Finanzgericht Hamburg Urteil, 23. Juni 2017 - 4 K 150/16

bei uns veröffentlicht am23.06.2017

Tatbestand

1

Die Klägerin ist die Rechtsnachfolgerin des Herrn A; sie wendet sich gegen die Festsetzung einer Überschussabgabe für den Zwölfmonatszeitraum 2013/2014.

2

Herr A war Inhaber einer Milchquote, die sich für den Zwölfmonatszeitraum 2013/2014 auf 7.831.749 kg belief. Tatsächlich lieferte er in diesem Zeitraum an die Molkerei B GmbH (im Folgenden: Molkerei) 9.838.985 kg an. Nach Fettgehaltskorrektur sowie nach Molkerei- und Bundessaldierung ergab sich für ihn eine Überlieferung von ... kg und damit eine Abgabenforderung in Höhe von ... Euro.

3

In seinem gegen die Abgabenanmeldung der Molkerei vom 23.07.2014 gerichteten Einspruch wandte der Kläger ein, dass die Erhebung einer Abgabe für den Zwölfmonatszeitraum 2013/2014 rechtswidrig sei, weil der mit der Abgabenerhebung verfolgte Zweck, das Überangebot an Milch auf dem Milchmarkt zu beseitigen, in diesem Zeitraum bereits erreicht bzw. überschritten worden sei; es habe sogar ein Nachfrageüberhang bestanden. Angesichts dieser Marktverhältnisse hätte der Rat die einzelstaatliche Quote für die Bundesrepublik Deutschland erhöhen müssen.

4

Das beklagte Hauptzollamt wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 09.05.2016 mit der Begründung zurück, dass der Gesetzgeber im Bereich der gemeinsamen Agrarpolitik über ein weites Ermessen verfüge. Die Kontrolle des Ermessensspielraumes des Unionsgesetzgebers sei im Bereich der gemeinsamen Agrarpolitik auf die Überprüfung beschränkt, ob eine in diesem Bereich erlassene Maßnahme zur Erreichung des jeweils verfolgten Ziels offensichtlich ungeeignet sei. Dies sei bei der in Rede stehenden Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 nicht der Fall. Ihr Erlass sei erforderlich gewesen, um das Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage bei Milch und Milcherzeugnissen und die daraus resultierenden strukturellen Überschüsse zu verringern und dadurch ein besseres Marktgleichgewicht zu erreichen. Von der Möglichkeit, die einzelstaatlichen Quoten auf der Grundlage der allgemeinen Marktlage und besonderen Bedingungen zu überprüfen und zu ändern, habe die Kommission mehrfach Gebrauch gemacht.

5

Am 13.06.2016 hat die Klägerin als Rechtsnachfolgerin des A Klage erhoben. Sie führt zur Begründung im Wesentlichen aus: Der Rat habe seine Verpflichtung verletzt, die einzelstaatlichen Quoten auf der Grundlage der allgemeinen Entwicklung des Marktes und unter Berücksichtigung der besonderen Bedingungen in Deutschland anzupassen und abzuändern. Das Ziel der Milchquotenregelung, scil. Herstellung eines Gleichgewichts von Angebot und Nachfrage auf dem Milchmarkt, sei bereits erreicht bzw. sogar überschritten. Der Europäische Gerichtshof habe in seiner Entscheidung vom 14.05.2009, C-34/08, Rz. 45, ausgeführt, dass die Organe der Europäischen Union die wirtschaftlichen Gegebenheiten und Umstände, die den Gegenstand ihrer Beschlussfassung bildeten, jeweils berücksichtigen und beobachten müssten. Dementsprechend habe der Unionsgesetzgeber in Art. 66 Abs. 3 VO (EG) Nr. 1234/2007 angeordnet, dass die einzelstaatlichen Quoten nach der allgemeinen Marktlage fortlaufend zu überprüfen seien. Der Milchmarkt habe sich in den letzten Jahren rasant und grundlegend geändert. Die vom Gesetzgeber zu Grunde gelegten strukturellen Überschüsse existierten schon seit einigen Jahren nicht mehr; jedenfalls in dem hier maßgeblichen Zeitraum 2013/2014 sei die Nachfrage sowohl innerhalb der Europäischen Union als auch aus Drittstaaten so hoch gewesen, dass das Angebot nicht ausreichend gewesen sei, um die gesamte Nachfrage zu erfüllen. In dem Bericht der Kommission vom 13.06.2014 (COM (2014) Nr. 354 Final) sei festgestellt worden, dass sich der Milchmarkt in einer guten Lage befinde, der durchschnittliche Milchpreis im Januar 2014 sei der höchste, der jemals beobachtet worden sei. Im Jahr 2013 sei nicht nur innerhalb der EU, sondern weltweit - aufgrund der Wetterbedingungen in der EU und in Ozeanien - die Versorgung mit Milch unerwartet knapp gewesen. Insbesondere im 1. Halbjahr 2013 sei die Gesamtmenge der innerhalb der EU produzierten Milch daher signifikant zurückgegangen, während die Nachfrage deutlich gestiegen sei. Ab dem Monat April 2013 sei es zu einem sprunghaften Anstieg der Milchpreise und zu Rekordpreisen gekommen. Im Zwölfmonatszeitraum 2013/2014 habe es auf der Ebene der EU keine Überschüsse bei der Milchproduktion gegeben. Vielmehr habe mit der Gesamtmenge der Milchproduktion innerhalb der EU nicht einmal die Binnennachfrage und die zusätzliche Nachfrage der Länder außerhalb der EU vollständig erfüllt werden können. Angesichts des enorm hohen Milchpreises sei es nicht notwendig gewesen, die Milchproduktion in Deutschland durch die Begrenzung auf die vom Rat für den Zeitraum 2013/2014 festgesetzte einzelstaatliche Quote zu beschränken. Der Rat wäre verpflichtet gewesen, die einzelstaatliche Quote der Bundesrepublik Deutschland für den Zwölfmonatszeitraum 2013/2014 zu erhöhen, um der gestiegenen Nachfrage gerecht zu werden. Dies verstoße gegen die Vorgaben aus Art. 40 Abs. 2 AEUV, wonach die gemeinsame Organisation sich auf die Verfolgung der Ziele des Art. 39 zu beschränken habe und jede Diskriminierung zwischen Erzeugern oder Verbrauchern innerhalb der EU auszuschließen sei.

6

Die Klägerin beantragt,
die Abgabenanmeldung der Molkerei B GmbH vom 23.07.2014 - soweit diese A betrifft - sowie die Einspruchsentscheidung des beklagten Hauptzollamtes vom 09.05.2016 aufzuheben.

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Das beklagte Hauptzollamt beantragt,
die Klage abzuweisen.

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Es bezieht sich auf die Gründe der Einspruchsentscheidung.

9

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Sachakte des beklagten Hauptzollamtes verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Anfechtungsklage bleibt in der Sache ohne Erfolg. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).

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Rechtsgrundlage für die Abgabenanmeldung vom 04.08.2014 ist Art. 79 Unterabsatz 2 VO Nr. 1234/2007 [1] i. V. m. § 40 Abs. 3 MilchQuotV [2] i. V. m. § 12 Abs. 1 Satz 1 MOG [3] i. V. m. §§ 150 Abs. 1 Satz 3, 155 Abs. 1 Satz 1, 167 Abs. 1, 168 Satz 1 AO. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 79 Unterabsatz 2 VO Nr. 1234/2007 waren im Streitfall mit Ablauf des 31.03.2014 erfüllt; insbesondere hatte A seine für den Zwölfmonatszeitraum 2013/2014 verfügbare Quote überschritten. Gegen die Abrechnung des Milchquotenjahres 2013/2014 auf der Grundlage der Verordnung (EG) Nr. 595/2004 [4] werden von der Klägerin keine Einwendungen erhoben. Die in Bezug auf das Milchquotenjahr 2013/2014 entstandene Abgabenschuld durfte gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 MOG i. V. m. §§ 150 Abs. 1 Satz 3, 155 Abs. 1 Satz 1, 167 Abs. 1, 168 Satz 1 AO durch die Molkerei angemeldet werden mit der Folge, dass diese Anmeldung als Abgabenfestsetzung wirkt.

12

Die Abgabenfestsetzung ist auch mit höherrangigem Recht vereinbar, insbesondere verstößt die Verordnung Nr. 1234/2007, die auch für den Zwölfmonatszeitraum 2013/2014 bei Überschreitung der einzelstaatlichen Quote die Erhebung einer Überschussabgabe vorsieht, weder gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (hierzu unter 1.) noch gegen das Diskriminierungsverbot des Art. 40 Abs. 2 AEUV (hierzu unter 2.).

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1. Die Verordnung Nr. 1234/2007, die die Erhebung einer Überschussabgabe bzw. - aus Sicht des Erzeugers - eines Beitrags zu der vom Mitgliedstaat geschuldeten Überschussabgabe bezüglich des Zwölfmonatszeitraumes 2013/2014 vorsieht, verstößt nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

14

Der erkennende Senat hat in seinem Urteil vom 30.09.2016 (4 K 157/15) bezüglich der Erhebung einer Überschussabgabe bezüglich des Zwölfmonatszeitraumes 2014/2015 ausgeführt:

15

" ... Die Verordnung Nr. 1234/2007 ist bzw. war integraler Bestandteil der gemeinsamen Agrarpolitik. In diesem Bereich verfügt der Rat, wie der Europäische Gerichtshof wiederholt entschieden hat, über einen weiten Ermessensspielraum mit der Folge, dass die gerichtliche Kontrolle dieses Spielraumes auf die Überprüfung beschränkt ist, ob eine in diesem Bereich erlassene Maßnahme zur Erreichung des Ziels, welches das zuständige Organ verfolgt, offensichtlich ungeeignet ist (vgl. EuGH, Urteil vom 14.5.2009, C-34/08, Rz. 76; Urteil vom 16.3.2006, C-94/05, Rz. 54).

16

Ausweislich des 36. Erwägungsgrundes der Verordnung Nr. 1234/2007 ist bzw. war Hauptziel der Milchquotenregelung weiterhin, das Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage auf dem entsprechenden Markt und die daraus resultierenden strukturellen Überschüsse zu verringern und so ein besseres Marktgleichgewicht zu erreichen. Bei Überschreiten einer bestimmten Garantieschwelle sollte daher auf die Milchlieferungen bzw. Milchdirektverkäufe weiterhin eine Abgabe in abschreckender Höhe (38. Erwägungsgrund) erhoben werden (vgl. 36. Erwägungsgrund, Satz 2). Dieses Ziel der Milchquotenregelung fällt unter das in Art. 39 Abs. 1 lit. c) AEUV explizit erwähnte Ziel der gemeinsamen Agrarpolitik, scil. die Stabilisierung der Märkte. Die Milchquotenregelung war zudem befristet; der Rat hatte für sieben aufeinander folgende Zeiträume beginnend mit dem 1.4.2008 einzelstaatliche Quoten für die Erzeugung von Milch festgelegt (vgl. Art. 66 Abs. 1 VO Nr. 1234/2007). Die vorstehend skizzierte und in der Verordnung Nr. 1234/2007 niedergelegte Milchquotenregelung entspricht im Wesentlichen dem Regelungswerk der Verordnung (EG) Nr. 1788/2003 [5], bezüglich derer der Europäische Gerichtshof bereits erkannt hat, dass die "Verordnung Nr. 1788/2003 für die Verfolgung des Ziels der Stabilisierung der Märkte nicht offensichtlich ungeeignet" sei (vgl. EuGH, Urteil vom 14.5.2009, C-34/08, Rz. 82). Im Hinblick darauf, dass schließlich die Überschussabgabe auch hinsichtlich ihrer Höhe von 27,83 EUR je 100 Kilogramm Milch (Art. 78 Abs. 1 Unterabsatz 2 VO Nr. 1234/2007) der Milchabgabe nach der Verordnung Nr. 1788/2003 (vgl. Art. 2 VO Nr. 1788/2003) entspricht, hat der erkennende Senat keine Zweifel, dass der Rat sein Ermessen bei Erlass der Verordnung Nr. 1234/2007 fehlerfrei ausgeübt hat, weil das in dieser Verordnung normierte Quotensystem zur Verwirklichung des verfolgten Ziels nicht offensichtlich ungeeignet oder unverhältnismäßig wäre.

17

Der erkennende Senat übersieht im zu betrachtenden Kontext nicht, dass der Europäische Gerichtshof den Organen der Union aufgegeben hat, bei der Verfolgung der in Art. 39 AEUV formulierten Ziele der gemeinsamen Agrarpolitik ständig den Ausgleich sicherzustellen, den etwaige Widersprüche zwischen diesen Zielen, wenn sie isoliert betrachtet werden, erforderlich machen können, und gegebenenfalls dem einen oder anderen unter ihnen zeitweilig Vorrang einzuräumen, sofern die wirtschaftlichen Gegebenheiten und Umstände, die den Gegenstand ihrer Beschlussfassung bilden, dies gebieten (vgl. EuGH, Urteil vom 14.5.2009, C-34/08, Rz. 45; Urteil vom 19.3.1992, C-311/90, Rz. 13, jeweils m.w.N.). Er hält indes dafür, dass der Rat auch bei Erlass der Verordnung Nr. 1234/2007 sein Ermessen nicht überschritten hat, als er im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik dem Ziel der "Stabilisierung der Märkte" im Sinne des Art. 39 Abs. 1 lit. c) AEUV für einen begrenzten Zeitraum von sieben Jahren den Vorrang eingeräumt hat. Insoweit ist nämlich zum einen zu berücksichtigen, dass die Stabilisierung des Marktes, wie aus dem 36. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1234/2007 deutlich hervorgeht, das "Hauptziel" und damit nicht das einzige Ziel darstellte, das mit der Verordnung Nr. 1234/2007 und dem hier in Rede stehenden Quotensystem verfolgt wurde. So zielte die Milchquoten- und Abgabenregelung auch darauf ab, über die Beschränkung der Milcherzeugung für die betroffene landwirtschaftliche Bevölkerung durch einen Beitrag zur Stabilisierung ihres Einkommens eine angemessene Lebenshaltung zu gewährleisten. Diese Erwägungen des Unionsgesetzgebers erscheinen nicht offensichtlich unangemessen, zumal die Marktstabilisierung nicht durch Steigerung der Nachfrage, sondern durch Begrenzung des Angebots erreicht werden sollte.

