Gericht

Finanzgericht München

Tenor

1. Die Umsatzsteuer für 2006 wird unter Änderung des Umsatzsteuerbescheids vom 23. März 2010 auf den negativen Betrag von 198.507,58 € festgesetzt.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin zu 65/100, der Beklagte zu 35/100.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Tatbestand

I. Streitig ist, ob von der Klägerin getätigte Fahrzeuglieferungen als innergemeinschaftliche Lieferungen steuerbefreit sind.

Gegenstand des Unternehmens der Klägerin ist u.a. der Handel mit Kraftfahrzeugen (KFZ).

In ihrer Umsatzsteuererklärung für 2006 errechnete die Klägerin ihre Umsatzsteuer mit dem negativen Betrag von 229.604,86 €; hierbei behandelte sie u.a. die Lieferungen von 12 KFZ als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen.

Der Beklagte (das Finanzamt –FA-) setzte die Umsatzsteuer für 2006 mit gem. § 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) unter Vorbehalt der Nachprüfung stehendem Bescheid vom 28. Januar 2008 auf den negativen Betrag von 226.724,86 € fest.

Mit nach § 164 Abs. 2 AO geändertem Bescheid vom 20. Februar 2008 setzte das FA die Umsatzsteuer für 2006 auf den negativen Betrag von 229.604,86 € fest.

Im Anschluss an eine Außenprüfung (Bericht vom 19. Februar 2010) setzte das FA die Umsatzsteuer für 2006 mit nach § 164 Abs. 2 AO geändertem Bescheid vom 23. März 2010 auf den negativen Betrag von 182.290,34 € fest, behandelte u.a. die og. 12 Fahrzeuglieferungen als steuerpflichtig und erhöhte dementsprechend die steuerpflichtigen Umsätze um den Betrag von 340.231 €.

Zur Begründung verwies das FA auf eine Stellungnahme des an der Außenprüfung beteiligten Bay. Landesamts für Steuern vom 28. Dezember 2009, wonach der Beleg- und Buchnachweis für og. Lieferungen nicht geführt worden sei. So sei bei den von den Abnehmern angeblich abgeholten Fahrzeugen der Bestimmungsort der Lieferungen nicht aufgezeichnet worden, sondern lediglich von den Abholern bestätigt worden, dass die jeweiligen Fahrzeuge "aus Deutschland ausgeführt" bzw. "nach Spanien verbracht" würden, ohne einen Bezug zu den Rechnungsadressen der Abnehmer herzustellen. Bei den an die Abnehmer angeblich versandten Fahrzeugen hätten die Abnehmer den Empfang der Fahrzeuge nicht in Feld 24 der CMR-Frachtbriefe bestätigt.

Am 23. April 2010 erhob die Klägerin gegen den streitgegenständlichen Umsatzsteuerbescheid Sprungklage, der das FA nicht zugestimmt hat, die am 8. Juni 2010 zur Behandlung als Einspruch an das FA abgegeben wurde und über den das FA nicht entschieden hat.

Am 28. Februar 2011 hat die Klägerin Untätigkeitsklage erhoben.

Zur Begründung trägt die Klägerin im Wesentlichen vor, dass den einzelnen Rechnungen und weiteren Belegen der jeweilige Bestimmungsort zu entnehmen sei und die jeweiligen Abnehmer bzw. Abholer den Export in die jeweiligen Bestimmungsländer bestätigt hätten. Die Voraussetzungen der Steuerfreiheit lägen für die streitgegenständlichen Fahrzeuglieferungen demzufolge vor. Ein Vergleich des Schriftbildes der auf den Verbringensbestätigungen mit den Unterschriften auf den vorgelegten Passkopien der Abholer sei zudem nicht zulässig, da nach Auffassung der Datenschutzbeauftragten der Länder das Anfertigen der Kopie eines Personalausweises gegen das Bundesdatenschutzgesetz verstoße.

Die Klägerin beantragt,

die Umsatzsteuer für 2006 unter Änderung des Umsatzsteuerbescheids vom 23. März 2010 auf den negativen Betrag von 229.218,34 € festzusetzen,

hilfsweise

die Revision zuzulassen.

Das FA beantragt,

nach Maßgabe des Zugeständnisses in der mündlichen Verhandlung die Klage abzuweisen.

Im Übrigen wird auf die Schriftsätze des FA vom 18. März 2011, 1. Juni 2011, 18. April 2013, 26. Juni 2013, 24. Januar 2012 sowie 24. Januar 2014 verwiesen.

Mit Anordnung vom 10. Juni 2013 (zugestellt am 17. Juni 2013) wurde die Klägerin gem. § 79 b Abs. 2 FGO unter Fristsetzung zum 19. Juli 2013 aufgefordert, bezüglich der für das Streitjahr erklärten innergemeinschaftlichen Lieferungen die Aufzeichnungen im Sinne des § 17c UStDV (Buchnachweis) im Original vorzulegen sowie darzulegen, wann diese Aufzeichnungen erstellt wurden, die Belege im Sinne des § 17a UStDV (Belegnachweis) im Original vorzulegen, die diesen Lieferungen zugrunde liegenden Kaufverträge sowie Geschäftskorrespondenz im Original vorzulegen sowie Zahlungsnachweise für die Vereinnahmung der vereinbarten Entgelte im Original vorzulegen.

Auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung wird Bezug genommen.

Gründe

II. Die Klage ist nur zum Teil begründet.

1. Nach § 6a Abs. 1 Satz 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) ist eine innergemeinschaftliche Lieferung steuerfrei, wenn bei einer Lieferung die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

"1. Der Unternehmer oder der Abnehmer hat den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet;

2. der Abnehmer ist

a) ein Unternehmer, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erworben hat,

b) eine juristische Person, die nicht Unternehmer ist oder die den Gegenstand der Lieferung nicht für ihr Unternehmen erworben hat, oder

c) bei der Lieferung eines neuen Fahrzeuges auch jeder andere Erwerber

und

3. der Erwerb des Gegenstands der Lieferung unterliegt beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerung."

Der Unternehmer hat diese Voraussetzungen gemäß § 6a Abs. 3 UStG i.V.m. §§ 17a ff. der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung in der im Streitjahr geltenden Fassung (UStDV) nachzuweisen.

Unionsrechtlich beruht die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung auf Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 der im Streitjahr anwendbaren Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG). Steuerfrei sind unter den Bedingungen, die die Mitgliedstaaten zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung der nachstehenden Befreiungen sowie zur Verhütung von Steuerhinterziehung, Steuerumgehung und Missbrauch festlegen danach "... die Lieferungen von Gegenständen im Sinne des Artikels 5, die durch den Verkäufer oder durch den Erwerber oder für ihre Rechnung nach Orten außerhalb des in Artikel 3 bezeichneten Gebietes, aber innerhalb der Gemeinschaft versandt oder befördert werden, wenn diese Lieferungen an einen anderen Steuerpflichtigen oder an eine nichtsteuerpflichtige juristische Person bewirkt werden, der/die als solcher/solche in einem anderen Mitgliedstaat als dem Beginn des Versandes oder der Beförderung der Gegenstände handelt".

Der Unternehmer kann grundsätzlich die Steuerfreiheit für die innergemeinschaftliche Lieferung in Anspruch nehmen, wenn er die nach § 6a Abs. 3 UStG i.V.m. §§ 17a ff. UStDV bestehenden Nachweispflichten erfüllt. Kommt der Unternehmer demgegenüber den Nachweispflichten nicht oder nur unvollständig nach, erweisen sich die Nachweisangaben bei einer Überprüfung als unzutreffend oder bestehen zumindest berechtigte Zweifel an der inhaltlichen Richtigkeit der Angaben, die der Unternehmer nicht ausräumt, ist von der Steuerpflicht der Lieferung auszugehen; trotz derartiger Mängel ist die Lieferung aber steuerfrei, wenn objektiv zweifelsfrei feststeht, dass die Voraussetzungen der Steuerfreiheit erfüllt sind (BFH-Urteil vom 12. Mai 2011 V R 46/10, BStBl II 2011, 957 m.w.N.).

2. Hinsichtlich der folgenden streitgegenständlichen Fahrzeuglieferungen hat das FA das Vorliegen der Voraussetzungen der Steuerfreiheit in der mündlichen Verhandlung anerkannt. Die Bezeichnung der einzelnen Fahrzeuglieferungen orientiert sich nachfolgend an der von der Klägerin in den vorgelegten Originalunterlagen vorgenommenen Auflistung (A1 – L1) sowie der Auflistung in der Stellungnahme des Bay. Landesamts für Steuern vom 28. Dezember 2009 (Nr. 1-18).

  • ·Lieferung an Fa. P. S.L., E- T. (Rechnung Nr. 1001859 vom 15. März 2006, MB SLK350, 38.000 €, Fall A1 bzw. Nr. 3)

  • ·Lieferung an Fa. P. S.L., E- T. (Rechnung Nr. 1002817 vom 26. Juli 2006, MB A180CDI, 18.300 €, Fall B1 bzw. Nr. 4)

  • ·Lieferung an V. S.L., E- Barcelona (Rechnung Nr. 1001818 vom 9. März 2006, MB C220CDI, 20.000 €, Fall E1 bzw. Nr. 11)

  • ·Lieferung an D. SL U., E- Barcelona (Rechnung Nr. 1002598 vom 30. Juni 2006, MB A180CDI, 15.500 €, Fall G1 bzw. Nr. 13)

  • ·Lieferung an A. SA, , L- Luxemburg (Rechnung Nr. 1004064 vom 30. Juni 2006, MB SLK200 Kompressor, 25.775 €, Fall L1 bzw. Nr. 18)

3. Hinsichtlich der übrigen streitgegenständlichen Fahrzeuglieferungen ist die Klage unbegründet. Die Klägerin hat den Belegnachweis nicht erbracht.

a) Lieferung an Fa. P. S.L., E- T. (Rechnung Nr. 1003173 vom 4. Oktober 2006, MB A170CDI, 11.600 €, Fall C1 bzw. Nr. 5)

Bei dieser Lieferung handelt es sich nach den vorgelegten Unterlagen um eine Versendungslieferung. Der Unternehmer soll gemäß § 17a Abs. 4 Satz 1 Nummer 2 UStDV in den Fällen, in denen der Unternehmer oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet versendet, den Nachweis hierüber führen durch einen Beleg entsprechend § 10 Abs. 1. UStDV. Gem. § 10 Abs. 1 Nummer 1 UStDV soll der Unternehmer den Nachweis regelmäßig führen durch einen Versendungsbeleg, insbesondere durch Frachtbrief.

