Finanzgericht Hamburg Urteil, 28. Juni 2017 - 5 K 155/16

bei uns veröffentlicht am28.06.2017

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten in der Hauptsache um die Rechtmäßigkeit eines Bescheides über die Rückforderung von Kindergeld.

2

Die Klägerin, geb. am ..., stellte am 02.11.2006 an die Familienkasse A einen Kindergeldantrag mit Hinweis auf ihre Behinderung, den ihr unbekannten Vater und ihre am ... verstorbene Mutter. Die Familienkasse erließ am 20.11.2006 einen Ablehnungsbescheid wegen Überschreitung der Altersgrenze gem. § 1 Abs. 2 Bundeskindergeldgesetz (BKGG). Nach Einspruchsverfahren und anschließendem Klageverfahren vor dem Sozialgericht B (Vergleich in der mündlichen Verhandlung vom 08.07.2008) hob die Familienkasse A den Ablehnungsbescheid auf und gab das Verfahren ohne Zahlungsaufnahme zuständigkeitshalber an die Familienkasse C weiter. In der mündlichen Verhandlung vom 08.07.2008 vor dem Sozialgericht hatte die Klägerin für den Fall, dass die zuständige Familienkasse nicht schon den Antrag vom 02.11.2006 als Antrag im berechtigten Interesse für den Vater auslegen sollte, einen solchen Antrag ausdrücklich gestellt, dessen Eingang die dortige Beklagte bestätigte. Die Klage, "soweit sie auf die Gewährung von Kindergeld für sie selbst gerichtet war", hatte die Klägerin zurückgenommen. In dem Vergleich war ausdrücklich festgehalten, dass der Vater der Klägerin den (heutigen) Namen der Klägerin und ihre heutige Anschrift nicht erfahren dürfe. In der Folgezeit erklärte sich die Klägerin einverstanden damit, dass die Familienkasse mit dem Vater Kontakt aufnahm, um ihn zur Antragstellung aufzufordern. Am 20.10.2008 beantragte der Vater der Klägerin, D, gegenüber der Familienkasse C Kindergeld für die namentlich benannte Klägerin (mit Hinweis auf deren unbekannten Aufenthalt) und erklärte sich mit der Auszahlung des Kindergeldes an die Klägerin einverstanden. Am 05.11.2008 beantragte die Klägerin gegenüber der Familienkasse C unter Bezugnahme auf den Antrag des Vaters die Auszahlung des Kindergeldes. Die Familienkasse C setzte gegenüber D mit Bescheid vom 10.11.2008 Kindergeld für die Klägerin für die Zeit ab Januar 2004 fest und entschied ihm gegenüber am selben Tag im Sinne einer Abzweigung an die Klägerin, da er keine Unterhaltszahlungen leiste. Die Klägerin erhielt mit Schreiben vom 10.11.2008 einen Abdruck des Bescheids verbunden mit einem Hinweis auf ihre Mitteilungspflicht bei veränderten Verhältnisses gem. § 68 Einkommensteuergesetz (EStG).

3

In der Folge forderte die Familienkasse C die Klägerin in Abständen mehrfach auf mitzuteilen, ob sich hinsichtlich der Behinderung bzw. der eigenen Einkünfte und Bezüge Änderungen ergeben haben, und bat um Vorlage von Belegen.

4

Nach Zuständigkeitswechsel zu der Familienkasse E (Beklagte) bat die Klägerin in einem persönlichen Gespräch bei der Familienkasse E am 02.06.2014 um Weiterbewilligung des Kindergeldes. Bis einschließlich April 2016 wurde das Kindergeld weiter an die Klägerin ausgezahlt.

5

Mit Bescheid vom 18.04.2016 hob die Beklagte die Kindergeldfestsetzung gegenüber D mit einem an diesen adressierten Bescheid mit Hinweis auf die fehlenden Voraussetzungen gem. § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 3 EStG (keine Behinderung schon vor Vollendung des 27. Lebensjahres) für die Zeit ab Mai 2016 gem. § 70 Abs. 3 EStG auf und teilte dies auch durch Übersendung eines Bescheidabdrucks gegenüber der Klägerin mit.

6

In der Folge erfuhr die Beklagte, dass D am ... 2011 verstorben war. Aufgrund dessen betrachtete sie einen zwischenzeitlich gegen den Bescheid vom 18.04.2016 eingelegten Einspruch der Klägerin als erledigt (s. Schreiben an die Bevollmächtigte der Klägerin vom 02.08.2016).

7

Mit Bescheid vom 16.09.2016 forderte die Beklagte von der Klägerin für die Zeit von Mai 2011 bis April "1611" einschließlich in Höhe von insgesamt 11.112 € gem. § 218 Abs. 2 i. V. m. § 37 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) zurück. Dem war eine Anhörung der Klägerin mit Schreiben vom 26.08.2016 und ein Hinweis auf die Rückforderung der Zahlungen für Mai 2011 bis April 2016 vorausgegangen. Ebenfalls unter dem Datum des 16.09.2016 und demselben Aktenzeichen setzte die Beklagte Hinterziehungszinsen fest. Mit Schreiben vom 01.10.2016 (Eingang am 05.10.2016) legte die Klägerin gegen "den" Bescheid vom 16.09.2016 Einspruch ein. Zur Begründung verwies sie auf eine Stellungnahme zu der erfolgten Anhörung und trug ergänzend vor, dass auch eine Steuerhinterziehung nicht vorliege.

8

Mit Einspruchsentscheidung vom 21.10.2016 wies die Beklagte den Einspruch wegen der Erstattung von Kindergeld (mit Hinweis auf den zutreffenden Endzeitpunkt der Erstattung bis April "2016") als unbegründet zurück. Den Bescheid betreffend die Hinterziehungszinsen änderte sie unter dem 07.11.2016 gem. § 172 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO. Eine Steuerhinterziehung liege nicht vor, so dass Hinterziehungszinsen nicht festzusetzen seien und der zurückgeforderte Betrag nicht zu erstatten sei. Dem Einspruch vom 01.10.2016 werde daher vollen Umfangs entsprochen.

9

Am 07.11.2016 hat die Klägerin gegen den Bescheid vom 16.09.2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21.10.2016 Klage erhoben.

10

Die Klägerin trägt vor:
Es gebe allein eine Rechtsbeziehung zwischen der Familienkasse und dem verstorbenen Vater, im Zuge derer die Familienkasse es versäumt habe, die Berechtigung zum fortlaufenden Bezug von Kindergeld zu prüfen. Sie, die Klägerin, habe - wie die Beklagte wisse - keinen Kontakt zu dem verstorbenen Vater und mithin auch keine Kenntnis von dessen Tod gehabt. Sie verweist auf die auch in dem Vergleich vor dem Sozialgericht B zum Ausdruck gekommene spezielle Problematik zwischen ihr und ihrem verstorbenen Vater, aufgrund derer ihr ein Kontakt wegen drohender gesundheitlicher Beeinträchtigung nicht zumutbar gewesen sei. Erst durch das Schreiben der Beklagten vom 02.08.2016 habe sie von dem Tod ihres Vaters erfahren. Eine Verletzung der Mitwirkungspflicht oder ein Verschulden könne ihr, der Klägerin, mithin nicht zur Last gelegt werden. Demgegenüber habe die Beklagte es versäumt, regelmäßig eine Lebensbescheinigung des Vaters der Klägerin anzufordern. Im Übrigen sei die Rückforderung bis September 2011 verjährt. Schließlich komme auch ein Erlass gem. § 227 AO in Betracht, dies auch aus persönlichen Gründen, da sie, die Klägerin, schwerbehindert und nicht in der Lage sei, die Zahlungen zu leisten.

11

Die Klägerin beantragt,
den Rückforderungsbescheid vom 16.09.2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21.10.2016 aufzuheben.

12

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

13

Sie trägt vor:
Das Vorbringen der Klägerin sei unbeachtlich. Für § 37 Abs. 2 AO sei allein erheblich, dass die Kindergeldauszahlung ab Mai 2011 ohne Rechtsgrund erfolgt sei. Die Kindergeldfestsetzung habe sich mit dem Tod des Kindergeldberechtigten entsprechend § 124 Abs. 2 AO erledigt, weshalb die Zahlung ab Mai 2011 ohne Rechtsgrund erfolgt sei. Im Übrigen sei eine Rechtsbeziehung auch zu der Klägerin schon aufgrund deren Auszahlungsantrages vom 05.11.2008 in Verbindung mit der Übersendung eines Abdrucks des Bescheids vom 10.11.2008 begründet worden. Gründe, die der Rückforderung unter dem Gesichtspunkt der Verwirkung nach Treu und Glauben entgegenstünden, lägen nicht vor. Ein Erlass aus Billigkeitsgründen sei in einem gesonderten Verfahren geltend zu machen.

14

Dem Senat haben 2 Hefter mit Ausdrucken der Kindergeldakte vorgelegen.

15

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe

16

Der Senat entscheidet gem. 90a Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO) ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid.

I.

17

Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.

18

1. Der Senat legt den Abhilfebescheid vom 07.11.2016 aufgrund des "Tenors" dahingehend aus, dass er sich nur auf die Hinterziehungszinsen beziehen soll und ungeachtet des unverständlichen Hinweises darauf, dass der zurück geforderte Betrag nicht zu erstatten sei, keinen die Einspruchsentscheidung vom 21.10.2016 hinsichtlich der Erstattung des Kindergeldes für Mai 2011 bis April 2016 ändernden Bescheid enthält. So hat offenkundig auch die Klägerin den Bescheid verstanden.

19

2. Der Rückforderungsbescheid ist rechtmäßig.

20

a) In Abzweigungsfällen ist der Dritte (Abzweigungsempfänger) und nicht der Kindergeldberechtigte Leistungsempfänger und damit im Falle rechtsgrundloser Leistung zur Erstattung gem. § 37 Abs. 2 AO verpflichtet (BFH Urteil vom 24.08.2001 VI R 83/99, BStBl II 2002, 47 in Abgrenzung zur bloßen Zahlung aufgrund einer Anweisung für einen anderen; hierzu s. a. BFH Urteil vom 10.03.2016 III R 29/15, BFH/NV 2016, 1278).

21

b) Die Kindergeldfestsetzung gegenüber dem kindergeldberechtigten Vater als personenbezogener Verwaltungsakt ebenso wie der dem Vater gegenüber ergangene Abzweigungsbescheid haben infolge des Todes des Vaters entsprechend § 124 Abs. 2 AO ihre Erledigung gefunden. Damit ist der Rechtsgrund der Zahlung entfallen, ohne dass es einer förmlichen Aufhebung gem. § 70 Abs. 2 EStG für die Zeit nach dem Tod des Vaters bedarf.

22

Der Senat schließt sich damit der Entscheidung des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 13.01.2010 (16 K 337/98, EFG 2010, 1011 m. Anm. Reuß, sowie Reuß in: Bordewin/Brandt EStG § 70 Lfg. Dez. 2013 Rn. 53b; s. a. FG München Beschluss vom 23.02.2017 10 K 2845/16; vgl. a. Felix in: Kirchhof EStG 15. Aufl. 2016 § 70 Rn. 2; allgemein zur Anwendung des § 124 Abs. 2 AO bei Dauerverwaltungsakten im Falle des Todes des Betroffenen: Seer in: Tipke/Kruse § 124 AO Lfg. Okt. 2015 Tz. 20; Güroff in: Beermann/Gosch § 124 AO Lfg. Nov 2014 Rn. 14; Müller-Franken in: Hübschmann/Hepp/Spitaler AO § 124 Lfg. Juni 2010 Rn. 248) zum Erlöschen des personenbezogenen Verwaltungsaktes infolge des Todes des Kindergeldberechtigten an.

23

Zwar käme eine förmliche Aufhebung dem Interesse an Rechtsklarheit entgegen, das in der zum Veranlagungszeitraum 2007 erfolgten Aufhebung des § 70 Abs. 1 S. 2 EStG a. F. (Absehen von der Erteilung eines schriftlichen Bescheides in bestimmten Fällen, u. a. bei zwischenzeitlicher Vollendung des 18. Lebensjahres des Kindes) zum Ausdruck kommt und der Intention des Gesetzgebers entspricht, das Handeln der Familienkasse transparenter zu machen (BTDrs. 16/1368 S. 10). Auch enthält § 70 Abs. 2 EStG mit Blick auf die Besonderheiten des Dauerverwaltungsaktes für nachträgliche Änderungen eine eigenständige Regelung, die grundsätzlich den Erlass eines Änderungs- bzw. Aufhebungsbescheides vorsieht (z. B. auch für Fälle des Erreichens des 25. Lebensjahres, BFH Urteil vom 17.12.2014 XI R 15/12, BStBl II 2016, 100 und die Dienstanweisung zum Kindergeld 2016 V 14.1. Abs. 2). Zudem fehlt es an einer § 102 Abs. 5 SGB VI entsprechenden gesetzlichen Befristung des Kindergeldanspruchs bis zum Tod des Berechtigten (vgl. hierzu Niedersächs. FG a. a. O.).

