Finanzgericht München Urteil, 21. Feb. 2018 - 4 K 1477/17

bei uns veröffentlicht am21.02.2018

Gericht

Finanzgericht München

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

3. Die Revision zum Bundesfinanzhof wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Festsetzung von Zinsen für die Aussetzung der Vollziehung von Erbschaftsteuer.

Der Ehemann der Klägerin, …, (im weiteren Erblasser) verstarb am 15. Juli 2010. Die Klägerin erhielt aus dessen Nachlass einen Pflichtteilsanspruch. Alleinerbe des Erblassers wurde deren gemeinsamer Sohn B. Da die genaue Höhe des geltend gemachten Pflichtteilsanspruches der Klägerin zunächst noch nicht feststand, schätzte der Beklagte diesen anhand des ihm näherungsweise bekannten Wertes des Nachlasses auf 3.000.000 € und setzte dementsprechend gegen die Klägerin mit Erbschaftsteuerbescheid vom 22. Februar 2013 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 der AbgabenordnungAO –) Erbschaftsteuer in Höhe von 490.270 € fest. Außer dem bezeichneten Wert des Erwerbes berücksichtigte der Beklagte zu Lasten der Klägerin einen Vorerwerb im Wert von 353.500 € sowie zu deren Gunsten einen persönlichen Freibetrag von 500.000 € sowie den besonderen Versorgungsfreibetrag von 256.000 €. Nach Anwendung des Steuersatzes von 19% gemäß Steuerklasse I ergab sich eine tarifliche Erbschaftsteuer in Höhe von 493.525 €, von der der Beklagte die auf den Vorerwerb entfallende Erbschaftsteuer von 3.255 € zum Abzug brachte.

Mit Schreiben vom 11. März 2013, das am 23. März 2013 beim Beklagten einging, legte die Klägerin durch ihren steuerlichen Vertreter - den Prozessbevollmächtigten im vorliegenden Verfahren – gegen den Steuerbescheid Einspruch ein und beantragte dessen Aussetzung von der Vollziehung. Zur Begründung ihrer Rechtsbehelfe trug die Klägerin darin vor, dass die Höhe ihres Pflichtteilsanspruches zum damaligen Zeitpunkt noch „vollkommen offen“ wäre und ihr zudem mangels Bezahlung desselben zur Begleichung der Steuerschuld auch keine finanziellen Mittel zur Verfügung ständen. Aus diesem Grund stellte sie beim Beklagten auch zeitgleich einen Stundungsantrag. Diesen Sachvortrag wiederholte sie schließlich in dem weiteren Schreiben ihres steuerlichen Vertreters an den Beklagten vom 19. April 2013 sinngemäß und äußerte die Rechtsansicht, dass allein schon wegen der Verletzung des rechtlichen Gehörs durch den Beklagten eine Aussetzung der Vollziehung in voller Höhe in Betracht käme. Mit Bescheid vom 25. April 2013 gewährte der Beklagte der Klägerin vorläufigen Rechtsschutz durch Aussetzung der Vollziehung des Steuerbescheides in der vollen Höhe der Steuerschuld von 490.270 € ab deren Fälligkeit. Die Klägerin bezahlte die Steuerschuld in der genannten Höhe am 20. Mai 2014. Mit Erbschaftsteuerbescheid vom 8. Dezember 2014 setzte der Beklagte unter gleichzeitiger Aufhebung des Vorbehaltes der Nachprüfung die Erbschaftsteuer der Klägerin auf 516.965 € herauf. Grund der Änderung war die Minderung des Versorgungsfreibetrages auf 115.418,69 €. Hinsichtlich des steuerlichen Nachforderungsbetrages von 26.695 € beantragte die Klägerin erneut die Aussetzung der Vollziehung, die der Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 22. Dezember 2014 gewährte.

Die Klägerin setzte den Beklagten mit Schreiben vom 12. August 2016 davon in Kenntnis, dass zum einen zwischen ihr und ihrem Sohn nunmehr eine Einigung über den Pflichtteilsanspruch auf eine Höhe von 2.628.993 € erfolgt wäre und ihr zum anderen hierfür Erwerbskosten von 29.073,92 € entstanden wären. Auf der Grundlage eines danach ermittelten Wertes des Erwerbes von 2.599.918,08 € setzte der Beklagte bei ansonsten unveränderten Besteuerungsgrundlagen die Erbschaftsteuer der Klägerin mit Bescheid vom 23. November 2016 auf 440.965 € herab und half ihrem nach wie vor anhängigen Einspruch dementsprechend ab.

Mit Zinsbescheid vom 1. Februar 2016 setzte der Beklagte gegen die Klägerin im Umfang des erfolglos gebliebenen Einspruchs wegen der gewährten Aussetzung der Vollziehung Zinsen in Höhe von 28.661 € fest. Dem Zinsbescheid lag ein für den Zeitraum nach Eintritt der Fälligkeit der Erbschaftsteuerschuld vom 26. März 2013 bis zu deren Bezahlung am 20. Mai 2014 zu verzinsender abgerundeter Schuldbetrag von 440.950 € zugrunde. Da sich der Zinslauf über 13 volle Monate erstreckte, ermittelte der Beklagte bei einem monatlichen Zinssatz von 0,5% einen auf den zu verzinsenden Schuldbetrag anzuwendenden Zinsfaktor von 6,5%. Der mit Schreiben vom 4. Februar 2017 gegen den Zinsbescheid eingelegte Einspruch der Klägerin blieb erfolglos und wurde durch Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 8. Mai 2017 als unbegründet zurückgewiesen.

Hiergegen richtet sich die mit Schriftsatz vom 12. Juni 2017 erhobene Klage, die die Klägerin wie folgt begründet:

Der Zinsbescheid sei rechtswidrig und deshalb ganz aufzuheben, weil der Beklagte den ursprünglichen Erbschaftsteuerbescheid zu Unrecht in voller Höhe von der Vollziehung ausgesetzt habe. Die Klägerin habe weder die Geltendmachung ihres Pflichtteilanspruches bestritten noch die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes in Höhe der gesamten Steuerschuld beantragt. Vielmehr sei nur der genaue Wert des Pflichtteiles seinerzeit noch nicht bekannt gewesen und habe deshalb noch nicht beziffert werden können. Gegenstand des Rechtsschutzverfahrens sei immer nur der überhöhte Teil der festgesetzten Erbschaftsteuer gewesen. So wie sich der Einspruch gegen den Erbschaftsteuerbescheid nur gegen den überhöhten Ansatz des Pflichtteilanspruches gerichtet habe, so sei auch nur beantragt gewesen, den insoweit überhöhten Teil der Erbschaftsteuer von der Vollziehung auszusetzen. Der Umstand, dass der Beklagte rechtsirrig vorläufigen Rechtsschutz für die gesamte Steuerschuld, und damit auch für den anteiligen Steuerbetrag von 440.965 €, gewährt hat, könne der Klägerin nicht angelastet werden. Dies habe sie nicht beantragt. Durch die Herabsetzung der Erbschaftsteuer entsprechend dem Wert des tatsächlich erhaltenen Pflichtteiles habe der Einspruch der Klägerin schließlich vollumfänglich Erfolg gehabt. Abgesehen davon sei der Beklagte imstande gewesen, sich die dem Pflichtteilsanspruch zugrundeliegenden Vermögenswerte zu erschließen und so dessen näherungsweisen Umfang, sowie den zur Vollziehungsaussetzung angezeigten Teil der Steuerschuld zu berechnen.

Die Klägerin beantragt,

den Zinsbescheid vom 1. Februar 2017 sowie die Einspruchsentscheidung vom 8. Mai 2017 aufzuheben,

hilfsweise für den Fall der Klageabweisung die Revision zum Bundesfinanzhof zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Seiner Ansicht nach bestehe an der Rechtmäßigkeit des Zinsbescheides kein Zweifel. Die Klägerin habe zur Begründung ihrer Rechtsschutzanträge schließlich mehrfach erklärt, dass die Höhe des Pflichtteilanspruches völlig offen sei und ebenso wiederholt darauf hingewiesen, bis zur Auszahlung des Pflichtteiles über keine finanziellen Mittel zur Schuldenbegleichung verfügen zu können. Angesichts dieser Einspruchsbegründung und der bestehenden Zweifel hinsichtlich der Höhe des Wertes des Erwerbes sei die vollumfängliche Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes angezeigt oder doch zumindest rechtmäßig gewesen.

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend schriftsätzlich mit einer Entscheidung des Gerichts ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird gemäß § 105 Abs. 3 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) auf die Schriftsätze der Beteiligten und auf die die Klägerin betreffende Behördenakte Bezug genommen.

Gründe

1.) Die Entscheidung ergeht gemäß § 90 Abs. 2 FGO ohne mündliche Verhandlung.

2.) Die fristgerecht erhobene und auch im Übrigen zulässige Klage ist unbegründet.

a) Nach Anfechtung eines Steuerbescheides mittels Einspruches kann die Finanzbehörde, die den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen (§ 361 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 AO). Vorläufiger Rechtsschutz kann hierbei aufgrund eines Antrages des Adressaten des Steuerbescheides oder auch seitens der Finanzbehörde ohne einen solchen Antrag von Amts wegen erfolgen. Stellt der Bescheidadressat einen Antrag soll die Finanzbehörde Aussetzung der Vollziehung gewähren, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (§ 361 Abs. 2 Satz 2 AO). Die Aussetzung der Vollziehung wird in dem verfügten Umfange bei rechtzeitiger Antragstellung vor Eintritt der Fälligkeit ab diesem Zeitpunkt in der Regel bis zum Abschluss des außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens gewährt. Soweit der Einspruch gegen den Steuerbescheid jedoch endgültig keinen Erfolg gehabt hat, ist der geschuldete Betrag, hinsichtlich dessen die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsaktes ausgesetzt wurde, zu verzinsen (§ 233, § 237 Abs. 1 Satz 1 AO). Die Zinsen werden erhoben vom Tage des Eingangs des außergerichtlichen Rechtsbehelfs bei der Behörde, deren Verwaltungsakt angefochten wird, bis zum Tage, an dem die Aussetzung der Vollziehung endet (§ 237 Abs. 2 Satz 1 AO). Ist die Vollziehung erst nach dem Eingang des außergerichtlichen Rechtsbehelfs oder erst nach der Rechtshängigkeit ausgesetzt worden, so beginnt die Verzinsung mit dem Tage, an dem die Wirkung der Aussetzung der Vollziehung beginnt (§ 237 Abs. 2 Satz 2 AO). Die Zinsen betragen für jeden Monat des Zinslaufes 0,5% (§ 238 Abs. 1 Satz 1 AO). Die Zinsen sind vom Tage des Zinslaufes an nur für volle Monate zu zahlen, sodass angefangene Monate außer Ansatz bleiben (§ 238 Abs. 1 Satz 2 AO). Für die Berechnung der Zinsen wird der zu verzinsende Betrag jeder Steuerart auf den nächsten durch 50 € teilbaren Betrag abgerundet (§ 238 Abs. 2 AO). Die Zinsen sind zum Vorteil des Zinsschuldners auf volle Euro zu runden (§ 239 Abs. 2 AO) und durch Verwaltungsakt festzusetzen (§ 239 Abs. 1 Nr. 5 AO).

b) Bei Anwendung dieser Vorschriften auf den Streitfall hat die Klage keinen Erfolg.

