz 18 f.).

54

3. Die Kostenentscheidung wird dem FG für das gesamte Verfahren, auch soweit der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist und die Revision keinen Erfolg hatte, gemäß § 143 Abs. 2 FGO übertragen (vgl. dazu z.B. BFH-Urteile in BFH/NV 2014, 33; in BFH/NV 2014, 851).

(1) Kinder sind

1.
im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandte Kinder,
2.
Pflegekinder (Personen, mit denen der Steuerpflichtige durch ein familienähnliches, auf längere Dauer berechnetes Band verbunden ist, sofern er sie nicht zu Erwerbszwecken in seinen Haushalt aufgenommen hat und das Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den Eltern nicht mehr besteht).

(2)1Besteht bei einem angenommenen Kind das Kindschaftsverhältnis zu den leiblichen Eltern weiter, ist es vorrangig als angenommenes Kind zu berücksichtigen.2Ist ein im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandtes Kind zugleich ein Pflegekind, ist es vorrangig als Pflegekind zu berücksichtigen.

(3) Ein Kind wird in dem Kalendermonat, in dem es lebend geboren wurde, und in jedem folgenden Kalendermonat, zu dessen Beginn es das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, berücksichtigt.

(4)1Ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, wird berücksichtigt, wenn es

1.
noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet hat, nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht und bei einer Agentur für Arbeit im Inland als Arbeitsuchender gemeldet ist oder
2.
noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat und
a)
für einen Beruf ausgebildet wird oder
b)
sich in einer Übergangszeit von höchstens vier Monaten befindet, die zwischen zwei Ausbildungsabschnitten oder zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung des gesetzlichen Wehr- oder Zivildienstes, einer vom Wehr- oder Zivildienst befreienden Tätigkeit als Entwicklungshelfer oder als Dienstleistender im Ausland nach § 14b des Zivildienstgesetzes oder der Ableistung des freiwilligen Wehrdienstes nach § 58b des Soldatengesetzes oder der Ableistung eines freiwilligen Dienstes im Sinne des Buchstaben d liegt, oder
c)
eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann oder
d)
einen der folgenden freiwilligen Dienste leistet:
aa)
ein freiwilliges soziales Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes,
bb)
ein freiwilliges ökologisches Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes,
cc)
einen Bundesfreiwilligendienst im Sinne des Bundesfreiwilligendienstgesetzes,
dd)
eine Freiwilligentätigkeit im Rahmen des Europäischen Solidaritätskorps im Sinne der Verordnung (EU) 2021/888 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2021 zur Aufstellung des Programms für das Europäische Solidaritätskorps und zur Aufhebung der Verordnungen (EU) 2018/1475 und (EU) Nr. 375/2014 (ABl. L 202 vom 8.6.2021, S. 32),
ee)
einen anderen Dienst im Ausland im Sinne von § 5 des Bundesfreiwilligendienstgesetzes,
ff)
einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts“ im Sinne der Förderleitlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 1. Januar 2016,
gg)
einen Freiwilligendienst aller Generationen im Sinne von § 2 Absatz 1a des Siebten Buches Sozialgesetzbuch oder
hh)
einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 4. Januar 2021 (GMBl S. 77) oder
3.
wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten; Voraussetzung ist, dass die Behinderung vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist.
2Nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums wird ein Kind in den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 nur berücksichtigt, wenn das Kind keiner Erwerbstätigkeit nachgeht.3Eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne der §§ 8 und 8a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch sind unschädlich.

(5)1In den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 Buchstabe a und b wird ein Kind, das

1.
den gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst geleistet hat, oder
2.
sich anstelle des gesetzlichen Grundwehrdienstes freiwillig für die Dauer von nicht mehr als drei Jahren zum Wehrdienst verpflichtet hat, oder
3.
eine vom gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst befreiende Tätigkeit als Entwicklungshelfer im Sinne des § 1 Absatz 1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes ausgeübt hat,
für einen der Dauer dieser Dienste oder der Tätigkeit entsprechenden Zeitraum, höchstens für die Dauer des inländischen gesetzlichen Grundwehrdienstes oder bei anerkannten Kriegsdienstverweigerern für die Dauer des inländischen gesetzlichen Zivildienstes über das 21. oder 25. Lebensjahr hinaus berücksichtigt.2Wird der gesetzliche Grundwehrdienst oder Zivildienst in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, geleistet, so ist die Dauer dieses Dienstes maßgebend.3Absatz 4 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(6)1Bei der Veranlagung zur Einkommensteuer wird für jedes zu berücksichtigende Kind des Steuerpflichtigen ein Freibetrag von 3 012 Euro für das sächliche Existenzminimum des Kindes (Kinderfreibetrag) sowie ein Freibetrag von 1 464 Euro für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes vom Einkommen abgezogen.2Bei Ehegatten, die nach den §§ 26, 26b zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden, verdoppeln sich die Beträge nach Satz 1, wenn das Kind zu beiden Ehegatten in einem Kindschaftsverhältnis steht.3Die Beträge nach Satz 2 stehen dem Steuerpflichtigen auch dann zu, wenn

1.
der andere Elternteil verstorben oder nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist oder
2.
der Steuerpflichtige allein das Kind angenommen hat oder das Kind nur zu ihm in einem Pflegekindschaftsverhältnis steht.
4Für ein nicht nach § 1 Absatz 1 oder 2 unbeschränkt einkommensteuerpflichtiges Kind können die Beträge nach den Sätzen 1 bis 3 nur abgezogen werden, soweit sie nach den Verhältnissen seines Wohnsitzstaates notwendig und angemessen sind.5Für jeden Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen für einen Freibetrag nach den Sätzen 1 bis 4 nicht vorliegen, ermäßigen sich die dort genannten Beträge um ein Zwölftel.6Abweichend von Satz 1 wird bei einem unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Elternpaar, bei dem die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 nicht vorliegen, auf Antrag eines Elternteils der dem anderen Elternteil zustehende Kinderfreibetrag auf ihn übertragen, wenn er, nicht jedoch der andere Elternteil, seiner Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind für das Kalenderjahr im Wesentlichen nachkommt oder der andere Elternteil mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist; die Übertragung des Kinderfreibetrags führt stets auch zur Übertragung des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf.7Eine Übertragung nach Satz 6 scheidet für Zeiträume aus, für die Unterhaltsleistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz gezahlt werden.8Bei minderjährigen Kindern wird der dem Elternteil, in dessen Wohnung das Kind nicht gemeldet ist, zustehende Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf auf Antrag des anderen Elternteils auf diesen übertragen, wenn bei dem Elternpaar die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 nicht vorliegen.9Eine Übertragung nach Satz 8 scheidet aus, wenn der Übertragung widersprochen wird, weil der Elternteil, bei dem das Kind nicht gemeldet ist, Kinderbetreuungskosten trägt oder das Kind regelmäßig in einem nicht unwesentlichen Umfang betreut.10Die den Eltern nach den Sätzen 1 bis 9 zustehenden Freibeträge können auf Antrag auch auf einen Stiefelternteil oder Großelternteil übertragen werden, wenn dieser das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat oder dieser einer Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind unterliegt.11Die Übertragung nach Satz 10 kann auch mit Zustimmung des berechtigten Elternteils erfolgen, die nur für künftige Kalenderjahre widerrufen werden kann.12Voraussetzung für die Berücksichtigung des Kinderfreibetrags sowie des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes ist die Identifizierung des Kindes durch die an dieses Kind vergebene Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung).13Ist das Kind nicht nach einem Steuergesetz steuerpflichtig (§ 139a Absatz 2 der Abgabenordnung), ist es in anderer geeigneter Weise zu identifizieren.14Die nachträgliche Identifizierung oder nachträgliche Vergabe der Identifikationsnummer wirkt auf Monate zurück, in denen die übrigen Voraussetzungen für die Gewährung des Kinderfreibetrags sowie des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes vorliegen.

1Kindergeld wird nicht für ein Kind gezahlt, für das eine der folgenden Leistungen zu zahlen ist oder bei entsprechender Antragstellung zu zahlen wäre:

1.
Leistungen für Kinder, die im Ausland gewährt werden und dem Kindergeld oder der Kinderzulage aus der gesetzlichen Unfallversicherung nach § 217 Absatz 3 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch in der bis zum 30. Juni 2020 geltenden Fassung oder dem Kinderzuschuss aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 270 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch in der bis zum 16. November 2016 geltenden Fassung vergleichbar sind,
2.
Leistungen für Kinder, die von einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung gewährt werden und dem Kindergeld vergleichbar sind.
2Soweit es für die Anwendung von Vorschriften dieses Gesetzes auf den Erhalt von Kindergeld ankommt, stehen die Leistungen nach Satz 1 dem Kindergeld gleich.3Steht ein Berechtigter in einem Versicherungspflichtverhältnis zur Bundesagentur für Arbeit nach § 24 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch oder ist er versicherungsfrei nach § 28 Absatz 1 Nummer 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch oder steht er im Inland in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnis, so wird sein Anspruch auf Kindergeld für ein Kind nicht nach Satz 1 Nummer 2 mit Rücksicht darauf ausgeschlossen, dass sein Ehegatte als Beamter, Ruhestandsbeamter oder sonstiger Bediensteter der Europäischen Union für das Kind Anspruch auf Kinderzulage hat.

(1)1Natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, sind unbeschränkt einkommensteuerpflichtig.2Zum Inland im Sinne dieses Gesetzes gehört auch der der Bundesrepublik Deutschland zustehende Anteil

1.
an der ausschließlichen Wirtschaftszone, soweit dort
a)
die lebenden und nicht lebenden natürlichen Ressourcen der Gewässer über dem Meeresboden, des Meeresbodens und seines Untergrunds erforscht, ausgebeutet, erhalten oder bewirtschaftet werden,
b)
andere Tätigkeiten zur wirtschaftlichen Erforschung oder Ausbeutung der ausschließlichen Wirtschaftszone ausgeübt werden, wie beispielsweise die Energieerzeugung aus Wasser, Strömung und Wind oder
c)
künstliche Inseln errichtet oder genutzt werden und Anlagen und Bauwerke für die in den Buchstaben a und b genannten Zwecke errichtet oder genutzt werden, und
2.
am Festlandsockel, soweit dort
a)
dessen natürliche Ressourcen erforscht oder ausgebeutet werden; natürliche Ressourcen in diesem Sinne sind die mineralischen und sonstigen nicht lebenden Ressourcen des Meeresbodens und seines Untergrunds sowie die zu den sesshaften Arten gehörenden Lebewesen, die im nutzbaren Stadium entweder unbeweglich auf oder unter dem Meeresboden verbleiben oder sich nur in ständigem körperlichen Kontakt mit dem Meeresboden oder seinem Untergrund fortbewegen können; oder
b)
künstliche Inseln errichtet oder genutzt werden und Anlagen und Bauwerke für die in Buchstabe a genannten Zwecke errichtet oder genutzt werden.

(2)1Unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind auch deutsche Staatsangehörige, die

1.
im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben und
2.
zu einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts in einem Dienstverhältnis stehen und dafür Arbeitslohn aus einer inländischen öffentlichen Kasse beziehen,
sowie zu ihrem Haushalt gehörende Angehörige, die die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen oder keine Einkünfte oder nur Einkünfte beziehen, die ausschließlich im Inland einkommensteuerpflichtig sind.2Dies gilt nur für natürliche Personen, die in dem Staat, in dem sie ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, lediglich in einem der beschränkten Einkommensteuerpflicht ähnlichen Umfang zu einer Steuer vom Einkommen herangezogen werden.

(3)1Auf Antrag werden auch natürliche Personen als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, soweit sie inländische Einkünfte im Sinne des § 49 haben.2Dies gilt nur, wenn ihre Einkünfte im Kalenderjahr mindestens zu 90 Prozent der deutschen Einkommensteuer unterliegen oder die nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte den Grundfreibetrag nach § 32a Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 nicht übersteigen; dieser Betrag ist zu kürzen, soweit es nach den Verhältnissen im Wohnsitzstaat des Steuerpflichtigen notwendig und angemessen ist.3Inländische Einkünfte, die nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung nur der Höhe nach beschränkt besteuert werden dürfen, gelten hierbei als nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegend.4Unberücksichtigt bleiben bei der Ermittlung der Einkünfte nach Satz 2 nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegende Einkünfte, die im Ausland nicht besteuert werden, soweit vergleichbare Einkünfte im Inland steuerfrei sind.5Weitere Voraussetzung ist, dass die Höhe der nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte durch eine Bescheinigung der zuständigen ausländischen Steuerbehörde nachgewiesen wird.6Der Steuerabzug nach § 50a ist ungeachtet der Sätze 1 bis 4 vorzunehmen.

(4) Natürliche Personen, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, sind vorbehaltlich der Absätze 2 und 3 und des § 1a beschränkt einkommensteuerpflichtig, wenn sie inländische Einkünfte im Sinne des § 49 haben.

(1)1Für Kinder im Sinne des § 63 hat Anspruch auf Kindergeld nach diesem Gesetz, wer

1.
im Inland einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat oder
2.
ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland
a)
nach § 1 Absatz 2 unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist oder
b)
nach § 1 Absatz 3 als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt wird.
2Voraussetzung für den Anspruch nach Satz 1 ist, dass der Berechtigte durch die an ihn vergebene Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung) identifiziert wird.3Die nachträgliche Vergabe der Identifikationsnummer wirkt auf Monate zurück, in denen die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen.

(1a)1Begründet ein Staatsangehöriger eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines Staates, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, im Inland einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt, so hat er für die ersten drei Monate ab Begründung des Wohnsitzes oder des gewöhnlichen Aufenthalts keinen Anspruch auf Kindergeld.2Dies gilt nicht, wenn er nachweist, dass er inländische Einkünfte im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 4 mit Ausnahme von Einkünften nach § 19 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 erzielt.3Nach Ablauf des in Satz 1 genannten Zeitraums hat er Anspruch auf Kindergeld, es sei denn, die Voraussetzungen des § 2 Absatz 2 oder Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU liegen nicht vor oder es sind nur die Voraussetzungen des § 2 Absatz 2 Nummer 1a des Freizügigkeitsgesetzes/EU erfüllt, ohne dass vorher eine andere der in § 2 Absatz 2 des Freizügigkeitsgesetzes/EU genannten Voraussetzungen erfüllt war.4Die Prüfung, ob die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Kindergeld gemäß Satz 2 vorliegen oder gemäß Satz 3 nicht gegeben sind, führt die Familienkasse in eigener Zuständigkeit durch.5Lehnt die Familienkasse eine Kindergeldfestsetzung in diesem Fall ab, hat sie ihre Entscheidung der zuständigen Ausländerbehörde mitzuteilen.6Wurde das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen durch die Verwendung gefälschter oder verfälschter Dokumente oder durch Vorspiegelung falscher Tatsachen vorgetäuscht, hat die Familienkasse die zuständige Ausländerbehörde unverzüglich zu unterrichten.

(2) Ein nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer erhält Kindergeld nur, wenn er

1.
eine Niederlassungserlaubnis oder eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU besitzt,
2.
eine Blaue Karte EU, eine ICT-Karte, eine Mobiler-ICT-Karte oder eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, die für einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigen oder berechtigt haben oder diese erlauben, es sei denn, die Aufenthaltserlaubnis wurde
a)
nach § 16e des Aufenthaltsgesetzes zu Ausbildungszwecken, nach § 19c Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes zum Zweck der Beschäftigung als Au-Pair oder zum Zweck der Saisonbeschäftigung, nach § 19e des Aufenthaltsgesetzes zum Zweck der Teilnahme an einem Europäischen Freiwilligendienst oder nach § 20 Absatz 1 und 2 des Aufenthaltsgesetzes zur Arbeitsplatzsuche erteilt,
b)
nach § 16b des Aufenthaltsgesetzes zum Zweck eines Studiums, nach § 16d des Aufenthaltsgesetzes für Maßnahmen zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen oder nach § 20 Absatz 3 des Aufenthaltsgesetzes zur Arbeitsplatzsuche erteilt und er ist weder erwerbstätig noch nimmt er Elternzeit nach § 15 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes oder laufende Geldleistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch in Anspruch,
c)
nach § 23 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes wegen eines Krieges in seinem Heimatland oder nach den § 23a oder § 25 Absatz 3 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes erteilt,
3.
eine in Nummer 2 Buchstabe c genannte Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet berechtigt erwerbstätig ist oder Elternzeit nach § 15 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes oder laufende Geldleistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch in Anspruch nimmt,
4.
eine in Nummer 2 Buchstabe c genannte Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens 15 Monaten erlaubt, gestattet oder geduldet im Bundesgebiet aufhält oder
5.
eine Beschäftigungsduldung gemäß § 60d in Verbindung mit § 60a Absatz 2 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes besitzt.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist polnischer Staatsbürger. Er hat zusammen mit seiner Ehefrau und den beiden im Januar 2000 und im August 2004 geborenen gemeinsamen Kindern seinen (Familien-)Wohnsitz in Polen. Dort ist er als (selbständiger) Landwirt tätig. Nach einer Bestätigung der polnischen landwirtschaftlichen Sozialversicherung vom 17. Mai 2007 unterlag er in Polen vom 1. April 1991 bis 9. Januar 2006 sowie vom 5. März 2006 bis auf Weiteres kraft Gesetzes der Renten-, Unfall- und Krankenversicherung.

2

In der Zeit vom 11. Januar 2005 bis 1. April 2005 sowie vom 9. Januar 2006 bis 4. März 2006 war der Kläger vorübergehend in Deutschland nichtselbständig als Saisonarbeitskraft in einem Gemüsebaubetrieb tätig. Das zuständige Finanzamt (FA) behandelte den Kläger als unbeschränkt steuerpflichtig, und setzte die Einkommensteuer für die Jahre 2005 und 2006 auf jeweils 0 € fest.

3

Ausweislich der Bescheinigungen des Arbeitgebers war der Kläger in Deutschland aufgrund seiner in Polen ausgeübten selbständigen Tätigkeit nicht sozialversicherungspflichtig.

4

In Polen erhielten der Kläger und seine Ehefrau ab Januar 2005 für ihre beiden Kinder keine Familienbeihilfe.

5

Den Antrag des Klägers auf deutsches Kindergeld lehnte die Beklagte und Revisionsklägerin (Familienkasse) mit Bescheid vom 19. September 2007 und Einspruchsentscheidung vom 16. Oktober 2007 mit der Begründung ab, der Anspruch auf Kindergeld sei nach Art. 13 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (VO Nr. 1408/71), in ihrer durch die Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996 --VO Nr. 118/97-- (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften 1997 Nr. L 28, S. 1) geänderten und aktualisierten Fassung, geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 647/2005 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. April 2005 --VO Nr. 647/2005-- (Amtsblatt der Europäischen Union 2005 Nr. L 117, S. 1) ausgeschlossen, weil der Kläger weiterhin in Polen sozialversicherungspflichtig gewesen sei.

6

Der hiergegen erhobenen Klage gab das Finanzgericht (FG) statt und verpflichtete die Familienkasse zur Festsetzung von Kindergeld für die Monate Januar bis April 2005 sowie Januar bis März 2006 in Höhe von jeweils 154 € pro Kind und Monat.

7

Mit der hiergegen gerichteten Revision rügt die Familienkasse die Verletzung materiellen Rechts.

8

Im Laufe des Revisionsverfahrens erließ die Familienkasse zwei Teilabhilfebescheide vom 10. Februar 2010 und vom 6. Februar 2013, durch die unter Anrechnung eines Anspruchs auf polnische Familienleistungen (2005: 10,20 € je Kind und Monat; 2006: 11,41 € je Kind und Monat) je Kind Differenzkindergeld für die Monate Januar 2005 bis April 2005 in Höhe von 142,59 € und für die Monate Januar 2006 bis März 2006 in Höhe von 143,80 € festgesetzt wurde.

9

Die Familienkasse beantragt sinngemäß, das Urteil des FG insoweit aufzuheben, als sie verpflichtet wurde, für die Monate Januar 2005 bis April 2005 Kindergeld in Höhe von mehr als 142,59 € und für die Monate Januar 2006 bis März 2006 in Höhe von mehr als 143,80 € je Kind und Monat festzusetzen, und die Klage insoweit abzuweisen.

10

Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

11

II. 1. Die Familienkasse ... der Bundesagentur für Arbeit ist aufgrund eines Organisationsaktes (Beschluss des Vorstands der Bundesagentur für Arbeit Nr. 21/2013 vom 18. April 2013 gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 11 des Finanzverwaltungsgesetzes, Amtliche Nachrichten der Bundesagentur für Arbeit, Ausgabe Mai 2013, S. 6 ff., Nr. 2.2 der Anlage 2) im Wege des gesetzlichen Parteiwechsels in die Beteiligtenstellung der Agentur für Arbeit ... (Familienkasse) eingetreten (s. dazu Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 3. März 2011 V B 17/10, BFH/NV 2011, 1105, unter II.A.).

12

2. Das Urteil des FG ist bereits aus verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben. Da während des Revisionsverfahrens Änderungsbescheide ergangen sind, ist das Urteil gegenstandslos geworden (z.B. BFH-Urteil vom 10. November 2004 XI R 30/04, BFHE 208, 194, BStBl II 2005, 274, m.w.N.). Einer Zurückverweisung an das FG nach § 127 der Finanzgerichtsordnung (FGO) bedarf es nicht, weil sich durch die Änderung der bisherige Streitstoff lediglich reduziert hat. Der Senat entscheidet über den Ablehnungsbescheid vom 19. September 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16. Oktober 2007 und der gemäß § 68 FGO zum Gegenstand des Revisionsverfahrens gewordenen Teilabhilfebescheide vom 10. Februar 2010 und vom 6. Februar 2013.

13

3. Ein Ruhen oder Aussetzen des Verfahrens kommt nicht in Betracht.

14

a) Für das vom Kläger beantragte Ruhen des Verfahrens gilt dies schon deshalb, weil hierfür gemäß § 251 der Zivilprozessordnung i.V.m. § 155 FGO ein übereinstimmender Antrag beider Beteiligten erforderlich wäre, an dem es jedoch fehlt.

15

b) Eine Aussetzung des Verfahrens in analoger Anwendung des § 74 FGO (Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 74 Rz 14) im Hinblick auf das vom Kläger angeführte, vor dem Gerichtshof der Europäischen Union anhängige Verfahren mit dem Az. C-4/13 ist ebenfalls nicht angebracht. Dieses Verfahren betrifft die Auslegung des Art. 76 Abs. 2 der VO Nr. 1408/71, der nur dann Anwendung findet, wenn in dem Wohnsitzland der Kinder der Anspruch auf die Familienleistungen von der Ausübung einer Erwerbstätigkeit abhängig ist. Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall jedoch nicht erfüllt, da die Kinder im Streitzeitraum in Polen gelebt haben und der Anspruch auf Familienleistungen dort nicht von der Ausübung einer Erwerbstätigkeit abhängt.

III.

16

Die Revision ist begründet. Sie führt gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO zur Zurückverweisung der nicht spruchreifen Sache an das FG.

