Gericht

Finanzgericht München

Gründe

Finanzgericht München

Az.: 10 K 2902/13

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil

Stichwörter:

1. Wird die steuerliche Außenprüfung trotz Anfechtung der Prüfungsanordnung gleichwohl durchgeführt, so erledigt sich mit dem Abschluss der Prüfung der Verwaltungsakt; dadurch ist zugleich in Bezug auf den Gegenstand der ursprünglichen Anfechtungsklage die Erledigung der Hauptsache eingetreten. Die Klage ist nur noch als Fortsetzungsfeststellungsklage weiterhin zulässig.

2. Das berechtigte Interesse für die Fortsetzungsfeststellungsklage ist dann gegeben, wenn die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes zu einem Verwertungsverbot führt.

3. Die Ausdehnung einer Betriebsprüfung wegen zu erwartender nicht unerheblicher Steuernachforderungen (§ 4 Abs. 2 BpO) setzt nach der ständigen BFH-Rechtsprechung bei einem M-Betrieb voraus, dass mit Mehrsteuern von mindestens 1.533,87 € für das Kalenderjahr zu rechnen ist.

4. Ob mit einer nicht unerheblichen Änderung der Besteuerungsgrundlagen zu rechnen ist, beurteilt sich nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung; sie müssen die Prognose wahrscheinlich machen, dass sich solche Nachforderungen ergeben werden.

In der Streitsache

[... Klin]

Klägerin

gegen

Finanzamt [... B-Stadt]

Beklagter

wegen Erweiterung der Prüfungsanordnung vom 05.07.2013 auf den Prüfungsgegenstand gesonderte Feststellung der Einkünfte aus freiberuflicher Arbeit 2008

hat der 10. Senat des Finanzgerichts München durch [...] aufgrund der mündlichen Verhandlung

vom 28. April 2015

für Recht erkannt:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Rechtsmittelbelehrung

Die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil kann durch Beschwerde angefochten werden. [...]

Gründe:

Streitig ist, ob die Erweiterung einer Prüfungsanordnung rechtmäßig ist.

I.

Die Klägerin wird beim Finanzamt [... C-Stadt], als dem zuständigen Wohnsitzfinanzamt, zur Einkommensteuer veranlagt. Der Beklagte - das Finanzamt (FA) - ist als Tätigkeitsfinanzamt zuständig für die gesonderte Feststellung der Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit. Die Klägerin betreibt in gepachteten Räumen eine Arztpraxis (Pachtvertrag vom [...] 2008; wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Pachtvertrag verwiesen). Dafür wurde das Erdgeschoss des Gebäudes, das im Alleineigentum ihres Ehemannes steht und in dem früher eine Gaststätte betrieben wurde, umgebaut. Die Kosten des im Jahr 2008 beendeten Umbaus waren nach den Regelungen im Pachtvertrag von der Klägerin zu tragen (§ 4 Abs. 1 Satz 2 des Vertrages). In den Gewinnermittlungen wies die Klägerin Aufwendungen für Bauten auf fremden Grund und Boden im Anlageverzeichnis in Höhe von 137.961 € aus (Buchwert 01.01.2008 100.623,13 €, Zugang 2008 37.338,22 €) und machte ab dem Jahr 2008 hierauf jährlich Absetzungen für Abnutzung (AfA) von 20%, mit einem Betrag von 27.592 € als Betriebsausgaben geltend.

Mit Prüfungsanordnung vom 4. April 2013 ordnete das FA bei der Klägerin eine steuerliche Außenprüfung an, die sich auf die Einkommensteuer sowie die gesonderte Feststellung der Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit für die Jahre 2009 bis 2011 erstrecken sollte. Mit Verwaltungsakt vom 5. Juli 2013 erweiterte das FA die Prüfungsanordnung vom 4. April 2013 auf das Jahr 2008. Die Erweiterung des Prüfungszeitraumes begründete das FA unter Hinweis auf § 4 Abs. 3 Satz 2 Betriebsprüfungsordnung (BpO) damit, dass mit einer nicht unerheblichen Änderung der Besteuerungsgrundlagen zu rechnen sei; bereits durch eine Änderung des Abschreibungszeitraumes für die Mietereinbauten von fünf auf zehn Jahre sei eine Gewinnerhöhung von 13.796 € zu erwarten. Den gegen die Erweiterung des Prüfungszeitraumes gerichteten Einspruch wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 9. September 2013 zurück. Das FA war der Auffassung, dass das Ermessen zutreffend ausgeübt sei und die Grenzen des Ermessens eingehalten seien. Die Prognoseentscheidung, dass mit einer nicht unerheblichen Änderung der Besteuerungsgrundlagen zu rechnen sei, sei zutreffend. Der Betrieb der Klägerin sei als sog. Mittelbetrieb (M-Betrieb) einzustufen und es sei mit einer Steuernachforderung von mehr als 1.500 € in dem Jahr 2008 zu rechnen. Diese Prognoseentscheidung lasse sich auch substantiiert begründen und durch Tatsachen unterlegen. Im Streitfall sei zu überprüfen, ob die von der Klägerin auf den Umbau aufgewendeten Kosten zu abschreibungsfähigen Mietereinbauten geführt hätten und eine jährliche Absetzung von 20% vorgenommen werden könne. Dafür müsse überprüft werden, ob Scheinbestandteile des Gebäudes oder Betriebsvorrichtungen gegeben seien oder ob Herstellungskosten des Gebäudes vorliegen würden. Würden Herstellungskosten des Gebäudes vorliegen, würde die jährliche AfA nur 2% - und damit nur 2.749 € - betragen. Bei einer Gewinnerhöhung um 24.833 € läge eine erhebliche Steuernachforderung vor.

Dagegen richtet sich die von der Klägerin erhobene Klage.

Mit Beschluss vom 18. Dezember 2013 (Az. 10 V 3341/13) hat das FA die beantragte Aussetzung der Vollziehung (AdV) der Erweiterung der Prüfungsanordnung insoweit teilweise gewährt, als sich die Prüfungsanordnung auf die Einkommensteuer 2008 bezog. Das FA hat darauf mit Verwaltungsakt vom 10. Januar 2014 die Erweiterung der Prüfungsanordnung auf die Einkommensteuer 2008 aufgehoben. Die Beteiligten haben den Rechtsstreit in der Hauptsache insoweit für teilweise erledigt erklärt und das Verfahren wurde insoweit abgetrennt (Az. 10 K 452/14) und eingestellt (Beschluss vom 20. März 2014).

Die Klägerin trägt zur Begründung ihrer Klage vor, dass die Erweiterung des Prüfungszeitraums auf das Jahr 2008 rechtswidrig sei. Bereits im Jahr 2005 sei mit den Mietereinbauten begonnen worden und die wertmäßig wesentlichen Arbeiten seien bereits im Jahr 2007 mit Aufwendungen über ca. 100.000 € abgeschlossen worden. Im Jahr 2008 seien nur noch weitere Aufwendungen über ca. 37.000 € entstanden. Ein höherer Erkenntnisgewinn durch eine Sachaufklärung für 2008 gegenüber den Vorjahren ergebe sich damit nicht. Außerdem sei der bestandskräftige Bescheid für 2008 nicht mehr änderbar. Die Ermessensausübung des FA sei rechtswidrig, denn das FA gehe in seiner Einspruchsentscheidung von dem „Worst-Case-Szenario“ aus, dass der Klägerin nur eine 2%-AfA und keine 20%-AfA zustände. Die Mietereinbauten der Klägerin hätten zu Scheinbestandteilen geführt, denn die Sachen seien - wie § 95 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) dies erfordere - nur zu einem vorübergehenden Zweck in das Gebäude eingefügt worden. Ein vorübergehender Zweck liege vor, denn die hierfür relevanten folgenden drei Voraussetzungen seien erfüllt: (1.) Die Nutzungsdauer der eingefügten Sachen liege mit 10 Jahren über der voraussichtlichen Mietdauer von fünf Jahren, (2.) die eingebauten Sachen (z. B. Wände, Fenster, Sanitär) hätten nach dem Ausbau noch einen beachtlichen Wiederverwendungswert, (3.) nach Art und Zweck der Verbindung könne damit gerechnet werden, dass die eingebauten Sachen später wieder entfernt werden müssen, denn es sei ja eine Gaststätte auf die speziellen Bedürfnisse einer Zahnarztpraxis umgebaut worden. Die von der Klägerin eingebauten Scheinbestandteile seien dann auch auf die voraussichtliche Mietdauer von fünf Jahren abzuschreiben. Die Klägerin habe sich auf die Dauer des Pachtvertrages von fünf Jahren mit einer Verlängerungsoption deshalb entschieden, da im Zeitpunkt der Praxiseröffnung noch unsicher gewesen sei, ob sich die Ertragslage in Zukunft aussichtsreich entwickeln würde.

Die Außenprüfung bei der Klägerin wurde am 12. Mai 2014 abgeschlossen und der Bericht über die Außenprüfung (BP-Bericht) vom 6. Juni 2014 (AB-Nr. 55/13/3G) - der für die Einkünfte der Klägerin aus selbstständiger Arbeit eine Gewinnerhöhung von 38.989,35 € ausweist - vom FA ausgewertet. U. a. hat die Betriebsprüferin die Auffassung vertreten, dass die AfA auf unbewegliche Wirtschaftsgüter von 29.912,35 € auf 0 € zu vermindern seien (Tz. C.1.7 BP-Bericht = Seite 12; davon lt. Anlage 1, Seite 4: Mietereinbauten bzw. Bauten auf fremden Grund und Boden 27.592,35 € und Parkplätze 2.320,00 €); Rechnungsbelege über die tatsächliche Höhe der Baukosten der Mietereinbauten und Nachweise darüber, dass die Rechnungen von der Klägerin bezahlt worden seien, seien nicht vorgelegt worden (Tz. 1.3 BP-Bericht = Seite 8). Mit Bescheid vom 28. August 2014 ist das FA den Feststellungen der Betriebsprüfung gefolgt und hat die Einkünfte aus selbstständiger Arbeit der Klägerin in Höhe von 142.748,63 € gesondert festgestellt; die Klägerin hat gegen diesen Feststellungsbescheid Einspruch eingelegt. Über den Einspruch ist noch nicht entschieden.

Die Klägerin beantragt,

festzustellen, dass die Erweiterung der Prüfungsanordnung auf die gesonderte Feststellung der Einkünfte aus selbstständiger Arbeit 2008 vom 5. Juli 2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 9. September 2013 rechtswidrig ist, hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das FA verweist zur weiteren Begründung auf seine Einspruchsentscheidung.

Wegen des weiteren Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen auf die ausgetauschten Schriftsätze, die vorgelegten Akten und die Sitzungsniederschrift vom 28. April 2015 verwiesen.

II.

