Bundesgerichtshof Urteil, 26. Jan. 2016 - XI ZR 91/14

ECLI:ECLI:DE:BGH:2016:260116UXIZR91.14.0
26.01.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird der Beschluss des 5. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 22. Januar 2014 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die klagende Sparkasse begehrt Ausgleich des Schlusssaldos eines Geschäftsgirokontos der Beklagten, die entgegenhält, der behauptete Fehlbetrag resultiere aus einer im Wege des Online-Bankings ausgelösten Überweisung auf ein Konto des Streithelfers, die von ihr nicht autorisiert worden sei.

2

Die Beklagte unterhielt bei der Klägerin u.a. ein Geschäftsgirokonto, mit dem sie seit März 2011 am Online-Banking teilnahm. Der Geschäftsführer der Beklagten M.   B.    erhielt dazu eine persönliche Identifikationsnummer (PIN), mit der er online auch auf das genannte Geschäftsgirokonto zugreifen und durch zusätzliche Eingabe einer Transaktionsnummer (TAN) Zahlungsaufträge erteilen konnte. Weiter vereinbarten die Parteien zur Freigabe einzelner Transaktionen das smsTAN-Verfahren (Übermittlung der TAN durch SMS) über eine Mobilfunknummer, die einer SIM-Karte zugewiesen war, die nach Angaben der Beklagten in einem grundsätzlich im Gewahrsam ihres Geschäftsführers befindlichen Mobiltelefon betrieben wurde.

3

Im Zuge einer Umstellung der EDV der Klägerin kam es im Juli 2011 zu länger andauernden Störungen in deren Online-Banking-System, über die auch in der Tagespresse berichtet wurde. Einige Kunden - darunter auch die Beklagte - konnten eine Zeit lang auf ihr Konto nicht online zugreifen, einzelne Lastschriften wurden nicht ausgeführt und andere Buchungen doppelt. In diesem Zusammenhang wurden aus nicht geklärten Umständen am 15. Juli 2011 dem Geschäftskonto der Beklagten fehlerhaft Beträge von 47.498,95 € und 191.576,25 € gutgeschrieben. Die Klägerin veranlasste am 15. und 17. Juli 2011 entsprechende Stornierungen, die aufgrund des Wochenendes erst am Montag, dem 18. Juli 2011, ausgeführt wurden. Wegen der Fehlbuchungen wies das Geschäftskonto der Beklagten bis zu diesem Montagmorgen buchungstechnisch ein Guthaben von nahezu 238.000 € auf.

4

Am Freitag, dem 15. Juli 2011, um 23:25 Uhr wurden unter Verwendung der PIN des Geschäftsführers der Beklagten im Online-Banking die Kontostände aller Konten der Beklagten sowie die Umsätze auf deren Geschäftskonto abgefragt. Um 23:29 Uhr wurde eine Überweisung von 235.000 € mit dem Verwendungszweck "M.    B.      ", dem Namen des Geschäftsführers der Beklagten, zugunsten des Streithelfers der Klägerin in das Online-Banking-System der Klägerin eingegeben. Die erforderliche smsTAN wurde von der Klägerin zur vereinbarten Mobiltelefonnummer der Beklagten übermittelt und sodann für die Freigabe dieser Überweisung verwendet. Im Anschluss daran kam es zwischen 23:31 Uhr und 23:36 Uhr zu drei weiteren Umsatzabfragen und einer Statusabfrage. Die Überweisung wurde am Montagmorgen, dem 18. Juli 2011, mit dem ersten Buchungslauf ausgeführt. Da zeitgleich die fehlerhaften Gutschriften berichtigt wurden, ergab sich ein Sollbetrag auf dem Geschäftskonto der Beklagten.

5

Nachdem die Klägerin die Beklagte erfolglos zum Ausgleich des Kontos aufgefordert hatte, kündigte sie die Geschäftsbeziehung fristlos und fordert mit der vorliegenden Klage Ausgleich des negativen Schlusssaldos von 236.422,14 € nebst Zinsen.

6

Die Klägerin hat behauptet, bei dem streitigen Zahlungsvorgang hätten keine Unregelmäßigkeiten vorgelegen. Der technische Ablauf sei ordnungsgemäß aufgezeichnet worden. Anhand der Darlegungen der Beklagten könne nicht nachvollzogen werden, wie es zu einem Missbrauch hätte kommen können.

7

Die Beklagte hat vorgetragen, sie bzw. ihr Geschäftsführer hätte die Überweisung nicht veranlasst und auch nicht veranlassen können, weil ihr Geschäftsführer zum maßgeblichen Zeitpunkt im Urlaub gewesen sei und sich das Geschäftshandy bei ihrem Mitarbeiter Ma.     befunden habe, der die Überweisung ebenfalls nicht autorisiert, sondern die SMS, mit der eine TAN übermittelt worden sei, für Spam gehalten und "weggedrückt" habe.

8

Der Streithelfer der Klägerin hat behauptet, ihm habe eine schriftliche Weisung des Geschäftsführers der Beklagten vorgelegen, aufgrund der er den erhaltenen Betrag auf ein ihm mitgeteiltes Konto weitergeleitet habe. Im Übrigen hat er sich auf seine Schweigepflicht als Rechtsanwalt berufen.

9

Das Landgericht hat der Klage ohne Beweisaufnahme stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist vom Berufungsgericht durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen worden. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Beschlusses des Berufungsgerichts und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

11

Das Berufungsgericht hat unter umfassender Bezugnahme auf die Gründe des landgerichtlichen Urteils zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

12

Die Beklagte schulde der Klägerin Aufwendungsersatz nach §§ 675c, 670 BGB, da die Klägerin nach § 675w Satz 1 BGB den Nachweis einer Authentifizierung der streitigen Überweisung durch die Beklagte geführt habe. Die Beklagte habe den aus der Verwendung der richtigen PIN und TAN folgenden gegen sie sprechenden Anschein einer ordnungsgemäßen Nutzung des Online-Bankings nicht erschüttert. Umstände, welche die Benutzung des Zahlungsauthentifizierungsinstruments durch einen Unberechtigten plausibel erklären könnten, habe die Beklagte nicht aufgezeigt. Von der Beklagten angebotenen Zeugenbeweis habe das Landgericht zu Recht nicht erhoben, da kein substantiierter Tatsachenvortrag zu einem konkreten Missbrauch gehalten worden sei. Auch im Berufungsverfahren erhelle die Beklagte nicht, wie es zu einer nicht autorisierten Überweisung habe kommen können. Es fehle substantiierter Vortrag dazu, dass das Firmenhandy mit einem Schadprogramm infiziert gewesen sei. Das Handy sei zu keiner Zeit von einem Computerspezialisten überprüft worden. Überdies bleibe unklar, wie ein unbefugter Dritter an die Zugangsdaten hätte gelangen können. Die vom Streithelfer behauptete schriftliche Zahlungsanweisung habe das Landgericht als Indiz würdigen dürfen, ohne die anwaltlich vertretene Beklagte hierzu auf die Möglichkeit eines Beweisantrags hinweisen zu müssen.

II.

13

Die Entscheidung des Berufungsgerichts hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen rechtfertigen keinen Aufwendungsersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagte aus § 675c Abs. 1, § 675 i.V.m. § 670 BGB. Das Berufungsgericht hat bei Prüfung der dafür nach § 675j Abs. 1 BGB erforderlichen Autorisierung der streitgegenständlichen Überweisung durch die Beklagte die Voraussetzungen eines Anscheinsbeweises im Falle der Verwendung eines Zahlungsauthentifizierungsinstruments nach § 675j Abs. 1 Satz 4 BGB im Online-Banking verkannt sowie die Anforderungen an eine Erschütterung des Anscheinsbeweises überspannt.

14

1. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass ein Aufwendungsersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagte nach § 675c Abs. 1, § 675 i.V.m. § 670 BGB auf Zahlung des nach Kündigung des Geschäftsgirovertrages vorhandenen Sollsaldos den von der Klägerin zu erbringenden Nachweis einer Zustimmung des Zahlers (Autorisierung) zu der streitigen Überweisung nach § 675j Abs. 1 Satz 1 BGB voraussetzt. Gemäß § 675j Abs. 1 Satz 3 BGB ist die Art und Weise der Zustimmung zwischen dem Zahler und dem Zahlungsdienstleister zu vereinbaren. Dabei kann nach § 675j Abs. 1 Satz 4 BGB festgelegt werden, dass die Zustimmung mittels eines Zahlungsauthentifizierungsinstruments im Sinne des § 1 Abs. 5 ZAG erteilt werden kann. Danach haben vorliegend die Parteien für die Autorisierung im Online-Banking die Nutzung des von der Beklagten angebotenen smsTAN-Verfahrens vereinbart, bei dem ein Zahlungsvorgang durch die Eingabe von PIN und TAN autorisiert wird, wobei die TAN mittels einer SMS-Nachricht an eine vereinbarte Mobilfunknummer des Bankkunden gesendet wird.

15

2. Weiter hat das Berufungsgericht nach § 559 Abs. 2 ZPO für die Revisionsinstanz bindend und insoweit von der Revision unangegriffen festgestellt, dass die Klägerin den Nachweis der Authentifizierung des streitigen Zahlungsvorgangs sowie von dessen ordnungsgemäßer Verbuchung, Aufzeichnung und Störungsfreiheit geführt hat.

16

Ist - wie hier - die Autorisierung eines Zahlungsvorgangs streitig, hat der Zahlungsdienstleister nach § 675w Satz 1 BGB zunächst die Authentifizierung sowie die ordnungsgemäße Aufzeichnung, Verbuchung und störungsfreie, keine Auffälligkeiten aufweisende technische Abwicklung des Zahlungsvorgangs nachzuweisen. Eine Authentifizierung ist nach § 675w Satz 2 BGB erfolgt, wenn der Zahlungsdienstleister die Nutzung des vereinbarten Zahlungsauthentifizierungsinstruments, einschließlich seiner personalisierten Sicherheitsmerkmale, mithilfe eines Verfahrens überprüft hat. Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, ist der Nachweis einer Autorisierung mithilfe des betroffenen Zahlungsauthentifizierungsinstruments gescheitert (Palandt/Sprau, BGB, 75. Aufl., § 675w Rn. 2; MünchKommBGB/Casper, 6. Aufl., § 675w Rn. 4; Maihold in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 55 Rn. 72 f.; Staudinger/Omlor, BGB, Neubearb. 2012, § 675w Rn. 4 f.; Nobbe in Ellenberger/Findeisen/Nobbe, Kommentar zum Zahlungsverkehrsrecht, 2. Aufl., § 675w BGB Rn. 16).

17

Vorliegend hat das Landgericht, dem das Berufungsgericht insoweit gefolgt ist, die erfolgreiche Überprüfung der streitigen Überweisung durch die Beklagte anhand des vorgelegten Transaktionsprotokolls und damit - insoweit von der Revision nicht angegriffen - den Nachweis der Authentifizierung dieses Zahlungsvorgangs sowie den Nachweis der Verbuchung, Aufzeichnung und Störungsfreiheit festgestellt.

18

3. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass nach § 675w Satz 3 Nr. 1 BGB die Authentifizierung und die Aufzeichnung der Nutzung des Zahlungsauthentifizierungsinstruments einschließlich der personalisierten Sicherheitsmerkmale aber nicht notwendigerweise ausreichen, den dem Zahlungsdienstleister - hier der Klägerin - obliegenden Nachweis einer Autorisierung des Zahlungsvorgangs zu führen. Hierzu von der Klägerin angebotene Beweise, insbesondere die Einvernahme des Streithelfers der Klägerin als Zeugen und die Einholung eines Sachverständigengutachtens, haben - von ihrem Rechtsstandpunkt zur Anwendung der Grundsätze des Anscheinsbeweises folgerichtig - jedoch weder das Landgericht noch das Berufungsgericht erhoben.

19

4. Weiter rechtsfehlerfrei geht das Berufungsgericht davon aus, dass sich ein Zahlungsdienstleister statt dessen gegenüber dem Zahler unter bestimmten Voraussetzungen zum Nachweis der strittigen Autorisierung auf einen Beweis des ersten Anscheins berufen kann, der allerdings bei Nutzung eines Zahlungsauthentifizierungsinstruments den besonderen Anforderungen des § 675w Satz 3 BGB genügen muss. Danach ist Voraussetzung eines Anscheinsbeweises bei Nutzung eines Zahlungsauthentifizierungsinstruments ein Sicherheitssystem, das allgemein praktisch nicht zu überwinden war, im konkreten Einzelfall ordnungsgemäß angewendet worden ist und fehlerfrei funktioniert hat.

20

a) In Rechtsprechung und Literatur ist streitig, ob die Beweisregeln in § 675w Satz 3 BGB, mit dem Art. 59 Abs. 2 der Richtlinie 2007/64/EG über Zahlungsdienste im Binnenmarkt (Zahlungsdiensterichtlinie) umgesetzt worden ist, einer Anwendung der Grundsätze des Anscheinsbeweises zugunsten des Zahlungsdienstleisters gestützt auf die Aufzeichnung der Nutzung eines Zahlungsauthentifizierungsinstruments entgegenstehen.

21

aa) Eine Meinung in der Literatur (Franck/Massari, WM 2009, 1117, 1126; Jungmann in Jahrbuch junger Zivilrechtswissenschaftler Bd. 2007, 2008, S. 329, 356; Scheibengruber, BKR 2010, 15, 21; kritisch auch: Erman/Graf von Westphalen, BGB, 14. Aufl., § 675w Rn. 16 ff.), der sich vereinzelt Gerichte angeschlossen haben (z.B. AG Berlin-Mitte, NJW-RR 2010, 407, 408), geht davon aus, § 675w Satz 3 BGB verbiete im Zahlungsdiensterecht bei Einsatz eines Authentifizierungsinstruments die Anwendung des Anscheinsbeweises, da das dadurch entstehende Regel-Ausnahme-Verhältnis Sinn und Zweck des § 675w Satz 3 BGB widerspreche.

22

bb) Demgegenüber nimmt die h.M. an, § 675w Satz 3 BGB hindere eine Anwendung des Anscheinsbeweises im Zahlungsdiensterecht grundsätzlich nicht (OLG Düsseldorf, ZIP 2012, 2244, 2245; OLG Dresden, ZIP 2014, 766, 768; Beesch in Dauner-Lieb/Langen, BGB, 2. Aufl., § 675w Rn. 37; Beesch/Willershausen, juris-PR-BKR 9/2012 Anm. 1; Bunte, ABG-Banken und Sonderbedingungen, 4. Aufl., 4. Teil Rn. 31; MünchKommBGB/Casper, 6. Aufl., § 675w Rn. 13; Herresthal in Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, 2013, § 675w Rn. 13; Hofmann, BKR 2014, 105, 112; Lohmann/Koch, WM 2008, 57, 63; Maihold in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 55 Rn. 80; Meckel, jurisPR-BKR 2/2010 Anm. 1; Nobbe, WM 2011, 961, 968; ders. in Ellenberger/Findeisen/Nobbe, Kommentar zum Zahlungsverkehrsrecht, 2. Aufl., § 675w Rn. 27; Staudinger/Omlor, BGB, Neubearb. 2012, § 675w Rn. 7; Schmalenbach in Bamberger/Roth, BGB, 3. Aufl., § 675w Rn. 12; Palandt/Sprau, BGB, 75. Aufl., § 675w Rn. 4; Werner in Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, 4. Aufl., Rn. 7.774). Der Wortlaut des § 675w Satz 3 BGB verbiete mit der Formulierung "allein nicht notwendigerweise" lediglich zwingende Beweisregeln, nicht aber widerlegbare Beweiserleichterungen wie den Anscheinsbeweis.

23

b) Der Senat entscheidet diesen Streit anknüpfend an die h.M. dahin, dass § 675w Satz 3 BGB einer Anwendung des Anscheinsbeweises nicht entgegensteht, sondern vielmehr besondere Anforderungen an dessen Ausgestaltung stellt.

24

aa) Die Grundsätze des Anscheinsbeweises stehen nicht in Widerspruch zum Wortlaut des § 675w Satz 3 BGB, da dieser erst dann berührt wäre, wenn die Aufzeichnung der Nutzung eines Zahlungsauthentifizierungsinstruments einschließlich der Authentifizierung durch den Zahlungsdienstleister den vollen Beweis für die in § 675w Satz 3 Nr. 1 bis Nr. 3 BGB genannten Tatsachen erbringen würde. Die Grundsätze des Anscheinsbeweises begründen hingegen weder eine zwingende Beweisregel noch eine Beweisvermutung und auch keine Beweislastumkehr zulasten einer Partei (st. Rspr. BGH, z.B. Urteile vom 5. Februar 1987 - I ZR 210/84, BGHZ 100, 31, 34 und vom 5. Oktober 2004 - XI ZR 210/03, BGHZ 160, 308, 319). Ein Anscheinsbeweis wird vielmehr bereits dadurch erschüttert, dass der Prozessgegner atypische Umstände des Einzelfalles darlegt und im Falle des Bestreitens Tatsachen nachweist, die die ernsthafte, ebenfalls in Betracht kommende Möglichkeit einer anderen Ursache nahelegen (BGH, Urteile vom 3. Juli 1990 - VI ZR 239/89, NJW 1991, 230, 231 mwN und vom 17. Januar 1995 - X ZR 82/93, VersR 1995, 723, 724).

25

Dies wird durch die Entstehungsgeschichte der Vorschrift gestützt. Der Zusatz "nicht notwendigerweise" ist in den Entwurf der Zahlungsdiensterichtlinie erst später eingefügt worden (MünchKommBGB/Casper, 6. Aufl., § 675w Rn. 12; Maihold in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 55 Rn. 80; siehe auch Burgard, WM 2006, 2065, 2069), um klarzustellen, dass eine umfassende Beweiswürdigung nach den Grundsätzen des nationalen Prozessrechts möglich bleiben soll (Erwägungsgrund 33 der Zahlungsdiensterichtlinie). Deswegen geht auch die Regierungsbegründung zum Entwurf des § 675w Satz 3 BGB davon aus, dass die nationalen Beweisgrundsätze und damit auch diejenigen über den Anscheinsbeweis weiterhin zulässig bleiben (BT-Drucks. 16/11643, S. 115).

26

bb) Der in § 675w Satz 3 BGB festgelegten Beweisregel ist aber auch bei Anwendung des Anscheinsbeweises praktische Geltung zu verschaffen. § 675w Satz 3 BGB begrenzt den Beweiswert einer schlichten Dokumentation des technischen Authentifizierungsvorgangs, um den Zahlungsdienstnutzer, der weder den Authentifizierungsvorgang technisch gestalten noch dessen korrekte Funktion im Einzelfall überblicken kann, nicht über § 675v Abs. 1 BGB hinaus mit den Risiken eines Missbrauchs technischer Authentifizierungsinstrumente zu belasten. Deswegen dürfen im Zahlungsdiensterecht beim Einsatz technischer Authentifizierungsinstrumente die Grundsätze des Anscheinsbeweises nicht so gehandhabt werden, dass sie bei Vorliegen allein der in § 675w Satz 3 BGB genannten technischen Merkmale aus praktischer Sicht einer Beweislastumkehr gleichkommen (vgl. Hofmann, BKR 2014, 105, 112; Maihold in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 55 Rn. 81; siehe auch Staudinger/Omlor, BGB, Neubearb. 2012, Vorbemerkungen zu §§ 675c - 676c Rn. 203 aE).

27

Für eine Anwendung der Grundsätze des Anscheinsbeweises im Zahlungsdiensterecht bei dem Nachweis einer Autorisierung durch ein vereinbartes Zahlungsauthentifizierungsinstrument reicht danach allein die korrekte Aufzeichnung der Nutzung dieses Zahlungsauthentifizierungsinstruments nicht aus. Vielmehr müssen dessen allgemeine praktische Sicherheit und die Einhaltung des Sicherheitsverfahrens im konkreten Einzelfall feststehen. Zudem bedarf die Erschütterung des Anscheinsbeweises nicht zwingend der Behauptung und ggf. des Nachweises technischer Fehler des dokumentierten Authentifizierungsverfahrens.

28

(1) Der Anscheinsbeweis für eine Autorisierung durch den Zahlungsdienstnutzer darf nicht ohne Rücksicht auf das technische Schutzniveau des verwendeten Sicherheitssystems allein an die ordnungsgemäß aufgezeichnete Nutzung eines Zahlungsauthentifizierungsinstruments einschließlich seiner personalisierten Sicherheitsmerkmale anknüpfen (vgl. Staudinger/Omlor, BGB, Neubearb. 2012, Vorbemerkungen zu §§ 675c - 676c Rn. 203 aE; siehe dazu auch Schinkels in Gebauer/Wiedmann, Zivilrecht unter europäischem Einfluss, 2. Aufl., Kap. 16 Rn. 56). Die korrekte Aufzeichnung der Nutzung eines nicht ausreichend sicheren Zahlungsauthentifizierungsinstruments kann nämlich für sich keine Beweiserleichterung für den Zahlungsdienstleister rechtfertigen, da andernfalls der Zahlungsdienstnutzer entgegen der Wertung des § 675w Satz 3 Nr. 1 BGB das Risiko von Defiziten des von ihm nicht zu verantwortenden Authentifizierungsvorgangs tragen würde. Vielmehr ist ein allgemein praktisch nicht zu überwindendes und im konkreten Einzelfall ordnungsgemäß angewendetes und fehlerfrei funktionierendes Sicherheitssystem Voraussetzung für die Anwendung der Grundsätze des Anscheinsbeweises.

29

(2) Darüber hinaus darf vom Zahlungsdienstnutzer zur Erschütterung des Anscheinsbeweises nicht Vortrag und ggf. Nachweis verlangt werden, auf welche Weise die Schutzvorkehrungen des Authentifizierungsverfahrens überwunden worden oder weshalb sie wirkungslos geblieben sind. Das käme in der praktischen Wirkung ebenfalls einer gegen § 675w Satz 3 BGB verstoßenden unwiderleglichen Beweislastumkehr gleich (vgl. Erfurth, WM 2006, 2198, 2206), da der Zahlungsdienstnutzer im Allgemeinen über keine Kenntnisse zu dem eingesetzten Sicherungssystem und dessen Beachtung im Einzelfall verfügen wird. Vielmehr kann zur Erschütterung des Anscheinsbeweises die Darlegung und ggf. der Nachweis aller und damit auch außerhalb des technischen Zahlungsvorgangs liegender Tatsachen genügen, die die ernsthafte Möglichkeit eines Missbrauchs nahelegen (vgl. dazu BGH, Urteile vom 3. Juli 1990 - VI ZR 239/89, NJW 1991, 230, 231 mwN und vom 17. Januar 1995 - X ZR 82/93, VersR 1995, 723, 724).

30

5. Nach diesen Maßstäben hat das Berufungsgericht sowohl die Voraussetzungen für eine Anwendung der Grundsätze des Anscheinsbeweises im Online-Banking verkannt und deswegen erforderliche Feststellungen nicht getroffen als auch rechtsfehlerhaft die Anforderungen an ein Erschüttern des von ihm angenommenen Anscheinsbeweises durch die Beklagte als Zahlungsdienstnutzer überspannt.

31

a) Die Frage, ob im Einzelfall die Grundsätze eines Anscheinsbeweises anzuwenden sind, unterliegt der Prüfung durch das Revisionsgericht (BGH, Urteile vom 5. Februar 1987 - I ZR 210/84, BGHZ 100, 31, 33, vom 17. Februar 1988 - IVa ZR 277/86, NJW-RR 1988, 789, 790, vom 6. März 1991 - IV ZR 82/90, VersR 1991, 460, vom 23. Januar 1997 - I ZR 29/94, WM 1997, 1493, 1496 und vom 5. Oktober 2004 - XI ZR 210/03, BGHZ 160, 308, 313).

32

b) Entgegen der Ansicht der Revisionsbegründung ist eine Anwendung der Grundsätze eines Anscheinsbeweises im Online-Banking nicht allgemein ausgeschlossen. Die allseits bekannte Gefahr des Ausspähens und Verfälschens von Daten, die über das Internet übermittelt werden, steht einer gesicherten Lebenserfahrung zur Verlässlichkeit einer Online-Autorisierung nämlich dann nicht entgegen, wenn auf Grundlage aktueller Erkenntnisse die allgemeine praktische Unüberwindbarkeit eines konkret eingesetzten Sicherungsverfahrens und dessen Beachtung im konkreten Einzelfall feststehen.

33

aa) Ob der Beweis des ersten Anscheins für die Autorisierung eines Zahlungsvorgangs im Online-Banking allgemein oder für bestimmte Authentifizierungsverfahren ausgeschlossen ist, ist in Literatur und Rechtsprechung umstritten (einen Anscheinsbeweis wohl generell verneinend: Casper/Pfeifle, WM 2009, 2343, 2348; Kind/Werner, CR 2006, 353, 359; Erman/Graf von Westphalen, BGB, 14. Aufl., § 675w Rn. 21; Wiesgickl, WM 2000, 1039, 1047; einen Anscheinsbeweis bei Nutzung des einfachen PIN/TAN-Verfahrens ablehnend: AG Wiesloch, WM 2008, 1648, 1650; AG Krefeld, MMR 2013, 164, 165; Bunte, ABG-Banken und Sonderbedingungen, 4. Aufl., 4. Teil Rn. 26; Dienstbach/Mühlenbrock, K&R 2008, 151, 154; Erfurth, WM 2006, 2198, 2205; Nobbe in Ellenberger/Findeisen/Nobbe, Kommentar zum Zahlungsverkehrsrecht, 2. Aufl., § 675w Rn. 51; Spindler in Festschrift Nobbe, 2009, S. 215, 232; auch für das iTAN-Verfahren zweifelnd MünchKommBGB/Casper, 6. Aufl., § 675w Rn. 20; Staudinger/Omlor, BGB, Neubearb. 2012, § 675w Rn. 10; einen Anscheinsbeweis bei Nutzung des mTAN-(= smsTAN)Verfahrens bejahend: LG Köln, WM 2014, 2372 f.; Borges in Derleder/Knops/Bamberger, Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht, 2. Aufl., Rn. 157; ders., BKR 2009, 85; MünchKommBGB/Casper, 6. Aufl., § 675w Rn. 20; einen Anscheinsbeweis bei Verwendung des einfachen PIN/TAN- oder iTAN-Verfahrens ablehnend, jedoch für das mTAN-, Sm@rtTAN plus- und Sm@rtTAN optic-Verfahren bejahend: Köbrich, VuR 2015, 9, 12; einen Anscheinsbeweis nur für optimierte eTAN bzw. chipTAN-Verfahren annehmend Hoeren/Kairies, ZBB 2015, 35, 37; Maihold in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 55 Rn. 85, 87; generell für das Eingreifen eines Anscheinsbeweises bei Nutzung der richtigen PIN und TAN unabhängig vom konkret verwendeten System: Bock in Neumann/Bock, Zahlungsverkehr im Internet, 2004, Rn. 180; Borges, NJW 2005, 3313, 3317; van Gelder in Festschrift Nobbe, 2009, S. 55, 67; Gößmann/Bredenkamp in Festschrift Nobbe, 2009, S. 93, 111; Karper, DuD 2006, 215, 218; Weber, Recht des Zahlungsverkehrs, 4. Aufl., S. 304; Werner, MMR 1998, 232, 235; Werner in Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, 4. Aufl., Rn. 7.774).

34

bb) Der Senat entscheidet diese Streitfrage dahin, dass die Anwendung des Anscheinsbeweises für eine Autorisierung durch den Zahler im Online-Banking unter den oben genannten Voraussetzungen rechtlich zulässig und nicht generell ausgeschlossen ist.

35

Gegenwärtig werden nämlich Authentifizierungsverfahren im Online-Banking dann noch allgemein als praktisch unüberwindbar angesehen, wenn diese von einer Kompromittierung der eingesetzten Geräte nicht berührt werden, ein Zugriff Unberechtigter auf den Übertragungsweg ausgeschlossen ist, die - dynamische - TAN an den konkreten Zahlungsvorgang gebunden ist und das Verfahren dem Zahlungsdienstnutzer vor einer Freigabe die Überprüfung des vollständigen, unverfälschten Zahlungsauftrags ermöglicht (siehe Hoeren/Kairies, ZBB 2015, 35, 36 f. und WM 2015, 549, 552 zum chipTAN-Verfahren; vgl. dazu auch Maihold in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 55 Rn. 19, 85). Bislang sind noch keine praktisch erfolgreichen Angriffe auf ein derart ausgestaltetes System in der Öffentlichkeit bekannt geworden. Eine die Anwendung des Anscheinsbeweises rechtfertigende Typik muss somit nicht von vornherein an der allgemeinen Unsicherheit einer Datenübertragung über das Internet scheitern.

36

c) Das Berufungsgericht hat aber rechtsfehlerhaft ohne Prüfung der praktischen Unüberwindbarkeit des eingesetzten Sicherungssystems einen Erfahrungssatz angenommen, nach Nutzung der zutreffenden PIN und smsTAN für einen Zahlungsauftrag im Online-Banking spreche der Anschein für dessen Autorisierung durch den Kontoinhaber. In diesem Zusammenhang hat es weiter zu Unrecht von dem Zahlungsdienstnutzer - hier der Beklagten - Darlegung und ggf. Nachweis dafür verlangt, dass die Nutzung des Authentifizierungsinstruments durch Unberechtigte technisch möglich gewesen sei.

37

aa) Der Beweis des ersten Anscheins erfordert die Feststellung eines allgemeinen Erfahrungssatzes als einer aus allgemeinen Umständen gezogenen tatsächlichen Schlussfolgerung, die auf den vorliegenden konkreten Sachverhalt angewendet werden kann (BGH, Urteile vom 4. Oktober 1983 - VI ZR 98/82, VersR 1984, 40 und vom 6. März 1991 - IV ZR 82/90, VersR 1991, 460, 461). Dieser Sachverhalt, der grundsätzlich von der beweisbelasteten Partei darzulegen und zu beweisen ist (BGH, Urteil vom 14. September 2005 - VIII ZR 369/04, NJW 2006, 300 Rn. 11), muss einer Typik entsprechen, also nach der allgemeinen Lebenserfahrung auf eine bestimmte Ursache oder auf einen bestimmten Ablauf als maßgeblich für den Eintritt eines bestimmten Erfolges hinweisen (BGH, Urteile vom 27. Mai 1957 - II ZR 132/56, BGHZ 24, 308, 312, vom 5. Februar 1987 - I ZR 210/84, BGHZ 100, 31, 33, vom 6. März 1991 - IV ZR 82/90, VersR 1991, 460, 461, vom 5. Oktober 2004 - XI ZR 210/03, BGHZ 160, 308, 313 und vom 14. September 2005 - VIII ZR 369/04, NJW 2006, 300 Rn. 9 f.).

38

Voraussetzungen eines Anscheinsbeweises, der für die Autorisierung des Zahlungsvorgangs durch den Zahlungsdienstnutzer im Online-Banking spricht, sind danach - wie oben dargestellt - nicht nur die in § 675w Satz 1 BGB genannten Umstände, die lediglich die Dokumentation des Authentifizierungsvorgangs betreffen, sondern es bedarf zusätzlich der Feststellung eines allgemein praktisch nicht zu überwindenden, im konkreten Einzelfall ordnungsgemäß angewendeten und fehlerfrei funktionierenden Sicherheitssystems.

39

bb) Dazu hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen, sondern die rechtsfehlerhafte Auffassung des Landgerichts bestätigt, bereits die korrekte Aufzeichnung im Transaktionsprotokoll begründe den "Anschein einer ordnungsgemäßen Nutzung des Online-Banking".

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(1) Funktionsweise und allgemeine praktische Unüberwindbarkeit des hier verwendeten smsTAN-Verfahrens sind weder substantiiert dargelegt noch sind dazu Beweise erhoben worden. Die isolierte Feststellung, die für einen Zahlungsvorgang erforderliche TAN sei an die bei der Bank hinterlegte Rufnummer der SIM-Karte des Geschäftsführers der Beklagten übermittelt und mit dieser TAN sei die Überweisung freigegeben worden, liefert keine Information zum Sicherheitsniveau des konkret eingesetzten Verfahrens.

41

(2) Weiter fehlt die notwendige Klärung, ob das von dem Zahlungsdienstleister konkret genutzte Sicherheitssystem im Zeitpunkt der Vornahme des strittigen Zahlungsvorganges ein ausreichendes Sicherheitsniveau für die Anwendung des Anscheinsbeweises geboten hat (vgl. dazu Senatsurteile vom 14. November 2006 - XI ZR 294/05, BGHZ 170, 18 Rn. 31 und vom 29. November 2011 - XI ZR 370/10, WM 2012, 164 Rn. 37; Senatsbeschluss vom 6. Juli 2010 - XI ZR 224/09, WM 2011, 924 Rn. 12). Diese Prüfung muss auf Grundlage des neuesten Stands der Erfahrung erfolgen (vgl. dazu Laumen in Baumgärtel/Laumen/Prütting, Handbuch der Beweislast, 3. Aufl., Kap. 17 Rn. 26). Gerade im Online-Banking, in dem Sicherungssysteme und Angriffsszenarien laufenden und kurzfristigen Änderungen unterworfen sind, reichen älterer Rechtsprechung zugrunde liegende Erkenntnisse oder Ansichten von Stimmen in der Literatur nicht aus. Vielmehr wird regelmäßig Anlass bestehen, das eingesetzte Sicherungssystem und den konkreten technischen Ablauf, die dem streitigen Zahlungsvorgang zugrunde lagen, einer die aktuellen Erkenntnisse auswertenden sachverständigen Begutachtung zu unterziehen, um den neuesten Stand der Erfahrung zu erfassen (vgl. dazu auch Senatsbeschluss vom 6. Juli 2010 - XI ZR 224/09, WM 2011, 924 Rn. 12 und Senatsurteil vom 29. November 2011 - XI ZR 370/10, WM 2012, 164 Rn. 37).

42

(a) Da zu dem hier eingesetzten smsTAN-Verfahren zahlreiche bekannt gewordene erfolgreiche Attacken die Frage aufwerfen, ob es allgemein als praktisch unüberwindbar gelten und damit einen Anscheinsbeweis für die Autorisierung der Zahlung durch den Zahlungsdienstnutzer bei Verwendung der richtigen PIN und TAN rechtfertigen kann, hätte das Berufungsgericht hierzu Feststellungen treffen müssen. So sind zum Online-Banking eingesetzte Computer zugleich mit dem zum Empfang der TAN eingesetzten Smartphone infiziert worden (vgl. Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik, Pressemeldung vom 4. März 2011, Neue Schadsoftware liest mTAN-Nummern mit), sodass Zahlungsvorgänge in Echtzeit manipuliert werden konnten (siehe Bundeskriminalamt, Bundeslagebericht 2013 - Cybercrime, S. 8). Weiter waren mittels eines Trojaners durchgeführte sog. Man-In-The-Middle/Man-In-The-Browser-Attacken erfolgreich (Bundeskriminalamt, Bundeslagebericht 2014 - Cybercrime, S. 7 f. und Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik, Die Lage der IT-Sicherheit in Deutschland 2014, S. 30; siehe dazu auch Köbrich, VuR 2015, 9, 10; Maihold in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 55 Rn. 85, 87; Nobbe in Ellenberger/Findeisen/Nobbe, Kommentar zum Zahlungsverkehrsrecht, 2. Aufl., § 675w Rn. 53; Staudinger/Omlor, BGB, Neubearb. 2012, § 675w Rn. 10). Danach ist aufgrund öffentlich zugänglicher Quellen fraglich, ob das smsTAN-Verfahren allgemein einen Sicherheitsstandard aufweist, der die Anwendung der Regeln des Anscheinsbeweises rechtfertigt.

43

(b) Weiter hat das Berufungsgericht die Klärung rechtsfehlerhaft unterlassen, ob mögliche Sicherheitsdefizite des smsTAN-Verfahrens dessen Einordnung als allgemein praktisch unüberwindbar bereits im Zeitpunkt der streitigen Autorisierung hinderten. Denn inzwischen bekannt gewordene Schwächen des smsTAN-Verfahrens, die jedoch im Zeitpunkt der Erteilung des hier streitigen Zahlungsauftrags noch nicht bekannt oder praktisch nicht nutzbar waren, können einer Anwendung der Grundsätze des Anscheinsbeweises nicht entgegenstehen.

44

(3) Unabhängig davon war vor einer Anwendung der Grundsätze des Anscheinsbeweises die Einhaltung des Sicherheitsniveaus des smsTAN-Verfahrens im Online-Banking-System der Klägerin bei Erteilung des konkreten Zahlungsauftrags zu überprüfen.

45

Dazu bestand im vorliegenden Fall besonderer Anlass, da unstreitig wegen einer EDV-Umstellung bei der Klägerin über längere Zeit erhebliche Softwareprobleme auch im Online-Banking auftraten, die etwa zu unberechtigten Gutschriften in sechsstelliger Höhe führten. Davon war auch das Geschäftsgirokonto der Beklagten betroffen. Eine die Anwendung des Anscheinsbeweises rechtfertigende Typizität setzt mithin vorliegend die konkrete Darlegung und ggf. den Nachweis voraus, dass sich solche Probleme nicht auf das Sicherheitssystem des smsTAN-Verfahrens ausgewirkt haben.

46

(4) In diesem Zusammenhang hat das Berufungsgericht im Anschluss an das Landgericht weiter rechtsfehlerhaft angenommen, dass Voraussetzung einer Beweisaufnahme über die Sicherheit des eingesetzten Authentifizierungssystems substantiierter Vortrag der Beklagten als Zahlungsdienstnutzer zu konkreten Defiziten im Sicherheitssystem des Online-Bankings der Klägerin sei. Da grundsätzlich die beweisbelastete Partei die Darlegungs- und Beweislast auch für die Tatsachen trägt, die der Anwendung eines Anscheinsbeweises zugrunde liegen (BGH, Urteil vom 14. September 2005 - VIII ZR 369/04, NJW 2006, 300 Rn. 11), hat vielmehr der Zahlungsdienstleister - hier die Klägerin - die konkrete Ausgestaltung des von ihm eingesetzten Authentifizierungssystems und dessen Sicherheitsniveau darzulegen und im Falle des Bestreitens zu beweisen.

47

d) Das Berufungsgericht hat weiter rechtsfehlerhaft die Anforderungen an ein Erschüttern des von ihm angenommenen Anscheinsbeweises überspannt und deswegen von seinem Rechtsstandpunkt aus zu Unrecht die dazu von der Beklagten angebotenen Zeugen nicht vernommen bzw. den Geschäftsführer der Beklagten nicht zumindest angehört.

48

aa) Ein Anscheinsbeweis ist erschüttert, wenn der Beweisgegner Tatsachen darlegt und gegebenenfalls zur vollen Überzeugung des erkennenden Gerichts beweist (BGH, Urteil vom 18. Dezember 1952 - VI ZR 54/52, BGHZ 8, 239, 240), die die ernsthafte, ebenfalls in Betracht kommende Möglichkeit einer anderen Ursache nahelegen (BGH, Urteile vom 3. Juli 1990 - VI ZR 239/89, NJW 1991, 230, 231 mwN und vom 17. Januar 1995 - X ZR 82/93, VersR 1995, 723, 724). Danach muss der Zahlungsdienstnutzer zur Erschütterung des Anscheinsbeweises keinen konkreten und erfolgreichen Angriff gegen das Authentifizierungsinstrument beweisen, sondern nur solche Umstände, die gegen die Autorisierung durch ihn und für ein missbräuchliches Eingreifen eines Dritten sprechen. Diese Anforderungen kann der Zahler auch dadurch erfüllen, dass er außerhalb des Sicherheitssystems des Zahlungsdienstleisters liegende Indizien, die für einen nicht autorisierten Zahlungsvorgang sprechen, substantiiert darlegt und bei Bestreiten nachweist.

49

bb) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts hat die Beklagte zu solchen, zur Erschütterung des Anscheinsbeweises geeigneten Umständen hinreichend vorgetragen.

50

(1) Sie hat behauptet und unter Beweis gestellt, dass der Geschäftsführer der Beklagten den Überweisungsempfänger nicht kenne und er diesem auch keine schriftliche Zahlungsanweisung erteilt habe. Sofern eine solche mit seiner Unterschrift vorliegen sollte, sei die Unterschrift gefälscht. Weiter sei er zum Zeitpunkt der Überweisung in Urlaub gewesen und habe keine Möglichkeit gehabt, Buchungen im Wege des Online-Bankings vorzunehmen. Das Mobiltelefon, in dem sich die SIM-Karte zu der bei der Klägerin für das smsTAN-Verfahren hinterlegten Telefonnummer befunden habe, habe sich im Gewahrsam eines Mitarbeiters befunden, der ebenfalls keinen Überweisungsauftrag erteilt habe. Die TAN sei zwar über SMS auf dem Mobiltelefon eingegangen, der Mitarbeiter habe diese SMS aber für Spam gehalten und "weggedrückt" sowie die TAN nicht verwendet.

51

(2) Träfe diese Sachdarstellung zu, hätte der Geschäftsführer der Beklagten im Zeitpunkt der Erteilung eines Überweisungsauftrags keinen Zugriff auf die erforderliche TAN gehabt und der als Zeuge benannte Mitarbeiter hätte mangels PIN keinen Zahlungsauftrag erteilen können sowie die TAN nicht genutzt. Zudem wäre der Zahlungsempfänger dem Geschäftsführer der Beklagten unbekannt gewesen. Könnte die Beklagte diese Behauptungen zur Überzeugung der Tatsachengerichte nachweisen, wäre ein Anscheinsbeweis ersichtlich erschüttert. Die Anträge auf Vernehmung des Mitarbeiters Ma.     und weiterer Zeugen sowie ggf. auf Anhörung des Geschäftsführers der Beklagten durften deswegen nicht zurückgewiesen werden. Das gilt auch für die Vernehmung des Streithelfers, die - was vom Berufungsgericht übersehen worden ist - bereits in der Klageerwiderung beantragt worden ist.

52

cc) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts musste die Beklagte als Voraussetzung einer Erhebung dieser Beweise nicht darlegen, dass das von der Beklagten eingesetzte Mobiltelefon mit einem Schadprogramm infiziert gewesen ist, nicht von sich aus einen Computerexperten mit der Untersuchung des Mobiltelefons beauftragen und auch nicht erklären, auf welche Weise ein unbefugter Dritter an die Zugangsdaten gelangt ist. Die Erschütterung eines Anscheinsbeweises verlangt nämlich nicht die Aufklärung des unsicheren Geschehensablaufs, sondern lediglich den Nachweis der ernsthaften, ebenfalls in Betracht kommenden Möglichkeit einer anderen Ursache.