17

1. Die vom FG getroffenen Feststellungen tragen nicht die Schlussfolgerung, dass der Kläger im Anspruchszeitraum Januar 2005 bis April 2005 sowie Januar 2006 bis März 2006 die Anspruchsvoraussetzungen des § 62 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) erfüllt hat.

18

Nach § 62 Abs. 1 EStG hat für Kinder i.S. des § 63 EStG Anspruch auf Kindergeld nach diesem Gesetz, wer im Inland einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt (Nr. 1) hat oder ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland nach § 1 Abs. 2 EStG unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist (Nr. 2 Buchst. a) oder nach § 1 Abs. 3 EStG als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt wird (Nr. 2 Buchst. b).

19

a) aa) Ob der Anspruchsteller i.S. des § 62 Abs. 1 Nr. 1 EStG im Inland einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, müssen die Familienkasse und das FG ohne Bindung an die im Einkommensteuerfestsetzungsverfahren vom zuständigen FA getroffenen Feststellungen selbständig entscheiden (Senatsurteil vom 20. November 2008 III R 53/05, BFH/NV 2009, 564).

20

bb) In der angegriffenen Entscheidung hat das FG hingegen das Vorliegen der Voraussetzungen des § 62 Abs. 1 Nr. 1 EStG bejaht, ohne Feststellungen zu einem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland getroffen zu haben. Vielmehr wurde im Tatbestand des Urteils nur ein (Familien-)Wohnsitz in Polen festgestellt. Soweit das FG in den Entscheidungsgründen darüber hinaus festgestellt hat, dass der Kläger vom zuständigen FA als unbeschränkt Steuerpflichtiger behandelt wurde und dass das Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen der unbeschränkten Steuerpflicht von den Beteiligten nicht in Zweifel gezogen wurde, ist dies für die vom FG zu prüfende Frage, ob ein Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt im Inland vorlag, nicht von Bedeutung.

21

b) Für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG i.V.m. § 1 Abs. 2 EStG ergaben sich für das FG nach dem festgestellten Sachverhalt ebenfalls keine Anhaltspunkte.

22

c) aa) Eine Kindergeldberechtigung nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG i.V.m. § 1 Abs. 3 EStG hängt nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats davon ab, dass der Anspruchsteller aufgrund eines entsprechenden Antrags vom zuständigen FA nach § 1 Abs. 3 EStG als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt wird (Senatsurteil vom 24. Mai 2012 III R 14/10, BFHE 237, 239, BStBl II 2012, 897). Die Tatsache allein, dass beispielsweise bei einem ausländischen Saisonarbeitnehmer im Einkommensteuerbescheid von einer unbeschränkten Steuerpflicht ausgegangen wurde, besagt nicht notwendigerweise, dass es sich um eine Behandlung nach § 1 Abs. 3 EStG gehandelt hat. Vielmehr kann einem solchen Bescheid z.B. auch eine --für die Familienkasse und das FG nicht bindende-- unzutreffende Bejahung der Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 EStG zugrunde liegen. Soweit sich daher eine Behandlung nach § 1 Abs. 3 EStG nicht unmittelbar aus dem Wortlaut des Steuerbescheids selbst ergibt, ist zu prüfen, ob der Anspruchsteller sein Antragswahlrecht gegenüber dem FA entsprechend ausgeübt hat (insbesondere durch entsprechende Erklärung im Antragsformular). Da § 124 Abs. 1 Satz 2 der Abgabenordnung die Auslegung des Verwaltungsakts nach dem "objektiven Verständnis- bzw. Empfängerhorizont” für maßgebend erklärt, ist ein entsprechender Einkommensteuerbescheid so auszulegen, wie der Empfänger ihn verstehen konnte und musste (Müller-Franken in Hübschmann/Hepp/Spitaler --HHSp--, § 124 AO Rz 183). Für die mit der Wirksamkeit des Einkommensteuerbescheids verbundenen Rechtsfolgen kommt es damit nicht auf das von der Behörde Gewollte an, sondern darauf, wie der Empfänger nach den ihm im Laufe des Veranlagungsverfahrens bekannt gewordenen Umständen den materiellen Gehalt (objektiven Inhalt) der Erklärung unter Berücksichtigung von Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte verstehen konnte. Das Erklärte gilt damit auch dann, wenn der Steuerbescheid nach dem Willen der Finanzbehörde einen anderen Inhalt haben sollte (Müller-Franken in HHSp, § 124 AO Rz 183 f.). Es ist daher gegebenenfalls unter Rückgriff auf die Veranlagungsakten zu klären, wie der Anspruchsteller den Einkommensteuerbescheid verstehen konnte.

23

bb) Im Streitfall hat das FG zwar festgestellt, dass das FA den Kläger als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt hat, nicht hingegen, dass der Kläger einen Antrag auf Behandlung nach § 1 Abs. 3 EStG gestellt hat und die ergangenen Einkommensteuerbescheide nach den Gesamtumständen auch so verstehen durfte, dass das FA diesem Antrag entsprochen hat. Auch lässt sich aus dem Wortlaut der in der Kindergeldakte befindlichen Einkommensteuerbescheide 2005 und 2006 nicht entnehmen, dass der Kläger nach § 1 Abs. 3 EStG als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt wurde.

24

Unbeachtlich ist in diesem Zusammenhang, ob das FA im Laufe des Revisionsverfahrens bestätigt hat, dass es den Kläger nach § 1 Abs. 3 EStG behandelt hat. Zum einen handelt es sich insoweit um neues tatsächliches Vorbringen, das im Revisionsverfahren keine Berücksichtigung finden kann. Zum anderen kommt es nach den dargelegten Grundsätzen nicht auf die Sichtweise der Behörde an, sondern auf die Auslegung des Bescheids aus der Sicht eines objektiven Empfängers.

25

cc) Sollte das FG im zweiten Rechtsgang feststellen, dass das FA einem Antrag des Klägers, ihn nach § 1 Abs. 3 EStG als unbeschränkt steuerpflichtig zu behandeln, entsprochen hat, wäre überdies festzustellen, ob der Kläger in den streitigen Monaten Einkünfte i.S. des § 49 EStG erzielt hat (vgl. insofern BFH-Urteil vom 24. Oktober 2012 V R 43/11, BFHE 239, 327, BStBl II 2013, 491; Senatsurteil vom 16. Mai 2013 III R 8/11, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt).

26

2. Soweit die nachzuholende Prüfung des FG das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 EStG ergeben sollte, wäre weiter zu prüfen, wie eine Konkurrenz zu etwaigen Ansprüchen des Klägers oder seiner Ehefrau auf in Polen zu gewährende Familienleistungen aufzulösen ist. Insoweit verweist der Senat wegen der weiteren Einzelheiten zum einen auf das Senatsurteil vom 16. Mai 2013 III R 8/11 (zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt). Zum anderen wird hinsichtlich der Frage, unter welchen Voraussetzungen bei einer etwaigen Anwendung des § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG ein Anspruch auf Familienleistungen in Polen zu berücksichtigen ist, auf das Senatsurteil vom 13. Juni 2013 III R 10/11 (zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt) Bezug genommen.

(1)1Natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, sind unbeschränkt einkommensteuerpflichtig.2Zum Inland im Sinne dieses Gesetzes gehört auch der der Bundesrepublik Deutschland zustehende Anteil

1.
an der ausschließlichen Wirtschaftszone, soweit dort
a)
die lebenden und nicht lebenden natürlichen Ressourcen der Gewässer über dem Meeresboden, des Meeresbodens und seines Untergrunds erforscht, ausgebeutet, erhalten oder bewirtschaftet werden,
b)
andere Tätigkeiten zur wirtschaftlichen Erforschung oder Ausbeutung der ausschließlichen Wirtschaftszone ausgeübt werden, wie beispielsweise die Energieerzeugung aus Wasser, Strömung und Wind oder
c)
künstliche Inseln errichtet oder genutzt werden und Anlagen und Bauwerke für die in den Buchstaben a und b genannten Zwecke errichtet oder genutzt werden, und
2.
am Festlandsockel, soweit dort
a)
dessen natürliche Ressourcen erforscht oder ausgebeutet werden; natürliche Ressourcen in diesem Sinne sind die mineralischen und sonstigen nicht lebenden Ressourcen des Meeresbodens und seines Untergrunds sowie die zu den sesshaften Arten gehörenden Lebewesen, die im nutzbaren Stadium entweder unbeweglich auf oder unter dem Meeresboden verbleiben oder sich nur in ständigem körperlichen Kontakt mit dem Meeresboden oder seinem Untergrund fortbewegen können; oder
b)
künstliche Inseln errichtet oder genutzt werden und Anlagen und Bauwerke für die in Buchstabe a genannten Zwecke errichtet oder genutzt werden.

(2)1Unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind auch deutsche Staatsangehörige, die

1.
im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben und
2.
zu einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts in einem Dienstverhältnis stehen und dafür Arbeitslohn aus einer inländischen öffentlichen Kasse beziehen,
sowie zu ihrem Haushalt gehörende Angehörige, die die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen oder keine Einkünfte oder nur Einkünfte beziehen, die ausschließlich im Inland einkommensteuerpflichtig sind.2Dies gilt nur für natürliche Personen, die in dem Staat, in dem sie ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, lediglich in einem der beschränkten Einkommensteuerpflicht ähnlichen Umfang zu einer Steuer vom Einkommen herangezogen werden.

(3)1Auf Antrag werden auch natürliche Personen als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, soweit sie inländische Einkünfte im Sinne des § 49 haben.2Dies gilt nur, wenn ihre Einkünfte im Kalenderjahr mindestens zu 90 Prozent der deutschen Einkommensteuer unterliegen oder die nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte den Grundfreibetrag nach § 32a Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 nicht übersteigen; dieser Betrag ist zu kürzen, soweit es nach den Verhältnissen im Wohnsitzstaat des Steuerpflichtigen notwendig und angemessen ist.3Inländische Einkünfte, die nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung nur der Höhe nach beschränkt besteuert werden dürfen, gelten hierbei als nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegend.4Unberücksichtigt bleiben bei der Ermittlung der Einkünfte nach Satz 2 nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegende Einkünfte, die im Ausland nicht besteuert werden, soweit vergleichbare Einkünfte im Inland steuerfrei sind.5Weitere Voraussetzung ist, dass die Höhe der nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte durch eine Bescheinigung der zuständigen ausländischen Steuerbehörde nachgewiesen wird.6Der Steuerabzug nach § 50a ist ungeachtet der Sätze 1 bis 4 vorzunehmen.

(4) Natürliche Personen, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, sind vorbehaltlich der Absätze 2 und 3 und des § 1a beschränkt einkommensteuerpflichtig, wenn sie inländische Einkünfte im Sinne des § 49 haben.

(1) Inländische Einkünfte im Sinne der beschränkten Einkommensteuerpflicht (§ 1 Absatz 4) sind

1.
Einkünfte aus einer im Inland betriebenen Land- und Forstwirtschaft (§§ 13, 14);
2.
Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§§ 15 bis 17),
a)
für den im Inland eine Betriebsstätte unterhalten wird oder ein ständiger Vertreter bestellt ist,
b)
die durch den Betrieb eigener oder gecharterter Seeschiffe oder Luftfahrzeuge aus Beförderungen zwischen inländischen und von inländischen zu ausländischen Häfen erzielt werden, einschließlich der Einkünfte aus anderen mit solchen Beförderungen zusammenhängenden, sich auf das Inland erstreckenden Beförderungsleistungen,
c)
die von einem Unternehmen im Rahmen einer internationalen Betriebsgemeinschaft oder eines Pool-Abkommens, bei denen ein Unternehmen mit Sitz oder Geschäftsleitung im Inland die Beförderung durchführt, aus Beförderungen und Beförderungsleistungen nach Buchstabe b erzielt werden,
d)
die, soweit sie nicht zu den Einkünften im Sinne der Nummern 3 und 4 gehören, durch im Inland ausgeübte oder verwertete künstlerische, sportliche, artistische, unterhaltende oder ähnliche Darbietungen erzielt werden, einschließlich der Einkünfte aus anderen mit diesen Leistungen zusammenhängenden Leistungen, unabhängig davon, wem die Einnahmen zufließen,
e)
die unter den Voraussetzungen des § 17 erzielt werden, wenn es sich um Anteile an einer Kapitalgesellschaft handelt,
aa)
die ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung im Inland hat,
bb)
bei deren Erwerb auf Grund eines Antrags nach § 13 Absatz 2 oder § 21 Absatz 2 Satz 3 Nummer 2 des Umwandlungssteuergesetzes nicht der gemeine Wert der eingebrachten Anteile angesetzt worden ist oder auf die § 17 Absatz 5 Satz 2 anzuwenden war oder
cc)
deren Anteilswert zu irgendeinem Zeitpunkt während der 365 Tage vor der Veräußerung unmittelbar oder mittelbar zu mehr als 50 Prozent auf inländischem unbeweglichem Vermögen beruhte und die Anteile dem Veräußerer zu diesem Zeitpunkt zuzurechnen waren; für die Ermittlung dieser Quote sind die aktiven Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens mit den Buchwerten, die zu diesem Zeitpunkt anzusetzen gewesen wären, zugrunde zu legen,
f)
die, soweit sie nicht zu den Einkünften im Sinne des Buchstaben a gehören, durch
aa)
Vermietung und Verpachtung oder
bb)
Veräußerung
von inländischem unbeweglichem Vermögen, von Sachinbegriffen oder Rechten im Sinne des § 21 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder sonstigen Rechten, insbesondere Patentrechten, Markenrechten oder Sortenrechten, die im Inland belegen oder in ein inländisches öffentliches Buch oder Register eingetragen sind oder deren Verwertung in einer inländischen Betriebsstätte oder anderen Einrichtung erfolgt, erzielt werden.2Bei sonstigen Rechten, bei denen Einkünfte nur auf Grund der Eintragung in ein inländisches öffentliches Buch oder Register vorliegen, liegen Einkünfte abweichend von Satz 1 nicht vor, wenn die Vermietung und Verpachtung oder die Veräußerung nicht zwischen nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes erfolgt oder der Besteuerung der Einkünfte die Bestimmungen eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung unter Berücksichtigung der ihre Anwendung regelnden Vorschriften dieses Gesetzes entgegenstehen.3§ 23 Absatz 1 Satz 4 gilt entsprechend.4Als Einkünfte aus Gewerbebetrieb gelten auch die Einkünfte aus Tätigkeiten im Sinne dieses Buchstabens, die von einer Körperschaft im Sinne des § 2 Nummer 1 des Körperschaftsteuergesetzes erzielt werden, die mit einer Kapitalgesellschaft oder sonstigen juristischen Person im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 1 bis 3 des Körperschaftsteuergesetzes vergleichbar ist.5Zu den Einkünften aus der Veräußerung von inländischem unbeweglichem Vermögen im Sinne dieses Buchstabens gehören auch Wertveränderungen von Wirtschaftsgütern, die mit diesem Vermögen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, oder
g)
die aus der Verschaffung der Gelegenheit erzielt werden, einen Berufssportler als solchen im Inland vertraglich zu verpflichten; dies gilt nur, wenn die Gesamteinnahmen 10 000 Euro übersteigen;
3.
Einkünfte aus selbständiger Arbeit (§ 18), die im Inland ausgeübt oder verwertet wird oder worden ist, oder für die im Inland eine feste Einrichtung oder eine Betriebsstätte unterhalten wird;
4.
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19), die
a)
im Inland ausgeübt oder verwertet wird oder worden ist,
b)
aus inländischen öffentlichen Kassen einschließlich der Kassen des Bundeseisenbahnvermögens und der Deutschen Bundesbank mit Rücksicht auf ein gegenwärtiges oder früheres Dienstverhältnis gewährt werden, ohne dass ein Zahlungsanspruch gegenüber der inländischen öffentlichen Kasse bestehen muss; dies gilt nicht, wenn das Dienstverhältnis im Tätigkeitsstaat oder einem anderen ausländischen Staat begründet wurde, der Arbeitnehmer keinen inländischen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt auf Grund des Dienstverhältnisses oder eines vorangegangenen vergleichbaren Dienstverhältnisses aufgegeben hat und mit dem Tätigkeitsstaat kein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung besteht,
c)
als Vergütung für eine Tätigkeit als Geschäftsführer, Prokurist oder Vorstandsmitglied einer Gesellschaft mit Geschäftsleitung im Inland bezogen werden,
d)
als Entschädigung im Sinne des § 24 Nummer 1 für die Auflösung eines Dienstverhältnisses gezahlt werden, soweit die für die zuvor ausgeübte Tätigkeit bezogenen Einkünfte der inländischen Besteuerung unterlegen haben,
e)
an Bord eines im internationalen Luftverkehr eingesetzten Luftfahrzeugs ausgeübt wird, das von einem Unternehmen mit Geschäftsleitung im Inland betrieben wird;
5.
Einkünfte aus Kapitalvermögen im Sinne des
a)
§ 20 Absatz 1 Nummer 1, 2, 4, 6 und 9, wenn
aa)
der Schuldner Wohnsitz, Geschäftsleitung oder Sitz im Inland hat,
bb)
in den Fällen des § 20 Absatz 1 Nummer 1 Satz 4 der Emittent der Aktien Geschäftsleitung oder Sitz im Inland hat oder
cc)
es sich um Fälle des § 44 Absatz 1 Satz 4 Nummer 1 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb handelt;
dies gilt auch für Erträge aus Wandelanleihen und Gewinnobligationen,
b)
(weggefallen)
c)
§ 20 Absatz 1 Nummer 5 und 7, wenn
aa)
das Kapitalvermögen durch inländischen Grundbesitz, durch inländische Rechte, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen, oder durch Schiffe, die in ein inländisches Schiffsregister eingetragen sind, unmittelbar oder mittelbar gesichert ist.2Ausgenommen sind Zinsen aus Anleihen und Forderungen, die in ein öffentliches Schuldbuch eingetragen oder über die Sammelurkunden im Sinne des § 9a des Depotgesetzes oder Teilschuldverschreibungen, soweit es sich nicht um Wandelanleihen oder Gewinnobligationen handelt, ausgegeben sind, oder
bb)
das Kapitalvermögen aus Genussrechten besteht, die nicht in § 20 Absatz 1 Nummer 1 genannt sind,
d)
§ 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 7 Buchstabe a, Nummer 9 und 10 sowie Satz 2, wenn sie von einem Schuldner oder von einem inländischen Kreditinstitut oder einem inländischen Finanzdienstleistungsinstitut oder einem inländischen Wertpapierinstitut im Sinne des § 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 7 Buchstabe b einem anderen als einem ausländischen Kreditinstitut oder einem ausländischen Finanzdienstleistungsinstitut oder einem ausländischen Wertpapierinstitut
aa)
gegen Aushändigung der Zinsscheine ausgezahlt oder gutgeschrieben werden und die Teilschuldverschreibungen nicht von dem Schuldner, dem inländischen Kreditinstitut, dem inländischen Finanzdienstleistungsinstitut oder dem inländischen Wertpapierinstitut verwahrt werden oder
bb)
gegen Übergabe der Wertpapiere ausgezahlt oder gutgeschrieben werden und diese vom Kreditinstitut weder verwahrt noch verwaltet werden.
2§ 20 Absatz 3 gilt entsprechend;
6.
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 21), soweit sie nicht zu den Einkünften im Sinne der Nummern 1 bis 5 gehören, wenn das unbewegliche Vermögen, die Sachinbegriffe oder Rechte im Sinne des § 21 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder sonstige Rechte, insbesondere Patentrechte, Markenrechte oder Sortenrechte, im Inland belegen oder in ein inländisches öffentliches Buch oder Register eingetragen sind oder in einer inländischen Betriebsstätte oder in einer anderen Einrichtung verwertet werden.2Bei sonstigen Rechten, bei denen Einkünfte nur auf Grund der Eintragung in ein inländisches öffentliches Buch oder Register vorliegen, liegen Einkünfte abweichend von Satz 1 nicht vor, wenn die Vermietung und Verpachtung nicht zwischen nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes erfolgt oder der Besteuerung der Einkünfte die Bestimmungen eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung unter Berücksichtigung der ihre Anwendung regelnden Vorschriften dieses Gesetzes entgegenstehen;
7.
sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 Nummer 1 Satz 3 Buchstabe a, die von den inländischen gesetzlichen Rentenversicherungsträgern, der inländischen landwirtschaftlichen Alterskasse, den inländischen berufsständischen Versorgungseinrichtungen, den inländischen Versicherungsunternehmen oder sonstigen inländischen Zahlstellen gewährt werden; dies gilt entsprechend für Leibrenten und andere Leistungen ausländischer Zahlstellen, wenn die Beiträge, die den Leistungen zugrunde liegen, nach § 10 Absatz 1 Nummer 2 ganz oder teilweise bei der Ermittlung der Sonderausgaben berücksichtigt wurden;
8.
sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 Nummer 2, soweit es sich um private Veräußerungsgeschäfte handelt, mit
a)
inländischen Grundstücken oder
b)
inländischen Rechten, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen;
8a.
sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 Nummer 4;
9.
sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 Nummer 3, auch wenn sie bei Anwendung dieser Vorschrift einer anderen Einkunftsart zuzurechnen wären, soweit es sich um Einkünfte aus inländischen unterhaltenden Darbietungen, aus der Nutzung beweglicher Sachen im Inland oder aus der Überlassung der Nutzung oder des Rechts auf Nutzung von gewerblichen, technischen, wissenschaftlichen und ähnlichen Erfahrungen, Kenntnissen und Fertigkeiten, zum Beispiel Plänen, Mustern und Verfahren, handelt, die im Inland genutzt werden oder worden sind; dies gilt nicht, soweit es sich um steuerpflichtige Einkünfte im Sinne der Nummern 1 bis 8 handelt;
10.
sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 Nummer 5; dies gilt auch für Leistungen ausländischer Zahlstellen, soweit die Leistungen bei einem unbeschränkt Steuerpflichtigen zu Einkünften nach § 22 Nummer 5 Satz 1 führen würden oder wenn die Beiträge, die den Leistungen zugrunde liegen, nach § 10 Absatz 1 Nummer 2 ganz oder teilweise bei der Ermittlung der Sonderausgaben berücksichtigt wurden.
11.
Einkünfte aus der Beteiligung an einer Personengesellschaft oder Gemeinschaft, die ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung im Inland hat oder in ein inländisches Register eingetragen ist, soweit diese Einkünfte
a)
in dem Staat, in dem der Beteiligte seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat, aufgrund einer vom deutschen Recht abweichenden steuerlichen Behandlung der Personengesellschaft oder Gemeinschaft keiner Besteuerung unterliegen,
b)
nicht bereits als Einkünfte im Sinne der Nummern 1 bis 10 einer Besteuerung unterliegen und
c)
in keinem anderen Staat einer Besteuerung unterliegen.
2Satz 1 gilt nur, wenn dem Beteiligten allein oder zusammen mit ihm nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes, die keiner unbeschränkten Steuerpflicht im Inland nach § 1 Absatz 1 oder nach § 1 des Körperschaftsteuergesetzes unterliegen, mehr als die Hälfte der Stimmrechte oder mehr als die Hälfte der Anteile am Kapital unmittelbar oder mittelbar zuzurechnen sind oder unmittelbar oder mittelbar ein Anspruch auf mehr als die Hälfte des Gewinns oder des Liquidationserlöses der Personengesellschaft oder Gemeinschaft zusteht; eine Beteiligung in diesem Sinne setzt nicht die Stellung als Gesellschafter oder Gemeinschafter voraus.3Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, wenn es sich bei der Personengesellschaft oder Gemeinschaft um einen Altersvorsorgevermögensfonds im Sinne des § 53 des Investmentsteuergesetzes handelt oder die Einkünfte auch bei einer nicht vom deutschen Recht abweichenden Behandlung der Personengesellschaft oder Gemeinschaft im ausländischen Staat keiner Besteuerung unterliegen würden.4Die Besteuerung nach den vorstehenden Sätzen erfolgt ungeachtet der Bestimmungen eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung.