In Feld 1 des vorgelegten CMR-Frachtbriefs ist die Klägerin als Auftraggeberin der Versendung ("Expediteur") eingetragen, während in Widerspruch hierzu gemäß vorgelegter Vollmacht sowie Verbringensbestätigung die Abnehmerin den selbständigen Transportbeauftragten, die Fa. TTI in, F- H. bevollmächtigt hat. Letzteres hat auch die mündliche Verhandlung ergeben. Der Versendungsbeleg ist daher unrichtig.

b) Lieferung an Fa. L., H- Budapest (Rechnung Nr. 1001690 vom 24. Februar 2006, MB ML320CDI, 48.000 €, Fall D1 bzw. Nr. 10)

Bei dieser Lieferung kann es sich nach den vorgelegten Unterlagen um eine Beförderungs- oder eine Versendungslieferung handeln. Der Unternehmer soll gemäß § 17a Abs. 2 Nummer 4 UStDV in den Fällen, in denen der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert, den Nachweis hierüber führen durch eine Versicherung des Abnehmers oder seines Beauftragten, den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet zu befördern. Dieser Nachweis kann auch bei einer Versendungslieferung zulässig sein (§ 17 a Abs. 4 Satz 2 UStDV). Der Belegnachweis setzt dabei aber voraus, dass derjenige, der den Gegenstand (Fahrzeug) tatsächlich abholt (der Abnehmer oder sein Beauftragter) versichern muss, diesen in das übrige Gemeinschaftsgebiet zu verbringen (vgl. BFH-Beschluss vom 21. Juli 2011 V B 102/10 BFH/NV 2011, 1930).

Der angebliche Abnehmer bestätigte zwar, das KFZ "ordnungsgemäß aus Deutschland auszuführen" und bevollmächtigte Herrn F., im europäischen Raum Fahrzeuge aller Art und Baustoffe sowie Waren aller Art einzukaufen.

Die vorgelegte Verbringensbestätigung ist jedoch nicht datiert. Zudem ist unklar, ob sie vom angeblichen tatsächlichen Abholer F., wohnhaft in A- Wels-Land, ausgefüllt wurde, wogegen spricht, dass sie mit einem Firmenstempel des angeblichen Abnehmers versehen ist. Zudem ist die Unterschrift auf der Verbringensbestätigung aufgrund einer Überstempelung nicht leserlich, so dass Zweifel daran bestehen, dass diese Verbringensbestätigung vom angeblichen Abholer unterschrieben wurde. Es fehlt daher an einem ordnungsmäßigen Belegnachweis.

Ein Berücksichtigung der Unterschriften auf den vorgelegten Passkopien der Abholer verstößt entgegen der Auffassung der Klägerin bereits deshalb nicht gegen das Bundesdatenschutzgesetz, da sie offensichtlich mit Einwilligung der Passinhaber angefertigt wurden (§ 4 Abs. 1 Bundesdatenschutzgesetz). Zudem verkennt die Klägerin, dass sie zur Erlangung der Steuerbefreiung den Nachweis der Richtigkeit der gesetzlich geforderten Verbringensbestätigungen zu erbringen hat. Eine Nichtberücksichtigung der Passkopien hätte jedoch zur Folge, dass die vorgelegten Verbringensbestätigungen nicht auf ihre Richtigkeit überprüft werden könnten, so dass die Steuerbefreiung gleichfalls zu versagen wäre.

c) Lieferung an R, P- (Rechnung Nr. 1001966 vom 31. März 2006, MB SLK200K, 29.656 €, Fall F1 bzw. Nr. 12)

Es fehlt wiederum am Belegnachweis. Der Abnehmer versicherte zwar, das Fahrzeug "aus der Bundesrepublik Deutschland in den EU-Mitgliedsstaaten" zu befördern und erteilte dem Herrn Z. Abholvollmacht.

Eine Verbringensbestätigung des angeblichen tatsächlichen Abholers Z., wohnhaft in  Tn., und eine Empfangsbestätigung (§ 17 A Abs. 2 Nr. 3 u. 4 UStDV) wurden jedoch nicht vorgelegt.

Ferner wurde die Bestätigung nicht bei der tatsächlichen Abholung des Fahrzeugs erteilt, sondern – wie aus dem Vermerk unten auf der Bestätigung ersichtlich – zugefaxt.

d) Lieferung an R., P- (Rechnung Nr. 1003046 vom 1. September 2006, MB A160CDI, 14.200 €, Fall H1 bzw. Nr. 14)

Der Abnehmer versicherte zwar, das Fahrzeug "aus der Bundesrepublik Deutschland in den EU-Mitgliedsstaaten" zu befördern und erteilte dem Herrn S. Abholvollmacht.

Die Unterschrift des angeblichen Abholers S., wohnhaft in der G-Str. in K. auf der Verbringensbestätigung weicht jedoch erkennbar von der Unterschrift in seiner vorgelegten Passkopie ab, so dass Zweifel daran bestehen, dass diese Verbringensbestätigung tatsächlich vom angeblichen Abholer unterschrieben wurde. Das Gericht kann daher keinen ordnungsgemäßen Belegnachweis erkennen.

e) Lieferung an C.SL, E- F. (Rechnung Nr. 1003218 vom 13. Oktober 2006, MB CLS320CDI, 48.300 €, Fall I1 bzw. Nr. 15)

Der angebliche Abnehmer bestätigte zwar, das Fahrzeug "in og. Bestimmungsland" zu bringen und bevollmächtigte mit weiterem Schreiben Herrn H., (26)/Frankreich zur Abholung für den "Export nach Spanien".

Die vorgelegte Verbringensbestätigung wurde ausweislich des aufgebrachten Firmenstempels sowie der Unterschrift vom Abnehmer ausgefüllt. Eine Verbringensbestätigung des tatsächlichen Abholers wurde jedoch nicht vorgelegt, dieser bestätigte lediglich ohne Datumsangabe auf der vorgelegten Rechnung, das Fahrzeug erhalten zu haben. Der Belegnachweis ist daher nicht vollständig erbracht.

f) Lieferung an P LDA, P- (Rechnung Nr. 1003306 vom 26. Oktober 2006, MB CLS320CDI, 49.500 €, Fall J1 bzw. Nr. 16)

Der angebliche Abnehmer, vertreten durch einen Herrn AP bestätigte zwar ohne Datumsangabe, das Fahrzeug "in og. Bestimmungsland" zu bringen. Ein Herr F., Halle 23, erteilte Herrn K., K. Abholvollmacht.

Eine Verbringensbestätigung des angeblichen tatsächlichen Abholers K. wurde jedoch nicht vorgelegt.

g) Lieferung an C. , E-3 (Rechnung Nr. 1003368 vom 31. Oktober 2006, MB E220CDI, 21.400 €, Fall K1 bzw. Nr. 17)

Bei dieser Lieferung handelt es sich nach den vorgelegten Unterlagen um eine Versendungslieferung. In Feld 1 des vorgelegten CMR-Frachtbriefs ist die Klägerin als Auftraggeberin der Versendung ("Expediteur") eingetragen, während in Widerspruch hierzu gemäß vorgelegter Verbringensbestätigung die Abnehmerin den selbständigen Transportbeauftragten, die Fa. E. Autotransporte GmbH, Sg bevollmächtigt hat.

4. Die Klägerin hat auch nicht auf sonstige Weise nachgewiesen, dass die Voraussetzungen der Steuerfreiheit vorliegen und die streitgegenständlichen Fahrzeuge aufgrund ihrer Lieferungen in das Gemeinschaftsgebiet gelangt sind. Ein derartiger Nachweis, etwa durch eine Bestätigung, dass die Fahrzeuge in einem anderen Mitgliedsstaat zeitnah auf ihre Abnehmer straßenverkehrsrechtlich zugelassen wurden, wurde nicht vorgelegt.

Es ist jedoch Sache des Lieferanten der Gegenstände, den Nachweis dafür zu erbringen, dass die Voraussetzungen für eine Befreiung erfüllt sind. Dabei sind die Finanzbehörden des Mitgliedstaats, in dem der Versand oder die Beförderung von Gegenständen im Rahmen einer innergemeinschaftlichen Lieferung beginnt, nicht verpflichtet, die Behörden des vom Lieferanten angegebenen Bestimmungsmitgliedstaats um Auskunft zu ersuchen, ob die Gegenstände tatsächlich in den Bestimmungsmitgliedstaat verbracht worden sind (EuGH-Urteil vom 27. September 2007 Rs. C-184/05 Twoh, Slg. 2007, I-07897).

5. Die Lieferung ist auch nicht gemäß § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG steuerfrei.

a) Hat der Unternehmer eine Lieferung als steuerfrei behandelt, obwohl die Voraussetzungen nach § 6a Abs. 1 UStG nicht vorliegen, ist die Lieferung gemäß § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG gleichwohl steuerfrei, wenn die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung auf unrichtigen Angaben des Abnehmers beruht und der Unternehmer die Unrichtigkeit dieser Angaben auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte.

Für diese Vorschrift besteht zwar keine ausdrückliche Grundlage in der Richtlinie 77/388/EWG. Sie entspricht jedoch der Rechtsprechung des EuGH. Danach sind die zuständigen Behörden des Liefermitgliedstaats nicht befugt, einen gutgläubigen Lieferanten, der Beweise vorgelegt hat, die dem ersten Anschein nach sein Recht auf Befreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung von Gegenständen belegen, zu verpflichten, später Mehrwertsteuer auf diese Gegenstände zu entrichten, wenn die Beweise sich als falsch herausstellen, jedoch nicht erwiesen ist, dass der Lieferant an der Steuerhinterziehung beteiligt war, soweit er alle ihm zur Verfügung stehenden zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, um sicherzustellen, dass die von ihm vorgenommene innergemeinschaftliche Lieferung nicht zu seiner Beteiligung an einer solchen Steuerhinterziehung führt (EuGH-Urteil Teleos u.a. in Slg. 2007, I-7797, dritter Leitsatz).

Die Steuerfreiheit nach § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG setzt dabei voraus, dass der Unternehmer den Nachweispflichten nach § 6a Abs. 3 UStG i.V.m. §§ 17a ff. UStDV als Voraussetzung für die Steuerfreiheit nach § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG ihrer Art nach nachkommt (BFH-Urteil vom 15. Juli 2004 V R 1/04, BFH/NV 2005, 81, Leitsatz 2). Maßgeblich ist hierfür die formelle Vollständigkeit, nicht aber auch die inhaltliche Richtigkeit der Beleg- und Buchangaben, da § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG das Vertrauen auf unrichtige Abnehmerangaben schützt (BFH-Urteil vom 14. November 2012 XI R 17/12, BFH/NV 2013, 863).

c) Im Streitfall hat die Klägerin jedoch hinsichtlich der Fahrzeuglieferungen F1, I1 und J1 den Belegnachweis nicht geführt (s.o.).

Hinsichtlich der Fahrzeuglieferungen C1 und K1 hat sie ihre Sorgfaltspflichten verletzt, da ihr hätte auffallen müssen, dass das Feld 2 der CMR-Frachtbriefe falsche Angaben zum Auftraggeber enthielt (s.o.).

Hinsichtlich der Fahrzeuglieferungen D1 und H1 hat sie ihre Sorgfaltspflichten verletzt, da ihr hätte auffallen müssen, dass die Unterschrift auf der Verbringensbestätigung von der Unterschrift in der Passkopie abweicht (s.o.). Auffällige Unterschiede zwischen der Unterschrift auf dem vom Abholer vorgelegten Pass und der Verbringenserklärung können Umstände darstellen, die die Klägerin zu besonderer Sorgfalt hinsichtlich der Identität des angeblichen Vertragspartners und des Abholers hätten veranlassen müssen (vgl. BFH-Urteil vom 14. November 2012 XI R 17/12, BFH/NV 2013, 863)

6. Die Umsätze zum Regelsteuersatz sind gegenüber dem angegriffenen Umsatzsteuerbescheid um den Nettobetrag der vom FA im vorliegenden Verfahren als steuerfrei anerkannten Fahrzeuglieferungen (101.357,76 €) herabzusetzen. Die Umsatzsteuer für 2006 ist somit auf den negativen Betrag von 198.507,58 € festzusetzen.

