Tatbestand

I.

1

Der Antragsteller wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen einen Haftungsbescheid.

2

Der Antragsteller war Gesellschafter und Geschäftsführer der mittlerweile aufgelösten A GmbH (GmbH), einer Spedition. Gegenstand des Unternehmens war der Betrieb eines ... und die Durchführung von XX. Ehemaliger Inhaber der Spedition war B, der Vater des Antragstellers. Auch nach dessen Ausscheiden aus der GmbH war er weiter für diese tätig, betreute Kunden und kümmerte sich um kaufmännische Belange.

3

Der Antragsgegner führte für den Zeitraum von 2011 bis 2013 bei der GmbH eine Außenprüfung durch. Der Prüfer bemängelte dabei, dass von B erstellte Abrechnungen über "Umsatzsteuer-Nachbelastungen" Eingang in die Buchführung der GmbH gefunden hätten. Mit diesen Abrechnungen habe B der GmbH Umsatzsteuerbeträge i. H. v. ... € in Rechnung gestellt, welche die GmbH akzeptiert habe. Im Einzelnen habe B 2011 mit vier Abrechnungen Umsatzsteuer i. H. v. ... €, 2012 mit sieben Abrechnungen Umsatzsteuer i. H. v. ... € sowie 2013 mit zwölf Abrechnungen ... € Umsatzsteuer geltend gemacht. Diese Belege seien von der GmbH verbucht und im Rahmen ihrer Umsatzsteuererklärungen als Vorsteuern in Abzug gebracht worden. Die Voraussetzungen für einen Vorsteuerabzug hätten jedoch nicht vorgelegen. Zum einen seien die Abrechnungen formal nicht ordnungsgemäß im Sinne von § 14 Abs. 4 des Umsatzsteuergesetzes (UStG), da sie keinerlei Angaben zu Art, Umfang und Zeitpunkt der erbrachten Leistung enthielten und zudem nicht erkennen ließen, wie die Umsatzsteuer berechnet worden sei. Zudem sei äußerst zweifelhaft, dass B die den Nachberechnungen zugrunde liegenden Leistungen auch tatsächlich erbracht habe. Gemäß einem Urteil des FG Hamburg habe B gegenüber der GmbH lediglich Bruttoumsätze i. H. v. ca. ... € erbracht. Dies führe zu einer Umsatzsteuer in Höhe von lediglich ca. ... €. Nachbelastet habe er im Prüfungszeitraum aber über ... € Umsatzsteuer. Bei einem Steuersatz von 19 % würde dies Nettoleistungen i. H. v. ca. ... € voraussetzen. Leistungen in diesem Ausmaß habe B gegenüber der GmbH nicht erbracht.

4

Der Antragsgegner erließ am 12. November 2015 unter anderem Änderungsbescheide über Umsatzsteuer für die Jahre 2011 bis 2013. Da die von der GmbH im Rahmen ihrer Jahressteuererklärungen bisher geltend gemachten Vorsteuerüberhänge bereits ausgezahlt bzw. verrechnet worden waren, führte dies zu Zahllasten der GmbH in Höhe der aberkannten Vorsteuern zuzüglich Zinsen. Diese Beträge waren am 16. Dezember 2015 fällig. Insgesamt betrugen die Steuernachzahlungen nach Betriebsprüfung ca. ... €. Nach verschiedenen Verhandlungen und auf Basis einer rechtskräftigen Einspruchsentscheidung vom 18. April 2016 verringerten sich diese auf einen unstreitigen Betrag in Höhe von ca. ... €. Zwischen August 2015 und März 2016 verhandelte die GmbH mit dem Antragsgegner über eine längerfristige Stundung, welche jedoch nicht zu Stande kam. Der Antragsteller stellte daraufhin einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Am 31. März 2016 wurde für die GmbH ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt. Am 1. Juli 2016 folgte die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH. Gemäß einer Haftungsanfrage schuldete die GmbH dem Antragsgegner am 10. August 2016 Steuern und Nebenleistungen i. H. v. ... €.

5

Am 21. März 2017 teilte der Antragsgegner dem Antragsteller mit, dass er beabsichtige, ihn als Haftungsschuldner in Anspruch zu nehmen und bat um Stellungnahme.

6

Daraufhin teilte der Antragsteller mit, dass eine Haftungsinanspruchnahme nicht in Betracht käme. Die rückständigen Steuerschulden seien alle aufgrund eigenmächtigen Handelns des B entstanden. Ihm sei weder eine Pflichtverletzung noch ein schuldhaftes Handeln vorzuwerfen. Im Übrigen wäre B als faktischer Geschäftsführer vorrangig in Anspruch zu nehmen. Mit Schreiben vom 14. Juli 2017 bat der Antragsgegner um weitere Ausführungen hinsichtlich der faktischen Geschäftsführerschaft des B, da sich aus dem beigezogenen Gutachten des Insolvenzverwalters eine solche nicht ergebe. Mit seiner Stellungnahme vom 28. August 2017 verwies der Antragsteller insbesondere auf eine Vernehmungsniederschrift der Buchhalterin der GmbH, wonach B eigenmächtig und an ihm, den Antragsteller, vorbei die Rechnungen in die Buchführung eingebracht habe.

7

Am 20. September 2017 erließ der Antragsgegner einen Haftungsbescheid, mit welchem er den Antragsteller i. H. v. ... € in Anspruch nahm. Grundlage dafür waren die offenen Beträge der GmbH über Umsatzsteuer 2011 und 2012 sowie Säumniszuschläge und Zinsen im Gesamtbetrag von ... €. Mit Verweis auf das Gutachten des Insolvenzverwalters vom 28. Juni 2016 ging er dabei von einer Tilgungsquote im Haftungszeitraum von 75,6 % aus.

8

Am 28. September 2017 legte der Antragsteller gegen den Haftungsbescheid Einspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung (AdV). Der Antragsgegner wies den Antrag mit Bescheid vom 21. November 2017 mit Verweis auf seine Stellungnahme vom 24. Oktober 2017 zurück. Der Einspruch ist noch nicht beschieden.

9

Ebenfalls mit Schreiben vom 21. November 2017 wandte sich der Antragsgegner an B im Hinblick auf eine mögliche Haftungsinanspruchnahme aufgrund faktischer Geschäftsführung. Dieser nahm mit Schreiben vom 4. Dezember 2017 Stellung.

10

Am 28. November 2017 hat der Antragsteller einen Antrag auf AdV bei Gericht gestellt.

11

Es bestünden ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheides. Ein Haftungstatbestand sei nicht gegeben. Es mangele bereits an einer Pflichtverletzung. Eine solche habe der Antragsgegner in seinem Haftungsbescheid nicht konkret dargelegt, sondern nur pauschal behauptet. Gegen pauschale Behauptungen müsse er sich nicht verteidigen. Im Übrigen habe er bereits ausführlich dargelegt, dass die rückständigen Steuern der GmbH durch die Aktivitäten des B verursacht worden seien. Im Rahmen der Betriebsprüfung habe sich herausgestellt, dass B der GmbH Umsatzsteuern nachberechnet habe, die für dessen Tätigkeit für die Spedition hätten angefallen sein sollen. Die zu Grunde liegenden Dienstleistungen habe B zunächst ohne Umsatzsteuer berechnet und sodann in 2011 und 2012 nachbelastet. Nach Feststellungen der Betriebsprüfung sei diese nachträglich berechnete Umsatzsteuer überhöht gewesen. Von diesen Aktivitäten habe er, der Antragsteller, nichts gewusst. Vielmehr sei er von B hintergangen worden. B habe zudem den langjährigen Steuerberater erfolgreich getäuscht. B selbst habe gegenüber dem Antragsgegner zugegeben, willkürlich und in Eigeninitiative gehandelt zu haben; seine Rechnungen habe er ohne Wissen und ohne Absprache mit der Firmenleitung oder anderen Personen gestellt. Auch die frühere Buchhalterin der GmbH habe dies in ihrer Vernehmung durch die Steuerfahndung bestätigt. Insbesondere hätten nach ihrer Aussage die Rechnungen plausibel gewirkt.

12

Er, der Antragsteller, habe nicht schuldhaft gehandelt. Insbesondere treffe ihn kein Auswahl- oder Überwachungsverschulden. Von der Steuerhinterziehung seines Vaters habe er keine Kenntnis gehabt. Die fraglichen Rechnungen seien vom langjährigen Steuerberater der GmbH nicht beanstandet worden. Er habe auch keine Veranlassung gehabt, diese inhaltlich in Zweifel zu ziehen. B habe schließlich erhebliche Leistungen für die GmbH erbracht. Zur Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten habe er sich eines Steuerberaters bedient. Diesen habe er ausreichend sorgfältig ausgewählt und überwacht. Es habe aufgrund der sonst fehlerfreien Arbeit seines Steuerberaters auch keine Veranlassung bestanden, die Behandlung gerade dieser Geschäftsvorfälle anzuzweifeln. Auch seine Buchhalterin habe die Rechnungen nicht beanstandet. Ein grob fahrlässiges oder gar vorsätzliches Verhalten könne man daraus nicht ableiten. Gleiches habe auch ein gegen ihn geführtes Strafverfahren ergeben, welches nach § 153a der Strafprozessordnung eingestellt worden sei.

13

Auch sei ihm keine Verletzung der Vermögens- und Mittelvorsorgepflicht vorzuwerfen. Die laufenden steuerlichen Verpflichtungen der GmbH habe er stets erfüllt. In Haftung genommen werde er ausschließlich für Vorsteuern aus den fehlerhaften Rechnungen seines Vaters. Zwar habe ein Geschäftsführer bezogen auf bereits erkennbare künftige Steuerschulden eine Mittelvorsorgepflicht. Diese setze allerdings voraus, dass überhaupt Umstände bekannt seien, die auf eine bevorstehende Entstehung von Steuern schließen ließen. Solche Umstände habe es vorliegend nicht gegeben. Von der Steuerhinterziehung des B habe er keine Kenntnis gehabt. Diese sei erst durch die Betriebsprüfung aufgedeckt worden. Entgegen der Behauptung des Antragsgegners habe er sich auch in der Folgezeit ausreichend um die Begleichung der nach Betriebsprüfung festgesetzten Steuern bemüht. Mehrfach habe er mit dem Antragsgegner über eine Ratenzahlung verhandelt. Dass die GmbH letztlich insolvent gewesen sei, beruhe nicht zuletzt auf dem Beharren des Antragsgegners auf sofortige Zahlung.