(2) Im Ausland gegebene Besteuerungsmerkmale bleiben außer Betracht, soweit bei ihrer Berücksichtigung inländische Einkünfte im Sinne des Absatzes 1 nicht angenommen werden könnten.

(3)1Bei Schifffahrt- und Luftfahrtunternehmen sind die Einkünfte im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2 Buchstabe b mit 5 Prozent der für diese Beförderungsleistungen vereinbarten Entgelte anzusetzen.2Das gilt auch, wenn solche Einkünfte durch eine inländische Betriebsstätte oder einen inländischen ständigen Vertreter erzielt werden (Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe a).3Das gilt nicht in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 2 Buchstabe c oder soweit das deutsche Besteuerungsrecht nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung ohne Begrenzung des Steuersatzes aufrechterhalten bleibt.

(4)1Abweichend von Absatz 1 Nummer 2 sind Einkünfte steuerfrei, die ein beschränkt Steuerpflichtiger mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in einem ausländischen Staat durch den Betrieb eigener oder gecharterter Schiffe oder Luftfahrzeuge aus einem Unternehmen bezieht, dessen Geschäftsleitung sich in dem ausländischen Staat befindet.2Voraussetzung für die Steuerbefreiung ist, dass dieser ausländische Staat Steuerpflichtigen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes eine entsprechende Steuerbefreiung für derartige Einkünfte gewährt und dass das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur die Steuerbefreiung nach Satz 1 für verkehrspolitisch unbedenklich erklärt hat.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist polnischer Staatsangehöriger. Er lebt mit seiner Ehefrau und zwei Kindern, S und K, in einem gemeinsamen Familienhaushalt in Polen. Ein Anspruch auf Kindergeld für die beiden Kinder besteht in Polen nicht.

2

Vom 2. April bis zum 30. September 2009 war der Kläger im Inland sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) ist der Kläger wegen der aus dieser Tätigkeit erzielten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig gemäß § 1 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr 2009 geltenden Fassung (EStG) behandelt worden.

3

Dem Kläger war zunächst ab April 2009 Kindergeld für die Kinder S und K bewilligt worden. Dem Einspruch gegen die (teilweise) Aufhebung der Kindergeldfestsetzung für die Kinder S und K half die Beklagte und Revisionsbeklagte (Familienkasse) mit Bescheid vom 28. Oktober 2010 insoweit ab, als für beide Kinder für den Zeitraum April bis September 2009 Kindergeld in voller gesetzlicher Höhe gewährt wurde, nicht jedoch für den Zeitraum vor Aufnahme und nach Beendigung der Erwerbstätigkeit (von Januar bis März bzw. von Oktober bis Dezember 2009). Die hiergegen erhobene Klage, die der Kläger damit begründet hatte, die Voraussetzungen für die Kindergeldgewährung hätten nicht nur für den Zeitraum der Arbeitstätigkeit, sondern im ganzen Jahr vorgelegen, wies das FG als unbegründet ab. Der Kläger habe zwar nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG i.V.m. § 1 Abs. 3 Satz 1 EStG Anspruch auf Kindergeld, weil er als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig zu behandeln und dementsprechend zur Einkommensteuer veranlagt worden sei. Den erforderlichen Antrag nach § 1 Abs. 3 EStG habe er konkludent mit der Abgabe der Einkommensteuererklärung 2009 bei dem Finanzamt gestellt. Die unbeschränkte Einkommensteuerpflicht bestehe allerdings nur für den Zeitraum, für den der Kläger Einkünfte erziele, da die unbeschränkte Steuerpflicht nach § 1 Abs. 3 Satz 4 2. Halbsatz EStG nur "soweit" entstehe, als inländische Einkünfte vorlägen. Dieses Tatbestandsmerkmal betreffe nicht nur die Höhe der Einkünfte, sondern enthalte auch einen zeitlichen Moment.

4

Hiergegen wendet sich der Kläger mit der vom FG zugelassenen Revision.

5

Das FG habe verfahrensfehlerhaft nicht festgestellt, ob der Kläger außerhalb seiner nichtselbständigen Tätigkeit vom April bis September 2009 keine weiteren Einkünfte erzielt habe. Das FG hätte dazu die Einkommensteuerakten auswerten und von ausländischen Steuerbehörden ergänzende Bescheinigungen beschaffen müssen.

6

Der Einschränkung in § 1 Abs. 3 EStG, wonach natürliche Personen ohne Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland unbeschränkt steuerpflichtig seien, "soweit" sie inländische Einkünfte erzielen, sei keine zeitliche Beschränkung für das Kindergeld zu entnehmen. Deren Sinn und Zweck sei lediglich, vom Welteinkommen nur die im Inland erzielten Einkünfte der inländischen Steuerpflicht zu unterwerfen. Zudem verweist der Kläger auf § 32 Abs. 4 EStG, wonach bei der Anrechnung eigener Einkünfte des Kindes auf den Jahresbetrag abzustellen sei. Seine Rechtsauffassung werde auch von der Dienstanweisung zur Durchführung des Familienleistungsausgleichs nach dem X. Abschnitt des Einkommensteuergesetzes (DA-FamEStG) unter Rz 62.1 Satz 10 sowie in der Kommentarliteratur (Felix, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 66 Rz C 8; Pust in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 66 Rz 52; Weber-Grellet in Schmidt, EStG, 31. Aufl., § 66 Rz 6) geteilt. Zudem komme es ohnehin nicht auf den Beginn oder das Ende der Erwerbstätigkeit, sondern auf den Zufluss der Einkünfte an. Die Anwendung des Monatsprinzips führe zu einer Diskriminierung von Saisonarbeitern.

7

Der Kläger beantragt,
das Urteil des FG sowie die Einspruchsentscheidung der Familienkasse vom 5. November 2010 aufzuheben und die Familienkasse zu verpflichten, Kindergeld für die Kinder S und K für die Monate Januar bis März und Oktober bis Dezember 2009 zu gewähren, hilfsweise, dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) folgende Rechtsfrage vorzulegen:

8


"Ist das EU-Primärrecht (hier insbesondere die Artikel 3 und 45 des Vertrages über die Europäische Union -AEUV-) sowie das EU-Sekundärrecht (hier insbesondere die VO 1408/71 bzw. 883/2004) jeweils in ihren aktuellen Fassungen dahin auszulegen, dass sie einer Entscheidung des Mitgliedstaates entgegenstehen, wonach einem Angehörigen eines Mitgliedstaates, der sich zur Ausübung einer Beschäftigung in diesem Mitgliedstaat dort aufhält und tätig ist (sog. Wanderarbeitnehmer) und der als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig im gesamten Kalenderjahr veranlagt wurde, Familienleistungen i.S.d. VO 1408/71 bzw. 883/2004 lediglich für den Zeitraum der Ausübung der Beschäftigung in diesem Mitgliedstaat gewährt wird, wenn nach der Entscheidung des Mitgliedstaates jedoch einem Angehörigen eines Mitglied-staates, der sich lediglich als sog. Grenzpendler inner-halb seiner täglichen Arbeitszeit in diesem Mitgliedstaat aufhält und als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig im gesamten Kalenderjahr veranlagt wurde, die Familienleistungen für das gesamte Kalenderjahr gewährt werden?"

9

Die Familienkasse beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

10

Eine Zuweisung des Klägers unter die deutschen Rechtsvorschriften aufgrund einer (weiteren) Beschäftigung im Inland sei nicht möglich. Die Anwendung der vom EuGH in der Rechtssache Bosmann (Urteil vom 20. Mai 2008 C-352/06, Slg. 2008, I-3827, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 2008, 877) aufgestellten Grundsätze komme nicht in Betracht, da außerhalb des Zeitraums der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung im Inland kein Anknüpfungspunkt für eine im Hinblick auf die Arbeitnehmerfreizügigkeit gebotene Gewährung deutschen Kindergeldes erkennbar sei.

Entscheidungsgründe

11

II. Die Revision des Klägers ist im Ergebnis begründet. Das Urteil des FG ist aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat zwar zu Recht entschieden, dass dem Kläger ein Anspruch auf Kindergeld nur für diejenigen Kalendermonate zusteht, in denen er im Inland unbeschränkt steuerpflichtige Einkünfte i.S. von § 1 Abs. 3 i.V.m. § 49 EStG erzielt hat. Hierzu sind jedoch noch weitere Feststellungen zur "Behandlung als unbeschränkt Steuerpflichtiger" sowie zum Zeit-punkt des Zuflusses der Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit zu treffen.

12

1. Dem Kläger steht nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 EStG für die streitigen Monate Januar bis März 2009 und Oktober bis Dezember 2009 kein Anspruch auf Kindergeld zu; denn nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 EStG hat Anspruch auf Kindergeld für Kinder i.S. des § 63 EStG, wer im Inland einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.

13

Selbst wenn der Kläger in den Monaten, für die er Kindergeld erhalten hat (von April bis September 2009) im Inland einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt gehabt hätte, wofür nach dem vom FG nicht festgestellten Akteninhalt die Geltendmachung von Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung spricht, stünde ihm für die allein streitigen Monate Januar bis einschließlich März 2009 und Oktober bis einschließlich Dezember 2009 kein Kindergeld nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu, weil er in diesen Monaten keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hatte. Denn nach § 66 Abs. 2 EStG wird das Kindergeld monatlich vom Beginn des Monats an gezahlt, in dem die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind, bis zum Ende des Monats, in dem die Anspruchsvoraussetzungen wegfallen (sog. Monatsprinzip). Der Kindergeldanspruch richtet sich daher danach, ob die Voraussetzungen für die Gewährung von Kindergeld im jeweiligen Monat vorliegen. Beim Wechsel von der beschränkten zur unbeschränkten Steuerpflicht und umgekehrt kann Kindergeld daher nur vom Beginn des Monats, in dem ein inländischer Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt begründet wird, bis zum Ablauf des Monats, in dem dieser aufgegeben wird, gewährt werden (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 20. November 2008 III R 53/05, BFH/NV 2009, 564). Vor Begründung und nach Aufgabe des inländischen Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts besteht daher kein Anspruch auf Kindergeld.

14

2. Dem Kläger steht für die streitigen Monate Januar bis März 2009 und Oktober bis Dezember 2009 --vorbehaltlich der Frage der zeitlichen Zuordnung der Einkünfte-- auch kein Anspruch nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG zu, wenn er im Zeitraum April bis September 2009 keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland besaß.

15

a) Für Kinder i.S. des § 63 EStG hat nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG Anspruch auf Kindergeld, wer ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland nach § 1 Abs. 3 EStG "als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt" wird.

16

Nach § 1 Abs. 3 EStG werden auf Antrag auch natürliche Personen als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, soweit sie inländische Einkünfte i.S. des § 49 EStG haben. Dies gilt nur, wenn ihre Einkünfte im Kalenderjahr zu mindestens 90 % der deutschen Einkommensteuer unterliegen oder die nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte den Grundfreibetrag nach § 32a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG nicht übersteigen. Voraussetzung ist weiter u.a., dass die Höhe der nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte durch eine Bescheinigung der zuständigen ausländischen Steuerbehörde nachgewiesen wird.

17

b) Bei Anwendung von § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG liegt eine Behandlung "nach § 1 Abs. 3 als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig" nur für die Kalendermonate vor, in denen der Kindergeldberechtigte Einkünfte i.S. des § 49 EStG erzielt, die nach § 1 Abs. 3 EStG der Einkommensteuer unterliegen.

18

aa) Mit dem Tatbestandsmerkmal in § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG "als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt" i.S. von § 1 Abs. 3 EStG stellt die Vorschrift steuersystematisch auf die "Behandlung" bei der Einkommensteuerfestsetzung ab. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Einkommensteuer nach § 2 Abs. 7 Satz 1 EStG eine Jahressteuer ist und ihre Grundlagen bei der Steuerfestsetzung gemäß § 2 Abs. 7 Satz 2 EStG jeweils für das Kalenderjahr zu ermitteln sind.

19

bb) Aus § 2 Abs. 7 EStG folgt jedoch nicht, dass sich die Behandlung als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig jeweils auf ein Kalenderjahr bezieht. Endet z.B. die am Jahresanfang bestehende unbeschränkte Steuerpflicht nach § 1 Abs. 1 EStG während eines Kalenderjahres --nach Wegzug aus dem Inland und damit nach der Aufgabe des Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthaltes im Inland--, erfolgt eine "Behandlung" als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig für den nachfolgenden Zeitraum bis zum Ende des Kalenderjahres nur nach § 1 Abs. 3 EStG. Die Behandlung als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig gemäß § 1 Abs. 3 EStG beschränkt sich dann auf den Zeitraum, für den die Steuerpflicht nach dieser Vorschrift besteht (Lehner/Waldhoff, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O., § 1 Rz D 212).

20

cc) Dass sich die Behandlung als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig i.S. von § 1 Abs. 3 EStG wie im Fall des Wegzugs auf einen Teil eines Kalenderjahres beschränkt, zeigt, dass eine Behandlung als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig nach § 1 Abs. 3 EStG i.S. des § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG nur für die Zeiträume eines Kalenderjahres vorliegt, in denen der Steuerpflichtige die nach § 1 Abs. 3 EStG steuerpflichtigen Einkünfte bezieht. Dies steht auch im Einklang mit dem Wortlaut des § 1 Abs. 3 EStG, wonach die Behandlung von Personen als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig nur erfolgt, "soweit sie inländische Einkünfte i.S. des § 49 EStG haben". Dabei handelt es sich somit nicht nur um eine gegenständliche Definition im Hinblick auf die Bestimmung des sachlichen Umfangs der Einkünfte, sondern auch um eine zeitliche Einschränkung auf den Zeitraum der Behandlung als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig.

21

dd) Für diese Auslegung sprechen zudem Sinn und Zweck des § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG. Danach sollen natürliche Personen, die im Inland weder einen Wohnsitz noch einen gewöhnlichen Aufenthalt haben und auf Antrag nach § 1 Abs. 3 EStG als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt werden, kindergeldrechtlich den natürlichen Personen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland gleichgestellt werden. Wer ohne inländischen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt als nach § 1 Abs. 3 EStG unbeschränkt Steuerpflichtiger keine Einkünfte im Inland (als anspruchsbegründendes Merkmal nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b i.V.m. § 1 Abs. 3 EStG) erzielt, kann kindergeldrechtlich nicht besser gestellt werden als der Steuerpflichtige, der durch einen Wegzug ins Ausland seinen inländischen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland (als anspruchsbegründendes Merkmal nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 EStG) aufgibt und mit Beendigung des Monats des Wegzugs seinen Anspruch auf Kindergeld verliert. Gleiches gilt für den Zeitraum vor Begründung eines inländischen Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts.

22

3. Die hiergegen gerichteten Einwendungen des Klägers greifen nicht durch.

23

a) Gegen die einschränkende Auslegung nach dem Monatsprinzip spricht nicht, dass der unbeschränkt Steuerpflichtige nach § 1 Abs. 3 EStG einer Jahresveranlagung nach § 2 Abs. 7 EStG unterliegt, wonach für die Berechnung der Einkommensteuer "die während der beschränkten Einkommensteuerpflicht erzielten inländischen Einkünfte in eine Veranlagung zur unbeschränkten Einkommensteuerpflicht einzubeziehen" sind. Durch § 2 Abs. 7 EStG wurde mit dem Jahressteuergesetz 1996 vom 11. Oktober 1995 die bis dahin geltende Regelung aufgehoben, nach der für die jeweiligen Zeiträume der beschränkten und unbeschränkten Einkommensteuerpflicht getrennte Veranlagungen durchzuführen waren. Sinn und Zweck der Gesetzesänderung war, eine Ungleichbehandlung zu Gunsten von Steuerpflichtigen beim Wechsel von der unbeschränkten zur beschränkten Steuerpflicht (z.B. in Wegzugsfällen) abzubauen, die darin bestand, dass diese Personengruppe nicht für das gesamte Veranlagungsjahr nach einem einheitlichen Steuertarif besteuert wurde (vgl. BTDrucks 13/1558, S. 152), und insbesondere der Grundfreibetrag nicht --wie bis einschließlich des Veranlagungszeitraums 1995-- doppelt in Ansatz gebracht werden sollte (Musil in Herrmann/ Heuer/Raupach, § 2 EStG Rz 922). Nicht bezweckt war den Bezug von Kindergeld für das gesamte Veranlagungsjahr zu bewirken, wenn die Voraussetzungen des Bezugs von Einkünften i.S. des § 49 EStG z.B. nur für wenige Tage im Jahr gegeben waren. Denn auch für die Kindergeldberechtigung nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG i.V.m. § 1 Abs. 3 EStG wird das einkommensteuerrechtliche Jahresprinzip des § 2 Abs. 7 EStG durch das Monatsprinzip des § 66 Abs. 2 EStG überlagert.

24

b) Der Kläger kann sich für seine Auffassung auch nicht auf § 32 Abs. 4 Satz 3 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung stützen, wonach ein Kind nur berücksichtigt werden darf, wenn es Einkünfte und Bezüge, die zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind, von nicht mehr als 7.680 € "im Kalenderjahr" hat (sog. Jahresgrenzbetrag). Auch hier ist eine Monatsbetrachtung erforderlich, wenn die kindbezogenen Voraussetzungen für den Anspruch auf Kindergeld nicht ganzjährig vorliegen (§ 32 Abs. 4 Sätze 7 und 8 EStG). Denn nach Satz 7 dieser Regelung ermäßigt sich der Betrag nach Satz 2 oder 3 (der Jahresgrenzbetrag von 7.680 €) für jeden Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 oder 2 an keinem Tag vorliegen. Nach Satz 8 bleiben Einkünfte und Bezüge des Kindes, die auf diese Kalendermonate entfallen, außer Ansatz.

25

Zudem berührt die Regelung in § 32 Abs. 4 Satz 1 EStG (Jahresgrenzbetrag) zur Begrenzung des Kindergeldanspruchs nicht die Frage, ob in der Person desjenigen, der Kindergeld beansprucht, die Voraussetzungen für die Gewährung von Kindergeld vorliegen.

26

c) Der Kläger macht zu Unrecht geltend, andernfalls bestehe ein Widerspruch zu den Urteilen des BFH vom 24. Mai 2012 III R 14/10 (BFHE 237, 239, BStBl II 2012, 897) und vom 27. Juli 1994 I R 25/94 (BFHE 175, 528, BStBl II 1995, 127). Im Urteil in BFHE 237, 239, BStBl II 2012, 897 ging es um die (fehlende) Bindungswirkung einer Veranlagung eines Finanzamts, das zu Unrecht von einem inländischen Wohnsitz eines Kindergeldberechtigten ausgegangen war, nicht aber um die im Streitfall entscheidungserhebliche Frage einer Monatsbetrachtung bei der Einkünfteerzielung eines Wohnsitzausländers. Das Urteil in BFHE 175, 528, BStBl II 1995, 127 betrifft nicht Kindergeld, sondern die Berechtigung eines Klägers zum Lohnsteuerjahresausgleich für den Zeitraum nach einem Wegzug in die Niederlande, wenn er ganzjährig im Inland Einkünfte erzielt hat, woran es im Streitfall fehlt.

27

d) Auch aus der --den Senat ohnehin nicht bindenden-- DA-FamEStG ergibt sich entgegen der Auffassung des Klägers nichts Gegenteiliges unter Rz 62.1 Abs. 3 Satz 10. Dort heißt es: "Besteht Anspruch auf Kindergeld wegen Behandlung als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig, ist das Kindergeld nur für dasjenige Kalenderjahr festzusetzen, für das ein Vorliegen der Voraussetzungen des § 1 Absatz 3 EStG nachgewiesen worden ist." Die Regelung bezweckt den Ausschluss von Kindergeld für andere Veranlagungszeiträume; sie betrifft nicht die Frage, ob ganzjährig oder monatsweise ein Kindergeldanspruch bei Einkünfteerzielung in einem Teil des Jahres besteht, zumal in Rz 62.3.2 Abs. 4 Satz 1 für Botschaftsangehörige, die die Hausgemeinschaft innerhalb des Jahres aufgegeben haben, ausgeführt wird: "Der Kindergeldanspruch der in § 1 Abs. 2 EStG genannten Personen endet mit Ablauf des Monats, in dem die Hausgemeinschaft auf Dauer beendet wird." Soweit sich der Kläger durch die Kommentarliteratur bestätigt sieht, in der ohne weitere Begründung Gegenteiliges vertreten wird (Felix, a.a.O., § 66 Rz C 8; Pust, a.a.O., § 66 Rz 52; Weber-Grellet, a.a.O., § 66 Rz 6), vermag der Senat dem aus den vorgenannten Gründen nicht zu folgen.

28

e) Die Entscheidungen des EuGH vom 12. Juni 2012 C-611/10 und C-612/10 (juris) zu Art. 14 Nr. 1 Buchst. a und Art. 14a Nr. 1 Buchst. a der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicher-heit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familien-angehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern --VO Nr. 1408/71--, (in der durch die Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996 geänderten und aktualisierten Fassung, diese wiederum geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 647/2005 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. April 2005), berühren nicht die vorliegend entscheidungserhebliche Frage der Begrenzung des Kindergeldanspruchs nach dem Monatsprinzip für Zeiträume vor oder nach Beendigung der anspruchsbegründenden Tätigkeit.

29

f) Entgegen der Auffassung des Klägers besteht kein Anlass, dem EuGH die im Klageantrag hilfsweise gestellte Rechtsfrage nach der unterschiedlichen Behandlung von Grenzgängern und Saisonarbeitern vorzulegen. Nach Art. 3 Abs. 1 der VO Nr. 1408/71 gilt der Grundsatz der Gleichbehandlung:

30


"Die Personen, die im Gebiet eines Mitgliedstaats wohnen und für die diese Verordnung gilt, haben die gleichen Rechte und Pflichten auf Grund der Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats wie die Staatsangehörigen dieses Staates, soweit besondere Bestimmungen dieser Verordnung nichts anderes vorsehen."

31

Nach der Auslegung des Senats haben alle Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben, dieselbe Rechtsposition hinsichtlich ihres Kindergeldanspruchs nach dem Monatsprinzip. Personen, die im Inland keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben (z.B. Wanderarbeiter oder Saisonarbeiter), werden den Wohnsitzinländern gleichgestellt; es wird lediglich --wie unter II.2.b dd ausgeführt-- eine Privilegierung nicht im Inland ansässiger Personen, die nach § 1 Abs. 3 EStG als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt werden, gegenüber Personen, die im gleichen Zeitraum im Inland ansässig sind, verhindert.