7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten und über den Vollstreckungsschutz folgt aus § 151 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1, Abs. 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung.

8. Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der in § 115 Abs. 2 FGO aufgeführten Revisionsgründe vorliegt.

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(1) Die Steuern können, solange der Steuerfall nicht abschließend geprüft ist, allgemein oder im Einzelfall unter dem Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt werden, ohne dass dies einer Begründung bedarf. Die Festsetzung einer Vorauszahlung ist stets eine Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung.

(2) Solange der Vorbehalt wirksam ist, kann die Steuerfestsetzung aufgehoben oder geändert werden. Der Steuerpflichtige kann die Aufhebung oder Änderung der Steuerfestsetzung jederzeit beantragen. Die Entscheidung hierüber kann jedoch bis zur abschließenden Prüfung des Steuerfalls, die innerhalb angemessener Frist vorzunehmen ist, hinausgeschoben werden.

(3) Der Vorbehalt der Nachprüfung kann jederzeit aufgehoben werden. Die Aufhebung steht einer Steuerfestsetzung ohne Vorbehalt der Nachprüfung gleich; § 157 Abs. 1 Satz 1 und 3 gilt sinngemäß. Nach einer Außenprüfung ist der Vorbehalt aufzuheben, wenn sich Änderungen gegenüber der Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung nicht ergeben.

(4) Der Vorbehalt der Nachprüfung entfällt, wenn die Festsetzungsfrist abläuft. § 169 Absatz 2 Satz 2, § 170 Absatz 6 und § 171 Absatz 7, 8 und 10 sind nicht anzuwenden.

Ist der Gegenstand der Lieferung vor der Beförderung oder Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet durch einen Beauftragten bearbeitet oder verarbeitet worden (§ 6a Absatz 1 Satz 2 des Gesetzes), hat der Unternehmer dies durch Belege eindeutig und leicht nachprüfbar nachzuweisen. Der Nachweis ist durch Belege nach § 17b zu führen, die zusätzlich die in § 11 Absatz 1 Nummer 1 bis 4 bezeichneten Angaben enthalten. Ist der Gegenstand durch mehrere Beauftragte bearbeitet oder verarbeitet worden, ist § 11 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(1) Für die Zwecke der Anwendung der Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen (§ 4 Nummer 1 Buchstabe b des Gesetzes) wird vermutet, dass der Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet wurde, wenn eine der folgenden Voraussetzungen erfüllt ist:

1.
Der liefernde Unternehmer gibt an, dass der Gegenstand der Lieferung von ihm oder von einem von ihm beauftragten Dritten in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet wurde und ist im Besitz folgender einander nicht widersprechenden Belege, welche jeweils von unterschiedlichen Parteien ausgestellt wurden, die voneinander, vom liefernden Unternehmer und vom Abnehmer unabhängig sind:
a)
mindestens zwei Belege nach Absatz 2 Nummer 1 oder
b)
einem Beleg nach Absatz 2 Nummer 1 und einem Beleg nach Absatz 2 Nummer 2, mit dem die Beförderung oder die Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet bestätigt wird.
2.
Der liefernde Unternehmer ist im Besitz folgender Belege:
a)
einer Gelangensbestätigung (§ 17b Absatz 2 Satz 1 Nummer 2), die der Abnehmer dem liefernden Unternehmer spätestens am zehnten Tag des auf die Lieferung folgenden Monats vorlegt und
b)
folgender einander nicht widersprechenden Belege, welche jeweils von unterschiedlichen Parteien ausgestellt wurden, die voneinander, vom liefernden Unternehmer und vom Abnehmer unabhängig sind:
aa)
mindestens zwei Belege nach Absatz 2 Nummer 1 oder
bb)
einem Beleg nach Absatz 2 Nummer 1 und einem Beleg nach Absatz 2 Nummer 2, mit dem die Beförderung oder die Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet bestätigt wird.

(2) Belege im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 und 2 sind:

1.
Beförderungsbelege (§ 17b Absatz 3 Satz 1 Nummer 3 bis 5) oder Versendungsbelege (§ 17b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 und 2);
2.
folgende sonstige Belege:
a)
eine Versicherungspolice für die Beförderung oder die Versendung des Gegenstands der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet oder Bankunterlagen, die die Bezahlung der Beförderung oder der Versendung des Gegenstands der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet belegen;
b)
ein von einer öffentlicher Stelle (z. B. Notar) ausgestelltes offizielles Dokument, das die Ankunft des Gegenstands der Lieferung im übrigen Gemeinschaftsgebiet bestätigt;
c)
eine Bestätigung eines Lagerinhabers im übrigen Gemeinschaftsgebiet, dass die Lagerung des Gegenstands der Lieferung dort erfolgt.

(3) Das Finanzamt kann eine nach Absatz 1 bestehende Vermutung widerlegen.

(1) Eine innergemeinschaftliche Lieferung (§ 4 Nummer 1 Buchstabe b) liegt vor, wenn bei einer Lieferung die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

1.
der Unternehmer oder der Abnehmer hat den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet,
2.
der Abnehmer ist
a)
ein in einem anderen Mitgliedstaat für Zwecke der Umsatzsteuer erfasster Unternehmer, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erworben hat,
b)
eine in einem anderen Mitgliedstaat für Zwecke der Umsatzsteuer erfasste juristische Person, die nicht Unternehmer ist oder die den Gegenstand der Lieferung nicht für ihr Unternehmen erworben hat, oder
c)
bei der Lieferung eines neuen Fahrzeugs auch jeder andere Erwerber,
3.
der Erwerb des Gegenstands der Lieferung unterliegt beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerungund
4.
der Abnehmer im Sinne der Nummer 2 Buchstabe a oder b hat gegenüber dem Unternehmer eine ihm von einem anderen Mitgliedstaat erteilte gültige Umsatzsteuer-Identifikationsnummer verwendet.
Der Gegenstand der Lieferung kann durch Beauftragte vor der Beförderung oder Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet bearbeitet oder verarbeitet worden sein.

(2) Als innergemeinschaftliche Lieferung gilt auch das einer Lieferung gleichgestellte Verbringen eines Gegenstands (§ 3 Abs. 1a).

(3) Die Voraussetzungen der Absätze 1 und 2 müssen vom Unternehmer nachgewiesen sein. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer den Nachweis zu führen hat.

(4) Hat der Unternehmer eine Lieferung als steuerfrei behandelt, obwohl die Voraussetzungen nach Absatz 1 nicht vorliegen, so ist die Lieferung gleichwohl als steuerfrei anzusehen, wenn die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung auf unrichtigen Angaben des Abnehmers beruht und der Unternehmer die Unrichtigkeit dieser Angaben auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte. In diesem Fall schuldet der Abnehmer die entgangene Steuer.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist Autohändler und lieferte 13 gebrauchte PKW am 6. Dezember 2005 für insgesamt 46.150 € an die in Italien ansässige Abnehmerin P.R. Die vom Finanzgericht (FG) in Bezug genommene Rechnung vom 6. Dezember 2005 wies zwar keine Umsatzsteuer aus, enthielt jedoch auch keinen Hinweis auf das Vorliegen einer innergemeinschaftlichen Lieferung oder auf deren Steuerfreiheit. Die Rechnung war mit einem Firmenstempel der Abnehmerin und einer nicht leserlichen Unterschrift versehen. Der Rechnung beigefügt war eine nicht datierte Vollmacht in deutscher Sprache für F, dem Sohn der P.R., die den Stempel der Abnehmerfirma und eine Unterschrift mit dem Namenszug P.R. trug. Der Kläger hatte darüber hinaus eine Ausweiskopie der P.R., Bescheinigungen über deren steuerliche Erfassung in Italien und eine Handelskammereintragung der Firma der Abnehmerin zu seinen Unterlagen genommen. Dem Kläger lag weiter eine qualifizierte Bestätigungsantwort des Bundesamts für Finanzen (BfF) vor, die die angefragten Angaben nur hinsichtlich der Rechtsform der Abnehmerfirma nicht bestätigte. Die Fahrzeuge wurden von F abgeholt und auf einen Fahrzeugtransporter verladen. Der Kaufpreis wurde bar bezahlt. F unterschrieb eine auf Briefpapier der Firma R abgefasste Erklärung, nach der er zahlen- und typmäßig umschriebene Fahrzeuge nach Italien überführe. Diese Erklärung enthielt keinen Hinweis auf den Namen oder die Firma des Klägers. Eine Verbindung zur Lieferung des Klägers ergab sich nur über die Anzahl der Fahrzeuge, den Fahrzeugtyp und die Angabe einer Rechnungsnummer, die der in der Rechnung vom 6. Dezember 2005 angegebenen Nummer entsprach.

2

Aufgrund einer Mitteilung der italienischen Finanzverwaltung, nach der P.R. weder über einen Sitz noch einen für die Ausstellung von Fahrzeugen geeigneten Platz verfüge und weiter nie einen Autohandel betrieben habe, ging der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) im Anschluss an eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung davon aus, dass die Lieferung an P.R. steuerpflichtig sei, und erließ am 29. September 2006 einen geänderten Umsatzsteuerjahresbescheid für das Streitjahr 2005. Der Einspruch hatte keinen Erfolg.

3

Demgegenüber gab das FG der Klage statt. Der Kläger habe den Beleg- und Buchnachweis erbracht. Hierfür komme es nicht auf belegmäßige Vollmachten an. Die Unterschriften auf Vollmacht und Personalausweis stimmten hinreichend überein. Der Kläger habe nicht der Frage nachgehen müssen, ob P.R. den Inhalt der in schlechtem Deutsch verfassten Vollmacht verstanden habe. Die Identität des F, der die Fahrzeuge als Bevollmächtigter abgeholt habe, sei nicht streitig. Es sei ausreichend, dass der Kläger Einsicht in den Personalausweis des F genommen habe, ohne diesen zu kopieren. Aus dem italienischen Handelskammerauszug habe sich hinreichend klar ergeben, dass P.R. als Einzelunternehmer tätig gewesen sei. Dass die Bestätigungsanfragen beim BfF von der Firma R durchgeführt worden seien, sei unerheblich. Als belegmäßige Angabe des Bestimmungsorts reiche die Angabe des Bestimmungslandes Italien aus. Die wirtschaftliche Inaktivität der Abnehmerin P.R. stehe der Steuerfreiheit ebenso wenig entgegen, wie der Betrieb eines Einzelunternehmens durch den Bevollmächtigten F im Inland. Allerdings sei zweifelhaft, ob die Fahrzeuge nach Italien gelangt seien, da es sich bei F um einen Betrüger gehandelt habe, der unter dem Namen der P.R. eigene Geschäfte betrieben habe. Da weiter zumindest bei einem Fahrzeug erhebliche Zweifel an der Verbringung nach Italien bestünden, sei der Wahrheitsgehalt der Erklärung des F, die Fahrzeuge nach Italien zu verbringen, insgesamt zweifelhaft. Der Kläger könne aber Vertrauensschutz in Anspruch nehmen, da die Beleg- und Buchnachweise vollständig seien, der Kläger nicht erkennen konnte, dass F entgegen der Bevollmächtigung ein Eigengeschäft vorgenommen habe, und für den Kläger auch nicht erkennbar gewesen sei, dass die Fahrzeuge nicht nach Italien verbracht wurden. Es liege auch keine Verletzung von Sorgfaltspflichten vor. Für Hinweise auf eine Einbindung des Klägers in einen Steuerbetrug gebe es keinen Anhaltspunkt.