24

Das Erlöschen der Kindergeldfestsetzung ohne Rücksicht auf eine förmliche Aufhebung des Bescheides für die Zeit nach dem Tod des Kindergeldberechtigten ist indes aufgrund des offensichtlich fehlenden Interesses des Kindergeldberechtigten selbst und des aufgrund der offenkundigen Personenbezogenheit der Kindergeldfestsetzung fehlenden rechtlich schützenswerten Interesse der Erben an einem förmlichen Aufhebungsbescheid gerechtfertigt. Die Anspruchsvoraussetzungen sind zeitraumbezogen nach den in den §§ 62 ff. EStG geregelten persönlichen Umständen zu prüfen, die von jedem potentiell Anspruchsberechtigten selbst zu verwirklichen und nicht vererbbar sind (vgl. demgegenüber zur Frage der Vererblichkeit eines etwaigen noch offenen Kindergeldanspruchs für einen vergangenen Zeitraum bis zum Todesmonat Anm. Reuß zum Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 13.01.2010 16 K 337/98, EFG 2010, 1011).

25

Auch ein berechtigtes Interesse des Abzweigungsberechtigten an der förmlichen Aufhebung der Kindergeldfestsetzung besteht angesichts der nur abgeleiteten Berechtigung und der sich hieraus nach der Rechtsprechung ergebenden verfahrensrechtlichen Rechtsposition des Abzweigungsberechtigten nicht.

26

Zwar kann ein Abzweigungsberechtigter aufgrund seines berechtigten Interesses selbst das Kindergeld beantragen (§ 67 S. 2 Alternative 2 EStG). Hierdurch erhält er verfahrensrechtlich eine Beteiligtenstellung im Festsetzungsverfahren. Zudem ist er befugt, gegen den das Festsetzungsverfahren abschließenden Bescheid Einspruch einzulegen und gegen die im Einspruchsverfahren ergangene Entscheidung Klage zu erheben (BFH Urteil vom 26.11.2009 III R 67/07, BStBl II 2010, 476). Der Abzweigungsberechtigte wird indes nicht zum Kindergeldberechtigten und erlangt keine Rechte, die über die Rechte des materiell Kindergeldberechtigten hinausgehen. Ist das Festsetzungsverfahren für den (materiell) Kindergeldberechtigten bestandskräftig abgeschlossen, muss ein nach § 67 Satz 2 Alternative 2 EStG Antragsberechtigter sich zudem die Bestandskraft des dieses Festsetzungsverfahren abschließenden Bescheids entgegenhalten lassen. Das gilt unabhängig davon, ob er von der Durchführung des aufgrund eines fremden Antrags eingeleiteten Verfahrens Kenntnis hatte oder nicht (BFH Urteil vom 26.11.2009 a. a. O.). Das in § 67 S. 2 Alternative 2 EStG vorgesehene, auf Einleitung eines Festsetzungsverfahrens gerichtete Antragsrecht besteht nur für und im Rahmen des Festsetzungsverfahrens zwischen dem (materiell) Kindergeldberechtigten und der Familienkasse. Kann ein dieses Verfahren abschließender, für den Kindergeldberechtigten negativer Bescheid von diesem im Hinblick auf seine Bestandskraft nicht mehr angegriffen werden, besteht auch für einen nach § 67 Satz 2 Alternative 2 EStG Antragsberechtigten keine verfahrensrechtliche Möglichkeit mehr, unter Hinweis auf sein Antragsrecht zugunsten des (materiell) Kindergeldberechtigten eine andere (positive) Festsetzung zu erreichen. Das Antragsrecht ist mit Eintritt der Bestandskraft des ablehnenden Bescheids diesem gegenüber verbraucht.

27

Dieser von dem Recht des materiell Kindergeldberechtigten nur abgeleiteten Rechtsposition des Abzweigungsberechtigten entspricht es, dass Letzterer sich auf die fehlende Aufhebung der Kindergeldfestsetzung nur insoweit berufen kann, als dieser Einwand auch dem Kindergeldberechtigten zustünde. Ein rechtliches Interesse an der Fortzahlung des Kindergeldes über den Monat des Todes des Kindergeldberechtigten hinaus hat indes - wie dargelegt - der Kindergeldberechtigte naturgemäß nicht und könnte eben wegen der Personenbezogenheit und fehlenden Vererbbarkeit der materiellen Anspruchsberechtigung auch nicht dessen Erbe geltend machen. Entsprechendes gilt für den Einwand der Festsetzungsverjährung, der (auf der Grundlage des § 170 Abs. 1 AO für die Auszahlungsbeträge des Jahres 2011 - Festsetzungsverjährung Ende 2015 - und für diejenigen des Jahres 2012 - Festsetzungsverjährung Ende 2016) nur greift, sofern eine Aufhebung der Kindergeldfestsetzung erfolgt bzw. erforderlich ist.

28

Im Einklang mit der nur abgeleiteten Rechtsposition des Abzweigungsberechtigten wertet der Senat dessen Interesse an der Rechtsklarheit durch Erlass eines förmlichen Bescheids als nachrangig gegenüber dem Interesse an der Vermeidung von weiterem Verwaltungsaufwand, u. a. auch für die ggf. erforderliche Nachforschung nach den für den Erlass des Aufhebungsbescheids maßgeblichen Erben des Kindergeldberechtigten.

29

c) Zahlungsverjährung gem. §§ 228 ff. FGO ist nicht eingetreten.

30

Gem. § 228 AO gilt eine 5- jährige Verjährung, die gem. § 229 Abs. 1 S. 1 AO frühestens mit Ende des Jahres beginnt, zu dem der Anspruch fällig geworden ist. Mangels anderweitiger Fälligkeitsregelung ist gem. § 220 AO für die Fälligkeit auf den Entstehungszeitpunkt des Rückforderungsanspruchs, mithin den Zeitpunkt der rechtsgrundlosen Auszahlung, abzustellen. Ausgehend von einer sukzessiven monatlichen Auszahlung begann der Lauf der Zahlungsverjährung Ende 2011 und endete damit erst Ende 2016 und damit nach dem Erlass des Rückforderungsbescheids.

31

d) Der Rückforderung steht es nicht entgegen, wenn der Kindergeldbezieher seinen Mitwirkungspflichten stets nachgekommen ist (vgl. BFH Urteil vom 03.03.2011 III R 11/08, BStBl II 2011, 722). Ebenso wenig kann sich die Klägerin auf den etwaigen Einwand der Entreicherung berufen; § 818 Abs. 3 BGB findet im Rahmen des § 37 Abs. 2 AO keine Anwendung (BFH Beschluss vom 28.03.2001 VI B 256/00, BFH/NV 2001, 1117).

32

Auch hat die Beklagte vorliegend keinen Vertrauenstatbestand gesetzt, der ggf. ausnahmsweise einer Rückforderung entgegenstünde.

33

Hierzu bedarf es eines Verhaltens der Familienkasse, aus dem der Verpflichtete bei objektiver Beurteilung den Schluss ziehen kann, dass er nicht mehr in Anspruch genommen werden solle. Die bloße Weiterzahlung des Kindergeldes genügt als Vertrauenstatbestand nicht. Hinzukommen müssen besondere Umstände, die die Geltendmachung des Rückforderungsanspruchs als illoyale Rechtsausübung erscheinen lassen. Bei einem Massenverfahren wie dem Kindergeldrecht ist insoweit ein besonders eindeutiges Verhalten der Familienkasse zu fordern, dem zu entnehmen ist, dass sie auch nach Prüfung des Falles von einem Fortbestehen des Kindergeldanspruchs ausgeht und ein anderer Eindruck bei dem Kindergeldempfänger nicht entstehen kann. Dem Verhalten der Familienkasse muss die konkludente Zusage zu entnehmen sein, dass der Kindergeldempfänger mit einer Rückforderung des Kindergeldes nicht zu rechnen braucht (vgl. BFH Urteil vom 11.07.2013 VI R 67/11, BFH/NV 2014, 20; BFH Urteil vom 27.10.2004 VIII R 23/04, BFH/NV 2005, 499; BFH Urteil vom 14.10.2003 VIII R 56/01, BStBl II 20014, 123).

34

Ein den genannten Voraussetzungen entsprechendes Verhalten der Beklagten liegt im Streitfall nicht vor. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des der Beklagten bekannten Kontaktverbots des Vaters und der Tatsache, dass die Familienkassen sich bei der Klägerin regelmäßig nach dem Fortbestehen der spezifischen Voraussetzungen für die behinderungsbedingte Unfähigkeit, für den eigenen Unterhalt zu sorgen, erkundigten. Dies in Verbindung mit der Fortzahlung des Kindergeldes konnte auch aus Sicht der Klägerin nicht als eindeutige Erklärung dahingehend verstanden werden, dass die Beklagte auch das Fortleben des Vaters (ggf. in Verbindung mit einer Überprüfung des Fortbestehens des inländischen Wohnsitzes bzw. der alternativen Voraussetzungen gem. § 62 EStG) regelmäßig überprüft hat und die konkludente Zusage machte, die Klägerin brauche nicht mit einer Rückforderung zu rechnen.

35

e) Etwaige Gründe für einen Erlass aus sachlichen oder persönlichen Billigkeitsgründen sind für das vorliegende Verfahren ohne Bedeutung, sondern können nur in einem gesonderten Billigkeitsverfahren Berücksichtigung finden.

II.

36

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs.1 FGO.

37

Der Senat sieht keinen Anlass, die Revision zuzulassen. Zwar hat der BFH in der Divergenzentscheidung im Beschluss vom 12.10.2011 III B 56/11, BFH/NV 2012, 178 Tz. 6 Juris, mangels dortiger Entscheidungserheblichkeit zu der Rechtsansicht des Niedersächsischen FG keine Stellung genommen.

38

Indes liegt die Entscheidung des Senats auf der durch die Rechtsprechung des BFH zur Rechtsstellung des Abzweigungsberechtigten vorgeprägten Linie.

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Finanzgericht Hamburg Urteil, 28. Juni 2017 - 5 K 155/16 zitiert 18 §§.

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 135


(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd

Einkommensteuergesetz - EStG | § 32 Kinder, Freibeträge für Kinder


(1) Kinder sind1.im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandte Kinder,2.Pflegekinder (Personen, mit denen der Steuerpflichtige durch ein familienähnliches, auf längere Dauer berechnetes Band verbunden ist, sofern er sie nicht zu Erwerbszwecken i

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 818 Umfang des Bereicherungsanspruchs


(1) Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstands erwirbt

Abgabenordnung - AO 1977 | § 170 Beginn der Festsetzungsfrist


(1) Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist oder eine bedingt entstandene Steuer unbedingt geworden ist. (2) Abweichend von Absatz 1 beginnt die Festsetzungsfrist, wenn1.eine Steuererklärung od

Abgabenordnung - AO 1977 | § 227 Erlass


Die Finanzbehörden können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder an

Einkommensteuergesetz - EStG | § 62 Anspruchsberechtigte


(1) 1Für Kinder im Sinne des § 63 hat Anspruch auf Kindergeld nach diesem Gesetz, wer 1. im Inland einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat oder2. ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland a) nach § 1 Absatz 2 unbeschränkt ei

Abgabenordnung - AO 1977 | § 37 Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis


(1) Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis sind der Steueranspruch, der Steuervergütungsanspruch, der Haftungsanspruch, der Anspruch auf eine steuerliche Nebenleistung, der Erstattungsanspruch nach Absatz 2 sowie die in Einzelsteuergesetzen geregel

Abgabenordnung - AO 1977 | § 172 Aufhebung und Änderung von Steuerbescheiden


(1) Ein Steuerbescheid darf, soweit er nicht vorläufig oder unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen ist, nur aufgehoben oder geändert werden,1.wenn er Verbrauchsteuern betrifft,2.wenn er andere Steuern als Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben nach Artik

Einkommensteuergesetz - EStG | § 70 Festsetzung und Zahlung des Kindergeldes


(1) 1Das Kindergeld nach § 62 wird von den Familienkassen durch Bescheid festgesetzt und ausgezahlt. 2Die Auszahlung von festgesetztem Kindergeld erfolgt rückwirkend nur für die letzten sechs Monate vor Beginn des Monats, in dem der Antrag auf Kinder

Abgabenordnung - AO 1977 | § 124 Wirksamkeit des Verwaltungsakts


(1) Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird.

Abgabenordnung - AO 1977 | § 228 Gegenstand der Verjährung, Verjährungsfrist


Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis unterliegen einer besonderen Zahlungsverjährung. Die Verjährungsfrist beträgt fünf Jahre, in Fällen der §§ 370, 373 oder 374 zehn Jahre.

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 102 Befristung und Tod


(1) Sind Renten befristet, enden sie mit Ablauf der Frist. Dies schließt eine vorherige Änderung oder ein Ende der Rente aus anderen Gründen nicht aus. Renten dürfen nur auf das Ende eines Kalendermonats befristet werden. (2) Renten wegen vermind

Abgabenordnung - AO 1977 | § 229 Beginn der Verjährung


(1) Die Verjährung beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Anspruch erstmals fällig geworden ist. Sie beginnt jedoch nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Festsetzung eines Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis, ihre Aufhebung, Ä

Abgabenordnung - AO 1977 | § 220 Fälligkeit


(1) Die Fälligkeit von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis richtet sich nach den Vorschriften der Steuergesetze. (2) Fehlt es an einer besonderen gesetzlichen Regelung über die Fälligkeit, so wird der Anspruch mit seiner Entstehung fällig,

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(1) Kinder sind

1.
im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandte Kinder,
2.
Pflegekinder (Personen, mit denen der Steuerpflichtige durch ein familienähnliches, auf längere Dauer berechnetes Band verbunden ist, sofern er sie nicht zu Erwerbszwecken in seinen Haushalt aufgenommen hat und das Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den Eltern nicht mehr besteht).