32

4. Die Sache ist gleichwohl nicht spruchreif.

33

Eine Kindergeldberechtigung nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG setzt voraus, dass der Anspruchsteller aufgrund eines entsprechenden Antrags nach § 1 Abs. 3 EStG als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt wird (BFH-Urteil in BFHE 273, 239, BStBl II 2012, 897). Ob der Kläger einen Antrag nach § 1 Abs. 3 EStG gestellt hatte und entsprechend zur Einkommen-steuer veranlagt wurde, lässt sich den Feststellungen des FG nicht zweifelsfrei entnehmen. Ebenso fehlen Feststellungen zum Zeitpunkt, zu dem dem Kläger die Einkünfte nach § 49 Abs. 1 Nr. 4 EStG i.V.m. § 11 EStG zugeflossen sind.

34

5. Auf die Verfahrensrüge kam es wegen der Zurückverweisung an das FG nicht mehr an.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist polnischer Staatsangehöriger. Er lebt mit seiner Ehefrau und seiner am … 2004 geborenen Tochter K in Polen. Von März bis Juli 2008 arbeitete der Kläger bei einem Baumschulbetrieb in N. Er war sozialversicherungspflichtig.

2

Im Mai 2009 beantragte der Kläger Kindergeld für K. Mit Bescheid vom 18. Juni 2009 setzte die Beklagte und Revisionsbeklagte (die Familienkasse) Kindergeld für die Monate März bis Juli 2008 unter Anrechnung polnischer Familienleistungen fest. Mit dem hiergegen gerichteten Einspruch begehrte der Kläger die Gewährung von ganzjährigem Kindergeld für 2008 sowie die Korrektur der Anrechnung. Die Familienkasse gab dem Einspruch insoweit statt, als der Anrechnungsbetrag wegen einer Devisenverwechslung zugunsten des Klägers korrigiert wurde. Im Übrigen wies sie den Einspruch als unbegründet zurück. Die hiergegen erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) als unbegründet ab.

3

Zur Begründung führte das FG im Wesentlichen aus, der Kläger sei in den betreffenden Monaten nicht kindergeldberechtigt gewesen, weil er im Inland weder seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt gehabt habe noch nach § 1 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) unbeschränkt einkommensteuerpflichtig gewesen sei oder nach § 1 Abs. 3 EStG als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt worden sei. Für den maßgebenden Zeitraum komme eine Kindergeldberechtigung aufgrund von § 1 Abs. 3 EStG nicht in Betracht, weil dies nur für Zeiträume gelten könne, in denen der Steuerpflichtige inländische Einkünfte i.S. des § 1 Abs. 3 EStG erziele. Denn diese Steuerpflicht entstehe nach § 1 Abs. 3 Satz 1 EStG nur, soweit inländische Einkünfte i.S. des § 49 EStG vorlägen. Dies beinhalte auch ein zeitliches Moment mit der Folge, dass die Einkünfte i.S. des § 49 EStG den Beginn und das Ende der unbeschränkten Steuerpflicht nach § 1 Abs. 3 EStG markierten.

4

Der Kläger rügt mit seiner Revision die Verletzung materiellen Rechts.

5

Er beantragt,
das Urteil des FG Düsseldorf vom 13. Juli 2011  15 K 206/11 Kg sowie die Einspruchsentscheidung vom 13. Dezember 2010 aufzuheben und die Familienkasse zu verpflichten, für K Kindergeld für die Monate Januar, Februar, August, September, Oktober, November und Dezember 2008 unter Anrechnung der polnischen Familienleistungen zu gewähren.

6

Die Familienkasse beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

II. Die Revision des Klägers ist begründet. Das Urteil des FG war aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat zu Recht entschieden, dass dem Kläger ein Anspruch auf Kindergeld nur für diejenigen Kalendermonate zusteht, in denen er im Inland unbeschränkt steuerpflichtige Einkünfte i.S. von § 1 Abs. 3 i.V.m. § 49 EStG erzielt hat. Hierzu sind jedoch noch weitere Feststellungen zur "Behandlung als unbeschränkt Steuerpflichtiger" durch das Finanzamt (FA) sowie zum Zeitpunkt des Zuflusses der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zu treffen.

8

1. Die Familienkasse … der Bundesagentur für Arbeit ist aufgrund eines Organisationsaktes (Beschluss des Vorstands der Bundesagentur für Arbeit Nr. 21/2013 vom 18. April 2013 gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 11 des Finanzverwaltungsgesetzes, Amtliche Nachrichten der Bundesagentur für Arbeit, Ausgabe Mai 2013, S. 6 ff., Nr. 2.2 der Anlage 2) im Wege des gesetzlichen Parteiwechsels in die Beteiligtenstellung der Agentur für Arbeit … - Familienkasse eingetreten (s. dazu Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 3. März 2011 V B 17/10, BFH/NV 2011, 1105, unter II.A.).

9

2. Für Kinder i.S. des § 63 EStG hat nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG Anspruch auf Kindergeld, wer ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland nach § 1 Abs. 3 EStG "als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt" wird.

10

Nach § 1 Abs. 3 EStG werden auf Antrag auch natürliche Personen als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, soweit sie inländische Einkünfte i.S. des § 49 EStG haben. Dies gilt nur, wenn ihre Einkünfte im Kalenderjahr zu mindestens 90 % der deutschen Einkommensteuer unterliegen oder die nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte den Grundfreibetrag nach § 32a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG nicht übersteigen. Voraussetzung ist weiter u.a., dass die Höhe der nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte durch eine Bescheinigung der zuständigen ausländischen Steuerbehörde nachgewiesen wird.

11

3. Bei Anwendung des § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG liegt eine Behandlung "nach § 1 Abs. 3 als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig" nur für die Kalendermonate vor, in denen der Kindergeldberechtigte Einkünfte i.S. des § 49 EStG erzielt, die nach § 1 Abs. 3 EStG der Einkommensteuer unterliegen (gl.A. BFH-Urteil vom 24. Oktober 2012 V R 43/11, BFHE 239, 327).

12

a) Mit dem Tatbestandsmerkmal "als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt" i.S. von § 1 Abs. 3 EStG stellt die Vorschrift steuersystematisch auf die "Behandlung" bei der Einkommensteuerfestsetzung ab. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Einkommensteuer nach § 2 Abs. 7 Satz 1 EStG eine Jahressteuer ist und ihre Grundlagen bei der Steuerfestsetzung gemäß § 2 Abs. 7 Satz 2 EStG jeweils für das Kalenderjahr zu ermitteln sind.

13

b) Aus § 2 Abs. 7 EStG folgt jedoch nicht, dass sich die Behandlung als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig jeweils auf ein Kalenderjahr bezieht. Endet z.B. die am Jahresanfang bestehende unbeschränkte Steuerpflicht nach § 1 Abs. 1 EStG während eines Kalenderjahres --nach Wegzug aus dem Inland und damit nach der Aufgabe des Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthaltes im Inland--, erfolgt eine "Behandlung" als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig für den nachfolgenden Zeitraum bis zum Ende des Kalenderjahres nur nach § 1 Abs. 3 EStG. Die Behandlung als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig gemäß § 1 Abs. 3 EStG beschränkt sich dann auf den Zeitraum, für den die Steuerpflicht nach dieser Vorschrift besteht (Lehner/Waldhoff, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 1 Rz D 212).

14

c) Dass sich die Behandlung als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig i.S. von § 1 Abs. 3 EStG wie im Fall des Wegzugs auf einen Teil eines Kalenderjahres beschränkt, zeigt, dass eine Behandlung als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig nach § 1 Abs. 3 EStG i.S. des § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG nur für die Zeiträume eines Kalenderjahres vorliegt, in denen der Steuerpflichtige die nach § 1 Abs. 3 EStG steuerpflichtigen Einkünfte bezieht. Dies steht auch im Einklang mit dem Wortlaut des § 1 Abs. 3 EStG, wonach die Behandlung von Personen als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig nur erfolgt, "soweit sie inländische Einkünfte im Sinne des § 49 EStG haben". Dabei handelt es sich somit nicht nur um eine gegenständliche Definition im Hinblick auf die Bestimmung des sachlichen Umfangs der Einkünfte, sondern auch um eine zeitliche Einschränkung auf den Zeitraum der Behandlung als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig (BFH-Urteil in BFHE 239, 327).

15

d) Für diese Auslegung sprechen zudem Sinn und Zweck des § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG. Danach sollen natürliche Personen, die im Inland weder einen Wohnsitz noch einen gewöhnlichen Aufenthalt haben und auf Antrag nach § 1 Abs. 3 EStG als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt werden, kindergeldrechtlich den natürlichen Personen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland gleichgestellt werden. Wer ohne inländischen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt als nach § 1 Abs. 3 EStG unbeschränkt Steuerpflichtiger keine Einkünfte im Inland (als anspruchsbegründendes Merkmal nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b i.V.m. § 1 Abs. 3 EStG) erzielt, kann kindergeldrechtlich nicht besser gestellt werden als der Steuerpflichtige, der durch seinen Wegzug ins Ausland seinen inländischen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland (als anspruchsbegründendes Merkmal nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 EStG) aufgibt und mit Beendigung des Monats des Wegzugs seinen Anspruch auf Kindergeld verliert. Gleiches gilt für den Zeitraum vor Begründung seines inländischen Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts (BFH-Urteil in BFHE 239, 327).

16

e) Der Kläger kann sich für seine Auffassung auch nicht auf § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung stützen, wonach ein Kind nur berücksichtigt werden darf, wenn es Einkünfte und Bezüge, die zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind, von nicht mehr als 7.680 € "im Kalenderjahr" hat (sog. Jahresgrenzbetrag). Auch hier ist eine Monatsbetrachtung erforderlich, wenn die kindbezogenen Voraussetzungen für den Anspruch auf Kindergeld nicht ganzjährig vorliegen (§ 32 Abs. 4 Sätze 7 und 8 EStG). Denn nach Satz 7 dieser Regelung ermäßigt sich der Betrag nach Satz 2 oder 3 (der Jahresgrenzbetrag von 7.680 €) für jeden Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 oder 2 an keinem Tag vorliegen. Nach Satz 8 bleiben Einkünfte und Bezüge des Kindes, die auf diese Kalendermonate entfallen, außer Ansatz (BFH-Urteil in BFHE 239, 327).

17

4. Diese Auslegung steht --entgegen den Ausführungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung-- nicht im Widerspruch zum Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vom 14. Februar 1995 C-279/93, Schumacker, Slg. 1995, I-225.

18

a) Danach befinden sich bei der Besteuerung des Einkommens Gebietsansässige und Gebietsfremde grundsätzlich nicht in einer vergleichbaren Lage. Daher ist der Wohnsitzstaat für die Berücksichtigung der persönlichen und familiären Umstände verantwortlich (EuGH-Urteil in Slg. 1995, I-225, Rz 32 bis 35). Ausnahmsweise muss jedoch der Tätigkeitsstaat die persönliche und familiäre Lage berücksichtigen, wenn der Gebietsfremde sein Welteinkommen ausschließlich oder nahezu ausschließlich im Tätigkeitsstaat erzielt, weil andernfalls seiner persönlichen Lage und seinem Familienstand weder im Wohnsitzstaat noch im Beschäftigungsstaat Rechnung getragen würden (EuGH-Urteil in Slg. 1995, I-225, Rz 37 bis 38).

19

b) § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG trägt den gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen des Art. 39 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften i.d.F. des Vertrags von Amsterdam zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union, der Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften sowie einiger damit zusammenhängender Rechtsakte --EG-- (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften --ABlEG-- 1997, Nr. C 340, 1) Rechnung und bezweckt, Steuerpflichtigen mit steuerbaren und steuerpflichtigen inländischen Einkünften i.S. des § 49 EStG unter den in § 1 Abs. 3 EStG genannten Voraussetzungen im Rahmen der Besteuerung der inländischen Einkünfte die Berücksichtigung der personen- und familienbezogenen Steuerentlastungen zu ermöglichen. Entsprechend wird bei der Veranlagung zur Einkommensteuer unabhängig davon, ob die unbeschränkte Steuerpflicht auf § 1 Abs. 1 EStG beruht oder ob der Steuerpflichtige nach § 1 Abs. 3 EStG als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt wird, für jedes zu berücksichtigende Kind nach § 32 Abs. 6 EStG unter den dort genannten weiteren Voraussetzungen ein Kinderfreibetrag für das sächliche Existenzminimum sowie ein Freibetrag für den Betreuungs-, Erziehungs- und Ausbildungsbedarf vom Einkommen abgezogen. Diese Regelungen genügen den Vorgaben des EuGH-Urteils "Schumacker" in Slg. 1995, I-225 (EuGH-Urteil vom 14. September 1999 Rs. C-391/97, Gschwind, Slg. I 1999, 5451, BStBl II 1999, 841; BFH-Urteil vom 15. Mai 2002 I R 40/01, BFHE 199, 224, BStBl II 2002, 660).

20

c) Wird das Existenzminimum eines Kindes einschließlich des Bedarfs für Betreuung, Erziehung und Ausbildung nicht durch § 32 Abs. 6 EStG freigestellt, wird dies durch das Kindergeld nach §§ 62 ff. EStG bewirkt. Soweit das Kindergeld dafür nicht erforderlich ist, dient es der Förderung der Familie (§ 31 Satz 2 EStG) und hat eine sozialrechtliche Funktion (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 11. Januar 2005  2 BvR 167/02, BVerfGE 112, 164; BFH-Urteil vom 22. November 2007 III R 60/99, BFHE 220, 39, BStBl II 2009, 910).

21

5. Auch soweit das Kindergeld eine sozialrechtliche Funktion hat, besteht keine gemeinschaftsrechtliche Verpflichtung, Kindergeld auch für Monate zu gewähren, in denen der Kläger keine inländischen Einkünfte i.S. des § 49 EStG hatte (vgl. EuGH-Urteil vom 12. Juni 2012 C-611/10 und 612/10, Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst --DStRE-- 2012, 999, Rz 45).

22

a) Eine dementsprechende Verpflichtung ergibt sich insbesondere nicht aus der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der durch die Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996 (ABlEG 1997, L 28, S. 1) geänderten und aktualisierten Fassung, diese wiederum geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 647/2005 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. April 2005 (Amtsblatt der Europäischen Union 2005, L 117, S. 1) (im Folgenden: VO Nr. 1408/71), sowie den Bestimmungen über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer und das Diskriminierungsverbot (Art. 39 und 42 EG; jetzt Art. 45 und 48 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union).

23

Nach Art. 13 Abs. 1 VO Nr. 1408/71 unterliegt ein Arbeitnehmer den Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaates. Dies ist grundsätzlich der Mitgliedstaat, in dem der Arbeitnehmer beschäftigt ist, auch wenn er im Gebiet eines anderen Mitgliedstaates wohnt (Art. 13 Abs. 2 Buchst. a VO Nr. 1408/71). Dies gilt jedoch nicht, wenn der Arbeitnehmer seine Tätigkeit gewöhnlich im Gebiet von zwei oder mehr Mitgliedstaaten ausübt. Dann sind die Rechtsvorschriften des Mitgliedstaates maßgeblich, in dessen Gebiet er wohnt (Art. 14 Nr. 2 Buchst. b Buchst. i VO Nr. 1408/71). Diese Regelung verstößt nicht gegen EU-Primärrecht, und zwar auch dann nicht, wenn die Regelungen des Wohnsitzstaates für den Arbeitnehmer ungünstiger sind als diejenigen des Mitgliedstaates, in dem z.T. die Tätigkeit ausgeübt wird (EuGH-Urteil in DStRE 2012, 999, Rz 43 und 44). Im Streitfall sind daher --jedenfalls für die Zeit, in der der Kläger in Deutschland nicht gearbeitet hat-- die polnischen Regelungen über Familienleistungen einschlägig.

24

b) Im Übrigen liegt eine Schlechterstellung von gebietsfremden Ausländern gegenüber gebietsansässigen Inländern durch die Beschränkung der Gewährung von Kindergeld auf den Zeitraum des Bezugs inländischer Einkünfte i.S. von § 49 EStG nicht vor. In diesem Zusammenhang ist die gesetzgeberische Grundentscheidung zu berücksichtigen, dass die Anspruchsvoraussetzungen für die Kindergeldgewährung nach § 66 Abs. 2 EStG monatsweise zu prüfen sind. Dementsprechend besteht in den Fällen der unbeschränkten Steuerpflicht nach § 1 Abs. 1 EStG gemäß § 62 Abs. 1 Nr. 1 EStG der Kindergeldanspruch nur für diejenigen Kalendermonate, in denen der Anspruchsberechtigte im Inland einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat (BFH-Urteil vom 20. November 2008 III R 53/05, BFH/NV 2009, 564). Die unbeschränkte Einkommensteuerpflicht nach § 1 Abs. 3 EStG tritt für Zwecke der Kindergeldberechtigung nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG an die Stelle des nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 EStG erforderlichen Anknüpfungspunkts des Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts. Der Kindergeldberechtigung nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG ist demnach gleichfalls eine monatsbezogene Prüfung zugrunde zu legen, deren Anknüpfungspunkt die Einkünfte i.S. des § 49 EStG darstellen. Dies bedeutet, dass für In- und Ausländer das Monatsprinzip anzuwenden ist.

25

Eine unzulässige Diskriminierung liegt auch nicht deshalb vor, weil der im Inland Ansässige Kindergeld unabhängig von jeglicher Einkunftserzielung erhält, während der nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG Kindergeldberechtigte nur für diejenigen Monate Kindergeld beziehen kann, in denen inländische Einkünfte vorliegen. Eine gemeinschaftsrechtliche Verpflichtung, die Kindergeldberechtigung bei Ansässigkeit im Inland von der Erzielung von Einkünften abhängig zu machen, besteht nicht. Der Anknüpfungspunkt für die Kindergeldberechtigung wird hier durch den inländischen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt vermittelt. Anknüpfungspunkt für die Kindergeldberechtigung nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG sind inländische Einkünfte i.S. des § 49 EStG. Gewährte man für diejenigen Monate, in denen der Kindergeldberechtigte keine inländischen Einkünfte erzielt, Kindergeld, fehlte es an jeglichem Anknüpfungspunkt für eine Kindergeldberechtigung.

26

Schließlich liegt auch keine Ungleichbehandlung gegenüber Grenzpendlern vor. Grenzpendler haben im Inland regelmäßig weder einen Wohnsitz noch einen gewöhnlichen Aufenthalt, so dass eine Kindergeldberechtigung nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 EStG ausscheidet. Liegen die Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 EStG vor, kommt eine Kindergeldberechtigung nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG in Betracht, soweit inländische Einkünfte erzielt werden. Dies bedeutet, dass auch der Grenzpendler nur ganzjährig Kindergeld erhält, wenn sich die grenzüberschreitende Tätigkeit auf das gesamte Kalenderjahr erstreckt.

27

6. Die Sache ist gleichwohl nicht spruchreif.
Eine Kindergeldberechtigung nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG setzt voraus, dass der Anspruchsteller aufgrund eines entsprechenden Antrags vom zuständigen FA nach § 1 Abs. 3 EStG als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt wird (BFH-Urteil vom 24. Mai 2012 III R 14/10, BFHE 237, 239, BStBl II 2012, 897). Ob der Kläger beim FA einen Antrag nach § 1 Abs. 3 EStG gestellt hatte und entsprechend zur Einkommensteuer veranlagt wurde, lässt sich den Feststellungen des FG nicht zweifelsfrei entnehmen. Ebenso fehlen Feststellungen zum Zeitpunkt, zu dem dem Kläger die Einkünfte nach § 49 Abs. 1 Nr. 4 EStG i.V.m. § 11 EStG zugeflossen sind (vgl. BFH-Urteil vom 22. Dezember 2011 III R 69/09, BFHE 236, 298, BStBl II 2012, 888).

28

7. Auf die Verfahrensrüge kam es wegen der Zurückverweisung an das FG nicht mehr an.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger), ein polnischer Staatsangehöriger, ist Vater der in den Streitzeiträumen minderjährigen Kinder A und B. Er lebte mit ihnen und der Kindsmutter in Polen. In der Zeit vom 15. März 2005 bis 8. Juni 2005 und vom 23. Januar 2006 bis 30. April 2006 war der Kläger als Saisonarbeiter für einen deutschen Arbeitgeber in Deutschland sozialversicherungspflichtig beschäftigt. In den Monaten März 2005 bis Juni 2005 bezog er Familienleistungen in Polen von monatlich 43 PLN für jedes Kind. Für den Zeitraum von Januar 2006 bis April 2006 stellte der Kläger in Polen keinen Antrag auf Familienleistungen.

2

Der Kläger begehrte mit Antrag vom 29. Oktober 2007 Kindergeld. Die ursprüngliche Beklagte und Revisionsbeklagte (Familienkasse) lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 22. Juli 2008 ab. Der außergerichtliche Rechtsbehelf wurde mit Einspruchsentscheidung vom 10. Februar 2009 für die Zeiträume vom 15. März 2005 bis 8. Juni 2005 und vom 23. Januar 2006 bis 30. April 2006 als unbegründet zurückgewiesen.

3

Mit der hiergegen am 13. März 2009 erhobenen Klage begehrte der Kläger zunächst Kindergeld für die Zeiträume, in denen er in Deutschland als Saisonarbeiter tätig war (März 2005 bis Juni 2005 sowie Januar 2006 bis April 2006). Es sei Kindergeld in Höhe von 2.464 € (= 154 € x 8 Monate x 2 Kinder) festzusetzen. Erstmals mit Schriftsatz vom 19. Juni 2009 begehrte der Kläger auch Kindergeld für die außerhalb seiner Saisonarbeitertätigkeit liegenden Zeiträume der Jahre 2005 und 2006 (Januar 2005 bis Februar 2005, Juli 2005 bis Dezember 2005 und Mai 2006 bis Dezember 2006). Insoweit werde, so der Kläger, der bisherige Leistungsantrag korrigiert. Es sei Kindergeld in Höhe von insgesamt 7.392 € (= 154 € x 24 Monate x 2 Kinder) festzusetzen.

4

Die Klage war teilweise erfolgreich. Das Finanzgericht (FG) verpflichtete die Familienkasse, Kindergeld für die Kinder A und B für die Zeiträume März 2005 bis Juni 2005 und Januar 2006 bis April 2006 in Höhe von 2.464 € festzusetzen. Im Übrigen wies es die Klage als unbegründet ab. Zur Begründung führte das FG im Wesentlichen aus, der Kläger sei während seiner inländischen Tätigkeit als Saisonarbeiter nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b i.V.m. § 1 Abs. 3 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes in der für die Streitzeiträume maßgeblichen Fassung (EStG) unbeschränkt einkommensteuerpflichtig gewesen. Den nach § 1 Abs. 3 EStG erforderlichen Antrag habe der Kläger mit Abgabe der Einkommensteuererklärungen 2005 und 2006 gestellt. Die unbeschränkte Steuerpflicht entstehe nach § 1 Abs. 3 Satz 1 EStG allerdings nur, soweit inländische Einkünfte i.S. des § 49 EStG vorlägen. Die Wirkung des ausgeübten Wahlrechts beschränke sich sodann auf diese inländischen Einkünfte. Danach habe die Klage für die Zeiträume Januar 2005 bis Februar 2005, Juli 2005 bis Dezember 2005 und Mai 2006 bis Dezember 2006 keinen Erfolg.