aa) Entgegen dem Sachvortrag und der Rechtsansicht der Klägerin hat deren Aussetzungsantrag die gesamte festgesetzte Erbschaftsteuer umfasst. Wie ausgeführt, ist der quantitative Umfang der Erfolglosigkeit eines Rechtsbehelfes der Maßstab für die betragsmäßige Bestimmung der Bemessungsgrundlage der nach § 237 Abs. 1 Satz 1 AO festzusetzenden Aussetzungszinsen. Maßgebend für die Höhe der zu verzinsenden Steuerschuld ist das Verhältnis der nach dem Ausgang des Einspruches als rechtmäßig aufrecht erhalten gebliebenen Steuerschuld zur steuerlichen Auswirkung des Rechtsschutzantrages. Nach dem unmissverständlichen Wortlaut der Begründung des Einspruches sowie des Antrages auf Aussetzung der Vollziehung in den Schreiben des steuerlichen Vertreters der Klägerin vom 11. März 2013 und vom 19. April 2013 ist aus deren Sicht zu diesem Zeitpunkt die Höhe des ihr zustehenden Pflichtteilanspruches „vollkommen offen“ gewesen. Es begegnet keinen rechtlichen Bedenken, dass der Beklagte diesen Sachvortrag der Klägerin als den gesamten Steueranspruch umfassenden Einspruch sowie Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz verstanden hat. Zudem hat die Klägerin dem Beklagten keinerlei betragsmäßige Anhaltspunkte für die Höhe ihres erbschaftsteuerrechtlichen Erwerbes gegeben und daher den Streitgegenstand des Einspruches sowie den Umfang des begehrten vorläufigen Rechtsschutzes der Sache nach auch nicht annähernd eingegrenzt. Ganz im Gegenteil hat die Klägerin im Schreiben ihres steuerlichen Vertreters vom 19. April 2013 die Aussetzung der Vollziehung in voller Höhe unter Hinweis auf das angeblich unterlassene rechtliche Gehör ausdrücklich für angezeigt gehalten. Nicht zuletzt weist auch der ursprüngliche Einwand der Klägerin, mangels Auszahlung des Pflichtteiles über keine finanziellen Mittel zur Begleichung der Steuerschuld zu verfügen, auf ihr Interesse an der Gewährung eines die gesamte Steuerschuld umfassenden Rechtsschutzes hin. Nach alldem kann der Senat nicht erkennen, dass der Beklagte der Klägerin antragswidrig oder gar gegen ihren Willen vorläufigen Rechtsschutz gewährt hätte. Ganz abgesehen davon, wäre der Beklagte angesichts des Einspruches der Klägerin auch ohne deren vorläufigen Rechtsschutzantrages gemäß § 361 Abs. 2 Satz 1 AO befugt gewesen, bei Vorliegen ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Erbschaftsteuerfestsetzung von Amts wegen Aussetzung der Vollziehung zu gewähren.

bb) Ungeachtet der Frage nach dem tatsächlichen Umfang des Aussetzungsantrages der Klägerin bleibt außerdem festzustellen, dass die Festsetzung von Zinsen nach § 237 AO grundsätzlich nicht davon abhängt, ob die Vollziehung des angefochtenen Steuerbescheides zu Recht oder zu Unrecht ausgesetzt oder aufgehoben worden ist (Bundesfinanzhof -BFHUrteile vom 26. September 2007 I R 43/06, BFHE 219, 13, BStBl II 2008, 134 und vom 9. Dezember 1998 XI R 24/98, BFHE 187, 400, BStBl II 1999, 201). Aussetzungszinsen fallen deshalb selbst dann an, wenn die Finanzbehörde die rechtlichen Voraussetzungen für die Aussetzung der Vollziehung unzutreffend beurteilt hat (vgl. BFH Urteil vom 18. Juli 1994 X R 33/91, BFHE 175, 294, BStBl II 1995, 4; Heuermann in Hübschmann/Hepp/Spitaler AO § 237 Rz. 22). Deshalb ist auch im Streitfalle für die Höhe des zu verzinsenden Steuerbetrages allein entscheidend, in welcher Höhe der Beklagte der Klägerin tatsächlich Aussetzung der Vollziehung gewährt hat und in welchem Umfange ihr Einspruch im Ergebnis Erfolg gehabt hat (vgl. BFH Urteil vom 27. November 1991 X R 103/89, BFHE 166, 311, BStBl II 1992, 319). Auf die Gründe für die Gewährung des vorläufigen Rechtsschutzes kommt es deshalb nicht an.

Entgegen der Rechtsansicht der Klägerin lässt sich die Klage auch nicht auf die von ihr zitierte bundesgerichtliche Entscheidung stützen (BFH Urteil vom 31. August 2011 X R 49/09, BFHE 235, 107, BStBl II 2012, 219). Nach dieser Entscheidung darf die Finanzbehörde im Falle eines in vollem Umfange erfolgreichen Rechtsbehelfes auch dann keine Aussetzungszinsen festsetzen, wenn sie rechtsirrig einen zu hohen Betrag von der Vollziehung ausgesetzt hatte. Die Entscheidung des Bundesgerichts besagt in diesem Zusammenhang allein, dass die Festsetzung von Aussetzungszinsen grundsätzlich ausgeschlossen ist, wenn der Rechtsbehelf in vollem Umfange erfolgreich gewesen ist. Keinesfalls ist die bundesgerichtliche Entscheidung in dem Sinne zu verstehen, dass eine rechtsirrig überhöhte Gewährung des vorläufigen Rechtsschutzes ein Rechtshindernis für die Zinsfestsetzung darstellte, wie aus den vorgenannten Entscheidungen ersichtlich.

cc) Der klagegegenständliche Zinsbescheid ist auch vor dem Hintergrund rechtmäßig, dass es die Klägerin – abgesehen von der Möglichkeit einer ausdrücklichen betragsmäßigen Begrenzung ihres ursprünglichen Aussetzungsantrages – im Verlaufe des Rechtsbehelfsverfahrens weiterhin in der Hand gehabt hätte, die Festsetzung von Zinsen zu vermeiden. Zum einen hätte die Klägerin jederzeit die ihr überhöht erscheinende Rechtsschutzgewährung durch Anfechtung des Bescheides vom 25. April 2013 über die Aussetzung der Vollziehung beseitigen und damit Einfluss auf die Höhe der Zinsfestsetzung nehmen können (vgl. BFH Urteil vom 9. Mai 2012 I R 91/10, BFH/NV 2012, 2004); zum anderen hätte die Klägerin den vorläufig gewährten und ihr gegebenenfalls überhöht erscheinenden Rechtsschutz durch Tilgung der Steuerschuld jederzeit beenden können (vgl. BFH Urteil vom 25. April 2013 V R 29/11, BFHE 241, 298, BStBl II 2013, 767). Mit Bezahlung der Steuerschuld entfällt die Rechtschutzwirkung und die Verzinsungspflicht nach § 237 AO endet. Von einer aufgedrängten oder aufgezwungenen Vollziehungsaussetzung oder einem Zahlungsverbot gegenüber der Klägerin kann im Streitfalle überhaupt keine Rede sein.

dd) Die dem klagegegenständlichen Zinsbescheid zugrundeliegende Zinsberechnung durch den Beklagten begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Insbesondere hat der Beklagte die hierfür geltenden Vorschriften der §§ 237 ff AO beachtet.

3.) Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

4.) Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen hierfür nach § 115 Abs. 2 FGO nicht erfüllt sind. Da der erkennende Senat nicht von der bisherigen Rechtsprechung des BFH abweicht, kommt der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zu. Auch die übrigen in § 115 Abs. 2 Nr. 2 und 3 FGO genannten Voraussetzungen liegen im Streitfalle nicht vor.

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(2) Solange der Vorbehalt wirksam ist, kann die Steuerfestsetzung aufgehoben oder geändert werden. Der Steuerpflichtige kann die Aufhebung oder Änderung der Steuerfestsetzung jederzeit beantragen. Die Entscheidung hierüber kann jedoch bis zur abschließenden Prüfung des Steuerfalls, die innerhalb angemessener Frist vorzunehmen ist, hinausgeschoben werden.

(3) Der Vorbehalt der Nachprüfung kann jederzeit aufgehoben werden. Die Aufhebung steht einer Steuerfestsetzung ohne Vorbehalt der Nachprüfung gleich; § 157 Abs. 1 Satz 1 und 3 gilt sinngemäß. Nach einer Außenprüfung ist der Vorbehalt aufzuheben, wenn sich Änderungen gegenüber der Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung nicht ergeben.

(4) Der Vorbehalt der Nachprüfung entfällt, wenn die Festsetzungsfrist abläuft. § 169 Absatz 2 Satz 2, § 170 Absatz 6 und § 171 Absatz 7, 8 und 10 sind nicht anzuwenden.

(1) Das Urteil ergeht im Namen des Volkes. Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefasst war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefasst der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln. Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder der Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Fall des § 104 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(1) Durch Einlegung des Einspruchs wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts vorbehaltlich des Absatzes 4 nicht gehemmt, insbesondere die Erhebung einer Abgabe nicht aufgehalten. Entsprechendes gilt bei Anfechtung von Grundlagenbescheiden für die darauf beruhenden Folgebescheide.

(2) Die Finanzbehörde, die den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, kann die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen; § 367 Abs. 1 Satz 2 gilt sinngemäß. Auf Antrag soll die Aussetzung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für die betroffene Person eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, tritt an die Stelle der Aussetzung der Vollziehung die Aufhebung der Vollziehung. Bei Steuerbescheiden sind die Aussetzung und die Aufhebung der Vollziehung auf die festgesetzte Steuer, vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge, um die anzurechnende Körperschaftsteuer und um die festgesetzten Vorauszahlungen, beschränkt; dies gilt nicht, wenn die Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Die Aussetzung kann von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden.

(3) Soweit die Vollziehung eines Grundlagenbescheids ausgesetzt wird, ist auch die Vollziehung eines Folgebescheids auszusetzen. Der Erlass eines Folgebescheids bleibt zulässig. Über eine Sicherheitsleistung ist bei der Aussetzung eines Folgebescheids zu entscheiden, es sei denn, dass bei der Aussetzung der Vollziehung des Grundlagenbescheids die Sicherheitsleistung ausdrücklich ausgeschlossen worden ist.

(4) Durch Einlegung eines Einspruchs gegen die Untersagung des Gewerbebetriebs oder der Berufsausübung wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts gehemmt. Die Finanzbehörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, kann die hemmende Wirkung durch besondere Anordnung ganz oder zum Teil beseitigen, wenn sie es im öffentlichen Interesse für geboten hält; sie hat das öffentliche Interesse schriftlich zu begründen. § 367 Abs. 1 Satz 2 gilt sinngemäß.

(5) Gegen die Ablehnung der Aussetzung der Vollziehung kann das Gericht nur nach § 69 Abs. 3 und 5 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung angerufen werden.

Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37) werden nur verzinst, soweit dies durch Bundesrecht oder Recht der Europäischen Union vorgeschrieben ist. Ansprüche auf steuerliche Nebenleistungen (§ 3 Abs. 4) und die entsprechenden Erstattungsansprüche werden nicht verzinst.

(1) Soweit ein Einspruch oder eine Anfechtungsklage gegen einen Steuerbescheid, eine Steueranmeldung oder einen Verwaltungsakt, der einen Steuervergütungsbescheid aufhebt oder ändert, oder gegen eine Einspruchsentscheidung über einen dieser Verwaltungsakte endgültig keinen Erfolg gehabt hat, ist der geschuldete Betrag, hinsichtlich dessen die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts ausgesetzt wurde, zu verzinsen. Satz 1 gilt entsprechend, wenn nach Einlegung eines förmlichen außergerichtlichen oder gerichtlichen Rechtsbehelfs gegen einen Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10) oder eine Rechtsbehelfsentscheidung über einen Grundlagenbescheid die Vollziehung eines Folgebescheids ausgesetzt wurde.

(2) Zinsen werden erhoben vom Tag des Eingangs des außergerichtlichen Rechtsbehelfs bei der Behörde, deren Verwaltungsakt angefochten wird, oder vom Tag der Rechtshängigkeit beim Gericht an bis zum Tag, an dem die Aussetzung der Vollziehung endet. Ist die Vollziehung erst nach dem Eingang des außergerichtlichen Rechtsbehelfs oder erst nach der Rechtshängigkeit ausgesetzt worden, so beginnt die Verzinsung mit dem Tag, an dem die Wirkung der Aussetzung der Vollziehung beginnt.

(3) Absätze 1 und 2 sind entsprechend anzuwenden, wenn nach Aussetzung der Vollziehung des Einkommensteuerbescheids, des Körperschaftsteuerbescheids oder eines Feststellungsbescheids die Vollziehung eines Gewerbesteuermessbescheids oder Gewerbesteuerbescheids ausgesetzt wird.

(4) § 234 Abs. 2 und 3 gelten entsprechend.

(5) Ein Zinsbescheid ist nicht aufzuheben oder zu ändern, wenn der Steuerbescheid nach Abschluss des Rechtsbehelfsverfahrens aufgehoben, geändert oder nach § 129 berichtigt wird.

(1) Die Zinsen betragen für jeden Monat einhalb Prozent. Sie sind von dem Tag an, an dem der Zinslauf beginnt, nur für volle Monate zu zahlen; angefangene Monate bleiben außer Ansatz. Erlischt der zu verzinsende Anspruch durch Aufrechnung, gilt der Tag, an dem die Schuld des Aufrechnenden fällig wird, als Tag der Zahlung.

(1a) In den Fällen des § 233a betragen die Zinsen abweichend von Absatz 1 Satz 1 ab dem 1. Januar 2019 0,15 Prozent für jeden Monat, das heißt 1,8 Prozent für jedes Jahr.

(1b) Sind für einen Zinslauf unterschiedliche Zinssätze maßgeblich, ist der Zinslauf in Teilverzinsungszeiträume aufzuteilen. Die Zinsen für die Teilverzinsungszeiträume sind jeweils tageweise zu berechnen. Hierbei wird jeder Kalendermonat unabhängig von der tatsächlichen Anzahl der Kalendertage mit 30 Zinstagen und jedes Kalenderjahr mit 360 Tagen gerechnet.