1. Die von der Klägerin nach der Änderung des Klageantrags weiter verfolgte Fortsetzungsfeststellungsklage ist zulässig, aber unbegründet.

a) Wird die steuerliche Außenprüfung trotz Anfechtung der Prüfungsanordnung gleichwohl durchgeführt, so erledigt sich mit dem Abschluss der Prüfung der Verwaltungsakt (Bundesfinanzhof-Urteile vom 9. Mai 1978 VII R 96/75, BFHE 125, 144, BStBl II 1978, 501; vom 7. August 1979 VII R 14/77, BFHE 128, 346, BStBl II 1979, 708; BFH-Beschluss vom 24. Juni 1982 IV B 3/82, BFHE 136, 192, BStBl II 1982, 659). Dadurch ist zugleich in Bezug auf den Gegenstand der ursprünglichen Anfechtungsklage die Erledigung der Hauptsache eingetreten. Die Klage ist nur noch als Fortsetzungsfeststellungsklage i. S. des § 100 Abs. 1 Satz 4 Finanzgerichtsordnung (FGO) weiterhin zulässig (BFH-Urteil vom 22. November 2011 VIII R 11/09, BFHE 235, 470, BStBl II 2012, 329).

b) Nach § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO kann, das Gericht unter bestimmten Voraussetzungen auf Antrag die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts feststellen. § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO macht die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts davon abhängig, dass die Klägerin ein berechtigtes Interesse an einer solchen Feststellung hat. „Berechtigtes Interesse“ i. S. des § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO ist jedes konkrete, vernünftigerweise anzuerkennende Interesse rechtlicher, tatsächlicher oder wirtschaftlicher Art. Die begehrte Feststellung muss geeignet sein, in einem dieser Bereiche zu einer Positionsverbesserung des Klägers zu führen. Erforderlich ist ein gewisser die Verfahrensfortsetzung aus prozessökonomischen Gründen rechtfertigender Zusammenhang (BFH-Urteile vom 9. November 1994 XI R 33/93, BFH/NV 1995, 621; vom 26. September 2007 I R 43/06, BFHE 219, 13, BStBl II 2008, 134; vom 4. Dezember 2012 VIII R 5/10, BFHE 239, 19, BStBl II 2014, 220). Dieser kann sich daraus ergeben, dass die Feststellung der Rechtswidrigkeit die Voraussetzung für den Eintritt einer vom Kläger erstrebten weiteren Rechtsfolge ist (BFH-Urteile vom 12. Januar 1995 IV R 83/92, BFHE 177, 4, BStBl II 1995, 488; in BFH/NV 1995, 621). Das berechtigte Interesse ist so u. a. dann gegeben, wenn die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes zu einem Verwertungsverbot führt (BFH-Urteil vom 21. April 1993 X R 112/91, BFHE 171, 15, BStBl II 1993, 649). Sind die Prüfungsfeststellungen bereits in Steuerbescheide eingegangen, so werden die aus ihnen gezogenen Folgerungen mittels Einspruch und Klage gegen diese Bescheide beseitigt (BFH-Beschluss vom 11. Juli 1979 I B 10/79, BFHE 128, 170, BStBl II 1979, 704). Bei der erledigten Prüfungsanordnung wird dabei die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Prüfungsanordnung Voraussetzung für das Eingreifen eines Verwertungsverbots (BFH-Urteile vom 14. August 1985 I R 188/82, BFHE 144, 329, BStBl II 1986, 2; in BFHE 171, 15, BStBl II 1993, 649).

c) Im Streitfall hat die Klägerin nach dem Abschluss der steuerlichen Außenprüfung und der Erledigung des angefochtenen Verwaltungsaktes ihren Klageantrag in der mündlichen Verhandlung zutreffend umgestellt und dieses Feststellungsinteresse hinreichend substantiiert dargelegt. Die Klägerin hat vorgetragen, dass sie mit der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Erweiterung der Prüfungsanordnung auf die Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit für das Jahr 2008 ein Verwertungsverbot der Erkenntnisse der Betriebsprüfung erreichen möchte. Da die Klägerin auch den Bescheid über die gesonderte Feststellung der Einkünfte aus selbstständiger Arbeit 2008, mit dem das FA den Bericht über die Betriebsprüfung ausgewertet hat, angefochten hat, kann sie auch die erstrebte Rechtsfolge sinnvoll erreichen.

2. Die Klage ist aber unbegründet. Der erkennende Senat ist der Auffassung, dass die Erweiterung der Prüfungsanordnung auf den Prüfungsgegenstand gesonderte Feststellung der Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit (selbstständiger Arbeit) 2008 vom 5. Juli 2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 9. September 2013 rechtmäßig ist.

a) Nach § 194 Abs. 1 Satz 2 Abgabenordnung (AO) kann eine Außenprüfung mehrere Steuerarten und Besteuerungszeiträume umfassen, sie kann sich aber auch auf bestimmte Sachverhalte beschränken. Den Umfang der Außenprüfung hat gemäß § 196 AO die zuständige Finanzbehörde in einer schriftlichen Prüfungsanordnung zu bestimmen. Die Bestimmung des Prüfungsumfangs ist eine von den Gerichten nur gemäß § 102 FGO zu überprüfende Ermessensentscheidung (ständige Rechtsprechung, z. B. BFH-Urteile vom 21. Juni 2012 IV R 42/11, BFH/NV 2012, 1927; vom 28. Juni 2000 I R 20/99, BFH/NV 2000, 1447). Die Finanzbehörden haben sich für die Ausübung ihres Ermessens durch die BpO dahin gebunden, dass bei Steuerpflichtigen, die kein Großbetrieb oder Unternehmen i. S. der §§ 13 und 19 BpO sind, der Prüfungszeitraum in der Regel nicht mehr als drei zusammenhängende Besteuerungszeiträume umfassen soll (§ 4 Abs. 3 Satz 1 BpO). Nach § 4 Abs. 3 Satz 2 BpO kann der Prüfungszeitraum aber insbesondere dann drei Besteuerungszeiträume übersteigen, wenn mit nicht unerheblichen Änderungen der Besteuerungsgrundlagen zu rechnen ist oder wenn der Verdacht einer Steuerstraftat oder einer Steuerordnungswidrigkeit besteht. Diese Verwaltungsregelung ist als Selbstbindung der Verwaltung bei der Ermessensausübung auch im gerichtlichen Verfahren zu beachten (BFH-Urteil in BFH/NV 2012, 1927).

b) Die Voraussetzungen, unter denen nach § 4 Abs. 3 Satz 2 BpO der Prüfungszeitraum drei Besteuerungszeiträume übersteigen kann, liegen im Streitfall vor. Im Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung des FA (auf den im Streitfall abzustellen ist) bestand aufgrund konkreter Umstände die Vermutung, dass mit nicht unerheblichen Änderungen der Besteuerungsgrundlagen im Veranlagungszeitraum 2008 hinsichtlich des Gewinns der Klägerin aus freiberuflicher Tätigkeit zu rechnen ist.

Die Ausdehnung einer Betriebsprüfung wegen zu erwartender nicht unerheblicher Steuernachforderungen (§ 4 Abs. 2 BpO) setzt nach der ständigen BFH-Rechtsprechung bei einem M-Betrieb - wie dem der Klägerin - voraus, dass mit Mehrsteuern von mindestens 3.000 DM (d. h. 1.533,87 €) für das Kalenderjahr zu rechnen ist (vgl. zum Vorliegen einer nicht unerheblichen Steuernachforderung BFH-Urteile vom 28. April 1988 IV R 106/86, BFHE 153, 210, BStBl II 1988, 857; vom 24. November 1988 IV R 199/85, BFH/NV 1989, 548). Das FA hat bei seiner Prognoseentscheidung in der Einspruchsentscheidung ein steuerliches Mehrergebnis von 4.967 € angenommen; die Prognose dieses Mehrergebnisses erfüllt insoweit die Voraussetzungen der Erweiterung des Prüfungszeitraumes.

Das FA ist auch zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin mit ihrer Arztpraxis als M-Betrieb einzustufen ist, denn die Abgrenzungsmerkmale zum 1. Januar 2013 lauten für freie Berufe (FB) für einen M-Betrieb Umsatzerlöse 510.000 € bis 4.300.000 € und Gewinne 130.000 € bis 580.000 € (vgl. Schreiben des Bundesministerium der Finanzen vom 22. Juni 2012 IV A 4 - S 1450/09/10001, BStBl I 2012, 689 f.). Die von der Klägerin erklärten Gewinne für 2009 bis 2011 liegen zwischen 147.759,05 € und 159.361,02 €, die Umsatzerlöse zwischen 315.852,02 € und 341.679,89 € (vgl. BP-Bericht Tz. C.1.1 und Anlage: Änderungen Anlage EÜR).

c) Auch ist der Senat der Auffassung, dass die Begründung der Prognose dieses Mehrergebnisses durch das FA für die Erweiterung des Prüfungszeitraums ausreichend ist.

Ob mit einer nicht unerheblichen Änderung der Besteuerungsgrundlagen zu rechnen ist, beurteilt sich nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung; sie müssen die Prognose wahrscheinlich machen, dass sich solche Nachforderungen ergeben werden. Dabei muss das FA alle ihm bekannten Umstände einbeziehen (BFH-Urteil in BFHE 153, 210, BStBl II 1988, 857; Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 194 Rz. 20 [Jan. 2010]).

Der Senat ist der Auffassung, dass das FA zutreffend von dem Grundsatz ausgegangen ist, dass Mietereinbauten im Betriebsvermögen des Mieters - damit der Klägerin - aktiviert werden können, wenn es sich um Herstellungsaufwand handelt, den die Klägerin getragen hat und die Einbauten als gegenüber dem Gebäude selbstständige Wirtschaftsgüter zu qualifizieren sind (BFH-Urteile vom 28. Juli 1993 I R 88/92, BFHE 172, 333, BStBl II 1994, 164; vom 21. Februar 1978 VIII R 148/73, BFHE 124, 454, BStBl II 1978, 345; vom 15. Oktober 1996 VIII R 44/94, BFHE 182, 344, BStBl II 1997, 533; vgl. auch Zenthöfer, Einkommensteuer, 11. Aufl. 2013, S. 384 = J.3.15.2.e, jeweils m. w. N.). Zutreffend ist das FA bei seiner Prognose weiter davon ausgegangen, dass unterschiedliche Abschreibungsbeträge zum Abzug kommen, je nachdem ob es sich bei den Mietereinbauten um Scheinbestandteile oder Gebäudebestandteile handelt (BFH-Urteile in BFHE 172, 333, BStBl II 1994, 164; in BFHE 182, 344, BStBl II 1997, 533 m. w. N.). Nach den Ausführungen des FA in seiner Einspruchsentscheidung beträgt die von der Klägerin unter der Annahme von Scheinbestandteilen im Jahr 2008 geltend gemachte AfA bei einer angenommenen Nutzungsdauer von fünf Jahren 27.592 € (20% der Herstellungskosten) und würde beim Vorliegen von Gebäudebestandteilen nur 2.759 € (2% der Herstellungskosten) betragen.

d) Bei der Frage, ob eine Prüfungsanordnung erweitert werden darf, bedarf es weder seitens des FA noch seitens des Finanzgerichts einer abschließenden Prüfung der sich aus den Feststellungen der beabsichtigten Außenprüfung ergebenden materiell-rechtlichen Fragen (BFH-Beschluss vom 3. März 2006 IV B 39/04, BFH/NV 2006, 1250). Da die steuerliche Außenprüfung für die Jahre 2008 bis 2012 zum Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung noch nicht beendet war und nach Aktenlage auch die Höhe der Herstellungskosten der Mietereinbauten noch nicht abschließend geprüft werden konnte, durfte das FA auf der von ihm bisher im Einspruchsverfahren ermittelten Tatsachengrundlage die Alternativen Scheinbestandteil oder Gebäudebestandteil einander gegenüber stellen und auf dieser Grundlage die Prognose des steuerlichen Mehrergebnisses entwerfen. Denn ob im Streitfall Scheinbestandteile oder Gebäudebestandteile vorliegen, kann nur anhand der Umstände des Einzelfalles entschieden werden. Dies erfordert u. a. einerseits Tatsachenfeststellungen zur Art der durch die Mieterin geschaffenen Wirtschaftsgüter, zur Nutzungsdauer der Wirtschaftsgüter und der Dauer des Mietverhältnisses und andererseits eine abschließende Prüfung der sich aus diesen Feststellungen ergebenden materiell-rechtlichen Fragen. Diese Tatsachen und Fragen lassen sich aber erst dann zuverlässig beurteilen, wenn der Sachverhalt durch eine Außenprüfung abschließend geklärt ist.

e) Außerdem ist das FA in der Prüfungsanordnung vom 5. Juli 2013 bei seinen Überlegungen, ob mit einer nicht unerheblichen Änderung der Besteuerungsgrundlagen zu rechnen ist, auch davon ausgegangen, dass bereits bei einer Änderung der Nutzugsdauer der Mietereinbauten von fünf Jahren auf zehn Jahre mit einer Verminderung der AfA um 13.796 € zu rechnen sei und daraus ebenfalls ein steuerliches Mehrergebnis von mehr als 1.533 € resultieren würde. Ob sich durch die Ausübung der Option im Mietvertrag auch der Abschreibungszeitraum der Mietereinbauten ändert oder ob nur ein neuer Mietvertrag mit gleichen Bedingungen zwischen der Klägerin und ihrem Ehemann zustande kommt, ist dabei wiederum eine materiell-rechtliche Frage, deren abschließende Prüfung vom FA nicht bereits vor der Erweiterung der Prüfungsanordnung vorgenommen werden muss.