(2)1Besteht bei einem angenommenen Kind das Kindschaftsverhältnis zu den leiblichen Eltern weiter, ist es vorrangig als angenommenes Kind zu berücksichtigen.2Ist ein im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandtes Kind zugleich ein Pflegekind, ist es vorrangig als Pflegekind zu berücksichtigen.

(3) Ein Kind wird in dem Kalendermonat, in dem es lebend geboren wurde, und in jedem folgenden Kalendermonat, zu dessen Beginn es das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, berücksichtigt.

(4)1Ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, wird berücksichtigt, wenn es

1.
noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet hat, nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht und bei einer Agentur für Arbeit im Inland als Arbeitsuchender gemeldet ist oder
2.
noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat und
a)
für einen Beruf ausgebildet wird oder
b)
sich in einer Übergangszeit von höchstens vier Monaten befindet, die zwischen zwei Ausbildungsabschnitten oder zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung des gesetzlichen Wehr- oder Zivildienstes, einer vom Wehr- oder Zivildienst befreienden Tätigkeit als Entwicklungshelfer oder als Dienstleistender im Ausland nach § 14b des Zivildienstgesetzes oder der Ableistung des freiwilligen Wehrdienstes nach § 58b des Soldatengesetzes oder der Ableistung eines freiwilligen Dienstes im Sinne des Buchstaben d liegt, oder
c)
eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann oder
d)
einen der folgenden freiwilligen Dienste leistet:
aa)
ein freiwilliges soziales Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes,
bb)
ein freiwilliges ökologisches Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes,
cc)
einen Bundesfreiwilligendienst im Sinne des Bundesfreiwilligendienstgesetzes,
dd)
eine Freiwilligentätigkeit im Rahmen des Europäischen Solidaritätskorps im Sinne der Verordnung (EU) 2021/888 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2021 zur Aufstellung des Programms für das Europäische Solidaritätskorps und zur Aufhebung der Verordnungen (EU) 2018/1475 und (EU) Nr. 375/2014 (ABl. L 202 vom 8.6.2021, S. 32),
ee)
einen anderen Dienst im Ausland im Sinne von § 5 des Bundesfreiwilligendienstgesetzes,
ff)
einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts“ im Sinne der Förderleitlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 1. Januar 2016,
gg)
einen Freiwilligendienst aller Generationen im Sinne von § 2 Absatz 1a des Siebten Buches Sozialgesetzbuch oder
hh)
einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 4. Januar 2021 (GMBl S. 77) oder
3.
wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten; Voraussetzung ist, dass die Behinderung vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist.
2Nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums wird ein Kind in den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 nur berücksichtigt, wenn das Kind keiner Erwerbstätigkeit nachgeht.3Eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne der §§ 8 und 8a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch sind unschädlich.

(5)1In den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 Buchstabe a und b wird ein Kind, das

1.
den gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst geleistet hat, oder
2.
sich anstelle des gesetzlichen Grundwehrdienstes freiwillig für die Dauer von nicht mehr als drei Jahren zum Wehrdienst verpflichtet hat, oder
3.
eine vom gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst befreiende Tätigkeit als Entwicklungshelfer im Sinne des § 1 Absatz 1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes ausgeübt hat,
für einen der Dauer dieser Dienste oder der Tätigkeit entsprechenden Zeitraum, höchstens für die Dauer des inländischen gesetzlichen Grundwehrdienstes oder bei anerkannten Kriegsdienstverweigerern für die Dauer des inländischen gesetzlichen Zivildienstes über das 21. oder 25. Lebensjahr hinaus berücksichtigt.2Wird der gesetzliche Grundwehrdienst oder Zivildienst in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, geleistet, so ist die Dauer dieses Dienstes maßgebend.3Absatz 4 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(6)1Bei der Veranlagung zur Einkommensteuer wird für jedes zu berücksichtigende Kind des Steuerpflichtigen ein Freibetrag von 3 012 Euro für das sächliche Existenzminimum des Kindes (Kinderfreibetrag) sowie ein Freibetrag von 1 464 Euro für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes vom Einkommen abgezogen.2Bei Ehegatten, die nach den §§ 26, 26b zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden, verdoppeln sich die Beträge nach Satz 1, wenn das Kind zu beiden Ehegatten in einem Kindschaftsverhältnis steht.3Die Beträge nach Satz 2 stehen dem Steuerpflichtigen auch dann zu, wenn

1.
der andere Elternteil verstorben oder nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist oder
2.
der Steuerpflichtige allein das Kind angenommen hat oder das Kind nur zu ihm in einem Pflegekindschaftsverhältnis steht.
4Für ein nicht nach § 1 Absatz 1 oder 2 unbeschränkt einkommensteuerpflichtiges Kind können die Beträge nach den Sätzen 1 bis 3 nur abgezogen werden, soweit sie nach den Verhältnissen seines Wohnsitzstaates notwendig und angemessen sind.5Für jeden Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen für einen Freibetrag nach den Sätzen 1 bis 4 nicht vorliegen, ermäßigen sich die dort genannten Beträge um ein Zwölftel.6Abweichend von Satz 1 wird bei einem unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Elternpaar, bei dem die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 nicht vorliegen, auf Antrag eines Elternteils der dem anderen Elternteil zustehende Kinderfreibetrag auf ihn übertragen, wenn er, nicht jedoch der andere Elternteil, seiner Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind für das Kalenderjahr im Wesentlichen nachkommt oder der andere Elternteil mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist; die Übertragung des Kinderfreibetrags führt stets auch zur Übertragung des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf.7Eine Übertragung nach Satz 6 scheidet für Zeiträume aus, für die Unterhaltsleistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz gezahlt werden.8Bei minderjährigen Kindern wird der dem Elternteil, in dessen Wohnung das Kind nicht gemeldet ist, zustehende Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf auf Antrag des anderen Elternteils auf diesen übertragen, wenn bei dem Elternpaar die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 nicht vorliegen.9Eine Übertragung nach Satz 8 scheidet aus, wenn der Übertragung widersprochen wird, weil der Elternteil, bei dem das Kind nicht gemeldet ist, Kinderbetreuungskosten trägt oder das Kind regelmäßig in einem nicht unwesentlichen Umfang betreut.10Die den Eltern nach den Sätzen 1 bis 9 zustehenden Freibeträge können auf Antrag auch auf einen Stiefelternteil oder Großelternteil übertragen werden, wenn dieser das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat oder dieser einer Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind unterliegt.11Die Übertragung nach Satz 10 kann auch mit Zustimmung des berechtigten Elternteils erfolgen, die nur für künftige Kalenderjahre widerrufen werden kann.12Voraussetzung für die Berücksichtigung des Kinderfreibetrags sowie des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes ist die Identifizierung des Kindes durch die an dieses Kind vergebene Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung).13Ist das Kind nicht nach einem Steuergesetz steuerpflichtig (§ 139a Absatz 2 der Abgabenordnung), ist es in anderer geeigneter Weise zu identifizieren.14Die nachträgliche Identifizierung oder nachträgliche Vergabe der Identifikationsnummer wirkt auf Monate zurück, in denen die übrigen Voraussetzungen für die Gewährung des Kinderfreibetrags sowie des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes vorliegen.

(1)1Das Kindergeld nach § 62 wird von den Familienkassen durch Bescheid festgesetzt und ausgezahlt.2Die Auszahlung von festgesetztem Kindergeld erfolgt rückwirkend nur für die letzten sechs Monate vor Beginn des Monats, in dem der Antrag auf Kindergeld eingegangen ist.3Der Anspruch auf Kindergeld nach § 62 bleibt von dieser Auszahlungsbeschränkung unberührt.

(2)1Soweit in den Verhältnissen, die für den Anspruch auf Kindergeld erheblich sind, Änderungen eintreten, ist die Festsetzung des Kindergeldes mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben oder zu ändern.2Ist die Änderung einer Kindergeldfestsetzung nur wegen einer Anhebung der in § 66 Absatz 1 genannten Kindergeldbeträge erforderlich, kann von der Erteilung eines schriftlichen Änderungsbescheides abgesehen werden.

(3)1Materielle Fehler der letzten Festsetzung können durch Aufhebung oder Änderung der Festsetzung mit Wirkung ab dem auf die Bekanntgabe der Aufhebung oder Änderung der Festsetzung folgenden Monat beseitigt werden.2Bei der Aufhebung oder Änderung der Festsetzung nach Satz 1 ist § 176 der Abgabenordnung entsprechend anzuwenden; dies gilt nicht für Monate, die nach der Verkündung der maßgeblichen Entscheidung eines obersten Bundesgerichts beginnen.

(4) (weggefallen)

(1) Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis sind der Steueranspruch, der Steuervergütungsanspruch, der Haftungsanspruch, der Anspruch auf eine steuerliche Nebenleistung, der Erstattungsanspruch nach Absatz 2 sowie die in Einzelsteuergesetzen geregelten Steuererstattungsansprüche.

(2) Ist eine Steuer, eine Steuervergütung, ein Haftungsbetrag oder eine steuerliche Nebenleistung ohne rechtlichen Grund gezahlt oder zurückgezahlt worden, so hat derjenige, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist, an den Leistungsempfänger einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten oder zurückgezahlten Betrags. Dies gilt auch dann, wenn der rechtliche Grund für die Zahlung oder Rückzahlung später wegfällt. Im Fall der Abtretung, Verpfändung oder Pfändung richtet sich der Anspruch auch gegen den Abtretenden, Verpfänder oder Pfändungsschuldner.

(1) Ein Steuerbescheid darf, soweit er nicht vorläufig oder unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen ist, nur aufgehoben oder geändert werden,

1.
wenn er Verbrauchsteuern betrifft,
2.
wenn er andere Steuern als Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union oder Verbrauchsteuern betrifft,
a)
soweit der Steuerpflichtige zustimmt oder seinem Antrag der Sache nach entsprochen wird; dies gilt jedoch zugunsten des Steuerpflichtigen nur, soweit er vor Ablauf der Einspruchsfrist zugestimmt oder den Antrag gestellt hat oder soweit die Finanzbehörde einem Einspruch oder einer Klage abhilft,
b)
soweit er von einer sachlich unzuständigen Behörde erlassen worden ist,
c)
soweit er durch unlautere Mittel, wie arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt worden ist,
d)
soweit dies sonst gesetzlich zugelassen ist; die §§ 130 und 131 gelten nicht.
Dies gilt auch dann, wenn der Steuerbescheid durch Einspruchsentscheidung bestätigt oder geändert worden ist. In den Fällen des Satzes 2 ist Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a ebenfalls anzuwenden, wenn der Steuerpflichtige vor Ablauf der Klagefrist zugestimmt oder den Antrag gestellt hat; Erklärungen und Beweismittel, die nach § 364b Abs. 2 in der Einspruchsentscheidung nicht berücksichtigt wurden, dürfen hierbei nicht berücksichtigt werden.

(2) Absatz 1 gilt auch für einen Verwaltungsakt, durch den ein Antrag auf Erlass, Aufhebung oder Änderung eines Steuerbescheids ganz oder teilweise abgelehnt wird.

(3) Anhängige, außerhalb eines Einspruchs- oder Klageverfahrens gestellte Anträge auf Aufhebung oder Änderung einer Steuerfestsetzung, die eine vom Gerichtshof der Europäischen Union, vom Bundesverfassungsgericht oder vom Bundesfinanzhof entschiedene Rechtsfrage betreffen und denen nach dem Ausgang des Verfahrens vor diesen Gerichten nicht entsprochen werden kann, können durch Allgemeinverfügung insoweit zurückgewiesen werden. § 367 Abs. 2b Satz 2 bis 6 gilt entsprechend.

Die Finanzbehörden können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder angerechnet werden.

(1) Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis sind der Steueranspruch, der Steuervergütungsanspruch, der Haftungsanspruch, der Anspruch auf eine steuerliche Nebenleistung, der Erstattungsanspruch nach Absatz 2 sowie die in Einzelsteuergesetzen geregelten Steuererstattungsansprüche.

(2) Ist eine Steuer, eine Steuervergütung, ein Haftungsbetrag oder eine steuerliche Nebenleistung ohne rechtlichen Grund gezahlt oder zurückgezahlt worden, so hat derjenige, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist, an den Leistungsempfänger einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten oder zurückgezahlten Betrags. Dies gilt auch dann, wenn der rechtliche Grund für die Zahlung oder Rückzahlung später wegfällt. Im Fall der Abtretung, Verpfändung oder Pfändung richtet sich der Anspruch auch gegen den Abtretenden, Verpfänder oder Pfändungsschuldner.

(1) Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird.

(2) Ein Verwaltungsakt bleibt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist.

(3) Ein nichtiger Verwaltungsakt ist unwirksam.

(1) Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis sind der Steueranspruch, der Steuervergütungsanspruch, der Haftungsanspruch, der Anspruch auf eine steuerliche Nebenleistung, der Erstattungsanspruch nach Absatz 2 sowie die in Einzelsteuergesetzen geregelten Steuererstattungsansprüche.

(2) Ist eine Steuer, eine Steuervergütung, ein Haftungsbetrag oder eine steuerliche Nebenleistung ohne rechtlichen Grund gezahlt oder zurückgezahlt worden, so hat derjenige, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist, an den Leistungsempfänger einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten oder zurückgezahlten Betrags. Dies gilt auch dann, wenn der rechtliche Grund für die Zahlung oder Rückzahlung später wegfällt. Im Fall der Abtretung, Verpfändung oder Pfändung richtet sich der Anspruch auch gegen den Abtretenden, Verpfänder oder Pfändungsschuldner.