(1c) Die Angemessenheit des Zinssatzes nach Absatz 1a ist unter Berücksichtigung der Entwicklung des Basiszinssatzes nach § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuchs wenigstens alle zwei Jahre zu evaluieren. Die erste Evaluierung erfolgt spätestens zum 1. Januar 2024.

(2) Für die Berechnung der Zinsen wird der zu verzinsende Betrag jeder Steuerart auf den nächsten durch 50 Euro teilbaren Betrag abgerundet.

(1) Auf die Zinsen sind die für die Steuern geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden, jedoch beträgt die Festsetzungsfrist zwei Jahre. Die Festsetzungsfrist beginnt:

1.
in den Fällen des § 233a mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer festgesetzt, aufgehoben, geändert oder nach § 129 berichtigt worden ist,
2.
in den Fällen des § 234 mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Stundung geendet hat,
3.
in den Fällen des § 235 mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Festsetzung der hinterzogenen Steuern unanfechtbar geworden ist, jedoch nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem ein eingeleitetes Strafverfahren rechtskräftig abgeschlossen worden ist,
4.
in den Fällen des § 236 mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer erstattet oder die Steuervergütung ausgezahlt worden ist,
5.
in den Fällen des § 237 mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem ein Einspruch oder eine Anfechtungsklage endgültig erfolglos geblieben ist, und
6.
in allen anderen Fällen mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Zinslauf endet.
Die Festsetzungsfrist läuft in den Fällen des § 233a nicht ab, solange die Steuerfestsetzung, ihre Aufhebung, ihre Änderung oder ihre Berichtigung nach § 129 noch zulässig ist.

(2) Zinsen sind auf volle Euro zum Vorteil des Steuerpflichtigen gerundet festzusetzen. Sie werden nur dann festgesetzt, wenn sie mindestens 10 Euro betragen.

(3) Werden Besteuerungsgrundlagen gesondert festgestellt oder wird ein Steuermessbetrag festgesetzt, sind die Grundlagen für eine Festsetzung von Zinsen

1.
nach § 233a in den Fällen des § 233a Absatz 2a oder
2.
nach § 235
gesondert festzustellen, soweit diese an Sachverhalte anknüpfen, die Gegenstand des Grundlagenbescheids sind.

(4) Werden wegen einer Steueranmeldung, die nach § 168 Satz 1 einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht, Zinsen nach § 233a festgesetzt, so steht diese Zinsfestsetzung ebenfalls unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

(5) Die Festsetzung von Zinsen nach § 233a hat Bindungswirkung für Zinsfestsetzungen nach den §§ 234, 235, 236 oder 237, soweit auf diese Zinsen nach § 233a festgesetzte Zinsen anzurechnen sind.

(1) Soweit ein Einspruch oder eine Anfechtungsklage gegen einen Steuerbescheid, eine Steueranmeldung oder einen Verwaltungsakt, der einen Steuervergütungsbescheid aufhebt oder ändert, oder gegen eine Einspruchsentscheidung über einen dieser Verwaltungsakte endgültig keinen Erfolg gehabt hat, ist der geschuldete Betrag, hinsichtlich dessen die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts ausgesetzt wurde, zu verzinsen. Satz 1 gilt entsprechend, wenn nach Einlegung eines förmlichen außergerichtlichen oder gerichtlichen Rechtsbehelfs gegen einen Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10) oder eine Rechtsbehelfsentscheidung über einen Grundlagenbescheid die Vollziehung eines Folgebescheids ausgesetzt wurde.

(2) Zinsen werden erhoben vom Tag des Eingangs des außergerichtlichen Rechtsbehelfs bei der Behörde, deren Verwaltungsakt angefochten wird, oder vom Tag der Rechtshängigkeit beim Gericht an bis zum Tag, an dem die Aussetzung der Vollziehung endet. Ist die Vollziehung erst nach dem Eingang des außergerichtlichen Rechtsbehelfs oder erst nach der Rechtshängigkeit ausgesetzt worden, so beginnt die Verzinsung mit dem Tag, an dem die Wirkung der Aussetzung der Vollziehung beginnt.

(3) Absätze 1 und 2 sind entsprechend anzuwenden, wenn nach Aussetzung der Vollziehung des Einkommensteuerbescheids, des Körperschaftsteuerbescheids oder eines Feststellungsbescheids die Vollziehung eines Gewerbesteuermessbescheids oder Gewerbesteuerbescheids ausgesetzt wird.

(4) § 234 Abs. 2 und 3 gelten entsprechend.

(5) Ein Zinsbescheid ist nicht aufzuheben oder zu ändern, wenn der Steuerbescheid nach Abschluss des Rechtsbehelfsverfahrens aufgehoben, geändert oder nach § 129 berichtigt wird.

(1) Durch Einlegung des Einspruchs wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts vorbehaltlich des Absatzes 4 nicht gehemmt, insbesondere die Erhebung einer Abgabe nicht aufgehalten. Entsprechendes gilt bei Anfechtung von Grundlagenbescheiden für die darauf beruhenden Folgebescheide.

(2) Die Finanzbehörde, die den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, kann die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen; § 367 Abs. 1 Satz 2 gilt sinngemäß. Auf Antrag soll die Aussetzung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für die betroffene Person eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, tritt an die Stelle der Aussetzung der Vollziehung die Aufhebung der Vollziehung. Bei Steuerbescheiden sind die Aussetzung und die Aufhebung der Vollziehung auf die festgesetzte Steuer, vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge, um die anzurechnende Körperschaftsteuer und um die festgesetzten Vorauszahlungen, beschränkt; dies gilt nicht, wenn die Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Die Aussetzung kann von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden.

(3) Soweit die Vollziehung eines Grundlagenbescheids ausgesetzt wird, ist auch die Vollziehung eines Folgebescheids auszusetzen. Der Erlass eines Folgebescheids bleibt zulässig. Über eine Sicherheitsleistung ist bei der Aussetzung eines Folgebescheids zu entscheiden, es sei denn, dass bei der Aussetzung der Vollziehung des Grundlagenbescheids die Sicherheitsleistung ausdrücklich ausgeschlossen worden ist.

(4) Durch Einlegung eines Einspruchs gegen die Untersagung des Gewerbebetriebs oder der Berufsausübung wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts gehemmt. Die Finanzbehörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, kann die hemmende Wirkung durch besondere Anordnung ganz oder zum Teil beseitigen, wenn sie es im öffentlichen Interesse für geboten hält; sie hat das öffentliche Interesse schriftlich zu begründen. § 367 Abs. 1 Satz 2 gilt sinngemäß.

(5) Gegen die Ablehnung der Aussetzung der Vollziehung kann das Gericht nur nach § 69 Abs. 3 und 5 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung angerufen werden.

(1) Soweit ein Einspruch oder eine Anfechtungsklage gegen einen Steuerbescheid, eine Steueranmeldung oder einen Verwaltungsakt, der einen Steuervergütungsbescheid aufhebt oder ändert, oder gegen eine Einspruchsentscheidung über einen dieser Verwaltungsakte endgültig keinen Erfolg gehabt hat, ist der geschuldete Betrag, hinsichtlich dessen die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts ausgesetzt wurde, zu verzinsen. Satz 1 gilt entsprechend, wenn nach Einlegung eines förmlichen außergerichtlichen oder gerichtlichen Rechtsbehelfs gegen einen Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10) oder eine Rechtsbehelfsentscheidung über einen Grundlagenbescheid die Vollziehung eines Folgebescheids ausgesetzt wurde.

(2) Zinsen werden erhoben vom Tag des Eingangs des außergerichtlichen Rechtsbehelfs bei der Behörde, deren Verwaltungsakt angefochten wird, oder vom Tag der Rechtshängigkeit beim Gericht an bis zum Tag, an dem die Aussetzung der Vollziehung endet. Ist die Vollziehung erst nach dem Eingang des außergerichtlichen Rechtsbehelfs oder erst nach der Rechtshängigkeit ausgesetzt worden, so beginnt die Verzinsung mit dem Tag, an dem die Wirkung der Aussetzung der Vollziehung beginnt.

(3) Absätze 1 und 2 sind entsprechend anzuwenden, wenn nach Aussetzung der Vollziehung des Einkommensteuerbescheids, des Körperschaftsteuerbescheids oder eines Feststellungsbescheids die Vollziehung eines Gewerbesteuermessbescheids oder Gewerbesteuerbescheids ausgesetzt wird.

(4) § 234 Abs. 2 und 3 gelten entsprechend.

(5) Ein Zinsbescheid ist nicht aufzuheben oder zu ändern, wenn der Steuerbescheid nach Abschluss des Rechtsbehelfsverfahrens aufgehoben, geändert oder nach § 129 berichtigt wird.

Tatbestand

1

I. Der Revisionsbeklagte ist Erbe der während des Revisionsverfahrens verstorbenen Klägerin (E).

2

E war Gesellschafterin einer GbR. Während eines Rechtsbehelfsverfahrens betreffend negative Gewinnfeststellungsbescheide der GbR war die Aussetzung der Vollziehung (AdV) gewährt worden. Infolgedessen wurde die Vollziehung der Bescheide über Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag aufgehoben (künftig: ausgesetzt/Aussetzung). Diese Aussetzung erfolgte allerdings in größerem Umfang als es der Streitgegenstand hinsichtlich der Feststellungsbescheide erfordert hätte. Nach dem Vorbringen des Beklagten und Revisionsklägers (Finanzamt --FA--) im Revisionsverfahren beruhte dies darauf, dass bei der Berechnung fälschlich frühere --zwischenzeitlich geänderte-- Bescheide zugrunde gelegt worden waren.

3

Das Rechtsbehelfsverfahren hatte in vollem Umfang Erfolg. Wegen der überhöhten AdV hatte E gleichwohl Nachzahlungen zu leisten. Das FA setzte deswegen gegen E für Einkommensteuer 1994 und 1996 nebst Solidaritätszuschlag 1996 Aussetzungszinsen in Höhe von zuletzt insgesamt 375.774 € fest. Der Einspruch hatte keinen Erfolg.

4

Das Finanzgericht (FG) gab mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2009, 382 veröffentlichten Urteil, das im Rubrum die Einkommensteuer 1994 und 1996, nicht aber den Solidaritätszuschlag 1996 nannte, der Klage statt. Für die Festsetzung dieser Zinsen fehle es an einer rechtlichen Grundlage. § 237 der Abgabenordnung (AO) sei nicht anwendbar, wenn, wie hier, Einspruch oder Klage in vollem Umfange Erfolg gehabt hätten. Es fehle an einer Rechtsgrundlage für die Festsetzung von Zinsen als Ausgleich für Fehler eines Finanzamts bei einer AdV.

5

Mit der Revision vertritt das FA weiterhin die Auffassung, die Nachzahlungsbeträge seien zu verzinsen. Im Rubrum der Revisionsbegründung nennt es, nachdem es im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren wie das FG ausdrücklich lediglich die Einkommensteuern bezeichnete, wieder den Solidaritätszuschlag 1996.

6

Die in § 237 Abs. 1 Satz 1 AO vorausgesetzte Erfolglosigkeit des Rechtsbehelfs beurteile sich allein danach, inwieweit nach endgültiger Erledigung der ausgesetzte Betrag geschuldet werde, unabhängig davon, aus welchem Grund dies der Fall sei. Daher sei nicht der Streitgegenstand des Einspruchsverfahrens, sondern der geschuldete und von der Vollziehung ausgesetzte Steuerbetrag für den Umfang der Verzinsung maßgebend. Im Verhältnis zwischen Grundlagen- und Folgebescheiden gelte nach § 237 Abs. 1 Satz 2 AO nichts anderes. Der Wortlaut des § 237 Abs. 1 Satz 1 AO sei daher unter Berücksichtigung seines Zwecks erweiternd so auszulegen, dass ein Einspruch oder eine Anfechtungsklage gegen einen Steuerbescheid auch insoweit endgültig keinen Erfolg gehabt habe, als trotz Abhilfe des Einspruchs oder der Anfechtungsklage weiterhin ein Betrag geschuldet werde, hinsichtlich dessen die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts ausgesetzt gewesen sei.

7

Dieses Verständnis entspreche dem Zweck des § 237 Abs. 1 AO. Die Vorschrift wolle dem Steuerpflichtigen den ihm durch die AdV eröffneten, jedoch nach materiellem Recht nicht zustehenden Zinsvorteil nehmen. Dem werde lediglich eine Verzinsung gerecht, die unabhängig von der Rechtmäßigkeit der AdV-Entscheidung in Grund und Höhe an den tatsächlich ausgesetzten und noch verbliebenen geschuldeten Betrag anknüpfe.