f) Auch zeigt der vorliegende Prüfungsbericht vom 6. Juni 2014 (AB-Nr. 55/13/3g), dass die Prognose des FA für das steuerliche Mehrergebnis des Jahres 2008 durch das Ergebnis der steuerlichen Außenprüfung bekräftigt wurde. Die AfA auf unbewegliche Wirtschaftsgüter wurde von 29.912,35 € auf 0 € vermindert (Tz. C.1.7 BP-Bericht = Seite 12; davon lt. Anlage 1, Seite 4: Mietereinbauten bzw. Bauten auf fremden Grund und Boden 27.592,35 € und Parkplätze 2.320,00 €), da Rechnungsbelege über die tatsächliche Höhe der Baukosten der Mietereinbauten und Nachweise darüber, dass die Rechnungen von der Klägerin bezahlt worden seien, nicht vorgelegt worden sind. Die Kürzung der AfA auf die Mietereinbauten durch die Betriebsprüfung erfolgte so zwar nicht mit der in der angefochtenen Prüfungsanordnung und Einspruchsentscheidung angegeben Begründung für die Prognoseentscheidung mit einer veränderten Nutzungsdauer. Dies macht aber die vom FA getroffene Prognoseentscheidung nicht unrichtig, denn bei Mietereinbauten setzt die Aktivierung eines Wirtschaftsguts in der Bilanz des Mieters voraus, dass dieses zu seinem Vermögen gehört (§§ 238 Abs. 1, 240 Abs. 1, 242 Abs. 1 Handelsgesetzbuch, § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG). Dafür ist nicht erforderlich, dass der Mieter bürgerlich-rechtlicher Eigentümer der mit eigenen Aufwendungen geschaffenen Einbauten und Umbauten wird; sondern dies ist bereits dann der Fall, wenn der Vermögensgegenstand wirtschaftlich zu diesem Vermögen zu rechnen ist (sog. „wirtschaftlichen Vermögenszugehörigkeit“ als Aktivierungsvoraussetzung; BFH-Urteil in BFHE 182, 344, BStBl II 1997, 533). Gegenüber der Betriebsprüfung hat so die Klägerin bisher nicht nachgewiesen, dass sie eigene Aufwendungen getragen hat und die Frage der Aktivierung der Wirtschaftsgüter bei der Mieterin ist der (von der Betriebsprüfung nicht mehr entschiedenen) Frage über die Höhe der AfA nur vorgelagert.

g) Da das FA zutreffend von einer nicht unerheblichen Änderung der Besteuerungsgrundlagen ausgegangen ist, dürfte das FA gemäß § 194 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 196 und § 5 AO entscheiden, ob und inwieweit es den Prüfungsumfang wegen der in § 4 Abs. 3 Satz 2 BpO aufgeführten Sachverhalte erweitert (BFH-Urteil in BFH/NV 2012, 1927). Die gerichtliche Prüfung gemäß § 102 FGO ergibt, dass das FA mit der Erweiterung der Prüfung auf die gesonderte Feststellung 2008 weder die gesetzlichen Grenzen des ihm in § 194 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 196 AO eingeräumten Ermessens überschritten noch von seinem Ermessen in einer dem Zweck des § 194 Abs. 1 Satz 2 AO widersprechenden Form Gebrauch gemacht hat.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision war nicht zuzulassen (§ 115 Abs. 2 FGO).

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Finanzgericht München Urteil, 28. Apr. 2015 - 10 K 2902/13

bei uns veröffentlicht am 28.04.2015

Gründe Finanzgericht München Az.: 10 K 2902/13 IM NAMEN DES VOLKES Urteil Stichwörter: 1. Wird die steuerliche Außenprüfung trotz Anfechtung der Prüfungsanordnung gleichwohl durchgeführt,

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(1) Zu den Bestandteilen eines Grundstücks gehören solche Sachen nicht, die nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden sind. Das Gleiche gilt von einem Gebäude oder anderen Werk, das in Ausübung eines Rechts an einem fremden Grundstück von dem Berechtigten mit dem Grundstück verbunden worden ist.

(2) Sachen, die nur zu einem vorübergehenden Zweck in ein Gebäude eingefügt sind, gehören nicht zu den Bestandteilen des Gebäudes.

(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an die rechtliche Beurteilung gebunden, die der Aufhebung zugrunde liegt, an die tatsächliche so weit, als nicht neu bekannt werdende Tatsachen und Beweismittel eine andere Beurteilung rechtfertigen. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, dass und wie die Finanzbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, dass die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt nicht, soweit der Steuerpflichtige seiner Erklärungspflicht nicht nachgekommen ist und deshalb die Besteuerungsgrundlagen geschätzt worden sind. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlass des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, dass Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluss kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) begehrt, die vierteljährlichen Vorauszahlungen auf die Einkommensteuer u.a. in unterschiedlicher (ansteigender) Höhe festzusetzen.

2

Der Kläger erzielte als Gesellschafter einer Sozietät von Rechtsanwälten Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit. Von 2002 bis 2007 setzte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) die Einkommensteuer-Vorauszahlungen gegen den Kläger in der Weise fest, dass der Kläger am 10. Juni, 10. September und 10. Dezember jeweils 20 % sowie Ende Januar des Folgejahres eine nachträgliche Vorauszahlung von 40 % zu zahlen hatte; die Vorauszahlung für das jeweils erste Quartal wurde auf 0 € festgesetzt. Dem war ein Gespräch zwischen dem Kläger und dem FA vorausgegangen. An diese Verfahrensweise sah sich das FA ab dem Veranlagungszeitraum 2007 nicht mehr gebunden; für den Veranlagungszeitraum 2007 kam es jedoch im Einspruchsverfahren noch einmal zu einer einvernehmlichen Lösung.

3

Für 2008 setzte das FA gegen den Kläger (erstmals) vier gleich hohe Vorauszahlungen auf die Einkommensteuer fest. Im Einspruchsverfahren änderte das FA die Höhe der Vorauszahlungen und wies den Einspruch im Übrigen zurück.

4

Der Kläger hat behauptet, seine Kanzlei erziele regelmäßig (Vergleichszeitraum 2005, 2006, 2007) nur etwa 30 % ihres Gewinns im ersten Halbjahr. Er könne deshalb nicht verpflichtet sein, bis zum 10. Juni 50 % der Steuern auf den voraussichtlichen Jahresgewinn zu entrichten. Ebenso könne er nicht verpflichtet sein, am 10. März mehr Steuern zu zahlen, als anteilig auf die ersten beiden Monate des Jahres entfielen. Das FA ist der Tatsachenbehauptung des Klägers entgegengetreten. Mangels Vorlage geeigneter Gewinnermittlungen könne nicht nachvollzogen werden, ob die Angaben des Klägers zuträfen. Die Tatsachen könnten indes dahinstehen, weil eine Festsetzung der Vorauszahlungen in ungleichmäßiger Höhe aus Rechtsgründen ausgeschlossen sei.

5

Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2009, 1389), ohne die tatsächlichen Verhältnisse aufzuklären. Die Auslegung von § 37 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ergebe, dass die vier Vorauszahlungen grundsätzlich in gleicher Höhe festzusetzen seien. Eine Verknüpfung mit dem im laufenden Jahr bis zum jeweiligen Fälligkeitstermin tatsächlich erzielten Gewinn bestehe nur insoweit, als eine Anpassung nach § 37 Abs. 3 EStG beantragt werden könne. Individuelle Schwankungen bei den tatsächlichen Gewinnzuflüssen müssten durch Rücklagen ausgeglichen werden und könnten im Übrigen nur im Erhebungsverfahren berücksichtigt werden.

6

Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung von Bundesrecht (§ 37 Abs. 1 der Abgabenordnung --AO--). Der Wortlaut der Vorschrift sei unvollständig; zur Höhe der einzelnen Vorauszahlungen enthalte sie keine Aussage. Die Festsetzung gleich hoher Vorauszahlungen beruhe auf einer Regelungspraxis, die der Gesetzgeber 1941 ausdrücklich aufgegeben habe. Es sei widersinnig zu behaupten, dass sich dadurch nichts habe ändern sollen. Die Vorauszahlungen seien zu entrichten auf die Einkommensteuer, die der Steuerpflichtige "für den laufenden Veranlagungszeitraum voraussichtlich schulden wird". Die Formulierung deute darauf hin, dass die Vorauszahlungen in Abhängigkeit von der Gewinnentwicklung des laufenden Veranlagungszeitraums festzusetzen seien. § 37 Abs. 1 EStG müsse im Übrigen verfassungskonform ausgelegt werden unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit, des Gleichbehandlungsgebots sowie des Zufluss- und des Leistungsfähigkeitsprinzips. Zu berücksichtigen sei nur die temporäre Leistungsfähigkeit. Nach allem müssten die Vorauszahlungen so festgesetzt werden, dass sie dem individuell typischen kalendermäßigen Verlauf des Gewinnzuflusses entsprechen. Die gegenteilige Auffassung des FG verstoße gegen das Zufluss-, das Leistungsfähigkeitsprinzip und den verfassungsrechtlich garantierten Eigentumsschutz. In seinem Fall führe die Festsetzung gleich hoher Raten dazu, dass die Vorauszahlungen teilweise höher seien als der bis dahin im laufenden Veranlagungszeitraum bereits realisierte Gewinn. Er müsse deshalb Rücklagen aus bereits versteuertem Einkommen bilden. Dazu sei er nicht verpflichtet. Die Vereinfachung der Verwaltungsabläufe und das öffentliche Interesse an einer Verstetigung des Steueraufkommens könnten einen derart schweren Eingriff nicht rechtfertigen.

7

Mit Schreiben vom 17. Juni 2011 hat der Vorsitzende des Senats dem Kläger rechtliche Hinweise erteilt. Die Beteiligten haben daraufhin übereinstimmend mitgeteilt, dass nach Zulassung der Revision der Jahreseinkommensteuerbescheid für 2008 ergangen sei. Der Kläger hat mitgeteilt, dass er an seiner Rechtsauffassung festhalte. Insbesondere bestehe in seinem Fall keine Differenz zwischen dem anteilig auf ihn entfallenden von der Sozietät verdienten und dem unterjährig von ihm entnommenen Gewinn.

8

Der Kläger beantragt,

festzustellen, dass der angefochtene Einkommensteuer-Vorauszahlungsbescheid für das Jahr 2008 vom 16. Juli 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11. März 2008 rechtswidrig war, weil das Begehren, vier unterschiedlich hohe Vorauszahlungen festzusetzen, abgelehnt worden ist.

9

Das FA beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

10

Es hält die Fortsetzungsfeststellungsklage für unzulässig, weil der Kläger das besondere Feststellungsinteresse nicht ausreichend dargelegt habe.

11

Die Beteiligten haben übereinstimmend auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Entscheidungsgründe

12

II. 1. Die Revision ist zulässig. Zwar hat sich der ursprünglich streitgegenständliche Vorauszahlungsbescheid für 2008 durch den Erlass des nachfolgenden Jahressteuerbescheids gemäß § 124 Abs. 2 AO erledigt (ständige Rechtsprechung, vgl. nur Urteil des Bundesfinanzhofs vom 22. März 2011 VII R 42/10, BFHE 233, 10, BStBl II 2011, 607). Dadurch ist zugleich in Bezug auf den Gegenstand der ursprünglichen Anfechtungsklage die Erledigung der Hauptsache eingetreten. Die Klage ist jedoch als Fortsetzungsfeststellungsklage weiterhin zulässig. Dass die Erledigung im Revisionsverfahren eingetreten ist, steht dem Übergang zur Fortsetzungsfeststellungsklage nicht entgegen (vgl. nur Gräber/von Groll, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 100 Rz 59). Der Kläger hat seinen Antrag entsprechend geändert (§ 100 Abs. 1 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Der Kläger hat auch ein berechtigtes Interesse an der Feststellung, ob der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist. Unstreitig wird der Kläger auch in Zukunft vierteljährliche Vorauszahlungen auf die Einkommensteuer leisten müssen. Die vom Kläger aufgeworfene Frage, ob die Vorauszahlungen grundsätzlich in gleicher Höhe festgesetzt werden müssen, wird sich dabei nach seinem Vortrag jährlich wiederkehrend in gleicher Weise stellen. Die Frage kann nur im Verfahren gegen einen Vorauszahlungsbescheid geklärt werden. Der Kläger kann nicht darauf verwiesen werden, einen nachfolgenden Vorauszahlungsbescheid anzugreifen, um die Frage dort klären zu lassen (vgl. Albert, Deutsche Steuer-Zeitung 1999, 205, 209).