14

Zudem sei der Haftungsbescheid ermessensfehlerhaft. Der Antragsgegner habe sein Auswahlermessen nicht hinreichend ausgeübt, soweit er festgestellt habe, dass sich das Auswahlermessen zwangsläufig nur auf ihn, den Antragsteller, erstrecke. Er habe bereits ausführlich dargelegt, dass B als faktischer Geschäftsführer der GmbH agiert habe. Allein dieser habe die Nachberechnung der Umsatzsteuer vorgenommen und den Steuerberater veranlasst, falsche Vorsteuerbeträge geltend zu machen. Auch habe B allein von den erhaltenen Zahlungen profitiert. Der Antragsgegner könne ihm nicht vorhalten, dass ein GmbH-Geschäftsführer sich nicht damit entlasten könne, dass er von der Führung der Geschäfte ferngehalten worden sei, weil er die Geschäftsführung durch einen anderen geduldet habe. Denn geduldet habe er gerade das Verhalten des Vaters nicht. Vielmehr habe er erst durch die Betriebsprüfung von den Vorgängen erfahren. Dies decke sich mit der Einlassung des B, willkürlich und in Eigeninitiative gehandelt zu haben. B sei schließlich zu einer Freiheitsstrafe von ... verurteilt worden, wohingegen das gegen ihn geführte Verfahren gegen eine Zahlung von ... € und ... Stunden gemeinnützige Arbeit eingestellt worden sei. Vorrangig sei mithin B in Anspruch zu nehmen. Allein aus diesem Grund sei der Haftungsbescheid aufzuheben. Die fehlerhafte Ermessensausübung werde auch nicht nachträglich dadurch geheilt, dass der Antragsgegner nunmehr auch B als faktischen Geschäftsführer in Haftung nehme. Bereits bei Erlass des Haftungsbescheides hätten stichhaltige Hinweise auf die faktische Geschäftsführung des B vorgelegen. Auf dessen Rolle habe er, der Antragsteller, bereits vor Erlass des Haftungsbescheides in zwei Schreiben hingewiesen. Zwar könne der Antragsgegner auch nachträglich den Kreis der Haftungsschuldner erweitern. Dies befreie ihn jedoch nicht von der Pflicht zur Prüfung, ob einer der potenziellen Schuldner vorrangig heranzuziehen sei.

15

Der Antragsteller beantragt,
den Haftungsbescheid vom 20. September 2017 bis einen Monat nach Ergehen einer Entscheidung über den Einspruch vom 28. September 2017 von der Vollziehung auszusetzen.

16

Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.

17

An der Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheides bestünden keinerlei Zweifel. Fehler beim Auswahlermessen seien nicht ersichtlich. Im Zeitpunkt der Prüfung einer Inanspruchnahme des Antragstellers hätten keinerlei stichhaltige Hinweise auf eine faktische Geschäftsführung des B vorgelegen. Im Rahmen des Einspruchsverfahrens habe er sein Auswahlermessen erneut ausgeübt. Mittlerweile gehe auch er von einer Haftung des B aus, auch wenn dieser seine Stellung als faktischer Geschäftsführer bestreite. Die Erweiterung des Kreises der Haftungsschuldner sei möglich. Dies ziehe auch nicht nach sich, dass der Antragsteller nunmehr nicht mehr hafte. Vielmehr seien dieser und B Gesamtschuldner.

18

Der Antragsteller habe auch pflichtwidrig gehandelt. Er habe B mit zahlreichen Befugnissen - Handeln gegenüber Banken, den Steuerberatern und innerhalb der Buchhaltung - ausgestattet und ihn arbeiten lassen. Überwachungsmaßnahmen habe er nicht getroffen. Wer jedoch Mitarbeitern freie Hand lasse und weder seine Aufsichtspflicht ausübe noch organisatorische Vorkehrungen für eine geeignete Überwachung treffe, verletze seine ihm obliegende Sorgfaltspflicht. Zudem habe er die Pflicht verletzt, die Umsatzsteuer in richtiger Höhe zu erklären und zu zahlen.

19

Dem Gericht haben ein Band Haftungsakten sowie ein Band Betriebsprüfungsakten zur Steuernummer .../.../... vorgelegen.

Entscheidungsgründe

II.

20

Der zulässige Antrag ist unbegründet.

21

1. Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts ganz oder teilweise aussetzen. Die Aussetzung soll erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (§ 69 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 Satz 2 FGO). Da weder nach dem Vortrag des Antragstellers noch nach Aktenlage Umstände ersichtlich sind, die für das Vorliegen einer unbilligen Härte sprechen, kommt vorliegend eine AdV einzig aufgrund ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheides in Betracht.

22

Ernstliche Zweifel im Sinne des § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO sind zu bejahen, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Verwaltungsakts neben für seine Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige Gründe zu Tage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der entscheidungserheblichen Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung von Tatfragen bewirken. Die Aussetzung der Vollziehung setzt nicht voraus, dass die für die Rechtswidrigkeit sprechenden Gründe überwiegen (vgl. BFH-Beschluss vom 16. Juni 2011 IV B 120/10, BFH/NV 2011, 1549, BFH-Beschluss vom 6. November 2008 IV B 126/07, BStBl II 2009, 156). Irgendeine vage Erfolgsaussicht genügt jedoch nicht. Die Entscheidung über einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ergeht wegen dessen Eilbedürftigkeit aufgrund des Prozessstoffs, der sich aus den dem Gericht vorliegenden Unterlagen, insbesondere den Akten der Finanzbehörde und präsenten Beweismittel ergibt (vgl. BFH-Beschluss vom 21. Juli 1994 IX B 78/94, BFH/NV 1995, 116). Es ist Sache der Beteiligten, die entscheidungserheblichen Tatsachen vorzutragen und glaubhaft zu machen. Die im Hauptsacheverfahren geltenden Regeln zur Feststellungslast gelten auch im Aussetzungsverfahren.

23

2. Unter Anwendung dieser Grundsätze bestehen bei der gebotenen summarischen Prüfung keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheides, jedenfalls in der streitigen Höhe von ... €.

24

a) Nach § 191 Abs. 1 Satz 1 AO kann, wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet, durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden. Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH ist die Entscheidung über die Inanspruchnahme eines Haftungsschuldners zweigliedrig. Das Finanzamt hat zunächst zu prüfen, ob in der Person oder den Personen, die es heranziehen will, die tatbestandlichen Voraussetzungen der Haftungsvorschrift erfüllt sind. Dabei handelt es sich um eine vom Gericht in vollem Umfang überprüfbare Rechtsentscheidung. Daran schließt sich die nach § 191 Abs. 1 AO zu treffende Ermessensentscheidung des Finanzamts an, ob es jemanden und ggf. wen es als Haftenden in Anspruch nehmen will. Diese auf der zweiten Stufe zu treffende Entscheidung ist gerichtlich nur im Rahmen des § 102 Satz 1 FGO auf Ermessensfehler überprüfbar (BFH-Urteil vom 11. März 2004 VII R 52/02, BStBl II 2004, 579).

25

Im Streitfall liegen bei summarischer Prüfung nach Lage der Akten die tatbestandlichen Voraussetzungen der Haftung in Höhe von ... € vor. Der Antragsteller haftet als eine der in §§ 34, 35 AO genannten Personen für die Steuerschulden der GmbH (aa) aufgrund einer Pflichtverletzung (bb), die er grob fahrlässig begangenen hat (cc) und die für den geltend gemachten Haftungsschaden in genannter Höhe ursächlich wurde (dd). Der Antragsgegner hat das ihm eingeräumte Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt (ee).

26

aa) Gemäß § 69 Satz 1 i. V. m. § 34 Abs. 1 Satz 1 AO haften die gesetzlichen Vertreter juristischer Personen, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37 AO) infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt werden.

27

Der Antragsteller ist seit 1995 alleiniger Geschäftsführer der GmbH, mithin ihr gesetzlicher Vertreter in diesem Sinn (vgl. § 35 Abs. 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung).

28

bb) Der Antragsteller handelte auch pflichtwidrig. Denn zu den steuerlichen Pflichten des Geschäftsführers einer GmbH gehört insbesondere, rechtzeitig Steuererklärungen abzugeben (§ 149 AO). Pflichtwidrig ist auch die zwar rechtzeitige, jedoch inhaltlich falsche Abgabe einer Steuererklärung (Loose in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 69 AO Rn. 12). Zudem hat er fällige Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37 Abs. 1 AO) aus den von ihm verwalteten Mitteln zu begleichen oder zumindest für eine möglichst gleichmäßige Befriedigung sämtlicher Gläubiger zu sorgen.

29

Vorliegend muss der Antragsteller sich vorhalten lassen, dass er in den Umsatzsteuervoranmeldungen bzw. den entsprechenden Jahreserklärungen für 2011 und 2012 Vorsteuerbeträge aus den Abrechnungen des B geltend machte. Die Erklärungen waren insoweit fehlerhaft.

30

cc) Der Antragsteller handelte auch grob fahrlässig. Grob fahrlässig handelt, wer die Sorgfalt, zu der er nach seinen persönlichen Kenntnissen und Fähigkeiten verpflichtet und imstande ist, in ungewöhnlich grobem Maße verletzt (Loose in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 69 AO Rz. 26). Den Antragsteller trifft ein sogenanntes Organisation- und Überwachungsverschulden.

31

(1) Der Geschäftsführer einer GmbH ist grundsätzlich nicht verpflichtet, sämtliche steuerliche Angelegenheiten der Gesellschaft ohne Einschränkung selbst zu erledigen. Er ist vielmehr befugt und bei mangelnder eigener Sachkunde sogar verpflichtet, die Erledigung anderen, sachkundigen Personen zu übertragen. Dann ist er jedoch stets verpflichtet, diejenigen Personen, denen er die Erledigung der steuerlichen Pflichten übertragen hat, laufend und sorgfältig zu überwachen, insbesondere sich so eingehend über den Geschäftsgang zu unterrichten, dass er unter normalen Umständen mit der ordnungsgemäßen Erledigung der Geschäfte rechnen kann bzw. ihm ein Fehlverhalten des beauftragten Dritten rechtzeitig erkennbar wird (BFH-Urteil vom 30. August 1994 VII R 101/92, BStBl II 1995, 278 m. w. N.). Unregelmäßigkeiten dürfen ihm nicht über einen längeren Zeitraum verborgen bleiben können. Dabei braucht er nicht jeden einzelnen Geschäftsvorgang nachzuprüfen. Solange er keine konkreten Anhaltspunkte für eine nachlässige und unzulängliche Aufgabenwahrnehmung hat, darf er sich auf die ordnungsgemäße Erledigung der übertragenen Aufgaben verlassen. Etwas anderes muss gelten, wenn der Geschäftsführer über konkrete Anhaltspunkte verfügt, die auf Versäumnisse des Dritten hindeuten (vgl. BFH-Beschluss vom 31. Oktober 2005 VII B 66/05, BFH/NV 2006, 480). Zudem bleibt er stets verpflichtet, sich über die Richtigkeit der buch- und belegmäßigen Erfassung zumindest bei herausgehobenen Geschäftsvorfällen selbst zu informieren (BFH-Beschluss vom 26. November 2008 V B 210/07 BFH/NV 2009, 362). Mangelhaftes Überwachen der zur Pflichterfüllung herangezogenen Personen ist unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls regelmäßig als grob fahrlässige Pflichtverletzung - Überwachungsverschulden - einzustufen (BFH-Urteil vom 30. August 1994 VII R 101/92, BStBl II 1995, 278 m. w. N.).

32

(2) Daran gemessen hat der Antragsteller bei summarischer Prüfung nach Lage der Akten grob fahrlässig seine Pflicht zur Organisation und Überwachung verletzt.

