Finanzgericht Hamburg Urteil, 23. Feb. 2016 - 2 K 31/15

bei uns veröffentlicht am23.02.2016

Tatbestand

1

Streitig sind Hinzuschätzungen nach einer Außenprüfung.

2

Der Kläger betrieb in den Streitjahren 2005 bis 2008 einen Imbissbetrieb mit Bäckerei an der U-Bahnstation A in Hamburg. Seinen Gewinn aus Gewerbebetrieb ermittelte er zunächst nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) durch Einnahme-Überschussrechnung, ab dem Veranlagungszeitraum 2008 nach § 5 EStG durch Bestandsvergleich. Die Kläger wurden zunächst erklärungsgemäß - unter dem Vorbehalt der Nachprüfung dem § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) - veranlagt.

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Ausgelöst durch eine anonyme Anzeige vom 2. Februar 2007, wonach der Kläger immer nur die Hälfte der bei einem türkischen Großhändler eingekauften Fleischwaren erkläre und täglich ... € bis ... € schwarz einnehme, fand ab April 2009 eine Außenprüfung bei dem Kläger statt. Des Weiteren wurde ein steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen ihn eingeleitet, in dessen Verlauf am 16. Juli 2009 Durchsuchungen in den Räumlichkeiten in der X-Straße sowie bei dem Fleischlieferanten B GmbH (B GmbH) erfolgten. Dabei wurden u. a. für Juni 2009 Lieferscheine der B GmbH über den Einkauf von 3.444 kg Döner- und 693 kg Hähnchenfleisch aufgefunden, von denen der Kläger tatsächlich nur zwei Rechnungen über 1.773 kg Döner- und 451 kg Hühnerfleisch erhalten und gebucht hatte. Das Strafverfahren ist gegenwärtig noch nicht abgeschlossen.

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Die Außenprüfung führte zu verschiedenen Feststellungen, u. a. wurde die Kassenführung und die Buchführung als mangelhaft angesehen und eine eigene Kalkulation aufgrund der unstreitigen Wareneinkäufe und der aus den vorgelegten Preislisten entnommenen Verkaufspreise durchgeführt. Ferner lösten die mutmaßlich nicht erklärten Warenlieferungen der B GmbH auf der Basis der vorgefundenen Lieferscheine für Juni/Juli 2009 Zuschätzungen für alle Streitjahre aus. Aufgrund der während der Prüfung erhobenen Einwände wurde die Kalkulation mehrfach geändert (wegen der Einzelheiten wird auf den Bericht über die Außenprüfung vom 30. November 2011 für 2008 sowie vom 20. Dezember 2011 für 2005 bis 2007 Bezug genommen). Geänderte Bescheide für die Streitjahre ergingen am 7. März 2012 über Umsatzsteuer und am 8. März 2012 über Gewerbemessbeträge nach Maßgabe der Feststellungen der Außenprüfung. Hiergegen richteten sich die Einsprüche vom 3. April 2012.

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Während des Einspruchsverfahrens bemühten sich die Beteiligten weiterhin, eine gütliche Beilegung des Rechtsstreits zu erzielen. Schließlich unterbreitete der Beklagte mit Schreiben vom 6. Oktober 2014 einen Verständigungsvorschlag auf der Basis einer reduzierten Schätzung. Nunmehr sollte der Rohgewinnaufschlagsatz mit noch 170 % und das Verhältnis der Umsätze zum regulären und zum ermäßigten Steuersatz mit 20:80 angenommen werden. Bestandteil dieser revidierten Schätzung war eine Erlöshinzuschätzung hinsichtlich nicht erklärter Wareneinkäufe bei der B GmbH in Höhe von jeweils ... € in den Streitjahren 2005 und 2006, von ... € in 2007 und von ... € in 2008. Nachdem keine Einigung hinsichtlich der Berücksichtigung der Warenumsätze mit der B GmbH erzielt werden konnte, änderte der Beklagte mit Einspruchsentscheidungen vom 13. Januar 2015 die streitigen Bescheide für 2005 bis 2008 nach Maßgabe seines Verständigungsvorschlags und wies den Einspruch im Übrigen zurück. Am 11. Februar 2015 haben die Kläger Klage erhoben.

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Die Kläger halten an ihrer Auffassung fest, dass die Hinzuschätzungen im Zusammenhang mit den vermeintlich nicht erklärten Warenlieferungen der B GmbH rechtswidrig seien.

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Die von dem Beklagten für den internen Betriebsvermögensvergleich erstellte Nachkalkulation sei unzutreffend. Er, der Kläger, habe durchschnittlich 200 Döner pro Tag verkauft, und den daraus erzielten Erlös ordnungsgemäß erklärt. Wegen der schwierigen sozialen Situation im Stadtteil C habe der Döner im Streitzeitraum günstiger für ... € anstatt von ... €, wie vom Beklagten angenommen, angeboten werden müssen. Der Wareneinsatz sei auch ordnungsgemäß dokumentiert worden.

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Soweit im Außenprüfungsbericht vom 30. November 2011 festgestellt werde, dass im Juni 2009 Lieferscheine der B GmbH über den Einkauf von 3.444 kg Döner- und 693 kg Hähnchenfleisch aufgefunden worden seien, und er, der Kläger, tatsächlich nur zwei Rechnungen über 1.773 kg Döner- und 451 kg Hühnerfleisch erhalten und gebucht habe, sei dies unzutreffend. Weder die behauptete Mengendifferenz noch die Nachkalkulation des Beklagten seien richtig. So sei die Portionsgröße nicht richtig ermittelt worden und die Anzahl der Döner mit fünf Stück aus einem Kilogramm Dönerfleisch zu hoch angesetzt worden. Tatsächlich seien nach Abzug von Schwund und Verderb nur vier Döner aus einem Kilogramm zu gewinnen. Laut Rechnungen der B GmbH seien im Jahr 2009 3.383 kg Döner-Produkte und 759 kg Geflügelprodukte geliefert worden. Zwar könne es sein, dass Rechnungen der B GmbH versehentlich in einem falschen Ordner abgelegt worden seien, die gelieferte Ware sei gleichwohl vollständig buchhalterisch erfasst und bezahlt worden. Zwischen den Mengenangaben in den Lieferscheinen und den Rechnungen bestünden keine Abweichungen. In diesem Punkt seien die Feststellungen aus dem steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahrens, auf die sich der Beklagte vornehmlich stütze, im Wesentlichen unzutreffend.

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Die angegriffenen Bescheide könnten zudem keinen Bestand haben, weil sich der Beklagte bei seinen Zuschätzungen allein auf die in den Monaten Juni/Juli 2009 vermeintlich nicht erklärten Wareneinkäufe gestützt und hieraus Rückschlüsse für die Streitjahre gezogen habe. Es bestünden aber signifikante Unterschiede zu den Verhältnissen in den Streitjahren. So habe er, der Kläger, sich entschlossen, Anfang 2009 eine Preiskampagne durchzuführen. Abweichend von der Speisekarte sei der Döner für ... € angeboten worden. Dadurch habe der Umsatz im Vergleich zu den Vorjahren 2005, 2006 und 2007 deutlich gesteigert werden können. Die Fleischeinkäufe hätten sich dadurch fast verdoppelt gegenüber den Vorjahren. Im Normalfall habe er alle zwei Wochen gezahlt, während des "Dönerkrieges" 2009 hingegen jede Woche, weil die Rechnungsbeträge aufgrund der erhöhten Nachfrage höher gewesen seien.

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Demgegenüber habe der Gammelfleisch-Skandal in den Jahren 2006 und 2007 zu erheblichen Umsatzeinbußen geführt.

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Die genutzten Kassen seien weder von ihm, noch von seiner Ehefrau manipuliert worden. Die Ehefrau habe am 18. Mai 2009, dem Beginn der Außenprüfung, lediglich Information bei dem Zeugen D über die Einstellung neuer Preise in die Kasse eingeholt. Er, der Kläger, habe ebenso wenig wie seine Ehefrau über die technischen Fähigkeiten für eine Manipulation der Kasse verfügt.

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Die Kläger beantragen,
die Bescheide für 2005 bis 2007 über Einkommensteuer vom 12. März 2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13. Januar 2015 mit der Maßgabe zu ändern, dass der Gewinn unter Außerachtlassung von Zuschätzungen im Zusammenhang mit Warenlieferungen der B GmbH in 2005 und 2006 um jeweils ... EUR sowie in 2007 um ... Euro niedriger angesetzt wird.

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Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
und bezieht sich auf seine Einspruchsentscheidung vom 13. Januar 2015 und die Außenprüfungsberichte vom 30. November und 20. Dezember 2011.

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Die Voraussetzungen für eine Schätzung seien erfüllt, weil die Buchführung schwerwiegende Fehler aufgewiesen habe. Zudem sei die Kasse manipuliert worden. Umsätze seien bewusst unterdrückt und der Kassenspeicher regelmäßig gelöscht worden. Im Zuge der Durchsuchung durch die Steuerfahndung sei eine handschriftliche Notiz mit dem Hinweis gefunden worden "Kasse nach Z-Bericht löschen nicht vergessen". Die Umsatzerlöse durch Warenlieferungen der B GmbH habe der Kläger nicht ordnungsgemäß dokumentiert und erfasst. Der Geschäftsführer der B GmbH, der Zeuge E, habe im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes eidesstattlich versichert, den Kläger täglich mit Fleisch beliefert zu haben. Auch der bei der Durchsuchung anwesende Fahrer der B GmbH habe auf Befragen der Außenprüfung erklärt, täglich Ware an den Kläger geliefert zu haben.

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Die für Juni 2009 ermittelten Umsätze seien zu Recht auf die Vorjahre übertragen worden. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen hätten sich nicht entscheidend verändert. Der "Dönerkrieg" habe nicht in den Streitjahren, sondern im Sommer 2001 stattgefunden.

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Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen D, E und F.

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Die die Kläger betreffenden Steuerakten nebst BP- und Rechtsbehelfsakten (.../.../...) sowie die Strafakten Bd. 1 bis 3 nebst Sonderband (...) und die Verfahrensakte 2 V 55/15 (Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes, abgelehnt mit Beschluss des Senats vom 28. August 2015) haben vorgelegen.

Entscheidungsgründe

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Der zulässigen Klage bleibt der Erfolg versagt.

I.

19

Die angegriffenen Änderungsbescheide über Einkommensteuer sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Der Beklagte hat in den Streitjahren zu Recht Zuschätzungen im Zusammenhang mit Warenlieferungen der B GmbH vorgenommen.

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1. Nach § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO i. V. m. § 162 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) sind Besteuerungsgrundlagen durch das Gericht - wie durch die Finanzbehörde - zu schätzen, soweit es sie nicht ermitteln oder berechnen kann. Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann oder wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen der Besteuerung nicht nach § 158 AO zugrunde gelegt werden können (§ 162 Abs. 2 Satz 2 AO). Dies ist dann der Fall, wenn die Buchführung den Vorschriften der §§ 140 bis 148 AO nicht entspricht oder im Einzelfall ein Anlass besteht, ihre sachliche Richtigkeit anzuzweifeln.

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Nach § 145 Abs. 1 AO muss die Buchführung so beschaffen sein, dass sie einem sachverständigen Dritten innerhalb angemessener Zeit einen Überblick über die Geschäftsvorfälle und über die Lage des Unternehmens vermitteln kann. Die Geschäftsvorfälle müssen sich in ihrer Entstehung und Abwicklung verfolgen lassen. Kasseneinnahmen und Kassenausgaben sollen täglich festgehalten werden (§ 146 Abs. 1 Satz 2 AO). Bücher, Aufzeichnungen, Buchungsbelege und sonstige Unterlagen, soweit sie für die Besteuerung von Bedeutung sind, sind geordnet aufzubewahren (§ 147 Abs. 1 Nr. 1, 4 und 5 AO).

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a) Darüber, dass die Voraussetzungen für eine Schätzung dem Grunde nach erfüllt sind, weil die Buch- und Kassenführung mangelhaft war, besteht zwischen den Beteiligten kein Streit; sie sind auch im Übrigen nicht in Zweifel zu ziehen. So hat die Außenprüfung gravierende Mängel der Kassenbuchführung festgestellt. Es waren nur handgeschriebene Einnahmeaufzeichnungen vorhanden, die ebenso wie das mittels eines EDV gestützten Journals geführte "Kassenbuch" nicht nachprüfbar und jederzeit veränderbar waren. Bonrollen, Tagesendsummenbons und Kassenberichte sind nicht vorgelegt worden (vgl. zu den Anforderungen an die Buchführung insbesondere bei Bargeschäften zuletzt BFH Urteil vom 25. März 2015 X R 20/13, DStR 2015, 1739).

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Formelle Buchführungsmängel berechtigen nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung allerdings nur insoweit zur Schätzung, als sie Anlass geben, die sachliche Richtigkeit des Buchführungsergebnisses anzuzweifeln (z. B. BFH-Entscheidungen vom 17. November 1981 VIII R 174/77, BStBl II 1982, 430; vom 25. Januar 1990 IV B 140/88, BFH/NV 1990, 484, vom 14. Dezember 2011 XI R 5/10, BFH/NV 2012, 1921 m. w. N.). Werden vorwiegend Bargeschäfte getätigt, können Mängel der Kassenführung aber der gesamten Buchführung die Ordnungsmäßigkeit nehmen (BFH-Urteil in BFH/NV 2012, 1921, Rz 34). So verhält es sich im Streitfall. Zudem sind nach den Erkenntnissen der Steuerfahndung und der Außenprüfung auch Manipulationen an den Kassen vorgenommen worden, die nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht widerlegt worden sind.

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Im Zuge der Durchsuchung am 16. Juli 2009 wurde festgestellt, dass am 18. Mai 2009, dem Tag des Beginns der Außenprüfung, die Kasse während eines Telefonats der Klägerin mit dem Zeugen D umprogrammiert worden sei, und zwar in der Weise, dass fortlaufende sog. Z-Bons nicht erstellt und die Aufsummierung der in der Kasse erfassten Umsätze bewusst unterdrückt wurde (E-Mail vom 20. Juli 2009 des Angestellten D der Wartungsfirma G, Steuerfahndungsbericht vom 27. Mai 2014, S. 15). Darüber hinaus soll der Kassenspeicher regelmäßig gelöscht worden sein. In diesem Zusammenhang wurde eine handschriftliche Notiz mit dem Hinweis Kasse nach Z-Bericht löschen nicht vergessen gefunden (vgl. Steuerfahndungsbericht vom 27. Mai 2014, S. 15).

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Der Zeuge D, Mitarbeiter der Wartungsfirma G für die Kassen, konnte sich zwar nicht mehr an ein Telefongespräch mit der Klägerin am 18. Mai 2009 und dessen Inhalt, und damit an mögliche Manipulationen erinnern und hielt es durchaus für möglich, dass bei einer Kasse, die schon mehrere Jahre in Betrieb ist, noch Fragen zur Preisprogrammierung aufkommen können. Der Zeuge hat aber bestätigt, dass das von dem Kläger seit 2006 und auch noch 2009 verwendete Kassenmodell älterer und nunmehr überholter Bauart manipulierbar war, und zwar ohne dass es einer besonderen Software oder spezieller Schlüssel, eines sogenannten TEC-Schlüssels bedurfte. Ausreichend war die Kenntnis einer äußerlich verdeckten Funktionstaste, über die Korrekturen der Eingaben vorgenommen werden konnten. Der Zeuge hat insoweit glaubhaft und nachvollziehbar erläutert, dass diese Funktion allgemein bekannt gewesen sei und diese Kenntnis im Internet leicht habe beschafft werden können. Mit Blick auf diese Aussage und den Umstand, dass der Grand Totalspeicher gelöscht war, geht auch das Gericht davon aus, dass die Kasse manipuliert worden ist.

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Soweit der Zeuge D auf Befragen während der Steuerfahndungsprüfung in seiner Mail vom 22. Juli 2009 (Anl. K 4) unter Berufung auf Angaben des Lieferanten mitgeteilt hatte, dass eine Manipulation der Kasse nur möglich sei, wenn man über einen TEC-Schlüssel manuell Zugriff auf den Kassenspeicher nehme und den Speicherwert lösche oder mittels einer speziellen Software den Grand Total Speicher überschreibe, hat er in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar klargestellt, dass sich diese Angaben auf die neueren Kassenmodelle der Jahrgänge ab 2009 bezogen hätten. Ihm sei insoweit nicht bewusst gewesen, dass es bei der Anfrage um die Manipulationsmöglichkeiten des älteren Modells gegangen sei.

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Ferner war während der Prüfung aufgrund von Nachfragen bei der Wartungsfirma G festgestellt werden, dass die vom Kläger verwendete French Touch Kasse für den Zeitraum vom 1. Februar 2006, dem Datum der Erstinstallation und dem 4. Juli 2006, dem Tag der Wartung, einen Betrag von ... € (16 % Umsätze) dokumentierte mit Anzeige aller Z-Bons, des Grand Total Speichers. Für den nämlichen Zeitraum hatte der Kläger dagegen Umsätze zum Regelsteuersatz von lediglich ... € erklärt; dies entspricht einem Anteil von 35 %. Hierzu hat sich in der mündlichen Verhandlung herausgestellt, dass die zunächst im Februar gelieferte Kasse wegen einer mangelhaften Platine ausgewechselt worden ist und im Mai eine neue Kasse installiert wurde, hat der Zeuge D erläutert, dass der im Juli von ihm festgehaltene Betrag von ... € dann in dem Zeitraum ab Mai aufgelaufen sein müsse, weil die im Mai gelieferte Kasse eine neuwertiges Modell gewesen sei . Der bis dahin in der ausgetauschten Kasse eingegebene Kassenstand habe wegen des Schadens an der Platine nicht mehr festgestellt und deshalb nicht in das neu installierte Modell übertragen werden können. Der Zeuge hat insoweit glaubhaft dargetan, dass er erst in Vorbereitung auf die Beweisaufnahme bei Durchsicht der damaligen Unterlagen bemerkt habe, dass ein Austausch der Kasse vorgenommen wurde, dies aber bei seinem erstmaligen Befragen übersehen habe. Es ist für das Gericht auch nachvollziehbar, dass der Zeuge Zugriff auf den Kassenstand im Juli 2006 haben konnte. Er hat insoweit ausgesagt, dass Kunden gelegentlich ihren Datenbestand auf eine CD überspielen und zur Vornahme von Programmierungen an die Service Firma für die Kassensysteme schicken, beispielsweise, um umfangreiche Preisänderungen zu programmieren. Der Zeuge wirkte insgesamt glaubwürdig, überdies ist auch kein Grund erkennbar, warum ein gänzlich unbeteiligter Zeuge falsche Angaben machen sollte.

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b) Soweit sich die Kläger gegen die Höhe der Zuschätzungen im Zusammenhang mit den nicht erfassten Warenlieferungen der B GmbH wehren, greifen ihre Einwendungen nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens und unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Beweisaufnahme nicht durch; die Zuschätzungen sind nicht zu beanstanden.

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aa) Vor dem Hintergrund der festgestellten Mängel zur Kassenführung und nach den im weiteren Verlauf der Außenprüfung gewonnenen Erkenntnissen sowie den Feststellungen der Steuerfahndung bestand Anlass, gerade im Hinblick auf die Warenlieferungen der B GmbH Zuschätzungen vorzunehmen.

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Aus den anlässlich der Durchsuchung der Geschäftsräume des Klägers durch die Steuerfahndung am 16. Juli 2009 aufgefundenen Lieferscheinen ergab sich für den Monat Juni 2009 eine Differenz gegenüber dem erklärten Wareneinsatz von 1.671 kg Dönerprodukten und 242 kg Hähnchenfleisch, für den angefangenen Monat Juli 2009 von 379 kg. Aus diesen Erkenntnissen durften auch Rückschlüsse auf die Streitjahre gezogen werden. Angesichts der Mängel in der Buchführung, der Hinweise auf die Manipulationen an der Kassenprogrammierung, - die sich nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme auch bestätigt haben - und der hohen Tageseinnahmen aufgrund der Kassensicherung - nach damaligem Kenntnisstand - zwischen dem 1. Februar und 4. Juli 2006, der die durchschnittlichen erklärten Kasseneinnahmen dieses Zeitraumes um 65 % übertraf, bestand hinreichend Anlass davon auszugehen, dass auch in den Streitjahren Schwarzeinnahmen und -verkäufe erfolgt waren. Die Höhe der Tageseinnahmen dürfte sogar noch deutlich höher gewesen sein, weil nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme der hohe Kassenbestand nur in dem Zeitraum zwischen Mai und Juli angefallen ist.

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Anhaltspunkte dafür, dass sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen im Zeitraum Juni/Juli 2009 maßgeblich von denen der Streitjahre unterschieden haben, haben sich auch nach Durchführung der Beweisaufnahme nicht feststellen lassen. Soweit sich die Kläger darauf berufen haben, 2009 hätte sich der Bezug der Ware infolge des Preiskampfes in der Dönerbranche verdoppelt, hat sich ein derartiger Preiskampf nicht verlässlich feststellen lassen.

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Zwar haben die Kläger behauptet, dass die Warenlieferungen der B GmbH in den Streitjahren, anders als 2009, üblicherweise lediglich zweimal pro Monat erfolgt seien. Dies hat der Zeuge E, Geschäftsführer der B GmbH, aber in Abrede genommen und ausgesagt, dass er den Kläger stets täglich beliefert habe, weil der Kläger nicht über die erforderlichen Kühlkapazitäten verfügt habe. Dies ist auch nachvollziehbar und deckt sich mit den anlässlich der Durchsuchung gewonnenen Erkenntnissen, wonach Kühlräume tatsächlich nicht vorhanden waren und deshalb eine tägliche Lieferung erforderlich war (s. a. Durchsuchungsvermerk vom 16. Juli 2009, Blatt 123 der Ermittlungsakte).

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Soweit der Zeuge ausgesagt hat, er könne sich erinnern, dass Anfang 2009 "wohl ein örtlicher Preiskampf" geherrscht habe, der den Kläger gezwungen habe, die Preise zu reduzieren um seine Kunden zu halten, und zwar den Dönerpreis auf ... € abzusenken, mit der Folge erhöhter Fleischbestellungen, hat dies das Gericht nicht überzeugt. Seine Aussage war zu diesem Punkt einerseits recht vage, so wusste der Zeuge trotz behauptet vorheriger Durchsicht seiner Unterlagen nicht mehr den konkreten Zeitraum, in dem die höheren Fleischbestellungen eingingen: "das mag wohl im April/Mai 2009 gewesen sein", "es ging irgendwann wieder runter, im Prinzip bergauf und bergab". Andererseits war dem Zeugen ohne weiteres Nachdenken der Preis von ... € erinnerlich, obwohl der Vorgang immerhin fast sechs Jahre zurück liegt und er hierüber keine eigenen Unterlagen haben konnte, die seine Erinnerung hätten auffrischen können. Diese Aussage wirkte in diesem Punkt mit den Klägern abgestimmt, wie auch die bereits im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes eingereichte eidesstattlichen Versicherung des Zeugen vom 9. März 2015 (2 V 56/15 Anl. 8). Das Statement, dass Anfang 2009 ein Preiskampf in der Dönerbranche geherrscht habe, der zu einem Preisverfall und zu einer Verdoppelung des Fleischeinkaufs in den ersten sechs bis sieben Monaten des Jahres 2009 geführt habe, hat der Senat in seinem Beschluss vom 28. August 2015 als Gefälligkeitsäußerung gewertet. Sie deckte sich fast wortgleich mit den Angaben des Klägers in dessen eidesstattlichen Erklärung vom 9. März 2015 (Anl. 7).

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Die Außenprüfung, die ab Mai 2009 begann und damit zum Zeitpunkt des behaupteten Preiskampfes stattfand, hat keine Hinweise auf Preisreduzierungen feststellen können, etwa in den aufgefundenen Speisekarten oder durch anderes Werbematerial. Auch der Zeuge F, in den Streitjahren und danach im Betrieb des Klägers als Bäcker tätig, konnte sich konkret nicht an einen "Dönerkrieg" erinnern. Dies wäre aber zu erwarten gewesen, wenn es sich tatsächlich um ein Ereignis mit dem behaupteten Ausmaß gehandelt hätte. Immerhin konnte sich der Zeuge noch an eine andere weiter zurückliegende Begebenheit erinnern, und zwar die Aktion im Zusammenhang mit dem sog. Gammelfleischskandal, zu dem auch Pressevertreter erschienen waren.

