Bundessozialgericht Beschluss, 07. Dez. 2017 - B 14 AS 195/17 B

ECLI:ECLI:DE:BSG:2017:071217BB14AS19517B0
bei uns veröffentlicht am07.12.2017

Tenor

Auf die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 12. Dezember 2016 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Gründe

1

I. Mit Urteil vom 12.12.2016 hat das LSG nach mündlicher Verhandlung die Berufung des Klägers gegen einen Gerichtsbescheid des SG zurückgewiesen, durch den seine Klage gegen einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid wegen zu Unrecht gewährter Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 13 168,89 Euro abgewiesen worden war. Zu der mündlichen Verhandlung ist der Prozessbevollmächtigte des Klägers nicht erschienen. Auf telefonische Nachfrage am Sitzungstag gab er an, die Terminladung nicht erhalten zu haben. Die Kanzlei sei zwar an die Rücksendung des Empfangsbekenntnisses der Ladung erinnert worden. Da diese nicht aufzufinden gewesen sei, habe die Kanzleimitarbeiterin jedoch nichts unternommen. Der zur mündlichen Verhandlung erschienene Kläger hat auf die Frage des Gerichts erklärt, ohne seinen Anwalt nicht verhandeln zu wollen.

2

Das LSG hat nach einer Zwischenberatung die Verhandlung wieder aufgenommen und anschließend zur Sache entschieden. Zur Begründung der Fortsetzung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Nach seiner Überzeugung sei die Ladung dem Prozessbevollmächtigten bei Zugrundelegung üblicher Postlaufzeiten rechtzeitig vor dem Termin zugegangen. Dafür spreche, dass dem Kläger selbst die Ladung zugestellt worden sei und der Beklagte ihren Empfang bestätigt habe. Der Behauptung des Prozessbevollmächtigten, die Ladung nicht erhalten zu haben, schenke der Senat nach den Gesamtumständen keinen Glauben, insbesondere nachdem der Verhandlungstermin mit ihm zuvor abgesprochen gewesen sei und eine weitere Verschiebung des Verfahrens für den Kläger prozessual günstig gewesen wäre. Jedenfalls mit dem Erinnerungsschreiben wegen des nicht zurückgegebenen Empfangsbekenntnisses sei dem Bevollmächtigten der Termin bekannt gegeben worden. Davon habe es - das LSG - sich nach der Änderung des § 63 Abs 1 SGG durch das 6. SGG-Änderungsgesetz (im Folgenden: 6. SGG-ÄndG) vom 17.8.2001 (BGBl I 2144) im Wege des Freibeweises überzeugen dürfen.

3

Mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG macht der Kläger einen Verfahrensmangel geltend und rügt die unterbliebene Ladung seines Prozessbevollmächtigten. Dadurch sei sein Anspruch auf rechtliches Gehör gemäß § 62 SGG, Art 103 Abs 1 GG verletzt.

4

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist zulässig und im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung begründet.

5

Eine Nichtzulassungsbeschwerde ist ua begründet, wenn ein Verfahrensfehler geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt, weil das angefochtene Urteil des LSG unter Verletzung des Anspruchs des Klägers auf rechtliches Gehör (§ 62 SGG, Art 103 Abs 1 GG) ergangen ist. Das Gebot des rechtlichen Gehörs hat auch zum Inhalt, dass die Beteiligten ausreichend Gelegenheit zur Abgabe sachgemäßer Erklärungen haben (BSG vom 19.3.1991 - 2 RU 28/90 - SozR 3-1500 § 62 Nr 5 S 8; BSG vom 22.8.2000 - B 2 U 15/00 R - SozR 3-1500 § 128 Nr 14 S 28 f). Vor allem in der mündlichen Vorhandlung, dem "Kernstück" des gerichtlichen Verfahrens (vgl BSG vom 22.9.1977 - 10 RV 79/76 - BSGE 44, 292, 293 = SozR 1500 § 124 Nr 2; BSG vom 16.11.2000 - B 4 RA 122/99 B - SozR 3-1500 § 160 Nr 33 S 57), ist den Beteiligten Gelegenheit zu geben, sich zum gesamten Streitstoff zu äußern. Wird aufgrund mündlicher Verhandlung entschieden, müssen die Beteiligten daher die Möglichkeit haben, hieran teilzunehmen.

6

Diese Möglichkeit setzt die ordnungsgemäße Benachrichtigung über den Termin zur mündlichen Verhandlung (§ 153 Abs 1, § 110 Abs 1 Satz 1, § 63 Abs 1 Satz 2 SGG) voraus, die bei anwaltlich vertretenen Beteiligten gemäß § 73 Abs 6 Satz 6 SGG(idF des Vierten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 22.12.2011, BGBl I 3057) eine an den Bevollmächtigten gerichtete Mitteilung der Terminbestimmung erfordert. Diese muss zwar nach § 63 Abs 1 Satz 2 SGG(idF des 6. SGG-ÄndG) nicht (mehr) zugestellt werden; es genügt schon die Bekanntgabe, etwa durch einfachen Brief oder durch Einwurfschreiben. Es liegt jedoch weiterhin vorrangig in der Verantwortung des Gerichts, den Anspruch auf rechtliches Gehör sicherzustellen. Dieses muss sich gegebenenfalls Gewissheit darüber verschaffen, ob ein für die Wahrung des rechtlichen Gehörs bedeutsames, aber mit einfachem Brief übersandtes Schreiben den Adressaten auch tatsächlich erreicht hat (BSG vom 23.5.2013 - B 4 AS 247/12 B - juris RdNr 5; vgl auch BVerfG vom 19.6.2013 - 2 BvR 1960/12 - juris RdNr 9).

7

Auch wenn der Gesetzgeber das bis dahin in § 63 Abs 1 SGG(idF des Kostenrechtsänderungsgesetzes 1994 vom 24.6.1994, BGBl I 1325) verankert gewesene Zustellungserfordernis ua für Terminbestimmungen durch das 6. SGG-ÄndG aufgehoben und durch die Bekanntgabevorschrift des § 63 Abs 1 Satz 2 SGG ersetzt hat, sind die Gerichte hierdurch der Verantwortung für den ordnungsgemäßen Zugang der Terminbestimmung nicht enthoben. Die Änderung des § 63 Abs 1 SGG zielte nicht auf eine Absenkung der Anforderungen an die Erweislichkeit des Zugangs von Terminbestimmungen. Maßgebend war vielmehr allein die Einschätzung, dass die verwaltungsaufwändigere Zustellung in der Regel nicht erforderlich sei, um den Zugang nachzuweisen. Es bleibe dem Gericht unbenommen, die Zustellung anzuordnen, wenn es dies im Einzelfall für zweckmäßig halte (vgl BT-Drucks 14/5943 S 24). Die gesetzliche Konzeption beruht danach weiterhin auf der Vorstellung, dass der Zugang der Terminbestimmung nachzuweisen ist, nur nicht notwendig im Wege der förmlichen Zustellung. Soll dieser Nachweis anders als durch ein zu den Akten gelangtes Empfangsbekenntnis geführt werden, müssen deshalb ggf im Wege des Freibeweises zu klärende andere Umstände die einer Zustellung vergleichbare Überzeugungsgewissheit vom ordnungsgemäßen Zugang der Terminbestimmung vermitteln können.

8

Solche Umstände vermag der erkennende Senat hier nicht mit der gebotenen Sicherheit zu erkennen. Allein die Versendung einer Terminbestimmung erlaubt nicht regelmäßig den Schluss, dass sie den Beteiligten auch erreicht hat (zur Terminbestimmung vgl nur BSG vom 23.5.2013 - B 4 AS 247/12 B - juris RdNr 6; zur Anhörungsmitteilung nach § 153 Abs 4 SGG: BSG vom 29.11.2012 - B 14 AS 176/12 B - juris RdNr 5; BSG vom 24.10.2013 - B 13 R 253/13 B - juris RdNr 9; vgl zur fehlgeleiteten Versendung der Ladung zur mündlichen Verhandlung auch BSG vom 23.6.2016 - B 14 AS 25/16 B - juris). Darauf lässt auch der Zugang bei weiteren Beteiligten nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit schließen. Soweit das im Einzelfall anders liegen kann, wenn sich nach Aktenlage in der Vergangenheit bereits Besonderheiten und Auffälligkeiten im Zugangs- und Herrschaftsbereich des Adressaten ergeben haben (vgl etwa BSG vom 1.10.2009 - B 3 P 13/09 B - SozR 4-1500 § 62 Nr 12 RdNr 8; BSG vom 2.5.2013 - B 4 AS 262/12 B - juris RdNr 7), sind solche hier nicht festgestellt.

9

Sollte die Erinnerung an die Rückgabe des Empfangsbekenntnisses als erneute Terminmitteilung zu werten sein, würde das einen Hinweis auf den Termin voraussetzen, der indes fehlt; angegeben ist nur das Datum der Terminmitteilung selbst ("vom 17.10.2016"). Zwar dürfte eine solche Erinnerung regelmäßig Anlass zur Nachfrage bei Gericht geben, wenn die ihr zugrunde liegende Terminbestimmung einem Rechtsanwalt nicht zugegangen ist; insoweit sind Zweifel am Vorbringen des Prozessbevollmächtigten des Klägers nicht zu verkennen, zumal der Verhandlungstermin auch nach seiner Darstellung zuvor mit ihm abgesprochen war. Selbst wenn seine Büroangestellte dies verkannt haben sollte, wäre darin unter Beachtung der insoweit gebotenen Formenstrenge kein dem Kläger zuzurechnendes Organisationsverschulden im Büro seines Prozessbevollmächtigten zu sehen, das es rechtfertigen könnte, ihn - den Kläger - so zu stellen, als sei die Terminbestimmung seinem Anwalt ordnungsgemäß zugegangen.

10

Weiteres Vorbringen des Klägers war nicht erforderlich. Auch wenn die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör im sozialgerichtlichen Verfahren nicht als absoluter Revisionsgrund ausgebildet ist (vgl § 202 Satz 1 SGG iVm § 547 ZPO), lässt sich das Beruhenkönnen der Entscheidung auf der fehlenden Mündlichkeit wegen des besonderen Rechtswerts der mündlichen Verhandlung (vgl zu ihrer Bedeutung für die Subjektstellung der Beteiligten im gerichtlichen Verfahren BVerfG vom 30.4.2003 - 1 PBvU 1/02 - BVerfGE 107, 395, 409 = SozR 4-1100 Art 103 Nr 1 RdNr 29 ff) in der Regel nicht verneinen (vgl etwa BSG vom 6.10.2010 - B 12 KR 58/09 B - juris RdNr 10 mwN). Ungeachtet dessen erfüllt es ständiger Rechtsprechung des BSG nach auch den absoluten Revisionsgrund des § 202 Satz 1 SGG iVm § 547 Nr 4 ZPO, wenn der Beteiligte oder sein Bevollmächtigter wegen einer unterbliebenen Ladung nicht an der mündlichen Verhandlung teilnehmen konnte und daher iS von § 547 Nr 4 ZPO "in dem Verfahren nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten" war(vgl zuletzt BSG vom 2.3.2010 - B 5 R 440/09 B - juris RdNr 3 mwN; ebenso BVerwG vom 1.12.1982 - 9 C 486/82 - BVerwGE 66, 311; Eichberger in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Oktober 2015, § 138 RdNr 117 mwN). Mindestens hierauf beruht auch das angefochtene Urteil im Sinne der unwiderleglichen Vermutung von § 547 Halbsatz 1 ZPO. Aufgrund dessen ist das angefochtene Urteil gemäß § 160a Abs 5 iVm § 160 Abs 2 Nr 3 SGG aufzuheben und die Sache an das LSG zurückzuverweisen.