33

(a) Zwar ist ihm zuzugestehen, dass er sich zur Erfüllung der buchhalterischen und steuerlichen Pflichten (Erfassung und Buchung von Geschäftsvorfällen, Erstellung von Steuererklärungen) einer Buchhalterin und eines Steuerberaters bedienen durfte bzw. aufgrund mangelnder eigener Fachkenntnisse ggf. sogar bedienen musste. Auch darf er grundsätzlich darauf verweisen, dass diese stets ordnungsgemäß handelten und er grundsätzlich keine Veranlassung zur Beanstandung der von diesen Personen erfüllten Aufgaben hatte. Vorliegend jedoch handelt es sich bei der aus den "Nachberechnungen" des B geltend gemachten Vorsteuer um außergewöhnliche Geschäftsvorfälle mit einer hervorgehobenen Stellung. Dies ergibt sich bereits aus dem bloßen Volumen der aus diesen Abrechnungen geltend gemachten Vorsteuern, welche allein in den Streitjahren 13 % (2011), 23 % (2012) bzw. 42 % (2013) des gesamten Vorsteuervolumens betragen. Allein aufgrund dieser Größenordnung wäre der Antragsteller zur eigenen, gewissenhaften Prüfung dieser Beträge verpflichtet gewesen. Hinzu kommt, dass diesen "Nachberechnungen" von Umsatzsteuer ein außergewöhnlicher und damit besonders überwachungsbedürftiger Sachverhalt zugrunde liegt. Sowohl aus dem Betriebsprüfungsbericht als auch der zeugenschaftlichen Vernehmung der Buchhalterin geht hervor, dass diese "Nachberechnungen" Konsequenz eines gegen den B gerichteten strafrechtlichen sowie finanzgerichtlichen Verfahrens war. Dem B wurde insoweit vorgeworfen, Beratungs- und Provisionsleistungen nicht ordnungsgemäß mit Umsatzsteuerausweis abgerechnet und Umsatzsteuer abgeführt zu haben; diese habe er nachzuversteuern. Der Antragsteller hatte mithin konkrete Anhaltspunkte für Versäumnisse und pflichtwidriges Verhalten des B. Von einem ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsführer wäre vor diesem Hintergrund zwingend zu erwarten gewesen, dass er die von B eingereichten "Nachberechnungen" selbst gewissenhaft prüft, sie insbesondere mit den von B in den Vorjahren ausgeführten Umsätzen abgleicht. Auch hätte es nahegelegen, von B das gegen ihn ergangene finanzgerichtliche Urteil anzufordern und einzusehen.

34

(b) Der Antragsteller kann sich auch nicht damit exkulpieren, dass nach seinem Vortrag B gleichsam als faktischer Geschäftsführer willkürlich und in Eigeninitiative gehandelt und seine Rechnungen ohne Wissen und Absprache mit der Firmenleitung oder anderen Personen gestellt und abgerechnet habe.

35

Zwar bestehen insbesondere aufgrund der Aussage der Buchhalterin konkrete Anhaltspunkte für eine faktische Geschäftsführung durch B. Danach habe er Mahnungen und Zahlungen angewiesen sowie Überweisungen unterschrieben. Zudem habe er die kaufmännische Leitung innegehabt, da er die wesentlichen Entscheidungen im Unternehmen getroffen und die kaufmännische Leitung eigentlich nicht aus der Hand gegeben habe. Auch habe er mit Banken und Steuerberatern verhandelt.

36

Ein nur nomineller GmbH-Geschäftsführer kann sich aber nicht damit entlasten, dass er von der Führung der Geschäfte ferngehalten wurde und die Geschäfte tatsächlich von einem anderen geführt worden sind. Denn die Verantwortlichkeit eines Geschäftsführers für die Erfüllung der steuerlichen Pflichten einer GmbH ergibt sich allein aus seiner nominellen Bestellung. Wer die Geschäftsführung durch einen anderen faktisch duldet, hat durch geeignete Aufsichtsmaßnahmen sicherzustellen, dass dieser die steuerlichen Verpflichtungen der GmbH ordnungsgemäß und rechtzeitig erfüllt (BFH-Beschluss vom 13. Februar 1996 VII B 245/95, BFH/NV 1996, 657 m. w. N.). Sollte es mithin zutreffen, dass B die eigentliche kaufmännische Leitung der GmbH inne gehabt hat, insbesondere sich um Zahlungsverkehr, Buchhaltung und steuerliche Belange kümmerte, hätte der Antragsteller durch geeignete Aufsichtsmaßnahmen sicherstellen müssen, dass B ordnungsgemäß handelt. Dies gilt im besonderen Maße aufgrund der dem Antragsteller bekannten straf- und finanzgerichtlichen Verfahren gegen B.

37

Nach alledem musste sich einem ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsführer geradezu aufdrängen, dass die zu Gunsten des B in die Buchhaltung eingebrachten Vorgänge einer besonderen und detaillierten eigenen Überprüfung bedurften. Dies hat der Antragsteller nach Aktenlage bei summarischer Prüfung grob fahrlässig unterlassen.

38

dd) Aus dieser grob fahrlässigen Pflichtverletzung resultiert auch ein adäquat kausal verursachter Schaden in Höhe von (mindestens) ... €.

39

Knüpft die Haftung an die Verletzung der Erklärungspflicht an, ist ein haftungsbegründender Kausalzusammenhang dann gegeben, wenn zum Zeitpunkt der voraussichtlichen Festsetzung bei rechtzeitiger und richtiger Erklärung Zahlungsmittel oder vollstreckbares Vermögen zur Tilgung der Steuerlast vorhanden gewesen wäre (vgl. BFH-Urteil vom 6. März 2001 VII R 17/00, BFH/NV 2001, 1100).

40

Hinsichtlich der Umsatzsteuer 2011 und 2012 führt dies bei summarischer Prüfung zur Haftung des Antragstellers in voller Höhe von ... €. Denn hätte der Antragsteller spätestens in den Umsatzsteuerjahreserklärungen für 2011 und 2012 die entsprechenden Vorsteuerbeträge nicht geltend gemacht, hätte der Antragsgegner für 2011 einen um ... € verminderten Vorsteuerüberhang an die GmbH ausgekehrt bzw. für 2012 keinen Vorsteuerüberhang ausgekehrt, sondern die Umsatzsteuer auf ... € festgesetzt. Dafür, dass die GmbH letzteren Betrag Anfang 2014 nicht hätte begleichen können, ist nach Aktenlage nichts ersichtlich. Bereits aus diesem Grund ergibt sich eine Haftung des Antragstellers für Steuern in Höhe von ... €.

41

Der Antragsgegner geht ersichtlich von anderen Grundsätzen aus. Den Anknüpfungspunkt für eine Haftung sieht er wohl in der Nichtbegleichung der fälligen Steuerbeträge, wie sie sich nach Erlass der Änderungsbescheide nach Betriebsprüfung ergeben. Der Antragsgegner sieht die Pflicht zur anteiligen und gleichmäßigen Tilgung aller Schulden entsprechend der vorhandenen Mittel als verletzt an und nimmt den Antragsteller lediglich i. H. v. 75,6 % der offenen Steuerbeträge zuzüglich Zinsen und Säumniszuschläge in Höhe von ... € in Anspruch. Auf diese (subsidiäre) Pflichtverletzung kommt es indes hinsichtlich der Umsatzsteuerbeträge für 2011 und 2012 nicht an. Da der Antragsgegner die Haftungssumme zu Gunsten des Antragstellers zu gering angesetzt hat, führt dies auch nicht zur (teilweisen) Rechtswidrigkeit des Haftungsbescheides. Eine Verböserung zulasten des Antragsgegners kommt im gerichtlichen Verfahren nicht in Betracht.

42

Offen bleiben kann vor diesem Hintergrund, ob der Antragsteller auch hinsichtlich der Zinsen und Säumniszuschläge zur Umsatzsteuer 2011 und 2012 in Anspruch genommen werden kann. Zutreffend dürfte der Antragsgegner hinsichtlich der Zinsen und Säumniszuschläge auf die Verletzung der Pflicht zur anteiligen Tilgung abgestellt haben. Soweit er jedoch von einer Tilgungsquote von 75,6 % unter Verweis auf das Gutachten des Insolvenzverwalters vom 28. Juni 2016 verweist, ist diese Begründung bei summarischer Prüfung unzureichend. Diese Quote ergibt sich aus dem Gutachten nicht. Es fehlen zudem grundsätzliche Ausführungen zur Bestimmung des Haftungszeitraums und der Ermittlung und Entwicklung des Bestands der Verbindlichkeiten. Auch wäre eine Auseinandersetzung mit den Ausführungen des Antragstellers zur Haftungsquote in dessen Schreiben vom 30. Juni 2017 geboten gewesen.

43

Hinsichtlich der Säumniszuschläge, die laut Haftungsbescheid teilweise erst am 23. Mai 2016, mithin nach Stellung eines Antrags auf und kurz vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens fällig waren, gibt das Gericht zudem zu bedenken, dass eine Inanspruchnahme des Antragstellers aufgrund eines Anspruchs der GmbH auf Erlass wegen Zahlungsunfähigkeit ggf. nur zur Hälfte in Betracht kommt (vgl. BFH-Urteil vom 16. November 2004 IV R 8/04, BFH/NV 2005, 495 (Hinweis des Dokumentars: Das Aktenzeichen lautet zutreffend VII R 8/04)).

44

ee) Keine Zweifel bestehen auch an der rechtmäßigen Ausübung des Entschließungs- und Auswahlermessens. Der Antragsgegner hat das ihm gemäß § 191 Abs. 1 Satz 1 AO eingeräumte Ermessen fehlerfrei ausgeübt.

45

Hinsichtlich des Entschließungsermessens ist es ausreichend, dass der Antragsgegner lediglich auf die Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegen die GmbH als Steuerschuldnerin und die damit verbundene Unmöglichkeit eine Einziehung der rückständigen Steuer durch Vollstreckungsmaßnahmen hinweist (vgl. BFH-Urteil vom 13. Juni 1997 VII R 96/96, BFH/NV 1998, 4).

46

Die vom Antragsteller hinsichtlich des Auswahlermessens gerügte Ermessensunterschreitung liegt nicht vor. Denn der Antragsgegner hat jedenfalls unter Berücksichtigung seines Schreibens vom 24. Oktober 2017 im Rahmen des Einspruchsverfahrens hinreichend zum Ausdruck gebracht, warum er den Antragsteller in Anspruch nimmt. Zur hinreichenden Darlegung des Auswahlermessens genügt es, wenn sich aus den Ausführungen des Finanzamts ergibt, dass neben dem Betroffenen andere Haftungsschuldner in Anspruch genommen worden sind bzw. sie in Anspruch genommen werden können. In die Ermessenserwägungen sind dabei sämtliche Personen einzubeziehen, die nach den Haftungsvorschriften für dieselben Steuern haften. Unter den einzelnen Haftungstatbeständen besteht keinerlei Rangordnung (vgl. BFH-Urteil vom 11. März 2004 VII R 52/02, BStBl II 2004, 579). Mehrere Haftungsschuldner haften regelmäßig gleichrangig nebeneinander.

47

Diesen Grundsätzen hat der Antragsgegner genüge getan. Spätestens in seinem Schreiben vom 24. Oktober 2017 hat er hinreichend dargetan, dass er eine mögliche Inanspruchnahme des B als Haftungsschuldner aufgrund faktischer Geschäftsführung geprüft hat und diesen auch in Anspruch nehmen wird. Dabei war es nicht ermessensfehlerhaft, aufgrund der bloßen Möglichkeit der - von B bisher bestrittenen - Haftung des faktischen Geschäftsführers nicht gänzlich von einer Haftung des Antragstellers abzusehen. Denn selbst der nominelle Geschäftsführer ohne jegliche tatsächliche Möglichkeit zur Geschäftsführung haftet grundsätzlich neben einem faktischen Geschäftsführer (BFH-Urteil vom 11. März 2004 VII R 52/02, BStBl II 2004, 579). Entgegen der Sicht des Antragstellers gibt es keine Pflicht, den faktischen Geschäftsführer vorrangig in Anspruch zu nehmen.