35

Tatsächlich hat ausweislich der Presseberichterstattung ein "Dönerkrieg in A" (...) nicht in den Streitjahren, sondern im Sommer 2001 geherrscht, wobei sich die Berichterstattung konkret auf das ... H bezieht, das der Kläger ab ... 2004 übernommen hatte. Weitere Berichterstattung zum Preiskampf in der Branche, speziell in ..., betrifft den ... 2002 (...).

36

Soweit sich die Kläger ferner darauf berufen haben, dass in den Jahren 2006 und 2007 der sog. Gammelfleischskandal zu erheblichen Umsatzeinbrüchen geführt habe, rechtfertigt dies ebenfalls nicht den Schluss, dass die Erkenntnisse aus dem Jahr 2009 nicht auf die Streitjahre übertragen werden könnten. Allerdings hat die Presse über Gammelfleisch und "Ekelfleisch-Döner" berichtet, und zwar beispielsweise anlässlich der Verhaftung eines Dönerhändlers im ... 2006 (...) und dann wieder im Spätsommer 2007 anlässlich des Bekanntwerdens eines Gammelfleisch-Skandals in Bayern (vgl. Anl. 10). In diesem Zusammenhang konnte auch der Zeuge J eine Presseaktion im Betrieb des Klägers am ... 2007 erinnern, über die die ... berichtet hat und in deren Zusammenhang Sonderangebote für Döner gemacht wurden.

37

Inwieweit ein derartiger Skandal allerdings konkret nachhaltige Auswirkungen auf das Konsumverhalten hat, ist ungewiss. Mangels ordnungsgemäßer Buchführung lassen sich jedenfalls konkrete Auswirkungen auf den Betrieb des Klägers nicht verlässlich feststellen. Selbst wenn ein gewisser vorübergehender Rückgang bei der Dönernachfrage eingetreten sein sollte, stellt dies die Schätzung nicht entscheidend in Frage. Denn die Zuschätzung hat sich nur auf Dönerportionen bezogen und andere Gerichte unberücksichtigt gelassen. Angesichts der Vielfalt der angebotenen Speisen ist davon auszugehen, dass bei Bekanntwerden eines Skandals auf Alternativen ausgewichen wird, so dass es zu einem Absatzanstieg bei den anderen Speisen gekommen sein dürfte, beispielsweise bei Hühnerfleisch u. ä. Zudem hält die Schockwirkung bei Lebensmittelskandalen erfahrungsgemäß nicht lange an und die Kunden kehren alsbald zu ihrem bisherigen Konsumverhalten zurück. Im Übrigen ist die Zuschätzung im Streitjahr 2007 auch geringer ausgefallen - nach Maßgabe des ebenfalls geringeren erklärten Wareneinsatzes - als in den anderen Streitjahren und trägt damit bereits in gewissem Umfang den Einwendungen der Kläger Rechnung.

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bb) Die Zuschätzung begegnet auch ansonsten methodisch keinen Bedenken. Aufgrund des für die Monate Juni/Juli 2009 ermittelten tatsächlichen Wareneinsatzes für Döner- und Hähnchenfleisch hat die Prüferin den Bruttomehrumsatz in Anlehnung an die in der Speisekarte ausgewiesenen Brutto-Verkaufspreisen von ... € für Döner und ... € für Hähnchenfleisch-Portionen ermittelt. Dabei sind pro Portion Döner ein Gewicht von 200 g und pro Portion Hühnerfleisch von 1 kg angesetzt worden. Das Verhältnis von Aufwand zu Ertrag ist aufgrund der vorgefundenen Belege für den Wareneinsatz mit 26 % berücksichtigt worden. Danach ergab sich für den Monat Juni 2009 ein Mehrgewinn von ... €. Auf dieser Basis wurde ein Mehrumsatz p. a. von ... € hochgerechnet und Aufwand in Höhe 26 % abgezogen, sodass sich ein Mehrgewinn von ... € ergab. Dieser ist zunächst für die Streitjahre 2005 bis 2007 angesetzt worden (Berichtsentwurf vom 25. Mai 2011). Nachdem die Kläger in der Folgezeit hiergegen Einwendungen erhoben haben, haben die Prüfer ihre Kalkulationen nochmals überprüft. Sie sahen nunmehr die Angaben in der anonymen Anzeige bestätigt, und zwar dass 50 % der Warenlieferungen ohne Rechnung und die entsprechende Abgabe ebenfalls "schwarz" erfolgten. Deshalb haben sie für die Kalkulation der Schwarzgeschäfte 50 % auf den regulär erklärten Dönerverkauf aufgeschlagen. In den endgültigen Betriebsprüfungsberichten vom 30. November 2011 und 20. Dezember 2011 ist in diesem Sinne die Zuschätzung reduziert worden auf ...  € für 2005, ... € für 2006, ... € für 2007 sowie ... € für 2008.

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Die ursprüngliche auf dem internen Betriebsvergleich beruhende Schätzung war in sich nachvollziehbar und stimmig. Die Grundannahmen, wie die Anzahl der aus einem Kilogramm Dönerfleisch gewonnenen Portionen, bewegten sich im Rahmen der Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 14. April 2015 2 K 75/14, n. v.) und anderer Gerichte (LG Stuttgart, Urteil vom 22. Juli 2009 13 KLs 142 Js 104750/05, juris: 150 g pro Portion). Die Überprüfung der Dönerportionen durch Testkäufe der Außen- bzw. Fahndungsprüfer hat überdies einen Fleischanteil von rd. 100 g ergeben, was eher einen noch unter 200 g liegenden "Rohfleisch"einsatz nahelegt. Allerdings hätte erwogen werden können, in den einzelnen Streitjahren in bestimmten Umfang Sicherheitsabschläge auf die aus dem Jahr 2009 entwickelten Zahlen vorzunehmen. Durch die Änderung der Schätzungsgrundlagen, und zwar die Erhöhung des regulär erklärten Döner-Umsatzes um 50 %, ist aber eine deutliche Reduzierung des ursprünglichen Schätzungsergebnisses erfolgt, und zwar um rund 30 %. Diese Kürzung übersteigt übliche Sicherheitsabschläge nicht unbeträchtlich.

40

Zieht man zur Kontrolle dieses Ergebnisses noch den Stand der Tageseinnahmen aufgrund der Kassensicherung für den Zeitraum 30. Mai und 4. Juli 2006 von ... € heran, was bei zugrunde zu legenden 35 Tagen einem Tagesdurchschnitt von ... € entspricht, und vergleicht dies mit dem erklärten Tagesdurchschnitt von ... €, ergibt sich, dass nur ein Bruchteil Tageseinnahmen erklärt wurde. Damit bewegt sich die Zuschätzung, auch unter Berücksichtigung der übrigen unstreitigen Schätzungsergebnisse, im unteren Bereich der möglichen Schätzungsbandbreite.

41

Nachdem der Beklagte in der Einspruchsentscheidung die hinzugeschätzten Beträge nochmals erheblich reduziert hat, und zwar auf jeweils ... € in den Jahren 2005 und 2006, auf ... € in 2007 und auf ... € in 2008, stehen nur noch diese Beträge im Streit. Vor dem Hintergrund der vorstehenden Ausführungen verletzt die den angegriffenen Bescheiden zugrunde liegende Zuschätzung die Kläger nicht in ihren Rechten und muss der Klage der Erfolg versagt bleiben.

II.

42

Der nicht nachgelassene, nach Schluss der mündlichen Verhandlung am 1. März 2016 bei Gericht eingegangene Schriftsatz der Kläger gibt keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen. Abgesehen davon, dass die Kläger dies nicht ausdrücklich beantragt haben, enthält der Schriftsatz keine neuen, bzw. erheblichen Ausführungen, die eine Wiedereröffnung gebieten. Gelegenheit zur Beweiswürdigung und dazu, ggfs. weitere Beweisanträge zu stellen, bestand bereits während der mündlichen Verhandlung am 23. Februar 2016.

III.

43

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gem. § 115 Abs. 2 FGO liegen nicht vor.

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(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat. (2) Die Revision ist nu

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(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung; die §§ 158, 160, 162 der Abgabenordnung gelten sinngemäß. Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung

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(1) Die folgenden Unterlagen sind geordnet aufzubewahren:1.Bücher und Aufzeichnungen, Inventare, Jahresabschlüsse, Lageberichte, die Eröffnungsbilanz sowie die zu ihrem Verständnis erforderlichen Arbeitsanweisungen und sonstigen Organisationsunterlag

Abgabenordnung - AO 1977 | § 146 Ordnungsvorschriften für die Buchführung und für Aufzeichnungen


(1) Die Buchungen und die sonst erforderlichen Aufzeichnungen sind einzeln, vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet vorzunehmen. Kasseneinnahmen und Kassenausgaben sind täglich festzuhalten. Die Pflicht zur Einzelaufzeichnung nach Satz 1 beste

Abgabenordnung - AO 1977 | § 140 Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten nach anderen Gesetzen


Wer nach anderen Gesetzen als den Steuergesetzen Bücher und Aufzeichnungen zu führen hat, die für die Besteuerung von Bedeutung sind, hat die Verpflichtungen, die ihm nach den anderen Gesetzen obliegen, auch für die Besteuerung zu erfüllen.

Abgabenordnung - AO 1977 | § 158 Beweiskraft der Buchführung


(1) Die Buchführung und die Aufzeichnungen des Steuerpflichtigen, die den Vorschriften der §§ 140 bis 148 entsprechen, sind der Besteuerung zugrunde zu legen. (2) Absatz 1 gilt nicht,1.soweit nach den Umständen des Einzelfalls Anlass besteht, die

Abgabenordnung - AO 1977 | § 145 Allgemeine Anforderungen an Buchführung und Aufzeichnungen


(1) Die Buchführung muss so beschaffen sein, dass sie einem sachverständigen Dritten innerhalb angemessener Zeit einen Überblick über die Geschäftsvorfälle und über die Lage des Unternehmens vermitteln kann. Die Geschäftsvorfälle müssen sich in ihrer

Referenzen - Urteile

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Finanzgericht Hamburg Urteil, 23. Feb. 2016 - 2 K 31/15 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Finanzgericht Hamburg Urteil, 23. Feb. 2016 - 2 K 31/15 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesfinanzhof Urteil, 25. März 2015 - X R 20/13

bei uns veröffentlicht am 25.03.2015

Tenor Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des Finanzgerichts Münster vom 26. Juli 2012  4 K 2071/09 E,U aufgehoben.

Bundesfinanzhof Urteil, 14. Dez. 2011 - XI R 5/10

bei uns veröffentlicht am 14.12.2011

Tatbestand 1 I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) betrieb im Dienstgebäude der Behörde X in Berlin eine Kantine. Seinen Gewinn ermittelte er nach § 4 Abs. 1 des

Referenzen

(1)1Gewinn ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, vermehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen.2Entnahmen sind alle Wirtschaftsgüter (Barentnahmen, Waren, Erzeugnisse, Nutzungen und Leistungen), die der Steuerpflichtige dem Betrieb für sich, für seinen Haushalt oder für andere betriebsfremde Zwecke im Laufe des Wirtschaftsjahres entnommen hat.3Einer Entnahme für betriebsfremde Zwecke steht der Ausschluss oder die Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung oder der Nutzung eines Wirtschaftsguts gleich; dies gilt auf Antrag auch in den Fällen, in denen die Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts entfällt und in einem anderen Staat eine Besteuerung auf Grund des Ausschlusses oder der Beschränkung des Besteuerungsrechts dieses Staates hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung des Wirtschaftsguts erfolgt.4Ein Ausschluss oder eine Beschränkung des Besteuerungsrechts hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts liegt insbesondere vor, wenn ein bisher einer inländischen Betriebsstätte des Steuerpflichtigen zuzuordnendes Wirtschaftsgut einer ausländischen Betriebsstätte zuzuordnen ist.5Satz 3 gilt nicht für Anteile an einer Europäischen Gesellschaft oder Europäischen Genossenschaft in den Fällen

1.
einer Sitzverlegung der Europäischen Gesellschaft nach Artikel 8 der Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates vom 8. Oktober 2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE) (ABl. EG Nr. L 294 S. 1), zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 885/2004 des Rates vom 26. April 2004 (ABl. EU Nr. L 168 S. 1), und
2.
einer Sitzverlegung der Europäischen Genossenschaft nach Artikel 7 der Verordnung (EG) Nr. 1435/2003 des Rates vom 22. Juli 2003 über das Statut der Europäischen Genossenschaft (SCE) (ABl. EU Nr. L 207 S. 1).
6Ein Wirtschaftsgut wird nicht dadurch entnommen, dass der Steuerpflichtige zur Gewinnermittlung nach § 13a übergeht.7Eine Änderung der Nutzung eines Wirtschaftsguts, die bei Gewinnermittlung nach Satz 1 keine Entnahme ist, ist auch bei Gewinnermittlung nach § 13a keine Entnahme.8Einlagen sind alle Wirtschaftsgüter (Bareinzahlungen und sonstige Wirtschaftsgüter), die der Steuerpflichtige dem Betrieb im Laufe des Wirtschaftsjahres zugeführt hat; einer Einlage steht die Begründung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts gleich.9In den Fällen des Satzes 3 zweiter Halbsatz gilt das Wirtschaftsgut als unmittelbar nach der Entnahme wieder eingelegt.10Bei der Ermittlung des Gewinns sind die Vorschriften über die Betriebsausgaben, über die Bewertung und über die Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung zu befolgen.

(2)1Der Steuerpflichtige darf die Vermögensübersicht (Bilanz) auch nach ihrer Einreichung beim Finanzamt ändern, soweit sie den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung unter Befolgung der Vorschriften dieses Gesetzes nicht entspricht; diese Änderung ist nicht zulässig, wenn die Vermögensübersicht (Bilanz) einer Steuerfestsetzung zugrunde liegt, die nicht mehr aufgehoben oder geändert werden kann.2Darüber hinaus ist eine Änderung der Vermögensübersicht (Bilanz) nur zulässig, wenn sie in einem engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit einer Änderung nach Satz 1 steht und soweit die Auswirkung der Änderung nach Satz 1 auf den Gewinn reicht.

(3)1Steuerpflichtige, die nicht auf Grund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, und die auch keine Bücher führen und keine Abschlüsse machen, können als Gewinn den Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben ansetzen.2Hierbei scheiden Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben aus, die im Namen und für Rechnung eines anderen vereinnahmt und verausgabt werden (durchlaufende Posten).3Die Vorschriften über die Bewertungsfreiheit für geringwertige Wirtschaftsgüter (§ 6 Absatz 2), die Bildung eines Sammelpostens (§ 6 Absatz 2a) und über die Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung sind zu befolgen.4Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten für nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, für Anteile an Kapitalgesellschaften, für Wertpapiere und vergleichbare nicht verbriefte Forderungen und Rechte, für Grund und Boden sowie Gebäude des Umlaufvermögens sind erst im Zeitpunkt des Zuflusses des Veräußerungserlöses oder bei Entnahme im Zeitpunkt der Entnahme als Betriebsausgaben zu berücksichtigen.5Die Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens und Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens im Sinne des Satzes 4 sind unter Angabe des Tages der Anschaffung oder Herstellung und der Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder des an deren Stelle getretenen Werts in besondere, laufend zu führende Verzeichnisse aufzunehmen.

(4) Betriebsausgaben sind die Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind.

(4a)1Schuldzinsen sind nach Maßgabe der Sätze 2 bis 4 nicht abziehbar, wenn Überentnahmen getätigt worden sind.2Eine Überentnahme ist der Betrag, um den die Entnahmen die Summe des Gewinns und der Einlagen des Wirtschaftsjahres übersteigen.3Die nicht abziehbaren Schuldzinsen werden typisiert mit 6 Prozent der Überentnahme des Wirtschaftsjahres zuzüglich der Überentnahmen vorangegangener Wirtschaftsjahre und abzüglich der Beträge, um die in den vorangegangenen Wirtschaftsjahren der Gewinn und die Einlagen die Entnahmen überstiegen haben (Unterentnahmen), ermittelt; bei der Ermittlung der Überentnahme ist vom Gewinn ohne Berücksichtigung der nach Maßgabe dieses Absatzes nicht abziehbaren Schuldzinsen auszugehen.4Der sich dabei ergebende Betrag, höchstens jedoch der um 2 050 Euro verminderte Betrag der im Wirtschaftsjahr angefallenen Schuldzinsen, ist dem Gewinn hinzuzurechnen.5Der Abzug von Schuldzinsen für Darlehen zur Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens bleibt unberührt.6Die Sätze 1 bis 5 sind bei Gewinnermittlung nach § 4 Absatz 3 sinngemäß anzuwenden; hierzu sind Entnahmen und Einlagen gesondert aufzuzeichnen.

(5)1Die folgenden Betriebsausgaben dürfen den Gewinn nicht mindern:

1.
Aufwendungen für Geschenke an Personen, die nicht Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen sind.2Satz 1 gilt nicht, wenn die Anschaffungs- oder Herstellungskosten der dem Empfänger im Wirtschaftsjahr zugewendeten Gegenstände insgesamt 35 Euro nicht übersteigen;
2.
Aufwendungen für die Bewirtung von Personen aus geschäftlichem Anlass, soweit sie 70 Prozent der Aufwendungen übersteigen, die nach der allgemeinen Verkehrsauffassung als angemessen anzusehen und deren Höhe und betriebliche Veranlassung nachgewiesen sind.2Zum Nachweis der Höhe und der betrieblichen Veranlassung der Aufwendungen hat der Steuerpflichtige schriftlich die folgenden Angaben zu machen: Ort, Tag, Teilnehmer und Anlass der Bewirtung sowie Höhe der Aufwendungen.3Hat die Bewirtung in einer Gaststätte stattgefunden, so genügen Angaben zu dem Anlass und den Teilnehmern der Bewirtung; die Rechnung über die Bewirtung ist beizufügen;
3.
Aufwendungen für Einrichtungen des Steuerpflichtigen, soweit sie der Bewirtung, Beherbergung oder Unterhaltung von Personen, die nicht Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen sind, dienen (Gästehäuser) und sich außerhalb des Orts eines Betriebs des Steuerpflichtigen befinden;
4.
Aufwendungen für Jagd oder Fischerei, für Segeljachten oder Motorjachten sowie für ähnliche Zwecke und für die hiermit zusammenhängenden Bewirtungen;
5.
Mehraufwendungen für die Verpflegung des Steuerpflichtigen.2Wird der Steuerpflichtige vorübergehend von seiner Wohnung und dem Mittelpunkt seiner dauerhaft angelegten betrieblichen Tätigkeit entfernt betrieblich tätig, sind die Mehraufwendungen für Verpflegung nach Maßgabe des § 9 Absatz 4a abziehbar;
6.
Aufwendungen für die Wege des Steuerpflichtigen zwischen Wohnung und Betriebsstätte und für Familienheimfahrten, soweit in den folgenden Sätzen nichts anderes bestimmt ist.2Zur Abgeltung dieser Aufwendungen ist § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 Satz 2 bis 6 und Nummer 5 Satz 5 bis 7 und Absatz 2 entsprechend anzuwenden.3Bei der Nutzung eines Kraftfahrzeugs dürfen die Aufwendungen in Höhe des positiven Unterschiedsbetrags zwischen 0,03 Prozent des inländischen Listenpreises im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 des Kraftfahrzeugs im Zeitpunkt der Erstzulassung je Kalendermonat für jeden Entfernungskilometer und dem sich nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 Satz 2 bis 6 oder Absatz 2 ergebenden Betrag sowie Aufwendungen für Familienheimfahrten in Höhe des positiven Unterschiedsbetrags zwischen 0,002 Prozent des inländischen Listenpreises im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 für jeden Entfernungskilometer und dem sich nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 Satz 5 bis 7 oder Absatz 2 ergebenden Betrag den Gewinn nicht mindern; ermittelt der Steuerpflichtige die private Nutzung des Kraftfahrzeugs nach § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 1 oder Satz 3, treten an die Stelle des mit 0,03 oder 0,002 Prozent des inländischen Listenpreises ermittelten Betrags für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte und für Familienheimfahrten die auf diese Fahrten entfallenden tatsächlichen Aufwendungen; § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 3 zweiter Halbsatz gilt sinngemäß.4§ 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 Satz 8 und Nummer 5 Satz 9 gilt entsprechend;
6a.
die Mehraufwendungen für eine betrieblich veranlasste doppelte Haushaltsführung, soweit sie die nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 Satz 1 bis 4 abziehbaren Beträge und die Mehraufwendungen für betrieblich veranlasste Übernachtungen, soweit sie die nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5a abziehbaren Beträge übersteigen;
6b.
Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung.2Dies gilt nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet.3Anstelle der Aufwendungen kann pauschal ein Betrag von 1 260 Euro (Jahrespauschale) für das Wirtschafts- oder Kalenderjahr abgezogen werden.4Für jeden vollen Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen nach Satz 2 nicht vorliegen, ermäßigt sich der Betrag von 1 260 Euro um ein Zwölftel;
6c.
für jeden Kalendertag, an dem die betriebliche oder berufliche Tätigkeit überwiegend in der häuslichen Wohnung ausgeübt und keine außerhalb der häuslichen Wohnung belegene erste Tätigkeitsstätte aufgesucht wird, kann für die gesamte betriebliche und berufliche Betätigung ein Betrag von 6 Euro (Tagespauschale), höchstens 1 260 Euro im Wirtschafts- oder Kalenderjahr, abgezogen werden.2Steht für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit dauerhaft kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, ist ein Abzug der Tagespauschale zulässig, auch wenn die Tätigkeit am selben Kalendertag auswärts oder an der ersten Tätigkeitsstätte ausgeübt wird.3Der Abzug der Tagespauschale ist nicht zulässig, soweit für die Wohnung Unterkunftskosten im Rahmen der Nummer 6a oder des § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 abgezogen werden können oder soweit ein Abzug nach Nummer 6b vorgenommen wird;
7.
andere als die in den Nummern 1 bis 6 und 6b bezeichneten Aufwendungen, die die Lebensführung des Steuerpflichtigen oder anderer Personen berühren, soweit sie nach allgemeiner Verkehrsauffassung als unangemessen anzusehen sind;
8.
Geldbußen, Ordnungsgelder und Verwarnungsgelder, die von einem Gericht oder einer Behörde im Geltungsbereich dieses Gesetzes oder von einem Mitgliedstaat oder von Organen der Europäischen Union festgesetzt wurden sowie damit zusammenhängende Aufwendungen.2Dasselbe gilt für Leistungen zur Erfüllung von Auflagen oder Weisungen, die in einem berufsgerichtlichen Verfahren erteilt werden, soweit die Auflagen oder Weisungen nicht lediglich der Wiedergutmachung des durch die Tat verursachten Schadens dienen.3Die Rückzahlung von Ausgaben im Sinne der Sätze 1 und 2 darf den Gewinn nicht erhöhen.4Das Abzugsverbot für Geldbußen gilt nicht, soweit der wirtschaftliche Vorteil, der durch den Gesetzesverstoß erlangt wurde, abgeschöpft worden ist, wenn die Steuern vom Einkommen und Ertrag, die auf den wirtschaftlichen Vorteil entfallen, nicht abgezogen worden sind; Satz 3 ist insoweit nicht anzuwenden;
8a.
Zinsen auf hinterzogene Steuern nach § 235 der Abgabenordnung und Zinsen nach § 233a der Abgabenordnung, soweit diese nach § 235 Absatz 4 der Abgabenordnung auf die Hinterziehungszinsen angerechnet werden;
9.
Ausgleichszahlungen, die in den Fällen der §§ 14 und 17 des Körperschaftsteuergesetzes an außenstehende Anteilseigner geleistet werden;
10.
die Zuwendung von Vorteilen sowie damit zusammenhängende Aufwendungen, wenn die Zuwendung der Vorteile eine rechtswidrige Handlung darstellt, die den Tatbestand eines Strafgesetzes oder eines Gesetzes verwirklicht, das die Ahndung mit einer Geldbuße zulässt.2Gerichte, Staatsanwaltschaften oder Verwaltungsbehörden haben Tatsachen, die sie dienstlich erfahren und die den Verdacht einer Tat im Sinne des Satzes 1 begründen, der Finanzbehörde für Zwecke des Besteuerungsverfahrens und zur Verfolgung von Steuerstraftaten und Steuerordnungswidrigkeiten mitzuteilen.3Die Finanzbehörde teilt Tatsachen, die den Verdacht einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit im Sinne des Satzes 1 begründen, der Staatsanwaltschaft oder der Verwaltungsbehörde mit.4Diese unterrichten die Finanzbehörde von dem Ausgang des Verfahrens und den zugrundeliegenden Tatsachen;
11.
Aufwendungen, die mit unmittelbaren oder mittelbaren Zuwendungen von nicht einlagefähigen Vorteilen an natürliche oder juristische Personen oder Personengesellschaften zur Verwendung in Betrieben in tatsächlichem oder wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, deren Gewinn nach § 5a Absatz 1 ermittelt wird;
12.
Zuschläge nach § 162 Absatz 4 der Abgabenordnung;
13.
Jahresbeiträge nach § 12 Absatz 2 des Restrukturierungsfondsgesetzes.
2Das Abzugsverbot gilt nicht, soweit die in den Nummern 2 bis 4 bezeichneten Zwecke Gegenstand einer mit Gewinnabsicht ausgeübten Betätigung des Steuerpflichtigen sind.3§ 12 Nummer 1 bleibt unberührt.