11

Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens bleibt der abschließenden Entscheidung des LSG vorbehalten.

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(1) Anordnungen und Entscheidungen, durch die eine Frist in Lauf gesetzt wird, sind den Beteiligten zuzustellen, bei Verkündung jedoch nur, wenn es ausdrücklich vorgeschrieben ist. Terminbestimmungen und Ladungen sind bekannt zu geben.

(2) Zugestellt wird von Amts wegen nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung. §§ 173, 175 und 178 Abs. 1 Nr. 2 der Zivilprozessordnung sind entsprechend anzuwenden auf die nach § 73 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 9 zur Prozessvertretung zugelassenen Personen.

(3) Wer nicht im Inland wohnt, hat auf Verlangen einen Zustellungsbevollmächtigten zu bestellen.

Vor jeder Entscheidung ist den Beteiligten rechtliches Gehör zu gewähren; die Anhörung kann schriftlich oder elektronisch geschehen.

(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt.

(2) Das Landessozialgericht kann in dem Urteil über die Berufung von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(3) Das Urteil ist von den Mitgliedern des Senats zu unterschreiben. Ist ein Mitglied verhindert, so vermerkt der Vorsitzende, bei dessen Verhinderung der dienstälteste beisitzende Berufsrichter, dies unter dem Urteil mit Angabe des Hinderungsgrunds.

(4) Das Landessozialgericht kann, außer in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1, die Berufung durch Beschluß zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu hören. § 158 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5) Der Senat kann in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1 durch Beschluss die Berufung dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet.

(1) Der Vorsitzende bestimmt Ort und Zeit der mündlichen Verhandlung und teilt sie den Beteiligten in der Regel zwei Wochen vorher mit. Die Beteiligten sind darauf hinzuweisen, daß im Falle ihres Ausbleibens nach Lage der Akten entschieden werden kann.

(2) Das Gericht kann Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.

(3) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.

(1) Anordnungen und Entscheidungen, durch die eine Frist in Lauf gesetzt wird, sind den Beteiligten zuzustellen, bei Verkündung jedoch nur, wenn es ausdrücklich vorgeschrieben ist. Terminbestimmungen und Ladungen sind bekannt zu geben.

(2) Zugestellt wird von Amts wegen nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung. §§ 173, 175 und 178 Abs. 1 Nr. 2 der Zivilprozessordnung sind entsprechend anzuwenden auf die nach § 73 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 9 zur Prozessvertretung zugelassenen Personen.

(3) Wer nicht im Inland wohnt, hat auf Verlangen einen Zustellungsbevollmächtigten zu bestellen.

(1) Die Beteiligten können vor dem Sozialgericht und dem Landessozialgericht den Rechtsstreit selbst führen.

(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Sozialgericht und dem Landessozialgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
Rentenberater im Umfang ihrer Befugnisse nach § 10 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2, auch in Verbindung mit Satz 2, des Rechtsdienstleistungsgesetzes,
4.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten nach den §§ 28h und 28p des Vierten Buches Sozialgesetzbuch,
5.
selbständige Vereinigungen von Arbeitnehmern mit sozial- oder berufspolitischer Zwecksetzung für ihre Mitglieder,
6.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
7.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
8.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder,
9.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 bis 8 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter. § 157 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen. Satz 3 gilt nicht für Beschäftigte eines Sozialleistungsträgers oder eines Spitzenverbandes der Sozialversicherung.

(4) Vor dem Bundessozialgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Als Bevollmächtigte sind außer den in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen nur die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bis 9 bezeichneten Organisationen zugelassen. Diese müssen durch Personen mit Befähigung zum Richteramt handeln. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse sowie private Pflegeversicherungsunternehmen können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe des Satzes 2 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten; Satz 3 bleibt unberührt.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Bei Ehegatten oder Lebenspartnern und Verwandten in gerader Linie kann unterstellt werden, dass sie bevollmächtigt sind. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten. Im Übrigen gelten die §§ 81, 83 bis 86 der Zivilprozessordnung entsprechend.

(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.

(1) Anordnungen und Entscheidungen, durch die eine Frist in Lauf gesetzt wird, sind den Beteiligten zuzustellen, bei Verkündung jedoch nur, wenn es ausdrücklich vorgeschrieben ist. Terminbestimmungen und Ladungen sind bekannt zu geben.

(2) Zugestellt wird von Amts wegen nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung. §§ 173, 175 und 178 Abs. 1 Nr. 2 der Zivilprozessordnung sind entsprechend anzuwenden auf die nach § 73 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 9 zur Prozessvertretung zugelassenen Personen.

(3) Wer nicht im Inland wohnt, hat auf Verlangen einen Zustellungsbevollmächtigten zu bestellen.

Tenor

Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 1. Februar 2012 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Gründe

1

I. Der Kläger beantragte im Oktober 2009 SGB II-Leistungen und wurde von dem Beklagten aufgefordert, bis spätestens 16.11.2009 einen Schufa-Auszug, eine Unbedenklichkeitsbescheinigung vom Finanzamt und eine Rentabilitätsvorschau in Bezug auf seine geplante Selbständigkeit vorzulegen (Schreiben vom 30.10.2009). Den hiergegen gerichteten Widerspruch verwarf der Beklagte als unzulässig (Widerspruchsbescheid vom 26.8.2010). Klage und Berufung hatten keinen Erfolg (Gerichtsbescheid des SG vom 19.11.2010; Urteil des LSG vom 1.2.2012). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, der Senat könne auch in Abwesenheit des Klägers verhandeln und entscheiden, weil in der ordnungsgemäßen Terminbenachrichtigung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden sei. Zwar bestünden Zweifel, ob das SG die Klage zu Recht als unzulässig habe abweisen können, weil der Widerspruchsbescheid eine Regelung treffe. Die Klage sei jedoch unbegründet, weil der Beklagte zu Recht entschieden habe, dass der Widerspruch mangels eines vorliegenden Verwaltungsaktes unzulässig sei. Das Schreiben vom 30.10.2009 enthalte nur eine Mitwirkungsaufforderung ohne konkreten Regelungsinhalt. Das SG habe durch Gerichtsbescheid entscheiden dürfen. Die diesbezügliche Mitteilung brauche keinen weiteren Inhalt aufzuweisen.

2

Mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde macht der Kläger geltend, es liege ein wesentlicher Verfahrensfehler vor, weil das LSG im Termin am 1.2.2012 durch Urteil entschieden und nicht wegen seiner Abwesenheit vertagt habe. Der Senatsvorsitzende habe mit Ladungsverfügung vom 17.12.2011 für Mittwoch, den 1.2.2011, um 13.35 Uhr terminiert. Er habe die Terminnachricht nicht erhalten und entsprechend den Termin nicht wahrnehmen können. Nach dem Sitzungsprotokoll des LSG sei bei Aufruf der Sache am 1.2.2012 um 13.37 Uhr für den Beklagten lediglich dessen Prozessvertreter anwesend gewesen. Feststellungen zu seinem Nichterscheinen seien nicht getroffen worden. Da nur der Beklagte mit Empfangsbekenntnis geladen worden sei, habe sich das LSG gedrängt fühlen müssen, ggf über die Geschäftsstelle nachzufragen, ob Gründe für sein Nichterscheinen bekannt seien. Aus der Akte sei ersichtlich gewesen, dass er nur mit einfachem Brief zum Termin geladen worden sei, so dass nicht als sicher angesehen werden konnte, dass er die Terminmitteilung erhalten habe. Zudem habe das LSG aus seinen Schriftsätzen den Eindruck gewinnen müssen, dass es ihm um die Sache selbst gegangen sei. Bedenken bestünden auch wegen der Nichteinhaltung einer angemessenen Wartezeit, weil das LSG keinen - in der Regel üblichen - Zeitraum von 15 Minuten berücksichtigt habe, sondern bereits um 13.37 Uhr den Rechtstreit aufgerufen habe.

3

II. Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Der von dem Kläger gerügte Verfahrensmangel einer unzureichenden Gewährung rechtlichen Gehörs liegt vor und führt hier gemäß § 160a Abs 5 SGG iVm § 160 Abs 2 Nr 3 SGG zur Aufhebung des Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das LSG.

4

Eine Nichtzulassungsbeschwerde ist ua begründet, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Das Berufungsurteil ist unter Verletzung des Anspruchs des Klägers auf rechtliches Gehör (Art 103 Abs 1 GG, § 62 SGG) ergangen. Das Gebot des rechtlichen Gehörs erfordert, dass den Beteiligten ausreichend Gelegenheit zur Abgabe sachgemäßer Erklärungen gegeben werden muss, dies vor allem in der mündlichen Verhandlung (BSG SozR 3-1500 § 62 Nr 5; BSG SozR 3-1500 § 128 Nr 14). Wird aufgrund mündlicher Verhandlung entschieden, müssen die Beteiligten die Möglichkeit haben, hieran teilzunehmen. Diese Möglichkeit hatte der Kläger jedoch nicht, weil er die Terminbenachrichtigung zu dem Termin am 1.2.2012 nach seinen Angaben nicht erhalten hat.

5

Zwar müssen Terminbestimmungen und Ladungen nach § 63 Abs 1 Satz 2 SGG(idF des 6. SGG-Änderungsgesetzes vom 17.8.2001 - BGBl I 2144) nicht (mehr) zugestellt werden; es genügt schon die Bekanntgabe, etwa durch einfachen Brief oder durch Einwurfschreiben. Es liegt jedoch weiterhin vorrangig in der Verantwortung des Gerichts, den Anspruch auf rechtliches Gehör sicherzustellen. Dieses muss sich - je nach den Gegebenheiten des Einzelfalls - gegebenenfalls Gewissheit darüber verschaffen, ob ein für die Wahrung des rechtlichen Gehörs bedeutsames, aber mit einfachem Brief übersandtes Schreiben den Beteiligten auch tatsächlich erreicht hat.