13

2. Die Revision ist nicht begründet. Sie ist deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Der Einkommensteuer-Vorauszahlungsbescheid für 2008 war rechtmäßig. Das FA hat es zu Recht abgelehnt, die Vorauszahlungen gegen den Kläger deshalb in unterschiedlicher Höhe festzusetzen, weil der Gewinn der Sozietät im laufenden Veranlagungszeitraum und allgemein nicht stetig anwachse.

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a) Nach § 37 Abs. 1 Satz 1 EStG hat der Steuerpflichtige am 10. März, 10. Juni, 10. September und 10. Dezember Vorauszahlungen auf die Einkommensteuer zu entrichten, die er für den laufenden Veranlagungszeitraum voraussichtlich schulden wird. Die Vorauszahlungen bemessen sich grundsätzlich nach der Einkommensteuer, die sich (...) bei der letzten Veranlagung ergeben hat (§ 37 Abs. 3 Satz 2 EStG). Das FA kann (...) die Vorauszahlungen an die Einkommensteuer anpassen, die sich für den Veranlagungszeitraum voraussichtlich ergeben wird (§ 37 Abs. 3 Satz 3 EStG). Die beiden in § 37 EStG vorgesehenen Bemessungsgrundlagen bestimmen nur die für den jeweiligen Veranlagungszeitraum insgesamt zu entrichtende Summe der Vorauszahlungen. Die Vorschrift enthält indes keine ausdrückliche Bestimmung, nach welchem Maßstab die insgesamt zu entrichtenden Vorauszahlungen auf die einzelnen Termine zu verteilen sind. Etwas anderes ergibt sich nicht aus § 37 Abs. 1 Satz 1 EStG. Dass die Vorauszahlungen danach auf die Einkommensteuer zu entrichten sind, die der Steuerpflichtige "für den laufenden Veranlagungszeitraum voraussichtlich schulden wird", spricht --entgegen der Ansicht des Klägers-- nicht dafür, die Höhe der einzelnen Zahlungen nach der unterjährigen Gewinnentstehung zu bemessen. Die Formulierung verweist auf die Anpassungsmöglichkeit in Abs. 3 Satz 3 und spricht im Übrigen etwas Selbstverständliches aus. Da sich die Einkommensteuer nach dem Einkommen des Veranlagungszeitraums bemisst, sind hierauf auch die Vorauszahlungen zu leisten. Entgegen der Ansicht des FA spricht auch das Fehlen einer besonderen Vorschrift für die Bemessung der einzelnen Teilvorauszahlungen nicht für ihre Festsetzung in gleicher Höhe. Denn das Fehlen einer solchen Regelung lässt die Frage nach dem richtigen Aufteilungsmaßstab gerade offen. Trotz ihres insoweit unvollständigen Wortlauts ist die Vorschrift aber der ergänzenden Auslegung zugänglich und bedürftig.

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b) Die Auslegung ergibt, dass die insgesamt zu entrichtenden Vorauszahlungen grundsätzlich in gleich hohen Teilbeträgen festzusetzen sind. Eine Ausnahme hiervon kommt insbesondere nicht in Betracht, soweit der Steuerpflichtige geltend macht, der Gewinn des laufenden Veranlagungszeitraums entstehe nicht gleichmäßig.

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aa) Für die Festsetzung von jeweils gleich hohen Teilbeträgen spricht die historische Rechtsentwicklung. § 35 Abs. 1 Satz 2 EStG 1934 lautete: "Jede Vorauszahlung beträgt ein Viertel der zuletzt veranlagten Einkommensteuer." Eine entsprechende Regelung war bereits in § 95 Satz 1 EStG 1925 enthalten. Durch die Verordnung über die Änderung von Steuergesetzen vom 20. August 1941 (RGBl I 1941, 510) ist erstmals die Möglichkeit zur Anpassung der Vorauszahlungen an die sich voraussichtlich für den laufenden Veranlagungszeitraum ergebende Einkommensteuer in das Gesetz eingefügt worden. § 35 Abs. 1 Satz 2 EStG 1934 wurde im gleichen Zug ersatzlos gestrichen. Dafür gab es allerdings keinen erkennbaren Grund (vgl. Stolterfoth, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 37 Rz A 63). Die neu eingeführte Anpassungsmöglichkeit konnte zwar zu im Ergebnis ungleich hohen Vorauszahlungen führen, da nur die noch offenen Vorauszahlungen angepasst wurden. Das hätte die Aussage von § 35 Abs. 1 Satz 2 EStG 1934 in ihrer grundsätzlichen Bedeutung aber nicht in Frage gestellt. Diese Überlegung verdeutlicht, dass die Rechtsänderung von 1941 nicht für die vom Kläger in Anspruch genommene Auslegung der Vorschrift angeführt werden kann. Auch im zeitgenössischen Schrifttum wurde nach der Streichung von § 35 Abs. 1 Satz 2 EStG 1934 nicht in Frage gestellt, dass die Vorauszahlungen grundsätzlich in vier gleich hohen Teilbeträgen zu leisten seien (vgl. Blümich, Einkommensteuergesetz, 5. Aufl. 1943, § 35 Anm. 3).

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Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Umständen bei der Wiedereinführung des Vorauszahlungssystems nach dem Zweiten Weltkrieg. Durch das Kontrollratsgesetz Nr. 12 vom 11. Februar 1946 (Steuer- und Zollblatt 1946, 2) war das Vorauszahlungssystem grundlegend geändert und auf ein Voranmeldungssystem umgestellt worden. Einkommensteuer-Vorauszahlungen waren danach auf das im jeweils vorangegangenen Quartal erzielte Einkommen zu entrichten. Jeder Steuerpflichtige hatte entsprechende Anmeldungen abzugeben und die Bemessungsgrundlage für die Vorauszahlungen laufend selbst zu ermitteln. Dieses System galt --mit Modifikationen-- bis 1950. Mit dem Gesetz zur Änderung des Einkommensteuergesetzes und des Körperschaftsteuergesetzes vom 29. April 1950 (BGBl 1950, 95) ist der Gesetzgeber jedoch zum früheren System zurückgekehrt. Zur Begründung führte die Bundesregierung u.a. aus, das System der vierteljährlichen Vorauszahlungserklärungen habe zu begründeten Klagen geführt. Insbesondere für Gewerbebetriebe bedeute die zusätzliche Erklärung eine erhebliche Mehrbelastung. Das gelte auch für die Finanzverwaltung. Hingegen habe sich das frühere System bestens bewährt (BTDrucks 1/317, S. 22). Zwar ist bei der Wiedereinführung des alten Systems versäumt worden, die nicht notwendige Streichung von § 35 Abs. 1 Satz 2 EStG 1934 rückgängig zu machen. Die insoweit bestehende Regelungslücke ist auch danach vom Gesetzgeber nicht mehr geschlossen worden. Eine inhaltliche Änderung war damit aber ebenfalls nicht beabsichtigt. Vielmehr sollte das 1950 wieder eingeführte Vorauszahlungssystem dem bis 1946 geltenden System entsprechen, für das der Grundsatz gleich hoher Vorauszahlungen nicht entfallen war.

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bb) Wie die historische Entwicklung zeigt, hat sich der Gesetzgeber bewusst für ein Vorauszahlungssystem entschieden, das aus Vereinfachungsgründen ohne unterjährige Ermittlungen des Einkommens auskommt. Das schließt aus systematischen Gründen die Anwendung eines materiellen Maßstabs für die Bemessung der einzelnen Vorauszahlungen aus. Systemkonform ist allein ein rechnerischer Aufteilungsmaßstab, der ohne tatsächliche Ermittlungen im Einzelfall angewandt werden kann. Auch die vom Kläger für richtig gehaltene "Auslegung" der Vorschrift lässt sich in das bestehende Vorauszahlungssystem nicht ohne erhebliche Eingriffe einfügen. Sie würde eine Umgestaltung des geltenden Systems erfordern, die im Wege einer ergänzenden Gesetzesauslegung von der Rechtsprechung nicht vorgenommen werden darf, weil ein Systemwechsel stets dem Gesetzgeber vorbehalten ist. Die Bemessung der Vorauszahlungen nach materiellen Kriterien, z.B. des zeitanteilig bis zum Vorauszahlungstermin verwirklichten Zuwachses an finanzieller Leistungsfähigkeit, würde nicht nur von der Finanzverwaltung, sondern auch vom Steuerpflichtigen einen erheblichen Mehraufwand erfordern. Selbst wenn eine abweichende Festsetzung nur in Ausnahmefällen und auf begründeten Antrag hin vorzunehmen wäre, müssten konkrete Maßstäbe für die unterjährige Einkommensermittlung, die Anforderungen an die Dokumentation und die Verifikation des Erklärten geschaffen werden, um auch in diesem Fall den gleichmäßigen Vollzug des Gesetzes zu gewährleisten. Eine ungleichmäßige Festsetzung der Vorauszahlungen ohne objektivierte Tatsachenbasis --wie im Streitfall-- käme jedenfalls nicht in Betracht.

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cc) Das geltende Vorauszahlungssystem ist auch nicht verfassungswidrig. Es greift weder unverhältnismäßig in grundrechtlich geschützte Positionen ein noch verstößt es gegen das Gebot der Besteuerung nach der individuellen Leistungsfähigkeit. Das gilt zunächst für die im System angelegte und vom Gesetzgeber gewollte Nichtberücksichtigung der unterjährigen Leistungsfähigkeit. Ihr steht zum einen der Vorteil erheblicher Verwaltungsvereinfachung und Entlastung der Steuerpflichtigen gegenüber. Unverhältnismäßig hohe Vorauszahlungen werden außerdem durch die Möglichkeit der Anpassung in § 37 Abs. 3 Satz 3 EStG grundsätzlich vermieden. Diese vom Gesetzgeber bewusst gewählte Typisierung erachtet der Senat nicht zuletzt unter Berücksichtigung des berechtigten öffentlichen Interesses an einer Verstetigung der Steuereinnahmen für gerechtfertigt.

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Entsprechendes gilt im Ergebnis für die im Gesetz bestimmten Entrichtungstermine. Dem Kläger ist zuzugeben, dass eine Vorauszahlung "für das erste Quartal" nicht am 10. März erhoben werden dürfte, weil nicht typisierend angenommen werden kann, dass der zu besteuernde finanzielle Zuwachs an Leistungsfähigkeit bis zu diesem Datum bereits vollständig erzielt worden ist. Zu berücksichtigen ist aber, dass die Vorauszahlungen im geltenden System gerade nicht für die Einnahmen eines bestimmten Quartals zu leisten sind, sondern dass es sich um einen Bruchteil der für das gesamte Jahr zu entrichtenden Vorauszahlungen handelt. Im Übrigen konnte der Gesetzgeber davon ausgehen, dass jedenfalls die zur Erfüllung der Vorauszahlungspflicht erforderliche Liquidität bis zu den im Gesetz bestimmten Terminen typischerweise bereits verdient und vorhanden ist. Dafür spricht nicht zuletzt, dass die geltende Regelung von der ganz überwältigenden Mehrheit der Steuerpflichtigen offenbar widerspruchslos hingenommen wird (vgl. aber Niedersächsisches FG, Urteil vom 1. März 1982 VII 184/81, EFG 1982, 571; FG Berlin, Urteil vom 4. September 2001  5 K 5105/01, EFG 2001, 1614). Auch im Schrifttum sind verfassungsrechtliche Bedenken gegen die im Gesetz bestimmten Entrichtungstermine --soweit ersichtlich-- noch nicht vorgebracht worden. Die frühen Vorauszahlungstermine weisen zur Überzeugung des Senats eine noch hinreichende Anbindung an den beim Steuerpflichtigen typischerweise zu unterstellenden stetigen Zuwachs an finanzieller Leistungsfähigkeit auf. Ob die vom Kläger bevorzugte Verschiebung der Entrichtungstermine um einen Monat nach hinten die Steuerpflichtigen spürbar entlasten würde, ohne die Sicherung des Steueraufkommens zu gefährden, bedarf keiner Entscheidung, weil sie jedenfalls verfassungsrechtlich nicht geboten ist. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass individuellen Zahlungsschwierigkeiten im Rahmen des Erhebungsverfahrens, z.B. durch Stundung, Rechnung getragen werden kann und unter Umständen auch muss (vgl. Schmidt/ Drenseck, EStG, 30. Aufl., § 37 Rz 3).

