Bundessozialgericht Beschluss, 21. März 2018 - B 6 KA 63/17 B

ECLI:ECLI:DE:BSG:2018:210318BB6KA6317B0
bei uns veröffentlicht am21.03.2018

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 28. Juni 2017 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 24 755 Euro festgesetzt.

Gründe

1

I. Der Kläger, ein zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassener Orthopäde, begehrt die Erstattung von Rechtsanwaltskosten für seine Vertretung in einem Widerspruchsverfahren vor dem beklagten Berufungsausschuss. Den Widerspruch hatte die Beigeladene zu 9. gegen die Ablehnung ihrer Ermächtigung als Krankenhausärztin erhoben. Der Beklagte zog den Kläger, dessen Praxis in unmittelbarer Nähe zu dem Krankenhaus liegt, in dem die Widerspruchsführerin tätig ist, mit Verfügung vom 10.12.2014 zu dem Verfahren bei. Der Kläger äußerte sich im Widerspruchsverfahren durch seinen Prozessbevollmächtigten schriftlich; dieser nahm auch an der mündlichen Verhandlung teil und stellte dort - ebenso wie die zu 1. beigeladene KÄV - den Antrag, den Widerspruch zurückzuweisen. Zugleich beantragte er, die Kosten seiner Rechtsverfolgung der Widerspruchsführerin aufzuerlegen. Der Beklagte wies den Widerspruch zurück und entschied, dass Aufwendungen nicht zu erstatten sind.

2

Der Kläger hat sich vor dem SG gegen die Kostenentscheidung des Beklagten gewandt und beantragt, ihm die Kosten als Beigezogener des Widerspruchsverfahrens "von der Staatskasse oder der Widerspruchsführerin" aus einem Streitwert von 2 197 500 Euro zu erstatten. Das SG hat die Klage abgewiesen, das LSG die Berufung zurückgewiesen (Gerichtsbescheid des SG Nürnberg vom 5.11.2015, Urteil des LSG vom 28.6.2017). Im Urteil des LSG ist ausgeführt, dass als Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Kostenerstattungsanspruch allein § 63 Abs 1 S 1 SGB X in Betracht komme. Danach scheide eine Kostenerstattungspflicht des Beklagten schon deshalb aus, weil der Widerspruch nicht erfolgreich gewesen sei. Eine analoge Anwendung von § 63 Abs 1 S 1 SGB X komme hier nicht in Frage. Zwar habe das BSG eine analoge Anwendung der Vorschrift bejaht, wenn Krankenkassen als vertragsärztliche Institutionen zB in Zulassungs- oder Wirtschaftlichkeitsprüfungsverfahren erfolglos Widerspruch eingelegt hätten (Hinweis auf BSG Urteile vom 11.12.1985 - 6 RKa 35/84 - BSGE 59, 216 = SozR 1300 § 63 Nr 7, vom 18.12.1996 - 6 RKa 33/95 - SozR 3-1300 § 63 Nr 9, vom 9.9.1998 - B 6 KA 80/97 R - SozR 3-1300 § 63 Nr 12). Bei einer Privatperson, die erfolglos Widerspruch erhoben habe, sei die erforderliche Gleichartigkeit der zu regelnden Sachverhalte jedoch nicht mehr gegeben.

3

Der Kläger macht mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG eine grundsätzliche Bedeutung der Sache geltend (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG).

4

II. 1. Die Beschwerde des Klägers hat keinen Erfolg. Dabei kann offenbleiben, ob die Beschwerdebegründung die Darlegungsanforderungen für den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung in jeder Hinsicht erfüllt (vgl § 160a Abs 2 S 3 SGG). Die Beschwerde ist jedenfalls unbegründet, weil eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht vorliegt.

5

a) Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache setzt eine Rechtsfrage voraus, die in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig (entscheidungserheblich), klärungsbedürftig sowie über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (stRspr, zB BSG Beschluss vom 28.10.2015 - B 6 KA 12/15 B - SozR 4-2500 § 116 Nr 11 RdNr 5 mwN). Die Klärungsbedürftigkeit fehlt, wenn die aufgeworfene Frage bereits geklärt ist oder wenn sich die Antwort ohne Weiteres aus den Rechtsvorschriften und/oder aus bereits vorliegender höchstrichterlicher Rechtsprechung klar beantworten lässt (BSG Beschluss vom 11.10.2017 - B 6 KA 29/17 B - Juris RdNr 4).

6

b) Der Kläger benennt folgende Fragen:

"(1) Besteht ein Kostenerstattungsanspruch eines Vertragsarztes gem. analoger Anwendung von § 63 I 1 SGB X, wenn dieser vom Berufungsausschuss zu einem Widerspruchsverfahren beigeladen wird, in welchem es um die vertragsärztliche Zulassung einer konkurrierenden Ärztin im gleichen Fachgebiet in unmittelbarer örtlicher Entfernung geht und deren Widerspruch erfolglos bleibt? (2) Kann in diesem Zusammenhang der Nichterlass einer drohenden vertragsärztlichen Zulassung einer konkurrierenden Ärztin einem erfolgreichen Widerspruch im Sinne des § 63 I 1 SGB X gleichgestellt werden? (3) Kann in dieser Konstellation ein vom Berufungsausschuss beigeladener Arzt einem Widerspruchsführer im Sinne des § 63 I 1 SGB X gleichgestellt werden? (4) Kann der Berufungsausschuss oder die Widerspruchsführerin einem Rechtsträger, dessen Behörde einen Verwaltungsakt erlassen hat, gleichgestellt werden?"

7

c) Entgegen der Ansicht des Beklagten fehlt es nicht bereits deshalb an der Entscheidungserheblichkeit der Rechtsfrage (1) und der weiteren, jeweils Teilaspekte beleuchtenden Fragen (2) bis (4) für das vorliegende Verfahren, weil die Fragen (1) und (2) nach ihrem Wortlaut auf die "vertragsärztliche Zulassung" einer konkurrierenden Ärztin abstellen (vgl § 95 Abs 1 S 1 Alt 1, Abs 3 SGB V), während die Beigeladene zu 9. als Krankenhausärztin eine "Ermächtigung" begehrt hat (vgl § 95 Abs 1 S 1 Alt 3, Abs 4 iVm § 116 SGB V). Bei der Erfassung des Sinngehalts einer Rechtsfrage, deren grundsätzliche Bedeutung geltend gemacht wird, ist - wie auch sonst bei Prozesserklärungen - nicht "an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften" (vgl § 133 BGB), sondern das wirklich Gemeinte zugrunde zu legen (vgl BSG Urteil vom 23.2.2017 - B 11 AL 2/16 R - Juris RdNr 15; BSG Beschluss vom 30.12.2015 - B 13 R 345/15 B - Juris RdNr 11; BSG Beschluss vom 8.9.2015 - B 1 KR 19/15 B - Juris RdNr 6; jeweils mwN). Wenn danach ohne Weiteres erkennbar ist, welche Rechtsfrage eine Beschwerdebegründung aufwirft, darf der Beschwerdeführer nicht an einem offenkundig missglückten Wortlaut seiner Formulierung festgehalten werden (vgl Karmanski in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 160a RdNr 46). Das gebietet schon die Verpflichtung der Gerichte zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art 19 Abs 4 S 1 GG) und entspricht im Übrigen der Unbeachtlichkeit von Schreibfehlern und ähnlichen offenbaren Unrichtigkeiten in amtlichen Verlautbarungen (§ 38 SGB X bzw § 138 SGG). Demgemäß prüft das BSG regelmäßig auch, ob eine nach dem Vorbringen zwar nicht wörtlich, aber doch sinngemäß gestellte Rechtsfrage die Anforderungen an eine Revisionszulassung erfüllt (vgl zB BSG Beschluss vom 2.11.2007 - B 1 KR 110/07 B - Juris RdNr 7; BSG Beschluss vom 25.5.2016 - B 11 AL 11/16 B - Juris RdNr 5; BSG Beschluss vom 19.1.2017 - B 10 EG 4/16 B - Juris RdNr 5). Nach diesen Grundsätzen dürfen die vom Kläger benannten Rechtsfragen nicht allein deshalb als unbeachtlich angesehen werden, weil er nicht den Fachbegriff "Ermächtigung" (für die spezifische Form der Teilnahme eines Krankenhausarztes an der vertragsärztlichen Versorgung), sondern den Begriff der "Zulassung" (im allgemeinen bzw umgangssprachlichen Sinne) verwendet hat.

8

d) Gleichwohl kann Frage (1) nicht zur Revisionszulassung führen, da sie nicht weiter klärungsbedürftig ist. Ihre Beantwortung mit "Nein" ergibt sich hinreichend deutlich aus den in der Entscheidung des Senats vom 31.5.2006 näher dargelegten Grundsätzen (BSG Urteil vom 31.5.2006 - B 6 KA 62/04 R - BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3). Danach ist es in der Konstellation eines erfolglosen Drittwiderspruchs eines Konkurrenten gegen die Zulassung eines Vertragsarztes ausgeschlossen, den Widerspruchsführer zur Erstattung der Aufwendungen des zugelassenen Vertragsarztes zu dessen Rechtsverteidigung zu verpflichten. Der Senat hat das damit begründet, dass eine analoge Anwendung des § 63 Abs 1 S 1 SGB X auf eine solche Konstellation (erforderlich wäre insoweit eine "dreifache Analogie") schon deswegen ausscheidet, weil gegenüber einer Privatperson, die erfolglos Widerspruch erhoben hat, die für eine Analogie erforderliche Gleichartigkeit der zu regelnden Sachverhalte nicht mehr gegeben ist(BSG Urteil vom 31.5.2006, aaO, RdNr 14). Dieser entscheidende Gesichtspunkt trifft (ungeachtet sonstiger Abweichungen im Sachverhalt) auch auf die hier zu beurteilende Konstellation zu. Die Beigeladene zu 9. hat als Privatperson erfolglos Widerspruch gegen die Ablehnung der von ihr begehrten Ermächtigung erhoben. § 63 Abs 1 S 1 SGB X, der eine Verpflichtung des Rechtsträgers der Behörde zur Erstattung von Verfahrenskosten begründet, kann für die Kostenbelastung einer erfolglos Widerspruch erhebenden Privatperson nicht entsprechend herangezogen werden, weil insoweit keine vergleichbaren Sachverhalte vorliegen. Hierbei ist auch von Bedeutung, dass das Recht einer Privatperson, eine sie betreffende ablehnende Verwaltungsentscheidung überprüfen zu lassen, mit erheblichen und ggf unverhältnismäßigen Risiken verbunden wäre, wenn sie befürchten müsste, bei Erfolglosigkeit zugleich mit umfangreichen Kostenforderungen Dritter belastet zu werden.

9

Nichts anderes ergibt sich daraus, dass der Kläger vom Beklagten von Amts wegen zu dem Widerspruchsverfahren als Beteiligter hinzugezogen worden ist (§ 12 Abs 2 S 1 SGB X). Die Hinzuziehung hat die verfahrensrechtliche Position des Klägers, der als Vertragsarzt gegenüber nachrangigen Ermächtigungen Drittschutz geltend machen kann (vgl BSG Urteil vom 17.10.2007 - B 6 KA 42/06 R - BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4), verbessert. Sie hat ihn zum Beteiligten des von der Beigeladenen zu 9. betriebenen Verwaltungsverfahrens mit eigenen Rechten gemacht (§ 12 Abs 1 Nr 4 SGB X - vgl BSG Urteil vom 17.10.2012 - B 6 KA 40/11 R - SozR 4-2500 § 95 Nr 27 RdNr 28). Der Kläger hat sich gegen diese "ohne eigenes Zutun" erfolgte Hinzuziehung dementsprechend auch nicht gewehrt (s hierzu Mutschler in Kasseler Komm, § 12 SGB X RdNr 23, Stand der Einzelkommentierung September 2017). Die Beteiligung des Klägers an dem Widerspruchsverfahren der Beigeladenen zu 9. bewirkt aber nicht, dass er dadurch selbst zum Widerspruchsführer wird oder einem solchen gleichzustellen ist. Dem steht in der hier vorliegenden Konstellation bereits entgegen, dass der Kläger durch die Entscheidung des Zulassungsausschusses, der Beigeladenen zu 9. die begehrte Ermächtigung zu versagen, selbst nicht beschwert, sondern vielmehr begünstigt ist. Ihm kommt gegenüber dieser Entscheidung somit von vornherein keine Widerspruchsbefugnis (§ 84 Abs 1 S 1 iVm § 54 Abs 1 S 2 SGG) zu; das gälte selbst dann, wenn er bereits vom Zulassungsausschuss zum Verfahren hinzugezogen worden wäre. Über die gesetzliche Regelung in § 63 Abs 1 S 1 SGB X hinaus enthält die Rechtsordnung aber keinen allgemeinen Rechtsgrundsatz, dass derjenige, der eine ihm günstige Rechtsposition in einem Verfahren erfolgreich verteidigt, Kostenerstattung von demjenigen verlangen kann, der den Rechtsbehelf erfolglos eingelegt hat(BSG Urteil vom 31.5.2006 - B 6 KA 62/04 R, aaO, RdNr 15, 17).

10

Wenn hiernach die umfassende Frage (1) wegen fehlender Klärungsbedürftigkeit nicht zur Revisionszulassung führen kann, gilt das in gleicher Weise auch für die lediglich Teilaspekte beleuchtenden Fragen (2) bis (4).

11

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO. Der Kläger hat als erfolgloser Rechtsmittelführer auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Eine Erstattung der Kosten der Beigeladenen ist nicht veranlasst, da diese keine Anträge gestellt haben (§ 162 Abs 3 VwGO).

12

3. Die Festsetzung des Streitwerts hat ihre Grundlage in § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2 S 1, § 52 Abs 3 S 1, § 47 Abs 1 und 3 GKG. Die Höhe entspricht dem mit der vorliegenden Klage geforderten Geldbetrag der zu erstattenden Kosten.

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(1) Soweit der Widerspruch erfolgreich ist, hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Dies gilt auch, wenn der Widerspruch nur deshalb keinen Erfolg hat, weil die Verletzung einer Verfahrens- oder Formvorschrift nach § 41 unbeachtlich ist. Aufwendungen, die durch das Verschulden eines Erstattungsberechtigten entstanden sind, hat dieser selbst zu tragen; das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten im Vorverfahren sind erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war.

(3) Die Behörde, die die Kostenentscheidung getroffen hat, setzt auf Antrag den Betrag der zu erstattenden Aufwendungen fest; hat ein Ausschuss oder Beirat die Kostenentscheidung getroffen, obliegt die Kostenfestsetzung der Behörde, bei der der Ausschuss oder Beirat gebildet ist. Die Kostenentscheidung bestimmt auch, ob die Zuziehung eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten notwendig war.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht, soweit nach § 65a elektronische Dokumente übermittelt werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden einmal bis zu einem Monat verlängert werden. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil des Landessozialgerichts abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(4) Das Bundessozialgericht entscheidet unter Zuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss; § 169 gilt entsprechend. Dem Beschluß soll eine kurze Begründung beigefügt werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundessozialgericht wird das Urteil rechtskräftig. Wird der Beschwerde stattgegeben, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Revisionsfrist.

(5) Liegen die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundessozialgericht in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 10. Dezember 2014 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 80 000 Euro festgesetzt.