6

Dass der Kläger die Terminmitteilung nicht erhalten hat, ergibt sich aus seiner Beschwerdebegründung. Ein Nachweis über den Erhalt dieses Schreibens fehlt. Es kann nicht regelmäßig allein aufgrund des bloßen Absendens einer Terminmitteilung gefolgert werden, dass dieses Schreiben den Beteiligten auch erreicht hat. Wird auf eine förmliche Zustellung mit Nachweis des Erhalts des Zugangs über die Terminmitteilung oder Ladung zu einem Verhandlungstermin verzichtet, muss sich das LSG - je nach den Besonderheiten des Falls - damit befassen, ob dieses Schreiben den Beteiligten auch erreicht hat und sich ggf Gewissheit darüber verschaffen, dass dieses zugegangen ist (vgl zum Anhörungsschreiben nach § 153 Abs 4 Satz 2 SGG: BSG Beschluss vom 29.11.2012 - B 14 AS 176/12 B, juris RdNr 5 mwN). Zwar kann nicht in allen Fällen einer "schlichten" Bekanntgabe einer Terminbestimmung oder Ladung von einer Verletzung des § 63 SGG ausgegangen werden, wenn ein Beteiligter behauptet, die Ladung nicht erhalten zu haben, etwa wenn sich nach Aktenlage bereits Unregelmäßigkeiten und Auffälligkeiten bei Übersendungen mit einfachem Brief im Zugangs- und "Herrschaftsbereich" des dafür erforderlichen Adressaten ergeben haben(vgl hierzu BSG SozR 4-1500 § 62 Nr 2; Beschluss des Senats vom 2.5.2013 - B 4 AS 263/12 B). Ein derartiger Fall ist hier jedoch nicht gegeben, weil der - jeweils mit Postzustellungsurkunde zugestellte - Gerichtsbescheid des SG vom 19.11.2010 und der Beschluss des LSG über die Ablehnung der Befangenheit vom 23.8.2011 sowie die sonstigen Schriftsätze den Kläger unproblematisch erreicht haben.

7

Es liegen zudem einzelfallbezogene Besonderheiten vor, die es - nach Auswertung des Akteninhalts dieses Verfahrens - nahelegen, dass der Kläger auf den Erhalt der Terminmitteilung über den Verhandlungstermin vor dem LSG am 1.2.2012 reagiert hätte. So hat er auf ausdrückliche Nachfrage des Berichterstatters beim LSG zu einem Einverständnis ohne mündliche Verhandlung vom 10.1.2011 deutlich gemacht, dass er hiermit nicht einverstanden sei und weitere rechtliche Erörterungen durch das Berufungsgericht für erforderlich halte. Zudem hat er ausdrücklich kritisiert, dass das SG in seinem Anhörungsschreiben vom 28.10.2010 zum Gerichtsbescheid keine Hinweise zu der dort vertretenen Auffassung, es handele sich um ein Verfahren ohne besondere Schwierigkeiten rechtlicher Art, gegeben habe. Auch wegen des hierdurch dokumentierten Interesses des Klägers am Ausgang des Verfahrens geht der Senat bei zusammenfassender Würdigung davon aus, dass die Terminmitteilung nicht in den Herrschaftsbereich des Klägers gelangt ist.

8

Weiteres Vorbringen des Klägers war nicht erforderlich, weil "wegen des besonderen Rechtswertes der mündlichen Verhandlung" im allgemeinen davon auszugehen ist, dass eine Verletzung des rechtlichen Gehörs, die einen Verfahrensbeteiligten daran hindert, an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen, für die Entscheidung ursächlich geworden ist (vgl nur BSG SozR 3-1750 § 227 Nr 1 RdNr 16). Gründe die eine Ursächlichkeit des gerügten Verfahrensfehlers für das angefochtene Urteil ausschließen könnten, sind hier nicht ersichtlich (vgl auch Urteil des Senats vom 19.2.2009 - B 4 AS 10/08 R und Urteil vom 24.2.2011 - B 14 AS 87/09 R - SozR 4-4200 § 60 Nr 1).

9

Nach § 160a Abs 5 SGG kann das BSG mit dem Beschluss über die Nichtzulassungsbeschwerde das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverweisen, wenn die Voraussetzungen des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG vorliegen. Da letzteres hier der Fall ist, macht der Senat von dieser Möglichkeit Gebrauch und verweist in der Sache insofern auch auf das Urteil des 14. Senats des BSG vom 24.2.2011 (B 14 AS 87/09 R - SozR 4-4200 § 60 Nr 1).

10

Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens bleibt dem LSG vorbehalten.

Tenor

Das Urteil des Amtsgerichts Rotenburg (Wümme) vom 15. Mai 2012 - 5 C 122/12 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Recht aus Artikel 103 Absatz 1 des Grundgesetzes.

Das Urteil wird aufgehoben. Die Sache wird an das Amtsgericht Rotenburg (Wümme) zurückverwiesen. Der Beschluss des Amtsgerichts Rotenburg (Wümme) vom 6. Juli 2012 - 5 C 122/12 - ist damit gegenstandslos.

...

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Frage, ob der Bürger das Risiko des Nichtzugangs einer an ihn adressierten Mitteilung des Gerichts trägt.

I.

2

Der Beschwerdeführer klagte vor dem Amtsgericht Rotenburg (Wümme). Nach Eingang der Klageerwiderung der Beklagten verfügte das Amtsgericht die Übermittlung einer Durchschrift an den Beschwerdeführer. Dieser behauptet, ihn habe die Klageerwiderung nicht erreicht; ob sie ihm tatsächlich zugegangen ist, lässt sich nicht mehr feststellen. Eine Replik durch den Beschwerdeführer erfolgte jedenfalls nicht. Mit Urteil vom 15. Mai 2012 wies das Amtsgericht die Klage ab, da der Beschwerdeführer im Hinblick auf verschiedene Umstände keinen Beweis angeboten beziehungsweise den Tatsachenvortrag der Beklagten nicht bestritten habe.

3

Der Beschwerdeführer erhob daraufhin Anhörungsrüge nach § 321a ZPO und rügte, dass ihm die Klageerwiderung nicht zugegangen sei. Mit Beschluss vom 6. Juli 2012 wies das Amtsgericht die Anhörungsrüge des Beschwerdeführers zurück, da letztlich unaufklärbar bleibe, ob die Klageerwiderung dem Beschwerdeführer zugegangen sei. Im Rahmen des § 321a ZPO sei es nicht ausreichend, wenn ein unterbliebener Zugang lediglich nicht auszuschließen sei.

II.

4

Mit seiner gegen das Urteil des Amtsgerichts vom 15. Mai 2012 gerichteten Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG. Die im Beschluss vom 6. Juli 2012 vertretene Rechtsauffassung des Gerichts sei unzutreffend, da es nicht möglich sei zu beweisen, dass ein Schriftsatz nicht eingegangen beziehungsweise anderweitig untergegangen sei. Dem Beschwerdeführer könne es nicht zugerechnet werden, wenn die Klageerwiderung auf dem Postweg verloren gegangen sei, da er nur für Fehler verantwortlich gemacht werden könne, die seiner Kontrolle unterlägen.

III.

5

Das Niedersächsische Justizministerium sowie die Beklagten des Ausgangsverfahrens hatten Gelegenheit zur Äußerung.

6

Dem Bundesverfassungsgericht haben die Akten des Ausgangsverfahrens vorgelegen.

IV.

7

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt, weil dies zur Durchsetzung des Rechts des Beschwerdeführers aus Art. 103 Abs. 1 GG angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Zu dieser Entscheidung ist die Kammer berufen, weil die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen zum Inhalt des Anspruches auf rechtliches Gehör durch das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden sind und die Verfassungsbeschwerde insoweit zulässig und offensichtlich begründet ist (§ 93b Satz 1 i.V.m. § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG).

8

1. Das Urteil vom 15. Mai 2012 verletzt den Beschwerdeführer in seinem Recht aus Art. 103 Abs. 1 GG.

9

a) Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist eng verknüpft mit dem Recht auf Information. Eine Art. 103 Abs. 1 GG genügende Gewährung rechtlichen Gehörs setzt voraus, dass die Verfahrensbeteiligten zu erkennen vermögen, auf welchen Tatsachenvortrag es für die Entscheidung ankommen kann. Sie müssen sich bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt über den gesamten Verfahrensstoff informieren können (vgl. BVerfGE 84, 188 <190>; 89, 28 <35>). Dabei erschöpft sich Art. 103 Abs. 1 GG nicht im Recht der Beteiligten, im Verfahren überhaupt gehört zu werden, sondern gewährleistet die Gelegenheit, sich zu dem der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt zu äußern, also grundsätzlich zu jeder dem Gericht zur Entscheidung unterbreiteten Stellungnahme der Gegenseite (vgl. BVerfGE 19, 32 <36>; 49, 325 <328>). Eine Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG scheidet daher nicht schon deshalb aus, weil sich eine Partei in einem früheren Stadium des Verfahrens hat äußern können und geäußert hat. Vielmehr darf ein Gericht seiner Entscheidung keine Tatsachen oder Beweisergebnisse zugrunde legen, ohne den Parteien vorher Gelegenheit zu geben, sich zu ihnen zu äußern (vgl. BVerfGE 1, 418 <429>; 10, 177 <182 f.>; 64, 135 <144>; 84, 188 <190>). Von Gerichten übersandte Mitteilungen können verloren gehen; geschieht die Übersendung formlos, so besteht keine Vermutung für den Zugang. Der Bürger trägt weder das Risiko des Verlustes im Übermittlungswege noch eine irgendwie geartete Beweislast für den Nichtzugang (vgl. BVerfGE 36, 85 <88 f.>; 42, 243 <246>).

10

b) Nach diesen Maßstäben verletzt die angegriffene Entscheidung den Beschwerdeführer in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör. Das Amtsgericht hat der Entscheidung die Ausführungen aus der Klageerwiderung zugrunde gelegt, mit denen der Vortrag des Beschwerdeführers teilweise bestritten wurde, teilweise aber auch neue Tatsachen vorgetragen wurden. Die Übersendung der Klageerwiderung erfolgte formlos, so dass keine Vermutung für den Zugang besteht. Die im Beschluss vom 6. Juli 2012 geäußerte Rechtsauffassung des Amtsgerichts ist vor diesem Hintergrund offensichtlich unrichtig und willkürlich.

11

c) Die angegriffene Entscheidung beruht auf der Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Anhörung des Beschwerdeführers zu einer anderen, ihm günstigeren Entscheidung geführt hätte (vgl. BVerfGE 7, 239 <241>; 18, 147 <150>; 112, 185 <206>). Nach dem Vortrag im Verfahren der Verfassungsbeschwerde hätte der Beschwerdeführer den Vortrag der Beklagten bestritten und streitige Behauptungen unter Beweis gestellt.