18

Zum anderen ist in den Blick zu nehmen, dass der Unionsgesetzgeber sowohl über die Regelung des Art. 66 Abs. 3 VO Nr. 1234/2007 als auch über die Vorschrift des Art. 184 Nr. 6 VO Nr. 1234/2007, eingefügt durch Verordnung (EG) Nr. 72/2009 des Rates vom 19.1.2009 (ABl. L Nr. 30/1), eine Überwachung der mit der Milchquotenregelung verfolgten Ziele sichergestellt hat. So ist in Art. 66 Abs. 3 VO Nr. 1234/2007 ausdrücklich geregelt, dass die einzelstaatlichen Quoten gemäß Anhang IX Nr. 1 nicht starr über den gesamten Regelungszeitraum, sondern vorbehaltlich einer etwaigen Überprüfung auf der Grundlage der allgemeinen Marktlage und der besonderen Bedingungen in bestimmten Mitgliedstaaten festgesetzt werden. Tatsächlich kam es in der Folgezeit auch zu mehrfachen Anpassungen der einzelstaatlichen Quoten, scil. Anhebung der Milchquoten am 1.4.2008 um 2%, am 1.4.2009 über fünf aufeinanderfolgende Jahre um 1 % sowie Anpassung des Korrekturfaktors für den Fettgehalt, der einen weiteren de-facto-Anstieg der Quoten um 1 % zur Folge hatte, wobei in Bezug auf Italien die kumulative Erhöhung um 5% bereits zum 1.4.2009 vorgezogen wurde. Über die Vorschrift des Art. 184 Nr. 6 VO Nr. 1234/2007 hat der Unionsgesetzgeber der Kommission aufgegeben, dem Europäischen Parlament und dem Rat vor dem 31.12.2010 und vor dem 31.12.2012 über die Entwicklung der Marktlage und die sich daraus ergebenden Bedingungen für ein reibungsloses allmähliches Auslaufen der Milchquotenregelung zu berichten, gegebenenfalls zusammen mit entsprechenden Vorschlägen, was die Kommission in der Folge auch getan hat. In ihrem Bericht vom 8.12.2010 (KOM (2010) 727 endgültig) führt die Kommission u.a. aus, dass die Milchquoten mit jedem Jahr mehr und mehr in den Hintergrund träten, weil eine zunehmende Zahl von Mitgliedstaaten die Milcherzeugungsquote unterschreite. Während im Quotenjahr 2008/09 sechs Mitgliedstaaten eine Überschussabgabe hätten leisten müssen, seien im Quotenjahr 2009/10 nur drei Mitgliedstaaten auf dem Weg in diese Richtung (Seite 6). Die Kommission schließt ihren Bericht mit den abschließenden Bemerkungen, dass der Milchsektor von 2007 bis 2009 eine Zeit der hohen Preisstabilität erlebt habe; seitdem habe sich die Marktlage verbessert und die Aussichten seien im Großen und Ganzen positiv (Seite 8). In den meisten Mitgliedstaaten fungierten die Milchquoten nicht mehr als Mittel zur Einschränkung der Erzeugung, und einige Mitgliedstaaten folgten bereits dem Prinzip der Marktorientierung. Abschließend könne festgestellt werden, dass kein Grund dazu bestehe, die Entscheidungen in Bezug auf die schrittweise Anhebung der Quoten - scil. Anhebung der Milchquoten am 1.4.2008 um 2%, am 1.4.2009 über fünf aufeinanderfolgende Jahre um 1 % sowie Anpassung der Korrektur für den Fettgehalt, der einen weiteren de-facto-Anstieg der Quoten um 1 % zur Folge hatte - und das Ende der Quotenregelung zum 1.4.2015 erneut zu prüfen (Seite 8). Auch in ihrem Bericht vom 10.12.2012 (COM (2012) 741 final) kommt die Kommission zu der abschließenden Bewertung, dass am bestehenden Rahmen keine Änderungen erforderlich seien (Seite 8). Unter Berücksichtigung der in Art. 66 Abs. 3 VO Nr. 1234/2007 einerseits und in Art. 184 Nr. 6 VO Nr. 1234/2007 andererseits normierten Regularien, die eine Überprüfung der einzelstaatlichen Quoten auf der Grundlage der allgemeinen Marktlage und der besonderen Bedingungen in den Mitgliedstaaten nicht nur vorsahen, sondern auch bewirkten, gelangt der erkennende Senat zu der Überzeugung, dass der Rat sein Ermessen im Bereich der gemeinsamen Agrarpolitik mit dem Erlass der Verordnung Nr. 1234/2007 nicht dadurch überschritten hat, dass er dem Ziel der "Stabilisierung der Märkte" nach Art. 39 Abs. 1 lit. c) AEUV über einen begrenzten Zeitraum von sieben Jahren den Vorrang eingeräumt hat ..."

19

An dieser Auffassung hält der erkennende Senat fest. Im Hinblick auf die Erhebung einer Überschussabgabe bezüglich des vorliegend relevanten Zwölfmonatszeitraumes 2013/2014 gilt nichts anderes. Ergänzend merkt der Senat mit Blick auf das Vorbringen der Klägerin lediglich Folgendes an: Der Unionsgesetzgeber verfügt im Bereich der Agrarpolitik über ein weites Ermessen. Ob der Unionsgesetzgeber für ein bestimmtes Milchquotenjahr - vorliegend das Milchquotenjahr 2013/2014 - eine Anpassung der einzelstaatlichen Quoten vornimmt, entscheidet er nicht am Ende dieses Milchquotenjahres unter Berücksichtigung der Entwicklung der Marktlage während dieses Milchquotenjahres. Vielmehr steht dem Unionsgesetzgeber in Bezug auf das jeweilige Milchquotenjahr eine Einschätzungsprärogative zu, die zum einen vom Unionsgesetzgeber vor Beginn des jeweiligen Milchquotenjahres ausgeübt wird und sich im Übrigen auch auf längere Zeiträume - d. h. auch mehrere Jahre - erstrecken darf, und zum anderen gerichtlich nur in engen Grenzen überprüfbar ist, scil. auf offensichtliche Fehleinschätzungen. Vor dem Hintergrund, dass sowohl die Entwicklung der Milcherzeugung im Verhältnis zu den Milchquoten als auch die Tendenz der Quotenpreise Ende 2012 darauf hinwiesen, dass die Vorbereitung auf die "sanfte Landung" - d. h. das allmähliche Auslaufen der Milchquotenregelung - funktionierte, und unter Berücksichtigung des Umstandes, dass Ende 2012 in der überwiegenden Mehrzahl der Mitgliedstaaten die Quoten bei der Begrenzung der Erzeugung keine Rolle mehr spielten, ist die Einschätzung der Kommission in ihrem Bericht vom 10.12.2012 (COM (2012) 741 final), dass am bestehenden Rahmen, der ein reibungsloses Auslaufenlassen der Regelung hin zu Rahmenbedingungen ohne Quote gewährleiste, keine Änderungen erforderlich seien, und damit auch die Entscheidung des Unionsgesetzgebers, in Bezug auf das Milchquotenjahr 2013/2014 keine Anpassung einzelner einzelstaatlicher Quoten vorzunehmen, nicht offensichtlich fehlerhaft.

20

2. Auch ein Verstoß der Verordnung Nr. 1234/2007 gegen das Diskriminierungsverbot des Art. 40 Abs. 2 Unterabsatz 2 AEUV, weil der Rat es versäumt habe, die einzelstaatliche Quote für die Bundesrepublik Deutschland für den Zwölfmonatszeittraum 2013/2014 zu erhöhen, um der gestiegenen Nachfrage nach Milch sowohl innerhalb der Europäischen Union als auch in Drittländern zu entsprechen, ist nach dem Dafürhalten des Senats nicht gegeben.

21

Das in Art. 40 Abs. 2 Unterabsatz 2 AEUV normierte Diskriminierungsverbot, wonach die gemeinsame Organisation der Agrarmärkte sich auf die Verfolgung der Ziele des Art. 39 AEUV zu beschränken und jede Diskriminierung zwischen Erzeugern und Verbrauchern innerhalb der Union auszuschließen hat, stellt eine spezifische Ausprägung des allgemeinen Gleichheitssatzes dar, der zu den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts zählt. Der allgemeine Gleichheitsgrundsatz besagt, dass gleiche Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleich behandelt werden dürfen, es sei denn, eine solche Behandlung ist objektiv gerechtfertigt (vgl. EuGH, Urteil vom 14.03.2013, C-545/11, Rz. 42; Urteil vom 11.07.2006, C-313/04, Rz. 33). Hinsichtlich des Umfangs der Kontrolle der Beachtung dieses Grundsatzes entspricht es der gefestigten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, dass der Unionsgesetzgeber im Bereich der Agrarpolitik über ein weites Ermessen verfügt, das seiner politischen Verantwortung, die ihm die Art. 40 bis 43 AEUV übertragen, entspricht. Die richterliche Kontrolle hat sich deshalb auf die Prüfung der Frage zu beschränken, ob die betreffende Maßnahme nicht mit einem offensichtlichen Irrtum oder einem Ermessensmissbrauch behaftet ist oder ob die betreffende Behörde die Grenze ihres Ermessens nicht offensichtlich überschritten hat (vgl. EuGH, Urteil vom 14.03.2013, C-545/11, Rz. 43; Urteil vom 17.03.2011, C-221/09, Rz. 80).

22

Im Hinblick auf den von der Klägerin gerügten Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot des Art. 40 Abs. 2 Unterabsatz 2 AEUV genügt nach der Überzeugung des erkennenden Senats der Hinweis, dass sich die Milcherzeuger in der Bundesrepublik Deutschland mit Blick auf die vorgetragenen Gründen - scil. der gestiegenen Nachfrage nach Milch sowohl innerhalb der Europäischen Union als auch in Drittländern - in keiner anderen Situation befinden als die Milcherzeuger anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Diese Gleichbehandlung der Milcherzeuger aller Mitgliedstaaten erscheint vor dem Hintergrund der mit der Milchquotenregelung verfolgten gesetzgeberischen Ziele - scil. einerseits das Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage auf dem Markt und die daraus resultierenden strukturellen Überschüsse zu verringern und so ein besseres Marktgleichgewicht zu erreichen, andererseits aber auch über die Beschränkung der Milcherzeugung für die betroffene landwirtschaftliche Bevölkerung durch einen Beitrag zur Stabilisierung ihres Einkommens eine angemessene Lebenshaltung zu gewährleisten - nicht offensichtlich unangemessen.

23

3. Der Senat hat keine Veranlassung gesehen, den Europäischen Gerichtshof im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens um die Auslegung des streitgegenständlichen Unionsrechts anzurufen; die Voraussetzungen des Art. AEUV sind im Streitfall nicht erfüllt. Vor dem Hintergrund der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 14.05.2009 (C-34/08) besteht nämlich kein Raum (mehr) für vernünftige Zweifel hinsichtlich der richtigen Auslegung des Unionsrechts.

24

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit und die Abwendungsbefugnis folgt aus § 151 Abs. 1, Abs. 3 FGO, §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1 ZPO; gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 MOG findet § 139 Abs. 2 FGO in marktordnungsrechtlichen Streitigkeiten keine Anwendung.

25

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 115 Abs. 2 FGO), sind nicht gegeben.

26

[1] Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 des Rates vom 22.10.2007 über eine gemeinsame Organisation der Agrarmärkte und mir Sondervorschriften für bestimmte landwirtschaftliche Erzeugnisse (Verordnung über die einheitliche GMO), ABl. Nr. L 299/1, (im Folgenden: VO Nr. 1234/2007).

27

[2] Verordnung zur Durchführung der EU-Milchquotenregelung (Milchquotenverordnung - MilchQuotV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 3.5.2011, BGBl. I S. 775).

28

[3] Gesetz zur Durchführung der gemeinsamen Marktorganisationen und der Direktzahlungen (Marktorganisationsgesetz - MOG), in der Fassung der Bekanntmachung vom 24.6.2005, BGBl. I 2005, S. 1847, zuletzt geändert durch Art. 4 Abs. 90 des Gesetzes vom 18.7.2016, BGBl. I 2016, S. 1666.

29

[4] Verordnung der Kommission vom 30.3.2014 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 1788/2003 des Rates über die Erhebung einer Abgabe im Milchsektor, ABl. Nr. L 94/22 (im Folgenden: VO Nr. 595/2004).

30

[5] Verordnung (EG) Nr. 1788/2003 des Rates vom 29.9.2003 über die Erhebung einer Abgabe im Milchsektor, ABl. Nr. L 270/123 (im Folgenden: VO Nr. 1788/2003).

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bei uns veröffentlicht am 30.09.2016

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Bundesfinanzhof Beschluss, 06. Juli 2018 - VII B 126/17

bei uns veröffentlicht am 06.07.2018

Tenor Die Beschwerde der Klägerin wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts Hamburg vom 23. Juni 2017 4 K 150/16 wird als unbegründet zurückgewiesen.

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(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an die rechtliche Beurteilung gebunden, die der Aufhebung zugrunde liegt, an die tatsächliche so weit, als nicht neu bekannt werdende Tatsachen und Beweismittel eine andere Beurteilung rechtfertigen. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, dass und wie die Finanzbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, dass die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt nicht, soweit der Steuerpflichtige seiner Erklärungspflicht nicht nachgekommen ist und deshalb die Besteuerungsgrundlagen geschätzt worden sind. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlass des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, dass Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluss kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(1) Der Käufer übersendet dem für ihn zuständigen Hauptzollamt vor dem 15. Mai jedes Jahres für den vorangegangenen Zwölfmonatszeitraum eine Mitteilung über

1.
die Summe aller Anlieferungsquoten, die Personen zustehen, für die der Käufer zuständig ist,
2.
die Summe aller beim Käufer erfolgten Anlieferungen sowie ihre durch den Fettgehalt bedingte Erhöhung oder Verminderung, getrennt nach Anlieferungen, die
a)
von Milcherzeugern mit Anlieferungsquoten und
b)
von Milcherzeugern ohne Anlieferungsquoten
erfolgt sind,
3.
den durchschnittlichen gewogenen
a)
Referenzfettgehalt der nach Nummer 1 vom Käufer mitzuteilenden Summe der Anlieferungsquoten,
b)
Fettgehalt der nach Nummer 2 vom Käufer mitzuteilenden Summe der Anlieferungen von Erzeugern nach Nummer 2 Buchstabe a,
4.
die Summen aller nach Anwendung des § 34 Absatz 1 verbleibenden Unterlieferungen und Überlieferungen.
Der Referenzfettgehalt nach Satz 1 Nummer 3 Buchstabe a und der Fettgehalt nach Satz 1 Nummer 3 Buchstabe b sind als Prozentzahl mit drei Nachkommastellen auszuweisen.