48

3. Der Antragsteller hat gemäß § 135 Abs. 1 FGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gründe für die Zulassung der Beschwerde nach § 128 Abs. 3 i. V. m. § 115 Abs. 2 FGO liegen nicht vor.

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Abgabenordnung - AO 1977 | § 34 Pflichten der gesetzlichen Vertreter und der Vermögensverwalter


(1) Die gesetzlichen Vertreter natürlicher und juristischer Personen und die Geschäftsführer von nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen und Vermögensmassen haben deren steuerliche Pflichten zu erfüllen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 102


Soweit die Finanzbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln oder zu entscheiden, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Er

Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung - GmbHG | § 35 Vertretung der Gesellschaft


(1) Die Gesellschaft wird durch die Geschäftsführer gerichtlich und außergerichtlich vertreten. Hat eine Gesellschaft keinen Geschäftsführer (Führungslosigkeit), wird die Gesellschaft für den Fall, dass ihr gegenüber Willenserklärungen abgegeben oder

Abgabenordnung - AO 1977 | § 69 Haftung der Vertreter


Die in den §§ 34 und 35 bezeichneten Personen haften, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37) infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt

Abgabenordnung - AO 1977 | § 149 Abgabe der Steuererklärungen


(1) Die Steuergesetze bestimmen, wer zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet ist. Zur Abgabe einer Steuererklärung ist auch verpflichtet, wer hierzu von der Finanzbehörde aufgefordert wird. Die Aufforderung kann durch öffentliche Bekanntmachung

Abgabenordnung - AO 1977 | § 35 Pflichten des Verfügungsberechtigten


Wer als Verfügungsberechtigter im eigenen oder fremden Namen auftritt, hat die Pflichten eines gesetzlichen Vertreters (§ 34 Abs. 1), soweit er sie rechtlich und tatsächlich erfüllen kann.

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Finanzgericht Hamburg Beschluss, 06. Feb. 2018 - 2 V 324/17 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

Finanzgericht Hamburg Beschluss, 06. Feb. 2018 - 2 V 324/17 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesfinanzhof Beschluss, 16. Juni 2011 - IV B 120/10

bei uns veröffentlicht am 16.06.2011

Tatbestand 1 I. Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Festsetzungen von Verzögerungsgeldern.

Referenzen

(1) Rechnung ist jedes Dokument, mit dem über eine Lieferung oder sonstige Leistung abgerechnet wird, gleichgültig, wie dieses Dokument im Geschäftsverkehr bezeichnet wird. Die Echtheit der Herkunft der Rechnung, die Unversehrtheit ihres Inhalts und ihre Lesbarkeit müssen gewährleistet werden. Echtheit der Herkunft bedeutet die Sicherheit der Identität des Rechnungsausstellers. Unversehrtheit des Inhalts bedeutet, dass die nach diesem Gesetz erforderlichen Angaben nicht geändert wurden. Jeder Unternehmer legt fest, in welcher Weise die Echtheit der Herkunft, die Unversehrtheit des Inhalts und die Lesbarkeit der Rechnung gewährleistet werden. Dies kann durch jegliche innerbetriebliche Kontrollverfahren erreicht werden, die einen verlässlichen Prüfpfad zwischen Rechnung und Leistung schaffen können. Rechnungen sind auf Papier oder vorbehaltlich der Zustimmung des Empfängers elektronisch zu übermitteln. Eine elektronische Rechnung ist eine Rechnung, die in einem elektronischen Format ausgestellt und empfangen wird.

(2) Führt der Unternehmer eine Lieferung oder eine sonstige Leistung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 aus, gilt Folgendes:

1.
führt der Unternehmer eine steuerpflichtige Werklieferung (§ 3 Abs. 4 Satz 1) oder sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück aus, ist er verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung eine Rechnung auszustellen;
2.
führt der Unternehmer eine andere als die in Nummer 1 genannte Leistung aus, ist er berechtigt, eine Rechnung auszustellen. Soweit er einen Umsatz an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen oder an eine juristische Person, die nicht Unternehmer ist, ausführt, ist er verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung eine Rechnung auszustellen. Eine Verpflichtung zur Ausstellung einer Rechnung besteht nicht, wenn der Umsatz nach § 4 Nummer 8 bis 29 steuerfrei ist. § 14a bleibt unberührt.
Unbeschadet der Verpflichtungen nach Satz 1 Nr. 1 und 2 Satz 2 kann eine Rechnung von einem in Satz 1 Nr. 2 bezeichneten Leistungsempfänger für eine Lieferung oder sonstige Leistung des Unternehmers ausgestellt werden, sofern dies vorher vereinbart wurde (Gutschrift). Die Gutschrift verliert die Wirkung einer Rechnung, sobald der Empfänger der Gutschrift dem ihm übermittelten Dokument widerspricht. Eine Rechnung kann im Namen und für Rechnung des Unternehmers oder eines in Satz 1 Nr. 2 bezeichneten Leistungsempfängers von einem Dritten ausgestellt werden.

(3) Unbeschadet anderer nach Absatz 1 zulässiger Verfahren gelten bei einer elektronischen Rechnung die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit des Inhalts als gewährleistet durch

1.
eine qualifizierte elektronische Signatur oder
2.
elektronischen Datenaustausch (EDI) nach Artikel 2 der Empfehlung 94/820/EG der Kommission vom 19. Oktober 1994 über die rechtlichen Aspekte des elektronischen Datenaustausches (ABl. L 338 vom 28.12.1994, S. 98), wenn in der Vereinbarung über diesen Datenaustausch der Einsatz von Verfahren vorgesehen ist, die die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit der Daten gewährleisten.

(4) Eine Rechnung muss folgende Angaben enthalten:

1.
den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers und des Leistungsempfängers,
2.
die dem leistenden Unternehmer vom Finanzamt erteilte Steuernummer oder die ihm vom Bundeszentralamt für Steuern erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer,
3.
das Ausstellungsdatum,
4.
eine fortlaufende Nummer mit einer oder mehreren Zahlenreihen, die zur Identifizierung der Rechnung vom Rechnungsaussteller einmalig vergeben wird (Rechnungsnummer),
5.
die Menge und die Art (handelsübliche Bezeichnung) der gelieferten Gegenstände oder den Umfang und die Art der sonstigen Leistung,
6.
den Zeitpunkt der Lieferung oder sonstigen Leistung; in den Fällen des Absatzes 5 Satz 1 den Zeitpunkt der Vereinnahmung des Entgelts oder eines Teils des Entgelts, sofern der Zeitpunkt der Vereinnahmung feststeht und nicht mit dem Ausstellungsdatum der Rechnung übereinstimmt,
7.
das nach Steuersätzen und einzelnen Steuerbefreiungen aufgeschlüsselte Entgelt für die Lieferung oder sonstige Leistung (§ 10) sowie jede im Voraus vereinbarte Minderung des Entgelts, sofern sie nicht bereits im Entgelt berücksichtigt ist,
8.
den anzuwendenden Steuersatz sowie den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag oder im Fall einer Steuerbefreiung einen Hinweis darauf, dass für die Lieferung oder sonstige Leistung eine Steuerbefreiung gilt,
9.
in den Fällen des § 14b Abs. 1 Satz 5 einen Hinweis auf die Aufbewahrungspflicht des Leistungsempfängers und
10.
in den Fällen der Ausstellung der Rechnung durch den Leistungsempfänger oder durch einen von ihm beauftragten Dritten gemäß Absatz 2 Satz 2 die Angabe „Gutschrift”.
In den Fällen des § 10 Abs. 5 sind die Nummern 7 und 8 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Bemessungsgrundlage für die Leistung (§ 10 Abs. 4) und der darauf entfallende Steuerbetrag anzugeben sind. Unternehmer, die § 24 Abs. 1 bis 3 anwenden, sind jedoch auch in diesen Fällen nur zur Angabe des Entgelts und des darauf entfallenden Steuerbetrags berechtigt. Die Berichtigung einer Rechnung um fehlende oder unzutreffende Angaben ist kein rückwirkendes Ereignis im Sinne von § 175 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und § 233a Absatz 2a der Abgabenordnung.

(5) Vereinnahmt der Unternehmer das Entgelt oder einen Teil des Entgelts für eine noch nicht ausgeführte Lieferung oder sonstige Leistung, gelten die Absätze 1 bis 4 sinngemäß. Wird eine Endrechnung erteilt, sind in ihr die vor Ausführung der Lieferung oder sonstigen Leistung vereinnahmten Teilentgelte und die auf sie entfallenden Steuerbeträge abzusetzen, wenn über die Teilentgelte Rechnungen im Sinne der Absätze 1 bis 4 ausgestellt worden sind.

(6) Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens durch Rechtsverordnung bestimmen, in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen

1.
Dokumente als Rechnungen anerkannt werden können,
2.
die nach Absatz 4 erforderlichen Angaben in mehreren Dokumenten enthalten sein können,
3.
Rechnungen bestimmte Angaben nach Absatz 4 nicht enthalten müssen,
4.
eine Verpflichtung des Unternehmers zur Ausstellung von Rechnungen mit gesondertem Steuerausweis (Absatz 4) entfällt oder
5.
Rechnungen berichtigt werden können.

(7) Führt der Unternehmer einen Umsatz im Inland aus, für den der Leistungsempfänger die Steuer nach § 13b schuldet, und hat der Unternehmer im Inland weder seinen Sitz noch seine Geschäftsleitung, eine Betriebsstätte, von der aus der Umsatz ausgeführt wird oder die an der Erbringung dieses Umsatzes beteiligt ist, oder in Ermangelung eines Sitzes seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, so gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 6 für die Rechnungserteilung die Vorschriften des Mitgliedstaats, in dem der Unternehmer seinen Sitz, seine Geschäftsleitung, eine Betriebsstätte, von der aus der Umsatz ausgeführt wird, oder in Ermangelung eines Sitzes seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat. Satz 1 gilt nicht, wenn eine Gutschrift gemäß Absatz 2 Satz 2 vereinbart worden ist. Nimmt der Unternehmer in einem anderen Mitgliedstaat an einem der besonderen Besteuerungsverfahren entsprechend Titel XII Kapitel 6 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. L 347 vom 11.12.2006, S. 1) in der jeweils gültigen Fassung teil, so gelten für die in den besonderen Besteuerungsverfahren zu erklärenden Umsätze abweichend von den Absätzen 1 bis 6 für die Rechnungserteilung die Vorschriften des Mitgliedstaates, in dem der Unternehmer seine Teilnahme anzeigt.

(1) Durch Erhebung der Klage wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts vorbehaltlich des Absatzes 5 nicht gehemmt, insbesondere die Erhebung einer Abgabe nicht aufgehalten. Entsprechendes gilt bei Anfechtung von Grundlagenbescheiden für die darauf beruhenden Folgebescheide.

(2) Die zuständige Finanzbehörde kann die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen. Auf Antrag soll die Aussetzung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Die Aussetzung kann von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden. Soweit die Vollziehung eines Grundlagenbescheides ausgesetzt wird, ist auch die Vollziehung eines Folgebescheides auszusetzen. Der Erlass eines Folgebescheides bleibt zulässig. Über eine Sicherheitsleistung ist bei der Aussetzung eines Folgebescheides zu entscheiden, es sei denn, dass bei der Aussetzung der Vollziehung des Grundlagenbescheides die Sicherheitsleistung ausdrücklich ausgeschlossen worden ist. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, tritt an die Stelle der Aussetzung der Vollziehung die Aufhebung der Vollziehung. Bei Steuerbescheiden sind die Aussetzung und die Aufhebung der Vollziehung auf die festgesetzte Steuer, vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge, um die anzurechnende Körperschaftsteuer und um die festgesetzten Vorauszahlungen, beschränkt; dies gilt nicht, wenn die Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.