4

Mit seiner Revision macht das FA Verletzung materiellen Rechts geltend. Der Kläger habe den Belegnachweis nicht erbracht. Es sei unklar, ob es sich um eine Beförderung oder eine Versendung gehandelt habe. Im Fall einer Beförderung hätte das FG bei seiner Beweiswürdigung nicht von einer feststehenden Identität des Abholers ausgehen dürfen. Die Verbringungsversicherung sei gegenüber einer anderen Firma abgegeben worden und wirke daher nicht für den Kläger. Auf die Angabe des Bestimmungsorts könne auch bei Reihengeschäften nicht verzichtet werden. Der Kläger habe auf eine fremde Bestätigungsabfrage hinsichtlich der USt-Id-Nr. vertraut und die Identität des Abnehmers nicht durch Vorlage eines Kaufvertrages nachgewiesen. Weiter fehle ein Nachweis der Bevollmächtigung für den Vertragsabschluss. Die angebliche Abnehmerin P.R. habe nie einen Autohandel betrieben.

5

Das FA beantragt,

das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

6

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

7

Er habe den Beleg- und Buchnachweis vollständig erbracht. Ihm habe ein italienischer Handelskammerregisterauszug über P.R., eine Bestätigung ihrer USt-Id-Nr. und ein Verbringungsnachweis vorgelegen. Er habe auch den Personalausweis des Bevollmächtigten eingesehen.

Entscheidungsgründe

8

II. Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des FG-Urteils und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die Lieferung der Fahrzeuge ist nicht als innergemeinschaftliche Lieferung steuerfrei.

9

1. Innergemeinschaftliche Lieferungen können unter den Voraussetzungen des § 6a des Umsatzsteuergesetzes 1999/2005 (UStG) steuerfrei sein.

10

a) Nach § 6a Abs. 1 Satz 1 UStG ist eine innergemeinschaftliche Lieferung steuerfrei, wenn bei einer Lieferung die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

11

"... 1. Der Unternehmer oder der Abnehmer hat den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet,

2. der Abnehmer ist

a) ein Unternehmer, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erworben hat,

b) eine juristische Person, die nicht Unternehmer ist oder die den Gegenstand der Lieferung nicht für ihr Unternehmen erworben hat, oder

c) bei der Lieferung eines neuen Fahrzeuges auch jeder andere Erwerber

und

3. der Erwerb des Gegenstands der Lieferung unterliegt beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerung."

12

Der Unternehmer hat diese Voraussetzungen gemäß § 6a Abs. 3 UStG i.V.m. §§ 17a ff. der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung 1999/2005 (UStDV) nachzuweisen.

13

b) Unionsrechtlich beruht die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung auf Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG). Steuerfrei sind unter den Bedingungen, die die Mitgliedstaaten zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung der nachstehenden Befreiungen sowie zur Verhütung von Steuerhinterziehung, Steuerumgehung und Missbrauch festlegen danach "... die Lieferungen von Gegenständen im Sinne des Artikels 5, die durch den Verkäufer oder durch den Erwerber oder für ihre Rechnung nach Orten außerhalb des in Artikel 3 bezeichneten Gebietes, aber innerhalb der Gemeinschaft versandt oder befördert werden, wenn diese Lieferungen an einen anderen Steuerpflichtigen oder an eine nichtsteuerpflichtige juristische Person bewirkt werden, der/die als solcher/solche in einem anderen Mitgliedstaat als dem Beginn des Versandes oder der Beförderung der Gegenstände handelt".

14

c) Der Unternehmer kann grundsätzlich die Steuerfreiheit für die innergemeinschaftliche Lieferung in Anspruch nehmen, wenn er die nach § 6a Abs. 3 UStG i.V.m. §§ 17a ff. UStDV bestehenden Nachweispflichten erfüllt (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 12. Mai 2009 V R 65/06, BFHE 225, 264, BStBl II 2010, 511, unter II.B.2.b). Kommt der Unternehmer demgegenüber den Nachweispflichten nicht oder nur unvollständig nach, erweisen sich die Nachweisangaben bei einer Überprüfung als unzutreffend oder bestehen zumindest berechtigte Zweifel an der inhaltlichen Richtigkeit der Angaben, die der Unternehmer nicht ausräumt, ist von der Steuerpflicht der Lieferung auszugehen; trotz derartiger Mängel ist die Lieferung aber steuerfrei, wenn objektiv zweifelsfrei feststeht, dass die Voraussetzungen der Steuerfreiheit erfüllt sind (BFH-Urteil in BFHE 225, 264, BStBl II 2010, 511, unter II.B.2.b).

15

2. Der Kläger hat die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung nicht nachgewiesen.

16

a) Der Unternehmer hat die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG gemäß § 6a Abs. 3 UStG i.V.m. §§ 17a ff. UStDV beleg- und buchmäßig nachzuweisen.

17

Der Unternehmer soll dabei gemäß § 17a Abs. 2 UStDV in den Fällen, in denen er oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert, den Nachweis führen

18

"... 1. durch das Doppel der Rechnung (§§ 14, 14a des Gesetzes),

2. durch einen handelsüblichen Beleg, aus dem sich der Bestimmungsort ergibt, insbesondere Lieferschein,

3. durch eine Empfangsbestätigung des Abnehmers oder seines Beauftragten sowie

4. in den Fällen der Beförderung des Gegenstands durch den Abnehmer durch eine Versicherung des Abnehmers oder seines Beauftragten, den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet zu befördern".

19

b) Im Streitfall hat der Kläger den Belegnachweis nicht erbracht.

20

aa) Der Kläger hat über die Fahrzeuglieferung keine §§ 14, 14a UStG entsprechende Rechnung ausgestellt. Die Rechnung enthielt zwar keinen Steuerausweis, jedoch auch nicht den gemäß § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 8 UStG zusätzlich erforderlichen Hinweis auf die Steuerfreiheit der Lieferung als innergemeinschaftliche Lieferung. Bereits vor der Neuregelung der §§ 14, 14a UStG 1999 durch das Steueränderungsgesetz 2003 vom 15. Dezember 2003 (BGBl I 2003, 2645) war der Unternehmer, der steuerfreie Lieferungen i.S. des § 6a UStG ausführt, seit 1993 gemäß § 14a Abs. 1 UStG zur Ausstellung von Rechnungen verpflichtet, in denen er auf die Steuerfreiheit hinweist.

21

Mit einer Rechnung, die keinen Hinweis auf die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung enthält, kann der Unternehmer ebenso wenig wie mit einer Rechnung über eine der Differenzbesteuerung nach § 25a UStG unterliegende Lieferung ohne den entsprechenden Hinweis (BFH-Urteil vom 30. März 2006 V R 47/03, BFHE 213, 148, BStBl II 2006, 634, unter II.2.a cc und b) den gemäß § 17a Abs. 2 Nr. 1 UStDV erforderlichen Belegnachweis für eine innergemeinschaftliche Lieferung führen.

22

Maßgeblich ist insoweit, dass die Mitgliedstaaten gemäß Art. 22 Abs. 8 der Richtlinie 77/388/EWG die Pflichten vorsehen können, die sie als erforderlich erachten, um eine genaue Erhebung der Steuer sicherzustellen und Steuerhinterziehungen zu vermeiden, sofern diese Pflichten im Handelsverkehr zwischen den Mitgliedstaaten nicht zu Förmlichkeiten beim Grenzübertritt führen, wobei vom Lieferanten gefordert werden kann, dass er alle Maßnahmen ergreift, die vernünftigerweise von ihm verlangt werden können, um sicherzustellen, dass der von ihm getätigte Umsatz nicht zu seiner Beteiligung an einer Steuerhinterziehung führt (Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union --EuGH-- vom 27. September 2007 C-409/04, Teleos u.a., Slg. 2007, I-7797 Rdnrn. 64 f.).

23

Zu den Maßnahmen, die danach zulässigerweise vom Unternehmer gefordert werden können, gehört auch die Erteilung einer Rechnung, die auf das Vorliegen einer innergemeinschaftlichen Lieferung und deren Steuerfreiheit hinweist. Denn ohne derartige Rechnung ergibt sich für den Abnehmer der Lieferung kein Hinweis auf das Vorliegen einer innergemeinschaftlichen Lieferung und der hiermit verbundenen Verpflichtung zur Vornahme der Erwerbsbesteuerung. Das Rechnungsdoppel i.S. von § 17a Abs. 2 Nr. 1 UStDV dient dabei dadurch dem Nachweis der Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG, weil sich aus ihm ergeben soll, dass es sich bei der Lieferung um eine innergemeinschaftliche Lieferung handelt, die zusammen mit dem innergemeinschaftlichen Erwerb zu einem innergemeinschaftlichen Umsatz gehört. Beides bezweckt, die "Steuereinnahmen auf den Mitgliedstaat zu verlagern, in dem der Endverbrauch der gelieferten Gegenstände erfolgt" (EuGH-Urteil Teleos u.a. in Slg. 2007, I-7797 Rdnrn. 23 f., 36 f. und 41; vgl. auch EuGH-Urteile vom 27. September 2007 C-146/05, Collée, Slg. 2007, I-7861 Rdnr. 22; vom 27. September 2007 C-184/05, Twoh International, Slg. 2007, I-7897 Rdnr. 22; vom 22. April 2010 C-536/08, C-539/08, X und Facet Trading, BFH/NV 2010, 1225 Rdnr. 30, und vom 7. Dezember 2010 C-285/09, R, Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2011, 15, Rdnr. 37).

24

bb) Darüber hinaus liegt auch nicht der gemäß § 17a Abs. 2 Nr. 4 UStDV im Abholfall erforderliche Verbringungsnachweis vor. Zwar hat der von der Abnehmerin Beauftragte versichert, die in der Rechnung aufgeführten Fahrzeuge nach Italien zu verbringen. Diese Erklärung wurde jedoch nicht gegenüber dem Kläger, sondern gegenüber der Firma R abgegeben, die möglicherweise gleichfalls Fahrzeuge zur Lieferung nach Italien verkauft hatte. Mit einer gegenüber einer anderen Person als dem Unternehmer abgegebenen Verbringungserklärung, die den liefernden Unternehmer auch nicht namentlich bezeichnet, kann der Nachweis nach § 17a Abs. 2 Nr. 4 UStDV nicht geführt werden. Der erforderliche Zusammenhang zwischen Lieferung und Beförderung wird durch eine derartige Erklärung auch nicht hergestellt, wenn die Erklärung --wie im Streitfall-- nur eine Bezugnahme auf die Nummer der für diese Lieferung ausgestellten Rechnung enthält und im Übrigen lediglich den Liefergegenstand, der ggf. auch von Dritten geliefert werden kann, umschreibt. Dies genügt dem Erfordernis einer eindeutigen und leicht nachprüfbaren Nachweisführung (§ 17a Abs. 1 UStDV) nicht.