Tenor

Auf die Revision der Familienkasse wird das Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 2. Juli 2014  3 K 3261/11 aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des gesamten Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) bezog von der Beklagten und Revisionsklägerin (Familienkasse) für ihre im September 1986 geborene Tochter T Kindergeld.

2

T stellte am 3. Mai 2007 bei der Familienkasse den Antrag, das Kindergeld an sie abzuzweigen.

3

In einem Bescheid vom 14. Mai 2007, mit dem die Familienkasse gegenüber der Klägerin Kindergeld für T ab Februar 2007 festsetzte, hieß es unter anderem wörtlich: "Das Kindergeld wird weiterhin an T abgezweigt".

4

Mit Bescheid vom 20. August 2007 hob die Familienkasse die Kindergeldfestsetzung mit Ablauf des Monats September 2007 auf, da T im September 2007 das 21. Lebensjahr vollendete. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig.

5

T begann am 1. September 2008 eine Ausbildung zur Altenpflegerin. Die Ausbildung sollte nach dem Ausbildungsvertrag voraussichtlich am 31. August 2011 enden.

6

T beantragte bei der Familienkasse im September 2008 formlos Kindergeld. Die von der Familienkasse der Klägerin daraufhin übersandten Antragsvordrucke sandte T mit einem von ihr unterzeichneten Schreiben vom 3. November 2008 der Familienkasse zurück. Als Anschrift der Antragstellerin ist in dem von der Klägerin unterschriebenen Antrag die Adresse der T eingetragen. Ferner erhielt der Antrag die Eintragung, das Kindergeld solle nicht der Klägerin, sondern T gezahlt werden.

7

Mit Kindergeldverfügung (Kassenanordnung vom 5. Dezember 2008) zahlte die Familienkasse das Kindergeld auf das in dem Kindergeldantrag angegebene Konto der T. Unter den Personaldaten war als Anschrift in der Kindergeldverfügung "X-Str. …" eingetragen. Hierbei handelte es sich um die Anschrift der T.

8

Nachdem die Familienkasse erfahren hatte, dass das Ausbildungsverhältnis der T durch Kündigung zum 31. Oktober 2010 beendet worden war, hob sie mit Bescheid vom 27. Januar 2011 die Kindergeldfestsetzung ab November 2010 gemäß § 70 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) gegenüber der Klägerin auf und forderte für den Zeitraum November 2010 bis Januar 2011 gezahltes Kindergeld in Höhe von 552 € gemäß § 37 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) zurück.

9

Die Klägerin legte gegen den vorgenannten Bescheid Einspruch ein. Zur Begründung trug sie insbesondere vor, sie sei weder verpflichtet noch wirtschaftlich in der Lage, das Kindergeld zurückzuzahlen. Sie habe seit längerer Zeit keinerlei Kontakt mehr zu T. Daher habe sie auch keinen Einfluss auf T und keine Kenntnisse über ihr Ausbildungsverhalten. Dementsprechend habe sie die Familienkasse angewiesen, das Kindergeld direkt T zu zahlen.

10

Die Familienkasse wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 19. September 2011 als unbegründet zurück.

11

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2015, 1459 veröffentlichten Urteil vom 2. Juli 2014  3 K 3261/11 statt.

12

Mit der Revision rügt die Familienkasse die Verletzung von Bundesrecht. Da im vorliegenden Fall kein Abzweigungsantrag gestellt worden sei, sei die Klägerin nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs --BFH-- (Beschluss vom 28. Dezember 2009 III B 108/08, BFH/NV 2010, 641) Leistungsempfängerin nach § 37 Abs. 2 AO, weil das Kindergeld auf Grund ihrer Zahlungsanweisung dem Kind gezahlt worden sei. Die frühere Abzweigung sei mit der Aufhebung der Kindergeldfestsetzung wirkungslos geworden, ohne dass es insoweit eines weiteren aufhebenden Verwaltungsakts bedurft hätte (BFH-Urteil vom 24. August 2001 VI R 83/99, BFHE 196, 278, BStBl II 2002, 47). Es bestehe selbst bei einer vorherigen Abzweigung keine Pflicht der Familienkasse, auf die Möglichkeit einer erneuten Abzweigung hinzuweisen. Nach der Rechtsprechung des BFH sei eine solche allenfalls dann in Betracht zu ziehen, wenn eine Abzweigung nach den Verhältnissen des Einzelfalls geboten sei (BFH-Beschluss vom 10. April 2012 III B 131/11, BFH/NV 2012, 1129).

13

Die Familienkasse beantragt, das Urteil des FG vom 2. Juli 2014  3 K 3261/11 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

14

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

15

II. Die Revision der Familienkasse ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Entgegen der Auffassung des FG war die Klägerin verpflichtet, das T für die Zeit von November 2010 bis Januar 2011 gezahlte Kindergeld in Höhe von 552 € zurückzuzahlen.

16

1. Der Rückzahlungsanspruch der Familienkasse ergibt sich aus § 37 Abs. 2 AO.

17

a) Ist eine Steuervergütung wie das Kindergeld (§ 31 Satz 3 EStG) ohne rechtlichen Grund gezahlt worden, so hat derjenige, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist, nach § 37 Abs. 2 AO gegenüber dem Leistungsempfänger einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten Betrags. Diese Rechtsfolge tritt auch ein, wenn der rechtliche Grund für die Zahlung später wegfällt (§ 37 Abs. 2 Satz 2 AO).

18

Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist Leistungsempfänger i.S. des § 37 Abs. 2 AO derjenige, dem gegenüber die Finanzbehörde oder Familienkasse ihre --vermeintlich oder tatsächlich bestehende-- abgabenrechtliche Verpflichtung erfüllen will (BFH-Urteile vom 23. Oktober 2012 VII R 63/11, BFH/NV 2013, 689; vom 18. September 2012 VII R 53/11, BFHE 239, 292, BStBl II 2013, 710, Rz 13, m.w.N.). Demnach ist ein Dritter als tatsächlicher Empfänger einer Zahlung dann nicht Leistungsempfänger i.S. des § 37 Abs. 2 AO, wenn die Behörde u.a. aufgrund einer Zahlungsanweisung des Erstattungs- bzw. Vergütungsberechtigten einem Dritten zahlt (vgl. Senatsbeschluss vom 28. Januar 2010 III B 112/08, BFH/NV 2010, 836; BFH-Urteile vom 29. Januar 2003 VIII R 64/01, BFH/NV 2003, 905; vom 25. März 2003 VIII R 84/98, BFH/NV 2003, 1404). Denn auch in einem derartigen Fall erbringt die Finanzbehörde ihre Leistung mit dem Willen, eine Forderung gegenüber dem tatsächlichen Rechtsinhaber zu erfüllen. Da der durch die Anweisung begünstigte Zahlungsempfänger den Zahlungsanspruch nicht aus eigenem Recht geltend machen kann und die Leistung mit dem Willen erbracht wird, eine Forderung gegenüber dem tatsächlichen Rechtsinhaber mit befreiender Wirkung zu erfüllen, ist nicht der Empfänger der Zahlung, sondern der nach materiellem Steuerrecht Erstattungs- bzw. Vergütungsberechtigte als Leistungsempfänger i.S. des § 37 Abs. 2 AO anzusehen (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2003, 905).

19

Diese Grundsätze gelten auch für das Kindergeld, da es nach § 31 Satz 3 EStG als Steuervergütung gezahlt wird (BFH-Urteile in BFH/NV 2003, 905, und vom 16. März 2004 VIII R 48/03, BFH/NV 2004, 1218). Demnach ist nicht das Kind, sondern der Kindergeldberechtigte Leistungsempfänger i.S. des § 37 Abs. 2 Satz 1 AO, wenn die Familienkasse das Kindergeld auf Grund einer Zahlungsanweisung des Kindergeldberechtigten dem Kind zahlt (Senatsbeschluss in BFH/NV 2010, 836, Rz 3, m.w.N.).

20

b) Im Streitfall ist das Kindergeld für den Streitzeitraum ohne Rechtsgrund gezahlt worden.

21

Der Senat kann dahinstehen lassen, ob der Klägerin der Bewilligungsbescheid für die Zahlung des Kindergeldes ab September 2008 wirksam bekannt gegeben worden ist. Sofern der Bescheid der Klägerin als Kindergeldberechtigter nicht bekanntgegeben und damit nicht wirksam geworden sein sollte (§ 124 Abs. 1 Satz 1 AO), bestand für die Zahlung des Kindergeldes an T von Anfang an kein Rechtsgrund (§ 37 Abs. 2 Satz 1 AO). Sollte der Bewilligungsbescheid der Klägerin gegenüber wirksam geworden sein, so ist der Rechtsgrund durch die bestandskräftige Aufhebung der Kindergeldfestsetzung für den Streitzeitraum später weggefallen (§ 37 Abs. 2 Satz 2 AO).

22

c) Die Klägerin ist Leistungsempfängerin des ohne Rechtsgrund gezahlten Kindergeldes.

23

Mit der Angabe des Kontos ihrer Tochter im Kindergeldantrag hat die Klägerin der Familienkasse die Anweisung erteilt, das Kindergeld auf dieses Konto zu überweisen. Damit hat sie den Zahlungsweg veranlasst. Zudem erbrachte die Familienkasse mit der Befolgung der Anweisung ihre Leistung mit dem Willen, den Zahlungsanspruch der Klägerin als (vermeintliche) Kindergeldberechtigte zu erfüllen.

24

Es kommt nicht darauf an, ob die Klägerin von der tatsächlichen Leistung an T Kenntnis hatte. § 37 Abs. 2 AO setzt kein Verschulden auf Seiten des Leistungsempfängers voraus. Der Rückzahlungsanspruch besteht vielmehr auch dann, wenn den Leistungsempfänger an der Fehlleistung kein Verschulden trifft bzw. wenn er diese nicht einmal erkannt hat (FG Düsseldorf, Urteil vom 12. Mai 2015  10 K 2954/14 Kg, AO, nicht veröffentlicht).

25

2. Entgegen der Ansicht des FG steht diesem Ergebnis auch keine fortwirkende Abzweigung nach § 74 Abs. 1 EStG entgegen.

26

a) Es ist zwar richtig, dass in Abzweigungsfällen der Dritte (Abzweigungsempfänger) und nicht der Kindergeldberechtigte gemäß § 37 Abs. 2 AO zur Erstattung verpflichtet ist (BFH-Urteil in BFHE 196, 278, BStBl II 2002, 47). Eine Abzweigung bestand aber zum Zeitpunkt der Rückforderung nicht mehr.

27

Mit der Aufhebung der Kindergeldfestsetzung (Bescheid vom 20. August 2007) ab Oktober 2007 wurde auch die verfügte Abzweigung an T aufgehoben. Wird die Kindergeldfestsetzung gegenüber dem Kindergeldberechtigten aufgehoben, so wird damit gleichzeitig die Abzweigung gegenstandslos bzw. wirkungslos, ohne dass es insoweit eines weiteren aufhebenden Verwaltungsakts bedarf (BFH-Urteil in BFHE 196, 278, BStBl II 2002, 47). Daher kommt es entgegen der Ansicht des FG auch nicht darauf an, ob die Klägerin aus der --ihr möglicherweise nicht bekanntgegebenen-- Festsetzung ab September 2008 hätte erkennen können, ob das Kindergeld weiterhin abgezweigt wird.

28

b) Die Familienkasse war im Streitfall auch nicht verpflichtet, die Klägerin oder die T auf die Möglichkeit eines erneuten Abzweigungsantrags hinzuweisen. Der Senat kann insoweit dahinstehen lassen, welche Rechtsfolge eine etwaige Verletzung einer Hinweispflicht auslöst (vgl. Söhn in Hübschmann/Hepp/ Spitaler, § 89 AO Rz 122, m.w.N.; Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 89 AO Rz 19).

29

aa) Eine solche Hinweispflicht ergibt sich insbesondere nicht aus § 89 Abs. 1 Satz 1 AO, denn aus dieser Vorschrift folgt keine Verpflichtung der Behörden, die Vor- und Nachteile eines Antrags abzuwägen und den Antragsteller insoweit zu beraten (Söhn in Hübschmann/Hepp/Spitaler, a.a.O., Rz 106).

30

bb) Nach Auffassung des Senats musste es sich der Familienkasse auf Grund des im Mai 2007 gestellten Abzweigungsantrags nicht aufdrängen, dass eine Abzweigung auch mit dem Kindergeldantrag vom November 2008 für den Zeitraum ab September 2008 beantragt werden sollte. Insbesondere ging aus dem Antrag der Klägerin nicht hervor, dass die Klägerin ihrer gesetzlichen Unterhaltspflicht auch im Zeitpunkt der erneuten Antragstellung ganz oder teilweise nicht nachgekommen sei (§ 74 Abs. 1 Satz 1 EStG) oder mangels Leistungsfähigkeit weniger Unterhalt schuldete als das in Betracht kommende Kindergeld (§ 74 Abs. 1 Satz 3 EStG). Ohne einen wenn auch nur formlos gestellten Abzweigungsantrag und Darlegung der für eine Abzweigung maßgeblichen Umstände erhält die Behörde keine Kenntnis von dem für eine Abzweigung entscheidungserheblichen Sachverhalt. Schon aus diesem Grund besteht daher auch keine Aufklärungs- oder Hinweispflicht der Familienkasse über die Möglichkeiten einer Abzweigung (Senatsbeschluss in BFH/NV 2012, 1129, Rz 9).