(3) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen; Absatz 2 Satz 2 bis 6 und § 100 Abs. 2 Satz 2 gelten sinngemäß. Der Antrag kann schon vor Erhebung der Klage gestellt werden. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, kann das Gericht ganz oder teilweise die Aufhebung der Vollziehung, auch gegen Sicherheit, anordnen. Absatz 2 Satz 8 gilt entsprechend. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(4) Der Antrag nach Absatz 3 ist nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Finanzbehörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(5) Durch Erhebung der Klage gegen die Untersagung des Gewerbebetriebes oder der Berufsausübung wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts gehemmt. Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, kann die hemmende Wirkung durch besondere Anordnung ganz oder zum Teil beseitigen, wenn sie es im öffentlichen Interesse für geboten hält; sie hat das öffentliche Interesse schriftlich zu begründen. Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die hemmende Wirkung wiederherstellen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(6) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach den Absätzen 3 und 5 Satz 3 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(7) Lehnt die Behörde die Aussetzung der Vollziehung ab, kann das Gericht nur nach den Absätzen 3 und 5 Satz 3 angerufen werden.

Tatbestand

1

I. Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Festsetzungen von Verzögerungsgeldern.

2

Im Rahmen der Durchführung einer Außenprüfung forderte der Antragsgegner und Beschwerdeführer (das Finanzamt --FA--) die Antragstellerin und Beschwerdegegnerin (Antragstellerin) mit Schreiben vom 1. März 2010, 8. und 21. April 2010 --Letzteres unter Fristsetzung bis zum 27. April 2010-- gemäß § 200 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) auf, Buchführungsunterlagen und Datenträger vorzulegen. Für den Fall der nicht fristgerechten Vorlage drohte das FA in dem Schreiben vom 21. April 2010 die Festsetzung eines Verzögerungsgelds in Höhe von jeweils 2.500 € an.

3

Bis zum Fristablauf überreichte die Antragstellerin lediglich einen Datenträger.

4

Mit Bescheid vom 1. Juni 2010 setzte das FA der Antragstellerin gegenüber ein Verzögerungsgeld in Höhe von 2.500 € fest.

5

Den dagegen eingelegten Einspruch und den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) lehnte das FA ab.

6

Die gegen den Bescheid vom 1. Juni 2010 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung erhobene Klage ist beim Finanzgericht (FG) unter dem Aktenzeichen 3 K 1235/10 anhängig.

7

Mit weiterem Schreiben vom 21. Juni 2010 forderte das FA die Antragstellerin erneut auf, die Buchführungsunterlagen bis zum 29. Juni 2010 vorzulegen. In dem Schreiben wies das FA auf die Möglichkeit der Festsetzung eines Verzögerungsgelds gemäß § 146 Abs. 2b AO hin.

8

Mit Bescheid vom 29. Juni 2010 setzte das FA der Antragstellerin gegenüber ein (weiteres) Verzögerungsgeld in Höhe von 3.000 € fest, da diese der (erneuten) Aufforderung vom 21. Juni 2010 nicht nachgekommen sei.

9

Dagegen hat die Antragstellerin Sprungklage erhoben, der das FA jedoch nicht zugestimmt hat. Eine Einspruchsentscheidung ist bislang nicht ergangen. Den gleichfalls gestellten Antrag auf AdV lehnte das FA ab.

10

Am 7. September 2010 beantragte die Antragstellerin die AdV der Bescheide vom 1. Juni 2010 und vom 29. Juni 2010 beim FG.

11

Während des anhängigen Verfahrens ersetzte das FA mit Bescheiden vom 1. Oktober 2010 die Bescheide vom 1. Juni 2010 und vom 29. Juni 2010, jeweils verbunden mit der ausdrücklichen Feststellung, dass die Festsetzung des Verzögerungsgelds nach erneuter Überprüfung bestehen bleibe. In den Bescheiden vom 1. Oktober 2010 hat das FA umfassend zu seinen Ermessenserwägungen Stellung genommen.

12

Das FG hat die Vollziehung der Bescheide vom 1. Oktober 2010 ausgesetzt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

13

Die Bescheide vom 1. Oktober 2010 seien in entsprechender Anwendung des § 68 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Verfahrens geworden. Der Antrag sei angesichts des Begehrens der Antragstellerin dahingehend auszulegen, dass nunmehr die AdV der Bescheide vom 1. Oktober 2010 begehrt werde.

14

Der Antrag sei begründet, da ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Bescheide bestünden.

15

Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 1. Juni 2010 in der geänderten Fassung vom 1. Oktober 2010 bestünden deshalb, weil das FA im Rahmen der neuerlichen Ausübung seines Ermessens unberücksichtigt gelassen habe, dass zwischenzeitlich mit der Festsetzung eines höheren Verzögerungsgelds ein relevantes Ereignis eingetreten sei. Es treffe deshalb nicht zu, wenn das FA von einer erstmaligen Sanktionsmaßnahme ausgehe.

16

Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 29. Juni 2010 in der geänderten Fassung vom 1. Oktober 2010 bestünden insoweit, als das FA die mehrfache Festsetzung eines Verzögerungsgelds wegen fortdauernder Nichtvorlage derselben angeforderten Unterlagen i.S. des § 200 Abs. 1 AO auf § 146 Abs. 2b AO gestützt habe. Eine ausdrückliche diesbezügliche Regelung finde sich in § 146 Abs. 2b AO nicht. Es sei auch kein Verweis auf § 332 Abs. 3 AO enthalten, wonach eine erneute Zwangsgeldandrohung wegen derselben Verpflichtung möglich sei. Eine analoge Anwendung dieser Regelung verbiete sich wegen der unterschiedlichen Zielsetzung von Verzögerungsgeld und Zwangsgeld.

17

Zudem seien ernstliche Zweifel dadurch begründet, dass das FA mit den seiner Auffassung nach aussichtslosen Anträgen auf AdV der Prüfungsanordnung bei der Ermessensentscheidung sachfremde Umstände berücksichtigt habe.

18

Mit der vom FG zugelassenen (§ 128 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 115 Abs. 2 FGO) Beschwerde macht das FA geltend, dass die Änderungsbescheide vom 1. Oktober 2010 rechtmäßig seien.

19

Im Rahmen der Ermessensausübung bei dem Änderungsbescheid vom 1. Oktober 2010, soweit er die erstmalige Festsetzung des Verzögerungsgelds betroffen habe, sei die weitere Festsetzung eines Verzögerungsgelds nicht zu berücksichtigen gewesen. Beide Festsetzungen hätten auf verschiedenen Mitwirkungsverlangen beruht und seien daher unabhängig voneinander zu beurteilen.

20

Auch die Festsetzung eines erneuten Verzögerungsgelds sei rechtmäßig, da die Sanktion nach dem Wortlaut des § 146 Abs. 2b AO an die jeweilige Aufforderung anknüpfe. Anders als beim Zwangsgeld werde daher nicht dieselbe Pflichtverletzung sanktioniert.

21

Auch habe das FA zu Recht im Rahmen der Ermessensentscheidung berücksichtigt, dass die Antragstellerin durch eine Reihe von Anträgen auf AdV der Prüfungsanordnung, welche wegen der eingetretenen Bestandskraft aussichtslos gewesen seien, die Durchführung der Außenprüfung zu verhindern gesucht habe. Vollstreckungsmaßnahmen hätten grundsätzlich zu unterbleiben, soweit über einen Aussetzungsantrag noch nicht entschieden worden sei. Im Übrigen seien diese Ausführungen erkennbar nur ergänzend und nicht tragend gewesen.

22

Das FA beantragt sinngemäß,

den Beschluss des FG aufzuheben und die Anträge auf AdV der Bescheide vom 1. Oktober 2010 als unbegründet abzulehnen.

23

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,

die Beschwerde zurückzuweisen.

24

Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus:

Solange der Verwaltungsakt --hier Anforderung von Buchführungsunterlagen-- nicht bestandskräftig und über ein diesbezügliches Aussetzungsverfahren noch nicht entschieden worden sei, könne kein Verzögerungsgeld festgesetzt werden. Es sei auch nicht zulässig, das Verzögerungsgeld zu vervielfachen, indem es auf mehrere Verpflichtungen atomisiert werde - hier Datenträger und Buchführungsunterlagen.

25

Die Ermessenserwägungen hätten spätestens im Rahmen der Einspruchsentscheidung dargelegt werden müssen. Eine Nachholung in einem finanzgerichtlichen Verfahren sei nicht möglich. Das FA habe zudem nicht dargelegt, welche konkrete zeitliche Verzögerung eingetreten sei.

26

Die Verzögerungsgelder seien auch fehlerhaft gegen die Antragstellerin festgesetzt worden. Zutreffend hätten sich die Bescheide gegen die gemäß § 34 AO für die Erfüllung der steuerlichen Pflichten zuständigen Geschäftsführer (hier die Gesellschafter) der Antragstellerin richten müssen.

27

Die Festsetzung eines erneuten Verzögerungsgelds sei auch deshalb unzulässig, weil über die erste Festsetzung noch nicht bestandskräftig entschieden worden sei. Auch sei die Zeitspanne zwischen den beiden Festsetzungsbescheiden zu kurz bemessen. Zudem sei zweifelhaft, ob die mehrfache Festsetzung eines Verzögerungsgelds wegen fortdauernder Nichtvorlage derselben Unterlagen von § 146 Abs. 2b AO gedeckt sei.

28

Im Übrigen könne ein Verzögerungsgeld nur im Zusammenhang mit einer Buchführungsverlagerung nach § 146 Abs. 2a AO festgesetzt werden.

Entscheidungsgründe

29

II. 1. Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 FGO kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts ganz oder teilweise aussetzen.

30

a) Die Aussetzung soll erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (§ 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO). Ernstliche Zweifel i.S. des § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO sind zu bejahen, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Verwaltungsakts neben für seine Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der entscheidungserheblichen Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung von Tatfragen bewirken (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 10. Februar 1967 III B 9/66, BFHE 87, 447, BStBl III 1967, 182, seitdem ständige Rechtsprechung). Die AdV setzt nicht voraus, dass die für die Rechtswidrigkeit sprechenden Gründe überwiegen (vgl. BFH-Beschluss vom 6. November 2008 IV B 126/07, BFHE 223, 294, BStBl II 2009, 156).

31

b) Die Entscheidung über einen Antrag auf AdV ergeht wegen dessen Eilbedürftigkeit aufgrund des Prozessstoffs, der sich aus den dem Gericht vorliegenden Unterlagen, insbesondere den Akten der Finanzbehörde und präsenten Beweismitteln ergibt (BFH-Beschluss vom 21. Juli 1994 IX B 78/94, BFH/NV 1995, 116). Aus diesen Unterlagen hat das Gericht seine Feststellungen zum Sachverhalt zu treffen. Im Beschwerdeverfahren gegen die Entscheidung über einen Antrag auf AdV durch das FG hat der BFH als Tatsachengericht grundsätzlich selbst die Befugnis und Pflicht zur Tatsachenfeststellung (BFH-Beschluss in BFHE 223, 294, BStBl II 2009, 156, m.w.N.).