(5a) (weggefallen)

(5b) Die Gewerbesteuer und die darauf entfallenden Nebenleistungen sind keine Betriebsausgaben.

(6) Aufwendungen zur Förderung staatspolitischer Zwecke (§ 10b Absatz 2) sind keine Betriebsausgaben.

(7)1Aufwendungen im Sinne des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 1 bis 4, 6b und 7 sind einzeln und getrennt von den sonstigen Betriebsausgaben aufzuzeichnen.2Soweit diese Aufwendungen nicht bereits nach Absatz 5 vom Abzug ausgeschlossen sind, dürfen sie bei der Gewinnermittlung nur berücksichtigt werden, wenn sie nach Satz 1 besonders aufgezeichnet sind.

(8) Für Erhaltungsaufwand bei Gebäuden in Sanierungsgebieten und städtebaulichen Entwicklungsbereichen sowie bei Baudenkmalen gelten die §§ 11a und 11b entsprechend.

(9)1Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine Berufsausbildung oder für sein Studium sind nur dann Betriebsausgaben, wenn der Steuerpflichtige zuvor bereits eine Erstausbildung (Berufsausbildung oder Studium) abgeschlossen hat.2§ 9 Absatz 6 Satz 2 bis 5 gilt entsprechend.

(10) § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5b ist entsprechend anzuwenden.

(1)1Bei Gewerbetreibenden, die auf Grund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, oder die ohne eine solche Verpflichtung Bücher führen und regelmäßig Abschlüsse machen, ist für den Schluss des Wirtschaftsjahres das Betriebsvermögen anzusetzen (§ 4 Absatz 1 Satz 1), das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auszuweisen ist, es sei denn, im Rahmen der Ausübung eines steuerlichen Wahlrechts wird oder wurde ein anderer Ansatz gewählt.2Voraussetzung für die Ausübung steuerlicher Wahlrechte ist, dass die Wirtschaftsgüter, die nicht mit dem handelsrechtlich maßgeblichen Wert in der steuerlichen Gewinnermittlung ausgewiesen werden, in besondere, laufend zu führende Verzeichnisse aufgenommen werden.3In den Verzeichnissen sind der Tag der Anschaffung oder Herstellung, die Anschaffungs- oder Herstellungskosten, die Vorschrift des ausgeübten steuerlichen Wahlrechts und die vorgenommenen Abschreibungen nachzuweisen.

(1a)1Posten der Aktivseite dürfen nicht mit Posten der Passivseite verrechnet werden.2Die Ergebnisse der in der handelsrechtlichen Rechnungslegung zur Absicherung finanzwirtschaftlicher Risiken gebildeten Bewertungseinheiten sind auch für die steuerliche Gewinnermittlung maßgeblich.

(2) Für immaterielle Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens ist ein Aktivposten nur anzusetzen, wenn sie entgeltlich erworben wurden.

(2a) Für Verpflichtungen, die nur zu erfüllen sind, soweit künftig Einnahmen oder Gewinne anfallen, sind Verbindlichkeiten oder Rückstellungen erst anzusetzen, wenn die Einnahmen oder Gewinne angefallen sind.

(3)1Rückstellungen wegen Verletzung fremder Patent-, Urheber- oder ähnlicher Schutzrechte dürfen erst gebildet werden, wenn

1.
der Rechtsinhaber Ansprüche wegen der Rechtsverletzung geltend gemacht hat oder
2.
mit einer Inanspruchnahme wegen der Rechtsverletzung ernsthaft zu rechnen ist.
2Eine nach Satz 1 Nummer 2 gebildete Rückstellung ist spätestens in der Bilanz des dritten auf ihre erstmalige Bildung folgenden Wirtschaftsjahres gewinnerhöhend aufzulösen, wenn Ansprüche nicht geltend gemacht worden sind.

(4) Rückstellungen für die Verpflichtung zu einer Zuwendung anlässlich eines Dienstjubiläums dürfen nur gebildet werden, wenn das Dienstverhältnis mindestens zehn Jahre bestanden hat, das Dienstjubiläum das Bestehen eines Dienstverhältnisses von mindestens 15 Jahren voraussetzt, die Zusage schriftlich erteilt ist und soweit der Zuwendungsberechtigte seine Anwartschaft nach dem 31. Dezember 1992 erwirbt.

(4a)1Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften dürfen nicht gebildet werden.2Das gilt nicht für Ergebnisse nach Absatz 1a Satz 2.

(4b)1Rückstellungen für Aufwendungen, die in künftigen Wirtschaftsjahren als Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts zu aktivieren sind, dürfen nicht gebildet werden.2Rückstellungen für die Verpflichtung zur schadlosen Verwertung radioaktiver Reststoffe sowie ausgebauter oder abgebauter radioaktiver Anlagenteile dürfen nicht gebildet werden, soweit Aufwendungen im Zusammenhang mit der Bearbeitung oder Verarbeitung von Kernbrennstoffen stehen, die aus der Aufarbeitung bestrahlter Kernbrennstoffe gewonnen worden sind und keine radioaktiven Abfälle darstellen.

(5)1Als Rechnungsabgrenzungsposten sind nur anzusetzen

1.
auf der Aktivseite Ausgaben vor dem Abschlussstichtag, soweit sie Aufwand für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen;
2.
auf der Passivseite Einnahmen vor dem Abschlussstichtag, soweit sie Ertrag für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen.
2Der Ansatz eines Rechnungsabgrenzungspostens kann unterbleiben, wenn die jeweilige Ausgabe oder Einnahme im Sinne des Satzes 1 den Betrag des § 6 Absatz 2 Satz 1 nicht übersteigt; das Wahlrecht ist einheitlich für alle Ausgaben und Einnahmen im Sinne des Satzes 1 auszuüben.3Auf der Aktivseite sind ferner anzusetzen
1.
als Aufwand berücksichtigte Zölle und Verbrauchsteuern, soweit sie auf am Abschlussstichtag auszuweisende Wirtschaftsgüter des Vorratsvermögens entfallen,
2.
als Aufwand berücksichtigte Umsatzsteuer auf am Abschlussstichtag auszuweisende Anzahlungen.

(6) Die Vorschriften über die Entnahmen und die Einlagen, über die Zulässigkeit der Bilanzänderung, über die Betriebsausgaben, über die Bewertung und über die Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung sind zu befolgen.

(7)1Übernommene Verpflichtungen, die beim ursprünglich Verpflichteten Ansatzverboten, -beschränkungen oder Bewertungsvorbehalten unterlegen haben, sind zu den auf die Übernahme folgenden Abschlussstichtagen bei dem Übernehmer und dessen Rechtsnachfolger so zu bilanzieren, wie sie beim ursprünglich Verpflichteten ohne Übernahme zu bilanzieren wären.2Dies gilt in Fällen des Schuldbeitritts oder der Erfüllungsübernahme mit vollständiger oder teilweiser Schuldfreistellung für die sich aus diesem Rechtsgeschäft ergebenden Verpflichtungen sinngemäß.3Satz 1 ist für den Erwerb eines Mitunternehmeranteils entsprechend anzuwenden.4Wird eine Pensionsverpflichtung unter gleichzeitiger Übernahme von Vermögenswerten gegenüber einem Arbeitnehmer übernommen, der bisher in einem anderen Unternehmen tätig war, ist Satz 1 mit der Maßgabe anzuwenden, dass bei der Ermittlung des Teilwertes der Verpflichtung der Jahresbetrag nach § 6a Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 so zu bemessen ist, dass zu Beginn des Wirtschaftsjahres der Übernahme der Barwert der Jahresbeträge zusammen mit den übernommenen Vermögenswerten gleich dem Barwert der künftigen Pensionsleistungen ist; dabei darf sich kein negativer Jahresbetrag ergeben.5Für einen Gewinn, der sich aus der Anwendung der Sätze 1 bis 3 ergibt, kann jeweils in Höhe von vierzehn Fünfzehntel eine gewinnmindernde Rücklage gebildet werden, die in den folgenden 14 Wirtschaftsjahren jeweils mit mindestens einem Vierzehntel gewinnerhöhend aufzulösen ist (Auflösungszeitraum).6Besteht eine Verpflichtung, für die eine Rücklage gebildet wurde, bereits vor Ablauf des maßgebenden Auflösungszeitraums nicht mehr, ist die insoweit verbleibende Rücklage erhöhend aufzulösen.

(1) Die Steuern können, solange der Steuerfall nicht abschließend geprüft ist, allgemein oder im Einzelfall unter dem Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt werden, ohne dass dies einer Begründung bedarf. Die Festsetzung einer Vorauszahlung ist stets eine Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung.

(2) Solange der Vorbehalt wirksam ist, kann die Steuerfestsetzung aufgehoben oder geändert werden. Der Steuerpflichtige kann die Aufhebung oder Änderung der Steuerfestsetzung jederzeit beantragen. Die Entscheidung hierüber kann jedoch bis zur abschließenden Prüfung des Steuerfalls, die innerhalb angemessener Frist vorzunehmen ist, hinausgeschoben werden.

(3) Der Vorbehalt der Nachprüfung kann jederzeit aufgehoben werden. Die Aufhebung steht einer Steuerfestsetzung ohne Vorbehalt der Nachprüfung gleich; § 157 Abs. 1 Satz 1 und 3 gilt sinngemäß. Nach einer Außenprüfung ist der Vorbehalt aufzuheben, wenn sich Änderungen gegenüber der Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung nicht ergeben.

(4) Der Vorbehalt der Nachprüfung entfällt, wenn die Festsetzungsfrist abläuft. § 169 Absatz 2 Satz 2, § 170 Absatz 6 und § 171 Absatz 7, 8 und 10 sind nicht anzuwenden.

(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an die rechtliche Beurteilung gebunden, die der Aufhebung zugrunde liegt, an die tatsächliche so weit, als nicht neu bekannt werdende Tatsachen und Beweismittel eine andere Beurteilung rechtfertigen. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, dass und wie die Finanzbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, dass die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt nicht, soweit der Steuerpflichtige seiner Erklärungspflicht nicht nachgekommen ist und deshalb die Besteuerungsgrundlagen geschätzt worden sind. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlass des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, dass Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluss kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung; die §§ 158, 160, 162 der Abgabenordnung gelten sinngemäß. Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

(1) Soweit die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie sie zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

(2) Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft oder eine Versicherung an Eides statt verweigert oder seine Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 2 verletzt. Das Gleiche gilt, wenn der Steuerpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann, wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen nach § 158 Absatz 2 nicht der Besteuerung zugrunde gelegt werden oder wenn tatsächliche Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der vom Steuerpflichtigen gemachten Angaben zu steuerpflichtigen Einnahmen oder Betriebsvermögensmehrungen bestehen und der Steuerpflichtige die Zustimmung nach § 93 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 nicht erteilt. Hat der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb verletzt, so wird widerlegbar vermutet, dass in Deutschland steuerpflichtige Einkünfte in Bezug zu Staaten oder Gebieten im Sinne des § 3 Absatz 1 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb

1.
bisher nicht erklärt wurden, tatsächlich aber vorhanden sind, oder
2.
bisher zwar erklärt wurden, tatsächlich aber höher sind als erklärt.

(3) Verletzt ein Steuerpflichtiger seine Mitwirkungspflichten nach § 90 Absatz 3 dadurch, dass er keine Aufzeichnungen über einen Geschäftsvorfall vorlegt, oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar oder wird festgestellt, dass der Steuerpflichtige Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 Satz 5 nicht zeitnah erstellt hat, so wird widerlegbar vermutet, dass seine im Inland steuerpflichtigen Einkünfte, zu deren Ermittlung die Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 dienen, höher als die von ihm erklärten Einkünfte sind. Hat in solchen Fällen die Finanzbehörde eine Schätzung vorzunehmen und können diese Einkünfte nur innerhalb eines bestimmten Rahmens, insbesondere nur auf Grund von Preisspannen bestimmt werden, kann dieser Rahmen zu Lasten des Steuerpflichtigen ausgeschöpft werden. Bestehen trotz Vorlage verwertbarer Aufzeichnungen durch den Steuerpflichtigen Anhaltspunkte dafür, dass seine Einkünfte bei Beachtung des Fremdvergleichsgrundsatzes höher wären als die auf Grund der Aufzeichnungen erklärten Einkünfte, und können entsprechende Zweifel deswegen nicht aufgeklärt werden, weil eine ausländische, nahe stehende Person ihre Mitwirkungspflichten nach § 90 Abs. 2 oder ihre Auskunftspflichten nach § 93 Abs. 1 nicht erfüllt, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden.

(4) Legt ein Steuerpflichtiger über einen Geschäftsvorfall keine Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 vor oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar, ist ein Zuschlag von 5 000 Euro festzusetzen. Der Zuschlag beträgt mindestens 5 Prozent und höchstens 10 Prozent des Mehrbetrags der Einkünfte, der sich nach einer Berichtigung auf Grund der Anwendung des Absatzes 3 ergibt, wenn sich danach ein Zuschlag von mehr als 5 000 Euro ergibt. Der Zuschlag ist regelmäßig nach Abschluss der Außenprüfung festzusetzen. Bei verspäteter Vorlage von verwertbaren Aufzeichnungen beträgt der Zuschlag bis zu 1 000 000 Euro, mindestens jedoch 100 Euro für jeden vollen Tag der Fristüberschreitung; er kann für volle Wochen und Monate der verspäteten Vorlage in Teilbeträgen festgesetzt werden. Soweit den Finanzbehörden Ermessen hinsichtlich der Höhe des jeweiligen Zuschlags eingeräumt ist, sind neben dem Zweck dieses Zuschlags, den Steuerpflichtigen zur Erstellung und fristgerechten Vorlage der Aufzeichnungen nach § 90 Absatz 3 anzuhalten, insbesondere die von ihm gezogenen Vorteile und bei verspäteter Vorlage auch die Dauer der Fristüberschreitung zu berücksichtigen. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Pflichten nach § 90 Abs. 3 entschuldbar erscheint oder ein Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen steht dem eigenen Verschulden gleich.

(4a) Verletzt der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Steueroasen-Abwehrgesetzes, ist Absatz 4 entsprechend anzuwenden. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Mitwirkungspflichten entschuldbar erscheint oder das Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen ist dem Steuerpflichtigen zuzurechnen.

(5) In den Fällen des § 155 Abs. 2 können die in einem Grundlagenbescheid festzustellenden Besteuerungsgrundlagen geschätzt werden.

(1) Die Buchführung und die Aufzeichnungen des Steuerpflichtigen, die den Vorschriften der §§ 140 bis 148 entsprechen, sind der Besteuerung zugrunde zu legen.

(2) Absatz 1 gilt nicht,

1.
soweit nach den Umständen des Einzelfalls Anlass besteht, die sachliche Richtigkeit zu beanstanden oder
2.
soweit die elektronischen Daten nicht nach der Vorgabe der einheitlichen digitalen Schnittstellen des § 41 Absatz 1 Satz 7 des Einkommensteuergesetzes in Verbindung mit § 4 Absatz 2a der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung, des § 146a oder des § 147b in Verbindung mit der jeweiligen Rechtsverordnung zur Verfügung gestellt werden.

(1) Soweit die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie sie zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

(2) Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft oder eine Versicherung an Eides statt verweigert oder seine Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 2 verletzt. Das Gleiche gilt, wenn der Steuerpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann, wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen nach § 158 Absatz 2 nicht der Besteuerung zugrunde gelegt werden oder wenn tatsächliche Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der vom Steuerpflichtigen gemachten Angaben zu steuerpflichtigen Einnahmen oder Betriebsvermögensmehrungen bestehen und der Steuerpflichtige die Zustimmung nach § 93 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 nicht erteilt. Hat der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb verletzt, so wird widerlegbar vermutet, dass in Deutschland steuerpflichtige Einkünfte in Bezug zu Staaten oder Gebieten im Sinne des § 3 Absatz 1 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb

1.
bisher nicht erklärt wurden, tatsächlich aber vorhanden sind, oder
2.
bisher zwar erklärt wurden, tatsächlich aber höher sind als erklärt.

(3) Verletzt ein Steuerpflichtiger seine Mitwirkungspflichten nach § 90 Absatz 3 dadurch, dass er keine Aufzeichnungen über einen Geschäftsvorfall vorlegt, oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar oder wird festgestellt, dass der Steuerpflichtige Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 Satz 5 nicht zeitnah erstellt hat, so wird widerlegbar vermutet, dass seine im Inland steuerpflichtigen Einkünfte, zu deren Ermittlung die Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 dienen, höher als die von ihm erklärten Einkünfte sind. Hat in solchen Fällen die Finanzbehörde eine Schätzung vorzunehmen und können diese Einkünfte nur innerhalb eines bestimmten Rahmens, insbesondere nur auf Grund von Preisspannen bestimmt werden, kann dieser Rahmen zu Lasten des Steuerpflichtigen ausgeschöpft werden. Bestehen trotz Vorlage verwertbarer Aufzeichnungen durch den Steuerpflichtigen Anhaltspunkte dafür, dass seine Einkünfte bei Beachtung des Fremdvergleichsgrundsatzes höher wären als die auf Grund der Aufzeichnungen erklärten Einkünfte, und können entsprechende Zweifel deswegen nicht aufgeklärt werden, weil eine ausländische, nahe stehende Person ihre Mitwirkungspflichten nach § 90 Abs. 2 oder ihre Auskunftspflichten nach § 93 Abs. 1 nicht erfüllt, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden.

(4) Legt ein Steuerpflichtiger über einen Geschäftsvorfall keine Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 vor oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar, ist ein Zuschlag von 5 000 Euro festzusetzen. Der Zuschlag beträgt mindestens 5 Prozent und höchstens 10 Prozent des Mehrbetrags der Einkünfte, der sich nach einer Berichtigung auf Grund der Anwendung des Absatzes 3 ergibt, wenn sich danach ein Zuschlag von mehr als 5 000 Euro ergibt. Der Zuschlag ist regelmäßig nach Abschluss der Außenprüfung festzusetzen. Bei verspäteter Vorlage von verwertbaren Aufzeichnungen beträgt der Zuschlag bis zu 1 000 000 Euro, mindestens jedoch 100 Euro für jeden vollen Tag der Fristüberschreitung; er kann für volle Wochen und Monate der verspäteten Vorlage in Teilbeträgen festgesetzt werden. Soweit den Finanzbehörden Ermessen hinsichtlich der Höhe des jeweiligen Zuschlags eingeräumt ist, sind neben dem Zweck dieses Zuschlags, den Steuerpflichtigen zur Erstellung und fristgerechten Vorlage der Aufzeichnungen nach § 90 Absatz 3 anzuhalten, insbesondere die von ihm gezogenen Vorteile und bei verspäteter Vorlage auch die Dauer der Fristüberschreitung zu berücksichtigen. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Pflichten nach § 90 Abs. 3 entschuldbar erscheint oder ein Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen steht dem eigenen Verschulden gleich.

(4a) Verletzt der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Steueroasen-Abwehrgesetzes, ist Absatz 4 entsprechend anzuwenden. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Mitwirkungspflichten entschuldbar erscheint oder das Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen ist dem Steuerpflichtigen zuzurechnen.

(5) In den Fällen des § 155 Abs. 2 können die in einem Grundlagenbescheid festzustellenden Besteuerungsgrundlagen geschätzt werden.

(1) Die Buchführung muss so beschaffen sein, dass sie einem sachverständigen Dritten innerhalb angemessener Zeit einen Überblick über die Geschäftsvorfälle und über die Lage des Unternehmens vermitteln kann. Die Geschäftsvorfälle müssen sich in ihrer Entstehung und Abwicklung verfolgen lassen.

(2) Aufzeichnungen sind so vorzunehmen, dass der Zweck, den sie für die Besteuerung erfüllen sollen, erreicht wird.

(1) Die Buchungen und die sonst erforderlichen Aufzeichnungen sind einzeln, vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet vorzunehmen. Kasseneinnahmen und Kassenausgaben sind täglich festzuhalten. Die Pflicht zur Einzelaufzeichnung nach Satz 1 besteht aus Zumutbarkeitsgründen bei Verkauf von Waren an eine Vielzahl von nicht bekannten Personen gegen Barzahlung nicht. Das gilt nicht, wenn der Steuerpflichtige ein elektronisches Aufzeichnungssystem im Sinne des § 146a verwendet.

(2) Bücher und die sonst erforderlichen Aufzeichnungen sind im Geltungsbereich dieses Gesetzes zu führen und aufzubewahren. Dies gilt nicht, soweit für Betriebstätten außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes nach dortigem Recht eine Verpflichtung besteht, Bücher und Aufzeichnungen zu führen, und diese Verpflichtung erfüllt wird. In diesem Fall sowie bei Organgesellschaften außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes müssen die Ergebnisse der dortigen Buchführung in die Buchführung des hiesigen Unternehmens übernommen werden, soweit sie für die Besteuerung von Bedeutung sind. Dabei sind die erforderlichen Anpassungen an die steuerrechtlichen Vorschriften im Geltungsbereich dieses Gesetzes vorzunehmen und kenntlich zu machen.

(2a) Abweichend von Absatz 2 Satz 1 kann der Steuerpflichtige elektronische Bücher und sonstige erforderliche elektronische Aufzeichnungen oder Teile davon in einem anderen Mitgliedstaat oder in mehreren Mitgliedstaaten der Europäischen Union führen und aufbewahren. Macht der Steuerpflichtige von dieser Befugnis Gebrauch, hat er sicherzustellen, dass der Datenzugriff nach § 146b Absatz 2 Satz 2, § 147 Absatz 6 und § 27b Absatz 2 Satz 2 und 3 des Umsatzsteuergesetzes in vollem Umfang möglich ist.

(2b) Abweichend von Absatz 2 Satz 1 kann die zuständige Finanzbehörde auf schriftlichen oder elektronischen Antrag des Steuerpflichtigen bewilligen, dass elektronische Bücher und sonstige erforderliche elektronische Aufzeichnungen oder Teile davon in einem Drittstaat oder in mehreren Drittstaaten geführt und aufbewahrt werden können. Voraussetzung ist, dass

1.
der Steuerpflichtige der zuständigen Finanzbehörde den Standort oder die Standorte des Datenverarbeitungssystems oder bei Beauftragung eines Dritten dessen Namen und Anschrift mitteilt,
2.
der Steuerpflichtige seinen sich aus den §§ 90, 93, 97, 140 bis 147 und 200 Absatz 1 und 2 ergebenden Pflichten ordnungsgemäß nachgekommen ist,
3.
der Datenzugriff nach § 146b Absatz 2 Satz 2, § 147 Absatz 6 und § 27b Absatz 2 Satz 2 und 3 des Umsatzsteuergesetzes in vollem Umfang möglich ist und
4.
die Besteuerung hierdurch nicht beeinträchtigt wird.
Werden der Finanzbehörde Umstände bekannt, die zu einer Beeinträchtigung der Besteuerung führen, hat sie die Bewilligung zu widerrufen und die unverzügliche Rückverlagerung der elektronischen Bücher und sonstigen erforderlichen elektronischen Aufzeichnungen einen oder mehrere Mitgliedstaaten der Europäischen Union zu verlangen. Eine Änderung der unter Satz 2 Nummer 1 benannten Umstände ist der zuständigen Finanzbehörde unverzüglich mitzuteilen.