(2) Der Mitteilung nach Absatz 1 sind bezogen auf den jeweiligen Zwölfmonatszeitraum für jeden Milcherzeuger folgende Angaben beizufügen:

1.
Name und Anschrift,
2.
Anlieferungsquote und Referenzfettgehalt,
3.
Anlieferungsmenge und deren Fettgehalt,
4.
eine durch den Fettgehalt bedingte Erhöhung oder Verminderung der Anlieferungsmenge,
5.
Höhe einer Unterlieferung oder Überlieferung der Anlieferungsquote,
6.
eine nach § 34 Absatz 1 zugeteilte Anlieferungsquote und
7.
eine nach Anwendung des § 34 Absatz 1 verbleibende Unterlieferung oder Überlieferung.

(3) Der Käufer übersendet dem für ihn zuständigen Hauptzollamt innerhalb von vier Monaten nach Ablauf jedes Zwölfmonatszeitraums eine Anmeldung der Überschussabgaben (Abgabeanmeldung), die folgende Angaben enthält:

1.
die Zahl der Milcherzeuger, für die der Käufer zuständig ist,
2.
die Summen der vor Anwendung des § 34 bestehenden Unterlieferungen und Überlieferungen,
3.
die Summen der im Rahmen des § 34 Absatz 1 und 2 jeweils zugeteilten Anlieferungsquoten,
4.
die Summe der überschussabgabepflichtigen Anlieferungen und
5.
die Summe der abzuführenden Überschussabgaben.

(4) Der Abgabeanmeldung nach Absatz 3 sind bezogen auf den jeweiligen Zwölfmonatszeitraum folgende Angaben beizufügen:

1.
für jeden Milcherzeuger
a)
die in Absatz 2 genannten Angaben, wobei im Rahmen von Absatz 2 Nummer 6 auch die Zuteilung einer Anlieferungsquote nach § 34 Absatz 2 anzugeben ist, und
b)
den Betrag der Überschussabgabe;
2.
eine Übersicht mit
a)
der Anzahl derjenigen Milcherzeuger, die
aa)
ihre Anlieferungsquoten vor der Anwendung des § 34 überschritten haben,
bb)
nach der Anwendung des § 34 Überschussabgabe zahlen müssen, sowie
b)
den Summen der Anlieferungsmengen derjenigen Milcherzeuger, bei denen
aa)
eine positive Fettgehaltskorrektur vorzunehmen war, einschließlich der Summe der positiven Fettgehaltskorrekturmenge, und
bb)
eine negative Fettgehaltskorrektur vorzunehmen war, einschließlich der Summe der negativen Fettgehaltskorrekturmenge.

(5) Das Bundesministerium der Finanzen kann für die Mitteilung nach Absatz 1 und die Abgabeanmeldung nach Absatz 3 einschließlich der nach den Absätzen 2 und 4 beizufügenden Angaben Muster bekannt geben, die ab der Bekanntgabe zu verwenden sind. Soweit es für die Anmeldung oder Abrechnung der Überschussabgabe erforderlich ist, kann in den Mustern die Mitteilung von Angaben, die über die in den Absätzen 1 bis 4 enthaltenen Angaben hinausgehen, vorgesehen werden.

(6) Der Betrag der Überschussabgabe ist vom Käufer innerhalb von sechs Monaten nach Ablauf jedes Zwölfmonatszeitraums an die Bundeskasse Kiel abzuführen.

(7) Der Milcherzeuger erhält vom Käufer innerhalb von sechs Monaten nach Ablauf jedes Zwölfmonatszeitraums eine Mitteilung über die Daten, die nach Absatz 4 Nummer 1 übermittelt werden und seine Anlieferungsquote betreffen. Durch die Mitteilung wird die Erhebung der Überschussabgabe für den jeweiligen Zwölfmonatszeitraum dem Milcherzeuger bekannt gegeben.

(1) Auf Abgaben zu Marktordnungszwecken, die nach Regelungen im Sinne des § 1 Absatz 2 Nummer 1 bis 3 hinsichtlich Marktordnungswaren erhoben werden, sind die Vorschriften der Abgabenordnung mit Ausnahme des § 222 Satz 3 und 4 entsprechend anzuwenden, sofern nicht durch dieses Gesetz oder durch Rechtsverordnung auf Grund dieses Gesetzes eine von diesen Vorschriften abweichende Regelung getroffen ist. Die Bundesfinanzbehörden sind befugt, dem Bundesministerium und der Marktordnungsstelle Auskünfte über Umstände zu erteilen, die im Zusammenhang mit der Erhebung dieser Abgaben stehen; § 7 Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend.

(2) Das Bundesministerium wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, soweit dies zur Durchführung von Regelungen im Sinne des § 1 Absatz 2 Nummer 1 bis 3 hinsichtlich Marktordnungswaren erforderlich ist, Vorschriften zu erlassen über

1.
das Verfahren bei Abgaben zu Marktordnungszwecken und
2.
die
a)
Voraussetzungen dieser Abgaben und
b)
die Höhe dieser Abgaben einschließlich der Einzelheiten der Berechnung der Abgabenhöhe, insbesondere unter Berücksichtigung von Referenzzeiträumen,
soweit sie nach den Regelungen im Sinne des § 1 Absatz 2 Nummer 1 bis 3 bestimmt, bestimmbar oder nach oben begrenzt sind.

Rechtsverordnungen nach Satz 1 bedürfen jedoch der Zustimmung des Bundesrates, soweit der eigentlichen Abgabenerhebung ein selbständiges Verwaltungsverfahren vorgeschaltet ist, das von den Ländern durchgeführt wird. § 6 Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend.

(3) In Rechtsverordnungen nach Absatz 2 Satz 1 können Abnehmer von Marktordnungswaren, die Abgaben zu Marktordnungszwecken unterliegen, zum Einbehalten und Abführen der Abgaben sowie zum Erstatten zu viel einbehaltener Abgaben verpflichtet werden, soweit dies zur Durchführung von Regelungen im Sinne des § 1 Absatz 2 Nummer 1 bis 3 erforderlich ist. Dabei kann vorgeschrieben werden, dass der so Verpflichtete (Abführungspflichtiger) von den Bundesfinanzbehörden für die Abgaben in Anspruch genommen werden kann,

1.
die er einzubehalten und abzuführen hat,
2.
die er einbehalten und zu Unrecht nicht erstattet hat,
3.
die er zu Unrecht erstattet hat,
4.
die auf Grund fehlerhafter Eintragungen in vorgeschriebenen Aufzeichnungen oder Bescheinigungen verkürzt werden.

(4) Im Fall einer Regelung nach Absatz 3 ist der Abgabenschuldner von der Verpflichtung zur Zahlung der Abgaben befreit, wenn der Abführungspflichtige die Abgaben vorschriftsmäßig einbehalten hat. Dies gilt nicht, wenn der Abgabenschuldner weiß, dass der Abführungspflichtige die einbehaltenen Abgaben nicht vorschriftsmäßig abgeführt hat, und dies den Bundesfinanzbehörden nicht unverzüglich mitgeteilt hat.

(5) Der Abführungspflichtige kann gegen den Erstattungsanspruch des Abgabenschuldners nur Einwendungen und Einreden geltend machen, die aus dem Abgabenverhältnis herrühren.

(6) Der Abgabenschuldner kann verlangen, dass die Höhe der Abgaben und der Erstattung durch die Bundesfinanzbehörden durch Abgabenbescheid festgesetzt wird. Der Antrag ist erst nach Ablauf der vorgeschriebenen Zahlungsfrist zulässig; er ist spätestens ein Jahr nach Fälligkeit der Zahlung zu stellen. Erfolgt eine Erstattung durch die Bundesfinanzbehörden, ist die Festsetzung der Erstattung auch gegenüber dem Abführungspflichtigen bindend. Der dem Abführungspflichtigen bekannt gegebene Erstattungsbescheid gilt als Grundlagenbescheid im Sinne des § 171 Absatz 10 der Abgabenordnung.

(1) Eine Steuererklärung ist nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abzugeben, wenn

1.
keine elektronische Steuererklärung vorgeschrieben ist,
2.
nicht freiwillig eine gesetzlich oder amtlich zugelassene elektronische Steuererklärung abgegeben wird,
3.
keine mündliche oder konkludente Steuererklärung zugelassen ist und
4.
eine Aufnahme der Steuererklärung an Amtsstelle nach § 151 nicht in Betracht kommt.
§ 87a Absatz 1 Satz 1 ist nur anzuwenden, soweit eine elektronische Steuererklärung vorgeschrieben oder zugelassen ist. Der Steuerpflichtige hat in der Steuererklärung die Steuer selbst zu berechnen, soweit dies gesetzlich vorgeschrieben ist (Steueranmeldung).

(2) Die Angaben in den Steuererklärungen sind wahrheitsgemäß nach bestem Wissen und Gewissen zu machen.

(3) Ordnen die Steuergesetze an, dass der Steuerpflichtige die Steuererklärung eigenhändig zu unterschreiben hat, so ist die Unterzeichnung durch einen Bevollmächtigten nur dann zulässig, wenn der Steuerpflichtige infolge seines körperlichen oder geistigen Zustands oder durch längere Abwesenheit an der Unterschrift gehindert ist. Die eigenhändige Unterschrift kann nachträglich verlangt werden, wenn der Hinderungsgrund weggefallen ist.

(4) Den Steuererklärungen müssen die Unterlagen beigefügt werden, die nach den Steuergesetzen vorzulegen sind. Dritte Personen sind verpflichtet, hierfür erforderliche Bescheinigungen auszustellen.

(5) In die Steuererklärungsformulare können auch Fragen aufgenommen werden, die zur Ergänzung der Besteuerungsunterlagen für Zwecke einer Statistik nach dem Gesetz über Steuerstatistiken erforderlich sind. Die Finanzbehörden können ferner von Steuerpflichtigen Auskünfte verlangen, die für die Durchführung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes erforderlich sind. Die Finanzbehörden haben bei der Überprüfung der Angaben dieselben Befugnisse wie bei der Aufklärung der für die Besteuerung erheblichen Verhältnisse.

(6) Zur Erleichterung und Vereinfachung des automatisierten Besteuerungsverfahrens kann das Bundesministerium der Finanzen durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bestimmen, dass und unter welchen Voraussetzungen Steuererklärungen oder sonstige für das Besteuerungsverfahren erforderliche Daten ganz oder teilweise durch Datenfernübertragung oder auf maschinell verwertbaren Datenträgern übermittelt werden können. In der Rechtsverordnung können von den §§ 72a und 87b bis 87d abweichende Regelungen getroffen werden. Die Rechtsverordnung bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrates, soweit die Kraftfahrzeugsteuer, die Luftverkehrsteuer, die Versicherungsteuer und Verbrauchsteuern, mit Ausnahme der Biersteuer, betroffen sind.

(7) Können Steuererklärungen, die nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abgegeben oder nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung übermittelt werden, nach § 155 Absatz 4 Satz 1 zu einer ausschließlich automationsgestützten Steuerfestsetzung führen, ist es dem Steuerpflichtigen zu ermöglichen, Angaben, die nach seiner Auffassung Anlass für eine Bearbeitung durch Amtsträger sind, in einem dafür vorgesehenen Abschnitt oder Datenfeld der Steuererklärung zu machen. Daten, die von mitteilungspflichtigen Stellen nach Maßgabe des § 93c an die Finanzverwaltung übermittelt wurden, gelten als Angaben des Steuerpflichtigen, soweit sie in den Steuererklärungsformularen als eDaten gekennzeichnet sind oder bei nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung übermittelten Steuererklärungen für den Belegabruf bereitgestellt werden und er nicht in einem dafür vorzusehenden Abschnitt oder Datenfeld der Steuererklärung abweichende Angaben macht.

(8) Ordnen die Steuergesetze an, dass die Finanzbehörde auf Antrag zur Vermeidung unbilliger Härten auf eine Übermittlung der Steuererklärung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung verzichten kann, ist einem solchen Antrag zu entsprechen, wenn eine Erklärungsabgabe nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung für den Steuerpflichtigen wirtschaftlich oder persönlich unzumutbar ist. Dies ist insbesondere der Fall, wenn die Schaffung der technischen Möglichkeiten für eine Datenfernübertragung des amtlich vorgeschriebenen Datensatzes nur mit einem nicht unerheblichen finanziellen Aufwand möglich wäre oder wenn der Steuerpflichtige nach seinen individuellen Kenntnissen und Fähigkeiten nicht oder nur eingeschränkt in der Lage ist, die Möglichkeiten der Datenfernübertragung zu nutzen.

(1) Auf Abgaben zu Marktordnungszwecken, die nach Regelungen im Sinne des § 1 Absatz 2 Nummer 1 bis 3 hinsichtlich Marktordnungswaren erhoben werden, sind die Vorschriften der Abgabenordnung mit Ausnahme des § 222 Satz 3 und 4 entsprechend anzuwenden, sofern nicht durch dieses Gesetz oder durch Rechtsverordnung auf Grund dieses Gesetzes eine von diesen Vorschriften abweichende Regelung getroffen ist. Die Bundesfinanzbehörden sind befugt, dem Bundesministerium und der Marktordnungsstelle Auskünfte über Umstände zu erteilen, die im Zusammenhang mit der Erhebung dieser Abgaben stehen; § 7 Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend.

(2) Das Bundesministerium wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, soweit dies zur Durchführung von Regelungen im Sinne des § 1 Absatz 2 Nummer 1 bis 3 hinsichtlich Marktordnungswaren erforderlich ist, Vorschriften zu erlassen über

1.
das Verfahren bei Abgaben zu Marktordnungszwecken und
2.
die
a)
Voraussetzungen dieser Abgaben und
b)
die Höhe dieser Abgaben einschließlich der Einzelheiten der Berechnung der Abgabenhöhe, insbesondere unter Berücksichtigung von Referenzzeiträumen,
soweit sie nach den Regelungen im Sinne des § 1 Absatz 2 Nummer 1 bis 3 bestimmt, bestimmbar oder nach oben begrenzt sind.

Rechtsverordnungen nach Satz 1 bedürfen jedoch der Zustimmung des Bundesrates, soweit der eigentlichen Abgabenerhebung ein selbständiges Verwaltungsverfahren vorgeschaltet ist, das von den Ländern durchgeführt wird. § 6 Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend.

(3) In Rechtsverordnungen nach Absatz 2 Satz 1 können Abnehmer von Marktordnungswaren, die Abgaben zu Marktordnungszwecken unterliegen, zum Einbehalten und Abführen der Abgaben sowie zum Erstatten zu viel einbehaltener Abgaben verpflichtet werden, soweit dies zur Durchführung von Regelungen im Sinne des § 1 Absatz 2 Nummer 1 bis 3 erforderlich ist. Dabei kann vorgeschrieben werden, dass der so Verpflichtete (Abführungspflichtiger) von den Bundesfinanzbehörden für die Abgaben in Anspruch genommen werden kann,

1.
die er einzubehalten und abzuführen hat,
2.
die er einbehalten und zu Unrecht nicht erstattet hat,
3.
die er zu Unrecht erstattet hat,
4.
die auf Grund fehlerhafter Eintragungen in vorgeschriebenen Aufzeichnungen oder Bescheinigungen verkürzt werden.