8

Im Übrigen sei E nicht rechtsschutzlos gestellt gewesen, denn sie hätte ihre Zinszahlungspflicht durch verschiedene Maßnahmen vermeiden können, namentlich durch Einspruch gegen die AdV-Verfügungen, durch Änderungsantrag nach § 131 Abs. 2 Nr. 1 AO oder auch durch Zahlung der zuviel von der Vollziehung ausgesetzten Beträge. Die AdV wäre dann gegenstandslos geworden.

9

Das FA beantragt,

das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen,

hilfsweise, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.

10

Der Revisionsbeklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

11

Die Auffassung des FA stehe mit dem Gesetzeswortlaut nicht in Einklang. Danach sei Grundvoraussetzung für die Festsetzung von Aussetzungszinsen, dass ein Einspruch oder eine Anfechtungsklage ganz oder teilweise ("soweit") endgültig keinen Erfolg gehabt habe. Diese Voraussetzung sei vorliegend nicht erfüllt, da der Einspruch in vollem Umfang erfolgreich gewesen sei. Zum zweiten in § 237 AO vorgesehenen Prüfungsschritt, der Festlegung der Höhe der Aussetzungszinsen, komme man danach nicht mehr.

12

Die Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (BFH), auf die sich das FA zur Berechnung des zu verzinsenden Betrages stütze, seien jeweils zu Sachverhalten ergangen, in denen die Rechtsbehelfe zumindest teilweise nicht erfolgreich gewesen seien.

Entscheidungsgründe

13

II. Die Revision ist unbegründet und gemäß § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Das FG hat zu Recht erkannt, dass für die Nachzahlungsbeträge keine Zinsen festzusetzen waren.

14

1. Hinsichtlich des Streitgegenstandes stellt der Senat klar, dass der Rechtsstreit auch den Solidaritätszuschlag 1996 umfasst. Einspruch und Klage hatten den Solidaritätszuschlag zum Gegenstand. Soweit die Rubren, beginnend mit dem FG-Urteil, ihn zunächst nicht mehr enthielten, handelt es sich um offenkundige Versehen.

15

2. Nach § 237 Abs. 1 Satz 1 AO ist, soweit ein Einspruch oder eine Anfechtungsklage gegen einen Steuerbescheid oder gegen eine Einspruchsentscheidung hiergegen endgültig keinen Erfolg gehabt hat, der geschuldete Betrag, hinsichtlich dessen die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts ausgesetzt wurde, zu verzinsen. Dies gilt entsprechend, wenn nach Einlegung eines förmlichen Rechtsbehelfs gegen einen Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10 AO) oder eine Rechtsbehelfsentscheidung hiergegen die Vollziehung eines Folgebescheids ausgesetzt wurde (§ 237 Abs. 1 Satz 2 AO).

16

Die in Satz 1 dieser Vorschrift genannte Voraussetzung, dass ein Einspruch oder eine Anfechtungsklage "endgültig keinen Erfolg gehabt" haben dürfe, gilt damit auch in den Fällen des Satzes 2.

17

An dieser Voraussetzung fehlt es im Streitfall. Die Rechtsbehelfsverfahren gegen die Grundlagenbescheide hatten in vollem Umfang Erfolg.

18

a) Der Wortlaut des § 237 AO ist insoweit eindeutig. Die Frage, ob ein Rechtsbehelf Erfolg hatte, bemisst sich nach dem Verfahrensgegenstand und dem konkretisierten Rechtsbehelfsbegehren und ist unabhängig von der verfahrenstechnischen Art der Erledigung. "Endgültig keinen Erfolg gehabt" hat der Rechtsbehelf insbesondere dann, wenn er durch unanfechtbare Entscheidung abgewiesen, vom Rechtsbehelfsführer zurückgenommen oder eingeschränkt worden ist, wenn mithin das FA dem Begehren, den festgesetzten Steuerbetrag herabzusetzen, im Ergebnis nicht abhilft, gleich, aus welchem Grunde (grundlegend Senatsurteil vom 27. November 1991 X R 103/89, BFHE 166, 311, BStBl II 1992, 319, m.w.N.).

19

Für die Beurteilung der endgültigen Erfolglosigkeit i.S. des § 237 Abs. 1 Satz 2 AO ist dementsprechend ausschließlich auf das Ergebnis des gegen den Grundlagenbescheid gerichteten Rechtsbehelfsverfahrens abzustellen, während die sich auf der Ebene des Folgebescheids ergebende steuerliche Auswirkung unbeachtlich ist (vgl. Senatsbeschlüsse vom 27. Oktober 2003 X B 36/03 und X B 37/03, BFH/NV 2004, 158; ebenso im Anschluss an die Vorinstanz Heuermann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 237 AO Rz 18, und Loose in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 237 AO Rz 14).

20

b) Soweit der BFH mehrfach entschieden hat, dass die Zinsfestsetzung nicht von der Rechtmäßigkeit der bestandskräftigen AdV-Entscheidung, sondern von dem tatsächlich ausgesetzten Betrag abhängt (vgl. Urteile in BFHE 166, 311, BStBl II 1992, 319; vom 25. März 1992 I R 159/90, BFHE 168, 13, BStBl II 1992, 997; vom 18. Juli 1994 X R 33/91, BFHE 175, 294, BStBl II 1995, 4; vom 9. November 1998 XI R 24/98, BFHE 187, 400, BStBl II 1999, 201, und vom 12. Dezember 2007 XI R 25/07, BFH/NV 2008, 339), beziehen sich diese Entscheidungen auf Konstellationen, in denen die jeweils eingelegten Rechtsbehelfe wenigstens teilweise ohne Erfolg geblieben waren. Die Tatbestandswirkung der AdV-Entscheidung (dazu eingehend Senatsurteil vom 22. Mai 2007 X R 26/05, BFH/NV 2007, 1817) bezieht sich nur auf die darauf folgende Frage, in welchem Umfang der ausgesetzte Betrag verzinst wird. Sie bezieht sich nicht, wie das FA meint, auf den fehlenden Erfolg des Rechtsbehelfs.

21

c) Überlegungen zu dem systematischen Zusammenhang des § 237 AO sowie zum Sinn und Zweck der Verzinsungsvorschriften vermögen keine abweichende Entscheidung zu rechtfertigen.

22

Nach § 233 Satz 1 AO werden Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis nur verzinst, soweit dies gesetzlich vorgeschrieben ist. §§ 233a bis 237 AO enthalten eine Reihe von Zinstatbeständen für bestimmte Konstellationen. Die Zinstatbestände bilden einen abschließenden Katalog. Im Fall des in vollem Umfang erfolgreichen Rechtsbehelfs fallen nach der Konzeption des Gesetzes keine Aussetzungszinsen an; entscheidend ist der Erfolg des Rechtsbehelfs; der Umfang der AdV und der Aspekt der Verzinsung sind in diesem Fall unerheblich. Eine erweiternde Auslegung des Tatbestandes des § 237 Abs. 1 AO kommt daher nach Sinn und Zweck der Norm nicht in Betracht.

23

d) Der Senat verkennt nicht, dass dies in anderen Fällen zu scheinbar unbilligen Ergebnissen führen kann. Der Steuerpflichtige, der mit seinem Rechtsbehelf im Wesentlichen Erfolg hatte und nur zu einem Teil unterlegen blieb, hat Aussetzungszinsen für den gesamten zuviel ausgesetzten Betrag zu zahlen (vgl. z.B. BFH-Urteil in BFHE 175, 294, BStBl II 1995, 4), während derjenige Steuerpflichtige, der vollen Erfolg hatte, hinsichtlich des zuviel ausgesetzten Betrags von der Zinspflicht verschont bleibt. Gerechtfertigt ist diese Differenzierung, weil derjenige, dessen Rechtsbehelf in vollem Umfang Erfolg hat, von der Zinspflicht verschont bleiben soll; der "volle Erfolg" wird gewissermaßen durch die vollständige Entbindung von der Zinspflicht "prämiert".

24

3. Der angefochtene Zinsbescheid lässt sich auch auf keine andere Rechtsgrundlage stützen. § 233a AO erfasst Differenzen zwischen Festsetzungen. Die Nachzahlungsbeträge, um die es im Streitfall geht, beruhen nicht auf einer Änderung der Festsetzung, sondern auf dem Umfang der AdV. Eine Zinsvorschrift, die unmittelbar an Überzahlungen des Steuerpflichtigen oder der Finanzbehörde anknüpft, existiert nicht.

Tatbestand

1

A. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GmbH, wurde für das Streitjahr (2000) mit Körperschaftsteuerbescheid vom 26. März 2002 im Wesentlichen erklärungsgemäß unter dem Vorbehalt der Nachprüfung veranlagt.

2

Im Anschluss an eine Betriebsprüfung erließ der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) am 14. Dezember 2004 für das Streitjahr einen geänderten Bescheid über Körperschaftsteuer, Solidaritätszuschlag und Feststellungen gemäß § 47 Abs. 2 des Körperschaftsteuergesetzes in der für das Streitjahr geltenden Fassung (KStG 1999), mit dem die Körperschaftsteuer auf … €, die Zinsen gemäß § 233a der Abgabenordnung (AO) auf … € und der Solidaritätszuschlag auf … € festgesetzt wurden. Insgesamt ergab sich eine --von der Klägerin fristgerecht geleistete-- Nachzahlung in Höhe von … €.

3

Der hiergegen erhobene Einspruch richtet sich gegen verschiedene Prüfungsfeststellungen, die u.a. Fragen der Aktivierung sowie der Bildung von Rechnungsabgrenzungsposten (RAP) betrafen. Während des Einspruchsverfahrens hat das FA am 24. Oktober 2005 die Vollziehung des angefochtenen Bescheids hinsichtlich aller Nachforderungsbeträge ab dem Zeitpunkt ihrer Fälligkeit (17. Januar 2005) aufgehoben und die Beträge am 28. Oktober 2005 erstattet.

4

Aufgrund verschiedener Unterredungen der Beteiligten erging am 24. November 2005 eine Verfügung zur Aussetzung der Vollziehung (AdV) über insgesamt … €. Der Bescheid trat an die Stelle der Verfügung vom 24. Oktober 2005. Im Begründungsteil erläuterte das FA, dass die AdV keinen Antrag voraussetze und auch aufgrund haushaltsmäßiger Erwägungen ausgesprochen werden könne, ohne dass die Voraussetzungen des § 361 Abs. 2 Satz 2 AO (ernstliche Zweifel, unbillige Härte) vorliegen müssten. Im Übrigen wies das FA darauf hin, dass die Klägerin gegen die bilanzsteuerrechtlichen Auffassungen der Betriebsprüfung (betreffend Aktivierungen und RAP) mit ihrem Einspruch stichhaltige Argumente vorgetragen habe, welche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der ergangenen Bescheide rechtfertigten. Hiernach seien nur noch die Beträge von der Vollziehung ausgesetzt, die sich auf die im Einspruchsverfahren strittigen Punkte bezögen.

5

Gegen die Verfügung vom 24. November 2005 hat die Klägerin am 30. Dezember 2005 Einspruch eingelegt und geltend gemacht, die ihr aufgedrängte AdV sei rechtswidrig. Im Zuge der Verhandlungen über die strittigen Sachverhalts- und Rechtsfragen erklärte die Klägerin, dass sie im Falle eines für sie erfolgreichen Einspruchs in der Hauptsache die Anwendung des § 28 Abs. 4 KStG 1999 mit der Folge akzeptieren würde, hiernach die Gewinnausschüttungen dem EK 02 (§ 30 Abs. 2 Nr. 2 KStG 1999) zu belasten wären und sich demnach eine Steuererstattung in Höhe von insgesamt nur noch … € ergäbe. Der unter der Bedingung des Verzichts auf Aussetzungszinsen unterbreitete Einigungsvorschlag wurde vom FA nicht aufgegriffen. Jedoch hat das FA nach Klärung einzelner Streitpunkte mit weiterem Bescheid vom 10. Mai 2007 die Höhe der AdV auf … € reduziert.

6

Der Einspruch gegen die AdV wurde mit Bescheid vom 19. Februar 2008 zurückgewiesen. Das FA ließ offen, ob die Klägerin beschwert und damit einspruchsbefugt sei. Der Einspruch sei jedenfalls unbegründet. Bezüglich der RAP bestünden unter Berücksichtigung des Vortrags der Klägerin Zweifel an der Ansicht des FA. Zwar würde nach Abschn. 78 Abs. 5 der Körperschaftsteuer-Richtlinien 1995 selbst bei einem Erfolg des Einspruchs gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2000 die durch § 28 Abs. 4 KStG 1999 bestimmte Reihenfolge der für die Ausschüttungen verwendeten Teile des Eigenkapitals dazu führen, dass die festzusetzende Körperschaftsteuer 2000 nahezu unverändert bliebe; nach dem Senatsbeschluss vom 17. Dezember 2003 I B 182/02 (BFH/NV 2004, 815) bestünden jedoch ernstliche Zweifel, ob bereits aufgrund der Ausstellung einer Steuerbescheinigung nach § 44 KStG 1999 die in § 28 Abs. 4 KStG 1999 angeordnete Verwendungsreihenfolge (Belastung des EK 02) greife.