32

c) Die Beschwerde ist statthaft, weil das FG sie zugelassen hat (§ 128 Abs. 3 FGO). Der BFH ist daran --abgesehen von Fällen greifbarer Gesetzeswidrigkeit-- gebunden (BFH-Beschluss vom 6. Februar 2009 IV B 125/08, BFH/NV 2009, 760, m.w.N.).

33

d) Zutreffend ist das FG davon ausgegangen, dass die Bescheide vom 1. Oktober 2010 in entsprechender Anwendung des § 68 Satz 1 FGO zum Gegenstand des Verfahrens geworden sind.

34

§ 68 Satz 1 FGO greift u.a. dann ein, wenn ein angefochtener Verwaltungsakt aus formellen Gründen aufgehoben und inhaltsgleich wiederholt wird. Dies gilt gleichermaßen auch dann, wenn der ursprüngliche Bescheid keine hinreichenden Ausführungen zur Ermessensausübung enthält und diese in dem "ersetzenden" Bescheid nachgeholt werden (BFH-Urteil vom 16. Dezember 2008 I R 29/08, BFHE 224, 195, BStBl II 2009, 539, m.w.N.). Der Anwendungsbereich des § 68 FGO ist auch eröffnet, wenn die Hauptsache sich noch im Vorverfahren befindet und der Änderungsbescheid gemäß § 365 Abs. 3 AO Gegenstand des Vorverfahrens geworden ist (BFH-Beschluss vom 25. Oktober 1994 VIII B 101/94, BFH/NV 1995, 611).

35

Die Bescheide vom 1. Oktober 2010 sind in ihrem Regelungsausspruch inhaltsgleich mit den Bescheiden vom 1. Juni 2010 und vom 29. Juni 2010. In den Bescheiden vom 1. Oktober 2010 sind lediglich die Ermessenserwägungen nachgeholt worden. Die ersetzenden Bescheide sind daher entsprechend § 68 Satz 1 FGO zum Gegenstand des Verfahrens geworden.

36

2. Vorliegend bestehen bei summarischer Prüfung keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 1. Juni 2010 in der geänderten Fassung vom 1. Oktober 2010.

37

Das FA hat die Festsetzung des Verzögerungsgelds in Höhe von 2.500 € wegen Nichtvorlage der Buchführungsunterlagen zu Recht auf § 146 Abs. 2b AO gestützt.

38

a) Nach der Regelung des § 146 Abs. 2b AO kann ein Verzögerungsgeld von 2.500 € bis 250.000 € festgesetzt werden, wenn ein Steuerpflichtiger der Aufforderung zur Rückverlagerung seiner elektronischen Buchführung oder seinen Pflichten nach § 146 Abs. 2a Satz 4 AO, zur Einräumung des Datenzugriffs nach § 147 Abs. 6 AO, zur Erteilung von Auskünften oder zur Vorlage angeforderter Unterlagen i.S. des § 200 Abs. 1 AO im Rahmen einer Außenprüfung innerhalb einer ihm bestimmten angemessenen Frist nach Bekanntgabe durch die zuständige Finanzbehörde nicht nachkommt oder er seine elektronische Buchführung ohne Bewilligung der zuständigen Finanzbehörde ins Ausland verlagert hat.

39

Das Verzögerungsgeld wurde durch Art. 10 Nr. 8 des Jahressteuergesetzes 2009 vom 19. Dezember 2008 (BGBl I 2008, 2794) --JStG 2009-- mit Wirkung vom 25. Dezember 2008 (Art. 39 Abs. 1, Abs. 8 JStG 2009) als neue steuerliche Nebenleistung (§ 3 Abs. 4 AO) eingeführt. Die Einführung des Verzögerungsgelds stand im engen Kontext mit der ebenfalls durch das JStG 2009 eingeführten Regelung in § 146 Abs. 2a AO. Danach kann das Finanzamt dem Steuerpflichtigen unter bestimmten Voraussetzungen bewilligen, seine Buchführung in das Ausland zu verlagern. Für den Fall, dass die Voraussetzungen nicht oder nicht mehr vorliegen, kann die Bewilligung widerrufen und die unverzügliche Rückverlagerung verlangt werden (§ 146 Abs. 2a Satz 3 AO). Um den Steuerpflichtigen in diesem Fall zu einer zeitnahen Rückverlagerung der Buchführung anzuhalten, ist die Möglichkeit der Festsetzung eines Verzögerungsgelds normiert worden.

40

Über diesen direkten Normzusammenhang hinaus kann nach dem zuvor dargelegten Wortlaut ein Verzögerungsgeld aber auch dann verhängt werden, wenn ein Steuerpflichtiger einer Aufforderung des Finanzamts zur Erteilung von Auskünften oder zur Vorlage angeforderter Unterlagen i.S. von § 200 Abs. 1 AO im Rahmen einer Außenprüfung innerhalb einer angemessenen Frist nicht nachkommt (Urteil des Schleswig-Holsteinischen FG vom 1. Februar 2011  3 K 64/10, Entscheidungen der Finanzgerichte 2011, 846; ebenso Geißler, Neue Wirtschaftsbriefe 2009, 4076; Klein/Rätke, AO, 10. Aufl., § 146 Rz 5b; Gebbers, Die steuerliche Betriebsprüfung 2009, 130). Es erscheint zwar systematisch missglückt, die Regelung des Verzögerungsgelds wegen der Verletzung von Mitwirkungspflichten bei einer Außenprüfung mit einem Verzögerungsgeld im Zusammenhang mit anderen Verpflichtungen zu verbinden. Sie hätte, worauf Drüen in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 146 AO Rz 51 zutreffend hinweist, besser in § 200 AO verortet werden sollen. Angesichts des eindeutigen Wortlauts kann aber allein aus der unzureichenden systematischen Verortung nicht darauf geschlossen werden, dass ein Verzögerungsgeld nur im Zusammenhang mit einer ohne Bewilligung der Finanzbehörde erfolgten Verlagerung der Buchführung ins Ausland oder unterbliebener Rückverlagerung der Buchführung aus dem Ausland festgesetzt werden darf (so aber Drüen in Tipke/Kruse, a.a.O., § 146 AO Rz 51). Dieses Verständnis der Norm wird durch die Gesetzesbegründung gestützt. Danach soll das Verzögerungsgeld im Falle der Verletzung von Mitwirkungspflichten gleichermaßen gelten, um eine Ungleichbehandlung von Steuerpflichtigen, die ihre Bücher und sonstigen Aufzeichnungen im Ausland führen, gegenüber solchen Steuerpflichtigen, die dies im Inland tun, zu vermeiden (vgl. BTDrucks 16/10189, S. 81). Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob eine Erstreckung des Verzögerungsgelds auch auf Fälle sonstiger Mitwirkungsverletzungen aus Gründen der Gleichbehandlung überhaupt erforderlich gewesen wäre (ablehnend Drüen in Tipke/Kruse, a.a.O., § 146 AO Rz 51).

41

b) Der Tatbestand des § 146 Abs. 2b AO ist vorliegend erfüllt. Gegenüber der Antragstellerin ist mit Bescheid vom 9. Mai 2008 eine Außenprüfung angeordnet worden. Der Bescheid ist nach Abschluss des dagegen gerichteten Klage- und Revisionszulassungsverfahrens bestandskräftig (siehe BFH-Beschluss vom 19. November 2009 IV B 62/09, BFH/NV 2010, 595).

42

aa) Das FA durfte deshalb die Aufforderung an die Antragstellerin vom 1. März 2010, 8. und 21. April 2010 zur Vorlage der Buchführungsunterlagen zuletzt bis zum 27. April 2010 erlassen. Die relativ kurze Frist war angesichts der besonderen Umstände des Streitfalls noch angemessen. Zum einen war die Antragstellerin bereits mehrmals zur Vorlage der Buchführungsunterlagen aufgefordert worden. Zum anderen hat die Antragstellerin durch selbst mit nicht statthaften Anträgen verbundene Rechtsbehelfe gegen sämtliche Mitwirkungsverlangen des Prüfers fortwährend Verzögerungen bewirkt.

43

bb) Der Festsetzung des Verzögerungsgelds steht nicht entgegen, dass die Antragstellerin die Aufforderung zur Vorlage der Buchführungsunterlagen mit Rechtsmitteln angegriffen hat. Maßgeblich ist allein, dass die Aufforderung vollziehbar war. Nach Aktenlage wurden die Anträge auf AdV der Aufforderungen zur Vorlage der Buchführungsunterlagen abgelehnt.

44

cc) Im Streitfall bedarf es keiner Ausführungen dazu, ob und inwieweit § 146 Abs. 2b AO eine Vervielfachung der Festsetzung des Verzögerungsgelds dadurch ermöglicht, dass sich die vorherige Aufforderung auf eine Vielzahl von Unterlagen erstreckt. Denn das FA hat in dem Bescheid vom 1. Juni 2010 in der geänderten Fassung vom 1. Oktober 2010 nur den Mindestbetrag von 2.500 € festgesetzt, so dass sich das Problem einer Vervielfachung des Verzögerungsgelds nicht stellt.

45

dd) Der Bescheid über die Festsetzung des Verzögerungsgelds ist ebenso wie die Aufforderung zur Vorlage der Buchführungsunterlagen zutreffend an die Antragstellerin als Inhaltsadressatin gerichtet worden. Insoweit kann für diese Bescheide nichts anderes gelten als für die Prüfungsanordnung. Unterhält eine Personengesellschaft einen Gewerbebetrieb (§ 193 Abs. 1 AO), ist sie selbst Prüfungssubjekt und damit Inhaltsadressatin der Prüfungsanordnung nicht nur für die Steuern, die sie persönlich schuldet (z.B. Gewerbesteuer und Umsatzsteuer), sondern gleichermaßen im Hinblick auf die gesondert und einheitlich festzustellenden Einkünfte ihrer Gesellschafter (BFH-Urteil vom 26. Juni 2007 IV R 75/05, Deutsches Steuerrecht/ Entscheidungsdienst 2008, 341). Auch im Streitfall war die Prüfungsanordnung zutreffend an die Antragstellerin als Inhaltsadressatin gerichtet. Entsprechend oblagen ihr auch die Mitwirkungspflichten im Zusammenhang mit der Durchführung der Außenprüfung.

46

ee) Der Senat hat bei summarischer Prüfung schließlich auch keine ernstlichen Zweifel daran, dass das FA sein Entschließungsermessen im Hinblick auf das Ob einer Festsetzung des Verzögerungsgelds und sein Auswahlermessen im Hinblick auf die Höhe des Verzögerungsgelds zutreffend ausgeübt hat.

47

Das FA musste beim Erlass des Bescheids vom 1. Oktober 2010, mit dem der Bescheid vom 1. Juni 2010 geändert bzw. ersetzt worden ist, im Rahmen der Ermessensausübung nicht berücksichtigen, dass zwischenzeitlich ein höheres Verzögerungsgeld festgesetzt worden ist. Anders als das FG meint, ist die Festsetzung eines weiteren Verzögerungsgelds jedenfalls im Streitfall kein relevantes Ereignis, welches in die Ermessenserwägungen des ersten Bescheids miteinzubeziehen gewesen wäre.