(4) Im Fall einer Regelung nach Absatz 3 ist der Abgabenschuldner von der Verpflichtung zur Zahlung der Abgaben befreit, wenn der Abführungspflichtige die Abgaben vorschriftsmäßig einbehalten hat. Dies gilt nicht, wenn der Abgabenschuldner weiß, dass der Abführungspflichtige die einbehaltenen Abgaben nicht vorschriftsmäßig abgeführt hat, und dies den Bundesfinanzbehörden nicht unverzüglich mitgeteilt hat.

(5) Der Abführungspflichtige kann gegen den Erstattungsanspruch des Abgabenschuldners nur Einwendungen und Einreden geltend machen, die aus dem Abgabenverhältnis herrühren.

(6) Der Abgabenschuldner kann verlangen, dass die Höhe der Abgaben und der Erstattung durch die Bundesfinanzbehörden durch Abgabenbescheid festgesetzt wird. Der Antrag ist erst nach Ablauf der vorgeschriebenen Zahlungsfrist zulässig; er ist spätestens ein Jahr nach Fälligkeit der Zahlung zu stellen. Erfolgt eine Erstattung durch die Bundesfinanzbehörden, ist die Festsetzung der Erstattung auch gegenüber dem Abführungspflichtigen bindend. Der dem Abführungspflichtigen bekannt gegebene Erstattungsbescheid gilt als Grundlagenbescheid im Sinne des § 171 Absatz 10 der Abgabenordnung.

(1) Eine Steuererklärung ist nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abzugeben, wenn

1.
keine elektronische Steuererklärung vorgeschrieben ist,
2.
nicht freiwillig eine gesetzlich oder amtlich zugelassene elektronische Steuererklärung abgegeben wird,
3.
keine mündliche oder konkludente Steuererklärung zugelassen ist und
4.
eine Aufnahme der Steuererklärung an Amtsstelle nach § 151 nicht in Betracht kommt.
§ 87a Absatz 1 Satz 1 ist nur anzuwenden, soweit eine elektronische Steuererklärung vorgeschrieben oder zugelassen ist. Der Steuerpflichtige hat in der Steuererklärung die Steuer selbst zu berechnen, soweit dies gesetzlich vorgeschrieben ist (Steueranmeldung).

(2) Die Angaben in den Steuererklärungen sind wahrheitsgemäß nach bestem Wissen und Gewissen zu machen.

(3) Ordnen die Steuergesetze an, dass der Steuerpflichtige die Steuererklärung eigenhändig zu unterschreiben hat, so ist die Unterzeichnung durch einen Bevollmächtigten nur dann zulässig, wenn der Steuerpflichtige infolge seines körperlichen oder geistigen Zustands oder durch längere Abwesenheit an der Unterschrift gehindert ist. Die eigenhändige Unterschrift kann nachträglich verlangt werden, wenn der Hinderungsgrund weggefallen ist.

(4) Den Steuererklärungen müssen die Unterlagen beigefügt werden, die nach den Steuergesetzen vorzulegen sind. Dritte Personen sind verpflichtet, hierfür erforderliche Bescheinigungen auszustellen.

(5) In die Steuererklärungsformulare können auch Fragen aufgenommen werden, die zur Ergänzung der Besteuerungsunterlagen für Zwecke einer Statistik nach dem Gesetz über Steuerstatistiken erforderlich sind. Die Finanzbehörden können ferner von Steuerpflichtigen Auskünfte verlangen, die für die Durchführung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes erforderlich sind. Die Finanzbehörden haben bei der Überprüfung der Angaben dieselben Befugnisse wie bei der Aufklärung der für die Besteuerung erheblichen Verhältnisse.

(6) Zur Erleichterung und Vereinfachung des automatisierten Besteuerungsverfahrens kann das Bundesministerium der Finanzen durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bestimmen, dass und unter welchen Voraussetzungen Steuererklärungen oder sonstige für das Besteuerungsverfahren erforderliche Daten ganz oder teilweise durch Datenfernübertragung oder auf maschinell verwertbaren Datenträgern übermittelt werden können. In der Rechtsverordnung können von den §§ 72a und 87b bis 87d abweichende Regelungen getroffen werden. Die Rechtsverordnung bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrates, soweit die Kraftfahrzeugsteuer, die Luftverkehrsteuer, die Versicherungsteuer und Verbrauchsteuern, mit Ausnahme der Biersteuer, betroffen sind.

(7) Können Steuererklärungen, die nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abgegeben oder nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung übermittelt werden, nach § 155 Absatz 4 Satz 1 zu einer ausschließlich automationsgestützten Steuerfestsetzung führen, ist es dem Steuerpflichtigen zu ermöglichen, Angaben, die nach seiner Auffassung Anlass für eine Bearbeitung durch Amtsträger sind, in einem dafür vorgesehenen Abschnitt oder Datenfeld der Steuererklärung zu machen. Daten, die von mitteilungspflichtigen Stellen nach Maßgabe des § 93c an die Finanzverwaltung übermittelt wurden, gelten als Angaben des Steuerpflichtigen, soweit sie in den Steuererklärungsformularen als eDaten gekennzeichnet sind oder bei nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung übermittelten Steuererklärungen für den Belegabruf bereitgestellt werden und er nicht in einem dafür vorzusehenden Abschnitt oder Datenfeld der Steuererklärung abweichende Angaben macht.

(8) Ordnen die Steuergesetze an, dass die Finanzbehörde auf Antrag zur Vermeidung unbilliger Härten auf eine Übermittlung der Steuererklärung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung verzichten kann, ist einem solchen Antrag zu entsprechen, wenn eine Erklärungsabgabe nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung für den Steuerpflichtigen wirtschaftlich oder persönlich unzumutbar ist. Dies ist insbesondere der Fall, wenn die Schaffung der technischen Möglichkeiten für eine Datenfernübertragung des amtlich vorgeschriebenen Datensatzes nur mit einem nicht unerheblichen finanziellen Aufwand möglich wäre oder wenn der Steuerpflichtige nach seinen individuellen Kenntnissen und Fähigkeiten nicht oder nur eingeschränkt in der Lage ist, die Möglichkeiten der Datenfernübertragung zu nutzen.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen die Festsetzung einer Überschussabgabe für den Zwölfmonatszeitraum 2014/2015.

2

Die Klägerin ist Milcherzeuger und war Inhaber einer Milchquote, die sich für den Zwölfmonatszeitraum 2014/2015 auf 743.032 kg belief. Tatsächlich lieferte die Klägerin in diesem Zeitraum an die Molkerei A eG (im Folgenden: Molkerei) 1.336.914 kg an. Nach Fettgehaltskorrektur sowie nach Molkerei- und Bundessaldierung ergab sich für die Klägerin eine Überlieferung von 457.041 kg und damit eine Abgabenforderung in Höhe von ... Euro.

3

Gegen die Abgabenanmeldung der Molkerei vom 14.07.2015 erhob die Klägerin unter dem 14.07.2015 Einspruch, mit dem sie geltend machte, dass die Festsetzung der Milchabgabe im EU-Recht keine Rechtsgrundlage habe. Denn die Regelungen der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 seien mit Wirkung zum 31.03.2015 ersatzlos aufgehoben worden. Eine Übergangsregelung gebe es nicht.

4

Das beklagte Hauptzollamt wies den Einspruch der Klägerin mit Einspruchsentscheidung vom 23.10.2105 zurück. Rechtsgrundlage für die Erhebung der Milchabgabe sei Art. 55 der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007. Die Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 sei zwar durch Art. 230 Abs. 1 Unterabsatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 mit Wirkung ab dem 01.01.2014 aufgehoben worden. Nach Art. 230 Abs. 1 Unterabsatz 2 lit. a) der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 würden indes die Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 über das System der Milchproduktionsregulierung bis zum 31.03.2015 fortgelten. Nach der Systematik der Milchquotenregelung erfolge die Abgabenberechnung und -erhebung stets nach Ablauf des jeweiligen Milchquotenjahres, weil der Abgabentatbestand, an den die Leistungspflicht geknüpft sei, erst mit Ablauf des Quotenjahres verwirklicht sei. Erst dann stehe fest, ob und in welchem Umfang die Quote durch die vermarkteten Milchmengen überliefert worden sei. Bei Entstehung der Abgabenschuld habe die Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 jedoch unzweifelhaft und in vollem Umfang gegolten. Die Erhebung und Zahlung der Überschussabgabe nach Ablauf des Zwölfmonatszeitraumes sei fester Bestandteil der Vorschriften für das Milchquotenjahr und damit untrennbar mit diesem verbunden, da ansonsten die gesamte praktische Wirksamkeit für das Milchquotenjahr 2014/2015 genommen wäre. Die in der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 und der Verordnung (EG) Nr. 595/2004 getroffenen Regelungen zur Erhebung der Abgabe und Abwicklung des letzten Zwölfmonatszeitraumes gölten daher weiter.

5

Mit ihrer am 18.11.2015 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren fort. Sie führt zur Begründung im Wesentlichen an: Die Verordnung (EG) Nr. 1234/2007, die dem angegriffenen Bescheid zugrunde liege, sei mit Wirkung zum 31.03.2015 ersatzlos aufgehoben worden. Eine Übergangsregelung sei weder im europäischen noch im deutschen Recht vorhanden. Damit sei mit Ablauf des 31.03.2015 die Rechtsgrundlage für die Berechnung der Milchabgabe weggefallen. Nach dem Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes könne eine belastende Maßnahme nicht ohne Rechtsgrundlage erhoben werden. Entgegen der Auffassung des beklagten Hauptzollamtes habe die Europäische Union das System der Milchquoten vollständig und ersatzlos beendet. Mit Ablauf des 31.03.2015 seien die Verpflichtungen der Abnehmer und Erzeuger in Bezug auf das letzte Milchquotenjahr 2014/2015 erloschen. Nach dem 31.03.2015 könne die Überschussabgabe nicht mehr rechtmäßig erhoben werden. Daran ändere auch die Verordnung (EU) Nr. 1380/2014 nichts, die einen untauglichen Versuch darstelle, Art. 15 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 595/2004 neu zu fassen. Die Verordnung (EG) Nr. 595/2004 enthalte Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 1788/2003 mit der Folge, dass diese Kommissionsverordnung in ihrer Wirksamkeit und in ihrer Laufzeit an die übergeordnete Ratsverordnung geknüpft gewesen sei. Die Verordnung (EG) Nr. 1788/2003 sei indes vollständig durch die Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 aufgehoben worden.

6

Die Klägerin beantragt,
die Abgabenanmeldung der Molkerei A eG vom 14.07.2015 - soweit diese die Klägerin betrifft - sowie die Einspruchsentscheidung des beklagten Hauptzollamtes vom 23.10.2015 aufzuheben.

7

Das beklagte Hauptzollamt beantragt,
die Klage abzuweisen.

8

Es verteidigt die angefochtenen Bescheide und führt im Wesentlichen aus: Das Milchquotensystem sei auch für den letzten Anwendungszeitraum der EU-Milchquotenregelung, der am 31.03.2015 geendet habe, anzuwenden gewesen. Da nach der Systematik der Milchquotenregelung stets ein Zeitraum von zwölf Monaten für die Abgabenerhebung maßgeblich sei - beginnend jeweils mit dem 01.04. bis zum 31.03. des Folgejahres -, liege es auf der Hand, dass auch für den Zwölfmonatszeitraum 2014/2015 sämtliche Verpflichtungen aus der Milchquotenregelug und damit auch die Abgabenerhebung weiterhin Geltung beanspruchten. Anhaltspunkte dafür, dass der Verordnungsgeber auf Teile der Quotenregelung, namentlich die Abgabenerhebung, habe verzichten wollen, seien nicht erkennbar. Um jegliche Zweifel hinsichtlich der Verpflichtungen von Abnehmern und Erzeugern in Bezug auf das letzte Milchquotenjahr 2014/2015 sowie der Verpflichtung, die Überschussabgabe nach dem 31.03.2015 zu erheben, zu vermeiden, habe der Verordnungsgeber mit der Verordnung (EU) Nr. 1380/2014 den Art. 15 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 595/2004 dahin präzisiert, dass er nochmals auf die im letzten Milchquotenjahr geltenden Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 verwiesen habe. Die Abgabenerhebung nach Ablauf des Milchquotenjahres sei fester Bestandteil der Vorschriften für das jeweilige Milchquotenjahr und untrennbar mit diesen verbunden. Systemimmanent könne die Abgabenfestsetzung und -erhebung nur nach Ablauf des Milchquotenjahres 2014/2015 erfolgen; einer gesonderten Übergangsregelung habe es nicht bedurft, da die Abgaben für die Überschreitung der Quoten im Zwölfmonatszeitraum 2014/2015 erhoben würden, in welchem die einschlägigen Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 gegolten hätten. Die Milchüberschussabgabe entstehe durch Überlieferung der einzelbetrieblichen Quote durch den Milcherzeuger. Dieser sei Schuldner der Abgabe. Die Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 sei eine Regelung im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 3 MOG. Nach § 12 MOG i. V. m. § 38 AO entstünden abgabenrechtliche Ansprüche in dem Augenblick, in dem der Tatbestand verwirklicht sei, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpfe. Die Milchüberschussabgabe sei damit vor dem 01.04.2015 mit Überschreiten der einzelbetrieblichen Quoten entstanden; die Festsetzung und Erhebung der Abgabe könne - innerhalb der Festsetzungsfrist - auch zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen. Die Verordnung (EG) Nr. 595/2004, die die Art und Weise der Erhebung der Milchüberschussabgabe und die Methode der Abgabenberechnung regele, sei nicht aufgehoben worden und gelte fort. Entgegen der Auffassung der Klägerseite sprächen auch die von der Kommission vorgenommenen Änderungen der Verordnung (EG) Nr. 595/2004 im Dezember 2014 und März 2015 für eine Fortgeltung dieser Verordnung. Aus dem Wortlaut sowohl der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1380/2014 als auch der Durchführungsverordnung (EU) 2015/517 ergebe sich eindeutig und unzweifelhaft der Wille des unionsrechtlichen Gesetzgebers, die in Bezug auf den Zwölfmonatszeitraum 2014/2015 entstandene Abgabe auch zu erheben. Schließlich könne sich die Klägerin nicht auf eine Verletzung des Grundsatzes der Rechtssicherheit berufen. Mit der in Art. 230 der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 festgelegten Fortgeltung der Regelungen zum Milchquotensystem sei auch der letzte Zwölfmonatszeitraum 2014/2015 eindeutig von der Abrechnung erfasst. Die Klägerin habe daher mit einer Abrechnung des letzten Zwölfmonatszeitraumes und der in diesem Zeitraum entstandenen Überschussabgabe rechnen müssen.