31

3. Einer Rückforderung steht auch nicht der Gesichtspunkt von Treu und Glauben bzw. der Verwirkungsgedanke entgegen (vgl. BFH-Beschluss vom 27. Februar 2007 III B 1/06, BFH/NV 2007, 1120).

32

Es fehlt an einem Verhalten der Familienkasse, aus dem die Klägerin bei objektiver Beurteilung den Schluss ziehen durfte, das zu Unrecht ausgezahlte Kindergeld werde ihr bzw. der Tochter belassen. Der Umstand, dass die Klägerin möglicherweise von der Zahlung des Kindergeldes an T mangels Bekanntgabe des Bewilligungsbescheids keine Kenntnis hatte, ändert hieran nichts. Denn die rechtsgrundlose Zahlung an T hat die Klägerin durch ihren Kindergeldantrag und die hierin angegebene Zahlungsanweisung veranlasst und damit selbst verursacht, so dass es an einer schutzwürdigen Position ihrerseits fehlt, die Vorrang vor dem öffentlichen Interesse an der Rückforderung haben könnte. Hieran ändern auch die späteren und möglicherweise gefälschten Veränderungsmitteilungen der T nichts, da diese keine Auswirkungen auf die von der Klägerin im Kindergeldantrag vorgenommene (wirksame) Zahlungsanweisung hatten.

33

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 1, § 135 Abs. 1 FGO.

(1) Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird.

(2) Ein Verwaltungsakt bleibt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist.

(3) Ein nichtiger Verwaltungsakt ist unwirksam.

(1)1Das Kindergeld nach § 62 wird von den Familienkassen durch Bescheid festgesetzt und ausgezahlt.2Die Auszahlung von festgesetztem Kindergeld erfolgt rückwirkend nur für die letzten sechs Monate vor Beginn des Monats, in dem der Antrag auf Kindergeld eingegangen ist.3Der Anspruch auf Kindergeld nach § 62 bleibt von dieser Auszahlungsbeschränkung unberührt.

(2)1Soweit in den Verhältnissen, die für den Anspruch auf Kindergeld erheblich sind, Änderungen eintreten, ist die Festsetzung des Kindergeldes mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben oder zu ändern.2Ist die Änderung einer Kindergeldfestsetzung nur wegen einer Anhebung der in § 66 Absatz 1 genannten Kindergeldbeträge erforderlich, kann von der Erteilung eines schriftlichen Änderungsbescheides abgesehen werden.

(3)1Materielle Fehler der letzten Festsetzung können durch Aufhebung oder Änderung der Festsetzung mit Wirkung ab dem auf die Bekanntgabe der Aufhebung oder Änderung der Festsetzung folgenden Monat beseitigt werden.2Bei der Aufhebung oder Änderung der Festsetzung nach Satz 1 ist § 176 der Abgabenordnung entsprechend anzuwenden; dies gilt nicht für Monate, die nach der Verkündung der maßgeblichen Entscheidung eines obersten Bundesgerichts beginnen.

(4) (weggefallen)

(1) Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird.

(2) Ein Verwaltungsakt bleibt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist.

(3) Ein nichtiger Verwaltungsakt ist unwirksam.

(1)1Das Kindergeld nach § 62 wird von den Familienkassen durch Bescheid festgesetzt und ausgezahlt.2Die Auszahlung von festgesetztem Kindergeld erfolgt rückwirkend nur für die letzten sechs Monate vor Beginn des Monats, in dem der Antrag auf Kindergeld eingegangen ist.3Der Anspruch auf Kindergeld nach § 62 bleibt von dieser Auszahlungsbeschränkung unberührt.

(2)1Soweit in den Verhältnissen, die für den Anspruch auf Kindergeld erheblich sind, Änderungen eintreten, ist die Festsetzung des Kindergeldes mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben oder zu ändern.2Ist die Änderung einer Kindergeldfestsetzung nur wegen einer Anhebung der in § 66 Absatz 1 genannten Kindergeldbeträge erforderlich, kann von der Erteilung eines schriftlichen Änderungsbescheides abgesehen werden.

(3)1Materielle Fehler der letzten Festsetzung können durch Aufhebung oder Änderung der Festsetzung mit Wirkung ab dem auf die Bekanntgabe der Aufhebung oder Änderung der Festsetzung folgenden Monat beseitigt werden.2Bei der Aufhebung oder Änderung der Festsetzung nach Satz 1 ist § 176 der Abgabenordnung entsprechend anzuwenden; dies gilt nicht für Monate, die nach der Verkündung der maßgeblichen Entscheidung eines obersten Bundesgerichts beginnen.

(4) (weggefallen)

Tatbestand

1

I. Der im Juni 1983 geborene Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) begann im September 2007 eine Ausbildung zum Maler und Lackierer, die bis zum August 2010 andauern sollte. Auf entsprechende Anträge des Klägers sowie seiner kindergeldberechtigten Mutter setzte die vormalige Beklagte und Revisionsklägerin (Familienkasse) mit Bescheid vom 8. November 2007 für die Zeit ab September 2007 Kindergeld fest und zweigte den gesamten Betrag an den Kläger ab; in der internen Bewilligungsverfügung/Kassenanordnung wurde die Zahlung bis Juni 2010 befristet.

2

Mit an die Mutter des Klägers gerichtetem Bescheid vom 28. Juni 2010 hob die Familienkasse gestützt auf § 70 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) die Kindergeldfestsetzung ab Juli 2008 auf und forderte unter Hinweis auf diesen Bescheid vom Kläger mit "Erstattungsbescheid" vom selben Tage gemäß § 37 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) das ihm gezahlte Kindergeld für die Zeit von Juli 2008 bis Juni 2010 in Höhe von... € zurück. Zur Begründung führte sie aus, nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG könne Kindergeld nur bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres --im Falle des Klägers also nur bis einschließlich Juni 2008-- gewährt werden; etwaige Verlängerungstatbestände (Ableistung des Grundwehrdienstes bzw. Zivildienstes) lägen nicht vor bzw. seien nicht nachgewiesen worden.

3

Den Einspruch des Klägers wies die Familienkasse mit Einspruchsentscheidung vom 10. September 2010 als unbegründet zurück.

4

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage, mit der der Kläger die Aufhebung des Aufhebungs- und Rückforderungsbescheides begehrte, durch Urteil aus den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2012, 1479 veröffentlichten Gründen statt. Die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung habe nicht rückwirkend erfolgen dürfen. Als der Kläger sein 25. Lebensjahr vollendete, sei keine Änderung der Verhältnisse i.S. des § 70 Abs. 2 EStG eingetreten. Das Geburtsdatum eines Kindes und damit der Zeitpunkt der Vollendung seines 25. Lebensjahres stünden von vornherein fest und seien der Behörde bei Erlass des ursprünglichen Bescheides bekannt. Dieser Zeitpunkt unterliege keinerlei Veränderungen, was diesen Umstand von allen anderen für die Berücksichtigung eines Kindes maßgeblichen tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen unterscheide.

5

Mit der Revision rügt die aufgrund Organisationsakts nunmehr zuständige Familienkasse die Verletzung materiellen Rechts.

6

Sie macht geltend, die Vorentscheidung beruhe auf einer unzutreffenden Auslegung des § 70 Abs. 2 EStG. Nach § 32 Abs. 4 EStG bestehe ein Anspruch auf Kindergeld nur bis zu einem bestimmten Lebensalter des Kindes. Es sei kein Grund ersichtlich, weshalb im Hinblick auf Änderungen in den Verhältnissen, die für den Anspruch auf Kindergeld erheblich sind, zwischen dem Lebensalter des Kindes und übrigen Tatbestandsvoraussetzungen des Kindergeldanspruchs unterschieden werden sollte. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) stehe der Anwendung des § 70 Abs. 2 Satz 1 EStG nicht entgegen, dass der Behörde schon im Zeitpunkt der Festsetzung bekannt war, dass künftig eine Änderung der Verhältnisse eintreten werde.

7

Die Familienkasse beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

8

Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

9

Er ist der Auffassung, die Voraussetzungen für eine Aufhebung der Kindergeldfestsetzung mit Wirkung für die Vergangenheit nach § 70 Abs. 2 EStG lägen im Streitfall nicht vor. Die Vollendung des 25. Lebensjahres stelle keine neue Tatsache bzw. keine Änderung der Verhältnisse dar. Die von der Familienkasse in Bezug genommenen Entscheidungen des BFH seien zu Sachverhalten ergangen, in denen jeweils eine neue Tatsache eingetreten sei.

Entscheidungsgründe

10

II. Im Streitfall hat zum 1. Mai 2013 ein gesetzlicher Beteiligtenwechsel stattgefunden; Beklagte und Revisionsklägerin ist nunmehr die Familienkasse X (vgl. Anlage 1 zum Beschluss des Vorstands der Bundesagentur für Arbeit vom 18. April 2013 Nr. 21/2013, Amtliche Nachrichten der Bundesagentur für Arbeit 2013, S. 5/12). Das Rubrum des Verfahrens ist daran anzupassen (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 16. Mai 2013 III R 8/11, BFHE 241, 511, BStBl II 2013, 1040, Rz 11; vom 5. September 2013 XI R 12/12, BFHE 242, 404, BStBl II 2014, 39, Rz 16; vom 26. August 2014 XI R 1/13, BFH/NV 2015, 15, Rz 14).

III.

11

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

12

1. Die Klage ist zulässig, insbesondere ist der Kläger klagebefugt (vgl. § 40 Abs. 2 FGO).

13

Zwar wendet sich der Kläger mit der Klage nicht nur gegen den ihm gegenüber erlassenen Rückforderungsbescheid vom 28. Juni 2010, sondern auch gegen den Aufhebungsbescheid gleichen Datums, der nicht gegen ihn, sondern gegen seine Mutter als der Kindergeldberechtigten ergangen ist. Gleichwohl ist der Kläger auch durch diesen Aufhebungsbescheid i.S. von § 40 Abs. 2 FGO betroffen.

14

Nach § 67 Satz 2 EStG kann außer dem Kindergeldberechtigten einen entsprechenden Antrag auch stellen, wer ein berechtigtes Interesse an der Leistung des Kindergeldes hat. Hierzu rechnet auch das Kind, an das das Kindergeld ausgezahlt werden kann (vgl. § 74 Abs. 1 Satz 1 EStG). Durch § 67 Satz 2 EStG können demnach Personen und Stellen, die an sich nur eine Rechtsstellung im Auszahlungsverfahren haben, sowohl im außergerichtlichen Vorverfahren (vgl. § 78 Nr. 1 AO) als auch im anschließenden gerichtlichen Verfahren eine Beteiligtenstellung im Festsetzungsverfahren erlangen. Demzufolge kann der Kläger als Zahlungsempfänger des Kindergeldes im Klagewege auch gegen den Aufhebungsbescheid von 28. Juni 2010 vorgehen (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 12. Januar 2001 VI R 181/97, BFHE 194, 368, BStBl II 2001, 443, unter 1.; vom 26. November 2009 III R 67/07, BFHE 228, 42, BStBl II 2010, 476, unter II.1.b, m.w.N.).

15

2. Die Klage ist jedoch nicht begründet.

16

Entgegen der Auffassung des FG hat die Familienkasse zu Recht die Kindergeldfestsetzung vom 8. November 2007 gemäß § 70 Abs. 2 EStG mit Wirkung ab Juli 2008 aufgehoben und das ab diesem Zeitraum an den Kläger ausgezahlte Kindergeld zurückgefordert.

17

a) Nach § 70 Abs. 2 Satz 1 EStG ist, soweit in den Verhältnissen, die für den Anspruch auf Kindergeld erheblich sind, Änderungen eintreten, die Festsetzung des Kindergeldes mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben oder zu ändern. Die Voraussetzungen hierfür sind im Streitfall erfüllt.

18

aa) Die Regelung betrifft den Fall, dass eine ursprünglich rechtmäßige Festsetzung durch Änderung der für den Bestand des Kindergeldanspruchs maßgeblichen Verhältnisse des Anspruchsberechtigten oder des Kindes nachträglich unrichtig wird (z.B. BFH-Urteile vom 20. November 2008 III R 53/05, BFH/NV 2009, 564, unter II.1.a; vom 3. März 2011 III R 11/08, BFHE 233, 41, BStBl II 2011, 722, Rz 10; Blümich/Treiber, § 70 EStG Rz 23; Dürr in Frotscher, EStG, Freiburg 2011, § 70 Rz 8; Wendl in Herrmann/Heuer/Raupach, § 70 EStG Rz 13; Greite in Korn, § 70 EStG Rz 15).

19

bb) Mit Ablauf des Monats Juni 2008, in dem der Kläger sein 25. Lebensjahr vollendete, ist die Kindergeldfestsetzung vom 8. November 2007 nachträglich unrichtig geworden. Denn der Kläger war gemäß § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG fortan nicht mehr als Kind zu berücksichtigen. Die Familienkasse hätte unter den nunmehr objektiv vorliegenden Verhältnissen Kindergeld nicht mehr wie geschehen festsetzen dürfen (vgl. Felix, in: Kirchhof/Söhn/ Mellinghoff, EStG, § 70 Rz C 9; Pust in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 70 Rz 110; Seewald/ Felix, Kindergeldrecht, EStG § 70 Rz 43).