Gründe

1

I. Der Kläger ist Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin mit der Schwerpunktbezeichnung Kinderkardiologie und Chefarzt der Klinik für Kinderkardiologie des Herzzentrums L. Universitätsklinikum. Der Zulassungsausschuss ermächtigte ihn zur Erbringung näher bezeichneter kinderkardiologischer Leistungen. Seinen Antrag, die Ermächtigung auf kardiologische Leistungen für erwachsene Patienten zu erweitern, lehnte er ab. Widerspruch und Klage des Klägers waren ohne Erfolg. Nach Auslaufen der befristeten Ermächtigung hat der Kläger im Berufungsverfahren ebenfalls ohne Erfolg die Feststellung begehrt, dass die ablehnende Entscheidung des beklagten Berufungsausschusses rechtswidrig war. Das LSG hat seine Entscheidung darauf gestützt, dass ein Krankenhausarzt keinen Anspruch auf Erteilung einer Ermächtigung für Leistungen habe, die er nicht erbringen und abrechnen dürfe. Als Arzt für Kinder- und Jugendmedizin dürfe der Kläger keine Erwachsenen behandeln. Daran ändere auch die Schwerpunktbezeichnung Kinderkardiologie nichts.

2

Dagegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers, zu deren Begründung er die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (Zulassungsgrund nach § 160 Abs 2 Nr 1 SGG) sowie Rechtsprechungsabweichungen (Zulassungsgrund nach § 160 Abs 2 Nr 2 SGG) geltend macht.

3

II. Die Beschwerde des Klägers hat keinen Erfolg.

4

1. Soweit der Kläger das Vorliegen einer grundsätzlichen Bedeutung iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG rügt, ist die Beschwerde zwar zulässig, aber unbegründet.

5

Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache setzt eine Rechtsfrage voraus, die in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig (entscheidungserheblich) sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl BVerfG SozR 3-1500 § 160a Nr 7 S 14; s auch BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 19 S 34 f; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 30 S 57 f mwN). Die Klärungsbedürftigkeit fehlt, falls die Rechtsfrage schon beantwortet ist, ebenso dann, wenn Rechtsprechung zu dieser Konstellation zwar noch nicht vorliegt, sich aber die Antwort auf die Rechtsfrage ohne Weiteres ergibt (zur Verneinung der Klärungsbedürftigkeit im Falle klarer Antwort s zB BSG SozR 3-1500 § 146 Nr 2 S 6; BSG SozR 3-2500 § 75 Nr 8 S 34; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 21 S 38; vgl auch BSG SozR 3-4100 § 111 Nr 1 S 2 f).

6

a) Der Kläger fragt,

        

"ob die Weiterbehandlung von Erwachsenen mit angeborenen Herzfehlern durch Fachärzte für Kinder- und Jugendmedizin - hier Kinderkardiologen - in eng begrenzten Fällen bei fachgebietseigenen Indikationen fachfremd [ist]."

7

Soweit der Kläger die Fachfremdheit "in eng begrenzten Fällen bei fachgebietseigenen Indikationen" anspricht, ist die Rechtsfrage nicht klar formuliert und die Entscheidungserheblichkeit wird nicht vollständig dargelegt. Wenn mit den "fachgebietseigenen Indikationen" das Fachgebiet der Kinder- und Jugendheilkunde angesprochen würde, ergäbe die Frage nach der Fachfremdheit keinen Sinn. Unter Berücksichtigung der Begründung kann die Frage allerdings in der Weise sinnvoll interpretiert werden, dass es ihm mit den "fachgebietseigenen Indikationen" um Indikationen im Bereich seiner Schwerpunktqualifikation, der Kinderkardiologie, jedoch ohne die Beschränkung auf Kinder geht.

8

Soweit der Kläger formuliert, dass es sich nur um "eng begrenzte Fälle" handeln würde, so kann diese Begrenzung nur dahin verstanden werden, dass er sich - soweit er Erwachsene behandelt - auf ganz bestimmte Erkrankungen, nämlich auf die angeborenen Herzerkrankungen, beschränken möchte. Dagegen geht es ihm ersichtlich nicht darum, nur gelegentlich Erwachsene zu behandeln. Dagegen spricht bereits der Umstand, dass Gegenstand des Verfahrens die dem Kläger zu erteilende Ermächtigung ist. Eine Ermächtigung ist nach § 116 Satz 2 SGB V nur zu erteilen, soweit und solange eine ausreichende ärztliche Versorgung der Versicherten ohne die besonderen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden oder Kenntnisse von hierfür geeigneten Krankenhausärzten nicht sichergestellt wird. Der Kläger hat zur Begründung der über den Einzelfall hinausgehenden Bedeutung der formulierten Rechtsfrage vorgetragen, dass von dem Verbot der Behandlung von Erwachsenen durch Kinderärzte bereits im Jahr 2013 etwa 73 Kinderkardiologen mit EMAH-Zertifikat (Zusatzqualifikation für die Betreuung von Erwachsenen mit angeborenen Herzfehlern) und geschätzte 200 000 Patienten mit angeborenen oder in der Kindheit erworbenen Herzfehlern betroffen seien und dass die Zahl der Patienten inzwischen gestiegen sein dürfte. Einen Beitrag zur Sicherstellung des geltend gemachten Bedarfs bei der Behandlung erwachsener Patienten mit angeborenen Herzerkrankungen kann der Kläger danach nicht durch eine nur gelegentliche Behandlung dieses Personenkreises leisten. Dass es dem Kläger um die systematische Behandlung von Erwachsenen - allerdings nur bei Vorliegen bestimmter Erkrankungen (angeborene Herzerkrankungen) - geht, ergibt sich im Übrigen aus dessen Stellungnahme gegenüber dem SG zur Höhe des Streitwerts. Danach würde er für den Fall, dass die Ermächtigung seinem Begehren entsprechend erweitert würde, etwa 100 Erwachsene mit angeborenem Herzfehler pro Quartal behandeln, woraus Honoraransprüche in Höhe von 10 000 Euro pro Quartal folgen würden. Der Senat versteht die vom Kläger formulierte Rechtsfrage in diesem Sinne. Nur die Frage, ob der Kläger ermächtigt werden kann, systematisch auch Erwachsene zu behandeln, ist danach entscheidungserheblich. Diese Frage ist jedoch nicht klärungsbedürftig, weil sich die Antwort ohne Weiteres aus der vorliegenden Rechtsprechung des BSG und des BVerfG sowie dem Inhalt der danach maßgebenden Weiterbildungsordnung (WBO) der Sächsischen Landesärztekammer ergibt:

9

In der Rechtsprechung des BSG ist geklärt, dass Beschränkungen des Fachgebiets den Arzt auch in seiner Tätigkeit als Vertragsarzt erfassen (stRspr, s zB BSGE 93, 170 = SozR 4-2500 § 95 Nr 8, RdNr 6; BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 5 RdNr 8 mwN). Für die Beurteilung, ob Leistungen fachzugehörig oder fachfremd sind, ist darauf abzustellen, welche Inhalte und Ziele der Weiterbildung für das jeweilige Fachgebiet in der WBO genannt werden und in welchen Bereichen eingehende Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten erworben werden müssen. Die Inhalte werden in der jeweiligen WBO des Landes festgelegt (BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 7 RdNr 6; BSGE 93, 170 = SozR 4-2500 § 95 Nr 8, RdNr 6; BSG Beschluss vom 22.3.2006 - B 6 KA 46/05 B - Juris RdNr 5).

10

Die Auslegung der landesrechtlichen Regelungen zur Weiterbildung durch das LSG bindet gemäß § 162 SGG grundsätzlich das BSG. Etwas anderes gilt nach ständiger Rechtsprechung, wenn landesrechtliche Vorschriften inhaltsgleich in den Bezirken verschiedener LSG gelten, soweit die Übereinstimmung im Interesse der Rechtsvereinheitlichung bewusst und gewollt ist (vgl BSGE 106, 110 = SozR 4-2500 § 106 Nr 27, RdNr 30 mwN). Der Senat lässt dahingestellt, ob der Kläger das Vorliegen einer solchen bewussten und gewollten Übereinstimmung hier in der erforderlichen Weise dargelegt hat (zu den Anforderungen an die Darlegung vgl BSG Urteil vom 22.3.2006 - B 6 KA 75/04 R - Juris RdNr 14). Jedenfalls unterliegt die Auslegung des Landesrechts durch das LSG, nach der Leistungen für Erwachsene nicht Gegenstand der Weiterbildung von Ärzten für Kinder- und Jugendmedizin sind, keinem Zweifel.

11

Wie das LSG zutreffend ausgeführt hat, ist die Definition des Fachgebietes der Kinder- und Jugendmedizin in Abschnitt B Nr 14 der WBO der Sächsischen Landesärztekammer maßgebend, die wie folgt lautet:

        

"Das Gebiet Kinder- und Jugendmedizin umfasst die Erkennung, Behandlung, Prävention, Rehabilitation und Nachsorge aller körperlichen, neurologischen, psychischen und psychosomatischen Erkrankungen, Verhaltensauffälligkeiten, Entwicklungsstörungen und Behinderungen des Säuglings, Kleinkindes, Kindes und Jugendlichen von Beginn bis zum Abschluss seiner somatischen Entwicklung einschließlich pränataler Erkrankungen, Neonatologie und der Sozialpädiatrie."

12

Die Frage, ob Ärzte für Kinder- und Jugendmedizin Erwachsene behandeln dürfen, ist nicht klärungsbedürftig, weil sich die Antwort unmittelbar aus der WBO ergibt. Danach ist für die Abgrenzung dieses Fachgebietes nicht die angewandte Methode oder ein Organsystem maßgebend, sondern der behandelte Personenkreis, nämlich Säuglinge, Kleinkinder, Kinder und Jugendliche. Dass damit Erwachsene von der Behandlung durch Ärzte für Kinder- und Jugendmedizin grundsätzlich ausgeschlossen werden, wird durch die Ergänzung "von Beginn bis zum Abschluss seiner somatischen Entwicklung einschließlich pränataler Erkrankungen" betont. Bereits aufgrund der insoweit klaren normativen Regelung ist nicht klärungsbedürftig, ob das Fachgebiet der Kinder- und Jugendmedizin die Behandlung von Erwachsenen einschließt. Im Übrigen trifft die Angabe des Klägers nicht zu, das BSG habe zur Auslegung gerade der Fachgebietsgrenzen der Kinder- und Jugendmedizin noch keine Stellung bezogen. Der Senat hat bereits in einer Entscheidung vom 31.5.2006 (B 6 KA 74/04 R - SozR 4-2500 § 73 Nr 1 RdNr 17; vgl auch BSG SozR 4-2500 § 73 Nr 5 RdNr 25) dargelegt, dass Ärzte für Kinder- und Jugendmedizin zwar ein den Ärzten für Allgemeinmedizin vergleichbares umfassendes Leistungsspektrum haben, aber sich von diesen dadurch unterscheiden, dass sie auf die Behandlung von Kindern und Jugendlichen beschränkt sind. Damit ist bereits geklärt, dass gerade in der Beschränkung auf den genannten Personenkreis das entscheidende Abgrenzungsmerkmal der Ärzte für Kinder- und Jugendmedizin von der Gruppe der Allgemeinärzte liegt. Die daraus folgende besondere Stellung der Ärzte für Kinder- und Jugendmedizin an der Schnittstelle zwischen haus- und fachärztlicher Versorgung findet ihren Ausdruck insbesondere in der Möglichkeit, ihnen nach § 73 Abs 1 Satz 3 SGB V die gleichzeitige Teilnahme sowohl an der hausärztlichen wie an der fachärztlichen Versorgung zu eröffnen. Kinderärzte, die wie der Kläger über eine Schwerpunktbezeichnung verfügen, können gemäß § 73 Abs 1 Satz 4 SGB V sogar kraft Gesetzes sowohl an der hausärztlichen wie an der fachärztlichen Versorgung teilnehmen(vgl BSG SozR 4-2500 § 73 Nr 5 RdNr 25).

13

Dass bei der Definition von Fachgebietsgrenzen nicht (allein) auf die zur Anwendung kommenden Methoden oder auf Körperregionen bzw Organsysteme abgestellt wird, sondern dass (auch) der zu behandelnde Personenkreis für die Abgrenzung von Bedeutung sein kann, ist im Übrigen keine Besonderheit ausschließlich des Fachgebietes der Kinder- und Jugendmedizin, sondern gilt ebenso für die Frauenheilkunde. Dass ein Arzt für Frauenheilkunde grundsätzlich nicht berechtigt ist, routinemäßig Männer zu behandeln, hat der Senat bereits als "auf der Hand" liegend und keiner näheren Erläuterung bedürftig bezeichnet (BSGE 93, 269 = SozR 4-2500 § 95 Nr 9, RdNr 11). Für die systematische Behandlung von Erwachsenen durch Kinderärzte kann insofern nichts anderes gelten.

14

b) Auch die Frage des Klägers,

        

"ob die Spezialisierung im Rahmen eines Facharztgebiets - hier zum Schwerpunkt Kinderkardiologie im Rahmen der Kinder- und Jugendmedizin - eine Körperbezogenheit des gesamten Fachgebiets eröffnet und damit Auswirkungen auf die Bestimmung der Fachgebietsgrenzen hat"

ist nicht klärungsbedürftig.

15

Wie oben ausgeführt ist der Rechtsprechung des Senats zu entnehmen, dass für die Beantwortung der Frage, welche ärztlichen Leistungen als fachfremd anzusehen sind, allein die Fachgebietsgrenzen entsprechend der Gebietsdefinition nach der WBO maßgebend sind (stRspr, s zB BSGE 93, 170 = SozR 4-2500 § 95 Nr 8, RdNr 6; BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 5 RdNr 8; BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 7 RdNr 11 mwN). Daraus folgt, dass Schwerpunktbezeichnungen oder Zusatzbezeichnungen (zu Letzterem vgl BSG Urteil vom 22.3.2006 - B 6 KA 75/04 R - Juris RdNr 14; BSG SozR 3-2500 § 95 Nr 7 S 29; BSGE 84, 290, 295 = SozR 3-2500 § 95 Nr 21 S 89 f) keinen Einfluss auf die Beurteilung der Fachfremdheit einer Leistung haben. Dass es sich bei Schwerpunktbezeichnungen (auch) nach der sächsischen WBO um eine auf die Facharztweiterbildung aufbauende Spezialisierung handelt, die die Fachgebietsgrenzen nicht erweitert, hat das LSG im Übrigen in seiner Entscheidung unter Bezugnahme auf die maßgebenden landesrechtlichen Bestimmungen (§ 2 Abs 3 Satz 1 WBO: "Ein Schwerpunkt wird durch eine auf der Facharztweiterbildung aufbauenden Spezialisierung im Gebiet beschrieben.") dargelegt. Neben der Bezeichnung des Schwerpunkts als "Kinderkardiologie" sprechen auch die im Urteil des LSG dargestellten Inhalte der landesrechtlich geregelten Weiterbildung in diesem Schwerpunkt gegen eine Erweiterung der Fachgebietsgrenzen, weil danach nur kardiologische Leistungen "bei Kindern und Jugendlichen von Beginn bis zum Abschluss ihrer somatischen Entwicklung" umfasst sind.

16

Da geklärt ist, dass eine Spezialisierung innerhalb eines Fachgebiets generell keinen Einfluss auf die Fachgebietsgrenzen und die Fachfremdheit einer Leistung hat, steht auch fest, dass eine Spezialisierung im Gebiet der Kinder- und Jugendmedizin nicht die Überschreitung der Grenzen dieses Fachgebietes ermöglicht. Weder die Schwerpunktbezeichnung Kinderkardiologie noch das sog EMAH-Zertifikat können danach eine Erweiterung der Fachgebietsgrenzen begründen.

17

Eine abweichende Beurteilung ist hier nicht deshalb geboten, weil nach Ansicht des Klägers die adäquate Versorgung Erwachsener mit angeborener Herzerkrankung nicht sichergestellt ist. In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass eine den gesetzlichen Vorgaben widersprechende Ermächtigung oder Abrechnungsgenehmigung auch unter Sicherstellungsgesichtspunkten nicht erteilt werden kann (BSGE 100, 154 = SozR 4-2500 § 87 Nr 16, RdNr 15, 39 - 40; BSG SozR 4-2500 § 135 Nr 10 RdNr 12; zur Sicherstellung der Versorgung im Bereich der Kinder- und Jugendmedizin vgl bereits BSG SozR 4-2500 § 73 Nr 5 RdNr 42 mwN).