9

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Sachakten des beklagten Hauptzollamtes Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Anfechtungsklage hat in der Sache keinen Erfolg. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).

11

1. Rechtsgrundlage für die streitgegenständliche Abgabenanmeldung ist Art. 79 Unterabsatz 2 VO Nr. 1234/20071 [1] i. V. m. § 40 Abs. 3 MilchQuotV2 [2] i. V. m. § 12 Abs. 1 Satz 1 MOG3 [3] i. V. m. §§ 150 Abs. 1 Satz 3, 155 Abs. 1 Satz 1, 167 Abs. 1, 168 Satz 1 AO. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 79 Unterabsatz 2 VO Nr. 1234/2007 waren im Streitfall mit Ablauf des 31.03.2015 erfüllt (hierzu unter a). Die mit Ablauf des 31.03.2015 nach Art. 79 Unterabsatz 2 VO Nr. 1234/2007 entstandene Abgabenschuld durfte nach diesem Zeitpunkt gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 MOG i. V. m. §§ 150 Abs. 1 Satz 3, 155 Abs. 1 Satz 1, 167 Abs. 1, 168 Satz 1 AO durch die Molkerei angemeldet werden mit der Folge, dass diese Anmeldung als Abgabenfestsetzung wirkt (hierzu unter b). Das Milchquotenjahr 2014/2015 durfte auch nach dem 31.3.2015 auf der Grundlage der Verordnung (EG) Nr. 595/20044 [4] abgerechnet werden (hierzu unter c).

12

a) Die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 79 Unterabsatz 2 VO Nr. 1234/2007 waren im Streitfall mit Ablauf des 31.03.2015 erfüllt.

13

In Art. 79 Unterabsatz 2 VO Nr. 1234/2007 ist bestimmt, dass die Erzeuger dem Mitgliedstaat ihren nach Maßgabe der Art. 69, 70 und 80 VO Nr. 1234/2007 berechneten Beitrag zur fälligen Überschussabgabe allein aufgrund der Überschreitung ihrer verfügbaren Quoten schulden. Als "verfügbare Quote" gilt gemäß Art. 65 lit. k) VO Nr. 1234/2007 die Quote, die dem Erzeuger am 31. März des Zwölfmonatszeitraumes, für den die Überschussabgabe berechnet wird, zur Verfügung steht, wobei alle in der Verordnung Nr. 1234/2007 vorgesehenen Übertragungen, Verkäufe, Umwandlungen und zeitweiligen Neuzuweisungen, die während dieses Zwölfmonatszeitraumes erfolgt sind, berücksichtigt werden. Zwar schulden nach Art. 78 Abs. 2 VO Nr. 1234/2007 die Mitgliedstaaten der Gemeinschaft/Union die Überschussabgabe, die sich aus der Überschreitung der einzelstaatlichen Quote ergibt und die auf einzelstaatlicher Ebene und getrennt für Lieferungen (Art. 65 lit. f) VO Nr. 1234/2007) und Direktverkäufe (Art. 65 lit. g) VO Nr. 1234/2007) festgestellt wird. Die Überschussabgabe wird indes gemäß Art. 79 Unterabsatz 1 VO Nr. 1234/2007 nach Maßgabe der Art. 80 und 83 VO Nr. 1234/2007 vollständig auf die Erzeuger aufgeteilt, die zu den jeweiligen Überschreitungen der einzelstaatlichen Quoten beigetragen haben. Diese Regelungssystematik erhellt, dass die Erzeuger allein aufgrund der Überschreitung ihrer verfügbaren Quoten - in den Worten des Art. 79 Unterabsatz 2 VO Nr. 1234/2007 - einen "Beitrag zur fälligen Überschussabgabe" schulden.

14

Dass die Klägerin ihre für den Zwölfmonatszeitraum 2014/2015 verfügbare Quote überschritten hat, steht zwischen den Beteiligten außer Streit. Auch die weitere Voraussetzung des Art. 79 Unterabsatz 2 VO Nr. 1234/2007, nämlich die Fälligkeit der Überschussabgabe bezüglich des Zwölfmonatszeitraumes, ist im Streitfall gegeben. Der erkennende Senat hält dafür, dass das in Art. 79 Unterabsatz 2 VO Nr. 1234/2007 verwandte Adjektiv "fällig" nicht im schuldrechtlichen Sinne des Eintritts eines Leistungstermins - als solcher käme mit Blick auf die vom Mitgliedstaat geschuldete Überschussabgabe allein der in Art. 78 Abs. 2 letzter Halbsatz VO Nr. 1234/2006 genannte Überweisungszeitraum zwischen dem 16.10. und dem 30.11.2015 in Betracht -, sondern vielmehr im abgabenrechtlichen Sinne der Entstehung des Abgabenanspruchs (vgl. für das nationale Recht § 220 Abs. 2 AO) zu verstehen ist. Die Überschussabgabe entsteht indes nach Art. 78 Abs. 1 Unterabsatz 1 VO Nr. 1234/2007 bereits dadurch, dass Milch und Milcherzeugnisse im jeweiligen Zwölfmonatszeitraum über die für die Bundesrepublik Deutschland nach Art. 66 Abs. 1 VO Nr. 1234/2007 festgesetzte einzelstaatliche Quote hinaus vermarktet werden. Nach Art. 78 Abs. 1 Unterabsatz 1 i. V. m. Abs. 2 VO Nr. 1234/2007 schuldet daher der einzelne Mitgliedstaat der Gemeinschaft/Union die Überschussabgabe bereits und allein aufgrund des Umstandes der Vermarktung von Milch und Milcherzeugnissen innerhalb des jeweiligen Zwölfmonatszeitraumes über die festgesetzte einzelstaatliche Quote hinaus. Die Überschussabgabe entstand damit dem Grunde nach kraft Gesetzes mit Ablauf des 31.03.2015. Dass regelmäßig erst nach Ablauf des jeweiligen Zwölfmonatszeitraumes abrechnungstechnisch festgestellt werden kann, in welcher Höhe der einzelne Mitgliedstaat seine Quote überschritten hat, ist dem Milchquotensystem und der Berechnung der Abgabe immanent und hindert nicht die Verwirklichung des Abgabentatbestandes der Überschreitung der verfügbaren Quote nach Art. 79 Unterabsatz 2 VO Nr. 1234/2007 durch die Erzeuger.

15

Der Verwirklichung des Abgabentatbestandes steht nicht entgegen, dass die Verordnung Nr. 1234/2007 im Zeitpunkt der Abgabe der Anmeldung durch die Molkerei, die die Wirkung einer Steuerfestsetzung hat (§ 168 Satz 1 AO), bereits außer Kraft getreten war. Zwar ist der Klägerin zuzugeben, dass der Unionsgesetzgeber die Verordnung Nr. 1234/2007 durch Art. 230 Abs. 1 Unterabsatz 1 VO Nr. 1308/20135 [5] ersatzlos aufgehoben hat. Der erkennende Senat übersieht auch nicht, dass der Unionsgesetzgeber in Art. 230 Abs. 1 Unterabsatz 2 lit a) VO Nr. 1308/2013 in Bezug auf das System der Milchproduktionsregulierung eine Fortgeltung der Bestimmungen der Verordnung Nr. 1234/2007 in Teil II Titel 1 Kapitel III Abschnitt III - also der Art. 65 bis 84 VO Nr. 1234/2007 - lediglich bis zum 31.03.2015 angeordnet hat. Die Vorschrift des Art. 79 Unterabsatz 2 VO Nr. 1234/2007 normiert indes nicht die eigentliche Abgabenfestsetzung durch Verwaltungsakt (hierzu unter b), sondern regelt vielmehr den bloßen Abgabentatbestand, der allein durch die Überlieferung bzw. - in den Worten des Unionsgesetzgebers - die Überschreitung der verfügbaren Quote des Erzeugers verwirklicht wird. Im hier maßgeblichen Zeitraum der Überlieferung - scil. zwischen dem 01.04.2014 und 31.03.2015 - war die Regelung des Art. 79 VO Nr. 1234/2007 jedoch unzweifelhaft gültig.

16

Ein weiterer Gesichtspunkt kommt hinzu: Der Unionsgesetzgeber hat zwar einerseits nach Art. 230 Abs. 1 Unterabsatz 1 VO Nr. 1380/2013 die Verordnung Nr. 1234/2007 aufgehoben. Andererseits hat er aber durch Art. 230 Abs. 1 Unterabsatz 2 lit. a) VO Nr. 1308/2013 ausdrücklich eine Fortgeltung der Bestimmungen für das System der Milchproduktionsregulierung bis 31.03.2015 angeordnet. Das System der Milchproduktionsregulierung beinhaltet indes zwei Säulen, zum einen die Festlegung von Quoten sowohl für den Mitgliedstaat als auch für die Erzeuger, zum anderen die Erhebung einer Überschussabgabe bei Überschreitung der Quote. Anhaltspunkte dafür, dass der Unionsgesetzgeber bezüglich des letzten Zwölfmonatszeitraumes 2014/2015 die zweite Säule des Systems der Milchproduktionsregulierung aufgeben bzw. abschaffen wollte, sind nicht ersichtlich, im Gegenteil: Im 205. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1308/2013 heißt es ausdrücklich, dass nach Aufhebung der Verordnung Nr. 1234/2007 die einschlägigen Bestimmungen bis zum Ende der betreffenden Regelungen weiterhin gelten sollten. Dieser erklärte Wille des Unionsgesetzgebers entspricht seiner ursprünglichen Intention, wie sie in Art. 204 Abs. 2 Unterabsatz 2 lit. g) und Abs. 4 VO Nr. 1234/2007 angelegt war, nämlich dass das System der Milchproduktionsregulierung mit seinen entsprechenden Vorschriften am 01.04.2008 - dem ersten Tag des Zwölfmonatszeitraumes 2008/2009 - (Art. 204 Abs. 2 Unterabsatz 2 lit. g) VO Nr. 1234/2007) beginnen und am 31.03.2015 - dem letzten Tag des Zwölfmonatszeitraumes 2014/2015 - (Art. 204 Abs. 4 VO Nr. 1234/2007) auslaufen sollte.

17

b) Die mit Ablauf des 31.03.2015 nach Art. 79 Unterabsatz 2 VO Nr. 1234/2007 entstandene Abgabenschuld, die der Erzeuger allein aufgrund der Überschreitung seiner Quote im Zwölfmonatszeitraum 2014/2015 verwirkt hat, durfte nach dem Außerkrafttreten des abgabenschuldbegründenden Tatbestandes - scil. Art. 79 Unterabsatz 2 VO Nr. 1234/2007, dessen Geltung mit Ablauf des 31.03.2015 endete - gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 MOG i. V. m. §§ 150 Abs. 1 Satz 3, 155 Abs. 1 Satz 1, 167 Abs. 1, 168 Satz 1 AO durch die Molkerei angemeldet werden mit der Folge, dass diese Anmeldung gegenüber der Klägerin als Abgabenfestsetzung wirkt.

18

Die vorgenannten Vorschriften der Abgabenordnung, deren Geltung nicht nur während des Zwölfmonatszeitraumes 2014/2015, sondern auch über den 31.03.2015 hinaus unbestritten ist, sind gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 MOG auf den Streitfall anwendbar. In § 12 Abs. 1 Satz 1 MOG ist geregelt, dass auf Abgaben zu Marktordnungszwecken, die nach den Regelungen im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 MOG hinsichtlich Marktordnungswaren erhoben werden, die Vorschriften der Abgabenordnung entsprechend anzuwenden sind. Dass es sich bei der hier in Rede stehenden Überschussabgabe um eine im vorbezeichneten Sinne Abgabe zu Marktordnungszwecken handelt, bedarf keiner näheren Erläuterung. § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 MOG enthält zudem eine Ermächtigung, durch Rechtsverordnung Vorschriften über das Verfahren bei Abgaben zu Marktordnungszwecken zu erlassen, wovon der Verordnungsgeber mit dem Erlass der Verordnung zur Durchführung der EU-Milchquotenregelung (MilchQuotV) Gebrauch gemacht hat. Die MilchQuotV verpflichtet den Käufer zu einer Anmeldung der Überschussabgaben, die in Bezug auf jeden Milcherzeuger den Betrag der Überschussabgabe ausweist (vgl. § 40 Abs. 3, Abs. 4 Nr. 1 lit. b) MilchQuotV). Diese Anmeldung des Käufers, eine Steueranmeldung im Sinne des § 150 Abs. 1 Satz 3 AO, hat gemäß § 168 Satz 1 AO die Wirkung einer Abgabenfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

19

Dieser Rechtswirkung steht nicht entgegen, dass die Anmeldung der Molkerei - im Unterschied zur sonstigen Steueranmeldung - nicht vom Steuerpflichtigen, sondern vom Käufer der Milch abgegeben wird. Insoweit ist in § 40 Abs. 7 Satz 1 MilchQuotV geregelt, dass der Milcherzeuger vom Käufer innerhalb von sechs Monaten nach Ablauf jedes Zwölfmonatszeitraumes eine Mitteilung über die Daten enthält, die nach § 40 Abs. 4 MilchQuotV übermittelt wurden und seine Anlieferungsquote betreffen. Diese Mitteilung des Käufers bewirkt, dass die Erhebung der Überschussabgabe für den jeweiligen Zwölfmonatszeitraum dem Milcherzeuger bekannt gegeben wird (vgl. § 40 Abs. 7 Satz 2 MilchQuotV). Angesichts dieses Normzusammenhanges war der Milchkäufer (Art. 65 lit. e) VO Nr. 1234/23007) - vorliegend die Molkerei - berechtigt und verpflichtet, den von der Klägerin aufgrund der Überschreitung ihrer verfügbaren Quote verwirkten Beitrag zur Überschussabgabe gegenüber dem beklagten Hauptzollamt anzumelden.

20

c) Das Milchquotenjahr 2014/2015 durfte auch nach dem 31.03.2015 auf der Grundlage der Verordnung Nr. 595/2004 abgerechnet werden. Dieser Abrechnung steht nicht entgegen, dass der Unionsgesetzgeber in Art. 230 Abs. 1 VO Nr. 1308/2013 nicht explizit auch eine Fortgeltung der Verordnung Nr. 595/2004 angeordnet hat. Einer diesbezüglichen Anordnung in der Verordnung Nr. 1308/2013 bedurfte es nämlich nicht (mehr).