25

3. Der Unternehmer, der die Steuerfreiheit nicht beleg- und buchmäßig nachweisen kann, ist grundsätzlich berechtigt, die Voraussetzungen der Steuerfreiheit objektiv nachzuweisen (s. oben II.1.c). Ein Sonderfall, bei dem dieses Recht nicht besteht, wie z.B. bei einer Täuschung über die Identität des Abnehmers (EuGH-Urteil R in UR 2011, 15), liegt im Streitfall nach den Feststellungen des FG nicht vor.

26

Nach den für den Senat gleichfalls bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) steht aber nicht objektiv fest, dass die Voraussetzungen der Steuerfreiheit vorliegen. Ohne Rechtsverstoß konnte das FG dies darauf stützen, dass die Abnehmerin der Lieferung, P.R., nach der Auskunft der italienischen Finanzverwaltung kein Fahrzeughändler war, der von der Abnehmerin Beauftragte demgegenüber im Inland als Fahrzeughändler tätig war und einzelne der gelieferten Fahrzeuge auch nach der Lieferung im Inland zugelassen waren. Dass die Abnehmerin aufgrund einer qualifizierten Bestätigungsabfrage als Unternehmer anzusehen war, reicht im Hinblick auf die besonderen Umstände des Streitfalls nicht aus, um die Voraussetzungen der Steuerfreiheit objektiv nachzuweisen.

27

4. Die Lieferung ist entgegen dem FG-Urteil auch nicht gemäß § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG steuerfrei.

28

a) Hat der Unternehmer eine Lieferung als steuerfrei behandelt, obwohl die Voraussetzungen nach § 6a Abs. 1 UStG nicht vorliegen, ist die Lieferung gemäß § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG gleichwohl steuerfrei, wenn die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung auf unrichtigen Angaben des Abnehmers beruht und der Unternehmer die Unrichtigkeit dieser Angaben auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte.

29

Für diese Vorschrift besteht zwar keine ausdrückliche Grundlage in der Richtlinie 77/388/EWG. Sie entspricht jedoch der Rechtsprechung des EuGH. Danach sind die zuständigen Behörden des Liefermitgliedstaats nicht befugt, einen gutgläubigen Lieferanten, der Beweise vorgelegt hat, die dem ersten Anschein nach sein Recht auf Befreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung von Gegenständen belegen, zu verpflichten, später Mehrwertsteuer auf diese Gegenstände zu entrichten, wenn die Beweise sich als falsch herausstellen, jedoch nicht erwiesen ist, dass der Lieferant an der Steuerhinterziehung beteiligt war, soweit er alle ihm zur Verfügung stehenden zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, um sicherzustellen, dass die von ihm vorgenommene innergemeinschaftliche Lieferung nicht zu seiner Beteiligung an einer solchen Steuerhinterziehung führt (EuGH-Urteil Teleos u.a. in Slg. 2007, I-7797, dritter Leitsatz).

30

b) Die Steuerfreiheit nach § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG setzt voraus, dass der Unternehmer den Nachweispflichten nach § 6a Abs. 3 UStG i.V.m. §§ 17a ff. UStDV als Voraussetzung für die Steuerfreiheit nach § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG ihrer Art nach nachkommt (BFH-Urteil vom 15. Juli 2004 V R 1/04, BFH/NV 2005, 81, Leitsatz 2). Maßgeblich ist hierfür die formelle Vollständigkeit, nicht aber auch die inhaltliche Richtigkeit der Beleg- und Buchangaben, da § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG das Vertrauen auf unrichtige Abnehmerangaben schützt.

31

Im Streitfall ist zu berücksichtigen, dass der Belegnachweis in mehrfacher Hinsicht unvollständig ist. Denn der Kläger hat keine Rechnung mit dem erforderlichen Hinweis auf die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung erteilt; weiter liegt auch keine ihm gegenüber abgegebene Verbringungserklärung vor (s. oben II.2.b). Der Kläger hat daher nicht alle ihm zur Verfügung stehenden zumutbaren Maßnahmen ergriffen, um eine objektive Beteiligung an einer Steuerhinterziehung auszuschließen, ohne dass es dabei darauf ankommt, ob ihm ein subjektiver Vorwurf zu machen ist. Dass dem Kläger eine qualifizierte Bestätigungsabfrage zur USt-Id-Nr. der Abnehmerin vorlag, ersetzt das Fehlen des Belegnachweises nicht.

32

5. Das FG hat danach die Steuerfreiheit der Lieferung zu Unrecht bejaht. Die Sache ist spruchreif. Die Klage ist abzuweisen, da der Kläger die Steuerfreiheit nach § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG entgegen dem Urteil des FG nicht beanspruchen kann.

(1) Für die Zwecke der Anwendung der Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen (§ 4 Nummer 1 Buchstabe b des Gesetzes) wird vermutet, dass der Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet wurde, wenn eine der folgenden Voraussetzungen erfüllt ist:

1.
Der liefernde Unternehmer gibt an, dass der Gegenstand der Lieferung von ihm oder von einem von ihm beauftragten Dritten in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet wurde und ist im Besitz folgender einander nicht widersprechenden Belege, welche jeweils von unterschiedlichen Parteien ausgestellt wurden, die voneinander, vom liefernden Unternehmer und vom Abnehmer unabhängig sind:
a)
mindestens zwei Belege nach Absatz 2 Nummer 1 oder
b)
einem Beleg nach Absatz 2 Nummer 1 und einem Beleg nach Absatz 2 Nummer 2, mit dem die Beförderung oder die Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet bestätigt wird.
2.
Der liefernde Unternehmer ist im Besitz folgender Belege:
a)
einer Gelangensbestätigung (§ 17b Absatz 2 Satz 1 Nummer 2), die der Abnehmer dem liefernden Unternehmer spätestens am zehnten Tag des auf die Lieferung folgenden Monats vorlegt und
b)
folgender einander nicht widersprechenden Belege, welche jeweils von unterschiedlichen Parteien ausgestellt wurden, die voneinander, vom liefernden Unternehmer und vom Abnehmer unabhängig sind:
aa)
mindestens zwei Belege nach Absatz 2 Nummer 1 oder
bb)
einem Beleg nach Absatz 2 Nummer 1 und einem Beleg nach Absatz 2 Nummer 2, mit dem die Beförderung oder die Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet bestätigt wird.

(2) Belege im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 und 2 sind:

1.
Beförderungsbelege (§ 17b Absatz 3 Satz 1 Nummer 3 bis 5) oder Versendungsbelege (§ 17b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 und 2);
2.
folgende sonstige Belege:
a)
eine Versicherungspolice für die Beförderung oder die Versendung des Gegenstands der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet oder Bankunterlagen, die die Bezahlung der Beförderung oder der Versendung des Gegenstands der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet belegen;
b)
ein von einer öffentlicher Stelle (z. B. Notar) ausgestelltes offizielles Dokument, das die Ankunft des Gegenstands der Lieferung im übrigen Gemeinschaftsgebiet bestätigt;
c)
eine Bestätigung eines Lagerinhabers im übrigen Gemeinschaftsgebiet, dass die Lagerung des Gegenstands der Lieferung dort erfolgt.

(3) Das Finanzamt kann eine nach Absatz 1 bestehende Vermutung widerlegen.

(1) Hat der Unternehmer oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das Drittlandsgebiet versendet, hat der Unternehmer den Ausfuhrnachweis durch folgenden Beleg zu führen:

1.
bei Ausfuhranmeldung im elektronischen Ausfuhrverfahren nach Artikel 326 der Durchführungsverordnung zum Zollkodex der Union mit dem Ausgangsvermerk;
2.
bei allen anderen Ausfuhranmeldungen:
a)
mit einem Versendungsbeleg, insbesondere durch handelsrechtlichen Frachtbrief, der vom Auftraggeber des Frachtführers unterzeichnet ist, mit einem Konnossement, mit einem Einlieferungsschein für im Postverkehr beförderte Sendungen oder deren Doppelstücke, oder
b)
mit einem anderen handelsüblichen Beleg als den Belegen nach Buchstabe a, insbesondere mit einer Bescheinigung des beauftragten Spediteurs; dieser Beleg hat folgende Angaben zu enthalten:
aa)
den Namen und die Anschrift des mit der Beförderung beauftragten Unternehmers sowie das Ausstellungsdatum,
bb)
den Namen und die Anschrift des liefernden Unternehmers und des Auftraggebers der Versendung,
cc)
die Menge und die Art (handelsübliche Bezeichnung) des ausgeführten Gegenstands,
dd)
den Ort und den Tag der Ausfuhr oder den Ort und den Tag der Versendung des ausgeführten Gegenstands in das Drittlandsgebiet,
ee)
den Empfänger des ausgeführten Gegenstands und den Bestimmungsort im Drittlandsgebiet,
ff)
eine Versicherung des mit der Beförderung beauftragten Unternehmers darüber, dass die Angaben im Beleg auf der Grundlage von Geschäftsunterlagen gemacht wurden, die im Gemeinschaftsgebiet nachprüfbar sind, sowie
gg)
die Unterschrift des mit der Beförderung beauftragten Unternehmers.
Hat der Unternehmer statt des Ausgangsvermerks einen Alternativ-Ausgangsvermerk, gilt dieser als Ausfuhrnachweis.

(2) Bei der Ausfuhr von Fahrzeugen im Sinne des § 1b Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 des Gesetzes, die zum bestimmungsmäßigen Gebrauch im Straßenverkehr einer Zulassung bedürfen, muss

1.
der Beleg nach Absatz 1 auch die Fahrzeug-Identifikationsnummer enthalten und
2.
der Unternehmer zusätzlich über eine Bescheinigung über die Zulassung, die Verzollung oder die Einfuhrbesteuerung im Drittland verfügen.
Satz 1 Nummer 2 gilt nicht in den Fällen, in denen das Fahrzeug mit einem Ausfuhrkennzeichen ausgeführt wird, wenn aus dem Beleg nach Satz 1 Nummer 1 die Nummer des Ausfuhrkennzeichens ersichtlich ist, oder in denen das Fahrzeug nicht im Sinne der Fahrzeug-Zulassungsverordnung auf öffentlichen Straßen in Betrieb gesetzt worden ist und nicht auf eigener Achse in das Drittlandsgebiet ausgeführt wird.

(3) Ist eine Ausfuhr elektronisch angemeldet worden und ist es dem Unternehmer nicht möglich oder nicht zumutbar, den Ausfuhrnachweis nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 zu führen, kann dieser die Ausfuhr mit den in Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 genannten Belegen nachweisen. In den Fällen nach Satz 1 muss der Beleg zusätzlich zu den Angaben nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 die Versendungsbezugsnummer der Ausfuhranmeldung nach Artikel 226 der Durchführungsverordnung zum Zollkodex der Union (Master Reference Number – MRN) enthalten.