(2c) Kommt der Steuerpflichtige der Aufforderung zur Rückverlagerung seiner elektronischen Buchführung oder seinen Pflichten nach Absatz 2b Satz 4, zur Einräumung des Datenzugriffs nach § 147 Abs. 6, zur Erteilung von Auskünften oder zur Vorlage angeforderter Unterlagen im Sinne des § 200 Abs. 1 im Rahmen einer Außenprüfung innerhalb einer ihm bestimmten angemessenen Frist nach Bekanntgabe durch die zuständige Finanzbehörde nicht nach oder hat er seine elektronische Buchführung ohne Bewilligung der zuständigen Finanzbehörde in einen oder mehrere Drittstaaten verlagert, kann ein Verzögerungsgeld von 2 500 Euro bis 250 000 Euro festgesetzt werden.

(3) Die Buchungen und die sonst erforderlichen Aufzeichnungen sind in einer lebenden Sprache vorzunehmen. Wird eine andere als die deutsche Sprache verwendet, so kann die Finanzbehörde Übersetzungen verlangen. Werden Abkürzungen, Ziffern, Buchstaben oder Symbole verwendet, muss im Einzelfall deren Bedeutung eindeutig festliegen.

(4) Eine Buchung oder eine Aufzeichnung darf nicht in einer Weise verändert werden, dass der ursprüngliche Inhalt nicht mehr feststellbar ist. Auch solche Veränderungen dürfen nicht vorgenommen werden, deren Beschaffenheit es ungewiss lässt, ob sie ursprünglich oder erst später gemacht worden sind.

(5) Die Bücher und die sonst erforderlichen Aufzeichnungen können auch in der geordneten Ablage von Belegen bestehen oder auf Datenträgern geführt werden, soweit diese Formen der Buchführung einschließlich des dabei angewandten Verfahrens den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entsprechen; bei Aufzeichnungen, die allein nach den Steuergesetzen vorzunehmen sind, bestimmt sich die Zulässigkeit des angewendeten Verfahrens nach dem Zweck, den die Aufzeichnungen für die Besteuerung erfüllen sollen. Bei der Führung der Bücher und der sonst erforderlichen Aufzeichnungen auf Datenträgern muss insbesondere sichergestellt sein, dass während der Dauer der Aufbewahrungsfrist die Daten jederzeit verfügbar sind und unverzüglich lesbar gemacht werden können. Dies gilt auch für die Befugnisse der Finanzbehörde nach § 146b Absatz 2 Satz 2, § 147 Absatz 6 und § 27b Absatz 2 Satz 2 und 3 des Umsatzsteuergesetzes. Absätze 1 bis 4 gelten sinngemäß.

(6) Die Ordnungsvorschriften gelten auch dann, wenn der Unternehmer Bücher und Aufzeichnungen, die für die Besteuerung von Bedeutung sind, führt, ohne hierzu verpflichtet zu sein.

(1) Die folgenden Unterlagen sind geordnet aufzubewahren:

1.
Bücher und Aufzeichnungen, Inventare, Jahresabschlüsse, Lageberichte, die Eröffnungsbilanz sowie die zu ihrem Verständnis erforderlichen Arbeitsanweisungen und sonstigen Organisationsunterlagen,
2.
die empfangenen Handels- oder Geschäftsbriefe,
3.
Wiedergaben der abgesandten Handels- oder Geschäftsbriefe,
4.
Buchungsbelege,
4a.
Unterlagen nach Artikel 15 Absatz 1 und Artikel 163 des Zollkodex der Union,
5.
sonstige Unterlagen, soweit sie für die Besteuerung von Bedeutung sind.

(2) Mit Ausnahme der Jahresabschlüsse, der Eröffnungsbilanz und der Unterlagen nach Absatz 1 Nummer 4a, sofern es sich bei letztgenannten Unterlagen um amtliche Urkunden oder handschriftlich zu unterschreibende nicht förmliche Präferenznachweise handelt, können die in Absatz 1 aufgeführten Unterlagen auch als Wiedergabe auf einem Bildträger oder auf anderen Datenträgern aufbewahrt werden, wenn dies den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entspricht und sichergestellt ist, dass die Wiedergabe oder die Daten

1.
mit den empfangenen Handels- oder Geschäftsbriefen und den Buchungsbelegen bildlich und mit den anderen Unterlagen inhaltlich übereinstimmen, wenn sie lesbar gemacht werden,
2.
während der Dauer der Aufbewahrungsfrist jederzeit verfügbar sind, unverzüglich lesbar gemacht und maschinell ausgewertet werden können.

(3) Die in Absatz 1 Nr. 1, 4 und 4a aufgeführten Unterlagen sind zehn Jahre, die sonstigen in Absatz 1 aufgeführten Unterlagen sechs Jahre aufzubewahren, sofern nicht in anderen Steuergesetzen kürzere Aufbewahrungsfristen zugelassen sind. Kürzere Aufbewahrungsfristen nach außersteuerlichen Gesetzen lassen die in Satz 1 bestimmte Frist unberührt. Bei empfangenen Lieferscheinen, die keine Buchungsbelege nach Absatz 1 Nummer 4 sind, endet die Aufbewahrungsfrist mit dem Erhalt der Rechnung. Für abgesandte Lieferscheine, die keine Buchungsbelege nach Absatz 1 Nummer 4 sind, endet die Aufbewahrungsfrist mit dem Versand der Rechnung. Die Aufbewahrungsfrist läuft jedoch nicht ab, soweit und solange die Unterlagen für Steuern von Bedeutung sind, für welche die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen ist; § 169 Abs. 2 Satz 2 gilt nicht.

(4) Die Aufbewahrungsfrist beginnt mit dem Schluss des Kalenderjahrs, in dem die letzte Eintragung in das Buch gemacht, das Inventar, die Eröffnungsbilanz, der Jahresabschluss oder der Lagebericht aufgestellt, der Handels- oder Geschäftsbrief empfangen oder abgesandt worden oder der Buchungsbeleg entstanden ist, ferner die Aufzeichnung vorgenommen worden ist oder die sonstigen Unterlagen entstanden sind.

(5) Wer aufzubewahrende Unterlagen in der Form einer Wiedergabe auf einem Bildträger oder auf anderen Datenträgern vorlegt, ist verpflichtet, auf seine Kosten diejenigen Hilfsmittel zur Verfügung zu stellen, die erforderlich sind, um die Unterlagen lesbar zu machen; auf Verlangen der Finanzbehörde hat er auf seine Kosten die Unterlagen unverzüglich ganz oder teilweise auszudrucken oder ohne Hilfsmittel lesbare Reproduktionen beizubringen.

(6) Sind die Unterlagen nach Absatz 1 mit Hilfe eines Datenverarbeitungssystems erstellt worden,

1.
hat die Finanzbehörde im Rahmen einer Außenprüfung das Recht, Einsicht in die gespeicherten Daten zu nehmen und das Datenverarbeitungssystem zur Prüfung dieser Unterlagen zu nutzen,
2.
kann die Finanzbehörde verlangen, dass die Daten nach ihren Vorgaben maschinell ausgewertet zur Verfügung gestellt werden, oder
3.
kann die Finanzbehörde verlangen, dass die Daten nach ihren Vorgaben in einem maschinell auswertbaren Format an sie übertragen werden.
Teilt der Steuerpflichtige der Finanzbehörde mit, dass sich seine Daten nach Absatz 1 bei einem Dritten befinden, so hat der Dritte
1.
der Finanzbehörde Einsicht in die für den Steuerpflichtigen gespeicherten Daten zu gewähren oder
2.
diese Daten nach den Vorgaben der Finanzbehörde maschinell auszuwerten oder
3.
ihr nach ihren Vorgaben die für den Steuerpflichtigen gespeicherten Daten in einem maschinell auswertbaren Format zu übertragen.
Die Kosten trägt der Steuerpflichtige. In Fällen des Satzes 3 hat der mit der Außenprüfung betraute Amtsträger den in § 3 und § 4 Nummer 1 und 2 des Steuerberatungsgesetzes bezeichneten Personen sein Erscheinen in angemessener Frist anzukündigen. Sofern noch nicht mit einer Außenprüfung begonnen wurde, ist es im Fall eines Wechsels des Datenverarbeitungssystems oder im Fall der Auslagerung von aufzeichnungs- und aufbewahrungspflichtigen Daten aus dem Produktivsystem in ein anderes Datenverarbeitungssystem ausreichend, wenn der Steuerpflichtige nach Ablauf des fünften Kalenderjahres, das auf die Umstellung oder Auslagerung folgt, diese Daten ausschließlich auf einem maschinell lesbaren und maschinell auswertbaren Datenträger vorhält.

(7) Die Verarbeitung und Aufbewahrung der nach Absatz 6 zur Verfügung gestellten Daten ist auch auf mobilen Datenverarbeitungssystemen der Finanzbehörden unabhängig von deren Einsatzort zulässig, sofern diese unter Berücksichtigung des Stands der Technik gegen unbefugten Zugriff gesichert sind. Die Finanzbehörde darf die nach Absatz 6 zur Verfügung gestellten und gespeicherten Daten bis zur Unanfechtbarkeit der die Daten betreffenden Verwaltungsakte auch auf den mobilen Datenverarbeitungssystemen unabhängig von deren Einsatzort aufbewahren.

Tenor

Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des Finanzgerichts Münster vom 26. Juli 2012  4 K 2071/09 E,U aufgehoben.

Die Sache wird an das Finanzgericht Münster zurückverwiesen.

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.

Tatbestand

1

I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute, die in den verbliebenen Streitjahren 2001 und 2003 zur Einkommensteuer zusammenveranlagt wurden. Der Kläger betrieb von 1996 bis zum Frühjahr 2002 und erneut ab dem Frühjahr 2003 eine Schank- und Speisewirtschaft in Räumen, die er von einer Brauerei angemietet hatte. Die Klägerin war im Betrieb angestellt.

2

Der Kläger ermittelte seinen Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich. Den größten Teil seiner Bareinnahmen rechnete er über eine elektronische Registrierkasse ab. Daneben führte er für die Thekeneinnahmen eine von der Registrierkasse getrennte Barkasse.

3

Im Rahmen einer Außenprüfung beanstandete der Prüfer die Ordnungsmäßigkeit der Kassenführung und stützte sich hierbei auf die folgenden Punkte:

-       

Zwar ist für jeden Öffnungstag des Jahres 2001 ein Tagesendsummenbon vorhanden; die fortlaufende Nummerierung dieser Bons weist für die Zeit vom 1. Januar bis 16. März 2001 aber Unterbrechungen auf. Die Bons mit den dazwischenliegenden Nummern haben die Kläger nicht vorgelegt und hierzu vorgetragen, es handele sich um "Leerbons".

-       

Für das Jahr 2003 liegen zwar fortlaufend nummerierte Tagesendsummenbons vor. Allerdings ist auf diesen Bons kein Datum ausgedruckt.

-       

Die Kläger haben weder Programmierprotokolle der Registrierkasse noch die Speisekarte für das Jahr 2001 vorgelegt.

-       

Ausweislich der Feststellungen des Finanzgerichts (FG) --im Betriebsprüfungsbericht ist dieser Umstand hingegen nicht erwähnt-- wurden für die Thekenkasse keine Kassenberichte erstellt, in denen die sich anhand der Aufzeichnungen ergebenden Soll-Kassenbestände mit den durch Auszählen ermittelten Ist-Beständen abzugleichen gewesen wären. Vielmehr wurden die täglichen Bestände dieser Kasse lediglich rechnerisch durch Gegenüberstellung der aufgezeichneten Einnahmen und Ausgaben ermittelt.

-       

Der Kläger hat die Warenendbestände zum Ende der Streitjahre nicht durch Inventuren, sondern im Wege der Schätzung ermittelt.

-       

Für das Jahr 2003 hat der Prüfer vier Bareinlagen in Höhe von insgesamt 4.164,78 € als ungeklärt angesehen. Hierzu hat das FG allerdings keine Feststellungen getroffen.

4

Der Prüfer erhöhte die vom Kläger erklärten Erlöse um Hinzuschätzungen, für deren Höhe er sich auf einen sog. "Zeitreihenvergleich" stützte. Dabei ging er wie folgt vor:

-       

Aus den Eingangsrechnungen des Klägers ermittelte der Prüfer den Wareneinkauf für jede Kalenderwoche des Prüfungszeitraums. Nach dem --von den Klägern teilweise bestrittenen-- Vortrag des Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) habe der Prüfer hierbei das Lieferdatum zugrunde gelegt, sofern ein solches in den Eingangsrechnungen angegeben gewesen sei. Ansonsten habe er das Rechnungsdatum herangezogen. Sofern der Kläger beim jeweiligen Lieferanten weniger als einmal wöchentlich eingekauft habe, habe der Prüfer den Wert des Einkaufs gleichmäßig auf den Zeitraum zwischen den aufeinanderfolgenden Einkäufen verteilt.

-       

Den Wareneinkauf minderte der Prüfer um die sich aus der Buchführung des Klägers --auf der Grundlage der von der Finanzverwaltung hierfür veröffentlichten Pauschbeträge-- ergebenden Werte für Sachentnahmen der Familie der Kläger und für die Beköstigung des Personals. Diese Beträge verteilte er gleichmäßig auf die Kalenderwochen eines Jahres.

-       

Für das Jahr 2003 minderte der Prüfer den Wareneinkauf ferner um den vom Kläger geschätzten Warenendbestand zum 31. Dezember 2003 (10.800 €), der ebenfalls gleichmäßig auf die einzelnen Kalenderwochen verteilt wurde.

-       

Den sich danach ergebenden wöchentlichen Wareneinsatz verglich der Prüfer mit den vom Kläger für die jeweilige Kalenderwoche erklärten Einnahmen. Aus diesem Vergleich ergab sich für jede Woche ein Rohgewinnaufschlagsatz.

-       

Anschließend ermittelte der Prüfer für jede Kalenderwoche den Durchschnittswert aus den Rohgewinnaufschlagsätzen dieser Woche und der neun vorangehenden Wochen.

-       

Seiner Schätzung legte der Prüfer den höchsten Zehn-Wochen-Durchschnittswert zugrunde, der sich im jeweiligen Kalenderjahr ergab. Dies waren für das Jahr 2001 die Kalenderwochen 23 bis 32 mit einem Rohgewinnaufschlagsatz (hier: Vergleich der Brutto-Einnahmen mit dem Netto-Wareneinsatz) von 241,54 %, für das Jahr 2003 die Kalenderwochen 28 bis 37 mit einem Brutto/Netto-Rohgewinnaufschlagsatz von 263,42 %.

-       

Diese Rohgewinnaufschlagsätze wendete der Prüfer für das gesamte jeweilige Kalenderjahr auf den tatsächlich vom Kläger erklärten Wareneinsatz an.

5

Auf dieser Grundlage ermittelte der Prüfer die folgenden Hinzuschätzungsbeträge:

Jahr   

2001   

2003   

Wareneinsatz netto

200.244,83 DM

73.368,42 €

höchster RAS brutto/netto

241,54 % 

263,42 %

zum Vergleich: RAS lt. Kläger

228,15 % 

201,09 %

Erlöse brutto lt. Prüfer

683.908,83 DM

266.634,31 €

Erlöse brutto lt. Kläger

657.095,38 DM

220.905,86 €

Mehrerlöse brutto lt. Prüfer

26.813,44 DM

45.728,46 €

Mehrerlöse netto lt. Prüfer

23.115,03 DM

39.421,08 €

Hinzuschätzung netto lt. Prüfer (nach Abrundung auf den nächsten durch 5.000 teilbaren Betrag)

20.000,00 DM

35.000,00 €

6

Für das --im Revisionsverfahren nicht mehr streitbefangene-- Jahr 2002 nahm der Prüfer wegen aus seiner Sicht ungeklärt gebliebener Vermögenszuwächse eine Hinzuschätzung von 40.000 € netto vor.

7

Das FA erließ entsprechend geänderte Einkommen- und Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre. Im Einspruchsverfahren legten die Kläger Geldverkehrsrechnungen für die Jahre 2001 und 2002 samt Unterlagen zu ihren außerbetrieblichen Einnahmen sowie zu Vermögensumschichtungen vor. Für das Jahr 2003 beantragten sie, weitere Schuldzinsen als Betriebsausgaben zu berücksichtigen. Gegen den Zeitreihenvergleich wandten sie sich mit dem folgenden Vorbringen:

-       

Für die Durchführung des Zeitreihenvergleichs sei die exakte Zuordnung des wöchentlichen Wareneinsatzes zu den Erlösen der jeweiligen Woche von herausragender Bedeutung. Der Schluss vom Wareneinkauf --nur insoweit bestehe eine gesetzliche Aufzeichnungspflicht-- auf den wöchentlichen Wareneinsatz sei aber wegen des Fehlens einer Verpflichtung zu wöchentlichen Inventuren mit großen Unsicherheiten belastet. Zwar werde durch die Bildung eines Durchschnittswerts über einen Zehn-Wochen-Zeitraum eine gewisse Nivellierung vorgenommen; zufällige Verschiebungen am Anfang oder Ende eines solchen Zehn-Wochen-Zeitraums könnten aber immer noch erhebliche rechnerische Auswirkungen auf den sich ergebenden Rohgewinnaufschlagsatz haben.

-       

Bereits die betriebs- und saisonüblichen Schwankungen in der Lagerhaltung sowie hinsichtlich der Ein- und Verkaufspreise und der Verteilung zwischen den Warenarten würden aufgrund der Systematik des Zeitreihenvergleichs zwingend zu rechnerischen Mehrergebnissen führen.

-       

Es entspreche nicht dem tatsächlichen Ablauf, den Aufbau des zum 31. Dezember 2003 vorhandenen Warenendbestands gleichmäßig auf alle Kalenderwochen des Jahres 2003 zu verteilen.

-       

Am letzten Augustwochenende (34. Kalenderwoche 2001 bzw. 35. Kalenderwoche 2003) finde jeweils das X-Fest statt, das zwar zu erheblich überdurchschnittlichen Wochenumsätzen, nicht aber zu einem entsprechenden Anstieg des Wareneinkaufs in derselben Kalenderwoche führe.

-       

Im Jahr 2003 sei ein gerade kostendeckender Mittagstisch angeboten worden.

-       

Der Warenverderb sei unberücksichtigt geblieben.

8

In seinen Einspruchsentscheidungen setzte das FA die Hinzuschätzung für 2002 auf 15.000 € herab und wies die Einsprüche im Übrigen zurück. Im Klageverfahren legten die Kläger auch für 2003 eine Geldverkehrsrechnung vor und erklärten aus vorhandenen Geldanlagen Zinseinnahmen für 2001 nach, die allerdings unterhalb der damals geltenden Freibeträge lagen.

9

Das FG gab der Klage für 2002 in vollem Umfang statt und berücksichtigte für 2003 zusätzliche Schuldzinsen in Höhe von 3.764 € als Betriebsausgaben. Im Übrigen wies es die Klage ab (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2012, 1982). Zur Begründung des klageabweisenden Teils seiner Entscheidung führte es aus, die Buchführung des Klägers sei in den Jahren 2001 und 2003 formell nicht ordnungsgemäß gewesen. Diese formellen Mängel seien wegen der entscheidenden Bedeutung der Bareinnahmen für den Betrieb des Klägers auch Anlass, die sachliche Richtigkeit der Buchführung anzuzweifeln, da es wegen der nur rechnerischen Führung der Kasse (gemeint wohl: Thekenkasse) an der Kassensturzfähigkeit fehle.

10

Der Zeitreihenvergleich stelle im Streitfall eine geeignete Schätzungsmethode dar. Die Wahl der Schätzungsmethode stehe im Ermessen des FA bzw. des FG; Unschärfen gingen zu Lasten des Steuerpflichtigen. Die von der instanzgerichtlichen Rechtsprechung anerkannte Methode des Zeitreihenvergleichs basiere darauf, dass es in der Praxis kaum möglich sei, über kurze Zeiträume genau denjenigen Wareneinkauf zu verschweigen, mit dem nicht verbuchte Erlöse erzielt würden. Im Betrieb des Klägers habe es in den Streitjahren keine wesentlichen Änderungen in der Betriebsführung oder -struktur gegeben, die einem Zeitreihenvergleich entgegenstehen könnten. Saisonale oder jahreszeitliche Schwankungen des Geschäfts seien nicht erkennbar, weil die wochenweise ermittelten Rohgewinnaufschlagsätze nicht in Abhängigkeit von der Jahreszeit, sondern auch innerhalb einer Jahreszeit unterschiedlich seien. Das X-Fest könne sich nicht ausgewirkt haben, da es nur im Jahr 2003, nicht aber im Jahr 2001 in den vom FA herangezogenen Zehn-Wochen-Zeitraum falle, und auch für das Jahr 2003 der höchste Rohgewinnaufschlagsatz des Zehn-Wochen-Zeitraums gerade nicht in die Woche des X-Fests falle. Der Warenendbestand 2003 sei zu Recht auf das gesamte Jahr verteilt worden, da davon auszugehen sei, dass er während des gesamten Jahres aufgebaut worden sei. Für die Kläger sei dies günstiger als eine Berücksichtigung in einem kurzen Zeitraum, die dann in diesem Zeitraum zu überproportional hohen rechnerischen Wareneinsätzen führen würde. Die vom FA vorgenommene Abrundung gleiche weitere Unschärfen der Schätzung aus. Das Schätzungsergebnis bewege sich im mittleren Bereich der Richtsätze für Gast-, Speise- und Schankwirtschaften (Netto/Netto-Mittelwert: 213 % bei einer Spanne von 150 bis 317 % für 2001 bzw. 144 bis 317 % für 2003).

11

Die von den Klägern eingereichten Geldverkehrsrechnungen seien als Schätzungsgrundlage nicht geeignet. Ihnen seien die sich aus der Buchführung ergebenden Betriebseinnahmen zugrunde gelegt worden, obwohl die Buchführung nicht ordnungsgemäß sei. Für 2001 komme hinzu, dass die Auszahlung aus einem Lebensversicherungsvertrag doppelt angesetzt und die Herkunft der aus dem Ausland stammenden Mittel nicht nachgewiesen worden sei. Ohnehin bestehe kein Anspruch auf die Anwendung einer bestimmten Schätzungsmethode.

12

Für das Jahr 2002 sei die Klage hingegen begründet. Dem FA stehe insoweit keine Schätzungsbefugnis zu, weil die Buchführung des Klägers keine Mängel aufgewiesen habe. Es seien auch keine ungeklärten Vermögenszuwächse zu verzeichnen, weil die vom FA vorgenommene Geldverkehrsrechnung methodische Mängel aufweise.

13

Mit ihrer Revision wiederholen und vertiefen die Kläger ihre Einwendungen gegen den vom FA durchgeführten Zeitreihenvergleich. Ergänzend führen sie die folgenden Gesichtspunkte an:

-       

Selbst wenn man davon ausgehe, dass die wochenweisen Schwankungen im Einkauf frischer Lebensmittel sich über einen Zehn-Wochen-Zeitraum ausgleichen würden, gelte dies nicht hinsichtlich alkoholischer Getränke, die auf Vorrat gekauft würden.

-       

Dem von einem Zeitreihenvergleich betroffenen Steuerpflichtigen erschließe sich weder der Ablauf noch das Ergebnis dieser Schätzungsmethode. Dies kollidiere sowohl mit dem für Verwaltungsakte geltenden Begründungserfordernis (§ 121 der Abgabenordnung --AO--) als auch mit dem Anspruch auf effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes --GG--). Es sei dem Steuerpflichtigen nicht möglich, auf die methodischen Mängel des Zeitreihenvergleichs zu reagieren, weil hierfür im Betrieb keine Daten erhoben würden und auch nicht erhoben werden müssten.

-       

Die Anwendung des höchsten sich im jeweiligen Kalenderjahr ergebenden Zehn-Wochen-Rohgewinnaufschlagsatzes widerspreche den Denkgesetzen. Zwar könnten Unterschiede zwischen den wöchentlichen Aufschlagsätzen auf Manipulationen hindeuten; sie könnten aber ebenso auf den methodischen Mängeln des Zeitreihenvergleichs --insbesondere auf betriebsüblichen Schwankungen-- beruhen.

-       

Der Biereinkauf sei gerade in den Wochen ab Ende November 2003 sehr hoch gewesen, so dass ein überproportionaler Teil des Warenendbestands in dieser Zeit aufgebaut worden sei.

-       

Während der Außenprüfung sei beim Kläger nicht der geringste Anhaltspunkt für Schwarzeinkäufe gefunden worden.