18

c) Der Kläger hält ferner für klärungsbedürftig,

        

"ob die generelle und ausnahmslose Beschränkung eines Facharztes für Kinder- und Jugendmedizin auf sein Fachgebiet auf Grundlage der WBO allein wegen des Altersbezugs den verfassungsrechtlichen Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit entspricht."

19

Die Formulierung dieser Rechtsfrage unterstellt, dass die Beschränkung auf die Fachgebietsgrenzen generell und ausnahmslos gelten würde. Dies trifft indes nicht zu. So gelten nach ständiger Rechtsprechung Ausnahmen für Notfallbehandlungen und für Leistungen, bei denen dem behandelnden Arzt ausnahmsweise im Einzelfall die Überweisung an einen anderen Gebietsarzt nicht zumutbar wäre sowie für fachfremde Leistungen, die im Verhältnis zu der vorgenommenen Fachbehandlung von gänzlich untergeordneter Bedeutung sind (vgl BSGE 84, 290, 296 = SozR 3-2500 § 95 Nr 21 S 90 f mwN). Um eine entsprechende ausnahmsweise Behandlung von Erwachsenen geht es dem Kläger hier aber gerade nicht. Vielmehr möchte er mit der Ermächtigung die Möglichkeit erhalten, systematisch fachfremde Leistungen innerhalb des Systems der vertragsärztlichen Versorgung zu erbringen. Das ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG zum Vertragsarztrecht jedoch ausgeschlossen. Auch wenn die Erbringung fachfremder Leistungen in geringfügigem Umfang toleriert wird, kann daraus keine "grundsätzliche Ermächtigung" eines Gebietsarztes hergeleitet werden, bestimmte fachfremde Leistungen generell in sein Leistungsangebot aufzunehmen (BSG SozR 2200 § 368a Nr 20 S 72 f).

20

Die Vereinbarkeit der darin liegenden Beschränkung mit verfassungsrechtlichen Grundsätzen ist entgegen der Auffassung des Klägers ebenfalls geklärt. Bereits in seinem Beschluss vom 16.7.2004 (1 BvR 1127/01 - SozR 4-2500 § 135 Nr 2) hat das BVerfG ausgeführt, es sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das BSG zur Abgrenzung abrechnungsfähiger ärztlicher Leistungen auf die für das jeweilige Fachgebiet in der WBO genannten Inhalte und Ziele der Weiterbildung und die dort genannten Bereiche abstelle, in denen eingehende Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten erworben werden müssen. Im Hinblick auf die og gefestigte Rechtsprechung des Senats zur vertragsarztrechtlichen Begrenzung des Arztes auf sein Fachgebiet sowie eine diese Rechtsprechung ausdrücklich billigende Entscheidung des BVerfG besteht keine Klärungsbedürftigkeit der vom Kläger aufgeworfenen Frage nach der Verfassungsmäßigkeit der Beschränkung auch von Ärzten für Kinder- und Jugendmedizin auf ihr Fachgebiet. Aus der Entscheidung des BVerfG vom 1.2.2011 (1 BvR 2383/10 - BVerfGK 18, 345 = NZS 2012, 62) mit der sich bereits das LSG in seiner Entscheidung befasst hat, folgt nichts anderes. Diese Entscheidung hatte nicht die Begrenzung der vertragsärztlichen Tätigkeit zum Gegenstand (vgl dazu Clemens in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, § 106a SGB V RdNr 107; Hahn/Sendowski, NZS 2011, 728, 731 f; LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 28.5.2014 - L 11 KA 36/11 - Juris RdNr 38, Revision anhängig unter B 6 KA 13/15 R; Bonvie, jurisPR-MedizinR 2/2011 Anm 1). Das BVerfG hat einen Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vielmehr wegen einer berufsrechtlichen Verurteilung angenommen, die ihren Grund in einer nur geringfügigen Erbringung fachfremder Leistungen hatte. Darum geht es im vorliegenden Verfahren nicht. Bezogen auf die vertragsärztliche Versorgung hält der Senat in Kenntnis der og genannten Entscheidung des BVerfG vom 1.2.2011 an seiner - mit Beschluss des BVerfG vom 16.7.2004 (1 BvR 1127/01 - SozR 4-2500 § 135 Nr 2) gebilligten - Rechtsprechung fest, nach der Ärzte grundsätzlich nicht berechtigt sind, systematisch Leistungen außerhalb der Grenzen ihres Fachgebiets zu erbringen und abzurechnen.

21

Ein grundsätzlicher Klärungsbedarf besteht hier auch nicht unter dem Aspekt des stetigen Wandels der medizinischen Erkenntnisse. Dazu hat der Senat bereits entschieden, dass sich die für das Weiterbildungsrecht zuständigen Ärztekammern solchen Entwicklungen nicht generell verschließen und Anpassungen des Rechts nicht willkürlich unterlassen dürfen (vgl BSGE 84, 290, 297 = SozR 3-2500 § 95 Nr 21 S 91 f; zu diesem Aspekt bereits BSG SozR 3-1500 § 96 Nr 3 S 8). Anhaltspunkte dafür, dass die vom Kläger als nicht sachgerecht bewertete Verweigerung einer Öffnung der Kinderkardiologie für die Behandlung Erwachsener mit angeborenen Herzfehlern als willkürlich qualifiziert werden könnte, sind weder vom Kläger dargelegt worden noch für den Senat erkennbar. Für die Entscheidung dieser Frage sind vielmehr zahlreiche, mitunter gegenläufige Gesichtspunkte zu beachten. Für die Öffnung des Fachgebietes in dem vom Kläger gewünschten Sinne spricht der Aspekt der Behandlungskontinuität; die Betroffenen könnten kardiologisch auch nach Vollendung des 18. Lebensjahres von dem Arzt weiterbehandelt werden, der sie schon im Kinder- und Jugendalter behandelt hat. Dagegen kann angeführt werden, dass mit zunehmendem Alter der Patienten auch die kardiologische Behandlung in die Hand von Ärzten übergehen sollte, deren Erfahrungen nicht auf Kinder und Jugendliche beschränkt sind, sodass sie mit typischen Erkrankungen von Erwachsenen und möglichen Wechselwirkungen mit der Herzerkrankung oder etwa mit Fragen der Familienplanung bei Frauen mit Herzfehlern nicht vertraut sind. Insoweit spricht vieles dafür, dass ein Behandlerwechsel auch bei angeborenen oder in der Kindheit erworbenen Herzerkrankungen im Lebensverlauf erforderlich wird. In diese Richtung weisen auch die Empfehlungen des "Gutachten 2009 des Sachverständigenrates zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen - Koordination und Integration - Gesundheitsversorgung in einer Gesellschaft des längeren Lebens" (BT-Drucks 16/13770 S 219 ff) die sich nicht auf die Übergangsproblematik bei Patienten mit angeborenen Herzfehlern beschränken, sondern vergleichbare Probleme bei der Behandlung weiterer chronischer Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter wie endokrinologische Erkrankungen, Mukoviszidose, terminale Niereninsuffizienz und rheumatoide Arthritis zum Gegenstand haben. Daraus wird deutlich, dass die vom Kläger angesprochenen medizinischen und gesundheitspolitischen Fragen nicht isoliert für Herzerkrankungen beantwortet werden können. Die Vorschläge des Sachverständigenrates gehen auch nicht dahin, dass Kinder- und Jugendliche mit bestimmten angeborenen Erkrankungen lebenslang von Ärzten für Kinder- und Jugendmedizin behandelt werden sollten, sondern in Richtung auf einen rechtzeitig eingeleiteten koordinierten Übergang der Versorgung sowie eine verbesserte Zusammenarbeit von Pädiatern und Erwachsenenmedizinern. Daraus wird deutlich, dass die Grenzziehung für die Behandlung von Patienten mit angeborenen Herzfehlern mit Eintritt der Volljährigkeit vielleicht im Einzelfall nicht immer zwingend, jedenfalls aber nicht willkürlich ist. Deshalb sind die Vorgaben der zuständigen sächsischen Ärztekammer weiterhin auch für den Kläger maßgeblich.

22

2. Soweit der Kläger das Vorliegen einer Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) rügt, ist die Beschwerde unzulässig, weil sie nicht den Darlegungsanforderungen des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG genügt.

23

Für die Zulassung einer Revision wegen einer Rechtsprechungsabweichung ist Voraussetzung, dass Rechtssätze aus dem Urteil des LSG und aus einer höchstrichterlichen Entscheidung miteinander unvereinbar sind und das Berufungsurteil auf dieser Divergenz beruht (vgl BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 26 S 44). Für eine Divergenz iS des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG reicht nicht aus, aus dem Urteil des LSG inhaltliche Schlussfolgerungen abzuleiten, die einem höchstrichterlich aufgestellten Rechtssatz widersprechen. Das Urteil des LSG einerseits und die höchstrichterliche Entscheidung andererseits müssen vielmehr jeweils abstrakte Rechtssätze enthalten, die einander widersprechen. Das muss in der Beschwerdebegründung aufgezeigt werden. Dem genügen die Ausführungen des Klägers nicht, denn er zeigt keinen vom LSG aufgestellten abstrakten Rechtssatz auf, der einem vom BSG, dem GmSOGB oder dem BVerfG aufgestellten Rechtssatz widerspricht.

24

Der Kläger hat der Rechtsprechung des BSG (BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 1; BSGE 93, 170 = SozR 4-2500 § 95 Nr 8) den folgenden Rechtssatz entnommen:

        

"Solange bei körperbezogenen Fachgebieten die Symptomatik, die Behandlung bzw. die Leidensursache eine Körperregion bzw. ein Organ des eigenen Fachgebietes betrifft, darf die Behandlung auch außerhalb der dem Fachgebiet zugeordneten Bereiche stattfinden."

25

Einen dem widersprechenden abstrakten Rechtssatz aus dem Urteil des LSG hat der Kläger nicht aufgezeigt, sondern nur geltend gemacht, dass das LSG diese Maßstäbe als nicht auf den vorliegenden Fall übertragbar angesehen habe, weil dem Fachgebiet der Kinder- und Jugendheilkunde keine Körperregion und kein bestimmtes Organ zugeordnet sei, sondern die Abgrenzung nach dem Personenkreis erfolge. Im Übrigen hat das LSG richtig gesehen, dass die vom Kläger in Bezug genommene Rechtsprechung des Senats auf eine Abgrenzung des Fachgebiets nach dem Personenkreis nicht übertragen werden kann (zu den verschiedenen Abgrenzungskriterien vgl BVerfGE 106, 181, 198 = SozR 3-2500 § 95 Nr 35 S 177). Während es möglich ist, durch eine Behandlung außerhalb des dem eigenen Fachgebiet zuzuordnenden Organs bzw der Körperregion eine Symptomatik oder Leidensursache an dem dem eigenen Fachgebiet zuzuordnenden Organ oder in der dem eigenen Fachgebiet zuzuordnenden Körperregion zu behandeln, ist es jedenfalls bezogen auf die hier in Betracht kommende Behandlung angeborener Herzerkrankungen grundsätzlich nicht möglich, eine nicht zum Personenkreis gehörende (erwachsene) Person zu behandeln, um einen Behandlungserfolg an einer anderen, zum entsprechenden Personenkreis gehörenden Person (Kind oder Jugendlicher) zu erzielen. Darum geht es dem Kläger bei der begehrten Ermächtigung auch nicht.

26

Der Entscheidung des BVerfG vom 1.2.2011 (1 BvR 2383/10 - BVerfGK 18, 345 = NZS 2012, 62) hat der Kläger folgenden Rechtssatz entnommen:

        

"Sobald einem Facharzt jedwede Möglichkeit einer rechtmäßigen Leistungserbringung außerhalb seines Fachgebietes verboten wird, wird in unzulässiger Weise in sein Grundrecht auf Berufsfreiheit eingegriffen."

27

Auch insoweit fehlt es an einer den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden Begründung, weil der Kläger keinen davon abweichenden vom LSG aufgestellten abstrakten Rechtssatz aufzeigt. Mit der Frage, ob dem Kläger "jedwede Möglichkeit einer rechtmäßigen Leistungserbringung außerhalb seines Fachgebietes" verboten wird, befasst sich das LSG nicht, und es hatte sich mit dieser Frage auch nicht zu befassen, weil es darauf für die Entscheidung nicht ankam. Damit kann die Entscheidung des LSG auch nicht auf der geltend gemachten Abweichung beruhen. Dem Kläger geht es - wie oben dargelegt - um die systematische und nicht nur geringfügige Erbringung kardiologischer Leistungen außerhalb seines kinderärztlichen Fachgebietes auf der Grundlage des dafür erforderlichen vertragsarztrechtlichen Status in Gestalt einer Ermächtigung. Nur dazu verhält sich die Entscheidung des LSG.

28

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm §§ 154 ff VwGO. Danach hat der Kläger auch die Kosten des von ihm ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels zu tragen (§ 154 Abs 2 VwGO). Eine Erstattung der Kosten der Beigeladenen ist nicht veranlasst, da diese keine Anträge gestellt haben (§ 162 Abs 3 VwGO; vgl BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, RdNr 16).

29

Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 1, § 47 Abs 1 und 3 GKG. Sie entspricht der Festsetzung der Vorinstanzen, die von keinem der Beteiligten in Frage gestellt worden ist.

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen LSG vom 11. Januar 2017 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird auf 173 049 Euro festgesetzt.

Gründe

1

I. Der Kläger, ein seit dem 1.7.2004 zugelassenes Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ), in dem hauptsächlich Ärzte aus dem fachärztlichen Versorgungsbereich tätig sind, wendet sich gegen Honorarrückforderungen für die Quartale III/2006 bis III/2007 und I/2008 bis III/2010. In diesen Quartalen bestand formal eine Praxisgemeinschaft mit der hausärztlich tätigen Internistin Dr. S Vom 1.7.2004 bis 30.4.2005 und ab dem 1.10.2010 war Dr. S bei dem Kläger angestellt. Die beklagte KÄV gab den Widersprüchen gegen die Aufhebungs- und Rückforderungsbescheide insoweit statt, als sie die Rückforderungssumme reduzierte. Das SG reduzierte die Rückforderungssumme für einzelne Quartale weiter und wies im Übrigen die Klage mit Gerichtsbescheid vom 9.3.2016 ab. Das LSG hat mit der hier angefochtenen Entscheidung die Berufung zurückgewiesen. Der nach den Richtlinien der Abrechnungsprüfungen der KÄVen und Krankenkassen als Aufgreifkriterium für die Prüfung eines Gestaltungsmissbrauchs bestimmte Grenzwert von 30 % der Patientenidentität bei versorgungsbereichsübergreifenden Praxen sei deutlich überschritten worden. Dabei habe die Beklagte zutreffend auf das MVZ und nicht den einzelnen Arzt abgestellt. Die Grundsätze zum Missbrauch der Kooperationsform seien auch auf Konstellationen mit Leistungserbringern aus unterschiedlichen Versorgungsbereichen anwendbar.

2

Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung wendet sich der Kläger mit seiner Beschwerde, zu deren Begründung er eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) geltend macht.

3

II. Die Beschwerde des Klägers hat keinen Erfolg.

4

1. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 160 Abs 2 Nr 1 SGG liegen nicht vor. Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache setzt eine Rechtsfrage voraus, die in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig (entscheidungserheblich) sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl BSG SozR 4-1500 § 153 Nr 3 RdNr 13 mwN; BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 5 RdNr 3). Die Klärungsbedürftigkeit fehlt dann, wenn die Frage bereits geklärt ist und/oder wenn sie sich ohne Weiteres aus den Rechtsvorschriften und/oder aus der bereits vorliegenden Rechtsprechung klar beantworten lässt.

