Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 20. Mai 2015 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 6. Juli 2015 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte zur Zahlung von Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz verurteilt wird.

Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Tatbestand

1

Die klagende Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) begehrt von der beklagten Krankenkasse die Auszahlung von Beträgen, die diese für die Anschubfinanzierung der integrierten Versorgung für die Quartale I/2004 bis einschließlich IV/2008 von der Gesamtvergütung einbehalten hatte.

2

Die Rechtsvorgängerin der beklagten DAK-Gesundheit behielt gegenüber der Klägerin von der Gesamtvergütung für die Quartale I/2004 bis IV/2008 verschiedene Beträge, insgesamt 4 778 396,03 Euro, ein. Sie hatte zwölf Verträge abgeschlossen, die sie der von der Deutschen Krankenhausgesellschaft, der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KÄBV) und den Spitzenverbänden der Krankenkassen eingerichteten gemeinsamen Registrierungsstelle zur Unterstützung der Umsetzung des § 140d SGB V meldete.

3

Mit ihrer 2004 erhobenen Klage hat die Klägerin zunächst die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung der einbehaltenen Gesamtvergütung für das Quartal III/2004 begehrt. Im Jahr 2005 hat sie ihre Klage erweitert und die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von in den Quartalen IV/2004 bis II/2005 einbehaltenen 548 861,17 Euro begehrt. Nachdem 2007 das Ruhen des Verfahrens angeordnet worden war, hat die Klägerin 2008 beantragt,

        

"1.     

die ruhende Klage nach den zwischenzeitlich ergangenen Entscheidungen des Bundessozialgerichts wieder aufzunehmen,

        

 2.     

die Klage auf die seit Erhebung der Klage von der Beklagten neu abgeschlossenen Verträge zur integrierten Versorgung zu erweitern,

        

 3.     

die Beklagte zu verpflichten, die von ihr abgeschlossenen Verträge zur integrierten Versorgung dem Gericht und der Klägerin vorzulegen,

        

 4.     

hilfsweise ... für den Fall, dass diese Klage nicht erweitert werden kann ..., die Beklagte in einem neuen Verfahren zu verurteilen, die außer dem Klageantrag zu Unrecht einbehaltenen Mittel zur Förderung der integrierten Versorgung an die Klägerin zu zahlen".

4

Im Februar 2011 hat die Klägerin eine zusätzliche Erweiterung der Klage erklärt und nunmehr die Auszahlung der insgesamt in den Quartalen I/2004 bis IV/2008 einbehaltenen Beträge begehrt, die sie zunächst mit 181 117,91 Euro beziffert und dann auf 4 739 243,73 Euro korrigiert hat. Ihrer Ansicht nach berechtigte keiner der vorgelegten Verträge die Beklagte zu Einbehalten zur Anschubfinanzierung der integrierten Versorgung.

5

Mit Urteil vom 11.12.2013, berichtigt mit Beschluss vom 14.2.2014, hat das SG Hamburg die Beklagte zur Zahlung von insgesamt 3 749 628,77 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz unter Zugrundelegung der Fälligkeitszeitpunkte für die monatsweisen Abschlagszahlungen verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, es habe sich lediglich bei einem Vertrag (Nr 111 Endoprothetik) um einen Vertrag iS von § 140b SGB V gehandelt, die übrigen Verträge seien nicht als Integrationsverträge zu qualifizieren.

6

Die Berufung der Beklagten hatte insoweit Erfolg, als das LSG auch die Verträge Nr 115 (gynäkologische Operationen), Nr 119 (KHK), Nr 5026 (kardiologische Erkrankung) und Nr 819 (Katarakt-Operation) als Verträge über eine integrierte Versorgung angesehen hat. Das LSG hat die Beklagte zur Zahlung von 1 909 855,11 Euro verurteilt zuzüglich Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem Folgetag der Fälligkeit der Abschlagszahlungen (Urteil vom 20.5.2015, Berichtigungsbeschluss vom 6.7.2015). Die weiteren Verträge, die Grundlage der streitigen Einbehalte sind, genügten den Anforderungen an eine integrierte Versorgung iS der §§ 140a ff SGB V nach der Überzeugung des LSG nicht.

7

Im Vertrag Nr 117 (Stammzelltransplantation) werde weder eine sektorenübergreifende noch eine interdisziplinär-fachübergreifende Versorgung geregelt. Die vorgesehenen Leistungen des einzigen Vertragspartners, eines Krankenhausträgers, beträfen im Wesentlichen (§ 3 des Vertrages, Leistungsmodule 1 bis 3)die stationäre Versorgung. Soweit ein Modul ambulante und teilstationäre Nachsorgeleistungen vorsehe, sei nicht erkennbar, wer Leistungserbringer sein solle. Zwar spreche § 4 Satz 3 des Vertrages davon, dass die Leistungen von einem ermächtigten Krankenhausarzt im Strahlenzentrum oder aber von einem "niedergelassenen Arzt..., der mit dem Transplantationszentrum ... kooperiert" erbracht werden sollen, solche Ärzte seien aber nicht in den Vertrag einbezogen worden. Auch die übrigen Verträge beträfen keine sektorenübergreifende Versorgung. Vertragspartner seien jeweils Kliniken bzw ihre Träger. Für die Einbeziehung weiterer Kooperationspartner habe es jeweils an der notwendigen Zustimmung aller Vertragspartner nach § 140b Abs 5 SGB V gefehlt. Diese Zustimmung könne nicht vorab pauschal bei Abschluss des Integrationsvertrages erteilt werden.

8

Der Anspruch auf Auszahlung zunächst einbehaltener Beträge sei auch nicht verjährt, weil die Verjährung mit der Klageerhebung gehemmt worden sei. Darüber hinaus könne die Beklagte dem Anspruch nicht entgegenhalten, die Einbehalte seien über die vertragsspezifische Abzugsquote hinaus auf einen bestimmten Vertrag verwandt worden. Damit mache sie nachträglich eine höhere als die gemeldete Abzugsquote geltend und weiche von ihren eigenen Angaben bei der Registrierungsstelle ab.

9

Zur Begründung ihrer Revision macht die Beklagte geltend, die Ansprüche der Klägerin seien jedenfalls bezüglich der Quartale I/2004 bis einschließlich IV/2006 verjährt. Da sie keine Stufenklage erhoben habe, sei eine Verjährungshemmung frühestens mit Bezifferung ihrer Ansprüche für alle Quartale im Schriftsatz vom 14.4.2011 eingetreten. Bei den streitgegenständlichen Verträgen handele es sich ausnahmslos um Verträge zur integrierten Versorgung. Der Vertrag Nr 113 sei ein Integrationsvertrag, da Rehabilitationskliniken wirksam einbezogen seien und eine sektorenübergreifende Versorgung angeboten werde. Das LSG gehe zu Unrecht davon aus, dass die vertragliche Einbeziehung von Leistungserbringern stets als zustimmungsbedürftiger Beitritt zu werten sei. Es müssten nicht alle Leistungserbringer Vertragspartner sein. Dies bestätige auch die vom Gesetzgeber eingeräumte Möglichkeit, mit Managementgesellschaften oder Ärztenetzen Integrationsverträge zu schließen und nicht mit den Leistungserbringern. Somit müsse eine Einbeziehung von Leistungserbringern über Kooperationsvereinbarungen möglich sein. Eine Zustimmung zu einem Beitritt liege aber ohnehin auch vor, da die Vergütung eine solche konkludente Erklärung enthalte. Darüber hinaus habe eine fehlende Zustimmung nicht die Unwirksamkeit des Vertrages zur Folge. Für den Vertrag Nr 5035 gelte ebenfalls, dass durch Kooperationsvereinbarungen der Klinik B. niedergelassene Ärzte in den Integrationsvertrag eingebunden gewesen seien, sodass eine sektorenübergreifende Versorgung angeboten worden sei. Bei dem Vertrag Nr 4488 seien neben dem Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) niedergelassene Ärzte durch Beitrittserklärungen wirksam in den Vertrag eingebunden worden. Eine Zustimmung zu einem Beitritt liege auch hier konkludent in der Zahlung der Vergütung. Hinsichtlich des Vertrages Nr 941 seien ebenfalls niedergelassene Ärzte als Kooperationspartner der Vertragspartnerin H. GmbH als Managementgesellschaft hinreichend in den Vertrag eingebunden. Zudem werde die sektorenübergreifende Versorgung auch hier bereits durch das Klinikum selbst angeboten. Der Vertrag Nr 2506 sei bereits allein aufgrund des sektorenübergreifenden Ansatzes im UKE ein Integrationsvertrag. Die später beigetretenen niedergelassenen Ärzte seien über das UKE als Managementgesellschaft in den Vertrag eingebunden gewesen. Mit der Zahlung der Vergütung sei auch seitens der Krankenkasse konkludent die Zustimmung erklärt worden. Der Vertrag Nr 7131 sei ein Integrationsvertrag, da die N. Klinik als Managementgesellschaft niedergelassene Ärzte in die Versorgung einbinde. Bei dem Vertrag Nr 117 handele es sich um einen Vertrag über eine integrierte Versorgung, da das Stammzelltransplantationszentrum der H. GmbH eine sektorenübergreifende Versorgung anbiete. Darüber hinaus gehe das LSG unzutreffend davon aus, dass die Beklagte im Hinblick auf die bei der Registrierungsstelle gemeldeten Quoten für die einzelnen Verträge die Einbehalte nicht auf Ausgaben für andere Integrationsverträge stützen dürfe. Die Gesamtkürzungsquote sei zu keinem Zeitpunkt, auch nicht nachträglich, erhöht worden. Schließlich seien Zinsen allenfalls in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen.

10

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG vom 20.5.2015 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 6.7.2015 sowie das Urteil des SG vom 11.12.2013 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 14.2.2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

11

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

12

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Der Vertrag Nr 113 beinhalte keine integrierte Versorgung, es werde allein eine stationäre Versorgung angeboten. Vertrag Nr 5035 sei allein mit der Klinik B. geschlossen worden, eine sektorenübergreifende Versorgung liege mangels Einbeziehung der niedergelassenen Ärzte in den Vertrag nicht vor. Bei den Verträgen Nr 4488, Nr 941 und Nr 7131 sei wiederum einziger Vertragspartner ein Krankenhaus und allein die stationäre Versorgung Vertragsgegenstand. Der Vertrag Nr 2506 beinhalte keine Angaben zu einer Verbindung des ambulanten und stationären Sektors. Schließlich stelle auch der Vertrag Nr 117 keinen Integrationsvertrag dar, da allein der stationäre Sektor betroffen sei und keine sektorenübergreifende Versorgung angeboten werde. Die Beklagte könne sich auch nicht nachträglich auf andere Verträge berufen, um die Einbehalte zu rechtfertigen.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision hat nur insoweit Erfolg, als die Beklagte Zinsen nur in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen hat. Im Übrigen ist die Revision unbegründet. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Auszahlung der Teile der Gesamtvergütung zu, die die Beklagte für die noch streitbefangenen Verträge einbehalten hat.

14

1. Streitbefangen im Revisionsverfahren sind noch Aufwendungen für die Verträge Nr 117 (Stammzelltransplantation), Nr 113 (Kardiologie), Nr 5035 (Parkinson), Nr 4488 (psychotische Störungen), Nr 941 (Depression), Nr 2506 (Prostatakrebs) und Nr 7131 (Chirurgie am Kind). Hinsichtlich der Verträge Nr 115 (gynäkologische Operationen), Nr 119 (KHK), Nr 5026 (kardiologische Erkrankung) und Nr 819 (Katarakt-Operation) hat das LSG festgestellt, dass es sich um solche der integrierten Versorgung gehandelt habe. Da die Klägerin dies nicht mit einer Anschlussrevision angegriffen hat, sind diese Verträge im Revisionsverfahren nicht mehr zu beurteilen.

15

2. Die Klägerin hat einen Anspruch nach § 85 Abs 1 SGB V iVm § 140d Abs 1 Satz 1 und 5 SGB V(in den bis zum 31.3.2007 geltenden Fassungen des GKV-Modernisierungsgesetzes vom 14.11.2003 sowie des Vertragsarztrechtsänderungsgesetzes vom 22.12.2006 ) bzw nach dem - für die KÄV einschlägigen Regelungsbereich - nur in den Zeitangaben abweichenden § 140d Abs 1 Satz 1 und 8 SGB V(in der bis zum 31.12.2011 geltenden Fassung des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes vom 26.3.2007 ; im Folgenden für beide Fassungen: aF) auf Auszahlung der Einbehalte für die streitbefangenen Verträge, weil diese nicht die Voraussetzungen für Integrationsverträge erfüllen.

16

a) Zur Förderung der integrierten Versorgung hatte nach § 140d Abs 1 Satz 1 SGB V aF jede Krankenkasse in den Jahren 2004 bis zunächst 2006, sodann verlängert bis 2008 jeweils Mittel bis zu 1 vom Hundert von der nach § 85 Abs 2 an die KÄV zu entrichtenden Gesamtvergütung sowie von den Rechnungen der einzelnen Krankenhäuser für voll- und teilstationäre Versorgung einzubehalten, soweit die einbehaltenen Mittel zur Umsetzung von nach § 140b SGB V geschlossenen Verträgen erforderlich waren. Die Anschubfinanzierung sollte Anreize setzen, Verträge über eine integrierte Versorgung abzuschließen.

17

Bereits mit dem GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000 vom 22.12.1999 (BGBl I 2626) hatte der Gesetzgeber die neue Versorgungsform der integrierten Versorgung geschaffen, um eine Verzahnung der ambulanten und stationären Behandlung der Versicherten zu erreichen (vgl BT-Drucks 14/1245 S 91). Krankenkassen können seitdem mit Leistungserbringern oder anderen geeigneten Anbietern Verträge über interdisziplinär-fachübergreifende oder sektorenübergreifende Behandlungen schließen. In den Folgejahren entwickelten Krankenkassen und Leistungserbringer allerdings kaum integrierte Versorgungsformen. Daraufhin förderte der Gesetzgeber mit neuen Rahmenbedingungen den Abschluss von Verträgen: Mit dem GKV-Modernisierungsgesetz vom 14.11.2003 (BGBl I 2190) erweiterte er in § 140b Abs 1 SGB V den Kreis der potentiellen Vertragspartner der Krankenkassen um sog Managementgesellschaften und normierte in § 140d Abs 1 Satz 1 SGB V die Pflicht der Krankenkassen, 1 % der Gesamtvergütung sowie der Krankenhausrechnungen für voll- und teilstationäre Leistungen in den Jahren 2004 bis 2006 zur Förderung der integrierten Versorgung einzubehalten. Ausgehend von den Daten des Jahres 2002 ergab dies einen Betrag von ca 460 000 000 Euro (vgl BT-Drucks 15/1525 S 131). Die einbehaltenen Mittel waren nach § 140d Abs 1 Satz 3 SGB V idF des GKV-Modernisierungsgesetzes ausschließlich zur Finanzierung für in Integrationsverträgen vereinbarte Vergütungen zu verwenden. Seit dem GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz vom 26.3.2007 (BGBl I 378) waren sie ab 1.4.2007 allein für voll- oder teilstationäre und ambulante Leistungen der Krankenhäuser, ambulante vertragsärztliche Leistungen oder besondere Integrationsaufgaben zu verwenden. Nach Ablauf der Startphase der integrierten Versorgung sollte eine Verwendung der Mittel für andere Leistungsbereiche nicht mehr erfolgen (vgl BT-Drucks 16/3100 S 152 f). Die Mittel sollten in dem Bezirk der KÄV verwendet werden, an die die verringerte Gesamtvergütung gezahlt wurde (§ 140d Abs 1 Satz 4 SGB V idF des GKV-Modernisierungsgesetzes). Sofern die zur Förderung der integrierten Versorgung aufgewendeten Mittel die einbehaltenen Mittel überstiegen, war die Gesamtvergütung zu bereinigen (§ 140d Abs 2 Satz 1 SGB V idF des GKV-Modernisierungsgesetzes); sofern die einbehaltenen Mittel hingegen nicht innerhalb von drei Jahren zweckentsprechend ausgegeben wurden, waren sie an die KÄV und die einzelnen Krankenhäuser auszuzahlen (§ 140d Abs 1 Satz 5 SGB V idF des GKV-Modernisierungsgesetzes).

18

Mit dem Vertragsarztrechtsänderungsgesetz vom 22.12.2006 (BGBl I 3439) hat der Gesetzgeber die Regelung um zwei Jahre verlängert und die Pflicht zur Rückzahlung nicht zweckentsprechend verbrauchter Mittel bis zum 31.3.2009 aufgeschoben. Die Zahl der Vertragsabschlüsse stieg bis Ende 2008 auf über 6000 an (vgl Bäune in Ratzel/Luxenburger, Handbuch Medizinrecht, 3. Aufl 2015, Kapitel 8 RdNr 4). Der Gesetzgeber hat die Anschubfinanzierung zum 31.12.2008 auslaufen lassen. Die Finanzierung der Vergütung der integrierten Versorgungsformen erfolgt seitdem ausschließlich über eine Bereinigung der Gesamtvergütungen (§ 140d Abs 1 Satz 1 SGB V idF des GKV-Versorgungsstrukturgesetzes vom 22.12.2011 ; § 140a Abs 6 Satz 1 idF des GKV-Versorgungsstärkungsgesetzes vom 16.7.2015 ; vgl zur Entwicklung der Regelungen BSGE 107, 78 = SozR 4-2500 § 140d Nr 2 RdNr 12, 13).

19

b) Voraussetzung für den Zahlungsanspruch der Klägerin ist, dass die Beklagte die zum Zwecke der Anschubfinanzierung der integrierten Versorgung einbehaltenen Mittel nicht innerhalb von drei Jahren zweckentsprechend verwendet hat. Das hat das LSG zu Recht im Umfang von 1 909 855,11 Euro bejaht. Nach der Rechtsprechung des BSG haben die Gerichte lediglich eine überschlägige, die Grundvoraussetzungen eines Vertrages über integrierte Versorgung einbeziehende Prüfung vorzunehmen, denn andernfalls gäben derartige Rechtsstreitigkeiten Konkurrenten der integrierten Versorgung ein Mittel an die Hand, um Verträge über die integrierte Versorgung im Rahmen der gerichtlichen Überprüfung von Einbehaltungen zu Fall zu bringen (BSGE 107, 78 = SozR 4-2500 § 140d Nr 2, RdNr 24; Urteil vom 25.11.2010 - B 3 KR 6/10 R - Juris RdNr 17). Grundvoraussetzung für einen Vertrag über integrierte Versorgung ist, dass die dort geregelte Versorgung interdisziplinär-fachübergreifend oder sektorenübergreifend ist (BSG SozR 4-2500 § 140a Nr 2 RdNr 16 ff; BSG Urteile vom 6.2.2008 - B 6 KA 6/07 R - Juris RdNr 16 ff und B 6 KA 7/07 R - Juris RdNr 15 ff; BSGE 100, 52 = SozR 4-2500 § 140d Nr 1, RdNr 13, 15 ff; BSG Beschluss vom 2.7.2014 - B 6 KA 16/14 B - Juris RdNr 14) und dass die Behandlungsleistungen, die im Rahmen der integrierten Versorgung erbracht werden, solche der Regelversorgung zumindest überwiegend ersetzen (BSG SozR 4-2500 § 140a Nr 2 RdNr 21; BSGE 100, 52 = SozR 4-2500 § 140d Nr 1, RdNr 20 ff; BSG Urteile vom 6.2.2008 - B 6 KA 6/07 R - Juris RdNr 21 und - B 6 KA 7/07 R - Juris RdNr 20; BSG Beschluss vom 2.7.2014 - B 6 KA 16/14 B - Juris RdNr 14). Eine Versorgung ist sektorenübergreifend, wenn sie ambulante und stationäre Leistungen oder aber verschiedene Untersektoren der ambulanten oder stationären Versorgung umfasst (vgl BSGE 100, 52 = SozR 4-2500 § 140d Nr 1, RdNr 17 f; ausführlich zum Begriff "sektorenübergreifend" auch Felix/Brockmann, Zu den Voraussetzungen der Anschubfinanzierung im Rahmen der integrierten Versorgung, NZS 2007, 623, 626 ff). Durch eine Verzahnung der verschiedenen Leistungssektoren sollen insbesondere Schnittstellenprobleme wie unnötige Doppeluntersuchungen, Koordinationsprobleme im Behandlungsablauf oder Wartezeiten vermieden werden (BSG SozR 4-2500 § 140a Nr 2 RdNr 18; BSGE 100, 52 = SozR 4-2500 § 140d Nr 1, RdNr 15). Eine interdisziplinär-fachübergreifende Versorgung liegt vor, wenn ein Konzept längerfristige, gemeinsam aufeinander abgestimmte Behandlungen von Haus- und Fachärzten oder von Fachärzten unterschiedlicher Gebiete vorsieht und über die im ambulanten Bereich übliche Zusammenarbeit durch Überweisungen oder Zusammenarbeit der Abteilungen unterschiedlicher Fachgebiete innerhalb eines Krankenhauses hinausgeht (vgl BSG SozR 4-2500 § 140a Nr 2 RdNr 17, 24).

20

Ein Integrationsvertrag liegt zudem nur vor, wenn eine Krankenkasse eine Vereinbarung mit einem geeigneten Vertragspartner schließt. § 140b Abs 1 SGB V benennt mögliche Vertragspartner abschließend(BSGE 107, 78 = SozR 4-2500 § 140d Nr 2, RdNr 27; BSG Urteil vom 25.11.2010 - B 3 KR 6/10 R - Juris RdNr 18; ausführlich Bohle, Integrierte Versorgung, 2. Aufl 2008, S 29 ff). Neben den Leistungserbringern selbst sind als potenzielle Vertragspartner auch Anbieter integrierter Versorgung benannt, die eine integrierte Versorgung erst durch zur Versorgung der Versicherten nach dem Vierten Kapitel berechtigte Leistungserbringer anbieten, § 140b Abs 1 Nr 4 SGB V idF des GKV-Modernisierungsgesetzes.

21

c) Das LSG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass die Verträge Nr 113, Nr 117, Nr 941, Nr 2506, Nr 4488, Nr 5035 und Nr 7131 diesen Anforderungen nicht gerecht werden.

22

aa) Die Einordnung als Integrationsvertrag scheitert allerdings - entgegen der Auffassung des LSG - bei keinem der Verträge an einer fehlenden Zustimmung der Beklagten zur rechtlichen Einbeziehung weiterer Leistungserbringer. Nach § 140b Abs 5 SGB V (aF) war eine solche Zustimmung erforderlich, wenn ein Dritter dem Vertrag beitrat. Ein solcher Beitritt fand aber nur statt, wenn ein Dritter in den bestehenden Vertrag eintrat und selbst Vertragspartner werden sollte. Wenn hingegen ein Vertrag zwischen einer Krankenkasse und dem Träger einer Einrichtung nach § 140b Abs 1 Nr 4 SGB V(aF; nunmehr § 140a Abs 3 Satz 1 Nr 2 SGB V) geschlossen wurde, bedurfte es eines solchen Beitritts der Leistungserbringer zum Vertrag nicht, sodass auch keine Zustimmung erforderlich wurde. Träger einer "Einrichtung" im Sinne dieser Vorschrift, die eine integrierte Versorgung nach § 140a SGB V durch zur Versorgung der Versicherten nach dem Vierten Kapitel berechtigte Leistungserbringer anbot, musste nicht notwendig eine allein diesen Zweck verfolgende Gesellschaft sein(vgl BT-Drucks 15/1525 S 129, 130). Vielmehr konnte etwa auch ein Krankenhaus die Funktion einer solchen "Managementgesellschaft" ausüben (vgl Motz in Eichenhofer/Wenner, SGB V, 2. Aufl 2016, § 140a RdNr 57; Bäune in GKV-Komm SGB V, Stand Februar 2013, § 140b RdNr 12). Bei einem Integrationsvertrag mit einer Managementgesellschaft erfolgt die Einbindung der Leistungserbringer durch einzelne Verträge der Gesellschaft mit den Leistungserbringern. Vertragspartner der Krankenkasse ist allein die Managementgesellschaft, die ihrerseits durch Verträge mit Leistungserbringern den sektorenübergreifenden Charakter des Leistungskonzepts sicherstellt (vgl Bäune in GKV-Komm SGB V, aaO, § 140b, RdNr 12; Reese/Stallberg in Handbuch des Pharmarechts, 2010, § 17 RdNr 334 ff). Dabei reicht es nicht aus, dass der Vertragspartner der Krankenkasse lediglich abstrakt die Einbeziehung von Leistungserbringern plant, er muss die potentiellen Leistungserbringer vielmehr konkret benennen und verpflichten (vgl BSGE 107, 78 = SozR 4-2500 § 140d Nr 2, RdNr 27). Soweit mithin in den Verträgen vorgesehen war, dass die Vertragspartner der Beklagten weitere Leistungserbringer vertraglich einbinden sollten, bedurfte es einer Zustimmung der Beklagten nach § 140b Abs 5 SGB V aF hierzu nicht.

23

bb) Die Beurteilung des LSG, im Vertrag Nr 117 (Stammzelltransplantation) werde weder eine sektorenübergreifende noch eine interdisziplinär-fachübergreifende Versorgung geregelt, ist nicht zu beanstanden. Gegenstand des Vertrages ist nach § 2 "die Durchführung der autologen Stammzelltransplantation entsprechend DRG A15C einschließlich A42Z wie definiert im Fallpauschalenkatalog". Die Leistungen des einzigen Vertragspartners, eines Krankenhausträgers, betreffen im Wesentlichen (§ 3 des Vertrages, Leistungsmodule 1 bis 3) die stationäre Versorgung entsprechend den Leistungsdefinitionen der Diagnosis Related Groups (DRG). Soweit das Modul 4 ambulante und teilstationäre Nachsorgeleistungen für den Zeitraum von Tag 91 bis Tag 365 nach stationärer Aufnahme vorsieht, ist aus dem Vertrag nicht eindeutig erkennbar, wer Leistungserbringer sein soll. In § 4 Satz 3 des Vertrages heißt es, dass die Leistungen im Transplantationszentrum oder aber von einem "niedergelassenen Arzt..., der mit dem Transplantationszentrum ... kooperiert", erbracht werden sollen. Die Beklagte trägt im Revisionsverfahren vor, Leistungserbringer sei für alle Leistungen das Stammzelltransplantationszentrum des Vertragspartners. Der Senat hat aber bereits entschieden, dass das mögliche Zusammenwirken verschiedener Krankenhausabteilungen keine interdisziplinär-fachübergreifende Zusammenarbeit begründet, die über das in der stationären Versorgung übliche Maß hinausgeht und dass es für die Annahme einer Leistungssektoren übergreifenden Versorgung nicht ausreicht, wenn innerhalb eines Krankenhauses nur die stationär und die ambulant erbrachten ärztlichen Behandlungen miteinander verknüpft werden, es sei denn, dass die Verzahnung deutlich über das Maß hinausgeht, das normalerweise in der traditionellen Versorgung besteht (BSG SozR 4-2500 § 140a Nr 2 RdNr 17, 24). Grundsätzlich nicht ausreichend sind danach Verknüpfungen zwischen der stationären Versorgung und den ambulanten Behandlungen, die im Krankenhaus durch Hochschul- oder Institutsambulanzen und durch ermächtigte Ärzte erfolgen. Für einen Ausnahmefall, in dem eine solche Verknüpfung im Hinblick auf das besondere Krankheitsbild und besondere Verbindungen der unterschiedlichen Behandlungen als ausreichend anzusehen wäre (BSG aaO: "… möglicherweise bei psychiatrischen Patienten ..."), ist nichts ersichtlich.

24

cc) Der im März 2004 geschlossene Vertrag Nr 113 (Kardiologie) betrifft ebenfalls keine sektorenübergreifende Versorgung im Sinne einer integrierte Versorgung. Einziger Vertragspartner der Beklagten ist das A. für die Häuser der A.-Gruppe. Soweit neben der stationär durchzuführenden Operation (Behandlungsphase 1) in Behandlungsphase 2 eine (stationäre oder ambulante) Anschlussrehabilitation nach § 2 Abs 3 des Vertrages Vertragsbestandteil ist, erbringt das A. diese Leistungen nicht selbst, sondern hat dazu gemäß § 4 Abs 2 des Vertrages Nr 113 Verträge mit nach § 111 SGB V zugelassenen Rehabilitationseinrichtungen zu schließen. Die Leistungen der häuslichen Krankenpflege werden ausschließlich durch Pflegedienste erbracht, die einen Vertrag gemäß § 132a SGB V mit dem VdAK/AEV abgeschlossen haben(§ 5 Abs 3 des Vertrages). Das SG hat zu Recht ausgeführt, dass damit die Beklagte von organisatorischem Aufwand entlastet wurde. Eine besondere Verknüpfung der Leistungsbereiche der stationären Behandlung und der Rehabilitation ist indes nicht ersichtlich. Eine integrierte Versorgung iS der §§ 140a ff SGB V aF liegt nicht bereits dadurch vor, dass an einer Versorgung Leistungserbringer verschiedener Sektoren teilnehmen. "Übergreifend" ist eine Versorgung nur, wenn Leistungsprozesse, die üblicherweise inhaltlich und institutionell getrennt sind, miteinander verknüpft werden (BSGE 100, 52 = SozR 4-2500 § 140d Nr 1 RdNr 16; vgl auch Bäune in Ratzel/Luxenburger, Handbuch Medizinrecht, 3. Aufl 2015, Kapitel 8 RdNr 10). Für eine solche Verknüpfung reicht es nicht aus, dass ein Leistungserbringer Verträge mit Reha-Einrichtungen über Leistungen der Anschlussrehabilitation schließt. Soweit die Beklagte auf die Entscheidung des BSG im Verfahren B 6 KA 5/07 R (SozR 4-2500 § 140a Nr 2 RdNr 28) verweist, waren dort Verträge im Streit, bei denen Vertragspartner sowohl ein Krankenhaus als auch eine Reha-Einrichtung waren. In den Verträgen war bestimmt, dass eine am Versorgungsbedarf orientierte Zusammenarbeit zwischen allen an der Versorgung Beteiligten sicherzustellen war. Als Vergütung hierfür waren Komplexfallpauschalen vereinbart, die sämtliche im Rahmen des Vertrages erbrachten Leistungen abgalten. Eine solche Konstellation liegt hier nicht vor. Es findet sich eine besondere Ausgestaltung der Kooperation bei der Versorgung weder im Vertrag der Beklagten mit dem A. noch in den Kooperationsvereinbarungen des A. mit den Trägern der Rehabilitationseinrichtungen. Somit war auch kein übergreifendes gemeinsames Konzept aufeinander abgestimmter Behandlungen ersichtlich, das über die übliche Zusammenarbeit der Leistungsbereiche in der Versorgung hinausgeht. Die Vergütung erfolgt auch nicht mit einer einheitlichen Pauschale. Die einzelnen Behandlungsmodule werden vielmehr gesondert - die Behandlungsphase 1 und 3 als Komplexpauschalen unter Anwendung der DRG - abgegolten.