48

Zutreffend weist das FA darauf hin, dass beide Bescheide auf voneinander unabhängigen Mitwirkungsverlangen beruhen, nämlich einerseits den Aufforderungen vom 1. März 2010, 8. und 21. April 2010 und andererseits der Aufforderung vom 21. Juni 2010. Zwar liegt es nahe, dass die erstmalige Festsetzung eines Verzögerungsgelds in die Ermessenserwägung (Auswahlermessen) im Rahmen der betragsmäßigen Festsetzung eines weiteren Verzögerungsgelds einzufließen hat, soweit eine weitere Festsetzung dem Grunde nach überhaupt zulässig ist (dazu unter II.3.). Umgekehrt kann die Festsetzung eines weiteren Verzögerungsgelds aber keinerlei Einfluss auf die erstmalige Festsetzung eines Verzögerungsgelds haben. Die Ermessenserwägungen sind vielmehr ausschließlich auf diesen erstmalig verwirklichten Sachverhalt zu beziehen. Später eintretende Umstände sind auch nicht dann im Rahmen der Ermessensausübung zu berücksichtigen, wenn, wie im Streitfall, das FA die zunächst unterlassenen Ermessenserwägungen in einem Änderungs- bzw. Ersetzungsbescheid zu einem Zeitpunkt nachholt, in dem ein weiteres Verzögerungsgeld bereits festgesetzt worden ist. Denn ungeachtet der zwischenzeitlich eingetretenen Änderungen müssen sich die Ermessenserwägungen ausschließlich auf den Sachverhalt beziehen, der im Zeitpunkt des Erlasses des ersten Festsetzungsbescheids verwirklicht war.

49

3. Bei summarischer Prüfung bestehen indes ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 29. Juni 2010 in der Fassung vom 1. Oktober 2010.

50

a) Es ist ernstlich zweifelhaft, ob die mehrfache Festsetzung eines Verzögerungsgelds wegen fortdauernder Nichtvorlage derselben angeforderten Unterlagen i.S. des § 200 Abs. 1 AO von § 146 Abs. 2b AO gedeckt ist (für zulässig erachtet von tom Suden, § 146 Abs. 2a und 2b AO: Das trojanische Pferd im Steuerrecht, Die Steuerberatung 2009, 207; Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 22. April 2010, Deutsches Steuerrecht 2011, 676).

51

Die Zulässigkeit einer mehrfachen Festsetzung wegen derselben Verpflichtung lässt sich weder aus dem Wortlaut noch aus dem Sinn und Zweck der Regelung des § 146 Abs. 2b AO entnehmen. Das Verzögerungsgeld soll nach der Gesetzesbegründung den Steuerpflichtigen zur zeitnahen Mitwirkung anhalten. Es steht damit in einem Konkurrenzverhältnis zu dem Zwangsgeld gemäß § 328 Abs. 1, § 329 AO. Für das Zwangsgeld enthält § 332 Abs. 3 AO die ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung, es erneut wegen derselben Verpflichtung anzudrohen, wenn das zunächst angedrohte Zwangsgeld erfolglos geblieben ist. Das Schweigen des Gesetzgebers zu der Möglichkeit einer erneuten Festsetzung eines Verzögerungsgelds deutet daher darauf hin, dass ein Verzögerungsgeld wegen derselben Verpflichtung nur einmal festgesetzt werden kann. Eine analoge Anwendung des § 332 Abs. 3 AO kommt nach Auffassung des Senats nicht in Betracht, weil nicht zu erkennen ist, dass das Fehlen einer Regelung zur wiederholten Festsetzung eines Verzögerungsgelds auf einem Versehen des Gesetzgebers beruht. Es fehlt damit an der für eine analoge Gesetzesanwendung erforderlichen planwidrigen Regelungslücke.

52

b) Da das FA noch nicht über den Einspruch gegen den Bescheid vom 29. Juni 2010 in der Fassung vom 1. Oktober 2010 entschieden hat, beschränkt der Senat in Ausübung seines Ermessens die AdV des Bescheids vom 29. Juni 2010 in der geänderten Fassung vom 1. Oktober 2010 bis zum Abschluss des Einspruchsverfahrens.

(1) Wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet (Haftungsschuldner), kann durch Haftungsbescheid, wer kraft Gesetzes verpflichtet ist, die Vollstreckung zu dulden, kann durch Duldungsbescheid in Anspruch genommen werden. Die Anfechtung wegen Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis außerhalb des Insolvenzverfahrens erfolgt durch Duldungsbescheid, soweit sie nicht im Wege der Einrede nach § 9 des Anfechtungsgesetzes geltend zu machen ist; bei der Berechnung von Fristen nach den §§ 3 und 4 des Anfechtungsgesetzes steht der Erlass eines Duldungsbescheids der gerichtlichen Geltendmachung der Anfechtung nach § 7 Abs. 1 des Anfechtungsgesetzes gleich. Die Bescheide sind schriftlich oder elektronisch zu erteilen.

(2) Bevor gegen einen Rechtsanwalt, Patentanwalt, Notar, Steuerberater, Steuerbevollmächtigten, Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchprüfer wegen einer Handlung im Sinne des § 69, die er in Ausübung seines Berufs vorgenommen hat, ein Haftungsbescheid erlassen wird, gibt die Finanzbehörde der zuständigen Berufskammer Gelegenheit, die Gesichtspunkte vorzubringen, die von ihrem Standpunkt für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Die Vorschriften über die Festsetzungsfrist sind auf den Erlass von Haftungsbescheiden entsprechend anzuwenden. Die Festsetzungsfrist beträgt vier Jahre, in den Fällen des § 70 bei Steuerhinterziehung zehn Jahre, bei leichtfertiger Steuerverkürzung fünf Jahre, in den Fällen des § 71 zehn Jahre. Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Tatbestand verwirklicht worden ist, an den das Gesetz die Haftungsfolge knüpft. Ist die Steuer, für die gehaftet wird, noch nicht festgesetzt worden, so endet die Festsetzungsfrist für den Haftungsbescheid nicht vor Ablauf der für die Steuerfestsetzung geltenden Festsetzungsfrist; andernfalls gilt § 171 Abs. 10 sinngemäß. In den Fällen der §§ 73 und 74 endet die Festsetzungsfrist nicht, bevor die gegen den Steuerschuldner festgesetzte Steuer verjährt (§ 228) ist.

(4) Ergibt sich die Haftung nicht aus den Steuergesetzen, so kann ein Haftungsbescheid ergehen, solange die Haftungsansprüche nach dem für sie maßgebenden Recht noch nicht verjährt sind.

(5) Ein Haftungsbescheid kann nicht mehr ergehen,

1.
soweit die Steuer gegen den Steuerschuldner nicht festgesetzt worden ist und wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist auch nicht mehr festgesetzt werden kann,
2.
soweit die gegen den Steuerschuldner festgesetzte Steuer verjährt ist oder die Steuer erlassen worden ist.
Dies gilt nicht, wenn die Haftung darauf beruht, dass der Haftungsschuldner Steuerhinterziehung oder Steuerhehlerei begangen hat.

Soweit die Finanzbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln oder zu entscheiden, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Finanzbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes bis zum Abschluss der Tatsacheninstanz eines finanzgerichtlichen Verfahrens ergänzen.

(1) Die gesetzlichen Vertreter natürlicher und juristischer Personen und die Geschäftsführer von nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen und Vermögensmassen haben deren steuerliche Pflichten zu erfüllen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Steuern aus den Mitteln entrichtet werden, die sie verwalten.

(2) Soweit nicht rechtsfähige Personenvereinigungen ohne Geschäftsführer sind, haben die Mitglieder oder Gesellschafter die Pflichten im Sinne des Absatzes 1 zu erfüllen. Die Finanzbehörde kann sich an jedes Mitglied oder jeden Gesellschafter halten. Für nicht rechtsfähige Vermögensmassen gelten die Sätze 1 und 2 mit der Maßgabe, dass diejenigen, denen das Vermögen zusteht, die steuerlichen Pflichten zu erfüllen haben.

(3) Steht eine Vermögensverwaltung anderen Personen als den Eigentümern des Vermögens oder deren gesetzlichen Vertretern zu, so haben die Vermögensverwalter die in Absatz 1 bezeichneten Pflichten, soweit ihre Verwaltung reicht.

Wer als Verfügungsberechtigter im eigenen oder fremden Namen auftritt, hat die Pflichten eines gesetzlichen Vertreters (§ 34 Abs. 1), soweit er sie rechtlich und tatsächlich erfüllen kann.

(1) Die gesetzlichen Vertreter natürlicher und juristischer Personen und die Geschäftsführer von nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen und Vermögensmassen haben deren steuerliche Pflichten zu erfüllen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Steuern aus den Mitteln entrichtet werden, die sie verwalten.

(2) Soweit nicht rechtsfähige Personenvereinigungen ohne Geschäftsführer sind, haben die Mitglieder oder Gesellschafter die Pflichten im Sinne des Absatzes 1 zu erfüllen. Die Finanzbehörde kann sich an jedes Mitglied oder jeden Gesellschafter halten. Für nicht rechtsfähige Vermögensmassen gelten die Sätze 1 und 2 mit der Maßgabe, dass diejenigen, denen das Vermögen zusteht, die steuerlichen Pflichten zu erfüllen haben.

(3) Steht eine Vermögensverwaltung anderen Personen als den Eigentümern des Vermögens oder deren gesetzlichen Vertretern zu, so haben die Vermögensverwalter die in Absatz 1 bezeichneten Pflichten, soweit ihre Verwaltung reicht.

(1) Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis sind der Steueranspruch, der Steuervergütungsanspruch, der Haftungsanspruch, der Anspruch auf eine steuerliche Nebenleistung, der Erstattungsanspruch nach Absatz 2 sowie die in Einzelsteuergesetzen geregelten Steuererstattungsansprüche.

(2) Ist eine Steuer, eine Steuervergütung, ein Haftungsbetrag oder eine steuerliche Nebenleistung ohne rechtlichen Grund gezahlt oder zurückgezahlt worden, so hat derjenige, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist, an den Leistungsempfänger einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten oder zurückgezahlten Betrags. Dies gilt auch dann, wenn der rechtliche Grund für die Zahlung oder Rückzahlung später wegfällt. Im Fall der Abtretung, Verpfändung oder Pfändung richtet sich der Anspruch auch gegen den Abtretenden, Verpfänder oder Pfändungsschuldner.

(1) Die Gesellschaft wird durch die Geschäftsführer gerichtlich und außergerichtlich vertreten. Hat eine Gesellschaft keinen Geschäftsführer (Führungslosigkeit), wird die Gesellschaft für den Fall, dass ihr gegenüber Willenserklärungen abgegeben oder Schriftstücke zugestellt werden, durch die Gesellschafter vertreten.

(2) Sind mehrere Geschäftsführer bestellt, sind sie alle nur gemeinschaftlich zur Vertretung der Gesellschaft befugt, es sei denn, dass der Gesellschaftsvertrag etwas anderes bestimmt. Ist der Gesellschaft gegenüber eine Willenserklärung abzugeben, genügt die Abgabe gegenüber einem Vertreter der Gesellschaft nach Absatz 1. An die Vertreter der Gesellschaft nach Absatz 1 können unter der im Handelsregister eingetragenen Geschäftsanschrift Willenserklärungen abgegeben und Schriftstücke für die Gesellschaft zugestellt werden. Unabhängig hiervon können die Abgabe und die Zustellung auch unter der eingetragenen Anschrift der empfangsberechtigten Person nach § 10 Abs. 2 Satz 2 erfolgen.