5

Der Kläger fragt:

"1. Dürfen die Grundsätze der Rechtsprechung zum Gestaltungsmissbrauch bei 'unechten Praxisgemeinschaften' unmodifiziert auf das Verhältnis zwischen Hausarzt und fachärztlichem MVZ angewendet werden, mit der Folge, dass die - insbesondere in ländlichen Regionen - zwangsläufig hohe Patientenidentität zur Unterstellung einer missbräuchlichen Nutzung der Kooperationsform der Praxisgemeinschaft indiziert wird?

6

2. Darf die KÄV einen Honorarbescheid auch dann komplett aufheben und mit weitem Schätzungsermessen neu festsetzen, wenn sich der 'Abrechnungsfehler' nicht auf einen grob fehlerhaften Ansatz einer EBM-Ziffer, sondern um eine Implausibilität in dem Sinne handelt, dass eine Behandlung statt vom Hausarzt vom Facharzt (oder umgekehrt) vorgenommen wurde oder ist die Verschuldensprüfung auf die Ebene der Abgrenzung der Praxen vorzuverlagern?

7

3. Ist die Frage, 'ob die gemeinsame Behandlung von vorneherein medizinisch indiziert war' und ob der Arzt mit 'Honorarsteigerungsabsicht' gehandelt hat, tatsächlich (wie das Bayerische LSG meint) unerheblich oder hätte der Aspekt zumindest im Rahmen der Ermessensausübung von der Beklagten berücksichtigt werden müssen, mit der Folge, dass das behördliche Schätzungsermessen einzuschränken ist?"

8

Zur Klärung dieser Fragen bedarf es der Durchführung eines Revisionsverfahrens nicht. Es besteht nach der Rechtsprechung des Senats kein Zweifel, dass die Grundsätze zum Gestaltungsmissbrauch auch auf die Zusammenarbeit einer Hausärztin mit einem hauptsächlich fachärztlich ausgerichteten MVZ anwendbar sind. Gestaltungsmissbrauch in Form eines Missbrauchs der Rechtsform liegt immer dann vor, wenn die formal gewählte Rechtsform nicht den tatsächlichen Gegebenheiten entspricht (BSGE 106, 222 = SozR 4-5520 § 32 Nr 4, RdNr 54). Der Kläger hat hier nach den Feststellungen des LSG mit Dr. S in einer Weise zusammengearbeitet, die über das Zusammenwirken in einer Praxisgemeinschaft hinausging und einer gemeinsamen Behandlung in einer Berufsausübungsgemeinschaft oder einem MVZ entsprach (vom SG ermittelte "Mischquote" des Anteils implausibler gemeinsamer Behandlungsfälle: 77,83 %). Soweit der Kläger meint, eine Patientenidentität in einem bestimmten Umfang sei in dieser Konstellation unvermeidlich und es sei auf die Überschneidungsquote mit dem einzelnen Facharzt im MVZ abzustellen, verkennt er zum einen, dass das formalisierte Aufgreifkriterium der prozentualen Patientenidentität bereits zulässige Zuweisungen berücksichtigt. Zum anderen ist, worauf die Vorinstanzen zutreffend hingewiesen haben, allein das MVZ und nicht die darin tätigen Ärzte Inhaber der Zulassung. Für den Umfang der Patientenidentität kann daher nur auf das MVZ als Rechtseinheit und nicht auf die Ärzte der im MVZ vertretenen Fachrichtungen abgestellt werden. Nach der vom Kläger angestrebten Berechnung wäre auch eine 100%ige Überschneidung nicht zu beanstanden, wenn sie sich auf verschiedene Fachgebiete verteilen würde. Zwar ist der Hinweis zutreffend, dass es in der grundlegenden Entscheidung des Senats zum Gestaltungsmissbrauch vom 22.3.2006 (BSGE 96, 99 = SozR 4-5520 § 33 Nr 6) um die Zusammenarbeit zweier Fachärzte für Allgemeinmedizin ging. In der Folgezeit hat der Senat aber auch für die Zusammenarbeit eines Facharztes für Allgemeinmedizin und eines fachärztlich tätigen Internisten die Grundsätze des Gestaltungsmissbrauchs angewandt (Beschluss vom 17.2.2016 - B 6 KA 50/15 B - GesR 2016, 311). Wenn der Kläger einwendet, dass bei der Zusammenarbeit von Praxen mit verschiedenen Versorgungsbereichen Doppelabrechnungen und eine künstliche Fallzahlvermehrung nicht eintreten könne, ist dies zum einen im Hinblick auf allgemeine übergreifende Gebührenpositionen, die von allen Ärzten abgerechnet werden können, nicht zutreffend, zum anderen begründet bereits der Verstoß gegen die formalen Regeln einen normativen Schaden (vgl BSGE 106, 222 = SozR 4-5520 § 32 Nr 4, RdNr 67). Schließlich war das MVZ auch nicht ausschließlich fachärztlich tätig, sondern beschäftigte zwei hausärztlich tätige Ärzte. Soweit der Kläger sich gegen die Bewertung der Zusammenarbeit des Klägers mit Dr. S wendet, betrifft dies den Einzelfall und vermag eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht zu begründen.

9

Die Beschwerdebegründung des Klägers zu seiner zweiten Frage erschöpft sich in Darlegungen dazu, dass ihm eine grobe Fahrlässigkeit nicht vorzuwerfen sei. Auch insofern gilt, dass die Umstände des Einzelfalles keine grundsätzliche Bedeutung begründen können. Der Kläger verkennt im Übrigen, dass es für die sachlich-rechnerische Richtigstellung nach einem Verstoß gegen Vorschriften über formale oder inhaltliche Voraussetzungen der Leistungserbringung keines Verschuldens bedarf (BSGE 96, 99 = SozR 4-5520 § 33 Nr 6, RdNr 28-29). Etwas anderes gilt nur dann, wenn die KÄV den gesamten Honorarbescheid für ein Quartal allein wegen der Unrichtigkeit der Abrechnungssammelerklärung aufhebt. Diese Rechtsfolge setzt voraus, dass unrichtige Angaben in den Behandlungsausweisen zumindest grob fahrlässig erfolgt sind (BSG SozR 3-5550 § 35 Nr 1 S 5). Nach der Rechtsprechung des Senats besteht kein Zusammenhang zwischen einer Richtigstellung infolge eines Gestaltungsmissbrauchs und einer unrichtigen Abrechnungssammelerklärung (Beschluss vom 17.2.2016 - B 6 KA 50/15 B - GesR 2016, 311). Zwar haben die Vorinstanzen hier eine unrichtige Sammelerklärung für die Quartale III/2006 bis III/2007 wegen Pflichtverletzungen im Rahmen der gemeinsamen Behandlung von Patienten und für die Quartale I/2008 bis III/2010 wegen der Falschabrechnung der GOP 01436 EBM-Ä bejaht. Die vom SG vorgenommene und vom LSG bestätigte Schätzung bezog sich aber allein auf die Berechnung der auf die unzulässige gemeinsame Behandlung entfallenden Honoraranteile. Der Senat hat im Fall einer vorgetäuschten Gemeinschaftspraxis auch eine Verpflichtung des Arztes zur vollständigen Erstattung der zu Unrecht erhaltenen Honorare gebilligt und betont, diese Rechtsfolge sei unvermeidlich, um die Funktionsfähigkeit der vertragsärztlichen Versorgung zu erhalten (BSGE 106, 222 = SozR 4-5520 § 32 Nr 4, RdNr 66 f). Ebenso hat der Senat dort die KÄV als berechtigt angesehen, das verbleibende Honorar im Wege der Schätzung zu ermitteln (BSG aaO RdNr 69-70).

10

Die Darlegungen des Klägers zu seiner dritten Frage betreffen den von ihm zu ersetzenden Schaden, den er unter Bezugnahme auf von ihm vorgelegte Excel-Tabellen als Null bezeichnet. Damit verkennt der Kläger den im Vertragsarztrecht geltenden normativen Schadensbegriff. Eine Alternativberechnung scheidet danach aus. Für Leistungen, die nicht gemäß den Bestimmungen des Vertragsarztrechts erbracht worden sind, steht dem Vertragsarzt bzw MVZ auch kein Vergütungsanspruch auf bereicherungsrechtlicher Grundlage zu. Im Übrigen hat das SG bei seiner Schätzung berücksichtigt, dass nach seiner Auffassung keine systematische Doppelabrechnung von Fällen erfolgt ist.

11

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm §§ 154 ff VwGO. Als erfolgloser Rechtsmittelführer hat der Kläger auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen (§ 154 Abs 2 VwGO).

12

3. Die Festsetzung des Streitwerts entspricht der Rückforderungssumme (§ 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 52 Abs 3 Satz 1, § 47 Abs 3 GKG).

Ärzte, die in einem Krankenhaus, einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung, mit der ein Versorgungsvertrag nach § 111 Absatz 2 besteht, oder nach § 119b Absatz 1 Satz 3 oder 4 in einer stationären Pflegeeinrichtung tätig sind, können, soweit sie über eine abgeschlossene Weiterbildung verfügen, mit Zustimmung des jeweiligen Trägers der Einrichtung, in der der Arzt tätig ist, vom Zulassungsausschuß (§ 96) zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten ermächtigt werden. Die Ermächtigung ist zu erteilen, soweit und solange eine ausreichende ärztliche Versorgung der Versicherten ohne die besonderen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden oder Kenntnisse von hierfür geeigneten Ärzten der in Satz 1 genannten Einrichtungen nicht sichergestellt wird.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 11. Dezember 2015 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Streitig ist, ob eine Prozesserklärung der Klägerin den Rechtsstreit um die Aufhebung und Erstattung von Alg beendet hat.

2

Die Klägerin bezog vorläufiges Alg seit dem 17.7.2010 und nahm ab 20.9.2010 eine Teilzeittätigkeit auf. Die beklagte Agentur für Arbeit hob daraufhin die Alg-Bewilligung ab 15.11.2010 auf und forderte die Erstattung überzahlter Leistungen (Bescheide vom 10.1.2011 und 11.5.2011; Widerspruchsbescheid vom 23.5.2011). Die vor dem SG Lübeck erhobene Klage hatte keinen Erfolg (Urteil vom 28.11.2012 - S 40 AL 118/11). Die Berufung der Klägerin (L 3 AL 1/13) hat deren Prozessbevollmächtigter mit einem fünfseitigen Schriftsatz vom 4.4.2013 (Posteingang beim LSG am 8.4.2013) und Ausführungen zu einer nur geringfügigen Zeitüberschreitung bei der für die Annahme des Wegfalls der Arbeitslosigkeit maßgebenden 15-Stunden-Grenze sowie fehlender grober Fahrlässigkeit hinsichtlich der Verletzung von Mitteilungspflichten begründet.

3

Am 15.5.2013 ist bei dem Berufungsgericht eine vom SG Lübeck übersandte Abschrift eines Schreibens des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 3.5.2013 an das erstinstanzliche Gericht mit Hinweis auf das Aktenzeichen S 40 AL 118/11 eingegangen. Dieses Schreiben, nach dessen Inhalt "der Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt" wurde, war am 6.5.2013 bei dem SG eingegangen. Auf der Grundlage dieses Schreibens hat das LSG das anhängige Verfahren (L 3 AL 1/13) ausgetragen und die Akte an das SG zurückgesandt.

4

Zeitgleich war beim SG Lübeck unter dem Aktenzeichen S 36 AL 242/10 ein älteres Verfahren in einer anderen Kammer anhängig, in dem um die mit einer fehlenden Arbeitsfähigkeit der Klägerin begründete Ablehnung eines Antrages auf Alg ab dem 1.7.2010 gestritten wurde (Bescheid vom 11.8.2010; Widerspruchsbescheid vom 20.10.2010). Nach Einholung eines Gutachtens bewilligte die Beklagte Alg für die Zeit vom 1.7. bis 16.7.2010 und erklärte sich zur Übernahme der außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits bereit (Schriftsatz vom 18.1.2013, eingegangen beim SG am 22.1.2013). Auf den Einwand des Prozessbevollmächtigten, die Beklagte wolle nur die Kosten des Rechtsstreits ohne Vorverfahrenskosten übernehmen (Schreiben vom 20.3.2013, eingegangen am 21.3.2013), verwies das SG auf das Schreiben der Beklagten vom 28.2.2013, wonach auch die Kosten für das Vorverfahren umfasst waren.

5

Mit den beiden Schreiben vom 3.6.2013 an das SG erklärte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin zu den Aktenzeichen S 36 AL 242/10 (Eingang am 5.7.2013) sowie S 40 AL 118/11 (Eingang am 30.7.2013), dass sein Kostenfestsetzungsantrag vom 25.4.2013 und seine Erledigungserklärung vom 3.5.2013 zu dem Aktenzeichen S 36 AL 242/10 hätten eingereicht werden sollen und es sich bei dem in beiden Schreiben tatsächlich angegebenen Aktenzeichen S 40 AL 118/11 um ein Versehen gehandelt habe.

6

Nachdem das LSG der Beklagten in dem streitigen Verfahren L 3 AL 1/13 mitgeteilt hatte, dass dieses Verfahren aufgrund des Schreibens vom 3.5.2013 erledigt sei (Schreiben des LSG vom 23.5.2013), hat die Klägerin gegenüber dem LSG erklärt, dass keine Erledigungserklärung abgegeben worden sei. Das Berufungsverfahren solle fortgeführt werden.

7

Nach erneuter Eintragung des Verfahrens hat das LSG festgestellt, dass der Rechtsstreit durch das Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 3.5.2013 in der Hauptsache erledigt sei (Urteil vom 11.12.2015). Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, die Erklärung sei als Klagerücknahme auszulegen, weil mit ihr unzweideutig zum Ausdruck gebracht worden sei, dass die Klägerin von ihrem Rechtsschutzbegehren Abstand nehme. Auf die materielle Rechtslage komme es nicht an, weil die Klägerin dispositionsbefugt sei. Die Erledigungserklärung binde das Gericht und die Beteiligten auch dann, wenn der Rechtsstreit materiell nicht erledigt sei. Die Voraussetzungen für einen nur ausnahmsweise möglichen Widerruf einer Prozesserklärung seien offensichtlich nicht erfüllt. Durch die Weiterleitung der Erklärung an das zuständige LSG sei die Erledigungserklärung mit Eingang am 15.5.2013 wirksam geworden. Anhaltspunkte dafür, dass die Rücknahmeerklärung nur gegenüber dem unzuständigen Gericht habe erfolgen sollen, seien nicht gegeben. Weder für die Beklagte noch für das LSG, dem schon die Tatsache eines weiteren Rechtsstreits der Klägerin nicht bekannt gewesen sei, sei ein entgegenstehender Wille oder Irrtum des Prozessbevollmächtigten bekannt oder erkennbar gewesen.

8

Mit ihrer vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung der §§ 102, 103 SGG. Die Erforschung des Sachverhalts von Amts wegen erfordere, dass das SG bei objektiv bestehenden Unklarheiten von Prozesserklärungen - diese seien hier offenkundig - nachfragen und den Sachverhalt weiter aufklären müsse. Die Auslegung der Erklärung vom 3.5.2013 als auf das streitige Verfahren bezogene Klagerücknahme sei aus mehreren Gründen unzutreffend. Es sei nur eine Erledigungserklärung abgegeben worden, die nicht mit einer Klagerücknahme gleichzusetzen sei. Eine Klagerücknahme ergebe sich nach der für das Berufungsgericht erkennbaren "prozessualen Konstellation" ersichtlich nicht, weil die Berufung gegen das Urteil des SG Lübeck vom 28.11.2012 (Az S 40 AL 118/11) kurz zuvor am 4.4.2013 und zudem gegenüber dem LSG begründet worden sei. Auch sei kein erledigendes Ereignis eingetreten. Zudem sei die Erledigungserklärung auch nicht gegenüber dem zuständigen Gericht abgegeben worden.