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dd) Eine sektorenübergreifende Versorgung betrifft auch der Vertrag Nr 5035 (Parkinson) nicht. Einziger Vertragspartner der Beklagten ist auf Seiten der Leistungserbringer die Klinik B. Diese erbringt im Wesentlichen allein stationäre Leistungen. Nach den in § 3 des Vertrages festgelegten Kriterien müssen die teilnehmenden Krankenhäuser zwar mit mindestens zehn niedergelassenen Neurologen kooperieren, von denen mindestens fünf ihren Praxissitz nicht weiter als 150 Kilometer von dem Krankenhaus entfernt innehaben. Diese Voraussetzung lag ausweislich der Anlage 2 des Vertrages auch vor. Als besondere Leistung sah der Vertrag vor, dass der Patient nach der Entlassung aus der stationären Behandlung videobasiert an mindestens zehn Tagen beobachtet und anhand der Tagesprofile die Medikation angepasst wurde. Diese Leistung ist nicht Gegenstand der Regelversorgung. Eine Zusammenarbeit zwischen der Klinik und den niedergelassenen Ärzten ist nach Nr 4 der Anlage 4 ausdrücklich nur bei der Erstellung des Therapieplans erwähnt. Damit wird lediglich die Kommunikation zwischen den Leistungsbereichen, die im Grundsatz ohnehin stattfinden sollte, intensiviert. Dies mag sinnvoll sein, ist aber für die Annahme einer die Sektoren überschreitenden Behandlungskonzeption nicht ausreichend. Die weiter vorgesehene Begleitung der von den niedergelassenen Neurologen durchgeführten Therapie durch eine Supervision der neurologischen Abteilung bzw der Klinik stellt ein Instrument der Qualitätssicherung dar, das noch keine sektorenübergreifende Patientenversorgung dokumentiert. Die Beteiligung der verschiedenen Leistungserbringer aus dem Fachgebiet Neurologie stellt auch kein interdisziplinär-fachübergreifendes Konzept in der integrierten Versorgung dar. Die pauschale Vergütung der Krankenhausleistung und der Leistung der niedergelassenen Neurologen mit einer "Integrationspauschale" unter Anknüpfung an den Fallpauschalen-Katalog (Anlage 10) rechtfertigt keine andere Beurteilung.

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ee) Zu Recht nicht als iV-Vertrag hat das LSG auch den Vertrag Nr 4488 (psychotische Störungen) qualifiziert. Einziger Vertragspartner der Beklagten ist hier das UKE. Dieses erbringt nach dem Vertrag (§ 6 Abs 1, 3 und 4) mit Leistungen einer sozialpsychiatrischen Ambulanz und (teil-)stationärer Behandlung weder interdisziplinär-fachübergreifende noch sektorenübergreifende Leistungen. Zwar ist die Kooperation mit niedergelassenen Nervenärzten und Psychiatern vorgesehen. Eine versorgungsrelevante Verknüpfung von stationärem und ambulantem Bereich erfolgt jedoch nicht. Nach § 7 Abs 2 des Vertrages sind die Vertragsärzte verpflichtet zur Aufklärung und Einholung des Einverständnisses des Patienten zur Teilnahme an der integrierten Versorgung, zur innerärztlichen Kommunikation und Dokumentation im Rahmen der integrierten Versorgung, zur regelmäßigen Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen sowie an intersektoralen Fachkonferenzen. Als therapeutische Leistungen sind in § 7 Abs 3 des Vertrages genannt die leitliniengerechte Behandlung der psychotischen Störungen, eine vorzugsweise Terminvergabe für Patienten, die an der integrierten Versorgung teilnehmen und höherfrequente Therapiekontakte mit diesen Patienten. Damit sind keine nennenswerten "übergreifenden" Elemente gegeben, sondern nur eine "optimierende" Leistungserbringung vereinbart. Gemeinsam aufeinander abgestimmte sektorenübergreifende oder interdisziplinär-fachübergreifende Behandlungen im Sinne der integrierten Versorgung waren nicht vorgesehen. Soweit die Beklagte die unter § 6 Abs 2 des Vertrages beschriebene Leistung des "Assertive Community Treatment Team" (ACT) hervorhebt, das als Team von "Psychoexperten" eine Krisenintervention im eigenen Umfeld des Patienten anbieten soll, führt dies zu keiner anderen Beurteilung. Es handelt sich nach dem Vertrag um eine ambulante Krankenhausleistung, die die Versorgung verbessern mag, jedoch keine Alternative zur Regelversorgung darstellt (vgl dazu BSGE 100, 52 = SozR 4-2500 § 140d Nr 1, RdNr 20 ff).

27

ff) Auch mit dem Vertrag Nr 941 (Depression) wurde keine sektorenübergreifende Versorgung vereinbart. Zwar soll nach dem Zweck des von der H. GmbH - die bei Vertragsschluss unter anderem das damalige A. Krankenhaus H. betrieben hat - geschlossenen Vertrages die Behandlung "in enger Kooperation zwischen Hausarzt, Facharzt und Klinik nach einem abgestimmten Behandlungskonzept" erfolgen (§ 2 Abs 1 des Vertrages, vgl auch das Behandlungskonzept "Integrierte Versorgung Depression"). Nach dem Behandlungskonzept sind die therapeutischen Leistungen aber im Wesentlichen stationäre und ambulante Leistungen durch ein "Klinisches Kompetenzzentrum". Allein die Vereinbarung der Leistungserbringung des Krankenhauses durch ein "multiprofessionelles Depressionsteam" lässt noch keine integrierte Versorgung aufgrund interdisziplinär-fachübergreifender Versorgung erkennen. Die Leistungen ambulanter Leistungserbringer wurden lediglich im Sinne einer Erweiterung und Qualitätssicherung angesprochen. Als Leistungen des Hausarztes sind genannt: Zusätzliche Dokumentation der Leistungen: Ausführliches Erstgespräch, weitere Gespräche mindestens alle 14 Tage in der Behandlungseinleitung; Behandlungsabstimmung mit dem Kompetenzzentrum; Besuch des Qualitätszirkels Depression einmal im Quartal; Besuch einer Fortbildungsveranstaltung einmal im Jahr; Patientenscreening auf Depression. Zusätzlich zu diesen Leistungen sind Fachärzte zur zügigen Terminvergabe und zur Depressionstestung verpflichtet. Dementsprechend heißt es bei der Beschreibung der sektorenübergreifenden Leistungen: Haus- und fachärztliche Versorgung mit Monitoring mindestens alle zwei Wochen in den ersten vier bis acht Wochen der akuten Depressionsbehandlung, Etablierung von abgestimmten Diagnose- und Therapieempfehlungen zwischen Haus- und Fachärzten sowie Klinik auf der Grundlage der Versorgungsleitlinien für depressive Störungen in der ambulanten Praxis. Das klinische Kompetenzzentrum steht mit Infotelefon und IT-basiertem Kommunikationsweg für die niedergelassenen Kollegen für kurzfristige Beratungen und wechselseitige Rückmeldungen zur Verfügung. Alternativ können Patienten zur Beratung auch vorgestellt werden. Die Zusammenarbeit der Sektoren beschränkt sich damit auf eine - sinnvolle - strukturelle Verbesserung der Kommunikation, geht aber nicht in wesentlichen Punkten über das hinaus, was im Kern Bestandteil der "traditionellen" Regelversorgung ist. Leistungen der Regelversorgung im ambulanten Bereich werden nicht in nennenswertem Umfang ersetzt.

28

gg) Der Vertrag Nr 2506 (Prostatakrebs) regelte ebenfalls keine sektorenübergreifende Versorgung. Auch wenn Vertragspartner der Beklagten neben zwei Krankenhausträgern (UKE und "M.-Klinik am UKE GmbH") die "A. Zentrum am UKE GmbH" war, war in dem am 9.1.2006 geschlossenen Vertrag eine Verzahnung des stationären mit dem ambulanten Sektor nicht vorgesehen. Vertragsgegenstand waren zunächst nur verschiedene stationäre Behandlungen des Prostatakrebses (vgl die Auflistung in § 2 Abs 2 des Vertrages). Die Vergütung erfolgte nach dem Fallpauschalen-Katalog. Die teilstationäre und ambulante Brachytherapie sollte erst in der Weiterentwicklung des Vertrages zum Gegenstand werden (so ausdrücklich § 2 Abs 1 des Vertrages). Dieser Vertrag wurde durch den Vertrag vom 1.4.2008 abgelöst, der nunmehr unter § 4 auch eine poststationäre Leistungserbringung durch niedergelassene Urologen vorsah. Eine besondere Kooperationsform beschrieb der Vertrag jedoch nicht. Der niedergelassene Urologe übernahm die postoperative Betreuung und rechnete nach Anlage 4 seine Leistungen nach der Gebührenordnung für Ärzte ab. Ein Unterschied zur traditionellen Sektorenabgrenzung ist - abgesehen von der Vergütung - nicht zu erkennen. Soweit die Beklagte auf die in § 3 des Vertrages vom 9.1.2006 vorgesehene Zusammenarbeit mit dem Ambulanzzentrum am UKE hinweist, reicht dies für die Annahme eines integrativen Elements der Versorgung im Sinne einer integrierten Versorgung nicht aus (vgl BSG SozR 4-2500 § 140a Nr 2 RdNr 24).

29

hh) Der Vertrag Nr 7131 (Chirurgie am Kind) betrifft schließlich auch keine integrierte Versorgung. Bei der "N. Klinik GbR" handelte es sich um eine Praxisklinik. Gefördert werden sollen ambulante Operationen bei Kindern. Der Vertrag geht nicht über das hinaus, was von einer Praxisklinik - nach § 115 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGB V einer Einrichtung, in der die Versicherten durch Zusammenarbeit mehrerer Vertragsärzte ambulant und stationär versorgt werden - typischer Weise erwartet werden darf. Bereits nach der Präambel geht es um die Kooperation zwischen zuweisenden Ärzten, Operateuren und Anästhesisten. § 7 (Kooperationsregeln) verpflichtet zur Vermeidung von Doppeluntersuchungen, Weitergabe notwendiger Befunde und ggf weiterer Unterlagen. Der Operateur erstellt einen abschließenden ärztlichen Bericht, der Abschluss der postoperativen Nachsorge ist der N. Klinik anzuzeigen. Eine über das in einer Praxisklinik nach ihrer gesetzlichen Konzeption (vgl dazu Steege in Hauck/Noftz, SGB V, Stand Mai 2016, K § 115 RdNr 7 ff mwN) - und auch im Bereich des ambulanten Operierens - übliche Maß hinausgehende Kooperation ist nicht erkennbar. Eine besondere Abstimmung der Behandlungen in verschiedenen Fachgebieten auf der Grundlage eines Konzepts liegt nicht vor, sodass auch keine interdisziplinär-fachübergreifende Versorgung Gegenstand der Vereinbarung war.

30

3. Die Beklagte kann sich gegenüber dem Zahlungsanspruch der Klägerin nicht darauf berufen, tatsächlich höhere Ausgaben aufgrund anderer Verträge gehabt zu haben.

31

Voraussetzung der Einbehalte war, dass die einbehaltenen Mittel zur Umsetzung von geschlossenen Integrationsverträgen erforderlich waren, § 140d Abs 1 Satz 3 SGB V aF. Zum Zeitpunkt der Einbehaltung von Teilen der Gesamtvergütung erfolgte also eine prognostische Einschätzung der Krankenkasse zum finanziellen Aufwand der bestehenden Verträge, die einer Plausibilitätskontrolle standhalten muss (vgl BSGE 107, 78 = SozR 4-2500 § 140d Nr 2, RdNr 15; Quaas in Quaas/Zuck, Medizinrecht, 3. Aufl 2014, § 11 RdNr 86). Die Krankenkasse hat hierzu anhand der vermuteten Anzahl der Teilnehmer und des veranschlagten Finanzvolumens pro Teilnehmer das Finanzvolumen eines Vertrages zugrunde zu legen, wie es die KÄBV, die Spitzenverbände der Krankenkassen und die Deutsche Krankenhausgesellschaft in der Vereinbarung nach § 140d Abs 5 SGB V für die Vertragsmeldung gegenüber der Registrierungsstelle vorgesehen haben(vgl § 3 der Vereinbarung über die Errichtung einer gemeinsamen Registrierungsstelle vom 11.12.2003).

32

Fehlt es zum Zeitpunkt des Einbehaltes an einer Voraussetzung - liegt also zB kein Integrationsvertrag vor -, können die tatbestandlichen Voraussetzungen nicht dadurch "kompensiert" werden, dass die Einbehalte später für iV-Vergütungen anderer Verträge ausgegeben wurden, für die sie nicht eingeplant waren. Ansonsten würde die gesetzliche Systematik umgangen, wonach eine Krankenkasse gerade nicht generell zum Einbehalt von 1 % der Gesamtvergütung zur möglichen späteren Verwendung innerhalb der integrierten Versorgung berechtigt war (vgl BSGE 100, 52 = SozR 4-2500 § 140d Nr 1, RdNr 12; BSG SozR 4-2500 § 140a Nr 2 RdNr 15). Nur "soweit" zum Zeitpunkt des Einbehalts die einbehaltenen Mittel als erforderlich angegeben werden konnten, durften "bis zu" 1 % einbehalten werden. Der konkrete Vertrag mit seinem vorab zu schätzenden Ausgabevolumen bestimmte den Rahmen für den Einbehalt und dessen etwaige Rückabwicklung.

33

Dies entspricht auch dem Sinn und Zweck und der Ausgestaltung der Anschubfinanzierung. Für den Abschluss von iV-Verträgen sollten Anreize gesetzt werden. Die Einbehaltung hat der Gesetzgeber daher an "geschlossene Verträge" geknüpft (vgl BSGE 100, 52 = SozR 4-2500 § 140d Nr 1, RdNr 12; BSGE 107, 78 = SozR 4-2500 § 140d Nr 2, RdNr 22). Je mehr Verträge eine Krankenkasse abgeschlossen hatte, desto höher war der einzubehaltende Anteil der Gesamtvergütung (gedeckelt durch 1 %). Dieser Konzeption würde es widersprechen, wenn die Beklagte nachträglich zur Begründung der Einbehalte Ausgaben - abweichend von den bei der Einbehaltung zugrunde gelegten Angaben - auf andere Verträge "verschieben" könnte.

34

4. Die Vorinstanzen haben zur Berechnung des klägerischen Anspruchs vom einbehaltenen Gesamtbetrag die sich aus den Kürzungsquoten der rechtmäßigen iV-Verträge (Nr 111, Nr 115, Nr 119, Nr 819, Nr 5026) ergebenden Beträge abgezogen und den restlichen Betrag der Klägerin zugesprochen. Dieser Berechnung schließt sich der Senat an.

35

Der Einbehalt ist auch nicht deshalb zu vermindern, weil die Beklagte Verträge angemeldet hat, mit denen insgesamt die Grenze von 1 % überschritten worden ist. Eine Quotierung in dem Sinne, dass geprüft wird, welcher Anteil der angemeldeten Verträge die Voraussetzungen des § 140d SGB V aF erfüllt hat und wie sich die "korrekten" zu den nicht förderungsfähigen Verträgen verhalten, findet nicht statt. Wenn die Krankenkasse im Umfang von bis zu 1 % der Gesamtvergütung Verträge angemeldet hat die den Voraussetzungen des Gesetzes entsprachen und korrekt abgewickelt worden sind, kann sie den einbehaltenen Anteil der Gesamtvergütung endgültig behalten, auch wenn sie weitere, nicht förderungsfähige Verträge vorgelegt hat. Eine "Sanktionierung" der Anmeldung solcher Verträge durch Verminderung eines an sich berechtigten Einbehaltes sieht das Gesetz jedenfalls mit der erforderlichen Eindeutigkeit nicht vor.

36

5. Die Ansprüche der Klägerin aus den Quartalen I/2004 bis einschließlich IV/2008 sind nicht verjährt.

37

Für die Ansprüche auf Rückzahlung der im Jahr 2004 einbehaltenen Beträge begann die Verjährungsfrist mit Ablauf des Jahres 2007 zu laufen, denn für den Beginn der Verjährung eines Zahlungsanspruchs nach § 85 Abs 1 SGB V iVm § 140d Abs 1 Satz 1 und 5 bzw 8 SGB V aF auf einbehaltene Teile der Gesamtvergütung ist auf die Fälligkeit drei Jahre nach dem Einbehalt abzustellen. Ab dem 1.1.2007 war als spätester Zeitpunkt für die Auszahlung nicht für die integrierte Versorgung verwendeter Mittel der 31.3.2009 genannt. In entsprechender Anwendung von § 45 Abs 1 SGB I ist vom Beginn der Verjährungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahres auszugehen, in dem der Anspruch entstanden ist.

38

Die Verjährungsfrist für die Ansprüche der Klägerin endete mithin frühestens mit Ablauf des Jahres 2011. In entsprechender Anwendung der §§ 45 SGB I und 113 Abs 1 SGB X besteht für einbehaltenen Beträge der Gesamtvergütung eine vierjährige Verjährungsfrist(vgl auch Engelhard in Hauck/Noftz, SGB V, Stand Mai 2016, K § 85, RdNr 119; Freudenberg in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 3. Aufl 2016, § 85 RdNr 49; Krauskopf in Krauskopf, SGB V, Stand März 2016, § 85 RdNr 18).

39

Die erhobene Klage hat die Verjährung gehemmt (§ 45 SGB I iVm § 204 Abs 1 Nr 1 BGB entsprechend). Es kommt nicht darauf an, ob sich der Antrag bereits bei Klageerhebung am 21.10.2004 auf die Einbehalte der Quartale I/2004 bis einschließlich IV/2008 bezog, denn jedenfalls seit Februar 2011 hat sich Klage auf die streitbefangenen Einbehalte bezogen und damit die Verjährung der Ansprüche gehemmt.

40

6. Die einbehaltenen Teile der Gesamtvergütung sind nach § 288 Abs 1 BGB zu verzinsen. Wie der Senat bereits entschieden hat (Urteil vom 23.3.2016 - B 6 KA 14/15 R - Juris RdNr 32 f - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen) beruhen die Gesamtvergütungen auf der sozialrechtlichen Vorschrift des § 85 SGB V und nicht auf einem Rechtsgeschäft iS des § 288 Abs 2 BGB. Der Zinssatz beträgt mithin 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

41

7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach hat die Beklagte auch die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen, weil sie unterlegen ist (§ 154 Abs 1 VwGO). Das Obsiegen hinsichtlich der Zinshöhe war nicht zu berücksichtigen. Die Kosten des Verfahrens sind bei teilweisem Obsiegen und teilweisem Unterliegen verhältnismäßig zu teilen, es sei denn, der eine ist nur zu einem geringen Teil unterlegen (§ 155 Abs 1 Satz 1 und 3 VwGO). Hier ist die Klägerin im Verhältnis zur Beklagten lediglich wegen des Zinsanspruchs unterlegen, das betrifft nur einen "geringen Teil" iS des § 155 Abs 1 Satz 3 VwGO(vgl Urteil vom 23.3.2016 - B 6 KA 14/15 R - Juris RdNr 34 - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; BSG Beschluss vom 27.6.2012 - B 6 KA 65/11 B - Juris RdNr 41).

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(1) Die Krankenkasse entrichtet nach Maßgabe der Gesamtverträge an die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung mit befreiender Wirkung eine Gesamtvergütung für die gesamte vertragsärztliche Versorgung der Mitglieder mit Wohnort im Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung einschließlich der mitversicherten Familienangehörigen.

(2) Die Höhe der Gesamtvergütung wird im Gesamtvertrag vereinbart; die Landesverbände der Krankenkassen treffen die Vereinbarung mit Wirkung für die Krankenkassen der jeweiligen Kassenart. Die Gesamtvergütung ist das Ausgabenvolumen für die Gesamtheit der zu vergütenden vertragsärztlichen Leistungen; sie kann als Festbetrag oder auf der Grundlage des Bewertungsmaßstabes nach Einzelleistungen, nach einer Kopfpauschale, nach einer Fallpauschale oder nach einem System berechnet werden, das sich aus der Verbindung dieser oder weiterer Berechnungsarten ergibt. Die Vereinbarung unterschiedlicher Vergütungen für die Versorgung verschiedener Gruppen von Versicherten ist nicht zulässig. Die Vertragsparteien haben auch eine angemessene Vergütung für nichtärztliche Leistungen im Rahmen sozialpädiatrischer und psychiatrischer Tätigkeit und für eine besonders qualifizierte onkologische Versorgung zu vereinbaren; das Nähere ist jeweils im Bundesmantelvertrag zu vereinbaren. Die Vergütungen der Untersuchungen nach den §§ 22, 25 Abs. 1 und 2, § 26 werden als Pauschalen vereinbart. Beim Zahnersatz sind Vergütungen für die Aufstellung eines Heil- und Kostenplans nicht zulässig. Soweit die Gesamtvergütung auf der Grundlage von Einzelleistungen vereinbart wird, ist der Betrag des Ausgabenvolumens nach Satz 2 zu bestimmen. Ausgaben für Kostenerstattungsleistungen nach § 13 Abs. 2 und nach § 53 Abs. 4 mit Ausnahme der Kostenerstattungsleistungen nach § 13 Abs. 2 Satz 6 und Ausgaben auf Grund der Mehrkostenregelung nach § 28 Abs. 2 Satz 3 sind auf das Ausgabenvolumen nach Satz 2 anzurechnen.

(2a) (weggefallen)

(2b) (weggefallen)

(2c) Die Vertragspartner nach § 82 Abs. 1 können vereinbaren, daß für die Gesamtvergütungen getrennte Vergütungsanteile für die an der vertragsärztlichen Versorgung beteiligten Arztgruppen zugrunde gelegt werden; sie können auch die Grundlagen für die Bemessung der Vergütungsanteile regeln. § 89 Abs. 1 gilt nicht.

(2d) Die Punktwerte für zahnärztliche Leistungen ohne Zahnersatz dürfen im Jahr 2023 gegenüber dem Vorjahr höchstens um die um 0,75 Prozentpunkte verminderte durchschnittliche Veränderungsrate nach § 71 Absatz 3 angehoben werden. Die Punktwerte für zahnärztliche Leistungen ohne Zahnersatz dürfen im Jahr 2024 gegenüber dem Vorjahr höchstens um die um 1,5 Prozentpunkte verminderte durchschnittliche Veränderungsrate nach § 71 Absatz 3 angehoben werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Leistungen nach den §§ 22, 22a, 26 Absatz 1 Satz 5, § 87 Absatz 2i und 2j sowie Leistungen zur Behandlung von Parodontitis für Versicherte, die einem Pflegegrad nach § 15 des Elften Buches zugeordnet sind oder in der Eingliederungshilfe nach § 99 des Neunten Buches leistungsberechtigt sind. Das Bundesministerium für Gesundheit evaluiert bis zum 30. September 2023 die Auswirkungen der Begrenzung der Anhebungen der Punktwerte nach Satz 1 auf den Umfang der Versorgung der Versicherten mit Leistungen zur Behandlung von Parodontitis.

(3) In der vertragszahnärztlichen Versorgung vereinbaren die Vertragsparteien des Gesamtvertrages die Veränderungen der Gesamtvergütungen unter Berücksichtigung der Zahl und Struktur der Versicherten, der Morbiditätsentwicklung, der Kosten- und Versorgungsstruktur, der für die vertragszahnärztliche Tätigkeit aufzuwendenden Arbeitszeit sowie der Art und des Umfangs der zahnärztlichen Leistungen, soweit sie auf einer Veränderung des gesetzlichen oder satzungsmäßigen Leistungsumfangs beruhen. Bei der Vereinbarung der Veränderungen der Gesamtvergütungen ist der Grundsatz der Beitragssatzstabilität (§ 71) in Bezug auf das Ausgabenvolumen für die Gesamtheit der zu vergütenden vertragszahnärztlichen Leistungen ohne Zahnersatz neben den Kriterien nach Satz 1 zu berücksichtigen. Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt. Die Krankenkassen haben den Kassenzahnärztlichen Vereinigungen die Zahl ihrer Versicherten vom 1. Juli eines Jahres, die ihren Wohnsitz im Bezirk der jeweiligen Kassenzahnärztlichen Vereinigung haben, gegliedert nach den Altersgruppen des Vordrucks KM 6 der Statistik über die Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung bis zum 1. Oktober des Jahres mitzuteilen.

(3a) Die Gesamtvergütungen nach Absatz 3 dürfen im Jahr 2023 gegenüber dem Vorjahr höchstens um die um 0,75 Prozentpunkte verminderte durchschnittliche Veränderungsrate nach § 71 Absatz 3 angehoben werden. Im Jahr 2024 dürfen die Gesamtvergütungen für zahnärztliche Leistungen ohne Zahnersatz gegenüber dem Vorjahr höchstens um die um 1,5 Prozentpunkte verminderte durchschnittliche Veränderungsrate nach § 71 Absatz 3 angehoben werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Leistungen nach den §§ 22, 22a, 26 Absatz 1 Satz 5, § 87 Absatz 2i und 2j sowie Leistungen zur Behandlung von Parodontitis für Versicherte, die einem Pflegegrad nach § 15 des Elften Buches zugeordnet sind oder in der Eingliederungshilfe nach § 99 des Neunten Buches leistungsberechtigt sind. Das Bundesministerium für Gesundheit evaluiert bis zum 30. September 2023 die Auswirkungen der Begrenzung der Anhebungen der Gesamtvergütungen nach Satz 1 auf den Umfang der Versorgung der Versicherten mit Leistungen zur Behandlung von Parodontitis.

(4) Die Kassenzahnärztliche Vereinigung verteilt die Gesamtvergütungen an die Vertragszahnärzte. Sie wendet dabei in der vertragszahnärztlichen Versorgung den im Benehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen festgesetzten Verteilungsmaßstab an. Bei der Verteilung der Gesamtvergütungen sind Art und Umfang der Leistungen der Vertragszahnärzte zugrunde zu legen; dabei ist jeweils für die von den Krankenkassen einer Kassenart gezahlten Vergütungsbeträge ein Punktwert in gleicher Höhe zugrunde zu legen. Der Verteilungsmaßstab hat sicherzustellen, dass die Gesamtvergütungen gleichmäßig auf das gesamte Jahr verteilt werden. Der Verteilungsmaßstab hat Regelungen zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der Tätigkeit des Vertragszahnarztes entsprechend seinem Versorgungsauftrag nach § 95 Absatz 3 Satz 1 vorzusehen. Widerspruch und Klage gegen die Honorarfestsetzung sowie ihre Änderung oder Aufhebung haben keine aufschiebende Wirkung.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 17. März 2010 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits in allen Instanzen.

Der Streitwert wird für alle Instanzen auf 48 897,33 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Streitig sind Einbehalte zur Anschubfinanzierung der integrierten Versorgung nach § 140d Abs 1 Satz 1 SGB V(hier anzuwenden idF von Art 1 Nr 116 des GKV-Modernisierungsgesetzes vom 14.11.2003, BGBl I 2190).

2

Die Klägerin betreibt ein zur Versorgung von GKV-Versicherten zugelassenes Krankenhaus, in dem vom 1.1. bis 30.4.2004 ua auch Versicherte der beklagten Krankenkasse behandelt worden sind. Die hierfür abgerechneten Krankenhausvergütungen hatte die Beklagte zunächst vollständig beglichen. Erstmals mit Schreiben vom 7.4.2004 teilte sie der Klägerin mit, dass zwischenzeitlich die technischen Voraussetzungen für den Einbehalt von Geldern für die Anschubfinanzierung zur integrierten Versorgung vorlägen und deshalb für die Zukunft ein Abschlag auf die Abrechnungen in Höhe von jeweils 1 % vorgenommen werden solle. Die bereits bezahlten Rechnungen werde sie zu einem späteren Zeitpunkt rückwirkend kürzen. Diesen Kürzungsbetrag bezifferte sie mit Schreiben vom 15.2.2005 für den Zeitraum vom 1.1. bis 30.4.2004 auf 48 897,33 Euro und behielt diese Summe bei der Zahlung einer Sammelrechnung der Klägerin am 23.2.2005 ein. Im Jahre 2004 habe sie Verträge über integrierte Versorgung mit der Saaleklinik H., dem Diakonie-Krankenhaus H., dem Elisabeth-Krankenhaus H., der Praxisklinik S., dem Diakonissen-Krankenhaus D. sowie mit Haus- und Fachärzten abgeschlossen; dies rechtfertige insgesamt ein Abzugsvolumen von 1,03 %.

3

Die Klägerin hält den Abzug für unberechtigt. Ihm stehe bereits die verspätete Ankündigung erst im April 2004 bei im Übrigen vorbehaltloser Zahlung der Rechnungen des ersten Quartals 2004 entgegen. Hierdurch seien ihre Forderungen in voller Höhe anerkannt worden. Doch auch der Höhe nach sei der Abzug ungerechtfertigt. Die Beklagte selbst gehe für den Zeitraum von Januar bis April 2004 von einem möglichen Abzugsvolumen in Höhe von nur 0,51 % aus. Selbst dies sei nach einer Auskunft der Bundesgeschäftsstelle Qualitätssicherung gGmbH (BQS, im Folgenden: Registrierungsstelle) über die gemeldeten Verträge zur integrierten Versorgung vom 8.3.2005 indes nicht nachzuvollziehen. Daraus ergebe sich vielmehr, dass für den Zeitraum vom Januar 2004 bis Dezember 2004 ein Abzug in Höhe von allenfalls 0,14 % zulässig gewesen wäre.

4

Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 30.4.2008). Der Abzug sei im Februar 2005 noch zulässig und auch in Höhe von 1 % berechtigt gewesen, denn ab Juli 2004 habe die Abzugsquote nach den bis dahin geschlossenen Verträgen zur integrierten Versorgung bei 1,03 % gelegen. Insoweit verbleibe den Krankenkassen eine Einschätzungsprärogative, die nach Maßgabe von § 140d Abs 1 Satz 5 SGB V erst im Rahmen der hiernach gebotenen abschließenden Abrechnung der vereinnahmten Mittel näher zu überprüfen sei. Auf die Berufung der Klägerin hat das LSG dieses Urteil geändert und die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung von 48 887,50 Euro nebst 4 % Zinsen ab 16.4.2005 verurteilt (Urteil vom 17.3.2010): Die Beklagte habe den Zahlbetrag nicht von Rechnungen der Klägerin "einbehalten", wozu sie allein berechtigt gewesen sei, sondern die Rechnungen zunächst vollständig beglichen und die Kürzung erst später ohne Rechtsgrundlage geltend gemacht. Sie habe zudem ermessensfehlerhaft Abzüge in Bezug auf Verträge über integrierte Versorgung vorgenommen, die sie noch gar nicht geschlossen, sondern deren Abschluss sie bloß geplant habe. Eine Teilung der einheitlichen Ermessensentscheidung komme aber nicht in Betracht.

5

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte die Verletzung materiellen Rechts. Sie habe die Rechnungseinbehalte für Krankenhausbehandlungen ab Anfang 2004 noch im Februar 2005 geltend machen dürfen. Dass die einschlägigen Verträge erst im Laufe des Jahres 2004 geschlossen worden seien, sei unschädlich. Es reiche aus, dass sie in jenem Jahr überhaupt Verträge über eine integrierte Versorgung abgeschlossen habe, die im Rahmen eines Dreijahreszeitraums die Höhe des Einbehalts von 1 % der Abrechnungen rechtfertige.

6

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG Sachsen-Anhalt vom 17.3.2010 zu ändern und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Halle vom 30.4.2008 zurückzuweisen.

7

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision ist unbegründet. Im Ergebnis zutreffend hat das LSG entschieden, dass dem restlichen Vergütungsanspruch der Klägerin aus der Sammelrechnung vom Februar 2005 keine Ansprüche aus der Anschubfinanzierung der integrierten Versorgung für Januar bis April 2004 entgegenstehen. Dabei kann offenbleiben, ob die Beklagte zur Geltendmachung solcher Ansprüche im Februar 2005 überhaupt noch berechtigt war (dazu unter 3.). Denn jedenfalls fehlt es an Verträgen, die einen solchen Einbehalt zu diesem Zeitpunkt hätten rechtfertigen können (dazu unter 4.).