14

Die Kläger haben im Revisionsverfahren ausdrücklich zugestanden, dass ihre Buchführung formell nicht ordnungsgemäß war.

15

Nach Ergehen des angefochtenen Urteils hat das FA am 20. Dezember 2012 und am 4. Februar 2013 geänderte Einkommensteuerbescheide für 2001 erlassen. Der Streitstoff des vorliegenden Verfahrens wird dadurch nicht berührt, weil die Besteuerungsgrundlagen im Bescheid vom 4. Februar 2013 denen entsprechen, die bereits in dem von den Klägern ursprünglich angefochtenen Änderungsbescheid angesetzt worden sind.

16

Die Kläger beantragen sinngemäß,
das angefochtene Urteil aufzuheben, soweit darin die Klage abgewiesen worden ist, und den Einkommensteuerbescheid 2003 sowie die Umsatzsteuerbescheide 2001 und 2003, jeweils vom 17. März 2008 und unter Aufhebung der Einspruchsentscheidungen vom 15. Mai 2009, sowie den Einkommensteuerbescheid 2001 vom 4. Februar 2013 dahingehend zu ändern, dass die Hinzuschätzungen zu den Betriebseinnahmen bzw. umsatzsteuerpflichtigen Entgelten in Höhe von 20.000 DM (2001) bzw. 35.000 € (2003) --hinsichtlich der Einkommensteuer unter gegenläufiger Kürzung der Gewerbesteuer-Rückstellung-- rückgängig gemacht werden.

17

Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

18

Es trägt vor, die Methode des Zeitreihenvergleichs sei nicht neu, sondern werde von Wirtschaftsprüfern seit Jahrzehnten zur betriebswirtschaftlichen Analyse eingesetzt. Für die Außenprüfung habe sie in den letzten Jahren durch das Datenzugriffsrecht und spezielle Software, die für die Finanzverwaltung entwickelt worden sei, an Bedeutung gewonnen. Sie beruhe darauf, dass sich selbst bei einem Verschweigen sowohl von Wareneinkäufen als auch von Erlösen im Wochenvergleich Auffälligkeiten ergeben würden. Die Methode werde vorzugsweise in Branchen mit eher geringer Lagerhaltung angewendet, bei denen sich die Umsätze relativ gleichmäßig auf das Jahr verteilten (z.B. Gastronomie). Ihr liege die Annahme zugrunde, dass es nicht sinnvoll wäre, bei jederzeit verfügbaren und leicht verderblichen Waren eine nennenswerte Lagerhaltung zu betreiben. Wenn diese Methode zum Ausweis größerer Unterschiede zwischen den wöchentlichen Rohgewinnaufschlagsätzen führe und sich derartige Unterschiede auch nach Prüfung der tatsächlichen Verhältnisse nicht mit den Besonderheiten des jeweiligen Betriebs erklären ließen, werde vermutet, dass Verkäufe und/oder Einkäufe nicht zutreffend in der Buchführung erfasst worden seien. Weil der Zeitreihenvergleich auf betrieblichen Daten beruhe, sei er einer Richtsatzschätzung grundsätzlich überlegen. Er lasse kaum Raum für Zweifel an der unzutreffenden Verbuchung der Erlöse. Grundlage der Hinzuschätzungen seien aber auch in diesem Fall nicht Schwarzeinkäufe, sondern die fehlende Ordnungsmäßigkeit der Buchführung.

19

Die Kläger hätten sich auf die Aufzählung möglicher Unsicherheiten dieser Schätzungsmethode beschränkt, aber nicht hinreichend dargelegt, aus welchen Gründen der bei ihnen konkret durchgeführte Zeitreihenvergleich zu falschen Ergebnissen geführt habe. Die Schätzung sei hinreichend begründet worden; alle Berechnungen seien den Klägern zur Verfügung gestellt worden. Die Verteilung des Warenendbestands sei Gegenstand mehrerer Besprechungen gewesen. Da es sich um betriebliche Daten handele, sei es an den Klägern, etwaige Einwendungen zu substantiieren.

Entscheidungsgründe

20

II.Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

21

Das FG hat im Ergebnis zutreffend erkannt, dass wegen vorhandener Mängel in der Buchführung des Klägers dem Grunde nach eine Schätzungsbefugnis besteht (dazu unten 1.). Der Zeitreihenvergleich weist allerdings im Vergleich zu anderen Verprobungs- und Schätzungsmethoden besondere Problembereiche auf (dazu unten 2.), die seine Anwendbarkeit sowohl dem Grunde nach als auch hinsichtlich der Übernahme des sich aus einem Zeitreihenvergleich ergebenden "Mehrergebnisses" als Betrag der Hinzuschätzung der Höhe nach einschränken (unten 3.). Diese Einschränkungen hat das FG im Streitfall nicht in vollem Umfang beachtet (unten 4.), so dass die Sache an die Vorinstanz zurückgehen muss (unten 5.).

22

1. Das FA --und über § 96 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 FGO auch das FG-- war gemäß § 162 Abs. 2 Satz 2 Alternative 2 AO zur Schätzung befugt, weil die Buchführung des Klägers der Besteuerung nicht nach § 158 AO zugrunde gelegt werden kann.

23

a) Das FG hat die folgenden formellen Buchführungsmängel festgestellt, deren Vorliegen mittlerweile zudem zwischen den Beteiligten unstreitig ist, die allerdings von unterschiedlichem Gewicht sind:

24

aa) Die Unvollständigkeit der Tagesendsummenbons für die Zeit vom 1. Januar bis zum 16. März 2001 ist ein formeller Mangel, der --bezogen auf diesen Zeitraum-- grundsätzlich als gravierend anzusehen ist, da die vollständige Erfassung der Bareinnahmen nicht gesichert ist. Zwar konnten den Klägern konkrete Einnahmenverkürzungen nicht nachgewiesen werden. Sie haben ihre Behauptung, es handele sich um --für das Buchführungsergebnis unbeachtliche-- Leerbons, aber ebenfalls nicht belegen können.

25

bb) Die fehlende Datierung der Tagesendsummenbons des Jahres 2003 ist unter den Umständen des Streitfalls hingegen nur als eher geringfügiger formeller Mangel anzusehen. Die Bons sind lückenlos nummeriert, so dass sich daraus zumindest ihre zeitliche Reihenfolge zwingend ergibt. Der Kläger hat in seinen Aufzeichnungen die aufeinander folgenden Bons den aufeinander folgenden Öffnungstagen des Betriebs im Jahr 2003 zugeordnet. Zweifel an der Richtigkeit dieser Zuordnung hat auch das FA nicht vorgebracht.

26

cc) Auch das Fehlen der Programmierprotokolle der Registrierkasse stellt einen formellen Mangel dar. Anweisungen zur Kassenprogrammierung sowie insbesondere die Programmierprotokolle, die nachträgliche Änderungen dokumentieren, sind nach § 147 Abs. 1 Nr. 1 AO als "sonstige Organisationsunterlagen" aufbewahrungspflichtig. Dies hat die Finanzverwaltung schon lange vor den Streitjahren vertreten (z.B. Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen --BMF-- vom 7. November 1995, BStBl I 1995, 738, Tz. VI.c, sowie Tz. 6 der diesem BMF-Schreiben beigefügten Grundsätze ordnungsmäßiger DV-gestützter Buchführungssysteme; BMF-Schreiben vom 9. Januar 1996, BStBl I 1996, 34; zeitlich nach den Streitjahren auch BMF-Schreiben vom 26. November 2010, BStBl I 2010, 1342, und vom 14. November 2014, BStBl I 2014, 1450, Tz 111). Der erkennende Senat schließt sich dieser Auffassung an (ebenso Drüen in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 147 AO Rz 9, 26).

27

Die höchstrichterliche Rechtsprechung hatte bisher allerdings keine Gelegenheit, sich zu dem Gewicht dieses Mangels zu äußern. Der erkennende Senat vertritt hierzu die Auffassung, dass das Fehlen einer lückenlosen Dokumentation zur Kassenprogrammierung in seinen Auswirkungen auf die Beurteilung der formellen Ordnungsmäßigkeit der Buchführung und der Eröffnung der Schätzungsbefugnis dem Fehlen von Tagesendsummenbons bei einer Registrierkasse bzw. dem Fehlen täglicher Protokolle über das Auszählen einer offenen Ladenkasse gleichsteht. In allen drei Fällen lässt der formelle Mangel zwar keinen sicheren Schluss auf die Verkürzung von Einnahmen zu. Gleichwohl gibt es systembedingt keine Gewähr mehr für die Vollständigkeit der Erfassung der Bareinnahmen, ohne dass eine nachträgliche Ergänzung der Dokumentation bzw. eine anderweitige Heilung des Mangels möglich wäre. Elektronische Kassensysteme sind durch Umprogrammierung in nahezu beliebiger Weise manipulierbar; von derartigen Manipulationsmöglichkeiten machen Teile der betrieblichen Praxis nach dem Erkenntnisstand des Senats durchaus Gebrauch (zu einem solchen Fall z.B. Beschluss des FG Rheinland-Pfalz vom 7. Januar 2015  5 V 2068/14; vgl. zum Ganzen auch Tz. 54 der Bemerkungen des Bundesrechnungshofs 2003 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung, BTDrucks 15/2020, 197 f.). Es ist daher von erheblicher Bedeutung, dass ein Betriebsprüfer --und ggf. auch ein FG-- sich davon überzeugen kann, wie die Kasse im Zeitpunkt ihrer Auslieferung und Inbetriebnahme programmiert war, sowie ob bzw. in welchem Umfang nach der Inbetriebnahme der Kasse spätere Programmeingriffe vorgenommen worden sind. Für den Steuerpflichtigen überschreitet der mit der Dokumentation verbundene Aufwand die Grenze des Zumutbaren nicht. Beim Erwerb der Kasse kann er vom Verkäufer die Übergabe von Bedienungsanleitungen und Programmdokumentationen verlangen. Die Dokumentation späterer Umprogrammierungen verursacht jedenfalls einen geringeren Aufwand als die Umprogrammierung selbst.

28

Das Gewicht dieses Mangels tritt allerdings zurück, wenn der Steuerpflichtige für den konkreten Einzelfall darlegt, dass die von ihm verwendete elektronische Kasse trotz ihrer Programmierbarkeit ausnahmsweise keine Manipulationsmöglichkeiten eröffnet.

29

dd) Keine sichere Grundlage bietet das angefochtene Urteil hingegen für die Beurteilung der Frage, welches Gewicht dem Fehlen von Kassenberichten für die Thekenkasse zukommt. Grundsätzlich ist die nur rechnerische Führung einer offenen Ladenkasse, die keine Kassensturzfähigkeit gewährleistet, als ein gravierender Mangel zu bewerten (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 20. Juni 1985 IV R 41/82, BFH/NV 1985, 12), der schon für sich genommen auch ohne Nachweis einer konkreten materiellen Unrichtigkeit zu Hinzuschätzungen berechtigen würde. Allerdings hat das FG für das Jahr 2002 --in dem hinsichtlich der Thekenkasse dieselben Mängel bestanden wie für die Jahre 2001 und 2003-- auf Bl. 17 des Urteils ausdrücklich das Vorliegen von Buchführungsmängeln verneint und insoweit der Klage stattgegeben (auf Bl. 13 Abs. 2 des Urteils heißt es demgegenüber noch, die Kassenführung genüge "hinsichtlich der Streitjahre 2001 bis 2003" nicht den Anforderungen). Damit bleibt unklar, welche Bedeutung das FG den --vom Betriebsprüfer ohnehin nicht erwähnten-- Mängeln bei der Führung der Thekenkasse zugemessen hat. Revisionsrechtlich ist daher davon auszugehen, dass das FG diesem Gesichtspunkt keine entscheidende Bedeutung beigemessen hat.

30

ee) Ob die Speisekarte des Jahres 2001 im Streitfall gemäß § 147 Abs. 1 Nr. 5 AO aufbewahrungspflichtig war, kann anhand der Feststellungen des FG ebenfalls nicht beurteilt werden. Speisekarten sind nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht generell aufbewahrungspflichtig, sondern nur dann, wenn sie zum Verständnis und zur Überprüfung der gesetzlich vorgeschriebenen Aufzeichnungen im Einzelfall von Bedeutung sind (ausführlich hierzu BFH-Urteil vom 14. Dezember 2011 XI R 5/10, BFH/NV 2012, 1921, Rz 26 ff.). Ob diese Voraussetzung im Betrieb des Klägers erfüllt war, hat das FG nicht festgestellt. Letztlich kommt es auf diese Frage im Streitfall aber nicht an, da jedenfalls die übrigen festgestellten formellen Mängel für die Bejahung einer Schätzungsbefugnis ausreichen (dazu noch unten c).

31

b) Konkrete materielle Mängel der Kassenbuchführung, insbesondere der Einnahmenerfassung, hat das FG nicht festgestellt.

32

Zwar stellt die fehlende Inventur für sich genommen einen materiellen Mangel dar, da der in der Buchführung ausgewiesene --offenbar lediglich griffweise geschätzte-- Betrag des Warenendbestands nicht dem tatsächlichen Wert der vorhandenen Waren entspricht und dadurch zugleich der Jahresgewinn verfälscht wird (vgl. zum Gewicht dieses Buchführungsmangels einerseits BFH-Urteil vom 14. Dezember 1966 VI 245/65, BFHE 87, 616, BStBl III 1967, 247; andererseits BFH-Urteil vom 26. August 1975 VIII R 109/70, BFHE 117, 224, BStBl II 1976, 210). Für die im vorliegenden Verfahren allein entscheidungserhebliche Frage der Ordnungsmäßigkeit der Kassenbuchführung (Vollständigkeit der Einnahmenerfassung) ist dieser materielle Mangel indes ohne Bedeutung, da die Unrichtigkeit des Warenendbestands keine Wechselwirkung mit der Vollständigkeit der Erfassung der Bareinnahmen aufweist.

33

c) Aufgrund der festgestellten formellen Mängel entspricht die Buchführung des Klägers nicht den Vorschriften der §§ 140 bis 148 AO, so dass ihr nicht die Beweiskraftwirkung des § 158 AO zukommt. Dies würde nach dem Wortlaut des § 162 Abs. 2 Satz 2 Alternative 2 AO bereits zur Schätzung berechtigen.

34

Allerdings berechtigen formelle Buchführungsmängel nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung nur insoweit zur Schätzung, als sie Anlass geben, die sachliche Richtigkeit des Buchführungsergebnisses anzuzweifeln (BFH-Entscheidungen vom 17. November 1981 VIII R 174/77, BFHE 135, 11, BStBl II 1982, 430, unter 1.; vom 25. Januar 1990 IV B 140/88, BFH/NV 1990, 484, und in BFH/NV 2012, 1921, Rz 22, mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Jedenfalls dann, wenn vorwiegend Bargeschäfte getätigt werden, können Mängel der Kassenführung aber der gesamten Buchführung die Ordnungsmäßigkeit nehmen (BFH-Urteil in BFH/NV 2012, 1921, Rz 34). Dies ist vorliegend der Fall. Das Fehlen der Programmierprotokolle der Registrierkasse ist --wie dargestellt-- als gewichtiger Mangel anzusehen, der den gesamten Streitzeitraum betrifft. Dass die Registrierkasse trotz ihrer Programmierbarkeit ausnahmsweise keine Manipulationsmöglichkeiten eröffnet, hat der Kläger nicht dargelegt. Für einen Teil des Jahres 2001 kommt noch das Fehlen eines Teils der Tagesendsummenbons als ebenfalls gewichtiger Mangel hinzu.

35

2. Zwar waren FA und FG danach im Streitfall zur Schätzung befugt. Die von ihnen gewählte Schätzungsmethode des Zeitreihenvergleichs (zur Beschreibung dieser Methode unten a) ist allerdings sowohl unter methodischen Aspekten (dazu unten b) als auch unter Rechtsschutzgesichtspunkten (unten c) nicht unproblematisch.

36

a) Der Zeitreihenvergleich stellt im Grundsatz eine mathematisch-statistische Verprobungsmethode dar; er ist dem Bereich der Strukturanalysen zuzurechnen (grundlegend zur Nutzung von Strukturanalysen in der Außenprüfung unter besonderer Berücksichtigung des Zeitreihenvergleichs Huber, Steuerliche Betriebsprüfung --StBp-- 2002, 199, 233, 258, 293; Wähnert, Neue Wirtschafts-Briefe 2012, 2774; Rau, Statistisch-mathematische Methoden der steuerlichen Betriebsprüfung und die Strukturanalyse als ergänzende Alternative, Köln 2012; speziell zum Zeitreihenvergleich Högemann, Die Information über Steuer und Wirtschaft 2000, 585; Wiggen, StBp 2008, 168; Vogelsang, BP-Handbuch, München 2008, I Rz 33 ff.; Brinkmann, Schätzungen im Steuerrecht, Berlin 2015, S. 278 ff.).

37

Prinzipiell sind zahlreiche Varianten eines Zeitreihenvergleichs denkbar. Die im vorliegenden Verfahren angewendete Methode stellt jedoch ausweislich der recht großen Zahl der hierzu ergangenen instanzgerichtlichen Entscheidungen die Standardherangehensweise der Finanzverwaltung dar (zu weiteren Varianten des Zeitreihenvergleichs vgl. Schumann/Wähnert, Steuerberatung 2012, 535). Sie ist dadurch gekennzeichnet, dass für jede Woche eines Kalenderjahres sowohl der wöchentliche Wareneinsatz als auch der Betrag der wöchentlichen Einnahmen ermittelt wird. Aus dem Vergleich dieser beiden Größen ergibt sich für jede Woche ein Rohgewinnaufschlagsatz. Die Finanzverwaltung sieht nun den höchsten Rohgewinnaufschlagsatz, der sich für einen beliebigen Zehn-Wochen-Zeitraum des Kalenderjahres ergibt, als maßgebend für das Gesamtjahr an. Da in der Buchhaltung des Steuerpflichtigen in aller Regel keine Daten vorhanden sind, aus denen sich die wöchentlichen Wareneinsätze entnehmen ließen, versucht die Finanzverwaltung, diese Größen im Wege der Schätzung aus einer Verteilung der aus den Eingangsrechnungen ersichtlichen Wareneinkäufe über den Zeitraum bis zum nächsten Einkauf gleichartiger Ware zu gewinnen. Ferner wird der Wareneinkauf um Personalbeköstigungen, Waren-Sachentnahmen und Warenbestandsveränderungen bereinigt.

38

b) Der Zeitreihenvergleich weist gegenüber anderen Verprobungs- und Schätzungsmethoden einige technisch bedingte Besonderheiten auf, die zumindest eine vorsichtige Interpretation seiner Ergebnisse gebieten.

39

aa) Auch bei einer formell und materiell ordnungsmäßigen Buchführung führt ein Zeitreihenvergleich denklogisch immer zu einem Mehrergebnis gegenüber der Buchführung, da der höchste Rohgewinnaufschlagsatz aller Zehn-Wochen-Perioden des Jahres auf den Wareneinsatz für das gesamte Jahr angewendet wird. Weil eine absolute Konstanz der wöchentlichen Rohgewinnaufschlagsätze in der Praxis auch bei Betrieben mit relativ geringer Lagerhaltung nicht vorkommt, muss der höchste Rohgewinnaufschlagsatz aller Zehn-Wochen-Perioden eines Jahres denknotwendig über dem durchschnittlichen Rohgewinnaufschlagsatz des Gesamtjahres liegen, selbst wenn dieser sich aus einer zutreffenden Buchführung ergibt (ebenso bereits FG Münster, Beschluss vom 19. August 2004  8 V 3055/04 G, EFG 2004, 1810, rechtskräftig). Andere Schätzungsmethoden (z.B. Aufschlagkalkulation, Geldverkehrsrechnung) weisen diese systembedingte Besonderheit nicht auf, da sie das Ergebnis einer zutreffenden Buchführung im Regelfall bestätigen --nicht aber widerlegen-- werden.

40

Daraus folgt, dass die vom FA in den Vordergrund seiner Argumentation gestellte Eignung des Zeitreihenvergleichs zur Feststellung von Doppelverkürzungen sowohl dem Grunde nach als auch zur Ermittlung ihres Umfangs der Höhe nach nicht frei von Zweifeln ist:

41

(1) Übersteigt der höchste Rohgewinnaufschlagsatz einer Zehn-Wochen-Periode den durchschnittlichen Rohgewinnaufschlagsatz des Jahres, steht allein mit diesem Befund grundsätzlich noch nicht mit der für eine Überzeugungsbildung nach § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO erforderlichen Sicherheit fest, dass die rechnerische Differenz gerade auf dem Verschweigen von Erlösen beruht. Vielmehr lässt sich bei einem solchen Ergebnis --ohne das Vorliegen weiterer Anhaltspunkte-- zunächst einmal nicht ausschließen, dass es durch die dargestellte methodische Besonderheit des Zeitreihenvergleichs hervorgerufen sein könnte. Soweit das FA --und sinngemäß wohl auch das FG-- die Auffassung vertritt, ein sich aufgrund eines Zeitreihenvergleichs ergebendes Mehrergebnis lasse "kaum Raum für Zweifel daran, dass Erlöse nicht richtig verbucht seien" (ebenso FG Düsseldorf, Beschluss vom 15. Februar 2007  16 V 4691/06 A(E,U,F), EFG 2007, 814, rechtskräftig, unter II.2.d, und Urteil vom 20. März 2008  16 K 4689/06 E,U,F, EFG 2008, 1256, rechtskräftig, unter 3.d), kann der Senat dem daher nicht folgen.

42

(2) Auch auf der anderen Seite des Spektrums möglicher Manipulationen dürfte eine Verprobung mittels eines Zeitreihenvergleichs nicht unbesehen geeignet sein, jedenfalls den Einsatz einer technisch fortgeschrittenen Manipulationssoftware aufzudecken. Vielmehr ist eine derartige Software durchaus in der Lage, das Verhältnis zwischen den manipulierten Wareneinkäufen und den Erlösen so zu gestalten, dass die Rohgewinnaufschlagsätze auch im Wochenvergleich nur in einem Rahmen schwanken, der von Betriebsprüfern üblicherweise noch für plausibel gehalten wird.

43

(3) Ein empirischer Nachweis der Eignung dieser Verprobungsmethode zur sicheren Aufdeckung von Steuerverkürzungen --insbesondere der mit anderen Methoden nur schwer aufzudeckenden sog. "Doppelverkürzungen" sowohl der Wareneinkäufe als auch der Erlöse-- ist nach dem Kenntnisstand des Senats bisher nicht geführt worden. Insbesondere ist in den bisher von den Finanzgerichten veröffentlichten Entscheidungen allein aus einer sich mittels eines Zeitreihenvergleichs ergebenden Hinzuschätzung in keinem Fall ausdrücklich darauf geschlossen worden, dass der Steuerpflichtige Doppelverkürzungen begangen hat. Das FA hat in seiner Revisionserwiderung zwar --ohne Angabe von Nachweisen-- angeführt, der Zeitreihenvergleich werde von Wirtschaftsprüfern bereits langjährig zur betriebswirtschaftlichen Analyse eingesetzt. Welchem Ziel diese Analysen dienen sollen und wie die Belastbarkeit ihrer Ergebnisse von den beteiligten Fachkreisen eingeschätzt wird, hat es aber nicht vorgetragen.

44

bb) Zudem werden die Ergebnisse eines Zeitreihenvergleichs in erheblichem Umfang durch mathematische "Hebelwirkungen" beeinflusst.

45

(1) Dies verdeutlicht im Streitfall beispielhaft eine Betrachtung der Verhältnisse des Jahres 2001: Hier war für das FA und FG der durchschnittliche Rohgewinnaufschlagsatz der Kalenderwochen 23 bis 32 maßgebend. Dabei ergaben sich vor allem für die beiden am Ende dieser Zehn-Wochen-Periode liegenden Kalenderwochen 31 und 32 sehr hohe rechnerische Rohgewinnaufschlagsätze (412 % bzw. 360 %), die damit zugleich auch den Zehn-Wochen-Durchschnitt in die Höhe trieben. Zöge man stattdessen die Kalenderwochen 21 bis 30 heran, würde sich lediglich ein durchschnittlicher Rohgewinnaufschlagsatz von 209,60 % ergeben (statt der vom FA und FG herangezogenen 241,54 %). Hier hätte also bereits eine Verschiebung des Betrachtungszeitraums um nur zwei Wochen erhebliche Auswirkungen auf das Gesamtergebnis der Schätzung.