9

Die Klägerin hat schriftsätzlich beantragt,
das Berufungsurteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 11. Dez. 2015, Aktenzeichen: L 3 AL 49/13 abzuändern mit der Maßgabe, dass das Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht das Berufungsverfahren zum Aktenzeichen L 3 AL 1/13 (alt) fortzuführen hat, hilfsweise auch das Verfahren L 3 AL 49/13 und das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 28. Nov. 2012 sowie den Bescheid vom 10. Jan. 2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 23. Mai 2011 aufzuheben.

10

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

11

Sie verweist auf die angefochtene Entscheidung. Das SG habe den in Rede stehenden Schriftsatz der Klägerin vom 3.5.2013 an das LSG weiterreichen müssen, ohne dass es einer vorherigen Rückfrage bei dem Prozessbevollmächtigen bedurft habe.

Entscheidungsgründe

12

Der Senat konnte trotz fehlender Vertretung der Klägerin im Termin vom 23.2.2017 mündlich verhandeln und entscheiden, weil sie in der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist (§ 165 S 1, § 153 Abs 1, § 110 Abs 1 S 2 SGG).

13

Die Revision der Klägerin hat im Sinne der Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung Erfolg (§ 170 Abs 2 S 2 SGG). Die bisherigen Tatsachenfeststellungen des LSG lassen eine abschließende Entscheidung des Senats nicht zu.

14

Das LSG hat zu Unrecht festgestellt, dass sich das Verfahren durch die Erklärung des Prozessbevollmächtigten vom 3.5.2013 durch Klagerücknahme erledigt hat (§ 102 Abs 1 SGG). Mit ihrer Revision macht die Klägerin zu Recht geltend, dass die Auslegung dieser Erklärung durch das Berufungsgericht Bundesrecht verletzt (§ 162 SGG), insbesondere den in § 133 BGB zum Ausdruck kommenden allgemeinen Rechtsgedanken, der auch im öffentlichen Recht und Prozessrecht gilt(vgl BSG Urteil vom 25.6.2002 - B 11 AL 23/02 R - juris RdNr 20).

15

Bei Prozesserklärungen hat das Revisionsgericht - anders als bei materiell-rechtlichen Erklärungen - die Auslegung der fraglichen Erklärung durch die Instanzgerichte in vollem Umfang zu überprüfen, also das wirklich Gewollte, das in der Äußerung erkennbar ist, zu ermitteln. Dies folgt aus dem in § 133 BGB zum Ausdruck kommenden allgemeinen Rechtsgedanken, der auch im öffentlichen Recht und Prozessrecht gilt. Bei der Auslegung von Erklärungen ist nicht am Wortlaut zu haften, sondern der wirkliche Wille des Erklärenden zu erforschen (BSG Urteil vom 29.5.1980 - 9 RV 8/80 - juris RdNr 8; BSG Urteil vom 25.6.2002 - B 11 AL 23/02 R - juris RdNr 21; BSG Beschluss vom 8.11.2005 - B 1 KR 76/05 B - SozR 4-1500 § 158 Nr 2, RdNr 6; BSG Beschluss vom 23.6.2015 - B 1 KR 18/15 B - juris RdNr 4). Auch die Begleitumstände einer Erklärung sind von Bedeutung (BSG Urteil vom 25.6.2002 - B 11 AL 23/02 R - juris RdNr 21). Vor diesem Hintergrund muss eine Klagerücknahme unmissverständlich, völlig eindeutig und unzweifelhaft erfolgen (Hauck in Hennig, SGG, § 102 SGG RdNr 8, Stand April 2010). Dies ist hier aufgrund der rechtlichen Gegebenheiten und weiterer objektiver Begleitumstände nicht der Fall.

16

Zwar ist mit dem LSG davon auszugehen, dass die hier ihrem Wortlaut nach vorliegende Mitteilung, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt werde, je nach prozessualer Konstellation eine Klagerücknahme, Berufungsrücknahme oder Annahme eines von der Beklagten abgegebenen Anerkenntnisses sein kann, ohne dass von den Gerichten umfassende Überlegungen zu den Motiven der jeweiligen Erklärungen erwartet werden können. Die Abgabe einer derartigen Erklärung führt grundsätzlich zur Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache (§ 101 Abs 2 SGG, § 102 Abs 1 S 2 SGG; BSG Urteil vom 20.12.1995 - 6 RKa 18/95 - juris RdNr 11; vgl auch Hauck, SGb 2004, 407, 411). Dies bedeutet aber nicht, dass jeder Erledigungserklärung dieser Inhalt zugeordnet werden kann.

17

Der Schriftsatz der Klägerin vom 3.5.2013 bedurfte hier angesichts besonderer Umstände der Auslegung. Das LSG hätte berücksichtigen müssen, dass das Schreiben des Prozessbevollmächtigten an das SG Lübeck gerichtet war und in dem anhängigen Berufungsverfahren zunächst keine Wirkungen entfalten konnte. Nach der gesetzlichen Vorgabe des § 269 Abs 2 S 1 ZPO ist die Erklärung einer Klagerücknahme vielmehr an das Gericht zu richten, bei dem die Sache anhängig ist, also nach - wie hier - eingelegtem Rechtsmittel an das Rechtsmittelgericht(BSG Beschluss vom 27.9.1983 - 8 BK 16/82 - SozR 1500 § 102 Nr 5 S 1; Wehrhahn in Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl 2014, § 102 RdNr 2; Eschner in Jansen, SGG, 4. Aufl 2012, § 102 RdNr 8). § 269 Abs 2 S 1 ZPO, wonach die Zurücknahme der Klage und, soweit sie zur Wirksamkeit der Zurücknahme erforderlich ist, auch die Einwilligung des Beklagten dem Gericht gegenüber zu erklären sind, ist nach § 202 S 1 SGG auch im sozialgerichtlichen Verfahren entsprechend anzuwenden(Leitherer in Meyer-Ladewig, SGG, 11. Aufl 2014, § 102 RdNr 7). Der Regelung des § 269 Abs 2 S 1 ZPO ist zu entnehmen, dass die Rücknahmeerklärung notwendig im anhängigen Verfahren(Zöller, ZPO, 31. Aufl 2016, § 269 RdNr 12a) abzugeben ist, in dem sie zur Auswirkung kommen soll (BGH Urteil vom 8.5.1981 - V ZR 75/80 - MDR 1981, 1002). Sie muss daher gegenüber dem Prozessgericht (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 75. Aufl 2017, § 269 RdNr 27) erfolgen, also nach Rechtsmitteleinlegung gegenüber dem Rechtsmittelgericht (Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl 2008, § 269 RdNr 31), wovon auch das LSG ausgegangen ist.

18

Ausgehend hiervon und angesichts weiterer Umstände durften das SG und das LSG die Erklärung vom 3.5.2013 nicht ohne Weiteres dem nicht in Bezug genommenen Berufungsverfahren zuordnen bzw dieses Schreiben nicht ohne Nachfrage weiterleiten bzw auslegen. Entscheidend ist insoweit, dass objektive Begleitumstände vorlagen, die gegen eine Auslegung als Klage- oder Berufungsrücknahme in dem anhängigen Verfahren sprachen. So hätte für das SG vor Weiterleitung der Erklärung vom 3.5.2013 zumindest Veranlassung zu einer Rückfrage bei dem Prozessbevollmächtigen bestanden, weil zuvor - gleichfalls mit dem unzutreffenden Aktenzeichen S 40 AL 118/11 - ein Kostenfestsetzungsantrag vom 25.4.2013 eingegangen war, der inhaltlich in mehrfacher Hinsicht auf das weitere, inzwischen durch Anerkenntnis der Beklagten und Erledigungserklärung der Klägerin beendete Verfahren vor dem SG zu dem Aktenzeichen S 36 AL 242/10 Bezug nimmt. In einer Zusammenschau der mit einem unzutreffenden Aktenzeichen versehenen Schriftsätze war ohne Weiteres erkennbar, dass die Schriftsätze bzw Erklärungen sämtlich dem bereits seit längerem und weiterhin bei dem SG anhängigen Verfahren S 36 AL 242/10 zuzuordnen waren. Diese unzureichende Prüfung ist den Gerichten zuzurechnen.

19

Für eine abschließende Entscheidung des Senats fehlt es an tatsächlichen Feststellungen zu der von der Klägerin begehrten Aufhebung der Bescheide vom 10.1.2011 und 11.5.2011 idF des Widerspruchsbescheids vom 23.5.2011, insbesondere hinsichtlich des Umfangs der von der Klägerin ausgeübten Beschäftigung und einer grob fahrlässigen Verletzung von Mitteilungspflichten. Bei einer erneuten Entscheidung im wiedereröffneten Berufungsverfahren wird das LSG auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.

Tenor

Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 12. August 2015 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwältin B. aus W. beizuordnen, wird abgelehnt.

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im vorgenannten Urteil wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe

1

I. Das LSG Rheinland-Pfalz hat mit Urteil vom 12.8.2015 einen für die Zeit ab 1.7.2014 geltend gemachten Anspruch des Klägers auf Umwandlung der ihm seit Januar 2013 bestandskräftig wegen vorzeitiger Inanspruchnahme mit Abschlägen bewilligten Altersrente nach Altersteilzeitarbeit in eine abschlagsfreie Altersrente für besonders langjährig Versicherte nach der durch das RV-Leistungsverbesserungsgesetz vom 23.6.2014 (BGBl I 787) am 1.7.2014 in Kraft getretenen Regelung des § 236b SGB VI verneint.

2

Der Kläger macht mit seiner beim BSG erhobenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem genannten LSG-Urteil die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und einen Verfahrensmangel geltend. Zugleich hat er Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung von Rechtsanwältin B. beantragt.

3

II. 1. Der PKH-Antrag des Klägers ist abzulehnen.

4

Nach § 73a Abs 1 S 1 SGG iVm § 114 Abs 1 S 1 ZPO kann einem Beteiligten, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, für das Verfahren vor dem BSG PKH bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Vorliegend sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt.

5

Nach § 73a Abs 1 S 1 SGG iVm § 117 Abs 2 bis 4 ZPO sind dem Antrag auf PKH eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie entsprechende Belege beizufügen. Eine solche Erklärung hat der Kläger im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde beim BSG nicht eingereicht. Der beabsichtigten Rechtsverfolgung fehlt es aber auch an hinreichender Aussicht auf Erfolg. Deshalb kommt die Beiordnung von Rechtsanwältin B. nicht in Betracht (§ 73a Abs 1 S 1 SGG iVm § 121 Abs 1 ZPO).

6

2. Die Beschwerde ist unzulässig. Die Beschwerdebegründung vom 14.10.2015 genügt nicht der gesetzlich vorgeschriebenen Form, denn der Kläger hat die geltend gemachten Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache und des Verfahrensmangels nicht ordnungsgemäß dargetan (vgl § 160 Abs 2 Nr 1 und Nr 3 iVm § 160a Abs 2 S 3 SGG).

7

a) Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufzeigen, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine solche Klärung erwarten lässt (vgl BSG SozR 1500 § 160 Nr 17 und § 160a Nr 7, 11, 13, 31, 39, 59, 65).

8

Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss ein Beschwerdeführer mithin eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN). Diesen Anforderungen wird die vorliegende Beschwerdebegründung nicht gerecht.

9

Der Kläger trägt vor,
die "Rechtsfragen, die sich anhand dieses Falles stellen, sind,

- ob dem Beschwerdeführer die abschlagsfreie Rente gemäß § 236b SGB VI zu gewähren ist,

zur Beantwortung dieser Frage,

insbesondere auf der Grundlage der Art. 20 III und 3 I GG, zu § 34 IV SGB VI,

-       

inwieweit § 34 IV SGB VI auf den Fall anwendbar ist, insbesondere, ob es sich um einen 'Wechsel' im Sinne des § 34 IV SGB VI handelt,

-       

welchen Regelungsinhalt der erste Rentenbescheid vor Antragstellung hatte, konkret, ob der Bewilligungsbescheid zugleich regeln konnte, dass eine nicht existierende Rentenart nicht gewährt wird,

-       

damit zusammenhängend, wie weit die Sperrwirkung eines Rentenbescheides reichen und ob sie sich auch auf Rechtsvorschriften stützen und beziehen kann, die es zum Zeitpunkt der Verwaltungsentscheidung nicht gegeben hat und deren Schaffung auch niemand vorhersehen konnte,

-       

im Hinblick auf die zum Zeitpunkt der Verwaltungsentscheidung noch nicht existierende und nicht vorhersehbare Vorschrift des § 236b SGB VI,

        

auf dem Hintergrund des Art. 20 III GG,

        

-       

welche Anforderungen an die Bestimmtheit eines Verwaltungsaktes zu stellen sind,

        

-       

welche Anforderungen an die Bestimmtheit von Gesetzen zu stellen sind, die dem Erlass eines Verwaltungsaktes zu Grunde liegen müssten.

Verfassungsrechtliche Bedenken gegen den dem Verfahren zu Grunde liegenden, ergangenen Ablehnungsbescheid und die gesetzlichen Vorschriften bestehen insbesondere hinsichtlich der Art. 20 III und 3 I GG."

10

Der Senat kann offenlassen, ob der Kläger damit hinreichend konkrete und auf Grundlage der für den Senat bindenden tatsächlichen Feststellungen des LSG (vgl § 163 SGG) überhaupt klärungsfähige Rechtsfragen iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG bezeichnet hat. Insbesondere gehört es nicht zu den Aufgaben des Beschwerdegerichts, vom Beschwerdeführer formulierte Fragestellungen beschwerdekonform umzuformulieren oder den Vortrag darauf zu untersuchen, ob sich aus ihm eventuell eine oder mehrere hinreichend konkrete Rechtsfragen mit übergreifender Relevanz "herausfiltern" lassen (vgl stRspr, zB Senatsbeschluss vom 14.2.2007 - B 13 R 477/06 B - Juris RdNr 8).

11

Soweit der Kläger es im Hinblick auf Art 20 Abs 3 und Art 3 Abs 1 GG für verfassungswidrig erachten sollte, dass Bezieher einer bereits bestandskräftig (bindend) mit Abschlägen bewilligten Altersrente wegen Altersteilzeitarbeit ("Bestandsrentner") aufgrund der Regelung des § 34 Abs 4 Nr 3 SGB VI nicht mehr in den Genuss einer (abschlagsfreien) Altersrente für besonders langjährig Versicherte nach der am 1.7.2014 in Kraft getretenen Regelung des § 236b SGB VI kommen können, und (sinngemäß) meint, dass deren zeitlicher und sachlicher Anwendungsbereich vom Gesetzgeber nicht sachgerecht bestimmt worden sei, hat er die Klärungsbedürftigkeit der - insoweit in wohlwollender Auslegung des Beschwerdevortrags - aufgeworfenen Problematik nicht hinreichend aufgezeigt.