9

1. Rechtsgrundlage des zulässig mit der (echten) Leistungsklage nach § 54 Abs 5 SGG verfolgten restlichen Vergütungsanspruchs(stRspr; vgl zB BSGE 90, 1 f = SozR 3-2500 § 112 Nr 3 S 18, 20; BSGE 100, 164 = SozR 4-2500 § 39 Nr 12 RdNr 10; BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13 RdNr 9) ist § 109 Abs 4 Satz 3 SGB V sowie - mangels landesvertraglicher Regelungen iS von § 112 Abs 2 Satz 1 Nr 1 und 2 SGB V über die allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlung sowie die Überprüfung ihrer Notwendigkeit und Dauer im betroffenen Zeitraum - die Pflegesatzvereinbarung der Beteiligten für das Jahr 2004(vgl BSGE 92, 300 = SozR 4-2500 § 39 Nr 2, RdNr 7 f; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 1 RdNr 7). Danach entsteht die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse unabhängig von einer Kostenzusage unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus durchgeführt wird und iS von § 39 Abs 1 Satz 2 SGB V erforderlich ist. Der Behandlungspflicht zugelassener Krankenhäuser iS des § 109 Abs 4 Satz 2 SGB V steht ein Vergütungsanspruch gegenüber, der auf der Grundlage der gesetzlichen Ermächtigung in §§ 16, 17 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) in der Pflegesatzvereinbarung zwischen Krankenkasse und Krankenhausträger festgelegt wird(vgl BSGE 86, 166, 168 = SozR 3-2500 § 112 Nr 1 S 3; BSGE 90, 1, 2 = SozR 3-2500 § 112 Nr 3 S 20). Hiernach hat die Klägerin nach den bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG - was zudem zwischen den Beteiligten nicht in Streit steht - für die mit der Sammelrechnung aus Februar 2005 abgerechneten Fälle Vergütungsansprüche auch in Höhe des von der Beklagten einbehaltenen Betrages in Höhe von 48 897,33 Euro erworben.

10

2. Durch Aufrechnung mit einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch (vgl dazu BSGE 93, 137 = SozR 4-2500 § 137c Nr 2, RdNr 9 f; BSGE 69, 158, 160 = SozR 3-1300 § 113 Nr 1) erloschen wäre dieser Vergütungsanspruch im Hinblick auf die Anschubfinanzierung nach § 140d Abs 1 Satz 1 SGB V nur, wenn die an die Klägerin entrichteten Entgelte für Januar bis April 2004 insoweit überhöht waren und die Beklagte nach den dafür maßgeblichen Grundsätzen noch im Februar 2005 zu einer entsprechenden Abrechnungskorrektur befugt war(vgl dazu BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 19 sowie BSGE 105, 150 = BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 20). Gemäß § 140d Abs 1 Satz 1 SGB V hatte jede Krankenkasse zur Förderung der integrierten Versorgung in den Jahren 2004 bis 2008 jeweils Mittel bis zu 1 % von der nach § 85 Abs 2 SGB V an die Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) zu entrichtenden Gesamtvergütung sowie von den Rechnungen der einzelnen Krankenhäuser für voll- und teilstationäre Versorgung "einzubehalten", soweit die einbehaltenen Mittel zur Umsetzung von nach § 140b SGB V geschlossenen Verträgen erforderlich waren. Diese Gesetzesnorm trägt die hier von der Beklagten vorgenommenen Vergütungskürzungen nicht. Soweit man einen solchen Einbehalt für den Zeitraum von Januar bis April 2004 im Februar 2005 überhaupt noch für zulässig erachtet, waren jedenfalls entsprechende Verträge bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht geschlossen worden.

11

3. Ob die Beklagte im Februar 2005 grundsätzlich noch Mittel zur Anschubfinanzierung der integrierten Versorgung für Januar bis April 2004 einbehalten durfte, kann im Ergebnis offenbleiben.

12

a) Nach der Rechtsprechung des 1. Senats des BSG konnten Mittel zur Anschubfinanzierung der integrierten Versorgung grundsätzlich nur einbehalten werden, sofern die Krankenkasse spätestens bis zur vorbehaltlosen Erfüllung einer Krankenhausabrechnung eine entsprechende Erklärung abgegeben hatte. Das "Einbehalten" von Mitteln umschreibe den Vorgang, dass die Krankenkasse einen gegen sie gerichteten Anspruch als berechtigt ansehe, die hierfür geschuldeten Mittel in Höhe des Einbehalts aber nicht leiste, sondern mit einem Gegenrecht auf Mitteleinbehaltung zur Anschubfinanzierung aufrechne und die auf diese Art und Weise "einbehaltenen Mittel" zur zweckgebundenen Verwendung verbuche. Mit dem "Einbehalten" von Mitteln sei nur abgekürzt ein äußerer Vorgang benannt, aber die dahinter stehenden rechtlichen Vorgänge nicht ausdrücklich qualifiziert. Die Aufrechnung von Krankenkassen zur Erfüllung von Ansprüchen auf Vergütung von Krankenhausbehandlung erfolge analog §§ 387 ff BGB durch Aufrechnungserklärung. Dafür sei zwar kein Verwaltungsakt erforderlich, jedoch sei die Krankenkasse in der Ausübung dieses Einbehaltungsrechts zeitlich nicht frei. Vielmehr müsse sie entscheiden, ob sie eine ihr zugegangene, nach ihrer Überprüfung zu erfüllende Krankenhaus-Rechnung voll begleichen oder stattdessen hiervon Mittel zur Anschubfinanzierung für eine Maßnahme der integrierten Versorgung einbehalten wolle. Zur Einbehaltung sei sie zeitlich nur bis zur vorbehaltlosen Erfüllung der Krankenhausforderung befähigt. Spätere Aufrechnungserklärungen seien unwirksam, denn sie gingen bei bereits erfolgter Zahlung ins Leere (BSG Urteil vom 2.11.2010 - B 1 KR 11/10 R - zur Veröffentlichung vorgesehen, RdNr 14 ff).

13

b) Ob sich dieser Auffassung in jeder Hinsicht anzuschließen ist, kann der Senat offenlassen. Hiergegen könnte sprechen, dass die Krankenhäuser nach der gesetzlichen Konzeption im Wege des Einbehalts nach § 140d Abs 1 Satz 1 SGB V zwingend an der Finanzierung der integrierten Versorgung zu beteiligen waren und demzufolge die Vergütung einer Krankenhausleistung ohne entsprechenden Einbehalt fehlerhaft war. Dies könnte dafür sprechen, dass die Krankenkassen allein nach den allgemeinen Regeln - also auch unter Berücksichtigung der hierbei nach Treu und Glauben zu berücksichtigenden Grenzen - im Wege der nachträglichen Erhebung des Einbehalts zur Fehlerkorrektur befugt gewesen sein könnten (zu diesen Grenzen auf Krankenhausseite s zuletzt zusammenfassend BSGE 105, 150 = SozR 4-2500 § 109 Nr 20 mwN). Jedoch muss dies ebenso wenig entschieden werden wie die weitere Frage, ob eine solche Fehlerkorrektur gegebenenfalls noch nach Ablauf nahezu eines Jahres und außerhalb des laufenden Geschäftsjahrs möglich wäre. Denn es fehlt vorliegend jedenfalls an Verträgen, auf die sich der beanstandete Einbehalt hätte stützen können.

14

4. Bis zum 30.4.2004 waren keine Integrationsverträge geschlossen worden, die einen Einbehalt iS von § 140d Abs 1 Satz 1 SGB V hätten rechtfertigen können. Die bis dahin von der Beklagten ausgehandelten Verträge waren entweder noch nicht wirksam oder begründeten keine integrierte Versorgung im Rechtssinne.

15

a) Wie der 1. Senat des BSG mit dem bereits zitierten Urteil vom 2.11.2010 entschieden hat, verlangt § 140d Abs 1 Satz 1 SGB V schon nach seinem klaren Wortlaut, dass die Mittel für die Umsetzung "geschlossener" Verträge erforderlich sind, nicht etwa aber auch für Verträge, die sich erst noch im Planungs- oder Verhandlungsstadium befinden. Dem schließt sich der erkennende Senat an. Zutreffend hat der 1. Senat insoweit auch auf den Regelungszweck des § 140d SGB V verwiesen, Einbehalte nur zur Umsetzung von solchen Vorhaben der integrierten Versorgung zu gestatten, die auf rechtlich gesicherter Grundlage stehen. Es bedarf hierfür mehr als einer bloßen Planung künftig abzuschließender Verträge. Die Einbehaltung lässt die geltend gemachte Forderung des Krankenhauses erlöschen und bewirkt insoweit, dass die zur Tilgung vorgesehenen Mittel nicht dem Gläubiger zufließen. Die ihn mit der Einbehaltung treffende und finanziell belastende Erfüllungswirkung erfordert eine hinreichende Berechenbarkeit und Rechtsklarheit der Aktivitäten der betroffenen Krankenkasse in Bezug auf Maßnahmen der integrierten Versorgung. Beides ist nur gewährleistet, wenn bereits unzweifelhaft feststeht, wofür konkret der Mitteleinsatz auf Krankenkassen-Seite erfolgen soll (vgl BSG Urteil vom 2.11.2010 - B 1 KR 11/10 R - zur Veröffentlichung vorgesehen, RdNr 22).

16

b) Hieran gemessen waren die Verträge "Hausärzte", "Fachärzte", "Praxisklinik S." und "Saaleklinik H." jedenfalls bis Ende April 2004 noch nicht in Kraft getreten. Auch insofern schließt sich der erkennende Senat der Entscheidung des 1. Senats des BSG vom 2.11.2010 an. Nach den Angaben der Beklagten sind zunächst der Hausärzte- und der Fachärztevertrag wirksam geworden, aber erst zum 1.7.2004. Auch der Vertrag mit der Saaleklinik H. ist nach dem vorgelegten Vertragsauszug später geschlossen worden, nämlich am 19.5.2004. Ebenso war der Vertrag mit der Praxisklinik S., der ausweislich der Vertragsurkunde am 27.4.2004 unterzeichnet worden war, im Rechtssinne noch nicht bis zum Ablauf des April 2004 geschlossen. Nach § 9 dieses Vertrages haben die Vertragspartner nämlich erst zum 30.4.2004 die Erstellung eines Dokumentationskonzepts vereinbart. Die darin enthaltene Dokumentation ist gemäß § 140b Abs 3 Satz 3 SGB V jedem Beteiligten im jeweils erforderlichen Umfang zugänglich zu machen. Dies verdeutlicht, dass das Dokumentationskonzept als gesetzlich vorgesehener, zwingender Bestandteil eines Vertrags zur integrierten Versorgung am 27.4.2004 noch nicht existiert hat, sodass unter Berücksichtigung des selbst gesetzten Datums erst frühestens für die Zeit ab 1.5.2004 Einbehaltungen hätten stattfinden dürfen. Auf eine weitere inhaltliche Überprüfung dieses Vertrages kommt es deshalb nicht an. Die rückwirkende Inkraftsetzung von Verträgen, wie im Vertrag mit der Praxisklinik S. vom 27.4.2004 zum 1.4.2004 vorgesehen, ist rechtlich unzulässig. Denn es handelt sich um Verträge, die einen Status begründen, insoweit vergleichbar etwa dem Abschluss eines Versorgungsvertrags mit einem Krankenhaus (vgl BSG Urteil vom 2.11.2010 - B 1 KR 11/10 R - zur Veröffentlichung vorgesehen, RdNr 23 mwN).

17

c) Die Verträge mit dem Diakonissen-Krankenhaus D. und dem Diakonie-Krankenhaus H. waren zwar im Rechtssinne vor dem 30.4.2004 geschlossen, stellen aber keine Verträge nach § 140b SGB V dar, die eine Einbehaltung von Mitteln nach § 140d Abs 1 Satz 1 SGB V hätten rechtfertigen können. Wie der 1. Senat des BSG erachtet zwar auch der erkennende 3. Senat insoweit eine bloß überschlägige, die Grundvoraussetzungen eines Vertrages über integrierte Versorgung einbeziehende Prüfung als ausreichend. Andernfalls würde jeder einzelne Rechtsstreit über die Einbehaltung von Mitteln zur Anschubfinanzierung einen Anreiz für Konkurrenten der integrierten Versorgung bieten, Verträge über die integrierte Versorgung im Rahmen der gerichtlichen Überprüfung von Einbehaltungen zu Fall zu bringen. Um dies zu verhindern, begnügt sich § 140d Abs 1 Satz 1 SGB V damit, für Einbehalte lediglich zu verlangen, dass die einbehaltenen Mittel "zur Umsetzung von nach § 140b geschlossenen Verträgen" erforderlich sind. Eine weitergehende Detailprüfung verlangt das Gesetz dagegen nicht (vgl BSG Urteil vom 2.11.2010 - B 1 KR 11/10 R - zur Veröffentlichung vorgesehen, RdNr 24).

18

Auch unter Berücksichtigung dieses reduzierten Prüfmaßstabs sind die genannten Verträge der Beklagten mit dem Diakonissen-Krankenhaus D. und dem Diakonie-Krankenhaus H. nicht als integrierte Versorgungsverträge im Rechtssinne zu qualifizieren. Dies folgt bereits aus dem Integrationsansatz des § 140b Abs 1 SGB V. Danach können die Krankenkassen abweichend von den übrigen Regelungen dieses Kapitels Verträge über eine verschiedene Leistungssektoren übergreifende Versorgung der Versicherten oder eine interdisziplinär-fachübergreifende Versorgung mit den in § 140b Abs 1 SGB V genannten Vertragspartnern abschließen. Das erfordert Verträge, die über die Regelversorgung hinausreichen (vgl BSGE 100, 52 = SozR 4-2500 § 140d Nr 1). Diesen Anforderungen genügten die Verträge mit den genannten Krankenhäusern jedenfalls in dem hier zu beurteilenden Zeitraum noch nicht. Wie der 1. Senat zutreffend ausgeführt hat, muss die Krankenkasse einen Vertrag über eine verschiedene Leistungssektoren übergreifende Versorgung der Versicherten mit solchen Vertragspartnern aus dem Kreis der abschließend in § 140b Abs 1 SGB V Aufgeführten "geschlossen", dh auf vertraglicher Grundlage sichergestellt haben, dass die Vertragspartner eine integrierte Versorgung auch rechtlich leisten können. Soll - wie hier - die integrative Zusammenarbeit von anderen Leistungserbringern mit einem Krankenhaus stattfinden, ist ein Vertrag von hinreichender Qualität daher erst "geschlossen", wenn tatsächlich auch die als potenzielle Vertragsteilnehmer angesprochenen Vertragsärzte vertraglich einbezogen worden sind. Daran fehlt es bei beiden Verträgen, weil Vertragspartner des Vertrages mit dem Diakonissen-Krankenhaus D. ausschließlich das Krankenhaus war, andere Leistungserbringer also schon im Ansatz noch nicht einbezogen waren, und beim Diakonie-Krankenhaus H. jedenfalls in der Anfangsphase lediglich Operationen im Krankenhaus vorgesehen waren, also auch der Bereich der Regelversorgung nicht verlassen war (ebenso BSG Urteil vom 2.11.2010 - B 1 KR 11/10 R - zur Veröffentlichung vorgesehen, RdNr 25 ff).

19

5. Nicht zu beanstanden ist schließlich auch die vom LSG zuerkannte Forderung von Prozesszinsen (vgl BSG Urteil vom 2.11.2010 - B 1 KR 11/10 R - zur Veröffentlichung vorgesehen, RdNr 30).

20

6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 154 Abs 1 VwGO, diejenige über den Streitwert aus § 197a Abs 1 Satz 1 Halbs 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 und 3 sowie § 47 Abs 1 GKG.

Tenor

Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 15. Januar 2014 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 39 734 Euro festgesetzt.

Gründe

1

I. Die Beteiligten streiten über den Einbehalt von Gesamtvergütungsanteilen für die Finanzierung eines Vertrags zur integrierten Versorgung.

2

Die beklagte Ersatzkasse schloss mit dem Verein "" einen zum 1.10.2004 in Kraft getretenen "Vertrag über eine integrierte Versorgung nach § 140a SGB V für Versicherte der DAK zur Verbesserung der Versorgung von Patienten mit Chronisch obstruktiver Bronchitis und Lungenemphysem (COPD)". Zur Finanzierung der mit diesem Vertrag vereinbarten Vergütung behielt die Beklagte im Quartal IV/2004 einen Betrag in Höhe von 39 734,21 Euro aus der an die Klägerin zu zahlenden Gesamtvergütung ein.

3

Das SG hat die Beklagte verurteilt, den streitgegenständlichen Betrag nebst Prozesszinsen an die Klägerin zu zahlen (Urteil vom 26.1.2012). Die dagegen eingelegte Berufung der Beklagten hat das LSG mit Urteil vom 15.1.2014 mit der Begründung zurückgewiesen, dass der COPD-Vertrag kein Vertrag zur integrierten Versorgung iS des § 140a Abs 1 Satz 1 SGB V sei. Es könne dahingestellt bleiben, ob der Vertrag als Leistungssektoren übergreifend zu qualifizieren sei. Jedenfalls würden durch den Vertrag keine Leistungen ersetzt, die bislang Gegenstand der vertragsärztlichen Versorgung seien. Entsprechendes gelte im Wesentlichen für den Bereich der stationären Behandlung sowie den Bereich der stationären Rehabilitation.

4

Gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des LSG richtet sich die Beschwerde der Beklagten, zu deren Begründung sie eine Rechtsprechungsabweichung (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) sowie die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend macht (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG).

5

II. Die Beschwerde der Beklagten hat keinen Erfolg. Soweit ihr Vorbringen den Darlegungsanforderungen genügt, ist die Beschwerde jedenfalls unbegründet. Weder die geltend gemachte Rechtsprechungsabweichung noch die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung liegen vor.

6

1. Für die Zulassung einer Revision wegen einer Rechtsprechungsabweichung ist Voraussetzung, dass ein Rechtssatz aus dem Urteil des LSG mit einer höchstrichterlichen Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG unvereinbar ist und dass das Berufungsurteil auf dieser Abweichung beruht (vgl BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 10 RdNr 4, Nr 13 RdNr 17; BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 26 S 44).

7

Die Beklagte trägt vor, dass die Entscheidung des LSG auf folgendem Rechtssatz beruhe:

        

"Ein Vertrag der Integrierten Versorgung im Sinne von § 140a Abs. 1 SGB V liegt nur vor, wenn der Vertrag entweder eine Leistungssektoren übergreifende oder interdisziplinär-fachübergreifende Versorgung zum Gegenstand hat sowie wenn nach dem Vertragsinhalt weitere Leistungen, die zusätzlich als Alternative zur Regelversorgung erbracht werden müssen, vorliegen. Die Vermeidung von Schnittstellenproblemen allein reicht für eine Alternativversorgung durch IV-Vertrag nicht aus."

8

Damit habe das LSG den Rechtssatz aufgestellt, dass ein wirksamer Integrationsvertrag nur vorliege, wenn dieser weitere Leistungen beinhalte, welche zusätzlich zur bestehenden Regelversorgung erbracht würden. Dieser Rechtssatz weiche maßgeblich von der Rechtsprechung des BSG ab, nach der durch einen Vertrag der integrierten Versorgung Leistungen der Regelversorgung "ersetzt" werden müssten. Das LSG stelle damit ein neues Kriterium für einen wirksamen Integrationsvertrag auf.

9

Der Entscheidung des LSG ist der von der Beklagten formulierte Rechtssatz nicht zu entnehmen. Das LSG fordert nicht, dass der Umfang der Versorgung nach dem Integrationsvertrag den Umfang der Regelversorgung überschreiten müsse. Vielmehr verlangt das LSG unter ausdrücklichem Hinweis auf die auch von der Beklagten in Bezug genommenen Entscheidungen des Senats vom 6.2.2008 (B 6 KA 27/07 R - BSGE 100, 52 = SozR 4-2500 § 140d Nr 1 und B 6 KA 5/07 R - SozR 4-2500 § 140a Nr 2), dass durch einen Vertrag zur integrierten Versorgung Leistungen, die bislang Gegenstand der vertragsärztlichen Versorgung waren, ersetzt werden. Etwas Anderes folgt auch nicht aus der von der Beklagten zitierten Formulierung im Urteil des LSG, nach der sich aus dem Integrationsvertrag nicht ergebe, "welche Leistungen im stationären Bereich zusätzlich erbracht werden, die über die Regelversorgung hinausgehen oder eine Alternative zu dieser bieten". Zum einen muss diese Formulierung im Zusammenhang mit den vorangegangenen eindeutigen Ausführungen gesehen werden, in denen das LSG darlegt, dass Verträge nur dann als solche zur integrierten Versorgung qualifiziert werden könnten, wenn damit Leistungen, die bislang Gegenstand der vertragsärztlichen Versorgung sind, künftig ersetzt werden (S 11 ff des Urteils). Zum anderen bringt das LSG auch in der von der Beklagten in Bezug genommenen Wendung ("oder eine Alternative zu dieser bieten") mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck, dass ein Vertrag zur integrierten Versorgung - abgesehen davon, dass er eine "interdisziplinär-fachübergreifende" oder "verschiedene Leistungssektoren übergreifende" Versorgung regeln muss (vgl dazu 2.) - keine über die Regelversorgung hinausgehenden Leistungen voraussetzt, sondern dass die Voraussetzungen insoweit erfüllt werden, wenn im Rahmen der integrierten Versorgung im Sinne einer Alternative solche Leistungen erbracht werden, die sonst zur Regelversorgung gehören. Gerade daran fehlt es hier nach Auffassung des LSG. Nach den von der Beklagten nicht angegriffenen Feststellungen des LSG sieht der COPD-Vertrag lediglich die gesonderte Vergütung ergänzender Leistungen insbesondere organisatorischer Art vor, während die teilnehmenden Ärzte ihre Leistungen weiterhin über die KÄV abrechnen. Auch die stationären Leistungen würden nach den ohnehin bestehenden Pflegesatzvereinbarungen oder DRG-Fallpauschalen abgerechnet. Entsprechendes gelte für den Bereich der stationären Rehabilitation.

10

Das LSG hat seiner Entscheidung danach den Rechtssatz zu Grunde gelegt, dass ein Vertrag zur integrierten Versorgung nicht im Wesentlichen auf die vertragsärztliche Regelversorgung aufsetzen darf, sondern die Regelversorgung zumindest überwiegend ersetzen muss. Dieser Rechtssatz steht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats, nach der Gegenstand von Integrationsverträgen zumindest ganz überwiegend Leistungen sein müssen, die bisher in der Regelversorgung erbracht wurden (vgl BSGE 100, 52 = SozR 4-2500 § 140d Nr 1, RdNr 24 ff).

11

2. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG. Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache setzt eine Rechtsfrage voraus, die in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig (entscheidungserheblich) sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl BSG SozR 4-1500 § 153 Nr 3 RdNr 13 mwN; BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 5 RdNr 3 ). Die Klärungsbedürftigkeit fehlt dann, wenn die Rechtsfrage bereits geklärt ist oder wenn sie sich ohne Weiteres aus den Rechtsvorschriften oder aus der bereits vorliegenden Rechtsprechung klar beantworten lässt (hierzu s zB BSG SozR 3-1500 § 146 Nr 2 S 6; BSG SozR 3-2500 § 75 Nr 8 S 34; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 21 S 38; vgl auch BSG SozR 3-4100 § 111 Nr 1 S 2; s auch BSG SozR 3-2500 § 240 Nr 33 S 151 f mwN). Diese Anforderungen sind verfassungsrechtlich unbedenklich (s die BVerfG-Angaben in BSG SozR 4-1500 § 153 Nr 3 RdNr 13 sowie BVerfG SozR 4-1500 § 160a Nr 16 RdNr 4 f; BVerfG SozR 4-1500 § 160a Nr 24 RdNr 5).

12

Die Beklagte fragt:

        

"Liegt ein Integrierter Versorgungsvertrag im Sinne von § 140a Abs. 1 SGB V nur dann vor, wenn der Vertrag weitere Leistungen, die zusätzlich als Alternative zur Regelversorgung erbracht werden müssen, zum Gegenstand hat oder ist es für das Vorliegen eines Vertrages der Integrierten Versorgung bereits ausreichend, wenn durch die in dem Vertrag getroffenen Regelungen Leistungen, die bislang Gegenstand der Regelversorgung sind, künftig ersetzt werden."

13

Der Senat lässt offen, ob die Beklagte damit eine konkrete Rechtsfrage klar bezeichnet hat (zu dieser Anforderung vgl Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl 2011, Kap IX RdNr 181; Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, 2. Aufl 2010, RdNr 305 mwN), weil nicht ohne Weiteres verständlich ist, was mit den Leistungen, die "zusätzlich als Alternative" zur Regelversorgung erbracht werden, gemeint ist. Unter Berücksichtigung des Zusammenhangs und insbesondere des Inhalts des letzten Teilsatzes der formulierten Frage geht der Senat davon aus, dass an dieser Stelle weitere, zusätzliche Leistungen und gerade keine Alternativen zur Regelversorgung gemeint sind. Die von der Beklagten daran anschließend formulierte Frage, ob es ausreichend ist, wenn Leistungen der Regelversorgung durch die Leistungen nach dem Integrationsvertrag ersetzt werden, wäre in einem Revisionsverfahren jedenfalls nicht entscheidungserheblich, weil das LSG - wie oben dargelegt - in seiner Entscheidung davon ausgegangen ist, dass die Regelleistungen durch die Leistungen, die Gegenstand des COPD-Vertrags sind, gerade nicht ersetzt werden. Nach den von der Beklagten nicht angegriffenen Feststellungen des LSG sieht der Vertrag für den ambulanten Bereich ausschließlich Leistungen vor, die nicht Gegenstand der vertragsärztlichen Versorgung sind, während die Regelleistungen weiterhin über die KÄV abgerechnet werden. Vergleichbares gelte für die stationären Bereiche.

14

Darüber hinaus ist die von der Beklagten aufgeworfene Frage nicht klärungsbedürftig. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob bereits der Umstand, dass sich die Rechtsfrage künftig nicht mehr in gleicher Weise stellen wird, weil sich die Anschubfinanzierung nach § 140d Abs 1 Satz 1 SGB V in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Vertragsarztrechts und anderer Gesetze (Vertragsarztrechtsänderungsgesetz - VÄndG) vom 22.12.2006 (BGBl I 3439) auf die Förderung der integrierten Versorgung in den Jahren 2004 bis 2008 beschränkte, der Klärungsbedürftigkeit entgegensteht. Jedenfalls ist die genannte Frage in der Rechtsprechung bereits geklärt. Wie oben dargelegt hat der Senat bereits entschieden, dass Behandlungsleistungen, die im Rahmen der integrierten Versorgung erbracht werden, solche der Regelversorgung zumindest überwiegend ersetzen müssen (BSG Urteile vom 6.2.2008 - B 6 KA 5/07 R - SozR 4-2500 § 140a Nr 2 RdNr 21; B 6 KA 6/07 R - Juris RdNr 21; B 6 KA 7/07 R - Juris RdNr 20; B 6 KA 27/07 R - BSGE 100, 52 = SozR 4-2500 § 140d Nr 1, RdNr 14, 20 ff). Über die Regelversorgung "hinausreichen" (vgl zu dieser Formulierung: BSG Urteil vom 25.11.2010 - B 3 KR 6/10 R - USK 2010-166, RdNr 18) muss die in den Integrationsverträgen geregelte Versorgung nur insofern, als es sich nach § 140a Abs 1 Satz 1 SGB V um eine entweder "interdisziplinär-fachübergreifende" oder "verschiedene Leistungssektoren übergreifende" Versorgung handeln muss(vgl dazu im Einzelnen BSG Urteile vom 6.2.2008 - B 6 KA 5/07 R - SozR 4-2500 § 140a Nr 2 RdNr 16 ff; B 6 KA 6/07 R - Juris RdNr 16 ff; B 6 KA 7/07 R - Juris RdNr 15 ff; B 6 KA 27/07 R - BSGE 100, 52 = SozR 4-2500 § 140d Nr 1, RdNr 13, 15 ff).

15

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm §§ 154 ff VwGO. Danach hat die Beklagte auch die Kosten des von ihr ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels zu tragen (§ 154 Abs 2 VwGO).

16

Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 3 Satz 1, § 47 Abs 1 und 3 GKG.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 17. März 2010 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits in allen Instanzen.

Der Streitwert wird für alle Instanzen auf 48 897,33 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Streitig sind Einbehalte zur Anschubfinanzierung der integrierten Versorgung nach § 140d Abs 1 Satz 1 SGB V(hier anzuwenden idF von Art 1 Nr 116 des GKV-Modernisierungsgesetzes vom 14.11.2003, BGBl I 2190).

2

Die Klägerin betreibt ein zur Versorgung von GKV-Versicherten zugelassenes Krankenhaus, in dem vom 1.1. bis 30.4.2004 ua auch Versicherte der beklagten Krankenkasse behandelt worden sind. Die hierfür abgerechneten Krankenhausvergütungen hatte die Beklagte zunächst vollständig beglichen. Erstmals mit Schreiben vom 7.4.2004 teilte sie der Klägerin mit, dass zwischenzeitlich die technischen Voraussetzungen für den Einbehalt von Geldern für die Anschubfinanzierung zur integrierten Versorgung vorlägen und deshalb für die Zukunft ein Abschlag auf die Abrechnungen in Höhe von jeweils 1 % vorgenommen werden solle. Die bereits bezahlten Rechnungen werde sie zu einem späteren Zeitpunkt rückwirkend kürzen. Diesen Kürzungsbetrag bezifferte sie mit Schreiben vom 15.2.2005 für den Zeitraum vom 1.1. bis 30.4.2004 auf 48 897,33 Euro und behielt diese Summe bei der Zahlung einer Sammelrechnung der Klägerin am 23.2.2005 ein. Im Jahre 2004 habe sie Verträge über integrierte Versorgung mit der Saaleklinik H., dem Diakonie-Krankenhaus H., dem Elisabeth-Krankenhaus H., der Praxisklinik S., dem Diakonissen-Krankenhaus D. sowie mit Haus- und Fachärzten abgeschlossen; dies rechtfertige insgesamt ein Abzugsvolumen von 1,03 %.

3

Die Klägerin hält den Abzug für unberechtigt. Ihm stehe bereits die verspätete Ankündigung erst im April 2004 bei im Übrigen vorbehaltloser Zahlung der Rechnungen des ersten Quartals 2004 entgegen. Hierdurch seien ihre Forderungen in voller Höhe anerkannt worden. Doch auch der Höhe nach sei der Abzug ungerechtfertigt. Die Beklagte selbst gehe für den Zeitraum von Januar bis April 2004 von einem möglichen Abzugsvolumen in Höhe von nur 0,51 % aus. Selbst dies sei nach einer Auskunft der Bundesgeschäftsstelle Qualitätssicherung gGmbH (BQS, im Folgenden: Registrierungsstelle) über die gemeldeten Verträge zur integrierten Versorgung vom 8.3.2005 indes nicht nachzuvollziehen. Daraus ergebe sich vielmehr, dass für den Zeitraum vom Januar 2004 bis Dezember 2004 ein Abzug in Höhe von allenfalls 0,14 % zulässig gewesen wäre.

4

Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 30.4.2008). Der Abzug sei im Februar 2005 noch zulässig und auch in Höhe von 1 % berechtigt gewesen, denn ab Juli 2004 habe die Abzugsquote nach den bis dahin geschlossenen Verträgen zur integrierten Versorgung bei 1,03 % gelegen. Insoweit verbleibe den Krankenkassen eine Einschätzungsprärogative, die nach Maßgabe von § 140d Abs 1 Satz 5 SGB V erst im Rahmen der hiernach gebotenen abschließenden Abrechnung der vereinnahmten Mittel näher zu überprüfen sei. Auf die Berufung der Klägerin hat das LSG dieses Urteil geändert und die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung von 48 887,50 Euro nebst 4 % Zinsen ab 16.4.2005 verurteilt (Urteil vom 17.3.2010): Die Beklagte habe den Zahlbetrag nicht von Rechnungen der Klägerin "einbehalten", wozu sie allein berechtigt gewesen sei, sondern die Rechnungen zunächst vollständig beglichen und die Kürzung erst später ohne Rechtsgrundlage geltend gemacht. Sie habe zudem ermessensfehlerhaft Abzüge in Bezug auf Verträge über integrierte Versorgung vorgenommen, die sie noch gar nicht geschlossen, sondern deren Abschluss sie bloß geplant habe. Eine Teilung der einheitlichen Ermessensentscheidung komme aber nicht in Betracht.