(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an die rechtliche Beurteilung gebunden, die der Aufhebung zugrunde liegt, an die tatsächliche so weit, als nicht neu bekannt werdende Tatsachen und Beweismittel eine andere Beurteilung rechtfertigen. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, dass und wie die Finanzbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, dass die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt nicht, soweit der Steuerpflichtige seiner Erklärungspflicht nicht nachgekommen ist und deshalb die Besteuerungsgrundlagen geschätzt worden sind. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlass des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, dass Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluss kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) erzielte in den Jahren 1998 bis 2001 u.a. Einkünfte aus selbständiger Arbeit für eine leitende Tätigkeit in einem eingetragenen Verein (X), die gemäß seiner Einkommensteuererklärung in folgender Höhe der Besteuerung zugrunde gelegt wurden: 1997: 15.233 DM, 1998: 20.793 DM, 1999: 10.871 DM, 2000: 19.297 DM, 2001: 21.647 DM.

2

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) leitete gegen den Kläger ein steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Einkommensteuer- und Umsatzsteuerverkürzung ein.

3

Das Amtsgericht (AG) ordnete auf Ersuchen der Staatsanwaltschaft die Durchsuchung der Wohnung des Klägers, der Geschäftsräume von Bankinstituten und des X an. Zur Vollziehung des Durchsuchungsbeschlusses wurde der Kläger von den Beamten des FA in seiner Wohnung aufgesucht. Nachdem sich der Kläger hinsichtlich des Vorwurfs der Steuerhinterziehung entlasten konnte, verzichteten die Vertreter des FA auf die Vollziehung des Durchsuchungsbeschlusses. Der Kläger überließ dem FA diverse Unterlagen zur weiteren Nachprüfung seiner Angaben, u.a. auch Kontoauszüge des X. Bei deren Auswertung stellte das FA fest, dass der Kläger in seinen Einkommensteuererklärungen die Einnahmen aus seiner Tätigkeit für den Verein in einer Größenordnung von 600 DM zu viel und bis 4.900 DM zu wenig erklärt hatte. Der Aufforderung des FA, eine Bescheinigung über sämtliche Konten beim X vorzulegen, kam der Kläger nicht nach.

4

Auf die Beschwerde des Klägers hob das Landgericht die Durchsuchungsbeschlüsse des AG auf. Diese seien rechtswidrig, da ein gegen den Kläger gerichteter Anfangsverdacht hinsichtlich einer Steuerhinterziehung nicht bestanden habe. Die Staatsanwaltschaft stellte das Strafverfahren gegen den Kläger nach § 170 Abs. 2 der Strafprozessordnung (StPO) ein. Die Einstellung umfasste auch den Vorwurf der Einkommensteuerhinterziehung in Bezug auf die Einkünfte des Klägers aus seiner Tätigkeit für den X. Die Straf- und Bußgeldsachenstelle des FA teilte dem Kläger schriftlich mit, dass diesbezüglich auch keine leichtfertige Steuerverkürzung vorliege.

5

Danach forderte das FA den X unter dem Briefkopf der Dienststelle für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung auf, in dem steuerlichen Ermittlungsverfahren gegen den Kläger gemäß § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 der Abgabenordnung (AO) i.V.m. §§ 93, 97 AO Auskunft darüber zu geben, welche Konten bzw. welche Verrechnungskonten in den Jahren 1998 bis 2001 für den Kläger geführt worden seien. Zudem forderte es den X auf, für die festgestellten Geschäftsbeziehungen die entsprechenden Kontoverdichtungen vorzulegen, da die Unterlagen für das steuerliche Ermittlungsverfahren des Klägers benötigt würden.

6

Den hiergegen vom Kläger eingelegten Einspruch wies das FA als unbegründet zurück. Die Steuerfahndung sei gemäß § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO auch für die Ermittlung unbekannter steuerlicher Sachverhalte zuständig. Für das Auskunftsersuchen bestehe auch ein hinreichender Anlass, denn aus den vom Kläger herausgegebenen Unterlagen des X ergebe sich eine Diskrepanz zu den von ihm erklärten Einkünften aus seiner Tätigkeit für den Verein, die der Aufklärung bedürfe. Das vom Kläger geltend gemachte Verwertungsverbot entfalte keine Fernwirkung in der Weise, dass die Erkenntnisse aus den herausgegebenen Unterlagen nicht als Anlass genutzt werden könnten, nunmehr auf verfahrensrechtlich zulässige Weise den relevanten Sachverhalt zu ermitteln. Das Auskunftsersuchen sei auch ermessensgerecht. Es sei geeignet, die Höhe der Nebeneinnahmen des Klägers aus der Tätigkeit für den X festzustellen. Es sei auch notwendig, weil der Kläger nicht zur Mitwirkung bereit sei. Verhältnismäßig sei es, weil nicht "ins Blaue hinein" ermittelt werde, sondern Auskünfte von der einzig denkbaren Auskunftsperson erbeten würden.

7

Der X übersandte dem FA die angeforderten Unterlagen, aus denen sich keine weiteren Erkenntnisse ergaben.

8

Die von dem Kläger nach der Auskunftserteilung durch den X erhobene Klage auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des Auskunftsersuchens hat das Finanzgericht (FG) mit in Entscheidungen der Finanzgerichte 2010, 551 veröffentlichtem Urteil abgewiesen.

9

Mit der Revision macht der Kläger im Wesentlichen geltend, das FG habe das aus der Aufhebung des rechtswidrigen Durchsuchungsbeschlusses folgende qualifizierte materielle Verwertungsverbot verkannt. Da die Ermittlungen bewusst fehlerhaft durchgeführt worden seien, bestehe keine Einschränkung des Verwertungsverbots. Das Auskunftsersuchen an den X sei unverhältnismäßig, da dem FA andere Mittel zur Aufklärung zur Verfügung gestanden hätten.

10

Der Kläger beantragt,
das angefochtene Urteil des FG Köln (Az.: 8 K 2933/06) vom 15. Dezember 2009 aufzuheben und festzustellen, dass das Auskunftsverlangen des Beklagten an den X vom 7. Juni 2006 rechtswidrig gewesen ist.

11

Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

12

Der rechtswidrige Durchsuchungsbeschluss habe nicht zu einem qualifizierten Verwertungsverbot geführt. Das Auskunftsersuchen sei erforderlich gewesen, da sich aus den Steuerakten des Klägers lediglich die von diesem erklärten Einnahmen ergeben hätten. Zwar seien auch beim X Unterlagen und Konten beschlagnahmt worden. Diese hätten jedoch einen anderen steuerlichen Sachverhalt betroffen und hätten in keinerlei Zusammenhang mit den Einnahmen des Klägers aus seiner Tätigkeit für den X gestanden. Aufgrund der Weigerung des Klägers, an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken, sei das Auskunftsersuchen die einzige Möglichkeit gewesen, den Sachverhalt vollständig zu ermitteln.

Entscheidungsgründe

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II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Feststellung, dass das Auskunftsverlangen des FA an den X rechtswidrig gewesen ist, weil es von der mit der Steuerfahndung betrauten Dienststelle und nicht von der Veranlagungsstelle gestellt worden ist (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

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1. Die Klage ist zulässig. Der Kläger hat ein berechtigtes Interesse an der Feststellung, dass das Auskunftsersuchen rechtswidrig gewesen ist.

15

a) Nach § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO kann, wenn ein mit der Klage angefochtener Verwaltungsakt sich im Verlauf des Klageverfahrens erledigt hat, das Gericht unter bestimmten Voraussetzungen auf Antrag die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts feststellen. Diese Regelung ist nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) entsprechend anzuwenden, wenn ein Verwaltungsakt sich schon vor der Klageerhebung erledigt hat (BFH-Urteil vom 26. September 2007 I R 43/06, BFHE 219, 13, BStBl II 2008, 134, m.w.N.). Dies ist vorliegend der Fall, da der X die Auskunft bereits vor Klageerhebung erteilt hat.

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b) "Berechtigtes Interesse" i.S. des § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO ist jedes konkrete, vernünftigerweise anzuerkennende Interesse rechtlicher, tatsächlicher oder wirtschaftlicher Art. Die begehrte Feststellung muss geeignet sein, in einem dieser Bereiche zu einer Positionsverbesserung des Klägers zu führen. Erforderlich ist ein gewisser die Verfahrensfortsetzung aus prozessökonomischen Gründen rechtfertigender Zusammenhang (BFH-Urteil vom 9. November 1994 XI R 33/93, BFH/NV 1995, 621).

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aa) Das berechtigte Interesse ist u.a. dann gegeben, wenn die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes zu einem Verwertungsverbot führt (BFH-Urteil vom 21. April 1993 X R 112/91, BFHE 171, 15, BStBl II 1993, 649). Um ein Verwertungsverbot hinsichtlich der vom X erteilten Auskunft geht es im Streitfall jedoch nicht, da diese nach den Feststellungen des FG keine weiteren --verwertbaren-- Erkenntnisse gebracht hat.

18

Das Feststellungsinteresse kann entgegen der Auffassung des FG auch nicht auf ein qualifiziertes materielles Verwertungsverbot mit Fernwirkung auf das Auskunftsersuchen gestützt werden, da die Voraussetzungen für ein solches offensichtlich nicht vorliegen. Ein Beweisverwertungsverbot, das auch nicht durch zulässige, erneute Ermittlungsmaßnahmen geheilt werden kann, kommt als Folge einer fehlerhaften Durchsuchung nur dann in Betracht, wenn die zur Fehlerhaftigkeit der Ermittlungsmaßnahme führenden Verfahrensverstöße schwerwiegend waren oder bewusst oder willkürlich begangen wurden (Beschlüsse des Bundesverfassungsgericht --BVerfG-- vom 2. Juli 2009  2 BvR 2225/08, BVerfGK 16, 22; vom 9. November 2010  2 BvR 2101/09, BFH/NV 2011, 182; BFH-Urteil vom 4. Oktober 2006 VIII R 53/04, BFHE 215, 12, BStBl II 2007, 227). Fehlt es an einem derart schwerwiegenden Verfahrensmangel, insbesondere an einem grundrechtsrelevanten Verstoß einer unmittelbaren Ermittlungsmaßnahme, so ist es bei der gebotenen Abwägung zwischen den Individualinteressen von Steuerpflichtigen, nicht aufgrund verfahrensfehlerhafter Ermittlungsmaßnahmen mit einer materiell-rechtlich an sich zutreffenden Steuer belastet zu werden, und der Pflicht des Staates, eine gesetzmäßige und gleichmäßige Steuerfestsetzung zu gewährleisten, gerechtfertigt, eine Fernwirkung eventueller Verwertungsverbote auf spätere, rechtmäßig erlangte Ermittlungsergebnisse zu verneinen (BFH-Urteil in BFHE 215, 12, BStBl II 2007, 227).

19

Nach diesen Grundsätzen sind im vorliegenden Fall die Voraussetzungen für einen qualifizierten Verfahrensverstoß nicht erfüllt, da der rechtswidrige Durchsuchungsbeschluss nicht vollzogen worden ist und für ein bewusst rechtsstaatswidriges oder willkürliches Verhalten des FA keine Anhaltspunkte vorliegen.

20

bb) Das Feststellungsinteresse i.S. von § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO ist jedoch deshalb gegeben, weil der Kläger durch das Auskunftsersuchen in seinem Persönlichkeitsrecht betroffen war und deshalb ein Interesse an seiner Rehabilitierung beim X hat. Es kann einen erheblichen Eingriff in die Persönlichkeitssphäre bedeuten, wenn der erledigte Verwaltungsakt als Fortsetzung des erkennbar unzutreffenden Vorwurfs der Steuerhinterziehung verstanden werden kann (vgl. BFH-Beschlüsse vom 15. Mai 2002 I B 8/02, I S 13/01, BFH/NV 2002, 1317; vom 15. Dezember 2004 X B 56/04, BFH/NV 2005, 714; vom 12. Juni 2008 VI B 62/07, BFH/NV 2008, 1514).