7

Mit ihrer Klage begehrte die Klägerin zunächst, die ergangenen Verfügungen über die Aufhebung und Aussetzung der Vollziehung in Gestalt der Einspruchsentscheidung aufzuheben. Aufgrund weiterer Teileinigungen hat das FA mit Bescheid vom 30. Juni 2009 den insgesamt ausgesetzten Betrag auf … € reduziert. Mit Verfügung vom 7. September 2010 erklärte das FA die AdV für beendet und erläuterte in der mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht (FG) hierzu u.a., dass die zwischen den Beteiligten während des gesamten Rechtsstreites diskutierte Frage zur Anwendung des § 28 Abs. 4 KStG 1999 durch das Senatsurteil vom 26. November 2008 I R 56/05 (BFHE 224, 44) im Sinne der Ansicht der Finanzverwaltung geklärt worden sei. Nachdem dies erst zwei Tage vor der mündlichen Verhandlung erkannt worden sei, habe die AdV ohne jedes Zögern aufgehoben werden müssen.

8

Dem Antrag der Klägerin, nach § 100 Abs. 1 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung (FGO) die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Verfügungen über die Aufhebung und Aussetzung der Vollziehung festzustellen, hat das FG im Wesentlichen entsprochen (FG Köln, Urteil vom 8. September 2010  13 K 960/08, Entscheidungen der Finanzgerichte 2011, 105): Der Feststellungsantrag sei zwar bezüglich der mit Bescheid vom 24. Oktober 2005 angeordneten Aufhebung der Vollziehung unzulässig, weil die Klägerin insoweit kein Vorverfahren (Einspruchsverfahren) durchgeführt habe (§ 44 FGO). Auch fehle es an einem anzuerkennenden Feststellungsinteresse i.S. von § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO, da von diesem Bescheid mit Rücksicht auf die am 24. November 2005 verfügte AdV keine belastenden Rechtswirkungen mehr ausgegangen sei. Im Hinblick auf diese Verfügungen und die nachfolgenden Aussetzungsbescheide sei der Feststellungsantrag jedoch zulässig und begründet. Das Vorliegen rechtlicher Zweifel sei in der Einspruchsentscheidung nicht hinreichend substantiiert. Dies könne jedoch offenbleiben, da jedenfalls nach dem eigenen Vorbringen des FA zum Zeitpunkt der Aussetzungsverfügung vom 30. Juni 2009 solche Zweifel nicht mehr vorgelegen hätten. Unabhängig hiervon seien die Aussetzungsverfügungen aber auch deshalb rechtswidrig, weil sie der Klägerin aufgezwungen worden seien und damit dem Zweck des § 361 AO, der dem Individualrechtsschutz dienen wolle, widersprochen hätten.

9

Mit seiner vom FG zugelassenen Revision beantragt das FA, das Urteil der Vorinstanz aufzuheben und die Klage abzuweisen.

10

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

11

B. Die Revision ist begründet. Das Urteil der Vorinstanz ist aufzuheben und die Klage als unzulässig abzuweisen.

12

I. Das angefochtene Urteil ist gemäß § 107 FGO wegen offenbarer Unrichtigkeit zu korrigieren.

13

Das FG hat die Zulässigkeit der zunächst erhobenen Anfechtungsklage im Hinblick darauf bejaht, dass einer Aussetzungsverfügung Tatbestandswirkung für die Zinsfestsetzung gemäß § 237 AO zukomme und ein Erlass der Zinsen nur im Falle einer Ermessensreduktion auf Null erstritten werden könne. Die sich hieran anschließende Aussage, dass von einer AdV "zumindest erhebliche finanzielle Risiken (ausgehen), die es angezeigt erscheinen lassen, von einer fehlenden Rechtsverletzung ... auszugehen" (letzter Satz des vorletzten Absatzes vor Abschn. II.2. der Entscheidungsgründe), ist weder mit der Rechtsansicht des FG noch mit der Gedankenführung des Urteils vereinbar. Sie beruht --wie die an dem Urteil beteiligten Berufsrichter nach Anhängigkeit des Revisionsverfahrens schriftlich erklärt haben-- auf einem offensichtlichen Fehler des Inhalts, dass in dem wiedergegebenen Satz das Wort "angezeigt" durch das Wort "ausgeschlossen" zu ersetzen ist. Die Zuständigkeit für diese Urteilberichtigung ist auf das Revisionsgericht übergegangen (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 10. Dezember 2003 IX R 44/98, BFH/NV 2004, 1265; Gräber/ Stapperfend, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 107 Rz 6, m.w.N.).

14

II. Das FG hat zwar die Rechtswidrigkeit der erstmals mit Bescheid des FA vom 24. November 2005 verfügten und später mit weiteren Bescheiden vom 10. Mai 2007 und vom 30. Juni 2009 reduzierten AdV ausgesprochen, die Klage gegen die mit Verfügung vom 24. Oktober 2005 angeordnete Aufhebung der Vollziehung jedoch als unzulässig angesehen. Da es sich hierbei um einen --gegenüber den Aussetzungsverfügungen-- selbständigen Streitgegenstand handelt und sich die Revisionsbegründung des FA zweifelsfrei nur gegen den Feststellungsausspruch der Vorinstanz richtet, sind auch nur die genannten Aussetzungsanordnungen Gegenstand des Revisionsverfahrens (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 6 f.).

15

III. Dem FG ist darin zuzustimmen, dass die zunächst erhobene Anfechtungsklage zulässig war (siehe nachfolgend zu 2.); sie wurde allerdings nicht gegen den Aussetzungsbescheid vom 24. November 2005, sondern gegen den im Zuge des Einspruchsverfahrens geänderten und dann durch die Einspruchsentscheidung bestätigten Aussetzungsbescheid vom 10. Mai 2007 erhoben (siehe nachfolgend zu 1.). Dem FG ist ferner darin beizupflichten, dass die während des Klageverfahrens ergangene Aussetzungsanordnung vom 30. Juni 2009 nach § 68 FGO zum Gegenstand der Klage geworden ist und sich dieser Bescheid durch die Aufhebungsverfügung vom 7. September 2010 erledigt hat (siehe nachfolgend zu 3.). Gleichwohl ist --entgegen der Würdigung der Vorinstanz-- ein gerichtlicher Feststellungsausspruch des Inhalts, dass die Aussetzungsverfügungen rechtswidrig waren, mangels eines berechtigten Interesses i.S. von § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO ausgeschlossen (siehe nachfolgend zu 4.) und die Klage deshalb als unzulässig abzuweisen (vgl. zu Letzterem Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler --HHSp--, § 100 FGO Rz 172, m.w.N.).

16

1. Soweit das vorinstanzliche Urteil dahin zu verstehen sein sollte, dass Gegenstand der Anfechtungsklage der Bescheid vom 24. November 2005 gewesen sei, mit dem Steuern und Zinsen in Höhe von … € ausgesetzt worden sind, könnte der Senat dem nicht folgen. Hierbei bliebe unberücksichtigt, dass im Verlauf des Einspruchsverfahrens der Betrag der ausgesetzten Steuern und Zinsen mit Bescheid vom 10. Mai 2007 auf … € verringert worden ist. Nur dieser Bescheid war Gegenstand der Einspruchsentscheidung und wurde von der Klägerin mit dem Ziel seiner Aufhebung angefochten (sog. Anfechtungsklage; § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).

17

a) Der Einspruchsgegenstand wird nach § 365 Abs. 3 Satz 1 AO sowohl im Falle der Ersetzung des angefochtenen Verwaltungsakts als auch dann ausgewechselt, wenn der Verwaltungsakt geändert wird. Dabei sind die Begriffe des Änderns und Ersetzens --entsprechend den für § 68 FGO geltenden Auslegungsgrundsätzen-- mit Rücksicht auf den Zweck des § 365 Abs. 3 AO, der verhindern will, dass der Einspruchsführer gegen seinen Willen aus dem Einspruchsverfahren gedrängt wird, weit auszulegen (Birkenfeld in HHSp, § 365 AO Rz 3, 158). Sie umfassen in aller Regel auch den Sachverhalt, dass ein Steuerbescheid oder sonstiger Verwaltungsakt (hier: Verfügung zur AdV) nur betragsmäßig geändert wird (allgemeine Meinung; siehe z.B. Gräber/von Groll, a.a.O., § 68 Rz 61; Schallmoser in HHSp, § 68 FGO Rz 50). Demgemäß ist auch im Streitfall der Bescheid vom 10. Mai 2007 zum Gegenstand des Einspruchsverfahrens geworden mit der weiteren Folge, dass --solange dieser Bescheid Bestand hatte-- eine Anfechtungsklage gegen die zunächst ergangene und nunmehr in ihrer Rechtswirkung suspendierte Aussetzungsverfügung vom 24. November 2005 ausgeschlossen war (vgl. BFH-Beschluss vom 25. Oktober 1972 GrS 1/72, BFHE 108, 1, BStBl II 1973, 231; Birkenfeld in HHSp, § 361 AO Rz 158).

18

b) Soweit der BFH hiervon die Teilrücknahme gemäß § 130 Abs. 1 AO abgrenzt und hieraus in Fällen der Minderung von Haftungsbescheiden ableitet, dass der ursprünglich erlassene Bescheid im Umfang des herabgesetzten Haftungsbetrags fortbesteht (siehe z.B. BFH-Urteil vom 6. August 1996 VII R 77/95, BFHE 181, 107, BStBl II 1997, 79), bedarf dies vorliegend keiner Erörterung (siehe dazu Gräber/von Groll, a.a.O., § 68 Rz 61; Schallmoser in HHSp, § 68 FGO Rz 50). Denn auch nach dieser Rechtsprechung ist von einer Änderung bzw. Ersetzung des Verwaltungsakts (i.S. von § 68 FGO a.F.) auszugehen, wenn das FA die Haftungssumme neu berechnet und der Haftungsinanspruchnahme andere (neue) Ermessenserwägungen zugrunde legt (BFH-Beschluss vom 2. April 2002 VII B 310/00, BFH/NV 2002, 1276; Urteil in BFHE 181, 107, BStBl II 1997, 79, jeweils m.w.N.). Auch im Streitfall kann hiernach nicht fraglich sein, dass der Bescheid vom 10. Mai 2007 --entsprechend seiner Begründung-- "an die Stelle der Verfügung ... vom 24. November 2005 (getreten)" ist. Mit ihm wurde nicht nur die Höhe der AdV neu berechnet, sondern vor allem dargelegt, dass der nunmehr ausgesetzte Betrag auf den nach Ansicht des FA am 10. Mai 2007 bestehenden Zweifeln an der Rechtmäßigkeit der Steuerfestsetzung beruhe; auch wurden hierbei die Erörterungen im Einspruchsverfahren und die bis dahin erzielten Teileinigungen berücksichtigt.

19

2. Beizupflichten ist dem FG darin, dass die ursprüngliche Anfechtungsklage gegen die Aussetzungsverfügung vom 10. Mai 2007 zulässig war. Insbesondere konnte die Klägerin durch die Verfügung in ihren Rechten verletzt und damit i.S. von § 40 Abs. 2 FGO beschwert sein. Zwar war der Bescheid insofern begünstigend, als er das FA hinderte, im Umfang des ausgesetzten Betrags die angefochtenen Verwaltungsakte zu vollstrecken (§ 251 Abs. 1 Satz 1 AO). Eine Beschwer ist jedoch auch dann zu bejahen, wenn der nach seinem Regelungsgehalt (Verfügungssatz) begünstigende Verwaltungsakt für weitere Verfahren Bindungswirkung entfaltet und sich hieraus ein Nachteil für den Steuerpflichtigen ergeben kann (vgl. Gräber/von Groll, a.a.O., § 40 Rz 88; Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 40 FGO Rz 58 f., jeweils m.w.N.). Hiervon ist im Streitfall auszugehen, da nach § 237 Abs. 1 Satz 1 AO dann, wenn der Einspruch oder die Anfechtungsklage gegen einen Steuerbescheid endgültig keinen Erfolg gehabt hat, der geschuldete Betrag, hinsichtlich dessen die Vollziehung ausgesetzt worden ist, für jeden vollen Monat mit einhalb Prozent zu verzinsen ist und für die hiernach gebotene Zinsfestsetzung (§ 239 Abs. 1 Satz 1, erster Halbsatz AO i.V.m. § 155 Abs. 1 Satz 1 AO) grundsätzlich auch einem rechtswidrigen Aussetzungsbescheid Bindungswirkung zukommt (sog. Tatbestandswirkung; vgl. BFH-Urteil vom 31. August 2011 X R 49/09, BFHE 235, 107, BStBl II 2012, 219). Demnach ist --worauf der erkennende Senat bereits in seinem Urteil vom 26. September 2007 I R 43/06 (BFHE 219, 13, BStBl II 2008, 134, zu II.1.f) hingewiesen hat --dem Steuerpflichtigen zur Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 des Grundgesetzes --GG--) die Möglichkeit einzuräumen, diese Bindungswirkung im Wege einer Anfechtungsklage zu beseitigen.