12

Insbesondere versäumt er es schon, sich mit der einschlägigen Rechtsprechung des BVerfG zu Stichtagsregelungen auseinanderzusetzen. Hiernach ist es dem Gesetzgeber zur Regelung bestimmter Sachverhalte nicht verwehrt, Stichtage einzuführen, obwohl jeder Stichtag unvermeid-lich gewisse Härten mit sich bringt (vgl BVerfGE 87, 1, 43; 117, 272, 301). Dass der Gesetzgeber des RV-Leistungsverbesserungsgesetzes den ihm insoweit zukommenden Gestaltungsspielraum mit der Begrenzung der Privilegierung des § 236b SGB VI auf die zur Zeit seines Inkrafttretens am 1.7.2014 noch nicht im Altersrentenbezug befindlichen Versicherten sachwidrig überschritten habe, die für die zeitliche Anknüpfung und sachliche Beschränkung auf "Zugangsrentner" und dem damit einhergehenden Verzicht, die bereits abgeschlossenen Rentenvorgänge der "Bestandsrentner" aufzugreifen, in Betracht kommende Faktoren (zB Finanzierbarkeit des Systems) nicht hinreichend gewürdigt habe und die gefundene Regelung im Hinblick auf den Sachverhalt und das System der Gesamtregelung im Recht der gesetzlichen Rentenversicherung (hier: zB hinsichtlich der dauerhaften Beibehandlung des reduzierten Zugangsfaktors § 77 abs 1 und abs 3 s 1 sgb vi>) sachlich nicht vertretbar erscheine(vgl zu diesen verfassungsrechtlichen Prüfungskriterien bei Stichtagsregelungen zB BVerfGE 75, 78, 106; 101, 239, 270; 117, 227, 301), hat der Kläger - anders als vorliegend erforderlich - nicht untersucht. Dass die dauerhaften "Rentenabschläge" durch Minderung des Zugangsfaktors bei vorzeitiger Inanspruchnahme einer Altersrente nach Altersteilzeitarbeit nicht gegen das GG verstoßen, hat das BVerfG bereits entschieden (BVerfGE 122, 151 = SozR 4-2600 § 237 Nr 16).

13

Im Übrigen lässt die Beschwerdebegründung unbeachtet, dass die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung nicht zugelassen werden kann, wenn das Berufungsgericht eine Tatsache, die für die Entscheidung mit der Nichtzulassungsbeschwerde angesprochenen Rechtsfrage erheblich sein würde, noch nicht festgestellt hat und damit derzeit nur die Möglichkeit besteht, dass sie nach Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht und nach weiterer Sachverhaltsaufklärung entscheidungserheblich werden kann (BSG Beschluss vom 28.3.2013 - B 12 KR 72/12 B - Juris RdNr 14 mwN). Die aufgeworfene Frage würde sich indessen nur tragend stellen, wenn das Berufungsgericht neben der Vollendung des 63. Lebensjahrs am 1.7.2014 auch festgestellt hätte, dass der Kläger die Wartezeit von 45 Jahren (§ 236b Abs 1 Nr 2 iVm § 51 Abs 3a SGB VI) erfüllt. Auch hierzu enthält die Beschwerdebegründung kein substantiiertes Vorbringen. Allein die schlichte Behauptung des Klägers, dass die Voraussetzungen für die "abschlagsfreie Rente ab 63" "unstreitig" seien, reicht nicht.

14

Soweit der Kläger weiter meint, Klärungsbedarf bestehe vorliegend im Hinblick auf den "Regelungsgehalt" von Rentenbescheiden sowie den "Anforderungen an die Bestimmtheit eines Verwaltungsaktes" und "die Bestimmtheit von Gesetzen", unterzieht er sich schon nicht der notwendigen Mühe zu untersuchen, ob sich mit Hilfe bereits vorhandener einschlägiger höchstrichterlicher Rechtsprechung die gestellten Fragen beantworten lassen. Er behauptet noch nicht einmal, dass es hierzu Rechtsprechung des BSG und des BVerfG nicht gebe. Dass der Kläger die LSG-Entscheidung aus sozialpolitischen Gründen für falsch hält, ist für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren unerheblich.

15

b) Schließlich hat der Kläger einen Verfahrensmangel iS des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG nicht bezeichnet. Allein die Rüge, ein solcher liege seitens des LSG vor, weil "keine Vorlage an das BVerfG" erfolgt sei, reicht nicht. Denn nach Art 100 Abs 1 S 1 GG besteht eine Vorlagepflicht nur, wenn das Gericht von der Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, überzeugt ist. Eben dies war hier aber nach dem eigenen Vortrag des Klägers nicht der Fall.

16

c) Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

17

Die Verwerfung der danach nicht formgerecht begründeten und somit unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter.

18

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

Die Behörde kann Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten in einem Verwaltungsakt jederzeit berichtigen. Bei berechtigtem Interesse des Beteiligten ist zu berichtigen. Die Behörde ist berechtigt, die Vorlage des Dokumentes zu verlangen, das berichtigt werden soll.

Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten im Urteil sind jederzeit von Amts wegen zu berichtigen. Der Vorsitzende entscheidet hierüber durch Beschluß. Der Berichtigungsbeschluß wird auf dem Urteil und den Ausfertigungen vermerkt. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 22. Dezember 2015 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

I. Der Kläger begehrt Leistungen zur Förderung der Umschulung zum Gesundheits- und Krankenpfleger für das dritte Ausbildungsjahr seiner am 1.10.2012 begonnenen Ausbildung. Für den Zeitraum vom 1.10.2012 bis 30.9.2014 gewährte die Beklagte dem Kläger "Leistungen für die Teilnahme an einer Weiterbildungsmaßnahme" in Höhe von insgesamt 3865,62 Euro zur Deckung der Lehrgangs-, Kinderbetreuungs- und Fahrtkosten (Bescheid vom 2.11.2012, zuletzt geändert mit Bescheid vom 13.8.2014). Zudem erhielt der Kläger von der Ausbildungsstelle eine Ausbildungsvergütung, die nach dem Ausbildungsvertrag im dritten Ausbildungsjahr 810,47 Euro monatlich betrug. Den Antrag des Klägers auf Förderung des dritten Ausbildungsjahres lehnte die Beklagte unter Hinweis auf § 180 Abs 4 SGB III ab(Bescheid vom 15.7.2014; Widerspruchsbescheid vom 2.9.2014). Klage und Berufung blieben erfolglos (Urteil des SG Oldenburg vom 7.5.2015; Beschluss des LSG Niedersachsen-Bremen vom 22.12.2015). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, für den geltend gemachten Anspruch fehle es an einer gesetzlichen Grundlage; nach § 180 Abs 4 S 2 SGB III sei nur ein Maßnahmeteil von bis zu 2/3 einer 3-jährigen Ausbildung förderungsfähig. Dies verstoße weder gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz des Art 3 Abs 1 GG, noch ergebe sich ein Anspruch auf staatliche Finanzierung einer Ausbildung aus Art 12 Abs 1 GG oder dem Sozialstaatsgebot.

2

Gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des LSG wendet sich der Kläger mit seiner Beschwerde. Er macht als grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend, § 180 Abs 4 SGB III verstoße gegen Art 12 GG und sei deshalb nicht anwendbar. Außerdem weiche der Beschluss des LSG von Entscheidungen des BSG ab.

3

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht in der erforderlichen Weise dargelegt bzw bezeichnet worden sind (§ 160a Abs 2 S 3 SGG). Die Beschwerde konnte daher ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter verworfen werden (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 SGG, § 169 SGG).

4

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung - ggf sogar des Schrifttums - angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (so genannte Breitenwirkung) darlegen (vgl nur BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN).

5

Die Beschwerdebegründung des Klägers wird diesen Darlegungserfordernissen nicht gerecht. Sinngemäß formuliert er zwar die Rechtsfrage, ob § 180 Abs 4 SGB III mit Art 12 GG vereinbar sei. Nach seinem Vorbringen lässt sich aber weder die Klärungsfähigkeit noch die Klärungsbedürftigkeit der Frage beurteilen. So fehlt es schon an einer hinreichenden Auseinandersetzung mit dem Inhalt des Art 12 GG und insbesondere seiner Ausprägung als Abwehrrecht, das keine Ansprüche auf finanzielle Unterstützung begründet (so ausdrücklich - vom Kläger auch zitiert - BSGE 66, 275, 281 = SozR 3-4100 § 56 Nr 1 S 1, 7; BSGE 69, 128, 130 = SozR 3-4100 § 56 Nr 3 S 11, 149; allgemein Jarass/Pieroth, Grundgesetz, 13. Aufl 2014, Art 12 RdNr 100; Wieland in Dreier, Grundgesetz-Kommentar, Bd I, 3. Aufl 2013, Art 12 RdNr 59 ff und 167 ff). Zudem übersieht der Kläger, dass eine Weiterbildungsförderung überhaupt nur in Betracht kommt, wenn die Voraussetzungen des § 81 SGB III, der der Beklagten im Übrigen Ermessen einräumt, vorliegen, und dass § 180 SGB III nur ergänzende Anforderungen regelt. Er hätte daher - unbeschadet der verfassungsrechtlichen Beurteilung von § 180 Abs 2 SGB III - darstellen müssen, ob ein Anspruch auf zusätzliche Weiterbildungsförderung überhaupt besteht. Insoweit genügt es nicht, wenn der Kläger unter Hinweis auf die bisherige - 2-jährige - Förderung behauptet, die anderen gesetzlichen Voraussetzungen für die Förderung seien "unstreitig" gegeben. Nach den Ausführungen des Klägers lässt sich zudem nicht beurteilen, auf welche konkreten Leistungen sich der Anspruch erstrecken soll. Dies ist unklar vor dem Hintergrund, dass nach den Feststellungen des LSG die Weiterbildung zum Zeitpunkt dessen Entscheidung bereits beendet gewesen sein dürfte.

6

Eine Divergenz iS des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG hat der Kläger ebenfalls nicht in der gebotenen Weise gerügt. Hierzu bedarf es der Darlegung, mit welcher genau bestimmten entscheidungserheblichen rechtlichen Aussage die angegriffene Entscheidung des LSG von welcher ebenfalls genau bezeichneten rechtlichen Aussage des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht und dass die Entscheidung auf der Abweichung beruht (vgl nur BSG SozR 1500 § 160a Nr 54; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 72). Vorliegend lässt sich anhand der Beschwerdebegründung schon nicht nachvollziehen, wo im Einzelnen die Widersprüche zwischen den dargestellten Ausführungen des LSG und den zahlreichen wörtlichen Zitaten aus den beiden genannten Urteilen des BSG liegen sollen, wenn - wie bereits dargelegt - eine Ableitung von Leistungsansprüchen aus Art 12 GG auch vom BSG ausdrücklich abgelehnt wird. Mangels ausreichender Darlegungen zur Entscheidungserheblichkeit der genannten rechtlichen Aussagen lässt sich im Übrigen - ebenso wenig, wie im Rahmen der Prüfung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache - nicht beurteilen, ob die Entscheidung des LSG überhaupt auf der Abweichung beruhen kann.

7

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 24. Februar 2016 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

I. In der Hauptsache begehrt die Klägerin höheres Elterngeld für ihr am 2.9.2012 geborenes Kind. Der Beklagte bewilligte der zunächst im Anstellungsverhältnis (bis Oktober 2011) und später als Rechtsanwältin selbstständig tätigen Klägerin antragsgemäß Elterngeld für den ersten bis 12. Lebensmonat, ohne im Bemessungszeitraum erarbeitetes, aber erst im Bezugszeitraum zugeflossenes Einkommen bei der Bemessung des Elterngeldes zu berücksichtigen (vorläufiger Bescheid vom 13.11.2012, Teilabhilfebescheid vom 29.1.2014, Widerspruchsbescheid vom 13.2.2014). Das SG hat die Klage abgewiesen, weil nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung insoweit das strenge Zuflussprinzip gelte. Die Ungleichbehandlung gegenüber Eltern in nicht selbstständiger Tätigkeit sei sachlich gerechtfertigt. Auch die Personengruppe der Klägerin werde mindestens durch den Sockelbetrag in einer den Anforderungen des Art 6 Abs 1 GG entsprechenden Weise gefördert (Gerichtsbescheid vom 1.9.2014). Das LSG hat die Berufung unter Bezug auf die Begründung der erstinstanzlichen Entscheidung zurückgewiesen (Urteil vom 24.2.2016).

2

Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG und macht die grundsätzliche Bedeutung der Sache geltend.

3

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig. Die Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil der allein geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung nicht ordnungsgemäß dargetan worden ist (vgl § 160a Abs 2 S 3 SGG).

4

1. Die Klägerin hat die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) nicht hinreichend dargetan. Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sogenannte Breitenwirkung) darlegen (zum Ganzen vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN). Daran fehlt es.

5

Die Beschwerdebegründung lässt bereits die ausdrückliche Formulierung einer hinreichend deutlichen Rechtsfrage vermissen. Soweit dem Vortrag der Klägerin sinngemäß die Rechtsfrage entnommen werden kann, ob Selbstständige in der Gründungsphase mit fast ausschließlich einem Auftraggeber als arbeitnehmerähnlich (vgl etwa § 2 S 1 Nr 9 SGB VI)einzustufen seien, beschäftigt sich die Begründung schon nicht damit, dass das LSG eine selbstständige Tätigkeit der Klägerin mit diesen Einschränkungen nicht festgestellt hat, ohne dass dies mit durchgreifenden Verfahrensrügen in Frage gestellt worden wäre (§ 163 SGG). Soweit die Klägerin die Anwendung der modifizierten Zuflusstheorie jedenfalls auf Selbstständige in der Gründungsphase für geboten und die Anwendung des strengen Zuflussprinzips insoweit wegen sachwidriger Benachteiligung gegenüber Eltern in nicht selbstständiger Erwerbstätigkeit sowie eines Verstoßes gegen Art 6 Abs 1 GG für verfassungswidrig hält, fehlt es an hinreichender Darlegung zum Klärungsbedarf.

6

Wer sich auf die Verfassungswidrigkeit einer Regelung beruft, darf sich nicht auf die Benennung angeblich verletzter Rechtsgrundsätze beschränken, sondern muss unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BVerfG und des BSG darlegen, woraus sich im konkreten Fall die Verfassungswidrigkeit ergeben soll (vgl zB BSGE 40, 158 = SozR 1500 § 160a Nr 11; BSG Beschlüsse vom 4.4.2006 - B 12 RA 16/05 B - und vom 16.2.2009 - B 1 KR 87/08 B). Hierzu müssen der Bedeutungsgehalt der in Frage stehenden einfachgesetzlichen Normen aufgezeigt, die Sachgründe ihrer jeweiligen Ausgestaltung erörtert und die Verletzung der konkreten Regelung des GG dargelegt werden. Diesen Anforderungen entspricht die Beschwerdebegründung nicht. Ihr lassen sich schon keine Ausführungen zu der vom SG und ihm folgend dem LSG auch zitierten Rechtsprechung des BSG entnehmen, das in ständiger Rechtsprechung die abweichende Behandlung der Einkommen von Eltern in selbstständiger Tätigkeit und nicht selbstständiger Tätigkeit mit Blick auf die Unterschiede in der Ausgestaltung beider Erwerbstätigkeiten für verfassungsgemäß erachtet, ohne besondere Phasen der Selbstständigkeit - zB Niederlassungsphase mit hohen Abschreibungsmöglichkeiten - hiervon auszunehmen (vgl BSG Urteil vom 15.12.2015 - B 10 EG 6/14 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 30).

7

Klärungsbedarf ist in der Regel auch dann zu verneinen, wenn es bei der vermeintlichen Rechtsfrage um ausgelaufenes oder auslaufendes Recht geht (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 19), soweit es nicht noch eine erhebliche Anzahl von Fällen gibt, für die die Rechtsfrage von Bedeutung ist (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 19) oder die Vorschrift insoweit nachwirkt, als sie die Grundlage für eine Nachfolgevorschrift darstellt oder die frühere Rechtsprechung für die neue Rechtslage erheblich geblieben ist (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 58). Der Anspruch der Klägerin auf höheres Elterngeld richtet sich ihrem Vortrag zufolge nach § 2 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) in der Fassung des Haushaltsbegleitgesetzes 2011. Inzwischen ist § 2 BEEG durch Art 1 des Gesetzes zur Vereinfachung des Elterngeldvollzugs vom 10.9.2012 (BGBl I 1878) mit Wirkung vom 18.9.2012 geändert und in den §§ 2, 2a bis f BEEG neu strukturiert worden. Hierzu äußert sich die Beschwerdebegründung ebenfalls nicht.