53

e) Die Revision beanstandet schließlich zu Recht, das Berufungsgericht habe in diesem Zusammenhang rechtsfehlerhaft die für die Klägerin günstige Indiztatsache, dem Streithelfer sei von der Beklagten ein Auftrag zur Weiterleitung des zu Unrecht überwiesenen Betrags erteilt worden, als festgestellt zugrunde gelegt. Dazu ist nämlich von der Klägerin und ihrem Streithelfer nur Vortrag gehalten worden, den die Beklagte bestritten hat, sodass es bei der Beweislast der Klägerin verblieben ist. Deswegen kommt es - anders als das Berufungsgericht meint - zunächst nicht auf einen Antrag der Beklagten zur Führung des Gegenbeweises an. Das Berufungsgericht hätte vielmehr den von der Klägerin angetretenen Hauptbeweis zu der ihr günstigen Behauptung erheben müssen, die Beklagte habe dem Streithelfer einen entsprechenden Auftrag erteilt. Da sich auch die Beklagte bereits in der Klageerwiderung - gegenbeweislich - auf die Vernehmung des Streithelfers als Zeugen berufen hat, dürfte dessen Vernehmung die anwaltliche Schweigepflicht aus einem möglichen Anwaltsvertrag mit der Beklagten nicht entgegenstehen (§ 385 Abs. 2, § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO).

III.

54

Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).

55

1. Die Überweisung des streitigen Betrags vom Konto der Beklagten auf ein Konto des Streithelfers wirkt nicht nach den Grundsätzen der Anscheinsvollmacht oder eines Handelns unter fremdem Namen zulasten der Beklagten.

56

a) In Rechtsprechung und Literatur ist umstritten, ob von Dritten unter Nutzung eines Zahlungsauthentifizierungsinstruments einschließlich seiner personalisierten Sicherheitsmerkmale veranlasste Zahlungsvorgänge dem Zahler nach den Grundsätzen der Anscheinsvollmacht zugerechnet werden können (für eine generelle Anwendbarkeit der Grundsätze der Anscheinsvollmacht: Gößmann in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 3. Aufl., § 55 Rn. 26; Gößmann/Bredenkamp in Festschrift Nobbe, 2009, S. 93, 102 ff.; eine Anscheinsvollmacht im Falle eines Man-in-the-Middle-Angriffs bei Verwendung des Smart-TAN-plus-Verfahrens bejahend: LG Darmstadt, ZIP 2014, 1972, 1974; die Anwendbarkeit von Rechtsscheingrundsätzen ablehnend: KG, WM 2011, 493, 494; LG Berlin, Urteil vom 11. August 2009 - 37 O 4/09, juris Rn. 15; Borges, NJW 2005, 3313, 3314; Dienstbach/Mühlenbrock, K&R 2008, 151, 154; Köbrich, VuR 2015, 9, 12; Linardatos, BKR 2015, 96, 98; Maihold in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 55 Rn. 68; Omlor, ZfRV 2013, 80, 86; Spindler in Festschrift Nobbe, 2009, S. 215, 218 ff.; Erman/Graf von Westphalen, BGB, 14. Aufl., § 675w Rn. 22).

57

b) Der Senat hat erhebliche Zweifel, ob die Grundsätze einer Anscheinsvollmacht bzw. eines Handelns unter fremdem Namen im Recht der Zahlungsdienste neben den Spezialvorschriften der § 675j Abs. 1 Satz 4, §§ 675u, 675v BGB angewendet werden können.

58

Die Auffassung, ein Kontoinhaber müsse Zahlungsaufträge, die ein Dritter unter missbräuchlicher Verwendung eines Authentifizierungsinstruments erteilt hat, nach diesen Rechtsscheingrundsätzen gegen sich gelten lassen, wenn ihm das Handeln des Nichtberechtigten bekannt war oder er es hätte erkennen können (vgl. OLG Schleswig-Holstein, CR 2011, 52; KG Berlin, WM 2012, 493, 494; LG Darmstadt, ZIP 2014, 1972, 1974 f.; Fischer/Klanten/Koch, Bankrecht, 4. Aufl., Rn. 10.475 f.; MünchKommHGB/Häuser/Haertlein, 3. Aufl., Bd. 6, Bankkartenverfahren, Rn. E 37; Herresthal in Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, 2013, § 675u Rn. 7), ist mit den nach § 675e Abs. 1 BGB im Grundsatz abschließenden (vgl. auch Senatsurteil vom 16. Juni 2015 - XI ZR 243/13, WM 2015, 1631 Rn. 23) Regelungen in § 675j Abs. 1 Satz 4, § 675u Satz 1 BGB nicht zu vereinbaren (Linardatos, BKR 2015, 96, 98; Maihold in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 55 Rn. 68; siehe auch MünchKommBGB/Schubert, 7. Aufl., § 167 Rn. 126 und Stöber JR 2012, 225, 231). Denn nach dem zwischen Bank und Kunde geschlossenen Vertrag ist bei Nutzung eines personalisierten Zahlungsauthentifizierungsinstruments, das ohnehin nach § 675l BGB geheim zu halten ist, eine Bevollmächtigung Dritter ausnahmslos ausgeschlossen. Das Handeln eines Dritten bei der förmlichen Authentifizierung nach § 675j Abs. 1 Satz 4 BGB mit den personalisierten Sicherheitsmerkmalen des Kontoinhabers ist damit unwirksam und kann auch dann einen Zahlungsauftrag mittels des betreffenden Authentifizierungsverfahrens nicht autorisieren, wenn die persönlichen Sicherheitsmerkmale vom Dritten mit Zustimmung des Kontoinhabers eingesetzt worden sein sollten. Zudem ist der in § 675v Abs. 2 BGB festgelegte Grundsatz, dass der Kontoinhaber für einen nicht autorisierten Zahlungsvorgang nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit einzustehen hat, berührt, wenn daneben dessen Haftung nach den Regeln eines Handelns unter fremdem Namen auch für einfache Fahrlässigkeit in Betracht käme (Linardatos, BKR 2015, 96, 98; Köbrich, VuR 2015, 9, 12; Maihold in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 55 Rn. 68; vgl. auch Stöber, JR 2012, 225, 231).

59

Soll ein entsprechend Bevollmächtigter das Recht erhalten, für den Kontoinhaber mit einem Zahlungsauthentifizierungsinstrument Zahlungsvorgänge zu autorisieren, muss ihm ein eigenes personalisiertes Authentifizierungsinstrument einschließlich gesonderter personalisierter Sicherheitsmerkmale zugewiesen werden.

60

c) Dies bedarf im vorliegenden Fall jedoch keiner abschließenden Entscheidung, da die Voraussetzungen einer Anscheinsvollmacht oder eines Handelns unter fremdem Namen bei der - hier zu unterstellenden - missbräuchlichen Nutzung von PIN und TAN im Online-Banking nicht vorliegen.

61

aa) Eine Anscheinsvollmacht setzt voraus, dass der Vertretene das Handeln des Scheinvertreters nicht kennt, er es aber bei pflichtgemäßer Sorgfalt hätte erkennen und verhindern können, und der Geschäftspartner annehmen durfte, der Vertretene kenne und billige das Handeln des Vertreters (st. Rspr., vgl. BGH, Urteile vom 10. Januar 2007 - VIII ZR 380/04, NJW 2007, 987 Rn. 25, vom 16. März 2006 - III ZR 152/05, BGHZ 166, 369 Rn. 17 und vom 11. Mai 2011 - VIII ZR 289/09, BGHZ 189, 346 Rn. 16 jeweils mwN). Zudem ist im Grundsatz erforderlich, dass das Verhalten des Geschäftsherrn, aus dem der Geschäftsgegner auf die Bevollmächtigung des Dritten schließt, von einer gewissen Dauer und Häufigkeit ist (st. Rspr., vgl. BGH, Urteile vom 10. Januar 2007 - VIII ZR 380/04, NJW 2007, 987 Rn. 25, vom 16. März 2006 - III ZR 152/05, BGHZ 166, 369 Rn. 17 und vom 11. Mai 2011 - VIII ZR 289/09, BGHZ 189, 346 Rn. 16 jeweils mwN).

62

Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Die Klägerin hat - nach dem hier zugrunde zu legenden Sachverhalt - nicht erkannt, dass ein Dritter und nicht der Kunde gehandelt hat. Zudem kommt lediglich ein einmaliger Missbrauch des Online-Bankings und kein Handeln von gewisser Dauer und Häufigkeit in Betracht.

63

bb) Die Beklagte haftet auch nicht wegen eines Handelns des unbekannten Dritten unter ihrem Namen in entsprechender Anwendung der für Anscheinsvollmachten geltenden Grundsätze.

64

Erweckt das verdeckte Handeln unter fremdem Namen bei dem Geschäftspartner den Eindruck, tatsächlich werde die Erklärung vom Namensträger abgegeben, und wird dadurch eine falsche Vorstellung von der Identität des Handelnden hervorgerufen, können die Grundsätze der Anscheinsvollmacht entsprechend anzuwenden sein (vgl. BGH, Urteil vom 3. März 1966 - II ZR 18/64, BGHZ 45, 193, 195 f. und vom 11. Mai 2011 - VIII ZR 289/09, BGHZ 189, 346 Rn. 12). Dies kann auch für Geschäfte gelten, die - vergleichbar der vorliegenden Konstellation - über das Internet abgewickelt werden (vgl. BGH, Urteil vom 11. Mai 2011, aaO Rn. 12; Palandt/Ellenberger, BGB, 75. Aufl., § 172 Rn. 18).

65

Der Geschäftsherr wird aber auch in diesem Fall nur verpflichtet, wenn er das Handeln des Scheinvertreters bei pflichtgemäßer Sorgfalt hätte erkennen und verhindern können und dieses Handeln von einer gewissen Dauer und Häufigkeit war (vgl. BGH, Urteil vom 11. Mai 2011 - VIII ZR 289/09, BGHZ 189, 346 Rn. 16). Beide Voraussetzungen sind nicht erfüllt, wenn lediglich ein einmaliger missbräuchlicher Kontozugriff in Betracht kommt, der - entsprechend dem auch hier zugrunde zu legenden Sachverhalt - von dem Zahlungsdienstnutzer erst im Nachhinein erkannt wurde.

66

2. Die Klage ist entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung auch nicht nach § 675v Abs. 2 BGB als Schadensersatzanspruch begründet.

67

a) Tatsachen, die eine betrügerische Absicht oder ein grob fahrlässiges Verhalten der Beklagten belegen würden, sind von der Klägerin nicht vorgetragen und vom Berufungsgericht nicht festgestellt worden.

68

b) Es gibt auch keinen Erfahrungssatz, wonach bei einem Missbrauch des Online-Bankings bereits die korrekte Aufzeichnung der Nutzung eines Zahlungsauthentifizierungsinstruments und die beanstandungsfreie Prüfung der Authentifizierung für eine grob fahrlässige Pflichtverletzung des Zahlungsdienstnutzers sprechen, sodass sich der Zahlungsdienstleister für den ihm im Rahmen von § 675v Abs. 2 BGB obliegenden Nachweis auch nicht auf den Beweis des ersten Anscheins stützen kann.

69

aa) In Literatur und Rechtsprechung ist umstritten, ob bei missbräuchlicher Verwendung von PIN und TAN durch einen Dritten im Online-Banking ein Anscheinsbeweis für eine grob fahrlässige Pflichtverletzung des Zahlers in Anspruch genommen werden kann (mangels Typizität einen Anscheinsbeweis generell bezweifelnd: Erman/Graf von Westphalen, BGB, 14. Aufl., § 675w Rn. 21; Maihold in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 55 Rn. 166; Staudinger/Omlor, BGB, Neubearb. 2012, § 675w Rn. 10; Schulte am Hülse/Klabunde, MMR 2010, 84, 87; Spindler in Festschrift Nobbe, 2009, S. 215, 232; einen Anscheinsbeweis für einfache Fahrlässigkeit bejahend, für grobe Fahrlässigkeit verneinend: Grundmann, WM 2009, 1157, 1163; kein Anscheinsbeweis für eine grob fahrlässige Sorgfaltspflichtverletzung bei Anwendung des klassischen PIN/TAN-Verfahrens: LG Mannheim, WM 2008, 2015; Borges, BKR 2009, 85, 87; Dienstbach/Mühlenbrock, K&R 2008, 151, 154; Erfurth, WM 2006, 2198, 2206; Kind/Werner, CR 2006, 353, 359; Nobbe in Ellenberger/Findeisen/Nobbe, Kommentar zum Zahlungsverkehrsrecht, 2. Aufl., § 675w Rn. 52; Herresthal in Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, 2013, § 675w Rn. 15, der jedoch für das iTAN-, eTAN- und mTAN-Verfahren einen Anscheinsbeweis für grobe Fahrlässigkeit annimmt; kein Anscheinsbeweis bei Verwendung des mTAN-Verfahrens: LG Köln, WM 2014, 2372; einen Anscheinsbeweis allgemein bejahend: Bender, WM 2008, 2049, 2058; Bock in Neumann/Bock, Zahlungsverkehr im Internet, 2004, Rn. 183; Borges, BKR 2009, 85; van Gelder in Festschrift Nobbe, 2009, S. 55, 67; Gößmann/Bredenkamp in Festschrift Nobbe, 2009, S. 93, 110; Werner in Hoeren/Sieber/Holznagel, Hdb. Multimedia-Recht, Teil 13.5, Stand Juli 2013 Rn. 63; Wiesgickl, WM 2000, 1039, 1050).

70

bb) Der Senat entscheidet diesen Streit dahingehend, dass bei missbräuchlicher Verwendung von PIN und TAN im Online-Banking allein die Aufzeichnung der Nutzung eines Zahlungsauthentifizierungsinstruments und die Prüfung der Authentifizierung im Sinne von § 675w Satz 3 Nr. 4 BGB die Anwendung der Grundsätze des Anscheinsbeweises für eine grob fahrlässige Pflichtverletzung des Zahlers nicht rechtfertigen. Auch ein Anscheinsbeweis auf alternativer Grundlage, der Zahlungsdienstnutzer habe entweder den Zahlungsvorgang autorisiert oder aber grob fahrlässig gegen seine Pflichten aus § 675l BGB verstoßen, kommt deswegen nicht in Betracht.

71

(1) Grobe Fahrlässigkeit erfordert einen in objektiver Hinsicht schweren und in subjektiver Hinsicht schlechthin unentschuldbaren Verstoß gegen die Anforderungen der konkret erforderlichen Sorgfalt (BGH, Urteile vom 30. Januar 2001 - VI ZR 49/00, NJW 2001, 2092, 2093, vom 11. Juli 2007 - XII ZR 197/05, NJW 2007, 2988 Rn. 15 und vom 10. Oktober 2013 - III ZR 345/12, BGHZ 198, 265 Rn. 26 mwN). Selbst ein objektiv grober Pflichtenverstoß rechtfertigt für sich noch keinen zwingenden Schluss auf ein entsprechend gesteigertes personales Verschulden (BGH, Urteile vom 30. Januar 2001 - VI ZR 49/00, NJW 2001, 2092, 2093 und vom 10. Oktober 2013 - III ZR 345/12, BGHZ 198, 265 Rn. 28).

72

(2) Es gibt keine die Grundsätze des Anscheinsbeweises stützende Erfahrungssätze, dass bei Aufzeichnung der fehlerfreien Nutzung eines Authentifizierungsinstruments ein Missbrauch des Online-Bankings auf einer solchen subjektiv unentschuldbaren Verletzung von Sorgfaltspflichten in besonders schwerem Maße durch den Zahlungsdienstnutzer beruhen würde oder dass in einem solchen Fall jedenfalls ein tatsächliches Verhalten des Zahlungsdienstnutzers belegt wäre, das als grob fahrlässig bewertet werden könnte.

73

(a) Die Regeln des Anscheinsbeweises sind auf den Nachweis der subjektiven Voraussetzungen grober Fahrlässigkeit grundsätzlich dann nicht anwendbar, wenn es sich - wie hier - um ein individuelles Versagen handelt (vgl. BGH, Urteile vom 21. April 1970 - VI ZR 226/68, VersR 1970, 568, vom 7. Mai 1974 - VI ZR 138/72, VersR 1974, 853, vom 29. Januar 2003 - IV ZR 173/01, NJW 2003, 1118, 1119 und vom 21. März 2007 - I ZR 166/04, NJW-RR 2007, 1630 Rn. 20; Bacher in BeckOK ZPO, Stand: 1. September 2015, § 284 ZPO Rn. 96; Staudinger/Georg Caspers, BGB, Neubearb. 2014, § 276 Rn. 97; Palandt/Grüneberg, BGB, 75. Aufl., § 277 Rn. 7; Leipold in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 286 Rn. 142; Saenger/Saenger, ZPO, 6. Aufl., § 286 Rn. 43). Dieser Grundsatz gilt auch, wenn der Missbrauch des Online-Bankings auf einem Umstand aus der Sphäre des Zahlungsdienstnutzers beruht. Denn ein objektiv grober Pflichtenverstoß rechtfertigt für sich allein noch nicht den Schluss auf ein gesteigertes personales Fehlverhalten, selbst wenn dieses in vergleichbaren Fällen häufig vorliegen sollte (vgl. dazu BGH, Urteile vom 12. Januar 1988 - VI ZR 158/87, NJW 1988, 1265, 1266 und vom 30. Januar 2001 - VI ZR 49/00, NJW 2001, 2092, 2093).

74

(b) Die Regeln des Anscheinsbeweises können aber auch nicht zum Nachweis der objektiven Voraussetzungen grober Fahrlässigkeit des Zahlungsdienstnutzers im Online-Banking herangezogen werden. Zwar ist der Anscheinsbeweis zum Nachweis grober Fahrlässigkeit grundsätzlich zulässig, wenn damit lediglich die Annahme eines bestimmten tatsächlichen Verhaltens gestützt werden soll und dieses erst in einem weiteren Schritt rechtlich als grob fahrlässig bewertet wird (vgl. Senatsurteil vom 5. Oktober 2004 - XI ZR 210/03, BGHZ 160, 308, 319).

75

Im Falle eines Missbrauchs des Online-Bankings gibt es aber keine Erfahrungssätze, die auf ein bestimmtes typisches Fehlverhalten des Zahlungsdienstnutzers hinweisen würden. Die Vielzahl von Authentifizierungsverfahren, die sich zum Teil erheblich im Sicherungskonzept und in dessen Ausgestaltung unterscheiden (vgl. Hoeren/Kairies, ZBB 2015, 35; Maihold in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 55 Rn. 7 ff.), können jeweils auf unterschiedliche Weise angegriffen werden, wozu wiederum verschiedene Pflichtverletzungen des Zahlungsdienstnutzers beitragen können, sodass - anders als bei Nutzung von Zahlungskarten an Geldautomaten (Senatsurteile vom 5. Oktober 2004 - XI ZR 210/03, BGHZ 160, 308, 317 f. und vom 29. November 2011 - XI ZR 370/10, WM 2012, 164 Rn. 16; Senatsbeschluss vom 6. Juli 2010 - XI ZR 224/09, WM 2010, 924 Rn. 10) - ein Missbrauch des Online-Bankings nicht auf ein bestimmtes Verhalten des Zahlungsdienstnutzers hinweist, das sodann als grob fahrlässig eingeordnet werden könnte.

IV.

76

Einer Vorlage an den Europäischen Gerichtshof zur Klärung der Frage, ob eine Anwendung der Regeln des Anscheinsbeweises bei Einsatz eines Zahlungsauthentifizierungsinstruments mit der Zahlungsdiensterichtlinie zu vereinbaren ist, bedarf es nicht, da nach den oben dargestellten Grundsätzen der Anscheinsbeweis im Online-Banking in Übereinstimmung mit Art. 59 Abs. 2 der Zahlungsdiensterichtlinie nicht ausschließlich an die genannte Dokumentation der Nutzung des Authentifizierungsverfahrens anknüpft und zudem keine zwingende Beweisregel zur Folge hat. Im Übrigen obliegt die Beweiswürdigung, zu der auch die Grundsätze des Anscheinsbeweises gehören, nach Erwägungsgrund 33 der Zahlungsdiensterichtlinie den Gerichten nach nationalem Recht.

V.

77

Der Zurückweisungsbeschluss ist deshalb aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

78

1. Dieses wird, wenn es die Grundsätze des Anscheinsbeweises anwenden will, ggf. nach Ergänzung des Vortrags der Klägerin zum verwendeten Sicherheitssystem mit sachverständiger Hilfe festzustellen haben, ob dieses nach heutigem Kenntnisstand im Zeitpunkt der Autorisierung des streitigen Zahlungsvorgangs im Allgemeinen praktisch unüberwindbar war und dieses Sicherheitsniveau auch im vorliegenden Fall bei Vornahme der strittigen Überweisung trotz der technischen Schwierigkeiten im EDV-System der Klägerin gewahrt worden ist.

79

a) Sollte das Ergebnis dieser Beweiserhebung nach Auffassung des Berufungsgerichts eine Anwendung des Anscheinsbeweises für die Autorisierung der Überweisung durch die Beklagte rechtfertigen, werden die von der Beklagten zu dessen Erschütterung angebotenen Beweise zu erheben sein. Dabei kann nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast der Zahlungsdienstleister - hier die Klägerin - im Rahmen des Zumutbaren (Senatsurteil vom 5. Oktober 2004 - XI ZR 210/03, BGHZ 160, 308, 320) gehalten sein, das verwendete Sicherheitssystem und eventuell bestehende weitere Sicherheitsvorkehrungen darzustellen, soweit dies nicht bereits im Rahmen der Begründung des Anscheinsbeweises geschehen ist. Dadurch soll der Zahler in die Lage versetzt werden, Beweis für von ihm vermutete konkrete Sicherheitsmängel antreten zu können (vgl. BGH, Urteile vom 15. Mai 2003 - III ZR 7/02, juris Rn. 15 und vom 5. Oktober 2004 - XI ZR 210/03, BGHZ 160, 308, 320). Der Zahlungsdienstleister wird weiter auf Grundlage des Girovertrags in seinem Besitz befindliche technische Aufzeichnungen, die die streitigen sowie im selben Zeitraum ausgeführte Zahlungsvorgänge betreffen oder hierüber Aufschluss geben können, bis zur Klärung der Angelegenheit aufzuheben und sie dem Zahler gegebenenfalls zugänglich zu machen haben (Senatsurteil vom 5. Oktober 2004 - XI ZR 210/03, BGHZ 160, 308, 320 mwN).

80

b) Dem steht ein allgemeines Interesse der Kreditwirtschaft an der Geheimhaltung von Sicherungssystemen nicht entgegen. Einem im konkreten Einzelfall bestehenden berechtigten Geheimhaltungsinteresse des betroffenen Kreditinstituts an den technischen Grundlagen des von ihm eingesetzten Sicherungssystems kann in einem gerichtlichen Verfahren dadurch Rechnung getragen werden, dass nach § 172 Nr. 2 GVG die Öffentlichkeit ausgeschlossen wird und nach § 174 Abs. 3 GVG die Verfahrensbeteiligten zur Verschwiegenheit verpflichtet werden (vgl. dazu BGH, Urteil vom 9. Dezember 2015 - IV ZR 272/15, juris Rn. 9 ff.).

81

2. Stattdessen bzw. bei einem Scheitern eines Anscheinsbeweises kann der Zahlungsdienstleister - hier die Klägerin - eine Autorisierung des Zahlungsauftrags durch den Zahler im Wege des Vollbeweises nachweisen. Insoweit hat die Klägerin auch Beweis angeboten. In diesem Fall wird der Zahlungsdienstnutzer nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast zu allen ihm bekannten Umständen, die den streitigen Zahlungsvorgang und dessen Autorisierung betreffen, insbesondere zu den Sicherheitsvorkehrungen auf dem für das Online-Banking genutzten Rechner und dem Mobiltelefon sowie zur Notierung, Speicherung oder Weitergabe der PIN substantiiert vorzutragen haben.

Ellenberger                    Maihold                      Menges

                   Derstadt                      Dauber

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 26. Jan. 2016 - XI ZR 91/14

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(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

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(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer

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(1) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Außerdem können nur die in § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b erwähnten Tatsachen berücksichtigt

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Macht der Beauftragte zum Zwecke der Ausführung des Auftrags Aufwendungen, die er den Umständen nach für erforderlich halten darf, so ist der Auftraggeber zum Ersatz verpflichtet.

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(1) Zahlungsdienstleister sind 1. Unternehmen, die gewerbsmäßig oder in einem Umfang, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, Zahlungsdienste erbringen, ohne Zahlungsdienstleister im Sinne der Nummern 2 bis 5 zu s

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Die Beweisaufnahme und die Anordnung eines besonderen Beweisaufnahmeverfahrens durch Beweisbeschluss wird durch die Vorschriften des fünften bis elften Titels bestimmt. Mit Einverständnis der Parteien kann das Gericht die Beweise in der ihm geeignet

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(1) Beruhen nicht autorisierte Zahlungsvorgänge auf der Nutzung eines verloren gegangenen, gestohlenen oder sonst abhandengekommenen Zahlungsinstruments oder auf der sonstigen missbräuchlichen Verwendung eines Zahlungsinstruments, so kann der Zahlung

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Das Gericht kann für die Verhandlung oder für einen Teil davon die Öffentlichkeit ausschließen, wenn 1. eine Gefährdung der Staatssicherheit, der öffentlichen Ordnung oder der Sittlichkeit zu besorgen ist,1a. eine Gefährdung des Lebens, des Leibes od

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(1) Auf einen Geschäftsbesorgungsvertrag, der die Erbringung von Zahlungsdiensten zum Gegenstand hat, sind die §§ 663, 665 bis 670 und 672 bis 674 entsprechend anzuwenden, soweit in diesem Untertitel nichts Abweichendes bestimmt ist. (2) Die Vors

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(1) Über die Ausschließung der Öffentlichkeit ist in nicht öffentlicher Sitzung zu verhandeln, wenn ein Beteiligter es beantragt oder das Gericht es für angemessen erachtet. Der Beschluß, der die Öffentlichkeit ausschließt, muß öffentlich verkündet w

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Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Urteil, 09. März 2017 - 5 U 87/13

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Tenor Auf die Berufung der Beklagten wird das am 7. Juni 2013 verkündete Urteil des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des Landgerichts Lübeck abgeändert und die Klage abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits inklusive der Ko

Referenzen

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Auf einen Geschäftsbesorgungsvertrag, der die Erbringung von Zahlungsdiensten zum Gegenstand hat, sind die §§ 663, 665 bis 670 und 672 bis 674 entsprechend anzuwenden, soweit in diesem Untertitel nichts Abweichendes bestimmt ist.

(2) Die Vorschriften dieses Untertitels sind auch auf einen Vertrag über die Ausgabe und Nutzung von E-Geld anzuwenden.

(3) Die Begriffsbestimmungen des Kreditwesengesetzes und des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes sind anzuwenden.

(4) Die Vorschriften dieses Untertitels sind mit Ausnahme von § 675d Absatz 2 Satz 2 sowie Absatz 3 nicht auf einen Vertrag über die Erbringung von Kontoinformationsdiensten anzuwenden.

Macht der Beauftragte zum Zwecke der Ausführung des Auftrags Aufwendungen, die er den Umständen nach für erforderlich halten darf, so ist der Auftraggeber zum Ersatz verpflichtet.

Ist die Autorisierung eines ausgeführten Zahlungsvorgangs streitig, hat der Zahlungsdienstleister nachzuweisen, dass eine Authentifizierung erfolgt ist und der Zahlungsvorgang ordnungsgemäß aufgezeichnet, verbucht sowie nicht durch eine Störung beeinträchtigt wurde. Eine Authentifizierung ist erfolgt, wenn der Zahlungsdienstleister die Nutzung eines bestimmten Zahlungsinstruments, einschließlich seiner personalisierten Sicherheitsmerkmale, mit Hilfe eines Verfahrens überprüft hat. Wurde der Zahlungsvorgang mittels eines Zahlungsinstruments ausgelöst, reicht die Aufzeichnung der Nutzung des Zahlungsinstruments einschließlich der Authentifizierung durch den Zahlungsdienstleister und gegebenenfalls einen Zahlungsauslösedienstleister allein nicht notwendigerweise aus, um nachzuweisen, dass der Zahler

1.
den Zahlungsvorgang autorisiert,
2.
in betrügerischer Absicht gehandelt,
3.
eine oder mehrere Pflichten gemäß § 675l Absatz 1 verletzt oder
4.
vorsätzlich oder grob fahrlässig gegen eine oder mehrere Bedingungen für die Ausgabe und Nutzung des Zahlungsinstruments verstoßen
hat. Der Zahlungsdienstleister muss unterstützende Beweismittel vorlegen, um Betrug, Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit des Zahlungsdienstnutzers nachzuweisen.

Macht der Beauftragte zum Zwecke der Ausführung des Auftrags Aufwendungen, die er den Umständen nach für erforderlich halten darf, so ist der Auftraggeber zum Ersatz verpflichtet.

(1) Ein Zahlungsvorgang ist gegenüber dem Zahler nur wirksam, wenn er diesem zugestimmt hat (Autorisierung). Die Zustimmung kann entweder als Einwilligung oder, sofern zwischen dem Zahler und seinem Zahlungsdienstleister zuvor vereinbart, als Genehmigung erteilt werden. Art und Weise der Zustimmung sind zwischen dem Zahler und seinem Zahlungsdienstleister zu vereinbaren. Insbesondere kann vereinbart werden, dass die Zustimmung mittels eines bestimmten Zahlungsinstruments erteilt werden kann.

(2) Die Zustimmung kann vom Zahler durch Erklärung gegenüber dem Zahlungsdienstleister so lange widerrufen werden, wie der Zahlungsauftrag widerruflich ist (§ 675p). Auch die Zustimmung zur Ausführung mehrerer Zahlungsvorgänge kann mit der Folge widerrufen werden, dass jeder nachfolgende Zahlungsvorgang nicht mehr autorisiert ist.

Macht der Beauftragte zum Zwecke der Ausführung des Auftrags Aufwendungen, die er den Umständen nach für erforderlich halten darf, so ist der Auftraggeber zum Ersatz verpflichtet.

(1) Ein Zahlungsvorgang ist gegenüber dem Zahler nur wirksam, wenn er diesem zugestimmt hat (Autorisierung). Die Zustimmung kann entweder als Einwilligung oder, sofern zwischen dem Zahler und seinem Zahlungsdienstleister zuvor vereinbart, als Genehmigung erteilt werden. Art und Weise der Zustimmung sind zwischen dem Zahler und seinem Zahlungsdienstleister zu vereinbaren. Insbesondere kann vereinbart werden, dass die Zustimmung mittels eines bestimmten Zahlungsinstruments erteilt werden kann.

(2) Die Zustimmung kann vom Zahler durch Erklärung gegenüber dem Zahlungsdienstleister so lange widerrufen werden, wie der Zahlungsauftrag widerruflich ist (§ 675p). Auch die Zustimmung zur Ausführung mehrerer Zahlungsvorgänge kann mit der Folge widerrufen werden, dass jeder nachfolgende Zahlungsvorgang nicht mehr autorisiert ist.

(1) Zahlungsdienstleister sind

1.
Unternehmen, die gewerbsmäßig oder in einem Umfang, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, Zahlungsdienste erbringen, ohne Zahlungsdienstleister im Sinne der Nummern 2 bis 5 zu sein (Zahlungsinstitute);
2.
E-Geld-Institute im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1, die im Inland zum Geschäftsbetrieb nach diesem Gesetz zugelassen sind, sofern sie Zahlungsdienste erbringen;
3.
CRR-Kreditinstitute im Sinne des § 1 Absatz 3d Satz 1 des Kreditwesengesetzes, die im Inland zum Geschäftsbetrieb zugelassen sind, sowie die in Artikel 2 Absatz 5 Nummer 5 der Richtlinie 2013/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen, zur Änderung der Richtlinie 2002/87/EG und zur Aufhebung der Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG (ABl. L 176 vom 27.6.2013, S. 338; L 208 vom 2.8.2013, S. 73; L 20 vom 25.1.2017, S. 1; L 203 vom 26.6.2020, S. 95), die zuletzt durch die Richtlinie (EU) 2019/2034 (ABl. L 314 vom 5.12.2019, S. 64) geändert worden ist, namentlich genannten Unternehmen, sofern sie Zahlungsdienste erbringen;
4.
die Europäische Zentralbank, die Deutsche Bundesbank sowie andere Zentralbanken in der Europäischen Union oder den anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, soweit sie außerhalb ihrer Eigenschaft als Währungsbehörde oder andere Behörde Zahlungsdienste erbringen;
5.
der Bund, die Länder, die Gemeinden und Gemeindeverbände sowie die Träger bundes- oder landesmittelbarer Verwaltung, einschließlich der öffentlichen Schuldenverwaltung, der Sozialversicherungsträger und der Bundesagentur für Arbeit, soweit sie außerhalb ihres hoheitlichen Handelns Zahlungsdienste erbringen.
Zahlungsdienste sind
1.
die Dienste, mit denen Bareinzahlungen auf ein Zahlungskonto ermöglicht werden, sowie alle für die Führung eines Zahlungskontos erforderlichen Vorgänge (Einzahlungsgeschäft);
2.
die Dienste, mit denen Barauszahlungen von einem Zahlungskonto ermöglicht werden, sowie alle für die Führung eines Zahlungskontos erforderlichen Vorgänge (Auszahlungsgeschäft);
3.
die Ausführung von Zahlungsvorgängen einschließlich der Übermittlung von Geldbeträgen auf ein Zahlungskonto beim Zahlungsdienstleister des Nutzers oder bei einem anderen Zahlungsdienstleister durch
a)
die Ausführung von Lastschriften einschließlich einmaliger Lastschriften (Lastschriftgeschäft),
b)
die Ausführung von Zahlungsvorgängen mittels einer Zahlungskarte oder eines ähnlichen Zahlungsinstruments (Zahlungskartengeschäft),
c)
die Ausführung von Überweisungen einschließlich Daueraufträgen (Überweisungsgeschäft),
jeweils ohne Kreditgewährung (Zahlungsgeschäft);
4.
die Ausführung von Zahlungsvorgängen im Sinne der Nummer 3, die durch einen Kreditrahmen für einen Zahlungsdienstnutzer im Sinne des § 3 Absatz 4 gedeckt sind (Zahlungsgeschäft mit Kreditgewährung);
5.
die Ausgabe von Zahlungsinstrumenten oder die Annahme und Abrechnung von Zahlungsvorgängen (Akquisitionsgeschäft);
6.
die Dienste, bei denen ohne Einrichtung eines Zahlungskontos auf den Namen des Zahlers oder des Zahlungsempfängers ein Geldbetrag des Zahlers nur zur Übermittlung eines entsprechenden Betrags an einen Zahlungsempfänger oder an einen anderen, im Namen des Zahlungsempfängers handelnden Zahlungsdienstleister entgegengenommen wird oder bei dem der Geldbetrag im Namen des Zahlungsempfängers entgegengenommen und diesem verfügbar gemacht wird (Finanztransfergeschäft);
7.
Zahlungsauslösedienste;
8.
Kontoinformationsdienste.

(2) E-Geld-Emittenten sind

1.
Unternehmen, die das E-Geld-Geschäft betreiben, ohne E-Geld-Emittenten im Sinne der Nummern 2 bis 4 zu sein (E-Geld-Institute);
2.
CRR-Kreditinstitute im Sinne des § 1 Absatz 3d Satz 1 des Kreditwesengesetzes, die im Inland zum Geschäftsbetrieb zugelassen sind, sowie die in Artikel 2 Absatz 5 Nummer 5 der Richtlinie 2013/36/EU namentlich genannten Unternehmen, sofern sie das E-Geld-Geschäft betreiben;
3.
die Europäische Zentralbank, die Deutsche Bundesbank sowie andere Zentralbanken in der Europäischen Union oder den anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, soweit sie außerhalb ihrer Eigenschaft als Währungsbehörde oder anderer Behörde das E-Geld-Geschäft betreiben;
4.
der Bund, die Länder, die Gemeinden und Gemeindeverbände sowie die Träger bundes- oder landesmittelbarer Verwaltung, einschließlich der öffentlichen Schuldenverwaltung, der Sozialversicherungsträger und der Bundesagentur für Arbeit, soweit sie außerhalb ihres hoheitlichen Handelns das E-Geld-Geschäft betreiben.
E-Geld-Geschäft ist die Ausgabe von E-Geld. E-Geld ist jeder elektronisch, darunter auch magnetisch, gespeicherte monetäre Wert in Form einer Forderung an den Emittenten, der gegen Zahlung eines Geldbetrags ausgestellt wird, um damit Zahlungsvorgänge im Sinne des § 675f Absatz 4 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs durchzuführen, und der auch von anderen natürlichen oder juristischen Personen als dem Emittenten angenommen wird. Kein E-Geld ist ein monetärer Wert,
1.
der auf Instrumenten im Sinne des § 2 Absatz 1 Nummer 10 gespeichert ist oder
2.
der nur für Zahlungsvorgänge nach § 2 Absatz 1 Nummer 11 eingesetzt wird.

(3) Institute im Sinne dieses Gesetzes sind Zahlungsinstitute und E-Geld-Institute.

(4) Herkunftsmitgliedstaat ist der Mitgliedstaat der Europäischen Union (Mitgliedstaat) oder anderer Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, in dem sich der Sitz des Instituts befindet, oder, wenn das Institut nach dem für ihn geltenden nationalen Recht keinen Sitz hat, der Mitgliedstaat oder Vertragsstaat, in dem sich seine Hauptverwaltung befindet. Aufnahmemitgliedstaat ist jeder andere Mitgliedstaat oder Vertragsstaat, in dem das Institut einen Agenten oder eine Zweigniederlassung hat oder im Wege des grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehrs tätig ist.

(5) Zweigniederlassung ist eine Geschäftsstelle, die nicht die Hauptverwaltung ist und die einen Teil eines Instituts bildet, keine eigene Rechtspersönlichkeit hat und unmittelbar sämtliche oder einen Teil der Geschäfte betreibt, die mit der Tätigkeit eines Instituts verbunden sind. Alle Geschäftsstellen eines Instituts mit Hauptverwaltung in einem anderen Mitgliedstaat, die sich in einem Mitgliedstaat befinden, gelten als eine einzige Zweigniederlassung.

(6) Gruppe ist ein Verbund von Unternehmen, die untereinander durch eine in Artikel 22 Absatz 1, 2 oder 7 der Richtlinie 2013/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Jahresabschluss, den konsolidierten Abschluss und damit verbundene Berichte von Unternehmen bestimmter Rechtsformen und zur Änderung der Richtlinie 2006/43/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates (ABl. L 182 vom 29.6.2013, S. 19; L 369 vom 24.12.2014, S. 79), die zuletzt durch die Richtlinie 2014/102/EU geändert worden ist (ABl. L 334 vom 21.11.2014, S. 86), genannte Beziehung verbunden sind, oder Unternehmen im Sinne der Artikel 4, 5, 6 und 7 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 241/2014 der Kommission vom 7. Januar 2014 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf technische Regulierungsstandards für die Eigenmittelanforderungen an Institute (ABl. L 74 vom 14.3.2014, S. 8), die zuletzt durch die Delegierte Verordnung (EU) 2015/923 (ABl. L 150 vom 17.6.2015, S. 1) geändert worden ist, die untereinander durch eine in Artikel 10 Absatz 1 oder Artikel 113 Absatz 6 oder 7 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 (ABl. L 176 vom 27.6.2013, S. 1; L 208 vom 2.8.2013, S. 68; L 321 vom 30.11.2013, S. 6; L 193 vom 21.7.2015, S. 166), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2016/1014 (ABl. L 171 vom 29.6.2016, S. 153) geändert worden ist, genannte Beziehung verbunden sind.

(7) Eine bedeutende Beteiligung im Sinne dieses Gesetzes ist eine qualifizierte Beteiligung gemäß Artikel 4 Absatz 1 Nummer 36 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 in der jeweils geltenden Fassung. Für das Bestehen und die Berechnung einer bedeutenden Beteiligung gilt § 1 Absatz 9 Satz 2 und 3 des Kreditwesengesetzes entsprechend.

(8) Geschäftsleiter im Sinne dieses Gesetzes sind diejenigen natürlichen Personen, die nach Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Führung der Geschäfte und zur Vertretung eines Instituts in der Rechtsform einer juristischen Person oder Personenhandelsgesellschaft berufen sind. In Ausnahmefällen kann die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bundesanstalt) auch eine andere mit der Führung der Geschäfte betraute und zur Vertretung ermächtigte Person widerruflich als Geschäftsleiter bestimmen, wenn sie zuverlässig ist und die erforderliche fachliche Eignung hat. Beruht die Bestimmung einer Person als Geschäftsleiter auf einem Antrag des Instituts, so ist sie auf Antrag des Instituts oder des Geschäftsleiters zu widerrufen.

(9) Agent im Sinne dieses Gesetzes ist jede natürliche oder juristische Person, die als selbständiger Gewerbetreibender im Namen eines Instituts Zahlungsdienste ausführt. Die Handlungen des Agenten werden dem Institut zugerechnet.

(10) E-Geld-Agent im Sinne dieses Gesetzes ist jede natürliche oder juristische Person, die als selbständiger Gewerbetreibender im Namen eines E-Geld-Instituts beim Vertrieb und Rücktausch von E-Geld tätig ist.

(10a) Auslagerungsunternehmen im Sinne dieses Gesetzes sind Unternehmen, auf die ein Institut Aktivitäten und Prozesse zur Durchführung von Zahlungsdiensten, des E-Geld-Geschäfts sowie von sonstigen institutstypischen Dienstleistungen ausgelagert hat, sowie deren Subunternehmen bei Weiterverlagerungen von Aktivitäten und Prozessen, die für die Durchführung von Zahlungsdiensten, des E-Geld-Geschäfts sowie von sonstigen institutstypischen Dienstleistungen wesentlich sind.

(11) Zahlungssystem ist ein System zur Übertragung von Geldbeträgen auf der Grundlage von formalen und standardisierten Regeln und einheitlichen Vorschriften für die Verarbeitung, das Clearing oder die Verrechnung von Zahlungsvorgängen.

(12) Elektronische Kommunikationsnetze sind Übertragungssysteme und Vermittlungs- und Leitwegeinrichtungen sowie anderweitige Ressourcen einschließlich der nicht aktiven Netzbestandteile, die die Übertragung von Signalen über Kabel, Funk, optische oder andere elektromagnetische Einrichtungen ermöglichen, einschließlich Satellitennetze, feste (leitungs- und paketvermittelte, einschließlich Internet) und mobile terrestrische Netze, Stromleitungssysteme, soweit sie zur Signalübertragung genutzt werden, Netze für Hör- und Fernsehfunk sowie Kabelfernsehnetze, unabhängig von der Art der übertragenen Informationen.