20

cc) Danach stellt auch das Überschreiten der Altersgrenze --im Streitfall Vollendung des 25. Lebensjahres (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG)-- eine Änderung der Verhältnisse, die i.S. des § 70 Abs. 2 EStG für den Anspruch auf Kindergeld erheblich sind, dar (Urteil des FG Düsseldorf vom 10. Januar 2013  16 K 1255/12 Kg, EFG 2013, 461, rkr., mit zustimmender Anm. Siegers; Reuß, EFG 2012, 1481; Bergkemper, Aufhebung oder Änderung einer Kindergeldfestsetzung, Finanz-Rundschau 2000, 136, unter II.; Tiedchen, Die Änderung von bestandskräftigen Kindergeldbescheiden, Deutsche Steuer-Zeitung 2000, 237, unter II.1.b.aa; Reuß in Bordewin/Brandt, § 70 EStG Rz 53a; Helmke in Helmke/Bauer, Familienleistungsausgleich, Kommentar, Fach A, I. Kommentierung, § 70 Rz 13; a.A. Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 33. Aufl., § 70 Rz 5).

21

Der Auffassung des FG, das Erreichen einer bestimmten Altersgrenze sei keine Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse i.S. des § 70 Abs. 2 EStG, folgt der Senat nicht. Es trifft zwar zu, dass aufgrund des Geburtsdatums eines Kindes das Erreichen einer bestimmten Altersgrenze (hier: der Zeitpunkt der Vollendung des 25. Lebensjahres) von vornherein feststeht und der Behörde bei Erlass der ursprünglichen Bescheide bekannt ist. Dies ändert aber nichts daran, dass mit dem späteren tatsächlichen Eintritt dieses Ereignisses eine Änderung der für den Kindergeldanspruch maßgeblichen Verhältnisse i.S. des § 70 Abs. 2 EStG eintritt (zutreffend Reuß, EFG 2012, 1481, 1482).

22

dd) Bei einer für den Kindergeldanspruch wesentlichen Änderung der Verhältnisse --hier das Überschreiten der Altersgrenze-- ist die Festsetzung des Kindergeldes nach § 70 Abs. 2 EStG vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an aufzuheben. Die Familienkasse hat insoweit keinen Ermessensspielraum. Auf das Verschulden des Kindergeldberechtigten kommt es ebenso wenig an wie auf eine etwaige Verletzung der Amtsermittlungspflicht durch die Familienkasse (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2009, 564, unter II.3.).

23

b) Der Kläger ist gemäß § 37 Abs. 2 AO verpflichtet, das an ihn für die Zeit von Juli 2008 bis Juni 2010 ausbezahlte Kindergeld in Höhe von... € zu erstatten.

24

aa) Ist eine Steuervergütung wie das Kindergeld (§ 31 Satz 3 EStG) ohne rechtlichen Grund gezahlt worden, so hat derjenige, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist, nach § 37 Abs. 2 AO gegenüber dem Leistungsempfänger einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten Betrages. Diese Rechtsfolge tritt auch dann ein, wenn der rechtliche Grund für die Zahlung später wegfällt (§ 37 Abs. 2 Satz 2 AO). Durch die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung ist der rechtliche Grund für die Zahlung des Kindergeldes an den Kläger ab Juli 2008 weggefallen.

25

bb) Der Rückforderung steht die bloße Weiterzahlung des Kindergeldes nicht entgegen (vgl. z.B. BFH-Urteil in BFHE 233, 41, BStBl II 2011, 722, Rz 15, m.w.N.).

26

Dem Verhalten der Familienkasse ist keine (konkludente) Zusage zu entnehmen, dass der Kläger mit einer Rückforderung des Kindergeldes nicht zu rechnen brauchte (vgl. dazu z.B. BFH-Beschlüsse vom 28. Januar 2010 III B 37/09, BFH/NV 2010, 837, Rz 3, m.w.N.; vom 6. Februar 2012 VI B 147/11, Zeitschrift für Steuern und Recht 2012, R486, Rz 3, m.w.N.). Bei der Bewilligungsverfügung/Kassenanordnung, mit der die Zahlung bis einschließlich Juni 2010 befristet wurde, handelt es sich um ein Verwaltungsinternum ohne Außenwirkung.

(1) Sind Renten befristet, enden sie mit Ablauf der Frist. Dies schließt eine vorherige Änderung oder ein Ende der Rente aus anderen Gründen nicht aus. Renten dürfen nur auf das Ende eines Kalendermonats befristet werden.

(2) Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und große Witwenrenten oder große Witwerrenten wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit werden auf Zeit geleistet. Die Befristung erfolgt für längstens drei Jahre nach Rentenbeginn. Sie kann verlängert werden; dabei verbleibt es bei dem ursprünglichen Rentenbeginn. Verlängerungen erfolgen für längstens drei Jahre nach dem Ablauf der vorherigen Frist. Renten, auf die ein Anspruch unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage besteht, werden unbefristet geleistet, wenn unwahrscheinlich ist, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit behoben werden kann; hiervon ist nach einer Gesamtdauer der Befristung von neun Jahren auszugehen. Wird unmittelbar im Anschluss an eine auf Zeit geleistete Rente diese Rente unbefristet geleistet, verbleibt es bei dem ursprünglichen Rentenbeginn.

(2a) Werden Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben erbracht, ohne dass zum Zeitpunkt der Bewilligung feststeht, wann die Leistung enden wird, kann bestimmt werden, dass Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder große Witwenrenten oder große Witwerrenten wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit mit Ablauf des Kalendermonats enden, in dem die Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben beendet wird.

(3) Große Witwenrenten oder große Witwerrenten wegen Kindererziehung und Erziehungsrenten werden auf das Ende des Kalendermonats befristet, in dem die Kindererziehung voraussichtlich endet. Die Befristung kann verlängert werden; dabei verbleibt es bei dem ursprünglichen Rentenbeginn.

(4) Waisenrenten werden auf das Ende des Kalendermonats befristet, in dem voraussichtlich der Anspruch auf die Waisenrente entfällt. Die Befristung kann verlängert werden; dabei verbleibt es bei dem ursprünglichen Rentenbeginn.

(5) Renten werden bis zum Ende des Kalendermonats geleistet, in dem die Berechtigten gestorben sind.

(6) Renten an Verschollene werden längstens bis zum Ende des Monats geleistet, in dem sie nach Feststellung des Rentenversicherungsträgers als verstorben gelten; § 49 gilt entsprechend. Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Feststellung des Rentenversicherungsträgers haben keine aufschiebende Wirkung. Kehren Verschollene zurück, lebt der Anspruch auf die Rente wieder auf; die für den Zeitraum des Wiederauflebens geleisteten Renten wegen Todes an Hinterbliebene sind auf die Nachzahlung anzurechnen.

(1) Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist oder eine bedingt entstandene Steuer unbedingt geworden ist.

(2) Abweichend von Absatz 1 beginnt die Festsetzungsfrist, wenn

1.
eine Steuererklärung oder eine Steueranmeldung einzureichen oder eine Anzeige zu erstatten ist, mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuererklärung, die Steueranmeldung oder die Anzeige eingereicht wird, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist, es sei denn, dass die Festsetzungsfrist nach Absatz 1 später beginnt,
2.
eine Steuer durch Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern zu zahlen ist, mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem für den Steuerfall Steuerzeichen oder Steuerstempler verwendet worden sind, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuerzeichen oder Steuerstempler hätten verwendet werden müssen.
Dies gilt nicht für Verbrauchsteuern, ausgenommen die Energiesteuer auf Erdgas und die Stromsteuer.

(3) Wird eine Steuer oder eine Steuervergütung nur auf Antrag festgesetzt, so beginnt die Frist für die Aufhebung oder Änderung dieser Festsetzung oder ihrer Berichtigung nach § 129 nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Antrag gestellt wird.

(4) Wird durch Anwendung des Absatzes 2 Nr. 1 auf die Vermögensteuer oder die Grundsteuer der Beginn der Festsetzungsfrist hinausgeschoben, so wird der Beginn der Festsetzungsfrist für die folgenden Kalenderjahre des Hauptveranlagungszeitraums jeweils um die gleiche Zeit hinausgeschoben.

(5) Für die Erbschaftsteuer (Schenkungsteuer) beginnt die Festsetzungsfrist nach den Absätzen 1 oder 2

1.
bei einem Erwerb von Todes wegen nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Erwerber Kenntnis von dem Erwerb erlangt hat,
2.
bei einer Schenkung nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Schenker gestorben ist oder die Finanzbehörde von der vollzogenen Schenkung Kenntnis erlangt hat,
3.
bei einer Zweckzuwendung unter Lebenden nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Verpflichtung erfüllt worden ist.

(6) Für die Steuer, die auf Kapitalerträge entfällt, die

1.
aus Staaten oder Territorien stammen, die nicht Mitglieder der Europäischen Union oder der Europäischen Freihandelsassoziation sind, und
2.
nicht nach Verträgen im Sinne des § 2 Absatz 1 oder hierauf beruhenden Vereinbarungen automatisch mitgeteilt werden,
beginnt die Festsetzungsfrist frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem diese Kapitalerträge der Finanzbehörde durch Erklärung des Steuerpflichtigen oder in sonstiger Weise bekannt geworden sind, spätestens jedoch zehn Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist.

(7) Für Steuern auf Einkünfte oder Erträge, die in Zusammenhang stehen mit Beziehungen zu einer Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die der Steuerpflichtige allein oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, beginnt die Festsetzungsfrist frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem diese Beziehungen durch Mitteilung des Steuerpflichtigen oder auf andere Weise bekannt geworden sind, spätestens jedoch zehn Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist.

Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis unterliegen einer besonderen Zahlungsverjährung. Die Verjährungsfrist beträgt fünf Jahre, in Fällen der §§ 370, 373 oder 374 zehn Jahre.

(1) Die Verjährung beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Anspruch erstmals fällig geworden ist. Sie beginnt jedoch nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Festsetzung eines Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis, ihre Aufhebung, Änderung oder Berichtigung nach § 129 wirksam geworden ist, aus der sich der Anspruch ergibt; eine Steueranmeldung steht einer Steuerfestsetzung gleich. Wird die Festsetzung oder Anmeldung eines Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis aufgehoben, geändert oder nach § 129 berichtigt, so beginnt die Verjährung des gesamten Anspruchs erst mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Aufhebung, Änderung oder Berichtigung wirksam geworden ist.

(2) Ist ein Haftungsbescheid ohne Zahlungsaufforderung ergangen, so beginnt die Verjährung mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Zahlungsaufforderung nachgeholt worden ist, spätestens aber fünf Jahre nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Haftungsbescheid wirksam geworden ist.

(1) Die Fälligkeit von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis richtet sich nach den Vorschriften der Steuergesetze.

(2) Fehlt es an einer besonderen gesetzlichen Regelung über die Fälligkeit, so wird der Anspruch mit seiner Entstehung fällig, es sei denn, dass in einem nach § 254 erforderlichen Leistungsgebot eine Zahlungsfrist eingeräumt worden ist. Ergibt sich der Anspruch in den Fällen des Satzes 1 aus der Festsetzung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis, so tritt die Fälligkeit nicht vor Bekanntgabe der Festsetzung ein.

Tatbestand

1

I. Die im September 1986 geborene Tochter ... (T) des Klägers und Revisionsbeklagten (Kläger) wechselte nach Erlangung des Realschulabschlusses Ende August 2004 auf das Gymnasium, das sie voraussichtlich bis Ende März 2007 besuchen sollte. Die Beklagte und Revisionsklägerin (Familienkasse) setzte antragsgemäß mit interner Verfügung vom August 2004 für T --nach Vollendung deren 18. Lebensjahres-- Kindergeld für den Zeitraum ab Oktober 2004 bis März 2007 fest.

2

Tatsächlich besuchte T das Gymnasium nur bis einschließlich Januar 2005. Im März 2005 bewarb sie sich für ein freiwilliges soziales Jahr bei den Johannitern und absolvierte dort im April 2005 ein kurzes Praktikum. Gegenüber der Familienkasse gab der Kläger an, T werde voraussichtlich ab Mai 2005 ein freiwilliges soziales Jahr ableisten. Daraufhin verfügte die Familienkasse in einer Gesprächsnotiz aus März 2005, die Zahlungen "weiterlaufen" zu lassen.

3

Ende Juni 2005 fragte die Familienkasse an, ob T das freiwillige soziale Jahr zwischenzeitlich aufgenommen habe, woraufhin der Kläger Anfang Juli 2005 erläuterte, dies sei noch nicht der Fall, da die in Aussicht gestellte Stelle bis August 2005 für Zivildienstleistende frei gehalten werden müsse. Noch im Juli 2005 wies die Familienkasse darauf hin, eine Weitergewährung des Kindergeldes sei in diesem Fall nur dann möglich, wenn der Kläger nachweise, dass T Arbeit oder Ausbildungsplatz suchend sei. Nachdem der Kläger dies im September 2005 verneinte, hob die Familienkasse die Kindergeldfestsetzung für T unter Verweis auf § 70 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) mit Bescheid vom 7. September 2005 ab Februar 2005 auf und forderte das für die Monate Februar bis September 2005 bereits gezahlte Kindergeld in Höhe von insgesamt 1.232 € zurück. Der Einspruch des Klägers blieb erfolglos.

4

Die Klage, mit welcher der Kläger die Aufhebung des Bescheids vom 7. September 2005 und der Einspruchsentscheidung begehrte, hatte insoweit Erfolg, als das Finanzgericht (FG) die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung für den Monat August 2005 mangels Vorliegens einer Änderungsnorm für rechtswidrig erachtete und der Klage insoweit durch Urteil vom 16. Mai 2006  6 K 2809/05 stattgab.