(4) Ist es dem Unternehmer nicht möglich oder nicht zumutbar, den Ausfuhrnachweis nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 zu führen, kann er die Ausfuhr wie in Beförderungsfällen nach § 9 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 nachweisen.

(1) Für die Zwecke der Anwendung der Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen (§ 4 Nummer 1 Buchstabe b des Gesetzes) wird vermutet, dass der Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet wurde, wenn eine der folgenden Voraussetzungen erfüllt ist:

1.
Der liefernde Unternehmer gibt an, dass der Gegenstand der Lieferung von ihm oder von einem von ihm beauftragten Dritten in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet wurde und ist im Besitz folgender einander nicht widersprechenden Belege, welche jeweils von unterschiedlichen Parteien ausgestellt wurden, die voneinander, vom liefernden Unternehmer und vom Abnehmer unabhängig sind:
a)
mindestens zwei Belege nach Absatz 2 Nummer 1 oder
b)
einem Beleg nach Absatz 2 Nummer 1 und einem Beleg nach Absatz 2 Nummer 2, mit dem die Beförderung oder die Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet bestätigt wird.
2.
Der liefernde Unternehmer ist im Besitz folgender Belege:
a)
einer Gelangensbestätigung (§ 17b Absatz 2 Satz 1 Nummer 2), die der Abnehmer dem liefernden Unternehmer spätestens am zehnten Tag des auf die Lieferung folgenden Monats vorlegt und
b)
folgender einander nicht widersprechenden Belege, welche jeweils von unterschiedlichen Parteien ausgestellt wurden, die voneinander, vom liefernden Unternehmer und vom Abnehmer unabhängig sind:
aa)
mindestens zwei Belege nach Absatz 2 Nummer 1 oder
bb)
einem Beleg nach Absatz 2 Nummer 1 und einem Beleg nach Absatz 2 Nummer 2, mit dem die Beförderung oder die Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet bestätigt wird.

(2) Belege im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 und 2 sind:

1.
Beförderungsbelege (§ 17b Absatz 3 Satz 1 Nummer 3 bis 5) oder Versendungsbelege (§ 17b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 und 2);
2.
folgende sonstige Belege:
a)
eine Versicherungspolice für die Beförderung oder die Versendung des Gegenstands der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet oder Bankunterlagen, die die Bezahlung der Beförderung oder der Versendung des Gegenstands der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet belegen;
b)
ein von einer öffentlicher Stelle (z. B. Notar) ausgestelltes offizielles Dokument, das die Ankunft des Gegenstands der Lieferung im übrigen Gemeinschaftsgebiet bestätigt;
c)
eine Bestätigung eines Lagerinhabers im übrigen Gemeinschaftsgebiet, dass die Lagerung des Gegenstands der Lieferung dort erfolgt.

(3) Das Finanzamt kann eine nach Absatz 1 bestehende Vermutung widerlegen.

(1) Eine innergemeinschaftliche Lieferung (§ 4 Nummer 1 Buchstabe b) liegt vor, wenn bei einer Lieferung die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

1.
der Unternehmer oder der Abnehmer hat den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet,
2.
der Abnehmer ist
a)
ein in einem anderen Mitgliedstaat für Zwecke der Umsatzsteuer erfasster Unternehmer, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erworben hat,
b)
eine in einem anderen Mitgliedstaat für Zwecke der Umsatzsteuer erfasste juristische Person, die nicht Unternehmer ist oder die den Gegenstand der Lieferung nicht für ihr Unternehmen erworben hat, oder
c)
bei der Lieferung eines neuen Fahrzeugs auch jeder andere Erwerber,
3.
der Erwerb des Gegenstands der Lieferung unterliegt beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerungund
4.
der Abnehmer im Sinne der Nummer 2 Buchstabe a oder b hat gegenüber dem Unternehmer eine ihm von einem anderen Mitgliedstaat erteilte gültige Umsatzsteuer-Identifikationsnummer verwendet.
Der Gegenstand der Lieferung kann durch Beauftragte vor der Beförderung oder Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet bearbeitet oder verarbeitet worden sein.

(2) Als innergemeinschaftliche Lieferung gilt auch das einer Lieferung gleichgestellte Verbringen eines Gegenstands (§ 3 Abs. 1a).

(3) Die Voraussetzungen der Absätze 1 und 2 müssen vom Unternehmer nachgewiesen sein. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer den Nachweis zu führen hat.

(4) Hat der Unternehmer eine Lieferung als steuerfrei behandelt, obwohl die Voraussetzungen nach Absatz 1 nicht vorliegen, so ist die Lieferung gleichwohl als steuerfrei anzusehen, wenn die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung auf unrichtigen Angaben des Abnehmers beruht und der Unternehmer die Unrichtigkeit dieser Angaben auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte. In diesem Fall schuldet der Abnehmer die entgangene Steuer.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GmbH, betrieb im Streitjahr 2003 einen Kraftfahrzeughandel. Sie lieferte am 22. Januar 2003 einen Porsche 911 Carrera 4S Coupe umsatzsteuerfrei zum Preis von ... € an die in Italien ansässige "Abnehmerin" T mit Sitz in V. Das Fahrzeug wurde durch Vermittlung einer Firma S durch einen Bevollmächtigten bei der Klägerin abgeholt, der den Kaufpreis bar bezahlte. Als Abholer trat ein Herr mit dem Namen B auf, von dem sich die Klägerin eine Kopie des Personalausweises vorlegen ließ. Die Empfangsbestätigung auf der Rechnung beinhaltet den handschriftlichen Vermerk "Fzg. wird gem. Kaufvertrag vom 21.01.2003 nach Italien ausgeführt" und ist mit dem Namen "B" unterschrieben. Diese Unterschrift weicht von der Unterschrift auf der Personalausweiskopie ab.

2

Im Anschluss an eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung behandelte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) den bis zu diesem Zeitpunkt als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung angesehenen Umsatz als steuerpflichtig und erließ am 12. Juli 2004 einen geänderten Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2003, in dem es die Umsatzsteuer um insgesamt ... € erhöhte. Das FA hat für den Umsatz mit T einen Umsatzsteuerbetrag von ... € und für einen weiteren, revisionsrechtlich nicht angegriffenen Geschäftsvorfall einen Betrag von ... € angesetzt. Die Versagung der Steuerfreiheit für die Lieferung an T beruht auf einer Mitteilung des Bundesamtes für Finanzen, nach der T ein Scheinunternehmen war, was nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) zwischen den Beteiligten unstreitig ist.

3

Der Einspruch hatte keinen Erfolg.

4

Das FG gab der Klage hinsichtlich der Lieferung des Porsche 911 Carrera an T unter Herabsetzung der Umsatzsteuer um ... € statt und wies die Klage im Übrigen in dem revisionsrechtlich nicht angegriffenen Teil ab. Für die Lieferung des Porsche 911 Carrera an T seien zwar die Voraussetzungen des § 4 Nr. 1 Buchst. b i.V.m. § 6a Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) nicht erfüllt, denn der Abnehmer --die T-- sei ein Nichtunternehmer ("Scheinunternehmer") gewesen. Gleichwohl sei die Lieferung als steuerfrei zu behandeln, weil die Voraussetzungen des § 6a Abs. 4 UStG vorlägen.

5

Die Klägerin habe keine Zweifel am tatsächlichen Abholer haben müssen. Sie habe sich sämtliche Belege, die nach § 17a der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) erforderlich seien, vorlegen lassen. Insbesondere habe sie den Belegnachweis gemäß § 17a Abs. 2 Nr. 4 UStDV erfüllt. Danach sei der Nachweis der innergemeinschaftlichen Lieferung in den Fällen der Beförderung des Gegenstands durch den Abnehmer durch eine Versicherung des Abnehmers oder seines Beauftragten, den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet zu befördern, zu führen. Dies sei erfüllt, denn die Klägerin habe durch den Vermittler S einen Handelsregisterauszug betreffend der T vorgelegt. Damit verbunden sei eine Versicherung gewesen, dass das Fahrzeug nach Italien befördert werden solle. Diese Versicherung sei auch schriftlich und in deutscher Sprache erfolgt. Sie enthalte unter Bezugnahme auf den Handelsregisterauszug Name und Anschrift der T (Abnehmer) sowie eine mit Datum versehene Unterschrift des Abnehmers bzw. in diesem Fall des Bevollmächtigten B. Damit habe die Klägerin ihre Sorgfaltspflichten aus § 6a Abs. 4 UStG erfüllt. Soweit die Finanzverwaltung im Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 5. Mai 2010 IV D 3-S 7141/08/10001, 2010/ 0334195 (BStBl I 2010, 508) in Tz. 32 die Auffassung vertrete, "die Unterschrift (müsse) ggf. einen Vergleich mit der Unterschrift auf der Passkopie des Abnehmers (bzw. dessen Vertretungsberechtigten oder des unselbständigen Beauftragten) ermöglichen", sei dies unverhältnismäßig. Zum einen könne sich eine Unterschrift durchaus im Laufe mehrerer Jahre verändern, zum anderen sehe eine Unterschrift auf einem Personalausweis, bei dem nur wenig Platz für die Unterschrift bestehe, häufig anders aus als auf anderen Unterlagen. Dass im Streitfall die Unterschrift auf der Empfangsbestätigung mit der Unterschrift des B auf seinem Personalausweis nicht ohne Weiteres übereinstimme, könne deshalb nicht zum Nachteil der Klägerin ausgelegt werden. Weitere Umstände, die einen Verstoß gegen die Sorgfaltspflichten eines ordentlichen Kaufmanns i.S. des § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG rechtfertigen könnten, seien im Streitfall nicht ersichtlich.

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Mit seiner Revision macht das FA die Verletzung materiellen Rechts geltend. Das Urteil des FG verstoße gegen § 4 Nr. 1 Buchst. b i.V.m. § 6a UStG. Bei Barverkäufen hochwertiger Gegenstände seien an die Sorgfaltspflichten besonders hohe Anforderungen zu stellen. Die Umstände, dass ein hochwertiges Fahrzeug in bar veräußert werde und auffällige Unterschiede zwischen der Unterschrift auf dem vom Abholer vorgelegten Pass und der Verbringenserklärung bestehen, müssten den Unternehmer zu besonderer Sorgfalt hinsichtlich der Identität des angeblichen Vertragspartners und des Abholers veranlassen. In die Würdigung, ob ein Unternehmer mit der erforderlichen kaufmännischen Sorgfalt gehandelt habe, seien alle Umstände einzubeziehen (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 12. Mai 2009 V R 65/06, BFHE 225, 264, BStBl II 2010, 511). Von diesen Rechtssätzen weiche das FG ab. Zum einen halte es den Umstand, dass die Unterschriften auf dem vom Abholer vorgelegten Personalausweis und der Verbringenserklärung auffällige Unterschiede aufwiesen, für unbeachtlich. Denn es habe den Rechtssatz aufgestellt, dass ein Vergleich der Unterschriften unverhältnismäßig sei. Zum anderen würdige das FG nicht alle Umstände. Es würdige insbesondere nicht, dass die Klägerin ein hochwertiges Fahrzeug veräußert habe, der Kaufpreis von ... € in bar entrichtet worden sei, die Vermittlung des Verkaufs des gebrauchten Fahrzeugs über die S erfolgt sei und S den Handelsregisterauszug des Abnehmers vorgelegt habe. Gerade diese Umstände hätten die Klägerin zu besonderer Sorgfalt hinsichtlich der Identität des angeblichen Vertragspartners und des Abholers veranlassen müssen.