5

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte die Verletzung materiellen Rechts. Sie habe die Rechnungseinbehalte für Krankenhausbehandlungen ab Anfang 2004 noch im Februar 2005 geltend machen dürfen. Dass die einschlägigen Verträge erst im Laufe des Jahres 2004 geschlossen worden seien, sei unschädlich. Es reiche aus, dass sie in jenem Jahr überhaupt Verträge über eine integrierte Versorgung abgeschlossen habe, die im Rahmen eines Dreijahreszeitraums die Höhe des Einbehalts von 1 % der Abrechnungen rechtfertige.

6

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG Sachsen-Anhalt vom 17.3.2010 zu ändern und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Halle vom 30.4.2008 zurückzuweisen.

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Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

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Die Revision ist unbegründet. Im Ergebnis zutreffend hat das LSG entschieden, dass dem restlichen Vergütungsanspruch der Klägerin aus der Sammelrechnung vom Februar 2005 keine Ansprüche aus der Anschubfinanzierung der integrierten Versorgung für Januar bis April 2004 entgegenstehen. Dabei kann offenbleiben, ob die Beklagte zur Geltendmachung solcher Ansprüche im Februar 2005 überhaupt noch berechtigt war (dazu unter 3.). Denn jedenfalls fehlt es an Verträgen, die einen solchen Einbehalt zu diesem Zeitpunkt hätten rechtfertigen können (dazu unter 4.).

9

1. Rechtsgrundlage des zulässig mit der (echten) Leistungsklage nach § 54 Abs 5 SGG verfolgten restlichen Vergütungsanspruchs(stRspr; vgl zB BSGE 90, 1 f = SozR 3-2500 § 112 Nr 3 S 18, 20; BSGE 100, 164 = SozR 4-2500 § 39 Nr 12 RdNr 10; BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13 RdNr 9) ist § 109 Abs 4 Satz 3 SGB V sowie - mangels landesvertraglicher Regelungen iS von § 112 Abs 2 Satz 1 Nr 1 und 2 SGB V über die allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlung sowie die Überprüfung ihrer Notwendigkeit und Dauer im betroffenen Zeitraum - die Pflegesatzvereinbarung der Beteiligten für das Jahr 2004(vgl BSGE 92, 300 = SozR 4-2500 § 39 Nr 2, RdNr 7 f; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 1 RdNr 7). Danach entsteht die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse unabhängig von einer Kostenzusage unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus durchgeführt wird und iS von § 39 Abs 1 Satz 2 SGB V erforderlich ist. Der Behandlungspflicht zugelassener Krankenhäuser iS des § 109 Abs 4 Satz 2 SGB V steht ein Vergütungsanspruch gegenüber, der auf der Grundlage der gesetzlichen Ermächtigung in §§ 16, 17 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) in der Pflegesatzvereinbarung zwischen Krankenkasse und Krankenhausträger festgelegt wird(vgl BSGE 86, 166, 168 = SozR 3-2500 § 112 Nr 1 S 3; BSGE 90, 1, 2 = SozR 3-2500 § 112 Nr 3 S 20). Hiernach hat die Klägerin nach den bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG - was zudem zwischen den Beteiligten nicht in Streit steht - für die mit der Sammelrechnung aus Februar 2005 abgerechneten Fälle Vergütungsansprüche auch in Höhe des von der Beklagten einbehaltenen Betrages in Höhe von 48 897,33 Euro erworben.

10

2. Durch Aufrechnung mit einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch (vgl dazu BSGE 93, 137 = SozR 4-2500 § 137c Nr 2, RdNr 9 f; BSGE 69, 158, 160 = SozR 3-1300 § 113 Nr 1) erloschen wäre dieser Vergütungsanspruch im Hinblick auf die Anschubfinanzierung nach § 140d Abs 1 Satz 1 SGB V nur, wenn die an die Klägerin entrichteten Entgelte für Januar bis April 2004 insoweit überhöht waren und die Beklagte nach den dafür maßgeblichen Grundsätzen noch im Februar 2005 zu einer entsprechenden Abrechnungskorrektur befugt war(vgl dazu BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 19 sowie BSGE 105, 150 = BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 20). Gemäß § 140d Abs 1 Satz 1 SGB V hatte jede Krankenkasse zur Förderung der integrierten Versorgung in den Jahren 2004 bis 2008 jeweils Mittel bis zu 1 % von der nach § 85 Abs 2 SGB V an die Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) zu entrichtenden Gesamtvergütung sowie von den Rechnungen der einzelnen Krankenhäuser für voll- und teilstationäre Versorgung "einzubehalten", soweit die einbehaltenen Mittel zur Umsetzung von nach § 140b SGB V geschlossenen Verträgen erforderlich waren. Diese Gesetzesnorm trägt die hier von der Beklagten vorgenommenen Vergütungskürzungen nicht. Soweit man einen solchen Einbehalt für den Zeitraum von Januar bis April 2004 im Februar 2005 überhaupt noch für zulässig erachtet, waren jedenfalls entsprechende Verträge bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht geschlossen worden.

11

3. Ob die Beklagte im Februar 2005 grundsätzlich noch Mittel zur Anschubfinanzierung der integrierten Versorgung für Januar bis April 2004 einbehalten durfte, kann im Ergebnis offenbleiben.

12

a) Nach der Rechtsprechung des 1. Senats des BSG konnten Mittel zur Anschubfinanzierung der integrierten Versorgung grundsätzlich nur einbehalten werden, sofern die Krankenkasse spätestens bis zur vorbehaltlosen Erfüllung einer Krankenhausabrechnung eine entsprechende Erklärung abgegeben hatte. Das "Einbehalten" von Mitteln umschreibe den Vorgang, dass die Krankenkasse einen gegen sie gerichteten Anspruch als berechtigt ansehe, die hierfür geschuldeten Mittel in Höhe des Einbehalts aber nicht leiste, sondern mit einem Gegenrecht auf Mitteleinbehaltung zur Anschubfinanzierung aufrechne und die auf diese Art und Weise "einbehaltenen Mittel" zur zweckgebundenen Verwendung verbuche. Mit dem "Einbehalten" von Mitteln sei nur abgekürzt ein äußerer Vorgang benannt, aber die dahinter stehenden rechtlichen Vorgänge nicht ausdrücklich qualifiziert. Die Aufrechnung von Krankenkassen zur Erfüllung von Ansprüchen auf Vergütung von Krankenhausbehandlung erfolge analog §§ 387 ff BGB durch Aufrechnungserklärung. Dafür sei zwar kein Verwaltungsakt erforderlich, jedoch sei die Krankenkasse in der Ausübung dieses Einbehaltungsrechts zeitlich nicht frei. Vielmehr müsse sie entscheiden, ob sie eine ihr zugegangene, nach ihrer Überprüfung zu erfüllende Krankenhaus-Rechnung voll begleichen oder stattdessen hiervon Mittel zur Anschubfinanzierung für eine Maßnahme der integrierten Versorgung einbehalten wolle. Zur Einbehaltung sei sie zeitlich nur bis zur vorbehaltlosen Erfüllung der Krankenhausforderung befähigt. Spätere Aufrechnungserklärungen seien unwirksam, denn sie gingen bei bereits erfolgter Zahlung ins Leere (BSG Urteil vom 2.11.2010 - B 1 KR 11/10 R - zur Veröffentlichung vorgesehen, RdNr 14 ff).

13

b) Ob sich dieser Auffassung in jeder Hinsicht anzuschließen ist, kann der Senat offenlassen. Hiergegen könnte sprechen, dass die Krankenhäuser nach der gesetzlichen Konzeption im Wege des Einbehalts nach § 140d Abs 1 Satz 1 SGB V zwingend an der Finanzierung der integrierten Versorgung zu beteiligen waren und demzufolge die Vergütung einer Krankenhausleistung ohne entsprechenden Einbehalt fehlerhaft war. Dies könnte dafür sprechen, dass die Krankenkassen allein nach den allgemeinen Regeln - also auch unter Berücksichtigung der hierbei nach Treu und Glauben zu berücksichtigenden Grenzen - im Wege der nachträglichen Erhebung des Einbehalts zur Fehlerkorrektur befugt gewesen sein könnten (zu diesen Grenzen auf Krankenhausseite s zuletzt zusammenfassend BSGE 105, 150 = SozR 4-2500 § 109 Nr 20 mwN). Jedoch muss dies ebenso wenig entschieden werden wie die weitere Frage, ob eine solche Fehlerkorrektur gegebenenfalls noch nach Ablauf nahezu eines Jahres und außerhalb des laufenden Geschäftsjahrs möglich wäre. Denn es fehlt vorliegend jedenfalls an Verträgen, auf die sich der beanstandete Einbehalt hätte stützen können.

14

4. Bis zum 30.4.2004 waren keine Integrationsverträge geschlossen worden, die einen Einbehalt iS von § 140d Abs 1 Satz 1 SGB V hätten rechtfertigen können. Die bis dahin von der Beklagten ausgehandelten Verträge waren entweder noch nicht wirksam oder begründeten keine integrierte Versorgung im Rechtssinne.

15

a) Wie der 1. Senat des BSG mit dem bereits zitierten Urteil vom 2.11.2010 entschieden hat, verlangt § 140d Abs 1 Satz 1 SGB V schon nach seinem klaren Wortlaut, dass die Mittel für die Umsetzung "geschlossener" Verträge erforderlich sind, nicht etwa aber auch für Verträge, die sich erst noch im Planungs- oder Verhandlungsstadium befinden. Dem schließt sich der erkennende Senat an. Zutreffend hat der 1. Senat insoweit auch auf den Regelungszweck des § 140d SGB V verwiesen, Einbehalte nur zur Umsetzung von solchen Vorhaben der integrierten Versorgung zu gestatten, die auf rechtlich gesicherter Grundlage stehen. Es bedarf hierfür mehr als einer bloßen Planung künftig abzuschließender Verträge. Die Einbehaltung lässt die geltend gemachte Forderung des Krankenhauses erlöschen und bewirkt insoweit, dass die zur Tilgung vorgesehenen Mittel nicht dem Gläubiger zufließen. Die ihn mit der Einbehaltung treffende und finanziell belastende Erfüllungswirkung erfordert eine hinreichende Berechenbarkeit und Rechtsklarheit der Aktivitäten der betroffenen Krankenkasse in Bezug auf Maßnahmen der integrierten Versorgung. Beides ist nur gewährleistet, wenn bereits unzweifelhaft feststeht, wofür konkret der Mitteleinsatz auf Krankenkassen-Seite erfolgen soll (vgl BSG Urteil vom 2.11.2010 - B 1 KR 11/10 R - zur Veröffentlichung vorgesehen, RdNr 22).

16

b) Hieran gemessen waren die Verträge "Hausärzte", "Fachärzte", "Praxisklinik S." und "Saaleklinik H." jedenfalls bis Ende April 2004 noch nicht in Kraft getreten. Auch insofern schließt sich der erkennende Senat der Entscheidung des 1. Senats des BSG vom 2.11.2010 an. Nach den Angaben der Beklagten sind zunächst der Hausärzte- und der Fachärztevertrag wirksam geworden, aber erst zum 1.7.2004. Auch der Vertrag mit der Saaleklinik H. ist nach dem vorgelegten Vertragsauszug später geschlossen worden, nämlich am 19.5.2004. Ebenso war der Vertrag mit der Praxisklinik S., der ausweislich der Vertragsurkunde am 27.4.2004 unterzeichnet worden war, im Rechtssinne noch nicht bis zum Ablauf des April 2004 geschlossen. Nach § 9 dieses Vertrages haben die Vertragspartner nämlich erst zum 30.4.2004 die Erstellung eines Dokumentationskonzepts vereinbart. Die darin enthaltene Dokumentation ist gemäß § 140b Abs 3 Satz 3 SGB V jedem Beteiligten im jeweils erforderlichen Umfang zugänglich zu machen. Dies verdeutlicht, dass das Dokumentationskonzept als gesetzlich vorgesehener, zwingender Bestandteil eines Vertrags zur integrierten Versorgung am 27.4.2004 noch nicht existiert hat, sodass unter Berücksichtigung des selbst gesetzten Datums erst frühestens für die Zeit ab 1.5.2004 Einbehaltungen hätten stattfinden dürfen. Auf eine weitere inhaltliche Überprüfung dieses Vertrages kommt es deshalb nicht an. Die rückwirkende Inkraftsetzung von Verträgen, wie im Vertrag mit der Praxisklinik S. vom 27.4.2004 zum 1.4.2004 vorgesehen, ist rechtlich unzulässig. Denn es handelt sich um Verträge, die einen Status begründen, insoweit vergleichbar etwa dem Abschluss eines Versorgungsvertrags mit einem Krankenhaus (vgl BSG Urteil vom 2.11.2010 - B 1 KR 11/10 R - zur Veröffentlichung vorgesehen, RdNr 23 mwN).

17

c) Die Verträge mit dem Diakonissen-Krankenhaus D. und dem Diakonie-Krankenhaus H. waren zwar im Rechtssinne vor dem 30.4.2004 geschlossen, stellen aber keine Verträge nach § 140b SGB V dar, die eine Einbehaltung von Mitteln nach § 140d Abs 1 Satz 1 SGB V hätten rechtfertigen können. Wie der 1. Senat des BSG erachtet zwar auch der erkennende 3. Senat insoweit eine bloß überschlägige, die Grundvoraussetzungen eines Vertrages über integrierte Versorgung einbeziehende Prüfung als ausreichend. Andernfalls würde jeder einzelne Rechtsstreit über die Einbehaltung von Mitteln zur Anschubfinanzierung einen Anreiz für Konkurrenten der integrierten Versorgung bieten, Verträge über die integrierte Versorgung im Rahmen der gerichtlichen Überprüfung von Einbehaltungen zu Fall zu bringen. Um dies zu verhindern, begnügt sich § 140d Abs 1 Satz 1 SGB V damit, für Einbehalte lediglich zu verlangen, dass die einbehaltenen Mittel "zur Umsetzung von nach § 140b geschlossenen Verträgen" erforderlich sind. Eine weitergehende Detailprüfung verlangt das Gesetz dagegen nicht (vgl BSG Urteil vom 2.11.2010 - B 1 KR 11/10 R - zur Veröffentlichung vorgesehen, RdNr 24).

18

Auch unter Berücksichtigung dieses reduzierten Prüfmaßstabs sind die genannten Verträge der Beklagten mit dem Diakonissen-Krankenhaus D. und dem Diakonie-Krankenhaus H. nicht als integrierte Versorgungsverträge im Rechtssinne zu qualifizieren. Dies folgt bereits aus dem Integrationsansatz des § 140b Abs 1 SGB V. Danach können die Krankenkassen abweichend von den übrigen Regelungen dieses Kapitels Verträge über eine verschiedene Leistungssektoren übergreifende Versorgung der Versicherten oder eine interdisziplinär-fachübergreifende Versorgung mit den in § 140b Abs 1 SGB V genannten Vertragspartnern abschließen. Das erfordert Verträge, die über die Regelversorgung hinausreichen (vgl BSGE 100, 52 = SozR 4-2500 § 140d Nr 1). Diesen Anforderungen genügten die Verträge mit den genannten Krankenhäusern jedenfalls in dem hier zu beurteilenden Zeitraum noch nicht. Wie der 1. Senat zutreffend ausgeführt hat, muss die Krankenkasse einen Vertrag über eine verschiedene Leistungssektoren übergreifende Versorgung der Versicherten mit solchen Vertragspartnern aus dem Kreis der abschließend in § 140b Abs 1 SGB V Aufgeführten "geschlossen", dh auf vertraglicher Grundlage sichergestellt haben, dass die Vertragspartner eine integrierte Versorgung auch rechtlich leisten können. Soll - wie hier - die integrative Zusammenarbeit von anderen Leistungserbringern mit einem Krankenhaus stattfinden, ist ein Vertrag von hinreichender Qualität daher erst "geschlossen", wenn tatsächlich auch die als potenzielle Vertragsteilnehmer angesprochenen Vertragsärzte vertraglich einbezogen worden sind. Daran fehlt es bei beiden Verträgen, weil Vertragspartner des Vertrages mit dem Diakonissen-Krankenhaus D. ausschließlich das Krankenhaus war, andere Leistungserbringer also schon im Ansatz noch nicht einbezogen waren, und beim Diakonie-Krankenhaus H. jedenfalls in der Anfangsphase lediglich Operationen im Krankenhaus vorgesehen waren, also auch der Bereich der Regelversorgung nicht verlassen war (ebenso BSG Urteil vom 2.11.2010 - B 1 KR 11/10 R - zur Veröffentlichung vorgesehen, RdNr 25 ff).

19

5. Nicht zu beanstanden ist schließlich auch die vom LSG zuerkannte Forderung von Prozesszinsen (vgl BSG Urteil vom 2.11.2010 - B 1 KR 11/10 R - zur Veröffentlichung vorgesehen, RdNr 30).

20

6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 154 Abs 1 VwGO, diejenige über den Streitwert aus § 197a Abs 1 Satz 1 Halbs 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 und 3 sowie § 47 Abs 1 GKG.

(1) Die Krankenkassen können Verträge mit den in Absatz 3 genannten Leistungserbringern über eine besondere Versorgung der Versicherten abschließen. Die Verträge ermöglichen eine verschiedene Leistungssektoren übergreifende oder eine interdisziplinär fachübergreifende Versorgung (integrierte Versorgung) sowie besondere Versorgungsaufträge unter Beteiligung der Leistungserbringer oder deren Gemeinschaften. Die Verträge können auch Regelungen enthalten, die die besondere Versorgung regional beschränken. Verträge, die nach den §§ 73a, 73c und 140a in der am 22. Juli 2015 geltenden Fassung geschlossen wurden, sind spätestens bis zum 31. Dezember 2024 durch Verträge nach dieser Vorschrift zu ersetzen oder zu beenden. Soweit die Versorgung der Versicherten nach diesen Verträgen durchgeführt wird, ist der Sicherstellungsauftrag nach § 75 Absatz 1 eingeschränkt. Satz 4 gilt nicht für die Organisation der vertragsärztlichen Versorgung zu den sprechstundenfreien Zeiten.

(2) Die Verträge können Abweichendes von den Vorschriften dieses Kapitels, des Krankenhausfinanzierungsgesetzes, des Krankenhausentgeltgesetzes sowie den nach diesen Vorschriften getroffenen Regelungen beinhalten. Die Verträge können auch Abweichendes von den im Dritten Kapitel benannten Leistungen beinhalten, soweit sie die in § 11 Absatz 6 genannten Leistungen, Leistungen nach den §§ 20i, 25, 26, 27b, 37a und 37b sowie ärztliche Leistungen einschließlich neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden betreffen. Die Sätze 1 und 2 gelten insoweit, als über die Eignung der Vertragsinhalte als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung der Gemeinsame Bundesausschuss nach § 91 im Rahmen der Beschlüsse nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 oder im Rahmen der Beschlüsse nach § 137c Absatz 1 keine ablehnende Entscheidung getroffen hat. Die abweichende Regelung muss dem Sinn und der Eigenart der besonderen Versorgung entsprechen, sie muss insbesondere darauf ausgerichtet sein, die Qualität, die Wirksamkeit und die Wirtschaftlichkeit der Versorgung zu verbessern. Wenn Verträge über eine besondere Versorgung zur Durchführung von nach § 92a Absatz 1 Satz 1 und 2 geförderten neuen Versorgungsformen abgeschlossen werden, gelten die Anforderungen an eine besondere Versorgung nach Absatz 1 Satz 1 und 2 und die Anforderungen nach Satz 4 als erfüllt. Das gilt auch für Verträge zur Fortführung von nach § 92a Absatz 1 Satz 1 und 2 geförderten neuen Versorgungsformen oder wesentlicher Teile daraus sowie für Verträge zur Übertragung solcher Versorgungsformen in andere Regionen. Für die Qualitätsanforderungen zur Durchführung der Verträge gelten die vom Gemeinsamen Bundesausschuss sowie die in den Bundesmantelverträgen für die Leistungserbringung in der vertragsärztlichen Versorgung beschlossenen Anforderungen als Mindestvoraussetzungen entsprechend. Gegenstand der Verträge dürfen auch Vereinbarungen sein, die allein die Organisation der Versorgung betreffen. Die Partner eines Vertrages nach Absatz 1 können sich darauf verständigen, dass Beratungs-, Koordinierungs- und Managementleistungen der Leistungserbringer und der Krankenkassen zur Versorgung der Versicherten im Rahmen der besonderen Versorgung durch die Vertragspartner oder Dritte erbracht werden; § 11 Absatz 4 Satz 5 gilt entsprechend. Vereinbarungen über zusätzliche Vergütungen für Diagnosen können nicht Gegenstand der Verträge sein.

(3) Die Krankenkassen können nach Maßgabe von Absatz 1 Satz 2 Verträge abschließen mit:

1.
nach diesem Kapitel zur Versorgung der Versicherten berechtigten Leistungserbringern oder deren Gemeinschaften,
2.
Trägern von Einrichtungen, die eine besondere Versorgung durch zur Versorgung der Versicherten nach dem Vierten Kapitel berechtigte Leistungserbringer anbieten,
3.
Pflegekassen und zugelassenen Pflegeeinrichtungen auf der Grundlage des § 92b des Elften Buches,
3a.
anderen Leistungsträgern nach § 12 des Ersten Buches und den Leistungserbringern, die nach den für diese Leistungsträger geltenden Bestimmungen zur Versorgung berechtigt sind,
3b.
privaten Kranken- und Pflegeversicherungen, um Angebote der besonderen Versorgung für Versicherte in der gesetzlichen und in der privaten Krankenversicherung zu ermöglichen,
4.
Praxiskliniken nach § 115 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1,
5.
pharmazeutischen Unternehmern,
6.
Herstellern von Medizinprodukten im Sinne der Verordnung (EU) 2017/745,
7.
Kassenärztlichen Vereinigungen oder Berufs- und Interessenverbänden der Leistungserbringer nach Nummer 1 zur Unterstützung von Mitgliedern, die an der besonderen Versorgung teilnehmen,
8.
Anbietern von digitalen Diensten und Anwendungen nach § 68a Absatz 3 Satz 2 Nummer 2 und 3.
Die Partner eines Vertrages über eine besondere Versorgung nach Absatz 1 können sich auf der Grundlage ihres jeweiligen Zulassungsstatus für die Durchführung der besonderen Versorgung darauf verständigen, dass Leistungen auch dann erbracht werden können, wenn die Erbringung dieser Leistungen vom Zulassungs-, Ermächtigungs- oder Berechtigungsstatus des jeweiligen Leistungserbringers nicht gedeckt ist. Bei Verträgen mit Anbietern von digitalen Diensten und Anwendungen nach Nummer 8 sind die Zugänglichkeitskriterien für Menschen mit Behinderungen zu berücksichtigen.

(3a) Gegenstand der Verträge kann sein

1.
die Förderung einer besonderen Versorgung, die von den in Absatz 3 genannten Leistungserbringern selbständig durchgeführt wird, oder
2.
die Beteiligung an Versorgungsaufträgen anderer Leistungsträger nach § 12 des Ersten Buches.
Die Förderung und Beteiligung nach Satz 1 dürfen erfolgen, soweit sie dem Zweck der gesetzlichen Krankenversicherung dienen.

(3b) Gegenstand der Verträge kann eine besondere Versorgung im Wege der Sach- oder Dienstleistung sein

1.
im Einzelfall, wenn medizinische oder soziale Gründe dies rechtfertigen, oder
2.
in den Fällen, in denen die Voraussetzungen für eine Kostenerstattung der vom Versicherten selbst beschafften Leistungen vorliegen.
Verträge nach Satz 1 können auch mit nicht zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringern geschlossen werden, wenn eine dem Versorgungsniveau in der gesetzlichen Krankenversicherung gleichwertige Versorgung gewährleistet ist.

(4) Die Versicherten erklären ihre freiwillige Teilnahme an der besonderen Versorgung schriftlich oder elektronisch gegenüber ihrer Krankenkasse. Die Versicherten können die Teilnahmeerklärung innerhalb von zwei Wochen nach deren Abgabe schriftlich, elektronisch oder zur Niederschrift bei der Krankenkasse ohne Angabe von Gründen widerrufen. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung der Widerrufserklärung an die Krankenkasse. Die Widerrufsfrist beginnt, wenn die Krankenkasse dem Versicherten eine Belehrung über sein Widerrufsrecht schriftlich oder elektronisch mitgeteilt hat, frühestens jedoch mit der Abgabe der Teilnahmeerklärung. Das Nähere zur Durchführung der Teilnahme der Versicherten, insbesondere zur zeitlichen Bindung an die Teilnahmeerklärung, zur Bindung an die vertraglich gebundenen Leistungserbringer und zu den Folgen bei Pflichtverstößen der Versicherten, regeln die Krankenkassen in den Teilnahmeerklärungen. Die Satzung der Krankenkasse hat Regelungen zur Abgabe der Teilnahmeerklärungen zu enthalten. Die Regelungen sind auf der Grundlage der Richtlinie nach § 217f Absatz 4a zu treffen.

(4a) Krankenkassen können Verträge auch mit Herstellern von Medizinprodukten nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 6 über die besondere Versorgung der Versicherten mit digitalen Versorgungsangeboten schließen. Absatz 1 Satz 2 ist nicht anzuwenden. In den Verträgen ist sicherzustellen, dass über eine individualisierte medizinische Beratung einschließlich von Therapievorschlägen hinausgehende diagnostische Feststellungen durch einen Arzt zu treffen sind. Bei dem einzubeziehenden Arzt muss es sich in der Regel um einen an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Arzt handeln.

(5) Die Verarbeitung der für die Durchführung der Verträge nach Absatz 1 erforderlichen personenbezogenen Daten durch die Vertragspartner nach Absatz 1 darf nur mit Einwilligung und nach vorheriger Information der Versicherten erfolgen.

(6) Für die Bereinigung des Behandlungsbedarfs nach § 87a Absatz 3 Satz 2 gilt § 73b Absatz 7 entsprechend; falls eine Vorabeinschreibung der teilnehmenden Versicherten nicht möglich ist, kann eine rückwirkende Bereinigung vereinbart werden. Die Krankenkasse kann bei Verträgen nach Absatz 1 auf die Bereinigung verzichten, wenn das voraussichtliche Bereinigungsvolumen einer Krankenkasse für einen Vertrag nach Absatz 1 geringer ist als der Aufwand für die Durchführung dieser Bereinigung. Der Bewertungsausschuss hat in seinen Vorgaben gemäß § 87a Absatz 5 Satz 7 zur Bereinigung und zur Ermittlung der kassenspezifischen Aufsatzwerte des Behandlungsbedarfs auch Vorgaben zur Höhe des Schwellenwertes für das voraussichtliche Bereinigungsvolumen, unterhalb dessen von einer basiswirksamen Bereinigung abgesehen werden kann, zu der pauschalen Ermittlung und Übermittlung des voraussichtlichen Bereinigungsvolumens an die Vertragspartner nach § 73b Absatz 7 Satz 1 sowie zu dessen Anrechnung beim Aufsatzwert der betroffenen Krankenkasse zu machen.

(1) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die für die Wahrnehmung der Interessen von Pflegediensten maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene haben unter Berücksichtigung der Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 gemeinsam Rahmenempfehlungen über die einheitliche und flächendeckende Versorgung mit häuslicher Krankenpflege abzugeben; für Pflegedienste, die einer Kirche oder einer Religionsgemeinschaft des öffentlichen Rechts oder einem sonstigen freigemeinnützigen Träger zuzuordnen sind, können die Rahmenempfehlungen gemeinsam mit den übrigen Partnern der Rahmenempfehlungen auch von der Kirche oder der Religionsgemeinschaft oder von dem Wohlfahrtsverband abgeschlossen werden, dem die Einrichtung angehört. Vor Abschluß der Vereinbarung ist der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Deutschen Krankenhausgesellschaft Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in den Entscheidungsprozeß der Partner der Rahmenempfehlungen einzubeziehen. In den Rahmenempfehlungen sind insbesondere zu regeln:

1.
Eignung der Leistungserbringer einschließlich Anforderungen an die Eignung zur Versorgung nach § 37 Absatz 7,
2.
Maßnahmen zur Qualitätssicherung und Fortbildung,
3.
Inhalt und Umfang der Zusammenarbeit des Leistungserbringers mit dem verordnenden Vertragsarzt und dem Krankenhaus,
4.
Grundsätze der Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung einschließlich deren Prüfung,
5.
Grundsätze der Vergütungen und ihrer Strukturen einschließlich der Transparenzvorgaben für die Vergütungsverhandlungen zum Nachweis der tatsächlich gezahlten Tariflöhne oder Arbeitsentgelte sowie erstmals bis zum 30. Juni 2019 Grundsätze für die Vergütung von längeren Wegezeiten, insbesondere in ländlichen Räumen, durch Zuschläge unter Einbezug der ambulanten Pflege nach dem Elften Buch,
6.
Grundsätze zum Verfahren der Prüfung der Leistungspflicht der Krankenkassen sowie zum Abrechnungsverfahren einschließlich der für diese Zwecke jeweils zu übermittelnden Daten und
7.
Anforderungen an die Eignung der Pflegefachkräfte, die Leistungen im Rahmen einer Versorgung nach § 37 Absatz 8 erbringen, sowie Maßnahmen zur Gewährleistung der Wirtschaftlichkeit der im Rahmen einer Versorgung nach § 37 Absatz 8 erbrachten Leistungen.
Um den Besonderheiten der intensivpflegerischen Versorgung im Rahmen der häuslichen Krankenpflege Rechnung zu tragen, sind in den Rahmenempfehlungen auch Regelungen über die behandlungspflegerische Versorgung von Versicherten, die auf Grund eines besonders hohen Bedarfs an diesen Leistungen oder einer Bedrohung ihrer Vitalfunktion einer ununterbrochenen Anwesenheit einer Pflegekraft bedürfen, vorzusehen. In den Rahmenempfehlungen nach Satz 4 Nummer 6 können auch Regelungen über die nach § 302 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 3 in Richtlinien geregelten Inhalte getroffen werden; in diesem Fall gilt § 302 Absatz 4. Die Inhalte der Rahmenempfehlungen sind den Verträgen nach Absatz 4 zugrunde zu legen.

(2) Kommt eine Rahmenempfehlung nach Absatz 1 ganz oder teilweise nicht zu Stande, können die Rahmenempfehlungspartner die Schiedsstelle nach Absatz 3 anrufen. Die Schiedsstelle kann auch vom Bundesministerium für Gesundheit angerufen werden. Sie setzt innerhalb von drei Monaten den betreffenden Rahmenempfehlungsinhalt fest.

(3) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die für die Wahrnehmung der Interessen von Pflegediensten maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene bilden erstmals bis zum 1. Juli 2017 eine gemeinsame Schiedsstelle. Sie besteht aus Vertretern der Krankenkassen und der Pflegedienste in gleicher Zahl sowie aus einem unparteiischen Vorsitzenden und zwei weiteren unparteiischen Mitgliedern. Die Amtsdauer beträgt vier Jahre. Über den Vorsitzenden und die zwei weiteren unparteiischen Mitglieder sowie deren Stellvertreter sollen sich die Rahmenempfehlungspartner einigen. Kommt eine Einigung nicht zu Stande, gilt § 89 Absatz 6 Satz 3 entsprechend. Das Bundesministerium für Gesundheit kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Nähere über die Zahl und die Bestellung der Mitglieder, die Erstattung der baren Auslagen und die Entschädigung für den Zeitaufwand der Mitglieder, das Verfahren sowie über die Verteilung der Kosten regeln. § 129 Absatz 9 und 10 Satz 1 gilt entsprechend.