5

Seine Entscheidung begründete das FG in diesem Punkt im Wesentlichen damit, Anfang Juli 2005 habe bereits festgestanden, dass T weder die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG noch die der Nr. 2 Buchst. d EStG erfülle. Die Zahlung des Kindergeldes für den Monat August 2005 sei somit "rechtsgrundlos" erfolgt. Eine spätere Änderung der Verhältnisse habe nicht stattgefunden, die Voraussetzungen für eine Änderung nach § 70 Abs. 2 EStG hätten mithin bei Erlass des Aufhebungsbescheids nicht vorgelegen. Gemäß § 70 Abs. 3 EStG könne eine fehlerhafte Festsetzung nur mit Wirkung für die Zukunft --nicht aber wie von der Familienkasse rückwirkend-- korrigiert werden.

6

Mit ihrer Revision rügt die Familienkasse hinsichtlich des Monats August 2005 eine Verletzung des § 70 Abs. 2 EStG in der für den Streitzeitraum geltenden Fassung. Die Entscheidung des FG stehe im Widerspruch zu der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs --BFH-- (Urteile vom 25. Juli 2001 VI R 78/98, BFHE 196, 253, BStBl II 2002, 88, und VI R 164/98, BFHE 196, 257, BStBl II 2002, 89; vom 26. Juli 2001 VI R 163/00, BFHE 196, 274, BStBl II 2002, 174).

7

Die Familienkasse beantragt, das Urteil des FG insoweit aufzuheben, als für den Monat August 2005 die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung für die Tochter T aufgehoben wurde, und auch diesen Teil der Klage abzuweisen.

8

Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung betreffend den Kindergeldanspruch des Klägers für den Monat August 2005 und zur Abweisung der Klage auch insoweit (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die Familienkasse hat die Festsetzung des Kindergeldes zu Recht rückwirkend auch für August 2005 aufgehoben.

10

Die Familienkasse hat die Voraussetzungen des § 70 Abs. 2 EStG im Ergebnis zutreffend als gegeben angesehen. Nach dieser Vorschrift ist die Festsetzung des Kindergeldes mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben oder zu ändern, soweit in den Verhältnissen, die für den Anspruch auf Kindergeld erheblich sind, Änderungen eintreten. Die Regelung betrifft den Fall, dass eine ursprünglich rechtmäßige Festsetzung durch Änderung der für den Bestand des Kindergeldanspruchs maßgeblichen Verhältnisse des Anspruchsberechtigten oder des Kindes nachträglich unrichtig wird (Senatsurteil vom 20. November 2008 III R 53/05, BFH/NV 2009, 564). Dies ist vorliegend der Fall.

11

a) Nachdem T den Schulbesuch Ende Januar 2005 "abgebrochen" hatte, stand dem Kläger ab Februar 2005 kein Kindergeld mehr zu, da T keinen der in § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 oder Nr. 2 EStG aufgeführten Tatbestände erfüllte.

12

b) Insoweit haben sich die Verhältnisse gegenüber denen, die der ursprünglichen Festsetzung zugrunde lagen, in erheblicher Weise i.S. des § 70 Abs. 2 EStG geändert. Maßgeblich ist insoweit die Entscheidung der Familienkasse im August 2004, dem Kläger auf seinen ersten Fortzahlungsantrag angesichts der fortdauernden Schulausbildung Kindergeld für T ab Vollendung von deren 18. Lebensjahr an zu gewähren. Die antragsgemäße Festsetzung verfügte die Familienkasse in der Kindergeldakte, sah aber von einer schriftlichen Bescheiderteilung ab (§ 70 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG a.F.). Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH hat eine solche positive Kindergeldfestsetzung entsprechend der gesetzlichen Konzeption des § 70 Abs. 1 bis 3 EStG als Verwaltungsakt mit Dauerwirkung Bindungswirkung für die Zukunft (BFH-Urteile in BFHE 196, 253, BStBl II 2002, 88, und BFHE 196, 257, BStBl II 2002, 89; s. auch Wendl in Herrmann/Heuer/Raupach, § 70 EStG Rz 6; Pust in Littmann/Bitz/ Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 70 EStG Rz 29). Die Festsetzung ist damit zugleich Rechtsgrundlage für die fortlaufende monatliche Zahlung des Kindergeldes (Monatsprinzip); durch die monatliche Zahlung des Kindergeldes wird die ursprüngliche Festsetzung nur jeweils konkludent bestätigt, es wird aber --entgegen der Ansicht des FG-- insoweit nicht monatlich eine neue Festsetzung vorgenommen (Greite in Korn, § 70 EStG Rz 11).

13

Somit handelt es sich auch nicht um einen Fall der Änderung nach § 70 Abs. 3 EStG. Diese Änderungsnorm betrifft die Fälle, in denen der zutreffende Sachverhalt der Familienkasse bekannt ist, sie die ihr bekannten Tatsachen jedoch rechtlich unzutreffend würdigt, oder ihrer Entscheidung irrtümlich einen unrichtigen Sachverhalt zugrunde legt (BFH-Urteil in BFHE 196, 274, BStBl II 2002, 174). Im Zeitpunkt der Festsetzung des Kindergeldes lagen indes die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG vor, das Kindergeld wurde ursprünglich mithin zu Recht gewährt.

14

c) Die rückwirkende Aufhebung des Kindergeldes scheitert auch nicht daran, dass der Kläger seinen Mitwirkungspflichten stets zeitnah nachgekommen ist; eine Verletzung von Mitwirkungspflichten ist nicht erforderlich (BFH-Urteil vom 14. Oktober 2003 VIII R 56/01, BFHE 203, 472, BStBl II 2004, 123; Blümich/Treiber, § 70 EStG Rz 21).

15

d) Da aufgrund der rechtmäßigen Aufhebung der Kindergeldfestsetzung der rechtliche Grund für die Zahlung des Kindergeldes weggefallen ist, ist das zuviel gezahlte Kindergeld von dem Kläger auch für August 2005 zurückzuzahlen (§ 37 Abs. 2 der Abgabenordnung). Insoweit ist es unerheblich, dass die Familienkasse das Kindergeld zunächst weiterhin auszahlte, obwohl sie bereits Anfang Juli 2005 davon Kenntnis hatte, dass T das freiwillige soziale Jahr nicht wie geplant im Mai oder Juni 2005 angetreten hatte. Die bloße Weiterzahlung trotz Kenntnis von Umständen, die zum Wegfall des Kindergeldanspruchs führen, steht der Rückforderung nicht entgegen (Senatsurteil vom 21. Januar 2010 III R 17/07, BFH/NV 2010, 1423; Senatsbeschluss vom 28. Januar 2010 III B 37/09, BFH/NV 2010, 837, m.w.N.) ; insoweit liegt kein Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben vor.

(1) Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstands erwirbt.

(2) Ist die Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich oder ist der Empfänger aus einem anderen Grunde zur Herausgabe außerstande, so hat er den Wert zu ersetzen.

(3) Die Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Ersatz des Wertes ist ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist.

(4) Von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an haftet der Empfänger nach den allgemeinen Vorschriften.

(1) Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis sind der Steueranspruch, der Steuervergütungsanspruch, der Haftungsanspruch, der Anspruch auf eine steuerliche Nebenleistung, der Erstattungsanspruch nach Absatz 2 sowie die in Einzelsteuergesetzen geregelten Steuererstattungsansprüche.

(2) Ist eine Steuer, eine Steuervergütung, ein Haftungsbetrag oder eine steuerliche Nebenleistung ohne rechtlichen Grund gezahlt oder zurückgezahlt worden, so hat derjenige, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist, an den Leistungsempfänger einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten oder zurückgezahlten Betrags. Dies gilt auch dann, wenn der rechtliche Grund für die Zahlung oder Rückzahlung später wegfällt. Im Fall der Abtretung, Verpfändung oder Pfändung richtet sich der Anspruch auch gegen den Abtretenden, Verpfänder oder Pfändungsschuldner.

Tatbestand

1

I. Streitig ist, ob die Aufhebung einer Kindergeldfestsetzung nach Treu und Glauben ausgeschlossen ist und ob für ein im Inland wohnhaftes Kind ein Kindergeldanspruch auch dann besteht, wenn für das Kind zugleich nach irischem Recht Familienleistungen gewährt werden.

2

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) besitzt die deutsche Staatsangehörigkeit und wohnt im Inland. In ihrem Haushalt wohnt seit September 2004 ihr während des Streitzeitraums Dezember 2006 bis August 2008 minderjähriges Enkelkind, für das ihr das Sorgerecht zusteht.

3

Die Beklagte und Revisionsklägerin (Familienkasse) gewährte der Klägerin für das Enkelkind seit September 2004 Kindergeld. Auch die in Irland wohnende Kindesmutter erhielt für das Kind von dem für die Zahlung irischer Familienleistungen zuständigen Träger Familienleistungen in der Zeit von Dezember 2006 bis August 2008. Nachdem dieser Träger die Familienkasse über die Gewährung der irischen Familienleistungen informiert hatte, hob diese die bisherige Kindergeldfestsetzung für diesen Zeitraum auf. Zur Begründung führte die Familienkasse aus, der Kindesmutter stehe im Streitzeitraum aufgrund einer Erwerbstätigkeit in Irland ein Anspruch auf Gewährung von Familienleistungen nach irischem Recht zu, sodass der Anspruch der Klägerin auf Kindergeld ruhe. Das daher zu Unrecht gewährte Kindergeld sei zurückzuzahlen.

4

Der nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage hat das Finanzgericht (FG) mit Urteil vom 25. Mai 2011  12 K 3538/10 --veröffentlicht in Entscheidungen der Finanzgerichte 2012, 627-- stattgegeben. Zwar gelte zugunsten der Klägerin keine gemeinschaftsrechtliche Prioritätsregel. Die Familienkasse sei jedoch nach Treu und Glauben an einer Aufhebung der Kindergeldfestsetzung gehindert.

5

Mit der Revision rügt die Familienkasse die Verletzung materiellen Rechts.

6

Sie beantragt,
das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

7

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die Rechtsausführungen des FG, wonach der Rückforderung des Kindergeldes der Grundsatz von Treu und Glauben entgegenstehe, halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Die finanzgerichtlichen Feststellungen erlauben keine abschließende Prüfung, ob der Klägerin für den Streitzeitraum ein Anspruch auf Gewährung von Kindergeld zusteht.

9

1. Eine Aufhebung oder Änderung der Festsetzung des Kindergeldes nach § 70 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ist vorliegend nicht nach Treu und Glauben ausgeschlossen.

10

Ob im Rahmen des § 70 Abs. 2 EStG unter bestimmten Voraussetzungen Vertrauensschutz gewährt werden kann, lässt der Senat dahinstehen (ebenso etwa Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 11. März 2003 VIII R 108/01, BFH/NV 2004, 16; Senatsbeschluss vom 18. Dezember 1998 VI B 215/98, BFHE 187, 559, BStBl II 1999, 231). Denn die Familienkasse hat vorliegend keinen Vertrauenstatbestand gesetzt.

11

a) Dazu bedarf es eines Verhaltens der Familienkasse, aus dem der Verpflichtete bei objektiver Beurteilung den Schluss ziehen kann, dass er nicht mehr in Anspruch genommen werden solle (vgl. BFH-Urteile vom 14. Oktober 2003 VIII R 56/01, BFHE 203, 472, BStBl II 2004, 123; vom 3. März 2011 III R 11/08, BFHE 233, 41, BStBl II 2011, 722; vom 22. September 2011 III R 82/08, BFHE 235, 336, BStBl II 2012, 734). Insoweit ist ein besonders eindeutiges Verhalten der Familienkasse zu fordern, dem zu entnehmen ist, dass sie auch nach Prüfung des Falles von einem Fortbestehen des Kindergeldanspruchs ausgeht und ein anderer Eindruck bei dem Kindergeldempfänger nicht entstehen kann. Dem Verhalten der Familienkasse muss also die konkludente Zusage zu entnehmen sein, dass der Kindergeldempfänger mit einer Rückforderung des Kindergeldes nicht zu rechnen braucht (vgl. BFH-Urteil vom 27. Oktober 2004 VIII R 23/04, BFH/NV 2005, 499, m.w.N.).

12

b) Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor. Es ist schon nicht erkennbar, durch welches Verhalten die Familienkasse einen Vertrauenstatbestand gegenüber der Klägerin geschaffen haben soll. Die Familienkasse hat lediglich das Kindergeld auf das ihr von der Klägerin benannte Konto geleistet. Außerdem reicht die Weiterzahlung des Kindergeldes --selbst bei Kenntnis der Behörde von Umständen, die zum Wegfall des Kindergeldes führen-- allein nicht zur Schaffung eines Vertrauenstatbestandes aus (vgl. BFH-Beschluss vom 27. Mai 2005 III B 197/04, BFH/NV 2005, 1486). Die übrigen vom FG angeführten (vermeintlich) besonderen Umstände stellen keine Gesichtspunkte dar, die ein Vertrauen hätten begründen können. Denn sie haben ihren Ursprung nicht in einem Verhalten der Familienkasse gegenüber der Klägerin und betreffen damit das zwischen diesen Beteiligten bestehende Steuerschuldverhältnis nicht.