5

Für die Zeiträume der bestehenden Anspruchsberechtigung (März 2005 bis Juni 2005 und Januar 2006 bis April 2006) sei die Konkurrenz zwischen den Ansprüchen auf deutsches Kindergeld und polnische Familienleistungen nach Art. 10 der Verordnung (EWG) Nr. 574/72 des Rates vom 21. März 1972 über die Durchführung der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (VO Nr. 574/72), aufzulösen. Da der Anspruch auf Familienleistungen im Wohnland der Kinder (Polen) nicht von einer Versicherung, Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit abhänge, sei Deutschland nach Art. 10 Abs. 1 Buchst. a der VO Nr. 574/72 vorrangig zur Leistung verpflichtet. Anhaltspunkte dafür, dass Polen nach Art. 10 Abs. 1 Buchst. b Ziff. i der VO Nr. 574/72 vorrangig zur Zahlung verpflichtet sei, bestünden nicht.

6

Mit der Revision macht der Kläger geltend, das FG habe § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b i.V.m. § 1 Abs. 3 EStG rechtsfehlerhaft ausgelegt. Eine Auslegung, wonach diese Vorschriften eine Kindergeldberechtigung nur für diejenigen Monate einräumen würden, in denen der Berechtigte als unbeschränkt Einkommensteuerpflichtiger nach § 1 Abs. 3 EStG inländische Einkünfte i.S des § 49 EStG erziele, verstoße gegen nationales Recht. Aus dem in § 1 Abs. 3 Satz 1 EStG gebrauchten Wort "soweit" lasse sich keine zeitliche Einschränkung der Kindergeldberechtigung ableiten. Vielmehr sei für die Kindergeldberechtigung nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG die einkommensteuerrechtliche Behandlung maßgeblich. Bei der Einkommensteuer handele es sich nach § 2 Abs. 7 EStG um eine Jahressteuer. Hieraus folge, dass sich die Behandlung nach § 1 Abs. 3 EStG auf das gesamte Kalenderjahr beziehe. Eine abschnittsweise Behandlung als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sei nicht möglich. Hiervon gehe auch einhellig das Fachschrifttum aus. Ebenso bestätige das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 12. Januar 2001 VI R 64/98 (BFH/NV 2001, 1231) diese Auffassung. Im Übrigen sei es nicht praktikabel, auf die Monate der Erzielung inländischer Einkünfte abzustellen. Denn die nach § 1 Abs. 3 EStG ergehenden Einkommensteuerbescheide führten diese Zeiträume nicht explizit an. Ebenso würden in den Vordrucken --insbesondere in dem Vordruck EU/EWR-- solche monatlichen Informationen nicht zur Verfügung gestellt. Die Familienkassen müssten daher diese Informationen vom Finanzamt (FA) anfordern. Hierdurch werde ein vom Gesetzgeber nicht gewollter Verwaltungsmehraufwand ausgelöst.

7

Daneben verstoße eine solche Auslegung des § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG gegen unionsrechtliche Vorgaben, die der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) in den Urteilen vom 14. Februar 1995 C-279/93, Schumacker (Slg. 1995, I-225), vom 12. Dezember 2002 C-385/00, De Groot (Slg. 2002, I-11819) und vom 12. Juni 2003 C-234/01, Gerritse (Slg. 2003, I-5933) aufgestellt habe. Danach sei es dem Beschäftigungsstaat --hier Deutschland-- versagt, einem Gebietsfremden, der (fast) ausschließlich seine gesamten Einkünfte im Beschäftigungsstaat erziele, die steuerlichen Vergünstigungen nur anteilig zu gewähren. Sie seien vollständig zu gewähren, um eine unionsrechtliche Diskriminierung des Gebietsfremden gegenüber einem Gebietsansässigen zu vermeiden. Schließlich würde die Gruppe der Saisonarbeitnehmer gegenüber der Gruppe der sog. echten Grenzpendler benachteiligt werden.

8

Daneben rügt der Kläger eine unzureichende Sachverhaltsaufklärung durch das FG.

9

Der Kläger beantragt, das angefochtene Urteil, den Ablehnungsbescheid und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung der Familienkasse insoweit aufzuheben, als die Familienkasse verpflichtet wird, Kindergeld für die beiden Kinder A und B für die Zeiträume Januar 2005 bis Februar 2005, Juli 2005 bis Dezember 2005 und Mai 2006 bis Dezember 2006 in Höhe von insgesamt 4.928 € (= 154 € x 16 Monate x 2 Kinder) festzusetzen.

10

Die Familienkasse beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

11

II. Die Revision des Klägers ist begründet. Die Vorentscheidung ist aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--), soweit die noch streitigen Zeiträume (Januar 2005 bis Februar 2005, Juli 2005 bis Dezember 2005 und Mai 2006 bis Dezember 2006) betroffen sind. Das FG hat zwar zu Recht entschieden, dass der Kläger nur für diejenigen Kalendermonate nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG kindergeldberechtigt ist, in denen er als fiktiv unbeschränkt Einkommensteuerpflichtiger nach § 1 Abs. 3 EStG inländische Einkünfte i.S. des § 49 EStG erzielt hat. Die Feststellungen des FG reichen aber nicht aus, um dies abschließend beurteilen zu können.

12

1. Die Familienkasse ... der Bundesagentur für Arbeit ist aufgrund eines Organisationsaktes (Beschluss des Vorstands der Bundesagentur für Arbeit Nr. 21/2013 vom 18. April 2013 gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 11 des Finanzverwaltungsgesetzes, Amtliche Nachrichten der Bundesagentur für Arbeit, Ausgabe Mai 2013, S. 6 ff.) im Wege des gesetzlichen Parteiwechsels in die Beteiligtenstellung der Agentur für Arbeit --Familienkasse ...-- eingetreten (s. BFH-Urteil vom 22. August 2007 X R 2/04, BFHE 218, 533, BStBl II 2008, 109, unter II.1.).

13

2. Die Klage ist insgesamt zulässig, auch soweit der Kläger erstmals mit Schriftsatz vom 19. Juni 2009 Kindergeld für die noch verbliebenen Streitzeiträume begehrt hat.

14

Es liegt eine zulässige Klageänderung in Gestalt einer nachträglichen objektiven Klagehäufung vor, weil sowohl die Voraussetzungen des § 67 FGO gegeben sind als auch das neue Klagebegehren die allgemeinen Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt (s. dazu Gräber/von Groll, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 67 Rz 10, m.w.N.). Ob die Voraussetzungen für ein Sachurteil des FG vorlagen, ist vom BFH ohne Bindung an die Auffassung des FG zu prüfen; insbesondere kann der BFH hierzu eigene Feststellungen anhand der im Revisionsverfahren vorgelegten Akten treffen (BFH-Urteil vom 10. Februar 2010 XI R 3/09, BFH/NV 2010, 1450).

15

a) Die Erweiterung der Klage auf die genannten Zeiträume stellt eine Klageänderung i.S des § 67 FGO dar, weil der Kläger hiermit --neben den beim FG bereits rechtshängigen Zeiträumen März 2005 bis Juni 2005 und Januar 2006 bis April 2006-- Kindergeld für weitere Monate begehrt hat. Diese Klageänderung war jedenfalls --aus Gründen der Prozessökonomie (s. Gräber/von Groll, a.a.O., § 67 Rz 15)-- sachdienlich (§ 67 Abs. 1 FGO).

16

b) Für die noch streitigen Zeiträume fehlte es zwar an einer außergerichtlichen Rechtsbehelfsentscheidung i.S. des § 44 Abs. 1 FGO. Es lagen aber die Voraussetzungen des § 46 Abs. 1 FGO vor.

17

Nach § 44 Abs. 1 FGO ist in den Fällen, in denen ein außergerichtlicher Rechtsbehelf gegeben ist, die Klage --vorbehaltlich der §§ 45 und 46 FGO-- nur zulässig, wenn das Vorverfahren über den außergerichtlichen Rechtsbehelf ganz oder zum Teil erfolglos geblieben ist. Nach § 46 Abs. 1 FGO ist die Klage jedoch ohne vorherigen Abschluss des Vorverfahrens zulässig, wenn die zuständige Behörde über den außergerichtlichen Rechtsbehelf ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat.

18

So verhält es sich im Streitfall. Der Kläger hat in dem Einspruchsschreiben vom 16. August 2008 gegen den Ablehnungsbescheid vom 22. Juli 2008 sein Rechtsschutzbegehren nicht auf einzelne Monate beschränkt. Dieser Ablehnungsbescheid, der ebenfalls keine zeitliche Einschränkung enthielt, umfasste (jedenfalls auch) die gesamten Kindergeldansprüche der Jahre 2005 und 2006. Dies ergibt sich daraus, dass die Familienkasse den Kindergeldantrag vom 29. Oktober 2007 entsprechend §§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) nicht dahingehend verstehen konnte, der Kläger beantrage lediglich die Festsetzung von Kindergeld für die Zeiträume seiner inländischen Tätigkeit als Saisonarbeiter (zur Auslegung eines Kindergeldantrags s. Senatsurteil vom 9. Februar 2012 III R 45/10, BFHE 236, 413). Gleichwohl hat die Familienkasse in ihrer Einspruchsentscheidung vom 10. Februar 2009 --wie sich aus Rubrum und Begründung ergibt-- nur die Zeiträume überprüft, in denen der Kläger im Inland als Saisonarbeiter tätig gewesen ist. Eine Einspruchsentscheidung hinsichtlich der noch streitigen Zeiträume ist ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist nicht erfolgt.

19

3. Bei Anwendung des § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG liegt eine Behandlung "nach § 1 Abs. 3 als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig" nur für die Kalendermonate vor, in denen der Kindergeldberechtigte Einkünfte i.S. des § 49 EStG erzielt, die nach § 1 Abs. 3 EStG der Einkommensteuer unterliegen.

20

Der erkennende Senat hat sich dieser --höchstrichterlich erstmals vom V. Senat des BFH mit Urteil vom 24. Oktober 2012 V R 43/11 (BFHE 239, 327, BStBl II 2013, 491) vertretenen-- Rechtsauffassung bereits in seinem Urteil vom 16. Mai 2013 III R 8/11 (BFH/NV 2013, 1698) angeschlossen (so jetzt auch BFH-Urteil vom 18. April 2013 VI R 70/11, BFH/NV 2013, 1554). An dieser Beurteilung hält der erkennende Senat nach nochmaliger Prüfung fest.

21

a) Dabei misst der erkennende Senat der in § 66 Abs. 2 EStG getroffenen gesetzgeberischen Grundentscheidung, wonach Kindergeld monatlich vom Beginn des Monats an gezahlt wird, in dem die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind, bis zum Ende des Monats, in dem die Anspruchsvoraussetzungen wegfallen (sog. Monatsprinzip), besondere Bedeutung hinsichtlich der Frage bei, für welchen Zeitraum eine Kindergeldberechtigung besteht. Danach ist das Bestehen einer Kindergeldberechtigung nach § 62 Abs. 1 EStG grundsätzlich monatsbezogen zu beurteilen. Dementsprechend besteht gemäß § 62 Abs. 1 Nr. 1 EStG eine Kindergeldberechtigung nur für diejenigen Kalendermonate, in denen der Anspruchsberechtigte im Inland einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat (BFH-Urteil vom 20. November 2008 III R 53/05, BFH/NV 2009, 564). Hiervon ausgehend ist auch die Kindergeldberechtigung nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG monatsbezogen zu beurteilen. Der Wortlaut dieser Regelung, die auf § 1 Abs. 3 EStG verweist, steht einer solchen durch das Monatsprinzip gebotenen Auslegung nicht entgegen. So heißt es in § 1 Abs. 3 Satz 1 EStG sinngemäß, dass Gebietsfremde auf Antrag als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt werden, soweit sie inländische Einkünfte i.S. des § 49 EStG haben. Das "Haben" solcher Einkünfte ist --mit Blick auf § 66 Abs. 2 EStG-- monatsbezogen festzustellen.

22

b) Etwas anderes ergibt sich nicht aus § 2 Abs. 7 EStG. Nach § 2 Abs. 7 Satz 1 EStG ist die Einkommensteuer eine Jahressteuer (sog. Jahresprinzip). Sie wird grundsätzlich nach Ablauf des Kalenderjahres (Veranlagungszeitraum) veranlagt (§ 25 Abs. 1 EStG). Diese Vorschrift betrifft das Verfahren zur Festsetzung der Einkommensteuer (Besteuerungsverfahren). Auch wenn § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG steuersystematisch auf die "Behandlung" bei der Einkommensteuerfestsetzung abstellt, lassen sich hieraus --unabhängig von der Frage, welche Auswirkungen sich für das Besteuerungsverfahren ergeben, wenn eine unter § 1 Abs. 3 fallende Person nicht in allen Kalendermonaten Inlandseinkünfte erzielt-- keine zwingenden Rückschlüsse auf die Kindergeldberechtigung nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG ableiten. Denn für die Kindergeldberechtigung nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG i.V.m. § 1 Abs. 3 EStG wird das einkommensteuerrechtliche Jahresprinzip des § 2 Abs. 7 EStG durch das Monatsprinzip des § 66 Abs. 2 EStG überlagert (gl.A. BFH-Urteil in BFHE 239, 327, BStBl II 2013, 491, Rz 23).

23

c) Gegenteiliges ergibt sich nicht aus dem BFH-Urteil in BFH/NV 2001, 1231. In diesem Urteil hat der BFH mangels ausreichender Feststellungen nicht beurteilen können, ob dem Kläger, der zwar nicht nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 EStG kindergeldberechtigt gewesen ist, ggf. Kindergeld nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG zugestanden hat. Folgerungen für den Streitfall lassen sich hieraus nicht ziehen.

24

d) Dem dargelegten Auslegungsergebnis steht nicht entgegen, dass die nach § 1 Abs. 3 EStG ergehenden Einkommensteuerbescheide keine Informationen darüber enthalten, wann die Einkünfte i.S. des § 49 EStG erzielt worden sind. Die Familienkassen und Finanzgerichte haben den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln (§ 88 der Abgabenordnung --AO--, § 76 FGO). Dabei sind die Beteiligten zur Mitwirkung verpflichtet (§ 90 AO, § 76 Abs. 1 Sätze 2 bis 4 FGO). Daneben stehen den Finanzbehörden und Gerichten zahlreiche weitere Ermittlungsmöglichkeiten (Beweismittel) zur Verfügung, um den entscheidungserheblichen Sachverhalt aufzuklären (z.B. § 92 AO, §§ 79, 81, 86 FGO). Es ist daher auch unerheblich, ob solche Informationen in der --auf § 1 Abs. 3 Satz 4 (jetzt Satz 5) EStG zurückgehenden-- bundeseinheitlichen "Bescheinigung EU/EWR" enthalten sind. Abgesehen davon wird diese Bescheinigung nicht für Zwecke der Festsetzung von Kindergeld ausgestellt. Vielmehr handelt es sich hierbei um eine materielle Tatbestandsvoraussetzung für die unbeschränkte Einkommensteuerpflicht i.S. des § 1 Abs. 3 EStG (BFH-Urteil vom 8. September 2010 I R 80/09, BFHE 231, 91, BStBl II 2011, 447).

25

4. Dieses Auslegungsergebnis steht --unabhängig davon, ob das Kindergeld in seiner steuerrechtlichen oder sozialrechtlichen Funktion betroffen ist-- im Einklang mit dem Unionsrecht.

26

a) Es entspricht dem unionsrechtlichen Grundsatz, dass gebietsfremde Arbeitnehmer die gleichen steuerlichen Vergünstigungen wie gebietsansässige Arbeitnehmer erhalten.

27

aa) Der Grundsatz der Gleichbehandlung, der sowohl in Art. 39 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft --EGV-- (jetzt Art. 45 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union --AEUV--) als auch in Art. 7 der Verordnung (EWG) des Rates vom 15. Oktober 1968 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft --VO Nr. 1612/68-- (jetzt Art. 7 der Verordnung (EU) Nr. 492/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Union) niedergelegt ist, verbietet nicht nur offensichtliche Diskriminierungen aufgrund der Staatsangehörigkeit, sondern auch alle verschleierten Formen der Diskriminierung, die durch die Anwendung anderer Unterscheidungskriterien tatsächlich zu dem gleichen Ergebnis führen. Nach Art. 7 Abs. 2 der VO Nr. 1612/68 genießt ein EU-Arbeitnehmer die gleichen sozialen und steuerlichen Vergünstigungen wie die inländischen Arbeitnehmer.

28

In den vom Kläger zitierten EuGH-Urteilen ('Schumacker' in Slg. 1995, I-225, 'De Groot' in Slg. 2002, I-11819 und 'Gerritse' in Slg. 2003, I-5933) wurde entschieden, dass sich Gebietsansässige und Gebietsfremde grundsätzlich nicht in einer vergleichbaren Lage befinden. Daher ist im Grundsatz der Wohnsitzstaat dafür verantwortlich, dass bei der Einkommensbesteuerung die persönlichen und familiären Umstände berücksichtigt werden (EuGH-Urteile Schumacker in Slg. 1995, I-225 Rdnrn. 32 bis 35; De Groot in Slg. 2002, I-11819 Rdnr. 90; Gerritse in Slg. 2003, I-5933 Rdnrn. 43 bis 50). Ausnahmsweise muss jedoch der Beschäftigungsstaat die persönliche und familiäre Lage berücksichtigen, wenn der Gebietsfremde sein Welteinkommen ausschließlich oder nahezu ausschließlich im Beschäftigungsstaat erzielt. Andernfalls bestünde eine Diskriminierung darin, dass seiner persönlichen Lage und seinem Familienstand weder im Wohnsitzstaat noch im Beschäftigungsstaat Rechnung getragen wird (EuGH-Urteile Schumacker in Slg. 1995, I-225 Rdnrn. 37 bis 38; De Groot in Slg. 2002, I-11819 Rdnr. 89).

29

bb) Diesen Anforderungen entspricht § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG in der durch den Senat gefundenen Auslegung (gl.A. BFH-Urteil in BFH/NV 2013, 1554, Rz 17 bis 20).

30

Der Gesetzgeber hat zwar das Kindergeld funktional in die Besteuerung eingebunden. Es wird --auf Antrag (§ 67 EStG)-- im laufenden Jahr als Steuervergütung monatlich gezahlt (§ 31 Satz 3 EStG). Das Kindergeld stellt in seiner --das Besteuerungsverfahren betreffenden-- Funktion aber nur einen "Abschlag" auf das steuerlich zu verschonende Existenzminimum eines Kindes dar (Senatsurteil vom 20. Dezember 2012 III R 29/12, BFH/NV 2013, 723). Dementsprechend wird bei der Veranlagung zur Einkommensteuer unabhängig davon, ob die unbeschränkte Steuerpflicht auf § 1 Abs. 1 EStG beruht oder ob der Steuerpflichtige nach § 1 Abs. 3 EStG als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt wird, für jedes zu berücksichtigende Kind nach § 32 Abs. 6 EStG unter den dort genannten weiteren Voraussetzungen ein Kinderfreibetrag für das sächliche Existenzminimum sowie ein Freibetrag für den Betreuungs-, Erziehungs- und Ausbildungsbedarf vom Einkommen abgezogen. Dabei gewährleistet die im Rahmen der Veranlagung von Amts wegen durchzuführende sog. Günstigerprüfung (§ 31 Satz 4 EStG), dass eine Freistellung des Einkommens mindestens in Höhe der Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG erfolgt. Damit ist dem Grundsatz entsprochen, dass unter § 1 Abs. 3 EStG fallende Gebietsfremde bei der Einkommensbesteuerung die gleichen steuerlichen Vergünstigungen erhalten wie Gebietsansässige.

31

Abgesehen davon ist im Streitfall das Kindergeld in seiner steuerrechtlichen Funktion überhaupt nicht betroffen. Soweit das Kindergeld für die steuerentlastende Wirkung nicht erforderlich ist, dient es der Förderung der Familie (§ 31 Satz 2 EStG). Es ist --mit seinem Förderanteil-- eine Sozialleistung (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 11. Januar 2005  2 BvR 167/02, BVerfGE 112, 164; BFH-Urteil vom 22. November 2007 III R 60/99, BFHE 220, 39, BStBl II 2009, 910). Sind die Einkünfte des Steuerpflichtigen so niedrig, dass sich die Freibeträge nicht auswirken können, liegt insgesamt eine Sozialleistung vor (Jachmann, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 31 Rz A 8).

32

So verhält es sich im Streitfall. Der Kläger hat ausweislich seiner Einkommensteuerbescheide für 2005 und 2006, auf welche die Vorentscheidung Bezug genommen hat, in den Jahren 2005 und 2006 so niedrige Einkünfte erzielt, dass die ihm gegenüber festgesetzte Einkommensteuer bereits nach Berücksichtigung seines Grundfreibetrags (§ 32a Abs. 1 EStG) jeweils 0 € betragen hat.

33

b) Auch soweit das Kindergeld eine sozialrechtliche Funktion hat, besteht keine unionsrechtliche Verpflichtung, Kindergeld für Monate zu gewähren, in denen der Kläger keine inländischen Einkünfte i.S. des § 49 EStG erzielt hat.

34

aa) Eine dementsprechende Verpflichtung lässt sich nicht aus der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (VO Nr. 1408/71), ableiten. Zur Begründung verweist der Senat auf die Ausführungen in dem BFH-Urteil in BFH/NV 2013, 1554, Rz 21 bis 26, denen er sich anschließt.

35

Ergänzend bleibt anzumerken, dass sich eine solche Verpflichtung --bei eröffnetem persönlichen Geltungsbereich der VO Nr. 1408/71-- auch nicht aus dem in Art. 3 Abs. 1 der VO Nr. 1408/71 geregelten Gleichbehandlungsgebot ergibt. Diese Bestimmung verbietet eine Diskriminierung wegen der Staatsangehörigkeit (s. dazu Fuchs/Eichenhöfer, Europäisches Sozialrecht, 4. Aufl., Art. 3 VO Nr. 1408/71, Rz 2 ff.). Eine solche steht im Streitfall aber nicht in Rede.

36

bb) Auch die Bestimmungen über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer und das Diskriminierungsverbot (s. Art. 39 EGV, jetzt Art. 45 AEUV; Art. 7 der VO Nr. 1612/68, jetzt Art. 7 der VO Nr. 492/2011) führen zu keinem anderen Ergebnis (gl.A. BFH-Urteil in BFH/NV 2013, 1554, Rz 24 bis 26).