20

3. Zutreffend hat die Vorinstanz ferner angenommen, dass der während des Klageverfahrens ergangene weitere Änderungsbescheid vom 30. Juni 2009, mit dem der ausgesetzte Betrag abermals auf nunmehr … € gemindert wurde, als neuer Gegenstand des Klageverfahrens an die Stelle der zunächst angefochtenen Verfügung vom 10. Mai 2007 getreten ist (§ 68 Satz 1 FGO) und sich dieser Änderungsbescheid (vom 30. Juni 2009) durch die --gleichfalls während des Klageverfahrens wirksam gewordene-- Aufhebungsverfügung vom 7. September 2010 i.S. von § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO i.V.m. § 124 Abs. 2 AO erledigt hat. Wie der erkennende Senat mit Urteil in BFHE 219, 13, BStBl II 2008, 134 erläutert hat, ergibt sich die Erledigung allein daraus, dass der Regelungsgehalt einer Aussetzungsverfügung, der darin besteht, dass die angefochtenen Bescheide nicht mehr vollstreckt werden können, mit der Aufhebungsverfügung endet, und deshalb auch der Umstand, dass der Zinsanspruch gemäß § 237 AO an die in der Vergangenheit gewährte AdV anknüpft (Tatbestandswirkung), die Erledigung nicht hindert. Demnach hat sich nicht nur die (zuletzt) geänderte Aussetzungsverfügung vom 30. Juni 2009 durch den Aufhebungsbescheid erledigt; vielmehr hatten auch alle --im Zuge des Gesamtverfahrens (Einspruchs- und Klageverfahren) ergangenen-- geänderten Aussetzungsbescheide die Erledigung der jeweils vorangegangenen Aussetzungsverfügung zur Folge.

21

4. Die Klägerin hat dies nicht verkannt und deshalb ihren Klageantrag dahin umgestellt, dass das FG nicht die Aufhebung der angefochtenen Aussetzungsverfügungen, sondern deren Rechtswidrigkeit feststellen soll. Der Antrag ist jedoch unzulässig, weil die Klägerin i.S. von § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO kein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. Zwar kann sich --worauf der Senat in seinem Urteil in BFHE 219, 13, BStBl II 2008, 134 hingewiesen hat-- ein solches Interesse in einem bereits eingeleiteten Klageverfahren mit Rücksicht darauf ergeben, dass auch ein Feststellungsausspruch zwischen den Beteiligten Bindungswirkung entfalten kann und hierdurch die Rechtsposition des Betroffenen in einem Zinsfestsetzungsverfahren gemäß § 237 AO verbessert würde. Gleichwohl ist unter den Voraussetzungen des Streitfalls eine andere Beurteilung geboten.

22

a) Nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut und dem Regelungszusammenhang des § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO ist die Prüfung des berechtigten Interesses auf den angefochtenen Verwaltungsakt (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO) zu beziehen. Wird --wie im Streitfall-- ein Änderungsbescheid zum Gegenstand des Klageverfahrens (hier: Bescheid vom 30. Juni 2009), so ist nur dieser Bescheid --nicht hingegen die suspendierte (geänderte) Verfügung-- Gegenstand der Anfechtungsklage (siehe oben zu B.III.1.a; BFH-Beschluss in BFHE 108, 1, BStBl II 1973, 231) und deshalb im Falle seiner Erledigung (hier: Aufhebungsverfügung vom 7. September 2010) grundsätzlich nur zu prüfen, ob der Kläger ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat, dass dieser Bescheid rechtswidrig war (BFH-Urteile vom 1. Oktober 1992 V R 81/89, BFHE 169, 117, BStBl II 1993, 120; vom 10. Februar 2010 XI R 3/09, BFH/NV 2010, 1450).

23

Vorliegend ist dies deshalb zu verneinen, weil das FA den Änderungsbescheid vom 30. Juni 2009 wegen Rechtswidrigkeit mit Verfügung vom 7. September 2010 aufgehoben hat. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) entfällt damit das berechtigte Interesse an einem Feststellungsausspruch nach § 113 Abs. 1 Satz 4 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) selbst dann, wenn sich die Ansicht der Behörde zur Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts nicht aus den Gründen des Bescheids, sondern lediglich aus einem Aktenvermerk ergibt (BVerwG-Beschluss vom 5. September 1984  1 WB 131/82, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht --NVwZ-- 1985, 266); auch hat der Kläger keinen Anspruch darauf, dass die Aufhebung auf einen bestimmten Rechtswidrigkeitsgrund gestützt wird (BVerwG-Beschlüsse vom 29. Januar 2008  1 WB 4/07, Buchholz, Sammel- und Nachschlagewerk der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts --Buchholz-- 450.1 § 17 WBO Nr. 69; vom 23. November 1995  8 C 9/95, 8 PKH 10/95, Buchholz 310 § 113 VwGO Nr 280; Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, Kommentar, 18. Aufl., § 113 Rz 133, 144). Nichts anderes kann für die Fortsetzungsfeststellungsklage im finanzgerichtlichen Verfahren nach § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO gelten (Lange in HHSp, § 100 FGO Rz 179).

24

Hiernach ist auch für das anhängige Verfahren nicht erkennbar, welches berechtigte Interesse die Klägerin haben könnte, dass das FG die Rechtswidrigkeit des Änderungsbescheids vom 30. Juni 2009 feststellt. Das FA hat die Aufhebungsverfügung vom 7. September 2010 zwar nicht begründet; es hat aber nicht nur in dem dieser Verfügung beigegebenen und an das FG adressierten Begleitschreiben, sondern vor allem in der mündlichen Verhandlung sowohl ausweislich des Protokolls als auch nach den Feststellungen der Vorinstanz vorgetragen, dass jedenfalls mit der Veröffentlichung des zu § 28 Abs. 4 KStG 1999 ergangenen Senatsurteils in BFHE 224, 44, das am 18. März 2009 in die Website des BFH aufgenommen worden ist, keine ernstlichen Zweifel mehr an der Rechtswidrigkeit der angefochtenen Steuer- und Zinsbescheide bestanden haben. Dies kann bei vernünftiger Betrachtung (siehe zu diesem Maßstab BVerwG-Beschluss vom 23. November 1995  8 C 9/95, 8 PKH 10/95, a.a.O.) nur heißen, dass das FA selbst davon ausgegangen ist, dass die Aussetzungsverfügung vom 30. Juni 2009 nicht mehr hätte ergehen dürfen und deshalb rechtswidrig war. Anhaltspunkte dafür, dass das FA in einem Zinsfestsetzungsverfahren von dieser Auffassung abrücken würde, hat die Klägerin bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung (vgl. dazu Gräber/von Groll, a.a.O., § 100 Rz 53) weder vorgetragen (vgl. § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO) noch sind solche Umstände vom FG festgestellt worden. Gleichfalls hat die Klägerin im vorinstanzlichen Verfahren nicht substantiiert vorgetragen noch ist für den Senat ersichtlich, inwiefern die Entscheidung des FA über einen Verzicht auf die ab Bekanntgabe des Änderungsbescheids vom 30. Juni 2009 entstandenen Aussetzungszinsen davon abhängig sein könnte, ob das FA diese Verfügung wegen fehlender rechtlicher Zweifel oder zudem auch deshalb als rechtswidrig erachtet, weil --wie von der Klägerin geltend gemacht-- die Aussetzungsverfügungen gegen ihren Willen ergangen sind.

25

b) Entgegen der Ansicht des FG ist ein berechtigtes Interesse an einem Feststellungsausspruch i.S. von § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO auch im Hinblick auf die zunächst angefochtene Aussetzungsverfügung vom 10. Mai 2007 zu verneinen.

26

aa) Wie erläutert hat sich diese Verfügung durch den geänderten Aussetzungsbescheid vom 30. Juni 2009 erledigt. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH schließt dies regelmäßig ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des erledigten Bescheids aus (BFH-Urteile in BFHE 169, 117, BStBl II 1993, 120; in BFH/NV 2010, 1450). Tragend hierfür ist, dass der Änderungsbescheid nach § 68 FGO zum Gegenstand des Anfechtungsverfahrens nach § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO geworden ist und im Falle der Erledigung dieses Bescheids kein Grund dafür ersichtlich ist, den Umfang der gerichtlichen Entscheidung auf bereits zuvor durch den Änderungsbescheid suspendierte Verwaltungsakte (hier: Bescheid vom 10. Mai 2007) auszudehnen. Demgemäß kann ein Feststellungsausspruch bezüglich solcher Bescheide nur unter engen Voraussetzungen in Betracht kommen. In der Rechtsprechung wird insoweit nicht nur auf den Fall hingewiesen, dass der erledigte Bescheid nach wie vor Grundlage einer noch bestehenden Pfändung ist; genannt wird darüber hinaus auch die Konstellation, dass sich bei der Beurteilung eines Steuervorauszahlungsbescheids Rechtsfragen stellen, die im Rahmen der Entscheidung über den Jahressteuerbescheid nicht geklärt werden können und an deren Klärung der Kläger ein berechtigtes Interesse hat (vgl. die vorgenannten BFH-Urteile; Lange in HHSp, § 100 FGO Rz 178).

27

bb) Im Streitfall kann offenbleiben, ob Letzterem uneingeschränkt zu folgen ist. Ebenso kann offenbleiben, ob dann, wenn sich im Verlauf des Klageverfahrens mehrere einander ablösende Verwaltungsakte erledigen, der Feststellungsausspruch nach § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO auf sämtliche Verwaltungsakte erstreckt werden kann. Hierauf ist im anhängigen Verfahren deshalb nicht einzugehen, weil die Frage des berechtigten Interesses i.S. von § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO auch unter dem Gesichtspunkt der Prozessökonomie zu beurteilen ist (vgl. allgemein z.B. Senatsurteil in BFHE 219, 13, BStBl II 2008, 134; Gräber/von Groll, a.a.O., § 100 Rz 60, jeweils m.w.N.). Demnach ist anerkannt, dass sowohl umfangreiche Maßnahmen zur Sachverhaltsermittlung (siehe z.B. BVerwG-Urteil vom 27. März 1998  4 C 14/96, BVerwGE 106, 295) als auch der mit der Ausarbeitung eines umstrittenen und schwierigen Rechtsproblems verbundene Aufwand jedenfalls dann der Annahme eines berechtigten Interesses entgegenstehen, wenn es (erstens) offen ist, ob die aufgeworfene Rechtsfrage in dem Folgeprozess überhaupt entscheidungserheblich sein wird, (zweitens) über diese Rechtsfrage in einem Folgeprozess entschieden werden kann (d.h. der Rechtsschutz des Klägers nicht verkürzt wird) und (drittens) der Feststellungsausspruch nicht zur Klärung durch das sachnähere Fachgericht führen würde (BVerwG-Urteil vom 15. November 1990  3 C 49/87, NVwZ 1991, 570).

28

cc) Im Streitfall kann hiernach nicht angenommen werden, dass die Klägerin ein berechtigtes Interesse i.S. von § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Aussetzungsverfügung vom 10. Mai 2007 hat; die Prüfung der Rechtmäßigkeit dieser Verfügung muss vielmehr einem etwaigen Zinsfestsetzungsverfahren vorbehalten bleiben (vgl. Senatsurteil in BFHE 219, 13, BStBl II 2008, 134).

29

aaa) Abgesehen davon, dass --wie auch vom FG angenommen-- nach dem bisherigen Vortrag der Beteiligten nicht beurteilt werden kann, ob, in welcher Höhe und für welche Zeiträume ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der ergangenen Steuer- und Zinsbescheide bestehen bzw. bestanden haben, hat der BFH bisher über die Frage, ob die Finanzbehörden bei Vorliegen solcher Zweifel an der Steuer- und Zinsfestsetzung befugt sind, die AdV auch ohne Antrag des Steuerpflichtigen anzuordnen, noch nicht entschieden; sie wird auch in der Literatur nicht einheitlich beantwortet (z.B. Seer in Tipke/Kruse, a.a.O., § 361 AO Rz 5, m.w.N.). Hinzu kommt, dass das Hauptsacheverfahren noch nicht abgeschlossen und sich --weder nach dem Sachstand zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem FG noch nach den Erörterungen im Revisionsverfahren-- eine hinreichend sichere Aussage dazu treffen lässt, ob und in welcher Höhe im Streitfall Aussetzungszinsen gegen die Klägerin festgesetzt werden.