21

Die Verordnung Nr. 595/2004 erging als Durchführungsverordnung zur Verordnung Nr. 1788/2003 - der Vorgängerverordnung zur Verordnung Nr. 1234/2007 -; sie legt u. a. die Aufteilung der einzelstaatlichen Referenzmengen in Lieferungen und Direktverkäufe sowie die Berechnung und Zahlung der Zusatzabgabe fest (vgl. Art. 1 VO Nr. 595/2004).

22

Ob die Verordnung Nr. 595/2004 ihre Rechtsgrundlage in Art. 24 VO Nr. 1788/2003 findet oder ob einem solchen Verständnis möglicherweise entgegensteht, dass die Verordnung Nr. 1788/2003 nichtig sei, weil der Rat diese Verordnung nicht einstimmig beschlossen habe und/oder weil das Europäische Parlament vor der endgültigen Verabschiedung nicht noch einmal angehört worden sei, braucht der Senat aus Anlass des vorliegenden Rechtsstreits nicht zu entscheiden.

23

aa) Denn die Kommission hat in der Folgezeit - d. h. nach Inkrafttreten der Verordnung Nr. 1234/2007 - die Verordnung Nr. 595/2004 mehrfach gestützt auf die Verordnung Nr. 1234/2007 geändert, nämlich durch die Verordnung (EG) Nr. 258/20096 [6], die Verordnung (EG) Nr. 793/20097 [7], die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 760/20128 [8], die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1380/20149 [9] und zuletzt durch die Durchführungsverordnung (EU) 2015/51710 [10]. Mit jeder Änderung der Verordnung Nr. 595/2004 hat die Kommission das Regelungswerk und Normengefüge der Verordnung Nr. 595/2004 konkludent bestätigt und erneuert, wozu die Kommission aufgrund der Ermächtigungen u. a. in Art. 65 lit. b) und g), Art. 66 Abs. 4 Unterabsatz 2, Art. 67 Abs. 4, Art. 69 Abs. 1 und 2, Art. 70 Abs. 3 und 4, Art. 78 Abs. 3 und 4, Art. 80 Abs. 1 und Art. 81 Abs. 1 VO Nr. 1234/204, vor allem aber auch aufgrund der Ermächtigung in Art. 85 VO Nr. 1234/2007 zum Erlass von Durchführungsrechtsakten befugt war.

24

Aus dem Umstand, dass die Verordnung Nr. 595/2004 auf der Verordnung Nr. 1234/2007 aufbaut und von der Kommission mehrfach erneuert worden ist, folgt allerdings nicht, dass die Verordnung Nr. 595/2004 ab dem Zeitpunkt nicht mehr anwendbar ist, zu dem die Bestimmungen der Verordnung Nr. 1234/2007 über das System der Milchproduktionsregulierung außer Kraft getreten sind. Im Unterschied zur Verordnung Nr. 1234/2007 haben das Europäische Parlament und der Rat mit der Verordnung Nr. 1308/2013 die Verordnung Nr. 595/2004 nicht aufgehoben. Dies erhellt, dass die Verordnung Nr. 595/2004 Rechtswirkungen über die Geltungsdauer der Verordnung Nr. 1234/2007 - namentlich deren Vorschriften über das System der Milchproduktionsregulierung - hinaus - also auch nach dem 31.03.2015 - entfalten kann und tatsächlich auch entfaltet. Diese Rechtswirkungen betreffen insbesondere die Verpflichtungen von Abnehmern und Erzeugern in Bezug auf das letzte Milchquotenjahr 2014/2015 sowie die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, die Überschussabgabe nach dem 31.03.2015 nach den vom Mitgliedstaat festgelegten Modalitäten zu erheben (vgl. insoweit auch den 2. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1380/2014 sowie Art. 15 Abs. 1 VO Nr. 595/2004 in der Fassung der Verordnung Nr. 1380/2014). Mit anderen Worten: Da die Verordnung Nr. 595/2004 durch die Verordnung Nr. 1380/2013 nicht aufgehoben worden ist, gelten ihre Bestimmungen und Rechtswirkungen solange fort, bis diese ihren Anwendungsbereich verloren haben, was bezüglich des letzten Zwölfmonatszeitraumes 2014/2015 erst eintritt, wenn die Mitgliedstaaten diesen Zwölfmonatszeitraum abgerechnet haben und ihrer Verpflichtung nachgekommen sind, eine Überschussabgabe bei Überschreitung der einzelstaatlichen Quote zu zahlen.

25

Dem vorstehend beschriebenen Verständnis des Senats steht schließlich nicht entgegen, dass Durchführungsverordnungen der Kommission nicht gegen die Grundverordnung verstoßen, deren wesentlichen Grundzüge nicht antasten und ihren Anwendungsbereich nicht verändern dürfen (vgl. Gellermann, in: Streinz, EUV/AEUV, 2. Auflage 2012, Art. 291 AEUV, Rn. 12; Ruffert, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 5. Auflage 2016, Art. 291 AEUV, Rn. 11; EuGH, Urteil vom 23.10.2007, C-403/05, Rz. 51; EuGH, Urteil vom 19.11.1998, C-159/96, Rz. 41). Denn die von der Kommission erlassenen Änderungsverordnungen der Verordnung Nr. 595/2004 - zuletzt die Verordnung Nr. 2015/517 - verstoßen inhaltlich weder gegen den Basisrechtsakt noch verändern sie dessen Anwendungsbereich. Grundregelung der Verordnung Nr. 1234/2007 als Basisrechtsakt ist und bleibt die Festsetzung einzelstaatlicher Quoten für die Erzeugung von Milch für sieben aufeinanderfolgende Zwölfmonatszeiträume, abschließend mit dem Zwölfmonatszeitraum 01.04.2014 bis 31.03.2015, sowie die Erhebung einer Überschussabgabe, sofern Milch über die festgesetzte einzelstaatliche Quote hinaus vermarktet wird, die auf die Erzeuger aufgeteilt wird, die zu den jeweiligen Überschreitungen der einzelstaatlichen Quoten beigetragen haben. Dass die Abrechnung des einzelnen Zwölfmonatszeitraumes jeweils nach dem 31.03. des entsprechenden Milchquotenjahres erfolgte mit der Folge, dass auch der Beitrag zur Überschussabgabe gegenüber dem einzelnen Milcherzeuger erst nach dem 31.03. festgesetzt wurde - zuletzt nach dem 31.03.2015 -, war in dem Basisrechtsakt bereits von Anfang an angelegt. Weder die Verordnung Nr. 595/2004 noch die in der Folge von der Kommission erlassenen Änderungsverordnungen haben in diese Systematik und Abwicklung eingegriffen; insbesondere haben die Durchführungsverordnungen der Kommission den Anwendungszeitraum der Verordnung Nr. 1234/2007 als Basisrechtsakt nicht verlängert.

26

bb) Im Übrigen hat der Unionsgesetzgeber - in concreto der Rat - in Art. 201 Abs. 3 lit. a) VO Nr. 1234/2007 ausdrücklich bestimmt, dass die Aufhebung der Verordnung Nr. 1788/2003 unbeschadet der weiteren Geltung von Gemeinschaftsrechtsakten erfolgt, die auf der Grundlage u. a. dieser Verordnung angenommen wurden, mithin auch der Verordnung Nr. 595/2004. Mit Blick auf diese Normierung spricht viel dafür, dass der Unionsgesetzgeber mit Erlass der Verordnung Nr. 1234/2007 die (Fort-)Geltung der Verordnung Nr. 595/2004 beschlossen bzw. erneuert hat, so dass es auf die Frage der Nichtigkeit der Verordnung Nr. 1788/2003 auch aus diesem Grunde nicht ankäme. Der Senat muss indes auch diese Rechtsfrage im Hinblick auf die Erwägungen unter aa) einer abschließenden Klärung zuführen.

27

2. Das in der Verordnung Nr. 1234/2007 normierte Quotensystem (Art. 55 i. V. m. Art. 66, 67 VO Nr. 1234/2007) mit der Konsequenz, dass bei Überschreitung der einzelstaatlichen Quote jeder Erzeuger, der zur Überschreitung der einzelstaatlichen Quote beigetragen hat, einen Beitrag zur Überschussabgabe zu zahlen hat (Art. 78, 79 VO Nr. 1234/2007), ist mit höherrangigem Recht vereinbar, insbesondere verstößt die Erhebung einer Überschussabgabe (auch) bezüglich des Zwölfmonatszeitraumes 2014/2015 weder gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit (hierzu unter a) noch gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (hierzu unter b). Auch einen Verstoß der Verordnung Nr. 1234/2007 gegen das Diskriminierungsverbot vermag der Senat nicht festzustellen (hierzu c).

28

a) Die Erhebung einer Überschussabgabe bzw. - aus Sicht des Erzeugers - eines Beitrags zu der vom Mitgliedstaat geschuldeten Überschussabgabe bezüglich des Zwölfmonatszeitraumes 2014/2015 verstößt nicht gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit.

29

Der Grundsatz der Rechtssicherheit gebietet, dass eine Regelung, die nachteilige Folgen für Einzelne hat, klar und bestimmt und ihre Anwendung für den Einzelnen vorhersehbar sein muss (vgl. EuGH, Urteil vom 17.12.2015, C-330/14, Rz. 47; Beschluss vom 16.01.2014, C-24/13, Rz. 32). Der Europäische Gerichtshof hat auch betont, dass der Grundsatz der Rechtssicherheit erfordert, dass der Gesetzgeber die besondere Situation des Wirtschaftsteilnehmers berücksichtigt (vgl. EuGH, Urteil vom 17.12.2015, C-330/14, Rz. 48). Das Gebot der Rechtssicherheit gilt in besonderem Maße, wenn es sich um Vorschriften handelt, die finanzielle Konsequenzen haben können, denn die Betroffenen müssen in der Lage sein, den Umfang der ihnen durch diese Vorschriften auferlegten Rechte und Pflichten unzweideutig zu erkennen und geeignete Vorkehrungen zu schaffen (vgl. EuGH, Urteil vom 22.02.1989, Rs. 92/87, Rz. 22; Urteil vom 15.12.1987, Rs. 325/85, Rz. 18). Gemessen an diesen Grundsätzen sind die hier in Rede stehenden unionsrechtlichen Normierungen nicht zu beanstanden.

30

Der Verordnung Nr. 1234/2007 ist für jeden Normadressaten klar und unmissverständlich zu entnehmen, dass für sieben aufeinander folgende Zwölfmonatszeiträume beginnend mit dem 01.04.2008 einzelstaatliche Quoten für die Erzeugung von Milch und anderen Milcherzeugnissen festgesetzt werden (Art. 66 Abs. 1 VO Nr. 1234/2007), wobei die einzelstaatlichen Quoten nach Maßgabe des Art. 67 VO Nr. 1234/2007 auf die Erzeuger aufgeteilt werden (Art. 66 Abs. 2 VO Nr. 1234/2007). Ebenso klar und eindeutig ist in Art. 78 Abs. 1 VO Nr. 1234/2007 bestimmt, dass auf Milch und Milcherzeugnisse, die über die einzelstaatliche Quote hinaus vermarktet werden, eine Überschussabgabe in einer ganz konkreten Höhe - scil. ... EUR auf 100 Kilogramm Milch - erhoben wird. Dass die Überschussabgabe vollständig auf die Erzeuger aufgeteilt wird, die zu den jeweiligen Überschreitungen der einzelstaatlichen Quoten beigetragen haben, stellt Art. 79 VO Nr. 1234/2007 ebenfalls für jeden Normadressaten verständlich und unzweideutig klar. Dieses verständliche und in sich konsequente Normengefüge hat nicht dadurch seine Klarheit teilweise oder ganz verloren, dass der Unionsgesetzgeber einerseits die Verordnung Nr. 1234/2007 aufgehoben (vgl. Art. 230 Abs. 1 Unterabsatz 1 VO Nr. 1308/2013), andererseits jedoch für das System der Milchproduktionsregulierung eine Fortgeltung der Bestimmungen bis zum 31.03.2015 angeordnet hat (vgl. Art. 230 Abs. 1 Unterabsatz 2 lit. a) VO Nr. 1308/2013). Auch unter der Geltung des Art. 230 Abs. 1 Unterabsatz 1, Unterabsatz 2 lit. a) VO Nr. 1308/2013 mussten alle Normadressaten - also alle Milcherzeuger - davon ausgehen, dass der Unionsgesetzgeber an dem System der Milchproduktionsregulierung mit einzelstaatlichen und einzelbetrieblichen Quoten und der Festsetzung einer Überschussabgabe bei Überschreitung der einzelstaatlichen Quote bis zum Ablauf des siebten und damit letzten Zwölfmonatszeitraumes am 31.03.2015 festhält, zumal der Unionsgesetzgeber seinen Willen in den Erwägungsgründen der Verordnung Nr. 1308/2013 ausdrücklich klargestellt hatte. Im 205. Erwägungsgrund heißt es insoweit: "Nach Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 sollten die einschlägigen Bestimmungen bis zum Ende der betreffenden Regelungen weiterhin gelten." Das Ende der Regelungen der Milchproduktionsregulierung ergibt bzw. ergab sich für jeden Normadressaten aus Art. 66 Abs. 1 VO Nr. 1234/2007 mit dem Ablauf des siebten Zwölfmonatszeitraumes, der auf den 31.03.2015 fiel.

31

Der erkennende Senat übersieht nicht, dass der Unionsgesetzgeber in Art. 230 Abs. 1 Unterabsatz 2 lit. e) VO Nr. 1308/2013 die Formulierung "bis zum Ende des Zuckerwirtschaftsjahres 2013/2014 am 30. September 2014" verwandt hat. Aus der unterschiedlichen Formulierung des Unionsgesetzgebers in Art. 230 Abs. 1 Unterabsatz 2 lit a) VO Nr. 1308/2013 einerseits und Art. 230 Abs. 1 Unterabsatz 2 lit. e) VO Nr. 1308/2013 andererseits kann indes ein Milcherzeuger nichts zu seinen Gunsten im Hinblick auf die Möglichkeit der Festsetzung einer Überschussabgabe bei Überschreitung der Quote im Zwölfmonatszeitraum 2014/2015 herleiten. Denn das in Art. 230 Abs. 1 Unterabsatz 2 lit. a) VO Nr. 1308/2013 in Bezug genommene Datum des 31.03.2015 markiert gerade das Ende des Zwölfmonatszeitraumes 2014/2015, der mit dem 01.04.2014 begonnen hatte (vgl. Art. 66 Abs. 1 VO Nr. 1234/2007).