21

Für die Beantwortung der Frage, ob sich aus einem Auskunftsersuchen, das per se keine diskriminierende Wirkung hat, der --unzutreffende-- Vorwurf der Steuerhinterziehung herleiten lässt, sind die gesamten Umstände, die zu dem Auskunftsersuchen geführt haben und unter denen das Auskunftsersuchen gestellt wird, von Bedeutung. Danach ist im vorliegenden Fall eine diskriminierende Wirkung des Auskunftsersuchens zu bejahen: Das FA hat trotz der Einstellung des Strafverfahrens gemäß § 170 Abs. 2 StPO unter dem Briefkopf der Steuerfahndung ein Auskunftsersuchen an den X gestellt. Dadurch konnte beim X der Eindruck erweckt werden, dass weiter gegen den Kläger wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung strafrechtlich ermittelt werde. Dem X war aufgrund der Durchsuchung seiner Geschäftsräume bekannt, dass gegen den Kläger wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung ermittelt worden war. Zwar hat sich das FA im Betreff seines Auskunftsersuchens auf ein "steuerliches Ermittlungsverfahren" bezogen. Dies rechtfertigt jedoch keine andere Beurteilung, da die Unterscheidung der doppelfunktionalen Aufgabenbereiche der Steuerfahndung, Steuerstraftaten zu erforschen und die Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln, dem Rechtsunkundigen nicht geläufig ist.

22

2. Selbst wenn man ungeachtet der weitgehenden Kenntnisse der Steuerfahndung über den besteuerungsrelevanten Sachverhalt zu ihren Gunsten von einem hinreichenden Anlass für einen unbekannten Steuerfall i.S. des § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO ausgehen könnte, war das an den X gestellte Auskunftsersuchen jedenfalls wegen Verletzung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes insoweit rechtswidrig, als es angesichts der bestehenden Zuständigkeitskonkurrenz von der mit der Steuerfahndung betrauten Dienststelle und nicht von der Veranlagungsstelle gestellt worden ist.

23

a) Die Finanzbehörde kann eine Auskunft nach § 93 AO nur verlangen, wenn sie zur Sachverhaltsaufklärung geeignet und notwendig, die Pflichterfüllung für den Betroffenen möglich und seine Inanspruchnahme erforderlich, verhältnismäßig und zumutbar ist (BFH-Urteil vom 29. Oktober 1986 VII R 82/85, BFHE 148, 108, BStBl II 1988, 359; vgl. auch BVerfG-Beschluss vom 4. April 2006 1 BvR 518/02, BVerfGE 115, 320, 345, ständige Rechtsprechung).

24

b) Unzweifelhaft war die geforderte Auskunft geeignet, einer möglichen Steuerverkürzung auf die Spur zu kommen. Die Erteilung der Auskunft war dem X auch möglich. Wie bereits ausgeführt ist jedoch zweifelhaft, ob das Auskunftsersuchen zur Sachverhaltsaufklärung notwendig und erforderlich war, da der Kläger die Kontounterlagen des X dem FA bereits vorgelegt hatte.

25

c) Ungeachtet dessen ist das Auskunftsersuchen jedenfalls rechtswidrig, weil das FA den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne (Zweck-Mittel-Verhältnis) nicht gewahrt hat. Danach darf ein an sich geeignetes und erforderliches Mittel zur Durchsetzung von Allgemeininteressen nicht angewandt werden, wenn die davon ausgehenden Grundrechtsbeeinträchtigungen schwerer wiegen als die durchzusetzenden Interessen (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 115, 320, 345 f.). Eine informationsbezogene Maßnahme kann sich bereits deshalb als schwerwiegend darstellen, weil sie auf eine Weise durchgeführt wird, die die Persönlichkeit erheblich berührt. Die rechtliche Bewertung des Eingriffs richtet sich bei einem Auskunftsersuchen nach der Intensität der Beeinträchtigung des Betroffenen, gegen den sich die behördliche Ermittlung richtet. Das Gewicht der Beeinträchtigung hängt auch davon ab, ob der von dem Auskunftsersuchen Betroffene anonym bleibt und welche Nachteile ihm aus der Ermittlungsmaßnahme drohen oder von dieser nicht ohne Grund befürchtet werden (vgl. BVerfG-Urteil vom 3. März 2004  1 BvR 2378/98, 1 BvR 1084/99, BVerfGE 109, 279, 353; BVerfG-Beschluss vom 13. Juni 2007  1 BvR 1550/03, 1 BvR 2357/04, 1 BvR 603/05, BVerfGE 118, 168, 196 f.).

26

Nach diesen Grundsätzen führen die Nachteile, die dem von dem Auskunftsersuchen betroffenen Kläger durch das weitere Tätigwerden der Steuerfahndung drohten, unter Berücksichtigung der mit dem Auskunftsersuchen verfolgten Ziele zur Unangemessenheit der Ermittlungsmaßnahme der Steuerfahndung: Dem Kläger war von der Staatsanwaltschaft und von der Straf- und Bußgeldsachenstelle mitgeteilt worden, dass auch in Bezug auf seine unrichtig erklärten Einkünfte aus der Tätigkeit für den Verein ein Verdacht wegen Steuerhinterziehung bzw. leichtfertiger Steuerverkürzung nicht bestehe. Dennoch ermittelte das FA unter dem Briefkopf der Steuerfahndung bei dem X weiter, wodurch --wie unter II.1.b bb ausgeführt-- bei diesem der Eindruck entstehen konnte, dass die strafverfahrensrechtlichen Ermittlungen gegen den Kläger fortdauerten. Da der Verdacht der Steuerhinterziehung bei Dritten Zweifel an der persönlichen Integrität des Verdächtigten begründen können, wurde hierdurch das Ansehen des Klägers erheblich gefährdet. Denn dieser war nicht nur Mitglied des X, sondern übte bei diesem eine leitende Tätigkeit aus. Dies machte es für ihn in besonderem Maße erforderlich, nicht aufgrund des Verdachts der Steuerhinterziehung als kriminell zu erscheinen.

27

Unter Berücksichtigung der geringen Bedeutung der Sache wiegt die durch das Handeln der Steuerfahndung verursachte Gefährdung des persönlichen Ansehens des Klägers schwerer als die durch die Ermittlungstätigkeit zu wahrenden Rechtsgüter der gleichmäßigen Festsetzung und Erhebung von Steuern, zumal dieses Ziel auch durch Ermittlungen des für die Besteuerung zuständigen Veranlagungsbezirks hätte verfolgt werden können, ohne dass der Anschein der Fortsetzung des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens erweckt worden wäre. Die Aufgabenzuweisung an die Fahndungsstellen lässt die Aufgaben und Befugnisse der Finanzämter unberührt (vgl. § 208 Abs. 3 AO). Die Finanzämter sind daher nicht gehindert, in derselben Sache wie die Fahndung tätig zu werden. Es besteht regelmäßig kein zwingender Anlass, die Verwaltung von vornherein ausschließlich auf den Einsatz der Steuerfahndung zu verweisen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 215, 12, BStBl II 2007, 227). Danach wäre im vorliegenden Fall ein Auskunftsersuchen durch die Veranlagungsstelle ein gegenüber dem Handeln der Steuerfahndung milderes Mittel gewesen, sodass das Auskunftsersuchen der Steuerfahndung wegen Verstoßes gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz --unabhängig von der Frage, ob überhaupt ein hinreichender Anlass für die Ermittlungsmaßnahme bestanden hat-- rechtswidrig gewesen ist.

(1) Die Außenprüfung dient der Ermittlung der steuerlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen. Sie kann eine oder mehrere Steuerarten, einen oder mehrere Besteuerungszeiträume umfassen oder sich auf bestimmte Sachverhalte beschränken. Die Außenprüfung bei einer Personengesellschaft umfasst die steuerlichen Verhältnisse der Gesellschafter insoweit, als diese Verhältnisse für die zu überprüfenden einheitlichen Feststellungen von Bedeutung sind. Die steuerlichen Verhältnisse anderer Personen können insoweit geprüft werden, als der Steuerpflichtige verpflichtet war oder verpflichtet ist, für Rechnung dieser Personen Steuern zu entrichten oder Steuern einzubehalten und abzuführen; dies gilt auch dann, wenn etwaige Steuernachforderungen den anderen Personen gegenüber geltend zu machen sind.

(2) Die steuerlichen Verhältnisse von Gesellschaftern und Mitgliedern sowie von Mitgliedern der Überwachungsorgane können über die in Absatz 1 geregelten Fälle hinaus in die bei einer Gesellschaft durchzuführende Außenprüfung einbezogen werden, wenn dies im Einzelfall zweckmäßig ist.

(3) Werden anlässlich einer Außenprüfung Verhältnisse anderer als der in Absatz 1 genannten Personen festgestellt, so ist die Auswertung der Feststellungen insoweit zulässig, als ihre Kenntnis für die Besteuerung dieser anderen Personen von Bedeutung ist oder die Feststellungen eine unerlaubte Hilfeleistung in Steuersachen betreffen.

Die Finanzbehörde bestimmt den Umfang der Außenprüfung in einer schriftlich oder elektronisch zu erteilenden Prüfungsanordnung mit Rechtsbehelfsbelehrung nach § 356.

Soweit die Finanzbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln oder zu entscheiden, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Finanzbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes bis zum Abschluss der Tatsacheninstanz eines finanzgerichtlichen Verfahrens ergänzen.

Tatbestand

1

I. Streitig ist die Rechtmäßigkeit einer Anordnung zur Erweiterung der Außenprüfung.

2

Die Klägerin, Revisionsbeklagte und Anschlussrevisionsklägerin (Klägerin) ist eine GmbH & Co. KG, deren Wirtschaftsjahr dem Kalenderjahr entspricht.

3

Der Beklagte, Revisionskläger und Anschlussrevisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) erließ unter dem 23. April 2007 an die Klägerin eine Prüfungsanordnung für die Veranlagungszeiträume 2003 bis 2005 hinsichtlich der gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen, der Gewerbesteuer und der Umsatzsteuer. Während der Außenprüfung wurde zwischen dem FA und der Klägerin der Bilanzansatz von Betriebsgebäuden streitig. Der Betriebsprüfer war der Ansicht, die Klägerin habe die Gebäude zu einem überhöhten Wert angesetzt und überhöhte Absetzungen für Abnutzung (AfA) in Anspruch genommen. Hinsichtlich der Jahre 2000 und 2001 war bereits unstreitig Festsetzungsverjährung eingetreten. Die Bescheide für das Jahr 2002 waren unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen.

4

Am 26. November 2007 erging eine erweiterte Prüfungsanordnung, womit die Außenprüfung auf die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen, die Gewerbesteuer und die Umsatzsteuer für das Jahr 2002 erstreckt wurde. Das FA begründete dies damit, dass mit nicht unerheblichen Änderungen der Besteuerungsgrundlagen zu rechnen sei, weil die AfA-Bemessungsgrundlage für die Geschäftsgebäude auf dem Betriebsgrundstück voraussichtlich zu mindern sei.

5

Den dagegen eingelegten Einspruch der Klägerin wies das FA durch Einspruchsentscheidung vom 27. März 2008 als unbegründet zurück, woraufhin die Klägerin Klage vor dem Finanzgericht (FG) erhob.

6

Während des Klageverfahrens und nach Abschluss der Außenprüfung erließ das FA am 22. Dezember 2008 Änderungsbescheide zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2002 bis 2005, worin die Einkünfte aus Gewerbebetrieb jeweils erhöht waren. Die Klägerin änderte daraufhin ihre Klage in eine Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 67 i.V.m. § 100 Abs. 1 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) und beantragte, festzustellen, dass die Prüfungsanordnung vom 26. November 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27. März 2008, mit der die Außenprüfung auf die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen, die Gewerbesteuer und die Umsatzsteuer für das Jahr 2002 erweitert wurde, rechtswidrig war.

7

Die Klage hatte teilweise Erfolg. Mit Urteil vom 18. Juni 2010 hat das FG festgestellt, dass die Prüfungserweiterung vom 26. November 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27. März 2008 auf die Umsatzsteuer für das Jahr 2002 rechtswidrig gewesen sei. Denn insoweit hätten keine konkreten Umstände dafür bestanden, dass mit nicht unerheblichen Änderungen der Besteuerungsgrundlagen zu rechnen gewesen sei. Auch das FA sei hiervon nach der Begründung der Prüfungserweiterung ausgegangen. Daher sei es ermessensfehlerhaft und rechtswidrig gewesen, gleichwohl die Prüfung auch auf die Umsatzsteuer 2002 zu erweitern. Im Übrigen wies das FG die Klage als unbegründet ab.