46

(2) Für das Streitjahr 2003 hat sich der Zeitraum von der 28. bis zur 37. Kalenderwoche vor allem wegen der zu Beginn dieses Zeitraums liegenden 28. Kalenderwoche als Zehn-Wochen-Zeitraum mit dem höchsten Rohgewinnaufschlagsatz des Jahres dargestellt (263,42 %). Für diese 28. Kalenderwoche ergibt sich wegen eines recht geringen Wareneinkaufs ein rechnerischer Rohgewinnaufschlagsatz von 340,68 %. Ordnet man demgegenüber den Wareneinkauf der Vorwoche (27. Kalenderwoche: 1.552,46 €) zu 50 % der 28. Kalenderwoche zu, ergäbe sich die folgende Berechnung:

-       

neuer Wareneinsatz der Kalenderwochen 28 bis 37/2003: 14.030,65 € + 50 % von 1.552,46 € = 14.806,88 €

-       

neuer Rohgewinnaufschlagsatz der Kalenderwochen 28 bis 37/2003: 244,37 %

-       

Brutto-Hinzuschätzung: 31.752,96 € (statt 45.728,46 €; d.h. 31 % weniger als bisher).

47

Dies zeigt, dass bereits eine Veränderung in der Zuordnung der Einkäufe nur einer einzigen Woche erhebliche Auswirkungen auf das Gesamtergebnis der Zehn-Wochen-Periode hat. Noch größere Auswirkungen würden sich an dieser Stelle zeigen, wenn der außergewöhnlich hohe Wareneinkauf der 26. Kalenderwoche (2.807,88 €) beispielsweise zu 1/3 der 28. Kalenderwoche zugeordnet würde.

48

(3) Nun ist dem Senat durchaus bewusst, dass der Zeitreihenvergleich gerade darauf basiert, das höchste --und nicht etwa das zweit- oder dritthöchste oder ein noch anderes-- Ergebnis aller Zehn-Wochen-Perioden eines Jahres als maßgebend für das Gesamtjahr anzusehen. Die aufgezeigte Hebelwirkung insbesondere hoher rechnerischer Wochen-Rohgewinnaufschlagsätze am Anfang oder Ende des herausgegriffenen Zehn-Wochen-Zeitraums macht aber deutlich, wie wesentlich die sorgfältige Ermittlung der Schätzungsgrundlagen --vor allem des Wareneinkaufs und seiner Verteilung zum Zwecke der Gewinnung des Wareneinsatzes-- gerade am Anfang und am Ende dieses Zeitraums für eine methodisch korrekte Durchführung eines Zeitreihenvergleichs ist (dazu noch unten 3.c; vgl. hierzu auch Beschluss des FG Münster vom 11. Februar 2000  9 V 5542/99 K,U,F, Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst 2000, 549, rechtskräftig). Dabei ist hinsichtlich des systematischen Verständnisses des Zeitreihenvergleichs darauf hinzuweisen, dass der --für diese Schätzungsmethode grundlegende-- Wareneinsatz eben nicht den eigenen Buchführungsdaten des Steuerpflichtigen entnommen wird, sondern diese Größe im Wege der mehr oder weniger ungenauen Schätzung aus einer Verteilung des Wareneinkaufs abgeleitet wird (ebenso bereits zutreffend FG Köln, Urteil vom 27. Januar 2009  6 K 3954/07, EFG 2009, 1092, rechtskräftig, unter II.3.). Anders wäre es nur, wenn der gesamte Warenbestand durch ein ausgefeiltes Warenwirtschaftssystem verwaltet würde, was in den meisten Betrieben der "Bargeldbranche" aber nicht der Fall ist.

49

c) Auch unter dem Gesichtspunkt des Anspruchs der Steuerpflichtigen auf einen effektiven Rechtsschutz durch die Gerichte (Art. 19 Abs. 4, Art. 20 Abs. 3 GG) ist der Zeitreihenvergleich nicht frei von methodenspezifischen Bedenken. Schätzungsgrundlagen müssen von der Finanzbehörde so dargelegt werden, dass ihre Nachprüfung --insbesondere eine Schlüssigkeitsprüfung des zahlenmäßigen Ergebnisses der Schätzung-- möglich ist (BFH-Urteil in BFH/NV 2012, 1921, Rz 24). Dabei müssen sowohl die Kalkulationsgrundlage --und damit auch die spezifischen Daten, auf denen der Zeitreihenvergleich basiert-- als auch die Ergebnisse der Kalkulation sowie die Ermittlungen, die zu diesen Ergebnissen geführt haben, offengelegt werden (BFH-Urteile vom 31. Juli 1974 I R 216/72, BFHE 113, 400, BStBl II 1975, 96, unter 2.b, und vom 17. November 1981 VIII R 174/77, BFHE 135, 11, BStBl II 1982, 430, unter 4.c).

50

aa) Für die Steuerpflichtigen, ihre Berater und auch die Finanzgerichte sind die Ergebnisse mathematisch-statistischer Methoden, zu denen auch der Zeitreihenvergleich gehört, wegen der dabei anfallenden umfangreichen Datenmengen nur beschränkt nachprüfbar. So umfasst im Streitfall allein die vom Betriebsprüfer erstellte --und für die Richtigkeit der Ergebnisse des Zeitreihenvergleichs grundlegende-- Aufgliederung der Wareneinkäufe bereits für den relativ kleinen Betrieb des Klägers und nur für das Streitjahr 2001 eine Excel-Tabelle mit ca. 1 100 Zeilen zu je 10 Spalten, d.h. insgesamt ca. 11 000 Eintragungen. Die Nachvollziehbarkeit dieser Datenaufbereitung des Prüfers wird noch dadurch erschwert --bzw. in Teilbereichen sogar ausgeschlossen--, dass die Tabelle weder chronologisch noch nach den einzelnen Lieferanten geordnet ist. Für das Gericht ist daher weder nachprüfbar, ob der Prüfer den Wareneinkauf zutreffend auf die einzelnen Kalenderwochen verteilt hat, noch ist --hier mit Ausnahme allenfalls des Biereinkaufs-- erkennbar, ob sich bestimmte Einkaufsmuster im Betrieb des Klägers regelmäßig wiederholen oder nicht.

51

Hinzu kommt, dass das FA im Streitfall noch nicht einmal das vollständige Zahlenwerk vorgelegt hat. Insbesondere ist aus den vorliegenden Unterlagen nicht ersichtlich, wie der Prüfer den sich aus den Eingangsrechnungen ergebenden Wareneinkauf auf die einzelnen Kalenderwochen verteilt hat, obwohl vor allem dieser Punkt zwischen den Beteiligten umstritten ist. Gerade die Verteilung des Wareneinkaufs durch den Prüfer --bzw. durch die eingesetzte Software-- wird im Regelfall aber den Schlüssel zum Verständnis und zur Einordnung der Einzelergebnisse des Zeitreihenvergleichs darstellen. Die Kenntnis der bei diesem Schätzungsschritt vom Prüfer notwendigerweise vorgenommenen Wertungen --Datenmaterial zur wochenweisen Verteilung des Wareneinsatzes existiert im Betrieb in aller Regel nicht, zumal es keine gesetzliche Verpflichtung zur Vornahme entsprechender Aufzeichnungen gibt-- ist für den Steuerpflichtigen von erheblicher Bedeutung, um Fehler oder Unsicherheiten in der vom Prüfer vorgenommenen Verteilung aufzeigen zu können. Derartige Fehler können --insbesondere wenn sie dem Prüfer am Anfang oder Ende der von ihm herausgegriffenen Zehn-Wochen-Periode unterlaufen-- aufgrund des aufgezeigten mathematischen Hebeleffekts das rechnerische Ergebnis des Zeitreihenvergleichs in erheblichem Umfang beeinflussen und verzerren. Auch für das Gericht ist der Einblick in den Verteilungsvorgang wesentlich, um Erkenntnisse über die Größenordnung der im konkreten Fall anzunehmenden Fehlermarge des Zeitreihenvergleichs zu gewinnen.

52

bb) Die Finanzbehörde versetzt sich durch die Anwendung solcher mathematisch-statistischer Methoden aufgrund des ihnen innewohnenden Datenüberschusses daher in eine gewisse technisch-rechnerische Überlegenheit gegenüber dem Steuerpflichtigen. Dieser steht nun --jedenfalls nach Auffassung der Verwaltung-- in der Pflicht, "Auffälligkeiten" in den Ergebnissen des Zahlenwerks zu erklären bzw. zu widerlegen, verfügt aber, ohne dass ihm dies rechtlich vorzuwerfen wäre, möglicherweise gar nicht über das umfangreiche Zahlenmaterial --oder auch über das statistisch-methodische Wissen--, das erforderlich wäre, um eine sachgerechte Analyse der Datenmengen vornehmen zu können.

53

cc) Die vorstehenden Ausführungen zeigen, dass in Fällen der Anwendung eines Zeitreihenvergleichs die Finanzämter häufig schon ihre Darlegungspflichten nicht erfüllen, indem sie den Steuerpflichtigen und Finanzgerichten nicht alle Daten zur Verfügung stellen, die für eine vollständige Überprüfung des Zahlenwerks erforderlich sind. Auf der anderen Seite verbleiben aber selbst bei vollständiger Aufdeckung des Zahlenwerks rechtsstaatliche Bedenken, da die dann gelieferten Datenmengen so groß sind, dass eine grundlegende Überprüfung durch die Gerichte kaum zu leisten sein dürfte.

54

3. Aus diesen Befunden --so sensibel sie unter den aufgezeigten Aspekten der folgerichtigen Methodik und des effektiven Rechtsschutzes sein mögen-- folgt für den Senat auf der Grundlage des derzeitigen Erkenntnisstandes allerdings nicht das Ergebnis, die Methode des Zeitreihenvergleichs grundsätzlich zu verwerfen. Vielmehr besteht auf Seiten der Finanzverwaltung ein durchaus nachvollziehbares Bedürfnis, moderne Prüfungsmethoden --zu denen in geeigneten Fällen auch mathematisch-statistische Methoden gehören können-- einzusetzen. Denn auch umgekehrt verschafft sich ein Teil der Steuerpflichtigen durch ausgefeilt geplante Doppelverkürzungen und/oder den Einsatz von Manipulationssoftware, die die Aufdeckungsmöglichkeiten herkömmlicher Prüfungsmethoden minimieren, technische Vorteile gegenüber der Finanzverwaltung (vgl. dazu bereits oben 1.a cc). Hierauf darf und muss die Außenprüfung im Interesse der Wahrung der Gesetzmäßigkeit und Gleichmäßigkeit der Besteuerung (Art. 3 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3 GG) reagieren, und zwar auch im Wege der Entwicklung und Anwendung neuartiger Prüfungsmethoden.

55

Die aufgezeigten Problembereiche lassen allerdings erkennen, dass der Zeitreihenvergleich für bestimmte Betriebstypen oder bestimmte betriebliche Situationen schon dem Grunde nach keine geeignete Schätzungsmethode darstellt (dazu unten a). Sofern der Zeitreihenvergleich dem Grunde nach als geeignete Methode anzusehen ist, sind seine Ergebnisse --in Abhängigkeit vom Grad der Fehlerhaftigkeit der Buchführung des Steuerpflichtigen und vom Umfang der im jeweiligen Einzelfall in Bezug auf die vollständige Erfassung der Erlöse vorliegenden sonstigen Erkenntnisse-- ggf. nur eingeschränkt für die Höhe der Hinzuschätzung zu übernehmen (unten b). In jedem Fall ist wegen der erheblichen Hebelwirkung methodischer Fehler, die bei der Durchführung des Zeitreihenvergleichs unterlaufen, auf eine besonders sorgfältige Ermittlung der Tatsachengrundlagen zu achten (unten c).

56

a) Bei bestimmten Betriebstypen oder in bestimmten betrieblichen Situationen scheidet der Zeitreihenvergleich schon dem Grunde nach als geeignete Schätzungsmethode aus. So basiert er entscheidend auf der Grundannahme, dass im Betrieb des Steuerpflichtigen das Verhältnis zwischen dem Wareneinsatz und den Erlösen im betrachteten Zeitraum --der allerdings nicht notwendig ein volles Kalenderjahr umfassen muss (z.B. bei Saisonbetrieben)-- weitgehend konstant ist. Fehlt es an dieser weitgehenden Konstanz, haben die Ergebnisse eines Zeitreihenvergleichs regelmäßig keine hinreichende Aussagekraft.

57

Auch darf es im maßgebenden Zeitraum nicht zu solchen Änderungen in der Betriebsstruktur gekommen sein, die --nicht anderweitig behebbare-- wesentliche Unsicherheiten bei der Aufstellung und Interpretation des Zahlenwerks mit sich bringen.

58

Diese Einschränkungen sind --abstrakt gesehen-- weitestgehend unstreitig und werden, soweit für den Senat ersichtlich, von der Finanzverwaltung im Allgemeinen auch schon bisher bei der Anwendung dieser Verprobungsmethode beachtet.

59

b) Sofern der Zeitreihenvergleich dem Grunde nach eine geeignete Verprobungsmethode darstellt, kann er gleichwohl gegenüber anderen Methoden nachrangig sein bzw. können seine Ergebnisse nur unter Beachtung der nachfolgend (unter aa bis cc) dargestellten Abstufungen der Schätzung zugrunde gelegt werden.

60

Rechtliche Grundlage dieser Einschränkungen ist die Vorschrift des § 5 AO in Verbindung mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, da die Wahlfreiheit des FA bei der Auswahl zwischen mehreren in Betracht kommenden Schätzungsmethoden nach den für die Ausübung pflichtgemäßen Ermessens geltenden Grundsätzen eingeschränkt ist und dabei auch Verhältnismäßigkeitserwägungen zu beachten sind. Jede Schätzung hat zum Ziel, Besteuerungsgrundlagen mit Hilfe von Wahrscheinlichkeitsüberlegungen zu ermitteln, wenn eine sichere Tatsachenfeststellung trotz des Bemühens um Aufklärung nicht möglich ist (BFH-Urteil vom 2. Februar 1982 VIII R 65/80, BFHE 135, 158, BStBl II 1982, 409, unter 1.c). Die Auswahl zwischen verschiedenen Schätzungsmethoden steht grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen des FA bzw. FG (vgl. BFH-Beschluss vom 3. September 1998 XI B 209/95, BFH/NV 1999, 290, unter II.2.b). Ermessensleitend ist dabei das Ziel, die Besteuerungsgrundlagen durch Wahrscheinlichkeitsüberlegungen so zu bestimmen, dass sie der Wirklichkeit möglichst nahe kommen (BFH-Urteil vom 18. Dezember 1984 VIII R 195/82, BFHE 142, 558, BStBl II 1986, 226, unter 2.). Kommt eine bestimmte Schätzungsmethode diesem Ziel voraussichtlich näher als eine andere, ist die erstgenannte unter Ermessensgesichtspunkten vorzugswürdig.

61

Darin liegt keine Abweichung von der --vom FA angeführten-- Rechtsprechung, wonach der Steuerpflichtige grundsätzlich keinen Anspruch auf die Anwendung einer bestimmten Schätzungsmethode hat (vgl. hierzu Senatsbeschlüsse vom 1. März 2005 X B 158/04, BFH/NV 2005, 1014, unter 2.a, und vom 27. Januar 2009 X B 28/08, BFH/NV 2009, 717, unter 3.b). Denn dies lässt die Geltung der Grundsätze für die Ausübung pflichtgemäßen Ermessens unberührt. Im Übrigen betrafen diese Entscheidungen Fälle, in denen der Steuerpflichtige begehrte, das Ergebnis einer ordnungsgemäß angewendeten Schätzungsmethode durch Anwendung einer anderen, jedoch nicht vorrangigen oder besser geeigneten Methode zu überprüfen (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 1999, 290, unter II.2.b, und in BFH/NV 2009, 717, unter 3.b: keine Überprüfung einer Aufschlagkalkulation durch eine Geldverkehrs- bzw. Vermögenszuwachsrechnung erforderlich; BFH-Beschluss in BFH/NV 2005, 1014, unter 2.a: keine Überprüfung einer Geldverkehrsrechnung durch eine Nachkalkulation erforderlich). Darum geht es vorliegend indes nicht.

62

aa) Bei einer Buchführung, die formell ordnungsgemäß ist oder --wie in dem Fall, der dem Urteil des FG Köln in EFG 2009, 1092 zugrunde lag-- nur geringfügige formelle Mängel aufweist, kann grundsätzlich nicht allein aufgrund der Ergebnisse eines Zeitreihenvergleichs der Nachweis der materiellen Unrichtigkeit geführt werden. Diese Einschränkung ist notwendige Folge des Befunds, dass ein Zeitreihenvergleich auch bei einer formell und materiell ordnungsmäßigen Buchführung stets zu einem rechnerischen "Mehrergebnis" führen wird, ein solches rechnerisches Mehrergebnis allein also kein hinreichendes Indiz für eine unvollständige Erfassung von Einnahmen darstellen kann (dazu oben 2.b aa). Schon die bisherige höchstrichterliche Rechtsprechung ist von dem Grundsatz ausgegangen, dass die Richtigkeitsvermutung einer formell ordnungsmäßigen Buchführung nur entkräftet ist, wenn das FA nachweist, dass das Buchführungsergebnis sachlich schlechterdings nicht zutreffen kann; an die Methodik einer solchen Schätzung sind wesentlich strengere Anforderungen zu stellen als in Fällen, in denen wegen festgestellter Buchführungsmängel ohnehin eine Schätzung der Einnahmen durchgeführt werden muss (vgl. BFH-Urteil vom 22. August 1985 IV R 29-30/84, BFH/NV 1986, 719, unter 2. vor a).

63

bb) Ist die Buchführung formell nicht ordnungsgemäß, sind aber materielle Unrichtigkeiten der Einnahmenerfassung nicht konkret nachgewiesen --so ist der Streitfall nach den Feststellungen des FG gelagert--, ist das FA gemäß § 162 Abs. 2 Satz 2 AO zwar dem Grunde nach zur Vornahme von Hinzuschätzungen berechtigt, weil die Richtigkeitsvermutung des § 158 AO nicht gilt. Allein die Ergebnisse eines Zeitreihenvergleichs lassen aufgrund der dieser Verprobungsmethode innewohnenden methodenbedingten Unsicherheiten aber noch keinen sicheren Schluss auf das Vorliegen und den Umfang auch materieller Unrichtigkeiten der Buchführung zu.

64

In diesen Fällen sind andere Schätzungsmethoden, die auf betriebsinternen Daten aufbauen oder in anderer Weise die individuellen Verhältnisse des jeweiligen Steuerpflichtigen berücksichtigen (z.B. Vermögenszuwachs- oder Geldverkehrsrechnung, Aufschlagkalkulation) grundsätzlich vorrangig heranzuziehen. Nur wenn solche Schätzungsmethoden --etwa wegen fehlender Mitwirkung des Steuerpflichtigen oder eines zu hohen Grades an Komplexität seiner betrieblichen oder sonstigen finanziellen Verhältnisse-- nicht sinnvoll einsetzbar sind, können die Ergebnisse eines Zeitreihenvergleichs einen Anhaltspunkt für die Höhe der erforderlichen Hinzuschätzung bilden.

65

Diese Ergebnisse sind vom FA und FG aber --auch von Amts wegen-- stets auf ihre Plausibilität anhand der besonderen betrieblichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen zu überprüfen, soweit diese bekannt sind (ebenso Schuster in Hübschmann/Hepp/ Spitaler, § 158 AO Rz 17). Bei verbleibenden Zweifeln können Sicherheitsabschläge in einem Umfang geboten sein, der über eine bloße Abrundung des "Mehrergebnisses" hinausgeht, das sich rechnerisch bei Anwendung des höchsten Zehn-Wochen-Rohgewinnaufschlagsatzes darstellt.

66

cc) Steht hingegen bereits aus anderen Gründen fest, dass die Buchführung nicht nur formell, sondern auch materiell unrichtig ist (z.B. nicht gebuchte Wareneinkäufe, nachweislich unversteuerte Betriebseinnahmen, rechnerische Kassenfehlbeträge usw.), und übersteigt die nachgewiesene materielle Unrichtigkeit der Buchführung eine von den Umständen des Einzelfalls abhängige Bagatellschwelle, können die Ergebnisse eines --technisch korrekt durchgeführten-- Zeitreihenvergleichs auch für die Ermittlung der erforderlichen Hinzuschätzung der Höhe nach herangezogen werden, sofern sich im Einzelfall keine andere Schätzungsmethode aufdrängt, die tendenziell zu genaueren Ergebnissen führt und mit vertretbarem Aufwand einsetzbar ist.

67

c) Hinsichtlich seiner technischen Durchführung setzt der Zeitreihenvergleich als mathematisch-statistische Methode eine besonders sorgfältige Ermittlung der Tatsachengrundlagen (Ausgangsparameter) voraus, zumal schon nach § 162 Abs. 1 Satz 2 AO bei der Schätzung alle Umstände zu berücksichtigen sind, die für sie von Bedeutung sind. Jedenfalls die Übernahme der vorhandenen Buchhaltungsdaten durch den Prüfer muss frei von Fehlern sein. Zwar gehen auch bei dieser Schätzungsmethode Unsicherheiten, die auf unzureichenden Aufzeichnungen des Steuerpflichtigen beruhen, zu dessen Lasten (allgemein hierzu BFH-Urteil in BFHE 142, 558, BStBl II 1986, 226, unter 2.). Da solche Unsicherheiten aber aufgrund der dem Zeitreihenvergleich innewohnenden Hebelwirkung erheblich verstärkt auf das Schätzungsergebnis "durchschlagen", ist in derartigen Fällen auch dann, wenn die Unsicherheiten auf einer Verletzung der Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen beruhen, jedenfalls eine Plausibilitätsprüfung der Ergebnisse des Zeitreihenvergleichs vorzunehmen, die sich nicht allein auf einen summarischen Vergleich mit den amtlichen Richtsätzen beschränken darf.

68

Ferner wird das Zahlenwerk des Prüfers im Regelfall die Umschlaghäufigkeit der einzelnen Waren bzw. Warengruppen erkennen lassen müssen. Dies ist erforderlich, um eine hinreichend tragfähige Einschätzung zu gewinnen, ob die Grundvoraussetzung für die sinnvolle Durchführung eines Zeitreihenvergleichs --eine zu vernachlässigende bzw. zumindest hinreichend konstante Lagerhaltung-- erfüllt ist. Auch muss der vorhandene Warenbestand in sachgerechter Weise, die vor allem die Besonderheiten des geprüften Betriebs berücksichtigt, in die Betrachtung einbezogen werden.

69

Sollten die vorstehenden Anforderungen im Einzelfall nicht beachtet werden können, ist zumindest eine Vergleichsrechnung (Sensitivitätsanalyse) anzustellen. Diese muss verdeutlichen, welche Auswirkungen die nicht behebbaren Unsicherheiten bei einzelnen Parametern --vor allem solche Unsicherheiten, die darauf beruhen, dass der Zeitreihenvergleich auf einem Vergleich der wöchentlichen Wareneinsätze beruht, zu deren exakter Ermittlung der Steuerpflichtige aber von Gesetzes wegen nicht verpflichtet ist-- auf die Ergebnisse des Zeitreihenvergleichs haben können. Eine solche Sensitivitätsanalyse gehört dann, wenn sie durch vorhandene Unsicherheiten geboten ist, bereits zu den formellen Anforderungen, die an die technisch korrekte Durchführung des Zeitreihenvergleichs zu stellen sind. Sie ist daher vom FA von Amts wegen durchzuführen und vorzulegen, damit der Steuerpflichtige, sein Berater, das FG, aber auch das FA selbst den Umfang der im Einzelfall möglichen Fehlermarge einschätzen können. Allerdings ist das FA --in Abhängigkeit vom Gewicht der formellen und der schon ohne den Zeitreihenvergleich zutage tretenden materiellen Mängel der Buchführung des Steuerpflichtigen-- nicht gehalten, sein Schätzungsergebnis stets an der zugunsten des Steuerpflichtigen äußersten Grenze der Fehlermarge zu orientieren.

70

4. Im Streitfall hat das FG bei seiner Entscheidung nicht alle rechtlichen Anforderungen beachtet, die an die Anwendung und Durchführung eines Zeitreihenvergleichs zu stellen sind.