37

(1) Bei der Prüfung der Frage, ob gebietsfremde Arbeitnehmer bei der Gewährung sozialer Vergünstigungen benachteiligt werden, wendet der EuGH besondere Maßstäbe an. Danach fällt zwar jeder Arbeitnehmer, der eine tatsächliche und echte Tätigkeit ausübt --mit Ausnahme derjenigen Arbeitnehmer, deren Tätigkeit einen so geringen Umfang hat, dass sie sich als völlig untergeordnet und unwesentlich darstellt--, unter die Vorschriften über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer und somit unter die VO Nr. 1612/68 (EuGH-Urteil vom 18. Juli 2007 C-213/05, Geven, Slg. 2007, I-6347, Rdnrn. 16 ff.). Es ist einem Mitgliedstaat aber für den Fall, dass er mit einer Vergünstigung sozialpolitische Zwecke verfolgt, die eine hinreichende Bindung zur inländischen Gesellschaft voraussetzen, nicht versagt, einem EU-Arbeitnehmer die Gewährung dieser Sozialleistung mangels gesellschaftlicher Bindung zu versagen, wenn er in dem Mitgliedstaat nur geringfügig beschäftigt ist und dort weder Wohnsitz noch gewöhnlichen Aufenthalt hat (EuGH-Urteil in Geven, Slg. 2007, I-6347, zum deutschen Elterngeld).

38

(2) Der Senat kann dahinstehen lassen, ob der Kläger --selbst wenn man das Kindergeld in seiner sozialrechtlichen Funktion als eine soziale Vergünstigung i.S. des § 7 Abs. 2 der VO Nr. 1612/68 qualifizieren würde (so wohl Brechmann, in: Callies/Ruffert, EUV/AEUV, 4. Aufl. 2011, Art. 45 AEUV, Rz 70)-- überhaupt vom Anwendungsbereich der genannten Vorschriften erfasst wird. Erhebliche Zweifel hieran bestehen schon deshalb, weil der Kläger in den maßgeblichen Streitzeiträumen keine --auch keine geringfügige-- Arbeitnehmertätigkeit in Deutschland ausgeübt hat.

39

Aber selbst wenn man dies und daneben eine (mittelbare) Schlechterstellung gegenüber inländischen Arbeitnehmern bejahen wollte, würde die vom Senat gefundene Auslegung des § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG nicht gegen die genannten unionsrechtlichen Vorschriften verstoßen. Diese Auslegung wäre jedenfalls nach unionsrechtlichen Maßstäben gerechtfertigt, weil der Kläger, sofern er in den Streitzeiträumen keine Inlandseinkünfte i.S. des § 49 EStG erzielt haben sollte, keine hinreichende Bindung zur Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) aufwies. So lassen sich die vom EuGH in dem Urteil in Geven Slg. 2007, I-6347 aufgestellten Grundsätze auf den Streitfall übertragen. Das Kindergeld dient als Sozialleistung der Förderung der Familie (§ 31 Satz 2 EStG). Es ist ein Instrument der nationalen Familienpolitik. Dass der Gesetzgeber hierbei das Kindergeld nur solchen Personen gewähren will, die eine hinreichend enge Bindung zu Deutschland eingegangen sind, lässt sich ohne Weiteres den in § 62 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 Buchst. a EStG geregelten Berechtigungstatbeständen entnehmen. Diese setzen einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland (§ 62 Abs. 1 Nr. 1 EStG) oder --sollten diese inländischen Anknüpfungsmerkmale fehlen-- u.a. ein Dienstverhältnis zu einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts (§ 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG) voraus. Vor diesem Hintergrund ist es unionsrechtlich nicht zu beanstanden, im Fall des § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG eine hinreichende Bindung des Gebietsfremden zu Deutschland nur für diejenigen Monate anzunehmen, in denen er Inlandseinkünfte i.S. des § 49 EStG erzielt. Allein die Veranlagung zur Einkommensteuer begründet, soweit das Kindergeld in seiner sozialrechtlichen Funktion betroffen ist, keine hinreichend enge Bindung.

40

Soweit der Kläger eine Schlechterstellung gegenüber sog. echten Grenzpendlern behauptet, wäre eine Anwendung der genannten Vorschriften auch deshalb zweifelhaft, weil hierdurch keine Ungleichbehandlung gegenüber inländischen Arbeitnehmern geltend gemacht wird. Im Übrigen läge eine solche Ungleichbehandlung nicht vor. Insoweit nimmt der Senat auf die Ausführungen in dem BFH-Urteil in BFH/NV 2013, 1554, Rz 24 bis 26, Bezug, denen er sich anschließt.

41

c) Etwas anderes ergibt sich schließlich auch nicht aus dem von dem Kläger vorgelegten Rechtsgutachten vom 16. Juli 2013, das sich mit der Frage der unionsrechtlichen Zulässigkeit der lediglich anteiligen Gewährung von Kindergeld in einem Fall wie dem vorliegenden beschäftigt. Dieses Gutachten wiederholt im Wesentlichen die Rechtsausführungen des Klägers. Es misst § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG an europarechtlichen Vorgaben, die der EuGH für die Besteuerung von Einkommen aufgestellt hat. Bei dieser Betrachtung bleibt jedoch außer Acht, dass im Streitfall das Kindergeld ausschließlich in seiner Funktion als Sozialleistung betroffen ist.

42

5. Für den Senat besteht kein Anlass, den EuGH nach Art. 267 Abs. 3 AEUV anzurufen.

43

Der Senat hat keinen Zweifel, dass das zu § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG gefundene Auslegungsergebnis mit dem Unionsrecht vereinbar ist. Die entscheidungserhebliche Frage, ob Kindergeld als Sozialleistung nur für die Monate gewährt werden darf, in welchen der Gebietsfremde inländische Einkünfte i.S. des § 49 EStG hat, ist aufgrund der oben unter II.4.b dargestellten EuGH-Rechtsprechung geklärt.

44

6. Die Sache ist gleichwohl nicht spruchreif. Der Senat kann keine abschließende Aussage darüber treffen, ob eine Kindergeldberechtigung nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG gegeben ist. Es sind noch weitere Feststellungen zu den Punkten zu treffen, ob der Kläger durch das FA nach § 1 Abs. 3 EStG als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt wurde und in welchen Monaten er seine inländischen Einkünfte i.S. des § 49 EStG erzielt hat.

45

a) Zur Kindergeldberechtigung nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG hat der erkennende Senat entschieden, dass das Gesetz diese --anders als die nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 Buchst. a EStG-- von der einkommensteuerrechtlichen Behandlung des Antragstellers abhängig macht (Senatsurteil vom 24. Mai 2012 III R 14/10, BFHE 237, 239, BStBl II 2012, 897).

46

aa) Eine Behandlung nach § 1 Abs. 3 EStG setzt daher voraus, dass das FA in dem maßgeblichen Einkommensteuerbescheid dem Antrag des Steuerpflichtigen entsprochen und ihn demnach gemäß § 1 Abs. 3 EStG veranlagt hat. Allein die Tatsache, dass beispielsweise bei einem ausländischen Saisonarbeiter im Einkommensteuerbescheid von einer unbeschränkten Einkommensteuerpflicht ausgegangen wurde, besagt nicht notwendigerweise, dass eine Behandlung nach § 1 Abs. 3 EStG gegeben ist. Es kann auch eine --für die Familienkasse und das FG nicht bindende-- unzutreffende Bejahung der Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 EStG erfolgt sein. Lässt sich daher eine Behandlung nach § 1 Abs. 3 EStG dem Steuerbescheid nicht eindeutig entnehmen, ist maßgebend auf seinen durch Auslegung (§§ 133, 157 des BGB analog) zu ermittelnden objektiven Erklärungsinhalt abzustellen. Ein Verwaltungsakt wird gegenüber dem Betroffenen mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekanntgegeben wird (§ 124 Abs. 1 Satz 2 AO). Bei der Auslegung sind der erklärte Wille der Behörde und der sich daraus ergebende objektive Erklärungsinhalt der Regelung, wie ihn der Betroffene nach den ihm bekannten Umständen unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen konnte, entscheidend (Klein/Brockmeyer/Ratschow, AO, 11. Aufl., § 119 Rz 5, m.w.N.). Es können auch außerhalb des Bescheids liegende Umstände zu berücksichtigen sein.

47

Die Auslegung eines Verwaltungsakts durch das FG ist im Revisionsverfahren überprüfbar (BFH-Urteil vom 11. Juli 2006 VIII R 10/05, BFHE 214, 18, BStBl II 2007, 96). Im Übrigen ist das Revisionsgericht selbst zur Auslegung befugt, wenn die tatsächlichen Feststellungen des FG hierfür ausreichen (BFH-Urteil in BFHE 214, 18, BStBl II 2007, 96).

48

bb) Im Streitfall lässt sich die vom FG gezogene Schlussfolgerung, der Kläger sei nach § 1 Abs. 3 EStG behandelt worden, nicht auf nachvollziehbare --in der Vorentscheidung enthaltene-- tatrichterliche Feststellungen stützen.

49

Nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und damit den Senat bindenden Feststellungen des FG (s. § 118 Abs. 2 FGO) hat der Kläger zwar mit Abgabe der Einkommensteuererklärungen 2005 und 2006 die Anträge nach § 1 Abs. 3 Satz 1 EStG gestellt. Den in der Vorentscheidung genannten und in der Gerichtsakte befindlichen Einkommensteuerbescheiden für 2005 und 2006 lässt sich allein aber nicht entnehmen, ob das FA dem Antrag des Klägers nach § 1 Abs. 3 EStG entsprochen oder ihn möglicherweise nach § 1 Abs. 1 EStG als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig veranlagt hat. Die Bescheide sind in diesem Punkt auslegungsbedürftig. In einem solchen Fall muss der Einkommensteuerbescheid unter Rückgriff auf die die Einkommensteuerveranlagung begleitenden Unterlagen ausgelegt werden, die dem Betroffenen zusammen mit dem Bescheid oder zeitlich vor dem Bescheid zugegangen sind. Für diese Zwecke sind ggf. die Einkommensteuerakten beizuziehen. Erst nach Berücksichtigung dieser Unterlagen lässt sich beurteilen, ob das FA einem nach § 1 Abs. 3 EStG gestellten Antrag des Steuerpflichtigen entsprochen hat oder hiervon für ihn erkennbar abgewichen ist.

50

b) Sollten die noch durchzuführenden Ermittlungen eine Behandlung nach § 1 Abs. 3 EStG ergeben, bliebe weiter festzustellen, in welchen Monaten der Jahre 2005 und 2006 der Kläger die inländischen Einkünfte i.S. des § 49 EStG erzielt hat. Hierbei handelt es sich um diejenigen Monate, in denen die Einkünfte des Klägers nach § 49 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 11 EStG zeitlich zu erfassen sind.

51

c) Sollte hiernach eine Kindergeldberechtigung für streitige Monate nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG bestehen, bliebe abschließend zu prüfen, ob in diesen Monaten eine Konkurrenzsituation mit polnischen Familienleistungen gegeben war. Eine sich ggf. ergebende Anspruchskumulierung wäre nach den einschlägigen Vorschriften aufzulösen.

52

7. Auf die Verfahrensrüge kam es wegen der Zurückverweisung an das FG nicht mehr an (Gräber/Ruban, a.a.O., § 126 Rz 16).

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 28. November 2013  7 K 4595/12 Kg aufgehoben.

Die Sache wird an das Finanzgericht Düsseldorf zurückverwiesen.

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.

Tatbestand

1

I. Streitig ist der Kindergeldanspruch für den Zeitraum April 2010 bis Dezember 2010.

2

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger), ein polnischer Staatsangehöriger, war ab 2005 zeitweise im Inland nichtselbständig tätig und sozialversichert, u.a. im Streitzeitraum April bis Dezember 2010. Seine Ehefrau lebt mit dem Kind in Polen. Er wurde nach § 1 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zur Einkommensteuer veranlagt.

3

Mit Bescheid vom 21. Dezember 2009 setzte die Beklagte und Revisionsklägerin (Familienkasse) Kindergeld für die Zeiträume Juli bis November 2007 und Juli bis November 2008 und mit weiterem Bescheid vom 29. Dezember 2010 für März bis Oktober 2009 fest. Unter gleichem Datum wurde der Kindergeldanspruch für die Zeiten Januar 2005 bis Juni 2007, Dezember 2007 bis Juni 2008, Dezember 2008 bis Februar 2009 und ab November 2009 abgelehnt.

4

Der Kläger legte "gegen den Bescheid vom 29.12.2010" Einspruch ein, der mit Entscheidung vom 14. Dezember 2011 als unzulässig verworfen wurde. Zur Begründung führte die Familienkasse aus, dass nicht erkennbar sei, gegen welchen Bescheid sich der Einspruch richte. Die Einspruchsentscheidung war an den inländischen Bevollmächtigten adressiert. In der Rechtsbehelfsbelehrung war über den Beginn der Klagefrist folgendes ausgeführt: "... Bei Zusendung durch einfachen Brief oder Zustellung durch eingeschriebenen Brief gilt die Bekanntgabe einen Monat nach Aufgabe zur Post als bewirkt ...".

5

Mit einem im Mai 2012 gestellten Antrag beantragte der Kläger Kindergeld für die Jahre 2010 und 2011. Mit Bescheid vom 15. Juni 2012 lehnte die Familienkasse die Festsetzung von Kindergeld für den Zeitraum vor dem Januar 2011 unter Hinweis auf die bestandskräftige Ablehnung im Bescheid vom 29. Dezember 2010 ab; ab Januar 2011 wurde Kindergeld festgesetzt. Der gegen den Ablehnungsbescheid gerichtete Einspruch wegen des Zeitraumes vor Januar 2011 wurde mit bestandskräftiger Einspruchsentscheidung vom 28. August 2012 als unbegründet zurückgewiesen.

6

Mit beim Finanzgericht (FG) am 14. Dezember 2012 eingegangenen Schriftsatz erhob der Kläger Klage gegen "den Bescheid vom 29.12.2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14.12.2011". Zur Begründung trug er vor, dass seiner Ansicht nach die Klagefrist aufgrund der fehlerhaften Rechtsbehelfsbelehrung gewahrt worden sei. Da er nach § 1 Abs. 3 EStG für den Zeitraum 2007 bis Dezember 2011 veranlagt worden sei, habe er einen Kindergeldanspruch unter Abzug der gewährten ausländischen Leistungen.

7

Die Familienkasse wies darauf hin, dass nach Aktenlage der Kläger in der Zeit vom 2. Juli 2007 bis 2. November 2007, vom 7. Juli 2008 bis zum 6. November 2008, vom 2. März 2009 bis zum 3. Juli 2009, vom 7. April 2010 bis zum 31. Dezember 2010 in der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) erwerbstätig gewesen sei.

8

Das FG wies mit Urteil vom 28. November 2013 die Klage für die Zeiträume 2007 bis März 2010 als unbegründet ab und gab der Klage für den Zeitraum April 2010 bis Dezember 2010 statt, indem es die Familienkasse verpflichtete, Differenzkindergeld festzusetzen. Zur Begründung der Klagestattgabe führte das FG aus, dass der Kläger in den Monaten April 2010 bis Dezember 2010 in Deutschland sozialversicherungspflichtig tätig gewesen sei und die Voraussetzungen für die Gewährung von Kindergeld erfüllt habe. Der Bescheid vom 29. Dezember 2010 stehe dem nicht entgegen, da nach "ständiger Rechtsprechung des 7. Senats des FG Düsseldorf ... die Entscheidung der Behörde in Fällen, in denen ein Kindergeldanspruch mit Hilfe des § 1 Abs. 3 EStG begründet (werde), nur Jahre (umfasse), für die im Festsetzungsverfahren Angaben zur Beschäftigung gemacht" worden seien. Dies sei hier nur das Jahr 2009 gewesen. Über spätere Zeiträume hätte die Behörde nach dem Inhalt der vorgelegten Akte nicht entschieden.

9

Mit der hiergegen gerichteten Revision rügt die Familienkasse die Verletzung materiellen Rechts.

10

Sie vertritt die Auffassung, dass über den Kindergeldanspruch durch den angefochtenen Bescheid vom 29. Dezember 2010 über den Zeitraum bis einschließlich Dezember 2010 entschieden worden sei. Würde man die Ansicht des FG als richtig unterstellen, so hätte das Gericht mangels einer behördlichen Ausgangsentscheidung und eines behördlichen Vorverfahrens die Klage als unzulässig abweisen müssen. Selbst wenn das FG zu einer Entscheidung über den Zeitraum April 2010 bis Dezember 2010 befugt gewesen wäre, so sei die Sachentscheidung fehlerhaft, weil keinerlei Feststellungen zu den Anspruchsvoraussetzungen getroffen worden seien. Darüber hinaus hätte eine Klage, da verfristet, als unzulässig abgewiesen werden müssen. Die Klage gegen die Einspruchsentscheidung vom 14. Dezember 2011 sei erst am 14. Dezember 2012 eingelegt worden. Die Rechtsbehelfsbelehrung sei zwar im Hinblick auf den Beginn unrichtig, dies führe aber nicht zu der nach § 55 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) geregelten Jahresfrist. Die Rechtsbehelfsbelehrung enthalte lediglich eine zugunsten des Empfängers wirkende Regelung, so dass die fehlerhaft ausgewiesene Frist gelte. Die zweimonatige Frist sei im Zeitpunkt der Klageerhebung bereits abgelaufen. Das FG habe sich auch nicht mit der Bestandskraft des Bescheids vom 15. Juni 2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28. August 2012 auseinandergesetzt.

11

Die Familienkasse beantragt das Urteil aufzuheben, soweit sie verpflichtet worden sei, Differenzkindergeld für den Zeitraum April bis Dezember 2010 festzusetzen.

12

Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

13

II. Die Revision ist begründet. Sie führt gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO zur Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils, soweit der Klage stattgegeben wurde, und zur Zurückverweisung der nicht spruchreifen Sache an das FG. Die Feststellungen der Vorinstanz reichen nicht aus, um abschließend beurteilen zu können, ob der Kläger für den Streitzeitraum April 2010 bis Dezember 2010 nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 Buchst. b EStG kindergeldberechtigt ist.

14

1. Die Klage ist zunächst entgegen der Auffassung der Familienkasse zulässig. Ob die Voraussetzungen für ein Sachurteil des FG vorlagen, ist vom Bundesfinanzhof (BFH) ohne Bindung an die Auffassung des FG zu prüfen; insbesondere kann der BFH hierzu eigene Feststellungen anhand der im Revisionsverfahren vorgelegten Akten treffen (Senatsurteil vom 18. Juli 2013 III R 59/11, BFHE 242, 228, BStBl II 2014, 843, Rz 14, und BFH-Urteil vom 10. Februar 2010 XI R 3/09, BFH/NV 2010, 1450).

15

a) Nach § 44 Abs. 1 FGO ist in den Fällen, in denen ein außergerichtlicher Rechtsbehelf gegeben ist, die Klage --vorbehaltlich der §§ 45 und 46 FGO-- nur zulässig, wenn das Vorverfahren über den außergerichtlichen Rechtsbehelf ganz oder zum Teil erfolglos geblieben ist.

16

b) Die Prüfung der Frage, ob das Vorverfahren ganz oder teilweise erfolglos geblieben ist, setzt voraus, dass der Verfahrensgegenstand des außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens und der Streitgegenstand des Klageverfahrens in objektiver und subjektiver Hinsicht übereinstimmen (Senatsurteil vom 25. September 2014 III R 56/13, BFH/NV 2015, 206, Rz 10, m.w.N.).

17

Im angefochtenen Bescheid vom 29. Dezember 2010 hat die Familienkasse den Kindergeldanspruch ab November 2009 abgelehnt. Zum Streitgegenstand eines sich hieran anschließenden finanzgerichtlichen Klageverfahrens hat der Senat entschieden, dass der Anspruch auf Kindergeld grundsätzlich nur in dem zeitlichen Umfang in zulässiger Weise zum Gegenstand einer Inhaltskontrolle gemacht werden kann, in dem die Familienkasse den Kindergeldanspruch geregelt hat (Senatsurteil vom 22. Dezember 2011 III R 41/07, BFHE 236, 144, BStBl II 2012, 681). Der zeitliche Regelungsumfang eines Ablehnungsbescheids wird durch die Klageerhebung nicht verändert. Insbesondere ist das gerichtliche Verfahren keine Fortsetzung des Verwaltungsverfahrens (Senatsurteil in BFHE 236, 144, BStBl II 2012, 681). Begehrt ein Kläger mit seiner Klage über diesen Zeitraum hinaus Kindergeld, ist sie insoweit unzulässig (Senatsurteil in BFHE 236, 144, BStBl II 2012, 681).

18

aa) Grundsätzlich beschränkt sich bei einer Ablehnung eines zeitlich nicht näher konkretisierten Kindergeldantrags die Bindungswirkung eines solchen Bescheids auf die Zeit bis zum Ende des Monats seiner Bekanntgabe bzw. bis zum Ende des Monats der Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung, soweit eine sachliche Prüfung im Einspruchsverfahren stattgefunden hat (Senatsurteil vom 4. August 2011 III R 71/10, BFHE 235, 203, BStBl II 2013, 380).

19

Die Familienkassen haben grundsätzlich die Pflicht, einen Antrag auf Kindergeld, der keine zeitliche Einschränkung enthält, umfassend zu prüfen. Ein zeitlich nicht beschränkter Antrag ist nach seinem objektiven Inhalt in der Regel dahin zu verstehen, dass die Festsetzung von Kindergeld für den längstmöglichen Zeitraum begehrt wird (Senatsurteil vom 9. Februar 2012 III R 45/10, BFHE 236, 413, BStBl II 2013, 1028, Rz 12). Entgegen der Ansicht des FG ergibt sich weder aus dem objektiven Regelungsgehalt des Bescheids vom 29. Dezember 2010 noch aus seiner Begründung, dass die Familienkasse über den Streitzeitraum April 2010 bis Dezember 2010 nicht entschieden hat oder entscheiden wollte. Die Ansicht, dass nach ständiger Rechtsprechung des 7. Senats des FG die Entscheidung einer Behörde in den Fällen, in denen ein Kindergeldanspruch mit Hilfe des § 1 Abs. 3 EStG begründet werde, regelmäßig nur die Zeiträume erfasse, für die der Antragsteller Angaben zur Beschäftigung gemacht habe, führt nicht zu einer aus Sicht des Empfängers zu beurteilenden Einschränkung des objektiven Regelungsgehalts.

20

bb) Das nach § 44 Abs. 1 FGO erforderliche Vorverfahren ist mit Erlass der Einspruchsentscheidung vom 14. Dezember 2011 erfolglos geblieben.

21

b) Der Kläger hat die Klagefrist nicht versäumt.

22

Nach § 47 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 FGO beträgt die Klagefrist einen Monat; sie beginnt mit Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung (§ 47 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 FGO), wenn der Kläger u.a. über die einzuhaltende Frist schriftlich belehrt worden ist (§ 55 Abs. 1 Satz 1 FGO).

23

Die Ein-Monats-Frist war bei Eingang der Klage beim FG zwar abgelaufen. Der Kläger kann sich jedoch nach § 55 Abs. 2 Satz 1 FGO auf die Fristverlängerung von einem Jahr berufen, da die in der Einspruchsentscheidung enthaltene Rechtsbehelfsbelehrung unrichtig war.