8

2. Der Senat sieht von einer weiteren Begründung ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

9

3. Die Verwerfung der Beschwerde erfolgt ohne Hinzuziehung ehrenamtlicher Richter (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 SGG).

10

4. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

(1) Soweit der Widerspruch erfolgreich ist, hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Dies gilt auch, wenn der Widerspruch nur deshalb keinen Erfolg hat, weil die Verletzung einer Verfahrens- oder Formvorschrift nach § 41 unbeachtlich ist. Aufwendungen, die durch das Verschulden eines Erstattungsberechtigten entstanden sind, hat dieser selbst zu tragen; das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten im Vorverfahren sind erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war.

(3) Die Behörde, die die Kostenentscheidung getroffen hat, setzt auf Antrag den Betrag der zu erstattenden Aufwendungen fest; hat ein Ausschuss oder Beirat die Kostenentscheidung getroffen, obliegt die Kostenfestsetzung der Behörde, bei der der Ausschuss oder Beirat gebildet ist. Die Kostenentscheidung bestimmt auch, ob die Zuziehung eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten notwendig war.

(1) Beteiligte sind

1.
Antragsteller und Antragsgegner,
2.
diejenigen, an die die Behörde den Verwaltungsakt richten will oder gerichtet hat,
3.
diejenigen, mit denen die Behörde einen öffentlich-rechtlichen Vertrag schließen will oder geschlossen hat,
4.
diejenigen, die nach Absatz 2 von der Behörde zu dem Verfahren hinzugezogen worden sind.

(2) Die Behörde kann von Amts wegen oder auf Antrag diejenigen, deren rechtliche Interessen durch den Ausgang des Verfahrens berührt werden können, als Beteiligte hinzuziehen. Hat der Ausgang des Verfahrens rechtsgestaltende Wirkung für einen Dritten, ist dieser auf Antrag als Beteiligter zu dem Verfahren hinzuzuziehen; soweit er der Behörde bekannt ist, hat diese ihn von der Einleitung des Verfahrens zu benachrichtigen.

(3) Wer anzuhören ist, ohne dass die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, wird dadurch nicht Beteiligter.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 1. Oktober 2010 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 6. bis 10.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen die Sonderbedarfszulassung des Beigeladenen zu 1.

2

Die klagende Gemeinschaftspraxis (seit dem 1.1.2007: Berufsausübungsgemeinschaft) bestand zum Zeitpunkt der Klageerhebung aus zwei Fachärzten für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Nephrologie sowie einer praktischen Ärztin. Sie betreibt in S. ein Dialysezentrum und eine Diabetologische Schwerpunktpraxis. Zum 1.6.2009 trat eine weitere Vertragsärztin, Frau Dr. R., in die Berufsausübungsgemeinschaft ein.

3

Der Zulassungsausschuss erteilte mit Beschluss vom 28.8.2002 dem Beigeladenen zu 1., Facharzt für Innere Medizin, mit Wirkung zum 1.9.2002 eine Sonderbedarfszulassung zur ausschließlichen Erbringung von Leistungen im Bereich Nephrologie in der Gemeinschaftspraxis Dres. H. Den Beigeladenen zu 1. bis 3. wurde durch weiteren Beschluss vom selben Tag die Genehmigung zur gemeinsamen Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit erteilt.

4

Gegen die Zulassung legte die Klägerin am 18.5.2006 Widerspruch ein. Es bestehe kein nephrologischer Versorgungsbedarf, der nicht schon durch die bestehenden Zulassungen gedeckt sei. Der beklagte Berufungsausschuss wies mit Beschluss vom 29.8.2006 den Widerspruch der Klägerin zurück, weil er unzulässig sei. Ein Vertragsarzt könne nicht im Wege einer Konkurrentenklage die Zulassung eines anderes Vertragsarztes anfechten.

5

Das dagegen angerufene SG hat auch die Klage als unzulässig angesehen (Urteil vom 18.4. 2007). Die Klägerin sei nicht berechtigt, gegen die erteilte Sonderbedarfszulassung im Wege der Konkurrentenklage vorzugehen.

6

Während des Verfahrens wurde die mittlerweile aus den Beigeladenen zu 1. bis 4. bestehende Berufsausübungsgemeinschaft aufgelöst. Sie gründeten zusammen mit Frau Doc. G. das "Medizinische Versorgungszentrum J. Straße in S. GmbH", das mit Beschluss vom 21.3.2007 zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen wurde. Zum ärztlichen Leiter wurde der Beigeladene zu 3. bestimmt. Die Beigeladenen zu 2. und 3. sowie Frau Doc. G. verzichteten auf ihre Zulassung gemäß § 103 Abs 4a Satz 1 SGB V, um ab dem 1.4.2007 als Angestellte des Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) tätig zu werden. Der Zulassungsausschuss widerrief die den Beigeladenen zu 1. bis 4. erteilte Genehmigung zur gemeinsamen Ausübung der vertragsärztlichen Praxis zum 31.3.2007. Mit Beschluss vom selben Tage stellte der Zulassungsausschuss fest, dass die dem Beigeladenen zu 1. erteilte Sonderbedarfszulassung zum 31.3.2007 ende. Dem MVZ wurde mit weiterem Beschluss vom 21.3.2007 gemäß Nr 38b iVm Nr 24 Buchst e Bedarfsplanungs-Richtlinie (BedarfsplRL) aF die Genehmigung erteilt, den Beigeladenen zu 1. ganztags als angestellten Arzt zu beschäftigen. Die KÄV hatte zuvor mitgeteilt, dass sie bereit sei, die bestehenden Versorgungsaufträge auf das MVZ zu übertragen.

7

Das LSG hat mit Urteil vom 1.10.2010 die Berufung der Klägerin als unzulässig verworfen. Ihr Rechtsschutzbedürfnis sei entfallen, weil sie nach der Beendigung der Zulassung des Beigeladenen zu 1. kein rechtlich schützenswertes Interesse zur Anfechtung des Beschlusses vom 29.8.2006 mehr habe. Eine Aufhebung des Beschlusses über die Sonderbedarfszulassung des Beigeladenen zu 1. würde nichts an der Rechtsstellung des MVZ und der bei ihm beschäftigten angestellten Ärzte ändern. Es bedürfte daher in jedem Fall einer Anfechtung der mit Beschluss vom 21.3.2007 erfolgten Zulassung des MVZ und der damit verbundenen Anstellungsgenehmigung. Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse bestehe nicht, weil die Klägerin das von ihr verfolgte Klageziel auch dadurch verfolgen könne, dass sie die dem MVZ erteilte Genehmigung und die Übertragung der Versorgungsaufträge auf das MVZ mit Rechtsmitteln angreife.

8

Mit Beschluss vom 8.12.2010 stellte der Zulassungsausschuss im Hinblick auf das Ausscheiden von Frau Dr. R. das Ende der Genehmigung der gemeinsamen Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit der klägerischen Berufsausübungsgemeinschaft zum 31.12.2010 und die Fortführung der vertragsärztlichen Tätigkeit der verbliebenen Ärzte in Einzelpraxis fest. Die Widersprüche von Dr. D. und Frau S. gegen diese Entscheidung hat der Berufungsausschuss mit Beschluss vom 22.3.2011 zurückgewiesen. Hiergegen ist noch das Verfahren L 3 KA 1/12 beim LSG anhängig. Der Zulassungsausschuss hat mit Wirkung vom 1.4.2011 eine Berufsausübungsgemeinschaft zwischen Dr. D. und Frau S. genehmigt, die in der Folgezeit um weitere Ärzte erweitert wurde.

9

Die Klägerin hat die vom Senat zugelassene Revision eingelegt und zur Begründung vorgetragen, die Umwandlung der Sonderbedarfszulassung des Beigeladenen zu 1. in eine Genehmigung zur Anstellung bewirke eine gesetzliche Klageänderung iS von § 96 Abs 1 SGG. Die Regelungsgehalte der Sonderbedarfszulassung und der Anstellungsgenehmigung seien inhaltlich weitgehend identisch. Materiell beträfen beide Verwaltungsakte den Beigeladenen zu 1. Würde man hier keine Klageänderung annehmen, wäre kein effektiver Rechtsschutz gewährleistet. In der Sache rügt die Klägerin, der Berufungsausschuss habe sich zu Unrecht an die Zusicherung des Versorgungsauftrags durch die Beigeladene zu 5. gebunden gefühlt. Er hätte selbst prüfen müssen, ob ein Sonderbedarf vorliege. Ein solcher Bedarf habe tatsächlich nicht bestanden. Entgegen der Auffassung des LSG habe sie ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse. Zum einen bestehe Wiederholungsgefahr, zum anderen werde sie einen Amtshaftungsanspruch geltend machen.

10

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 1.10.2010 und das Urteil des Sozialgerichts für das Saarland vom 18.4.2007 sowie den Bescheid des Beklagten vom 29.8.2006 aufzuheben.

11

Der Beklagte sowie die Beigeladenen zu 1. bis 5. beantragen,
die Revision zurückzuweisen.

12

Der Beklagte ist der Auffassung, er sei an den von der KÄV erteilten Versorgungsauftrag gebunden. Dieser müsse im Wege der Konkurrentenklage in erster Linie angegriffen werden.

13

Die Beigeladenen zu 1. bis 4. weisen darauf hin, dass das SG die Klage gegen die von der KÄV dem MVZ für Dres. S. erteilten Versorgungsaufträge abgewiesen hat. Das Berufungsverfahren wird unter dem Aktenzeichen L 3 KA 8/11 geführt und ist noch nicht abgeschlossen.

Entscheidungsgründe

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Die Revision der Klägerin hat keinen Erfolg. Ihr steht zwar grundsätzlich die Berechtigung zur (Dritt-)Anfechtung der Sonderbedarfszulassung an den Beigeladenen zu 1. zu. Der Zulassungsbescheid ist jedoch von der Klägerin nicht fristgerecht angefochten worden.

15

1. Die Revision der Klägerin ist zulässig.

16

Ihre Beteiligtenfähigkeit iS des § 70 Nr 1 SGG ist nicht weggefallen. Dabei kann hier offen bleiben, ob im Rahmen eines Konkurrentenstreitverfahrens eine aufgelöste Gemeinschaftspraxis (seit dem Inkrafttreten des Vertragsarztrechtsänderungsgesetzes - BGBl I 2006, 3439 - zum 1.1.2007: Berufsausübungsgemeinschaft) weiterhin Beteiligte sein kann. Der Senat hat in der Vergangenheit für nachgehende Rechte und Pflichten einer Gemeinschaftspraxis regelmäßig in Anwendung von § 730 Abs 2 Satz 1 BGB deren Beteiligtenfähigkeit auch noch nach ihrer Auflösung angenommen(vgl BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 66 RdNr 13; BSGE 108, 35 = SozR 4-2500 § 115b Nr 3, RdNr 33; BSGE 98, 89 = SozR 4-2500 § 85 Nr 31, RdNr 11). Allerdings betraf diese Rechtsprechung ausschließlich Fälle, in denen Geldforderungen umstritten waren. Da ein Zulassungsverfahren und damit auch ein Konkurrentenstreitverfahren stets zukunftsorientiert ist, mag eine Übertragung dieser Rechtsprechung des Senats auf eine solche Konstellation zweifelhaft oder jedenfalls besonders begründungsbedürftig sein. Hier hat die klägerische Berufsausübungsgemeinschaft aber ununterbrochen fortbestanden, sodass ihre Beteiligtenfähigkeit nicht in Frage steht.

17

Zwar hat der Zulassungsausschuss mit Beschluss vom 8.12.2010 die Genehmigung zur gemeinsamen Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit "beendet", weil ein Mitglied die zuvor von vier Personen betriebene Praxis verlassen hatte. Unabhängig von den gesellschaftsrechtlichen Konsequenzen eines solchen Personenwechsels, enthält der Beschluss des Zulassungsausschusses eine vertragsarztrechtliche Statusentscheidung. Die Entscheidung über das Bestehen einer Berufsausübungsgemeinschaft betrifft den Status, in dem die vertragsärztliche Tätigkeit im Rechtsverhältnis zu den Versicherten und den vertragsarztrechtlichen Institutionen ausgeübt wird (vgl BSGE 110, 43 = SozR 4-2500 § 103 Nr 9, RdNr 17; BSGE 106, 222 = SozR 4-5520 § 32 Nr 4, RdNr 26 für den Ausnahmefall der sachlich-rechnerischen Richtigstellung im Rechtsverhältnis von KÄV und Mitglied). Gegen diese Entscheidung haben aber Dr. D. und Frau S. Widerspruch eingelegt, der gemäß § 96 Abs 4 Satz 2 SGB V und § 86a Abs 1 SGG aufschiebende Wirkung hatte. Diese Widersprüche hat der Berufungsausschuss mit Beschluss vom 22.3.2011 zurückgewiesen, der noch gerichtlich angefochten ist. Bereits wegen der aufschiebenden Wirkung der Rechtsmittel ist von einem Fortbestehen einer Berufsausübungsgemeinschaft zwischen den verbliebenen Mitgliedern der Gemeinschaft auszugehen.

18

Ungeachtet dessen ist auch noch vor dem Ablauf der Rechtsmittelfrist für diesen Beschluss vom Zulassungsausschuss erneut eine Berufsausübungsgemeinschaft zwischen Dr. D. und Frau S. genehmigt worden. Damit wurde zwar formal die zuvor bestehende Berufsausübungsgemeinschaft nicht fortgeführt. Die neue Berufsausübungsgemeinschaft bestand aber aus zwei der verbliebenen Mitglieder der früheren Berufsausübungsgemeinschaft und übte fortlaufend ihre Tätigkeit in den ursprünglichen Praxisräumen aus. Sie hat damit nahtlos die Tätigkeit der zuvor bestehenden Gemeinschaftspraxis fortgesetzt. Ein Beteiligtenwechsel, der als Klageänderung iS des § 99 Abs 1 SGG zu werten wäre, ist damit nicht eingetreten. Eine derartige Konstellation, in der tatsächlich eine personelle Kontinuität gewährleistet ist, steht vielmehr der Situation gleich, in der lediglich ein Mitgliederwechsel innerhalb der bestehenden Berufsausübungsgemeinschaft stattfindet. Auch das Ausscheiden eines Mitglieds aus einer mehr als zweigliedrigen Berufsausübungsgemeinschaft ändert nichts an deren Fortbestand, sondern führt lediglich zur Anpassung des Rubrums (vgl BSG SozR 4-1500 § 141 Nr 1 RdNr 17; vgl auch zum Fortbestand der GbR BGHZ 187, 344 RdNr 13; BGH NJW 2011, 1449 RdNr 16 ff), wie sie hier auch schon vorgenommen worden ist. In die Berufsausübungsgemeinschaft sind mittlerweile Prof. Dr. M. und Dr. G. eingetreten, die hier in das Rubrum aufgenommen worden sind. Soweit das LSG mit dem Verhältnis der personellen Besetzung zum Umfang des etwaigen Konkurrentenschutzes argumentiert, betrifft dies nicht den Bestand einer Berufsausübungsgemeinschaft, sondern eine materielle Frage des Drittschutzes.

19

2. Die Revision der Klägerin ist jedoch unbegründet. Zwar hat das LSG die Berufung zu Unrecht als unzulässig verworfen. Entgegen der Auffassung des LSG lagen die allgemeinen und besonderen Prozessvoraussetzungen der Berufung vor. Es fehlte insbesondere nicht am erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis. Die Entscheidung des Rechtsstreits durch Prozessurteil anstelle eines Sachurteils hindert den Senat aber nicht an einer abschließenden Sachentscheidung (vgl BSGE 73, 195, 196 = SozR 3-4100 § 249e Nr 3 S 25).