8

Mit seiner Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts, soweit das FG in seinem Urteil festgestellt habe, dass die Anordnung zur Erweiterung der Außenprüfung auf die Umsatzsteuer für das Jahr 2002 rechtswidrig gewesen sei. Für eine ermessensfehlerfreie Erweiterung des Prüfungszeitraums sei nicht erforderlich, dass sowohl hinsichtlich des Erweiterungszeitraums als auch hinsichtlich der konkreten Steuerart mit nicht unerheblichen Änderungen der Besteuerungsgrundlagen gerechnet werden müsse. Die Prüfungserweiterung auf die Umsatzsteuer für das Jahr 2002 sei daher ermessensfehlerfrei und rechtmäßig ergangen.

9

Das FA beantragt sinngemäß, das Urteil des Niedersächsischen FG vom 18. Juni 2010 insoweit aufzuheben, als darin festgestellt wird, dass die Prüfungsanordnung vom 26. November 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27. März 2008 hinsichtlich der Erweiterung der Außenprüfung auf die Umsatzsteuer für das Jahr 2002 rechtswidrig war, und die Klage auch insoweit abzuweisen.

10

Die Klägerin beantragt durch Schriftsatz vom 11. November 2011, die Revision des FA als unbegründet zurückzuweisen. Weiterhin beantragt sie sinngemäß im Wege einer Anschlussrevision, das Urteil des Niedersächsischen FG vom 18. Juni 2010 insoweit aufzuheben, als es die Klage abgewiesen hat, und festzustellen, dass die Prüfungsanordnung vom 26. November 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27. März 2008 zur Erweiterung der Außenprüfung auf die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und die Gewerbesteuer für das Jahr 2002 rechtswidrig war.

11

Bezüglich der Umsatzsteuer 2002 sei weder mit Änderungen der Besteuerungsgrundlagen zu rechnen gewesen, noch hätte der Verdacht einer Steuerstraftat oder einer Steuerordnungswidrigkeit bestanden. Hinsichtlich der gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und der Gewerbesteuer für das Jahr 2002 sei die Prüfungserweiterung ermessensfehlerhaft und daher rechtswidrig gewesen, da keine Umstände für eine Mehrsteuererwartung bezüglich der Abschreibung des Betriebsgebäudes vorgelegen hätten. Vielmehr hätten im Zeitpunkt des Erlasses der Prüfungsanordnung objektiv ausschließlich Umstände vorgelegen, die gegen eine Mehrsteuererwartung bezüglich der Abschreibung des Betriebsgebäudes gesprochen hätten. Insoweit sei die Prüfungserweiterung außerdem unverhältnismäßig gewesen, da der maßgebliche Sachverhalt bereits in vollem Umfang ausermittelt gewesen sei.

Entscheidungsgründe

12

II. Die Revision des FA ist begründet. Das vorinstanzliche Urteil war daher insoweit aufzuheben, als darin festgestellt wird, dass die Prüfungserweiterung vom 26. November 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27. März 2008 auf die Umsatzsteuer für das Jahr 2002 rechtswidrig war. Die Klage ist auch insoweit abzuweisen. Die Anschlussrevision der Klägerin ist unzulässig und war daher zu verwerfen (§ 126 Abs. 1 FGO).

13

A. Revision des FA

14

1. Das FG hat zu Unrecht festgestellt, dass die Prüfungsanordnung zur Erweiterung der Außenprüfung auf die Umsatzsteuer für das Jahr 2002 ermessensfehlerhaft und daher rechtswidrig war. Das FA hat das ihm in § 194 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 196 der Abgabenordnung (AO) eingeräumte Ermessen, auch die Umsatzsteuer für das Jahr 2002 in die Prüfungserweiterung einzubeziehen, nicht fehlerhaft ausgeübt.

15

a) Gemäß § 193 Abs. 1 AO ist eine Außenprüfung bei Steuerpflichtigen, die --wie die Klägerin-- einen gewerblichen Betrieb unterhalten, zulässig. Nach § 194 Abs. 1 Satz 2 AO kann eine Außenprüfung mehrere Steuerarten und Besteuerungszeiträume umfassen, sie kann sich aber auch auf bestimmte Sachverhalte beschränken. Den Umfang der Außenprüfung hat gemäß § 196 AO die zuständige Finanzbehörde --im Streitfall das FA-- in einer schriftlichen Prüfungsanordnung zu bestimmen. Die Bestimmung des Prüfungsumfangs ist eine von den Gerichten nur gemäß § 102 FGO zu überprüfende Ermessensentscheidung (ständige Rechtsprechung, z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 28. Juni 2000 I R 20/99, BFH/NV 2000, 1447, unter II.2. der Gründe).

16

b) Die Finanzbehörden haben sich für die Ausübung ihres Ermessens durch die Betriebsprüfungsordnung (Steuer) --BpO 2000-- dahin gebunden, dass bei Steuerpflichtigen wie der Klägerin, die kein Großbetrieb oder Unternehmen i.S. der §§ 13 und 19 BpO 2000 sind, der Prüfungszeitraum in der Regel nicht mehr als drei zusammenhängende Besteuerungszeiträume umfassen soll (§ 4 Abs. 3 Satz 1 BpO 2000). Nach § 4 Abs. 3 Satz 2 BpO 2000 kann der Prüfungszeitraum aber insbesondere dann drei Besteuerungszeiträume übersteigen, wenn mit nicht unerheblichen Änderungen der Besteuerungsgrundlagen zu rechnen ist oder wenn der Verdacht einer Steuerstraftat oder einer Steuerordnungswidrigkeit besteht. Diese Verwaltungsregelung ist als Selbstbindung der Verwaltung bei der Ermessensausübung auch im gerichtlichen Verfahren zu beachten (BFH-Urteil in BFH/NV 2000, 1447, unter II.2. der Gründe).

17

c) Die Voraussetzungen, unter denen nach § 4 Abs. 3 Satz 2 BpO 2000 der Prüfungszeitraum drei Besteuerungszeiträume übersteigen kann, haben im Streitfall vorgelegen. Nach den tatsächlichen Feststellungen des FG, die für den erkennenden Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindend sind, bestand im Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung des FA aufgrund konkreter Umstände die Vermutung, dass mit nicht unerheblichen Änderungen der Besteuerungsgrundlagen im Veranlagungszeitraum 2002 hinsichtlich des Gewinns der Klägerin aus Gewerbebetrieb zu rechnen war (vgl. zum Vorliegen einer nicht unerheblichen Steuernachforderung BFH-Urteile vom 28. April 1988 IV R 106/86, BFHE 153, 210, BStBl II 1988, 857, unter 3. der Gründe, und vom 24. November 1988 IV R 199/85, BFH/NV 1989, 548, unter 2. der Gründe). Daraus folgt jedoch nicht, dass das FA die Prüfung im Veranlagungszeitraum 2002 inhaltlich nur auf die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und die Gewerbesteuer erweitern durfte, wo sich der Sachverhalt, der Grund für die Erweiterung des Prüfungszeitraums war, auswirken konnte. Die Rechtsfolge des § 4 Abs. 3 Satz 2 BpO 2000 besteht darin, das FA bei der Ermessensausübung hinsichtlich des zeitlichen Umfangs der Außenprüfung von der Bindung an die Verwaltungsregelung in § 4 Abs. 3 Satz 1 BpO 2000 zu befreien. Tritt diese Rechtsfolge ein, hat das FA gemäß § 194 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 196 und § 5 AO zu entscheiden, ob und inwieweit es den Prüfungsumfang wegen der in § 4 Abs. 3 Satz 2 BpO 2000 aufgeführten Sachverhalte erweitert (BFH-Urteil in BFH/NV 2000, 1447, unter II.4. der Gründe).

18

d) Die gerichtliche Prüfung gemäß § 102 FGO ergibt, dass das FA mit der Erweiterung der Prüfung auf die Umsatzsteuer 2002 weder die gesetzlichen Grenzen des ihm in § 194 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 196 AO eingeräumten Ermessens überschritten noch von seinem Ermessen in einer dem Zweck des § 194 Abs. 1 Satz 2 AO widersprechenden Form Gebrauch gemacht hat.

19

aa) § 194 Abs. 1 Satz 2 AO begrenzt das Ermessen des FA beim Erlass einer Prüfungserweiterung nicht dahin gehend, die Prüfung auf den bestimmten Sachverhalt zu beschränken, der voraussichtlich zu einer nicht unerheblichen Änderung der Besteuerungsgrundlagen führt und daher i.S. von § 4 Abs. 3 Satz 2 BpO 2000 Grund für die Erweiterung des Prüfungszeitraums ist. Vielmehr darf das FA die Prüfungserweiterung generell für den Besteuerungszeitraum anordnen, in dem der betreffende Sachverhalt verwirklicht wurde (BFH-Urteil in BFH/NV 2000, 1447, unter II.5.a der Gründe). Betriebliche Steuerarten, die schon aufgrund der ursprünglichen Prüfungsanordnung Prüfungsgegenstand geworden sind, dürfen daher auch dann in die Prüfungserweiterung einbezogen werden, wenn sich der Sachverhalt in diesen Steuerarten von vornherein nicht auswirken kann.

20

bb) Die Anordnung der Prüfungserweiterung auch auf die Umsatzsteuer für das Jahr 2002 widersprach auch nicht dem Zweck des § 194 Abs. 1 Satz 2 AO. Außenprüfungen dienen der Ermittlung der steuerlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen. Wird die Prüfung bereits in der Prüfungsanordnung auf einen bestimmten Sachverhalt beschränkt, schließt dies eine umfassende Ermittlung der steuerlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen --ggf. auch zu dessen Gunsten-- aus und kann zu Streit darüber führen, ob Prüfungshandlungen noch der Aufklärung des in der Prüfungsanordnung bezeichneten Sachverhalts dienen oder über den angeordneten Prüfungsumfang hinausgehen (BFH-Urteil in BFH/NV 2000, 1447, unter II.5.b der Gründe). Dies genügt, um die Entscheidung des FA in Bezug auf den Zweck des § 194 Abs. 1 Satz 2 AO als ermessensfehlerfrei zu beurteilen.

21

2. Da die Sache spruchreif ist, konnte der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO).

22

B. Anschlussrevision der Klägerin

23

Die Anschlussrevision der Klägerin ist unzulässig.

24

1. Der Antrag, das Urteil der Vorinstanz insoweit aufzuheben, als es die Klage abgewiesen hat, und festzustellen, dass die Prüfungsanordnung vom 26. November 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27. März 2008 zur Erweiterung der Außenprüfung auf die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und die Gewerbesteuer für das Jahr 2002 rechtswidrig war, ist im Rahmen der Anschlussrevision nicht statthaft. Die gemäß § 155 FGO i.V.m. § 554 der Zivilprozessordnung im Finanzgerichtsprozess statthafte Anschlussrevision ist kein Rechtsmittel im eigentlichen Sinne, sondern ein prozessualer Antrag innerhalb des vom Gegner eingelegten Rechtsmittels (Hauptrevision). Wenn Gegenstand des angefochtenen Urteils mehrere Verwaltungsakte sind und die Hauptrevision sich nur gegen einen dieser Verwaltungsakte richtet, kann das angefochtene Urteil daher hinsichtlich der anderen Verwaltungsakte mit einer Anschlussrevision nicht mehr angegriffen werden (BFH-Urteil vom 29. April 2008 I R 67/06, BFHE 221, 201, BStBl II 2011, 55, unter B.II.1. der Gründe, m.w.N.).

25

Im Streitfall hat das FA Revision nur bezüglich der vom FG festgestellten Rechtswidrigkeit der Prüfungserweiterung auf die Umsatzsteuer für das Jahr 2002 eingelegt. Dabei handelt es sich um einen selbständigen Verwaltungsakt gegenüber der Prüfungserweiterung auf die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und die Gewerbesteuer für das Jahr 2002. Denn eine Prüfungsanordnung für mehrere Steuerarten enthält mehrere selbständige Regelungen i.S. des § 118 AO (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteil vom 18. Oktober 1994 IX R 128/92, BFHE 176, 298, BStBl II 1995, 291, unter 1.c der Gründe, m.w.N.).