(13) Elektronische Kommunikationsdienste sind Dienste, die gewöhnlich gegen Entgelt erbracht werden und die ganz oder überwiegend in der Übertragung von Signalen über elektronische Kommunikationsnetze bestehen, einschließlich von Telekommunikations- und Übertragungsdiensten in Rundfunknetzen, jedoch ausgenommen von Diensten, die Inhalte über elektronische Kommunikationsnetze und -dienste anbieten oder eine redaktionelle Kontrolle über sie ausüben. Keine elektronischen Kommunikationsdienste in diesem Sinne sind Dienste der Informationsgesellschaft im Sinne des Artikels 1 der Richtlinie (EU) 2015/1535 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. September 2015 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der technischen Vorschriften und der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft (ABl. L 241 vom 17.9.2015, S. 1), die nicht ganz oder überwiegend in der Übertragung von Signalen über elektronische Kommunikationsnetze bestehen.

(14) Durchschnittlicher E-Geld-Umlauf ist der durchschnittliche Gesamtbetrag der am Ende jedes Kalendertages über die vergangenen sechs Kalendermonate bestehenden, aus der Ausgabe von E-Geld erwachsenden finanziellen Verbindlichkeiten, der am ersten Kalendertag jedes Kalendermonats berechnet wird und für diesen Kalendermonat gilt.

(15) Zahler ist eine natürliche oder juristische Person, die Inhaber eines Zahlungskontos ist und die Ausführung eines Zahlungsauftrags von diesem Zahlungskonto gestattet oder, falls kein Zahlungskonto vorhanden ist, eine natürliche oder juristische Person, die den Zahlungsauftrag erteilt.

(16) Zahlungsempfänger ist die natürliche oder juristische Person, die den Geldbetrag, der Gegenstand eines Zahlungsvorgangs ist, als Empfänger erhalten soll.

(17) Zahlungskonto ist ein auf den Namen eines oder mehrerer Zahlungsdienstnutzer lautendes Konto, das für die Ausführung von Zahlungsvorgängen genutzt wird.

(18) Kontoführender Zahlungsdienstleister ist ein Zahlungsdienstleister, der für einen Zahler ein Zahlungskonto bereitstellt und führt.

(19) Fernzahlungsvorgang im Sinne dieses Gesetzes ist ein Zahlungsvorgang, der über das Internet oder mittels eines Geräts, das für die Fernkommunikation verwendet werden kann, ausgelöst wird.

(20) Zahlungsinstrument ist jedes personalisierte Instrument oder Verfahren, dessen Verwendung zwischen dem Zahlungsdienstnutzer und dem Zahlungsdienstleister vereinbart wurde und das zur Erteilung eines Zahlungsauftrags verwendet wird.

(21) Lastschrift ist ein Zahlungsvorgang zur Belastung des Zahlungskontos des Zahlers, bei dem der Zahlungsvorgang vom Zahlungsempfänger aufgrund der Zustimmung des Zahlers gegenüber dem Zahlungsempfänger, dessen Zahlungsdienstleister oder seinem eigenen Zahlungsdienstleister ausgelöst wird.

(22) Überweisung ist ein auf Veranlassung des Zahlers ausgelöster Zahlungsvorgang zur Erteilung einer Gutschrift auf dem Zahlungskonto des Zahlungsempfängers zulasten des Zahlungskontos des Zahlers in Ausführung eines oder mehrerer Zahlungsvorgänge durch den Zahlungsdienstleister, der das Zahlungskonto des Zahlers führt.

(23) Authentifizierung ist ein Verfahren, mit dessen Hilfe der Zahlungsdienstleister die Identität eines Zahlungsdienstnutzers oder die berechtigte Verwendung eines bestimmten Zahlungsinstruments, einschließlich der Verwendung der personalisierten Sicherheitsmerkmale des Nutzers, überprüfen kann.

(24) Starke Kundenauthentifizierung ist eine Authentifizierung, die so ausgestaltet ist, dass die Vertraulichkeit der Authentifizierungsdaten geschützt ist und die unter Heranziehung von mindestens zwei der folgenden, in dem Sinne voneinander unabhängigen Elementen geschieht, dass die Nichterfüllung eines Kriteriums die Zuverlässigkeit der anderen nicht in Frage stellt:

1.
Kategorie Wissen, also etwas, das nur der Nutzer weiß,
2.
Kategorie Besitz, also etwas, das nur der Nutzer besitzt oder
3.
Kategorie Inhärenz, also etwas, das der Nutzer ist.

(25) Personalisierte Sicherheitsmerkmale sind personalisierte Merkmale, die der Zahlungsdienstleister einem Zahlungsdienstnutzer zum Zwecke der Authentifizierung bereitstellt.

(26) Sensible Zahlungsdaten sind Daten, einschließlich personalisierter Sicherheitsmerkmale, die für betrügerische Handlungen verwendet werden können. Für die Tätigkeiten von Zahlungsauslösedienstleistern und Kontoinformationsdienstleistern stellen der Name des Kontoinhabers und die Kontonummer keine sensiblen Zahlungsdaten dar.

(27) Digitale Inhalte sind Waren oder Dienstleistungen, die in digitaler Form hergestellt und bereitgestellt werden, deren Nutzung oder Verbrauch auf ein technisches Gerät beschränkt ist und die in keiner Weise die Nutzung oder den Verbrauch von Waren oder Dienstleistungen in physischer Form einschließen.

(28) Zahlungsmarke ist jeder reale oder digitale Name, jeder reale oder digitale Begriff, jedes reale oder digitale Zeichen, jedes reale oder digitale Symbol oder jede Kombination davon, mittels dessen oder derer bezeichnet werden kann, unter welchem Zahlungskartensystem kartengebundene Zahlungsvorgänge ausgeführt werden.

(29) Eigenmittel sind Mittel im Sinne des Artikels 4 Absatz 1 Nummer 118 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 (ABl. L 176 vom 27.6.2013, S. 1; L 208 vom 2.8.2013, S. 68; ABl. L 321 vom 30.11.2013, S. 6; L 193 vom 21.7.2015, S. 166), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2016/1014 (ABl. L 171 vom 29.6.2016, S. 153) geändert worden ist, wobei mindestens 75 Prozent des Kernkapitals in Form von hartem Kernkapital nach Artikel 50 der genannten Verordnung gehalten werden müssen und das Ergänzungskapital höchstens ein Drittel des harten Kernkapitals betragen muss.

(30) Anfangskapital im Sinne dieses Gesetzes ist das aus Bestandteilen gemäß Artikel 26 Absatz 1 Satz 1 Buchstabe a bis e der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 bestehende harte Kernkapital.

(31) Sichere Aktiva mit niedrigem Risiko im Sinne dieses Gesetzes sind Aktiva, die unter eine der Kategorien nach Artikel 336 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 fallen, für die die Eigenmittelanforderung für das spezifische Risiko nicht höher als 1,6 Prozent ist, wobei jedoch andere qualifizierte Positionen gemäß Artikel 336 Absatz 4 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 ausgeschlossen sind. Sichere Aktiva mit niedrigem Risiko im Sinne dieses Gesetzes sind auch Anteile an einem Organismus für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren, der ausschließlich in die in Satz 1 genannten Aktiva investiert.

(32) Bargeldabhebungsdienst ist die Ausgabe von Bargeld über Geldausgabeautomaten für einen oder mehrere Kartenemittenten, ohne einen eigenen Rahmenvertrag mit dem Geld abhebenden Kunden geschlossen zu haben.

(33) Zahlungsauslösungsdienst ist ein Dienst, bei dem auf Veranlassung des Zahlungsdienstnutzers ein Zahlungsauftrag in Bezug auf ein bei einem anderen Zahlungsdienstleister geführtes Zahlungskonto ausgelöst wird.

(34) Kontoinformationsdienst ist ein Online-Dienst zur Mitteilung konsolidierter Informationen über ein Zahlungskonto oder mehrere Zahlungskonten des Zahlungsdienstnutzers bei einem oder mehreren anderen Zahlungsdienstleistern.

(35) Annahme und Abrechnung von Zahlungsvorgängen (Akquisitionsgeschäft) beinhaltet einen Zahlungsdienst, der die Übertragung von Geldbeträgen zum Zahlungsempfänger bewirkt und bei dem der Zahlungsdienstleister mit dem Zahlungsempfänger eine vertragliche Vereinbarung über die Annahme und die Verarbeitung von Zahlungsvorgängen schließt. Die Ausgabe von Zahlungsinstrumenten beinhaltet alle Dienste, bei denen ein Zahlungsdienstleister eine vertragliche Vereinbarung mit dem Zahler schließt, um einem Zahler ein Zahlungsinstrument zur Auslösung und Verarbeitung der Zahlungsvorgänge des Zahlers zur Verfügung zu stellen.

(1) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Außerdem können nur die in § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b erwähnten Tatsachen berücksichtigt werden.

(2) Hat das Berufungsgericht festgestellt, dass eine tatsächliche Behauptung wahr oder nicht wahr sei, so ist diese Feststellung für das Revisionsgericht bindend, es sei denn, dass in Bezug auf die Feststellung ein zulässiger und begründeter Revisionsangriff erhoben ist.

Ist die Autorisierung eines ausgeführten Zahlungsvorgangs streitig, hat der Zahlungsdienstleister nachzuweisen, dass eine Authentifizierung erfolgt ist und der Zahlungsvorgang ordnungsgemäß aufgezeichnet, verbucht sowie nicht durch eine Störung beeinträchtigt wurde. Eine Authentifizierung ist erfolgt, wenn der Zahlungsdienstleister die Nutzung eines bestimmten Zahlungsinstruments, einschließlich seiner personalisierten Sicherheitsmerkmale, mit Hilfe eines Verfahrens überprüft hat. Wurde der Zahlungsvorgang mittels eines Zahlungsinstruments ausgelöst, reicht die Aufzeichnung der Nutzung des Zahlungsinstruments einschließlich der Authentifizierung durch den Zahlungsdienstleister und gegebenenfalls einen Zahlungsauslösedienstleister allein nicht notwendigerweise aus, um nachzuweisen, dass der Zahler

1.
den Zahlungsvorgang autorisiert,
2.
in betrügerischer Absicht gehandelt,
3.
eine oder mehrere Pflichten gemäß § 675l Absatz 1 verletzt oder
4.
vorsätzlich oder grob fahrlässig gegen eine oder mehrere Bedingungen für die Ausgabe und Nutzung des Zahlungsinstruments verstoßen
hat. Der Zahlungsdienstleister muss unterstützende Beweismittel vorlegen, um Betrug, Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit des Zahlungsdienstnutzers nachzuweisen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 210/03 Verkündet am:
5. Oktober 2004
Weber,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
_____________________
BGB §§ 276 E, 676 f, 676 h; Bedingungen der Sparkassen für die Verwendung
der ec-Karte (Fassung Juni 1999) A. III. 2.4

a) Wird zeitnah nach dem Diebstahl einer ec-Karte unter Verwendung dieser Karte
und Eingabe der richtigen persönlichen Geheimzahl (PIN) an Geldausgabeautomaten
Bargeld abgehoben, spricht grundsätzlich der Beweis des ersten Anscheins
dafür, daß der Karteninhaber die PIN auf der ec-Karte notiert oder gemeinsam
mit dieser verwahrt hat, wenn andere Ursachen für den Mißbrauch
nach der Lebenserfahrung außer Betracht bleiben.

b) Die Möglichkeit eines Ausspähens der persönlichen Geheimzahl (PIN) durch
einen unbekannten Dritten kommt als andere Ursache grundsätzlich nur dann in
Betracht, wenn die ec-Karte in einem näheren zeitlichen Zusammenhang mit
der Eingabe der PIN durch den Karteninhaber an einem Geldausgabeautomaten
oder einem POS-Terminal entwendet worden ist.
BGH, Urteil vom 5. Oktober 2004 - XI ZR 210/03 - LG Duisburg
AG Duisburg
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 5. Oktober 2004 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe
und die Richter Dr. Müller, Dr. Wassermann, Dr. Appl und
Dr. Ellenberger

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg vom 8. Mai 2003 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin begehrt die Auszahlung von Geldbeträg en, die nach Abhebungen an Geldausgabeautomaten von der beklagten Sparkasse ihrem Girokonto belastet worden sind.
Die Klägerin unterhielt bei der Beklagten ein Giro konto. Für dieses erteilte die Beklagte der Klägerin im November 1999 eine ec-Karte und eine persönliche Geheimnummer (PIN). Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten für die Verwendung der ec-Karte enthielten unter anderem folgende Regelungen:
"Für Schäden, die vor der Verlustanzeige entstanden sind, haftet der Kontoinhaber, wenn sie auf einer schuldhaften Verletzung seiner Sorgfalts- und Mitwirkungspflichten beruhen. ... Die Sparkasse übernimmt auch die vom Kontoinhaber zu tragenden Schäden, die vor der Verlustanzeige entstanden sind, sofern der Karteninhaber seine Sorgfalts- und Mitwirkungspflichten ... nicht grob fahrlässig verletzt hat. Grobe Fahrlässigkeit des Karteninhabers liegt insbesondere vor, wenn - die persönliche Geheimzahl auf der ec-Karte vermerkt oder zusammen mit der ec-Karte verwahrt war (z.B. der Originalbrief, in dem die PIN dem Karteninhaber mitgeteilt wurde), - die persönliche Geheimzahl einer anderen Person mitgeteilt und der Mißbrauch dadurch verursacht wurde, ..." Mit der ec-Karte der Klägerin wurden an Geldausgab eautomaten zweier anderer Sparkassen ohne Fehlversuch unter Eingabe der richtigen PIN am 23. September 2000 gegen 17.30 Uhr zweimal 500 DM und am Morgen des folgenden Tages 1.000 DM abgehoben. Am 25. September 2000 veranlaßte die Klägerin die Sperrung ihrer ec-Karte. Die Beklagte belastete das Girokonto der Klägerin mit den abgehobenen Beträgen.
Die Klägerin macht geltend, ihr seien am 23. Septe mber 2000 zwischen 15.00 Uhr und 17.00 Uhr auf einem Stadtfest ihr Portemonnaie und die darin befindliche ec-Karte entwendet worden. Ihre persönliche Geheimzahl habe sie nirgendwo notiert, sondern ausschließlich als Telefonnummer in ihrem Mobiltelefon gespeichert gehabt. Dieses sei nicht gestohlen worden. Der Dieb müsse die persönliche Geheimzahl ent-
schlüsselt oder Mängel des Sicherheitssystems der Beklagten zur Geheimhaltung des Institutsschlüssels ausgenutzt haben.
Das Amtsgericht hat der auf Zahlung von 2.000 DM n ebst Zinsen gerichteten Klage stattgegeben, das Landgericht hat sie abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist unbegründet.

I.


Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im wes entlichen wie folgt begründet:
Die Klage sei unbegründet. Die Beklagte habe das G irokonto der Klägerin zu Recht mit 2.000 DM belastet. Die Klägerin sei ihr wegen positiver Verletzung des Girovertrages in dieser Höhe zum Schadensersatz verpflichtet. Zugunsten der Beklagten spreche der Beweis des ersten Anscheins, daß die Klägerin ihre Sorgfaltspflichten zur Aufbewahrung der ec-Karte oder zur Geheimhaltung der persönlichen Geheimzahl grob fahrlässig verletzt habe. Insbesondere komme in Betracht, daß sie die persönliche Geheimzahl auf der ec-Karte vermerkt oder zusammen mit der ec-Karte verwahrt habe. Anders als durch ein grob fahrlässiges Ver-
halten der Klägerin seien die drei Barabhebungen an Geldautomaten durch einen unbefugten Dritten (den Dieb oder einen Komplizen) jeweils ohne jeglichen Fehlversuch bei der Eingabe der PIN nach der Lebenserfahrung nicht zu erklären.
Die PIN der Klägerin und der 128-BIT-Schlüssel des PIN-Systems der von der Beklagten im November 1999 an die Klägerin ausgegebenen ec-Karte hätten am 23. September 2000 nicht entschlüsselt werden können. Nach dem eingeholten Sachverständigengutachten sei es mathematisch ausgeschlossen, die PIN einzelner Karten mit Hilfe von auf ihnen gefundenen Informationen ohne die vorherige Erlangung des Institutsschlüssels zu errechnen; es sei auch mit größtmöglichem finanziellen Einsatz nicht möglich, einen Rechner zu bauen, der eine solche Berechnung des Institutsschlüssels erlaube. Die von dem Sachverständigen erwogenen anderen theoretischen Möglichkeiten, wie ein Täter ohne grob sorgfaltswidriges Verhalten der Klägerin an die PIN ihrer ec-Karte gekommen sein könnte, schlössen weder einen Anscheinsbeweis zu Lasten der Klägerin aus noch könnten sie hier diesen Anschein erschüttern. Denn sämtliche theoretische Möglichkeiten kämen entweder im allgemeinen oder im konkreten Fall ernsthaft nicht in Betracht. Ersteres gelte für sogenannte "Innentäterattacken", d.h. für Angriffe von Mitarbeitern des Kreditinstituts gegen den Institutsschlüssel, für Angriffe gegen die im Rechenzentrum des Kreditinstituts im Umfeld der TransaktionsAutorisierung ablaufende Software oder unbeabsichtigte Sicherheitslükken dieser Software, die eine Geldabhebung auch ohne zutreffende PIN erlauben oder einem Innentäter Angriffsmöglichkeiten bieten könnten. Nach den Ausführungen des Sachverständigen gebe es keine Hinweise dafür, daß solche Möglichkeiten jemals konkret für kriminelle Handlun-
gen entdeckt und ausgenutzt worden seien. Schließlich lägen im konkreten Fall auch keine Anhaltspunkte dafür vor, daß der Täter die PIN der Klägerin ausgespäht habe.

II.


Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung im Ergebnis stand.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruc h gemäß §§ 667, 675 Abs. 1, § 676 f BGB oder §§ 700 Abs. 1, 607 BGB a.F. auf Auszahlung der von einem Dritten unberechtigt abgehobenen 2.000 DM. Die Beklagte hat das Konto der Klägerin zu Recht mit den am 23. und 24. September 2000 an Geldausgabeautomaten erfolgten Barabhebungen in Höhe von insgesamt 2.000 DM belastet.
1. Die Beklagte hat zwar nach dem - hier gemäß Art . 229 § 2 Abs. 1 EGBGB bereits anwendbaren - § 676 h Satz 1 BGB keinen Aufwendungsersatzanspruch gemäß §§ 670, 675 Abs. 1, § 676 f BGB gegen die Klägerin. Die Beklagte hat nicht bewiesen, daß die hier in Rede stehenden Geldabhebungen von der Klägerin selbst oder mit ihrem Einverständnis durch einen Dritten vorgenommen worden sind. Vielmehr ist das Berufungsgericht zu der Feststellung gelangt, daß die Geldabhebungen durch einen unbefugten Dritten, nämlich den Dieb oder einen Komplizen mit Hilfe der Original-ec-Karte, erfolgt sind. Das wird auch von der Revisionserwiderung nicht in Zweifel gezogen.
2. Der Beklagten steht aber gegen die Klägerin ein Schadensersatzanspruch wegen positiver Vertragsverletzung zu, den sie in das Kontokorrent einstellen (vgl. BGHZ 84, 371, 376) und mit dem sie das Girokonto der Klägerin belasten durfte. Die Klägerin haftet für die durch die mißbräuchliche Verwendung ihrer ec-Karte entstandenen Schäden, weil diese auf einer grob fahrlässigen Verletzung der Sorgfalts- und Mitwirkungspflichten der Klägerin beruhen. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zutreffend angenommen, zugunsten der hierfür beweispflichtigen Beklagten spreche der Beweis des ersten Anscheins, daß die Klägerin ihre Pflicht zur Geheimhaltung der persönlichen Geheimzahl verletzt hat, indem sie diese auf der ec-Karte vermerkt oder zusammen mit der ecKarte verwahrt hat.

a) Das Vermerken der persönlichen Geheimzahl auf d er ec-Karte oder ihre Verwahrung zusammen mit dieser stellt - wovon auch Nr. A. III. 2.4 der Bedingungen für die Verwendung der ec-Karte ausgeht - eine grobe Fahrlässigkeit des Karteninhabers dar; dabei trägt die Bewertung dieser Handlungsweisen als grob fahrlässig dem Umstand Rechnung, daß dadurch der besondere Schutz, den die für Abhebungen neben der ec-Karte zusätzlich benötigte Geheimnummer bietet, aufgehoben wird, weil ein Unbefugter, dem ec-Karte und Geheimnummer gemeinsam in die Hände fallen, ohne weiteres Abhebungen vornehmen kann (BGHZ 145, 337, 340 f.).

b) Zu Recht ist das Berufungsgericht zu dem Ergebn is gelangt, der Beweis des ersten Anscheins spreche dafür, daß die Klägerin die persönliche Geheimzahl auf ihrer ec-Karte vermerkt oder sie zusammen mit
dieser verwahrt habe. Diesen Beweis des ersten Anscheins hat die Klägerin nicht erschüttert.
aa) Die Frage, ob ein Anscheinsbeweis eingreift, u nterliegt der Prüfung durch das Revisionsgericht (BGHZ 100, 31, 33; BGH, Urteil vom 17. Februar 1988 - IVa ZR 277/86, NJW-RR 1988, 789, 790). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind die Grundsätze über den Beweis des ersten Anscheins nur bei typischen Geschehensabläufen anwendbar, d.h. in Fällen, in denen ein bestimmter Sachverhalt feststeht, der nach der allgemeinen Lebenserfahrung auf eine bestimmte Ursache oder auf einen bestimmten Ablauf als maßgeblich für den Eintritt eines bestimmten Erfolges hinweist (BGHZ 100, 31, 33; BGH, Urteile vom 23. Januar 1997 - I ZR 29/94, WM 1997, 1493, 1496 und vom 4. Dezember 2000 - II ZR 293/99, NJW 2001, 1140, 1141). Dabei bedeutet Typizität nicht, daß die Ursächlichkeit einer bestimmten Tatsache für einen bestimmten Erfolg bei allen Sachverhalten dieser Fallgruppe notwendig immer vorhanden ist; sie muß aber so häufig gegeben sein, daß die Wahrscheinlichkeit, einen solchen Fall vor sich zu haben, sehr groß ist (BGH, Urteil vom 6. März 1991 - IV ZR 82/90, VersR 1991, 460, 462).
Spricht ein Anscheinsbeweis für einen bestimmten U rsachenverlauf , kann der Inanspruchgenommene diesen entkräften, indem er Tatsachen darlegt und gegebenenfalls beweist, die die ernsthafte, ebenfalls in Betracht kommende Möglichkeit einer anderen Ursache nahelegen (BGH, Urteile vom 3. Juli 1990 - VI ZR 239/89, NJW 1991, 230, 231 m.w.Nachw. und vom 17. Januar 1995 - X ZR 82/93, VersR 1995, 723, 724). Der Anscheinsbeweis kann auch erschüttert werden, wenn unstreitig oder vom Inanspruchgenommenen bewiesen ist, daß ein schädigen-
des Ereignis durch zwei verschiedene Ursachen mit jeweils typischen Geschehensabläufen herbeigeführt worden sein kann und jede für sich allein den Schaden verursacht haben kann; haftet der Inanspruchgenommene in einem solchen Fall nur für eine der möglichen Ursachen, sind die Regeln über den Anscheinsbeweis nicht anwendbar (BGHZ 24, 308, 313; BGH, Urteile vom 20. Juni 1978 - VI ZR 15/77, NJW 1978, 2032, 2033 und vom 17. Januar 1995 - X ZR 82/93, VersR 1995, 723, 724). Dabei kommt es nicht darauf an, ob die eine oder andere Verursachungsmöglichkeit nach den Erfahrungen des täglichen Lebens die wahrscheinlichere ist (BGHZ 24, 308, 313; BGH, Urteil vom 17. Februar 1988 - IVa ZR 277/86, NJW-RR 1988, 789, 790 m.w.Nachw.).
bb) Nach diesen Maßstäben greift im Ergebnis der B eweis des ersten Anscheins zu Lasten der Klägerin ein, daß sie ihre persönliche Geheimzahl entweder auf ihrer ec-Karte notiert oder sie gemeinsam mit dieser aufbewahrt hat.
(1) Das Berufungsurteil ist allerdings rechtsfehle rhaft, soweit das Berufungsgericht einen Beweis des ersten Anscheins unter anderem dafür angenommen hat, daß die Klägerin ihre Sorgfaltspflichten zur Aufbewahrung der ec-Karte grob fahrlässig verletzt habe. Es besteht kein allgemeiner Erfahrungssatz des Inhalts, daß eine Person, der bei einem Straßenfest das Portemonnaie mit der darin befindlichen ec-Karte entwendet wird, diesen Diebstahl in grob fahrlässiger Weise ermöglicht hat. Feststellungen zur Art und Weise der Aufbewahrung von Portemonnaie nebst ec-Karte seitens der Klägerin hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Es kann deshalb nicht ausgeschlossen werden, daß die Aufbe-
wahrung des Portemonnaie durch die Klägerin nicht sorgfaltswidrig war oder den Diebstahl in nur leicht fahrlässiger Weise ermöglicht hat.
(2) Der Senat hat bisher offengelassen, ob in Fäll en, in denen an Geldausgabeautomaten unter Verwendung der zutreffenden Geheimzahl Geld abgehoben wurde, der Beweis des ersten Anscheins dafür spricht, daß entweder der Kartenbesitzer als rechtmäßiger Kontoinhaber die Abhebungen selbst vorgenommen hat oder - was hier nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts allein in Betracht kommt - daß ein Dritter nach der Entwendung der ec-Karte von der Geheimnummer nur wegen ihrer Verwahrung gemeinsam mit der ec-Karte Kenntnis erlangen konnte (BGHZ 145, 337, 342). In der Rechtsprechung der Instanzgerichte und in der Literatur wird ein entsprechender Beweis des ersten Anscheins zu Lasten des Kontoinhabers überwiegend angenommen (OLG Frankfurt - 8. Zivilsenat - WM 2002, 2101, 2102 f.; OLG Stuttgart WM 2003, 125, 126 f.; LG Hannover WM 1998, 1123 f.; LG Stuttgart WM 1999, 1934 f.; LG Frankfurt am Main WM 1999, 1930, 1932 f.; LG Darmstadt WM 2000, 911, 913 f.; LG Köln WM 2001, 852, 853; LG Berlin - 52. Zivilkammer - WM 2003, 128, 129; AG Diepholz WM 1995, 1919, 1920; AG Hannover WM 1997, 1207, 1208 f.; AG Wuppertal WM 1997, 1209; AG Charlottenburg WM 1997, 2082; AG Dinslaken WM 1998, 1126; AG Osnabrück WM 1998, 1127, 1128; AG Frankfurt am Main NJW 1998, 687 f. und BKR 2003, 514, 516; AG Flensburg VuR 2000, 131 f.; AG Hohenschönhausen WM 2002, 1057, 1058 f.; AG Regensburg WM 2002, 2105, 2106 f.; AG Nürnberg WM 2003, 531, 532 f.; AG Charlottenburg WM 2003, 1174, 1175; Werner WM 1997, 1516; Aepfelbach/Cimiotti WM 1998, 1218; Gößmann WM 1998, 1264, 1269; Palandt/Sprau, BGB 63. Aufl. § 676 h Rdn. 13; Musielak/Foerste,
ZPO 3. Aufl. § 286 Rdn. 26), von einem erheblichen Teil aber verneint (OLG Hamm WM 1997, 1203, 1206 f.; OLG Frankfurt - 7. Zivilsenat - WM 2001, 1898; OLG Frankfurt - 24. Zivilsenat - WM 2002, 1055, 1056 f.; LG Berlin - 51. Zivilkammer - WM 1999, 1920; LG Dortmund CR 1999, 556, 557; LG Mönchengladbach VuR 2001, 17, 18; LG Osnabrück WM 2003, 1951, 1953; AG Buchen VuR 1998, 42 f.; AG Hamburg VuR 1999, 88, 89 f.; AG Berlin-Mitte VuR 1999, 201, 202 f. und EWiR 2003, 891; AG Frankfurt am Main WM 1999, 1922, 1924 ff.; AG München NJW-RR 2001, 1056, 1057; AG Dortmund BKR 2003, 912, 913; AG Essen BKR 2003, 514; Pausch CR 1997, 174; Strube WM 1998, 1210, 1212 ff.; Zöller/Greger, ZPO 24. Aufl. vor § 284 Rdn. 31). Dabei betrifft der überwiegende Teil der veröffentlichten Entscheidungen und Literaturstimmen allerdings das ab Ende 1997 abgelöste alte Verfahren zur Erzeugung und Verifizierung der persönlichen Geheimzahl mit Hilfe eines geheimen Instituts- oder Poolschlüssels in einer Breite von 56 BIT und ist daher für die Beurteilung der Sicherheit der ab diesem Zeitpunkt eingeführten neuen Verschlüsselungsverfahren nur sehr eingeschränkt aussagekräftig.
(3) Mit dem Berufungsgericht ist der Senat der Auf fassung, daß in einem Fall der hier vorliegenden Art der Beweis des ersten Anscheins für ein grob fahrlässiges Verhalten des Karteninhabers im Zusammenhang mit der Geheimhaltung seiner persönlichen Geheimzahl spricht.
(a) Die Grundsätze über den Anscheinsbeweis sind e ntgegen der Auffassung der Revision nicht deshalb unanwendbar, weil es mehrere theoretische und praktische Möglichkeiten der Kenntniserlangung von der persönlichen Geheimzahl durch einen Dritten gibt. Zu Recht ist das
Berufungsgericht vielmehr zu dem Ergebnis gelangt, daß die hier in Rede stehenden Bargeldabhebungen mit Hilfe der Original-ec-Karte und richtiger PIN durch einen unbefugten Dritten anders als durch ein grob fahrlässiges Verhalten der Klägerin nicht zu erklären seien, weil andere Ursachen zwar theoretisch möglich seien, bei wertender Betrachtung aber außerhalb der Lebenserfahrung lägen.
(b) Gegen die Anwendbarkeit der Grundsätze über de n Anscheinsbeweis vermag die Revision auch nicht anzuführen, ein Erfahrungssatz, daß die persönliche Geheimzahl auf der Karte notiert oder gemeinsam mit dieser verwahrt würde, sei nicht empirisch belegt. Empirischer Befunde bedarf es für die Anwendbarkeit des Anscheinsbeweises nicht. Dieser setzt lediglich voraus, daß ein Sachverhalt feststeht, bei dem der behauptete ursächliche Zusammenhang typischerweise gegeben ist, beruht also auf der Auswertung von Wahrscheinlichkeiten, die aufgrund der Lebenserfahrung anzunehmen sind und die dem Richter hiernach die Überzeugung (§ 286 ZPO) vermitteln, daß auch in dem von ihm zu entscheidenden Fall der Ursachenverlauf so gewesen ist wie in den vergleichbaren Fällen (BGH, Urteil vom 17. Februar 1988 - IVa ZR 277/86, NJW-RR 1988, 789, 790).
(c) Das Berufungsgericht ist - sachverständig bera ten - zu der Feststellung gelangt, es sei auch mit größtmöglichem finanziellen Aufwand mathematisch ausgeschlossen, die PIN einzelner Karten aus den auf ec-Karten vorhandenen Daten ohne die vorherige Erlangung des zur Verschlüsselung verwendeten Institutsschlüssels in einer Breite von 128 BIT zu errechnen. Dies entspricht der Beurteilung, die das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik in einer schriftlichen Aus-
kunft vom 27. November 2001 für das vom Deutschen Sparkassen- und Giroverband neu eingeführte PIN-Verfahren abgegeben hat. Die vom Berufungsgericht vorgenommene Beweiswürdigung kann vom Senat lediglich daraufhin überprüft werden, ob sich das Berufungsgericht entsprechend dem Gebot des § 286 ZPO mit dem Streitstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (st.Rspr., vgl. BGH, Urteile vom 11. Februar 1987 - IVb ZR 23/86, NJW 1987, 1557, 1558, vom 1. Oktober 1996 - VI ZR 10/96, NJW 1997, 796, 797 und vom 9. Juli 1999 - V ZR 12/98, WM 1999, 1889, 1890). Einen solchen Fehler weist die Revision nicht nach. Mit ihrer Rüge, die Lebenserfahrung spreche gerade in Zeiten beschleunigt fortschreitender Computerentwicklung und der vielfältigen Möglichkeiten des Internets gegen die Annahme einer fehlenden Entschlüsselungsmöglichkeit, versucht die Revision lediglich, die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts durch eine andere, der Klägerin günstigere zu ersetzen.
(d) Die Regeln über den Anscheinsbeweis sind auch nicht deshalb unanwendbar, weil hier davon auszugehen wäre, daß der Schaden durch zwei verschiedene Ursachen herbeigeführt worden sein kann, die beide typische Geschehensabläufe sind, für die die Klägerin aber nur in einem Fall die Haftung zu übernehmen hätte. Das wäre dann der Fall, wenn als weiterer typischer Geschehensablauf in Betracht zu ziehen wäre, daß die Eingabe der zutreffenden PIN durch den Dieb der ec-Karte dadurch ermöglicht wurde, daß dieser zuvor die persönliche Geheimzahl des Karteninhabers ausgespäht hat, als dieser sie bei Abhebungen an Geldausgabeautomaten oder beim Einsatz der ec-Karte an einem POS-Terminal
zur Zahlung eines Geldbetrages eingab. Eine Ausspähung der PIN etwa mit Hilfe optischer oder technischer Hilfsmittel oder durch eine Manipulation des Geldausgabeautomaten oder ein aufmerksames Verfolgen der PIN-Eingabe an POS-Terminals oder Geldausgabeautomaten ohne ausreichenden Sichtschutz des Eingabetastenfeldes ist zwar durchaus denkbar. Als ernsthafte Möglichkeit einer Schadensursache, die den Beweis des ersten Anscheins für eine grob fahrlässige gemeinsame Verwahrung von ec-Karte und PIN durch den Karteninhaber bei Eingabe der zutreffenden PIN durch einen unbefugten Dritten entfallen läßt, kommt ein Ausspähen der PIN aber nur dann in Betracht, wenn die ec-Karte in einem näheren zeitlichen Zusammenhang mit der Eingabe der PIN durch den Karteninhaber entwendet worden ist. Durch Ausspähen erlangt der Täter zunächst nur Kenntnis von der PIN, gelangt aber nicht in den Besitz der ec-Karte. Da er den Karteninhaber regelmäßig nicht persönlich kennt, muß er die ec-Karte alsbald nach dem Ausspähen der PIN entwenden.
Dafür ist hier nichts vorgetragen. Die Klägerin ha t vielmehr im Gegenteil vorgebracht, sie habe am Tag des Diebstahls mit der ec-Karte kein Geld abgehoben; ein Ausspähen der PIN sei "nicht möglich gewesen". Der Täter habe "ausschließlich die Möglichkeit" gehabt, die "PIN durch eigene Computertechnik in Erfahrung zu bringen". Aufgrund dessen hat das Berufungsgericht, von der Revision unangegriffen, festgestellt , für ein Ausspähen der PIN gebe es hier keine Anhaltspunkte.
(e) Ohne Rechtsfehler mißt das Berufungsgericht fe rner sogenannten "Innentäterattacken", d.h. Angriffen von Bankmitarbeitern, etwa zur Ausspähung des der Verschlüsselung dienenden Institutsschlüssels, An-
griffen gegen die im Rechenzentrum des Kreditinstituts im Umfeld der Transaktionsautorisierung ablaufende Software und unbeabsichtigten Sicherheitslücken dieser Software keine einem Anscheinsbeweis zu Lasten des Kontoinhabers entgegenstehende Wahrscheinlichkeit zu. Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang nicht einen Beweisantrag der Klägerin verfahrensfehlerhaft übergangen. Diese hat lediglich unter Sachverständigenbeweis gestellt, daß die Maßnahmen in Bankrechenzentren und Bankverlagen zum Schutz der Software, zur Geheimhaltung der Institutsschlüssel und zur Vermeidung anderer interner Angriffe auf das PIN-System nicht ausreichend seien, um erfolgreiche Angriffe auszuschließen. Daß derartige - von der Klägerin damit nicht substantiiert behauptete - Sicherheits- und Softwaremängel als Ursachen für die Möglichkeit eines Mißbrauchs einer gestohlenen ec-Karte theoretisch in Betracht kommen, ergab sich aber bereits aus dem vom Berufungsgericht eingeholten Sachverständigengutachten. Das Berufungsgericht hat diese Ursachen als rein theoretischer Natur und als im allgemeinen außerhalb der Lebenserfahrung liegend angesehen, weil es nach den Ausführungen des Sachverständigen keine Hinweise darauf gebe, daß solche Möglichkeiten je konkret für kriminelle Handlungen entdeckt oder ausgenutzt worden seien. Das ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, zumal die Beklagte unwidersprochen vorgetragen hat, bei ihr sei es nie zu einer "Innentäterattacke" gekommen. Auch die durch keinerlei Tatsachenvortrag gestützte Vermutung der Klägerin, der Institutsschlüssel der Beklagten könne in kriminellen Kreisen bekannt geworden sein, ist deshalb nicht geeignet, der Anwendung des Anscheinsbeweises die Grundlage zu entziehen.
(f) Die Revision vermag der Anwendung der Grundsät ze über den Anscheinsbeweis nicht entgegenzuhalten, daß sie in der Regel nicht geeignet seien, grobe Fahrlässigkeit von einfacher Fahrlässigkeit abzugrenzen. Der Anscheinsbeweis führt hier lediglich zur Annahme eines bestimmten tatsächlichen Verhaltens des Karteninhabers, nämlich daß er seine persönliche Geheimzahl entweder auf der ec-Karte notiert oder gemeinsam mit dieser aufbewahrt hat. Erst in einem weiteren Schritt wird dieses tatsächliche Verhalten entsprechend den vereinbarten Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten für die Verwendung der ecKarte rechtlich als grob fahrlässig bewertet. Inhaltlich sind die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten insoweit nicht zu beanstanden. Sie lassen ein Notieren der PIN, auf das ein Teil der Bankkunden nicht verzichten kann, ohne weiteres zu; lediglich eine getrennte Verwahrung von ec-Karte und notierter PIN muß gewährleistet sein.
(g) Zu Unrecht ist die Revision weiter der Auffass ung, die Anwendung der Grundsätze über den Anscheinsbeweis durch die Rechtsprechung führe in Fällen der vorliegenden Art im Ergebnis zu einer Beweislastumkehr und bewirke eine verschuldensunabhängige, garantieähnliche Haftung des Bankkunden, weil der Karteninhaber nicht in der Lage sei, Sicherheitslücken im System aufzuzeigen. Der Anscheinsbeweis führt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht zu einer Umkehr der Beweislast (BGHZ 100, 31, 34 m.w.Nachw.). Wenn der Karteninhaber dem Anscheinsbeweis durch die konkrete Darlegung und gegebenenfalls den Nachweis der Möglichkeit eines atypischen Verlaufs die Grundlage entzieht, hat das Kreditinstitut den vollen Beweis zu erbringen, daß der Karteninhaber eine Abhebung am Geldausgabeauto-
maten selbst vorgenommen oder den Mißbrauch der ec-Karte durch einen unbefugten Dritten grob fahrlässig ermöglicht hat.
Es ist auch nicht generell so, daß der Karteninhab er nicht in der Lage ist, Sicherheitslücken im System des Kartenausgebers aufzuzeigen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur sekundären Darlegungslast kann es Sache einer nicht primär darlegungsund beweispflichtigen Partei sein, sich im Rahmen der ihr nach § 138 Abs. 2 ZPO obliegenden Erklärungspflicht zu den Behauptungen der beweispflichtigen Partei konkret zu äußern, wenn diese außerhalb des von ihr vorzutragenden Geschehensablaufs steht und keine nähere Kenntnis der maßgebenden Tatsachen besitzt, ihr Prozeßgegner aber die wesentlichen Umstände kennt und es ihm zumutbar ist, dazu nähere Angaben zu machen (BGHZ 140, 156, 158 f.; 145, 35, 41; BGH, Urteile vom 24. November 1998 - VI ZR 388/97, NJW 1999, 714 f. m.w.Nachw. und vom 11. Dezember 2001 - VI ZR 350/00, WM 2002, 347, 349). Das gilt auch für das kartenausgebende Kreditinstitut hinsichtlich der von ihm - im Rahmen des Zumutbaren und gegebenenfalls in verallgemeinernder Weise - darzulegenden Sicherheitsvorkehrungen. Dadurch wird der Karteninhaber in die Lage versetzt, Beweis für von ihm vermutete Sicherheitsmängel antreten zu können (vgl. BGH, Urteil vom 15. Mai 2003 - III ZR 7/02, BGHReport 2003, 891, 892). Das Kreditinstitut wird zudem aus dem mit dem Karteninhaber bestehenden Girovertrag regelmäßig als verpflichtet anzusehen sein, sämtliche in seinem Besitz befindlichen technischen Aufzeichnungen, die die streitigen oder vorangegangene Auszahlungsvorgänge betreffen oder hierüber Aufschluß geben können, bis zur Klärung der Angelegenheit aufzuheben und dem Kontoinhaber gegebenenfalls auch zugänglich zu machen (vgl. BGH, Urteil vom
21. November 1995 - VI ZR 341/94, NJW 1996, 779, 780 f.). Schließlich kann sich zugunsten des Karteninhabers auswirken, daß derjenige, der die Gegenpartei schuldhaft in der Möglichkeit beschneidet, den Anscheinsbeweis zu erschüttern oder zu widerlegen, sich nicht auf die Grundsätze des Anscheinsbeweises berufen kann (BGH, Urteil vom 17. Juni 1997 - X ZR 119/94, WM 1998, 204, 206).

III.


Die Revision der Klägerin war daher als unbegründe t zurückzuweisen.
Nobbe Müller Wassermann
Appl Ellenberger

Ist die Autorisierung eines ausgeführten Zahlungsvorgangs streitig, hat der Zahlungsdienstleister nachzuweisen, dass eine Authentifizierung erfolgt ist und der Zahlungsvorgang ordnungsgemäß aufgezeichnet, verbucht sowie nicht durch eine Störung beeinträchtigt wurde. Eine Authentifizierung ist erfolgt, wenn der Zahlungsdienstleister die Nutzung eines bestimmten Zahlungsinstruments, einschließlich seiner personalisierten Sicherheitsmerkmale, mit Hilfe eines Verfahrens überprüft hat. Wurde der Zahlungsvorgang mittels eines Zahlungsinstruments ausgelöst, reicht die Aufzeichnung der Nutzung des Zahlungsinstruments einschließlich der Authentifizierung durch den Zahlungsdienstleister und gegebenenfalls einen Zahlungsauslösedienstleister allein nicht notwendigerweise aus, um nachzuweisen, dass der Zahler

1.
den Zahlungsvorgang autorisiert,
2.
in betrügerischer Absicht gehandelt,
3.
eine oder mehrere Pflichten gemäß § 675l Absatz 1 verletzt oder
4.
vorsätzlich oder grob fahrlässig gegen eine oder mehrere Bedingungen für die Ausgabe und Nutzung des Zahlungsinstruments verstoßen
hat. Der Zahlungsdienstleister muss unterstützende Beweismittel vorlegen, um Betrug, Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit des Zahlungsdienstnutzers nachzuweisen.