32

Aus dem Umstand, dass die Vorschriften der Verordnung Nr. 1234/2007 über das System der Milchproduktionsregulierung nach dem 31.03.2015 nicht mehr in Kraft waren, folgt freilich nicht, dass deren Normierungen bezüglich der angefochtenen Überschussabgabe keine Rechtswirkungen (mehr) entfalten. Im Zeitpunkt der Verwirklichung des Abgabentatbestandes, der allein in der Überschreitung der verfügbaren Quote des Erzeugers während des Zwölfmonatszeitraumes 2014/2015 besteht, waren die Vorschriften der Verordnung Nr. 1234/2007 über das System der Milchproduktionsregulierung (noch) in Kraft. Diese vor dem 01.04.2015 eingetretene Rechtswirkung gilt auch nach dem Außerkrafttreten des Systems der Milchproduktionsregulierung fort mit der Folge, dass Abgaben gegenüber dem jeweiligen Erzeuger durch Verwaltungsakt festgesetzt werden können.

33

b) Die Erhebung einer Überschussabgabe bzw. - aus Sicht des Erzeugers - eines Beitrags zu der vom Mitgliedstaat geschuldeten Überschussabgabe bezüglich des Zwölfmonatszeitraumes 2014/2015 verstößt auch nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

34

Die Verordnung Nr. 1234/2007 ist bzw. war integraler Bestandteil der gemeinsamen Agrarpolitik. In diesem Bereich verfügt der Rat, wie der Europäische Gerichtshof wiederholt entschieden hat, über einen weiten Ermessensspielraum mit der Folge, dass die gerichtliche Kontrolle dieses Spielraumes auf die Überprüfung beschränkt ist, ob eine in diesem Bereich erlassene Maßnahme zur Erreichung des Ziels, welches das zuständige Organ verfolgt, offensichtlich ungeeignet ist (vgl. EuGH, Urteil vom 14.05.2009, C-34/08, Rz. 76; Urteil vom 16.03.2006, C-94/05, Rz. 54).

35

Ausweislich des 36. Erwägungsgrundes der Verordnung Nr. 1234/2007 ist bzw. war Hauptziel der Milchquotenregelung weiterhin, das Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage auf dem entsprechenden Markt und die daraus resultierenden strukturellen Überschüsse zu verringern und so ein besseres Marktgleichgewicht zu erreichen. Bei Überschreiten einer bestimmten Garantieschwelle sollte daher auf die Milchlieferungen bzw. Milchdirektverkäufe weiterhin eine Abgabe in abschreckender Höhe (38. Erwägungsgrund) erhoben werden (vgl. 36. Erwägungsgrund, Satz 2). Dieses Ziel der Milchquotenregelung fällt unter das in Art. 39 Abs. 1 lit. c) AEUV explizit erwähnte Ziel der gemeinsamen Agrarpolitik, scil. die Stabilisierung der Märkte. Die Milchquotenregelung war zudem befristet; der Rat hatte für sieben aufeinander folgende Zeiträume beginnend mit dem 01.04.2008 einzelstaatliche Quoten für die Erzeugung von Milch festgelegt (vgl. Art. 66 Abs. 1 VO Nr. 1234/2007). Die vorstehend skizzierte und in der Verordnung Nr. 1234/2007 niedergelegte Milchquotenregelung entspricht im Wesentlichen dem Regelungswerk der Verordnung (EG) Nr. 1788/200311[11], bezüglich derer der Europäische Gerichtshof bereits erkannt hat, dass die "Verordnung Nr. 1788/2003 für die Verfolgung des Ziels der Stabilisierung der Märkte nicht offensichtlich ungeeignet" sei (vgl. EuGH, Urteil vom 14.05.2009, C-34/08, Rz. 82). Im Hinblick darauf, dass schließlich die Überschussabgabe auch hinsichtlich ihrer Höhe von ... EUR je 100 Kilogramm Milch (Art. 78 Abs. 1 Unterabsatz 2 VO Nr. 1234/2007) der Milchabgabe nach der Verordnung Nr. 1788/2003 (vgl. Art. 2 VO Nr. 1788/2003) entspricht, hat der erkennende Senat keine Zweifel, dass der Rat sein Ermessen bei Erlass der Verordnung Nr. 1234/2007 fehlerfrei ausgeübt hat, weil das in dieser Verordnung normierte Quotensystem zur Verwirklichung des verfolgten Ziels nicht offensichtlich ungeeignet oder unverhältnismäßig wäre.

36

Der erkennende Senat übersieht im zu betrachtenden Kontext nicht, dass der Europäische Gerichtshof den Organen der Union aufgegeben hat, bei der Verfolgung der in Art. 39 AEUV formulierten Ziele der gemeinsamen Agrarpolitik ständig den Ausgleich sicherzustellen, den etwaige Widersprüche zwischen diesen Zielen, wenn sie isoliert betrachtet werden, erforderlich machen können, und gegebenenfalls dem einen oder anderen unter ihnen zeitweilig Vorrang einzuräumen, sofern die wirtschaftlichen Gegebenheiten und Umstände, die den Gegenstand ihrer Beschlussfassung bilden, dies gebieten (vgl. EuGH, Urteil vom 14.05.2009, C-34/08, Rz. 45; Urteil vom 19.03.1992, C-311/90, Rz. 13, jeweils m. w. N.). Er hält indes dafür, dass der Rat auch bei Erlass der Verordnung Nr. 1234/2007 sein Ermessen nicht überschritten hat, als er im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik dem Ziel der "Stabilisierung der Märkte" im Sinne des Art. 39 Abs. 1 lit. c) AEUV für einen begrenzten Zeitraum von sieben Jahren den Vorrang eingeräumt hat. Insoweit ist nämlich zum einen zu berücksichtigen, dass die Stabilisierung des Marktes, wie aus dem 36. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1234/2007 deutlich hervorgeht, das "Hauptziel" und damit nicht das einzige Ziel darstellte, das mit der Verordnung Nr. 1234/2007 und dem hier in Rede stehenden Quotensystem verfolgt wurde. So zielte die Milchquoten- und Abgabenregelung auch darauf ab, über die Beschränkung der Milcherzeugung für die betroffene landwirtschaftliche Bevölkerung durch einen Beitrag zur Stabilisierung ihres Einkommens eine angemessene Lebenshaltung zu gewährleisten. Diese Erwägungen des Unionsgesetzgebers erscheinen nicht offensichtlich unangemessen, zumal die Marktstabilisierung nicht durch Steigerung der Nachfrage, sondern durch Begrenzung des Angebots erreicht werden sollte.

37

Zum anderen ist in den Blick zu nehmen, dass der Unionsgesetzgeber sowohl über die Regelung des Art. 66 Abs. 3 VO Nr. 1234/2007 als auch über die Vorschrift des Art. 184 Nr. 6 VO Nr. 1234/2007, eingefügt durch Verordnung (EG) Nr. 72/2009 des Rates vom 19.01.2009 (ABl. L Nr. 30/1), eine Überwachung der mit der Milchquotenregelung verfolgten Ziele sichergestellt hat. So ist in Art. 66 Abs. 3 VO Nr. 1234/2007 ausdrücklich geregelt, dass die einzelstaatlichen Quoten gemäß Anhang IX Nr. 1 nicht starr über den gesamten Regelungszeitraum, sondern vorbehaltlich einer etwaigen Überprüfung auf der Grundlage der allgemeinen Marktlage und der besonderen Bedingungen in bestimmten Mitgliedstaaten festgesetzt werden. Tatsächlich kam es in der Folgezeit auch zu mehrfachen Anpassungen der einzelstaatlichen Quoten, scil. Anhebung der Milchquoten am 01.04.2008 um 2 %, am 01.04.2009 über fünf aufeinanderfolgende Jahre um 1 % sowie Anpassung des Korrekturfaktors für den Fettgehalt, der einen weiteren de-facto-Anstieg der Quoten um 1 % zur Folge hatte, wobei in Bezug auf Italien die kumulative Erhöhung um 5 % bereits zum 01.04.2009 vorgezogen wurde. Über die Vorschrift des Art. 184 Nr. 6 VO Nr. 1234/2007 hat der Unionsgesetzgeber der Kommission aufgegeben, dem Europäischen Parlament und dem Rat vor dem 31.12.2010 und vor dem 31.12.2012 über die Entwicklung der Marktlage und die sich daraus ergebenden Bedingungen für ein reibungsloses allmähliches Auslaufen der Milchquotenregelung zu berichten, gegebenenfalls zusammen mit entsprechenden Vorschlägen, was die Kommission in der Folge auch getan hat. In ihrem Bericht vom 08.12.2010 (KOM (2010) 727 endgültig) führt die Kommission u. a. aus, dass die Milchquoten mit jedem Jahr mehr und mehr in den Hintergrund träten, weil eine zunehmende Zahl von Mitgliedstaaten die Milcherzeugungsquote unterschreite. Während im Quotenjahr 2008/09 sechs Mitgliedstaaten eine Überschussabgabe hätten leisten müssen, seien im Quotenjahr 2019/10 nur drei Mitgliedstaaten auf dem Weg in diese Richtung (Seite 6). Die Kommission schließt ihren Bericht mit den abschließenden Bemerkungen, dass der Milchsektor von 2007 bis 2009 eine Zeit der hohen Preisstabilität erlebt habe; seitdem habe sich die Marktlage verbessert und die Aussichten seien im Großen und Ganzen positiv (Seite 8). In den meisten Mitgliedstaaten fungierten die Milchquoten nicht mehr als Mittel zur Einschränkung der Erzeugung, und einige Mitgliedstaaten folgten bereits dem Prinzip der Marktorientierung. Abschließend könne festgestellt werden, dass kein Grund dazu bestehe, die Entscheidungen in Bezug auf die schrittweise Anhebung der Quoten - scil. Anhebung der Milchquoten am 01.04.2008 um 2 %, am 01.04.2009 über fünf aufeinanderfolgende Jahre um 1 % sowie Anpassung der Korrektur für den Fettgehalt, der einen weiteren de-facto-Anstieg der Quoten um 1 % zur Folge hatte - und das Ende der Quotenregelung zum 01.04.2015 erneut zu prüfen (Seite 8). Auch in ihrem Bericht vom 10.12.2012 (COM (2012) 741 final) kommt die Kommission zu der abschließenden Bewertung, dass am bestehenden Rahmen keine Änderungen erforderlich seien (Seite 8). Unter Berücksichtigung der in Art. 66 Abs. 3 VO Nr. 1234/2007 einerseits und in Art. 184 Nr. 6 VO Nr. 1234/2007 andererseits normierten Regularien, die eine Überprüfung der einzelstaatlichen Quoten auf der Grundlage der allgemeinen Marktlage und der besonderen Bedingungen in den Mitgliedstaaten nicht nur vorsahen, sondern auch bewirkten, gelangt der erkennende Senat zu der Überzeugung, dass der Rat sein Ermessen im Bereich der gemeinsamen Agrarpolitik mit dem Erlass der Verordnung Nr. 1234/2007 nicht dadurch überschritten hat, dass er dem Ziel der "Stabilisierung der Märkte" nach Art. 39 Abs. 1 lit. c) AEUV über einen begrenzten Zeitraum von sieben Jahren den Vorrang eingeräumt hat.

38

c) Auch einen Verstoß der Verordnung Nr. 1234/2007 gegen das Diskriminierungsverbot, weil der Rat es versäumt habe, die einzelstaatliche Quote der Bundesrepublik Deutschland für den Zwölfmonatszeitraum 2014/2015 zu erhöhen, um der gestiegenen Nachfrage nach Milch sowohl innerhalb der Europäischen Union als auch in Drittländern gerecht zu werden, vermag der Senat nicht festzustellen.

39

Das Diskriminierungsverbot zählt zu den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts und kommt bezüglich des Agrarsektors in Art. 40 Abs. 2 Unterabsatz 2 AEUV zum Ausdruck. Es heißt dort, die gemeinsame Organisation der Agrarmärkte hat sich auf die Verfolgung der Ziele des Art. 39 AEUV zu beschränken und jede Diskriminierung zwischen Erzeugern und Verbrauchern innerhalb der Union auszuschließen. Das Verbot der Diskriminierung im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik ist nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs lediglich ein besonderer Ausdruck des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes, der besagt, dass gleiche Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleich behandelt werden dürfen, es sei denn, eine solche Behandlung ist objektiv gerechtfertigt (vgl. EuGH, Urteil vom 14.03.2013, C-545/11, Rz. 42; Urteil vom 11.07.2006, C-313/04, Rz. 33). Hinsichtlich des Umfangs der Kontrolle der Beachtung dieses Grundsatzes entspricht es der gefestigten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, dass der Unionsgesetzgeber im Bereich der Agrarpolitik über ein weites Ermessen verfügt, das seiner politischen Verantwortung, die ihm die Art. 40 bis 43 AEUV übertragen, entspricht. Die richterliche Kontrolle hat sich deshalb auf die Prüfung der Frage zu beschränken, ob die betreffende Maßnahme nicht mit einem offensichtlichen Irrtum oder einem Ermessensmissbrauch behaftet ist oder ob die betreffende Behörde die Grenze ihres Ermessens nicht offensichtlich überschritten hat (vgl. EuGH, Urteil vom 14.03.2013, C-545/11, Rz. 43; Urteil vom 17.03.2011, C-221/09, Rz. 80). Im Streitfall ist die Prüfung im Hinblick auf das Diskriminierungsverbot folglich darauf beschränkt, ob die unterbliebene Anpassung der einzelstaatlichen Quote der Bundesrepublik Deutschland an die gestiegene Nachfrage durch objektive Gründe, die nicht offensichtlich unangemessen sind, gerechtfertigt ist. Das ist nach der Überzeugung des Senats der Fall.