12

2. Gemäß § 93c Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2 BVerfGG ist die angegriffene Entscheidung aufzuheben und das Verfahren an das Amtsgericht Rotenburg (Wümme) zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen. Der Beschluss vom 6. Juli 2012 wird hierdurch gegenstandslos.

13

3. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.

(1) Anordnungen und Entscheidungen, durch die eine Frist in Lauf gesetzt wird, sind den Beteiligten zuzustellen, bei Verkündung jedoch nur, wenn es ausdrücklich vorgeschrieben ist. Terminbestimmungen und Ladungen sind bekannt zu geben.

(2) Zugestellt wird von Amts wegen nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung. §§ 173, 175 und 178 Abs. 1 Nr. 2 der Zivilprozessordnung sind entsprechend anzuwenden auf die nach § 73 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 9 zur Prozessvertretung zugelassenen Personen.

(3) Wer nicht im Inland wohnt, hat auf Verlangen einen Zustellungsbevollmächtigten zu bestellen.

Tenor

Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 1. Februar 2012 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Gründe

1

I. Der Kläger beantragte im Oktober 2009 SGB II-Leistungen und wurde von dem Beklagten aufgefordert, bis spätestens 16.11.2009 einen Schufa-Auszug, eine Unbedenklichkeitsbescheinigung vom Finanzamt und eine Rentabilitätsvorschau in Bezug auf seine geplante Selbständigkeit vorzulegen (Schreiben vom 30.10.2009). Den hiergegen gerichteten Widerspruch verwarf der Beklagte als unzulässig (Widerspruchsbescheid vom 26.8.2010). Klage und Berufung hatten keinen Erfolg (Gerichtsbescheid des SG vom 19.11.2010; Urteil des LSG vom 1.2.2012). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, der Senat könne auch in Abwesenheit des Klägers verhandeln und entscheiden, weil in der ordnungsgemäßen Terminbenachrichtigung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden sei. Zwar bestünden Zweifel, ob das SG die Klage zu Recht als unzulässig habe abweisen können, weil der Widerspruchsbescheid eine Regelung treffe. Die Klage sei jedoch unbegründet, weil der Beklagte zu Recht entschieden habe, dass der Widerspruch mangels eines vorliegenden Verwaltungsaktes unzulässig sei. Das Schreiben vom 30.10.2009 enthalte nur eine Mitwirkungsaufforderung ohne konkreten Regelungsinhalt. Das SG habe durch Gerichtsbescheid entscheiden dürfen. Die diesbezügliche Mitteilung brauche keinen weiteren Inhalt aufzuweisen.

2

Mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde macht der Kläger geltend, es liege ein wesentlicher Verfahrensfehler vor, weil das LSG im Termin am 1.2.2012 durch Urteil entschieden und nicht wegen seiner Abwesenheit vertagt habe. Der Senatsvorsitzende habe mit Ladungsverfügung vom 17.12.2011 für Mittwoch, den 1.2.2011, um 13.35 Uhr terminiert. Er habe die Terminnachricht nicht erhalten und entsprechend den Termin nicht wahrnehmen können. Nach dem Sitzungsprotokoll des LSG sei bei Aufruf der Sache am 1.2.2012 um 13.37 Uhr für den Beklagten lediglich dessen Prozessvertreter anwesend gewesen. Feststellungen zu seinem Nichterscheinen seien nicht getroffen worden. Da nur der Beklagte mit Empfangsbekenntnis geladen worden sei, habe sich das LSG gedrängt fühlen müssen, ggf über die Geschäftsstelle nachzufragen, ob Gründe für sein Nichterscheinen bekannt seien. Aus der Akte sei ersichtlich gewesen, dass er nur mit einfachem Brief zum Termin geladen worden sei, so dass nicht als sicher angesehen werden konnte, dass er die Terminmitteilung erhalten habe. Zudem habe das LSG aus seinen Schriftsätzen den Eindruck gewinnen müssen, dass es ihm um die Sache selbst gegangen sei. Bedenken bestünden auch wegen der Nichteinhaltung einer angemessenen Wartezeit, weil das LSG keinen - in der Regel üblichen - Zeitraum von 15 Minuten berücksichtigt habe, sondern bereits um 13.37 Uhr den Rechtstreit aufgerufen habe.

3

II. Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Der von dem Kläger gerügte Verfahrensmangel einer unzureichenden Gewährung rechtlichen Gehörs liegt vor und führt hier gemäß § 160a Abs 5 SGG iVm § 160 Abs 2 Nr 3 SGG zur Aufhebung des Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das LSG.

4

Eine Nichtzulassungsbeschwerde ist ua begründet, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Das Berufungsurteil ist unter Verletzung des Anspruchs des Klägers auf rechtliches Gehör (Art 103 Abs 1 GG, § 62 SGG) ergangen. Das Gebot des rechtlichen Gehörs erfordert, dass den Beteiligten ausreichend Gelegenheit zur Abgabe sachgemäßer Erklärungen gegeben werden muss, dies vor allem in der mündlichen Verhandlung (BSG SozR 3-1500 § 62 Nr 5; BSG SozR 3-1500 § 128 Nr 14). Wird aufgrund mündlicher Verhandlung entschieden, müssen die Beteiligten die Möglichkeit haben, hieran teilzunehmen. Diese Möglichkeit hatte der Kläger jedoch nicht, weil er die Terminbenachrichtigung zu dem Termin am 1.2.2012 nach seinen Angaben nicht erhalten hat.

5

Zwar müssen Terminbestimmungen und Ladungen nach § 63 Abs 1 Satz 2 SGG(idF des 6. SGG-Änderungsgesetzes vom 17.8.2001 - BGBl I 2144) nicht (mehr) zugestellt werden; es genügt schon die Bekanntgabe, etwa durch einfachen Brief oder durch Einwurfschreiben. Es liegt jedoch weiterhin vorrangig in der Verantwortung des Gerichts, den Anspruch auf rechtliches Gehör sicherzustellen. Dieses muss sich - je nach den Gegebenheiten des Einzelfalls - gegebenenfalls Gewissheit darüber verschaffen, ob ein für die Wahrung des rechtlichen Gehörs bedeutsames, aber mit einfachem Brief übersandtes Schreiben den Beteiligten auch tatsächlich erreicht hat.

6

Dass der Kläger die Terminmitteilung nicht erhalten hat, ergibt sich aus seiner Beschwerdebegründung. Ein Nachweis über den Erhalt dieses Schreibens fehlt. Es kann nicht regelmäßig allein aufgrund des bloßen Absendens einer Terminmitteilung gefolgert werden, dass dieses Schreiben den Beteiligten auch erreicht hat. Wird auf eine förmliche Zustellung mit Nachweis des Erhalts des Zugangs über die Terminmitteilung oder Ladung zu einem Verhandlungstermin verzichtet, muss sich das LSG - je nach den Besonderheiten des Falls - damit befassen, ob dieses Schreiben den Beteiligten auch erreicht hat und sich ggf Gewissheit darüber verschaffen, dass dieses zugegangen ist (vgl zum Anhörungsschreiben nach § 153 Abs 4 Satz 2 SGG: BSG Beschluss vom 29.11.2012 - B 14 AS 176/12 B, juris RdNr 5 mwN). Zwar kann nicht in allen Fällen einer "schlichten" Bekanntgabe einer Terminbestimmung oder Ladung von einer Verletzung des § 63 SGG ausgegangen werden, wenn ein Beteiligter behauptet, die Ladung nicht erhalten zu haben, etwa wenn sich nach Aktenlage bereits Unregelmäßigkeiten und Auffälligkeiten bei Übersendungen mit einfachem Brief im Zugangs- und "Herrschaftsbereich" des dafür erforderlichen Adressaten ergeben haben(vgl hierzu BSG SozR 4-1500 § 62 Nr 2; Beschluss des Senats vom 2.5.2013 - B 4 AS 263/12 B). Ein derartiger Fall ist hier jedoch nicht gegeben, weil der - jeweils mit Postzustellungsurkunde zugestellte - Gerichtsbescheid des SG vom 19.11.2010 und der Beschluss des LSG über die Ablehnung der Befangenheit vom 23.8.2011 sowie die sonstigen Schriftsätze den Kläger unproblematisch erreicht haben.

7

Es liegen zudem einzelfallbezogene Besonderheiten vor, die es - nach Auswertung des Akteninhalts dieses Verfahrens - nahelegen, dass der Kläger auf den Erhalt der Terminmitteilung über den Verhandlungstermin vor dem LSG am 1.2.2012 reagiert hätte. So hat er auf ausdrückliche Nachfrage des Berichterstatters beim LSG zu einem Einverständnis ohne mündliche Verhandlung vom 10.1.2011 deutlich gemacht, dass er hiermit nicht einverstanden sei und weitere rechtliche Erörterungen durch das Berufungsgericht für erforderlich halte. Zudem hat er ausdrücklich kritisiert, dass das SG in seinem Anhörungsschreiben vom 28.10.2010 zum Gerichtsbescheid keine Hinweise zu der dort vertretenen Auffassung, es handele sich um ein Verfahren ohne besondere Schwierigkeiten rechtlicher Art, gegeben habe. Auch wegen des hierdurch dokumentierten Interesses des Klägers am Ausgang des Verfahrens geht der Senat bei zusammenfassender Würdigung davon aus, dass die Terminmitteilung nicht in den Herrschaftsbereich des Klägers gelangt ist.

8

Weiteres Vorbringen des Klägers war nicht erforderlich, weil "wegen des besonderen Rechtswertes der mündlichen Verhandlung" im allgemeinen davon auszugehen ist, dass eine Verletzung des rechtlichen Gehörs, die einen Verfahrensbeteiligten daran hindert, an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen, für die Entscheidung ursächlich geworden ist (vgl nur BSG SozR 3-1750 § 227 Nr 1 RdNr 16). Gründe die eine Ursächlichkeit des gerügten Verfahrensfehlers für das angefochtene Urteil ausschließen könnten, sind hier nicht ersichtlich (vgl auch Urteil des Senats vom 19.2.2009 - B 4 AS 10/08 R und Urteil vom 24.2.2011 - B 14 AS 87/09 R - SozR 4-4200 § 60 Nr 1).

9

Nach § 160a Abs 5 SGG kann das BSG mit dem Beschluss über die Nichtzulassungsbeschwerde das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverweisen, wenn die Voraussetzungen des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG vorliegen. Da letzteres hier der Fall ist, macht der Senat von dieser Möglichkeit Gebrauch und verweist in der Sache insofern auch auf das Urteil des 14. Senats des BSG vom 24.2.2011 (B 14 AS 87/09 R - SozR 4-4200 § 60 Nr 1).

10

Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens bleibt dem LSG vorbehalten.

(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt.