30

bbb) Ferner erfordert der Anspruch der Klägerin auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG) keinen gerichtlichen Feststellungsausspruch zur Rechtswidrigkeit der Aussetzungsanordnung vom 10. Mai 2007; er wird vielmehr --in gleichem Maße-- dadurch gesichert, dass in dem gegen eine Zinsfestsetzung (§ 237 AO) gerichteten Einspruchs- und Klageverfahren die Rechtmäßigkeit der der Klägerin aufgedrängten Vollziehungsaussetzung in vollem Umfang zu überprüfen wäre und --sollte sich im Rahmen dieser Prüfung die Rechtswidrigkeit der Aussetzungsverfügung ergeben-- hierin nicht nur eine bei der Ermessensentscheidung des FA über einen Zinsverzicht (§ 237 Abs. 4 i.V.m. § 234 Abs. 2 AO) zu berücksichtigende Vorfrage (so bisher Senatsurteil in BFHE 219, 13, BStBl II 2008, 134), sondern auch ein Umstand zu sehen wäre, der das FA in der Sache dazu verpflichten würde, von einer die Klägerin belastenden Zinserhebung abzusehen. Zwar wird --aufgrund der sog. Tatbestandswirkung-- die Höhe der nach § 237 Abs. 1 Satz 1 AO festzusetzenden Aussetzungszinsen grundsätzlich nicht nur durch rechtmäßige, sondern auch durch rechtswidrige Aussetzungsbescheide bestimmt (BFH-Urteile vom 12. Dezember 2007 XI R 25/07, BFH/NV 2008, 339; vom 9. Dezember 1998 XI R 24/98, BFHE 187, 400, BStBl II 1999, 201). Die Tatbestandswirkung entfällt jedoch, wenn die Aussetzungsanordnung angefochten und --sei es vom FA, sei es vom FG-- vor Eintritt ihrer Bestandskraft (grundlegend BFH-Urteil vom 18. Juli 1994 X R 33/91, BFHE 175, 294, BStBl II 1995, 4, juris Rz 15) aufgehoben wird. Die Frage nach der Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit der Aussetzungsanordnung kann dann sowohl im Rahmen des Zinsfestsetzungs- als auch des Zinsverzichtsverfahrens eigenständig überprüft werden, ohne dass es eines vorangehenden entsprechenden formellen Ausspruchs des FG in einem gegen die Anordnung gerichteten Klageverfahren bedarf.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) bezog als Unternehmer im Juni und Juli 1998 im Inland steuerpflichtige Leistungen von dem im Ausland ansässigen Unternehmer P, für die sie nach §§ 51 ff. der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) in der damals geltenden Fassung verpflichtet war, Umsatzsteuer einzubehalten und abzuführen. Streitig ist, ob ihr im Hinblick auf eine für diese Umsatzsteuer gewährte Aussetzung der Vollziehung (AdV) ein Anspruch auf Erlass von Aussetzungszinsen gemäß § 237 Abs. 4 der Abgabenordnung (AO) zusteht.

2

Die Klägerin bezog die steuerpflichtigen Leistungen der P zur Durchführung von Konzerten einer Musikgruppe, die sie im Inland veranstaltete. Die Konzertveranstaltungen der Klägerin selbst waren aufgrund einer der Musikgruppe gemäß § 4 Nr. 20 Buchst. a Satz 2 des Umsatzsteuergesetzes 1993 (UStG) erteilten Bescheinigung nach § 4 Nr. 20 Buchst. b UStG steuerfrei.

3

P erteilte der Klägerin Rechnungen ohne Steuerausweis. Die Klägerin meldete für die von P bezogenen Leistungen als Leistungsempfänger Umsatzsteuer nach den Vorschriften der §§ 51 ff. UStDV a.F. im sog. Abzugsverfahren an. Da die Klägerin abweichend von ihrer Steuererklärung ebenso wie P von im Inland nichtsteuerbaren Leistungen ausging, legten beide gegen die Steueranmeldung der Klägerin Einspruch ein. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) wies die Einsprüche durch Einspruchsentscheidung als unbegründet zurück.

4

Hiergegen erhob P Klage zum Finanzgericht (FG), der das FG als begründet ansah. Auf die Revision des FA entschied der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 6. November 2002 V R 57/01 (BFH/NV 2003, 857), dass die Klage der P gegen die Steueranmeldung der Klägerin zwar zulässig sei, entgegen dem Urteil des FG aber für die Leistungen ein inländischer Leistungsort und damit eine inländische Steuerpflicht in Betracht komme. Die Sache wurde zur weiteren Sachaufklärung an das FG zurückverwiesen. Im zweiten Rechtsgang wies das FG die Klage als unbegründet ab. Die hiergegen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde hatte keinen Erfolg (BFH-Beschluss vom 7. Juli 2006 V B 113/05, BFH/NV 2006, 2103).

5

Im Hinblick auf die aufgrund der Voranmeldungen für die Klägerin bestehenden Zahlungsverpflichtungen setzte das FG auf Antrag der Klägerin mit Beschluss vom 13. Juli 1999 7 B 7355/98 (Entscheidungen der Finanzgerichte 1999, 1104) die Vollziehung der im Abzugsverfahren angemeldeten Umsatzsteuer gegen Sicherheitsleistung aus. Zur Stellung der danach erforderlichen Sicherheitsleistung schlossen das FA und P im Frühjahr 2000 eine Verpfändungsvereinbarung, nach der P ein Bankguthaben als Sicherheit verpfändete. Mit Verfügung vom 5. Mai 2000 gewährte das FA der Klägerin die Vollziehungsaussetzung.

6

Am 12. Oktober 2004 teilte ein Vertreter der Klägerin, Rechtsanwalt H, dem FA telefonisch mit, dass V beabsichtige, das Festgeldkonto aufzulösen und mit den Geldmitteln die Steuerschuld zu tilgen. Das FA erklärte hierzu mit Schreiben vom 29. Oktober 2004, dass dem nicht entsprochen werden könne.

7

Nach Zustellung des BFH-Beschlusses in BFH/NV 2006, 2103 stellte das FA die bis dahin in der Vollziehung ausgesetzte Umsatzsteuer durch Bescheid vom 17. Oktober 2006 fällig.

8

Am 24. Oktober 2006 setzte das FA gegenüber der Klägerin Aussetzungszinsen fest. Hiergegen legte die Klägerin am 27. November 2006 Einspruch ein ("erster Einspruch") und beantragte die Aussetzungszinsen teilweise zu erlassen.

9

Mit Schreiben vom 29. Dezember 2006 regte das FA unter Hinweis darauf, dass der Einspruch keine Aussicht auf Erfolg habe, an, die Erfolgsaussichten zu überdenken.

10

Mit Einspruchsentscheidung vom 31. Mai 2007 ("erste Einspruchsentscheidung") wies das FA den Einspruch gegen den Zinsbescheid als unbegründet zurück. Das FA wies darauf hin, dass Anhaltspunkte für eine sachliche Unbilligkeit gemäß § 237 Abs. 4 AO i.V.m. § 234 Abs. 2 AO nicht gegeben seien. Über die gegen diese Einspruchsentscheidung erhobene Klage ist noch nicht entschieden. Das FG setzte die Klage bis zur rechts- oder bestandskräftigen Entscheidung über den Antrag auf teilweisen Verzicht auf Aussetzungszinsen aus.

11

Am 4. Oktober 2007 legte die Klägerin Einspruch ("zweiter Einspruch") gegen die Ablehnung des Antrags auf Teilerlass der Aussetzungszinsen durch die Einspruchsentscheidung vom 31. Mai 2007 ein, die die Klägerin insoweit als Ablehnungserstbescheid ansah. Das FA wies diesen Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 7. April 2009 gleichfalls als unbegründet zurück ("zweite Einspruchsentscheidung"). Der Gesetzgeber habe die Zinshöhe absichtlich pauschal festgelegt. Es sei unerheblich, dass der Nachzahlungsbetrag zu einem geringeren Zinssatz angelegt worden sei. Die Höhe des Zinssatzes sei unabhängig vom Vorliegen einer Sicherheitsleistung. Die Kosten für eine Sicherheitsleistung rechtfertigten daher keinen Zinsverzicht. Ob die Klägerin am 12. Oktober 2004 die Aufhebung der Vollziehung beantragt habe, sei unerheblich, da sie ein derartiges Begehren im Anschluss an die Ablehnung vom 29. Oktober 2004 nicht weiter verfolgt habe.

12

Hiergegen erhob die Klägerin Klage zum FG. Die Klage wurde "namens und in Vollmacht" für die Klägerin auf Briefpapier der H-Partnerschaftsgesellschaft erhoben und ebenso wie die folgenden Schriftsätze Plural ("wir") abgefasst und stets von zwei Rechtsanwälten unterschrieben. Erstmals im Zusammenhang mit einem Antrag auf Terminsverlegung legte die Klägerin die von ihr am 1. August 2011 erteilte Prozessvollmacht, die nur eine Bevollmächtigung für Rechtsanwalt H enthielt, vor.

13

Die Klage hatte keinen Erfolg. Nach dem Urteil des FG war die Klage zulässig, aber unbegründet. Der Zulässigkeit der Klage stehe auch nicht entgegen, dass das FA in der Einspruchsentscheidung vom 31. Mai 2007 den beantragten Erlass abgelehnt habe. Die Zinspflicht sei bewusst typisierend geregelt worden. Für den Fall der Bestellung einer Sicherheit bestünden keine Besonderheiten. Die Ermessensausübung durch das FA lasse keinen Ermessensfehler erkennen. Ein Teilerlass wäre nur möglich gewesen, wenn die Klägerin im Anschluss an die Ablehnung der Aufhebung der Vollziehung vom 29. Oktober 2004 alles Gebotene unternommen hätte, um dieses Begehren weiter zu verfolgen. Die Klägerin habe nicht einmal einen förmlichen Antrag auf Vollziehungsaufhebung gestellt.

14

Das FG ging zudem davon aus, dass trotz einer nur auf H lautenden Prozessvollmacht dem Antrag des Rechtsanwalts H auf urlaubsbedingte Terminverlegung nicht nachzukommen gewesen sei, da die Klägerin während des über vier Jahre andauernden Klageverfahrens die Prozessvertretung durch die H-Partnerschaftsgesellschaft zumindest geduldet habe.

15

Gegen das Urteil des FG wendet sich die Klägerin mit der Revision, für die sie Verletzung materiellen und formellen Rechts anführt. Es liege eine Ermessensreduzierung auf Null vor, so dass allein der Zinsverzicht rechtmäßig sei. Die Ablehnung des Billigkeitserlasses sei rechtswidrig. Hierdurch sei es zu einer aufgedrängten und aufgezwungenen weiteren Vollziehungsaussetzung gegen ihren Willen gekommen. Dass P und nicht sie Partei der Verpfändungsvereinbarung und sie, die Klägerin, nicht Haftungs-, sondern Entrichtungsschuldner gewesen sei, sei unerheblich. Sie könne gleichwohl die Einwendungen der P geltend machen, da sie auch als Entrichtungsschuldner nur wie der Steuerschuldner belastet werden solle. Hierfür spreche auch der Rechtsgedanke des § 48 AO. Dem Wunsch nach Aufhebung einer Vollziehungsaussetzung stünden keine schützenswerten Rechte des FA entgegen. Es komme dabei nicht darauf an, dass alles getan werde, um die Vollziehungsaufhebung zu erreichen. Weiter müsse der Gleichlauf zwischen Nachzahlungs- und Erstattungszinsen gewährleistet werden. Eine Zahlung der ausgesetzten Steuerschuld aus anderen Mitteln sei unzumutbar gewesen, da sich aus der Auflösung der Verpfändungsvereinbarung für das FA keinerlei Risiken ergeben hätten. Eine Zinspflicht sei auch im Hinblick auf die geringe Verzinsung des verpfändeten Kontos sachlich unbillig. Es liege kein gerechter Ausgleich vor. Aufgrund der Verpfändung hätten keine weiter gehenden Zinsvorteile erlangt werden können. Die Verpfändungsvereinbarung habe nur dazu gedient, einen Arrest abzuwenden.