24

aa) Zu einer ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung gehört auch eine ausreichende, für den Beteiligten verständliche Belehrung über den Fristbeginn (BFH-Urteil vom 29. März 1990 V R 19/85, BFH/NV 1992, 783). Diese muss jedoch nicht den Besonderheiten des Einzelfalles Rechnung tragen; es genügt eine abstrakte Belehrung über die vorgeschriebene Anfechtungsfrist anhand des Gesetzestextes (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 20. Februar 2001 IX R 48/98, BFH/NV 2001, 1010; vom 18. Juli 1986 III R 216/81, BFH/NV 1987, 12, und in BFH/NV 1992, 783, jeweils zu § 122 Abs. 2 der Abgabenordnung --AO-- 1977).

25

Die Rechtsbehelfsbelehrung in der Einspruchsentscheidung enthält die Aussage, dass die Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung und damit der Beginn der einmonatigen Klagefrist (§ 47 Abs. 1 Satz 1 FGO) bei Zusendung durch einfachen oder Zustellung durch eingeschriebenen Brief einen Monat nach Aufgabe zur Post als bewirkt gilt (§ 122 Abs. 2 Nr. 2 AO). Im vorliegenden Fall erfolgte die Bekanntgabe jedoch an den inländischen Zustellungsbevollmächtigten, so dass die Einspruchsentscheidung bereits am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als übermittelt gilt (§ 122 Abs. 2 Nr. 1 AO). Insoweit war die Rechtsbehelfsbelehrung unrichtig.

26

bb) Entgegen der Ansicht der Familienkasse gilt aufgrund der unrichtigen Rechtsbehelfsbelehrung die in § 55 Abs. 2 Satz 1 FGO genannte Jahresfrist und nicht nur die fehlerhaft genannte zu lange Frist für die Erhebung der Klage.

27

(a) Der erkennende Senat hat in seinem Urteil vom 16. Mai 2013 III R 63/10 (BFH/NV 2014, 12, Rz 12) allein auf die Unrichtigkeit der Rechtsbehelfsbelehrung abgestellt und eine Verlängerung in einem hier vergleichbaren Fall auf ein Jahr nach § 55 Abs. 2 FGO angenommen (noch offengelassen BFH-Beschluss vom 8. April 2004 VII B 181/03, BFH/NV 2004, 1284, ebenso wie das Bundesverwaltungsgericht --BVerwG-- in seinem Urteil vom 10. Februar 1999  11 C 9/97, BVerwGE 108, 269, zu § 58 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung --VwGO--). Mit Urteil vom 6. Juli 1983 I R 177/80 (BFHE 139, 218, BStBl II 1984, 84) hatte der BFH zu der im Wortlaut zu § 55 FGO vergleichbaren Regelung in § 237 der Reichsabgabenordnung bereits entschieden, dass das Gesetz nicht danach unterscheide, ob die im angefochtenen Verwaltungsakt beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung zugunsten oder zu Ungunsten unrichtig gewesen sei.

28

(b) Die überwiegende Meinung in der steuerrechtlichen Literatur (Spindler in Hübschmann/Hepp/Spitaler --HHSp-- § 55 FGO Rz 33; Gräber/Stapperfend, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 55 Rz 23; Brandis in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 55 FGO Rz 12; anderer Ansicht Nieland, Der AO-Steuer-Berater 2004, 308, 309; anderer Ansicht Kopp/ Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, Kommentar, 20. Aufl., § 58 Rz 14; anderer Ansicht wohl auch Birkenfeld in HHSp § 366 AO Rz 70) geht mittlerweile auch davon aus, dass § 55 Abs. 2 FGO die Jahresfrist abschließend für eine unrichtige Belehrung bestimmt.

29

(c) Der Senat hält an seiner im Urteil in BHF/NV 2014, 12, Rz 12 geäußerten Rechtsauffassung fest. § 55 Abs. 2 FGO macht den Lauf der Fristen in allen Fällen von der Erteilung einer ordnungsgemäßen Belehrung abhängig, ohne Rücksicht darauf, ob die Unrichtigkeit der Rechtsbehelfsbelehrung kausal für das Unterbleiben oder die Verspätung des Rechtsbehelfs war. Im Interesse der Rechtsmittelklarheit knüpft § 55 FGO seine Rechtsfolgen allein an die objektiv feststellbare Tatsache des Fehlens oder der Unrichtigkeit der Belehrung und gibt somit sämtlichen Verfahrensbeteiligten gleiche und sichere Kriterien für das Bestimmen der formellen Rechtskraft bzw. Bestandkraft an die Hand (so für die im Wortlaut identische Vorschrift des § 58 Abs. 2 VwGO: BVerwG-Urteil vom 30. April 2009  3 C 23/08, BVerwGE 134, 41, m.w.N.).

30

Somit war im Zeitpunkt der Klageerhebung die Klagefrist noch nicht abgelaufen.

31

2. Ob dem Kläger zu Recht ein Differenzkindergeldanspruch für den Streitzeitraum zugesprochen worden ist, lässt sich anhand der Feststellungen der Vorinstanz nicht überprüfen.

32

a) Nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 Buchst. b EStG hat Anspruch auf Kindergeld nach dem EStG, wer im Inland einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat oder ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland nach § 1 Abs. 3 EStG als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt wird.

33

b) Soweit die Vorinstanz davon ausgeht, dass der Kläger nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG i.V.m. § 1 Abs. 3 EStG kindergeldberechtigt sei, fehlen hierzu ausreichende nachvollziehbare --in der Vorentscheidung enthaltene-- tatrichterliche Feststellungen.

34

aa) Die Kindergeldberechtigung nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG ist --anders als die nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 Buchst. a EStG-- von der einkommensteuerrechtlichen Behandlung des Antragstellers abhängig. Eine Kindergeldberechtigung nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG setzt voraus, dass der Antragsteller aufgrund eines entsprechenden Antrags vom Finanzamt nach § 1 Abs. 3 EStG als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt wird (vgl. dazu BFH-Urteile in BFHE 242, 228, BStBl II 2014, 843, und vom 24. Juli 2013 XI R 8/12, BFH/NV 2014, 495, Rz 35).

35

bb) Das FG hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob der Kläger einen Antrag nach § 1 Abs. 3 EStG gestellt hat und für das Kalenderjahr 2010 entsprechend zur Einkommensteuer veranlagt wurde. Entscheidungserhebliche tatsächliche Feststellungen und rechtliche Grundlagen müssen jedoch dem angefochtenen Urteil in einer Weise zu entnehmen sein, die es den Beteiligten und dem Revisionsgericht ermöglicht zu erkennen, wie das FG zu dem gefundenen Ergebnis gekommen ist. Allein die Aussage im Tatbestand, der Kläger sei nach § 1 Abs. 3 EStG veranlagt worden, ohne nähere Darlegung, ob dies auch für den hier vorliegenden Streitzeitraum anzunehmen ist, reicht nicht aus, um eine abschließende Prüfung des vom FG gezogenen rechtlichen Schlusses zu ermöglichen (BFH-Urteil vom 5. Juni 2003 V R 25/02, BFHE 202, 191, BStBl II 2003, 734).

36

c) Sollte sich eine Kindergeldberechtigung nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG im zweiten Rechtsgang ergeben, besteht ein Anspruch auf Kindergeld jedoch nur in den Monaten des betreffenden Kalenderjahres, in denen der Anspruchsberechtigte inländische Einkünfte i.S. des § 49 EStG erzielt hat (vgl. dazu z.B. BFH-Urteile vom 24. Oktober 2012 V R 43/11, BFHE 239, 327, BStBl II 2013, 491, Rz 19 ff.; vom 18. April 2013 VI R 70/11, BFH/NV 2013, 1554, und in BFHE 242, 288, BStBl II 2014, 843).

37

Hierbei handelt es sich um diejenigen Monate, in denen die Einkünfte des Klägers nach § 49 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 11 EStG zeitlich zu erfassen sind (BFH-Urteile vom 5. September 2013 XI R 22/12, BFH/NV 2014, 313, Rz 33, m.w.N., und in BFHE 242, 228, BStBl II 2014, 843). Auch soweit das FG in seinem Tatbestand am Ende (Seite 8) darauf hinweist, dass den Beschäftigten nach Erfahrung des Gerichts das Entgelt jeweils unmittelbar bei der Rückreise nach Polen berechnet und gezahlt werde, werden dadurch die erforderlichen tatsächlichen Feststellungen nicht ersetzt. Die Familienkassen und Finanzgerichte haben den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln (§ 88 AO, § 76 FGO). Entsprechende Feststellungen sind im zweiten Rechtsgang nachzuholen.

38

d) Sollte das FG im zweiten Rechtsgang eine Veranlagung nach § 1 Abs. 3 EStG nicht feststellen können, wäre noch die Kindergeldberechtigung nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 EStG i.V.m. § 8 AO (Wohnsitz) bzw. § 9 AO (gewöhnlicher Aufenthalt) zu prüfen. Ausgehend von seiner abweichenden materiell-rechtlichen Auffassung hat das FG hierzu keine Feststellungen getroffen. Diese müssten ggf. nachgeholt werden.

39

3. Der Senat weist abschließend noch darauf hin, dass einem Anspruch auf Differenzkindergeld für den hier streitigen Zeitraum der bestandskräftige "Bescheid" vom 15. Juni 2012 nicht entgegenstünde. Mit diesem "Bescheid" hat die Familienkasse ohne erneute Sachprüfung unter Hinweis auf die Bestandskraft des hier angefochtenen Bescheids den Kindergeldanspruch für 2010 abgelehnt. Bei dem Bescheid vom 15. Juni 2012 handelt es sich, soweit der Zeitraum im Jahr 2010 betroffen ist, um eine wiederholende Verfügung, die keine neue Regelung mit unmittelbarer Rechtserheblichkeit trifft. Wird ein beantragter, begünstigender Verwaltungsakt abgelehnt und wird eine erneute Sachprüfung und Entscheidung unter Hinweis auf den bestandskräftigen Bescheid abgelehnt, ist die Ablehnung eine bloße "wiederholende Verfügung" (Söhn in HHSp, § 118 AO Rz 171; Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 118 AO Rz 17). Dies gilt selbst dann, wenn die wiederholende Verfügung die Form eines Verwaltungsakts hat und mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen ist (BFH-Beschluss vom 20. Juli 2012 VI B 21/12, BFH/NV 2012, 1764). Insoweit kann einer wiederholenden Verfügung auch keine materielle Bestandskraft zugewiesen werden, mit der Folge, dass der Bescheid vom 15. Juni 2012 keine Bindungswirkung für den hier vorliegenden Streitzeitraum hat.

40

4. Mit Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§ 121 i.V.m. § 90 Abs. 2 FGO).

41

5. Die Entscheidung über die Kosten wird dem FG übertragen (§ 143 Abs. 2 FGO).

(1)1Einnahmen sind innerhalb des Kalenderjahres bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind.2Regelmäßig wiederkehrende Einnahmen, die dem Steuerpflichtigen kurze Zeit vor Beginn oder kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres, zu dem sie wirtschaftlich gehören, zugeflossen sind, gelten als in diesem Kalenderjahr bezogen.3Der Steuerpflichtige kann Einnahmen, die auf einer Nutzungsüberlassung im Sinne des Absatzes 2 Satz 3 beruhen, insgesamt auf den Zeitraum gleichmäßig verteilen, für den die Vorauszahlung geleistet wird.4Für Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit gilt § 38a Absatz 1 Satz 2 und 3 und § 40 Absatz 3 Satz 2.5Die Vorschriften über die Gewinnermittlung (§ 4 Absatz 1, § 5) bleiben unberührt.

(2)1Ausgaben sind für das Kalenderjahr abzusetzen, in dem sie geleistet worden sind.2Für regelmäßig wiederkehrende Ausgaben gilt Absatz 1 Satz 2 entsprechend.3Werden Ausgaben für eine Nutzungsüberlassung von mehr als fünf Jahren im Voraus geleistet, sind sie insgesamt auf den Zeitraum gleichmäßig zu verteilen, für den die Vorauszahlung geleistet wird.4Satz 3 ist auf ein Damnum oder Disagio nicht anzuwenden, soweit dieses marktüblich ist.5§ 42 der Abgabenordnung bleibt unberührt.6Die Vorschriften über die Gewinnermittlung (§ 4 Absatz 1, § 5) bleiben unberührt.

(1)1Natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, sind unbeschränkt einkommensteuerpflichtig.2Zum Inland im Sinne dieses Gesetzes gehört auch der der Bundesrepublik Deutschland zustehende Anteil

1.
an der ausschließlichen Wirtschaftszone, soweit dort
a)
die lebenden und nicht lebenden natürlichen Ressourcen der Gewässer über dem Meeresboden, des Meeresbodens und seines Untergrunds erforscht, ausgebeutet, erhalten oder bewirtschaftet werden,
b)
andere Tätigkeiten zur wirtschaftlichen Erforschung oder Ausbeutung der ausschließlichen Wirtschaftszone ausgeübt werden, wie beispielsweise die Energieerzeugung aus Wasser, Strömung und Wind oder
c)
künstliche Inseln errichtet oder genutzt werden und Anlagen und Bauwerke für die in den Buchstaben a und b genannten Zwecke errichtet oder genutzt werden, und
2.
am Festlandsockel, soweit dort
a)
dessen natürliche Ressourcen erforscht oder ausgebeutet werden; natürliche Ressourcen in diesem Sinne sind die mineralischen und sonstigen nicht lebenden Ressourcen des Meeresbodens und seines Untergrunds sowie die zu den sesshaften Arten gehörenden Lebewesen, die im nutzbaren Stadium entweder unbeweglich auf oder unter dem Meeresboden verbleiben oder sich nur in ständigem körperlichen Kontakt mit dem Meeresboden oder seinem Untergrund fortbewegen können; oder
b)
künstliche Inseln errichtet oder genutzt werden und Anlagen und Bauwerke für die in Buchstabe a genannten Zwecke errichtet oder genutzt werden.

(2)1Unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind auch deutsche Staatsangehörige, die

1.
im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben und
2.
zu einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts in einem Dienstverhältnis stehen und dafür Arbeitslohn aus einer inländischen öffentlichen Kasse beziehen,
sowie zu ihrem Haushalt gehörende Angehörige, die die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen oder keine Einkünfte oder nur Einkünfte beziehen, die ausschließlich im Inland einkommensteuerpflichtig sind.2Dies gilt nur für natürliche Personen, die in dem Staat, in dem sie ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, lediglich in einem der beschränkten Einkommensteuerpflicht ähnlichen Umfang zu einer Steuer vom Einkommen herangezogen werden.

(3)1Auf Antrag werden auch natürliche Personen als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, soweit sie inländische Einkünfte im Sinne des § 49 haben.2Dies gilt nur, wenn ihre Einkünfte im Kalenderjahr mindestens zu 90 Prozent der deutschen Einkommensteuer unterliegen oder die nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte den Grundfreibetrag nach § 32a Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 nicht übersteigen; dieser Betrag ist zu kürzen, soweit es nach den Verhältnissen im Wohnsitzstaat des Steuerpflichtigen notwendig und angemessen ist.3Inländische Einkünfte, die nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung nur der Höhe nach beschränkt besteuert werden dürfen, gelten hierbei als nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegend.4Unberücksichtigt bleiben bei der Ermittlung der Einkünfte nach Satz 2 nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegende Einkünfte, die im Ausland nicht besteuert werden, soweit vergleichbare Einkünfte im Inland steuerfrei sind.5Weitere Voraussetzung ist, dass die Höhe der nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte durch eine Bescheinigung der zuständigen ausländischen Steuerbehörde nachgewiesen wird.6Der Steuerabzug nach § 50a ist ungeachtet der Sätze 1 bis 4 vorzunehmen.

(4) Natürliche Personen, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, sind vorbehaltlich der Absätze 2 und 3 und des § 1a beschränkt einkommensteuerpflichtig, wenn sie inländische Einkünfte im Sinne des § 49 haben.

(1)1Gewinn ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, vermehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen.2Entnahmen sind alle Wirtschaftsgüter (Barentnahmen, Waren, Erzeugnisse, Nutzungen und Leistungen), die der Steuerpflichtige dem Betrieb für sich, für seinen Haushalt oder für andere betriebsfremde Zwecke im Laufe des Wirtschaftsjahres entnommen hat.3Einer Entnahme für betriebsfremde Zwecke steht der Ausschluss oder die Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung oder der Nutzung eines Wirtschaftsguts gleich; dies gilt auf Antrag auch in den Fällen, in denen die Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts entfällt und in einem anderen Staat eine Besteuerung auf Grund des Ausschlusses oder der Beschränkung des Besteuerungsrechts dieses Staates hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung des Wirtschaftsguts erfolgt.4Ein Ausschluss oder eine Beschränkung des Besteuerungsrechts hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts liegt insbesondere vor, wenn ein bisher einer inländischen Betriebsstätte des Steuerpflichtigen zuzuordnendes Wirtschaftsgut einer ausländischen Betriebsstätte zuzuordnen ist.5Satz 3 gilt nicht für Anteile an einer Europäischen Gesellschaft oder Europäischen Genossenschaft in den Fällen

1.
einer Sitzverlegung der Europäischen Gesellschaft nach Artikel 8 der Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates vom 8. Oktober 2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE) (ABl. EG Nr. L 294 S. 1), zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 885/2004 des Rates vom 26. April 2004 (ABl. EU Nr. L 168 S. 1), und
2.
einer Sitzverlegung der Europäischen Genossenschaft nach Artikel 7 der Verordnung (EG) Nr. 1435/2003 des Rates vom 22. Juli 2003 über das Statut der Europäischen Genossenschaft (SCE) (ABl. EU Nr. L 207 S. 1).
6Ein Wirtschaftsgut wird nicht dadurch entnommen, dass der Steuerpflichtige zur Gewinnermittlung nach § 13a übergeht.7Eine Änderung der Nutzung eines Wirtschaftsguts, die bei Gewinnermittlung nach Satz 1 keine Entnahme ist, ist auch bei Gewinnermittlung nach § 13a keine Entnahme.8Einlagen sind alle Wirtschaftsgüter (Bareinzahlungen und sonstige Wirtschaftsgüter), die der Steuerpflichtige dem Betrieb im Laufe des Wirtschaftsjahres zugeführt hat; einer Einlage steht die Begründung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts gleich.9In den Fällen des Satzes 3 zweiter Halbsatz gilt das Wirtschaftsgut als unmittelbar nach der Entnahme wieder eingelegt.10Bei der Ermittlung des Gewinns sind die Vorschriften über die Betriebsausgaben, über die Bewertung und über die Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung zu befolgen.

(2)1Der Steuerpflichtige darf die Vermögensübersicht (Bilanz) auch nach ihrer Einreichung beim Finanzamt ändern, soweit sie den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung unter Befolgung der Vorschriften dieses Gesetzes nicht entspricht; diese Änderung ist nicht zulässig, wenn die Vermögensübersicht (Bilanz) einer Steuerfestsetzung zugrunde liegt, die nicht mehr aufgehoben oder geändert werden kann.2Darüber hinaus ist eine Änderung der Vermögensübersicht (Bilanz) nur zulässig, wenn sie in einem engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit einer Änderung nach Satz 1 steht und soweit die Auswirkung der Änderung nach Satz 1 auf den Gewinn reicht.

(3)1Steuerpflichtige, die nicht auf Grund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, und die auch keine Bücher führen und keine Abschlüsse machen, können als Gewinn den Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben ansetzen.2Hierbei scheiden Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben aus, die im Namen und für Rechnung eines anderen vereinnahmt und verausgabt werden (durchlaufende Posten).3Die Vorschriften über die Bewertungsfreiheit für geringwertige Wirtschaftsgüter (§ 6 Absatz 2), die Bildung eines Sammelpostens (§ 6 Absatz 2a) und über die Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung sind zu befolgen.4Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten für nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, für Anteile an Kapitalgesellschaften, für Wertpapiere und vergleichbare nicht verbriefte Forderungen und Rechte, für Grund und Boden sowie Gebäude des Umlaufvermögens sind erst im Zeitpunkt des Zuflusses des Veräußerungserlöses oder bei Entnahme im Zeitpunkt der Entnahme als Betriebsausgaben zu berücksichtigen.5Die Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens und Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens im Sinne des Satzes 4 sind unter Angabe des Tages der Anschaffung oder Herstellung und der Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder des an deren Stelle getretenen Werts in besondere, laufend zu führende Verzeichnisse aufzunehmen.

(4) Betriebsausgaben sind die Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind.

(4a)1Schuldzinsen sind nach Maßgabe der Sätze 2 bis 4 nicht abziehbar, wenn Überentnahmen getätigt worden sind.2Eine Überentnahme ist der Betrag, um den die Entnahmen die Summe des Gewinns und der Einlagen des Wirtschaftsjahres übersteigen.3Die nicht abziehbaren Schuldzinsen werden typisiert mit 6 Prozent der Überentnahme des Wirtschaftsjahres zuzüglich der Überentnahmen vorangegangener Wirtschaftsjahre und abzüglich der Beträge, um die in den vorangegangenen Wirtschaftsjahren der Gewinn und die Einlagen die Entnahmen überstiegen haben (Unterentnahmen), ermittelt; bei der Ermittlung der Überentnahme ist vom Gewinn ohne Berücksichtigung der nach Maßgabe dieses Absatzes nicht abziehbaren Schuldzinsen auszugehen.4Der sich dabei ergebende Betrag, höchstens jedoch der um 2 050 Euro verminderte Betrag der im Wirtschaftsjahr angefallenen Schuldzinsen, ist dem Gewinn hinzuzurechnen.5Der Abzug von Schuldzinsen für Darlehen zur Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens bleibt unberührt.6Die Sätze 1 bis 5 sind bei Gewinnermittlung nach § 4 Absatz 3 sinngemäß anzuwenden; hierzu sind Entnahmen und Einlagen gesondert aufzuzeichnen.