(1) Beruhen nicht autorisierte Zahlungsvorgänge auf der Nutzung eines verloren gegangenen, gestohlenen oder sonst abhandengekommenen Zahlungsinstruments oder auf der sonstigen missbräuchlichen Verwendung eines Zahlungsinstruments, so kann der Zahlungsdienstleister des Zahlers von diesem den Ersatz des hierdurch entstandenen Schadens bis zu einem Betrag von 50 Euro verlangen.

(2) Der Zahler haftet nicht nach Absatz 1, wenn

1.
es ihm nicht möglich gewesen ist, den Verlust, den Diebstahl, das Abhandenkommen oder eine sonstige missbräuchliche Verwendung des Zahlungsinstruments vor dem nicht autorisierten Zahlungsvorgang zu bemerken, oder
2.
der Verlust des Zahlungsinstruments durch einen Angestellten, einen Agenten, eine Zweigniederlassung eines Zahlungsdienstleisters oder eine sonstige Stelle, an die Tätigkeiten des Zahlungsdienstleisters ausgelagert wurden, verursacht worden ist.

(3) Abweichend von den Absätzen 1 und 2 ist der Zahler seinem Zahlungsdienstleister zum Ersatz des gesamten Schadens verpflichtet, der infolge eines nicht autorisierten Zahlungsvorgangs entstanden ist, wenn der Zahler

1.
in betrügerischer Absicht gehandelt hat oder
2.
den Schaden herbeigeführt hat durch vorsätzliche oder grob fahrlässige Verletzung
a)
einer oder mehrerer Pflichten gemäß § 675l Absatz 1 oder
b)
einer oder mehrerer vereinbarter Bedingungen für die Ausgabe und Nutzung des Zahlungsinstruments.

(4) Abweichend von den Absätzen 1 und 3 ist der Zahler seinem Zahlungsdienstleister nicht zum Schadensersatz verpflichtet, wenn

1.
der Zahlungsdienstleister des Zahlers eine starke Kundenauthentifizierung im Sinne des § 1 Absatz 24 des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes nicht verlangt oder
2.
der Zahlungsempfänger oder sein Zahlungsdienstleister eine starke Kundenauthentifizierung im Sinne des § 1 Absatz 24 des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes nicht akzeptiert.
Satz 1 gilt nicht, wenn der Zahler in betrügerischer Absicht gehandelt hat. Im Fall von Satz 1 Nummer 2 ist derjenige, der eine starke Kundenauthentifizierung nicht akzeptiert, verpflichtet, dem Zahlungsdienstleister des Zahlers den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.

(5) Abweichend von den Absätzen 1 und 3 ist der Zahler nicht zum Ersatz von Schäden verpflichtet, die aus der Nutzung eines nach der Anzeige gemäß § 675l Absatz 1 Satz 2 verwendeten Zahlungsinstruments entstanden sind. Der Zahler ist auch nicht zum Ersatz von Schäden im Sinne des Absatzes 1 verpflichtet, wenn der Zahlungsdienstleister seiner Pflicht gemäß § 675m Abs. 1 Nr. 3 nicht nachgekommen ist. Die Sätze 1 und 2 sind nicht anzuwenden, wenn der Zahler in betrügerischer Absicht gehandelt hat.

Ist die Autorisierung eines ausgeführten Zahlungsvorgangs streitig, hat der Zahlungsdienstleister nachzuweisen, dass eine Authentifizierung erfolgt ist und der Zahlungsvorgang ordnungsgemäß aufgezeichnet, verbucht sowie nicht durch eine Störung beeinträchtigt wurde. Eine Authentifizierung ist erfolgt, wenn der Zahlungsdienstleister die Nutzung eines bestimmten Zahlungsinstruments, einschließlich seiner personalisierten Sicherheitsmerkmale, mit Hilfe eines Verfahrens überprüft hat. Wurde der Zahlungsvorgang mittels eines Zahlungsinstruments ausgelöst, reicht die Aufzeichnung der Nutzung des Zahlungsinstruments einschließlich der Authentifizierung durch den Zahlungsdienstleister und gegebenenfalls einen Zahlungsauslösedienstleister allein nicht notwendigerweise aus, um nachzuweisen, dass der Zahler

1.
den Zahlungsvorgang autorisiert,
2.
in betrügerischer Absicht gehandelt,
3.
eine oder mehrere Pflichten gemäß § 675l Absatz 1 verletzt oder
4.
vorsätzlich oder grob fahrlässig gegen eine oder mehrere Bedingungen für die Ausgabe und Nutzung des Zahlungsinstruments verstoßen
hat. Der Zahlungsdienstleister muss unterstützende Beweismittel vorlegen, um Betrug, Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit des Zahlungsdienstnutzers nachzuweisen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 210/03 Verkündet am:
5. Oktober 2004
Weber,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
_____________________
BGB §§ 276 E, 676 f, 676 h; Bedingungen der Sparkassen für die Verwendung
der ec-Karte (Fassung Juni 1999) A. III. 2.4

a) Wird zeitnah nach dem Diebstahl einer ec-Karte unter Verwendung dieser Karte
und Eingabe der richtigen persönlichen Geheimzahl (PIN) an Geldausgabeautomaten
Bargeld abgehoben, spricht grundsätzlich der Beweis des ersten Anscheins
dafür, daß der Karteninhaber die PIN auf der ec-Karte notiert oder gemeinsam
mit dieser verwahrt hat, wenn andere Ursachen für den Mißbrauch
nach der Lebenserfahrung außer Betracht bleiben.

b) Die Möglichkeit eines Ausspähens der persönlichen Geheimzahl (PIN) durch
einen unbekannten Dritten kommt als andere Ursache grundsätzlich nur dann in
Betracht, wenn die ec-Karte in einem näheren zeitlichen Zusammenhang mit
der Eingabe der PIN durch den Karteninhaber an einem Geldausgabeautomaten
oder einem POS-Terminal entwendet worden ist.
BGH, Urteil vom 5. Oktober 2004 - XI ZR 210/03 - LG Duisburg
AG Duisburg
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 5. Oktober 2004 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe
und die Richter Dr. Müller, Dr. Wassermann, Dr. Appl und
Dr. Ellenberger

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg vom 8. Mai 2003 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin begehrt die Auszahlung von Geldbeträg en, die nach Abhebungen an Geldausgabeautomaten von der beklagten Sparkasse ihrem Girokonto belastet worden sind.
Die Klägerin unterhielt bei der Beklagten ein Giro konto. Für dieses erteilte die Beklagte der Klägerin im November 1999 eine ec-Karte und eine persönliche Geheimnummer (PIN). Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten für die Verwendung der ec-Karte enthielten unter anderem folgende Regelungen:
"Für Schäden, die vor der Verlustanzeige entstanden sind, haftet der Kontoinhaber, wenn sie auf einer schuldhaften Verletzung seiner Sorgfalts- und Mitwirkungspflichten beruhen. ... Die Sparkasse übernimmt auch die vom Kontoinhaber zu tragenden Schäden, die vor der Verlustanzeige entstanden sind, sofern der Karteninhaber seine Sorgfalts- und Mitwirkungspflichten ... nicht grob fahrlässig verletzt hat. Grobe Fahrlässigkeit des Karteninhabers liegt insbesondere vor, wenn - die persönliche Geheimzahl auf der ec-Karte vermerkt oder zusammen mit der ec-Karte verwahrt war (z.B. der Originalbrief, in dem die PIN dem Karteninhaber mitgeteilt wurde), - die persönliche Geheimzahl einer anderen Person mitgeteilt und der Mißbrauch dadurch verursacht wurde, ..." Mit der ec-Karte der Klägerin wurden an Geldausgab eautomaten zweier anderer Sparkassen ohne Fehlversuch unter Eingabe der richtigen PIN am 23. September 2000 gegen 17.30 Uhr zweimal 500 DM und am Morgen des folgenden Tages 1.000 DM abgehoben. Am 25. September 2000 veranlaßte die Klägerin die Sperrung ihrer ec-Karte. Die Beklagte belastete das Girokonto der Klägerin mit den abgehobenen Beträgen.
Die Klägerin macht geltend, ihr seien am 23. Septe mber 2000 zwischen 15.00 Uhr und 17.00 Uhr auf einem Stadtfest ihr Portemonnaie und die darin befindliche ec-Karte entwendet worden. Ihre persönliche Geheimzahl habe sie nirgendwo notiert, sondern ausschließlich als Telefonnummer in ihrem Mobiltelefon gespeichert gehabt. Dieses sei nicht gestohlen worden. Der Dieb müsse die persönliche Geheimzahl ent-
schlüsselt oder Mängel des Sicherheitssystems der Beklagten zur Geheimhaltung des Institutsschlüssels ausgenutzt haben.
Das Amtsgericht hat der auf Zahlung von 2.000 DM n ebst Zinsen gerichteten Klage stattgegeben, das Landgericht hat sie abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist unbegründet.

I.


Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im wes entlichen wie folgt begründet:
Die Klage sei unbegründet. Die Beklagte habe das G irokonto der Klägerin zu Recht mit 2.000 DM belastet. Die Klägerin sei ihr wegen positiver Verletzung des Girovertrages in dieser Höhe zum Schadensersatz verpflichtet. Zugunsten der Beklagten spreche der Beweis des ersten Anscheins, daß die Klägerin ihre Sorgfaltspflichten zur Aufbewahrung der ec-Karte oder zur Geheimhaltung der persönlichen Geheimzahl grob fahrlässig verletzt habe. Insbesondere komme in Betracht, daß sie die persönliche Geheimzahl auf der ec-Karte vermerkt oder zusammen mit der ec-Karte verwahrt habe. Anders als durch ein grob fahrlässiges Ver-
halten der Klägerin seien die drei Barabhebungen an Geldautomaten durch einen unbefugten Dritten (den Dieb oder einen Komplizen) jeweils ohne jeglichen Fehlversuch bei der Eingabe der PIN nach der Lebenserfahrung nicht zu erklären.
Die PIN der Klägerin und der 128-BIT-Schlüssel des PIN-Systems der von der Beklagten im November 1999 an die Klägerin ausgegebenen ec-Karte hätten am 23. September 2000 nicht entschlüsselt werden können. Nach dem eingeholten Sachverständigengutachten sei es mathematisch ausgeschlossen, die PIN einzelner Karten mit Hilfe von auf ihnen gefundenen Informationen ohne die vorherige Erlangung des Institutsschlüssels zu errechnen; es sei auch mit größtmöglichem finanziellen Einsatz nicht möglich, einen Rechner zu bauen, der eine solche Berechnung des Institutsschlüssels erlaube. Die von dem Sachverständigen erwogenen anderen theoretischen Möglichkeiten, wie ein Täter ohne grob sorgfaltswidriges Verhalten der Klägerin an die PIN ihrer ec-Karte gekommen sein könnte, schlössen weder einen Anscheinsbeweis zu Lasten der Klägerin aus noch könnten sie hier diesen Anschein erschüttern. Denn sämtliche theoretische Möglichkeiten kämen entweder im allgemeinen oder im konkreten Fall ernsthaft nicht in Betracht. Ersteres gelte für sogenannte "Innentäterattacken", d.h. für Angriffe von Mitarbeitern des Kreditinstituts gegen den Institutsschlüssel, für Angriffe gegen die im Rechenzentrum des Kreditinstituts im Umfeld der TransaktionsAutorisierung ablaufende Software oder unbeabsichtigte Sicherheitslükken dieser Software, die eine Geldabhebung auch ohne zutreffende PIN erlauben oder einem Innentäter Angriffsmöglichkeiten bieten könnten. Nach den Ausführungen des Sachverständigen gebe es keine Hinweise dafür, daß solche Möglichkeiten jemals konkret für kriminelle Handlun-
gen entdeckt und ausgenutzt worden seien. Schließlich lägen im konkreten Fall auch keine Anhaltspunkte dafür vor, daß der Täter die PIN der Klägerin ausgespäht habe.

II.


Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung im Ergebnis stand.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruc h gemäß §§ 667, 675 Abs. 1, § 676 f BGB oder §§ 700 Abs. 1, 607 BGB a.F. auf Auszahlung der von einem Dritten unberechtigt abgehobenen 2.000 DM. Die Beklagte hat das Konto der Klägerin zu Recht mit den am 23. und 24. September 2000 an Geldausgabeautomaten erfolgten Barabhebungen in Höhe von insgesamt 2.000 DM belastet.
1. Die Beklagte hat zwar nach dem - hier gemäß Art . 229 § 2 Abs. 1 EGBGB bereits anwendbaren - § 676 h Satz 1 BGB keinen Aufwendungsersatzanspruch gemäß §§ 670, 675 Abs. 1, § 676 f BGB gegen die Klägerin. Die Beklagte hat nicht bewiesen, daß die hier in Rede stehenden Geldabhebungen von der Klägerin selbst oder mit ihrem Einverständnis durch einen Dritten vorgenommen worden sind. Vielmehr ist das Berufungsgericht zu der Feststellung gelangt, daß die Geldabhebungen durch einen unbefugten Dritten, nämlich den Dieb oder einen Komplizen mit Hilfe der Original-ec-Karte, erfolgt sind. Das wird auch von der Revisionserwiderung nicht in Zweifel gezogen.
2. Der Beklagten steht aber gegen die Klägerin ein Schadensersatzanspruch wegen positiver Vertragsverletzung zu, den sie in das Kontokorrent einstellen (vgl. BGHZ 84, 371, 376) und mit dem sie das Girokonto der Klägerin belasten durfte. Die Klägerin haftet für die durch die mißbräuchliche Verwendung ihrer ec-Karte entstandenen Schäden, weil diese auf einer grob fahrlässigen Verletzung der Sorgfalts- und Mitwirkungspflichten der Klägerin beruhen. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zutreffend angenommen, zugunsten der hierfür beweispflichtigen Beklagten spreche der Beweis des ersten Anscheins, daß die Klägerin ihre Pflicht zur Geheimhaltung der persönlichen Geheimzahl verletzt hat, indem sie diese auf der ec-Karte vermerkt oder zusammen mit der ecKarte verwahrt hat.

a) Das Vermerken der persönlichen Geheimzahl auf d er ec-Karte oder ihre Verwahrung zusammen mit dieser stellt - wovon auch Nr. A. III. 2.4 der Bedingungen für die Verwendung der ec-Karte ausgeht - eine grobe Fahrlässigkeit des Karteninhabers dar; dabei trägt die Bewertung dieser Handlungsweisen als grob fahrlässig dem Umstand Rechnung, daß dadurch der besondere Schutz, den die für Abhebungen neben der ec-Karte zusätzlich benötigte Geheimnummer bietet, aufgehoben wird, weil ein Unbefugter, dem ec-Karte und Geheimnummer gemeinsam in die Hände fallen, ohne weiteres Abhebungen vornehmen kann (BGHZ 145, 337, 340 f.).

b) Zu Recht ist das Berufungsgericht zu dem Ergebn is gelangt, der Beweis des ersten Anscheins spreche dafür, daß die Klägerin die persönliche Geheimzahl auf ihrer ec-Karte vermerkt oder sie zusammen mit
dieser verwahrt habe. Diesen Beweis des ersten Anscheins hat die Klägerin nicht erschüttert.
aa) Die Frage, ob ein Anscheinsbeweis eingreift, u nterliegt der Prüfung durch das Revisionsgericht (BGHZ 100, 31, 33; BGH, Urteil vom 17. Februar 1988 - IVa ZR 277/86, NJW-RR 1988, 789, 790). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind die Grundsätze über den Beweis des ersten Anscheins nur bei typischen Geschehensabläufen anwendbar, d.h. in Fällen, in denen ein bestimmter Sachverhalt feststeht, der nach der allgemeinen Lebenserfahrung auf eine bestimmte Ursache oder auf einen bestimmten Ablauf als maßgeblich für den Eintritt eines bestimmten Erfolges hinweist (BGHZ 100, 31, 33; BGH, Urteile vom 23. Januar 1997 - I ZR 29/94, WM 1997, 1493, 1496 und vom 4. Dezember 2000 - II ZR 293/99, NJW 2001, 1140, 1141). Dabei bedeutet Typizität nicht, daß die Ursächlichkeit einer bestimmten Tatsache für einen bestimmten Erfolg bei allen Sachverhalten dieser Fallgruppe notwendig immer vorhanden ist; sie muß aber so häufig gegeben sein, daß die Wahrscheinlichkeit, einen solchen Fall vor sich zu haben, sehr groß ist (BGH, Urteil vom 6. März 1991 - IV ZR 82/90, VersR 1991, 460, 462).
Spricht ein Anscheinsbeweis für einen bestimmten U rsachenverlauf , kann der Inanspruchgenommene diesen entkräften, indem er Tatsachen darlegt und gegebenenfalls beweist, die die ernsthafte, ebenfalls in Betracht kommende Möglichkeit einer anderen Ursache nahelegen (BGH, Urteile vom 3. Juli 1990 - VI ZR 239/89, NJW 1991, 230, 231 m.w.Nachw. und vom 17. Januar 1995 - X ZR 82/93, VersR 1995, 723, 724). Der Anscheinsbeweis kann auch erschüttert werden, wenn unstreitig oder vom Inanspruchgenommenen bewiesen ist, daß ein schädigen-
des Ereignis durch zwei verschiedene Ursachen mit jeweils typischen Geschehensabläufen herbeigeführt worden sein kann und jede für sich allein den Schaden verursacht haben kann; haftet der Inanspruchgenommene in einem solchen Fall nur für eine der möglichen Ursachen, sind die Regeln über den Anscheinsbeweis nicht anwendbar (BGHZ 24, 308, 313; BGH, Urteile vom 20. Juni 1978 - VI ZR 15/77, NJW 1978, 2032, 2033 und vom 17. Januar 1995 - X ZR 82/93, VersR 1995, 723, 724). Dabei kommt es nicht darauf an, ob die eine oder andere Verursachungsmöglichkeit nach den Erfahrungen des täglichen Lebens die wahrscheinlichere ist (BGHZ 24, 308, 313; BGH, Urteil vom 17. Februar 1988 - IVa ZR 277/86, NJW-RR 1988, 789, 790 m.w.Nachw.).
bb) Nach diesen Maßstäben greift im Ergebnis der B eweis des ersten Anscheins zu Lasten der Klägerin ein, daß sie ihre persönliche Geheimzahl entweder auf ihrer ec-Karte notiert oder sie gemeinsam mit dieser aufbewahrt hat.
(1) Das Berufungsurteil ist allerdings rechtsfehle rhaft, soweit das Berufungsgericht einen Beweis des ersten Anscheins unter anderem dafür angenommen hat, daß die Klägerin ihre Sorgfaltspflichten zur Aufbewahrung der ec-Karte grob fahrlässig verletzt habe. Es besteht kein allgemeiner Erfahrungssatz des Inhalts, daß eine Person, der bei einem Straßenfest das Portemonnaie mit der darin befindlichen ec-Karte entwendet wird, diesen Diebstahl in grob fahrlässiger Weise ermöglicht hat. Feststellungen zur Art und Weise der Aufbewahrung von Portemonnaie nebst ec-Karte seitens der Klägerin hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Es kann deshalb nicht ausgeschlossen werden, daß die Aufbe-
wahrung des Portemonnaie durch die Klägerin nicht sorgfaltswidrig war oder den Diebstahl in nur leicht fahrlässiger Weise ermöglicht hat.
(2) Der Senat hat bisher offengelassen, ob in Fäll en, in denen an Geldausgabeautomaten unter Verwendung der zutreffenden Geheimzahl Geld abgehoben wurde, der Beweis des ersten Anscheins dafür spricht, daß entweder der Kartenbesitzer als rechtmäßiger Kontoinhaber die Abhebungen selbst vorgenommen hat oder - was hier nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts allein in Betracht kommt - daß ein Dritter nach der Entwendung der ec-Karte von der Geheimnummer nur wegen ihrer Verwahrung gemeinsam mit der ec-Karte Kenntnis erlangen konnte (BGHZ 145, 337, 342). In der Rechtsprechung der Instanzgerichte und in der Literatur wird ein entsprechender Beweis des ersten Anscheins zu Lasten des Kontoinhabers überwiegend angenommen (OLG Frankfurt - 8. Zivilsenat - WM 2002, 2101, 2102 f.; OLG Stuttgart WM 2003, 125, 126 f.; LG Hannover WM 1998, 1123 f.; LG Stuttgart WM 1999, 1934 f.; LG Frankfurt am Main WM 1999, 1930, 1932 f.; LG Darmstadt WM 2000, 911, 913 f.; LG Köln WM 2001, 852, 853; LG Berlin - 52. Zivilkammer - WM 2003, 128, 129; AG Diepholz WM 1995, 1919, 1920; AG Hannover WM 1997, 1207, 1208 f.; AG Wuppertal WM 1997, 1209; AG Charlottenburg WM 1997, 2082; AG Dinslaken WM 1998, 1126; AG Osnabrück WM 1998, 1127, 1128; AG Frankfurt am Main NJW 1998, 687 f. und BKR 2003, 514, 516; AG Flensburg VuR 2000, 131 f.; AG Hohenschönhausen WM 2002, 1057, 1058 f.; AG Regensburg WM 2002, 2105, 2106 f.; AG Nürnberg WM 2003, 531, 532 f.; AG Charlottenburg WM 2003, 1174, 1175; Werner WM 1997, 1516; Aepfelbach/Cimiotti WM 1998, 1218; Gößmann WM 1998, 1264, 1269; Palandt/Sprau, BGB 63. Aufl. § 676 h Rdn. 13; Musielak/Foerste,
ZPO 3. Aufl. § 286 Rdn. 26), von einem erheblichen Teil aber verneint (OLG Hamm WM 1997, 1203, 1206 f.; OLG Frankfurt - 7. Zivilsenat - WM 2001, 1898; OLG Frankfurt - 24. Zivilsenat - WM 2002, 1055, 1056 f.; LG Berlin - 51. Zivilkammer - WM 1999, 1920; LG Dortmund CR 1999, 556, 557; LG Mönchengladbach VuR 2001, 17, 18; LG Osnabrück WM 2003, 1951, 1953; AG Buchen VuR 1998, 42 f.; AG Hamburg VuR 1999, 88, 89 f.; AG Berlin-Mitte VuR 1999, 201, 202 f. und EWiR 2003, 891; AG Frankfurt am Main WM 1999, 1922, 1924 ff.; AG München NJW-RR 2001, 1056, 1057; AG Dortmund BKR 2003, 912, 913; AG Essen BKR 2003, 514; Pausch CR 1997, 174; Strube WM 1998, 1210, 1212 ff.; Zöller/Greger, ZPO 24. Aufl. vor § 284 Rdn. 31). Dabei betrifft der überwiegende Teil der veröffentlichten Entscheidungen und Literaturstimmen allerdings das ab Ende 1997 abgelöste alte Verfahren zur Erzeugung und Verifizierung der persönlichen Geheimzahl mit Hilfe eines geheimen Instituts- oder Poolschlüssels in einer Breite von 56 BIT und ist daher für die Beurteilung der Sicherheit der ab diesem Zeitpunkt eingeführten neuen Verschlüsselungsverfahren nur sehr eingeschränkt aussagekräftig.
(3) Mit dem Berufungsgericht ist der Senat der Auf fassung, daß in einem Fall der hier vorliegenden Art der Beweis des ersten Anscheins für ein grob fahrlässiges Verhalten des Karteninhabers im Zusammenhang mit der Geheimhaltung seiner persönlichen Geheimzahl spricht.
(a) Die Grundsätze über den Anscheinsbeweis sind e ntgegen der Auffassung der Revision nicht deshalb unanwendbar, weil es mehrere theoretische und praktische Möglichkeiten der Kenntniserlangung von der persönlichen Geheimzahl durch einen Dritten gibt. Zu Recht ist das
Berufungsgericht vielmehr zu dem Ergebnis gelangt, daß die hier in Rede stehenden Bargeldabhebungen mit Hilfe der Original-ec-Karte und richtiger PIN durch einen unbefugten Dritten anders als durch ein grob fahrlässiges Verhalten der Klägerin nicht zu erklären seien, weil andere Ursachen zwar theoretisch möglich seien, bei wertender Betrachtung aber außerhalb der Lebenserfahrung lägen.
(b) Gegen die Anwendbarkeit der Grundsätze über de n Anscheinsbeweis vermag die Revision auch nicht anzuführen, ein Erfahrungssatz, daß die persönliche Geheimzahl auf der Karte notiert oder gemeinsam mit dieser verwahrt würde, sei nicht empirisch belegt. Empirischer Befunde bedarf es für die Anwendbarkeit des Anscheinsbeweises nicht. Dieser setzt lediglich voraus, daß ein Sachverhalt feststeht, bei dem der behauptete ursächliche Zusammenhang typischerweise gegeben ist, beruht also auf der Auswertung von Wahrscheinlichkeiten, die aufgrund der Lebenserfahrung anzunehmen sind und die dem Richter hiernach die Überzeugung (§ 286 ZPO) vermitteln, daß auch in dem von ihm zu entscheidenden Fall der Ursachenverlauf so gewesen ist wie in den vergleichbaren Fällen (BGH, Urteil vom 17. Februar 1988 - IVa ZR 277/86, NJW-RR 1988, 789, 790).
(c) Das Berufungsgericht ist - sachverständig bera ten - zu der Feststellung gelangt, es sei auch mit größtmöglichem finanziellen Aufwand mathematisch ausgeschlossen, die PIN einzelner Karten aus den auf ec-Karten vorhandenen Daten ohne die vorherige Erlangung des zur Verschlüsselung verwendeten Institutsschlüssels in einer Breite von 128 BIT zu errechnen. Dies entspricht der Beurteilung, die das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik in einer schriftlichen Aus-
kunft vom 27. November 2001 für das vom Deutschen Sparkassen- und Giroverband neu eingeführte PIN-Verfahren abgegeben hat. Die vom Berufungsgericht vorgenommene Beweiswürdigung kann vom Senat lediglich daraufhin überprüft werden, ob sich das Berufungsgericht entsprechend dem Gebot des § 286 ZPO mit dem Streitstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (st.Rspr., vgl. BGH, Urteile vom 11. Februar 1987 - IVb ZR 23/86, NJW 1987, 1557, 1558, vom 1. Oktober 1996 - VI ZR 10/96, NJW 1997, 796, 797 und vom 9. Juli 1999 - V ZR 12/98, WM 1999, 1889, 1890). Einen solchen Fehler weist die Revision nicht nach. Mit ihrer Rüge, die Lebenserfahrung spreche gerade in Zeiten beschleunigt fortschreitender Computerentwicklung und der vielfältigen Möglichkeiten des Internets gegen die Annahme einer fehlenden Entschlüsselungsmöglichkeit, versucht die Revision lediglich, die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts durch eine andere, der Klägerin günstigere zu ersetzen.
(d) Die Regeln über den Anscheinsbeweis sind auch nicht deshalb unanwendbar, weil hier davon auszugehen wäre, daß der Schaden durch zwei verschiedene Ursachen herbeigeführt worden sein kann, die beide typische Geschehensabläufe sind, für die die Klägerin aber nur in einem Fall die Haftung zu übernehmen hätte. Das wäre dann der Fall, wenn als weiterer typischer Geschehensablauf in Betracht zu ziehen wäre, daß die Eingabe der zutreffenden PIN durch den Dieb der ec-Karte dadurch ermöglicht wurde, daß dieser zuvor die persönliche Geheimzahl des Karteninhabers ausgespäht hat, als dieser sie bei Abhebungen an Geldausgabeautomaten oder beim Einsatz der ec-Karte an einem POS-Terminal
zur Zahlung eines Geldbetrages eingab. Eine Ausspähung der PIN etwa mit Hilfe optischer oder technischer Hilfsmittel oder durch eine Manipulation des Geldausgabeautomaten oder ein aufmerksames Verfolgen der PIN-Eingabe an POS-Terminals oder Geldausgabeautomaten ohne ausreichenden Sichtschutz des Eingabetastenfeldes ist zwar durchaus denkbar. Als ernsthafte Möglichkeit einer Schadensursache, die den Beweis des ersten Anscheins für eine grob fahrlässige gemeinsame Verwahrung von ec-Karte und PIN durch den Karteninhaber bei Eingabe der zutreffenden PIN durch einen unbefugten Dritten entfallen läßt, kommt ein Ausspähen der PIN aber nur dann in Betracht, wenn die ec-Karte in einem näheren zeitlichen Zusammenhang mit der Eingabe der PIN durch den Karteninhaber entwendet worden ist. Durch Ausspähen erlangt der Täter zunächst nur Kenntnis von der PIN, gelangt aber nicht in den Besitz der ec-Karte. Da er den Karteninhaber regelmäßig nicht persönlich kennt, muß er die ec-Karte alsbald nach dem Ausspähen der PIN entwenden.
Dafür ist hier nichts vorgetragen. Die Klägerin ha t vielmehr im Gegenteil vorgebracht, sie habe am Tag des Diebstahls mit der ec-Karte kein Geld abgehoben; ein Ausspähen der PIN sei "nicht möglich gewesen". Der Täter habe "ausschließlich die Möglichkeit" gehabt, die "PIN durch eigene Computertechnik in Erfahrung zu bringen". Aufgrund dessen hat das Berufungsgericht, von der Revision unangegriffen, festgestellt , für ein Ausspähen der PIN gebe es hier keine Anhaltspunkte.
(e) Ohne Rechtsfehler mißt das Berufungsgericht fe rner sogenannten "Innentäterattacken", d.h. Angriffen von Bankmitarbeitern, etwa zur Ausspähung des der Verschlüsselung dienenden Institutsschlüssels, An-
griffen gegen die im Rechenzentrum des Kreditinstituts im Umfeld der Transaktionsautorisierung ablaufende Software und unbeabsichtigten Sicherheitslücken dieser Software keine einem Anscheinsbeweis zu Lasten des Kontoinhabers entgegenstehende Wahrscheinlichkeit zu. Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang nicht einen Beweisantrag der Klägerin verfahrensfehlerhaft übergangen. Diese hat lediglich unter Sachverständigenbeweis gestellt, daß die Maßnahmen in Bankrechenzentren und Bankverlagen zum Schutz der Software, zur Geheimhaltung der Institutsschlüssel und zur Vermeidung anderer interner Angriffe auf das PIN-System nicht ausreichend seien, um erfolgreiche Angriffe auszuschließen. Daß derartige - von der Klägerin damit nicht substantiiert behauptete - Sicherheits- und Softwaremängel als Ursachen für die Möglichkeit eines Mißbrauchs einer gestohlenen ec-Karte theoretisch in Betracht kommen, ergab sich aber bereits aus dem vom Berufungsgericht eingeholten Sachverständigengutachten. Das Berufungsgericht hat diese Ursachen als rein theoretischer Natur und als im allgemeinen außerhalb der Lebenserfahrung liegend angesehen, weil es nach den Ausführungen des Sachverständigen keine Hinweise darauf gebe, daß solche Möglichkeiten je konkret für kriminelle Handlungen entdeckt oder ausgenutzt worden seien. Das ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, zumal die Beklagte unwidersprochen vorgetragen hat, bei ihr sei es nie zu einer "Innentäterattacke" gekommen. Auch die durch keinerlei Tatsachenvortrag gestützte Vermutung der Klägerin, der Institutsschlüssel der Beklagten könne in kriminellen Kreisen bekannt geworden sein, ist deshalb nicht geeignet, der Anwendung des Anscheinsbeweises die Grundlage zu entziehen.
(f) Die Revision vermag der Anwendung der Grundsät ze über den Anscheinsbeweis nicht entgegenzuhalten, daß sie in der Regel nicht geeignet seien, grobe Fahrlässigkeit von einfacher Fahrlässigkeit abzugrenzen. Der Anscheinsbeweis führt hier lediglich zur Annahme eines bestimmten tatsächlichen Verhaltens des Karteninhabers, nämlich daß er seine persönliche Geheimzahl entweder auf der ec-Karte notiert oder gemeinsam mit dieser aufbewahrt hat. Erst in einem weiteren Schritt wird dieses tatsächliche Verhalten entsprechend den vereinbarten Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten für die Verwendung der ecKarte rechtlich als grob fahrlässig bewertet. Inhaltlich sind die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten insoweit nicht zu beanstanden. Sie lassen ein Notieren der PIN, auf das ein Teil der Bankkunden nicht verzichten kann, ohne weiteres zu; lediglich eine getrennte Verwahrung von ec-Karte und notierter PIN muß gewährleistet sein.
(g) Zu Unrecht ist die Revision weiter der Auffass ung, die Anwendung der Grundsätze über den Anscheinsbeweis durch die Rechtsprechung führe in Fällen der vorliegenden Art im Ergebnis zu einer Beweislastumkehr und bewirke eine verschuldensunabhängige, garantieähnliche Haftung des Bankkunden, weil der Karteninhaber nicht in der Lage sei, Sicherheitslücken im System aufzuzeigen. Der Anscheinsbeweis führt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht zu einer Umkehr der Beweislast (BGHZ 100, 31, 34 m.w.Nachw.). Wenn der Karteninhaber dem Anscheinsbeweis durch die konkrete Darlegung und gegebenenfalls den Nachweis der Möglichkeit eines atypischen Verlaufs die Grundlage entzieht, hat das Kreditinstitut den vollen Beweis zu erbringen, daß der Karteninhaber eine Abhebung am Geldausgabeauto-
maten selbst vorgenommen oder den Mißbrauch der ec-Karte durch einen unbefugten Dritten grob fahrlässig ermöglicht hat.
Es ist auch nicht generell so, daß der Karteninhab er nicht in der Lage ist, Sicherheitslücken im System des Kartenausgebers aufzuzeigen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur sekundären Darlegungslast kann es Sache einer nicht primär darlegungsund beweispflichtigen Partei sein, sich im Rahmen der ihr nach § 138 Abs. 2 ZPO obliegenden Erklärungspflicht zu den Behauptungen der beweispflichtigen Partei konkret zu äußern, wenn diese außerhalb des von ihr vorzutragenden Geschehensablaufs steht und keine nähere Kenntnis der maßgebenden Tatsachen besitzt, ihr Prozeßgegner aber die wesentlichen Umstände kennt und es ihm zumutbar ist, dazu nähere Angaben zu machen (BGHZ 140, 156, 158 f.; 145, 35, 41; BGH, Urteile vom 24. November 1998 - VI ZR 388/97, NJW 1999, 714 f. m.w.Nachw. und vom 11. Dezember 2001 - VI ZR 350/00, WM 2002, 347, 349). Das gilt auch für das kartenausgebende Kreditinstitut hinsichtlich der von ihm - im Rahmen des Zumutbaren und gegebenenfalls in verallgemeinernder Weise - darzulegenden Sicherheitsvorkehrungen. Dadurch wird der Karteninhaber in die Lage versetzt, Beweis für von ihm vermutete Sicherheitsmängel antreten zu können (vgl. BGH, Urteil vom 15. Mai 2003 - III ZR 7/02, BGHReport 2003, 891, 892). Das Kreditinstitut wird zudem aus dem mit dem Karteninhaber bestehenden Girovertrag regelmäßig als verpflichtet anzusehen sein, sämtliche in seinem Besitz befindlichen technischen Aufzeichnungen, die die streitigen oder vorangegangene Auszahlungsvorgänge betreffen oder hierüber Aufschluß geben können, bis zur Klärung der Angelegenheit aufzuheben und dem Kontoinhaber gegebenenfalls auch zugänglich zu machen (vgl. BGH, Urteil vom
21. November 1995 - VI ZR 341/94, NJW 1996, 779, 780 f.). Schließlich kann sich zugunsten des Karteninhabers auswirken, daß derjenige, der die Gegenpartei schuldhaft in der Möglichkeit beschneidet, den Anscheinsbeweis zu erschüttern oder zu widerlegen, sich nicht auf die Grundsätze des Anscheinsbeweises berufen kann (BGH, Urteil vom 17. Juni 1997 - X ZR 119/94, WM 1998, 204, 206).

III.


Die Revision der Klägerin war daher als unbegründe t zurückzuweisen.
Nobbe Müller Wassermann
Appl Ellenberger

Ist die Autorisierung eines ausgeführten Zahlungsvorgangs streitig, hat der Zahlungsdienstleister nachzuweisen, dass eine Authentifizierung erfolgt ist und der Zahlungsvorgang ordnungsgemäß aufgezeichnet, verbucht sowie nicht durch eine Störung beeinträchtigt wurde. Eine Authentifizierung ist erfolgt, wenn der Zahlungsdienstleister die Nutzung eines bestimmten Zahlungsinstruments, einschließlich seiner personalisierten Sicherheitsmerkmale, mit Hilfe eines Verfahrens überprüft hat. Wurde der Zahlungsvorgang mittels eines Zahlungsinstruments ausgelöst, reicht die Aufzeichnung der Nutzung des Zahlungsinstruments einschließlich der Authentifizierung durch den Zahlungsdienstleister und gegebenenfalls einen Zahlungsauslösedienstleister allein nicht notwendigerweise aus, um nachzuweisen, dass der Zahler

1.
den Zahlungsvorgang autorisiert,
2.
in betrügerischer Absicht gehandelt,
3.
eine oder mehrere Pflichten gemäß § 675l Absatz 1 verletzt oder
4.
vorsätzlich oder grob fahrlässig gegen eine oder mehrere Bedingungen für die Ausgabe und Nutzung des Zahlungsinstruments verstoßen
hat. Der Zahlungsdienstleister muss unterstützende Beweismittel vorlegen, um Betrug, Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit des Zahlungsdienstnutzers nachzuweisen.

31
Die aa) gerichtliche Einziehung der abgetretenen Forderungen dient nicht nur der Durchsetzung wirtschaftlicher Individualinteressen der Verbraucher, sondern auch einem kollektiven Verbraucherinteresse. Auch nach der Entscheidung des Senats zur Beweislastverteilung beim Missbrauch entwendeter ec-Karten (BGHZ 160, 308, 314 ff.), an der festgehalten wird, verbleibt in tatsächlicher Hinsicht die Frage, ob das von der Beklagten verwendete Verschlüsselungssystem ein ausreichendes Sicherheitsniveau für die Anwendung des Anscheinsbeweises bietet. Diese Frage ist in einer Vielzahl von Fällen mit vergleichbarem Geschehensablauf für die Rechtsstellung der betroffenen Verbraucher von oft ausschlaggebender Bedeutung. Anders als das Berufungsgericht meint, ist dies nicht nur eine Frage des Einzelfalls. Vielmehr ist das Interesse sämtlicher Kunden der Beklagten und solcher Kreditinstitute betroffen, die ein entsprechendes Verschlüsselungssystem verwenden.
37
Sollte feststehen, dass die Originalkarte eingesetzt worden ist, wäre weiter zu klären, ob das von der Klägerin und den die Geldautomaten betreibenden Instituten konkret genutzte Sicherheitssystem ein ausreichendes Sicherheitsniveau für die Anwendung des Anscheinsbeweises bietet (vgl. Senat, Urteil vom 14. November 2006 - XI ZR 294/05, BGHZ 170, 18 Rn. 31; Beschluss vom 6. Juli 2010 - XI ZR 224/09, WM 2011, 924 Rn. 12). Dazu tragen in älterer Rechtsprechung gewonnene Erkenntnisse nichts bei, wenn den vorliegenden Kartenverfügungen neue oder wesentlich geänderte technische Verfahren zugrunde liegen. Vielmehr könnte - gegebenenfalls nach ergänzendem Vortrag der Parteien - Anlass bestehen, den technischen Ablauf, der den streitigen Auszahlungsvorgängen zugrunde liegt, einer sachverständigen Begutachtung zu unterziehen (vgl. Senat, Beschluss vom 6. Juli 2010 - XI ZR 224/09, WM 2011, 924 Rn. 12).

(1) In den Fällen des § 383 Nr. 1 bis 3 und des § 384 Nr. 1 darf der Zeuge das Zeugnis nicht verweigern:

1.
über die Errichtung und den Inhalt eines Rechtsgeschäfts, bei dessen Errichtung er als Zeuge zugezogen war;
2.
über Geburten, Verheiratungen oder Sterbefälle von Familienmitgliedern;
3.
über Tatsachen, welche die durch das Familienverhältnis bedingten Vermögensangelegenheiten betreffen;
4.
über die auf das streitige Rechtsverhältnis sich beziehenden Handlungen, die von ihm selbst als Rechtsvorgänger oder Vertreter einer Partei vorgenommen sein sollen.

(2) Die im § 383 Nr. 4, 6 bezeichneten Personen dürfen das Zeugnis nicht verweigern, wenn sie von der Verpflichtung zur Verschwiegenheit entbunden sind.

(1) Zur Verweigerung des Zeugnisses sind berechtigt:

1.
der Verlobte einer Partei;
2.
der Ehegatte einer Partei, auch wenn die Ehe nicht mehr besteht;
2a.
der Lebenspartner einer Partei, auch wenn die Lebenspartnerschaft nicht mehr besteht;
3.
diejenigen, die mit einer Partei in gerader Linie verwandt oder verschwägert, in der Seitenlinie bis zum dritten Grad verwandt oder bis zum zweiten Grad verschwägert sind oder waren;
4.
Geistliche in Ansehung desjenigen, was ihnen bei der Ausübung der Seelsorge anvertraut ist;
5.
Personen, die bei der Vorbereitung, Herstellung oder Verbreitung von periodischen Druckwerken oder Rundfunksendungen berufsmäßig mitwirken oder mitgewirkt haben, über die Person des Verfassers, Einsenders oder Gewährsmanns von Beiträgen und Unterlagen sowie über die ihnen im Hinblick auf ihre Tätigkeit gemachten Mitteilungen, soweit es sich um Beiträge, Unterlagen und Mitteilungen für den redaktionellen Teil handelt;
6.
Personen, denen kraft ihres Amtes, Standes oder Gewerbes Tatsachen anvertraut sind, deren Geheimhaltung durch ihre Natur oder durch gesetzliche Vorschrift geboten ist, in Betreff der Tatsachen, auf welche die Verpflichtung zur Verschwiegenheit sich bezieht.

(2) Die unter Nummern 1 bis 3 bezeichneten Personen sind vor der Vernehmung über ihr Recht zur Verweigerung des Zeugnisses zu belehren.

(3) Die Vernehmung der unter Nummern 4 bis 6 bezeichneten Personen ist, auch wenn das Zeugnis nicht verweigert wird, auf Tatsachen nicht zu richten, in Ansehung welcher erhellt, dass ohne Verletzung der Verpflichtung zur Verschwiegenheit ein Zeugnis nicht abgelegt werden kann.