(4) Über die Einzelheiten der Versorgung mit häuslicher Krankenpflege, über die Preise und deren Abrechnung und die Verpflichtung der Leistungserbringer zur Fortbildung schließen diedieLandesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich Verträge mit den Leistungserbringern. Wird die Fortbildung nicht nachgewiesen, sind Vergütungsabschläge vorzusehen. Dem Leistungserbringer ist eine Frist zu setzen, innerhalb derer er die Fortbildung nachholen kann. Erbringt der Leistungserbringer in diesem Zeitraum die Fortbildung nicht, ist der Vertrag zu kündigen. Die Krankenkassen haben darauf zu achten, dass die Leistungen wirtschaftlich und preisgünstig erbracht werden. Verträge dürfen nur mit zuverlässigen Leistungserbringern abgeschlossen werden, die die Gewähr für eine leistungsgerechte und wirtschaftliche Versorgung bieten. Die Bezahlung von Gehältern bis zur Höhe tarifvertraglich vereinbarter Vergütungen sowie entsprechender Vergütungen nach kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen kann dabei nicht als unwirtschaftlich abgelehnt werden; insoweit gilt § 71 nicht. Bei nicht tarifgebundenen oder nicht an kirchliche Arbeitsrechtsregelungen gebundenen Leistungserbringern gilt § 82c Absatz 2 Satz 1 des Elften Buches entsprechend. Der Leistungserbringer ist verpflichtet, die entsprechende Bezahlung der Beschäftigten nach Satz 7 jederzeit einzuhalten und sie auf Verlangen einer Vertragspartei nachzuweisen. Im Fall der Nichteinigung wird der Vertragsinhalt durch eine von den Vertragspartnern zu bestimmende unabhängige Schiedsperson innerhalb von drei Monaten festgelegt. Einigen sich die Vertragspartner nicht auf eine Schiedsperson, so wird diese vom Bundesamt für Soziale Sicherung innerhalb eines Monats nach Vorliegen der für die Bestimmung der Schiedsperson notwendigen Informationen bestimmt; Widerspruch und Klage gegen die Bestimmung der Schiedsperson durch das Bundesamt für Soziale Sicherung haben keine aufschiebende Wirkung. Die Kosten des Schiedsverfahrens tragen die Vertragspartner zu gleichen Teilen. Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihrer Vielfalt, insbesondere der Bedeutung der freien Wohlfahrtspflege, Rechnung zu tragen. Die Leistungserbringer sind verpflichtet, an Qualitäts- und Abrechnungsprüfungen nach § 275b teilzunehmen; § 114 Absatz 2 des Elften Buches bleibt unberührt. Soweit bei einer Prüfung nach § 275b Absatz 1 Satz 1 bis 3 Qualitätsmängel festgestellt werden, entscheiden die Landesverbände der Krankenkassen oder die Krankenkassen nach Anhörung des Leistungserbringers, welche Maßnahmen zu treffen sind, erteilen dem Leistungserbringer hierüber einen Bescheid und setzen ihm darin zugleich eine angemessene Frist zur Beseitigung der festgestellten Mängel. Der Leistungserbringer hat der Krankenkasse anzuzeigen, dass er behandlungspflegerische Leistungen im Sinne des Absatzes 1 Satz 5 erbringt, wenn er diese Leistungen für mindestens zwei Versicherte in einer durch den Leistungserbringer oder einen Dritten organisierten Wohneinheit erbringt. Abweichend von Satz 1 kann die Krankenkasse zur Gewährung von häuslicher Krankenpflege geeignete Personen anstellen.

(1) Die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam und die Kassenärztlichen Vereinigungen schließen mit der Landeskrankenhausgesellschaft oder mit den Vereinigungen der Krankenhausträger im Land gemeinsam Verträge mit dem Ziel, durch enge Zusammenarbeit zwischen Vertragsärzten und zugelassenen Krankenhäusern eine nahtlose ambulante und stationäre Behandlung der Versicherten zu gewährleisten.

(2) Die Verträge regeln insbesondere

1.
die Förderung des Belegarztwesens und der Behandlung in Einrichtungen, in denen die Versicherten durch Zusammenarbeit mehrerer Vertragsärzte ambulant und stationär versorgt werden (Praxiskliniken),
2.
die gegenseitige Unterrichtung über die Behandlung der Patienten sowie über die Überlassung und Verwendung von Krankenunterlagen,
3.
die Zusammenarbeit bei der Gestaltung und Durchführung eines ständig einsatzbereiten Notdienstes; darüber hinaus können auf Grundlage des einheitlichen Bewertungsmaßstabs für ärztliche Leistungen ergänzende Regelungen zur Vergütung vereinbart werden,
4.
die Durchführung einer vor- und nachstationären Behandlung im Krankenhaus nach § 115a einschließlich der Prüfung der Wirtschaftlichkeit und der Verhinderung von Mißbrauch; in den Verträgen können von § 115a Abs. 2 Satz 1 bis 3 abweichende Regelungen vereinbart werden,
5.
die allgemeinen Bedingungen der ambulanten Behandlung im Krankenhaus,
6.
ergänzende Vereinbarungen zu Voraussetzungen, Art und Umfang des Entlassmanagements nach § 39 Absatz 1a.
Sie sind für die Krankenkassen, die Vertragsärzte und die zugelassenen Krankenhäuser im Land unmittelbar verbindlich.

(3) Kommt ein Vertrag nach Absatz 1 ganz oder teilweise nicht zustande, entscheidet auf Antrag einer Vertragspartei das zuständige sektorenübergreifende Schiedsgremium gemäß § 89a.

(3a) (weggefallen)

(4) Kommt eine Regelung nach Absatz 1 bis 3 bis zum 31. Dezember 1990 ganz oder teilweise nicht zustande, wird ihr Inhalt durch Rechtsverordnung der Landesregierung bestimmt. Eine Regelung nach den Absätzen 1 bis 3 ist zulässig, solange und soweit die Landesregierung eine Rechtsverordnung nicht erlassen hat.

(5) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen und die Deutsche Krankenhausgesellschaft oder die Bundesverbände der Krankenhausträger gemeinsam sollen Rahmenempfehlungen zum Inhalt der Verträge nach Absatz 1 abgeben.

(1) Die Krankenkasse entrichtet nach Maßgabe der Gesamtverträge an die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung mit befreiender Wirkung eine Gesamtvergütung für die gesamte vertragsärztliche Versorgung der Mitglieder mit Wohnort im Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung einschließlich der mitversicherten Familienangehörigen.

(2) Die Höhe der Gesamtvergütung wird im Gesamtvertrag vereinbart; die Landesverbände der Krankenkassen treffen die Vereinbarung mit Wirkung für die Krankenkassen der jeweiligen Kassenart. Die Gesamtvergütung ist das Ausgabenvolumen für die Gesamtheit der zu vergütenden vertragsärztlichen Leistungen; sie kann als Festbetrag oder auf der Grundlage des Bewertungsmaßstabes nach Einzelleistungen, nach einer Kopfpauschale, nach einer Fallpauschale oder nach einem System berechnet werden, das sich aus der Verbindung dieser oder weiterer Berechnungsarten ergibt. Die Vereinbarung unterschiedlicher Vergütungen für die Versorgung verschiedener Gruppen von Versicherten ist nicht zulässig. Die Vertragsparteien haben auch eine angemessene Vergütung für nichtärztliche Leistungen im Rahmen sozialpädiatrischer und psychiatrischer Tätigkeit und für eine besonders qualifizierte onkologische Versorgung zu vereinbaren; das Nähere ist jeweils im Bundesmantelvertrag zu vereinbaren. Die Vergütungen der Untersuchungen nach den §§ 22, 25 Abs. 1 und 2, § 26 werden als Pauschalen vereinbart. Beim Zahnersatz sind Vergütungen für die Aufstellung eines Heil- und Kostenplans nicht zulässig. Soweit die Gesamtvergütung auf der Grundlage von Einzelleistungen vereinbart wird, ist der Betrag des Ausgabenvolumens nach Satz 2 zu bestimmen. Ausgaben für Kostenerstattungsleistungen nach § 13 Abs. 2 und nach § 53 Abs. 4 mit Ausnahme der Kostenerstattungsleistungen nach § 13 Abs. 2 Satz 6 und Ausgaben auf Grund der Mehrkostenregelung nach § 28 Abs. 2 Satz 3 sind auf das Ausgabenvolumen nach Satz 2 anzurechnen.

(2a) (weggefallen)

(2b) (weggefallen)

(2c) Die Vertragspartner nach § 82 Abs. 1 können vereinbaren, daß für die Gesamtvergütungen getrennte Vergütungsanteile für die an der vertragsärztlichen Versorgung beteiligten Arztgruppen zugrunde gelegt werden; sie können auch die Grundlagen für die Bemessung der Vergütungsanteile regeln. § 89 Abs. 1 gilt nicht.

(2d) Die Punktwerte für zahnärztliche Leistungen ohne Zahnersatz dürfen im Jahr 2023 gegenüber dem Vorjahr höchstens um die um 0,75 Prozentpunkte verminderte durchschnittliche Veränderungsrate nach § 71 Absatz 3 angehoben werden. Die Punktwerte für zahnärztliche Leistungen ohne Zahnersatz dürfen im Jahr 2024 gegenüber dem Vorjahr höchstens um die um 1,5 Prozentpunkte verminderte durchschnittliche Veränderungsrate nach § 71 Absatz 3 angehoben werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Leistungen nach den §§ 22, 22a, 26 Absatz 1 Satz 5, § 87 Absatz 2i und 2j sowie Leistungen zur Behandlung von Parodontitis für Versicherte, die einem Pflegegrad nach § 15 des Elften Buches zugeordnet sind oder in der Eingliederungshilfe nach § 99 des Neunten Buches leistungsberechtigt sind. Das Bundesministerium für Gesundheit evaluiert bis zum 30. September 2023 die Auswirkungen der Begrenzung der Anhebungen der Punktwerte nach Satz 1 auf den Umfang der Versorgung der Versicherten mit Leistungen zur Behandlung von Parodontitis.

(3) In der vertragszahnärztlichen Versorgung vereinbaren die Vertragsparteien des Gesamtvertrages die Veränderungen der Gesamtvergütungen unter Berücksichtigung der Zahl und Struktur der Versicherten, der Morbiditätsentwicklung, der Kosten- und Versorgungsstruktur, der für die vertragszahnärztliche Tätigkeit aufzuwendenden Arbeitszeit sowie der Art und des Umfangs der zahnärztlichen Leistungen, soweit sie auf einer Veränderung des gesetzlichen oder satzungsmäßigen Leistungsumfangs beruhen. Bei der Vereinbarung der Veränderungen der Gesamtvergütungen ist der Grundsatz der Beitragssatzstabilität (§ 71) in Bezug auf das Ausgabenvolumen für die Gesamtheit der zu vergütenden vertragszahnärztlichen Leistungen ohne Zahnersatz neben den Kriterien nach Satz 1 zu berücksichtigen. Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt. Die Krankenkassen haben den Kassenzahnärztlichen Vereinigungen die Zahl ihrer Versicherten vom 1. Juli eines Jahres, die ihren Wohnsitz im Bezirk der jeweiligen Kassenzahnärztlichen Vereinigung haben, gegliedert nach den Altersgruppen des Vordrucks KM 6 der Statistik über die Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung bis zum 1. Oktober des Jahres mitzuteilen.

(3a) Die Gesamtvergütungen nach Absatz 3 dürfen im Jahr 2023 gegenüber dem Vorjahr höchstens um die um 0,75 Prozentpunkte verminderte durchschnittliche Veränderungsrate nach § 71 Absatz 3 angehoben werden. Im Jahr 2024 dürfen die Gesamtvergütungen für zahnärztliche Leistungen ohne Zahnersatz gegenüber dem Vorjahr höchstens um die um 1,5 Prozentpunkte verminderte durchschnittliche Veränderungsrate nach § 71 Absatz 3 angehoben werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Leistungen nach den §§ 22, 22a, 26 Absatz 1 Satz 5, § 87 Absatz 2i und 2j sowie Leistungen zur Behandlung von Parodontitis für Versicherte, die einem Pflegegrad nach § 15 des Elften Buches zugeordnet sind oder in der Eingliederungshilfe nach § 99 des Neunten Buches leistungsberechtigt sind. Das Bundesministerium für Gesundheit evaluiert bis zum 30. September 2023 die Auswirkungen der Begrenzung der Anhebungen der Gesamtvergütungen nach Satz 1 auf den Umfang der Versorgung der Versicherten mit Leistungen zur Behandlung von Parodontitis.

(4) Die Kassenzahnärztliche Vereinigung verteilt die Gesamtvergütungen an die Vertragszahnärzte. Sie wendet dabei in der vertragszahnärztlichen Versorgung den im Benehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen festgesetzten Verteilungsmaßstab an. Bei der Verteilung der Gesamtvergütungen sind Art und Umfang der Leistungen der Vertragszahnärzte zugrunde zu legen; dabei ist jeweils für die von den Krankenkassen einer Kassenart gezahlten Vergütungsbeträge ein Punktwert in gleicher Höhe zugrunde zu legen. Der Verteilungsmaßstab hat sicherzustellen, dass die Gesamtvergütungen gleichmäßig auf das gesamte Jahr verteilt werden. Der Verteilungsmaßstab hat Regelungen zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der Tätigkeit des Vertragszahnarztes entsprechend seinem Versorgungsauftrag nach § 95 Absatz 3 Satz 1 vorzusehen. Widerspruch und Klage gegen die Honorarfestsetzung sowie ihre Änderung oder Aufhebung haben keine aufschiebende Wirkung.

(1) Ansprüche auf Sozialleistungen verjähren in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie entstanden sind.

(2) Für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs sinngemäß.

(3) Die Verjährung wird auch durch schriftlichen Antrag auf die Sozialleistung oder durch Erhebung eines Widerspruchs gehemmt. Die Hemmung endet sechs Monate nach Bekanntgabe der Entscheidung über den Antrag oder den Widerspruch.

(4) (weggefallen)

(1) Die Verjährung wird gehemmt durch

1.
die Erhebung der Klage auf Leistung oder auf Feststellung des Anspruchs, auf Erteilung der Vollstreckungsklausel oder auf Erlass des Vollstreckungsurteils,
1a.
die Erhebung einer Musterfeststellungsklage für einen Anspruch, den ein Gläubiger zu dem zu der Klage geführten Klageregister wirksam angemeldet hat, wenn dem angemeldeten Anspruch derselbe Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen der Musterfeststellungsklage,
2.
die Zustellung des Antrags im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger,
3.
die Zustellung des Mahnbescheids im Mahnverfahren oder des Europäischen Zahlungsbefehls im Europäischen Mahnverfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens (ABl. EU Nr. L 399 S. 1),
4.
die Veranlassung der Bekanntgabe eines Antrags, mit dem der Anspruch geltend gemacht wird, bei einer
a)
staatlichen oder staatlich anerkannten Streitbeilegungsstelle oder
b)
anderen Streitbeilegungsstelle, wenn das Verfahren im Einvernehmen mit dem Antragsgegner betrieben wird;
die Verjährung wird schon durch den Eingang des Antrags bei der Streitbeilegungsstelle gehemmt, wenn der Antrag demnächst bekannt gegeben wird,
5.
die Geltendmachung der Aufrechnung des Anspruchs im Prozess,
6.
die Zustellung der Streitverkündung,
6a.
die Zustellung der Anmeldung zu einem Musterverfahren für darin bezeichnete Ansprüche, soweit diesen der gleiche Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen des Musterverfahrens und wenn innerhalb von drei Monaten nach dem rechtskräftigen Ende des Musterverfahrens die Klage auf Leistung oder Feststellung der in der Anmeldung bezeichneten Ansprüche erhoben wird,
7.
die Zustellung des Antrags auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens,
8.
den Beginn eines vereinbarten Begutachtungsverfahrens,
9.
die Zustellung des Antrags auf Erlass eines Arrests, einer einstweiligen Verfügung oder einer einstweiligen Anordnung, oder, wenn der Antrag nicht zugestellt wird, dessen Einreichung, wenn der Arrestbefehl, die einstweilige Verfügung oder die einstweilige Anordnung innerhalb eines Monats seit Verkündung oder Zustellung an den Gläubiger dem Schuldner zugestellt wird,
10.
die Anmeldung des Anspruchs im Insolvenzverfahren oder im Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsverfahren,
10a.
die Anordnung einer Vollstreckungssperre nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz, durch die der Gläubiger an der Einleitung der Zwangsvollstreckung wegen des Anspruchs gehindert ist,
11.
den Beginn des schiedsrichterlichen Verfahrens,
12.
die Einreichung des Antrags bei einer Behörde, wenn die Zulässigkeit der Klage von der Vorentscheidung dieser Behörde abhängt und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben wird; dies gilt entsprechend für bei einem Gericht oder bei einer in Nummer 4 bezeichneten Streitbeilegungsstelle zu stellende Anträge, deren Zulässigkeit von der Vorentscheidung einer Behörde abhängt,
13.
die Einreichung des Antrags bei dem höheren Gericht, wenn dieses das zuständige Gericht zu bestimmen hat und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben oder der Antrag, für den die Gerichtsstandsbestimmung zu erfolgen hat, gestellt wird, und
14.
die Veranlassung der Bekanntgabe des erstmaligen Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe oder Verfahrenskostenhilfe; wird die Bekanntgabe demnächst nach der Einreichung des Antrags veranlasst, so tritt die Hemmung der Verjährung bereits mit der Einreichung ein.

(2) Die Hemmung nach Absatz 1 endet sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des eingeleiteten Verfahrens. Die Hemmung nach Absatz 1 Nummer 1a endet auch sechs Monate nach der Rücknahme der Anmeldung zum Klageregister. Gerät das Verfahren dadurch in Stillstand, dass die Parteien es nicht betreiben, so tritt an die Stelle der Beendigung des Verfahrens die letzte Verfahrenshandlung der Parteien, des Gerichts oder der sonst mit dem Verfahren befassten Stelle. Die Hemmung beginnt erneut, wenn eine der Parteien das Verfahren weiter betreibt.

(3) Auf die Frist nach Absatz 1 Nr. 6a, 9, 12 und 13 finden die §§ 206, 210 und 211 entsprechende Anwendung.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 25. Februar 2015 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte den Betrag von 5322,67 Euro ab Rechtshängigkeit mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen hat.

Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Tatbestand

1

Im Streit steht, ob die beklagte gesetzliche Krankenkasse berechtigt war, unter Berufung auf § 17 Abs 1 Satz 5 Ersatzkassenvertrag-Zahnärzte (EKV-Z) einen Gesamtvergütungsanteil in Höhe von 5322,67 Euro auf Dauer einzubehalten.

2

Die Beklagte beantragte bei der klagenden Kassenzahnärztlichen Vereinigung (KZÄV), zahnärztliche Abrechnungen für das Quartal I/2010 im Umfang von 10 142,29 Euro sachlich-rechnerisch richtigzustellen. Nachdem die Klägerin dem nur zu einem geringen Teil entsprochen hatte, behielt die Beklagte unter Hinweis auf den Ablauf der in § 17 Abs 1 Satz 5 EKV-Z bestimmten sechsmonatigen Bearbeitungsfrist einen Betrag in Höhe von 6894,05 Euro ein; dies entsprach 75 % der zu diesem Zeitpunkt noch offenen Beanstandungssumme. Die Klägerin teilte der Beklagten sodann mit, dass sie dem Berichtigungsantrag in Höhe von insgesamt 1571,38 Euro stattgebe. Ferner bat sie um Überweisung des Differenzbetrages in Höhe der noch strittigen 5322,67 Euro. Die Beklagte lehnte dies unter Hinweis darauf ab, dass sie gemäß § 17 Abs 1 Satz 5 EKV-Z nach Ablauf der Bearbeitungsfrist berechtigt sei, den einbehaltenen Betrag auf Dauer einzubehalten. Das SG hat auf die Zahlungsklage der Klägerin die Beklagte verurteilt, an diese 5322,67 Euro nebst Zinsen ab Rechtshängigkeit in Höhe von 8 % über dem Basiszinssatz zu zahlen (Urteil des SG vom 27.11.2013). Das LSG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (Urteil des LSG vom 25.2.2015).

3

Zur Begründung hat es ausgeführt, aus § 17 Abs 1 Satz 5 EKV-Z folge nicht das Recht, bei Versäumung der dort genannten Fristen einen Betrag in Höhe von 75 % der mit den Berichtigungsanträgen geltend gemachten Forderungen endgültig zu behalten. Im maßgeblichen juristischen Sprachgebrauch sei mit der Wendung "Einbehalt" typischerweise ein lediglich zum vorläufigen Behaltendürfen berechtigender "Sicherungseinbehalt" gemeint, wie zB in § 632a Abs 3 Satz 2 BGB oder § 17 Abs 2 der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B (VOB/B). Auch aus der Systematik der Regelung ergebe sich nichts Gegenteiliges. Insbesondere könne man nicht unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung der Vertragspartner aus der in § 17 Abs 1 Satz 4 EKV-Z festgelegten Ausschlussfrist den Schluss ziehen, dass die Nichteinhaltung der Bearbeitungsfrist ebenfalls zu einem Forderungsverlust führe. KZÄVen und Krankenkassen übten ungeachtet ihrer prinzipiellen Gleichrangigkeit bei der Prüfung der Abrechnungen unterschiedliche Funktionen aus, die eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigten bzw sogar erforderten. Schließlich verlange auch Sinn und Zweck der Norm nicht, den dort vorgesehenen Einbehalt als endgültig anzusehen, da auch ein nur vorläufiger Einbehalt ein ausreichendes Mittel sei, um die KZÄV zu einer schnelleren Bearbeitung zu veranlassen. Schon angesichts der hohen prozentualen Anteile der einbehaltenen Forderungen werde die KZÄV in aller Regel darauf achten, die ihr gesetzten Fristen zu wahren. Der Anspruch auf Zinsen ab Rechtshängigkeit folge aus §§ 291 iVm 288 Abs 2 BGB.

4

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte die Verletzung von Bundesrecht. Die vom LSG für die Auslegung des Begriffs des "Einbehaltens" herangezogenen Vorschriften seien hierfür nicht geeignet, weil sich ihnen ausdrücklich entnehmen lasse, dass die Einbehalte als Sicherheit dienten. Nach dem juristischen Sprachgebrauch sei von einem endgültigen Einbehalt auszugehen, wenn dieser nicht ausdrücklich - oder zumindest eindeutig aus dem Kontext der jeweiligen Regelung - als Sicherheitsleistung definiert sei. Von einem endgültigen Forderungsverlust bei Nichteinhaltung der in § 17 Abs 1 Satz 5 EKV-Z normierten Frist sei auch unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung der Vertragsparteien auszugehen. Die Berechtigung der KZÄV, über einen Berichtigungsantrag einer Krankenkasse durch Verwaltungsakt zu entscheiden, tangiere die Gleichrangigkeit beider Körperschaften nicht.

5

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Hessischen LSG vom 25.2.2015 sowie das Urteil des SG Marburg vom 27.11.2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

6

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Sie hält die Entscheidungen der Vorinstanzen für zutreffend. Ein Recht zum Einbehalt bestehe nur vorläufig und ende mit der verfahrensbeendenden Entscheidung über den Berichtigungsantrag. Die einschneidende Rechtsfolge eines dauerhaften Forderungsverlustes bedürfte einer ausdrücklichen vertraglichen Regelung. Ihr als KZÄV komme die Prüfungskompetenz und das Letztentscheidungsrecht zu; ein endgültiger Einbehalt ohne ihre Entscheidung stünde daher nicht mit § 106a Abs 1 und 2 SGB V im Einklang. Eine Absetzung von Gesamtvergütungsbeträgen komme daher erst dann in Betracht, wenn sie die in Rede stehende Forderung anerkannt habe. § 106a Abs 4 Satz 4 SGB V nF verdeutliche, dass ein Recht zum dauerhaften Einbehalt nach Auffassung des Gesetzgebers bislang nicht bestanden habe.

8

Der zu 1. beigeladene Spitzenverband Bund der Krankenkassen schließt sich - ohne einen Antrag zu stellen - der Rechtsauffassung der Beklagten an. Für einen Einbehalt im Sinne eines endgültigen Behaltendürfens sprächen der Wortlaut, die Systematik sowie Sinn und Zweck der Regelung; zudem werde dieses Ergebnis auch durch § 106a Abs 4 Satz 4 SGB V nF bestätigt. Die vom LSG für den juristischen Sprachgebrauch angeführten Regelungen überzeugten nicht, weil sie schon ihrem Regelungskontext nach Sicherungsleistungen beträfen. Ein nur vorübergehender Einbehalt werde mit dem Begriff "Zurückbehaltungsrecht" (zB § 273 BGB) umschrieben. Die streitgegenständliche Regelung stelle das Gegenstück zur Regelung des § 17 Abs 1 Satz 4 EKV-Z dar, wonach Berichtigungsanträge von Krankenkassen innerhalb von sechs Monaten zu stellen seien.

9

Die zu 2. beigeladene Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung führt - ohne einen Antrag zu stellen - aus, die Vorinstanzen hätten § 17 Abs 1 Satz 5 EKV-Z zutreffend ausgelegt. Bereits dessen Wortlaut enthalte keine Anhaltspunkte dahingehend, dass der Einbehalt endgültiger Natur sei. Dies zeige auch ein Vergleich mit § 85 Abs 4f SGB V, der ausdrücklich einen Verfall bzw eine Kürzung regele. Bei den von der Beklagten angeführten Vorschriften handele es sich - anders als bei § 17 Abs 1 Satz 5 EKV-Z - um gesetzliche Regelungen, bei denen sich der Einbehalt bereits nach dem Wortlaut oder der Systematik als eine verkürzte Form der Verrechnung darstelle. Da die KZÄV verbindlich über Berichtigungsanträge entscheide, könne durch eine lediglich nicht zeitgerechte Antragsbearbeitung noch keine endgültige Regelungswirkung im Sinne eines dauerhaften Behaltendürfens eintreten. Die KZÄV müsse in sachlich-rechnerischen Berichtigungsverfahren eine einheitliche Entscheidung sowohl gegenüber den Vertragszahnärzten als auch gegenüber den Krankenkassen treffen. Bei einer endgültigen Forderungskürzung zugunsten der Krankenkasse würde eine korrekte Abrechnung sachwidrig als Falschabrechnung fingiert und die Krankenkasse ungerechtfertigt bereichert. Das Ziel, eine Beschleunigung der Bearbeitung zu erreichen, könne auch lediglich durch einen vorläufigen Einbehalt erreicht werden. Für einen vorübergehenden Einbehalt spreche ferner die abnehmende prozentuale Staffelung der einbehaltenen Beträge, denn der weitere Einbehalt von 25 % könne keinen ausreichenden Bearbeitungsdruck erzeugen.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Beklagten ist nur zu einem geringen Teil begründet. Die Vorinstanzen haben die Beklagte zu Recht zur Zahlung verurteilt, weil § 17 Abs 1 Satz 5 EKV-Z diese nicht zu einem endgültigen Einbehalt berechtigt(1.). Lediglich bezüglich des Zinsanspruchs ist die Revision in dem Sinne begründet, dass der Anspruch mit fünf statt acht Prozent über dem Basiszinssatz zu verzinsen ist (2.).

11

1. Die Beklagte ist verpflichtet, den von der Klägerin geltend gemachten Betrag an diese auszuzahlen. Eine Berechtigung der Beklagten zum weiteren Einbehalt der Gesamtvergütungsanteile besteht nicht. Das nach § 17 Abs 1 Satz 5 EKV-Z bestehende Recht zum (vorläufigen) Einbehalt ist entfallen, nachdem die Klägerin alle "Berichtigungsanträge" beschieden hat; ein Recht zum dauerhaften Einbehalt nach Verstreichen der Bearbeitungsfrist ergibt sich aus § 17 Abs 1 Satz 5 EKV-Z nicht. Der Senat folgt hinsichtlich der Auslegung der Norm im Ergebnis der Auffassung der Vorinstanzen. Die dortige Wendung, die Krankenkasse sei zur "Einbehaltung" berechtigt, ist im Sinne eines vorläufigen Sicherungseinbehalts bzw Zurückbehaltungsrechts und nicht im Sinne eines endgültigen Anspruchsverlustes zu verstehen.

12

a. Nach § 17 Abs 1 Satz 5 EKV-Z berechtigen Berichtigungsanträge, die nicht innerhalb von sechs Monaten bearbeitet worden sind, die Ersatzkasse zur Einbehaltung von 75 % der mit den Berichtigungsanträgen geltend gemachten Forderungen. Berichtigungsanträge, die nicht innerhalb von weiteren zwölf Monaten bearbeitet worden sind, berechtigen die Ersatzkassen zur Einbehaltung von weiteren 25 % (Satz 6 aaO).

13

Der Wortlaut des § 17 Abs 1 Satz 5 und 6 EKV-Z ist nicht eindeutig, weil mit der Wendung "Einbehaltung" sowohl im Recht des SGB V als auch in anderen Rechtsgebieten unterschiedliche Rechtswirkungen verbunden werden, die - je nach Norm - sowohl einen endgültigen Einbehalt als auch ein bloßes Zurückbehaltungsrecht umfassen. So wird der Begriff "einbehalten" in einer Reihe von Vorschriften im Sinne eines dauerhaften, endgültigen Einbehalts von Geldbeträgen im Sinne eines "Einzugs" oder "Abzugs" verstanden, wie etwa in Bezug auf Zuzahlungen (§ 43c Abs 3 SGB V), auf Krankenversicherungsbeiträge, die aus der Rente bzw aus Versorgungsbezügen zu zahlen sind (§ 255 Abs 1 Satz 1 sowie § 256 Abs 1 Satz 1 SGB V), sowie auf Steuern (vgl zB § 51a Abs 2c Satz 1 EStG). Im Sinne eines endgültigen Einbehalts ist etwa auch der Einbehalt von Rentenzahlungen nach § 90 Abs 2 Satz 1 SGB VI sowie nach § 80 Abs 3 Satz 2 SGB VII sowie der Einbehalt von Teilbeträgen der Regelleistung für die Rückzahlung gewährter Darlehen nach § 37 Abs 4 Satz 1 SGB XII zu verstehen. In anderen Normen - so etwa in § 632a Abs 3 Satz 2 BGB sowie § 17 Abs 2 VOB/B - dient der "Einbehalt" wiederum von vornherein - bei regelmäßigem Verlauf - einem vorläufigen Zweck, wird also als bloßer Sicherungseinbehalt verstanden. Auch § 85 Abs 4f Satz 2 SGB V sieht ein Erlöschen des Anspruchs auf Auszahlung der nach Satz 1 aaO "einbehaltenen" Beträge nur für den Fall vor, dass die KZÄV ihren Pflichten auch nach Ablauf des Kalenderjahres nicht nachgekommen ist; hier ist der "Einbehalt" nach Satz 1 aaO als Zurückbehaltungsrecht ausgestaltet.

14

b. Systematische Erwägungen stützen weder die Annahme eines endgültigen Forderungsverlustes noch schließen sie einen solchen zweifelsfrei aus.

15

aa. Dass - wie die Beklagte vorträgt - in § 17 Abs 1 Satz 4 bis 6 EKV-Z ein wechselseitiges Sanktionssystem normiert ist, stützt die Annahme eines endgültigen Einbehalts schon deswegen nicht, weil es im Falle einer verspäteten Antragstellung nicht zu einem endgültigen Verlust der von der Krankenkasse geltend gemachten Forderung kommt:

16

Zutreffend ist, dass den "Sanktionen", die in § 17 Abs 1 Satz 5 und 6 EKV-Z für den Fall einer verspäteten Bearbeitung durch die KZÄV bestimmt sind - also das Recht zur Einbehaltung von zunächst 75 % und sodann weiterer 25 % der geltend gemachten Forderung -, die in Satz 4 aaO für den Fall einer verspäteten Antragstellung durch die Krankenkasse geregelte Rechtsfolge gegenübersteht. Nach § 17 Abs 1 Satz 4 EKV-Z sind "Berichtigungen von Fehlern bei der Anwendung des BEMA, von Rechenfehlern und sonstigen offenbaren Unrichtigkeiten … binnen sechs Monaten nach Eingang der Rechnung bei der Ersatzkasse von dieser bei der KZV geltend zu machen." Die Annahme, dass nach dem Willen der Vertragspartner verzögertes Handeln in der jeweils eigenen Sphäre zu einem endgültigen Anspruchsverlust führen soll, setzte jedoch eine Interpretation des § 17 Abs 1 Satz 4 EKV-Z in dem Sinne voraus, dass ein Verstreichen der dort normierten Antragsfrist auch tatsächlich - wie offenbar von den Beteiligten angenommen - einen endgütigen Anspruchsverlust zur Folge hat. Dies ist jedoch nicht der Fall.