(2) Das Landessozialgericht kann in dem Urteil über die Berufung von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(3) Das Urteil ist von den Mitgliedern des Senats zu unterschreiben. Ist ein Mitglied verhindert, so vermerkt der Vorsitzende, bei dessen Verhinderung der dienstälteste beisitzende Berufsrichter, dies unter dem Urteil mit Angabe des Hinderungsgrunds.

(4) Das Landessozialgericht kann, außer in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1, die Berufung durch Beschluß zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu hören. § 158 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5) Der Senat kann in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1 durch Beschluss die Berufung dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet.

Tenor

Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger wird der Beschluss des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 4. Juli 2012 - L 13 AS 71/10 - aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Gründe

1

I. Umstritten sind höhere Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch für Schulmaterial im Schuljahr 2005/2006. Das Sozialgericht (SG) hat die Klagen abgewiesen. Das Landessozialgericht (LSG) hat nach Durchführung eines Erörterungstermins die Berufung mit Beschluss vom 4.7.2012 - L 13 AS 71/10 - zurückgewiesen. In ihrer form- und fristgerecht eingelegten Nichtzulassungsbeschwerde rügen die Kläger einen Verstoß gegen § 153 Abs 4 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und die Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör nach Art 103 Abs 1 Grundgesetz (GG) und § 62 SGG.

2

II. Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Der angefochtene Beschluss des LSG vom 4.7.2012 ist aufzuheben und die Sache an das LSG gemäß § 160a Abs 5 SGG zurückzuverweisen. Denn der Beschluss beruht auf einem Verfahrensmangel nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG.

3

Eine Nichtzulassungsbeschwerde ist ua begründet, wenn ein Verfahrensfehler geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§§ 160a, 160 Abs 2 Nr 3 SGG). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt, weil der angefochtene Beschluss des LSG unter Verstoß gegen § 153 Abs 4 Satz 2 SGG ergangen ist.

4

Nach § 153 Abs 4 Satz 1 SGG kann das LSG, außer in den Fällen des § 105 Abs 2 Satz 1 SGG, die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu hören (§ 153 Abs 4 Satz 2 SGG), um deren Anspruch auf rechtliches Gehör (Art 103 Abs 1 GG, § 62 SGG) sicherzustellen. Des Weiteren führt eine Entscheidung durch Beschluss nach § 153 Abs 4 SGG, wenn dessen Voraussetzungen nicht vorliegen, zu einer unvorschriftsmäßigen Besetzung des LSG nur mit Berufsrichtern und damit zum Vorliegen eines absoluten Revisionsgrundes nach § 202 SGG iVm § 547 Abs 1 Zivilprozessordnung ( vgl nur BSG vom 2.5.2001 - B 2 U 29/00 R - SozR 3-1500 § 153 Nr 13; BSG vom 20.10.2010 - B 13 R 63/10 B - SozR 4-1500 § 153 Nr 11).

5

Gegen das Anhörungserfordernis nach § 153 Abs 4 Satz 2 SGG hat das LSG vorliegend verstoßen. Dass die Kläger vor dem angefochtenen Beschluss des LSG nicht angehört wurden, ergibt sich aus ihrer Beschwerdebegründung, zumal ein Nachweis über den Zugang des Anhörungsschreibens bei ihnen fehlt. Aufgrund des bloßen Absendens eines Anhörungsschreibens kann nicht davon ausgegangen werden, dass alle Verfahrensbeteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten hatten. Bei einem Verzicht auf den Nachweis über den Zugang des Anhörungsschreibens und einer fehlenden Erwiderung zu einem Anhörungsschreiben muss sich das LSG vielmehr vor Erlass des beabsichtigten Beschlusses darüber Gewissheit verschaffen, dass allen Beteiligten das Anhörungsschreiben zugegangen ist (vgl BSG vom 21.6.2000 - B 4 RA 71/99 R - SozR 3-1500 § 153 Nr 11 S 30 = Juris RdNr 20 mwN; BSG vom 17.2.2009 - B 2 U 194/08 B). Letzteres ist vorliegend nicht geschehen.

6

Bei einer Verletzung des § 153 Abs 4 SGG sind keine näheren Ausführungen zum Beruhenkönnen der Entscheidung auf diesem Verfahrensmangel erforderlich, weil immer auch ein absoluter Revisionsgrund aufgrund der nicht vorschriftsmäßigen Besetzung des LSG ohne ehrenamtliche Richter gemäß § 202 SGG iVm § 547 Nr 1 ZPO vorliegt(BSG vom 20.10.2010 - B 13 R 63/10 B - SozR 4-1500 § 153 Nr 11 RdNr 17).

7

Dass die Kläger außerdem die Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör gerügt haben, steht dem nicht entgegen. Ob die Voraussetzungen dieser Rüge vorliegen, kann dahingestellt bleiben, ebenso die Entscheidung über die von den Klägern gleichzeitig erhobene Rüge der grundsätzlichen Bedeutung der Sache.

8

Angesichts des aufgezeigten Verfahrensmangels ist der Rechtsstreit nach § 160a Abs 5 SGG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.

9

Das LSG wird auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden haben.

Tenor

Dem Kläger wird für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Hessischen Landessozialgerichts vom 27. Mai 2013 vor dem Bundessozialgericht Prozesskostenhilfe ohne Zahlung von Monatsraten bewilligt und Rechtsanwältin B. beigeordnet.

Auf die Beschwerde des Klägers wird der vorgenannte Beschluss des Hessischen Landessozialgerichts aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Gründe

1

I. Die Beteiligten streiten in der Hauptsache um die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Das SG hat die entsprechende Klage mit Urteil vom 13.11.2012 abgewiesen.

2

Gegen das seiner Prozessbevollmächtigen am 20.12.2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 19.1.2013 Berufung erhoben und mitgeteilt, Antragstellung und Begründung blieben einem gesonderten Schriftsatz vorbehalten. Unter dem 11.4.2013 hat die Berichterstatterin verfügt, der Prozessbevollmächtigten des Klägers und der Beklagten ein Schreiben mit Empfangsbekenntnis (EB) zuzustellen, in dem sie darauf hingewiesen hat, dass der Senat "nach dem derzeitigen Verfahrensstand" in Erwägung ziehe, die Berufung ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss gemäß § 153 Abs 4 SGG zurückzuweisen. Die Beteiligten erhielten Gelegenheit, hierzu bis zum 10.5.2013 Stellung zu nehmen. Die Beklagte hat mit EB vom 12.4.2013 den Erhalt des Anhörungsschreibens vom 11.4.2013 bestätigt und mit Schriftsatz vom 26.4.2013 mitgeteilt, dass sie mit der Übertragung auf den Einzelrichter und einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden sei.

3

Das LSG hat mit Beschluss vom 27.5.2013 die Berufung zurückgewiesen. Der Kläger sei weder voll noch teilweise erwerbsgemindert (§ 43 Abs 2 SGB VI). Auch die Voraussetzungen einer teilweisen Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI seien nicht gegeben.

4

Mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde rügt der Kläger die Verletzung rechtlichen Gehörs (Art 103 Abs 1 GG, § 62 SGG). Seine Prozessbevollmächtigte sei vom LSG nicht gemäß § 153 Abs 4 S 2 SGG angehört worden. Ihr liege kein entsprechendes Anhörungsschreiben des LSG vor. Er habe somit keine Möglichkeit gehabt, die wesentliche Verschlimmerung seiner gesundheitlichen Verhältnisse zu belegen. Auch hätte er dargetan, dass er aufgrund der Vielzahl seiner Krankenhausaufenthalte und Fehlzeiten einen seinem Leistungsvermögen angepassten Arbeitsplatz nicht mehr finden könne.

5

II. Auf die Beschwerde des Klägers ist der angefochtene Beschluss aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.

6

Der Kläger hat formgerecht (vgl § 160a Abs 2 S 3 SGG) und auch in der Sache zutreffend die Verletzung seines Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art 103 Abs 1 GG, § 62 SGG iVm § 153 Abs 4 S 2 SGG) gerügt (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG). Dem Verfahrensausgang entsprechend war dem Kläger antragsgemäß für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter Beiordnung von Rechtsanwältin B. zu bewilligen (§ 73a Abs 1 S 1 SGG iVm § 114 ZPO).

7

Das LSG hat § 153 Abs 4 S 2 SGG verletzt, wonach die Beteiligten vor Erlass eines Beschlusses nach § 153 Abs 4 S 1 SGG zu hören sind. Mit diesem Anhörungserfordernis soll sichergestellt werden, dass durch den Wegfall der mündlichen Verhandlung das rechtliche Gehör nicht verkürzt wird (BSG vom 21.6.2000 - SozR 3-1500 § 153 Nr 11 S 32).

8

Das Schreiben des LSG vom 11.4.2013 kann diese Funktion schon deshalb nicht erfüllen, weil sich nicht feststellen lässt, dass es dem Kläger bzw seiner Prozessbevollmächtigten zugegangen ist.

9

Die Prozessbevollmächtigte des Klägers bestreitet die Anhörung gemäß § 153 Abs 4 S 2 SGG. Vorliegend ergibt sich zwar aus dem Akteninhalt, dass die Berichterstatterin unter dem 11.4.2013 verfügt hat, der Prozessbevollmächtigten des Klägers und der Beklagten das Anhörungsschreiben mit EB zuzustellen (vgl § 63 Abs 2 SGG iVm § 174 ZPO). Zudem befindet sich in der Gerichtsakte die Durchschrift eines unter dem 11.4.2013 datierten Anhörungsschreibens sowohl an die Prozessbevollmächtigte des Klägers als auch an die Beklagte. Allerdings hat lediglich die Beklagte mit EB vom 12.4.2013 den Erhalt des Anhörungsschreibens bestätigt. Dies spricht dafür, dass die Prozessbevollmächtigte des Klägers kein Anhörungsschreiben erhalten hat. Allein aufgrund des bloßen Absendens des Schreibens kann nicht davon ausgegangen werden, dass alle Verfahrensbeteiligten auch tatsächlich Gelegenheit zur Stellungnahme hatten.

10

Wenn aber, wie hier, rechtliches Gehör zu gewähren ist, muss sich das Gericht in jedem Fall vor der Entscheidung davon überzeugen, dass den gesetzlichen Anforderungen des § 153 Abs 4 S 2 SGG iVm Art 103 Abs 1 GG und § 62 SGG genügt wurde(vgl BSG vom 21.6.2000 - SozR 3-1500 § 153 Nr 11 S 33; BSG vom 29.11.2012 - B 14 AS 177/12 B - Juris RdNr 5). Da die Prozessbevollmächtigte des Klägers auf das Anhörungsschreiben kein EB zurückgesandt und auch sonst nicht erwidert hat, hätte sich das LSG vor seiner Entscheidung Gewissheit darüber verschaffen müssen, dass das Schreiben der Prozessbevollmächtigten zugegangen ist. Dies ist unterblieben. Es ist daher davon auszugehen, dass dem Kläger rechtliches Gehör iS von § 153 Abs 4 S 2 SGG nicht gewährt worden ist. Denn der "Nachweis", dass rechtliches Gehör vor Erlass einer ohne mündliche Verhandlung ergehenden Endentscheidung gewährt wurde, obliegt dem Gericht. Kann ein derartiger "Nachweis" nicht geführt werden, liegt ein Gehörsverstoß vor (vgl BSG vom 21.6.2000 aaO).