Ergibt die Begründung des Berufungsurteils zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

(1) Ein Zahlungsvorgang ist gegenüber dem Zahler nur wirksam, wenn er diesem zugestimmt hat (Autorisierung). Die Zustimmung kann entweder als Einwilligung oder, sofern zwischen dem Zahler und seinem Zahlungsdienstleister zuvor vereinbart, als Genehmigung erteilt werden. Art und Weise der Zustimmung sind zwischen dem Zahler und seinem Zahlungsdienstleister zu vereinbaren. Insbesondere kann vereinbart werden, dass die Zustimmung mittels eines bestimmten Zahlungsinstruments erteilt werden kann.

(2) Die Zustimmung kann vom Zahler durch Erklärung gegenüber dem Zahlungsdienstleister so lange widerrufen werden, wie der Zahlungsauftrag widerruflich ist (§ 675p). Auch die Zustimmung zur Ausführung mehrerer Zahlungsvorgänge kann mit der Folge widerrufen werden, dass jeder nachfolgende Zahlungsvorgang nicht mehr autorisiert ist.

Im Fall eines nicht autorisierten Zahlungsvorgangs hat der Zahlungsdienstleister des Zahlers gegen diesen keinen Anspruch auf Erstattung seiner Aufwendungen. Er ist verpflichtet, dem Zahler den Zahlungsbetrag unverzüglich zu erstatten und, sofern der Betrag einem Zahlungskonto belastet worden ist, dieses Zahlungskonto wieder auf den Stand zu bringen, auf dem es sich ohne die Belastung durch den nicht autorisierten Zahlungsvorgang befunden hätte. Diese Verpflichtung ist unverzüglich, spätestens jedoch bis zum Ende des Geschäftstags zu erfüllen, der auf den Tag folgt, an welchem dem Zahlungsdienstleister angezeigt wurde, dass der Zahlungsvorgang nicht autorisiert ist, oder er auf andere Weise davon Kenntnis erhalten hat. Hat der Zahlungsdienstleister einer zuständigen Behörde berechtigte Gründe für den Verdacht, dass ein betrügerisches Verhalten des Zahlers vorliegt, schriftlich mitgeteilt, hat der Zahlungsdienstleister seine Verpflichtung aus Satz 2 unverzüglich zu prüfen und zu erfüllen, wenn sich der Betrugsverdacht nicht bestätigt. Wurde der Zahlungsvorgang über einen Zahlungsauslösedienstleister ausgelöst, so treffen die Pflichten aus den Sätzen 2 bis 4 den kontoführenden Zahlungsdienstleister.

(1) Beruhen nicht autorisierte Zahlungsvorgänge auf der Nutzung eines verloren gegangenen, gestohlenen oder sonst abhandengekommenen Zahlungsinstruments oder auf der sonstigen missbräuchlichen Verwendung eines Zahlungsinstruments, so kann der Zahlungsdienstleister des Zahlers von diesem den Ersatz des hierdurch entstandenen Schadens bis zu einem Betrag von 50 Euro verlangen.

(2) Der Zahler haftet nicht nach Absatz 1, wenn

1.
es ihm nicht möglich gewesen ist, den Verlust, den Diebstahl, das Abhandenkommen oder eine sonstige missbräuchliche Verwendung des Zahlungsinstruments vor dem nicht autorisierten Zahlungsvorgang zu bemerken, oder
2.
der Verlust des Zahlungsinstruments durch einen Angestellten, einen Agenten, eine Zweigniederlassung eines Zahlungsdienstleisters oder eine sonstige Stelle, an die Tätigkeiten des Zahlungsdienstleisters ausgelagert wurden, verursacht worden ist.

(3) Abweichend von den Absätzen 1 und 2 ist der Zahler seinem Zahlungsdienstleister zum Ersatz des gesamten Schadens verpflichtet, der infolge eines nicht autorisierten Zahlungsvorgangs entstanden ist, wenn der Zahler

1.
in betrügerischer Absicht gehandelt hat oder
2.
den Schaden herbeigeführt hat durch vorsätzliche oder grob fahrlässige Verletzung
a)
einer oder mehrerer Pflichten gemäß § 675l Absatz 1 oder
b)
einer oder mehrerer vereinbarter Bedingungen für die Ausgabe und Nutzung des Zahlungsinstruments.

(4) Abweichend von den Absätzen 1 und 3 ist der Zahler seinem Zahlungsdienstleister nicht zum Schadensersatz verpflichtet, wenn

1.
der Zahlungsdienstleister des Zahlers eine starke Kundenauthentifizierung im Sinne des § 1 Absatz 24 des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes nicht verlangt oder
2.
der Zahlungsempfänger oder sein Zahlungsdienstleister eine starke Kundenauthentifizierung im Sinne des § 1 Absatz 24 des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes nicht akzeptiert.
Satz 1 gilt nicht, wenn der Zahler in betrügerischer Absicht gehandelt hat. Im Fall von Satz 1 Nummer 2 ist derjenige, der eine starke Kundenauthentifizierung nicht akzeptiert, verpflichtet, dem Zahlungsdienstleister des Zahlers den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.

(5) Abweichend von den Absätzen 1 und 3 ist der Zahler nicht zum Ersatz von Schäden verpflichtet, die aus der Nutzung eines nach der Anzeige gemäß § 675l Absatz 1 Satz 2 verwendeten Zahlungsinstruments entstanden sind. Der Zahler ist auch nicht zum Ersatz von Schäden im Sinne des Absatzes 1 verpflichtet, wenn der Zahlungsdienstleister seiner Pflicht gemäß § 675m Abs. 1 Nr. 3 nicht nachgekommen ist. Die Sätze 1 und 2 sind nicht anzuwenden, wenn der Zahler in betrügerischer Absicht gehandelt hat.

(1) Soweit nichts anderes bestimmt ist, darf von den Vorschriften dieses Untertitels nicht zum Nachteil des Zahlungsdienstnutzers abgewichen werden.

(2) In den Fällen des § 675d Absatz 6 Satz 1 Nummer 1 und 2

1.
sind § 675s Absatz 1, § 675t Absatz 2, § 675x Absatz 1, § 675y Absatz 1 bis 4 sowie § 675z Satz 3 nicht anzuwenden;
2.
darf im Übrigen zum Nachteil des Zahlungsdienstnutzers von den Vorschriften dieses Untertitels abgewichen werden.

(3) Für Zahlungsvorgänge, die nicht in Euro erfolgen, können der Zahlungsdienstnutzer und sein Zahlungsdienstleister vereinbaren, dass § 675t Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 ganz oder teilweise nicht anzuwenden ist.

(4) Handelt es sich bei dem Zahlungsdienstnutzer nicht um einen Verbraucher, so können die Parteien vereinbaren, dass § 675d Absatz 1 bis 5, § 675f Absatz 5 Satz 2, die §§ 675g, 675h, 675j Absatz 2, die §§ 675p sowie 675v bis 676 ganz oder teilweise nicht anzuwenden sind; sie können auch andere als die in § 676b Absatz 2 und 4 vorgesehenen Fristen vereinbaren.

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(1) Dreh- und Angelpunkt des neuen Zahlungsverkehrsrechts ist § 675j BGB, der die Autorisierung des Zahlungsvorgangs regelt. Gemäß § 675j Abs. 1 Satz 1 BGB ist ein Zahlungsvorgang gegenüber dem Zahler nur wirksam , wenn dieser ihn autorisiert hat. Ohne diese Autorisierung begründet ein Zahlungsvorgang keinen Aufwendungsersatzanspruch des Zahlungsdienstleisters gegen den Zahler. Er hat diesem den Zahlungsbetrag vielmehr unverzüglich wertstellungsneutral zu erstatten (§ 675u Satz 1 und 2 BGB). Durch die § 675j und § 675u BGB wird in den sogenannten "Veranlasserfällen" eine Abkehr vom Horizont des Zahlungsempfängers als maßgebendem Wertungskriterium vollzogen. Maßgebend ist, dass das Gesetz ein gegenüber der früheren Rechtslage zugunsten des Zahlungsdienstleisters nur sehr eingeschränkt abdingbares Zurechnungskriterium für die Gültigkeit der Belastungsbuchung, nämlich die Autorisierung durch den Zahler, eingeführt hat (Bartels, WM 2010, 1828, 1833; vgl. auch Winkelhaus, BKR 2010, 441, 448), welches im Rahmen der wertenden Betrachtung auch im Bereicherungsrecht in den Vordergrund rückt.

(1) Ein Zahlungsvorgang ist gegenüber dem Zahler nur wirksam, wenn er diesem zugestimmt hat (Autorisierung). Die Zustimmung kann entweder als Einwilligung oder, sofern zwischen dem Zahler und seinem Zahlungsdienstleister zuvor vereinbart, als Genehmigung erteilt werden. Art und Weise der Zustimmung sind zwischen dem Zahler und seinem Zahlungsdienstleister zu vereinbaren. Insbesondere kann vereinbart werden, dass die Zustimmung mittels eines bestimmten Zahlungsinstruments erteilt werden kann.

(2) Die Zustimmung kann vom Zahler durch Erklärung gegenüber dem Zahlungsdienstleister so lange widerrufen werden, wie der Zahlungsauftrag widerruflich ist (§ 675p). Auch die Zustimmung zur Ausführung mehrerer Zahlungsvorgänge kann mit der Folge widerrufen werden, dass jeder nachfolgende Zahlungsvorgang nicht mehr autorisiert ist.

Im Fall eines nicht autorisierten Zahlungsvorgangs hat der Zahlungsdienstleister des Zahlers gegen diesen keinen Anspruch auf Erstattung seiner Aufwendungen. Er ist verpflichtet, dem Zahler den Zahlungsbetrag unverzüglich zu erstatten und, sofern der Betrag einem Zahlungskonto belastet worden ist, dieses Zahlungskonto wieder auf den Stand zu bringen, auf dem es sich ohne die Belastung durch den nicht autorisierten Zahlungsvorgang befunden hätte. Diese Verpflichtung ist unverzüglich, spätestens jedoch bis zum Ende des Geschäftstags zu erfüllen, der auf den Tag folgt, an welchem dem Zahlungsdienstleister angezeigt wurde, dass der Zahlungsvorgang nicht autorisiert ist, oder er auf andere Weise davon Kenntnis erhalten hat. Hat der Zahlungsdienstleister einer zuständigen Behörde berechtigte Gründe für den Verdacht, dass ein betrügerisches Verhalten des Zahlers vorliegt, schriftlich mitgeteilt, hat der Zahlungsdienstleister seine Verpflichtung aus Satz 2 unverzüglich zu prüfen und zu erfüllen, wenn sich der Betrugsverdacht nicht bestätigt. Wurde der Zahlungsvorgang über einen Zahlungsauslösedienstleister ausgelöst, so treffen die Pflichten aus den Sätzen 2 bis 4 den kontoführenden Zahlungsdienstleister.

(1) Der Zahlungsdienstnutzer ist verpflichtet, unmittelbar nach Erhalt eines Zahlungsinstruments alle zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um die personalisierten Sicherheitsmerkmale vor unbefugtem Zugriff zu schützen. Er hat dem Zahlungsdienstleister oder einer von diesem benannten Stelle den Verlust, den Diebstahl, die missbräuchliche Verwendung oder die sonstige nicht autorisierte Nutzung eines Zahlungsinstruments unverzüglich anzuzeigen, nachdem er hiervon Kenntnis erlangt hat. Für den Ersatz eines verlorenen, gestohlenen, missbräuchlich verwendeten oder sonst nicht autorisiert genutzten Zahlungsinstruments darf der Zahlungsdienstleister mit dem Zahlungsdienstnutzer ein Entgelt vereinbaren, das allenfalls die ausschließlich und unmittelbar mit dem Ersatz verbundenen Kosten abdeckt.

(2) Eine Vereinbarung, durch die sich der Zahlungsdienstnutzer gegenüber dem Zahlungsdienstleister verpflichtet, Bedingungen für die Ausgabe und Nutzung eines Zahlungsinstruments einzuhalten, ist nur insoweit wirksam, als diese Bedingungen sachlich, verhältnismäßig und nicht benachteiligend sind.

(1) Ein Zahlungsvorgang ist gegenüber dem Zahler nur wirksam, wenn er diesem zugestimmt hat (Autorisierung). Die Zustimmung kann entweder als Einwilligung oder, sofern zwischen dem Zahler und seinem Zahlungsdienstleister zuvor vereinbart, als Genehmigung erteilt werden. Art und Weise der Zustimmung sind zwischen dem Zahler und seinem Zahlungsdienstleister zu vereinbaren. Insbesondere kann vereinbart werden, dass die Zustimmung mittels eines bestimmten Zahlungsinstruments erteilt werden kann.

(2) Die Zustimmung kann vom Zahler durch Erklärung gegenüber dem Zahlungsdienstleister so lange widerrufen werden, wie der Zahlungsauftrag widerruflich ist (§ 675p). Auch die Zustimmung zur Ausführung mehrerer Zahlungsvorgänge kann mit der Folge widerrufen werden, dass jeder nachfolgende Zahlungsvorgang nicht mehr autorisiert ist.

(1) Beruhen nicht autorisierte Zahlungsvorgänge auf der Nutzung eines verloren gegangenen, gestohlenen oder sonst abhandengekommenen Zahlungsinstruments oder auf der sonstigen missbräuchlichen Verwendung eines Zahlungsinstruments, so kann der Zahlungsdienstleister des Zahlers von diesem den Ersatz des hierdurch entstandenen Schadens bis zu einem Betrag von 50 Euro verlangen.

(2) Der Zahler haftet nicht nach Absatz 1, wenn

1.
es ihm nicht möglich gewesen ist, den Verlust, den Diebstahl, das Abhandenkommen oder eine sonstige missbräuchliche Verwendung des Zahlungsinstruments vor dem nicht autorisierten Zahlungsvorgang zu bemerken, oder
2.
der Verlust des Zahlungsinstruments durch einen Angestellten, einen Agenten, eine Zweigniederlassung eines Zahlungsdienstleisters oder eine sonstige Stelle, an die Tätigkeiten des Zahlungsdienstleisters ausgelagert wurden, verursacht worden ist.

(3) Abweichend von den Absätzen 1 und 2 ist der Zahler seinem Zahlungsdienstleister zum Ersatz des gesamten Schadens verpflichtet, der infolge eines nicht autorisierten Zahlungsvorgangs entstanden ist, wenn der Zahler

1.
in betrügerischer Absicht gehandelt hat oder
2.
den Schaden herbeigeführt hat durch vorsätzliche oder grob fahrlässige Verletzung
a)
einer oder mehrerer Pflichten gemäß § 675l Absatz 1 oder
b)
einer oder mehrerer vereinbarter Bedingungen für die Ausgabe und Nutzung des Zahlungsinstruments.

(4) Abweichend von den Absätzen 1 und 3 ist der Zahler seinem Zahlungsdienstleister nicht zum Schadensersatz verpflichtet, wenn

1.
der Zahlungsdienstleister des Zahlers eine starke Kundenauthentifizierung im Sinne des § 1 Absatz 24 des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes nicht verlangt oder
2.
der Zahlungsempfänger oder sein Zahlungsdienstleister eine starke Kundenauthentifizierung im Sinne des § 1 Absatz 24 des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes nicht akzeptiert.
Satz 1 gilt nicht, wenn der Zahler in betrügerischer Absicht gehandelt hat. Im Fall von Satz 1 Nummer 2 ist derjenige, der eine starke Kundenauthentifizierung nicht akzeptiert, verpflichtet, dem Zahlungsdienstleister des Zahlers den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.

(5) Abweichend von den Absätzen 1 und 3 ist der Zahler nicht zum Ersatz von Schäden verpflichtet, die aus der Nutzung eines nach der Anzeige gemäß § 675l Absatz 1 Satz 2 verwendeten Zahlungsinstruments entstanden sind. Der Zahler ist auch nicht zum Ersatz von Schäden im Sinne des Absatzes 1 verpflichtet, wenn der Zahlungsdienstleister seiner Pflicht gemäß § 675m Abs. 1 Nr. 3 nicht nachgekommen ist. Die Sätze 1 und 2 sind nicht anzuwenden, wenn der Zahler in betrügerischer Absicht gehandelt hat.

25
Die Anscheinsvollmacht unterscheidet sich von der Duldungsvollmacht (zu deren Voraussetzungen siehe ebenfalls oben unter II 2 a) dadurch, dass bei ihr der Vertretene das Handeln des in seinem Namen Auftretenden zwar nicht kennt und duldet, es aber bei pflichtgemäßer Sorgfalt hätte erkennen müssen und verhindern können (vgl. BGH, Urteil vom 5. März 1998 – III ZR 183/96, WM 1998, 819 unter II 2 a m.w.Nachw.). Wie die Duldungsvollmacht erfordert jedoch auch die Anscheinsvollmacht, dass der Geschäftsgegner nach Treu und Glauben annehmen darf, der als Vertreter Handelnde sei bevollmächtigt (BGH, aaO). Das setzt in der Regel voraus, dass der Geschäftsgegner die Tatsachen kennt, aus denen sich der Rechtsschein der Bevollmächtigung ergibt (BGH, Urteil vom 15. Dezember 1955 – II ZR 181/54, WM 1956, 154 unter II 2; vgl. auch Senatsurteil vom 26. Februar 1962 – VIII ZR 187/60, WM 1962, 531 unter II 2). An dieser Voraussetzung sowohl der Duldungs- als auch der Anscheinsvollmacht fehlt es hier auf Seiten der Klägerin, so dass offen bleiben kann, ob die Beklagte zu 1 entgegen der Annahme des Berufungsgerichts aufgrund der Gespräche und der Vereinbarungen mit dem Zeugen Ku. sowie dessen anschließenden Verhaltens gewusst und geduldet hat oder zumindest hätte wissen müssen und verhindern können, dass der Zeuge Kaufverträge über Getreide im Namen der Firma K. abschließt. Wie das Berufungsgericht unangegriffen festgestellt hat, hat die Klägerin nicht behauptet, ihr seien die Absprachen und Vereinbarungen zwischen den Beklagten und dem Zeugen Ku. oder anderweitige Kaufverträge über Getreide im Namen der Firma K. bekannt gewesen. Danach bleibt als etwaige Rechtsscheinsgrundlage nur der Umstand, dass die Beklagte zu 1 dem Bestätigungsschreiben der Klägerin vom 28. September 2001 nicht widersprochen hat. Insoweit hat das Berufungsgericht angenommen, die Klägerin habe das Ausbleiben eines Widerspruchs der Beklagten zu 1 nicht so verstehen dürfen, dass der Zeuge Ku. zum Abschluss des Kaufvertrages vom 10. Oktober 2001 bevollmächtigt sei, weil dafür vielfältige Gründe in Betracht kämen. Dies ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Die Klägerin konnte insbesondere schon nicht sicher sein, dass das Bestätigungsschreiben der Beklagten zu 1 zugegangen war. Darüber hinaus war dieser einzelne Vorgang auch deswegen nicht geeignet, den Rechtsschein einer Bevollmächtigung zu erzeugen, weil dafür ein Verhalten von gewisser Häufigkeit und Dauer erforderlich ist (BGH, Urteil vom 5. März 1998, aaO, m.w.Nachw.).
17
bb) Der letzteren Auffassung ist zuzugeben, dass die herkömmlichen Kriterien für die Anscheinsvollmacht beim Abschluss von Verträgen über Verbindungsdienstleistungen durch die Wahl von Nummern am Telefongerät nicht passen. Eine Anscheinsvollmacht liegt vor, wenn der Vertretene das Handeln des Scheinvertreters, anders als bei der Duldungsvollmacht, zwar nicht kennt, jedoch es bei pflichtgemäßer Sorgfalt hätte erkennen und verhindern können und der andere darauf vertraut hat und vertrauen durfte, der Vertretene dulde und billige das Handeln des Vertreters (ständige Rechtsprechung, z.B.: Senatsurteil vom 5. März 1998 - III ZR 183/96 - NJW 1998, 1854, 1855). Bei der Annahme von R-Gesprächen fehlt es an dem für die Anscheinsvollmacht erforderlichen Vertrauenstatbestand, sofern nicht - hier nicht erkennbare - außergewöhnliche Umstände vorliegen, solange der Minderjährige nicht wiederholt und über eine gewisse Dauer diese Telefonate angenommen hat und der Anbieter nicht aufgrund vom Anschlussinhaber beglichener Rechnungen davon ausgehen konnte, dieser kenne und dulde die Inanspruchnahme der Leistungen (so zutreffend für Mehrwertdienste: Hanau aaO, S. 180). Die Rechtsgrundsätze der Anscheinsvollmacht greifen in der Regel nur dann ein, wenn das Verhalten des einen Teils, aus dem der Geschäftsgegner auf die Bevollmächtigung eines Dritten schließen zu können glaubt, von einer gewissen Dauer und Häufigkeit ist (Senat aaO m.w.N.). Da die Beklagte vor der im vorliegenden Rechtsstreit eingeklagten Rechnung keine Entgeltforderungen der Klägerin für frühere R-Gespräche beglichen hatte, fehlte es an einem solchen individuellen Vertrauenstatbestand.
16
(2) Eine Anscheinsvollmacht ist dagegen gegeben, wenn der Vertretene das Handeln des Scheinvertreters nicht kennt, er es aber bei pflichtgemäßer Sorgfalt hätte erkennen und verhindern können, und wenn der Geschäftspartner annehmen durfte, der Vertretene kenne und billige das Handeln des Vertre- ters (st. Rspr.; vgl. Senatsurteile vom 13. Juli 1977 - VIII ZR 243/75, WM 1977, 1169 unter IV mwN; vom 10. Januar 2007 - VIII ZR 380/04, aaO Rn. 25; BGH, Urteile vom 5. März 1998 - III ZR 183/96, NJW 1998, 1854 unter II 2 a mwN; vom 16. März 2006 - III ZR 152/05, BGHZ 166, 369 Rn. 17). Allerdings greifen die Rechtsgrundsätze der Anscheinsvollmacht in der Regel nur dann ein, wenn das Verhalten des einen Teils, aus dem der Geschäftsgegner auf die Bevollmächtigung des Dritten glaubt schließen zu können, von einer gewissen Dauer und Häufigkeit ist (Senatsurteile vom 13. Juli 1977 - VIII ZR 243/75, aaO; vom 10. Januar 2007 - VIII ZR 380/04, aaO; BGH, Urteile vom 5. März 1998 - III ZR 183/96, aaO; vom 16. März 2006 - III ZR 152/05, aaO). Bei einem mit einer Identitätstäuschung verbundenen Handeln unter fremdem Namen ist bei Anwendung dieser Grundsätze auf das Verhalten des Namensträgers abzustellen (vgl. etwa LG Bonn, aaO).
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Die Anscheinsvollmacht unterscheidet sich von der Duldungsvollmacht (zu deren Voraussetzungen siehe ebenfalls oben unter II 2 a) dadurch, dass bei ihr der Vertretene das Handeln des in seinem Namen Auftretenden zwar nicht kennt und duldet, es aber bei pflichtgemäßer Sorgfalt hätte erkennen müssen und verhindern können (vgl. BGH, Urteil vom 5. März 1998 – III ZR 183/96, WM 1998, 819 unter II 2 a m.w.Nachw.). Wie die Duldungsvollmacht erfordert jedoch auch die Anscheinsvollmacht, dass der Geschäftsgegner nach Treu und Glauben annehmen darf, der als Vertreter Handelnde sei bevollmächtigt (BGH, aaO). Das setzt in der Regel voraus, dass der Geschäftsgegner die Tatsachen kennt, aus denen sich der Rechtsschein der Bevollmächtigung ergibt (BGH, Urteil vom 15. Dezember 1955 – II ZR 181/54, WM 1956, 154 unter II 2; vgl. auch Senatsurteil vom 26. Februar 1962 – VIII ZR 187/60, WM 1962, 531 unter II 2). An dieser Voraussetzung sowohl der Duldungs- als auch der Anscheinsvollmacht fehlt es hier auf Seiten der Klägerin, so dass offen bleiben kann, ob die Beklagte zu 1 entgegen der Annahme des Berufungsgerichts aufgrund der Gespräche und der Vereinbarungen mit dem Zeugen Ku. sowie dessen anschließenden Verhaltens gewusst und geduldet hat oder zumindest hätte wissen müssen und verhindern können, dass der Zeuge Kaufverträge über Getreide im Namen der Firma K. abschließt. Wie das Berufungsgericht unangegriffen festgestellt hat, hat die Klägerin nicht behauptet, ihr seien die Absprachen und Vereinbarungen zwischen den Beklagten und dem Zeugen Ku. oder anderweitige Kaufverträge über Getreide im Namen der Firma K. bekannt gewesen. Danach bleibt als etwaige Rechtsscheinsgrundlage nur der Umstand, dass die Beklagte zu 1 dem Bestätigungsschreiben der Klägerin vom 28. September 2001 nicht widersprochen hat. Insoweit hat das Berufungsgericht angenommen, die Klägerin habe das Ausbleiben eines Widerspruchs der Beklagten zu 1 nicht so verstehen dürfen, dass der Zeuge Ku. zum Abschluss des Kaufvertrages vom 10. Oktober 2001 bevollmächtigt sei, weil dafür vielfältige Gründe in Betracht kämen. Dies ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Die Klägerin konnte insbesondere schon nicht sicher sein, dass das Bestätigungsschreiben der Beklagten zu 1 zugegangen war. Darüber hinaus war dieser einzelne Vorgang auch deswegen nicht geeignet, den Rechtsschein einer Bevollmächtigung zu erzeugen, weil dafür ein Verhalten von gewisser Häufigkeit und Dauer erforderlich ist (BGH, Urteil vom 5. März 1998, aaO, m.w.Nachw.).
17
bb) Der letzteren Auffassung ist zuzugeben, dass die herkömmlichen Kriterien für die Anscheinsvollmacht beim Abschluss von Verträgen über Verbindungsdienstleistungen durch die Wahl von Nummern am Telefongerät nicht passen. Eine Anscheinsvollmacht liegt vor, wenn der Vertretene das Handeln des Scheinvertreters, anders als bei der Duldungsvollmacht, zwar nicht kennt, jedoch es bei pflichtgemäßer Sorgfalt hätte erkennen und verhindern können und der andere darauf vertraut hat und vertrauen durfte, der Vertretene dulde und billige das Handeln des Vertreters (ständige Rechtsprechung, z.B.: Senatsurteil vom 5. März 1998 - III ZR 183/96 - NJW 1998, 1854, 1855). Bei der Annahme von R-Gesprächen fehlt es an dem für die Anscheinsvollmacht erforderlichen Vertrauenstatbestand, sofern nicht - hier nicht erkennbare - außergewöhnliche Umstände vorliegen, solange der Minderjährige nicht wiederholt und über eine gewisse Dauer diese Telefonate angenommen hat und der Anbieter nicht aufgrund vom Anschlussinhaber beglichener Rechnungen davon ausgehen konnte, dieser kenne und dulde die Inanspruchnahme der Leistungen (so zutreffend für Mehrwertdienste: Hanau aaO, S. 180). Die Rechtsgrundsätze der Anscheinsvollmacht greifen in der Regel nur dann ein, wenn das Verhalten des einen Teils, aus dem der Geschäftsgegner auf die Bevollmächtigung eines Dritten schließen zu können glaubt, von einer gewissen Dauer und Häufigkeit ist (Senat aaO m.w.N.). Da die Beklagte vor der im vorliegenden Rechtsstreit eingeklagten Rechnung keine Entgeltforderungen der Klägerin für frühere R-Gespräche beglichen hatte, fehlte es an einem solchen individuellen Vertrauenstatbestand.
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(2) Eine Anscheinsvollmacht ist dagegen gegeben, wenn der Vertretene das Handeln des Scheinvertreters nicht kennt, er es aber bei pflichtgemäßer Sorgfalt hätte erkennen und verhindern können, und wenn der Geschäftspartner annehmen durfte, der Vertretene kenne und billige das Handeln des Vertre- ters (st. Rspr.; vgl. Senatsurteile vom 13. Juli 1977 - VIII ZR 243/75, WM 1977, 1169 unter IV mwN; vom 10. Januar 2007 - VIII ZR 380/04, aaO Rn. 25; BGH, Urteile vom 5. März 1998 - III ZR 183/96, NJW 1998, 1854 unter II 2 a mwN; vom 16. März 2006 - III ZR 152/05, BGHZ 166, 369 Rn. 17). Allerdings greifen die Rechtsgrundsätze der Anscheinsvollmacht in der Regel nur dann ein, wenn das Verhalten des einen Teils, aus dem der Geschäftsgegner auf die Bevollmächtigung des Dritten glaubt schließen zu können, von einer gewissen Dauer und Häufigkeit ist (Senatsurteile vom 13. Juli 1977 - VIII ZR 243/75, aaO; vom 10. Januar 2007 - VIII ZR 380/04, aaO; BGH, Urteile vom 5. März 1998 - III ZR 183/96, aaO; vom 16. März 2006 - III ZR 152/05, aaO). Bei einem mit einer Identitätstäuschung verbundenen Handeln unter fremdem Namen ist bei Anwendung dieser Grundsätze auf das Verhalten des Namensträgers abzustellen (vgl. etwa LG Bonn, aaO).

(1) Beruhen nicht autorisierte Zahlungsvorgänge auf der Nutzung eines verloren gegangenen, gestohlenen oder sonst abhandengekommenen Zahlungsinstruments oder auf der sonstigen missbräuchlichen Verwendung eines Zahlungsinstruments, so kann der Zahlungsdienstleister des Zahlers von diesem den Ersatz des hierdurch entstandenen Schadens bis zu einem Betrag von 50 Euro verlangen.

(2) Der Zahler haftet nicht nach Absatz 1, wenn

1.
es ihm nicht möglich gewesen ist, den Verlust, den Diebstahl, das Abhandenkommen oder eine sonstige missbräuchliche Verwendung des Zahlungsinstruments vor dem nicht autorisierten Zahlungsvorgang zu bemerken, oder
2.
der Verlust des Zahlungsinstruments durch einen Angestellten, einen Agenten, eine Zweigniederlassung eines Zahlungsdienstleisters oder eine sonstige Stelle, an die Tätigkeiten des Zahlungsdienstleisters ausgelagert wurden, verursacht worden ist.

(3) Abweichend von den Absätzen 1 und 2 ist der Zahler seinem Zahlungsdienstleister zum Ersatz des gesamten Schadens verpflichtet, der infolge eines nicht autorisierten Zahlungsvorgangs entstanden ist, wenn der Zahler

1.
in betrügerischer Absicht gehandelt hat oder
2.
den Schaden herbeigeführt hat durch vorsätzliche oder grob fahrlässige Verletzung
a)
einer oder mehrerer Pflichten gemäß § 675l Absatz 1 oder
b)
einer oder mehrerer vereinbarter Bedingungen für die Ausgabe und Nutzung des Zahlungsinstruments.

(4) Abweichend von den Absätzen 1 und 3 ist der Zahler seinem Zahlungsdienstleister nicht zum Schadensersatz verpflichtet, wenn

1.
der Zahlungsdienstleister des Zahlers eine starke Kundenauthentifizierung im Sinne des § 1 Absatz 24 des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes nicht verlangt oder
2.
der Zahlungsempfänger oder sein Zahlungsdienstleister eine starke Kundenauthentifizierung im Sinne des § 1 Absatz 24 des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes nicht akzeptiert.
Satz 1 gilt nicht, wenn der Zahler in betrügerischer Absicht gehandelt hat. Im Fall von Satz 1 Nummer 2 ist derjenige, der eine starke Kundenauthentifizierung nicht akzeptiert, verpflichtet, dem Zahlungsdienstleister des Zahlers den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.

(5) Abweichend von den Absätzen 1 und 3 ist der Zahler nicht zum Ersatz von Schäden verpflichtet, die aus der Nutzung eines nach der Anzeige gemäß § 675l Absatz 1 Satz 2 verwendeten Zahlungsinstruments entstanden sind. Der Zahler ist auch nicht zum Ersatz von Schäden im Sinne des Absatzes 1 verpflichtet, wenn der Zahlungsdienstleister seiner Pflicht gemäß § 675m Abs. 1 Nr. 3 nicht nachgekommen ist. Die Sätze 1 und 2 sind nicht anzuwenden, wenn der Zahler in betrügerischer Absicht gehandelt hat.

Ist die Autorisierung eines ausgeführten Zahlungsvorgangs streitig, hat der Zahlungsdienstleister nachzuweisen, dass eine Authentifizierung erfolgt ist und der Zahlungsvorgang ordnungsgemäß aufgezeichnet, verbucht sowie nicht durch eine Störung beeinträchtigt wurde. Eine Authentifizierung ist erfolgt, wenn der Zahlungsdienstleister die Nutzung eines bestimmten Zahlungsinstruments, einschließlich seiner personalisierten Sicherheitsmerkmale, mit Hilfe eines Verfahrens überprüft hat. Wurde der Zahlungsvorgang mittels eines Zahlungsinstruments ausgelöst, reicht die Aufzeichnung der Nutzung des Zahlungsinstruments einschließlich der Authentifizierung durch den Zahlungsdienstleister und gegebenenfalls einen Zahlungsauslösedienstleister allein nicht notwendigerweise aus, um nachzuweisen, dass der Zahler

1.
den Zahlungsvorgang autorisiert,
2.
in betrügerischer Absicht gehandelt,
3.
eine oder mehrere Pflichten gemäß § 675l Absatz 1 verletzt oder
4.
vorsätzlich oder grob fahrlässig gegen eine oder mehrere Bedingungen für die Ausgabe und Nutzung des Zahlungsinstruments verstoßen
hat. Der Zahlungsdienstleister muss unterstützende Beweismittel vorlegen, um Betrug, Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit des Zahlungsdienstnutzers nachzuweisen.

(1) Der Zahlungsdienstnutzer ist verpflichtet, unmittelbar nach Erhalt eines Zahlungsinstruments alle zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um die personalisierten Sicherheitsmerkmale vor unbefugtem Zugriff zu schützen. Er hat dem Zahlungsdienstleister oder einer von diesem benannten Stelle den Verlust, den Diebstahl, die missbräuchliche Verwendung oder die sonstige nicht autorisierte Nutzung eines Zahlungsinstruments unverzüglich anzuzeigen, nachdem er hiervon Kenntnis erlangt hat. Für den Ersatz eines verlorenen, gestohlenen, missbräuchlich verwendeten oder sonst nicht autorisiert genutzten Zahlungsinstruments darf der Zahlungsdienstleister mit dem Zahlungsdienstnutzer ein Entgelt vereinbaren, das allenfalls die ausschließlich und unmittelbar mit dem Ersatz verbundenen Kosten abdeckt.

(2) Eine Vereinbarung, durch die sich der Zahlungsdienstnutzer gegenüber dem Zahlungsdienstleister verpflichtet, Bedingungen für die Ausgabe und Nutzung eines Zahlungsinstruments einzuhalten, ist nur insoweit wirksam, als diese Bedingungen sachlich, verhältnismäßig und nicht benachteiligend sind.

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2. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass nach ständiger Rechtsprechung der Zivilsenate des Bundesgerichtshofs grob fahrlässig derjenige handelt, der die im Verkehr erforderliche Sorgfalt nach den gesamten Umständen in ungewöhnlich hohem Maß verletzt und unbeachtet lässt, was im gegebenen Fall jedem einleuchten müsse. Im Gegensatz zur einfachen Fahrlässigkeit muss es sich bei einem grob fahrlässigen Verhalten um ein auch in subjektiver Hinsicht unentschuldbares Fehlverhalten handeln, das ein gewöhnliches Maß erheblich übersteigt (vgl. BGH Urteil vom 29. Januar 2003 - IV ZR 173/01 - NJW 2003, 1118, 1119 m.w.N.).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 173/01 Verkündet am:
29. Januar 2003
Fritz
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
_____________________
Es gibt keinen Grundsatz, nach dem das Nichtbeachten des Rotlichts einer Verkehrsampel
stets als grob fahrlässige Herbeiführung des Versicherungsfalls anzusehen
ist. Aus der Entscheidung BGHZ 119, 147 ergibt sich nichts anderes.
BGH, Urteil vom 29. Januar 2003 - IV ZR 173/01 - OLG Frankfurt am Main
LG Darmstadt
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Seiffert und Wendt, die Richterin
Dr. Kessal-Wulf und den Richter Felsch auf die mündliche Verhandlung
vom 29. Januar 2003

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 24. Zivilsenats in Darmstadt des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 11. Mai 2001 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger verlangt vom Beklagten, seinem Kaskoversicherer, aus einem Verkehrsunfall Schadensersatz in Höhe von 26.900 DM. Er fuhr mit seinem PKW am 28. Oktober 1998 gegen 6.00 Uhr in Darmstadt in eine weitläufige Kreuzung ein, obwohl die für ihn maßgebliche Ampel Rotlicht zeigte. Im Kreuzungsbereich stieß er mit dem von rechts herankommenden Fahrzeug eines anderen Verkehrsteilnehmers zusammen, der bei Grünlicht in die Kreuzung eingefahren war. Der Beklagte hält sich nach § 61 VVG für leistungsfrei, weil der Kläger den Unfall durch grobe Fahrlässigkeit herbeigeführt habe.

Der Kläger behauptet, er habe sich der Kreuzung bei Rotlicht genähert und als erstes Fahrzeug auf der linken Geradeausspur angehalten. Rechts neben ihm hätten keine Fahrzeuge gestanden. Direkt neben ihm auf der Linksabbiegespur habe ein anderes Fahrzeug gestanden. Darin habe er einen Arbeitskollegen erkannt und diesen gegrüßt. Als er wieder nach rechts geschaut habe, habe er "Grün" gesehen und sei in der Meinung losgefahren, das Umschalten der Ampel während des Hinüberschauens zu seinem Arbeitskollegen verpaßt zu haben. Seinen Irrtum könne er sich nur so erklären, daß er das Umschalten eines anderen Elements der Ampelanlage mißgedeutet habe oder durch das im Rückspiegel registrierte Grünlicht einer hinter ihm an der zurückliegenden Kreuzung installierten Ampelanlage getäuscht worden sei.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht (r+s 2001, 313) hat ihr stattgegeben. Mit der zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


Die Revision des Beklagten hat keinen Erfolg. Das Berufungsurteil hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
I. Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts zum Unfallverlauf hat der Kläger zunächst bei Rotlicht angehalten, seinen Arbeitskollegen gesehen und gegrüßt und ist erst danach angefahren, weil er durch irgendein nachträglich nicht exakt

zu konkretisierendes, in seinem Blickfeld liegendes optisches Signal und dessen fehlerhafte Verarbeitung zu dem gleichsam natürlichen Eindruck gekommen sei, die Ampel sei auf "Grün" umgesprungen. Zu dieser Überzeugung ist das Berufungsgericht aufgrund der Zeugenaussage des Arbeitskollegen und des persönlich glaubwürdigen Eindrucks vom Kläger gelangt, den es auf seine früheren schriftlichen Äußerungen und seine Anhörung in der mündlichen Verhandlung gestützt hat.
Das Berufungsgericht meint, bei dem von ihm festgestellten Sachverhalt wäre auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteile vom 8. Juli 1992 - IV ZR 223/91 - VersR 1992, 1085 = BGHZ 119, 147 und vom 18. Dezember 1996 - IV ZR 321/95 - VersR 1997, 351) Leistungsfreiheit nach § 61 VVG wegen grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalls anzunehmen. Dieser Rechtsprechung sei aber nicht zu folgen, weil ihr Sinn und Zweck von § 61 VVG entgegenstünden. Der Begriff der groben Fahrlässigkeit sei nicht für alle Rechtsgebiete gleich, sondern bei einer Verknüpfung mit der Leistungspflicht eines Versicherers nach dem Zweck der konkreten Versicherung zu bestimmen. Es würde eine mit dem Zweck der Vollkaskoversicherung unvereinbare Aushöhlung des Versicherungsschutzes bedeuten, die Folgen eines durch typisch menschliche Unzulänglichkeit verursachten Augenblicksversagens aus dem Kreise der versicherten Risiken auszunehmen. Mit dem regelhaften Schluß vom objektiv groben Pflichtverstoß auf die subjektive Unentschuldbarkeit dieses Verstoßes werde auch die nach § 61 VVG erforderliche positive Feststellung der besonderen subjektiven Vorwerfbarkeit in ein negatives Merkmal umgewandelt. Nunmehr müsse der Versicherungsnehmer das Gericht davon überzeugen, daß ein äußerlich grober Mißgriff ausnahmsweise zu entschuldigen sei.

Auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung nimmt das Berufungs- gericht an, der Kläger habe den Unfall zwar durch einen objektiv groben Verstoß gegen die Regeln des Straßenverkehrs schuldhaft herbeigeführt. Subjektive Unentschuldbarkeit lasse sich aber nicht feststellen, weil sich das Fehlverhalten des Klägers den Umständen nach nur durch ein Augenblicksversagen erklären lasse, das nicht auf Sorglosigkeit oder Gleichgültigkeit im Umgang mit dem versicherten Fahrzeug beruhe.
II. Die rechtlichen Erwägungen des Berufungsgerichts geben keinen Anlaß, die Rechtsprechung des Senats zu ändern. Auf der Grundlage der Entscheidungen des Senats zur grob fahrlässigen Herbeiführung des Versicherungsfalls im Sinne von § 61 VVG, auch der Entscheidung in BGHZ 119, 147, ist das angefochtene Urteil im Ergebnis revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
1. Nach ständiger Rechtsprechung der Zivilsenate des Bundesgerichtshofs wird der Rechtsbegriff der groben Fahrlässigkeit grundsätzlich einheitlich bestimmt (vgl. Urteil vom 17. Oktober 1966 - II ZR 123/64 - VersR 1966, 1150 unter III; Urteil vom 8. Februar 1989 - IVa ZR 57/88 - VersR 1989, 582 unter 2; Urteil vom 29. September 1992 - XI ZR 265/91 - NJW 1992, 3235 unter I 2 a und b; Urteil vom 30. Januar 2001 - VI ZR 49/00 - NJW 2001, 2092 unter II 1 a). An diesem Grundsatz ist schon aus Gründen der Rechtssicherheit festzuhalten. Die vom Berufungsgericht befürwortete unterschiedliche Definition des Begriffs jeweils nach der konkreten Versicherung würde im Versicherungsrecht wegen der zahlreichen verschiedenen Arten von Versicherungen zu einer kaum

noch überschaubaren Aufsplitterung des Begriffs der groben Fahrlässigkeit im Sinne von § 61 VVG und damit zu einer nicht hinnehmbaren Rechtsunsicherheit führen.
2. Grob fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt nach den gesamten Umständen in ungewöhnlich hohem Maße verletzt und unbeachtet läßt, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Im Gegensatz zur einfachen Fahrlässigkeit muß es sich bei einem grob fahrlässigen Verhalten um ein auch in subjektiver Hinsicht unentschuldbares Fehlverhalten handeln, das ein gewöhnliches Maß erheblich übersteigt (BGH, Urteil vom 18. Dezember 1996 - IV ZR 321/95 - VersR 1997, 351 unter II 2 c; vgl. ferner die oben unter II. 1. aufgeführten Urteile). Diese Begriffsbestimmung berücksichtigt den Grundgedanken des § 61 VVG. Danach soll der Versicherungsnehmer, der sich in bezug auf das versicherte Interesse völlig sorglos oder sogar unlauter verhält, keine unverdiente Vergünstigung erhalten. So hat § 61 VVG ähnlich wie § 162 BGB den Gedanken von Treu und Glauben übernommen (BGH, Urteil vom 8. Februar 1989 aaO unter 1 a m.w.N.).
3. a) Aus dem Senatsurteil in BGHZ 119, 147 ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kein Grundsatz abzuleiten, nach dem die Mißachtung des roten Ampellichts stets grob fahrlässig ist (Römer, NVersZ 2001, 539 unter II; ders. ZfS 2001, 289 unter I 2 c). Der Senat hat lediglich die Ansicht der Vorinstanz als rechtsfehlerfrei bezeichnet, das Überfahren einer roten Ampel sei in aller Regel objektiv als grob fahrlässig zu bewerten (aaO S. 148 unter 1 der Gründe). Über eventuelle Ausnahmen in objektiver Hinsicht war nichts auszuführen, weil das Berufungsgericht mit Recht keine Ausnahme in Betracht gezogen hatte.


b) Das Nichtbeachten des roten Ampellichts wird wegen der damit verbundenen erheblichen Gefahren in aller Regel als objektiv grob fahr- lässig anzusehen sein. Nach den jeweiligen Umständen kann es jedoch schon an den objektiven oder an den subjektiven Voraussetzungen der groben Fahrlässigkeit fehlen. Dies kann der Fall sein, wenn die Ampel nur schwer zu erkennen oder verdeckt ist und bei besonders schwierigen , insbesondere überraschend eintretenden Verkehrssituationen (vgl. OLG Hamm VersR 2002, 603 f.; OLG Köln NVersZ 1999, 331 f.; OLG Nürnberg NJW-RR 1996, 986 f.; OLG Köln r+s 1991, 82 f.). Eine Beurteilung als nicht grob fahrlässig kann auch in Betracht kommen, wenn der Fahrer zunächst bei "Rot" angehalten hat und dann in der irrigen Annahme , die Ampel habe auf "Grün" umgeschaltet, wieder angefahren ist (so neuerdings wieder OLG Hamm r+s 2000, 232; OLG Jena VersR 1997, 691 f.; OLG München NJW-RR 1996, 407). Diese Beispiele sind nicht abschließend. Wegen der "Verschlingung" objektiver und subjektiver Gesichtspunkte und der Notwendigkeit, die Würdigung auf die besonderen Umstände des Einzelfalles abzustellen, lassen sich nur mit großen Vorbehalten allgemeine Regeln darüber entwickeln, wann eine unfallursächliche Fahrlässigkeit als grobe zu qualifizieren ist (BGH, Urteil vom 11. Juli 1967 - VI ZR 14/66 - VersR 1967, 909).

c) Ob die Fahrlässigkeit im Einzelfall als einfach oder grob zu werten ist, ist Sache der tatrichterlichen Würdigung. Sie erfordert eine Abwägung aller objektiven und subjektiven Tatumstände und entzieht sich deshalb weitgehend einer Anwendung fester Regeln (BGH, Urteil vom 5. Dezember 1966 - II ZR 174/65 - VersR 1967, 127 unter 1 und 2; BGH, Urteil vom 5. April 1989 - IVa ZR 39/88 - VersR 1989, 840 unter 2;

Römer, VersR 1992, 1187 unter II 3). Diese tatrichterliche Würdigung ist mit der Revision nur beschränkt angreifbar. Nachgeprüft werden kann nur, ob in der Tatsacheninstanz der Rechtsbegriff der groben Fahrlässigkeit verkannt worden ist oder ob beim Bewerten des Grades der Fahrlässigkeit wesentliche Umstände außer Betracht geblieben sind (BGH, Urteil vom 8. Februar 1989 aaO unter 1 b).
4. a) Aus dem Senatsurteil in BGHZ 119, 147 ergibt sich entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts auch nicht, daß aus einem objektiv groben Pflichtverstoß regelhaft auf die subjektive Unentschuldbarkeit geschlossen werden könne und entgegen der anerkannten Beweislast des Versicherers für das Eingreifen eines Risikoausschlusses der Versicherungsnehmer den Entschuldigungsbeweis zu führen habe (siehe dazu Römer, NVersZ 2001, 539 f.; Rixecker, ZfS 2001, 550 f.). Der Senat hat vielmehr daran festgehalten, daß nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vom äußeren Geschehensablauf und vom Ausmaß des objektiven Pflichtverstoßes auf innere Vorgänge und deren gesteigerte Vorwerfbarkeit geschlossen werden könne (BGHZ 119, 147, 151) und dazu auf sein Urteil vom 8. Februar 1989 (aaO unter 4 d) hingewiesen. Dort ist ausdrücklich klargestellt, daß auch für die subjektive Seite des Schuldvorwurfs gemäß § 61 VVG der Versicherer darlegungs- und beweispflichtig ist. Dabei sind die Grundsätze des Anscheinsbeweises nicht anwendbar (BGH, Urteil vom 21. April 1970 - VI ZR 226/68 - VersR 1970, 568 unter II 2). Allerdings ist es Sache des Versicherungsnehmers, ihn entlastende Tatsachen vorzutragen. Das entspricht dem allgemeinen prozessualen Grundsatz, wonach die nicht beweisbelastete Partei ausnahmsweise eine Substantiierungslast treffen kann. Ein solcher Fall liegt vor, wenn der darlegungspflichtige Gegner außerhalb des von ihm dar-

zulegenden Geschehensablaufs steht und die maßgebenden Tatsachen nicht näher kennt, während sie der anderen Partei bekannt sind und ihr ergänzende Angaben zuzumuten sind (BGH, Urteil vom 3. Februar 1999 - VIII ZR 14/98 - NJW 1999, 1404 unter II 2 b aa m.w.N.; Zöller/Greger, ZPO 23. Aufl. vor § 284 Rdn. 24, 34 ff.). Bei einem Verkehrsunfall wird diese Konstellation regelmäßig gegeben sein. An der Beweislast ändert dies nichts (OLG Hamm VersR 2002, 603).

b) Der Senat hält daran fest, daß die bloße Berufung des Kraftfahrers auf ein "Augenblicksversagen" kein ausreichender Grund ist, grobe Fahrlässigkeit zu verneinen. Die nur momentane Unaufmerksamkeit kann unterschiedliche Ursachen haben. Trägt der Versicherungsnehmer zur Ursache des kurzzeitigen Fehlverhaltens und den sonstigen Umständen nichts vor, kann der Tatrichter den Schluß ziehen, daß ein objektiv grob fahrlässiges Mißachten des Rotlichts auch subjektiv als unentschuldbares Fehlverhalten zu werten ist.
5. Das Berufungsurteil ist nicht deshalb aufzuheben, weil das Berufungsgericht der Ansicht ist, die von ihm gefundene Rechtsauffassung weiche von der Senatsrechtsprechung ab. Diese Ansicht beruht im wesentlichen auf einem nicht zutreffenden Verständnis der Senatsurteile vom 8. Juli 1992 (BGHZ 119, 147) und vom 18. Dezember 1996 (IV ZR 321/95 - VersR 1997, 351). Auch auf der Grundlage dieser Urteile und der vorstehend dargestellten sonstigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat die Würdigung des Berufungsgerichts Bestand, subjektiv grobe Fahrlässigkeit sei dem Kläger nicht anzulasten. Der Kläger hat sich nicht lediglich auf ein "Augenblicksversagen" berufen. Er hat im einzelnen dargelegt, was der Fehlreaktion vorausgegangen ist und wie es

nach seiner Erinnerung dazu gekommen ist oder gekommen sein muß. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hatte der Kläger bei "Rot" zunächst angehalten und ist nur deshalb noch bei "Rot" wieder angefahren , weil er aufgrund der Fehldeutung irgendeines in seinem Blickfeld liegenden optischen Signals zu der Überzeugung gelangt sei, die Ampel sei soeben auf "Grün" umgesprungen. Daß das Berufungsgericht dies nicht als ein in subjektiver Hinsicht unentschuldbares Fehlverhalten bewertet hat, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Es ist auszuschließen, daß das Berufungsgericht nach einer Zurückverweisung zu einem anderen Ergebnis gelangt.
Terno Seiffert Wendt
Dr. Kessal-Wulf Felsch
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6. Unter den im Streitfall gegebenen Umständen brauchte das Berufungsgericht nicht davon auszugehen, dass der Fahrer vor dem Unfall eingeschlafen war. Im Übrigen begründet das Herbeiführen eines Verkehrsunfalls durch ein nachweisliches "Einnicken" des Fahrers am Steuer nach der Rechtsprechung nur dann den Vorwurf grober Fahrlässigkeit, wenn feststeht, dass sich der Fahrer bewusst über von ihm erkannte deutliche Anzeichen einer Übermüdung hinweggesetzt hat (vgl. BGH, Urt. v. 5.2.1974 - VI ZR 52/72, VersR 1974, 593, 594 = NJW 1974, 948; Urt. v. 1.3.1977 - VI ZR 263/74, VersR 1977, 619, 620). Die Regeln des Anscheinsbeweises sind für den Nachweis der groben Fahrlässigkeit jedenfalls insoweit nicht anwendbar, als es sich dabei um individuelle Vorgänge wie etwa im Straßenverkehr um das Überfahren einer roten Ampel (vgl. BGH, Urt. v. 29.1.2003 - IV ZR 173/01, VersR 2003, 364, 365 = NJW 2003, 1118) oder namentlich auch um das "Einnicken" am Steuer handelt (vgl. BGH VersR 1974, 593, 594). Die in dieser Hinsicht zu der Frage, ob von grober Fahrlässigkeit auszugehen ist, entwickelten Grundsätze haben in gleichem Maße bei der Beurteilung der Frage zu gelten, ob ein Verhalten den Vorwurf begründet, der Frachtführer oder eine der Personen, deren er sich bei der Ausführung der Beförderung bedient hat, hätten leichtfertig und in dem Bewusstsein gehandelt, dass ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde.

Die Beweisaufnahme und die Anordnung eines besonderen Beweisaufnahmeverfahrens durch Beweisbeschluss wird durch die Vorschriften des fünften bis elften Titels bestimmt. Mit Einverständnis der Parteien kann das Gericht die Beweise in der ihm geeignet erscheinenden Art aufnehmen. Das Einverständnis kann auf einzelne Beweiserhebungen beschränkt werden. Es kann nur bei einer wesentlichen Änderung der Prozesslage vor Beginn der Beweiserhebung, auf die es sich bezieht, widerrufen werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 210/03 Verkündet am:
5. Oktober 2004
Weber,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
_____________________
BGB §§ 276 E, 676 f, 676 h; Bedingungen der Sparkassen für die Verwendung
der ec-Karte (Fassung Juni 1999) A. III. 2.4

a) Wird zeitnah nach dem Diebstahl einer ec-Karte unter Verwendung dieser Karte
und Eingabe der richtigen persönlichen Geheimzahl (PIN) an Geldausgabeautomaten
Bargeld abgehoben, spricht grundsätzlich der Beweis des ersten Anscheins
dafür, daß der Karteninhaber die PIN auf der ec-Karte notiert oder gemeinsam
mit dieser verwahrt hat, wenn andere Ursachen für den Mißbrauch
nach der Lebenserfahrung außer Betracht bleiben.

b) Die Möglichkeit eines Ausspähens der persönlichen Geheimzahl (PIN) durch
einen unbekannten Dritten kommt als andere Ursache grundsätzlich nur dann in
Betracht, wenn die ec-Karte in einem näheren zeitlichen Zusammenhang mit
der Eingabe der PIN durch den Karteninhaber an einem Geldausgabeautomaten
oder einem POS-Terminal entwendet worden ist.
BGH, Urteil vom 5. Oktober 2004 - XI ZR 210/03 - LG Duisburg
AG Duisburg
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 5. Oktober 2004 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe
und die Richter Dr. Müller, Dr. Wassermann, Dr. Appl und
Dr. Ellenberger

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg vom 8. Mai 2003 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin begehrt die Auszahlung von Geldbeträg en, die nach Abhebungen an Geldausgabeautomaten von der beklagten Sparkasse ihrem Girokonto belastet worden sind.
Die Klägerin unterhielt bei der Beklagten ein Giro konto. Für dieses erteilte die Beklagte der Klägerin im November 1999 eine ec-Karte und eine persönliche Geheimnummer (PIN). Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten für die Verwendung der ec-Karte enthielten unter anderem folgende Regelungen:
"Für Schäden, die vor der Verlustanzeige entstanden sind, haftet der Kontoinhaber, wenn sie auf einer schuldhaften Verletzung seiner Sorgfalts- und Mitwirkungspflichten beruhen. ... Die Sparkasse übernimmt auch die vom Kontoinhaber zu tragenden Schäden, die vor der Verlustanzeige entstanden sind, sofern der Karteninhaber seine Sorgfalts- und Mitwirkungspflichten ... nicht grob fahrlässig verletzt hat. Grobe Fahrlässigkeit des Karteninhabers liegt insbesondere vor, wenn - die persönliche Geheimzahl auf der ec-Karte vermerkt oder zusammen mit der ec-Karte verwahrt war (z.B. der Originalbrief, in dem die PIN dem Karteninhaber mitgeteilt wurde), - die persönliche Geheimzahl einer anderen Person mitgeteilt und der Mißbrauch dadurch verursacht wurde, ..." Mit der ec-Karte der Klägerin wurden an Geldausgab eautomaten zweier anderer Sparkassen ohne Fehlversuch unter Eingabe der richtigen PIN am 23. September 2000 gegen 17.30 Uhr zweimal 500 DM und am Morgen des folgenden Tages 1.000 DM abgehoben. Am 25. September 2000 veranlaßte die Klägerin die Sperrung ihrer ec-Karte. Die Beklagte belastete das Girokonto der Klägerin mit den abgehobenen Beträgen.
Die Klägerin macht geltend, ihr seien am 23. Septe mber 2000 zwischen 15.00 Uhr und 17.00 Uhr auf einem Stadtfest ihr Portemonnaie und die darin befindliche ec-Karte entwendet worden. Ihre persönliche Geheimzahl habe sie nirgendwo notiert, sondern ausschließlich als Telefonnummer in ihrem Mobiltelefon gespeichert gehabt. Dieses sei nicht gestohlen worden. Der Dieb müsse die persönliche Geheimzahl ent-
schlüsselt oder Mängel des Sicherheitssystems der Beklagten zur Geheimhaltung des Institutsschlüssels ausgenutzt haben.
Das Amtsgericht hat der auf Zahlung von 2.000 DM n ebst Zinsen gerichteten Klage stattgegeben, das Landgericht hat sie abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist unbegründet.

I.


Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im wes entlichen wie folgt begründet:
Die Klage sei unbegründet. Die Beklagte habe das G irokonto der Klägerin zu Recht mit 2.000 DM belastet. Die Klägerin sei ihr wegen positiver Verletzung des Girovertrages in dieser Höhe zum Schadensersatz verpflichtet. Zugunsten der Beklagten spreche der Beweis des ersten Anscheins, daß die Klägerin ihre Sorgfaltspflichten zur Aufbewahrung der ec-Karte oder zur Geheimhaltung der persönlichen Geheimzahl grob fahrlässig verletzt habe. Insbesondere komme in Betracht, daß sie die persönliche Geheimzahl auf der ec-Karte vermerkt oder zusammen mit der ec-Karte verwahrt habe. Anders als durch ein grob fahrlässiges Ver-
halten der Klägerin seien die drei Barabhebungen an Geldautomaten durch einen unbefugten Dritten (den Dieb oder einen Komplizen) jeweils ohne jeglichen Fehlversuch bei der Eingabe der PIN nach der Lebenserfahrung nicht zu erklären.
Die PIN der Klägerin und der 128-BIT-Schlüssel des PIN-Systems der von der Beklagten im November 1999 an die Klägerin ausgegebenen ec-Karte hätten am 23. September 2000 nicht entschlüsselt werden können. Nach dem eingeholten Sachverständigengutachten sei es mathematisch ausgeschlossen, die PIN einzelner Karten mit Hilfe von auf ihnen gefundenen Informationen ohne die vorherige Erlangung des Institutsschlüssels zu errechnen; es sei auch mit größtmöglichem finanziellen Einsatz nicht möglich, einen Rechner zu bauen, der eine solche Berechnung des Institutsschlüssels erlaube. Die von dem Sachverständigen erwogenen anderen theoretischen Möglichkeiten, wie ein Täter ohne grob sorgfaltswidriges Verhalten der Klägerin an die PIN ihrer ec-Karte gekommen sein könnte, schlössen weder einen Anscheinsbeweis zu Lasten der Klägerin aus noch könnten sie hier diesen Anschein erschüttern. Denn sämtliche theoretische Möglichkeiten kämen entweder im allgemeinen oder im konkreten Fall ernsthaft nicht in Betracht. Ersteres gelte für sogenannte "Innentäterattacken", d.h. für Angriffe von Mitarbeitern des Kreditinstituts gegen den Institutsschlüssel, für Angriffe gegen die im Rechenzentrum des Kreditinstituts im Umfeld der TransaktionsAutorisierung ablaufende Software oder unbeabsichtigte Sicherheitslükken dieser Software, die eine Geldabhebung auch ohne zutreffende PIN erlauben oder einem Innentäter Angriffsmöglichkeiten bieten könnten. Nach den Ausführungen des Sachverständigen gebe es keine Hinweise dafür, daß solche Möglichkeiten jemals konkret für kriminelle Handlun-
gen entdeckt und ausgenutzt worden seien. Schließlich lägen im konkreten Fall auch keine Anhaltspunkte dafür vor, daß der Täter die PIN der Klägerin ausgespäht habe.

II.


Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung im Ergebnis stand.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruc h gemäß §§ 667, 675 Abs. 1, § 676 f BGB oder §§ 700 Abs. 1, 607 BGB a.F. auf Auszahlung der von einem Dritten unberechtigt abgehobenen 2.000 DM. Die Beklagte hat das Konto der Klägerin zu Recht mit den am 23. und 24. September 2000 an Geldausgabeautomaten erfolgten Barabhebungen in Höhe von insgesamt 2.000 DM belastet.
1. Die Beklagte hat zwar nach dem - hier gemäß Art . 229 § 2 Abs. 1 EGBGB bereits anwendbaren - § 676 h Satz 1 BGB keinen Aufwendungsersatzanspruch gemäß §§ 670, 675 Abs. 1, § 676 f BGB gegen die Klägerin. Die Beklagte hat nicht bewiesen, daß die hier in Rede stehenden Geldabhebungen von der Klägerin selbst oder mit ihrem Einverständnis durch einen Dritten vorgenommen worden sind. Vielmehr ist das Berufungsgericht zu der Feststellung gelangt, daß die Geldabhebungen durch einen unbefugten Dritten, nämlich den Dieb oder einen Komplizen mit Hilfe der Original-ec-Karte, erfolgt sind. Das wird auch von der Revisionserwiderung nicht in Zweifel gezogen.
2. Der Beklagten steht aber gegen die Klägerin ein Schadensersatzanspruch wegen positiver Vertragsverletzung zu, den sie in das Kontokorrent einstellen (vgl. BGHZ 84, 371, 376) und mit dem sie das Girokonto der Klägerin belasten durfte. Die Klägerin haftet für die durch die mißbräuchliche Verwendung ihrer ec-Karte entstandenen Schäden, weil diese auf einer grob fahrlässigen Verletzung der Sorgfalts- und Mitwirkungspflichten der Klägerin beruhen. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zutreffend angenommen, zugunsten der hierfür beweispflichtigen Beklagten spreche der Beweis des ersten Anscheins, daß die Klägerin ihre Pflicht zur Geheimhaltung der persönlichen Geheimzahl verletzt hat, indem sie diese auf der ec-Karte vermerkt oder zusammen mit der ecKarte verwahrt hat.

a) Das Vermerken der persönlichen Geheimzahl auf d er ec-Karte oder ihre Verwahrung zusammen mit dieser stellt - wovon auch Nr. A. III. 2.4 der Bedingungen für die Verwendung der ec-Karte ausgeht - eine grobe Fahrlässigkeit des Karteninhabers dar; dabei trägt die Bewertung dieser Handlungsweisen als grob fahrlässig dem Umstand Rechnung, daß dadurch der besondere Schutz, den die für Abhebungen neben der ec-Karte zusätzlich benötigte Geheimnummer bietet, aufgehoben wird, weil ein Unbefugter, dem ec-Karte und Geheimnummer gemeinsam in die Hände fallen, ohne weiteres Abhebungen vornehmen kann (BGHZ 145, 337, 340 f.).

b) Zu Recht ist das Berufungsgericht zu dem Ergebn is gelangt, der Beweis des ersten Anscheins spreche dafür, daß die Klägerin die persönliche Geheimzahl auf ihrer ec-Karte vermerkt oder sie zusammen mit
dieser verwahrt habe. Diesen Beweis des ersten Anscheins hat die Klägerin nicht erschüttert.
aa) Die Frage, ob ein Anscheinsbeweis eingreift, u nterliegt der Prüfung durch das Revisionsgericht (BGHZ 100, 31, 33; BGH, Urteil vom 17. Februar 1988 - IVa ZR 277/86, NJW-RR 1988, 789, 790). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind die Grundsätze über den Beweis des ersten Anscheins nur bei typischen Geschehensabläufen anwendbar, d.h. in Fällen, in denen ein bestimmter Sachverhalt feststeht, der nach der allgemeinen Lebenserfahrung auf eine bestimmte Ursache oder auf einen bestimmten Ablauf als maßgeblich für den Eintritt eines bestimmten Erfolges hinweist (BGHZ 100, 31, 33; BGH, Urteile vom 23. Januar 1997 - I ZR 29/94, WM 1997, 1493, 1496 und vom 4. Dezember 2000 - II ZR 293/99, NJW 2001, 1140, 1141). Dabei bedeutet Typizität nicht, daß die Ursächlichkeit einer bestimmten Tatsache für einen bestimmten Erfolg bei allen Sachverhalten dieser Fallgruppe notwendig immer vorhanden ist; sie muß aber so häufig gegeben sein, daß die Wahrscheinlichkeit, einen solchen Fall vor sich zu haben, sehr groß ist (BGH, Urteil vom 6. März 1991 - IV ZR 82/90, VersR 1991, 460, 462).
Spricht ein Anscheinsbeweis für einen bestimmten U rsachenverlauf , kann der Inanspruchgenommene diesen entkräften, indem er Tatsachen darlegt und gegebenenfalls beweist, die die ernsthafte, ebenfalls in Betracht kommende Möglichkeit einer anderen Ursache nahelegen (BGH, Urteile vom 3. Juli 1990 - VI ZR 239/89, NJW 1991, 230, 231 m.w.Nachw. und vom 17. Januar 1995 - X ZR 82/93, VersR 1995, 723, 724). Der Anscheinsbeweis kann auch erschüttert werden, wenn unstreitig oder vom Inanspruchgenommenen bewiesen ist, daß ein schädigen-
des Ereignis durch zwei verschiedene Ursachen mit jeweils typischen Geschehensabläufen herbeigeführt worden sein kann und jede für sich allein den Schaden verursacht haben kann; haftet der Inanspruchgenommene in einem solchen Fall nur für eine der möglichen Ursachen, sind die Regeln über den Anscheinsbeweis nicht anwendbar (BGHZ 24, 308, 313; BGH, Urteile vom 20. Juni 1978 - VI ZR 15/77, NJW 1978, 2032, 2033 und vom 17. Januar 1995 - X ZR 82/93, VersR 1995, 723, 724). Dabei kommt es nicht darauf an, ob die eine oder andere Verursachungsmöglichkeit nach den Erfahrungen des täglichen Lebens die wahrscheinlichere ist (BGHZ 24, 308, 313; BGH, Urteil vom 17. Februar 1988 - IVa ZR 277/86, NJW-RR 1988, 789, 790 m.w.Nachw.).
bb) Nach diesen Maßstäben greift im Ergebnis der B eweis des ersten Anscheins zu Lasten der Klägerin ein, daß sie ihre persönliche Geheimzahl entweder auf ihrer ec-Karte notiert oder sie gemeinsam mit dieser aufbewahrt hat.
(1) Das Berufungsurteil ist allerdings rechtsfehle rhaft, soweit das Berufungsgericht einen Beweis des ersten Anscheins unter anderem dafür angenommen hat, daß die Klägerin ihre Sorgfaltspflichten zur Aufbewahrung der ec-Karte grob fahrlässig verletzt habe. Es besteht kein allgemeiner Erfahrungssatz des Inhalts, daß eine Person, der bei einem Straßenfest das Portemonnaie mit der darin befindlichen ec-Karte entwendet wird, diesen Diebstahl in grob fahrlässiger Weise ermöglicht hat. Feststellungen zur Art und Weise der Aufbewahrung von Portemonnaie nebst ec-Karte seitens der Klägerin hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Es kann deshalb nicht ausgeschlossen werden, daß die Aufbe-
wahrung des Portemonnaie durch die Klägerin nicht sorgfaltswidrig war oder den Diebstahl in nur leicht fahrlässiger Weise ermöglicht hat.
(2) Der Senat hat bisher offengelassen, ob in Fäll en, in denen an Geldausgabeautomaten unter Verwendung der zutreffenden Geheimzahl Geld abgehoben wurde, der Beweis des ersten Anscheins dafür spricht, daß entweder der Kartenbesitzer als rechtmäßiger Kontoinhaber die Abhebungen selbst vorgenommen hat oder - was hier nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts allein in Betracht kommt - daß ein Dritter nach der Entwendung der ec-Karte von der Geheimnummer nur wegen ihrer Verwahrung gemeinsam mit der ec-Karte Kenntnis erlangen konnte (BGHZ 145, 337, 342). In der Rechtsprechung der Instanzgerichte und in der Literatur wird ein entsprechender Beweis des ersten Anscheins zu Lasten des Kontoinhabers überwiegend angenommen (OLG Frankfurt - 8. Zivilsenat - WM 2002, 2101, 2102 f.; OLG Stuttgart WM 2003, 125, 126 f.; LG Hannover WM 1998, 1123 f.; LG Stuttgart WM 1999, 1934 f.; LG Frankfurt am Main WM 1999, 1930, 1932 f.; LG Darmstadt WM 2000, 911, 913 f.; LG Köln WM 2001, 852, 853; LG Berlin - 52. Zivilkammer - WM 2003, 128, 129; AG Diepholz WM 1995, 1919, 1920; AG Hannover WM 1997, 1207, 1208 f.; AG Wuppertal WM 1997, 1209; AG Charlottenburg WM 1997, 2082; AG Dinslaken WM 1998, 1126; AG Osnabrück WM 1998, 1127, 1128; AG Frankfurt am Main NJW 1998, 687 f. und BKR 2003, 514, 516; AG Flensburg VuR 2000, 131 f.; AG Hohenschönhausen WM 2002, 1057, 1058 f.; AG Regensburg WM 2002, 2105, 2106 f.; AG Nürnberg WM 2003, 531, 532 f.; AG Charlottenburg WM 2003, 1174, 1175; Werner WM 1997, 1516; Aepfelbach/Cimiotti WM 1998, 1218; Gößmann WM 1998, 1264, 1269; Palandt/Sprau, BGB 63. Aufl. § 676 h Rdn. 13; Musielak/Foerste,
ZPO 3. Aufl. § 286 Rdn. 26), von einem erheblichen Teil aber verneint (OLG Hamm WM 1997, 1203, 1206 f.; OLG Frankfurt - 7. Zivilsenat - WM 2001, 1898; OLG Frankfurt - 24. Zivilsenat - WM 2002, 1055, 1056 f.; LG Berlin - 51. Zivilkammer - WM 1999, 1920; LG Dortmund CR 1999, 556, 557; LG Mönchengladbach VuR 2001, 17, 18; LG Osnabrück WM 2003, 1951, 1953; AG Buchen VuR 1998, 42 f.; AG Hamburg VuR 1999, 88, 89 f.; AG Berlin-Mitte VuR 1999, 201, 202 f. und EWiR 2003, 891; AG Frankfurt am Main WM 1999, 1922, 1924 ff.; AG München NJW-RR 2001, 1056, 1057; AG Dortmund BKR 2003, 912, 913; AG Essen BKR 2003, 514; Pausch CR 1997, 174; Strube WM 1998, 1210, 1212 ff.; Zöller/Greger, ZPO 24. Aufl. vor § 284 Rdn. 31). Dabei betrifft der überwiegende Teil der veröffentlichten Entscheidungen und Literaturstimmen allerdings das ab Ende 1997 abgelöste alte Verfahren zur Erzeugung und Verifizierung der persönlichen Geheimzahl mit Hilfe eines geheimen Instituts- oder Poolschlüssels in einer Breite von 56 BIT und ist daher für die Beurteilung der Sicherheit der ab diesem Zeitpunkt eingeführten neuen Verschlüsselungsverfahren nur sehr eingeschränkt aussagekräftig.
(3) Mit dem Berufungsgericht ist der Senat der Auf fassung, daß in einem Fall der hier vorliegenden Art der Beweis des ersten Anscheins für ein grob fahrlässiges Verhalten des Karteninhabers im Zusammenhang mit der Geheimhaltung seiner persönlichen Geheimzahl spricht.
(a) Die Grundsätze über den Anscheinsbeweis sind e ntgegen der Auffassung der Revision nicht deshalb unanwendbar, weil es mehrere theoretische und praktische Möglichkeiten der Kenntniserlangung von der persönlichen Geheimzahl durch einen Dritten gibt. Zu Recht ist das
Berufungsgericht vielmehr zu dem Ergebnis gelangt, daß die hier in Rede stehenden Bargeldabhebungen mit Hilfe der Original-ec-Karte und richtiger PIN durch einen unbefugten Dritten anders als durch ein grob fahrlässiges Verhalten der Klägerin nicht zu erklären seien, weil andere Ursachen zwar theoretisch möglich seien, bei wertender Betrachtung aber außerhalb der Lebenserfahrung lägen.
(b) Gegen die Anwendbarkeit der Grundsätze über de n Anscheinsbeweis vermag die Revision auch nicht anzuführen, ein Erfahrungssatz, daß die persönliche Geheimzahl auf der Karte notiert oder gemeinsam mit dieser verwahrt würde, sei nicht empirisch belegt. Empirischer Befunde bedarf es für die Anwendbarkeit des Anscheinsbeweises nicht. Dieser setzt lediglich voraus, daß ein Sachverhalt feststeht, bei dem der behauptete ursächliche Zusammenhang typischerweise gegeben ist, beruht also auf der Auswertung von Wahrscheinlichkeiten, die aufgrund der Lebenserfahrung anzunehmen sind und die dem Richter hiernach die Überzeugung (§ 286 ZPO) vermitteln, daß auch in dem von ihm zu entscheidenden Fall der Ursachenverlauf so gewesen ist wie in den vergleichbaren Fällen (BGH, Urteil vom 17. Februar 1988 - IVa ZR 277/86, NJW-RR 1988, 789, 790).
(c) Das Berufungsgericht ist - sachverständig bera ten - zu der Feststellung gelangt, es sei auch mit größtmöglichem finanziellen Aufwand mathematisch ausgeschlossen, die PIN einzelner Karten aus den auf ec-Karten vorhandenen Daten ohne die vorherige Erlangung des zur Verschlüsselung verwendeten Institutsschlüssels in einer Breite von 128 BIT zu errechnen. Dies entspricht der Beurteilung, die das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik in einer schriftlichen Aus-
kunft vom 27. November 2001 für das vom Deutschen Sparkassen- und Giroverband neu eingeführte PIN-Verfahren abgegeben hat. Die vom Berufungsgericht vorgenommene Beweiswürdigung kann vom Senat lediglich daraufhin überprüft werden, ob sich das Berufungsgericht entsprechend dem Gebot des § 286 ZPO mit dem Streitstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (st.Rspr., vgl. BGH, Urteile vom 11. Februar 1987 - IVb ZR 23/86, NJW 1987, 1557, 1558, vom 1. Oktober 1996 - VI ZR 10/96, NJW 1997, 796, 797 und vom 9. Juli 1999 - V ZR 12/98, WM 1999, 1889, 1890). Einen solchen Fehler weist die Revision nicht nach. Mit ihrer Rüge, die Lebenserfahrung spreche gerade in Zeiten beschleunigt fortschreitender Computerentwicklung und der vielfältigen Möglichkeiten des Internets gegen die Annahme einer fehlenden Entschlüsselungsmöglichkeit, versucht die Revision lediglich, die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts durch eine andere, der Klägerin günstigere zu ersetzen.
(d) Die Regeln über den Anscheinsbeweis sind auch nicht deshalb unanwendbar, weil hier davon auszugehen wäre, daß der Schaden durch zwei verschiedene Ursachen herbeigeführt worden sein kann, die beide typische Geschehensabläufe sind, für die die Klägerin aber nur in einem Fall die Haftung zu übernehmen hätte. Das wäre dann der Fall, wenn als weiterer typischer Geschehensablauf in Betracht zu ziehen wäre, daß die Eingabe der zutreffenden PIN durch den Dieb der ec-Karte dadurch ermöglicht wurde, daß dieser zuvor die persönliche Geheimzahl des Karteninhabers ausgespäht hat, als dieser sie bei Abhebungen an Geldausgabeautomaten oder beim Einsatz der ec-Karte an einem POS-Terminal
zur Zahlung eines Geldbetrages eingab. Eine Ausspähung der PIN etwa mit Hilfe optischer oder technischer Hilfsmittel oder durch eine Manipulation des Geldausgabeautomaten oder ein aufmerksames Verfolgen der PIN-Eingabe an POS-Terminals oder Geldausgabeautomaten ohne ausreichenden Sichtschutz des Eingabetastenfeldes ist zwar durchaus denkbar. Als ernsthafte Möglichkeit einer Schadensursache, die den Beweis des ersten Anscheins für eine grob fahrlässige gemeinsame Verwahrung von ec-Karte und PIN durch den Karteninhaber bei Eingabe der zutreffenden PIN durch einen unbefugten Dritten entfallen läßt, kommt ein Ausspähen der PIN aber nur dann in Betracht, wenn die ec-Karte in einem näheren zeitlichen Zusammenhang mit der Eingabe der PIN durch den Karteninhaber entwendet worden ist. Durch Ausspähen erlangt der Täter zunächst nur Kenntnis von der PIN, gelangt aber nicht in den Besitz der ec-Karte. Da er den Karteninhaber regelmäßig nicht persönlich kennt, muß er die ec-Karte alsbald nach dem Ausspähen der PIN entwenden.
Dafür ist hier nichts vorgetragen. Die Klägerin ha t vielmehr im Gegenteil vorgebracht, sie habe am Tag des Diebstahls mit der ec-Karte kein Geld abgehoben; ein Ausspähen der PIN sei "nicht möglich gewesen". Der Täter habe "ausschließlich die Möglichkeit" gehabt, die "PIN durch eigene Computertechnik in Erfahrung zu bringen". Aufgrund dessen hat das Berufungsgericht, von der Revision unangegriffen, festgestellt , für ein Ausspähen der PIN gebe es hier keine Anhaltspunkte.
(e) Ohne Rechtsfehler mißt das Berufungsgericht fe rner sogenannten "Innentäterattacken", d.h. Angriffen von Bankmitarbeitern, etwa zur Ausspähung des der Verschlüsselung dienenden Institutsschlüssels, An-
griffen gegen die im Rechenzentrum des Kreditinstituts im Umfeld der Transaktionsautorisierung ablaufende Software und unbeabsichtigten Sicherheitslücken dieser Software keine einem Anscheinsbeweis zu Lasten des Kontoinhabers entgegenstehende Wahrscheinlichkeit zu. Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang nicht einen Beweisantrag der Klägerin verfahrensfehlerhaft übergangen. Diese hat lediglich unter Sachverständigenbeweis gestellt, daß die Maßnahmen in Bankrechenzentren und Bankverlagen zum Schutz der Software, zur Geheimhaltung der Institutsschlüssel und zur Vermeidung anderer interner Angriffe auf das PIN-System nicht ausreichend seien, um erfolgreiche Angriffe auszuschließen. Daß derartige - von der Klägerin damit nicht substantiiert behauptete - Sicherheits- und Softwaremängel als Ursachen für die Möglichkeit eines Mißbrauchs einer gestohlenen ec-Karte theoretisch in Betracht kommen, ergab sich aber bereits aus dem vom Berufungsgericht eingeholten Sachverständigengutachten. Das Berufungsgericht hat diese Ursachen als rein theoretischer Natur und als im allgemeinen außerhalb der Lebenserfahrung liegend angesehen, weil es nach den Ausführungen des Sachverständigen keine Hinweise darauf gebe, daß solche Möglichkeiten je konkret für kriminelle Handlungen entdeckt oder ausgenutzt worden seien. Das ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, zumal die Beklagte unwidersprochen vorgetragen hat, bei ihr sei es nie zu einer "Innentäterattacke" gekommen. Auch die durch keinerlei Tatsachenvortrag gestützte Vermutung der Klägerin, der Institutsschlüssel der Beklagten könne in kriminellen Kreisen bekannt geworden sein, ist deshalb nicht geeignet, der Anwendung des Anscheinsbeweises die Grundlage zu entziehen.
(f) Die Revision vermag der Anwendung der Grundsät ze über den Anscheinsbeweis nicht entgegenzuhalten, daß sie in der Regel nicht geeignet seien, grobe Fahrlässigkeit von einfacher Fahrlässigkeit abzugrenzen. Der Anscheinsbeweis führt hier lediglich zur Annahme eines bestimmten tatsächlichen Verhaltens des Karteninhabers, nämlich daß er seine persönliche Geheimzahl entweder auf der ec-Karte notiert oder gemeinsam mit dieser aufbewahrt hat. Erst in einem weiteren Schritt wird dieses tatsächliche Verhalten entsprechend den vereinbarten Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten für die Verwendung der ecKarte rechtlich als grob fahrlässig bewertet. Inhaltlich sind die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten insoweit nicht zu beanstanden. Sie lassen ein Notieren der PIN, auf das ein Teil der Bankkunden nicht verzichten kann, ohne weiteres zu; lediglich eine getrennte Verwahrung von ec-Karte und notierter PIN muß gewährleistet sein.
(g) Zu Unrecht ist die Revision weiter der Auffass ung, die Anwendung der Grundsätze über den Anscheinsbeweis durch die Rechtsprechung führe in Fällen der vorliegenden Art im Ergebnis zu einer Beweislastumkehr und bewirke eine verschuldensunabhängige, garantieähnliche Haftung des Bankkunden, weil der Karteninhaber nicht in der Lage sei, Sicherheitslücken im System aufzuzeigen. Der Anscheinsbeweis führt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht zu einer Umkehr der Beweislast (BGHZ 100, 31, 34 m.w.Nachw.). Wenn der Karteninhaber dem Anscheinsbeweis durch die konkrete Darlegung und gegebenenfalls den Nachweis der Möglichkeit eines atypischen Verlaufs die Grundlage entzieht, hat das Kreditinstitut den vollen Beweis zu erbringen, daß der Karteninhaber eine Abhebung am Geldausgabeauto-
maten selbst vorgenommen oder den Mißbrauch der ec-Karte durch einen unbefugten Dritten grob fahrlässig ermöglicht hat.
Es ist auch nicht generell so, daß der Karteninhab er nicht in der Lage ist, Sicherheitslücken im System des Kartenausgebers aufzuzeigen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur sekundären Darlegungslast kann es Sache einer nicht primär darlegungsund beweispflichtigen Partei sein, sich im Rahmen der ihr nach § 138 Abs. 2 ZPO obliegenden Erklärungspflicht zu den Behauptungen der beweispflichtigen Partei konkret zu äußern, wenn diese außerhalb des von ihr vorzutragenden Geschehensablaufs steht und keine nähere Kenntnis der maßgebenden Tatsachen besitzt, ihr Prozeßgegner aber die wesentlichen Umstände kennt und es ihm zumutbar ist, dazu nähere Angaben zu machen (BGHZ 140, 156, 158 f.; 145, 35, 41; BGH, Urteile vom 24. November 1998 - VI ZR 388/97, NJW 1999, 714 f. m.w.Nachw. und vom 11. Dezember 2001 - VI ZR 350/00, WM 2002, 347, 349). Das gilt auch für das kartenausgebende Kreditinstitut hinsichtlich der von ihm - im Rahmen des Zumutbaren und gegebenenfalls in verallgemeinernder Weise - darzulegenden Sicherheitsvorkehrungen. Dadurch wird der Karteninhaber in die Lage versetzt, Beweis für von ihm vermutete Sicherheitsmängel antreten zu können (vgl. BGH, Urteil vom 15. Mai 2003 - III ZR 7/02, BGHReport 2003, 891, 892). Das Kreditinstitut wird zudem aus dem mit dem Karteninhaber bestehenden Girovertrag regelmäßig als verpflichtet anzusehen sein, sämtliche in seinem Besitz befindlichen technischen Aufzeichnungen, die die streitigen oder vorangegangene Auszahlungsvorgänge betreffen oder hierüber Aufschluß geben können, bis zur Klärung der Angelegenheit aufzuheben und dem Kontoinhaber gegebenenfalls auch zugänglich zu machen (vgl. BGH, Urteil vom
21. November 1995 - VI ZR 341/94, NJW 1996, 779, 780 f.). Schließlich kann sich zugunsten des Karteninhabers auswirken, daß derjenige, der die Gegenpartei schuldhaft in der Möglichkeit beschneidet, den Anscheinsbeweis zu erschüttern oder zu widerlegen, sich nicht auf die Grundsätze des Anscheinsbeweises berufen kann (BGH, Urteil vom 17. Juni 1997 - X ZR 119/94, WM 1998, 204, 206).

III.