16

Das Urteil des FG beruhe auch auf einer Verletzung rechtlichen Gehörs. Nach der von ihr, der Klägerin, erteilten Prozessvollmacht sei nur ein bestimmter Prozessbevollmächtigter allein bevollmächtigt gewesen. Dieser habe an der mündlichen Verhandlung vor dem FG aufgrund einer Urlaubsabwesenheit nicht teilnehmen können.

17

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des FG aufzuheben und die im Zinsbescheid vom 24. Oktober 2006 festgesetzten Zinsen insoweit zu erlassen, als der gesetzliche Zinssatz für Aussetzungszinsen den auf dem Festgeldkonto gewährten Zins in Höhe von 2,49 % übersteigt.

18

Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

19

Rechtsanwalt H habe am 12. Oktober 2004 lediglich telefonisch mitgeteilt, dass die Klägerin, mit der Verzinsung des verpfändeten Festgeldkontos in Höhe von 2,49 % unzufrieden gewesen sei und den Treuhandvertrag kündigen wollte, um den wirtschaftlichen Nachteil im Hinblick auf die Aussetzungszinsen von jährlich 6 % zu kompensieren und daher die Steuerschuld zu tilgen. Das FA habe hierzu mit Schreiben vom 29. Oktober 2004 mitgeteilt, dass die nach der Verpfändungsvereinbarung vorgesehenen Bedingungen noch nicht eingetreten seien und einer Vertragsänderung nicht zugestimmt werde. Im Gegensatz zu P habe die Klägerin nichts im Hinblick auf eine Tilgung der Steuerschuld unternommen. Auch P sei in der Folgezeit untätig geblieben. Die Klägerin sei auch nicht Partei der zwischen dem FA und P geschlossenen Verpfändungsvereinbarung gewesen. Weiter sei die Klägerin nicht Haftungs-, sondern Entrichtungsschuldner. Die Vollziehungsaussetzung hätte jederzeit durch Zahlung beendet werden können. Daher sei die AdV nicht durch das FA aufgedrängt worden. Ein Billigkeitserlass komme auch deshalb nicht in Betracht, weil sich Bund und Land im Zeitraum der Vollziehungsaussetzung zu einem höheren Zinssatz als dem des Festgeldkontos hätten finanzieren müssen. Die Ablehnung der Aufhebung der Verpfändungsvereinbarung sei auch nicht rechtsmissbräuchlich gewesen. Ein Verstoß gegen Treu und Glauben liege schon deshalb nicht vor, da es bereits an einer Disposition der Klägerin im Hinblick auf ein Handeln des FA fehle. Es liege auch kein Verstoß gegen den Schutzzweck des § 361 AO vor. Das FA habe mit der Ablehnung des Zinserlasses auch nicht sein Ermessen fehlerhaft ausgeübt. Durch die auf dem verpfändeten Konto aufgelaufenen Zinsen habe sich die dem FA zustehende Zugriffsmasse erhöht. Die Verzinsungsregelung setze keinen tatsächlichen Zinsschaden voraus. Es handele sich um eine bewusste Typisierung, die für den Fall einer Sicherheitsleistung keine Sonderbehandlung erforderlich mache.

Entscheidungsgründe

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II. Die Revision der Klägerin ist unbegründet (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass der Klägerin der geltend gemachte Erlassanspruch nicht zusteht.

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1. Aussetzungszinsen können aus Billigkeitsgründen erlassen werden.

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a) Soweit ein Einspruch oder eine Anfechtungsklage gegen einen Steuerbescheid, eine Steueranmeldung oder einen Verwaltungsakt, der einen Steuervergütungsbescheid aufhebt oder ändert, oder gegen eine Einspruchsentscheidung über einen dieser Verwaltungsakte endgültig keinen Erfolg gehabt hat, ist der geschuldete Betrag, hinsichtlich dessen die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts ausgesetzt wurde, gemäß § 237 Abs. 1 Satz 1 AO zu verzinsen. Auf die Zinsen kann gemäß § 237 Abs. 4 AO i.V.m. § 234 Abs. 2 AO ganz oder teilweise verzichtet werden, wenn ihre Erhebung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre.

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b) Nach der Rechtsprechung des BFH bezweckt die Verzinsung nach § 237 AO, den Nutzungsvorteil abzuschöpfen, den der Steuerpflichtige dadurch erhält, dass er während der Dauer der Aussetzung über eine Geldsumme verfügen kann, die nach dem erfolglos angefochtenen Steuerbescheid dem Steuergläubiger zusteht. Die Regelung zielt auf einen Ausgleich zwischen den Zinsvorteilen des Steuerpflichtigen und dem Zinsverlust des Steuergläubigers ab, so dass die Verzinsung dazu dient, dem Steuergläubiger den Nutzungsvorteil zuzuwenden, der ihm für den nach dem materiellen Steuergesetz geschuldeten Betrag gebührt. Zur Erreichung dieses Zwecks knüpft § 237 AO im Interesse der Verfahrensentlastung generell an den endgültigen Ausgang eines gegen die Steuerfestsetzung geführten Verfahrens an. Bei der im Rahmen der Anwendung der gemäß § 237 Abs. 4 AO i.V.m § 234 Abs. 2 AO gebotenen Abwägung ist deshalb zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber den Ausgang des Rechtsbehelfsverfahrens als das beste Mittel ansieht, um einen Ausgleich zwischen den Geldnutzungsinteressen des Steuergläubigers und denen des Steuerpflichtigen herbeizuführen. Daher ist es für den Regelfall angemessen, die Entscheidung über die Festsetzung von Aussetzungszinsen als automatische Folge des Verfahrensausgangs über die Steuerfestsetzung anzusehen, so dass hiervon nur in besonders begründeten Einzelfällen abzuweichen ist (vgl. BFH-Urteil vom 31. März 2010 II R 2/09, BFH/NV 2010, 1602).

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2. Das FG hat zu Recht entschieden, dass keine Umstände vorliegen, die einen Billigkeitserlass erfordern.

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a) Der Senat braucht im Billigkeitsverfahren nicht zu entscheiden, ob die mit Schreiben vom 29. Oktober 2004 kundgegebene Ablehnung des FA, die Verpfändungsvereinbarung aufzuheben und das Festgeldkonto freizugeben, rechtswidrig war. Denn mit diesem Schreiben reagierte das FA auf den nur mündlich vorgetragenen Freigabewunsch. Anders als bei einem schriftlichen Antrag auf Freigabe, der darüber hinaus weiter dargelegt hätte, wie das FA ohne Gefährdung des Steueranspruchs einer Freigabe hätte zustimmen können, bestand für das FA keine Veranlassung für eine weitere Sachbehandlung.

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b) Es liegt auch keine aufgedrängte oder aufgezwungene Vollziehungsaussetzung oder ein "Zahlungsverbot" vor, da es der Klägerin und P freistand, die Vollziehungsaussetzung z.B. durch Zahlung zu beenden, wodurch die Verzinsungspflicht nach § 237 AO geendet hätte (vgl. BFH-Urteil vom 27. November 1991 X R 103/89, BFHE 166, 311, BStBl II 1992, 319, unter 3.b). Maßgeblich für die Fortdauer der Verzinsung war nicht die unterbliebene Freigabe durch das FA, sondern die Nichttilgung der Steuerschuld. Nur unter dieser Voraussetzung, die im Streitfall nach den Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) nicht gegeben ist, könnte sich die Frage nach einem Verursachungsbeitrag des Staates stellen. Auf die Parteistellung im Hinblick auf die Verpfändungsvereinbarung kommt es daher nicht an.

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c) Ein Billigkeitsgrund ergibt sich auch nicht aus der Stellung einer Sicherheit, die durch die Verpfändung, anders als bei einer Bürgschaftsvereinbarung, dazu führt, dass der Kontoinhaber den Zugriff auf Geldmittel verliert. Denn dieser Nachteil beruht auf der Vereinbarung zur Leistung der Sicherheit. P hätte es insoweit auch offen gestanden, die Sicherheit in anderer Weise, wie z.B. durch Bankbürgschaft, zu erbringen. Anhaltspunkte dafür, dass dies im vorliegenden Fall ggf. nicht möglich war, ergeben sich aus den insoweit maßgeblichen Feststellungen des FG nicht.

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d) Dass die Zinspflicht der Höhe nach (§ 238 AO) die von der Klägerin erzielten Zinsen übersteigt, begründet schließlich auch keinen Anspruch auf Billigkeitserlass (vgl. BFH-Beschluss vom 19. Mai 2011 X B 184/10, BFH/NV 2011, 1659).

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3. Es liegt auch kein Verfahrensfehler vor. Das FG hat den Terminsverlegungsantrag zu Recht abgelehnt.

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Nach der Rechtsprechung des BFH ist die Verhinderung des Prozessvertreters kein erheblicher Grund für eine Terminsverlegung, wenn der Termin durch ein anderes Mitglied der mit der Prozessführung beauftragten Sozietät sachgerecht wahrgenommen werden kann (z.B. BFH-Beschluss vom 12. Oktober 2012 IX B 61/12, BFH/NV 2013, 80, m.w.N.). Gleiches gilt für Partnerschaftsgesellschaften. Im Streitfall ist als Prozessbevollmächtigter für die Klägerin während des gesamten FG-Verfahrens die H-Partnerschaftsgesellschaft, nicht aber entsprechend der erstmals am 1. August 2011 erteilten Vollmachtsurkunde Rechtsanwalt H, geschäftsansässig bei der H-Partnerschaftsgesellschaft, aufgetreten. Bereits die Einspruchsentscheidung war an die H-Partnerschaftsgesellschaft, nicht aber an Rechtsanwalt H persönlich adressiert. In Übereinstimmung damit teilte Rechts-anwalt H auf Briefpapier der H-Partnerschaftsgesellschaft nach Ablehnung des Antrags auf Terminsverlegung durch das FG (am 7. Juli 2011) im Schriftsatz vom 14. Juli 2011 dem FG mit, zwar sei die Kanzlei H-Partnerschaftsgesellschaft "mandatiert", die Vertrauensbeziehung bestehe jedoch zu Rechtsanwalt H, der urlaubsbedingt verhindert sei. Erstmals mit Schriftsatz vom 27. Juli 2011, nach erneuter Ablehnung der Verlegung des Termins, legte die Klägerin zur Begründung, eine anderweitige Vertretung im Termin am 10. August 2011 sei nicht möglich, eine auf H lautende Prozessvollmacht vom 1. August 2011 vor. Bei dieser Sachlage konnte das FG zu Recht von einer zumindest konkludenten Bevollmächtigung der Partnerschaftsgesellschaft durch die Klägerin ausgehen, so dass der in der Person des Rechtsanwalts H, nicht aber auch in Person der anderen Mitglieder der Partnerschaftsgesellschaft, geplante Urlaub kein hinreichender Grund für eine Terminsverlegung war.

(1) Soweit ein Einspruch oder eine Anfechtungsklage gegen einen Steuerbescheid, eine Steueranmeldung oder einen Verwaltungsakt, der einen Steuervergütungsbescheid aufhebt oder ändert, oder gegen eine Einspruchsentscheidung über einen dieser Verwaltungsakte endgültig keinen Erfolg gehabt hat, ist der geschuldete Betrag, hinsichtlich dessen die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts ausgesetzt wurde, zu verzinsen. Satz 1 gilt entsprechend, wenn nach Einlegung eines förmlichen außergerichtlichen oder gerichtlichen Rechtsbehelfs gegen einen Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10) oder eine Rechtsbehelfsentscheidung über einen Grundlagenbescheid die Vollziehung eines Folgebescheids ausgesetzt wurde.

(2) Zinsen werden erhoben vom Tag des Eingangs des außergerichtlichen Rechtsbehelfs bei der Behörde, deren Verwaltungsakt angefochten wird, oder vom Tag der Rechtshängigkeit beim Gericht an bis zum Tag, an dem die Aussetzung der Vollziehung endet. Ist die Vollziehung erst nach dem Eingang des außergerichtlichen Rechtsbehelfs oder erst nach der Rechtshängigkeit ausgesetzt worden, so beginnt die Verzinsung mit dem Tag, an dem die Wirkung der Aussetzung der Vollziehung beginnt.

(3) Absätze 1 und 2 sind entsprechend anzuwenden, wenn nach Aussetzung der Vollziehung des Einkommensteuerbescheids, des Körperschaftsteuerbescheids oder eines Feststellungsbescheids die Vollziehung eines Gewerbesteuermessbescheids oder Gewerbesteuerbescheids ausgesetzt wird.

(4) § 234 Abs. 2 und 3 gelten entsprechend.

(5) Ein Zinsbescheid ist nicht aufzuheben oder zu ändern, wenn der Steuerbescheid nach Abschluss des Rechtsbehelfsverfahrens aufgehoben, geändert oder nach § 129 berichtigt wird.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.