40

Hauptziel der Milchquotenregelung ist bzw. war - wie bereits oben dargelegt -, das Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage auf dem Markt und die daraus resultierenden strukturellen Überschüsse zu verringern und so ein besseres Marktgleichgewicht zu erreichen; auf Milchlieferungen und -direktverkäufe sollte deshalb bei Überschreiten einer bestimmten Garantieschwelle eine Abgabe in abschreckender Höhe erhoben werden (vgl. 36. und 38. Erwägungsgrund der VO Nr. 1234/2007). Diese Maßnahme der Marktstabilisierung fügt sich in den Rahmen der Ziele der gemeinsamen Agrarpolitik (Art. 39 Abs. 1 lit. c) AEUV) ein. Die Marktstabilisierung ist bzw. war freilich, wie der Senat ebenfalls bereits dargelegt hat, nicht das einzige Ziel, welches der Unionsgesetzgeber mit der Milchquotenregelung verfolgt. Vielmehr zielte die Milchquoten- und Abgabenregelung auch darauf ab, über die Beschränkung der Milcherzeugung für die betroffene landwirtschaftliche Bevölkerung durch einen Beitrag zur Stabilisierung ihres Einkommens eine angemessene Lebenshaltung zu gewährleisten. Diese Erwägungen des Unionsgesetzgebers erscheinen nicht offensichtlich unangemessen, zumal die Marktstabilisierung nicht durch Steigerung der Nachfrage, sondern durch Begrenzung des Angebots erreicht werden sollte. Hinzu kommt, dass der Unionsgesetzgeber sowohl über die Normierung des Art. 66 Abs. 3 VO Nr. 1234/2007 als auch über die Vorschrift des Art. 184 Nr. 6 VO Nr. 1234/2007 eine Überwachung der mit der Milchquotenregelung verfolgten Ziele sichergestellt hat. In ihrem letzten Bericht über die Entwicklung der Marktlage und die sich daraus ergebenden Bedingungen für ein reibungsloses Auslaufen der Milchquotenregelung vom 10.12.2012 (COM (2012) 741 final) stellt die Kommission fest, dass keine Änderungen am bestehenden Rahmen - gemeint ist das Milchquotensystem und das Ende der Quotenregelung zum 31.03.2015 - erforderlich seien. Angesichts dieser Feststellung der Europäischen Kommission und unter Berücksichtigung des Umstands, dass der Unionsgesetzgeber im Bereich der Agrarpolitik über ein weites Ermessen verfügt, erweist sich die unterbliebene Anpassung der einzelstaatlichen Quote der Bundesrepublik Deutschland an die gestiegene Nachfrage für den Zwölfmonatszeitraum 2014/2015 nicht als offensichtlich unangemessen und kann folglich nicht als diskriminierend im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs angesehen werden.

41

3. Die Klägerin kann sich nicht darauf berufen, dass bei Erlass der Verordnung Nr. 1234/2007 das Konzertierungsverfahren verletzt worden sei.

42

Das Konzertierungsverfahren beruht auf der "Gemeinsamen Erklärung des Europäischen Parlaments, der Rates und der Kommission vom 04.03.1975 (ABl. 1975 C 89/1, im Folgenden: Gemeinsame Erklärung) und kann für gemeinschaftliche Rechtsakte von allgemeiner Tragweite angewandt werden, die ins Gewicht fallende Auswirkungen haben und deren Erlass nicht schon auf Grund früherer Rechtsakte geboten war (vgl. Absatz 2 der Gemeinsamen Erklärung). Das Verfahren wird - auf Antrag von Parlament oder Rat - eingeleitet, wenn die in Absatz 2 vorgesehenen Kriterien gegeben sind und wenn der Rat beabsichtigt, von der Stellungnahme des Parlaments abzuweichen.

43

Hinsichtlich des Streitfalles ist der Klägerin zwar zuzugeben, dass das Europäische Parlament in seiner legislativen Entschließung vom 24.05.2007 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Rates über eine gemeinsame Organisation der Agrarmärkte und mit Sondervorschriften für bestimmte landwirtschaftliche Erzeugnisse (ABl. 2008 C 102 E/426) den Rat aufgefordert hat, es zu unterrichten, falls er beabsichtigt, von dem vom Parlament gebilligten Text abzuweichen. Ob der Rat bei Erlass der Verordnung Nr. 1234/2007 von der Stellungnahme des Parlaments und damit von dem vom Parlament gebilligten Text in (erheblicher Weise) abgewichen ist, bedarf vorliegend indes keiner näheren Erörterung. Der erkennende Senat hält nämlich bereits dafür, dass die in Absatz 2 der "Gemeinsamen Erklärung" niedergelegten Voraussetzungen für die Einleitung des Konzertierungsverfahrens nicht vorliegen. Mit der Verordnung Nr. 1234/2007 wurden die bestehenden 21 gemeinsamen Marktordnungen und 23 damit in Zusammenhang stehende Rechtsakte des Rates in einer einzigen Verordnung vereint; weder die diesen Verordnungen zugrunde liegenden Beschlüsse des Rates noch die Geltungsbereiche der bestehenden gemeinsamen Organisationen der Agrarmärkte wurden geändert. Vor diesem Hintergrund handelt es sich bei der Verordnung Nr. 1234/2007 um keinen "gemeinschaftlichen Rechtsakt von allgemeiner Tragweite, (der) ins Gewicht fallende finanzielle Auswirkungen (hat)" (Absatz 2 der Gemeinsamen Erklärung).

44

Unbeschadet dessen könnte sich die Klägerin auch nicht auf eine Verletzung des Konzertierungsverfahrens berufen. Denn die "Gemeinsame Erklärung" stellt eine interinstitutionelle Vereinbarung dar, die ausschließlich das Binnenverhältnis der beteiligten EU-Organe - scil. Parlament, Rat und Kommission - betrifft und keine Außenwirkung gegenüber Dritten entfaltet (in diesem Sinne auch Hetmeier, in: Lenz/Borchardt, EU-Verträge Kommentar, 6. Auflage 2012, Art. 295 AEUV, Rz. 5; van Vormizeele, in: van der Groeben/Schwarze/Hatje, 7. Auflage 2015, Art. 295 AEUV, Rz. 6; Vedder, in: Vedder/von Heinegg, 2012, Europäisches Unionsrecht, Art. 295 AEUV, Rz. 4; Hummer, in: Kietz/Slominski, Interinstitutionelle Vereinbarungen in der Europäischen Union, 2010, S. 104). Auch das Europäische Gericht erster Instanz hat bereits mit Beschluss vom 17.01.2002 in der Rechtssache T-236/00 klargestellt, dass Handlungen des Parlaments, die nur die interne Organisation der Arbeit des Parlaments betreffen, nicht mit der Nichtigkeitsklage angefochten werden können (Rz. 55). Entsprechend verhält es sich in Bezug Handlungen des Rates, die das Verhältnis der EU-Organe untereinander angehen; sie können keine subjektive Rechtsverletzung Dritter im Rahmen einer Anfechtungsklage begründen.

45

4. Die Klägerin kann sich schließlich auch nicht darauf berufen, dass die Kommission die Rahmenvereinbarung über die Beziehungen zwischen dem Europäischen Parlament und der Kommission vom 05.07.2000 (ABl. 2001 C 121/122, im Folgenden: Rahmenvereinbarung) verletzt hat. Die Rahmenvereinbarung dient dem Ziel, die Verantwortlichkeit und Legitimität der Kommission zu stärken, den konstruktiven Dialog und die politische Zusammenarbeit auszubauen, den Informationsfluss zu verbessern und das Europäische Parlament zu den Verwaltungsreformen innerhalb der Kommission zu konsultieren und es darüber zu unterrichten (vgl. Absatz 1 der Rahmenvereinbarung). In Umsetzung und Ausführung dieser Rahmenvereinbarung haben die Kommission und das Europäische Parlament bezüglich des Legislativverfahrens u. a. vereinbart, dass die Kommission sich verpflichtet, gegebenenfalls einen vom Europäischen Parlament abgelehnten Legislativvorschlag zurückzuziehen; sofern die Kommission aus wichtigen Gründen und nach Prüfung durch das Kollegium beschließt, ihren Vorschlag aufrecht zu erhalten, legt sie die Gründe dafür in einer Erklärung vor dem Europäischen Parlament dar (vgl. Anhang I, Ziffer 7 iii, der Rahmenvereinbarung).

46

Auch die Rahmenvereinbarung stellt freilich eine Vereinbarung dar, die Rechtsverbindlichkeit allein zwischen den betroffenen Vereinbarungsparteien entfalten kann; im Verhältnis zu Dritten - wie der Klägerin - kommt ihr keine rechtsverbindliche Außenwirkung zu.

47

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

48

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit und die Abwendungsbefugnis folgt aus § 151 Abs. 1, Abs. 3 FGO, §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1 ZPO; gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 MOG findet § 139 Abs. 2 FGO in marktordnungsrechtlichen Streitigkeiten keine Anwendung.

49

Die Zulassung der Revision beruht auf § 115 Abs. 2 FGO.

50

[1] Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 des Rates vom 22.10.2007 über eine gemeinsame Organisation der Agrarmärkte und mir Sondervorschriften für bestimmte landwirtschaftliche Erzeugnisse (Verordnung über die einheitliche GMO), ABl. Nr. L 299/1, (im Folgenden: VO Nr. 1234/2007).
[2] Verordnung zur Durchführung der EU-Milchquotenregelung (Milchquotenverordnung - MilchQuotV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 3.5.2011, BGBl. I S. 775).
[3] Gesetz zur Durchführung der gemeinsamen Marktorganisationen und der Direktzahlungen (Marktorganisationsgesetz - MOG), in der Fassung der Bekanntmachung vom 24.6.2005, BGBl. I 2005, S. 1847, zuletzt geändert durch Art. 4 Abs. 90 des Gesetzes vom 18.7.2016, BGBl. I 2016, S. 1666.
[4] Verordnung der Kommission vom 30.3.2014 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 1788/2003 des Rates über die Erhebung einer Abgabe im Milchsektor, ABl. Nr. L 94/22 (im Folgenden: VO Nr. 595/2004).
[5] Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17.12.2013 über eine gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 922/72, (EWG) 234/79, (EG) Nr. 1037/2001 und (EG) Nr. 1234/2007, ABl. Nr. L 347/671 (im Folgenden: VO Nr. 1308/2013).
[6] Verordnung (EG) Nr. 258/2009 der Kommission vom 26.3.1999 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 595/2004 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 1788/2003 des Rates über die Erhebung einer Abgabe im Milchsektor, ABl. Nr. L 81/19.
[7] Verordnung (EG) Nr. 793/2009 der Kommission vom 31.8.2009 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 595/2004 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 1788/2003 des Rates über die Erhebung einer Abgabe im Milchsektor, ABl. Nr. L 228/7.
[8] Durchführungsverordnung (EU) Nr. 760/2012 der Kommission vom 21.8.2012 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 595/2004 hinsichtlich der Intensität der von den Mitgliedstaaten im Rahmen des Milchquotensystems durchgeführten Kontrollen, ABl. Nr. L 226/1.
[9] Durchführungsverordnung (EU) der Nr. 1380/2014 der  Kommission vom 17.12.2014 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 595/2004 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 1788/2003 des Rates über die Erhebung einer Abgabe im Milchsektor, ABl. Nr. L 367/82.
[10] Durchführungsverordnung (EU) Nr. 2015/517 der Kommission vom 26.3.2015 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 595/2004 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 1788/2003 des Rates über die Erhebung einer Abgabe im Milchsektor, ABl. Nr. L 82/73.
[11] Verordnung (EG) Nr. 1788/2003 des Rates vom 29.09.2003 über die Erhebung einer Abgabe im Milchsektor, ABl. Nr. L 270/123 (im Folgenden: VO Nr. 1788/2003).

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(1) Soll gegen den Bund, ein Land, einen Gemeindeverband, eine Gemeinde, eine Körperschaft, eine Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts vollstreckt werden, so gilt für die Zwangsvollstreckung das Achte Buch der Zivilprozessordnung sinngemäß; § 150 bleibt unberührt. Vollstreckungsgericht ist das Finanzgericht.

(2) Vollstreckt wird

1.
aus rechtskräftigen und aus vorläufig vollstreckbaren gerichtlichen Entscheidungen,
2.
aus einstweiligen Anordnungen,
3.
aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen.

(3) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(4) Für die Vollstreckung können den Beteiligten auf ihren Antrag Ausfertigungen des Urteils ohne Tatbestand und ohne Entscheidungsgründe erteilt werden, deren Zustellung in den Wirkungen der Zustellung eines vollständigen Urteils gleichsteht.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) In öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten über Maßnahmen zur Durchführung einer gemeinsamen Marktorganisation ist der Finanzrechtsweg gegeben, soweit eine Bundesfinanzbehörde für die Maßnahme zuständig ist. Er ist auch gegeben bei Entscheidungen der Marktordnungsstelle im Falle des § 19. Soweit eine Rechtsstreitigkeit Entscheidungen nach Satz 2 betrifft, kann das Bundesministerium dem Verfahren über die Revision beitreten; § 122 Absatz 2 Satz 3 und 4 der Finanzgerichtsordnung gilt entsprechend. § 139 Absatz 2 der Finanzgerichtsordnung findet auf Verfahren nach den Sätzen 1 und 2 keine Anwendung. Für das außergerichtliche Vorverfahren gelten die Vorschriften der §§ 347 bis 368 der Abgabenordnung sinngemäß mit der Maßgabe, dass soweit eine andere Behörde als eine Finanzbehörde zuständig ist, die andere Behörde an die Stelle der Finanzbehörde tritt.

(2) Ist die bei der Festsetzung von Ausfuhrabgaben, Ausfuhrerstattungen oder zu gewährenden Währungsausgleichsbeträgen zugrunde gelegte Vorausfestsetzung unanfechtbar geändert worden, so wird der Bescheid von Amts wegen durch einen neuen Bescheid ersetzt. § 171 Absatz 10 der Abgabenordnung gilt entsprechend.

(3) Liegt der Festsetzung von Ausfuhrabgaben, Ausfuhrerstattungen oder zu gewährenden Währungsausgleichsbeträgen eine Vorausfestsetzung zugrunde, so kann die Festsetzung nicht mit der Begründung angegriffen werden, dass die Vorausfestsetzung unzutreffend sei. Dieser Einwand kann nur in einem Verfahren gegen die Vorausfestsetzung erhoben werden.

(4) Ein Bescheid über die Festsetzung von Abgaben im Rahmen von Mengenregelungen kann nicht mit der Begründung angefochten werden, dass die der Abgabenfestsetzung zugrunde liegende Festsetzung der Menge unzutreffend sei. Dieser Einwand kann nur in einem Verfahren gegen die Festsetzung der Menge erhoben werden.

(5) Für die Vollstreckung öffentlich-rechtlicher Geldforderungen, für die nach Absatz 1 Satz 1 der Finanzrechtsweg begründet ist, sind die §§ 2 bis 5 und 19 des Verwaltungs-Vollstreckungsgesetzes anzuwenden.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Aufwendungen der Finanzbehörden sind nicht zu erstatten.

(3) Gesetzlich vorgesehene Gebühren und Auslagen eines Bevollmächtigten oder Beistands, der nach den Vorschriften des Steuerberatungsgesetzes zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt ist, sind stets erstattungsfähig. Aufwendungen für einen Bevollmächtigten oder Beistand, für den Gebühren und Auslagen gesetzlich nicht vorgesehen sind, können bis zur Höhe der gesetzlichen Gebühren und Auslagen der Rechtsanwälte erstattet werden. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind die Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten oder Beistands für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Steht der Bevollmächtigte oder Beistand in einem Angestelltenverhältnis zu einem Beteiligten, so werden die durch seine Zuziehung entstandenen Gebühren nicht erstattet.

(4) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn das Gericht sie aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.