11

Der Kläger hat auch (noch) hinreichend aufgezeigt, dass die Entscheidung auf einer Verletzung von § 153 Abs 4 S 2 SGG beruhen kann(vgl zu diesem Darlegungserfordernis bei einer Rüge der Verletzung der Anhörungspflicht nach § 153 Abs 4 S 2 SGG Senatsbeschluss vom 8.1.2013 - B 13 R 300/11 B - BeckRS 2013, 67152 RdNr 17 mwN).

12

Hierzu hat er in der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde vorgetragen, dass er in der bis dahin noch nicht erfolgten Berufungsbegründung eine wesentliche Verschlimmerung seiner gesundheitlichen Verhältnisse "belegt" hätte. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das LSG sich bei einer entsprechenden Berufungsbegründung zu weiteren sozialmedizinischen Ermittlungen veranlasst gesehen hätte und in deren Folge (dh bei einer tatsächlichen Verschlechterung des Gesundheitszustands oder neuen sozialmedizinisch relevanten Gesundheitsstörungen) zu einem für den Kläger günstigeren Ergebnis gekommen wäre.

13

Gemäß § 160a Abs 5 SGG kann das BSG in dem Beschluss über die Nichtzulassungsbeschwerde den angefochtenen LSG-Beschluss aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen, wenn die Voraussetzungen des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG vorliegen. Zur Vermeidung weiterer Verfahrensverzögerungen macht der Senat von dieser ihm eingeräumten Möglichkeit Gebrauch.

14

Das LSG wird auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden haben.

Tenor

Auf die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 29. Oktober 2015 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Gründe

1

I. Mit Urteil vom 29.10.2015 hat das LSG nach mündlicher Verhandlung Berufungen der Kläger gegen ein Urteil des SG zurückgewiesen, durch die ihre Klagen wegen Leistungen nach dem SGB II abgewiesen worden waren. Zu dem Termin waren die Kläger versehentlich nicht geladen worden; das Ladungsschreiben für ihre Prozessbevollmächtigten war irrtümlich an den Beklagten gesandt worden.

2

Mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG machen die Kläger einen Verfahrensmangel geltend und rügen die unterbliebene Ladung. Dadurch sei ihr Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt.

3

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger ist zulässig und im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung begründet.

4

Das Urteil des LSG vom 29.10.2015 beruht auf einem von den Klägern hinreichend bezeichneten (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG) Verfahrensmangel iS des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG. Das LSG hat ihren Anspruch auf ordnungsgemäße Mitteilung des Termins zur mündlichen Verhandlung (§ 153 Abs 1, § 110 Abs 1 Satz 1, § 63 Abs 1 Satz 2 SGG) und hierdurch auch ihren Anspruch auf rechtliches Gehör (§ 62 SGG, Art 103 Abs 1 GG) verletzt. Dieser gewährleistet, dass die Beteiligten zum gerichtlichen Verfahren herangezogen werden und Gelegenheit erhalten, sich vor Erlass der Entscheidung zum Prozessstoff zu äußern (vgl nur BVerfG Beschluss vom 19.10.1977 - 2 BvR 566/76 - BVerfGE 46, 185, 187; BVerfG Beschluss vom 24.3.1982 - 2 BvH 1/82 ua - BVerfGE 60, 175, 210; Schmidt-Aßmann in Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, Komm zum GG, Dezember 2015, Art 103 Abs 1 RdNr 66 ff; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 62 RdNr 2). Auch wenn die Verletzung dieses Anspruchs im sozialgerichtlichen Verfahren nicht als absoluter Revisionsgrund ausgebildet ist (vgl § 202 SGG iVm § 547 ZPO), lässt sich das Beruhenkönnen der Entscheidung auf der fehlenden Mündlichkeit wegen des besonderen Rechtswerts der mündlichen Verhandlung (vgl zu ihrer Bedeutung für die Subjektstellung der Beteiligten im gerichtlichen Verfahren BVerfG Beschluss vom 30.4.2003 - 1 PBvU 1/02 - BVerfGE 107, 395, 409 = SozR 4-1100 Art 103 Nr 1 RdNr 29 ff) in der Regel nicht verneinen (stRspr, vgl zuletzt etwa BSG Beschluss vom 6.10.2010 - B 12 KR 58/09 B - juris RdNr 10 mwN). Ungeachtet dessen erfüllt es ständiger Rechtsprechung des BSG nach auch den absoluten Revisionsgrund des § 202 SGG iVm § 547 Ziff 4 ZPO, wenn der Beteiligte oder sein Bevollmächtigter wegen einer unterbliebenen Ladung nicht an der mündlichen Verhandlung teilnehmen konnte und daher iS von § 547 Ziff 4 ZPO "in dem Verfahren nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten" war(vgl zuletzt BSG Beschluss vom 2.3.2010 - B 5 R 440/09 B - juris RdNr 6 mwN; ebenso BVerwG Urteil vom 1.12.1982 - 9 C 486/82 - BVerwGE 66, 311; Eichberger in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Oktober 2015, § 138 RdNr 117 mwN). Mindestens hierauf beruht auch das angefochtene Urteil im Sinne der unwiderleglichen Vermutung von § 547 Halbsatz 1 ZPO. Aufgrund dessen ist das angefochtene Urteil gemäß § 160a Abs 5 iVm § 160 Abs 2 Nr 3 SGG aufzuheben und die Sache an das LSG zurückzuverweisen.

5

Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens bleibt der abschließenden Entscheidung des LSG vorbehalten.

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 5. September 2012 - L 12 AS 93/11 - wird als unzulässig verworfen.

Gründe

1

I. Streitig ist, ob der Beklagte dem Kläger die Aufwendungen für eine Erstausstattung der Wohnung nach dem SGB II zu erstatten hat bzw, ob die Verweigerung des Anspruchs rechtswidrig war.

2

Der Beklagte lehnte den Antrag des Klägers vom 10.12.2008 auf Leistungen zur Wohnungserstausstattung ab (Bescheid vom 27.2.2009; Widerspruchsbescheid vom 11.4.2012). Das LSG hat die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des SG vom 16.11.2010 in der mündlichen Verhandlung vom 5.9.2012, in dem es die beiden Verfahren L 12 AS 1205/10 und L 12 AS 93/11 in zeitlicher Abfolge terminiert hat, zurückgewiesen (Urteil vom 5.9.2012). Zur Begründung seiner Entscheidung hat es unter Bezugnahme auf seine Entscheidungsgründe im gleichfalls den Kläger betreffenden Urteil vom 5.9.2012 (L 12 AS 1205/10) ausgeführt, dieser habe keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten einer Erstausstattung nach dem SGB II bzw auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Leistungsverweigerung, weil es unter Würdigung aller Gesamtumstände an einer Hilfebedürftigkeit fehle.

3

Mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision macht der Kläger geltend, die Revision sei wegen eines Verfahrensfehlers zuzulassen, weil das LSG gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs gemäß §§ 62, 128 Abs 2 SGG iVm § 106 SGG, Art 103 GG verstoßen habe. Zu der Verhandlung vom 5.9.2012, auf der das Urteil des LSG beruhe, sei er weder geladen worden noch habe er von der Verhandlung Kenntnis gehabt. Die Ladung sei an seine Postfachadresse adressiert gewesen und habe dort nicht zugestellt werden können. Die Entscheidung des LSG sei eine Überraschungsentscheidung. Nachdem die Zeugin B im Termin zur Erörterung des Sachverhalts und zur Beweisaufnahme vom 22.2.2012 krankheitsbedingt nicht habe gehört werden können, sei zunächst mit einem erneuten Beweisaufnahmetermin zu rechnen gewesen. Im Verhandlungstermin hätte er seine Hilfebedürftigkeit für den streitigen Zeitraum weiter darlegen und beweisen und so zu einem günstigeren Ergebnis gelangen können.

4

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der geltend gemachte Zulassungsgrund des Verfahrensmangels, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) nicht in der erforderlichen Weise bezeichnet worden ist (§ 160a Abs 2 S 3 SGG). Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision konnte deshalb ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 SGG verworfen werden.

5

Unter Berücksichtigung der hier vorliegenden Einzelumstände hat der Kläger nicht substantiiert dargetan, dass das Berufungsurteil unter Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art 103 Abs 1 GG, § 62 SGG) ergangen ist. Dieses Gebot des rechtlichen Gehörs erfordert, dass den Beteiligten ausreichend Gelegenheit zur Abgabe sachgemäßer Erklärungen gegeben werden muss, dies vor allem in der mündlichen Verhandlung (BSG SozR 3-1500 § 62 Nr 5; BSG SozR 3-1500 § 128 Nr 14). Wird aufgrund mündlicher Verhandlung entschieden, müssen die Beteiligten die Möglichkeit haben, hieran teilzunehmen.

6

Der Kläger hat nicht ausreichend dargetan, dass er diese Möglichkeit nicht hatte. Nicht ausreichend ist sein Vortrag, dass ihm die Terminsmitteilung unter der von ihm angegebenen Postfachadresse nicht habe zugestellt werden können. Insofern ist zu berücksichtigen, dass Terminbestimmungen und Ladungen nach § 63 Abs 1 S 2 SGG(idF des 6. SGG-Änderungsgesetzes vom 17.8.2001 - BGBl I 2144) nicht (mehr) zugestellt werden müssen; es genügt schon die Bekanntgabe, etwa durch einfachen Brief oder durch Einwurfeinschreiben.

7

Es kann nicht in allen Fällen einer "schlichten" Bekanntgabe einer Terminbestimmung oder Ladung - wie hier durch Telefaxübermittlung der Terminsmitteilung in dem gleichzeitig anberaumten Verfahren L 12 AS 1205/10 (vgl Sendebericht vom 23.7.2012) - von einer Verletzung des § 63 SGG ausgegangen werden, wenn ein Beteiligter behauptet, die Ladung nicht erhalten zu haben. Dies gilt etwa dann, wenn sich nach Aktenlage bereits Besonderheiten und Auffälligkeiten im Zugangs- und "Herrschaftsbereich" des Adressaten ergeben haben (vgl hierzu auch BSG SozR 4-1500 § 62 Nr 2). Ein derartiger Fall liegt hier vor, weil der Kläger keine aktuelle Wohnanschrift angegeben und in seinen Schriftsätzen ausdrücklich darum gebeten hat, ihm alle Schriftsätze auch per Telefax zuzusenden. Nach den Gegebenheiten des Einzelfalls, der durch regelmäßig erforderlich gewordene Terminsaufhebungen und längere Abwesenheitszeiten des Klägers gekennzeichnet ist, hat das LSG dem Kläger Ladungen und Terminsbestimmungen jeweils unter der zuletzt bekannten Adresse im P weg, P, aber auch per Telefax zur Kenntnis gegeben. Unter der von ihm nicht mehr bewohnten Anschrift konnten Schriftstücke des Gerichts dem Kläger aber regelmäßig nicht übergeben werden, während Telefaxe ihn erreichten. Vor dem Hintergrund dieser Vorgeschichte hätte der Kläger darlegen müssen, dass er auch nicht im Wege der von ihm ausdrücklich gewünschten Telefaxübersendung von dem Termin Kenntnis hätte erlangen können.