Die Revision der Klägerin war daher als unbegründe t zurückzuweisen.
Nobbe Müller Wassermann
Appl Ellenberger
37
Sollte feststehen, dass die Originalkarte eingesetzt worden ist, wäre weiter zu klären, ob das von der Klägerin und den die Geldautomaten betreibenden Instituten konkret genutzte Sicherheitssystem ein ausreichendes Sicherheitsniveau für die Anwendung des Anscheinsbeweises bietet (vgl. Senat, Urteil vom 14. November 2006 - XI ZR 294/05, BGHZ 170, 18 Rn. 31; Beschluss vom 6. Juli 2010 - XI ZR 224/09, WM 2011, 924 Rn. 12). Dazu tragen in älterer Rechtsprechung gewonnene Erkenntnisse nichts bei, wenn den vorliegenden Kartenverfügungen neue oder wesentlich geänderte technische Verfahren zugrunde liegen. Vielmehr könnte - gegebenenfalls nach ergänzendem Vortrag der Parteien - Anlass bestehen, den technischen Ablauf, der den streitigen Auszahlungsvorgängen zugrunde liegt, einer sachverständigen Begutachtung zu unterziehen (vgl. Senat, Beschluss vom 6. Juli 2010 - XI ZR 224/09, WM 2011, 924 Rn. 12).

(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen wird.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 210/03 Verkündet am:
5. Oktober 2004
Weber,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
_____________________
BGB §§ 276 E, 676 f, 676 h; Bedingungen der Sparkassen für die Verwendung
der ec-Karte (Fassung Juni 1999) A. III. 2.4

a) Wird zeitnah nach dem Diebstahl einer ec-Karte unter Verwendung dieser Karte
und Eingabe der richtigen persönlichen Geheimzahl (PIN) an Geldausgabeautomaten
Bargeld abgehoben, spricht grundsätzlich der Beweis des ersten Anscheins
dafür, daß der Karteninhaber die PIN auf der ec-Karte notiert oder gemeinsam
mit dieser verwahrt hat, wenn andere Ursachen für den Mißbrauch
nach der Lebenserfahrung außer Betracht bleiben.

b) Die Möglichkeit eines Ausspähens der persönlichen Geheimzahl (PIN) durch
einen unbekannten Dritten kommt als andere Ursache grundsätzlich nur dann in
Betracht, wenn die ec-Karte in einem näheren zeitlichen Zusammenhang mit
der Eingabe der PIN durch den Karteninhaber an einem Geldausgabeautomaten
oder einem POS-Terminal entwendet worden ist.
BGH, Urteil vom 5. Oktober 2004 - XI ZR 210/03 - LG Duisburg
AG Duisburg
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 5. Oktober 2004 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe
und die Richter Dr. Müller, Dr. Wassermann, Dr. Appl und
Dr. Ellenberger

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg vom 8. Mai 2003 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin begehrt die Auszahlung von Geldbeträg en, die nach Abhebungen an Geldausgabeautomaten von der beklagten Sparkasse ihrem Girokonto belastet worden sind.
Die Klägerin unterhielt bei der Beklagten ein Giro konto. Für dieses erteilte die Beklagte der Klägerin im November 1999 eine ec-Karte und eine persönliche Geheimnummer (PIN). Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten für die Verwendung der ec-Karte enthielten unter anderem folgende Regelungen:
"Für Schäden, die vor der Verlustanzeige entstanden sind, haftet der Kontoinhaber, wenn sie auf einer schuldhaften Verletzung seiner Sorgfalts- und Mitwirkungspflichten beruhen. ... Die Sparkasse übernimmt auch die vom Kontoinhaber zu tragenden Schäden, die vor der Verlustanzeige entstanden sind, sofern der Karteninhaber seine Sorgfalts- und Mitwirkungspflichten ... nicht grob fahrlässig verletzt hat. Grobe Fahrlässigkeit des Karteninhabers liegt insbesondere vor, wenn - die persönliche Geheimzahl auf der ec-Karte vermerkt oder zusammen mit der ec-Karte verwahrt war (z.B. der Originalbrief, in dem die PIN dem Karteninhaber mitgeteilt wurde), - die persönliche Geheimzahl einer anderen Person mitgeteilt und der Mißbrauch dadurch verursacht wurde, ..." Mit der ec-Karte der Klägerin wurden an Geldausgab eautomaten zweier anderer Sparkassen ohne Fehlversuch unter Eingabe der richtigen PIN am 23. September 2000 gegen 17.30 Uhr zweimal 500 DM und am Morgen des folgenden Tages 1.000 DM abgehoben. Am 25. September 2000 veranlaßte die Klägerin die Sperrung ihrer ec-Karte. Die Beklagte belastete das Girokonto der Klägerin mit den abgehobenen Beträgen.
Die Klägerin macht geltend, ihr seien am 23. Septe mber 2000 zwischen 15.00 Uhr und 17.00 Uhr auf einem Stadtfest ihr Portemonnaie und die darin befindliche ec-Karte entwendet worden. Ihre persönliche Geheimzahl habe sie nirgendwo notiert, sondern ausschließlich als Telefonnummer in ihrem Mobiltelefon gespeichert gehabt. Dieses sei nicht gestohlen worden. Der Dieb müsse die persönliche Geheimzahl ent-
schlüsselt oder Mängel des Sicherheitssystems der Beklagten zur Geheimhaltung des Institutsschlüssels ausgenutzt haben.
Das Amtsgericht hat der auf Zahlung von 2.000 DM n ebst Zinsen gerichteten Klage stattgegeben, das Landgericht hat sie abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist unbegründet.

I.


Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im wes entlichen wie folgt begründet:
Die Klage sei unbegründet. Die Beklagte habe das G irokonto der Klägerin zu Recht mit 2.000 DM belastet. Die Klägerin sei ihr wegen positiver Verletzung des Girovertrages in dieser Höhe zum Schadensersatz verpflichtet. Zugunsten der Beklagten spreche der Beweis des ersten Anscheins, daß die Klägerin ihre Sorgfaltspflichten zur Aufbewahrung der ec-Karte oder zur Geheimhaltung der persönlichen Geheimzahl grob fahrlässig verletzt habe. Insbesondere komme in Betracht, daß sie die persönliche Geheimzahl auf der ec-Karte vermerkt oder zusammen mit der ec-Karte verwahrt habe. Anders als durch ein grob fahrlässiges Ver-
halten der Klägerin seien die drei Barabhebungen an Geldautomaten durch einen unbefugten Dritten (den Dieb oder einen Komplizen) jeweils ohne jeglichen Fehlversuch bei der Eingabe der PIN nach der Lebenserfahrung nicht zu erklären.
Die PIN der Klägerin und der 128-BIT-Schlüssel des PIN-Systems der von der Beklagten im November 1999 an die Klägerin ausgegebenen ec-Karte hätten am 23. September 2000 nicht entschlüsselt werden können. Nach dem eingeholten Sachverständigengutachten sei es mathematisch ausgeschlossen, die PIN einzelner Karten mit Hilfe von auf ihnen gefundenen Informationen ohne die vorherige Erlangung des Institutsschlüssels zu errechnen; es sei auch mit größtmöglichem finanziellen Einsatz nicht möglich, einen Rechner zu bauen, der eine solche Berechnung des Institutsschlüssels erlaube. Die von dem Sachverständigen erwogenen anderen theoretischen Möglichkeiten, wie ein Täter ohne grob sorgfaltswidriges Verhalten der Klägerin an die PIN ihrer ec-Karte gekommen sein könnte, schlössen weder einen Anscheinsbeweis zu Lasten der Klägerin aus noch könnten sie hier diesen Anschein erschüttern. Denn sämtliche theoretische Möglichkeiten kämen entweder im allgemeinen oder im konkreten Fall ernsthaft nicht in Betracht. Ersteres gelte für sogenannte "Innentäterattacken", d.h. für Angriffe von Mitarbeitern des Kreditinstituts gegen den Institutsschlüssel, für Angriffe gegen die im Rechenzentrum des Kreditinstituts im Umfeld der TransaktionsAutorisierung ablaufende Software oder unbeabsichtigte Sicherheitslükken dieser Software, die eine Geldabhebung auch ohne zutreffende PIN erlauben oder einem Innentäter Angriffsmöglichkeiten bieten könnten. Nach den Ausführungen des Sachverständigen gebe es keine Hinweise dafür, daß solche Möglichkeiten jemals konkret für kriminelle Handlun-
gen entdeckt und ausgenutzt worden seien. Schließlich lägen im konkreten Fall auch keine Anhaltspunkte dafür vor, daß der Täter die PIN der Klägerin ausgespäht habe.

II.


Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung im Ergebnis stand.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruc h gemäß §§ 667, 675 Abs. 1, § 676 f BGB oder §§ 700 Abs. 1, 607 BGB a.F. auf Auszahlung der von einem Dritten unberechtigt abgehobenen 2.000 DM. Die Beklagte hat das Konto der Klägerin zu Recht mit den am 23. und 24. September 2000 an Geldausgabeautomaten erfolgten Barabhebungen in Höhe von insgesamt 2.000 DM belastet.
1. Die Beklagte hat zwar nach dem - hier gemäß Art . 229 § 2 Abs. 1 EGBGB bereits anwendbaren - § 676 h Satz 1 BGB keinen Aufwendungsersatzanspruch gemäß §§ 670, 675 Abs. 1, § 676 f BGB gegen die Klägerin. Die Beklagte hat nicht bewiesen, daß die hier in Rede stehenden Geldabhebungen von der Klägerin selbst oder mit ihrem Einverständnis durch einen Dritten vorgenommen worden sind. Vielmehr ist das Berufungsgericht zu der Feststellung gelangt, daß die Geldabhebungen durch einen unbefugten Dritten, nämlich den Dieb oder einen Komplizen mit Hilfe der Original-ec-Karte, erfolgt sind. Das wird auch von der Revisionserwiderung nicht in Zweifel gezogen.
2. Der Beklagten steht aber gegen die Klägerin ein Schadensersatzanspruch wegen positiver Vertragsverletzung zu, den sie in das Kontokorrent einstellen (vgl. BGHZ 84, 371, 376) und mit dem sie das Girokonto der Klägerin belasten durfte. Die Klägerin haftet für die durch die mißbräuchliche Verwendung ihrer ec-Karte entstandenen Schäden, weil diese auf einer grob fahrlässigen Verletzung der Sorgfalts- und Mitwirkungspflichten der Klägerin beruhen. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zutreffend angenommen, zugunsten der hierfür beweispflichtigen Beklagten spreche der Beweis des ersten Anscheins, daß die Klägerin ihre Pflicht zur Geheimhaltung der persönlichen Geheimzahl verletzt hat, indem sie diese auf der ec-Karte vermerkt oder zusammen mit der ecKarte verwahrt hat.

a) Das Vermerken der persönlichen Geheimzahl auf d er ec-Karte oder ihre Verwahrung zusammen mit dieser stellt - wovon auch Nr. A. III. 2.4 der Bedingungen für die Verwendung der ec-Karte ausgeht - eine grobe Fahrlässigkeit des Karteninhabers dar; dabei trägt die Bewertung dieser Handlungsweisen als grob fahrlässig dem Umstand Rechnung, daß dadurch der besondere Schutz, den die für Abhebungen neben der ec-Karte zusätzlich benötigte Geheimnummer bietet, aufgehoben wird, weil ein Unbefugter, dem ec-Karte und Geheimnummer gemeinsam in die Hände fallen, ohne weiteres Abhebungen vornehmen kann (BGHZ 145, 337, 340 f.).

b) Zu Recht ist das Berufungsgericht zu dem Ergebn is gelangt, der Beweis des ersten Anscheins spreche dafür, daß die Klägerin die persönliche Geheimzahl auf ihrer ec-Karte vermerkt oder sie zusammen mit
dieser verwahrt habe. Diesen Beweis des ersten Anscheins hat die Klägerin nicht erschüttert.
aa) Die Frage, ob ein Anscheinsbeweis eingreift, u nterliegt der Prüfung durch das Revisionsgericht (BGHZ 100, 31, 33; BGH, Urteil vom 17. Februar 1988 - IVa ZR 277/86, NJW-RR 1988, 789, 790). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind die Grundsätze über den Beweis des ersten Anscheins nur bei typischen Geschehensabläufen anwendbar, d.h. in Fällen, in denen ein bestimmter Sachverhalt feststeht, der nach der allgemeinen Lebenserfahrung auf eine bestimmte Ursache oder auf einen bestimmten Ablauf als maßgeblich für den Eintritt eines bestimmten Erfolges hinweist (BGHZ 100, 31, 33; BGH, Urteile vom 23. Januar 1997 - I ZR 29/94, WM 1997, 1493, 1496 und vom 4. Dezember 2000 - II ZR 293/99, NJW 2001, 1140, 1141). Dabei bedeutet Typizität nicht, daß die Ursächlichkeit einer bestimmten Tatsache für einen bestimmten Erfolg bei allen Sachverhalten dieser Fallgruppe notwendig immer vorhanden ist; sie muß aber so häufig gegeben sein, daß die Wahrscheinlichkeit, einen solchen Fall vor sich zu haben, sehr groß ist (BGH, Urteil vom 6. März 1991 - IV ZR 82/90, VersR 1991, 460, 462).
Spricht ein Anscheinsbeweis für einen bestimmten U rsachenverlauf , kann der Inanspruchgenommene diesen entkräften, indem er Tatsachen darlegt und gegebenenfalls beweist, die die ernsthafte, ebenfalls in Betracht kommende Möglichkeit einer anderen Ursache nahelegen (BGH, Urteile vom 3. Juli 1990 - VI ZR 239/89, NJW 1991, 230, 231 m.w.Nachw. und vom 17. Januar 1995 - X ZR 82/93, VersR 1995, 723, 724). Der Anscheinsbeweis kann auch erschüttert werden, wenn unstreitig oder vom Inanspruchgenommenen bewiesen ist, daß ein schädigen-
des Ereignis durch zwei verschiedene Ursachen mit jeweils typischen Geschehensabläufen herbeigeführt worden sein kann und jede für sich allein den Schaden verursacht haben kann; haftet der Inanspruchgenommene in einem solchen Fall nur für eine der möglichen Ursachen, sind die Regeln über den Anscheinsbeweis nicht anwendbar (BGHZ 24, 308, 313; BGH, Urteile vom 20. Juni 1978 - VI ZR 15/77, NJW 1978, 2032, 2033 und vom 17. Januar 1995 - X ZR 82/93, VersR 1995, 723, 724). Dabei kommt es nicht darauf an, ob die eine oder andere Verursachungsmöglichkeit nach den Erfahrungen des täglichen Lebens die wahrscheinlichere ist (BGHZ 24, 308, 313; BGH, Urteil vom 17. Februar 1988 - IVa ZR 277/86, NJW-RR 1988, 789, 790 m.w.Nachw.).
bb) Nach diesen Maßstäben greift im Ergebnis der B eweis des ersten Anscheins zu Lasten der Klägerin ein, daß sie ihre persönliche Geheimzahl entweder auf ihrer ec-Karte notiert oder sie gemeinsam mit dieser aufbewahrt hat.
(1) Das Berufungsurteil ist allerdings rechtsfehle rhaft, soweit das Berufungsgericht einen Beweis des ersten Anscheins unter anderem dafür angenommen hat, daß die Klägerin ihre Sorgfaltspflichten zur Aufbewahrung der ec-Karte grob fahrlässig verletzt habe. Es besteht kein allgemeiner Erfahrungssatz des Inhalts, daß eine Person, der bei einem Straßenfest das Portemonnaie mit der darin befindlichen ec-Karte entwendet wird, diesen Diebstahl in grob fahrlässiger Weise ermöglicht hat. Feststellungen zur Art und Weise der Aufbewahrung von Portemonnaie nebst ec-Karte seitens der Klägerin hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Es kann deshalb nicht ausgeschlossen werden, daß die Aufbe-
wahrung des Portemonnaie durch die Klägerin nicht sorgfaltswidrig war oder den Diebstahl in nur leicht fahrlässiger Weise ermöglicht hat.
(2) Der Senat hat bisher offengelassen, ob in Fäll en, in denen an Geldausgabeautomaten unter Verwendung der zutreffenden Geheimzahl Geld abgehoben wurde, der Beweis des ersten Anscheins dafür spricht, daß entweder der Kartenbesitzer als rechtmäßiger Kontoinhaber die Abhebungen selbst vorgenommen hat oder - was hier nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts allein in Betracht kommt - daß ein Dritter nach der Entwendung der ec-Karte von der Geheimnummer nur wegen ihrer Verwahrung gemeinsam mit der ec-Karte Kenntnis erlangen konnte (BGHZ 145, 337, 342). In der Rechtsprechung der Instanzgerichte und in der Literatur wird ein entsprechender Beweis des ersten Anscheins zu Lasten des Kontoinhabers überwiegend angenommen (OLG Frankfurt - 8. Zivilsenat - WM 2002, 2101, 2102 f.; OLG Stuttgart WM 2003, 125, 126 f.; LG Hannover WM 1998, 1123 f.; LG Stuttgart WM 1999, 1934 f.; LG Frankfurt am Main WM 1999, 1930, 1932 f.; LG Darmstadt WM 2000, 911, 913 f.; LG Köln WM 2001, 852, 853; LG Berlin - 52. Zivilkammer - WM 2003, 128, 129; AG Diepholz WM 1995, 1919, 1920; AG Hannover WM 1997, 1207, 1208 f.; AG Wuppertal WM 1997, 1209; AG Charlottenburg WM 1997, 2082; AG Dinslaken WM 1998, 1126; AG Osnabrück WM 1998, 1127, 1128; AG Frankfurt am Main NJW 1998, 687 f. und BKR 2003, 514, 516; AG Flensburg VuR 2000, 131 f.; AG Hohenschönhausen WM 2002, 1057, 1058 f.; AG Regensburg WM 2002, 2105, 2106 f.; AG Nürnberg WM 2003, 531, 532 f.; AG Charlottenburg WM 2003, 1174, 1175; Werner WM 1997, 1516; Aepfelbach/Cimiotti WM 1998, 1218; Gößmann WM 1998, 1264, 1269; Palandt/Sprau, BGB 63. Aufl. § 676 h Rdn. 13; Musielak/Foerste,
ZPO 3. Aufl. § 286 Rdn. 26), von einem erheblichen Teil aber verneint (OLG Hamm WM 1997, 1203, 1206 f.; OLG Frankfurt - 7. Zivilsenat - WM 2001, 1898; OLG Frankfurt - 24. Zivilsenat - WM 2002, 1055, 1056 f.; LG Berlin - 51. Zivilkammer - WM 1999, 1920; LG Dortmund CR 1999, 556, 557; LG Mönchengladbach VuR 2001, 17, 18; LG Osnabrück WM 2003, 1951, 1953; AG Buchen VuR 1998, 42 f.; AG Hamburg VuR 1999, 88, 89 f.; AG Berlin-Mitte VuR 1999, 201, 202 f. und EWiR 2003, 891; AG Frankfurt am Main WM 1999, 1922, 1924 ff.; AG München NJW-RR 2001, 1056, 1057; AG Dortmund BKR 2003, 912, 913; AG Essen BKR 2003, 514; Pausch CR 1997, 174; Strube WM 1998, 1210, 1212 ff.; Zöller/Greger, ZPO 24. Aufl. vor § 284 Rdn. 31). Dabei betrifft der überwiegende Teil der veröffentlichten Entscheidungen und Literaturstimmen allerdings das ab Ende 1997 abgelöste alte Verfahren zur Erzeugung und Verifizierung der persönlichen Geheimzahl mit Hilfe eines geheimen Instituts- oder Poolschlüssels in einer Breite von 56 BIT und ist daher für die Beurteilung der Sicherheit der ab diesem Zeitpunkt eingeführten neuen Verschlüsselungsverfahren nur sehr eingeschränkt aussagekräftig.
(3) Mit dem Berufungsgericht ist der Senat der Auf fassung, daß in einem Fall der hier vorliegenden Art der Beweis des ersten Anscheins für ein grob fahrlässiges Verhalten des Karteninhabers im Zusammenhang mit der Geheimhaltung seiner persönlichen Geheimzahl spricht.
(a) Die Grundsätze über den Anscheinsbeweis sind e ntgegen der Auffassung der Revision nicht deshalb unanwendbar, weil es mehrere theoretische und praktische Möglichkeiten der Kenntniserlangung von der persönlichen Geheimzahl durch einen Dritten gibt. Zu Recht ist das
Berufungsgericht vielmehr zu dem Ergebnis gelangt, daß die hier in Rede stehenden Bargeldabhebungen mit Hilfe der Original-ec-Karte und richtiger PIN durch einen unbefugten Dritten anders als durch ein grob fahrlässiges Verhalten der Klägerin nicht zu erklären seien, weil andere Ursachen zwar theoretisch möglich seien, bei wertender Betrachtung aber außerhalb der Lebenserfahrung lägen.
(b) Gegen die Anwendbarkeit der Grundsätze über de n Anscheinsbeweis vermag die Revision auch nicht anzuführen, ein Erfahrungssatz, daß die persönliche Geheimzahl auf der Karte notiert oder gemeinsam mit dieser verwahrt würde, sei nicht empirisch belegt. Empirischer Befunde bedarf es für die Anwendbarkeit des Anscheinsbeweises nicht. Dieser setzt lediglich voraus, daß ein Sachverhalt feststeht, bei dem der behauptete ursächliche Zusammenhang typischerweise gegeben ist, beruht also auf der Auswertung von Wahrscheinlichkeiten, die aufgrund der Lebenserfahrung anzunehmen sind und die dem Richter hiernach die Überzeugung (§ 286 ZPO) vermitteln, daß auch in dem von ihm zu entscheidenden Fall der Ursachenverlauf so gewesen ist wie in den vergleichbaren Fällen (BGH, Urteil vom 17. Februar 1988 - IVa ZR 277/86, NJW-RR 1988, 789, 790).
(c) Das Berufungsgericht ist - sachverständig bera ten - zu der Feststellung gelangt, es sei auch mit größtmöglichem finanziellen Aufwand mathematisch ausgeschlossen, die PIN einzelner Karten aus den auf ec-Karten vorhandenen Daten ohne die vorherige Erlangung des zur Verschlüsselung verwendeten Institutsschlüssels in einer Breite von 128 BIT zu errechnen. Dies entspricht der Beurteilung, die das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik in einer schriftlichen Aus-
kunft vom 27. November 2001 für das vom Deutschen Sparkassen- und Giroverband neu eingeführte PIN-Verfahren abgegeben hat. Die vom Berufungsgericht vorgenommene Beweiswürdigung kann vom Senat lediglich daraufhin überprüft werden, ob sich das Berufungsgericht entsprechend dem Gebot des § 286 ZPO mit dem Streitstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (st.Rspr., vgl. BGH, Urteile vom 11. Februar 1987 - IVb ZR 23/86, NJW 1987, 1557, 1558, vom 1. Oktober 1996 - VI ZR 10/96, NJW 1997, 796, 797 und vom 9. Juli 1999 - V ZR 12/98, WM 1999, 1889, 1890). Einen solchen Fehler weist die Revision nicht nach. Mit ihrer Rüge, die Lebenserfahrung spreche gerade in Zeiten beschleunigt fortschreitender Computerentwicklung und der vielfältigen Möglichkeiten des Internets gegen die Annahme einer fehlenden Entschlüsselungsmöglichkeit, versucht die Revision lediglich, die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts durch eine andere, der Klägerin günstigere zu ersetzen.
(d) Die Regeln über den Anscheinsbeweis sind auch nicht deshalb unanwendbar, weil hier davon auszugehen wäre, daß der Schaden durch zwei verschiedene Ursachen herbeigeführt worden sein kann, die beide typische Geschehensabläufe sind, für die die Klägerin aber nur in einem Fall die Haftung zu übernehmen hätte. Das wäre dann der Fall, wenn als weiterer typischer Geschehensablauf in Betracht zu ziehen wäre, daß die Eingabe der zutreffenden PIN durch den Dieb der ec-Karte dadurch ermöglicht wurde, daß dieser zuvor die persönliche Geheimzahl des Karteninhabers ausgespäht hat, als dieser sie bei Abhebungen an Geldausgabeautomaten oder beim Einsatz der ec-Karte an einem POS-Terminal
zur Zahlung eines Geldbetrages eingab. Eine Ausspähung der PIN etwa mit Hilfe optischer oder technischer Hilfsmittel oder durch eine Manipulation des Geldausgabeautomaten oder ein aufmerksames Verfolgen der PIN-Eingabe an POS-Terminals oder Geldausgabeautomaten ohne ausreichenden Sichtschutz des Eingabetastenfeldes ist zwar durchaus denkbar. Als ernsthafte Möglichkeit einer Schadensursache, die den Beweis des ersten Anscheins für eine grob fahrlässige gemeinsame Verwahrung von ec-Karte und PIN durch den Karteninhaber bei Eingabe der zutreffenden PIN durch einen unbefugten Dritten entfallen läßt, kommt ein Ausspähen der PIN aber nur dann in Betracht, wenn die ec-Karte in einem näheren zeitlichen Zusammenhang mit der Eingabe der PIN durch den Karteninhaber entwendet worden ist. Durch Ausspähen erlangt der Täter zunächst nur Kenntnis von der PIN, gelangt aber nicht in den Besitz der ec-Karte. Da er den Karteninhaber regelmäßig nicht persönlich kennt, muß er die ec-Karte alsbald nach dem Ausspähen der PIN entwenden.
Dafür ist hier nichts vorgetragen. Die Klägerin ha t vielmehr im Gegenteil vorgebracht, sie habe am Tag des Diebstahls mit der ec-Karte kein Geld abgehoben; ein Ausspähen der PIN sei "nicht möglich gewesen". Der Täter habe "ausschließlich die Möglichkeit" gehabt, die "PIN durch eigene Computertechnik in Erfahrung zu bringen". Aufgrund dessen hat das Berufungsgericht, von der Revision unangegriffen, festgestellt , für ein Ausspähen der PIN gebe es hier keine Anhaltspunkte.
(e) Ohne Rechtsfehler mißt das Berufungsgericht fe rner sogenannten "Innentäterattacken", d.h. Angriffen von Bankmitarbeitern, etwa zur Ausspähung des der Verschlüsselung dienenden Institutsschlüssels, An-
griffen gegen die im Rechenzentrum des Kreditinstituts im Umfeld der Transaktionsautorisierung ablaufende Software und unbeabsichtigten Sicherheitslücken dieser Software keine einem Anscheinsbeweis zu Lasten des Kontoinhabers entgegenstehende Wahrscheinlichkeit zu. Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang nicht einen Beweisantrag der Klägerin verfahrensfehlerhaft übergangen. Diese hat lediglich unter Sachverständigenbeweis gestellt, daß die Maßnahmen in Bankrechenzentren und Bankverlagen zum Schutz der Software, zur Geheimhaltung der Institutsschlüssel und zur Vermeidung anderer interner Angriffe auf das PIN-System nicht ausreichend seien, um erfolgreiche Angriffe auszuschließen. Daß derartige - von der Klägerin damit nicht substantiiert behauptete - Sicherheits- und Softwaremängel als Ursachen für die Möglichkeit eines Mißbrauchs einer gestohlenen ec-Karte theoretisch in Betracht kommen, ergab sich aber bereits aus dem vom Berufungsgericht eingeholten Sachverständigengutachten. Das Berufungsgericht hat diese Ursachen als rein theoretischer Natur und als im allgemeinen außerhalb der Lebenserfahrung liegend angesehen, weil es nach den Ausführungen des Sachverständigen keine Hinweise darauf gebe, daß solche Möglichkeiten je konkret für kriminelle Handlungen entdeckt oder ausgenutzt worden seien. Das ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, zumal die Beklagte unwidersprochen vorgetragen hat, bei ihr sei es nie zu einer "Innentäterattacke" gekommen. Auch die durch keinerlei Tatsachenvortrag gestützte Vermutung der Klägerin, der Institutsschlüssel der Beklagten könne in kriminellen Kreisen bekannt geworden sein, ist deshalb nicht geeignet, der Anwendung des Anscheinsbeweises die Grundlage zu entziehen.
(f) Die Revision vermag der Anwendung der Grundsät ze über den Anscheinsbeweis nicht entgegenzuhalten, daß sie in der Regel nicht geeignet seien, grobe Fahrlässigkeit von einfacher Fahrlässigkeit abzugrenzen. Der Anscheinsbeweis führt hier lediglich zur Annahme eines bestimmten tatsächlichen Verhaltens des Karteninhabers, nämlich daß er seine persönliche Geheimzahl entweder auf der ec-Karte notiert oder gemeinsam mit dieser aufbewahrt hat. Erst in einem weiteren Schritt wird dieses tatsächliche Verhalten entsprechend den vereinbarten Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten für die Verwendung der ecKarte rechtlich als grob fahrlässig bewertet. Inhaltlich sind die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten insoweit nicht zu beanstanden. Sie lassen ein Notieren der PIN, auf das ein Teil der Bankkunden nicht verzichten kann, ohne weiteres zu; lediglich eine getrennte Verwahrung von ec-Karte und notierter PIN muß gewährleistet sein.
(g) Zu Unrecht ist die Revision weiter der Auffass ung, die Anwendung der Grundsätze über den Anscheinsbeweis durch die Rechtsprechung führe in Fällen der vorliegenden Art im Ergebnis zu einer Beweislastumkehr und bewirke eine verschuldensunabhängige, garantieähnliche Haftung des Bankkunden, weil der Karteninhaber nicht in der Lage sei, Sicherheitslücken im System aufzuzeigen. Der Anscheinsbeweis führt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht zu einer Umkehr der Beweislast (BGHZ 100, 31, 34 m.w.Nachw.). Wenn der Karteninhaber dem Anscheinsbeweis durch die konkrete Darlegung und gegebenenfalls den Nachweis der Möglichkeit eines atypischen Verlaufs die Grundlage entzieht, hat das Kreditinstitut den vollen Beweis zu erbringen, daß der Karteninhaber eine Abhebung am Geldausgabeauto-
maten selbst vorgenommen oder den Mißbrauch der ec-Karte durch einen unbefugten Dritten grob fahrlässig ermöglicht hat.
Es ist auch nicht generell so, daß der Karteninhab er nicht in der Lage ist, Sicherheitslücken im System des Kartenausgebers aufzuzeigen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur sekundären Darlegungslast kann es Sache einer nicht primär darlegungsund beweispflichtigen Partei sein, sich im Rahmen der ihr nach § 138 Abs. 2 ZPO obliegenden Erklärungspflicht zu den Behauptungen der beweispflichtigen Partei konkret zu äußern, wenn diese außerhalb des von ihr vorzutragenden Geschehensablaufs steht und keine nähere Kenntnis der maßgebenden Tatsachen besitzt, ihr Prozeßgegner aber die wesentlichen Umstände kennt und es ihm zumutbar ist, dazu nähere Angaben zu machen (BGHZ 140, 156, 158 f.; 145, 35, 41; BGH, Urteile vom 24. November 1998 - VI ZR 388/97, NJW 1999, 714 f. m.w.Nachw. und vom 11. Dezember 2001 - VI ZR 350/00, WM 2002, 347, 349). Das gilt auch für das kartenausgebende Kreditinstitut hinsichtlich der von ihm - im Rahmen des Zumutbaren und gegebenenfalls in verallgemeinernder Weise - darzulegenden Sicherheitsvorkehrungen. Dadurch wird der Karteninhaber in die Lage versetzt, Beweis für von ihm vermutete Sicherheitsmängel antreten zu können (vgl. BGH, Urteil vom 15. Mai 2003 - III ZR 7/02, BGHReport 2003, 891, 892). Das Kreditinstitut wird zudem aus dem mit dem Karteninhaber bestehenden Girovertrag regelmäßig als verpflichtet anzusehen sein, sämtliche in seinem Besitz befindlichen technischen Aufzeichnungen, die die streitigen oder vorangegangene Auszahlungsvorgänge betreffen oder hierüber Aufschluß geben können, bis zur Klärung der Angelegenheit aufzuheben und dem Kontoinhaber gegebenenfalls auch zugänglich zu machen (vgl. BGH, Urteil vom
21. November 1995 - VI ZR 341/94, NJW 1996, 779, 780 f.). Schließlich kann sich zugunsten des Karteninhabers auswirken, daß derjenige, der die Gegenpartei schuldhaft in der Möglichkeit beschneidet, den Anscheinsbeweis zu erschüttern oder zu widerlegen, sich nicht auf die Grundsätze des Anscheinsbeweises berufen kann (BGH, Urteil vom 17. Juni 1997 - X ZR 119/94, WM 1998, 204, 206).

III.


Die Revision der Klägerin war daher als unbegründe t zurückzuweisen.
Nobbe Müller Wassermann
Appl Ellenberger

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 7/02
Verkündet am:
15. Mai 2003
K i e f e r
Justizangestellter
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 15. Mai 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Rinne und die Richter
Streck, Schlick, Dr. Kapsa und Galke

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 30. November 2001 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Der Kläger nimmt den beklagten Freistaat im Zusammenhang mit der Erteilung einer Genehmigung für den Güterfernverkehr nach dem früheren Güterkraftverkehrsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. März 1983 (BGBl. I S. 256; GüKG) auf Schadensersatz in Anspruch. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Im Herbst 1991 suchte die S. L. GmbH durch Zeitungsan- zeigen Kraftfahrer, die sich in der Gütertransportbranche selbständig machen wollten. Sie bot den Interessenten ein sogenanntes "Servicepaket" an, bestehend aus dem Kauf eines neuen Lastkraftwagens sowie der Verschaffung einer Gewerbeerlaubnis, einer Konzession nach dem Güterkraftverkehrsgesetz und der hierfür erforderlichen Standortbestimmung gemäß § 6 GüKG. Der in N. (S. -A. ) wohnende Kläger nahm dieses Angebot an. Er schloß mit der S. L. GmbH am 1. Dezember 1991 einen Kaufvertrag über einen LKW zum Preis von 223.782 DM. Ferner nahm er zur Finanzierung des Fahrzeugs am selben Tag einen Kredit in Höhe von 225.282 DM auf. Die S. L. GmbH vermietete ihm außerdem Büroräume in P. (Landkreis L. ), beginnend mit dem 1. Dezember 1991, obwohl der Kläger von vornherein beabsichtigte, den Betrieb von seinem Wohnort aus zu führen.
Unter dem 12. Dezember 1991 wurde für den Kläger beim Regierungspräsidium L. ein - nach Behauptung des Klägers von ihm blanko unterschriebener und von der S. L. GmbH nachträglich ausgefüllter - Antrag auf Erteilung einer Güterfernverkehrsgenehmigung mit dem Standort P. gestellt. Am 13. Dezember 1991 erteilte ihm das Landratsamt L. hierfür eine Standortbescheinigung, die dem Kläger zusammen mit der vom Regierungspräsidium unter dem 16. Dezember 1991 ausgestellten Genehmigung für Einzelfahrten nach § 19a GüKG von der S. L. GmbH am 16. Dezember 1991 ausgehändigt wurde. Die Genehmigung enthält eine Befristung vom 1. Januar bis zum 30. Juni 1992. Zum damaligen Zeitpunkt war es im Regierungspräsidium L. üblich, befristete Genehmigungen dieser Art zu verlängern, soweit der Konzessionsinhaber die Voraussetzungen einer Genehmigung erfüllte und nachweisen konnte, daß sein Transportunternehmen
wirtschaftlich arbeitete bzw. daß er von der Konzession hinreichend Gebrauch machte.
Bei einer Betriebsprüfung durch das Bundesamt für den Güterfernverkehr im Sommer 1992 stellte sich heraus, daß der für zahlreiche Transportunternehmen angegebene Standort P. die Voraussetzungen für eine Anerkennung nach § 6 Abs. 2 GüKG nicht erfüllte und es sich in allen Fällen lediglich um Scheinstandorte handelte. Eine weitere Genehmigung für den Güterfernverkehr erhielt der Kläger nicht. Ab Juli 1992 stand der Lastkraftwagen des Klägers still. Er wurde später durch die kreditgebende Bank verwertet.
Der Kläger hat behauptet, die S. L. GmbH habe sämtlichen geworbenen Kunden nur Scheinstandorte zuweisen wollen. Deren betrügerisches Gesamtkonzept sei dem im Regierungspräsidium L. seinerzeit für die Erteilung von Güterfernverkehrsgenehmigungen zuständigen Sachbearbeiter , dem Streithelfer des Beklagten, bekannt gewesen. Dennoch habe dieser der GmbH für die Zahlung von je 2.000 DM und den Erhalt weiterer vermögenswerter Vorteile die sofortige Ausstellung von Konzessionen ohne Prüfung der Genehmigungsvoraussetzungen zugesagt. Unstreitig wurden im Jahre 1998 der Streithelfer wegen Bestechlichkeit in zwei Fällen und die Geschäftsführerin der S. L. GmbH wegen Betrugs in 70 Fällen rechtskräftig verurteilt.
Das Landgericht hat der Klage im wesentlichen stattgegeben, das Oberlandesgericht hat den zuletzt auf Zahlung von 222.191,77 DM gerichteten Klageantrag abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seine Schadensersatzansprüche weiter.

Entscheidungsgründe


Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


Nach Auffassung des Berufungsgerichts steht dem Kläger kein Schadensersatz wegen fahrlässiger Amtspflichtverletzung zu, da der Nebenintervenient keine für den Schaden des Klägers ursächliche, dem Kläger gegenüber bestehende Prüfungspflicht verletzt habe. Dieser sei nämlich hinsichtlich seiner Investitionen nicht "Dritter" im Sinne des § 839 BGB. Zumindest dann, wenn - wie hier - lediglich eine auf sechs Monate befristete Genehmigung nach § 19a GüKG erteilt werde, gehe der Schutzzweck der im güterkraftverkehrsrechtlichen Genehmigungsverfahren wahrzunehmenden Amtspflicht nicht dahin, den Antragsteller vor wirtschaftlichen Nachteilen zu bewahren, die dieser im Vertrauen auf die Erteilung einer langjährigen Konzession auf sich genommen habe. Der Antragsteller habe bei Erteilung einer Einzelfahrtgenehmigung gemäß § 19a GüKG nicht damit rechnen dürfen, daß er ohne weiteres später eine Genehmigung nach § 11 GüKG erhalten werde. Etwas anderes folge auch nicht aus der im Regierungspräsidium L. seinerzeit geübten teilweise abweichenden Praxis. Somit unterfielen dem Schutzzweck der Amtspflicht hier lediglich diejenigen Investitionen, die der Kläger im Hinblick auf einen kurzfristigen Betrieb vorgenommen habe. Dazu gehörten nicht die Anschaffungskosten für den Lastkraftwagen, zu denen sich der Kläger letztendlich in Erwartung einer langjährigen Genehmigung veranlaßt gesehen habe, und auch nicht der zur
Aufnahme einer solchen Tätigkeit in Anspruch genommene Betriebsmittelkredit.
Selbst wenn man jedoch, so führt das Berufungsgericht weiter aus, den Schutzzweck dieser Amtspflichten so weit zöge, daß er die im Streitfall geltend gemachten Schäden umfaßte, hätte der Streithelfer seine Amtspflichten nicht dadurch fahrlässig verletzt, daß er es pflichtwidrig unterlassen habe, die Voraussetzungen des angegebenen Standorts zu prüfen. Für die Standortbestimmung zuständig sei die untere Verwaltungsbehörde. An deren Entscheidung sei das Regierungspräsidium L. gebunden gewesen. Daß sich der Nebenintervenient zumindest für eine bevorzugte Bearbeitung der Anträge geldwerte Vorteile habe versprechen lassen, habe seine Prüfungspflichten nicht erweitert. Zweifel hinsichtlich des Standorts hätten ihm weder aufgrund der Bestechung noch deshalb kommen müssen, weil mehrere Kunden der S. L. GmbH mit Wohnsitz außerhalb Sachsens an demselben Standort gemeldet worden waren. Auch darin, daß der Streithelfer oder sonstige Bedienstete des Regierungspräsidiums die Konzession nicht unmittelbar dem Kläger, sondern einem Mitarbeiter der S. L. GmbH aushändigten, sei keine (fahrlässige) Amtspflichtverletzung zu sehen. Dasselbe gelte für den Umstand, daß bei Erteilung der Genehmigung der erforderliche Eignungsnachweis nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 GüKG noch nicht vorgelegen habe.
Soweit sich schließlich der Kläger auf eine vorsätzliche Amtspflichtverletzung des Streithelfers (Beihilfe zum Betrug, Erweckung eines falschen Anscheins ) berufe, habe er schon nicht hinreichend substantiiert dargelegt, geschweige denn einen entsprechenden Nachweis geführt, daß dem Nebenintervenienten das System der S. L. GmbH bekannt gewesen sei und
dieser insbesondere gewußt habe, daß die GmbH weder willens noch in der Lage gewesen sei, ihren Kunden echte Standorte im Sinne des Güterkraftverkehrsgesetzes zu vermitteln. Den Beweis für seine Behauptung habe der Kläger nicht durch das vorgelegte Strafurteil führen können. Darin fehlten die hierfür erforderlichen Feststellungen. Lediglich im Rahmen der Strafzumessung werde dort ausgeführt, daß dem Nebenintervenienten nach Ansicht der Strafkammer bewußt gewesen sei, zu welchem Zweck die GmbH die Konzessionen verwendete, und daß das Vermögen ihrer Kunden erheblich gefährdet worden sei, weil deren dauerhafte Teilnahme am Güterfernverkehr nicht gesichert gewesen sei. Die weiteren Beweisanträge des Klägers auf Vernehmung der Zeugen R. und E. hingegen stellten unzulässige Ausforschungsbeweise dar. Für die Behauptung des Klägers, dem Streithelfer sei Ende Oktober 1990 durch den Zeugen R. das Gesamtkonzept der S. L. GmbH vorgestellt worden, fehle es bereits an einem substantiierten Vorbringen dahin, was beide konkret besprochen hätten, insbesondere, wie das Konzept der GmbH damals im einzelnen ausgesehen habe. Das gelte um so mehr, als nach der eigenen Behauptung des Klägers möglicherweise die Idee zu einer Konzessionsvermittlung an potentielle Kunden vom Nebenintervenienten selbst stamme oder aus anderen Gründen erst später aufgegriffen worden sei. Es sei ferner nicht dargelegt, weshalb der Streithelfer aufgrund des Konzepts gewußt haben solle, daß die S. L. GmbH ihren Kunden nur Scheinstandorte habe zuweisen können. Ein Beweisantrag, einen Zeugen zu einer nicht in seiner Person eingetretenen inneren Tatsache zu vernehmen, sei nur dann erheblich, wenn schlüssig dargelegt werde, aufgrund welcher Umstände der Zeuge von dieser inneren Tatsache Kenntnis erlangt habe. Damit müsse der Kläger substantiiert darlegen, daß zum Oktober 1990 festgestanden habe, wie konkret im einzelnen die Anmietung und die Unterhaltung der Standorte aus-
sehen sollte, und daß dies dem Nebenintervenienten bekannt gemacht worden sei. Dafür, daß der Streithelfer in das System der S. L. GmbH eingebunden gewesen sei, sprächen schließlich auch nicht seine Erklärungen vom 30. November 1991 anläßlich eines in den Räumen der S. L. GmbH durchgeführten Lehrgangs. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb dieser unter solchen Umständen den Teilnehmern einen Erfolg in der Transportbranche und eine Verlängerung ihrer Konzessionen als aussichtslos hingestellt haben sollte; eher spreche dies für das Gegenteil.
Aus denselben Gründen wie ein Amtshaftungsanspruch scheide ein Schadensersatzanspruch des Klägers nach § 1 Abs. 2 des für Altfälle in Sachsen noch anwendbaren Staatshaftungsgesetzes aus.