7

Die Frage des Gutglaubensschutzes stelle sich daher nicht, weil die Klägerin ihren Nachweispflichten nicht nachgekommen sei. Es fehle an Belegen, aus denen sich insbesondere der tatsächliche Abholer der angeblichen innergemeinschaftlichen Lieferung und dessen Berechtigung leicht und einfach nachprüfbar habe entnehmen lassen.

8

Das FA beantragt,
das Urteil des FG insoweit aufzuheben, als es der Klage stattgegeben hat, und die Klage insgesamt abzuweisen.

9

Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

10

Sie habe den Beleg- und Buchnachweis vollständig erbracht. Die Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung i.S. von § 6a Abs. 1 UStG seien unstreitig nicht erfüllt, weil --wie sich später herausstellte-- es sich bei dem Kunden um einen Nichtunternehmer gehandelt habe. Die Klägerin habe die Unrichtigkeit der Angaben der Abnehmer auch bei Beachtung der größten Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen können. Der von dem FA zitierte Beschluss vom 6. November 2008 V B 126/07 (BFH/NV 2009, 234) behandle einen abweichenden Fall, in dem das betreffende Fahrzeug sofort zum selben Preis weiterverkauft worden und dies dem liefernden Unternehmer bekannt gewesen sei, so dass tatsächlich bei dem Lieferer der Verdacht einer versuchten Steuerhinterziehung aufkommen könne. Im Streitfall habe es jedoch keinen ähnlichen Anlass gegeben, an der Richtigkeit der vorgelegten Unterlagen zu zweifeln.

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Auch die Barzahlung des Kaufpreises sei nach der Erfahrung bei Exportgeschäften von Luxussportwagen nicht ungewöhnlich, sondern die Regel und die einzig praktikable Lösung bei Fahrzeugverkäufen ins Ausland. Gerade bei so mobilen Gegenständen wie Autos wolle der Verkäufer nicht das Risiko eines Forderungsausfalls tragen, sondern bestehe auf Barzahlung oder vollständiger bargeldloser Vorauszahlung; dies gelte gerade für Exportgeschäfte. Wenn das FA behaupte, dass eine "Barzahlung ungewöhnlich" sei und das Misstrauen der Klägerin habe wecken müssen, so sei diese Auffassung wirklichkeitsfremd.

Entscheidungsgründe

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II. Die Revision des FA ist begründet. Sie führt hinsichtlich der zu beurteilenden Lieferung des Porsche 911 Carrera an T zur Aufhebung des FG-Urteils und zur Zurückverweisung an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das Urteil des FG verletzt § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG. Der Senat kann aufgrund der vom FG getroffenen Feststellungen nicht entscheiden, ob für das Fahrzeug Porsche 911 Carrera die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit einer innergemeinschaftlichen Lieferung vorliegen.

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1. Das FG ist zu Recht davon ausgegangen, dass im Streitfall die Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung nicht nachgewiesen sind.

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Innergemeinschaftliche Lieferungen können unter den Voraussetzungen des § 6a UStG steuerfrei sein.

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a) Nach § 6a Abs. 1 Satz 1 UStG ist eine innergemeinschaftliche Lieferung steuerfrei, wenn bei einer Lieferung die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:
"... 1. Der Unternehmer oder der Abnehmer hat den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet,
2. der Abnehmer ist
a) ein Unternehmer, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erworben hat,
b) eine juristische Person, die nicht Unternehmer ist oder die den Gegenstand der Lieferung nicht für ihr Unternehmen erworben hat, oder
c) bei der Lieferung eines neuen Fahrzeuges auch jeder andere Erwerber
und
3. der Erwerb des Gegenstands der Lieferung unterliegt beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerung."

16

Der Unternehmer hat diese Voraussetzungen gemäß § 6a Abs. 3 UStG i.V.m. §§ 17a ff. UStDV nachzuweisen.

17

Der Unternehmer soll dabei gemäß § 17a Abs. 2 UStDV in den Fällen, in denen er oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert, den Nachweis führen
"... 1. durch das Doppel der Rechnung (§§ 14, 14a des Gesetzes),
2. durch einen handelsüblichen Beleg, aus dem sich der Bestimmungsort ergibt, insbesondere Lieferschein,
3. durch eine Empfangsbestätigung des Abnehmers oder seines Beauftragten sowie
4. in den Fällen der Beförderung des Gegenstands durch den Abnehmer durch eine Versicherung des Abnehmers oder seines Beauftragten, den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet zu befördern."

18

Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung müssen eindeutig und leicht nachprüfbar aus der Buchführung zu ersehen sein (§ 17c Abs. 1 Satz 2 UStDV).

19

Nach § 17c Abs. 2 UStDV soll der Unternehmer regelmäßig Folgendes aufzeichnen:
"... 9. den Bestimmungsort im übrigen Gemeinschaftsgebiet."

20

b) Unionsrechtlich beruht die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung auf Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG; vgl. nunmehr Art. 131, 138 f. der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem --MwStSystRL--).

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Steuerfrei sind unter den Bedingungen, die die Mitgliedstaaten zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung der nachstehenden Befreiungen sowie zur Verhütung von Steuerhinterziehung, Steuerumgehung und Missbrauch festlegen danach "... die Lieferungen von Gegenständen im Sinne des Artikels 5, die durch den Verkäufer oder durch den Erwerber oder für ihre Rechnung nach Orten außerhalb des in Artikel 3 bezeichneten Gebietes, aber innerhalb der Gemeinschaft versandt oder befördert werden, wenn diese Lieferungen an einen anderen Steuerpflichtigen oder an eine nichtsteuerpflichtige juristische Person bewirkt werden, der/die als solcher/solche in einem anderen Mitgliedstaat als dem Beginn des Versands oder der Beförderung der Gegenstände handelt."

22

c) Der Unternehmer kann grundsätzlich die Steuerfreiheit für eine innergemeinschaftliche Lieferung in Anspruch nehmen, wenn er die nach § 6a Abs. 3 UStG i.V.m. §§ 17a ff. UStDV bestehenden Nachweispflichten erfüllt (BFH-Urteile in BFHE 225, 264, BStBl II 2010, 511, unter II.B.2.b; vom 12. Mai 2011 V R 46/10, BFHE 234, 436, BStBl II 2011, 957, Rz 14; vom 15. Februar 2012 XI R 42/10, BFH/NV 2012, 1188, Rz 14). Kommt der Unternehmer den Nachweispflichten nicht oder nur unvollständig nach, erweisen sich die Nachweisangaben bei einer Überprüfung als unzutreffend oder bestehen zumindest berechtigte Zweifel an der inhaltlichen Richtigkeit der Angaben, die der Unternehmer nicht ausräumt, ist von der Steuerpflicht der Lieferung auszugehen; trotz derartiger Mängel ist die Lieferung aber steuerfrei, wenn objektiv zweifelsfrei feststeht, dass die Voraussetzungen der Steuerfreiheit erfüllt sind (BFH-Urteile in BFHE 225, 264, BStBl II 2010, 511, unter II.B.2.b; in BFHE 234, 436, BStBl II 2011, 957, Rz 14; in BFH/NV 2012, 1188, Rz 14).

23

d) Im Streitfall fehlt es bereits am Nachweis, wer der wirkliche Abnehmer des PKW war. Nach den Feststellungen des FG war --was zwischen den Beteiligten unstreitig ist-- T lediglich ein Scheinunternehmen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG liegen daher nicht vor.

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2. Entgegen der Auffassung des FG ist die Vertrauensschutzregelung des § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG nicht anwendbar.

25

a) Hat der Unternehmer eine Lieferung als steuerfrei behandelt, obwohl die Voraussetzungen nach § 6a Abs. 1 UStG nicht vorliegen, ist die Lieferung gemäß § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG gleichwohl steuerfrei, wenn die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung auf unrichtigen Angaben des Abnehmers beruht und der Unternehmer die Unrichtigkeit dieser Angaben auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte (BFH-Urteil in BFHE 234, 436, BStBl II 2011, 957, Rz 28).

26

b) Auffällige Unterschiede zwischen der Unterschrift auf dem vom Abholer vorgelegten Pass und der Verbringenserklärung können Umstände darstellen, die die Klägerin zu besonderer Sorgfalt hinsichtlich der Identität des angeblichen Vertragspartners und des Abholers hätten veranlassen müssen (BFH-Beschluss in BFH/NV 2009, 234, unter 3.). Solche auffälligen Unterschiede liegen im Streitfall vor. Die Unterschrift unter der Empfangsbestätigung auf der Rechnung weicht von der Unterschrift auf der Personalausweiskopie --auf den ersten Blick erkennbar-- ganz erheblich ab.

27

c) Das FG ist von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Es hält die Auffassung der Finanzverwaltung (BMF-Schreiben in BStBl I 2010, 508, Tz. 32; Abschn. 6a.3. Abs. 9 Satz 5 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses), dass die Unterschrift ggf. einen "Vergleich mit der Unterschrift auf der Passkopie des Abnehmers (bzw. dessen Vertretungsberechtigten oder des unselbständigen Beauftragten) ermöglichen" müsse, per se für unverhältnismäßig und lässt den Umstand, dass die Unterschrift auf der Empfangsbestätigung mit der Unterschrift des B auf seinem Personalausweis nicht übereinstimmt, bei der Würdigung, ob die Klägerin mit der erforderlichen kaufmännischen Sorgfalt gehandelt hat, unzutreffend von vornherein außer Acht. Der Senat verkennt nicht, dass sich eine Unterschrift im Einzelfall im Laufe mehrerer Jahre verändern und eine Unterschrift auf einem Personalausweis, bei dem wenig Platz für die Unterschrift besteht, ein anderes Bild als auf sonstigen Unterlagen haben kann. Diese Umstände rechtfertigen es entgegen der Ansicht des FG aber nicht, die auffälligen Unterschiede in den Unterschriften in die Prüfung und Würdigung gar nicht erst miteinzubeziehen.

28

3. Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG wird im zweiten Rechtsgang Folgendes zu berücksichtigen haben:

29

a) Die Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen (§ 4 Nr. 1 Buchst. b, § 6a UStG) ist gemäß § 25a Abs. 7 Nr. 3 UStG ausgeschlossen für Lieferungen, die der Differenzbesteuerung unterliegen; diese sind steuerpflichtig. Die Ausnahme entspricht Art. 26a Teil B, Teil D Buchst. c i.V.m. Art. 28c Teil A Buchst. c der Richtlinie 77/388/EWG (vgl. BFH-Urteil vom 7. Dezember 2006 V R 52/03, BFHE 216, 367, BStBl II 2007, 420, unter II.1.). Anhaltspunkt für eine ggf. durchzuführende Differenzbesteuerung könnte insoweit der Eintrag eines Umsatzsteuerbetrags in Höhe von ... € in der Zeile "nicht auszuweisen im Rahmen der Differenzbesteuerung gem. § 25a UStG" im Kaufvertrag sein.