8

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt. In Streitigkeiten über Entscheidungen des Bundeskartellamts, die die freiwillige Vereinigung von Krankenkassen nach § 172a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch betreffen, sind die §§ 63 bis 80 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt.

Eine Entscheidung ist stets als auf einer Verletzung des Rechts beruhend anzusehen,

1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war;
2.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen war, sofern nicht dieses Hindernis mittels eines Ablehnungsgesuchs ohne Erfolg geltend gemacht ist;
3.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, obgleich er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und das Ablehnungsgesuch für begründet erklärt war;
4.
wenn eine Partei in dem Verfahren nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten war, sofern sie nicht die Prozessführung ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt hat;
5.
wenn die Entscheidung auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind;
6.
wenn die Entscheidung entgegen den Bestimmungen dieses Gesetzes nicht mit Gründen versehen ist.

Tenor

Auf die Beschwerde der Beigeladenen zu 2. und 3. gegen die Nichtzulassung der Revision wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 10. Juni 2009 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Gründe

1

I. Die Beteiligten streiten in der Hauptsache darüber, ob die Beigeladene zu 2. aufgrund ihrer Tätigkeit für den Beigeladenen zu 3. der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterliegt.

2

Gegen das für sie in der Sache negative Urteil des Sozialgerichts (SG) vom 9.10.2007 hatten - neben der Klägerin - die Beigeladene zu 2. und der Beigeladene zu 3. Berufung eingelegt. Mit Verfügung vom 12.5.2009 hatte der Vorsitzende des 1. Senats des Landessozialgerichts (LSG) Berlin-Brandenburg die Ladung zum Termin zur mündlichen Verhandlung am 10.6.2009, 12.00 Uhr, verfügt. Mit Ausnahme des für die Prozessbevollmächtigten der Beigeladenen zu 2. und 3. bestimmten Empfangsbekenntnisses waren die Empfangsbekenntnisse aller (übrigen) Beteiligten in der Folgezeit zur Gerichtsakte gelangt.

3

Mit Telefax vom 9.6.2009, beim LSG eingegangen um 11.40 Uhr, beantragte die sachbearbeitende Rechtsanwältin der Prozessbevollmächtigten der Beigeladenen zu 2. und 3. die Verlegung des Termins. Sie wies darauf hin, dass sie die Ladung nicht erhalten habe, und zählte mehrere Gerichtstermine am 10.6.2009 bei anderen Gerichten in der Zeit von 9.00 Uhr bis 14.00 Uhr auf. In der Folgezeit kam es zu einem Telefonat einer Kanzleimitarbeiterin der Prozessbevollmächtigten mit dem Richter am LSG , in dem über den Antrag auf Terminsverlegung gesprochen wurde. Mit Telefax vom 9.6.2009, beim LSG eingegangen um 15.59 Uhr, lehnte die Sachbearbeiterin der Prozessbevollmächtigten der Beigeladenen zu 2. und 3. den Richter am LSG wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Sie begründete ihr Gesuch und wies außerdem darauf hin, dass weder sie noch ihre Sozietätskollegen den Termin zur mündlichen Verhandlung am Folgetag wahrnehmen könnten. In diesem Zusammenhang legte sie einige bei den Prozessbevollmächtigten der Beigeladenen zu 2. und 3. auch schon vor dem 12.5.2009 eingegangene Terminsladungen anderer Gerichte vor. Am 10.6.2009 wurde der sachbearbeitenden Rechtsanwältin die dienstliche Erklärung des Richters über die gegen ihn vorgebrachten Ablehnungsgründe übermittelt und eine Stellungnahmefrist bis spätestens um 11.30 Uhr eingeräumt. Mit Telefax vom 10.6.2009, beim LSG eingegangen um 11.20 Uhr, äußerte sich diese zu der dienstlichen Erklärung und wies noch einmal darauf hin, dass bis zu jenem Zeitpunkt über das Terminverlegungsgesuch nicht entschieden worden sei.

4

Am 10.6.2009 um 12.30 Uhr wiesen die Berufsrichter des 1. Senats des LSG das Befangenheitsgesuch außerhalb der mündlichen Verhandlung im Beschlusswege ohne Beteiligung des abgelehnten Richters zurück. Im Anschluss führte das LSG die mündliche Verhandlung (Beginn 12.30 Uhr) in Abwesenheit der Beigeladenen zu 2. und 3. und ihrer Prozessbevollmächtigten durch und wies deren Berufung zurück. Der Vorsitzende hatte die mündliche Verhandlung eröffnet, ua darauf hingewiesen, dass noch über einen "Vertagungsantrag" zu entscheiden sei, und sodann die mündliche Verhandlung zwecks Zwischenberatung über den Antrag wieder geschlossen. Im Anschluss war der "Vertagungsantrag" in der mündlichen Verhandlung abgelehnt worden, ohne die Beigeladenen zu 2. und 3. bzw deren Prozessbevollmächtigte verhandelt und zu ihrem Nachteil entschieden worden.

5

Mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG vom 10.6.2009 rügen die Beigeladenen zu 2. und 3. als Verfahrensfehler ua eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör und ihres Prozessgrundrechts auf ein faires Verfahren.

6

II. Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Die Beigeladenen zu 2. und 3. machen zu Recht einen Verfahrensmangel geltend, auf dem das angefochtene Urteil auch beruht (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG). Das LSG hat gegen den Grundsatz der Mündlichkeit (§ 124 Abs 1 SGG), ihren Anspruch auf rechtliches Gehör (§ 62 SGG, Art 103 Abs 1 GG) und das allgemeine Prozessgrundrecht auf ein faires Verfahren (Art 2 Abs 1 GG iVm dem Rechtsstaatsprinzip) schon deshalb verstoßen, weil es den am 9.6.2009 gestellten Antrag auf Verlegung des Termins bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung am 10.6.2009 nicht beschieden hat.

7

Der auch für das sozialgerichtliche Verfahren geltende Mündlichkeitsgrundsatz (§ 124 Abs 1 SGG) gewährt den Verfahrensbeteiligten grundsätzlich ein Recht darauf, zur mündlichen Verhandlung zu erscheinen und mit ihren Ausführungen gehört zu werden (grundlegend BSG SozR Nr 16 zu § 62 SGG). Die Möglichkeit des Vortrags in der mündlichen Verhandlung ist die umfassendste Form der Gewährung des rechtlichen Gehörs. Bestandteil des Anspruchs der Beteiligten auf Gewährung des rechtlichen Gehörs (§ 62 SGG) in der Form einer mündlichen Verhandlung ist auch das Recht auf Aufhebung oder Verlegung eines anberaumten (oder auf Vertagung eines bereits begonnenen) Termins zur mündlichen Verhandlung, wenn dies aus erheblichen Gründen notwendig ist (§ 227 ZPO iVm § 202 SGG; BSG SozR Nr 16 zu § 62 SGG). Über einen Aufhebungs- oder Verlegungsantrag (oder Vertagungsantrag) des verhinderten Beteiligten hat der Vorsitzende (oder das Gericht) zu entscheiden (§ 227 Abs 4 ZPO iVm § 202 SGG). Entsprechende Anforderungen an die Verhaltensweise des Gerichts ergeben sich auch aus dem aus Art 2 Abs 1 GG und dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitenden allgemeinen Prozessgrundrecht auf ein faires Verfahren (vgl hierzu etwa BSG SozR 4-1500 § 62 Nr 1 RdNr 6, mwN aus der Rechtsprechung, auch des BVerfG).

8

Allein die Nichtbescheidung des Verlegungsgesuchs bis zum avisierten (12.00 Uhr) und auch tatsächlichen (12.30 Uhr) Beginn der mündlichen Verhandlung am 10.6.2009 stellt eine Versagung des rechtlichen Gehörs dar, die das Verfahren in einem wesentlichen Punkt fehlerhaft macht (vgl BSG SozR Nr 16 zu § 62 SGG; zur Nichtbescheidung auch Urteil vom 13.5.1980, 12 RK 74/79, USK 8086). Der Antrag war vor Beginn der mündlichen Verhandlung als Antrag auf Verlegung, jedenfalls Aufhebung des Termins gestellt worden. Die Entscheidung über einen solchen Antrag trifft der Vorsitzende durch prozessleitende Verfügung (§ 227 Abs 4 Satz 1 Halbs 1 ZPO iVm § 202 SGG). Der Verlegungs- bzw Aufhebungsantrag war - in dem Antrag selbst und auch in dem sich anschließenden Befangenheitsgesuch - mit einer Begründung versehen und damit entscheidungsreif oder hätte, zumal er nicht "erst in letzter Minute", sondern einen Tag vor der mündlichen Verhandlung beim LSG eingegangen war, durch weitere mögliche und zumutbare Ermittlungen entscheidungsreif gemacht werden können mit der Folge, dass eine Vorsitzendenentscheidung vor Beginn der mündlichen Verhandlung möglich war. Tatsächlich hat der Vorsitzende, der entscheiden konnte, weil nicht er, sondern der beisitzende Richter am LSG als befangen abgelehnt worden war, über die Terminsverlegung bzw -aufhebung vor Beginn der mündlichen Verhandlung nicht entschieden, sondern hat das LSG diesen Antrag nach Beginn der mündlichen Verhandlung als Antrag der Beigeladenen zu 2. und 3. auf Vertagung der mündlichen Verhandlung behandelt und ihn dann in der hierfür erforderlichen Besetzung (§ 227 Abs 4 Satz 1 Halbs 2 ZPO iVm § 202 SGG) abgelehnt. Indem das LSG den Verlegungs- bzw Aufhebungsantrag übergangen und erst in der mündlichen Verhandlung als Vertagungsantrag abgelehnt hat, wurde den Beigeladenen zu 2. und 3., die auch ihren Willen zum Ausdruck gebracht hatten, durch ihre Prozessbevollmächtigten verhandeln zu wollen, die Möglichkeit genommen, ihre Auffassung in der mündlichen Verhandlung über ihre Prozessbevollmächtigten vorzutragen. Das Übergehen dieses Antrags hat vor allem ihren Anspruch auf rechtliches Gehör (§ 62 SGG, Art 103 Abs 1 GG) verletzt. Zwar hätten ihre Prozessbevollmächtigten ihrerseits, solange sie keine Antwort des Vorsitzenden auf ihre Bitte um Terminsverlegung bzw -aufhebung erhalten hatten, nicht darauf vertrauen dürfen, dass das Gericht ihrer Bitte entsprechen und den Termin aufheben würde. Denn solange der Termin nicht aufgehoben war, mussten sie mit seiner Durchführung rechnen und vorsorglich zum Termin erscheinen, um die Rechte der Beigeladenen zu 2. und 3. vertreten zu können. Mögliche Versäumnisse der Prozessbevollmächtigten in dieser Hinsicht ließen indessen die Pflicht des LSG unberührt, den mit einer Begründung versehenen, am Vortag gestellten Antrag auf Terminsverlegung bzw -aufhebung noch vor Beginn des Termins zur mündlichen Verhandlung durch den Vorsitzenden zu entscheiden.