71

a) Das FG hat sich nicht mit der Frage auseinandergesetzt, ob die (erneute) Eröffnung des Betriebs des Klägers im Jahr 2003 als Änderung in der Betriebsstruktur anzusehen ist, die wesentliche Unsicherheiten bei der Aufstellung und Interpretation des Zahlenwerks mit sich bringt (vgl. die Ausführungen oben 3.a).

72

aa) Insbesondere der Umstand, dass im Zeitpunkt der Betriebseröffnung ausweislich der vom Betriebsprüfer zugrunde gelegten Zahlen kein Warenbestand vorhanden war, hätte Anlass geben müssen, die Eignung des Zeitreihenvergleichs im konkreten Fall --zumindest aber die vom FA vorgenommene gleichmäßige Verteilung des Aufbaus des zum ersten folgenden Bilanzstichtag vorgefundenen Warenendbestands auf sämtliche Kalenderwochen zwischen der Betriebseröffnung und dem Jahresende-- einer kritischen Würdigung zu unterziehen. Dass die Art und Weise der Verteilung des Warenbestandsaufbaus von erheblicher Bedeutung für das Ergebnis des Zeitreihenvergleichs ist, folgt schon aus dem Umstand, dass der (geschätzte) Warenendbestand von 10.800 € sich auf immerhin 13 % des gesamten Wareneinsatzes von 84.858,93 € beläuft. Ein Unsicherheitsfaktor im Umfang von 13 % des Wareneinsatzes kann aufgrund der erheblichen Hebelwirkung dieses Berechnungsfaktors aber zu Schwankungsbreiten der einzelnen Wochenwerte führen, die die Verwertbarkeit der Ergebnisse des Zeitreihenvergleichs insgesamt in Frage stellen.

73

Zwar ist die unterbliebene Inventur als eine Verletzung von Mitwirkungspflichten anzusehen, aus der der Kläger grundsätzlich keine Vorteile ziehen darf. Hinsichtlich der Verteilung des Warenbestandsaufbaus auf die einzelnen Wochen des Jahres gibt es jedoch keine besonderen Aufzeichnungs- oder sonstige Mitwirkungspflichten. FA und FG sind daher auch im Falle des pflichtwidrigen Unterlassens einer Inventur gehalten, den in der Bilanz ausgewiesenen Warenendbestand im Rahmen der Durchführung eines Zeitreihenvergleichs nach sachgerechten Kriterien auf die einzelnen Wochen des Jahres zu verteilen.

74

bb) Bei Betrachtung des --vom FG festgestellten und daher für den erkennenden Senat revisionsrechtlich in vollem Umfang verwertbaren-- Zahlenwerks des vom FA durchgeführten Zeitreihenvergleichs springt ins Auge, dass die vom Betriebsprüfer ermittelten Rohgewinnaufschlagsätze für die ersten zehn Wochen nach der Betriebseröffnung sehr niedrig sind. Dies deutet darauf hin, dass bereits in diesen Wochen ein erheblicher Teil des Warenbestands aufgebaut wurde. Eine solche Annahme erscheint auch in tatsächlicher Hinsicht als durchaus plausibel, zumal die vom FA und FG zugrunde gelegte abweichende Auffassung, der Warenbestand sei während des Jahres gleichmäßig bis zum Erreichen des in der Bilanz ausgewiesenen Endbestands angewachsen, für die ersten Wochen nach Betriebseröffnung zu Ergebnissen führen würde, die nicht realitätsgerecht erscheinen. So hätte der Kläger z.B. in der ersten Woche nach der Betriebseröffnung mit einem Warenbestand im Wert von lediglich 245 € wirtschaften und auskommen müssen, was --insbesondere angesichts der von der Kundschaft eines Gastronomiebetriebs dieser Art erwarteten Auswahl zwischen verschiedenen Alkoholika-- auszuschließen sein dürfte. Wird aber ein größerer Teil des Warenbestandsaufbaus als bisher den ersten Wochen nach der Betriebseröffnung zugeordnet, würden die --sehr niedrigen-- vom Prüfer für diesen Zeitraum errechneten Rohgewinnaufschlagsätze steigen. Korrespondierend dazu würden sich die Rohgewinnaufschlagsätze sämtlicher Folgewochen --darunter auch die Werte in den vom FA herangezogenen Kalenderwochen 28 bis 37-- entsprechend mindern, was einen unmittelbaren und erheblichen Einfluss auf das Schätzungsergebnis hätte.

75

cc) Werden nun beispielsweise 70 % des gesamten Warenbestandsaufbaus den ersten zehn Wochen nach der Betriebseröffnung zugeordnet und die verbleibenden 30 % des Bestandsaufbaus gleichmäßig auf die restlichen Wochen des Jahres 2003 verteilt --was zwar ebenfalls eine Sachverhaltsunterstellung und damit eine Schätzung darstellt, die aber deutlich realitätsnäher sein dürfte als die vom FA und FG vorgenommene Verteilung--, ergibt sich die folgende Neuberechnung:

76

(1) Der Betriebsprüfer hat für die ersten zehn Wochen nach der Betriebseröffnung (Kalenderwochen 10 bis 19/2003) einen Wareneinsatz von 19.536,01 € zugrunde gelegt. Im Wege des Vergleichs mit den in diesen Wochen erzielten Einnahmen (45.019,02 €) hat er einen Zehn-Wochen-Durchschnitts-Rohgewinnaufschlagsatz von 130,44 % ermittelt (45.019,02 € ÷ 19.536,01 € ./. 100 %). Bei Ermittlung des genannten Wareneinsatzes hat der Prüfer einen Warenbestandsaufbau im Umfang von 10 x 245,45 € (insgesamt 2.454,50 €) mindernd berücksichtigt. Ohne Minderung um den verteilten Warenendbestand hätte sich der Wareneinsatz der Kalenderwochen 10 bis 19/2003 daher auf 21.990,51 € belaufen.

77

(2) Für den Zehn-Wochen-Zeitraum mit dem höchsten Rohgewinnaufschlagsatz (Kalenderwochen 28 bis 37/2003) hat der Prüfer einen Wareneinsatz von 14.030,65 € sowie Einnahmen von 50.990,05 € ermittelt. Daraus ergab sich der für das Gesamtjahr zugrunde gelegte höchste Rohgewinnaufschlagsatz von 263,42 %. Ohne Minderung um den gleichmäßig auf alle Wochen des Jahres verteilten Warenendbestand (2.454,50 €) hätte der Wareneinsatz sich auf 16.485,15 € belaufen.

78

(3) Werden nun 70 % des gesamten Warenbestandsaufbaus des Jahres auf die ersten zehn Kalenderwochen verteilt, ist insoweit ein Betrag von 7.560 € zu berücksichtigen (70 % von 10.800 €). Der Wareneinsatz dieser Periode würde sich auf 14.430,51 € belaufen (21.990,51 € unbereinigter Wareneinsatz ./. 7.560 € Warenbestandsaufbau). Angesichts der aufgezeichneten Einnahmen von 45.019,02 € ergibt sich ein Zehn-Wochen-Rohgewinnaufschlagsatz von 211,97 %. Dieser Wert erscheint erheblich plausibler als der vom Prüfer ermittelte --im Jahresvergleich äußerst geringe-- Wert von 130,44 %, für den weder das FA noch das FG eine Erklärung angeführt haben.

79

(4) Die verbleibenden 30 % (3.240 €) des Warenbestandsaufbaus sind nun auf die Kalenderwochen 20 bis 53/2003 zu verteilen (34 Wochen, d.h. 95,29 € pro Woche). Der Wareneinsatz für die Kalenderwochen 28 bis 37/2003 beläuft sich danach auf 15.532,25 € (16.485,15 € unbereinigter Wareneinsatz ./. 10 x 95,29 € Warenbestandsaufbau). Bei Einnahmen von 50.990,05 € ergibt sich ein Rohgewinnaufschlagsatz von 228,29 %. Dieser Wert stellt zwar immer noch den höchsten aller Zehn-Wochen-Perioden des Jahres 2003 dar, liegt aber deutlich unterhalb des vom FA und FG angenommenen Wertes von 263,42 %.

80

(5) Der Betrag des rechnerischen Brutto-"Mehrergebnisses" für das Jahr 2003 würde sich damit schon allein aufgrund dieser einzelnen Korrektur von 45.728,46 € auf 19.955,32 € --also um über 56 %-- mindern.

81

b) Das FG hat ferner offensichtliche Fehler im Zahlenwerk des Betriebsprüfers unbeanstandet gelassen, obwohl die Durchführung des Zeitreihenvergleichs zwingend eine fehlerfreie Übernahme der vorhandenen Buchhaltungsdaten erfordert (vgl. dazu oben 3.c).

82

aa) So hat der Prüfer in seiner zusammenfassenden Berechnung für das Jahr 2001 vom Kläger erklärte Einnahmen in Höhe von 657.095,38 DM angesetzt (dies entspricht den in der Gewinn- und Verlustrechnung ausgewiesenen Werten ohne die Konten "Erlöse" und "Gutscheine" sowie ohne Sachentnahmen). Im Rahmen des Zeitreihenvergleichs hat er hingegen nur einen Gesamt-Einnahmenbetrag von 656.231,89 DM auf die einzelnen Kalenderwochen des Jahres 2001 verteilt. Bei korrekter Durchführung des Zeitreihenvergleichs müssen diese beiden Werte aber zwingend identisch sein.

83

Dieselbe Auffälligkeit ergibt sich für das Jahr 2003: Der Prüfer geht in der zusammenfassenden Berechnung von erklärten Erlösen in Höhe von 220.905,86 € aus (was mit den in der Gewinn- und Verlustrechnung ausgewiesenen Werten --ohne Sachentnahmen-- übereinstimmt), setzt im Zeitreihenvergleich aber nur Erlöse von 220.447,93 € an.

84

Diese vom FA nicht erläuterten Differenzbeträge --die nicht mehr mit bloßen Rundungsdifferenzen zu erklären sind-- deuten darauf hin, dass dem Prüfer bei der Erfassung der vom Kläger erklärten Erlöse oder bei ihrer Verteilung auf die einzelnen Kalenderwochen Fehler unterlaufen sind. Diese Fehler sind aufklärungsbedürftig; der erkennende Senat ist mangels Vorlage des vollständigen Rechenwerks durch das FA aber nicht in der Lage, die Fehlerursache selbst näher zu ergründen. Zwar sind die Differenzbeträge nicht allzu hoch. Sollten sie aber gerade die Zehn-Wochen-Zeiträume mit den jeweils höchsten Rohgewinnaufschlagsätzen der beiden Streitjahre betreffen, könnten sie aufgrund der dem Zeitreihenvergleich innewohnenden rechnerischen Hebelwirkung gleichwohl erhebliche Auswirkungen auf das Gesamtergebnis der Schätzung haben.

85

bb) Für das Jahr 2001 geht der Prüfer im Rahmen seines Zeitreihenvergleichs von einem Wareneinkauf (vor Korrektur um den Eigen- und Personalverbrauch) von 225.525,55 DM aus. In der Gewinn- und Verlustrechnung des Klägers ist hierfür allerdings ein Betrag von 227.614,05 DM ausgewiesen. Wäre dieser höhere Betrag im Rahmen des Zeitreihenvergleichs angesetzt worden, hätte sich zugunsten der Kläger ein geringerer Rohgewinnaufschlagsatz ergeben.

86

Gleiches gilt für das Jahr 2003: Der Prüfer hat einen Wareneinkauf von 94.347,15 € angesetzt, während sich aus der Gewinn- und Verlustrechnung (ohne Bestandsveränderung) ein Wert von 95.658,93 € ergibt.

87

cc) Für das Jahr 2001 ist die Vorgehensweise des Prüfers zudem insoweit inkonsequent, als er zwar in seiner zusammenfassenden Berechnung die zwischen dem Jahresanfang und dem Jahresende eingetretene Veränderung des Warenbestands berücksichtigt hat, nicht aber im wochenweisen Zahlenwerk des Zeitreihenvergleichs.

88

Zwar ist die betragsmäßige Auswirkung dieses Fehlers angesichts der nur geringen im Laufe des Jahres 2001 eingetretenen Bestandsveränderung nicht allzu bedeutsam. Die in mehrfacher Hinsicht erkennbar fehlende innere Konsistenz des Zahlenwerks des Prüfers hätte dem FG aber Anlass geben müssen, dieses insgesamt genauer zu überprüfen.

89

c) Ferner hat das FG die Berücksichtigung der vorgelegten Geldverkehrsrechnungen im Wesentlichen mit der Erwägung abgelehnt, ihnen lägen die sich aus der Buchführung ergebenden Betriebseinnahmen zugrunde, die aber wegen der fehlenden Ordnungsmäßigkeit der Buchführung nicht angesetzt werden dürften.

90

Diese Argumentation ist nicht frei von Denkfehlern. Wäre sie richtig, dann verbliebe für die --von der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung anerkannte-- Methode der Geldverkehrsrechnung praktisch kein Anwendungsbereich mehr, da diese typischerweise gerade dann zum Einsatz kommt, wenn zumindest ein Anfangsverdacht der unvollständigen Erklärung der Erlöse besteht. Die Geldverkehrsrechnung dient in solchen Fällen gerade dem Nachweis, dass der im Prüfungszeitraum zu beobachtende Geldverkehr mit den erklärten (geringen) betrieblichen Erlösen nicht in Einklang zu bringen ist.

91

Wenn das FG aufgrund des Zeitreihenvergleichs davon überzeugt war, dass der Kläger tatsächlich höhere Betriebseinnahmen erzielt hatte als er in den Steuererklärungen und den von ihm vorgelegten Geldverkehrsrechnungen angegeben hatte, wären diese höheren Einnahmen --zur Vermeidung von Widersprüchen bei der Anwendung verschiedener Schätzungsmethoden-- auch in den Geldverkehrsrechnungen anzusetzen gewesen. Damit wären die frei verfügbaren Beträge aber noch deutlich höher ausgefallen als bereits in den von den Klägern vorgelegten Geldverkehrsrechnungen, was sich bei Zugrundelegung dieser Schätzungsmethode zugunsten der Kläger ausgewirkt hätte. Der Umstand, dass das FG vom Vorhandensein zusätzlicher Betriebseinnahmen überzeugt war, reicht daher allein noch nicht zur vollständigen Verwerfung der Geldverkehrsrechnung aus. Vielmehr hätte dieser Umstand es nahegelegt, die vorhandenen Geldverkehrsrechnungen anhand der eigenen Erkenntnisse des FG zur Höhe der Einnahmen des Klägers zu überarbeiten.

92

Hinzu kommt, dass in der Konstellation des Streitfalls --formelle Ordnungsmängel von einigem Gewicht, aber kein anderweitiger Nachweis konkreter materieller Mängel der Einnahmenerfassung-- Schätzungsmethoden wie die Geldverkehrsrechnung grundsätzlich vorrangig vor einem Zeitreihenvergleich heranzuziehen sind (dazu ausführlich oben 3.b bb). Dies gilt im Streitfall umso mehr, als sowohl die Kläger als auch das FA jeweils Geldverkehrsrechnungen samt dazugehöriger Unterlagen vorgelegt haben, die dem FG möglicherweise als Ausgangspunkt und Erkenntnismaterial für eine eigene Schätzung hätten dienen können.

93

5. Für das weitere Verfahren weist der Senat --ohne die Bindungswirkung des § 126 Abs. 5 FGO-- auf die folgenden Punkte hin:

94

a) Es bietet sich an, ergänzende Feststellungen dazu zu treffen, ob der Betrieb des Klägers von seiner Struktur her für die Durchführung eines aussagekräftigen Zeitreihenvergleichs geeignet ist. Insoweit ist aus den vom FA vorgelegten Unterlagen bisher lediglich erkennbar, dass der wichtigste Teil des Wareneinkaufs --der Getränkebezug von der Brauerei, an die der Kläger vertraglich gebunden war-- wöchentlich vorgenommen wurde, was auf die erforderliche Geringfügigkeit bzw. Konstanz der Lagerhaltung bei dieser Warengruppe hindeutet. Zum Einkaufsverhalten des Klägers in Bezug auf die anderen Warengruppen hat das FA bisher jedoch keine brauchbaren Unterlagen vorgelegt (vgl. dazu auch oben 3.c); entsprechend hat das FG hierzu keine Feststellungen treffen können.

95

b) Das FG kann prüfen, ob im Streitfall eine Geldverkehrsrechnung durchführbar erscheint.

96

aa) Hierfür könnte sprechen, dass sowohl die Kläger für sämtliche Streitjahre (sie haben zur Untermauerung ihres Vorbringens zudem zahlreiche Unterlagen vorgelegt) als auch das FA (wohl beschränkt auf das damalige weitere Streitjahr 2002) Geldverkehrsrechnungen durchgeführt und dem FG vorgelegt haben. Dies könnte darauf hindeuten, dass beide Beteiligten grundsätzlich von der Eignung dieser Verprobungs- und Schätzungsmethode für die sachgerechte Beurteilung des Streitfalls ausgehen.

97

bb) Dreh- und Angelpunkt einer Geldverkehrsrechnung wird die Finanzierung der im Jahr 2001 für 365.000 DM (zuzüglich der üblichen Nebenkosten) erworbenen selbstgenutzten Immobilie der Kläger sein. Die Kläger haben hierzu im Laufe des Verfahrens die folgenden Finanzierungselemente nachgewiesen:

-       

Bankdarlehen: 140.000 DM

-       

Auszahlung aus einem Lebensversicherungsvertrag: 79.794 DM

-       

Banküberweisung der im Ausland lebenden Schwester des Klägers (Gleichstellungsgeld im Rahmen einer Vermögensübertragung von der Mutter an die Schwester des Klägers): 90.813,26 DM

98

Damit ist ein Betrag von gut 310.000 DM abgedeckt. Zur Herkunft des Differenzbetrags haben die Kläger bisher keine Unterlagen vorgelegt, sondern sich auf die "Lebensversicherung" berufen. Diese ist aber bereits in der obigen Finanzierungsrechnung enthalten und kann daher nicht nochmals angesetzt werden. Dass es sich um eine Auszahlung aus einem weiteren, bisher nicht bekannten Lebensversicherungsvertrag handeln könnte, haben die Kläger weder selbst vorgetragen noch nachgewiesen.

99

Die Kläger haben nachgewiesen, dass der Betrag von 90.813,26 DM vom Bankkonto der im Ausland lebenden Schwester des Klägers überwiesen wurde. Das FG scheint indes weiterhin daran zu zweifeln, dass es sich tatsächlich um einen Mittelzufluss "von außen" handelt. In einem solchen Fall muss es den Steuerpflichtigen, der einen solchen Mittelzufluss durch Vorlage von Bankbelegen nachgewiesen hat, vor einer ihm nachteiligen Entscheidung, die auf die verbleibenden Zweifel des FG gestützt wird, allerdings konkret auffordern, weitergehend auch z.B. nachzuweisen, wie derjenige, der dem Steuerpflichtigen den Geldbetrag überwiesen hat, zu diesen Mitteln gekommen ist (vgl. zu ähnlichen Sachverhalten Senatsbeschluss vom 12. Juni 2013 X B 191/12, BFH/NV 2013, 1622, Rz 16, m.w.N.). Eine solche Aufforderung ist bisher nicht ausdrücklich ergangen. Da der Mittelzufluss nach dem Vorbringen der Kläger im Zusammenhang mit einer Grundstücksübertragung von der Mutter auf die Schwester des Klägers gestanden haben soll und bei Grundstücksübertragungen erfahrungsgemäß auch nach längerer Zeit noch Unterlagen aufbewahrt werden, erscheint es nicht als ausgeschlossen, dass die Kläger auf eine im zweiten Rechtsgang noch konkret zu stellende Anfrage des FG Unterlagen aus dem Privatbereich der ausländischen Verwandten des Klägers werden vorlegen können, sofern das FG seine diesbezüglichen Zweifel aufrecht erhalten sollte.

100

cc) Da die Kläger sich und ihre Familie --wie die von ihnen aufgezeichneten Sachentnahmen zeigen-- in erheblichem Umfang aus der Gastwirtschaft des Klägers verpflegen, wären die von der Finanzverwaltung üblicherweise herangezogenen Beträge aus den Tabellen für die Lebenshaltungskosten durchschnittlicher Haushalte um diejenigen Positionen zu mindern, die im Fall der Kläger bereits durch Sachentnahmen abgedeckt sind.

101

dd) Sollte die Durchführung einer Geldverkehrsrechnung im Streitfall zum jetzigen Zeitpunkt an ihre Grenzen stoßen, weil die Vorgänge zu lange zurückliegen --die Kläger haben bereits im Jahr 2001 erhebliche Mittel für den Erwerb der von ihnen selbstgenutzten Wohnung verwendet; die Unterlagen, mit denen die Kläger das Vorhandensein von Eigenmitteln für den Immobilienerwerb zu belegen versucht haben, stammen sogar aus dem Jahr 2000--, hätte das FG zu erwägen, welche Folgen sich daraus ergäben. Nach den bereits dargelegten Grundsätzen (oben 3.b bb) könnte in einem solchen Fall die Heranziehung der Ergebnisse eines --technisch korrekt durchgeführten-- Zeitreihenvergleichs zulässig sein; von ihnen wären aber nennenswerte Abschläge vorzunehmen.

102

c) Während die allgemeinen methodischen Einwendungen der Kläger gegen den Zeitreihenvergleich im Ansatz berechtigt sind --und zu den vom Senat formulierten Anforderungen an die Wahl und die korrekte Durchführung dieser Verprobungs- und Schätzungsmethode geführt haben--, ist ihr Vorbringen zu den vermeintlichen Besonderheiten des konkreten Falles teils bereits rechtlich nicht erheblich und teils zu wenig substantiiert.

103

aa) Die Behauptung, der übliche Verderb eingekaufter Waren sei bisher nicht berücksichtigt worden, stellt schon im Ausgangspunkt keine geeignete Einwendung dar, weil auch verdorbene Ware im Wareneinkauf enthalten ist und --mangels Vornahme einer Korrektur-- in den Wareneinsatz eingeht. Dies gilt im Übrigen auch für die Ermittlung der amtlichen Richtsätze. Außerdem würde die Berücksichtigung des Warenverderbs zu deutlich höheren Rohgewinnaufschlagsätzen führen, weil der in der Buchhaltung ausgewiesene Wareneinkauf um den Wert der verdorbenen Waren zu mindern wäre und dadurch der Wareneinsatz sinken würde, was rechnerisch unmittelbar eine Erhöhung des Rohgewinnaufschlagsatzes bewirken würde.

104

bb) Die Kläger haben ihre Behauptung, in den letzten Wochen des Jahres 2003 sei ein besonders hoher Bierbestand aufgebaut worden, nicht anhand der --ihnen vorliegenden-- Buchhaltungszahlen zum Biereinkauf und den Biererlösen der letzten Wochen des Jahres substantiiert. Für das FG besteht daher derzeit kein Anlass, dieser Behauptung nachzugehen.

105

cc) Ferner haben die Kläger bisher nicht vermocht, konkrete Auswirkungen des X-Fests auf die Ergebnisse des Zeitreihenvergleichs darzulegen. Im Jahr 2001 lag das X-Fest nicht in dem vom FA herangezogenen Zehn-Wochen-Zeitraum mit dem höchsten Rohgewinnaufschlagsatz. Im Jahr 2003 lag es zwar in diesem Zehn-Wochen-Zeitraum; die entsprechende Woche weist auch die höchsten Erlöse des gesamten Jahres auf. Da das X-Fest aber weder am Anfang noch am Ende des Zehn-Wochen-Zeitraums lag, dürften sich wochenweise Verschiebungen zwischen dem besonderen Wareneinkauf für Zwecke des X-Fests und den zusätzlichen Erlösen ausgeglichen haben. Jedenfalls haben die Kläger über den bloßen Verweis auf das Stattfinden des X-Fests hinaus insoweit keine substantiierten Einwendungen gegen den Zeitreihenvergleich vorgebracht.

106

dd) Ebenso wenig substantiiert ist die Einwendung, im Streitjahr 2003 sei ein gerade kostendeckendes Mittagsgericht angeboten worden. Die Kläger haben weder eine Speisekarte vorgelegt, aus der sich ein besonders preiswertes Mittagsgericht ergäbe, noch haben sie dem FG eine Kalkulation zur Verfügung gestellt, die ihre Behauptung stützen würde, ein Gericht sei gerade kostendeckend gewesen. Ohnehin ist unklar, was die Kläger mit diesem Einwand bezwecken wollen, da der Zeitreihenvergleich --so er denn technisch korrekt durchgeführt wird-- hinsichtlich der Erlöse die eigenen Daten aus der Buchhaltung des Steuerpflichtigen zugrunde legt, sich also eine Betriebsführung mit tatsächlich sehr geringen Rohgewinnaufschlagsätzen auch in den Ergebnissen des Zeitreihenvergleichs widerspiegeln würde.