30

Das FG hat keine Feststellungen getroffen, die eine Entscheidung darüber ermöglichen, ob die Klägerin die streitbefangene Kfz-Lieferung im Rahmen der Differenzbesteuerung ausgeführt hat. Gemäß § 25a Abs. 1 UStG gilt für Lieferungen i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG von beweglichen körperlichen Gegenständen eine Differenzbesteuerung, wenn u.a. folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

"1. Der Unternehmer ist ein Wiederverkäufer. Als Wiederverkäufer gilt, wer gewerbsmäßig mit beweglichen körperlichen Gegenständen handelt oder solche Gegenstände im eigenen Namen öffentlich versteigert.

2. Die Gegenstände wurden an den Wiederverkäufer im Gemeinschaftsgebiet geliefert. Für diese Lieferung wurde

a) Umsatzsteuer nicht geschuldet oder nach § 19 Abs. 1 nicht erhoben oder

b) die Differenzbesteuerung vorgenommen.
..."

31

Eine Differenzbesteuerung käme allerdings gemäß § 25a Abs. 7 Nr. 1 Buchst. b UStG nicht zur Anwendung, wenn es sich um die innergemeinschaftliche Lieferung eines neuen Fahrzeugs i.S. des § 1b Abs. 2 und 3 UStG handelt. Dafür könnte --sofern der Kilometerstand in der "Verbindlichen Bestellung" des Fahrzeugs vom 20. Januar 2003 korrekt ausgewiesen ist-- der niedrige Kilometerstand sprechen. Widersprüchlich ist jedoch, dass nach den dortigen Angaben die gesamte km-Leistung laut Vorbesitzer 0 km und der km-Stand laut Zähler indes 4 500 km beträgt.

32

Das FG hat die erforderlichen Feststellungen nachzuholen.

33

b) Sofern die Lieferung nicht der Differenzbesteuerung unterliegt, stellt sich im Rahmen der nachfolgend zu prüfenden innergemeinschaftlichen Lieferung die Frage, ob der Unternehmer die Unrichtigkeit der Angaben des Abnehmers auch bei Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte, erst dann, wenn der Unternehmer seinen Nachweispflichten nach §§ 17a ff. UStDV vollständig nachgekommen ist (BFH-Urteile vom 15. Juli 2004 V R 1/04, BFH/NV 2005, 81, Leitsatz 2; in BFH/NV 2012, 1188, Rz 32). Maßgeblich ist hierfür die formelle Vollständigkeit, nicht aber auch die inhaltliche Richtigkeit der Beleg- und Buchangaben, da § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG das Vertrauen auf unrichtige Abnehmerangaben schützt (BFH-Urteil in BFHE 234, 436, BStBl II 2011, 957, Rz 30; in BFH/NV 2012, 1188, Rz 32).

34

Die Ausführungen des FG sind insoweit unzureichend, da es keine Feststellungen zu dem Bestimmungsort des Liefergegenstands Porsche 911 Carrera (vgl. § 17a Abs. 2 Nr. 2, § 17c Abs. 2 Nr. 9 UStDV) getroffen hat. Der Gesetzeszweck des § 6a Abs. 1 UStG erfordert den Nachweis des Bestimmungsorts der innergemeinschaftlichen Lieferung, um die Warenbewegung nachzuvollziehen und um sicherzustellen, dass der gemeinschaftliche Erwerb in dem anderen Mitgliedstaat als Bestimmungsland den Vorschriften der Erwerbsbesteuerung unterliegt (vgl. BFH-Urteil in BFHE 216, 367, BStBl II 2007, 420, Leitsatz 2; Langer in Reiß/Kraeusel/Langer, UStG § 6a Rz 73). Die Angaben in der Verbringenserklärung "Fzg. wird gem. Kaufvertrag vom 21.01.2003 nach Italien ausgeführt" sind insoweit nicht ausreichend, da der Bestimmungsort nicht genannt ist (vgl. Langer in Reiß/Kraeusel/Langer, UStG § 6a Rz 73) und auch nicht mit der im Bezug genommenen Kaufvertrag vom 21. Januar 2003 enthaltenen Unternehmensanschrift ohne Weiteres gleichzusetzen ist. Nach dem Urteil des BFH in BFHE 216, 367, BStBl II 2007, 420, unter II.2.c kann sich die gemäß § 17a Abs. 2 Nr. 2, § 17c Abs. 2 Nr. 9 UStDV erforderliche Angabe des Bestimmungsorts zwar unter Berücksichtigung aller Umstände im Einzelfall aus der Rechnungsanschrift des Abnehmers ergeben. Dies gilt jedoch im Grundsatz nur, wenn davon auszugehen ist, dass der Gegenstand der Lieferung auch zum Unternehmenssitz des Abnehmers versendet oder befördert wird (vgl. BFH-Urteil vom 17. Februar 2011 V R 28/10, BFHE 233, 331, Rz 29). Hierzu fehlen hinreichende Feststellungen. Die Frage des der Klägerin obliegenden Nachweises des Bestimmungsorts ist Gegenstand der Tatsachenwürdigung durch das FG (BFH-Urteil in BFHE 216, 367, BStBl II 2007, 420, Leitsatz 2).

35

c) An die Nachweispflichten sind besonders hohe Anforderungen zu stellen, wenn der angeblichen innergemeinschaftlichen Lieferung eines hochwertigen PKW ein Barkauf (hier ... €) mit "Beauftragten" zugrunde liegt (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2005, 81, unter II.2.b). In die Würdigung, ob ein Unternehmer mit der erforderlichen kaufmännischen Sorgfalt gehandelt hat, sind diese Umstände einzubeziehen (BFH-Urteil in BFHE 225, 264, BStBl II 2010, 511, unter II.B.4.b bb). Im Streitfall kommt hinzu, dass ein Vermittler zwischengeschaltet worden ist und die vermeintliche "Abnehmerin" T faktisch --außer auf dem Papier-- gar nicht in Erscheinung trat.

36

aa) Ohne Erfolg wendet die Klägerin ein, die Barzahlung des Kaufpreises sei bei Exportgeschäften von Luxussportwagen die Regel.

37

Der Senat verkennt nicht, dass in der Autobranche bei innergemeinschaftlichen Lieferungen Barzahlung Zug um Zug gegen Aushändigung des Fahrzeugs üblich sein mag (vgl. Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 29. Mai 2012  3 K 2138/10, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2012, 1968, Rz 71, m.w.N.) und dass ohne Barzahlung bei Übergabe oder vollständiger bargeldloser Vorauszahlung durch den im Ausland ansässigen Abnehmer der Verkäufer das Risiko eines Forderungsausfalls tragen würde, jedoch diese Abwicklungsmodalität eine erhebliche umsatzsteuerrechtliche Missbrauchsgefahr birgt. Die Bekämpfung von Missbrauch, Steuerumgehung und -hinterziehung ist indes ein von der Richtlinie 77/388/EWG bzw. MwStSystRL angestrebtes Ziel (vgl. Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Union --EuGH-- vom 29. April 2004 C-487/01 und C-7/02 --Gemeente Leusden und Holin Groep--, Slg. 2004, I-5337, Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2004, 302, Rz 76; vom 7. Dezember 2010 C-285/09 --R--, Slg. 2010, I-12605, UR 2011, 15, Rz 36; vom 21. Juni 2012 C-80/11 und C-142/11 --Mahagében und Dávid--, BFH/NV 2012, 1404, UR 2012, 591, Rz 41; vom 6. September 2012 C-273/11 --Mecsek-Gabona--, UR 2012, 796, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2012, 1917, Rz 47) und rechtfertigt hohe Anforderungen an die Einhaltung der umsatzsteuerrechtlichen Verpflichtungen des Verkäufers (vgl. EuGH-Urteile vom 27. September 2007 C-409/04 --Teleos u.a.--, Slg. 2007, I-7797, BFH/NV Beilage 2008, 25, Rz 58 und 61; in UR 2012, 796, DStR 2012, 1917, Rz 47; Treiber in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 6a Rz 103). Der Unternehmer muss daher alle ihm zur Verfügung stehenden, zumutbaren Maßnahmen, die vernünftigerweise von ihm verlangt werden können, ergriffen haben, um sicherzustellen, dass der von ihm getätigte Umsatz nicht zu seiner Beteiligung an einer Steuerhinterziehung führt (vgl. EuGH-Urteile in Slg. 2007, I-7797, BFH/NV Beilage 2008, 25, Rz 65; in BFH/NV 2012, 1404, UR 2012, 591, Rz 54; in UR 2012, 796, DStR 2012, 1917, Rz 48 und 53 f.; Treiber in Sölch/Ringleb, a.a.O., § 6a Rz 103).

38

bb) Bestehen Zweifel an der Richtigkeit der Angaben des Abnehmers oder seines angeblichen Beauftragten, so ist der Unternehmer auch verpflichtet, Nachforschungen bis zur Grenze der Zumutbarkeit anzustellen (Oelmaier, DStR 2008, 1213, 1217; Treiber in Sölch/Ringleb, a.a.O., § 6a Rz 104). Die Zumutbarkeit von Maßnahmen richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Da beim Barverkauf von hochwertigen PKW in das Ausland und Abholung durch einen Beauftragten ein erhebliches umsatzsteuerrechtliches Missbrauchspotenzial besteht, ist in diesen Fällen der Rahmen des Zumutbaren weit zu ziehen.

39

Konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit der Angaben des Abnehmers können in diesen Fällen beispielsweise folgende Umstände begründen:

-       

Es besteht keine längere Geschäftsbeziehung zwischen dem Unternehmer und dem Abnehmer und der Unternehmer hat keine Kenntnis von der Vertretungsberechtigung der für den Abnehmer auftretenden Person (vgl. Urteil des FG Köln vom 27. Januar 2005  10 K 1367/04, EFG 2005, 822);

-       

die Geschäftsanbahnung mit dem Unternehmer erfolgt durch einen von dem Abnehmer zwischengeschalteten Dritten und der Abnehmer tritt --außer auf dem Papier-- nicht in Erscheinung;

-       

die fehlende Nachvollziehbarkeit des Schriftverkehrs, z.B. fehlende Faxkennung des Abnehmers, oder widersprüchliche Angaben des Abnehmers, z.B. der im Ausland ansässige Abnehmer hat eine Faxadresse im Inland.

40

Dagegen stellen im Regelfall keine Gründe für Zweifel an der Richtigkeit geringfügige, rein formale Versehen dar, wie z.B. ein bloßes Verschreiben auf der Verbringenserklärung.

41

4. Soweit das FA dem Revisionsantrag das Begehren hinzugefügt hat, den Umsatzsteuerbescheid für 2003 vom 12. Juli 2004 dahingehend zu bestätigen, dass die festgesetzte Steuer ... € beträgt, versteht der Senat dies lediglich als ziffernmäßig bestimmte, klarstellende Wiederholung des Revisionsantrags der Klägerin. Denn von dem gestellten Revisionsantrag, das Urteil des FG aufzuheben, soweit es der Klage stattgegeben hat, und die Klage insgesamt abzuweisen, wird inhaltlich auch das mit der Revision verfolgte Ziel der Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Umsatzsteuerfestsetzung vom 12. Juli 2004 mitumfasst.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.