II.


Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision nicht stand. Ein Schadensersatzanspruch des Klägers gegen das beklagte Land wegen Amtspflichtverletzungen des Streithelfers (§ 839 BGB, Art. 34 GG) läßt sich nach dem Klagevorbringen nicht verneinen.
1. Ob die vom Regierungspräsidium L. dem Kläger erteilte Einzelfahrtgenehmigung nach § 19a GüKG schon für sich allein rechtswidrig und amtspflichtwidrig war, da ihr - von den im Streitfall nicht ohne weiteres gegebenen engen tatbestandlichen Voraussetzungen der Vorschrift abgesehen - nur ein Scheinstandort des Fahrzeugs zugrunde lag, mag dahinstehen. Auszugehen ist von dem im Berufungsurteil an letzter Stelle geprüften Hauptvorwurf des
Klägers, der Streithelfer als zuständiger Sachbearbeiter im Regierungspräsidium L. sei in das betrügerische Gesamtkonzept der S. L. GmbH eingebunden gewesen. Er habe bereits im Oktober 1990 von dem Zeugen R. erfahren, daß diese weder willens noch in der Lage gewesen sei, ihren Kunden einen den Anforderungen des § 6 GüKG genügenden Fahrzeugstandort zu verschaffen, gleichwohl aber die sofortige Ausstellung von Konzessionen zugesichert, um dafür eigene geldwerte Vorteile zu erlangen. Unter diesen Umständen läge eine Amtspflichtverletzung des Streithelfers schon in seiner erklärten Bereitschaft, an dem betrügerischen Vorhaben der GmbH zum Nachteil der Fuhrunternehmer mitzuwirken. Jeder Amtsträger ist verpflichtet, sich eines Mißbrauchs seines Amtes zu enthalten und insbesondere deliktische Schädigungen anderer zu unterlassen (Staudinger/Wurm, BGB, 13. Bearb. 2002, § 839 Rn. 124 ff. m.w.N.). Das gilt namentlich für mit Strafe bedrohte Handlungen. Indessen wäre nicht entscheidend, ob die Bereiterklärung des Streithelfers bereits zum damaligen Zeitpunkt als Beihilfe zum Betrug (§§ 27, 263 StGB) oder jedenfalls als Vorteilsannahme oder Bestechlichkeit (§§ 331, 332 StGB) strafbar gewesen wäre. Mit den Forderungen von Treu und Glauben und guter Sitte hätte die Amtsausübung des Streithelfers auch dann in Widerspruch gestanden und einen Amtsmißbrauch bedeutet (vgl. zu diesen Voraussetzungen Senatsurteil BGHZ 91, 243, 252), wenn die ins Auge gefaßten Straftaten seinerzeit noch nicht so weit konkretisiert waren, daß die Schwelle zur Strafbarkeit wegen Betrugs überschritten wurde.
2. Zu Unrecht läßt das Berufungsgericht dieses von ihm selbst als entscheidungserheblich angesehene Klagevorbringen im Ergebnis unbeachtet. Es hält den Vortrag des Klägers teils für nicht hinreichend substantiiert, teils für
nicht bewiesen oder für mit den angebotenen Beweismitteln nicht beweisbar. Das rügt die Revision mit Recht als verfahrensfehlerhaft.

a) An die Substantiierungslast der darlegungspflichtigen Partei dürfen keine überzogenen Anforderungen gestellt werden. Die Partei ist nicht verpflichtet , den streitigen Lebenssachverhalt in allen Einzelheiten darzustellen. Vielmehr genügt sie nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ihrer Darlegungslast bereits dadurch, daß sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als entstanden erscheinen zu lassen. Dabei muß das Gericht aufgrund dieser Darstellung beurteilen können, ob die gesetzlichen Voraussetzungen der an eine Behauptung geknüpften Rechtsfolge erfüllt sind (vgl. nur BGH, Urteil vom 4. Juli 2000 - VI ZR 236/99 - NJW 2000, 3286, 3287; Urteil vom 8. Mai 2002 - I ZR 28/00 - NJW-RR 2002, 1433, 1435; Urteil vom 20. September 2002 - V ZR 170/01 - NJW-RR 2003, 69, 70). Hierbei ist auch zu berücksichtigen, welche Angaben einer Partei zumutbar und möglich sind (BGH, Urteil vom 27. September 2001 - IX ZR 281/00 - NJW 2002, 825, 826). Falls sie keinen Einblick in die Geschehensabläufe hat und ihr die Beweisführung deshalb erschwert ist, kann sie auch nur vermutete Tatsachen unter Beweis stellen. Zu einem unzulässigen Ausforschungsbeweis wird ihr Beweisantrag unter solchen Umständen erst dann, wenn die Partei ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich und rechtsmißbräuchlich Behauptungen "auf Geratewohl" oder "ins Blaue hinein" aufstellt (vgl. BGH, Urteile vom 11. April 2000 - X ZR 19/98 - NJW 2000, 2812, 2813 f.; vom 8. Mai 2002 aaO; vom 20. Juni 2002 - IX ZR 177/99 - NJW-RR 2002, 1419, 1420 f.).

b) Im Streitfall kann, wie die Revision zu Recht geltend macht, von ei- nem mißbräuchlichen Vorbringen des Klägers ohne jeden Anhaltspunkt schon deswegen keine Rede sein, weil er sich hierfür auf Ausführungen in dem vorgelegten Strafurteil berufen konnte. Das Berufungsgericht läßt ferner unberücksichtigt , daß der Kläger an dem behaupteten Geschehen nicht beteiligt war und eine ins einzelne gehende, in sich geschlossene und widerspruchsfreie Darstellung ohne Vermutungen in der einen oder anderen Richtung von ihm darum nicht zu verlangen ist. Es geht zudem nicht, wie das Berufungsgericht meint, um innere Tatsachen in der Person des Streithelfers oder des Zeugen R. , sondern um den Inhalt der zwischen beiden geführten Gespräche. Aus allen diesen Gründen bestehen gegen die Zulässigkeit des vom Kläger angebotenen Zeugenbeweises keine Bedenken.
3. Bei dem behaupteten Amtsmißbrauch des Streithelfers ist der Kläger schließlich nicht nur geschützter "Dritter" im Sinne des § 839 BGB, sondern die geltend gemachten Schäden fallen auch in den Schutzbereich der verletzten Amtspflichten. Zur näheren Begründung verweist der Senat auf seine Urteile vom heutigen Tage in den den Parteien bekannten beiden Parallelsachen III ZR 42/02 und 43/02.

III.


Nach alledem kann das Berufungsurteil nicht bestehenbleiben. Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es die angebotenen Beweise erheben und die fehlenden tatsächlichen Feststellungen nachholen kann.

Rinne Streck Schlick Kapsa Galke

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 210/03 Verkündet am:
5. Oktober 2004
Weber,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
_____________________
BGB §§ 276 E, 676 f, 676 h; Bedingungen der Sparkassen für die Verwendung
der ec-Karte (Fassung Juni 1999) A. III. 2.4

a) Wird zeitnah nach dem Diebstahl einer ec-Karte unter Verwendung dieser Karte
und Eingabe der richtigen persönlichen Geheimzahl (PIN) an Geldausgabeautomaten
Bargeld abgehoben, spricht grundsätzlich der Beweis des ersten Anscheins
dafür, daß der Karteninhaber die PIN auf der ec-Karte notiert oder gemeinsam
mit dieser verwahrt hat, wenn andere Ursachen für den Mißbrauch
nach der Lebenserfahrung außer Betracht bleiben.

b) Die Möglichkeit eines Ausspähens der persönlichen Geheimzahl (PIN) durch
einen unbekannten Dritten kommt als andere Ursache grundsätzlich nur dann in
Betracht, wenn die ec-Karte in einem näheren zeitlichen Zusammenhang mit
der Eingabe der PIN durch den Karteninhaber an einem Geldausgabeautomaten
oder einem POS-Terminal entwendet worden ist.
BGH, Urteil vom 5. Oktober 2004 - XI ZR 210/03 - LG Duisburg
AG Duisburg
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 5. Oktober 2004 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe
und die Richter Dr. Müller, Dr. Wassermann, Dr. Appl und
Dr. Ellenberger

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg vom 8. Mai 2003 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin begehrt die Auszahlung von Geldbeträg en, die nach Abhebungen an Geldausgabeautomaten von der beklagten Sparkasse ihrem Girokonto belastet worden sind.
Die Klägerin unterhielt bei der Beklagten ein Giro konto. Für dieses erteilte die Beklagte der Klägerin im November 1999 eine ec-Karte und eine persönliche Geheimnummer (PIN). Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten für die Verwendung der ec-Karte enthielten unter anderem folgende Regelungen:
"Für Schäden, die vor der Verlustanzeige entstanden sind, haftet der Kontoinhaber, wenn sie auf einer schuldhaften Verletzung seiner Sorgfalts- und Mitwirkungspflichten beruhen. ... Die Sparkasse übernimmt auch die vom Kontoinhaber zu tragenden Schäden, die vor der Verlustanzeige entstanden sind, sofern der Karteninhaber seine Sorgfalts- und Mitwirkungspflichten ... nicht grob fahrlässig verletzt hat. Grobe Fahrlässigkeit des Karteninhabers liegt insbesondere vor, wenn - die persönliche Geheimzahl auf der ec-Karte vermerkt oder zusammen mit der ec-Karte verwahrt war (z.B. der Originalbrief, in dem die PIN dem Karteninhaber mitgeteilt wurde), - die persönliche Geheimzahl einer anderen Person mitgeteilt und der Mißbrauch dadurch verursacht wurde, ..." Mit der ec-Karte der Klägerin wurden an Geldausgab eautomaten zweier anderer Sparkassen ohne Fehlversuch unter Eingabe der richtigen PIN am 23. September 2000 gegen 17.30 Uhr zweimal 500 DM und am Morgen des folgenden Tages 1.000 DM abgehoben. Am 25. September 2000 veranlaßte die Klägerin die Sperrung ihrer ec-Karte. Die Beklagte belastete das Girokonto der Klägerin mit den abgehobenen Beträgen.
Die Klägerin macht geltend, ihr seien am 23. Septe mber 2000 zwischen 15.00 Uhr und 17.00 Uhr auf einem Stadtfest ihr Portemonnaie und die darin befindliche ec-Karte entwendet worden. Ihre persönliche Geheimzahl habe sie nirgendwo notiert, sondern ausschließlich als Telefonnummer in ihrem Mobiltelefon gespeichert gehabt. Dieses sei nicht gestohlen worden. Der Dieb müsse die persönliche Geheimzahl ent-
schlüsselt oder Mängel des Sicherheitssystems der Beklagten zur Geheimhaltung des Institutsschlüssels ausgenutzt haben.
Das Amtsgericht hat der auf Zahlung von 2.000 DM n ebst Zinsen gerichteten Klage stattgegeben, das Landgericht hat sie abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist unbegründet.

I.


Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im wes entlichen wie folgt begründet:
Die Klage sei unbegründet. Die Beklagte habe das G irokonto der Klägerin zu Recht mit 2.000 DM belastet. Die Klägerin sei ihr wegen positiver Verletzung des Girovertrages in dieser Höhe zum Schadensersatz verpflichtet. Zugunsten der Beklagten spreche der Beweis des ersten Anscheins, daß die Klägerin ihre Sorgfaltspflichten zur Aufbewahrung der ec-Karte oder zur Geheimhaltung der persönlichen Geheimzahl grob fahrlässig verletzt habe. Insbesondere komme in Betracht, daß sie die persönliche Geheimzahl auf der ec-Karte vermerkt oder zusammen mit der ec-Karte verwahrt habe. Anders als durch ein grob fahrlässiges Ver-
halten der Klägerin seien die drei Barabhebungen an Geldautomaten durch einen unbefugten Dritten (den Dieb oder einen Komplizen) jeweils ohne jeglichen Fehlversuch bei der Eingabe der PIN nach der Lebenserfahrung nicht zu erklären.
Die PIN der Klägerin und der 128-BIT-Schlüssel des PIN-Systems der von der Beklagten im November 1999 an die Klägerin ausgegebenen ec-Karte hätten am 23. September 2000 nicht entschlüsselt werden können. Nach dem eingeholten Sachverständigengutachten sei es mathematisch ausgeschlossen, die PIN einzelner Karten mit Hilfe von auf ihnen gefundenen Informationen ohne die vorherige Erlangung des Institutsschlüssels zu errechnen; es sei auch mit größtmöglichem finanziellen Einsatz nicht möglich, einen Rechner zu bauen, der eine solche Berechnung des Institutsschlüssels erlaube. Die von dem Sachverständigen erwogenen anderen theoretischen Möglichkeiten, wie ein Täter ohne grob sorgfaltswidriges Verhalten der Klägerin an die PIN ihrer ec-Karte gekommen sein könnte, schlössen weder einen Anscheinsbeweis zu Lasten der Klägerin aus noch könnten sie hier diesen Anschein erschüttern. Denn sämtliche theoretische Möglichkeiten kämen entweder im allgemeinen oder im konkreten Fall ernsthaft nicht in Betracht. Ersteres gelte für sogenannte "Innentäterattacken", d.h. für Angriffe von Mitarbeitern des Kreditinstituts gegen den Institutsschlüssel, für Angriffe gegen die im Rechenzentrum des Kreditinstituts im Umfeld der TransaktionsAutorisierung ablaufende Software oder unbeabsichtigte Sicherheitslükken dieser Software, die eine Geldabhebung auch ohne zutreffende PIN erlauben oder einem Innentäter Angriffsmöglichkeiten bieten könnten. Nach den Ausführungen des Sachverständigen gebe es keine Hinweise dafür, daß solche Möglichkeiten jemals konkret für kriminelle Handlun-
gen entdeckt und ausgenutzt worden seien. Schließlich lägen im konkreten Fall auch keine Anhaltspunkte dafür vor, daß der Täter die PIN der Klägerin ausgespäht habe.

II.


Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung im Ergebnis stand.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruc h gemäß §§ 667, 675 Abs. 1, § 676 f BGB oder §§ 700 Abs. 1, 607 BGB a.F. auf Auszahlung der von einem Dritten unberechtigt abgehobenen 2.000 DM. Die Beklagte hat das Konto der Klägerin zu Recht mit den am 23. und 24. September 2000 an Geldausgabeautomaten erfolgten Barabhebungen in Höhe von insgesamt 2.000 DM belastet.
1. Die Beklagte hat zwar nach dem - hier gemäß Art . 229 § 2 Abs. 1 EGBGB bereits anwendbaren - § 676 h Satz 1 BGB keinen Aufwendungsersatzanspruch gemäß §§ 670, 675 Abs. 1, § 676 f BGB gegen die Klägerin. Die Beklagte hat nicht bewiesen, daß die hier in Rede stehenden Geldabhebungen von der Klägerin selbst oder mit ihrem Einverständnis durch einen Dritten vorgenommen worden sind. Vielmehr ist das Berufungsgericht zu der Feststellung gelangt, daß die Geldabhebungen durch einen unbefugten Dritten, nämlich den Dieb oder einen Komplizen mit Hilfe der Original-ec-Karte, erfolgt sind. Das wird auch von der Revisionserwiderung nicht in Zweifel gezogen.
2. Der Beklagten steht aber gegen die Klägerin ein Schadensersatzanspruch wegen positiver Vertragsverletzung zu, den sie in das Kontokorrent einstellen (vgl. BGHZ 84, 371, 376) und mit dem sie das Girokonto der Klägerin belasten durfte. Die Klägerin haftet für die durch die mißbräuchliche Verwendung ihrer ec-Karte entstandenen Schäden, weil diese auf einer grob fahrlässigen Verletzung der Sorgfalts- und Mitwirkungspflichten der Klägerin beruhen. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zutreffend angenommen, zugunsten der hierfür beweispflichtigen Beklagten spreche der Beweis des ersten Anscheins, daß die Klägerin ihre Pflicht zur Geheimhaltung der persönlichen Geheimzahl verletzt hat, indem sie diese auf der ec-Karte vermerkt oder zusammen mit der ecKarte verwahrt hat.

a) Das Vermerken der persönlichen Geheimzahl auf d er ec-Karte oder ihre Verwahrung zusammen mit dieser stellt - wovon auch Nr. A. III. 2.4 der Bedingungen für die Verwendung der ec-Karte ausgeht - eine grobe Fahrlässigkeit des Karteninhabers dar; dabei trägt die Bewertung dieser Handlungsweisen als grob fahrlässig dem Umstand Rechnung, daß dadurch der besondere Schutz, den die für Abhebungen neben der ec-Karte zusätzlich benötigte Geheimnummer bietet, aufgehoben wird, weil ein Unbefugter, dem ec-Karte und Geheimnummer gemeinsam in die Hände fallen, ohne weiteres Abhebungen vornehmen kann (BGHZ 145, 337, 340 f.).

b) Zu Recht ist das Berufungsgericht zu dem Ergebn is gelangt, der Beweis des ersten Anscheins spreche dafür, daß die Klägerin die persönliche Geheimzahl auf ihrer ec-Karte vermerkt oder sie zusammen mit
dieser verwahrt habe. Diesen Beweis des ersten Anscheins hat die Klägerin nicht erschüttert.
aa) Die Frage, ob ein Anscheinsbeweis eingreift, u nterliegt der Prüfung durch das Revisionsgericht (BGHZ 100, 31, 33; BGH, Urteil vom 17. Februar 1988 - IVa ZR 277/86, NJW-RR 1988, 789, 790). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind die Grundsätze über den Beweis des ersten Anscheins nur bei typischen Geschehensabläufen anwendbar, d.h. in Fällen, in denen ein bestimmter Sachverhalt feststeht, der nach der allgemeinen Lebenserfahrung auf eine bestimmte Ursache oder auf einen bestimmten Ablauf als maßgeblich für den Eintritt eines bestimmten Erfolges hinweist (BGHZ 100, 31, 33; BGH, Urteile vom 23. Januar 1997 - I ZR 29/94, WM 1997, 1493, 1496 und vom 4. Dezember 2000 - II ZR 293/99, NJW 2001, 1140, 1141). Dabei bedeutet Typizität nicht, daß die Ursächlichkeit einer bestimmten Tatsache für einen bestimmten Erfolg bei allen Sachverhalten dieser Fallgruppe notwendig immer vorhanden ist; sie muß aber so häufig gegeben sein, daß die Wahrscheinlichkeit, einen solchen Fall vor sich zu haben, sehr groß ist (BGH, Urteil vom 6. März 1991 - IV ZR 82/90, VersR 1991, 460, 462).
Spricht ein Anscheinsbeweis für einen bestimmten U rsachenverlauf , kann der Inanspruchgenommene diesen entkräften, indem er Tatsachen darlegt und gegebenenfalls beweist, die die ernsthafte, ebenfalls in Betracht kommende Möglichkeit einer anderen Ursache nahelegen (BGH, Urteile vom 3. Juli 1990 - VI ZR 239/89, NJW 1991, 230, 231 m.w.Nachw. und vom 17. Januar 1995 - X ZR 82/93, VersR 1995, 723, 724). Der Anscheinsbeweis kann auch erschüttert werden, wenn unstreitig oder vom Inanspruchgenommenen bewiesen ist, daß ein schädigen-
des Ereignis durch zwei verschiedene Ursachen mit jeweils typischen Geschehensabläufen herbeigeführt worden sein kann und jede für sich allein den Schaden verursacht haben kann; haftet der Inanspruchgenommene in einem solchen Fall nur für eine der möglichen Ursachen, sind die Regeln über den Anscheinsbeweis nicht anwendbar (BGHZ 24, 308, 313; BGH, Urteile vom 20. Juni 1978 - VI ZR 15/77, NJW 1978, 2032, 2033 und vom 17. Januar 1995 - X ZR 82/93, VersR 1995, 723, 724). Dabei kommt es nicht darauf an, ob die eine oder andere Verursachungsmöglichkeit nach den Erfahrungen des täglichen Lebens die wahrscheinlichere ist (BGHZ 24, 308, 313; BGH, Urteil vom 17. Februar 1988 - IVa ZR 277/86, NJW-RR 1988, 789, 790 m.w.Nachw.).
bb) Nach diesen Maßstäben greift im Ergebnis der B eweis des ersten Anscheins zu Lasten der Klägerin ein, daß sie ihre persönliche Geheimzahl entweder auf ihrer ec-Karte notiert oder sie gemeinsam mit dieser aufbewahrt hat.
(1) Das Berufungsurteil ist allerdings rechtsfehle rhaft, soweit das Berufungsgericht einen Beweis des ersten Anscheins unter anderem dafür angenommen hat, daß die Klägerin ihre Sorgfaltspflichten zur Aufbewahrung der ec-Karte grob fahrlässig verletzt habe. Es besteht kein allgemeiner Erfahrungssatz des Inhalts, daß eine Person, der bei einem Straßenfest das Portemonnaie mit der darin befindlichen ec-Karte entwendet wird, diesen Diebstahl in grob fahrlässiger Weise ermöglicht hat. Feststellungen zur Art und Weise der Aufbewahrung von Portemonnaie nebst ec-Karte seitens der Klägerin hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Es kann deshalb nicht ausgeschlossen werden, daß die Aufbe-
wahrung des Portemonnaie durch die Klägerin nicht sorgfaltswidrig war oder den Diebstahl in nur leicht fahrlässiger Weise ermöglicht hat.
(2) Der Senat hat bisher offengelassen, ob in Fäll en, in denen an Geldausgabeautomaten unter Verwendung der zutreffenden Geheimzahl Geld abgehoben wurde, der Beweis des ersten Anscheins dafür spricht, daß entweder der Kartenbesitzer als rechtmäßiger Kontoinhaber die Abhebungen selbst vorgenommen hat oder - was hier nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts allein in Betracht kommt - daß ein Dritter nach der Entwendung der ec-Karte von der Geheimnummer nur wegen ihrer Verwahrung gemeinsam mit der ec-Karte Kenntnis erlangen konnte (BGHZ 145, 337, 342). In der Rechtsprechung der Instanzgerichte und in der Literatur wird ein entsprechender Beweis des ersten Anscheins zu Lasten des Kontoinhabers überwiegend angenommen (OLG Frankfurt - 8. Zivilsenat - WM 2002, 2101, 2102 f.; OLG Stuttgart WM 2003, 125, 126 f.; LG Hannover WM 1998, 1123 f.; LG Stuttgart WM 1999, 1934 f.; LG Frankfurt am Main WM 1999, 1930, 1932 f.; LG Darmstadt WM 2000, 911, 913 f.; LG Köln WM 2001, 852, 853; LG Berlin - 52. Zivilkammer - WM 2003, 128, 129; AG Diepholz WM 1995, 1919, 1920; AG Hannover WM 1997, 1207, 1208 f.; AG Wuppertal WM 1997, 1209; AG Charlottenburg WM 1997, 2082; AG Dinslaken WM 1998, 1126; AG Osnabrück WM 1998, 1127, 1128; AG Frankfurt am Main NJW 1998, 687 f. und BKR 2003, 514, 516; AG Flensburg VuR 2000, 131 f.; AG Hohenschönhausen WM 2002, 1057, 1058 f.; AG Regensburg WM 2002, 2105, 2106 f.; AG Nürnberg WM 2003, 531, 532 f.; AG Charlottenburg WM 2003, 1174, 1175; Werner WM 1997, 1516; Aepfelbach/Cimiotti WM 1998, 1218; Gößmann WM 1998, 1264, 1269; Palandt/Sprau, BGB 63. Aufl. § 676 h Rdn. 13; Musielak/Foerste,
ZPO 3. Aufl. § 286 Rdn. 26), von einem erheblichen Teil aber verneint (OLG Hamm WM 1997, 1203, 1206 f.; OLG Frankfurt - 7. Zivilsenat - WM 2001, 1898; OLG Frankfurt - 24. Zivilsenat - WM 2002, 1055, 1056 f.; LG Berlin - 51. Zivilkammer - WM 1999, 1920; LG Dortmund CR 1999, 556, 557; LG Mönchengladbach VuR 2001, 17, 18; LG Osnabrück WM 2003, 1951, 1953; AG Buchen VuR 1998, 42 f.; AG Hamburg VuR 1999, 88, 89 f.; AG Berlin-Mitte VuR 1999, 201, 202 f. und EWiR 2003, 891; AG Frankfurt am Main WM 1999, 1922, 1924 ff.; AG München NJW-RR 2001, 1056, 1057; AG Dortmund BKR 2003, 912, 913; AG Essen BKR 2003, 514; Pausch CR 1997, 174; Strube WM 1998, 1210, 1212 ff.; Zöller/Greger, ZPO 24. Aufl. vor § 284 Rdn. 31). Dabei betrifft der überwiegende Teil der veröffentlichten Entscheidungen und Literaturstimmen allerdings das ab Ende 1997 abgelöste alte Verfahren zur Erzeugung und Verifizierung der persönlichen Geheimzahl mit Hilfe eines geheimen Instituts- oder Poolschlüssels in einer Breite von 56 BIT und ist daher für die Beurteilung der Sicherheit der ab diesem Zeitpunkt eingeführten neuen Verschlüsselungsverfahren nur sehr eingeschränkt aussagekräftig.
(3) Mit dem Berufungsgericht ist der Senat der Auf fassung, daß in einem Fall der hier vorliegenden Art der Beweis des ersten Anscheins für ein grob fahrlässiges Verhalten des Karteninhabers im Zusammenhang mit der Geheimhaltung seiner persönlichen Geheimzahl spricht.
(a) Die Grundsätze über den Anscheinsbeweis sind e ntgegen der Auffassung der Revision nicht deshalb unanwendbar, weil es mehrere theoretische und praktische Möglichkeiten der Kenntniserlangung von der persönlichen Geheimzahl durch einen Dritten gibt. Zu Recht ist das
Berufungsgericht vielmehr zu dem Ergebnis gelangt, daß die hier in Rede stehenden Bargeldabhebungen mit Hilfe der Original-ec-Karte und richtiger PIN durch einen unbefugten Dritten anders als durch ein grob fahrlässiges Verhalten der Klägerin nicht zu erklären seien, weil andere Ursachen zwar theoretisch möglich seien, bei wertender Betrachtung aber außerhalb der Lebenserfahrung lägen.
(b) Gegen die Anwendbarkeit der Grundsätze über de n Anscheinsbeweis vermag die Revision auch nicht anzuführen, ein Erfahrungssatz, daß die persönliche Geheimzahl auf der Karte notiert oder gemeinsam mit dieser verwahrt würde, sei nicht empirisch belegt. Empirischer Befunde bedarf es für die Anwendbarkeit des Anscheinsbeweises nicht. Dieser setzt lediglich voraus, daß ein Sachverhalt feststeht, bei dem der behauptete ursächliche Zusammenhang typischerweise gegeben ist, beruht also auf der Auswertung von Wahrscheinlichkeiten, die aufgrund der Lebenserfahrung anzunehmen sind und die dem Richter hiernach die Überzeugung (§ 286 ZPO) vermitteln, daß auch in dem von ihm zu entscheidenden Fall der Ursachenverlauf so gewesen ist wie in den vergleichbaren Fällen (BGH, Urteil vom 17. Februar 1988 - IVa ZR 277/86, NJW-RR 1988, 789, 790).
(c) Das Berufungsgericht ist - sachverständig bera ten - zu der Feststellung gelangt, es sei auch mit größtmöglichem finanziellen Aufwand mathematisch ausgeschlossen, die PIN einzelner Karten aus den auf ec-Karten vorhandenen Daten ohne die vorherige Erlangung des zur Verschlüsselung verwendeten Institutsschlüssels in einer Breite von 128 BIT zu errechnen. Dies entspricht der Beurteilung, die das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik in einer schriftlichen Aus-
kunft vom 27. November 2001 für das vom Deutschen Sparkassen- und Giroverband neu eingeführte PIN-Verfahren abgegeben hat. Die vom Berufungsgericht vorgenommene Beweiswürdigung kann vom Senat lediglich daraufhin überprüft werden, ob sich das Berufungsgericht entsprechend dem Gebot des § 286 ZPO mit dem Streitstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (st.Rspr., vgl. BGH, Urteile vom 11. Februar 1987 - IVb ZR 23/86, NJW 1987, 1557, 1558, vom 1. Oktober 1996 - VI ZR 10/96, NJW 1997, 796, 797 und vom 9. Juli 1999 - V ZR 12/98, WM 1999, 1889, 1890). Einen solchen Fehler weist die Revision nicht nach. Mit ihrer Rüge, die Lebenserfahrung spreche gerade in Zeiten beschleunigt fortschreitender Computerentwicklung und der vielfältigen Möglichkeiten des Internets gegen die Annahme einer fehlenden Entschlüsselungsmöglichkeit, versucht die Revision lediglich, die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts durch eine andere, der Klägerin günstigere zu ersetzen.
(d) Die Regeln über den Anscheinsbeweis sind auch nicht deshalb unanwendbar, weil hier davon auszugehen wäre, daß der Schaden durch zwei verschiedene Ursachen herbeigeführt worden sein kann, die beide typische Geschehensabläufe sind, für die die Klägerin aber nur in einem Fall die Haftung zu übernehmen hätte. Das wäre dann der Fall, wenn als weiterer typischer Geschehensablauf in Betracht zu ziehen wäre, daß die Eingabe der zutreffenden PIN durch den Dieb der ec-Karte dadurch ermöglicht wurde, daß dieser zuvor die persönliche Geheimzahl des Karteninhabers ausgespäht hat, als dieser sie bei Abhebungen an Geldausgabeautomaten oder beim Einsatz der ec-Karte an einem POS-Terminal
zur Zahlung eines Geldbetrages eingab. Eine Ausspähung der PIN etwa mit Hilfe optischer oder technischer Hilfsmittel oder durch eine Manipulation des Geldausgabeautomaten oder ein aufmerksames Verfolgen der PIN-Eingabe an POS-Terminals oder Geldausgabeautomaten ohne ausreichenden Sichtschutz des Eingabetastenfeldes ist zwar durchaus denkbar. Als ernsthafte Möglichkeit einer Schadensursache, die den Beweis des ersten Anscheins für eine grob fahrlässige gemeinsame Verwahrung von ec-Karte und PIN durch den Karteninhaber bei Eingabe der zutreffenden PIN durch einen unbefugten Dritten entfallen läßt, kommt ein Ausspähen der PIN aber nur dann in Betracht, wenn die ec-Karte in einem näheren zeitlichen Zusammenhang mit der Eingabe der PIN durch den Karteninhaber entwendet worden ist. Durch Ausspähen erlangt der Täter zunächst nur Kenntnis von der PIN, gelangt aber nicht in den Besitz der ec-Karte. Da er den Karteninhaber regelmäßig nicht persönlich kennt, muß er die ec-Karte alsbald nach dem Ausspähen der PIN entwenden.
Dafür ist hier nichts vorgetragen. Die Klägerin ha t vielmehr im Gegenteil vorgebracht, sie habe am Tag des Diebstahls mit der ec-Karte kein Geld abgehoben; ein Ausspähen der PIN sei "nicht möglich gewesen". Der Täter habe "ausschließlich die Möglichkeit" gehabt, die "PIN durch eigene Computertechnik in Erfahrung zu bringen". Aufgrund dessen hat das Berufungsgericht, von der Revision unangegriffen, festgestellt , für ein Ausspähen der PIN gebe es hier keine Anhaltspunkte.
(e) Ohne Rechtsfehler mißt das Berufungsgericht fe rner sogenannten "Innentäterattacken", d.h. Angriffen von Bankmitarbeitern, etwa zur Ausspähung des der Verschlüsselung dienenden Institutsschlüssels, An-
griffen gegen die im Rechenzentrum des Kreditinstituts im Umfeld der Transaktionsautorisierung ablaufende Software und unbeabsichtigten Sicherheitslücken dieser Software keine einem Anscheinsbeweis zu Lasten des Kontoinhabers entgegenstehende Wahrscheinlichkeit zu. Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang nicht einen Beweisantrag der Klägerin verfahrensfehlerhaft übergangen. Diese hat lediglich unter Sachverständigenbeweis gestellt, daß die Maßnahmen in Bankrechenzentren und Bankverlagen zum Schutz der Software, zur Geheimhaltung der Institutsschlüssel und zur Vermeidung anderer interner Angriffe auf das PIN-System nicht ausreichend seien, um erfolgreiche Angriffe auszuschließen. Daß derartige - von der Klägerin damit nicht substantiiert behauptete - Sicherheits- und Softwaremängel als Ursachen für die Möglichkeit eines Mißbrauchs einer gestohlenen ec-Karte theoretisch in Betracht kommen, ergab sich aber bereits aus dem vom Berufungsgericht eingeholten Sachverständigengutachten. Das Berufungsgericht hat diese Ursachen als rein theoretischer Natur und als im allgemeinen außerhalb der Lebenserfahrung liegend angesehen, weil es nach den Ausführungen des Sachverständigen keine Hinweise darauf gebe, daß solche Möglichkeiten je konkret für kriminelle Handlungen entdeckt oder ausgenutzt worden seien. Das ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, zumal die Beklagte unwidersprochen vorgetragen hat, bei ihr sei es nie zu einer "Innentäterattacke" gekommen. Auch die durch keinerlei Tatsachenvortrag gestützte Vermutung der Klägerin, der Institutsschlüssel der Beklagten könne in kriminellen Kreisen bekannt geworden sein, ist deshalb nicht geeignet, der Anwendung des Anscheinsbeweises die Grundlage zu entziehen.
(f) Die Revision vermag der Anwendung der Grundsät ze über den Anscheinsbeweis nicht entgegenzuhalten, daß sie in der Regel nicht geeignet seien, grobe Fahrlässigkeit von einfacher Fahrlässigkeit abzugrenzen. Der Anscheinsbeweis führt hier lediglich zur Annahme eines bestimmten tatsächlichen Verhaltens des Karteninhabers, nämlich daß er seine persönliche Geheimzahl entweder auf der ec-Karte notiert oder gemeinsam mit dieser aufbewahrt hat. Erst in einem weiteren Schritt wird dieses tatsächliche Verhalten entsprechend den vereinbarten Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten für die Verwendung der ecKarte rechtlich als grob fahrlässig bewertet. Inhaltlich sind die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten insoweit nicht zu beanstanden. Sie lassen ein Notieren der PIN, auf das ein Teil der Bankkunden nicht verzichten kann, ohne weiteres zu; lediglich eine getrennte Verwahrung von ec-Karte und notierter PIN muß gewährleistet sein.
(g) Zu Unrecht ist die Revision weiter der Auffass ung, die Anwendung der Grundsätze über den Anscheinsbeweis durch die Rechtsprechung führe in Fällen der vorliegenden Art im Ergebnis zu einer Beweislastumkehr und bewirke eine verschuldensunabhängige, garantieähnliche Haftung des Bankkunden, weil der Karteninhaber nicht in der Lage sei, Sicherheitslücken im System aufzuzeigen. Der Anscheinsbeweis führt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht zu einer Umkehr der Beweislast (BGHZ 100, 31, 34 m.w.Nachw.). Wenn der Karteninhaber dem Anscheinsbeweis durch die konkrete Darlegung und gegebenenfalls den Nachweis der Möglichkeit eines atypischen Verlaufs die Grundlage entzieht, hat das Kreditinstitut den vollen Beweis zu erbringen, daß der Karteninhaber eine Abhebung am Geldausgabeauto-
maten selbst vorgenommen oder den Mißbrauch der ec-Karte durch einen unbefugten Dritten grob fahrlässig ermöglicht hat.
Es ist auch nicht generell so, daß der Karteninhab er nicht in der Lage ist, Sicherheitslücken im System des Kartenausgebers aufzuzeigen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur sekundären Darlegungslast kann es Sache einer nicht primär darlegungsund beweispflichtigen Partei sein, sich im Rahmen der ihr nach § 138 Abs. 2 ZPO obliegenden Erklärungspflicht zu den Behauptungen der beweispflichtigen Partei konkret zu äußern, wenn diese außerhalb des von ihr vorzutragenden Geschehensablaufs steht und keine nähere Kenntnis der maßgebenden Tatsachen besitzt, ihr Prozeßgegner aber die wesentlichen Umstände kennt und es ihm zumutbar ist, dazu nähere Angaben zu machen (BGHZ 140, 156, 158 f.; 145, 35, 41; BGH, Urteile vom 24. November 1998 - VI ZR 388/97, NJW 1999, 714 f. m.w.Nachw. und vom 11. Dezember 2001 - VI ZR 350/00, WM 2002, 347, 349). Das gilt auch für das kartenausgebende Kreditinstitut hinsichtlich der von ihm - im Rahmen des Zumutbaren und gegebenenfalls in verallgemeinernder Weise - darzulegenden Sicherheitsvorkehrungen. Dadurch wird der Karteninhaber in die Lage versetzt, Beweis für von ihm vermutete Sicherheitsmängel antreten zu können (vgl. BGH, Urteil vom 15. Mai 2003 - III ZR 7/02, BGHReport 2003, 891, 892). Das Kreditinstitut wird zudem aus dem mit dem Karteninhaber bestehenden Girovertrag regelmäßig als verpflichtet anzusehen sein, sämtliche in seinem Besitz befindlichen technischen Aufzeichnungen, die die streitigen oder vorangegangene Auszahlungsvorgänge betreffen oder hierüber Aufschluß geben können, bis zur Klärung der Angelegenheit aufzuheben und dem Kontoinhaber gegebenenfalls auch zugänglich zu machen (vgl. BGH, Urteil vom
21. November 1995 - VI ZR 341/94, NJW 1996, 779, 780 f.). Schließlich kann sich zugunsten des Karteninhabers auswirken, daß derjenige, der die Gegenpartei schuldhaft in der Möglichkeit beschneidet, den Anscheinsbeweis zu erschüttern oder zu widerlegen, sich nicht auf die Grundsätze des Anscheinsbeweises berufen kann (BGH, Urteil vom 17. Juni 1997 - X ZR 119/94, WM 1998, 204, 206).

III.


Die Revision der Klägerin war daher als unbegründe t zurückzuweisen.
Nobbe Müller Wassermann
Appl Ellenberger

Das Gericht kann für die Verhandlung oder für einen Teil davon die Öffentlichkeit ausschließen, wenn

1.
eine Gefährdung der Staatssicherheit, der öffentlichen Ordnung oder der Sittlichkeit zu besorgen ist,
1a.
eine Gefährdung des Lebens, des Leibes oder der Freiheit eines Zeugen oder einer anderen Person zu besorgen ist,
2.
ein wichtiges Geschäfts-, Betriebs-, Erfindungs- oder Steuergeheimnis zur Sprache kommt, durch dessen öffentliche Erörterung überwiegende schutzwürdige Interessen verletzt würden,
3.
ein privates Geheimnis erörtert wird, dessen unbefugte Offenbarung mit Strafe bedroht ist,
4.
eine Person unter 18 Jahren vernommen wird.

(1) Über die Ausschließung der Öffentlichkeit ist in nicht öffentlicher Sitzung zu verhandeln, wenn ein Beteiligter es beantragt oder das Gericht es für angemessen erachtet. Der Beschluß, der die Öffentlichkeit ausschließt, muß öffentlich verkündet werden; er kann in nicht öffentlicher Sitzung verkündet werden, wenn zu befürchten ist, daß seine öffentliche Verkündung eine erhebliche Störung der Ordnung in der Sitzung zur Folge haben würde. Bei der Verkündung ist in den Fällen der §§ 171b, 172 und 173 anzugeben, aus welchem Grund die Öffentlichkeit ausgeschlossen worden ist.

(2) Soweit die Öffentlichkeit wegen Gefährdung der Staatssicherheit ausgeschlossen wird, dürfen Presse, Rundfunk und Fernsehen keine Berichte über die Verhandlung und den Inhalt eines die Sache betreffenden amtlichen Schriftstücks veröffentlichen.

(3) Ist die Öffentlichkeit wegen Gefährdung der Staatssicherheit oder aus den in §§ 171b und 172 Nr. 2 und 3 bezeichneten Gründen ausgeschlossen, so kann das Gericht den anwesenden Personen die Geheimhaltung von Tatsachen, die durch die Verhandlung oder durch ein die Sache betreffendes amtliches Schriftstück zu ihrer Kenntnis gelangen, zur Pflicht machen. Der Beschluß ist in das Sitzungsprotokoll aufzunehmen. Er ist anfechtbar. Die Beschwerde hat keine aufschiebende Wirkung.

9
Die Vorgehensweise des Berufungsgerichts ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Gemäß § 203 Abs. 2 VVG in Verbindung mit den vertraglich vereinbarten Regelungen (hier § 8b AVB/KK) ist der Krankenversicherer bei einer nicht nur als vorübergehend anzusehenden Veränderung einer für die Prämienkalkulation maßgeblichen Rechnungsgrundlage berechtigt, die Prämie entsprechend den berichtigten Rechnungsgrundlagen auch für die bestehenden Versicherungsverhältnisse neu festzusetzen, sofern ein unabhängiger Treuhänder die technischen Berechnungsgrundlagen überprüft und der Prämienanpassung zugestimmt hat. Diese Prämienanpassung unterliegt der umfassenden tatsächlichen und rechtlichen Prüfung durch die Zivilgerichte (Senatsurteil vom 16. Juni 2004 - IV ZR 117/02, BGHZ 159, 323, 325). Hierbei ist das Interesse des Versicherungsnehmers an einer Überprüfung der Berechnung der Prämienerhöhungen mit einem schutzwürdigen Interesse des Krankenversicherers an der Geheimhaltung der Berechnungsgrundlagen zum Ausgleich zu bringen. Die Zivilgerichte haben insoweit zu prüfen, ob einem Interesse des Krankenversicherers an Geheimhaltung durch die Anwendung der §§ 172 Nr. 2, 173 Abs. 2, 174 Abs. 3 Satz 1 GVG Rechnung getragen werden kann (BVerfG VersR 2000, 214, 216; BGH, Beschluss vom 16. November 2009 - X ZB 37/08, BGHZ 183, 153 Rn. 23; Urteil vom 8. Juli 2009 - VIII ZR 314/07, NJW 2009, 2894 Rn. 31; Kissel/ Mayer, GVG 7. Aufl. § 172 Rn. 41, § 174 Rn. 23; HK-VVG/Marko, 3. Aufl. § 203 Rn. 25).