107

ee) Preisschwankungen beim Ein- und Verkauf sowie saisonale Schwankungen in der Zusammensetzung der Ein- und Verkäufe können zwar erhebliche verzerrende Wirkungen auf die Ergebnisse eines Zeitreihenvergleichs haben. Über ihren --zutreffenden-- Hinweis auf derartige allgemeine Wirkmechanismen hinaus haben die Kläger aber nichts dazu vorgetragen, ob bzw. in welchem Umfang im konkreten Fall derartige Schwankungen eingetreten und daher zu berücksichtigen sind.

108

d) Hinsichtlich der Aussetzungszinsen, die das FG zusätzlich zum Abzug als Betriebsausgaben zugelassen hat, hat es im Tatbestand seiner Entscheidung ausgeführt, die Aussetzungszinsen seien für "Umsatzsteuernachzahlungen für 2001 und 2003" (d.h. die Streitjahre) entstanden. Nicht festgestellt ist, wann der Zinslauf begonnen hat. Nach Lage der Dinge dürfte der Zinslauf erst mit dem Einlegen eines Rechtsbehelfs --also nach Erlass der angefochtenen Änderungsbescheide im Jahr 2008-- begonnen haben (vgl. § 237 Abs. 2 AO). Das FG wird daher im zweiten Rechtsgang noch Feststellungen dazu treffen, ob es überhaupt denkbar ist, dass die Aussetzungszinsen wirtschaftlich bereits im Streitjahr 2003 verursacht sein können (zur wirtschaftlichen Verursachung von Steuerzinsen erst ab Beginn des Zinslaufs siehe auch BFH-Urteil vom 22. Dezember 2010 I R 110/09, BFHE 232, 415, BStBl II 2014, 119, Rz 29).

109

e) Sollte es im zweiten Rechtsgang zu einem (Teil-)Erfolg der Klage kommen, wäre die Gewerbesteuerrückstellung gegenläufig anzupassen. Dies hat das FG in seinem für das Streitjahr 2003 teilweise klagestattgebenden Urteil im ersten Rechtsgang übersehen.

110

6. Die Übertragung der Kostenentscheidung auf das FG beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) betrieb im Dienstgebäude der Behörde X in Berlin eine Kantine. Seinen Gewinn ermittelte er nach § 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes. Von den im Streitjahr 2001 ausgeführten Umsätzen bezeichnete er einen Anteil von 53,19 % als zum ermäßigten Steuersatz zu besteuernde "Außer-Haus-Verkäufe".

2

Im Jahr 2003 führte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) bei dem Kläger eine Betriebsprüfung durch. Im Bericht vom 14. Oktober 2003 führte die Prüferin unter Tz. 5 zur steuerlichen Beurteilung der Buchführung aus:

3

"Die Prüfung ergab Feststellungen, die gegen die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung sprechen.

4

Die Ergebnisse der Buchführung können unter Berücksichtigung der in den nachfolgenden Textziffern behandelten Änderungen der Besteuerung zugrunde gelegt werden."

5

Unter Tz. 6 werden als Mängel der Buchführung angeführt:

6

"In der jährlichen Bestandsaufnahme wurde nicht das Verpackungsmaterial (Pappteller, Pappschalen, Einschlagpapier usw.) erfasst.

7

Desweiteren wurden keine Speise- und Getränkekarten vorgelegt."

8

Weitere Feststellungen, die gegen die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung sprechen, enthält der Bericht nicht. Unter Tz. 14 nahm die Prüferin "nach Zusammenstellung des betrieblichen Datenmaterials ... eine Umverteilung der 7%igen und der 16%igen USt-Erlöse für Speisen und Getränke" vor. Bei durchschnittlich 361 Gästen täglich an 260 Arbeitstagen und einem täglichen Durchschnittsverzehr von 5,11 DM, hätten --ausgehend von dem vom Kläger genannten Anteil der ermäßigt zu versteuernden Umsätze von 53,19 %-- 49 920 "Außer-Haus-Verkäufe" im Kalenderjahr stattfinden müssen. Das im Jahr 2001 eingekaufte Verpackungsmaterial habe aber weit unter dem gelegen, was für so viele Verkäufe benötigt worden wäre.

9

Das FA ging daraufhin in dem geänderten Umsatzsteuerbescheid für 2001 vom 5. Februar 2004 von einem Anteil von 27 % der "Außer-Haus-Verkäufe" aus. Der dagegen eingelegte Einspruch, in dem der Kläger u.a. vortrug, der erklärte Anteil der "Außer-Haus-Verkäufe" entspreche dem der Vorpächter der Kantine, hatte keinen Erfolg. In der Einspruchsentscheidung vom 3. Mai 2005 wird u.a. ausgeführt, die Übertragung der Kassenbons in das Kassenbuch sei "nicht identisch" erfolgt. Zum Beispiel seien am 2. und 3. Januar 2001 auf den Kassenbons sämtliche Umsätze als "Im-Haus" registriert worden, während im Kassenbuch eine Aufteilung in "Außer-Haus" und "Im-Haus"-Umsätze erfolgt sei. Am 30. Oktober 2001 seien nach der Registrierkasse Umsätze zu 7 % in Höhe von 373,70 DM und zu 16 % in Höhe von 1.908,70 DM getätigt worden. Im Kassenbuch seien vom Kläger für diesen Tag Umsätze zu 7 % in Höhe von 1.100 DM und zu 16 % in Höhe von 1.182,10 DM erklärt worden.

10

Im Rahmen des sich anschließenden Klageverfahrens trug das FA in der Klageerwiderung vom 11. August 2005 u.a. vor, derartige Abweichungen bei der Gegenüberstellung der Kassenbons mit den jeweiligen Eintragungen im Kassenbuch habe es an 25 Arbeitstagen gegeben. Weiter machte das FA geltend, die Aufzeichnungen der Barausgaben seien nicht im zeitlichen Ablauf erfasst worden. Die Kassenaufzeichnungen hätten nicht den Abgleich des tatsächlichen Kassenbestands mit dem des buchmäßigen Kassenbestands (Kassenbuch) ermöglicht. Bei einer täglichen Abgleichung des Soll-Ist-Kassenbestands wäre aufgefallen, dass die zu vergleichenden Kassenbestände voneinander abwichen.

11

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt. Es ließ offen, ob die Buchführung des Klägers formell nicht ordnungsgemäß sei, weil er das Verpackungsmaterial nicht in den jährlichen Bestandsaufnahmen erfasst und die Speise- und Getränkekarten nicht aufbewahrt habe. Denn selbst eine formelle Ordnungswidrigkeit der Buchführung würde das FA noch nicht zur Durchführung einer Schätzung berechtigen. Eine solche erfordere stets Anzeichen für eine sachliche Fehlerhaftigkeit der Buchführung. Hierzu habe das FA aber keine ausreichenden Feststellungen getroffen. Die Grundlagen der anhand des Verpackungsmaterials vorgenommenen Schätzung des FA seien nicht hinreichend substantiiert und vom Kläger in nachvollziehbarer Weise angegriffen worden.

12

Mit seiner Revision trägt das FA vor, die Vorentscheidung verstoße gegen die §§ 162 und 146 der Abgabenordnung (AO). Neben der fehlenden jährlichen Bestandsaufnahme des Verpackungsmaterials und der Nichtvorlage der Speise- und Getränkekarten habe das FA in der Einspruchsentscheidung und im Klageabweisungsantrag vom 11. August 2005 auf die nicht identische Übertragung von mehreren Kassenbons in das Kassenbuch und auf die nicht im zeitlichen Ablauf erfassten Barausgaben hingewiesen sowie auf die mangelnde Kassensturzfähigkeit. Dies begründe auch Zweifel an der sachlichen Richtigkeit der Buchführung. Das FG hätte unter Zugrundelegung des Akteninhalts die Missstände in der Buchführung feststellen und die Buchführung als weder formell noch sachlich ordnungsgemäß verwerfen müssen.

13

Außerdem habe das FG verkannt, dass die Abgabe von Speisen und Getränken zum Verzehr auf dem Gelände auf Grund des räumlichen Zusammenhangs eine Abgabe zum Verzehr an Ort und Stelle i.S. des § 3 Abs. 9 Satz 5 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) darstelle, die als sonstige Dienstleistung nicht dem nur für bestimmte Lieferungen geltenden ermäßigten Steuersatz unterfallen könne.

14

Das FA beantragt,
die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

15

Der nicht durch einen Prozessbevollmächtigten vertretene Kläger verweist auf seine bereits früher gegenüber dem FA und dem FG abgegebenen Stellungnahmen.

Entscheidungsgründe

16

II. Die Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat nicht beachtet, dass es sich von dem Vorliegen oder Nichtvorliegen der für die Entscheidung erheblichen Tatsachen eine Überzeugung (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO) bilden musste. Es hat ferner den Vortrag des FA nicht berücksichtigt, dass Barausgaben nicht im zeitlichen Ablauf erfasst und Kassenbons nicht identisch in das Kassenbuch übertragen worden seien und die Kassensturzfähigkeit nicht gewährleistet gewesen sei.

17

1. Die Finanzbehörde hat die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen, soweit sie diese nicht ermitteln oder berechnen kann (§ 162 Abs. 1 Satz 1 AO). Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige über seine Angaben keine ausreichende Aufklärung zu geben vermag oder weitere Auskunft oder eine Versicherung an Eides statt verweigert oder seine Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 2 AO verletzt (§ 162 Abs. 2 Satz 1 AO). Das Gleiche gilt u.a. dann, wenn der Steuerpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann oder wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen der Besteuerung nicht nach § 158 AO zugrunde gelegt werden können (§ 162 Abs. 2 Satz 2 AO).

18

a) Nach § 158 AO sind der Besteuerung die Buchführung und die Aufzeichnungen des Steuerpflichtigen, die den Vorschriften der §§ 140 bis 148 AO entsprechen, zugrunde zu legen, soweit nach den Umständen des Einzelfalls kein Anlass besteht, ihre sachliche Richtigkeit zu beanstanden. Eine formell ordnungsmäßige Buchführung hat die Vermutung der sachlichen Richtigkeit für sich (vgl. z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 22. August 1985 IV R 29-30/84, BFH/NV 1986, 719; BFH-Beschluss vom 13. Juli 2010 V B 121/09, BFH/NV 2010, 2015, unter 1.a).

19

Die Buchungen und die sonst erforderlichen Aufzeichnungen sind vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet vorzunehmen (§ 146 Abs. 1 Satz 1 AO). Kasseneinnahmen und Kassenausgaben sollen überdies täglich festgehalten werden (§ 146 Abs. 1 Satz 2 AO). Kassenaufzeichnungen müssen so beschaffen sein, dass ein Buchsachverständiger jederzeit in der Lage ist, den Sollbestand mit dem Istbestand der Geschäftskasse zu vergleichen (vgl. BFH-Urteil vom 20. September 1989 X R 39/87, BFHE 158, 301, BStBl II 1990, 109, unter 1., m.w.N.). Das Kassenbuch ist wesentlicher Teil der Buchführung, zumal wenn der Steuerpflichtige nach der Art seines Unternehmens vorwiegend Bargeschäfte tätigt (vgl. BFH-Urteil vom 20. Juni 1985 IV R 41/82, BFH/NV 1985, 12).

20

Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 UStG ist der Unternehmer verpflichtet, zur Feststellung der Steuer und der Grundlagen ihrer Berechnung Aufzeichnungen zu machen. Dabei ist u.a. ersichtlich zu machen, wie sich die Entgelte auf die steuerpflichtigen Umsätze, getrennt nach Steuersätzen, und auf die steuerfreien Umsätze verteilen (§ 22 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG).

21

b) Ergibt die Würdigung des Sachverhalts, dass eine formell ordnungsmäßige Buchführung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ganz oder teilweise sachlich unrichtig ist, so kann das Ergebnis dieser Buchführung ganz oder teilweise verworfen werden. Die objektive Beweislast für die hierfür maßgeblichen steuererhöhenden Tatsachen trägt das FA (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 24. Juni 1997 VIII R 9/96, BFH 183, 358, BStBl II 1998, 51, unter 1.a).

22

c) Für die Prüfung der formellen Ordnungsmäßigkeit der Buchführung ist das Gesamtbild aller Umstände im Einzelfall maßgebend (vgl. z.B. Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 158 AO, Rz 13). Formelle Buchführungsmängel berechtigen nur zur Schätzung, soweit sie Anlass geben, die sachliche Richtigkeit des Buchführungsergebnisses anzuzweifeln (vgl. BFH-Urteile vom 17. November 1981 VIII R 174/77, BFHE 135, 11, BStBl II 1982, 430; vom 26. Oktober 1994 X R 114/92, BFH/NV 1995, 373, und vom 7. Juni 2000 III R 82/97, BFH/NV 2000, 1462; BFH-Beschluss vom 9. Januar 2008 X B 144/07, Zeitschrift für Steuern und Recht 2008, R645; Seer in Tipke/Kruse, a.a.O., § 158 AO Rz 23, m.w.N.). Ob ggf. nur unwesentliche formelle Buchführungsmängel vorliegen, unterliegt den Regeln der freien Beweiswürdigung (vgl. Trzaskalik in Hübschmann/ Hepp/Spitaler --HHSp--, § 158 AO Rz 3).

23

d) Ist eine Buchführung ganz oder teilweise nicht nach § 158 AO der Besteuerung zugrunde zu legen, sind die Besteuerungsgrundlagen grundsätzlich nach § 162 Abs. 2 Satz 2 AO zu schätzen. Eine Schätzung scheidet allerdings dann aus, wenn die durch die Fehler der Buchführung verursachten Unklarheiten und Zweifel durch anderweitige zumutbare Ermittlungen beseitigt werden können. Im Rahmen einer solchen Ermittlung der tatsächlichen Verhältnisse richten sich die Anforderungen an die nötigen Beweise und die Beweislast nach den allgemein geltenden Grundsätzen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 183, 358, BStBl II 1998, 51).

24

e) Die Schätzungsgrundlagen müssen von der Finanzbehörde so dargelegt werden, dass ihre Nachprüfung möglich ist. Das zahlenmäßige Ergebnis der Schätzung muss auf Schlüssigkeit hin kontrollierbar sein (vgl. Klein/Rüsken, AO, 10. Aufl., § 162 Rz 53; Seer in Tipke/Kruse, a.a.O., § 162 AO Rz 96, m.w.N.; Buciek in Beermann/Gosch, AO § 162 Rz 167; wohl auch Söhn in HHSp, § 121 AO Rz 93, m.w.N.). Eine vom FA vorgenommene Schätzung wird vom FG in vollem Umfang überprüft und ggf. durch eine eigene Schätzung ersetzt (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 19. Februar 1987 IV R 143/84, BFHE 149, 121, BStBl II 1987, 412, unter 2.).

25

2. Nach diesen Grundsätzen durfte es das FG nicht offenlassen, ob die formelle Ordnungsmäßigkeit der Buchführung ganz oder teilweise aus den vom FA geltend gemachten Gründen zu verneinen ist.

26

a) Soweit das FA vorträgt, der Kläger habe entgegen der aus § 147 Abs. 1 Nr. 5 AO folgenden Aufbewahrungspflicht keine Speise- und Getränkekarten aufbewahrt, ist allerdings zu beachten, dass der sachliche Umfang der Aufbewahrungspflicht in § 147 Abs. 1 AO grundsätzlich durch die Reichweite der zugrunde liegenden Aufzeichnungspflicht begrenzt wird.

27

aa) Die Pflicht zur Aufbewahrung von Unterlagen gemäß § 147 Abs. 1 AO ist akzessorisch. Das heißt, sie setzt stets eine Aufzeichnungspflicht voraus und besteht grundsätzlich nur im Umfang der Aufzeichnungspflicht. Eine eigenständige Pflicht zur Aufbewahrung von Unterlagen, die nicht mit einer Pflicht zur Aufzeichnung von Daten in Zusammenhang stehen, ist § 147 Abs. 1 AO nicht zu entnehmen. Durch die Abhängigkeit der Aufbewahrungspflicht von einer im Gesetz angeordneten Aufzeichnungspflicht wird der Umfang der aufzubewahrenden Unterlagen sachgemäß begrenzt. Diese Beschränkung trägt dem Erfordernis hinreichender Bestimmtheit der in § 147 Abs. 1 AO geregelten Aufbewahrungspflicht ebenso Rechnung wie der von Verfassungs wegen geforderten Verhältnismäßigkeit der Norm (vgl. BFH-Urteil vom 24. Juni 2009 VIII R 80/06, BFHE 225, 302, BStBl II 2010, 452, unter II.1.b cc, m.w.N.).

28

bb) Dies gilt auch für § 147 Abs. 1 Nr. 5 AO, wonach sonstige Unterlagen aufzubewahren sind, "soweit sie für die Besteuerung von Bedeutung sind".

29

Zwar lässt der weite Wortlaut der Vorschrift die Deutung zu, dass nach ihr ohne Rücksicht auf eine Aufzeichnungpflicht sämtliche für die Besteuerung bedeutsamen Unterlagen aufzubewahren sind. Dementsprechend hat das FG München im Urteil vom 29. Oktober 2009  15 K 219/07 (Entscheidungen der Finanzgerichte 2011, 10) ohne nähere Begründung im dortigen Streitfall angenommen, durch die Nichtaufbewahrung von Speisekarten habe der Kläger gegen § 147 Abs. 1 Nr. 5 AO verstoßen.

30

§ 147 Abs. 1 Nr. 5 AO ist aber unter Berücksichtigung der generellen Akzessorietät der Aufbewahrungspflicht im Lichte der im Einzelfall jeweils bestehenden gesetzlichen Aufzeichnungspflichten einschränkend auszulegen. Danach müssen bei einer abstrakten Bestimmung der Reichweite der gesetzlichen Aufbewahrungspflicht nach § 147 Abs. 1 Nr. 5 AO nur solche sonstigen, also nicht unter § 147 Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 4a AO fallenden, Unterlagen aufbewahrt werden, die zum Verständnis und zur Überprüfung der für die Besteuerung gesetzlich vorgeschriebenen Aufzeichnungen im Einzelfall von Bedeutung sind (vgl. BFH-Urteil in BFHE 225, 302, BStBl II 2010, 452, unter II.1.b cc, m.w.N.).

31

b) Zutreffend rügt das FA, dass das FG wesentlichen, bereits in der vom FG in Bezug genommenen Einspruchsentscheidung und im Schriftsatz vom 11. August 2005 vorgetragenen Sachverhalt unberücksichtigt gelassen und damit gegen seine Pflicht verstoßen habe, sein Urteil auf das Gesamtergebnis des Verfahrens zu stützen (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO).

32

aa) Das FA hat in der Einspruchsentscheidung sowie in der Klageerwiderung auf die "nicht identische" Übertragung mehrerer Kassenbons in das Kassenbuch durch den Kläger und darauf hingewiesen, die Aufzeichnungen der Barausgaben seien nicht im zeitlichen Ablauf erfasst worden. Die Kassenaufzeichnungen hätten nicht den Abgleich des tatsächlichen Kassenbestands mit dem des buchmäßigen Kassenbestands (Kassenbuch) ermöglicht. Mit diesem für die Frage der formellen Ordnungsmäßigkeit der Buchführung maßgeblichen Vortrag hat sich das FG nicht erkennbar auseinandergesetzt, denn es hat sich in den Entscheidungsgründen weder mit der Verbuchung der Bareinnahmen noch mit der Führung des Kassenbuchs befasst.

33

bb) Zwar ist das FG nicht gehalten, sich mit jedem Vorbringen der Beteiligten in der Entscheidung ausdrücklich auseinanderzusetzen. Vielmehr ist im Allgemeinen davon auszugehen, dass ein Gericht auch denjenigen Akteninhalt in Erwägung gezogen hat, mit dem es sich in den schriftlichen Entscheidungsgründen nicht ausdrücklich auseinandergesetzt hat (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 3. Juni 2003 X B 102/02, BFH/NV 2003, 1209; vom 1. April 2008 X B 154/04, BFH/NV 2008, 1116, unter II.3., m.w.N.). Zumindest die wesentlichen der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung dienenden Tatsachen und Rechtsausführungen müssen jedoch in den Entscheidungsgründen verarbeitet werden (vgl. z.B. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 119 Rz 10a).

34

Zu diesen wesentlichen Umständen gehört im Streitfall insbesondere auch die Feststellung, ob der Kläger seiner Pflicht, Kasseneinnahmen und Kassenausgaben vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet aufzuzeichnen und die Kasseneinnahmen und Kassenausgaben täglich festzuhalten, nachgekommen ist. Zumal wenn --wie hier-- vorwiegend Bargeschäfte getätigt worden sind, können Mängel in der Kassenbuchführung der gesamten Buchführung die Ordnungsmäßigkeit nehmen (vgl. BFH-Urteil vom 21. Februar 1990 X R 54/87, BFH/NV 1990, 683). Dies gilt umso mehr im vorliegenden Fall, in dem die Aufzeichnungen zugleich dazu dienten, die Umsätze entsprechend § 22 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG nach unterschiedlichen Steuersätzen aufzuteilen.

35

3. Die Vorentscheidung war daher aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG wird im zweiten Rechtsgang den Einwänden des FA gegen die Kassenaufzeichnungen des Klägers nachgehen und prüfen, inwieweit die Speise- und Getränkekarten zum Verständnis und zur Überprüfung der für die zutreffende Umsatzbesteuerung in § 22 UStG vorgeschriebenen Aufzeichnung zur Trennung der Umsätze nach Steuerarten im Einzelfall von Bedeutung sind.

36

a) Ob die danach ggf. festzustellenden Mängel der Buchführung und die fehlerhafte Nichtaufnahme des noch vorhandenen Verpackungsmaterials bei der jährlichen Bestandsaufnahme (§ 146 AO) zur Feststellung der formellen Ordnungswidrigkeit führen, ist in erster Linie eine Tatfrage und deshalb zunächst vom FG zu entscheiden, zumal bei der Beurteilung eines Buchführungsfehlers nicht auf die formale Bedeutung des Buchführungsmangels, sondern auf dessen sachliches Gewicht abzustellen ist (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2000, 1462 unter Hinweis auf die BFH-Urteile vom 31. Juli 1969 IV R 57/67, BFHE 97, 246, BStBl II 1970, 125; vom 15. März 1972 I R 60/70, BFHE 105, 138, BStBl II 1972, 488, und vom 12. Dezember 1972 VIII R 112/69, BFHE 109, 167, BStBl II 1973, 555; Seer in Tipke/Kruse, a.a.O., § 158 AO Rz 13, m.w.N.).

37

b) Das FG muss sich vom Vorliegen oder Nichtvorliegen der für die Entscheidung erheblichen Tatsachen eine Überzeugung bilden. Dies ergibt sich aus § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO, wonach das Gericht "nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung" entscheidet. Deshalb muss das FG den vom FA gegen die Richtigkeit der Buchführung des Klägers vorgebrachten Umständen nachgehen. Das FG wird ggf. von der ihm gemäß § 96 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 FGO zustehenden eigenen Schätzungsbefugnis Gebrauch zu machen haben (vgl. z.B. BFH-Urteil in BFHE 149, 121, BStBl II 1987, 412, unter 2.).

38

c) Das FG wird hinsichtlich der Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG auf die vom Kläger erbrachten Leistungen die neuere Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union in seinem Urteil vom 10. März 2011 in den verbundenen Rechtssachen C-497/09, C-499/09, C-501/09 und C-502/09 --Bog u.a.-- (Deutsches Steuerrecht 2011, 515, Umsatzsteuer-Rundschau 2011, 272) und die dazu ergangenen BFH-Urteile (vom 8. Juni 2011 XI R 33/08, BFH/NV 2011, 1927 und XI R 37/08, BFHE 234, 443, BFH/NV 2011, 1976, sowie vom 30. Juni 2011 V R 35/08, BFHE 234, 491, BFH/NV 2011, 1811 und V R 3/07, BFHE 234, 484, BFH/NV 2011, 2186) berücksichtigen.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.