17

Ob § 17 Abs 1 Satz 4 EKV-Z überhaupt dahingehend ausgelegt werden könnte, dass ein Verstreichen der Antragsfrist einen Verfall der Forderung nach sich zöge, kann dahingestellt bleiben, denn selbst wenn dem so wäre, würde dieses Auslegungsergebnis einer rechtlichen Prüfung nicht standhalten. Bezüglich der in den Prüfvereinbarungen zu § 106 SGB V geregelten Antragsfristen hat der Senat bereits entschieden, dass diese allein dem Interesse an der Verfahrensbeschleunigung und der effektiven Verfahrensdurchführung dienen, ein Verstreichen der Frist jedoch kein Hindernis für die Sachentscheidung darstellt(vgl zB BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 26 RdNr 20 f; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 29 RdNr 21). Für die Abrechnungsprüfung nach § 106a SGB V gilt nichts anderes:

18

Mit der gesetzlichen Kodifizierung der - zuvor bundesmantelvertraglich vereinbarten - Regelungen über die Abrechnungsprüfung durch § 106a SGB V hat die K(Z)ÄV ausdrücklich die Aufgabe zugewiesen erhalten, sachlich-rechnerische Unrichtigkeiten von Amts wegen richtigzustellen(BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 4 RdNr 10; BSGE 102, 134 = SozR 4-2500 § 295 Nr 2 RdNr 15). Diese zu den Amtspflichten der K(Z)ÄV gehörenden Prüftätigkeiten dürfen nicht von einer - vertraglich vereinbarten - Antragstellung seitens der Krankenkassen abhängig gemacht werden. Im nicht antragsgebundenen Verfahren des § 106a Abs 2 SGB V ist kein Raum für Antragsfristen, erst recht nicht für solche, die im Sinne von Ausschlussfristen zu verstehen sind. Ein gestellter Antrag hätte keine konstitutive Bedeutung, sondern stellte lediglich eine Anregung bzw einen Hinweis an die K(Z)ÄV dar, ihren Amtspflichten nachzukommen.

19

Für das - weiterhin antragsabhängige - Prüfverfahren nach § 106a Abs 4 SGB V, um das es vorliegend geht, gilt im Ergebnis nichts anderes(in diesem Sinne Engelhard in Hauck/Noftz, SGB V, K § 106a RdNr 140a; aA wohl Clemens in jurisPK-SGB V, § 106a RdNr 48 unter Hinweis auf BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 13 RdNr 18 - an der zitierten Stelle beschreibt der Senat jedoch lediglich den Ablauf des damals zu beurteilenden Verfahrens, ohne auf die Notwendigkeit eines Prüfantrags einzugehen und sich zu den Folgen einer etwaigen Versäumung der Antragsfrist zu äußern). Nach § 106a Abs 4 Satz 1 SGB V können Krankenkassen und ihre Verbände gezielte Prüfungen durch die K(Z)ÄV nach Abs 2 beantragen, sofern dafür Veranlassung besteht. Hierdurch sollen diese - wie umgekehrt nach § 106a Abs 4 Satz 2 SGB V die K(Z)ÄV - in die Lage versetzt werden, gezielte Prüfungen im alleinigen Verantwortungsbereich des Vertragspartners zu veranlassen(Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung , BT-Drucks 15/1525 S 119 zu § 106a SGB V).

20

Die nach § 106a Abs 4 Satz 1 SGB V gestellten Anträge beziehen sich auf Abrechnungsprüfungen nach § 106a Abs 2 SGB V, also auf einen Bereich, in dem die K(Z)ÄVen ohnehin von Amts wegen zum Tätigwerden verpflichtet sind; nichts anderes gilt im umgekehrten Fall einer Antragstellung durch die K(Z)ÄV nach § 106a Abs 4 Satz 2 SGB V. Angesichts der ohnehin bestehenden Prüfverpflichtung der K(Z)ÄV kann sich ein Anlass für die Stellung eines Antrags entweder daraus ergeben, dass die Krankenkasse über Erkenntnisse verfügt, die Anlass für eine Prüfung geben und der K(Z)ÄV nicht vorliegen, oder aber aus einer unterschiedlichen Beurteilung des Sachverhalts und der daraus zu ziehenden Konsequenzen. Im letzteren Fall "erinnert" die Krankenkasse durch ihren Antrag die K(Z)ÄV an die Erfüllung der dieser - ihres Erachtens - obliegenden Pflichten. Nicht gesetzeskonform wäre es, wenn eine von Amts wegen zur Prüfung verpflichtete Körperschaft im Zusammenhang mit § 106a Abs 4 SGB V bestehende Antrags- und (ggf) Ausschlussfristen zum Anlass nähme, den Umfang der von Amts wegen durchgeführten Prüfungen zurückzufahren und "die Initiative" der antragsberechtigten Gegenseite zu überlassen. Stellt aber die Prüfung nach § 106a Abs 4 SGB V lediglich eine Ergänzung der nach § 106a Abs 2, Abs 3 SGB V durchzuführenden Prüfungen dar, kann auch insoweit ein Verstreichen vertraglich vereinbarter Antragsfristen kein Hindernis für eine Sachentscheidung sein. Es ist im Übrigen nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber der Abrechnungsprüfung nach § 106a SGB V geringeren Stellenwert beimessen will als der Wirtschaftlichkeitsprüfung nach § 106a SGB V, denn es war ausdrückliches Ziel der Kodifizierung, Effektivität und Effizienz der Verfahren der Abrechnungsprüfung durch die K(Z)ÄVen zu verbessern(Begründung zum GMG, BT-Drucks 15/1525 S 119 zu § 106a SGB V).

21

bb. Umgekehrt steht der Annahme, dass § 17 Abs 1 Satz 5 EKV-Z zum endgültigen Einbehalt berechtigen soll, allerdings weder das von der klagenden KZÄV geltend gemachte "Letztentscheidungsrecht" der KZÄV im Rahmen von sachlich-rechnerischen Richtigstellungen - im Sinne einer ausschließlichen Entscheidungskompetenz - noch der Grundsatz der Einheitlichkeit der Entscheidung entgegen.

22

Zwar ist richtig, dass dann, wenn ein Verstreichen der Bearbeitungsfrist die Krankenkasse zu einem endgültigen Einbehalt berechtigte, die Frage, ob die Abrechnung tatsächlich sachlich-rechnerisch falsch war, an Bedeutung verlöre: Die Krankenkasse dürfte den geltend gemachten Betrag auch dann einbehalten, wenn die Abrechnung des Vertragszahnarztes sachlich-rechnerisch richtig wäre. Bei dieser Sichtweise werden jedoch Fragen der sachlich-rechnerischen Richtigstellung mit solchen vermengt, die das Verwaltungshandeln der Beklagten betreffen. Es wird übersehen, dass der streitgegenständliche Einbehalt allein das Rechtsverhältnis Krankenkasse gegen KZÄV betrifft, nicht jedoch das Rechtsverhältnis KZÄV gegen Zahnarzt: Grundsätzlich geht es bei Berichtigungsanträgen der Krankenkasse und bei Berichtigungsbescheiden der KZÄV der Sache nach um dieselbe Frage, nämlich ob die zahnärztliche Abrechnung Fehler aufweist (BSG SozR 4-5555 § 21 Nr 2 RdNr 20); diese Frage kann in beiden Rechtsbeziehungen nur einheitlich beantwortet werden (BSG aaO). Dies gilt jedoch nur für den Regelfall, nämlich dann, wenn die Entscheidung über die Richtigstellung von der Auslegung und Anwendung der "Berichtigungsvorschriften" abhängt (vgl BSG aaO: "Auslegung und Anwendung der Berichtigungsvorschriften sind deshalb an dem Zweck auszurichten, eine solche einheitliche Entscheidung zu ermöglichen"). Damit geht es in erster Linie darum, zu verhindern, dass etwa Gebührenordnungspositionen des Bewertungsmaßstabs im Rechtsverhältnis Krankenkasse gegen K(Z)ÄV anders ausgelegt werden als im Rechtsverhältnis K(Z)ÄV gegen (Zahn-)Arzt.

23

Vorliegend geht es jedoch nicht um eine einheitliche Rechtsanwendung der dargestellten Art, weil dann, wenn eine verzögerte Bearbeitung einen endgültigen Einbehalt nach sich zöge, die Rechtmäßigkeit der Abrechnung im Verhältnis Krankenkasse gegen KZÄV überhaupt nicht geprüft würde. Diese wäre für die Rechtmäßigkeit des Einbehalts ohne Bedeutung, da es hierfür allein auf das Verstreichen der Bearbeitungsfrist ankäme. Ein allein auf die verspätete Bearbeitung gestützter Einbehalt würde die Entscheidung über die Richtigkeit der Abrechnung im Verhältnis Zahnarzt gegen KZÄV also keineswegs präjudizieren; das Vorbringen, dass bei Annahme eines endgültigen Einbehalts zugleich die Abrechnung des Zahnarztes ohne Prüfung als falsch gewertet würde, geht daher fehl.

24

Führte die nicht fristgerechte Bearbeitung eines Antrags dazu, dass die geltend gemachte Forderung im Verhältnis Krankenkasse gegen KZÄV faktisch als anerkannt gilt, könnte es hinsichtlich der Konsequenzen für K(Z)ÄV und Zahnarzt durchaus zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen: Will die KZÄV den Einbehalt nicht selbst tragen, muss sie das Verwaltungsverfahren gegen den Zahnarzt fortführen. Ergibt sich im Rahmen dieses Verfahrens, dass die Abrechnung fehlerhaft war, kann die KZÄV den Honorarbescheid insoweit aufheben und erlangt eine Erstattungsforderung gegen ihr Mitglied. Stellt sich die Abrechnung hingegen als richtig heraus, trägt die Gesamtheit der Mitglieder der KZÄV die Folgen der verspäteten Bearbeitung durch die Körperschaft.

25

Das "Letztentscheidungsrecht" der K(Z)ÄV würde durch einen als endgültig zu verstehenden Einbehalt ebenfalls nicht tangiert. Nach der Rechtsprechung des Senats (BSG SozR 4-5555 § 21 Nr 2 RdNr 21 unter Hinweis auf BSG SozR 3-5555 § 15 Nr 1 S 9)wird durch den EKV-Z der KZÄV als Vertragsinstanz eine Entscheidungskompetenz für die Berichtigung von vertragszahnärztlichen Abrechnungen und deren verwaltungsmäßigen Umsetzung zugewiesen (zur Einschränkung dieser Kompetenz in Verfahren nach § 106a Abs 3 SGB V siehe das Urteil vom heutigen Tag - B 6 KA 8/15 R). Diese Entscheidungskompetenz würde durch die Annahme eines endgültigen Einbehalts jedoch nicht berührt, weil - wie dargestellt - im Verhältnis Krankenkasse gegen KZÄV überhaupt keine Entscheidung über die Richtigkeit der Abrechnung getroffen würde.

26

c. Auch sonstige Erwägungen sprechen nicht mit der erforderlichen Sicherheit für die Annahme eines endgültigen Einbehalts:

27

aa. Der Zweck der Regelung erfordert keinen endgültigen Verfall der einbehaltenen Beträge, weil die beabsichtigte Beschleunigung der Bearbeitung auch mit einem bloßen Zurückbehaltungsrecht erreicht werden kann: Auch ein vorläufiger Einbehalt hätte die Wirkung, dass die KZÄV bis zu einer Bearbeitung des Verfahrens nicht über die von der Krankenkasse einbehaltenen Mittel verfügen könnte, sodass ein ausreichender Druck auf die KZÄV ausgeübt wird, Anträge auf Richtigstellung der Abrechnung zügig zu bearbeiten. Entzieht sich die KZÄV ihrer Verpflichtung vollständig, treten ohnehin die von der Beklagten gewünschten Rechtsfolgen ein, denn aus dem ursprünglichen Sicherungseinbehalt wird nach Ablauf der Verjährungsfristen ein endgültiger Anspruchsverlust der KZÄV. Reagiert die KZÄV lediglich verspätet und sind die Berichtigungsanträge der Krankenkasse nicht begründet, erhält sie ihr Geld zurück, muss aber den Nachteil in Kauf nehmen, dass sie zwischenzeitlich nicht über die Beträge verfügen konnte.

28

bb. Der Umstand, dass die Höhe des Einbehalts bereits nach sechs Monaten 75 % der Forderung (nach weiteren zwölf Monaten 100 % der Forderung) beträgt, spricht weder für noch gegen die Annahme eines endgültigen Einbehalts. Zwar ist zutreffend, dass das Gesetz an anderer Stelle, in denen es als Sanktion einen endgültigen "Einbehalt" vorsieht, teilweise geringere Beträge nennt: So beträgt der Einbehalt im Rahmen der Degressionsregelung lediglich 10 % der Forderung (§ 85 Abs 4f Satz 1 iVm Satz 2 SGB V), bei Nichterfüllung der Fortbildungspflicht zunächst 10 % und sodann 25 % (§ 95d Abs 3 Satz 3 SGB V). Andererseits ist zu berücksichtigen, dass die nunmehr vom Gesetzgeber vorgegebene Regelung (§ 106a Abs 4 Satz 4 SGB V in der ab dem 23.7.2015 geltenden Fassung des GKV-Versorgungsstärkungsgesetzes ) für den Fall der Nichtbearbeitung eines Antrags innerhalb von sechs Monaten vorsieht, dass die Krankenkasse die Forderung zu 100 % auf die Gesamtvergütung anrechnen kann, also ohne Weiteres ein vollständiger Forderungsverlust eintritt.

29

cc. Schließlich lässt auch der vorerwähnte Umstand, dass der Gesetzgeber mit Wirkung ab dem 23.7.2015 (Art 20 Abs 1 GKV-VSG) in § 106a Abs 4 Satz 4 SGB V nF eine Regelung getroffen hat, wonach die Krankenkasse eine geltend gemachte Forderung auf sachlich-rechnerische Richtigstellung auf die Gesamtvergütung anrechnen kann, wenn die K(Z)ÄV ihren entsprechenden Antrag nicht innerhalb von sechs Monaten bearbeitet, weder darauf schließen, dass auch § 17 Abs 1 Satz 5 EKV-Z in der Vergangenheit im Sinne dieser gesetzlichen Neuregelung auszulegen gewesen wäre, noch kann die gesetzliche Regelung umgekehrt als Beleg dafür herangezogen werden, dass es bislang an einer Berechtigung zum endgültigen Einbehalt gefehlt hat. Zweck der Regelung ist es nach der Gesetzesbegründung (BT-Drucks 18/4095 S 110 zu Art 1 Nr 46 Buchst c Doppelbuchst bb GKV-VSG), die Bearbeitung von Prüfanträgen in einem angemessenen Zeitraum sicherzustellen; hierfür ist nach Auffassung des Gesetzgebers eine gesetzliche Bearbeitungsfrist erforderlich. Der Gesetzgeber konnte eine gesetzliche Regelung für erforderlich halten, nachdem die Vorinstanzen die bestehende bundesmantelvertragliche Regelung im Sinne eines lediglich vorläufigen Einbehalts interpretiert hatten. Dass die vertragliche Regelung so auszulegen ist, wie es der Gesetzgeber nunmehr für die Zukunft normiert hat, belegt dies hingegen nicht.

30

d. Nach alledem lässt sich nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen, dass die Vertragspartner für den Fall einer verspäteten Bearbeitung einen endgültigen Forderungsverlust vereinbaren wollten. Die gravierende Folge eines endgültigen Verlustes der Forderung in Höhe des Einbehalts bedürfte einer klaren, zweifelsfreien normativen Regelung, wie sie das Gesetz etwa in § 106a Abs 4 Satz 4 SGB V nF mit der Formulierung "kann … auf die Gesamtvergütung anrechnen" vorsieht. Es müsste jedenfalls deutlich mehr für die von der Beklagten vertretene Auffassung des § 17 Abs 1 Satz 5 EKV-Z sprechen als dagegen. Dies sieht der Senat angesichts des - wie dargestellt - offenen Ergebnisses der Auslegung nicht. Die verbleibenden Unklarheiten gehen zu Lasten der Beklagten.

31

2. Begründet ist die Revision jedoch in Bezug auf den Zinsanspruch, weil entgegen der Auffassung der Vorinstanzen lediglich eine Verzinsung mit einem Zinssatz von 5 % über dem Basiszinssatz in Betracht kommt.

32

Zutreffend haben die Vorinstanzen angenommen, dass die klagende KZÄV gegen die beklagte Krankenkasse nach Eintritt der Rechtshängigkeit einer Klage auf Zahlung fälliger Gesamtvergütungen Anspruch auf Prozesszinsen hat (BSGE 95, 141 = SozR 4-2500 § 83 Nr 2; BSG Beschluss vom 27.6.2012 - B 6 KA 65/11 B - Juris). Dies gilt auch für Ansprüche auf Auskehrung von Einbehalten nach § 17 Abs 1 Satz 5 und 6 EKV-Z, da diese Einbehalte Teile der Gesamtvergütung betreffen. Die Höhe der zu zahlenden Zinsen bestimmt sich jedoch nicht - wie von den Vorinstanzen angenommen - nach § 288 Abs 2 BGB, sondern nach § 288 Abs 1 Satz 2 BGB: Nach § 291 Satz 2 BGB finden auf Prozesszinsen die Vorschriften des § 288 Abs 1 Satz 2, Abs 2, Abs 3 und des § 289 Satz 1 BGB entsprechende Anwendung; nach § 288 Abs 1 Satz 2 BGB beträgt der Zinssatz für das Jahr fünf Prozentpunkte, nach § 288 Abs 2 BGB hingegen acht[jetzt neun] Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

33

Es kann dahingestellt bleiben, ob § 288 Abs 2 BGB schon deswegen nicht einschlägig ist, weil diese Norm auf Prozesszinsen für einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch keine entsprechende Anwendung findet(BSG SozR 4-2500 § 69 Nr 7 RdNr 18 unter Verweis auf BVerwG NVwZ 2004, 991 - Juris RdNr 50) und es einem derartigen Erstattungsanspruch gleichstehen könnte, wenn die Auskehrung einbehaltener Teile der Gesamtvergütung begehrt wird. Denn jedenfalls geht es bei einem Streit um die Auszahlung von Gesamtvergütungsanteilen nicht - wie dies § 288 Abs 2 BGB voraussetzt - um Entgeltforderungen bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist. Ansprüche auf Zahlung der Gesamtvergütungen beruhen nicht auf Handelsgeschäften, sondern es handelt sich dabei im Kern um gesetzlich begründete Vergütungsansprüche nach den §§ 85, 87a SGB V(in diesem Sinne schon - für Krankenhausvergütungen - BSG SozR 4-2500 § 69 Nr 7 RdNr 20): § 85 Abs 2 Satz 1 Halbsatz 1 iVm Abs 3 Satz 1 SGB V(bzw § 87a Abs 3 Satz 1 SGB V für den vertragsärztlichen Bereich) gibt gesetzlich vor, dass die Höhe der Gesamtvergütung sowie deren Veränderung im Gesamtvertrag vereinbart wird.

34

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach hat die Beklagte die Kosten des Verfahrens in allen Rechtszügen zu tragen (§ 154 Abs 1, Abs 2 VwGO). Eine Berücksichtigung ihres teilweisen Obsiegens in Bezug auf den Zinsausspruch der Vorinstanzen kommt wegen Geringfügigkeit des Anteils nicht in Betracht (§ 155 Abs 1 Satz 3 VwGO). Eine Erstattung der Kosten der Beigeladenen ist nicht veranlasst, da diese keine Anträge gestellt haben.

(1) Die Krankenkasse entrichtet nach Maßgabe der Gesamtverträge an die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung mit befreiender Wirkung eine Gesamtvergütung für die gesamte vertragsärztliche Versorgung der Mitglieder mit Wohnort im Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung einschließlich der mitversicherten Familienangehörigen.

(2) Die Höhe der Gesamtvergütung wird im Gesamtvertrag vereinbart; die Landesverbände der Krankenkassen treffen die Vereinbarung mit Wirkung für die Krankenkassen der jeweiligen Kassenart. Die Gesamtvergütung ist das Ausgabenvolumen für die Gesamtheit der zu vergütenden vertragsärztlichen Leistungen; sie kann als Festbetrag oder auf der Grundlage des Bewertungsmaßstabes nach Einzelleistungen, nach einer Kopfpauschale, nach einer Fallpauschale oder nach einem System berechnet werden, das sich aus der Verbindung dieser oder weiterer Berechnungsarten ergibt. Die Vereinbarung unterschiedlicher Vergütungen für die Versorgung verschiedener Gruppen von Versicherten ist nicht zulässig. Die Vertragsparteien haben auch eine angemessene Vergütung für nichtärztliche Leistungen im Rahmen sozialpädiatrischer und psychiatrischer Tätigkeit und für eine besonders qualifizierte onkologische Versorgung zu vereinbaren; das Nähere ist jeweils im Bundesmantelvertrag zu vereinbaren. Die Vergütungen der Untersuchungen nach den §§ 22, 25 Abs. 1 und 2, § 26 werden als Pauschalen vereinbart. Beim Zahnersatz sind Vergütungen für die Aufstellung eines Heil- und Kostenplans nicht zulässig. Soweit die Gesamtvergütung auf der Grundlage von Einzelleistungen vereinbart wird, ist der Betrag des Ausgabenvolumens nach Satz 2 zu bestimmen. Ausgaben für Kostenerstattungsleistungen nach § 13 Abs. 2 und nach § 53 Abs. 4 mit Ausnahme der Kostenerstattungsleistungen nach § 13 Abs. 2 Satz 6 und Ausgaben auf Grund der Mehrkostenregelung nach § 28 Abs. 2 Satz 3 sind auf das Ausgabenvolumen nach Satz 2 anzurechnen.

(2a) (weggefallen)

(2b) (weggefallen)

(2c) Die Vertragspartner nach § 82 Abs. 1 können vereinbaren, daß für die Gesamtvergütungen getrennte Vergütungsanteile für die an der vertragsärztlichen Versorgung beteiligten Arztgruppen zugrunde gelegt werden; sie können auch die Grundlagen für die Bemessung der Vergütungsanteile regeln. § 89 Abs. 1 gilt nicht.

(2d) Die Punktwerte für zahnärztliche Leistungen ohne Zahnersatz dürfen im Jahr 2023 gegenüber dem Vorjahr höchstens um die um 0,75 Prozentpunkte verminderte durchschnittliche Veränderungsrate nach § 71 Absatz 3 angehoben werden. Die Punktwerte für zahnärztliche Leistungen ohne Zahnersatz dürfen im Jahr 2024 gegenüber dem Vorjahr höchstens um die um 1,5 Prozentpunkte verminderte durchschnittliche Veränderungsrate nach § 71 Absatz 3 angehoben werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Leistungen nach den §§ 22, 22a, 26 Absatz 1 Satz 5, § 87 Absatz 2i und 2j sowie Leistungen zur Behandlung von Parodontitis für Versicherte, die einem Pflegegrad nach § 15 des Elften Buches zugeordnet sind oder in der Eingliederungshilfe nach § 99 des Neunten Buches leistungsberechtigt sind. Das Bundesministerium für Gesundheit evaluiert bis zum 30. September 2023 die Auswirkungen der Begrenzung der Anhebungen der Punktwerte nach Satz 1 auf den Umfang der Versorgung der Versicherten mit Leistungen zur Behandlung von Parodontitis.

(3) In der vertragszahnärztlichen Versorgung vereinbaren die Vertragsparteien des Gesamtvertrages die Veränderungen der Gesamtvergütungen unter Berücksichtigung der Zahl und Struktur der Versicherten, der Morbiditätsentwicklung, der Kosten- und Versorgungsstruktur, der für die vertragszahnärztliche Tätigkeit aufzuwendenden Arbeitszeit sowie der Art und des Umfangs der zahnärztlichen Leistungen, soweit sie auf einer Veränderung des gesetzlichen oder satzungsmäßigen Leistungsumfangs beruhen. Bei der Vereinbarung der Veränderungen der Gesamtvergütungen ist der Grundsatz der Beitragssatzstabilität (§ 71) in Bezug auf das Ausgabenvolumen für die Gesamtheit der zu vergütenden vertragszahnärztlichen Leistungen ohne Zahnersatz neben den Kriterien nach Satz 1 zu berücksichtigen. Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt. Die Krankenkassen haben den Kassenzahnärztlichen Vereinigungen die Zahl ihrer Versicherten vom 1. Juli eines Jahres, die ihren Wohnsitz im Bezirk der jeweiligen Kassenzahnärztlichen Vereinigung haben, gegliedert nach den Altersgruppen des Vordrucks KM 6 der Statistik über die Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung bis zum 1. Oktober des Jahres mitzuteilen.

(3a) Die Gesamtvergütungen nach Absatz 3 dürfen im Jahr 2023 gegenüber dem Vorjahr höchstens um die um 0,75 Prozentpunkte verminderte durchschnittliche Veränderungsrate nach § 71 Absatz 3 angehoben werden. Im Jahr 2024 dürfen die Gesamtvergütungen für zahnärztliche Leistungen ohne Zahnersatz gegenüber dem Vorjahr höchstens um die um 1,5 Prozentpunkte verminderte durchschnittliche Veränderungsrate nach § 71 Absatz 3 angehoben werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Leistungen nach den §§ 22, 22a, 26 Absatz 1 Satz 5, § 87 Absatz 2i und 2j sowie Leistungen zur Behandlung von Parodontitis für Versicherte, die einem Pflegegrad nach § 15 des Elften Buches zugeordnet sind oder in der Eingliederungshilfe nach § 99 des Neunten Buches leistungsberechtigt sind. Das Bundesministerium für Gesundheit evaluiert bis zum 30. September 2023 die Auswirkungen der Begrenzung der Anhebungen der Gesamtvergütungen nach Satz 1 auf den Umfang der Versorgung der Versicherten mit Leistungen zur Behandlung von Parodontitis.

(4) Die Kassenzahnärztliche Vereinigung verteilt die Gesamtvergütungen an die Vertragszahnärzte. Sie wendet dabei in der vertragszahnärztlichen Versorgung den im Benehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen festgesetzten Verteilungsmaßstab an. Bei der Verteilung der Gesamtvergütungen sind Art und Umfang der Leistungen der Vertragszahnärzte zugrunde zu legen; dabei ist jeweils für die von den Krankenkassen einer Kassenart gezahlten Vergütungsbeträge ein Punktwert in gleicher Höhe zugrunde zu legen. Der Verteilungsmaßstab hat sicherzustellen, dass die Gesamtvergütungen gleichmäßig auf das gesamte Jahr verteilt werden. Der Verteilungsmaßstab hat Regelungen zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der Tätigkeit des Vertragszahnarztes entsprechend seinem Versorgungsauftrag nach § 95 Absatz 3 Satz 1 vorzusehen. Widerspruch und Klage gegen die Honorarfestsetzung sowie ihre Änderung oder Aufhebung haben keine aufschiebende Wirkung.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 25. Februar 2015 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte den Betrag von 5322,67 Euro ab Rechtshängigkeit mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen hat.

Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Tatbestand

1

Im Streit steht, ob die beklagte gesetzliche Krankenkasse berechtigt war, unter Berufung auf § 17 Abs 1 Satz 5 Ersatzkassenvertrag-Zahnärzte (EKV-Z) einen Gesamtvergütungsanteil in Höhe von 5322,67 Euro auf Dauer einzubehalten.

2

Die Beklagte beantragte bei der klagenden Kassenzahnärztlichen Vereinigung (KZÄV), zahnärztliche Abrechnungen für das Quartal I/2010 im Umfang von 10 142,29 Euro sachlich-rechnerisch richtigzustellen. Nachdem die Klägerin dem nur zu einem geringen Teil entsprochen hatte, behielt die Beklagte unter Hinweis auf den Ablauf der in § 17 Abs 1 Satz 5 EKV-Z bestimmten sechsmonatigen Bearbeitungsfrist einen Betrag in Höhe von 6894,05 Euro ein; dies entsprach 75 % der zu diesem Zeitpunkt noch offenen Beanstandungssumme. Die Klägerin teilte der Beklagten sodann mit, dass sie dem Berichtigungsantrag in Höhe von insgesamt 1571,38 Euro stattgebe. Ferner bat sie um Überweisung des Differenzbetrages in Höhe der noch strittigen 5322,67 Euro. Die Beklagte lehnte dies unter Hinweis darauf ab, dass sie gemäß § 17 Abs 1 Satz 5 EKV-Z nach Ablauf der Bearbeitungsfrist berechtigt sei, den einbehaltenen Betrag auf Dauer einzubehalten. Das SG hat auf die Zahlungsklage der Klägerin die Beklagte verurteilt, an diese 5322,67 Euro nebst Zinsen ab Rechtshängigkeit in Höhe von 8 % über dem Basiszinssatz zu zahlen (Urteil des SG vom 27.11.2013). Das LSG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (Urteil des LSG vom 25.2.2015).

3

Zur Begründung hat es ausgeführt, aus § 17 Abs 1 Satz 5 EKV-Z folge nicht das Recht, bei Versäumung der dort genannten Fristen einen Betrag in Höhe von 75 % der mit den Berichtigungsanträgen geltend gemachten Forderungen endgültig zu behalten. Im maßgeblichen juristischen Sprachgebrauch sei mit der Wendung "Einbehalt" typischerweise ein lediglich zum vorläufigen Behaltendürfen berechtigender "Sicherungseinbehalt" gemeint, wie zB in § 632a Abs 3 Satz 2 BGB oder § 17 Abs 2 der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B (VOB/B). Auch aus der Systematik der Regelung ergebe sich nichts Gegenteiliges. Insbesondere könne man nicht unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung der Vertragspartner aus der in § 17 Abs 1 Satz 4 EKV-Z festgelegten Ausschlussfrist den Schluss ziehen, dass die Nichteinhaltung der Bearbeitungsfrist ebenfalls zu einem Forderungsverlust führe. KZÄVen und Krankenkassen übten ungeachtet ihrer prinzipiellen Gleichrangigkeit bei der Prüfung der Abrechnungen unterschiedliche Funktionen aus, die eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigten bzw sogar erforderten. Schließlich verlange auch Sinn und Zweck der Norm nicht, den dort vorgesehenen Einbehalt als endgültig anzusehen, da auch ein nur vorläufiger Einbehalt ein ausreichendes Mittel sei, um die KZÄV zu einer schnelleren Bearbeitung zu veranlassen. Schon angesichts der hohen prozentualen Anteile der einbehaltenen Forderungen werde die KZÄV in aller Regel darauf achten, die ihr gesetzten Fristen zu wahren. Der Anspruch auf Zinsen ab Rechtshängigkeit folge aus §§ 291 iVm 288 Abs 2 BGB.

4

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte die Verletzung von Bundesrecht. Die vom LSG für die Auslegung des Begriffs des "Einbehaltens" herangezogenen Vorschriften seien hierfür nicht geeignet, weil sich ihnen ausdrücklich entnehmen lasse, dass die Einbehalte als Sicherheit dienten. Nach dem juristischen Sprachgebrauch sei von einem endgültigen Einbehalt auszugehen, wenn dieser nicht ausdrücklich - oder zumindest eindeutig aus dem Kontext der jeweiligen Regelung - als Sicherheitsleistung definiert sei. Von einem endgültigen Forderungsverlust bei Nichteinhaltung der in § 17 Abs 1 Satz 5 EKV-Z normierten Frist sei auch unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung der Vertragsparteien auszugehen. Die Berechtigung der KZÄV, über einen Berichtigungsantrag einer Krankenkasse durch Verwaltungsakt zu entscheiden, tangiere die Gleichrangigkeit beider Körperschaften nicht.