(3) Befinden sich alle Geschäftsanteile der Gesellschaft in der Hand eines Gesellschafters oder daneben in der Hand der Gesellschaft und ist er zugleich deren alleiniger Geschäftsführer, so ist auf seine Rechtsgeschäfte mit der Gesellschaft § 181 des Bürgerlichen Gesetzbuchs anzuwenden. Rechtsgeschäfte zwischen ihm und der von ihm vertretenen Gesellschaft sind, auch wenn er nicht alleiniger Geschäftsführer ist, unverzüglich nach ihrer Vornahme in eine Niederschrift aufzunehmen.

(1) Die Steuergesetze bestimmen, wer zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet ist. Zur Abgabe einer Steuererklärung ist auch verpflichtet, wer hierzu von der Finanzbehörde aufgefordert wird. Die Aufforderung kann durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen. Die Verpflichtung zur Abgabe einer Steuererklärung bleibt auch dann bestehen, wenn die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen nach § 162 geschätzt hat.

(2) Soweit die Steuergesetze nichts anderes bestimmen, sind Steuererklärungen, die sich auf ein Kalenderjahr oder auf einen gesetzlich bestimmten Zeitpunkt beziehen, spätestens sieben Monate nach Ablauf des Kalenderjahres oder sieben Monate nach dem gesetzlich bestimmten Zeitpunkt abzugeben. Bei Steuerpflichtigen, die den Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft nach einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr ermitteln, endet die Frist nicht vor Ablauf des siebten Monats, der auf den Schluss des in dem Kalenderjahr begonnenen Wirtschaftsjahres folgt.

(3) Sofern Personen, Gesellschaften, Verbände, Vereinigungen, Behörden oder Körperschaften im Sinne der §§ 3 und 4 des Steuerberatungsgesetzes beauftragt sind mit der Erstellung von

1.
Einkommensteuererklärungen nach § 25 Absatz 3 des Einkommensteuergesetzes mit Ausnahme der Einkommensteuererklärungen im Sinne des § 46 Absatz 2 Nummer 8 des Einkommensteuergesetzes,
2.
Körperschaftsteuererklärungen nach § 31 Absatz 1 und 1a des Körperschaftsteuergesetzes, Feststellungserklärungen im Sinne des § 14 Absatz 5, § 27 Absatz 2 Satz 4, § 28 Absatz 1 Satz 4 oder § 38 Absatz 1 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes oder Erklärungen zur Zerlegung der Körperschaftsteuer nach § 6 Absatz 7 des Zerlegungsgesetzes,
3.
Erklärungen zur Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags oder Zerlegungserklärungen nach § 14a des Gewerbesteuergesetzes,
4.
Umsatzsteuererklärungen für das Kalenderjahr nach § 18 Absatz 3 des Umsatzsteuergesetzes,
5.
Erklärungen zur gesonderten sowie zur gesonderten und einheitlichen Feststellung einkommensteuerpflichtiger oder körperschaftsteuerpflichtiger Einkünfte nach § 180 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 in Verbindung mit § 181 Absatz 1 und 2,
6.
Erklärungen zur gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach der Verordnung über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 180 Abs. 2 der Abgabenordnung oder
7.
Erklärungen zur gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 18 des Außensteuergesetzes,
so sind diese Erklärungen vorbehaltlich des Absatzes 4 spätestens bis zum letzten Tag des Monats Februar und in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 bis zum 31. Juli des zweiten auf den Besteuerungszeitraum folgenden Kalenderjahres abzugeben.

(4) Das Finanzamt kann anordnen, dass Erklärungen im Sinne des Absatzes 3 vor dem letzten Tag des Monats Februar des zweiten auf den Besteuerungszeitraum folgenden Kalenderjahres abzugeben sind, wenn

1.
für den betroffenen Steuerpflichtigen
a)
für den vorangegangenen Besteuerungszeitraum Erklärungen nicht oder verspätet abgegeben wurden,
b)
für den vorangegangenen Besteuerungszeitraum innerhalb von drei Monaten vor Abgabe der Steuererklärung oder innerhalb von drei Monaten vor dem Beginn des Zinslaufs im Sinne des § 233a Absatz 2 Satz 1 und 2 nachträgliche Vorauszahlungen festgesetzt wurden,
c)
Vorauszahlungen für den Besteuerungszeitraum außerhalb einer Veranlagung herabgesetzt wurden,
d)
die Veranlagung für den vorangegangenen Veranlagungszeitraum zu einer Abschlusszahlung von mindestens 25 Prozent der festgesetzten Steuer oder mehr als 10 000 Euro geführt hat,
e)
die Steuerfestsetzung auf Grund einer Steuererklärung im Sinne des Absatzes 3 Nummer 1, 2 oder 4 voraussichtlich zu einer Abschlusszahlung von mehr als 10 000 Euro führen wird oder
f)
eine Außenprüfung vorgesehen ist,
2.
der betroffene Steuerpflichtige im Besteuerungszeitraum einen Betrieb eröffnet oder eingestellt hat oder
3.
für Beteiligte an Gesellschaften oder Gemeinschaften Verluste festzustellen sind.
Für das Befolgen der Anordnung ist eine Frist von vier Monaten nach Bekanntgabe der Anordnung zu setzen. Ferner dürfen die Finanzämter nach dem Ergebnis einer automationsgestützten Zufallsauswahl anordnen, dass Erklärungen im Sinne des Absatzes 3 vor dem letzten Tag des Monats Februar des zweiten auf den Besteuerungszeitraum folgenden Kalenderjahres mit einer Frist von vier Monaten nach Bekanntgabe der Anordnung abzugeben sind. In der Aufforderung nach Satz 3 ist darauf hinzuweisen, dass sie auf einer automationsgestützten Zufallsauswahl beruht; eine weitere Begründung ist nicht erforderlich. In den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 tritt an die Stelle des letzten Tages des Monats Februar der 31. Juli des zweiten auf den Besteuerungszeitraum folgenden Kalenderjahres. Eine Anordnung nach Satz 1 oder Satz 3 darf für die Abgabe der Erklärung keine kürzere als die in Absatz 2 bestimmte Frist setzen. In den Fällen der Sätze 1 und 3 erstreckt sich eine Anordnung auf alle Erklärungen im Sinne des Absatzes 3, die vom betroffenen Steuerpflichtigen für den gleichen Besteuerungszeitraum oder Besteuerungszeitpunkt abzugeben sind.

(5) Absatz 3 gilt nicht für Umsatzsteuererklärungen für das Kalenderjahr, wenn die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit vor oder mit dem Ablauf des Besteuerungszeitraums endete.

(6) Die oberste Landesfinanzbehörde oder eine von ihr bestimmte Landesfinanzbehörde kann zulassen, dass Personen, Gesellschaften, Verbände, Vereinigungen, Behörden und Körperschaften im Sinne der §§ 3 und 4 des Steuerberatungsgesetzes bis zu bestimmten Stichtagen einen bestimmten prozentualen Anteil der Erklärungen im Sinne des Absatzes 3 einreichen. Soweit Erklärungen im Sinne des Absatzes 3 in ein Verfahren nach Satz 1 einbezogen werden, ist Absatz 4 Satz 3 nicht anzuwenden. Die Einrichtung eines Verfahrens nach Satz 1 steht im Ermessen der obersten Landesfinanzbehörden und ist nicht einklagbar.

Die in den §§ 34 und 35 bezeichneten Personen haften, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37) infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt oder soweit infolgedessen Steuervergütungen oder Steuererstattungen ohne rechtlichen Grund gezahlt werden. Die Haftung umfasst auch die infolge der Pflichtverletzung zu zahlenden Säumniszuschläge.

(1) Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis sind der Steueranspruch, der Steuervergütungsanspruch, der Haftungsanspruch, der Anspruch auf eine steuerliche Nebenleistung, der Erstattungsanspruch nach Absatz 2 sowie die in Einzelsteuergesetzen geregelten Steuererstattungsansprüche.

(2) Ist eine Steuer, eine Steuervergütung, ein Haftungsbetrag oder eine steuerliche Nebenleistung ohne rechtlichen Grund gezahlt oder zurückgezahlt worden, so hat derjenige, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist, an den Leistungsempfänger einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten oder zurückgezahlten Betrags. Dies gilt auch dann, wenn der rechtliche Grund für die Zahlung oder Rückzahlung später wegfällt. Im Fall der Abtretung, Verpfändung oder Pfändung richtet sich der Anspruch auch gegen den Abtretenden, Verpfänder oder Pfändungsschuldner.

Die in den §§ 34 und 35 bezeichneten Personen haften, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37) infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt oder soweit infolgedessen Steuervergütungen oder Steuererstattungen ohne rechtlichen Grund gezahlt werden. Die Haftung umfasst auch die infolge der Pflichtverletzung zu zahlenden Säumniszuschläge.

(1) Wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet (Haftungsschuldner), kann durch Haftungsbescheid, wer kraft Gesetzes verpflichtet ist, die Vollstreckung zu dulden, kann durch Duldungsbescheid in Anspruch genommen werden. Die Anfechtung wegen Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis außerhalb des Insolvenzverfahrens erfolgt durch Duldungsbescheid, soweit sie nicht im Wege der Einrede nach § 9 des Anfechtungsgesetzes geltend zu machen ist; bei der Berechnung von Fristen nach den §§ 3 und 4 des Anfechtungsgesetzes steht der Erlass eines Duldungsbescheids der gerichtlichen Geltendmachung der Anfechtung nach § 7 Abs. 1 des Anfechtungsgesetzes gleich. Die Bescheide sind schriftlich oder elektronisch zu erteilen.

(2) Bevor gegen einen Rechtsanwalt, Patentanwalt, Notar, Steuerberater, Steuerbevollmächtigten, Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchprüfer wegen einer Handlung im Sinne des § 69, die er in Ausübung seines Berufs vorgenommen hat, ein Haftungsbescheid erlassen wird, gibt die Finanzbehörde der zuständigen Berufskammer Gelegenheit, die Gesichtspunkte vorzubringen, die von ihrem Standpunkt für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Die Vorschriften über die Festsetzungsfrist sind auf den Erlass von Haftungsbescheiden entsprechend anzuwenden. Die Festsetzungsfrist beträgt vier Jahre, in den Fällen des § 70 bei Steuerhinterziehung zehn Jahre, bei leichtfertiger Steuerverkürzung fünf Jahre, in den Fällen des § 71 zehn Jahre. Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Tatbestand verwirklicht worden ist, an den das Gesetz die Haftungsfolge knüpft. Ist die Steuer, für die gehaftet wird, noch nicht festgesetzt worden, so endet die Festsetzungsfrist für den Haftungsbescheid nicht vor Ablauf der für die Steuerfestsetzung geltenden Festsetzungsfrist; andernfalls gilt § 171 Abs. 10 sinngemäß. In den Fällen der §§ 73 und 74 endet die Festsetzungsfrist nicht, bevor die gegen den Steuerschuldner festgesetzte Steuer verjährt (§ 228) ist.

(4) Ergibt sich die Haftung nicht aus den Steuergesetzen, so kann ein Haftungsbescheid ergehen, solange die Haftungsansprüche nach dem für sie maßgebenden Recht noch nicht verjährt sind.

(5) Ein Haftungsbescheid kann nicht mehr ergehen,

1.
soweit die Steuer gegen den Steuerschuldner nicht festgesetzt worden ist und wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist auch nicht mehr festgesetzt werden kann,
2.
soweit die gegen den Steuerschuldner festgesetzte Steuer verjährt ist oder die Steuer erlassen worden ist.
Dies gilt nicht, wenn die Haftung darauf beruht, dass der Haftungsschuldner Steuerhinterziehung oder Steuerhehlerei begangen hat.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.