20

a) Die Klägerin hat ihr Begehren im Wege einer Fortsetzungsfeststellungsklage verfolgen können. Das Anfechtungsbegehren der Klägerin hat sich iS des § 131 Abs 1 Satz 3 SGG erledigt durch den Beschluss des Zulassungsausschusses, mit dem die Beendigung der von ihr angefochtenen Sonderbedarfszulassung zum 31.3.2007 festgestellt wurde.

21

aa) Entgegen der Auffassung der Klägerin hat die Beendigung der angefochtenen Zulassung nicht zu einer Klageänderung kraft Gesetzes im Rahmen der Anfechtungsklage nach § 96 Abs 1 SGG geführt. Die dem MVZ erteilte Genehmigung der Beschäftigung des Beigeladenen zu 1. hat die Sonderbedarfszulassung nicht im Sinne dieser Vorschrift ersetzt. Hierfür reicht der von der Klägerin dargelegte Sachzusammenhang nicht aus. Erforderlich ist vielmehr, dass der Regelungsgegenstand des neuen Verwaltungsaktes mit dem des früheren identisch ist (vgl BSG SozR 4-1500 § 86 Nr 2 RdNr 10; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 96 RdNr 4a). Daran fehlt es hier. Berechtigter und als solcher Adressat der Anstellungsgenehmigung nach § 95 Abs 2 Satz 7 SGB V ist das MVZ und nicht der Beigeladene zu 1. Während die Sonderbedarfszulassung die eigenständige Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermöglicht, berechtigt die Anstellungsgenehmigung das MVZ, das als solches über eine Zulassung verfügt, zur Anstellung eines Arztes in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis. Zwar wird der Arzt, sofern er mindestens halbtags beschäftigt wird, gemäß § 95 Abs 3 Satz 2 iVm § 77 Abs 3 Satz 2 SGB V Mitglied der KÄV und unterliegt damit ihrer Disziplinargewalt. Das vermittelt indes keinen einer Zulassung vollständig gleichstehenden Status innerhalb der vertragsärztlichen Versorgung. Der Status des angestellten Arztes im MVZ ist vielmehr stets abgeleitet von dem MVZ, bei dem dieser Arzt angestellt ist. Die Umwandlung einer genehmigten Anstellung in eine Zulassung ist dementsprechend nach § 95 Abs 2 Satz 8 iVm Abs 9b SGB V von einem Antrag des MVZ abhängig. Auch der Umstand, dass die Anstellung des Beigeladenen zu 1. gemäß Nr 38b (seit dem 1.4.2007 § 40) BedarfsplRL zur Deckung eines Sonderbedarfs erfolgte, führt nicht dazu, dass die Genehmigung der Anstellung iS des § 96 Abs 1 SGG an die Stelle der Sonderbedarfszulassung des Beigeladenen zu 1. tritt. Der insofern bestehende enge Sachzusammenhang begründet nicht die erforderliche Identität des Streitgegenstandes. Der Rechtsschutz der Klägerin wird dadurch nicht verkürzt, weil sie die Möglichkeit hat, die Genehmigung der Anstellung gesondert anzufechten.

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bb) Die Klägerin ist aber nicht gehindert gewesen, von der ursprünglich erhobenen Anfechtungsklage auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage überzugehen. Das LSG hat zu Unrecht das erforderliche Feststellungsinteresse iS des § 131 Abs 1 Satz 3 SGG verneint. Es kann offen bleiben, ob nach den Entscheidungen des Senats zur Anfechtung von Sonderbedarfszulassungen vom 17.6.2009 (- B 6 KA 38/08 R - SozR 4-2500 § 101 Nr 5 und - B 6 KA 25/08 R - BSGE 103, 269 = SozR 4-1500 § 54 Nr 16) generell noch eine Wiederholungsgefahr angenommen werden kann. Das erforderliche Feststellungsinteresse ist jedenfalls unter dem Gesichtspunkt der Präjudizialität gegeben, weil ein Schadensersatzprozess mit gewisser Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist (vgl BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 6 RdNr 14; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, aaO, § 131 RdNr 10e). Zwar hat die Klägerin nur gegenüber der KÄV bislang schriftlich Amtshaftungsansprüche geltend gemacht. Auch gegenüber dem Beklagten hat sie aber wiederholt im Verfahren mit hinreichender Deutlichkeit Amtshaftungsansprüche angemeldet.

23

b) Die Revision ist aber in der Sache zurückzuweisen, weil die Frist für die Einlegung des Widerspruchs nicht gewahrt war. Die Klägerin legte am 18.5.2006 gegen den Beschluss des Zulassungsausschusses vom 28.8.2002, mit dem der Beigeladene zu 1. zum 1.9.2002 zugelassen worden war, Widerspruch ein. Damit war nicht nur die in § 84 Abs 1 Satz 1 SGG festgelegte Frist von einem Monat ab Bekanntgabe des Verwaltungsaktes verstrichen, sondern auch die - hier maßgebliche - Jahresfrist des § 84 Abs 2 Satz 3 iVm § 66 Abs 2 SGG. Zwar ist die Entscheidung zugunsten des Beigeladenen zu 1. der Klägerin nicht bekanntgegeben worden, weil die Zulassungsgremien sie nicht am Verfahren beteiligt haben. Daraus folgt aber nicht, dass es keine zeitliche Grenze für die Anfechtung der Entscheidung gibt. Im Interesse der Planungssicherheit für den von der Zulassung begünstigten Arzt und nicht zuletzt im Interesse der Funktionsfähigkeit der vertragsärztlichen Versorgung muss vielmehr ausgeschlossen werden, dass der Status eines Vertragsarztes noch Jahre nach seiner Begründung durch Rechtsbehelfe von Konkurrenten in Frage gestellt werden kann.

24

Das Gesetz enthält als möglichen zeitlichen Anknüpfungspunkt für eine Begrenzung in § 66 Abs 2 SGG die Jahresfrist für den Fall, dass keine oder eine unrichtige Rechtsbehelfsbelehrung erteilt wurde. Innerhalb eines Jahres soll eine Anfechtung auch dann noch möglich sein, wenn der Betroffene nicht ordnungsgemäß über seine Verfahrensrechte informiert wurde. Im Interesse der Rechtssicherheit ist aber nach dem Ablauf eines Jahres nach Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes eine Anfechtung grundsätzlich ausgeschlossen. In Anlehnung an diesen Grundsatz, dem eine gesetzgeberische Bewertung des Rechtsschutzinteresses einerseits und der Rechtssicherheit andererseits zu entnehmen ist, kann auch ein Drittwiderspruch gegen eine Sonderbedarfszulassung zulässig nur binnen einer Jahresfrist eingelegt werden. Diese Zeitdauer ist im Vertragsarztrecht für die Anfechtung von Sonderbedarfszulassungen auch dann angemessen, wenn die Zulassungsentscheidung dem Konkurrenten überhaupt nicht iS des § 84 Abs 1 Satz 1 SGG bekannt gemacht worden ist.

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Die Anfechtungsberechtigung eines bereits zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Arztes setzt ua voraus, dass er und der Konkurrent im selben räumlichen Bereich die gleichen Leistungen anbieten (vgl zuletzt BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 26 RdNr 18 mwN). Letztlich geht es darum, ob der bereits niedergelassene Arzt durch die Tätigkeit des Konkurrenten im räumlichen Einzugsbereich seiner Praxis wegen der Überschneidung der ärztlichen Tätigkeit wirtschaftlich beeinträchtigt wird. Dass für den niedergelassenen Arzt eine solche Konkurrenz binnen eines Jahres erkennbar wird, kann unwiderleglich vermutet werden. Den Fristbeginn markiert in diesen Fällen die tatsächliche Aufnahme der vertragsärztlichen Tätigkeit, die in aller Regel mit dem dafür in der Zulassung genannten Datum übereinstimmen wird. Allein die Statusverleihung muss nicht notwendig zur Kenntnis der bereits niedergelassenen Vertragsärzte gelangen, wenngleich Neuzulassungen - wie im Saarland - häufig in Publikationen der KÄV bekannt gegeben werden. Es kann aber jedenfalls davon ausgegangen werden, dass die tatsächliche Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit, soweit sie Auswirkungen in einer Konkurrenzsituation hat, nicht unbemerkt bleibt. Insofern liegt eine ähnliche Situation vor wie in baurechtlichen Nachbarschaftsstreitigkeiten. Das Bundesverwaltungsgericht wendet nicht nur im unmittelbaren Grenznachbarschaftsverhältnis die Jahresfrist des § 58 Abs 2 VwGO an, wenn der Nachbar von einer Baugenehmigung Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen müssen(vgl BVerwGE 78, 85, 89 f). Dabei betont das Bundesverwaltungsgericht eine Verpflichtung des Nachbarn, nach Erkennen der Beeinträchtigung ungesäumt seine Einwendungen geltend zu machen. Für die Zulassungen in der vertragsärztlichen Versorgung gilt der hierin zum Ausdruck kommende Gedanke des Interessenausgleichs in besonderem Maße.

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Mit der Jahresfrist werden die Interessen der Beteiligten jeweils angemessen berücksichtigt. Der Arzt, dem eine Sonderbedarfszulassung erteilt und im Anschluss daran die Durchführung eines nephrologischen Versorgungsauftrages genehmigt wird, hat ein berechtigtes Interesse an Rechtssicherheit in einem überschaubaren Zeitraum. Er stellt seine gesamte berufliche Tätigkeit hierauf ab. Gerade in dem hier betroffenen Bereich der Dialyseversorgung müssen uU erhebliche Investitionen getätigt und finanzielle Verpflichtungen eingegangen werden. Gleichzeitig wird eine Versorgungsstruktur für die von dem Versorgungsauftrag umfassten Patientengruppen aufgebaut und von den Versicherten auch in Anspruch genommen. Die Einbindung in die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung erfordert sowohl für Statusentscheidungen als auch für andere Entscheidungen, die ausnahmsweise von Dritten unter Konkurrenzgesichtspunkten angegriffen werden können, ein besonderes Maß an Verlässlichkeit. Gegen dieses Interesse des von der (Neu)Zulassung Begünstigten ist abzuwägen der Anspruch des Drittbetroffenen auf Rechtsschutz, der eine verfahrensrechtliche Absicherung seines Grundrechtsschutzes darstellt (vgl BVerfG SozR 4-1500 § 54 Nr 4 RdNr 26). Dieses Recht des Drittbetroffenen wird durch die Anwendung der Ausschlussfrist von einem Jahr ab der tatsächlichen Aufnahme der Tätigkeit nicht unverhältnismäßig eingeschränkt. Sind die Folgen eines Konkurrenzverhältnisses binnen eines Jahres nach Aufnahme der Tätigkeit nicht spürbar, ist von keiner ernsthaften Beeinträchtigung der durch die vertragsärztliche Tätigkeit eröffneten Erwerbschancen auszugehen. Das gilt erst recht, wenn - wie hier - knapp vier Jahre zwischen dem Erlass des Verwaltungsaktes und der Widerspruchseinlegung liegen.

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c) Die Fristversäumnis ist hier auch nicht dadurch geheilt, dass der Beklagte in dem angefochtenen Beschluss hierauf nicht eingegangen ist. Zum einen hat der Beklagte den Widerspruch im Ergebnis zu Recht als unzulässig angesehen. Zum anderen hätte der Beklagte auch nicht zu Lasten des Beigeladenen zu 1. über den verspäteten Widerspruch der Klägerin in der Sache entscheiden und damit den Rechtsweg eröffnen dürfen; bei Verwaltungsakten mit Drittwirkung ist kein Raum für eine Wiedereröffnung des Rechtswegs durch behördliche Sachentscheidung (vgl BVerwGE 65, 313, 318; Leitherer in Meyer/Ladewig/Keller/Leitherer, aaO, § 84 RdNr 7a).

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d) Die Geltung der Jahresfrist mindert nicht die Pflicht der KÄV und der Zulassungsgremien, im Verfahren gemäß § 12 Abs 2 SGB X diejenigen zu beteiligen und zu informieren, zu deren Gunsten Drittschutz besteht. Die zeitliche Eingrenzung der Anfechtungsberechtigung dient der Rechtssicherheit und entlastet die zuständigen Behörde nicht von ihren verfahrensrechtlichen Pflichten. Verstöße gegen diese Pflicht führen indes nicht zur Verlängerung der Jahresfrist, sondern können allenfalls Amtshaftungsansprüche des Arztes auslösen, der nicht am Verfahren beteiligt worden ist, obwohl seine Betroffenheit aus der Sicht der Zulassungsgremien oder der KÄV auf der Hand lag.

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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung von § 154 Abs 2, § 162 Abs 3 VwGO. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten Beigeladener ist nur hinsichtlich der Beigeladenen zu 1. bis 5. veranlasst; nur diese haben im Revisionsverfahren Anträge gestellt (vgl BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, RdNr 16).

(1) Beteiligte sind

1.
Antragsteller und Antragsgegner,
2.
diejenigen, an die die Behörde den Verwaltungsakt richten will oder gerichtet hat,
3.
diejenigen, mit denen die Behörde einen öffentlich-rechtlichen Vertrag schließen will oder geschlossen hat,
4.
diejenigen, die nach Absatz 2 von der Behörde zu dem Verfahren hinzugezogen worden sind.

(2) Die Behörde kann von Amts wegen oder auf Antrag diejenigen, deren rechtliche Interessen durch den Ausgang des Verfahrens berührt werden können, als Beteiligte hinzuziehen. Hat der Ausgang des Verfahrens rechtsgestaltende Wirkung für einen Dritten, ist dieser auf Antrag als Beteiligter zu dem Verfahren hinzuzuziehen; soweit er der Behörde bekannt ist, hat diese ihn von der Einleitung des Verfahrens zu benachrichtigen.

(3) Wer anzuhören ist, ohne dass die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, wird dadurch nicht Beteiligter.

(1) Der Widerspruch ist binnen eines Monats, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekanntgegeben worden ist, schriftlich, in elektronischer Form nach § 36a Absatz 2 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch oder zur Niederschrift bei der Stelle einzureichen, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Die Frist beträgt bei Bekanntgabe im Ausland drei Monate.

(2) Die Frist zur Erhebung des Widerspruchs gilt auch dann als gewahrt, wenn die Widerspruchsschrift bei einer anderen inländischen Behörde oder bei einem Versicherungsträger oder bei einer deutschen Konsularbehörde oder, soweit es sich um die Versicherung von Seeleuten handelt, auch bei einem deutschen Seemannsamt eingegangen ist. Die Widerspruchsschrift ist unverzüglich der zuständigen Behörde oder dem zuständigen Versicherungsträger zuzuleiten, der sie der für die Entscheidung zuständigen Stelle vorzulegen hat. Im übrigen gelten die §§ 66 und 67 entsprechend.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Soweit der Widerspruch erfolgreich ist, hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Dies gilt auch, wenn der Widerspruch nur deshalb keinen Erfolg hat, weil die Verletzung einer Verfahrens- oder Formvorschrift nach § 41 unbeachtlich ist. Aufwendungen, die durch das Verschulden eines Erstattungsberechtigten entstanden sind, hat dieser selbst zu tragen; das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten im Vorverfahren sind erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war.

(3) Die Behörde, die die Kostenentscheidung getroffen hat, setzt auf Antrag den Betrag der zu erstattenden Aufwendungen fest; hat ein Ausschuss oder Beirat die Kostenentscheidung getroffen, obliegt die Kostenfestsetzung der Behörde, bei der der Ausschuss oder Beirat gebildet ist. Die Kostenentscheidung bestimmt auch, ob die Zuziehung eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten notwendig war.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.