9

Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass bei zunehmender Verfahrensdauer sich die mit dem Justizgewährleistungsanspruch verbundene Pflicht des Gerichts verdichtet, sich nachhaltig um eine Beschleunigung des Verfahrens und dessen Beendigung zu bemühen (vgl BVerfG, Kammerbeschluss vom 6.12.2004, 1 BvR 1977/04, NJW 2005, 739). Dies kann jedenfalls nicht demjenigen entgegengehalten werden, zu dessen Gunsten im sozialgerichtlichen Verfahren der Justizgewährleistungsanspruch besteht, im vorliegenden Fall also den Beigeladenen zu 2. und 3.

10

Obwohl die Verletzung des rechtlichen Gehörs in sozialgerichtlichen Verfahren nicht als absoluter Revisionsgrund geregelt ist (vgl § 202 SGG iVm § 547 ZPO), ist doch wegen der Bedeutung der mündlichen Verhandlung im Allgemeinen davon auszugehen, dass eine Verletzung des rechtlichen Gehörs, die einen Verfahrensbeteiligten - wie hier die Beigeladenen zu 2. und 3. bzw deren Prozessbevollmächtigte - daran gehindert hat, an einer mündlichen Verhandlung teilzunehmen, die daraufhin ergangene Gerichtsentscheidung insgesamt beeinflusst hat (vgl BSG SozR 4-1750 § 227 Nr 1 RdNr 7; BSG SozR 3-1750 § 227 Nr 1 S 2, mwN). Näherer Darlegungen dazu, inwiefern das Urteil auf der Verletzung des rechtlichen Gehörs beruhen kann, sind daher nicht erforderlich. Insoweit braucht auch nicht geprüft zu werden, inwieweit solche den Begründungsanforderungen genügen.

11

Nach 160a Abs 5 SGG kann das Revisionsgericht in dem Beschluss über die Nichtzulassungsbeschwerde das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverweisen. Hiervon hat der Senat zur Vermeidung weiterer Verfahrensverzögerungen Gebrauch gemacht.

12

Die Kostenentscheidung bleibt der das Verfahren abschließenden Entscheidung vorbehalten.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt. In Streitigkeiten über Entscheidungen des Bundeskartellamts, die die freiwillige Vereinigung von Krankenkassen nach § 172a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch betreffen, sind die §§ 63 bis 80 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt.

Eine Entscheidung ist stets als auf einer Verletzung des Rechts beruhend anzusehen,

1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war;
2.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen war, sofern nicht dieses Hindernis mittels eines Ablehnungsgesuchs ohne Erfolg geltend gemacht ist;
3.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, obgleich er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und das Ablehnungsgesuch für begründet erklärt war;
4.
wenn eine Partei in dem Verfahren nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten war, sofern sie nicht die Prozessführung ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt hat;
5.
wenn die Entscheidung auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind;
6.
wenn die Entscheidung entgegen den Bestimmungen dieses Gesetzes nicht mit Gründen versehen ist.

Tenor

Auf die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 27. Juli 2009 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Gründe

1

I. Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte dem Kläger Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gewähren muss.

2

Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG) hat am 27.7.2009 einen Termin zur mündlichen Verhandlung durchgeführt, zu dem es den (unvertretenen) Kläger versehentlich nicht geladen hatte. Mit Urteil vom selben Tage hat es die klageabweisende Entscheidung des Sozialgerichts (SG) vom 7.1.2009 bestätigt und die Berufung in Abwesenheit des Klägers zurückgewiesen. Gegen die Nichtzulassung der Revision hat der Kläger beim Bundessozialgericht (BSG) Beschwerde eingelegt und Verfahrensfehler iS von § 160 Abs 2 Nr 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) geltend gemacht.

3

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist zulässig und begründet. Das LSG hat den Anspruch des Klägers auf ordnungsgemäße Mitteilung des Termins zur mündlichen Verhandlung (§§ 153 Abs 1, 110 Abs 1 Satz 1, 63 Abs 1 Satz 2 SGG) und auf rechtliches Gehör (§ 62 SGG, Art 103 Abs 1 Grundgesetz) verletzt. Darüber hinaus war er "in dem Verfahren nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten" (absoluter Revisionsgrund: § 202 SGG iVm § 547 Ziff 4 Zivilprozessordnung). Aufgrund dieser Verfahrensmängel ist das angefochtene Urteil gemäß § 160a Abs 5 iVm § 160 Abs 2 Nr 3 SGG aufzuheben und die Sache an das LSG zurückzuverweisen.

4

Die Beschwerde ist zulässig. Der Kläger hat diese Verfahrensfehler ausreichend iS von § 160a Abs 2 Satz 3 SGG bezeichnet wenn er vorträgt, das LSG habe seinen Anspruch auf rechtliches Gehör(§ 62 SGG) verletzt, weil es über seine Berufung entschieden habe, ohne ihn zu dem anberaumten Verhandlungstermin am 27.7.2009 geladen zu haben.

5

Die Beschwerde ist auch im Sinne der Zurückverweisung begründet. Der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art 103 Abs 1 GG, § 62 SGG) gewährleistet, dass die Beteiligten zum gerichtlichen Verfahren herangezogen werden und Gelegenheit erhalten, sich vor Erlass der Entscheidung zum Prozessstoff zu äußern (Bundesverfassungsgericht Beschlüsse vom 19.10.1977 - 2 BvR 566/76 - BVerfGE 46, 185, 187; vom 24.3.1982 - 2 BvH 1/82 ua - BVerfGE 60, 175, 210; Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, Komm zum GG, Art 103 Abs 1 RdNr 66 ff; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 62 RdNr 2). Zu diesem Zweck bestimmt der Vorsitzende Zeit und Ort der mündlichen Verhandlung und teilt sie den Beteiligten (in der Regel zwei Wochen vorher) mit (§ 110 Abs 1 Satz 1 SGG). Auf diese Weise soll sichergestellt werden, dass das Urteil nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt wird, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten (§ 128 Abs 2 SGG). Gegen diese Grundsätze hat das LSG verstoßen, als es die Berufung am 27.7.2009 durch Urteil auf Grund mündlicher Verhandlung zurückwies, ohne den Kläger zuvor von diesem Termin benachrichtigt zu haben. Es ist auch nicht auszuschließen, dass das angefochtene Urteil auf dem gerügten Vorgehen des LSG beruht. Wegen des besonderen Rechtswerts der mündlichen Verhandlung lässt sich das Beruhenkönnen der Entscheidung auf der fehlenden Mündlichkeit in der Regel nicht verneinen (BSG, Urteile vom 11.2.1982 - 11 RA 50/81, BSGE 53, 83, 85 f = SozR 1500 § 124 Nr 7 S 15 und vom 7.11.2001 - B 9 V 6/01 R - SGb 2002, 382 sowie Beschluss vom 20.8.2009 - B 14 AS 41/09 B). Auch hier ist nicht ausgeschlossen, dass der Kläger in der mündlichen Verhandlung zu seinen Gunsten Ausführungen gemacht hätte und deswegen eine andere Entscheidung ergangen wäre. Das LSG hätte sich möglicherweise zu weiteren medizinischen Ermittlungen, etwa zu Rückfragen bei dem Sachverständigen Dr. O., veranlasst sehen können. Bei einem derartigen Verfahrensverlauf hätte es zu einer Verurteilung der Beklagten kommen können.

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In der Rechtsprechung des BSG ist zudem anerkannt, dass über § 202 SGG die absoluten Revisionsgründe, wie sie in der ZPO geregelt sind, auch in Verfahren vor der Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit gelten, weil das SGG insoweit keine Vorschriften enthält und die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten die entsprechende Anwendung des § 547 ZPO nicht ausschließen. Unter den absoluten Revisionsgrund des § 547 Nr 4 ZPO fällt auch die unterbliebene Ladung, wenn deshalb weder der Beteiligte selbst noch sein etwaiger Bevollmächtigter an der mündlichen Verhandlung teilnehmen konnte(vgl BSG Urteile vom 28.3.1984 - 9a RV 55/83 - SozSich 1984, 289; vom 15.10.1986 - 5b RJ 48/85 - SozSich 1987, 156; vom 10.12.1992 - 11 RAr 81/92 - HV-Info 1993, 903; vom 28.1.1993 - 2 RU 45/92 - HV-Info 1993, 905; vom 22.11.1994 - 8 RKn 8/94 - HVBG-Info 1995, 820 und vom 9.4.1997 - 9 RV 17/96 - ZfS 1997, 206; vgl auch Bundesverwaltungsgericht , Urteil vom 1.12.1982 - 9 C 486/82 - BVerwGE 66, 311).

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Auf diesem Verfahrensfehler beruht auch das angefochtene Urteil. Denn nach § 547 ZPO ist bei einem absoluten Revisionsgrund die Entscheidung als "stets auf einer Verletzung des Rechts beruhend anzusehen", dh die Ursächlichkeit der Gesetzesverletzung wird unwiderleglich vermutet.

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Nach § 160a Abs 5 SGG kann das erkennende Gericht in dem Beschluss über die Nichtzulassungsbeschwerde das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverweisen, wenn - wie hier - die Voraussetzungen des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG vorliegen. Der Senat macht von dieser Möglichkeit Gebrauch.

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Das LSG wird im wieder eröffneten Berufungsverfahren auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden haben.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht, soweit nach § 65a elektronische Dokumente übermittelt werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden einmal bis zu einem Monat verlängert werden. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil des Landessozialgerichts abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(4) Das Bundessozialgericht entscheidet unter Zuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss; § 169 gilt entsprechend. Dem Beschluß soll eine kurze Begründung beigefügt werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundessozialgericht wird das Urteil rechtskräftig. Wird der Beschwerde stattgegeben, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Revisionsfrist.

(5) Liegen die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundessozialgericht in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.