26

Die Rechtmäßigkeit der Prüfungserweiterung auf die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und die Gewerbesteuer für das Jahr 2002 hat das FG rechtskräftig festgestellt. Die Klägerin hat insoweit nach Zulassung der Revision durch den erkennenden Senat mit der Klägerin am 16. September 2011 zugestellten Beschluss nicht innerhalb der einmonatigen Frist (§ 116 Abs. 7 Satz 2 i.V.m. § 120 Abs. 1 Satz 1 FGO) Revision eingelegt. Aus diesem Grund kann der Senat offenlassen, ob die von der Klägerin durch Schriftsatz vom 11. November 2011 ausdrücklich erhobene Anschlussrevision im Wege rechtsschutzgewährender Auslegung in eine selbständige Revision umzudeuten wäre. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 56 Abs. 1 FGO wegen der Versäumung der Revisionsfrist kommt nicht in Betracht. Die Klägerin hat insoweit keinen Antrag gestellt. Auch nach Aktenlage sind Gründe, die eine Wiedereinsetzung rechtfertigen könnten, nicht ersichtlich.

27

2. Gemäß § 126 Abs. 1 FGO ist eine unzulässige Revision grundsätzlich durch Beschluss zu verwerfen. Haben aber beide Beteiligte Revision eingelegt und ist davon die eine unbegründet, die andere unzulässig, kann der Senat insgesamt über beide Revisionen durch Urteil entscheiden (BFH-Urteil vom 8. März 2007 IV R 41/05, BFH/NV 2007, 1813, unter II.B.1. der Gründe). Dies gilt gleichermaßen für die Entscheidung über eine unzulässige Anschlussrevision, die neben einer zulässigen Revision eingelegt worden ist (BFH-Urteil vom 19. Februar 2009 IV R 18/06, BFHE 224, 330, BStBl II 2009, 654, unter II.B. der Gründe).

28

C. Die Entscheidung ergeht gemäß § 121 Satz 1 i.V.m. § 90 Abs. 2 FGO ohne mündliche Verhandlung, da die Beteiligten hierauf verzichtet haben.

(1) Jeder Kaufmann ist verpflichtet, Bücher zu führen und in diesen seine Handelsgeschäfte und die Lage seines Vermögens nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung ersichtlich zu machen. Die Buchführung muß so beschaffen sein, daß sie einem sachverständigen Dritten innerhalb angemessener Zeit einen Überblick über die Geschäftsvorfälle und über die Lage des Unternehmens vermitteln kann. Die Geschäftsvorfälle müssen sich in ihrer Entstehung und Abwicklung verfolgen lassen.

(2) Der Kaufmann ist verpflichtet, eine mit der Urschrift übereinstimmende Wiedergabe der abgesandten Handelsbriefe (Kopie, Abdruck, Abschrift oder sonstige Wiedergabe des Wortlauts auf einem Schrift-, Bild- oder anderen Datenträger) zurückzubehalten.

(1)1Bei Gewerbetreibenden, die auf Grund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, oder die ohne eine solche Verpflichtung Bücher führen und regelmäßig Abschlüsse machen, ist für den Schluss des Wirtschaftsjahres das Betriebsvermögen anzusetzen (§ 4 Absatz 1 Satz 1), das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auszuweisen ist, es sei denn, im Rahmen der Ausübung eines steuerlichen Wahlrechts wird oder wurde ein anderer Ansatz gewählt.2Voraussetzung für die Ausübung steuerlicher Wahlrechte ist, dass die Wirtschaftsgüter, die nicht mit dem handelsrechtlich maßgeblichen Wert in der steuerlichen Gewinnermittlung ausgewiesen werden, in besondere, laufend zu führende Verzeichnisse aufgenommen werden.3In den Verzeichnissen sind der Tag der Anschaffung oder Herstellung, die Anschaffungs- oder Herstellungskosten, die Vorschrift des ausgeübten steuerlichen Wahlrechts und die vorgenommenen Abschreibungen nachzuweisen.

(1a)1Posten der Aktivseite dürfen nicht mit Posten der Passivseite verrechnet werden.2Die Ergebnisse der in der handelsrechtlichen Rechnungslegung zur Absicherung finanzwirtschaftlicher Risiken gebildeten Bewertungseinheiten sind auch für die steuerliche Gewinnermittlung maßgeblich.

(2) Für immaterielle Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens ist ein Aktivposten nur anzusetzen, wenn sie entgeltlich erworben wurden.

(2a) Für Verpflichtungen, die nur zu erfüllen sind, soweit künftig Einnahmen oder Gewinne anfallen, sind Verbindlichkeiten oder Rückstellungen erst anzusetzen, wenn die Einnahmen oder Gewinne angefallen sind.

(3)1Rückstellungen wegen Verletzung fremder Patent-, Urheber- oder ähnlicher Schutzrechte dürfen erst gebildet werden, wenn

1.
der Rechtsinhaber Ansprüche wegen der Rechtsverletzung geltend gemacht hat oder
2.
mit einer Inanspruchnahme wegen der Rechtsverletzung ernsthaft zu rechnen ist.
2Eine nach Satz 1 Nummer 2 gebildete Rückstellung ist spätestens in der Bilanz des dritten auf ihre erstmalige Bildung folgenden Wirtschaftsjahres gewinnerhöhend aufzulösen, wenn Ansprüche nicht geltend gemacht worden sind.

(4) Rückstellungen für die Verpflichtung zu einer Zuwendung anlässlich eines Dienstjubiläums dürfen nur gebildet werden, wenn das Dienstverhältnis mindestens zehn Jahre bestanden hat, das Dienstjubiläum das Bestehen eines Dienstverhältnisses von mindestens 15 Jahren voraussetzt, die Zusage schriftlich erteilt ist und soweit der Zuwendungsberechtigte seine Anwartschaft nach dem 31. Dezember 1992 erwirbt.

(4a)1Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften dürfen nicht gebildet werden.2Das gilt nicht für Ergebnisse nach Absatz 1a Satz 2.

(4b)1Rückstellungen für Aufwendungen, die in künftigen Wirtschaftsjahren als Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts zu aktivieren sind, dürfen nicht gebildet werden.2Rückstellungen für die Verpflichtung zur schadlosen Verwertung radioaktiver Reststoffe sowie ausgebauter oder abgebauter radioaktiver Anlagenteile dürfen nicht gebildet werden, soweit Aufwendungen im Zusammenhang mit der Bearbeitung oder Verarbeitung von Kernbrennstoffen stehen, die aus der Aufarbeitung bestrahlter Kernbrennstoffe gewonnen worden sind und keine radioaktiven Abfälle darstellen.

(5)1Als Rechnungsabgrenzungsposten sind nur anzusetzen

1.
auf der Aktivseite Ausgaben vor dem Abschlussstichtag, soweit sie Aufwand für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen;
2.
auf der Passivseite Einnahmen vor dem Abschlussstichtag, soweit sie Ertrag für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen.
2Der Ansatz eines Rechnungsabgrenzungspostens kann unterbleiben, wenn die jeweilige Ausgabe oder Einnahme im Sinne des Satzes 1 den Betrag des § 6 Absatz 2 Satz 1 nicht übersteigt; das Wahlrecht ist einheitlich für alle Ausgaben und Einnahmen im Sinne des Satzes 1 auszuüben.3Auf der Aktivseite sind ferner anzusetzen
1.
als Aufwand berücksichtigte Zölle und Verbrauchsteuern, soweit sie auf am Abschlussstichtag auszuweisende Wirtschaftsgüter des Vorratsvermögens entfallen,
2.
als Aufwand berücksichtigte Umsatzsteuer auf am Abschlussstichtag auszuweisende Anzahlungen.

(6) Die Vorschriften über die Entnahmen und die Einlagen, über die Zulässigkeit der Bilanzänderung, über die Betriebsausgaben, über die Bewertung und über die Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung sind zu befolgen.

(7)1Übernommene Verpflichtungen, die beim ursprünglich Verpflichteten Ansatzverboten, -beschränkungen oder Bewertungsvorbehalten unterlegen haben, sind zu den auf die Übernahme folgenden Abschlussstichtagen bei dem Übernehmer und dessen Rechtsnachfolger so zu bilanzieren, wie sie beim ursprünglich Verpflichteten ohne Übernahme zu bilanzieren wären.2Dies gilt in Fällen des Schuldbeitritts oder der Erfüllungsübernahme mit vollständiger oder teilweiser Schuldfreistellung für die sich aus diesem Rechtsgeschäft ergebenden Verpflichtungen sinngemäß.3Satz 1 ist für den Erwerb eines Mitunternehmeranteils entsprechend anzuwenden.4Wird eine Pensionsverpflichtung unter gleichzeitiger Übernahme von Vermögenswerten gegenüber einem Arbeitnehmer übernommen, der bisher in einem anderen Unternehmen tätig war, ist Satz 1 mit der Maßgabe anzuwenden, dass bei der Ermittlung des Teilwertes der Verpflichtung der Jahresbetrag nach § 6a Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 so zu bemessen ist, dass zu Beginn des Wirtschaftsjahres der Übernahme der Barwert der Jahresbeträge zusammen mit den übernommenen Vermögenswerten gleich dem Barwert der künftigen Pensionsleistungen ist; dabei darf sich kein negativer Jahresbetrag ergeben.5Für einen Gewinn, der sich aus der Anwendung der Sätze 1 bis 3 ergibt, kann jeweils in Höhe von vierzehn Fünfzehntel eine gewinnmindernde Rücklage gebildet werden, die in den folgenden 14 Wirtschaftsjahren jeweils mit mindestens einem Vierzehntel gewinnerhöhend aufzulösen ist (Auflösungszeitraum).6Besteht eine Verpflichtung, für die eine Rücklage gebildet wurde, bereits vor Ablauf des maßgebenden Auflösungszeitraums nicht mehr, ist die insoweit verbleibende Rücklage erhöhend aufzulösen.

Die Finanzbehörde bestimmt den Umfang der Außenprüfung in einer schriftlich oder elektronisch zu erteilenden Prüfungsanordnung mit Rechtsbehelfsbelehrung nach § 356.

Ist die Finanzbehörde ermächtigt, nach ihrem Ermessen zu handeln, hat sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten.

Soweit die Finanzbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln oder zu entscheiden, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Finanzbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes bis zum Abschluss der Tatsacheninstanz eines finanzgerichtlichen Verfahrens ergänzen.

Die Finanzbehörde bestimmt den Umfang der Außenprüfung in einer schriftlich oder elektronisch zu erteilenden Prüfungsanordnung mit Rechtsbehelfsbelehrung nach § 356.

(1) Die Außenprüfung dient der Ermittlung der steuerlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen. Sie kann eine oder mehrere Steuerarten, einen oder mehrere Besteuerungszeiträume umfassen oder sich auf bestimmte Sachverhalte beschränken. Die Außenprüfung bei einer Personengesellschaft umfasst die steuerlichen Verhältnisse der Gesellschafter insoweit, als diese Verhältnisse für die zu überprüfenden einheitlichen Feststellungen von Bedeutung sind. Die steuerlichen Verhältnisse anderer Personen können insoweit geprüft werden, als der Steuerpflichtige verpflichtet war oder verpflichtet ist, für Rechnung dieser Personen Steuern zu entrichten oder Steuern einzubehalten und abzuführen; dies gilt auch dann, wenn etwaige Steuernachforderungen den anderen Personen gegenüber geltend zu machen sind.

(2) Die steuerlichen Verhältnisse von Gesellschaftern und Mitgliedern sowie von Mitgliedern der Überwachungsorgane können über die in Absatz 1 geregelten Fälle hinaus in die bei einer Gesellschaft durchzuführende Außenprüfung einbezogen werden, wenn dies im Einzelfall zweckmäßig ist.

(3) Werden anlässlich einer Außenprüfung Verhältnisse anderer als der in Absatz 1 genannten Personen festgestellt, so ist die Auswertung der Feststellungen insoweit zulässig, als ihre Kenntnis für die Besteuerung dieser anderen Personen von Bedeutung ist oder die Feststellungen eine unerlaubte Hilfeleistung in Steuersachen betreffen.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.