5

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Hessischen LSG vom 25.2.2015 sowie das Urteil des SG Marburg vom 27.11.2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

6

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Sie hält die Entscheidungen der Vorinstanzen für zutreffend. Ein Recht zum Einbehalt bestehe nur vorläufig und ende mit der verfahrensbeendenden Entscheidung über den Berichtigungsantrag. Die einschneidende Rechtsfolge eines dauerhaften Forderungsverlustes bedürfte einer ausdrücklichen vertraglichen Regelung. Ihr als KZÄV komme die Prüfungskompetenz und das Letztentscheidungsrecht zu; ein endgültiger Einbehalt ohne ihre Entscheidung stünde daher nicht mit § 106a Abs 1 und 2 SGB V im Einklang. Eine Absetzung von Gesamtvergütungsbeträgen komme daher erst dann in Betracht, wenn sie die in Rede stehende Forderung anerkannt habe. § 106a Abs 4 Satz 4 SGB V nF verdeutliche, dass ein Recht zum dauerhaften Einbehalt nach Auffassung des Gesetzgebers bislang nicht bestanden habe.

8

Der zu 1. beigeladene Spitzenverband Bund der Krankenkassen schließt sich - ohne einen Antrag zu stellen - der Rechtsauffassung der Beklagten an. Für einen Einbehalt im Sinne eines endgültigen Behaltendürfens sprächen der Wortlaut, die Systematik sowie Sinn und Zweck der Regelung; zudem werde dieses Ergebnis auch durch § 106a Abs 4 Satz 4 SGB V nF bestätigt. Die vom LSG für den juristischen Sprachgebrauch angeführten Regelungen überzeugten nicht, weil sie schon ihrem Regelungskontext nach Sicherungsleistungen beträfen. Ein nur vorübergehender Einbehalt werde mit dem Begriff "Zurückbehaltungsrecht" (zB § 273 BGB) umschrieben. Die streitgegenständliche Regelung stelle das Gegenstück zur Regelung des § 17 Abs 1 Satz 4 EKV-Z dar, wonach Berichtigungsanträge von Krankenkassen innerhalb von sechs Monaten zu stellen seien.

9

Die zu 2. beigeladene Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung führt - ohne einen Antrag zu stellen - aus, die Vorinstanzen hätten § 17 Abs 1 Satz 5 EKV-Z zutreffend ausgelegt. Bereits dessen Wortlaut enthalte keine Anhaltspunkte dahingehend, dass der Einbehalt endgültiger Natur sei. Dies zeige auch ein Vergleich mit § 85 Abs 4f SGB V, der ausdrücklich einen Verfall bzw eine Kürzung regele. Bei den von der Beklagten angeführten Vorschriften handele es sich - anders als bei § 17 Abs 1 Satz 5 EKV-Z - um gesetzliche Regelungen, bei denen sich der Einbehalt bereits nach dem Wortlaut oder der Systematik als eine verkürzte Form der Verrechnung darstelle. Da die KZÄV verbindlich über Berichtigungsanträge entscheide, könne durch eine lediglich nicht zeitgerechte Antragsbearbeitung noch keine endgültige Regelungswirkung im Sinne eines dauerhaften Behaltendürfens eintreten. Die KZÄV müsse in sachlich-rechnerischen Berichtigungsverfahren eine einheitliche Entscheidung sowohl gegenüber den Vertragszahnärzten als auch gegenüber den Krankenkassen treffen. Bei einer endgültigen Forderungskürzung zugunsten der Krankenkasse würde eine korrekte Abrechnung sachwidrig als Falschabrechnung fingiert und die Krankenkasse ungerechtfertigt bereichert. Das Ziel, eine Beschleunigung der Bearbeitung zu erreichen, könne auch lediglich durch einen vorläufigen Einbehalt erreicht werden. Für einen vorübergehenden Einbehalt spreche ferner die abnehmende prozentuale Staffelung der einbehaltenen Beträge, denn der weitere Einbehalt von 25 % könne keinen ausreichenden Bearbeitungsdruck erzeugen.

Entscheidungsgründe

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Die Revision der Beklagten ist nur zu einem geringen Teil begründet. Die Vorinstanzen haben die Beklagte zu Recht zur Zahlung verurteilt, weil § 17 Abs 1 Satz 5 EKV-Z diese nicht zu einem endgültigen Einbehalt berechtigt(1.). Lediglich bezüglich des Zinsanspruchs ist die Revision in dem Sinne begründet, dass der Anspruch mit fünf statt acht Prozent über dem Basiszinssatz zu verzinsen ist (2.).

11

1. Die Beklagte ist verpflichtet, den von der Klägerin geltend gemachten Betrag an diese auszuzahlen. Eine Berechtigung der Beklagten zum weiteren Einbehalt der Gesamtvergütungsanteile besteht nicht. Das nach § 17 Abs 1 Satz 5 EKV-Z bestehende Recht zum (vorläufigen) Einbehalt ist entfallen, nachdem die Klägerin alle "Berichtigungsanträge" beschieden hat; ein Recht zum dauerhaften Einbehalt nach Verstreichen der Bearbeitungsfrist ergibt sich aus § 17 Abs 1 Satz 5 EKV-Z nicht. Der Senat folgt hinsichtlich der Auslegung der Norm im Ergebnis der Auffassung der Vorinstanzen. Die dortige Wendung, die Krankenkasse sei zur "Einbehaltung" berechtigt, ist im Sinne eines vorläufigen Sicherungseinbehalts bzw Zurückbehaltungsrechts und nicht im Sinne eines endgültigen Anspruchsverlustes zu verstehen.

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a. Nach § 17 Abs 1 Satz 5 EKV-Z berechtigen Berichtigungsanträge, die nicht innerhalb von sechs Monaten bearbeitet worden sind, die Ersatzkasse zur Einbehaltung von 75 % der mit den Berichtigungsanträgen geltend gemachten Forderungen. Berichtigungsanträge, die nicht innerhalb von weiteren zwölf Monaten bearbeitet worden sind, berechtigen die Ersatzkassen zur Einbehaltung von weiteren 25 % (Satz 6 aaO).

13

Der Wortlaut des § 17 Abs 1 Satz 5 und 6 EKV-Z ist nicht eindeutig, weil mit der Wendung "Einbehaltung" sowohl im Recht des SGB V als auch in anderen Rechtsgebieten unterschiedliche Rechtswirkungen verbunden werden, die - je nach Norm - sowohl einen endgültigen Einbehalt als auch ein bloßes Zurückbehaltungsrecht umfassen. So wird der Begriff "einbehalten" in einer Reihe von Vorschriften im Sinne eines dauerhaften, endgültigen Einbehalts von Geldbeträgen im Sinne eines "Einzugs" oder "Abzugs" verstanden, wie etwa in Bezug auf Zuzahlungen (§ 43c Abs 3 SGB V), auf Krankenversicherungsbeiträge, die aus der Rente bzw aus Versorgungsbezügen zu zahlen sind (§ 255 Abs 1 Satz 1 sowie § 256 Abs 1 Satz 1 SGB V), sowie auf Steuern (vgl zB § 51a Abs 2c Satz 1 EStG). Im Sinne eines endgültigen Einbehalts ist etwa auch der Einbehalt von Rentenzahlungen nach § 90 Abs 2 Satz 1 SGB VI sowie nach § 80 Abs 3 Satz 2 SGB VII sowie der Einbehalt von Teilbeträgen der Regelleistung für die Rückzahlung gewährter Darlehen nach § 37 Abs 4 Satz 1 SGB XII zu verstehen. In anderen Normen - so etwa in § 632a Abs 3 Satz 2 BGB sowie § 17 Abs 2 VOB/B - dient der "Einbehalt" wiederum von vornherein - bei regelmäßigem Verlauf - einem vorläufigen Zweck, wird also als bloßer Sicherungseinbehalt verstanden. Auch § 85 Abs 4f Satz 2 SGB V sieht ein Erlöschen des Anspruchs auf Auszahlung der nach Satz 1 aaO "einbehaltenen" Beträge nur für den Fall vor, dass die KZÄV ihren Pflichten auch nach Ablauf des Kalenderjahres nicht nachgekommen ist; hier ist der "Einbehalt" nach Satz 1 aaO als Zurückbehaltungsrecht ausgestaltet.

14

b. Systematische Erwägungen stützen weder die Annahme eines endgültigen Forderungsverlustes noch schließen sie einen solchen zweifelsfrei aus.

15

aa. Dass - wie die Beklagte vorträgt - in § 17 Abs 1 Satz 4 bis 6 EKV-Z ein wechselseitiges Sanktionssystem normiert ist, stützt die Annahme eines endgültigen Einbehalts schon deswegen nicht, weil es im Falle einer verspäteten Antragstellung nicht zu einem endgültigen Verlust der von der Krankenkasse geltend gemachten Forderung kommt:

16

Zutreffend ist, dass den "Sanktionen", die in § 17 Abs 1 Satz 5 und 6 EKV-Z für den Fall einer verspäteten Bearbeitung durch die KZÄV bestimmt sind - also das Recht zur Einbehaltung von zunächst 75 % und sodann weiterer 25 % der geltend gemachten Forderung -, die in Satz 4 aaO für den Fall einer verspäteten Antragstellung durch die Krankenkasse geregelte Rechtsfolge gegenübersteht. Nach § 17 Abs 1 Satz 4 EKV-Z sind "Berichtigungen von Fehlern bei der Anwendung des BEMA, von Rechenfehlern und sonstigen offenbaren Unrichtigkeiten … binnen sechs Monaten nach Eingang der Rechnung bei der Ersatzkasse von dieser bei der KZV geltend zu machen." Die Annahme, dass nach dem Willen der Vertragspartner verzögertes Handeln in der jeweils eigenen Sphäre zu einem endgültigen Anspruchsverlust führen soll, setzte jedoch eine Interpretation des § 17 Abs 1 Satz 4 EKV-Z in dem Sinne voraus, dass ein Verstreichen der dort normierten Antragsfrist auch tatsächlich - wie offenbar von den Beteiligten angenommen - einen endgütigen Anspruchsverlust zur Folge hat. Dies ist jedoch nicht der Fall.

17

Ob § 17 Abs 1 Satz 4 EKV-Z überhaupt dahingehend ausgelegt werden könnte, dass ein Verstreichen der Antragsfrist einen Verfall der Forderung nach sich zöge, kann dahingestellt bleiben, denn selbst wenn dem so wäre, würde dieses Auslegungsergebnis einer rechtlichen Prüfung nicht standhalten. Bezüglich der in den Prüfvereinbarungen zu § 106 SGB V geregelten Antragsfristen hat der Senat bereits entschieden, dass diese allein dem Interesse an der Verfahrensbeschleunigung und der effektiven Verfahrensdurchführung dienen, ein Verstreichen der Frist jedoch kein Hindernis für die Sachentscheidung darstellt(vgl zB BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 26 RdNr 20 f; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 29 RdNr 21). Für die Abrechnungsprüfung nach § 106a SGB V gilt nichts anderes:

18

Mit der gesetzlichen Kodifizierung der - zuvor bundesmantelvertraglich vereinbarten - Regelungen über die Abrechnungsprüfung durch § 106a SGB V hat die K(Z)ÄV ausdrücklich die Aufgabe zugewiesen erhalten, sachlich-rechnerische Unrichtigkeiten von Amts wegen richtigzustellen(BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 4 RdNr 10; BSGE 102, 134 = SozR 4-2500 § 295 Nr 2 RdNr 15). Diese zu den Amtspflichten der K(Z)ÄV gehörenden Prüftätigkeiten dürfen nicht von einer - vertraglich vereinbarten - Antragstellung seitens der Krankenkassen abhängig gemacht werden. Im nicht antragsgebundenen Verfahren des § 106a Abs 2 SGB V ist kein Raum für Antragsfristen, erst recht nicht für solche, die im Sinne von Ausschlussfristen zu verstehen sind. Ein gestellter Antrag hätte keine konstitutive Bedeutung, sondern stellte lediglich eine Anregung bzw einen Hinweis an die K(Z)ÄV dar, ihren Amtspflichten nachzukommen.

19

Für das - weiterhin antragsabhängige - Prüfverfahren nach § 106a Abs 4 SGB V, um das es vorliegend geht, gilt im Ergebnis nichts anderes(in diesem Sinne Engelhard in Hauck/Noftz, SGB V, K § 106a RdNr 140a; aA wohl Clemens in jurisPK-SGB V, § 106a RdNr 48 unter Hinweis auf BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 13 RdNr 18 - an der zitierten Stelle beschreibt der Senat jedoch lediglich den Ablauf des damals zu beurteilenden Verfahrens, ohne auf die Notwendigkeit eines Prüfantrags einzugehen und sich zu den Folgen einer etwaigen Versäumung der Antragsfrist zu äußern). Nach § 106a Abs 4 Satz 1 SGB V können Krankenkassen und ihre Verbände gezielte Prüfungen durch die K(Z)ÄV nach Abs 2 beantragen, sofern dafür Veranlassung besteht. Hierdurch sollen diese - wie umgekehrt nach § 106a Abs 4 Satz 2 SGB V die K(Z)ÄV - in die Lage versetzt werden, gezielte Prüfungen im alleinigen Verantwortungsbereich des Vertragspartners zu veranlassen(Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung , BT-Drucks 15/1525 S 119 zu § 106a SGB V).

20

Die nach § 106a Abs 4 Satz 1 SGB V gestellten Anträge beziehen sich auf Abrechnungsprüfungen nach § 106a Abs 2 SGB V, also auf einen Bereich, in dem die K(Z)ÄVen ohnehin von Amts wegen zum Tätigwerden verpflichtet sind; nichts anderes gilt im umgekehrten Fall einer Antragstellung durch die K(Z)ÄV nach § 106a Abs 4 Satz 2 SGB V. Angesichts der ohnehin bestehenden Prüfverpflichtung der K(Z)ÄV kann sich ein Anlass für die Stellung eines Antrags entweder daraus ergeben, dass die Krankenkasse über Erkenntnisse verfügt, die Anlass für eine Prüfung geben und der K(Z)ÄV nicht vorliegen, oder aber aus einer unterschiedlichen Beurteilung des Sachverhalts und der daraus zu ziehenden Konsequenzen. Im letzteren Fall "erinnert" die Krankenkasse durch ihren Antrag die K(Z)ÄV an die Erfüllung der dieser - ihres Erachtens - obliegenden Pflichten. Nicht gesetzeskonform wäre es, wenn eine von Amts wegen zur Prüfung verpflichtete Körperschaft im Zusammenhang mit § 106a Abs 4 SGB V bestehende Antrags- und (ggf) Ausschlussfristen zum Anlass nähme, den Umfang der von Amts wegen durchgeführten Prüfungen zurückzufahren und "die Initiative" der antragsberechtigten Gegenseite zu überlassen. Stellt aber die Prüfung nach § 106a Abs 4 SGB V lediglich eine Ergänzung der nach § 106a Abs 2, Abs 3 SGB V durchzuführenden Prüfungen dar, kann auch insoweit ein Verstreichen vertraglich vereinbarter Antragsfristen kein Hindernis für eine Sachentscheidung sein. Es ist im Übrigen nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber der Abrechnungsprüfung nach § 106a SGB V geringeren Stellenwert beimessen will als der Wirtschaftlichkeitsprüfung nach § 106a SGB V, denn es war ausdrückliches Ziel der Kodifizierung, Effektivität und Effizienz der Verfahren der Abrechnungsprüfung durch die K(Z)ÄVen zu verbessern(Begründung zum GMG, BT-Drucks 15/1525 S 119 zu § 106a SGB V).

21

bb. Umgekehrt steht der Annahme, dass § 17 Abs 1 Satz 5 EKV-Z zum endgültigen Einbehalt berechtigen soll, allerdings weder das von der klagenden KZÄV geltend gemachte "Letztentscheidungsrecht" der KZÄV im Rahmen von sachlich-rechnerischen Richtigstellungen - im Sinne einer ausschließlichen Entscheidungskompetenz - noch der Grundsatz der Einheitlichkeit der Entscheidung entgegen.

22

Zwar ist richtig, dass dann, wenn ein Verstreichen der Bearbeitungsfrist die Krankenkasse zu einem endgültigen Einbehalt berechtigte, die Frage, ob die Abrechnung tatsächlich sachlich-rechnerisch falsch war, an Bedeutung verlöre: Die Krankenkasse dürfte den geltend gemachten Betrag auch dann einbehalten, wenn die Abrechnung des Vertragszahnarztes sachlich-rechnerisch richtig wäre. Bei dieser Sichtweise werden jedoch Fragen der sachlich-rechnerischen Richtigstellung mit solchen vermengt, die das Verwaltungshandeln der Beklagten betreffen. Es wird übersehen, dass der streitgegenständliche Einbehalt allein das Rechtsverhältnis Krankenkasse gegen KZÄV betrifft, nicht jedoch das Rechtsverhältnis KZÄV gegen Zahnarzt: Grundsätzlich geht es bei Berichtigungsanträgen der Krankenkasse und bei Berichtigungsbescheiden der KZÄV der Sache nach um dieselbe Frage, nämlich ob die zahnärztliche Abrechnung Fehler aufweist (BSG SozR 4-5555 § 21 Nr 2 RdNr 20); diese Frage kann in beiden Rechtsbeziehungen nur einheitlich beantwortet werden (BSG aaO). Dies gilt jedoch nur für den Regelfall, nämlich dann, wenn die Entscheidung über die Richtigstellung von der Auslegung und Anwendung der "Berichtigungsvorschriften" abhängt (vgl BSG aaO: "Auslegung und Anwendung der Berichtigungsvorschriften sind deshalb an dem Zweck auszurichten, eine solche einheitliche Entscheidung zu ermöglichen"). Damit geht es in erster Linie darum, zu verhindern, dass etwa Gebührenordnungspositionen des Bewertungsmaßstabs im Rechtsverhältnis Krankenkasse gegen K(Z)ÄV anders ausgelegt werden als im Rechtsverhältnis K(Z)ÄV gegen (Zahn-)Arzt.

23

Vorliegend geht es jedoch nicht um eine einheitliche Rechtsanwendung der dargestellten Art, weil dann, wenn eine verzögerte Bearbeitung einen endgültigen Einbehalt nach sich zöge, die Rechtmäßigkeit der Abrechnung im Verhältnis Krankenkasse gegen KZÄV überhaupt nicht geprüft würde. Diese wäre für die Rechtmäßigkeit des Einbehalts ohne Bedeutung, da es hierfür allein auf das Verstreichen der Bearbeitungsfrist ankäme. Ein allein auf die verspätete Bearbeitung gestützter Einbehalt würde die Entscheidung über die Richtigkeit der Abrechnung im Verhältnis Zahnarzt gegen KZÄV also keineswegs präjudizieren; das Vorbringen, dass bei Annahme eines endgültigen Einbehalts zugleich die Abrechnung des Zahnarztes ohne Prüfung als falsch gewertet würde, geht daher fehl.

24

Führte die nicht fristgerechte Bearbeitung eines Antrags dazu, dass die geltend gemachte Forderung im Verhältnis Krankenkasse gegen KZÄV faktisch als anerkannt gilt, könnte es hinsichtlich der Konsequenzen für K(Z)ÄV und Zahnarzt durchaus zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen: Will die KZÄV den Einbehalt nicht selbst tragen, muss sie das Verwaltungsverfahren gegen den Zahnarzt fortführen. Ergibt sich im Rahmen dieses Verfahrens, dass die Abrechnung fehlerhaft war, kann die KZÄV den Honorarbescheid insoweit aufheben und erlangt eine Erstattungsforderung gegen ihr Mitglied. Stellt sich die Abrechnung hingegen als richtig heraus, trägt die Gesamtheit der Mitglieder der KZÄV die Folgen der verspäteten Bearbeitung durch die Körperschaft.

25

Das "Letztentscheidungsrecht" der K(Z)ÄV würde durch einen als endgültig zu verstehenden Einbehalt ebenfalls nicht tangiert. Nach der Rechtsprechung des Senats (BSG SozR 4-5555 § 21 Nr 2 RdNr 21 unter Hinweis auf BSG SozR 3-5555 § 15 Nr 1 S 9)wird durch den EKV-Z der KZÄV als Vertragsinstanz eine Entscheidungskompetenz für die Berichtigung von vertragszahnärztlichen Abrechnungen und deren verwaltungsmäßigen Umsetzung zugewiesen (zur Einschränkung dieser Kompetenz in Verfahren nach § 106a Abs 3 SGB V siehe das Urteil vom heutigen Tag - B 6 KA 8/15 R). Diese Entscheidungskompetenz würde durch die Annahme eines endgültigen Einbehalts jedoch nicht berührt, weil - wie dargestellt - im Verhältnis Krankenkasse gegen KZÄV überhaupt keine Entscheidung über die Richtigkeit der Abrechnung getroffen würde.

26

c. Auch sonstige Erwägungen sprechen nicht mit der erforderlichen Sicherheit für die Annahme eines endgültigen Einbehalts:

27

aa. Der Zweck der Regelung erfordert keinen endgültigen Verfall der einbehaltenen Beträge, weil die beabsichtigte Beschleunigung der Bearbeitung auch mit einem bloßen Zurückbehaltungsrecht erreicht werden kann: Auch ein vorläufiger Einbehalt hätte die Wirkung, dass die KZÄV bis zu einer Bearbeitung des Verfahrens nicht über die von der Krankenkasse einbehaltenen Mittel verfügen könnte, sodass ein ausreichender Druck auf die KZÄV ausgeübt wird, Anträge auf Richtigstellung der Abrechnung zügig zu bearbeiten. Entzieht sich die KZÄV ihrer Verpflichtung vollständig, treten ohnehin die von der Beklagten gewünschten Rechtsfolgen ein, denn aus dem ursprünglichen Sicherungseinbehalt wird nach Ablauf der Verjährungsfristen ein endgültiger Anspruchsverlust der KZÄV. Reagiert die KZÄV lediglich verspätet und sind die Berichtigungsanträge der Krankenkasse nicht begründet, erhält sie ihr Geld zurück, muss aber den Nachteil in Kauf nehmen, dass sie zwischenzeitlich nicht über die Beträge verfügen konnte.

28

bb. Der Umstand, dass die Höhe des Einbehalts bereits nach sechs Monaten 75 % der Forderung (nach weiteren zwölf Monaten 100 % der Forderung) beträgt, spricht weder für noch gegen die Annahme eines endgültigen Einbehalts. Zwar ist zutreffend, dass das Gesetz an anderer Stelle, in denen es als Sanktion einen endgültigen "Einbehalt" vorsieht, teilweise geringere Beträge nennt: So beträgt der Einbehalt im Rahmen der Degressionsregelung lediglich 10 % der Forderung (§ 85 Abs 4f Satz 1 iVm Satz 2 SGB V), bei Nichterfüllung der Fortbildungspflicht zunächst 10 % und sodann 25 % (§ 95d Abs 3 Satz 3 SGB V). Andererseits ist zu berücksichtigen, dass die nunmehr vom Gesetzgeber vorgegebene Regelung (§ 106a Abs 4 Satz 4 SGB V in der ab dem 23.7.2015 geltenden Fassung des GKV-Versorgungsstärkungsgesetzes ) für den Fall der Nichtbearbeitung eines Antrags innerhalb von sechs Monaten vorsieht, dass die Krankenkasse die Forderung zu 100 % auf die Gesamtvergütung anrechnen kann, also ohne Weiteres ein vollständiger Forderungsverlust eintritt.

29

cc. Schließlich lässt auch der vorerwähnte Umstand, dass der Gesetzgeber mit Wirkung ab dem 23.7.2015 (Art 20 Abs 1 GKV-VSG) in § 106a Abs 4 Satz 4 SGB V nF eine Regelung getroffen hat, wonach die Krankenkasse eine geltend gemachte Forderung auf sachlich-rechnerische Richtigstellung auf die Gesamtvergütung anrechnen kann, wenn die K(Z)ÄV ihren entsprechenden Antrag nicht innerhalb von sechs Monaten bearbeitet, weder darauf schließen, dass auch § 17 Abs 1 Satz 5 EKV-Z in der Vergangenheit im Sinne dieser gesetzlichen Neuregelung auszulegen gewesen wäre, noch kann die gesetzliche Regelung umgekehrt als Beleg dafür herangezogen werden, dass es bislang an einer Berechtigung zum endgültigen Einbehalt gefehlt hat. Zweck der Regelung ist es nach der Gesetzesbegründung (BT-Drucks 18/4095 S 110 zu Art 1 Nr 46 Buchst c Doppelbuchst bb GKV-VSG), die Bearbeitung von Prüfanträgen in einem angemessenen Zeitraum sicherzustellen; hierfür ist nach Auffassung des Gesetzgebers eine gesetzliche Bearbeitungsfrist erforderlich. Der Gesetzgeber konnte eine gesetzliche Regelung für erforderlich halten, nachdem die Vorinstanzen die bestehende bundesmantelvertragliche Regelung im Sinne eines lediglich vorläufigen Einbehalts interpretiert hatten. Dass die vertragliche Regelung so auszulegen ist, wie es der Gesetzgeber nunmehr für die Zukunft normiert hat, belegt dies hingegen nicht.

30

d. Nach alledem lässt sich nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen, dass die Vertragspartner für den Fall einer verspäteten Bearbeitung einen endgültigen Forderungsverlust vereinbaren wollten. Die gravierende Folge eines endgültigen Verlustes der Forderung in Höhe des Einbehalts bedürfte einer klaren, zweifelsfreien normativen Regelung, wie sie das Gesetz etwa in § 106a Abs 4 Satz 4 SGB V nF mit der Formulierung "kann … auf die Gesamtvergütung anrechnen" vorsieht. Es müsste jedenfalls deutlich mehr für die von der Beklagten vertretene Auffassung des § 17 Abs 1 Satz 5 EKV-Z sprechen als dagegen. Dies sieht der Senat angesichts des - wie dargestellt - offenen Ergebnisses der Auslegung nicht. Die verbleibenden Unklarheiten gehen zu Lasten der Beklagten.

31

2. Begründet ist die Revision jedoch in Bezug auf den Zinsanspruch, weil entgegen der Auffassung der Vorinstanzen lediglich eine Verzinsung mit einem Zinssatz von 5 % über dem Basiszinssatz in Betracht kommt.

32

Zutreffend haben die Vorinstanzen angenommen, dass die klagende KZÄV gegen die beklagte Krankenkasse nach Eintritt der Rechtshängigkeit einer Klage auf Zahlung fälliger Gesamtvergütungen Anspruch auf Prozesszinsen hat (BSGE 95, 141 = SozR 4-2500 § 83 Nr 2; BSG Beschluss vom 27.6.2012 - B 6 KA 65/11 B - Juris). Dies gilt auch für Ansprüche auf Auskehrung von Einbehalten nach § 17 Abs 1 Satz 5 und 6 EKV-Z, da diese Einbehalte Teile der Gesamtvergütung betreffen. Die Höhe der zu zahlenden Zinsen bestimmt sich jedoch nicht - wie von den Vorinstanzen angenommen - nach § 288 Abs 2 BGB, sondern nach § 288 Abs 1 Satz 2 BGB: Nach § 291 Satz 2 BGB finden auf Prozesszinsen die Vorschriften des § 288 Abs 1 Satz 2, Abs 2, Abs 3 und des § 289 Satz 1 BGB entsprechende Anwendung; nach § 288 Abs 1 Satz 2 BGB beträgt der Zinssatz für das Jahr fünf Prozentpunkte, nach § 288 Abs 2 BGB hingegen acht[jetzt neun] Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

33

Es kann dahingestellt bleiben, ob § 288 Abs 2 BGB schon deswegen nicht einschlägig ist, weil diese Norm auf Prozesszinsen für einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch keine entsprechende Anwendung findet(BSG SozR 4-2500 § 69 Nr 7 RdNr 18 unter Verweis auf BVerwG NVwZ 2004, 991 - Juris RdNr 50) und es einem derartigen Erstattungsanspruch gleichstehen könnte, wenn die Auskehrung einbehaltener Teile der Gesamtvergütung begehrt wird. Denn jedenfalls geht es bei einem Streit um die Auszahlung von Gesamtvergütungsanteilen nicht - wie dies § 288 Abs 2 BGB voraussetzt - um Entgeltforderungen bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist. Ansprüche auf Zahlung der Gesamtvergütungen beruhen nicht auf Handelsgeschäften, sondern es handelt sich dabei im Kern um gesetzlich begründete Vergütungsansprüche nach den §§ 85, 87a SGB V(in diesem Sinne schon - für Krankenhausvergütungen - BSG SozR 4-2500 § 69 Nr 7 RdNr 20): § 85 Abs 2 Satz 1 Halbsatz 1 iVm Abs 3 Satz 1 SGB V(bzw § 87a Abs 3 Satz 1 SGB V für den vertragsärztlichen Bereich) gibt gesetzlich vor, dass die Höhe der Gesamtvergütung sowie deren Veränderung im Gesamtvertrag vereinbart wird.

34

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach hat die Beklagte die Kosten des Verfahrens in allen Rechtszügen zu tragen (§ 154 Abs 1, Abs 2 VwGO). Eine Berücksichtigung ihres teilweisen Obsiegens in Bezug auf den Zinsausspruch der Vorinstanzen kommt wegen Geringfügigkeit des Anteils nicht in Betracht (§ 155 Abs 1 Satz 3 VwGO). Eine Erstattung der Kosten der Beigeladenen ist nicht veranlasst, da diese keine Anträge gestellt haben.

Tenor

Die Beschwerden des Klägers und der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 7. April 2011 werden zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten auch des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 202 727 Euro festgesetzt.

Gründe

1

I. Der Rechtsstreit betrifft Ansprüche des Klägers gegen die beklagte Kassenzahnärztliche Vereinigung (KZÄV) auf (Nach-)Zahlungen sowie deren Verzinsung.

2

Nach jahrelangen Streitigkeiten, in deren Verlauf mehrere gerichtliche Vergleiche geschlossen wurden (vom 21.1.1997, 20.7.2004, 9.3.2005 und 28.4./17.5.2005), hat das LSG dem Kläger, einem Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgen, Honorarnachzahlungen in Höhe von ca 203 000 Euro zugesprochen, ihm aber Verzugs- und Prozesszinsen versagt (Urteil vom 7.4.2011). Das LSG hat sich in seinem Urteil mit zahlreichen Einwänden der Beklagten befasst, so zB damit, dass anderweitige Rechtshängigkeit gegeben sei (Urteil S 20 f), dass durch die gerichtlichen Vergleiche bereits Erledigung eingetreten sei (S 21-24), dass die Forderungen bereits vollständig erfüllt worden (S 26 f) und Verjährung eingetreten sei (S 24-26). Die Höhe der Forderung hat es im Einzelnen dargestellt (S 19 f und S 26 f).

3

Das LSG hat die Revision nicht zugelassen. Hiergegen wenden sich sowohl der Kläger - wegen der Versagung von Zinsen - als auch die Beklagte - wegen der Zahlungsverurteilung -. Der Kläger ist der Ansicht, die von ihm aufgeworfene Rechtsfrage nach einem Zinsanspruch habe grundsätzliche Bedeutung; die Beklagte macht sowohl eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache als auch eine Rechtsprechungsabweichung sowie Verfahrensmängel geltend.

4

Der Senat hat dem Kläger insoweit Prozesskostenhilfe (PKH) bewilligt, als dieser sich gegen das Begehren der Beklagten nach Revisionszulassung verteidigt; der Senat hat hingegen seinen Antrag abgelehnt, ihm auch insoweit PKH zu bewilligen, als er die Revisionszulassung wegen der ihm gegenüber erfolgten Versagung von Verzugs- und Prozesszinsen begehrt hat (Beschluss vom 21.12.2011).

5

Die Beschwerden des Klägers und der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision sind erfolglos.

6

II. Die Beschwerde des Klägers ist unbegründet. Mit seinem Vorbringen, der Rechtssache komme grundsätzliche Bedeutung zu bzw es liege eine Abweichung von der Rechtsprechung des BSG vor, hat er keinen Erfolg.