(5)1Die folgenden Betriebsausgaben dürfen den Gewinn nicht mindern:

1.
Aufwendungen für Geschenke an Personen, die nicht Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen sind.2Satz 1 gilt nicht, wenn die Anschaffungs- oder Herstellungskosten der dem Empfänger im Wirtschaftsjahr zugewendeten Gegenstände insgesamt 35 Euro nicht übersteigen;
2.
Aufwendungen für die Bewirtung von Personen aus geschäftlichem Anlass, soweit sie 70 Prozent der Aufwendungen übersteigen, die nach der allgemeinen Verkehrsauffassung als angemessen anzusehen und deren Höhe und betriebliche Veranlassung nachgewiesen sind.2Zum Nachweis der Höhe und der betrieblichen Veranlassung der Aufwendungen hat der Steuerpflichtige schriftlich die folgenden Angaben zu machen: Ort, Tag, Teilnehmer und Anlass der Bewirtung sowie Höhe der Aufwendungen.3Hat die Bewirtung in einer Gaststätte stattgefunden, so genügen Angaben zu dem Anlass und den Teilnehmern der Bewirtung; die Rechnung über die Bewirtung ist beizufügen;
3.
Aufwendungen für Einrichtungen des Steuerpflichtigen, soweit sie der Bewirtung, Beherbergung oder Unterhaltung von Personen, die nicht Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen sind, dienen (Gästehäuser) und sich außerhalb des Orts eines Betriebs des Steuerpflichtigen befinden;
4.
Aufwendungen für Jagd oder Fischerei, für Segeljachten oder Motorjachten sowie für ähnliche Zwecke und für die hiermit zusammenhängenden Bewirtungen;
5.
Mehraufwendungen für die Verpflegung des Steuerpflichtigen.2Wird der Steuerpflichtige vorübergehend von seiner Wohnung und dem Mittelpunkt seiner dauerhaft angelegten betrieblichen Tätigkeit entfernt betrieblich tätig, sind die Mehraufwendungen für Verpflegung nach Maßgabe des § 9 Absatz 4a abziehbar;
6.
Aufwendungen für die Wege des Steuerpflichtigen zwischen Wohnung und Betriebsstätte und für Familienheimfahrten, soweit in den folgenden Sätzen nichts anderes bestimmt ist.2Zur Abgeltung dieser Aufwendungen ist § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 Satz 2 bis 6 und Nummer 5 Satz 5 bis 7 und Absatz 2 entsprechend anzuwenden.3Bei der Nutzung eines Kraftfahrzeugs dürfen die Aufwendungen in Höhe des positiven Unterschiedsbetrags zwischen 0,03 Prozent des inländischen Listenpreises im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 des Kraftfahrzeugs im Zeitpunkt der Erstzulassung je Kalendermonat für jeden Entfernungskilometer und dem sich nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 Satz 2 bis 6 oder Absatz 2 ergebenden Betrag sowie Aufwendungen für Familienheimfahrten in Höhe des positiven Unterschiedsbetrags zwischen 0,002 Prozent des inländischen Listenpreises im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 für jeden Entfernungskilometer und dem sich nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 Satz 5 bis 7 oder Absatz 2 ergebenden Betrag den Gewinn nicht mindern; ermittelt der Steuerpflichtige die private Nutzung des Kraftfahrzeugs nach § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 1 oder Satz 3, treten an die Stelle des mit 0,03 oder 0,002 Prozent des inländischen Listenpreises ermittelten Betrags für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte und für Familienheimfahrten die auf diese Fahrten entfallenden tatsächlichen Aufwendungen; § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 3 zweiter Halbsatz gilt sinngemäß.4§ 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 Satz 8 und Nummer 5 Satz 9 gilt entsprechend;
6a.
die Mehraufwendungen für eine betrieblich veranlasste doppelte Haushaltsführung, soweit sie die nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 Satz 1 bis 4 abziehbaren Beträge und die Mehraufwendungen für betrieblich veranlasste Übernachtungen, soweit sie die nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5a abziehbaren Beträge übersteigen;
6b.
Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung.2Dies gilt nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet.3Anstelle der Aufwendungen kann pauschal ein Betrag von 1 260 Euro (Jahrespauschale) für das Wirtschafts- oder Kalenderjahr abgezogen werden.4Für jeden vollen Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen nach Satz 2 nicht vorliegen, ermäßigt sich der Betrag von 1 260 Euro um ein Zwölftel;
6c.
für jeden Kalendertag, an dem die betriebliche oder berufliche Tätigkeit überwiegend in der häuslichen Wohnung ausgeübt und keine außerhalb der häuslichen Wohnung belegene erste Tätigkeitsstätte aufgesucht wird, kann für die gesamte betriebliche und berufliche Betätigung ein Betrag von 6 Euro (Tagespauschale), höchstens 1 260 Euro im Wirtschafts- oder Kalenderjahr, abgezogen werden.2Steht für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit dauerhaft kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, ist ein Abzug der Tagespauschale zulässig, auch wenn die Tätigkeit am selben Kalendertag auswärts oder an der ersten Tätigkeitsstätte ausgeübt wird.3Der Abzug der Tagespauschale ist nicht zulässig, soweit für die Wohnung Unterkunftskosten im Rahmen der Nummer 6a oder des § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 abgezogen werden können oder soweit ein Abzug nach Nummer 6b vorgenommen wird;
7.
andere als die in den Nummern 1 bis 6 und 6b bezeichneten Aufwendungen, die die Lebensführung des Steuerpflichtigen oder anderer Personen berühren, soweit sie nach allgemeiner Verkehrsauffassung als unangemessen anzusehen sind;
8.
Geldbußen, Ordnungsgelder und Verwarnungsgelder, die von einem Gericht oder einer Behörde im Geltungsbereich dieses Gesetzes oder von einem Mitgliedstaat oder von Organen der Europäischen Union festgesetzt wurden sowie damit zusammenhängende Aufwendungen.2Dasselbe gilt für Leistungen zur Erfüllung von Auflagen oder Weisungen, die in einem berufsgerichtlichen Verfahren erteilt werden, soweit die Auflagen oder Weisungen nicht lediglich der Wiedergutmachung des durch die Tat verursachten Schadens dienen.3Die Rückzahlung von Ausgaben im Sinne der Sätze 1 und 2 darf den Gewinn nicht erhöhen.4Das Abzugsverbot für Geldbußen gilt nicht, soweit der wirtschaftliche Vorteil, der durch den Gesetzesverstoß erlangt wurde, abgeschöpft worden ist, wenn die Steuern vom Einkommen und Ertrag, die auf den wirtschaftlichen Vorteil entfallen, nicht abgezogen worden sind; Satz 3 ist insoweit nicht anzuwenden;
8a.
Zinsen auf hinterzogene Steuern nach § 235 der Abgabenordnung und Zinsen nach § 233a der Abgabenordnung, soweit diese nach § 235 Absatz 4 der Abgabenordnung auf die Hinterziehungszinsen angerechnet werden;
9.
Ausgleichszahlungen, die in den Fällen der §§ 14 und 17 des Körperschaftsteuergesetzes an außenstehende Anteilseigner geleistet werden;
10.
die Zuwendung von Vorteilen sowie damit zusammenhängende Aufwendungen, wenn die Zuwendung der Vorteile eine rechtswidrige Handlung darstellt, die den Tatbestand eines Strafgesetzes oder eines Gesetzes verwirklicht, das die Ahndung mit einer Geldbuße zulässt.2Gerichte, Staatsanwaltschaften oder Verwaltungsbehörden haben Tatsachen, die sie dienstlich erfahren und die den Verdacht einer Tat im Sinne des Satzes 1 begründen, der Finanzbehörde für Zwecke des Besteuerungsverfahrens und zur Verfolgung von Steuerstraftaten und Steuerordnungswidrigkeiten mitzuteilen.3Die Finanzbehörde teilt Tatsachen, die den Verdacht einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit im Sinne des Satzes 1 begründen, der Staatsanwaltschaft oder der Verwaltungsbehörde mit.4Diese unterrichten die Finanzbehörde von dem Ausgang des Verfahrens und den zugrundeliegenden Tatsachen;
11.
Aufwendungen, die mit unmittelbaren oder mittelbaren Zuwendungen von nicht einlagefähigen Vorteilen an natürliche oder juristische Personen oder Personengesellschaften zur Verwendung in Betrieben in tatsächlichem oder wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, deren Gewinn nach § 5a Absatz 1 ermittelt wird;
12.
Zuschläge nach § 162 Absatz 4 der Abgabenordnung;
13.
Jahresbeiträge nach § 12 Absatz 2 des Restrukturierungsfondsgesetzes.
2Das Abzugsverbot gilt nicht, soweit die in den Nummern 2 bis 4 bezeichneten Zwecke Gegenstand einer mit Gewinnabsicht ausgeübten Betätigung des Steuerpflichtigen sind.3§ 12 Nummer 1 bleibt unberührt.

(5a) (weggefallen)

(5b) Die Gewerbesteuer und die darauf entfallenden Nebenleistungen sind keine Betriebsausgaben.

(6) Aufwendungen zur Förderung staatspolitischer Zwecke (§ 10b Absatz 2) sind keine Betriebsausgaben.

(7)1Aufwendungen im Sinne des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 1 bis 4, 6b und 7 sind einzeln und getrennt von den sonstigen Betriebsausgaben aufzuzeichnen.2Soweit diese Aufwendungen nicht bereits nach Absatz 5 vom Abzug ausgeschlossen sind, dürfen sie bei der Gewinnermittlung nur berücksichtigt werden, wenn sie nach Satz 1 besonders aufgezeichnet sind.

(8) Für Erhaltungsaufwand bei Gebäuden in Sanierungsgebieten und städtebaulichen Entwicklungsbereichen sowie bei Baudenkmalen gelten die §§ 11a und 11b entsprechend.

(9)1Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine Berufsausbildung oder für sein Studium sind nur dann Betriebsausgaben, wenn der Steuerpflichtige zuvor bereits eine Erstausbildung (Berufsausbildung oder Studium) abgeschlossen hat.2§ 9 Absatz 6 Satz 2 bis 5 gilt entsprechend.

(10) § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5b ist entsprechend anzuwenden.

(1) Der Vorsitzende oder der Berichterstatter kann dem Kläger eine Frist setzen zur Angabe der Tatsachen, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung im Verwaltungsverfahren er sich beschwert fühlt. Die Fristsetzung nach Satz 1 kann mit der Fristsetzung nach § 65 Abs. 2 Satz 2 verbunden werden.

(2) Der Vorsitzende oder der Berichterstatter kann einem Beteiligten unter Fristsetzung aufgeben, zu bestimmten Vorgängen

1.
Tatsachen anzugeben oder Beweismittel zu bezeichnen,
2.
Urkunden oder andere bewegliche Sachen vorzulegen oder elektronische Dokumente zu übermitteln, soweit der Beteiligte dazu verpflichtet ist.

(3) Das Gericht kann Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf einer nach den Absätzen 1 und 2 gesetzten Frist vorgebracht werden, zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden, wenn

1.
ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und
2.
der Beteiligte die Verspätung nicht genügend entschuldigt und
3.
der Beteiligte über die Folgen einer Fristversäumung belehrt worden ist.
Der Entschuldigungsgrund ist auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen. Satz 1 gilt nicht, wenn es mit geringem Aufwand möglich ist, den Sachverhalt auch ohne Mitwirkung des Beteiligten zu ermitteln.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen. Die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Sie haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben und sich auf Anforderung des Gerichts zu den von den anderen Beteiligten vorgebrachten Tatsachen zu erklären. § 90 Abs. 2, § 93 Abs. 3 Satz 2, § 97, §§ 99, 100 der Abgabenordnung gelten sinngemäß. Das Gericht ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, dass Formfehler beseitigt, sachdienliche Anträge gestellt, unklare Anträge erläutert, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(3) Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf der von der Finanzbehörde nach § 364b Abs. 1 der Abgabenordnung gesetzten Frist im Einspruchsverfahren oder im finanzgerichtlichen Verfahren vorgebracht werden, kann das Gericht zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden. § 79b Abs. 3 gilt entsprechend.

(4) Die Verpflichtung der Finanzbehörde zur Ermittlung des Sachverhalts (§§ 88, 89 Abs. 1 der Abgabenordnung) wird durch das finanzgerichtliche Verfahren nicht berührt.

(1)1Für Kinder im Sinne des § 63 hat Anspruch auf Kindergeld nach diesem Gesetz, wer

1.
im Inland einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat oder
2.
ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland
a)
nach § 1 Absatz 2 unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist oder
b)
nach § 1 Absatz 3 als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt wird.
2Voraussetzung für den Anspruch nach Satz 1 ist, dass der Berechtigte durch die an ihn vergebene Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung) identifiziert wird.3Die nachträgliche Vergabe der Identifikationsnummer wirkt auf Monate zurück, in denen die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen.

(1a)1Begründet ein Staatsangehöriger eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines Staates, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, im Inland einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt, so hat er für die ersten drei Monate ab Begründung des Wohnsitzes oder des gewöhnlichen Aufenthalts keinen Anspruch auf Kindergeld.2Dies gilt nicht, wenn er nachweist, dass er inländische Einkünfte im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 4 mit Ausnahme von Einkünften nach § 19 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 erzielt.3Nach Ablauf des in Satz 1 genannten Zeitraums hat er Anspruch auf Kindergeld, es sei denn, die Voraussetzungen des § 2 Absatz 2 oder Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU liegen nicht vor oder es sind nur die Voraussetzungen des § 2 Absatz 2 Nummer 1a des Freizügigkeitsgesetzes/EU erfüllt, ohne dass vorher eine andere der in § 2 Absatz 2 des Freizügigkeitsgesetzes/EU genannten Voraussetzungen erfüllt war.4Die Prüfung, ob die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Kindergeld gemäß Satz 2 vorliegen oder gemäß Satz 3 nicht gegeben sind, führt die Familienkasse in eigener Zuständigkeit durch.5Lehnt die Familienkasse eine Kindergeldfestsetzung in diesem Fall ab, hat sie ihre Entscheidung der zuständigen Ausländerbehörde mitzuteilen.6Wurde das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen durch die Verwendung gefälschter oder verfälschter Dokumente oder durch Vorspiegelung falscher Tatsachen vorgetäuscht, hat die Familienkasse die zuständige Ausländerbehörde unverzüglich zu unterrichten.

(2) Ein nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer erhält Kindergeld nur, wenn er

1.
eine Niederlassungserlaubnis oder eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU besitzt,
2.
eine Blaue Karte EU, eine ICT-Karte, eine Mobiler-ICT-Karte oder eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, die für einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigen oder berechtigt haben oder diese erlauben, es sei denn, die Aufenthaltserlaubnis wurde
a)
nach § 16e des Aufenthaltsgesetzes zu Ausbildungszwecken, nach § 19c Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes zum Zweck der Beschäftigung als Au-Pair oder zum Zweck der Saisonbeschäftigung, nach § 19e des Aufenthaltsgesetzes zum Zweck der Teilnahme an einem Europäischen Freiwilligendienst oder nach § 20 Absatz 1 und 2 des Aufenthaltsgesetzes zur Arbeitsplatzsuche erteilt,
b)
nach § 16b des Aufenthaltsgesetzes zum Zweck eines Studiums, nach § 16d des Aufenthaltsgesetzes für Maßnahmen zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen oder nach § 20 Absatz 3 des Aufenthaltsgesetzes zur Arbeitsplatzsuche erteilt und er ist weder erwerbstätig noch nimmt er Elternzeit nach § 15 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes oder laufende Geldleistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch in Anspruch,
c)
nach § 23 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes wegen eines Krieges in seinem Heimatland oder nach den § 23a oder § 25 Absatz 3 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes erteilt,
3.
eine in Nummer 2 Buchstabe c genannte Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet berechtigt erwerbstätig ist oder Elternzeit nach § 15 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes oder laufende Geldleistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch in Anspruch nimmt,
4.
eine in Nummer 2 Buchstabe c genannte Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens 15 Monaten erlaubt, gestattet oder geduldet im Bundesgebiet aufhält oder
5.
eine Beschäftigungsduldung gemäß § 60d in Verbindung mit § 60a Absatz 2 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes besitzt.

(1) Kinder sind

1.
im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandte Kinder,
2.
Pflegekinder (Personen, mit denen der Steuerpflichtige durch ein familienähnliches, auf längere Dauer berechnetes Band verbunden ist, sofern er sie nicht zu Erwerbszwecken in seinen Haushalt aufgenommen hat und das Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den Eltern nicht mehr besteht).

(2)1Besteht bei einem angenommenen Kind das Kindschaftsverhältnis zu den leiblichen Eltern weiter, ist es vorrangig als angenommenes Kind zu berücksichtigen.2Ist ein im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandtes Kind zugleich ein Pflegekind, ist es vorrangig als Pflegekind zu berücksichtigen.

(3) Ein Kind wird in dem Kalendermonat, in dem es lebend geboren wurde, und in jedem folgenden Kalendermonat, zu dessen Beginn es das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, berücksichtigt.

(4)1Ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, wird berücksichtigt, wenn es

1.
noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet hat, nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht und bei einer Agentur für Arbeit im Inland als Arbeitsuchender gemeldet ist oder
2.
noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat und
a)
für einen Beruf ausgebildet wird oder
b)
sich in einer Übergangszeit von höchstens vier Monaten befindet, die zwischen zwei Ausbildungsabschnitten oder zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung des gesetzlichen Wehr- oder Zivildienstes, einer vom Wehr- oder Zivildienst befreienden Tätigkeit als Entwicklungshelfer oder als Dienstleistender im Ausland nach § 14b des Zivildienstgesetzes oder der Ableistung des freiwilligen Wehrdienstes nach § 58b des Soldatengesetzes oder der Ableistung eines freiwilligen Dienstes im Sinne des Buchstaben d liegt, oder
c)
eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann oder
d)
einen der folgenden freiwilligen Dienste leistet:
aa)
ein freiwilliges soziales Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes,
bb)
ein freiwilliges ökologisches Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes,
cc)
einen Bundesfreiwilligendienst im Sinne des Bundesfreiwilligendienstgesetzes,
dd)
eine Freiwilligentätigkeit im Rahmen des Europäischen Solidaritätskorps im Sinne der Verordnung (EU) 2021/888 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2021 zur Aufstellung des Programms für das Europäische Solidaritätskorps und zur Aufhebung der Verordnungen (EU) 2018/1475 und (EU) Nr. 375/2014 (ABl. L 202 vom 8.6.2021, S. 32),
ee)
einen anderen Dienst im Ausland im Sinne von § 5 des Bundesfreiwilligendienstgesetzes,
ff)
einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts“ im Sinne der Förderleitlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 1. Januar 2016,
gg)
einen Freiwilligendienst aller Generationen im Sinne von § 2 Absatz 1a des Siebten Buches Sozialgesetzbuch oder
hh)
einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 4. Januar 2021 (GMBl S. 77) oder
3.
wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten; Voraussetzung ist, dass die Behinderung vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist.
2Nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums wird ein Kind in den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 nur berücksichtigt, wenn das Kind keiner Erwerbstätigkeit nachgeht.3Eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne der §§ 8 und 8a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch sind unschädlich.

(5)1In den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 Buchstabe a und b wird ein Kind, das

1.
den gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst geleistet hat, oder
2.
sich anstelle des gesetzlichen Grundwehrdienstes freiwillig für die Dauer von nicht mehr als drei Jahren zum Wehrdienst verpflichtet hat, oder
3.
eine vom gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst befreiende Tätigkeit als Entwicklungshelfer im Sinne des § 1 Absatz 1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes ausgeübt hat,
für einen der Dauer dieser Dienste oder der Tätigkeit entsprechenden Zeitraum, höchstens für die Dauer des inländischen gesetzlichen Grundwehrdienstes oder bei anerkannten Kriegsdienstverweigerern für die Dauer des inländischen gesetzlichen Zivildienstes über das 21. oder 25. Lebensjahr hinaus berücksichtigt.2Wird der gesetzliche Grundwehrdienst oder Zivildienst in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, geleistet, so ist die Dauer dieses Dienstes maßgebend.3Absatz 4 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(6)1Bei der Veranlagung zur Einkommensteuer wird für jedes zu berücksichtigende Kind des Steuerpflichtigen ein Freibetrag von 3 012 Euro für das sächliche Existenzminimum des Kindes (Kinderfreibetrag) sowie ein Freibetrag von 1 464 Euro für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes vom Einkommen abgezogen.2Bei Ehegatten, die nach den §§ 26, 26b zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden, verdoppeln sich die Beträge nach Satz 1, wenn das Kind zu beiden Ehegatten in einem Kindschaftsverhältnis steht.3Die Beträge nach Satz 2 stehen dem Steuerpflichtigen auch dann zu, wenn

1.
der andere Elternteil verstorben oder nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist oder
2.
der Steuerpflichtige allein das Kind angenommen hat oder das Kind nur zu ihm in einem Pflegekindschaftsverhältnis steht.
4Für ein nicht nach § 1 Absatz 1 oder 2 unbeschränkt einkommensteuerpflichtiges Kind können die Beträge nach den Sätzen 1 bis 3 nur abgezogen werden, soweit sie nach den Verhältnissen seines Wohnsitzstaates notwendig und angemessen sind.5Für jeden Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen für einen Freibetrag nach den Sätzen 1 bis 4 nicht vorliegen, ermäßigen sich die dort genannten Beträge um ein Zwölftel.6Abweichend von Satz 1 wird bei einem unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Elternpaar, bei dem die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 nicht vorliegen, auf Antrag eines Elternteils der dem anderen Elternteil zustehende Kinderfreibetrag auf ihn übertragen, wenn er, nicht jedoch der andere Elternteil, seiner Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind für das Kalenderjahr im Wesentlichen nachkommt oder der andere Elternteil mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist; die Übertragung des Kinderfreibetrags führt stets auch zur Übertragung des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf.7Eine Übertragung nach Satz 6 scheidet für Zeiträume aus, für die Unterhaltsleistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz gezahlt werden.8Bei minderjährigen Kindern wird der dem Elternteil, in dessen Wohnung das Kind nicht gemeldet ist, zustehende Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf auf Antrag des anderen Elternteils auf diesen übertragen, wenn bei dem Elternpaar die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 nicht vorliegen.9Eine Übertragung nach Satz 8 scheidet aus, wenn der Übertragung widersprochen wird, weil der Elternteil, bei dem das Kind nicht gemeldet ist, Kinderbetreuungskosten trägt oder das Kind regelmäßig in einem nicht unwesentlichen Umfang betreut.10Die den Eltern nach den Sätzen 1 bis 9 zustehenden Freibeträge können auf Antrag auch auf einen Stiefelternteil oder Großelternteil übertragen werden, wenn dieser das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat oder dieser einer Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind unterliegt.11Die Übertragung nach Satz 10 kann auch mit Zustimmung des berechtigten Elternteils erfolgen, die nur für künftige Kalenderjahre widerrufen werden kann.12Voraussetzung für die Berücksichtigung des Kinderfreibetrags sowie des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes ist die Identifizierung des Kindes durch die an dieses Kind vergebene Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung).13Ist das Kind nicht nach einem Steuergesetz steuerpflichtig (§ 139a Absatz 2 der Abgabenordnung), ist es in anderer geeigneter Weise zu identifizieren.14Die nachträgliche Identifizierung oder nachträgliche Vergabe der Identifikationsnummer wirkt auf Monate zurück, in denen die übrigen Voraussetzungen für die Gewährung des Kinderfreibetrags sowie des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes vorliegen.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(1) Der Senat kann den Rechtsstreit einem seiner Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn

1.
die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat.

(2) Der Rechtsstreit darf dem Einzelrichter nicht übertragen werden, wenn bereits vor dem Senat mündlich verhandelt worden ist, es sei denn, dass inzwischen ein Vorbehalts-, Teil- oder Zwischenurteil ergangen ist.

(3) Der Einzelrichter kann nach Anhörung der Beteiligten den Rechtsstreit auf den Senat zurückübertragen, wenn sich aus einer wesentlichen Änderung der Prozesslage ergibt, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist. Eine erneute Übertragung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.

(4) Beschlüsse nach den Absätzen 1 und 3 sind unanfechtbar. Auf eine unterlassene Übertragung kann die Revision nicht gestützt werden.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.