13

2. Da die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung gemäß § 70 Abs. 2 EStG mithin hier nicht von vornherein nach Treu und Glauben ausgeschlossen ist, ist entgegen der Vorentscheidung eine Prüfung erforderlich, ob und gegebenenfalls inwieweit der Klägerin ein Anspruch auf Gewährung von Kindergeld zusteht.

14

a) Die Klägerin erfüllt die Voraussetzungen des § 62 Abs. 1 Nr. 1, § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und Satz 2 i.V.m. § 32 Abs. 3 EStG. Denn sie hatte nach den den Senat bindenden (§ 118 Abs. 2 FGO) Feststellungen des FG einen Wohnsitz im Inland und das Enkelkind, für das sie Kindergeld beantragt hat, in ihren Haushalt aufgenommen.

15

b) Der Kindergeldanspruch könnte jedoch nach § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG ausgeschlossen sein.

16

aa) Der Ausschluss des Kindergeldanspruchs gemäß § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG greift, wenn für ein Kind Leistungen im Ausland zu zahlen sind oder bei entsprechender Antragstellung zu zahlen wären und diese Leistungen dem Kindergeld oder einer der in § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG genannten Leistungen vergleichbar sind. Allerdings kann der Senat aufgrund fehlender Feststellungen des FG nicht beurteilen, ob und gegebenenfalls für welche Monate des Streitzeitraums für das Enkelkind nach irischem Recht tatsächlich ein Anspruch auf Familienleistungen bestand und ob diese dem deutschen Kindergeld vergleichbare Leistungen sind.

17

bb) Es ist schon zweifelhaft, ob der Kindesmutter --wie die Familienkasse meint-- hier nach irischem Recht Familienleistungen zu gewähren waren.

18

Denn nach dem --den Senat nicht bindenden-- Schreiben des Bundeszentralamts für Steuern vom 7. Dezember 2011 St II 2-S 2280-PB/11/00014 (BStBl I 2012, 18) verlangt das irische Recht für einen Anspruch auf Gewährung von Familienleistungen an die Mutter zumindest die Aufnahme des Kindes in ihren Haushalt. Dies ist aufgrund der Feststellungen des FG vorliegend fraglich.

19

Der irische Träger für die Gewährung von Familienleistungen hat insoweit auch nicht mit Tatbestandswirkung festgestellt, der Kindesmutter stehe ein Anspruch auf Familienleistungen nach irischem Recht zu. Eine solche Tatbestandswirkung, derentwegen die Familienkasse die Entscheidung über das Bestehen eines Kindergeldanspruchs zu übernehmen hätte, setzt jedenfalls die Entscheidung der für kindergeldähnliche Leistungen zuständigen Behörde voraus, dass für das Kind ein anderweitiger Anspruch besteht (Wendl in Herrmann/Heuer/Raupach, § 65 EStG Rz 6; Felix, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 65 Rz A 22, jeweils m.w.N.; zur Tatbestandswirkung allgemein vgl. etwa BFH-Urteil vom 15. März 2012 III R 82/09, BFHE 236, 539, BStBl II 2013, 226). An der Mitteilung einer solchen Entscheidung des für die Gewährung irischer Familienleistungen zuständigen Trägers fehlt es. Denn nach den mit zulässigen Revisionsrügen nicht angegriffenen und daher den Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindenden Feststellungen des FG stellte der Träger hier selbst in Frage, ob die Kindesmutter einen solchen Anspruch hatte und teilte in diesem Zusammenhang lediglich die Höhe der von ihr geleisteten Zahlungen mit.

20

c) Sollte ein Anspruch auf Gewährung von Familienleistungen nach irischem Recht bestehen, könnte die Konkurrenz zu dem Kindergeldanspruch statt nach § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG auch abweichend davon aufzulösen sein.

21

aa) Dies könnte zum einen folgen aus der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 (VO Nr. 1408/71) des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern sowie durch die Verordnung (EWG) Nr. 574/72 des Rates vom 21. März 1972 über die Durchführung der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 in ihrer durch die Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996 (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften 1997 Nr. L 28, S. 1 vom 30. Januar 1997) geänderten und aktualisierten Fassung, geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 647/2005 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. April 2005 (Amtsblatt der Europäischen Union 2005 Nr. L 117, S. 1 vom 4. Mai 2005; zur Anwendung der VO Nr. 1408/71 sowie der VO Nr. 574/72 vgl. im Einzelnen BFH-Urteile vom 26. Juli 2012 III R 97/08, BFHE 238, 120, BStBl II 2013, 24; vom 5. Juli 2012 III R 76/10, BFHE 238, 87; jeweils m.w.N.).

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bb) Zum anderen könnte unter Beachtung der vom Gerichtshof der Europäischen Union in den Urteilen vom 20. Mai 2008 C-352/06, Bosmann (Slg. 2008, I-3827), vom 12. Juni 2012 C-611/10, Hudzinski und C-612/10, Wawrzyniak (Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst 2012, 999) aufgestellten Grundsätze Differenzkindergeld zu gewähren sein (vgl. dazu auch das Senatsurteil vom heutigen Tage VI R 68/11, BFHE 242, 206).

(1)1Für Kinder im Sinne des § 63 hat Anspruch auf Kindergeld nach diesem Gesetz, wer

1.
im Inland einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat oder
2.
ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland
a)
nach § 1 Absatz 2 unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist oder
b)
nach § 1 Absatz 3 als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt wird.
2Voraussetzung für den Anspruch nach Satz 1 ist, dass der Berechtigte durch die an ihn vergebene Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung) identifiziert wird.3Die nachträgliche Vergabe der Identifikationsnummer wirkt auf Monate zurück, in denen die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen.

(1a)1Begründet ein Staatsangehöriger eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines Staates, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, im Inland einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt, so hat er für die ersten drei Monate ab Begründung des Wohnsitzes oder des gewöhnlichen Aufenthalts keinen Anspruch auf Kindergeld.2Dies gilt nicht, wenn er nachweist, dass er inländische Einkünfte im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 4 mit Ausnahme von Einkünften nach § 19 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 erzielt.3Nach Ablauf des in Satz 1 genannten Zeitraums hat er Anspruch auf Kindergeld, es sei denn, die Voraussetzungen des § 2 Absatz 2 oder Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU liegen nicht vor oder es sind nur die Voraussetzungen des § 2 Absatz 2 Nummer 1a des Freizügigkeitsgesetzes/EU erfüllt, ohne dass vorher eine andere der in § 2 Absatz 2 des Freizügigkeitsgesetzes/EU genannten Voraussetzungen erfüllt war.4Die Prüfung, ob die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Kindergeld gemäß Satz 2 vorliegen oder gemäß Satz 3 nicht gegeben sind, führt die Familienkasse in eigener Zuständigkeit durch.5Lehnt die Familienkasse eine Kindergeldfestsetzung in diesem Fall ab, hat sie ihre Entscheidung der zuständigen Ausländerbehörde mitzuteilen.6Wurde das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen durch die Verwendung gefälschter oder verfälschter Dokumente oder durch Vorspiegelung falscher Tatsachen vorgetäuscht, hat die Familienkasse die zuständige Ausländerbehörde unverzüglich zu unterrichten.

(2) Ein nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer erhält Kindergeld nur, wenn er

1.
eine Niederlassungserlaubnis oder eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU besitzt,
2.
eine Blaue Karte EU, eine ICT-Karte, eine Mobiler-ICT-Karte oder eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, die für einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigen oder berechtigt haben oder diese erlauben, es sei denn, die Aufenthaltserlaubnis wurde
a)
nach § 16e des Aufenthaltsgesetzes zu Ausbildungszwecken, nach § 19c Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes zum Zweck der Beschäftigung als Au-Pair oder zum Zweck der Saisonbeschäftigung, nach § 19e des Aufenthaltsgesetzes zum Zweck der Teilnahme an einem Europäischen Freiwilligendienst oder nach § 20 Absatz 1 und 2 des Aufenthaltsgesetzes zur Arbeitsplatzsuche erteilt,
b)
nach § 16b des Aufenthaltsgesetzes zum Zweck eines Studiums, nach § 16d des Aufenthaltsgesetzes für Maßnahmen zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen oder nach § 20 Absatz 3 des Aufenthaltsgesetzes zur Arbeitsplatzsuche erteilt und er ist weder erwerbstätig noch nimmt er Elternzeit nach § 15 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes oder laufende Geldleistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch in Anspruch,
c)
nach § 23 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes wegen eines Krieges in seinem Heimatland oder nach den § 23a oder § 25 Absatz 3 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes erteilt,
3.
eine in Nummer 2 Buchstabe c genannte Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet berechtigt erwerbstätig ist oder Elternzeit nach § 15 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes oder laufende Geldleistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch in Anspruch nimmt,
4.
eine in Nummer 2 Buchstabe c genannte Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens 15 Monaten erlaubt, gestattet oder geduldet im Bundesgebiet aufhält oder
5.
eine Beschäftigungsduldung gemäß § 60d in Verbindung mit § 60a Absatz 2 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes besitzt.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

Gründe

1

Die Beschwerde ist jedenfalls unbegründet und durch Beschluss zurückzuweisen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Sofern der von der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) behauptete Zulassungsgrund der Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 FGO) überhaupt in einer den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO genügenden Form dargelegt wurde, liegt er jedenfalls nicht vor.

2

1. Eine Divergenz ist anzunehmen, wenn das Finanzgericht (FG) mit einem das angegriffene Urteil tragenden und entscheidungserheblichen Rechtssatz von einem eben solchen Rechtssatz einer anderen Gerichtsentscheidung abgewichen ist. Das angefochtene Urteil und die vorgebliche Divergenzentscheidung müssen dabei dieselbe Rechtsfrage betreffen und zu gleichen oder vergleichbaren Sachverhalten ergangen sein (z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 21. Oktober 2010 VIII B 107/09, BFH/NV 2011, 282).

3

2. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht gegeben.

4

a) Soweit die Klägerin vorträgt, das FG weiche in seinem Urteil von dem in der Entscheidung des Niedersächsischen FG vom 13. Januar 2010  16 K 337/09 (Entscheidungen der Finanzgerichte 2010, 1011) aufgestellten Rechtssatz ab, wonach der Bescheid über die Festsetzung des Kindergeldes ein personenbezogener Verwaltungsakt sei, liegt hierin keine Divergenz, weil die genannten Entscheidungen weder die gleiche Rechtsfrage noch einen vergleichbaren Sachverhalt betreffen.

5

Im Streitfall bezog der verstorbene Kindergeldberechtigte (Erblasser) zu seinen Lebzeiten Kindergeld ohne Rechtsgrund für einen Zeitraum vor seinem Tod. Das FG entschied, dass ein solcher --bereits gegenüber dem Erblasser als Leistungsempfänger entstandener-- Erstattungsanspruch gemäß § 37 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) auf den Erben übergehe (§ 1922 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, § 45 Abs. 1 Satz 1 AO). Gegenstand des FG-Urteils war daher in tatsächlicher Hinsicht ein gegen den Erblasser gerichteter Erstattungsanspruch, der die rechtsgrundlose Gewährung von Kindergeld für einen Zeitraum vor seinem Tod betraf. In rechtlicher Hinsicht war die Frage zu beantworten, ob dieser Erstattungsanspruch vererblich ist.

6

Im Rahmen der vorgeblichen Divergenzentscheidung forderte hingegen die Familienkasse das an den Sohn des verstorbenen Kindergeldberechtigten abgezweigte Kindergeld von dem Sohn als Leistungsempfänger zurück. Diese Entscheidung beschäftigte sich mit der Frage, ob die Verpflichtung zur Rückzahlung von Kindergeld gemäß § 37 Abs. 2 AO, das für einen Zeitraum nach dem Tode des Kindergeldberechtigten weitergezahlt wird, die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung gegenüber den Erben voraussetzt. Das FG verneinte dies, weil die Kindergeldfestsetzung mit dem Tod des Kindergeldberechtigten erlösche. Die vorgebliche Divergenzentscheidung betraf daher in tatsächlicher Hinsicht einen von Anfang an gegen den Sohn des verstorbenen Klägers --nicht gegen den Erblasser-- gerichteten Erstattungsanspruch, der sich auf eine rechtsgrundlose Gewährung von Kindergeld für einen Zeitraum nach dem Tod des Erblassers bezog. In diesem Zusammenhang war in rechtlicher Hinsicht die Frage zu klären, ob die gegenüber dem verstorbenen Kindergeldberechtigten erfolgte Kindergeldfestsetzung nach dessen Tod wirksam bleibt.

b) Eine Abweichung des FG von dem BFH-Urteil vom 13. Januar 2010 V R 24/07 (BFHE 229, 378, BStBl II 2011, 241), wonach der Rechtsnachfolger nicht in höchstpersönliche Verhältnisse oder unlösbar mit der Person des Rechtsvorgängers verknüpfte Umstände eintrete, liegt schon deshalb nicht vor, weil auch das FG diesen Grundsatz seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat.

7

3. Im Kern rügt die Klägerin die fehlerhafte Rechtsanwendung durch das FG. Dies rechtfertigt die Zulassung der Revision grundsätzlich nicht (BFH-Beschluss vom 30. Mai 2008 IX B 216/07, BFH/NV 2008, 1510). Im Übrigen ist das FG zu Recht davon ausgegangen, dass ein bereits gegenüber dem Erblasser entstandener Erstattungsanspruch gemäß § 37 Abs. 2 AO als eine auf den Rechtsnachfolger übergehende Schuld i.S. des § 45 Abs. 1 Satz 1 AO zu qualifizieren ist.