7

1. Die vom Kläger geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist nicht gegeben.

8

In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass Vertrags(zahn)ärzten für Ansprüche gegen ihre K(Z)ÄVen weder Verzugszinsen noch Prozesszinsen zustehen. Die grundlegenden Ausführungen hierzu ergeben sich aus dem Senatsurteil vom 28.9.2005 (B 6 KA 71/04 R, BSGE 95, 141 RdNr 23 ff, 30 ff = SozR 4-2500 § 83 Nr 2 RdNr 31 ff, 38 ff). Dies hat der Senat in späteren Entscheidungen weitergeführt (zu Honorarforderungen im Insolvenzverfahren s BSG vom 23.3.2011 - B 6 KA 14/10 R - BSGE 108, 56 = SozR 4-2500 § 85 Nr 62, RdNr 30 und BSG vom 17.8.2011 - B 6 KA 24/10 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 64 RdNr 22; vgl ferner - zur Forderung nach Verzinsung rückständiger Honorarzahlungen - zB BSG vom 11.3.2009 - B 6 KA 31/08 B - Juris RdNr 26; ebenso BSG vom 8.2.2012 - B 6 KA 12/11 R - RdNr 52 für Krankenhäuser wegen Honorars für ambulante Notfallbehandlungen, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Anderes gilt nach dem Senatsurteil vom 28.9.2005 (nur) für Ansprüche der K(Z)ÄVen gegen Krankenkassen (KKn) auf Zahlung von Gesamtvergütungen, hier allerdings auch nur für Prozesszinsen, also für Zinsen, die (erst) ab Klageerhebung zu zahlen sind (BSG vom 28.9.2005 aaO RdNr 38 ff, 41 iVm 47 am Ende bzw RdNr 30 ff, 33 iVm 39 am Ende).

9

Entgegen der Ansicht des Klägers besteht kein erneuter Klärungsbedarf. Seine Ausführungen, es sei grundsätzlich klärungsbedürftig, ob die vom BSG formulierten Beschränkungen für Verzinsungspflichten eingeschränkt werden müssten - sodass sie im vorliegenden Fall unanwendbar seien -, bzw, ob nicht die im Urteil vom 28.9.2005 herausgestellte Ausnahme für Ansprüche der K(Z)ÄVen gegen KKn auf Zahlung von Gesamtvergütungen auch auf Ansprüche wie die von ihm - dem Kläger - erhobenen gelten müssten, treffen nicht zu.

10

Der Kläger führt zur Fortentwicklungsbedürftigkeit aus, dass in einem Fall wie hier nicht ein eigener Honoraranspruch des Zahnarztes gegen die beklagte KZÄV umstritten sei, denn das Honorar sei bereits von den KKn gezahlt worden; streitig sei lediglich die Weiterleitung der Geldbeträge von der KZÄV an ihn. Deshalb seien Entscheidungen, wonach für Honoraransprüche keine Zinsen zuerkannt werden könnten (zB BSG vom 11.3.2009 aaO, vom 17.8.2011 aaO und vom 23.3.2011 aaO), nicht einschlägig. Er fordere von der KZÄV lediglich die Auszahlung der Geldmittel, die diese schon von den KKn erhalten habe und rechtswidrig zurückhalte. Ein solcher Auszahlungsanspruch sei wesensmäßig mit zivilrechtlichen Zahlungsansprüchen wie solchen aus Bankgeschäften vergleichbar, bei denen zweifelsfrei bei Zahlungsverzögerungen Verzugs- und Prozesszinsen zu zahlen seien.

11

Mit dieser Sichtweise geht der Kläger davon aus, es gebe einen Honoraranspruch des (Zahn-)Arztes gegen die KKn, und die KZÄV sei lediglich der Zahlungsmittler. Dies trifft indessen nicht zu. Vielmehr hat der Gesetzgeber das System des Vertrags(zahn)arztrechts so ausgestaltet, dass die KKn Gesamtvergütungen mit befreiender Wirkung an die K(Z)ÄVen für die gesamte vertrags(zahn)ärztliche Versorgung der Mitglieder mit Wohnort im Bezirk der K(Z)ÄV einschließlich deren mitversicherten Familienangehörigen entrichten (§ 85 Abs 1 SGB V). Die K(Z)ÄV verteilt diese Gesamtvergütungen nach Maßgabe der bestehenden Honorarverteilungsregelungen (§ 85 Abs 4 SGB V) ; hierbei sind Modifizierungen möglich durch zB die Bildung von sog Honorartöpfen und die Normierung von Fallwert-, Fallzahl- und Punktzahlbegrenzungen (vgl die umfangreiche Rechtsprechung zu § 85 Abs 4 SGB V, zusammengefasst zB in Laufs/Kern, Handbuch des Arztrechts, 4. Aufl 2010, § 34 RdNr 23 ff, 43 ff). Diese Gestaltungsmöglichkeiten verdeutlichen - da eben nicht die zur Verfügung stehende Gesamtvergütung lediglich durch die Menge der von den Vertrags(zahn)ärzten erbrachten Leistungen dividiert und weitergeleitet wird -, dass die K(Z)ÄV nicht bloße Weiterleitungsinstanz ist. Die K(Z)ÄV hat nicht nur die Aufgabe der Weiterleitung einer Honorarzahlung der KKn an den Vertrags(zahn)arzt, sondern die K(Z)ÄV ist selbst die Schuldnerin des Honorars gegenüber dem Vertrags(zahn)arzt, und dessen Honoraranspruch besteht (nur) ihr gegenüber. Dem entspricht auch die Terminologie der vom Kläger herangezogenen Entscheidungen des BSG, in denen ein Zinsanspruch für diesen Honoraranspruch gegen die K(Z)ÄV verneint wird.

12

Auch die Ansicht des Klägers, jedenfalls seit dem umfassenden Vergleichsabschluss zwischen ihm und der beklagten KZÄV im Jahr 2005 seien nur noch reine Zahlungsansprüche im Streit, die der Verzinsung zugänglich seien (Schriftsatz vom 20.10.2011, insbesondere S 11), trifft nicht zu. Rechtsansprüche verlieren ihre Rechtsnatur nicht durch ihre Einbindung - und Bestätigung - in einen gerichtlichen oder außergerichtlichen Vergleich.

13

Auch die Auffassung des Klägers, es sei nicht konsequent - und deshalb erneut klärungsbedürftig -, zwar bei den Ansprüchen der K(Z)ÄV auf Zahlung ausstehender Gesamtvergütungen Prozesszinsen zuzuerkennen (BSG vom 28.9.2005, BSGE 95, 141 RdNr 30 ff, insbesondere RdNr 33 iVm RdNr 39 am Ende = SozR 4-2500 § 83 Nr 2, RdNr 38 ff, insbesondere RdNr 41 iVm RdNr 47 am Ende). nicht aber auch bei Ansprüchen zwischen Vertrags(zahn)arzt und K(Z)ÄV (vgl Beschwerdebegründung vom 6.12.2011, zB S 2, 7), ist nicht zutreffend; denn die Rechtsbeziehungen zwischen K(Z)ÄVen und KKn einerseits und diejenigen zwischen Vertrags(zahn)arzt und K(Z)ÄV andererseits unterscheiden sich grundlegend. Die Gründe für die Zuerkennung von Prozesszinsen bei Ansprüchen auf Gesamtvergütungen bzw Gesamtvergütungsanteilen hat der Senat im Urteil vom 28.9.2005 angesprochen: nämlich die Verpflichtung zur Kooperation zwischen K(Z)ÄV und KKn sowie die wirtschaftlichen Folgen eines erheblichen Finanzierungsbedarfs durch Einbehaltung von Gesamtvergütungsanteilen (vgl hierzu BSG vom 28.9.2005 aaO RdNr 36, 38 f bzw RdNr 44, 46 f). Dass diese Erwägungen auf das Verhältnis zwischen Vertrags(zahn)arzt und K(Z)ÄV nicht in gleicher Weise zutreffen, liegt auf der Hand. Ein Bedarf nach näherer - grundsätzlicher - Klärung in einem Revisionsverfahren besteht insoweit nicht.

14

Nichts anderes ergibt sich aus der Neufassung des § 69 SGB V zum 1.1.2000 mit der Klarstellung, dass die Rechtsbeziehungen zwischen den KKn und den Leistungserbringern sozialversicherungsrechtlicher und nicht privatrechtlicher Natur sind (BSG aaO RdNr 27 bzw RdNr 35). Hieraus können keine Rückschlüsse dahingehend gezogen werden, dass innerhalb der Leistungsbeziehungen nach dem Vierten Kapitel des SGB V (§§ 69 bis 140h SGB V) Verzugszinsen zu zahlen seien (BSG aaO RdNr 27 bzw RdNr 35 am Ende). Eine Bestimmung, dass die Vertragspartner Zinsregelungen vereinbaren müssten, besteht ebenfalls - anders als im Recht der stationären Versorgung nach dem Krankenhausentgeltgesetz und der Pflegesatzverordnung - nicht (BSG aaO RdNr 28 bzw RdNr 36 in Abgrenzung zu BSG vom 4.3.2004, BSGE 92, 223 RdNr 31 = SozR 4-2500 § 39 Nr 1 RdNr 30; BSG vom 13.5.2004, SozR 4-2500 § 132a Nr 1 RdNr 19 ff).

15

2. Auch die Divergenzrügen, die der Kläger formuliert hat (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 2 SGG, - Schriftsatz vom 6.12.2011, S 1 ff, 2 bis 5), haben keinen Erfolg. Entscheidungserhebliche Abweichungen des Urteils des LSG von einem Urteil des 6. Senats oder des 3. Senats des BSG liegen nicht vor. Die Urteile des LSG und diejenigen des BSG betreffen verschiedene Fallkonstellationen, die unterschiedlich zu beurteilen sind:

16

Dies ergibt sich für die gerügte Abweichung von dem Urteil des 6. Senats vom 28.9.2005 (aaO) ohne Weiteres aus den vorstehenden Ausführungen unter 1.b), die die Besonderheiten jenes Urteils deutlich machen.

17

Aber auch soweit in der Beschwerdebegründung - zumindest sinngemäß - Abweichungen des LSG von Urteilen des 3. Senats des BSG vom 23.3.2006 (BSGE 96, 133 = SozR 4-7610 § 291 Nr 3, RdNr 10 ff) und vom 3.8.2006 (BSGE 97, 23 = SozR 4-2500 § 129 Nr 3, RdNr 19 ff)gerügt werden (Schriftsatz vom 6.12.2011 S 6 f), sind Divergenzen im Sinne des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG nicht ersichtlich. Diese Urteile betreffen anders gelagerte Fallkonstellationen, nämlich Vergütungsansprüche einer Rehabilitationsklinik und eines Apothekers gegen eine KK. Einschlägig sind dort Bestimmungen des Krankenhausrechts (§§ 107 ff SGB V, Bundespflegesatzverordnung, Krankenhausentgeltgesetz und Krankenhausfinanzierungsgesetz, vgl dazu schon BSG vom 28.9.2005 aaO RdNr 28 bzw RdNr 36) bzw des Apothekenrechts iVm dem BGB und dem Arznei- und Hilfsmittellieferungsvertrag (vgl hierzu BSGE 97, 23 = SozR 4-2500 § 129 Nr 3, RdNr 19 ff, 21, 23). Durch diese spezifische krankenhausrechtliche Prägung unterscheidet sich die dortige Rechtslage von der hier maßgeblichen nach § 85 SGB V für die Vertrags(zahn)ärzte. Für eine entscheidungserhebliche Divergenz bestehen deshalb keine Anhaltspunkte.

18

3. Schließlich hat auch die vom Kläger im Schriftsatz vom 20.10.2011 formulierte Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs keine Aussicht auf Erfolg (aaO S 13 iVm S 16 ff - Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 SGG). Zinsforderungen stellen im Regelfall - wie auch hier - nur sog Nebenforderungen dar. Es ist weder erforderlich noch üblich, solche Nebenforderungen in Gerichtsverhandlungen ausdrücklich zu erörtern, es sei denn, dies würde vom Anspruchsteller ausdrücklich erbeten. Der Kläger ist anwaltlich vertreten gewesen. Anhaltspunkte dafür, dass sein Bevollmächtigter eine solche Erörterung ausdrücklich erbeten hätte, sind weder ersichtlich noch in der Beschwerdebegründung vom 6.12.2011 geltend gemacht worden.

19

III. Die Beschwerde der Beklagten ist ebenfalls unbegründet. Mit ihrem Vorbringen, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung, es lägen eine Abweichung von der Rechtsprechung des BSG und Verfahrensmängel vor, hat sie keinen Erfolg.

20

1. Eine grundsätzliche Bedeutung (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 1 SGG) ist nicht gegeben. Dies würde voraussetzen, dass die Beklagte eine Rechtsfrage aufgeworfen hat, die in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig (entscheidungserheblich) sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl BSG SozR 4-1500 § 153 Nr 3 RdNr 13 mwN). Die Bedeutung über den Einzelfall hinaus ist nicht gegeben, wenn die Rechtsfrage aufgrund besonderer Gestaltung des Rechtsstreits einer verallgemeinerungsfähigen Beantwortung nicht zugänglich ist (vgl zB BSG vom 5.11.2008 - B 6 KA 50/07 B - RdNr 6 iVm 11).

21

Umstritten ist nur, ob dem Kläger noch Honorar zusteht oder ob bzw inwieweit seine Honoraransprüche bereits durch Zahlung und/oder Verrechnung und/oder Verjährung erfüllt bzw erloschen sind und/oder ob bzw inwieweit Honoraransprüche durch wirksame sachlich-rechnerische Richtigstellungen bzw Honorarkürzungen aufgrund von Wirtschaftlichkeitsprüfungen reduziert worden sind. Zentrale Bedeutung hat bei alledem die Frage, ob bzw inwieweit Honoraransprüche von einem der zwischen den Beteiligten abgeschlossenen gerichtlichen Vergleich erfasst und damit erledigt worden sind. Gerade auch über deren Reichweite ist gestritten worden. Vor dem Hintergrund dieser Vielzahl von Verwaltungsverfahren und von gerichtlichen Vergleichen ist der Rechtsstreit von vornherein in erheblichem Ausmaß von den besonderen Aspekten des Einzelfalls geprägt. Diese sind vom LSG umfassend gewürdigt worden und haben es zu dem Ergebnis kommen lassen, dass die Beklagte dem Kläger noch ca 203 000 Euro zu zahlen hat.

22

Die hiergegen von der Beklagten erhobenen Rügen, der Rechtssache komme grundsätzliche Bedeutung zu, greifen allesamt nicht durch, betreffen vielmehr sämtlich die Rechtsanwendung im Einzelfall, ohne dass in diesem Rahmen zugleich entscheidungserhebliche, grundsätzlich bedeutsame Rechtsfragen ersichtlich wären.

23

a) Dies gilt zunächst ohne Weiteres insoweit, als die Beklagte das LSG-Urteil nur als schlicht fehlerhaft beanstandet, so zB mit ihrem Einwand, das LSG hätte bei der Berechnung der Höhe der festgestellten Forderungen nicht auch "Forderungen aus der Wirtschaftlichkeitsprüfung" einbeziehen dürfen. Hiermit beanstandet die Beklagte nur Fehler in der Rechtsanwendung im hier vorliegenden konkreten Einzelfall; aus solchen Rügen kann sich eine grundsätzliche Bedeutung gemäß § 160 Abs 2 Nr 1 SGG nicht ergeben(ebenso zB BSG vom 3.2.2010 - B 6 KA 5/09 B - RdNr 13; BSG vom 17.8.2011 - B 6 KA 20/11 B - RdNr 17). Die Untauglichkeit der Beanstandung von Rechtsanwendungsfehlern im Einzelfall für eine Grundsatzrüge - und ebenso für eine Divergenzrüge - entspricht der Konzentration der Revisionsgerichte auf die ihnen vorrangig zugewiesene Aufgabe, das Recht zu vereinheitlichen und fortzubilden sowie sich mit grundsätzlichen Rechtsfragen zu befassen: Aufgabe der Revisionsgerichte ist es nicht, jede inhaltlich fehlerhafte Subsumtion eines Berufungsgerichts zu korrigieren.

24

Das Vorbringen der Beklagten, das LSG habe nichts Näheres zu den Vorschriften über die Erfüllung in den §§ 362 ff BGB und insbesondere zu § 366 BGB ausgeführt, kann ebenfalls nicht zur Revisionszulassung führen. Auch insoweit zeigt die Beklagte keine über eine Subsumtionsfrage hinausgehende grundsätzliche Bedeutung auf. Sie macht geltend, insoweit stehe eine vom LSG "ursprünglich als sehr bedeutend bewertete Rechtsfrage" an; nähere Ausführungen hierzu enthält die Beschwerdebegründung aber nicht.

25

Ebenso wenig wird eine grundsätzliche Bedeutung durch die Frage deutlich,
ob für die K(Z)ÄV eine "Erfüllungswirkung" eintritt, "wenn auf dem Abrechnungskonto des Vertragszahnarztes eine entsprechende Gutschrift erfolgt ist bzw. ob einzelne Vergütungsforderungen eines Zahnarztes aus vertragszahnärztlicher Tätigkeit fortbestehen können, wenn das Abrechnungskonto nach Auszahlung aller gebuchten Forderungen und Auflösung ausgebrachter Einbehalte keinen Saldo mehr aufweist" (Beschwerdebegründung S 3).

26

Auch in diesem Zusammenhang zeigt die Beklagte nicht in der erforderlichen Klarheit auf, inwiefern eine Befassung mit dieser Frage auf grundsätzlich bedeutsame Klärungen hinführen könnte. Sie räumt selbst ein, dass diese Frage mit dem Einzelfallaspekt verbunden ist, ob bzw dass die Forderungen des Klägers aus der Wirtschaftlichkeitsprüfung durch den gerichtlichen Vergleich vom 17.5.2005 abgegolten sind. Eine von dieser Prägung des Einzelfalls ausreichend losgelöste, allgemeinere Bedeutung wird aus der Beschwerdebegründung nicht deutlich. Diese lässt nicht ausreichend erkennen, inwiefern der abstrakt formulierten Rechtsfrage nach der "Erfüllungswirkung" mehr als die Frage richtiger Rechtanwendung im Einzelfall - ob bestimmte Gutschriften erfolgten und dadurch alle ausstehenden Forderungen erfüllt wurden - zugrunde liegen könnte.

27

b) Nichts anderes gilt für die Frage,
ob ein Honorareinbehalt der K(Z)ÄV zu einer Hemmung der Verjährung für einzelne Vergütungsforderungen führen kann.

28

Mit ihrer Beanstandung, das LSG habe eine Hemmung der Verjährung entsprechend § 202 Abs 1 BGB aF, § 205 Abs 1 BGB nF nicht ohne Vorliegen einer Vereinbarung oÄ zwischen ihr und dem Kläger annehmen dürfen, rügt sie zunächst nur die Ablehnung des Eintritts von Verjährung in ihrem konkreten Fall. Für eine vom BSG zu entscheidende Frage grundsätzlicher Art hätte die Beklagte sich mit der Rechtsprechung des Senats zur Hemmung von Verjährungsfristen auseinandersetzen müssen (vgl dazu etwa BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 15 RdNr 13 ff).

29

Dasselbe gilt für die von der Beklagten in diesem Zusammenhang formulierte weitere Frage,

        

welche verjährungsrechtlichen Auswirkungen einem Honorareinbehalt einer K(Z)ÄV zukommen.

Diese Frage ist zudem so sehr allgemein gehalten, dass sie schon nicht als "konkrete Rechtsfrage" angesehen werden kann (zu diesem Erfordernis vgl zB BSG vom 18.8.2010 - B 6 KA 21/10 B - Juris RdNr 12-14; vom 20.10.2010 - B 6 KA 26/10 B - Juris RdNr 7, 14; vom 3.11.2010 - B 6 KA 35/10 B - Juris RdNr 9, 11; vom 23.8.2011 - B 6 KA 37/11 B - Juris RdNr 7). Honorareinbehalte können in unterschiedlichster Art erfolgen - zB im Wege eines schlichten Realakts, gegründet auf eine entsprechende öffentlich-rechtliche Willenserklärung oder gegründet auf einen Verwaltungsakt -, ohne dass diese Fälle alle gleich behandelt werden müssten. Gerade in einem so komplexen Fall, wie er hier zu entscheiden gewesen ist, bedürfte es substantiierter Darlegungen in der Beschwerdebegründung, dass nicht nur eine Problematik der Rechtsanwendung und der Subsumtion im Einzelfall betroffen, sondern darüber hinausgehend eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung zu klären ist. Dafür reichen die Ausführungen in der Beschwerdebegründung nicht aus.

30

c) Soweit die Beklagte schließlich noch anführt, "entgegen der Behauptung des LSG" habe sie "sehr wohl die Einrede der Verjährung erhoben und dies auch begründet" (Beschwerdebegründung S 6 unter c), betrifft dies ebenfalls erkennbar nur die Rechtsanwendung im Einzelfall.

31

2. Auch die Rüge der Beklagten, das LSG weiche von der Rechtsprechung des BSG ab, hat keinen Erfolg. Die Beklagte führt hierzu an, das BSG sehe Honorarzahlungen an Vertrags(zahn)ärzte nicht als "Sozialleistungen" an, das LSG habe dagegen die Honorarzahlungen - mittelbar - als Sozialleistungen und die K(Z)ÄV als Sozialleistungsträger bezeichnet (LSG-Urteil S 25 f), indem es im Zusammenhang mit vertrags(zahn)ärztlichen Vergütungen auf die "Grundsätze des § 39 SGB I" Bezug nehme, der Ermessensentscheidungen bei Sozialleistungen und deren Gewährung als möglich bezeichne, und den Begriff des Leistungsträgers verwende, während das BSG in einem Urteil vom 20.12.1983 (BSGE 56, 116, 117 f = SozR 1200 § 44 Nr 10 S 33 f) die Zuordnung zu Sozialleistungen und Leistungsträgern ausdrücklich ablehne (Beschwerdebegründung S 5 f unter b).

32

Mit dieser Divergenzrüge kann die Beklagte indessen keinen Erfolg haben, denn sie macht in ihrer Beschwerdebegründung nicht deutlich, inwiefern über eine evtl unzutreffende begriffliche Zuordnung hinaus auch das Urteilsergebnis des LSG davon beeinflusst sein könnte. Dies wäre aber erforderlich, denn eine Divergenzrüge kann gemäß § 160 Abs 2 Nr 2 SGG nur Erfolg haben, "wenn das Urteil (des LSG) von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts … abweicht und auf dieser Abweichung beruht". Daher kann die Rüge, das LSG habe terminologisch in unzulässiger Weise eine Zuordnung zu den Begriffen Sozialleistungen und Leistungsträger vorgenommen, nicht zur Zulassung der Revision führen.

33

3. Ohne Erfolg ist schließlich auch die von der Beklagten erhobene Rüge, das Verfahren des LSG leide an Verfahrensmängeln, auf denen das Urteilsergebnis beruhen könne (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 SGG). Die Beklagte beanstandet insofern, dass das LSG den Prozessbevollmächtigten des Klägers als Zeugen vernommen und anschließend bei der Vernehmung anderer Zeugen akzeptiert hat, dass er diese befragt. Eine derartige Verfahrensweise sei weder im SGG noch in der ZPO vorgesehen; sie sei auch damit unvereinbar, dass die Ermittlung des Sachverhalts dem Gericht selbst obliege (Beschwerdebegründung S 6-8). Dieses Vorbringen lässt indessen keinen Verfahrensmangel erkennen:

34

a) Daraus, dass das LSG den Prozessbevollmächtigten des Klägers als Zeugen vernommen hat, ergibt sich kein Verfahrensmangel; denn es ist anerkannt, dass auch Prozessbevollmächtigte als Zeugen vernommen werden können.

35

Ein gesetzlicher Ausschluss solcher Zeugenvernehmung ist nicht ersichtlich und wird auch von der Beklagten nicht benannt. Dementsprechend hat der BFH in einer Entscheidung vom 22.11.2008 ausgeführt, dass der "Prozessbevollmächtigte als Zeuge benannt" werden kann, "was … zulässig ist" (BFH vom 22.11.2008 - X B 205/07 - Juris RdNr 14). Auch das OLG Hamm hat ausgeführt, dass die Stellungen als Prozessbevollmächtigter und als Zeuge miteinander vereinbar sind; Hinderungsgründe, den Prozessbevollmächtigten einer Partei als Zeugen zu vernehmen, bestehen nicht (OLG Hamm MDR 1977, 142). Davon geht auch das OLG München aus: Es hat erörtert, ob ein "Prozessbevollmächtigter … während der Zeit, in der er als Zeuge einvernommen wird", weiter das Mandat als Rechtsanwalt wahrnehmen kann; mit dieser Fragestellung hat das OLG den Ausgangspunkt, ob ein Prozessbevollmächtigter überhaupt als Zeuge vernommen werden kann, implizit bejaht (OLG München MDR 1989, 830). Gegenläufige Entscheidungen, die die Einvernahme eines Prozessbevollmächtigten als Zeugen für unzulässig halten, sind nicht ersichtlich; auch die Beklagte hat keine solchen Entscheidungen benannt. Dementsprechend vermag auch der Senat keinen rechtlichen Ansatzpunkt für die Annahme zu erkennen, Prozessbevollmächtigte könnten nicht als Zeugen vernommen werden.

36

b) Soweit die Beklagte darüber hinaus beanstandet, das LSG hätte bei der anschließenden Vernehmung anderer Zeugen nicht akzeptieren dürfen, dass der Prozessbevollmächtigte diese befragt, ist ebenfalls kein Verfahrensmangel feststellbar. Das Recht der Zeugenbefragung ergibt sich aus der Position als Prozessbevollmächtigter. Diese Rolle hatte der Rechtsanwalt nach der Beendigung seiner Vernehmung wieder voll wahrgenommen, ohne dass die Beklagte sich mit einer Rüge hiergegen gewandt hatte.

37

Die Befragung hätte allenfalls unter hier nicht gegebenen besonderen Umständen als unzulässig angesehen werden können, etwa dann, wenn der Prozessbevollmächtigte im Zeitpunkt der Befragung noch nicht aus dem Zeugenstand entlassen worden wäre. Er war aber ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 7.4.2011 aus seiner Zeugenstellung bereits erlassen worden. Auch besteht keine gesetzliche Regelung des Inhalts, dass die Befragung eines Zeugen nur auf (förmlichen) Antrag hin gestattet werden dürfte (insoweit unzutreffend Beschwerdebegründung S 8 unter b).

38

Das LSG hat keinen Verfahrensfehler dadurch begangen, dass es im Rahmen der von ihm geleiteten Zeugenvernehmung dem zuvor als Zeugen vernommenen Prozessbevollmächtigten die Befragung anschließend vernommener Zeugen gestattet hat. Ob dadurch die Gefahr entstanden ist, dass der zuvor als Zeuge Vernommene durch seine Befragung versuchen könnte, seine eigenen Aussagen zu verstärken, kann offenbleiben. Es gibt weder eine Vorschrift, dass das Gericht wegen einer derartigen Gefahr eine solche Zeugenbefragung nicht zulassen dürfte, noch Anhaltspunkte, dass eine solche Gefahr bestanden oder sich gar realisiert habe. Hätte eine solche Gefahr bestanden, so hätte sich daraus zudem ohnehin nicht die Fehlerhaftigkeit der Verfahrensweise ableiten lassen. Vielmehr wäre es Sache des Gerichts, auf eine unparteiliche Befragung der Zeugen hinzuwirken bzw im Rahmen seiner Beweiswürdigung zu erwägen, ob sich die Gefahr realisiert haben könnte, und daraus Schlussfolgerungen für seine Bewertung der Zeugenaussagen und seine Entscheidung zu ziehen.

39

c) Die Beklagte hätte ihre Rügen im Zusammenhang mit der Zeugenvernehmung im Übrigen bereits in der mündlichen Verhandlung des LSG vorbringen müssen. In § 295 Abs 1 ZPO ist bestimmt, dass eine Partei, der ein Verfahrensmangel bekannt wird, diesen spätestens bei der nächsten mündlichen Verhandlung rügen muss, andernfalls sie ihn nicht mehr rügen kann. Diese Vorschrift ist gemäß § 173 VwGO, § 202 SGG im Verwaltungs- und Sozialgerichtsverfahren entsprechend anwendbar(vgl zB BVerwGE 50, 344 ff = MDR 1976, 781 f; BSG SozR 3-1500 § 61 Nr 1 S 4 ff, 6). Bei der "entsprechenden Anwendung" ist zu beachten, dass "nächste mündliche Verhandlung" nicht notwendigerweise ein neuer Termin ist, sondern auch eine Verhandlung sein kann, die sich an eine Beweisaufnahme anschließt (BVerwGE 50, 344, 346 = MDR 1976, 781, 782; in der Sache ebenso BSG SozR 3-1500 § 61 Nr 1 S 4 ff, 6: "nächsten Verhandlungsabschnitt"). Bei Beachtung dieser Grundsätze hätte der Prozessvertreter der Beklagten den erkennbar gewordenen vermeintlichen Verfahrensmangel in der an die Zeugenvernehmungen anschließenden fortgesetzten Verhandlung rügen müssen.

40

d) Schließlich zeigt die Beklagte in ihrer Beschwerdebegründung auch nicht auf, inwiefern sich die von ihr beanstandete Verfahrensweise konkret auf das Urteilsergebnis ausgewirkt haben könnte. Hierfür müsste aus der Beschwerdebegründung der Beklagten zu entnehmen sein, welches abweichende Verwertungsergebnis sich nach ihrer Ansicht bei einem Vorgehen ohne die von ihr als fehlerhaft beanstandeten Vorgänge ergeben hätte. Daran fehlt es. Somit ist auch nicht erkennbar, dass das Urteil des LSG auf einem etwaigen Verfahrensmangel im Sinne des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG "beruhen" könnte.

41

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach sind die Kosten des Verfahrens bei teilweisem Obsiegen und teilweisem Unterliegen verhältnismäßig zu teilen, es sei denn, der eine ist nur zu einem geringen Teil unterlegen (§ 155 Abs 1 Satz 1 und 3 VwGO). Hier ist der Kläger im Verhältnis zur Beklagten lediglich wegen des Zinsanspruchs unterlegen, das betrifft nur einen "geringen Teil" im Sinne des § 155 Abs 1 Satz 3 VwGO(ebenso schon BSG vom 28.9.2005 - B 6 KA 71/04 R - Juris RdNr 42, insoweit weder in BSGE noch in SozR abgedruckt).

42

Die Festsetzung des Streitwerts hat ihre Grundlage in § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 3, § 47 GKG. Die Bemessung erfolgt entsprechend dem Betrag der LSG-Verurteilung. Ein zusätzlicher Betrag wegen der Zinsen ist nicht anzusetzen, weil diese nur als Nebenforderung im Sinne des § 43 Abs 1 GKG geltend gemacht werden; dies gilt auch im vorliegenden Fall, ungeachtet dessen, dass hier vom Kläger und von der Beklagten gegenläufig eingelegte Rechtsmittel verfolgt werden; denn die Grundlage für die Zinsforderung ist durch die nach wie vor bestehende Rechtshängigkeit auch des Zahlungsbegehrens noch in der Schwebe. Der Abs 2 des § 43 GKG wäre nur anzuwenden, wenn bzw soweit der Hauptanspruch nicht mehr im Streit wäre und dadurch die Grundlage für das Zinsbegehren außer Frage stünde und somit der Zinsanspruch zum Hauptanspruch geworden wäre(vgl grundlegend BGHZ 26, 174, 175 ff = NJW 1958, 342; vgl auch OLG München, NJW-RR 1994, 1484, 1485; OLG Koblenz JurBüro 1999, 197; zu unselbstständigen Nebenforderungen als bloßem Annex vgl ferner BGH NJW 1968, 1275; OLG München MDR 1988, 1060).